Rede von
Erwin
Schoettle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Eben! — Ich bin fern davon, den Herrn Präsidenten kritisieren zu wollen; aber ich wehre mich um mein Recht als Abgeordneter.
Ich sage, in dieser Ankündigung, ist ein Angriff auf die Freiheit der Information erblickt worden.
Man könnte einen Angriff auf die Integrität des Parlaments darin erblicken, daß Abgeordnete offenkundig mit der Wahrnehmung von Funktionen der Exekutive betraut werden sollen.
Man könnte mit Recht einen Angriff auf das Haushaltsrecht des Parlaments in dem Umstand erblikken, daß ein gemischter Ausschuß, ein Ausschuß, der sich aus Vertretern der Exekutive und der Legislative zusammensetzen sollte, mit der zweckmäßigen Verwendung von Mitteln beschäftigen sollte.
Nach dem Haushaltsrecht ist es Aufgabe und Verpflichtung allein der Exekutive, dafür zu sorgen, daß die Mittel, die das Parlament bewilligt, auch zweckmäßig verwendet werden. Das ist keine Aufgabe für ein gemischtes Gremium.
Schließlich kann man auch einen Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung darin erblicken, ein
Prinzip, das Sie selbst bei jeder Gelegenheit anrufen.
— Meine Herren, es tut mir leid, wenn ich Sie jetzt
etwas aufregen muß, aber das ist nun einmal so.
Auch die Parteien der Koalition waren in dieser Frage offenkundig etwas überfahren. Damit kein Zweifel darüber besteht, meine Damen und Herren: In Ihren eigenen Kreisen gab es lebhafte Debatten darüber. Wenn es Herrn Kollegen Vogel nur gelungen ist, 55 Unterschriften zu sammeln. so spricht das zwar dafür, daß die Erregung und die Ablehnung dieses Plans weite Kreise erfaßt hatte. Aber man kann dem Kollegen Vogel als Abgeordneter nur sagen: Es war kein Heldenstreich, Oktavio, was Sie sich da geleistet haben!
Ich will damit zum Schluß meiner Bemerkungen kommen. Wenn Vertreter der Koalition in internen Gesprächen die Auffassung vertreten haben, daß das Parlament in diesem Fall brüskiert worden ist und daß man von der Regierung klar Auskunft verlangen müsse, so haben wir mit unserem Antrag das bezwecken wollen. Deshalb sind wir der Meinung, daß man die Geschichte nicht einfach sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden lassen kann.
Meine Damen und Herren, ich könnte aus Unterlagen, die mir in die Hand gekommen sind, merkwürdige, sehr scharfe Angriffe zitieren, Angriffe auf die Absichten, die mit der Ankündigung im Bulletin der Bundesregierung verfolgt worden sind. Ich will mich damit begnügen, mitzuteilen, was ein Abgeordneter in diesem Zusammenhang gesagt hat: Offensichtlich seien die Abgeordneten nur Statisten, und es sei unerträglich, immer wieder sagen zu müssen, man wisse von diesen Dingen nichts; solche Dinge könne man sich auf die Dauer nicht leisten.
Mit diesen Bemerkungen habe ich die Absicht verfolgt, an die Parlamentarier in diesem Hause zu appellieren, mit uns dafür einzutreten, daß die Integrität des Parlaments nicht nur eine schöne Redensart für Kundgebungen ist, sondern eine Realität wird und daß das Parlament sich für diese seine Integrität und Unabhängigkeit von der Regierung in jedem Augenblick selber zur Wehr setzen muß.