Rede von
Dr.
Hans-Christoph
Seebohm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche Lufthoheit wird bekanntlich mit dem Inkrafttreten des Deutschland-Vertrages wiederhergestellt werden. Wesentliche Teile dieser Lufthoheit — allerdings zu unserem großen Bedauern mit Ausnahme des Motorflugwesens — sind der Bundesrepublik bereits unabhängig von dem Inkrafttreten dieses Vertragswerkes zurückgegeben worden.
Die Verkehrssicherheit der deutschen und der internationalen zivilen Luftfahrt in der Bundesrepublik erfordert neben einer Flugverkehrsordnung und einer Flugsicherung die Lufttüchtigkeit der Luftfahrer und des Luftfahrtgeräts. Die Verordnung über Luftverkehrsregeln vom 4. Juni 1953 entspricht den Erfordernissen des modernen Flugverkehrs. Die Flugsicherung wird durch das Gesetz
über die Bundesanstalt für die Flugsicherung vom 23. März 1953 und durch die auf Grund dieses Gesetzes errichtete Bundesanstalt für Flugsicherung in Frankfurt am Main und ihre Einrichtungen gewährleistet. Für die Lufttüchtigkeit der Luftfahrer wird durch die zur Zeit in Vorbereitung befindliche Neufassung der Prüfungsordnung für Luftfahrer Sorge getragen werden.
Die Lufttüchtigkeit des in Deutschland eingesetzten Luftfahrtgeräts dagegen soll in Ausführung des heute in erster Lesung vorgelegten Gesetzentwurfs über das Luftfahrt-Bundesamt gesichert werden. Dieser Gesetzentwurf tritt an die Stelle des im Frühjahr 1953 eingebrachten Gesetzentwurfs über das Bundesluftamt, der von dem 1. Deutschen Bundestag nicht mehr verabschiedet werden konnte. Die Ergebnisse der Erörterungen des damaligen Gesetzentwurfs in den Ausschüssen des Bundestages und in den Ausschüssen des Bundesrates sind in der neu vorgelegten Fassung berücksichtigt worden.
Das Luftfahrt-Bundesamt — sein Name ist der bereits eingeführten Bezeichnung „KraftfahrtBundesamt" nachgebildet — soll als Bundesoberbehörde errichtet werden. Seine Aufgaben sind im wesentlichen hoheitlicher Art. Für dieses Amt sind folgende Aufgaben vorgesehen:
1. Die Zulassung der Muster des Luftfahrtgeräts.
2. Die Zulassung des Luftfahrtgeräts zum Luftverkehr; ausgenommen sind Ballone und Segelflugzeuge und deren Startwinden, da diese Zulassungen durch die obersten Landesverkehrsbehörden wahrgenommen werden.
3. Die Führung der Luftfahrzeugrolle sowie sonstiger Verzeichnisse. für Luftfahrtgeräte.
4. Die Erteilung der Prüfungserlaubnis für die Ausübung der Tätigkeit als Prüfer für Luftfahrtgerät.
5. Die Vorarbeiten für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften für Luftfahrtgerät.
6. Die fachliche Untersuchung der Störungen bei dem Betrieb von Luftfahrzeugen unter Mitwirkung der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden.
7. Die Mitwirkung bei der Durchführung des Such- und Rettungsdienstes.
8. Die Sammlung von Nachrichten über Luftfahrer und Luftfahrtgerät sowie die Auskunftserteilung über diese Nachrichten.
9. Die Sammlung und die Sichtung von Berichten und sonstigen Unterlagen über die Luftfahrttechnik, soweit sie für die Aufgaben des Luftfahrt-Bundesamts notwendig sind.
Ein Vergleich dieser Aufgaben des LuftfahrtBundesamts mit dem Aufgabenkreis, der dieser Bundesoberbehörde durch den vorjährigen Gesetzentwurf zugedacht war, zeigt, daß das Amt nicht wie bisher Prüf- und Zulassungsstelle, sondern nur Zulassungsstelle für Luftfahrtgerät sein soll. Die Prüfung des Geräts soll zukünftig — ich verweise auf § 3 des Gesetzentwurfs — Angelegenheit der Stellen sein, die von dem Bundesministerium für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates als Prüfstellen im Sinne der Prüfordnung für Luftfahrtgerät anerkannt werden. Diese Regelung, die eine Trennung der Prüfung von der Zulassung enthält, wird den Interessen aller Beteiligten wohl am besten gerecht und entspricht den Wünschen des Bundesrates und der beteiligten Industrie. Als Prüfstellen kommen insbesondere die in der Begründung bezeichneten Forschungs- und Versuchsinstitute in Betracht.
Die hier vorgeschlagene Regelung entspricht in großen Zügen dem Zustand, wie wir ihn in Deutschland vor 1933 gehabt haben. An die Stelle der früher allein mit der Prüfung beauftragten Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt werden allerdings in Zukunft mehrere Institute treten können. Praktisch führten aber gerade diese Institute auch schon früher, wenn auch nur im Namen der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, die Prüfung gemeinsam mit dieser Anstalt durch, so daß die zukünftige Aufteilung der Prüfaufgaben auf mehrere Institute keine grundsätzliche Neuerung bedeutet. Im Innenverhältnis wird also die Prüfung wie bisher einheitlich erfolgen. Alle notwendigen Vorbereitungen, dieses Ergebnis sicherzustellen, sind bereits getroffen.
Wie vor 1933 sollen auch zukünftig die obersten Landesverkehrsbehörden die Ballone und Segelflugzeuge und ihre Startwinden zum Luftverkehr zulassen. Doch soll, um zu verhindern, daß zur Regelung technischer Fragen nach verschiedenen Gesichtspunkten verfahren wird, die Musterzulassung des Luftfahrtgeräts — als Voraussetzung für die Verkehrszulassung — in jedem Falle von dem Luftfahrt-Bundesamt vorgenommen werden.
Die Aufgabenkreise des Luftfahrt-Bundesamtes stehen untereinander in enger Verbindung. Die Aufgaben der Unfalluntersuchung und die Vorarbeiten für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften z. B. sind voneinander gar nicht zu trennen, weil die Erkenntnisse, die sich aus der Untersuchung der Unfälle ergeben, die Voraussetzung für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften bilden.
Die Nachrichtensammlung in der Luftfahrt soll jedem Interessenten eine zentrale Auskunftsmöglichkeit verschaffen und zugleich verhindern, daß die Dienststellen der Länder über Tatsachen in Unkenntnis bleiben, die für die Ausübung der ihnen überlassenen Verwaltungsbefugnisse entscheidend sind.
Ich möchte mich auf diese Einzelangaben beschränken und darf mir erlauben, auf die eingehende Begründung zum Gesetzentwurf Bezug zu nehmen.