Protokoll:
17252

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 252

  • date_rangeDatum: 2. September 2013

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:36 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/252 Anlage 2 Inhaltsverzeichnis DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses als 2. Untersuchungs- ausschuss gemäß Artikel 45 a Absatz 2 des Grundgesetzes (Drucksache 17/14650) . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärung des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) zur Regierungserklärung: Ein- vernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zum Beitrittsantrag der Re- publik Serbien zur Europäischen Union und zur Empfehlung von Europäischer Kommis- sion und Hoher Vertreterin vom 22. April 2013 zur Aufnahme von Beitrittsverhandlun- gen (Drucksache 17/14108) (250. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu den Anträgen: Kinder- und Jugendgesund- 32590 C 32591 C 32592 B 32593 B 32594 C 32595 C 32597 B 32613 B Deutscher B Stenografisch 252. Sitz Berlin, Montag, den 2. I n h a l Tagesordnungspunkt 1: Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Un- tersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksache 17/14600) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ J J O T D H N A L 32579 A 32580 B 32581 C 32583 D 32585 B 32586 C 32587 D 32589 C Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32597 C 32600 A undestag er Bericht ung September 2013 t : oachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . enning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 32602 A 32603 C 32605 A 32606 C 32608 A 32609 B 32611 D 32613 A heit: Ungleichheiten beseitigen – Versor- gungslücken schließen und Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 252. Sitzung. Berlin, Montag, den 2. September 2013 Strafe stellen (250. Sitzung, Tagesordnungs- punkt 24 b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz unter Einschluss von Verbraucher- und Umweltinformationen – In- formationsfreiheits- und Transparenzgesetz (250. Sitzung, Tagesordnungspunkt 60) . . . . 32614 C 32614 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 252. Sitzung. Berlin, Montag, den 2. September 2013 32579 (A) ) )(B) 252. Sitz Berlin, Montag, den 2. Beginn: 16.3
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 252. Sitzung. Berlin, Montag, den 2. September 2013 32613 (A) ) )(B) Anlagen stellung von Bundestag und Bundesregierung Berlin für die Deutschen, kommt es regelmäßig zu An- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU) zur Regierungserklärung: Einvernehmensher- J 2 N ti s n ru G d n z ti a b p o is b d s s E g d re li d w s S p v te n w o d s E e c w b n s S d h  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 02.09.2013 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 02.09.2013 Döring, Patrick FDP 02.09.2013 Drexler, Gerhard FDP 02.09.2013 Freitag, Dagmar SPD 02.09.2013 Gleicke, Iris SPD 02.09.2013 Gunkel, Wolfgang SPD 02.09.2013 Dr. Happach-Kasan, Christel FDP 02.09.2013 Hinz (Essen), Petra SPD 02.09.2013 Dr. Lauterbach, Karl SPD 02.09.2013 Leibrecht, Harald FDP 02.09.2013 Leutert, Michael DIE LINKE 02.09.2013 Menzner, Dorothée DIE LINKE 02.09.2013 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.09.2013 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 02.09.2013 Rawert, Mechthild SPD 02.09.2013 Schäffler, Frank FDP 02.09.2013 Stauche, Carola CDU/CSU 02.09.2013 Stüber, Sabine DIE LINKE 02.09.2013 Dr. Strengmann-Kuhn, Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.09.2013 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.09.2013 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht zum Beitrittsantrag der Republik Serbien zur Europäischen Union und zur Empfehlung von Europäischer Kommission und Hoher Vertrete- rin vom 22. April 2013 zur Aufnahme von Bei- trittsverhandlungen (Drucksache 17/14108) (250. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 4) Am 1. Juli tritt Kroatien als zweiter Nachfolgestaat ugoslawiens der EU bei. Auf dem EU-Gipfel am 8. Juni geht es auch um einen Nachbarn: um Serbien. ach den Milosevic-Kriegen gegen Slowenien, Kroa- en, Bosnien-Herzegowina und Kosovo fällt dem ge- chrumpften Serbien der Umgang mit den Nachbarn och immer schwer. Bis heute hält die serbische Füh- ng unter Ministerpräsident Dacic, einem Milosevic- ünstling, und Präsident Nikolic, einem Gefolgsmann es in Den Haag angeklagten Radikalen Seselj, Span- ungen gegen Nachbarstaaten aufrecht. Vor Tagen be- eichnete Nikolic Kroatiens Einladung an das von Kroa- en anerkannte Kosovo zu den Beitrittsfeierlichkeiten ls Beleidigung Serbiens. Vor wenigen Wochen ließ Ser- ien ein regionales Gipfeltreffen in Ohrid wegen Kosovo latzen, obwohl wegen Serbien für diese regionale Ko- peration eigens eine „Fußnoten-Regelung“ vereinbart t. Vor allem gegenüber Kosovo praktiziert Serbien ein ekanntes Konzept: gegenüber der EU redet Serbien an- ers, als es vor Ort handelt. Es stellt Fortschritte in Aus- icht, die nach erfolgter EU-Belohnung für die reine Zu- age dann oft wieder „einkassiert“ werden. KFOR und ULEX können über die Taktik aus Blockaden, Zusa- en, Rücknahmen und neue Forderungen viel berichten; eutsche Soldaten stehen hier oft mit im Risiko. Wäh- nd Belgrad sich in Brüssel oder Berlin beredt EU-Taug- chkeit attestiert, finanziert das durch Staatsbankrott be- rohte Land mit bis zu 350 Millionen Euro jährlich eine eithin radikalisierte Struktur, deren Ziel offen die Ob- truktion und der Anschluss des Nordens von Kosovo an erbien ist. Die wegen Korruption, Kriminalität und olitischer Morde im Land diskreditierte Führung Koso- os unter Thaci setzt Serbien mangels Autorität und In- resse wenig entgegen. Umso mehr eskaliert die Span- ung unterhalb der Oberfläche. Analysten in Kosovo ie in Serbien warnen, in scharfem Gegensatz zu über- ptimistischen EU-Diplomaten: Thaci und Dacic kämen eshalb gut zurecht, weil beide nicht die Ziele der EU, ondern die die Profite ihrer Kartelle im Blick hätten. ULEX macht seit Amtsantritt von Bernd Borchardt rnst mit Anklagen wegen Korruption und Kriegsverbre- hen, und hat dabei auch Thacis Struktur im Ziel. Nun erden auch Vorwürfe öffentlich, dass Catherine Ashton ei EULEX gegen konsequente Verfolgung von Krimi- alität und Kriegsverbrechen interveniert habe. Es ist offenkundig: der Druck unter dem kosovari- chen Kessel steigt, und die EU muss ihren riskanten elbstbetrug zugunsten einer realen Beurteilung been- en. Nicht nur im geteilten Mitrovica, für Kosovaren eute von ähnlicher symbolischer Bedeutung wie früher 32614 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 252. Sitzung. Berlin, Montag, den 2. September 2013 (A) (C) )(B) schlägen. KFOR wie EULEX weisen deutlich auf ge- waltige Risiken für die Sicherheit hin, die sich aus der engen Kooperation von organisierter Kriminalität und Politik ergeben. Deutsche Experten wie die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ warnen, die im April in Brüssel vereinbarte Implementierung sei mitnichten „historisch“, und statt zum Frieden könne die Umsetzung vor Ort zu blutigen Unruhen im Norden führen, weil Radikale sich dort zur Wehr setzen. Von Mitrovica aus waren 2004 tödliche Unruhen in ganz Kosovo ausgebrochen; nichts ist dort gelöst, kein Risiko ist kleiner geworden. Nicht nur die Implementierung der von Belgrad schon 2012 der EU zugesagten Punkte stockt – gegen alle Be- hauptungen. Für „historische“ Schritte fehlen konkrete Taten von Belgrad. Vor allem muss Serbien unwiderruf- lich die Grenzen akzeptieren, nach all den Kriegen; das gilt für Kosovo, auch für Bosnien, wo Belgrad und seine Verbündeten in Bosnien weiter mit dem Feuer spielen. Ob sich die Büchse der Pandora wieder öffnet, das kann niemand sagen; dass sie sich in Jahren öffnen kann, be- streiten nur Naive und Unkundige. Und dass die albani- schen Gebiete in Kosovo, Mazedonien und Südserbien dann stillhalten, das glaubt niemand. mit Mehrheit verabschiedete, konkrete Pflichtenheft für Serbien muss bis zum nächsten Gipfel real bezüglich sei- ner tatsächlichen Umsetzung überprüft werden. Eine noch explosive Büchse der Pandora darf die EU nicht importieren. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu den Anträgen: Kinder- und Jugendgesundheit: Ungleichheiten beseitigen – Versorgungslücken schließen und Bestechung und Bestechlichkeit im Gesund- heitswesen unter Strafe stellen (250. Sitzung, Tagesordnungspunkt 24 b) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass unser Votum „Enthaltung“ lautet. Anlage 4 Erklärung Wir sollten nicht unhistorisch ein Abkommen histo- risch nennen, das Zusagen von 2012 endlich umsetzen soll und voller Risiken steckt. Historisch gehört der Bal- kan zu Europa und braucht eine europäische Perspek- tive, inklusive Serbien. Um die Büchse der Pandora mit möglichen neuen Kriegen endgültig zu versiegeln, muss Serbien historische Schritte in Richtung Europa gehen. Das ist die Implementierungsvereinbarung nicht, obschon sie wichtige Elemente beinhaltet. Die historische Wende Serbiens nach Europa jedoch muss erst konkret erfolgen, bevor wir dann über konkrete Termine reden. Das heute G (D des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz unter Einschluss von Verbraucher- und Umweltinfor- mationen – Informationsfreiheits- und Transpa- renzgesetz (250. Sitzung, Tagesordnungs- punkt 60) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die rünen, dass unser Votum „Zustimmung“ lautet. 252. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Untersuchungsausschussbericht NSU TOP 2 Untersuchungsausschussbericht Euro Hawk Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zu
unserer vereinbarten Plenarsitzung und rufe gleich den
Tagesordnungspunkt 1 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des 2. Untersuchungsausschusses nach
Artikel 44 des Grundgesetzes

– Drucksache 17/14600 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Dr. Eva Högl
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Petra Pau
Wolfgang Wieland

Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüße ich auf der
Tribüne den Herrn Bundespräsidenten, den Botschafter
der Türkei und den Geschäftsträger Griechenlands, Ver-
treter der Türkischen Gemeinde in Deutschland und an-
derer gesellschaftlicher Organisationen und insbeson-
dere zahlreiche Gäste aus den Familien, die einen
Angehörigen verloren haben oder selbst Opfer eines An-
schlags wurden.

A
ih

p
b
a
d
s
u
a
ü
d
b
h
d
a
s
d

V
L
k
ru
s

(Beifall)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine erschreckende
Serie von Morden und Anschlägen einer nationalsozia-
listischen Terrorgruppe hat zahlreiche Opfer – Traumati-
sierte, Schwerverletzte – und zehn Tote hinterlassen.
Schmerz, Trauer, auch Wut begleiten die Angehörigen
seit vielen Jahren. Wir fühlen uns ihnen verbunden. Ich
danke den heute anwesenden Angehörigen und Opfern
von Anschlägen im Namen des ganzen Hauses, dass sie
unserer Einladung gefolgt sind, der Debatte zum Ab-
schlussbericht des Untersuchungsausschusses persönlich
beizuwohnen.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich wünsche mir, dass die ernsthafte sachliche Auf-
klärungsarbeit dieses Ausschusses den Opfern und den

(C (D ung September 2013 1 Uhr ngehörigen das Gefühl vermittelt, in ihrer Trauer und rem Leid nicht alleinzusein. Ich bedanke mich insbesondere bei unserem Bundesräsidenten, der durch seine Anwesenheit bei dieser Deatte die Bedeutung unterstreicht, die der Bundestag und lle Verfassungsorgane dieser beispiellosen Herausforerung unseres demokratischen Rechtsstaates beimesen. Das Ausmaß der Verbrechen hat im ganzen Land nd weit darüber hinaus tiefe Trauer und Betroffenheit usgelöst. Dass die deutschen Sicherheitsbehörden die ber Jahre geplanten und ausgeführten Verbrechen weer rechtzeitig aufdecken noch verhindern konnten, edrückt und beschwert uns. Dass sich Opfer wie Angeörige im Zuge der Ermittlungen teilweise haltlosen Verächtigungen und wissentlich falschen Anschuldigungen usgesetzt sahen, erfüllt uns noch heute mit Fassungsloigkeit und Scham. Dafür möchte ich mich im Namen es Bundestages bei ihnen in aller Form entschuldigen. Der Schutz von Leib und Leben und die von unserer erfassung garantierten Grundrechte haben in diesem and Geltung für jeden, der hier lebt, mit welcher Herunft, mit welchem Glauben und mit welcher Orientieng auch immer. Dieser deutsche Staat – das ist die Bot chaft dieses Untersuchungsausschusses, und es ist die gemeinsame Position dieses Parlamentes – hält unverrückbar und unwiderruflich an diesen Prinzipien fest und an der gelegentlich verdrängten Einsicht, dass auch Minderheiten Rechtsansprüche haben, über die andere – selbst Mehrheiten – nicht verfügen können. Meine Damen und Herren, am 26. Januar des vergangenen Jahres hat der Deutsche Bundestag, getragen von einer gemeinsamen Entscheidung aller Fraktionen des Hauses, einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. In 16 Monaten leisteten seine Mitglieder, unterstützt durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausschusssekretariat und in den Abgeordnetenbüros, einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Aufarbeitung der schreckli Präsident Dr. Norbert Lammert )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )

chen Ereignisse. Der Ausschuss hat darüber hinaus ge-
meinsame Empfehlungen für die künftige Struktur, die
Zusammenarbeit, die Befugnisse und die Qualifizierung
der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden sowie für eine
effektive Bekämpfung des Rechtsextremismus formu-
liert. Die gewonnenen Erkenntnisse und die daraus ent-
wickelten Reform- und Verbesserungsvorschläge sind
nun Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung
mit dem Ziel, jede Form von Extremismus oder Auslän-
derfeindlichkeit in unserem Lande entschlossen zu be-
kämpfen. Wir sind uns bewusst, dass die Arbeit damit
keineswegs erledigt ist, sondern auf einer neuen gemein-
samen Grundlage fortgesetzt und verstärkt werden muss.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, die gründliche, sachorientierte und überpartei-
liche Arbeit des Untersuchungsausschusses ist in den
Medien zu Recht als ein Beispiel hoher politischer Kul-
tur und parlamentarischer Kompetenz gewürdigt wor-
den. Ich hätte mich deshalb gefreut, wenn dieses Thema,
dem der Deutsche Bundestag eine eigene Plenarsitzung
widmet und das Staatsoberhaupt seine Anwesenheit,
auch den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten


(Beifall im ganzen Hause)


eine Übertragung wert gewesen wäre – im Hauptpro-
gramm, versteht sich, weil es sich nicht um eine Neben-
sache handelt.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die ge-
leistete Arbeit, für ihr großes persönliches Engagement.
Dass dieser Untersuchungsausschuss, der sich als ge-
meinsames Aufklärungsinstrument begriff, um verloren
gegangenes Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzu-
stellen, in so ungewöhnlichem und beispielhaftem Maße
konsensorientiert gearbeitet hat, ist das Verdienst aller
seiner Mitglieder,


(Beifall im ganzen Hause)


insbesondere seines Vorsitzenden, dem ich hiermit stell-
vertretend für alle anderen für seine Arbeit ausdrücklich
danken möchte.


(Beifall im ganzen Hause)


Lieber Kollege Edathy, Sie haben das Wort.


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1725200100

Herr Bundestagspräsident! Sehr verehrter Herr Bun-

despräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Damen und Herren! Das ist ein sehr außerge-
wöhnlicher Untersuchungsausschuss gewesen, der heute
seinen Abschlussbericht zur Diskussion stellt. Es war
der 49. in der Geschichte des westdeutschen Parlamenta-
rismus der Nachkriegszeit. Es war zugleich der erste, der
von allen Fraktionen gewollt worden ist, der erste, der
einstimmig eingesetzt worden ist – ein Prinzip übrigens,
an dem wir bis zum Abschluss unserer Beratungen fest-
gehalten haben: Es gab keine einzige Abstimmung in
diesem Ausschuss, die nicht einstimmig erfolgt wäre.

Wir waren uns als Mitglieder dieses Ausschusses von
Beginn an darin einig, dass das Thema, mit dem wir es

z
P
D
d
F
g

E

d
V
e
w
S
le
z
tu
li

K
re
s
z
o

V
b
S
S
a
w

D
te
a
A
tu
fo
s
w
B
w

n
re
ih
d
P
n
d
E

g
d
u

(C (D u tun haben würden, sich nicht für Streit zwischen den arteien eignet, sondern von allen Demokratinnen und emokraten für das gemeinsame Streiten für die Wieergewinnung verloren gegangenen Vertrauens in die unktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaates enutzt werden muss. Das hat uns geeint. s hat diesen Ausschuss stark und effektiv gemacht. Es gibt in jedem Rechtsstaat zwei Kernversprechen, ie, wenn die Menschen, die in seinen Grenzen leben, ertrauen in ihn haben sollen und wollen, unabdingbar ingehalten werden müssen. Ein Versprechen ist: Egal er man ist – ob Bürger oder nicht, unabhängig von tand und Herkunft –, jeder, der hier in Deutschland bt, muss sich darauf verlassen können, dass die dafür uständigen staatlichen Institutionen alles Vertretbare n, um ihn vor Straftaten, insbesondere vor Kapitaldekten, zu schützen. Es gibt ein zweites Kernversprechen. Das zweite ernversprechen ist: Wenn es trotzdem zumal zu schwen Straftaten kommt, kann sich jedes Opfer, können ich die Angehörigen darauf verlassen, dass die dafür uständigen Behörden unvoreingenommen, das heißt bjektiv und professionell, Aufklärungsarbeit leisten. Gegenüber vielen der NSU-Opfer sind gleich beide ersprechen gebrochen worden. Das ist ein trauriger, ein eschämender Befund. Ich sage aber zugleich: Die tärke des Rechtsstaates ist nicht Fehlerfreiheit; die tärke des Rechtsstaates ist es, Fehler zu erkennen, zu nalysieren und dafür Sorge zu tragen, dass sie sich nicht iederholen können. as ist die Aufgabe, der wir uns von Januar 2012 an unrzogen haben. Wir haben in diesem Untersuchungs usschuss natürlich auch im Sinne der Opfer und der ngehörigen der Mordopfer gearbeitet; aber die Einrichng des Untersuchungsausschusses hatte im Kern den lgenden Hintergrund: Es ist eine Frage der demokrati chen Selbstachtung unserer ganzen Gesellschaft, dass ir zwingend sicherstellen, dass sich ein derart massives ehördenversagen, wie wir es feststellen mussten, nicht iederholen kann. Es sind – man kann es in unserem Bericht nachlesen – ach unserem Dafürhalten im Wesentlichen drei Fakton, die wir gefunden haben und die jeder für sich und in rem Ineinanderwirken am Ende dazu geführt haben, ass wir es einem älteren Bürger aus Eisenach, der der olizei im November 2011 einen Tipp gegeben hat, und icht gelungener Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehören verdanken, dass überhaupt erkannt werden konnte: s gibt diese rechtsterroristische Gruppierung. Die auslösende Frage für uns war ja: Wie kann es eientlich sein, dass da eine rechtsterroristische Zelle morend und raubend über Jahre durch die Republik zieht nd ihre Existenz nicht erkannt wird, geschweige denn, Sebastian Edathy )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )

dass man ihrer Mitglieder durch Arbeit der Ermittlungs-
behörden habhaft geworden wäre? Ich glaube, es gibt
dafür im Wesentlichen drei Ursachen.

Das eine ist: Wir müssen unsere Sicherheitsarchitek-
tur so weiterentwickeln, dass zwischen den verschiede-
nen Behörden nicht Konkurrenzdenken, sondern Koope-
rationsbereitschaft vorhanden ist. Daran hat es an vielen
Stellen gemangelt.

Das Zweite ist: Ein zunehmend gewaltbereiter gewor-
dener Rechtsextremismus darf nie wieder so massiv un-
terschätzt, teilweise sogar bagatellisiert werden, wie das
in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.


(Beifall im ganzen Hause)


Wer Menschen aus rassistischen Motiven heraus an-
greift, der greift uns alle an, weil er sich an den Funda-
menten unserer Gesellschaftsordnung versündigt.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der dritte Faktor – mit das traurigste Kapitel – ist,
dass wir bei neun von zehn Mordfällen, bei den neun
Morden an Bürgern mit einer ausländischen Familien-
biografie, feststellen mussten, dass das von mir vorhin
als zweites Kernversprechen des Rechtsstaates postu-
lierte Versprechen nicht eingehalten worden ist. Es ist
bei neun von zehn Morden nicht ergebnisoffen und vor-
urteilsfrei, sondern ressentimentgeleitet ermittelt wor-
den. Dafür müssen wir politische Verantwortung tragen.
Wir müssen durch bessere Personalauswahl, Aus- und
Weiterbildung dafür Sorge tragen, dass das Denken in
Teilen unserer Sicherheitsbehörden sich verändert. Ich
glaube auch, dass unsere Sicherheitsbehörden künftig
stärker die Vielfalt dieser Gesellschaft insgesamt auch in
ihren Strukturen widerspiegeln werden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte mich herzlich bedanken für eine unglaub-
lich gute Zusammenarbeit bei den Kolleginnen und Kol-
legen im Ausschuss, bei den Obmännern, bei den Ob-
frauen. Ich möchte mich herzlich bedanken beim
Sekretariat, bei den Fraktionsreferentinnen und -referen-
ten, bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
den Abgeordnetenbüros. Ich denke, wir können am Ende
vielleicht sagen: Wir haben nicht jede Frage auflösen
können. Aber ich glaube, wir können über unsere Arbeit
sagen: Das, was wir tun konnten, haben wir aufrichtig
getan.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200200

Vielen Dank, Herr Kollege Edathy. – Bevor ich dem

Kollegen Binninger als nächstem Redner das Wort er-
teile, möchte ich der guten Ordnung halber Ihre Zustim-
mung zu der interfraktionellen Vereinbarung herbeifüh-
ren, dass die Aussprache zu diesem Bericht insgesamt

e
s
li

u
h
n
2
fa
d
u
N
L
ih
o
e
d

lo
k
la
e
d
n
Id
d

n
b
re
w
d
a
s
w
d
V
ti
ri
h

d
ti
a
m
D
ti
e
G
u
w
w
a
v

(C (D ineinhalb Stunden betragen soll. – Diesbezüglich beteht offenkundig Einvernehmen. Das ist damit ordentch im Protokoll festgehalten. Herr Kollege Binninger, Sie haben das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Meine Damen und Herren! Liebe Angeörige der Familien der Opfer auf der Tribüne! Als kurz ach dem Auffliegen des Terrortrios am 4. November 011 der damalige Präsident des Bundesamtes für Verssungsschutz gesagt hat: „Das ist eine Niederlage für ie Sicherheitsbehörden“, habe ich das etwas erweitert, nd ich sage es heute noch einmal: Es war mehr als eine iederlage für die Sicherheitsbehörden. Dass in unserem and Menschen Opfer von Verbrechen wurden aufgrund rer ausländischen Herkunft oder weil sie als Polizistin der Polizist für diesen Staat gearbeitet haben, das war ine Niederlage für unsere gesamte Gesellschaft und arf sich nicht wiederholen. In den ersten Tagen und Wochen herrschte Fassungssigkeit. Man suchte nach Erklärungsansätzen: Wie ann es sein, dass ein Trio 1998 abtaucht und zwei Jahre ng trotz intensiver Suche nicht gefunden wird, obwohl s das Land kaum verlassen hat? Es begeht zehn Morde, rei Sprengstoffanschläge und 14 Banküberfälle, und iemand entdeckt sie. Man kommt nicht einmal auf die ee, dass es Rechtsterroristen sein könnten. Wie kann as sein? Das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden, icht nur bei den Angehörigen der Opfer und der Überleenden, war tief erschüttert. Auch das Vertrauen in unsen Rechtsstaat war ein Stück weit erschüttert. Deshalb ar es damals eine gute Entscheidung aller Fraktionen es Deutschen Bundestages, diesen Untersuchungsusschuss gemeinsam einzusetzen. Bei allem, was uns onst politisch trennt, von Linkspartei bis FDP, haben ir uns damals in die Hand versprochen: Wir arbeiten an er Sache orientiert, im Interesse der Aufklärung, damit ertrauen wieder entstehen kann, und lassen Parteipolik komplett beiseite. Dass das bis zur Beratung des Bechts am heutigen Tag gehalten hat, dafür von mir einen erzlichen Dank an die Kollegen aller Fraktionen. Der Untersuchungsausschuss hat aber auch gezeigt, ass das deutsche Parlament in der Lage ist, die Exekuve zu kontrollieren. Wir hatten im Bund und nahezu in llen Ländern mit vielen Stellen zu tun. Es war nicht imer einfach, Akten zu bekommen. Wir hatten manchen isput zu führen. Wir haben manchmal auch heftige Krik geübt, wenn Akten zu spät kamen. Es bestand immer in Stück weit ein Spannungsverhältnis zwischen dem eheimhaltungsbedürfnis aus Sicht der Exekutive und nserem Aufklärungsbedürfnis. Aber am Ende haben ir – das muss man festhalten – alles bekommen, was ir für unsere Arbeit gebraucht haben. Deshalb will ich n die Adresse des Bunderates – die Bundesratsbank ist oll besetzt – und auch des Bundesinnenministeriums Clemens Binninger )

Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1725200300

(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )

Dank sagen für die Zusammenarbeit bei einem schwieri-
gen Thema. Sie haben uns unsere Arbeit machen lassen
und uns auch unterstützt, so wie wir das wollten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das mag dem einen oder anderen immer noch zu wenig
oder zu viel oder was auch immer sein, aber im Kern ist
festzuhalten: Wir haben im Sinne unseres Aufklärungs-
auftrages etwas erreicht.

Nun zu den Ursachen. Wie konnte es geschehen? Es
gibt nicht die eine Ursache für diese schreckliche Mord-
serie und ihr Nichtentdecken. Das Geschehen hat in ei-
nem Zeitraum von 13 Jahren stattgefunden, die Hälfte
der Bundesländer sind betroffen. Die eine Ursache gibt
es nicht, aber eines wurde deutlich: Diese Verbrechens-
serie, die sich über Ländergrenzen hinweg ereignet hat,
hat unsere föderale Sicherheitsarchitektur sehr schnell
und sehr deutlich an ihre Grenzen gebracht. Daraus müs-
sen wir die Lehren ziehen, die wir in unseren Empfeh-
lungen gezogen haben. Darauf werde ich später noch
eingehen.

Wenn wir über Ursachen reden, ist klar: Die Haupt-
kritik geht an die Behörden, deren Aufgabe es ist, die
Menschen in unserem Land, egal welcher Herkunft, vor
Verbrechen zu schützen. Das ist die Polizei, das sind die
Nachrichtendienste, und das ist die Justiz. Das sind die
Hauptadressaten unserer Kritik. Aber seien wir ehrlich:
Wir müssen uns auch selber einen Spiegel vorhalten. Ich
mache in diesem Haus seit 2002 Innenpolitik. Wer von
uns Innenpolitikern oder wer von den Mitgliedern in den
Innenausschüssen hat jemals bei dieser damals noch so
genannten Ceska-Mordserie daran gedacht, es könnten
Rechtsterroristen sein? Wer hat in den Medien jemals
diesen Vorwurf oder Verdacht geäußert? Niemand. Wie
häufig sind wir an diesen Fahndungsplakaten vorbeige-
laufen, zum Beispiel am Flughafen? Wir haben sie gese-
hen, haben sie nach zwei Minuten vergessen und nicht
weiter darüber nachgedacht. Ja, sogar noch schlimmer:
Nicht einmal nach dem 4. November 2011 – das Trio
war wieder präsent; Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe
standen im Verdacht, den Polizistenmord begangen zu
haben – kam man auf die Idee, zu fragen: Sind das auch
die Mörder unserer ausländischen Mitbürger? Selbst da
kam niemand auf die Idee, nicht am 5. November, nicht
am 6., nicht am 7. und auch nicht am 8. November. Erst
als im Schutt des abgebrannten Hauses in Zwickau die
Ceska, die Tatwaffe, und die Bekenner-DVD gefunden
wurden, erst da war klar: Wir haben es hier mit den Tä-
tern einer schrecklichen Mordserie zu tun. Dass wir
nicht darauf gekommen sind, dass niemand diesen Ge-
danken hatte, muss uns alle selbstkritisch stimmen und
für uns Anlass sein, darüber nachzudenken, woran das
lag. Da sind auch wir nicht frei von Kritik, wir alle zu-
sammen, die wir hier Verantwortung tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man die Ursachen zusammen betrachtet, stellt
man fest, dass vielleicht vier oder fünf Ursachen maß-

g
w
d
u
d
R
e
u
e
F
m
F
a
d
m

h
s
n
re
a
im
b
ü
n
R
e
P
is
te
te
m
h

u

s
d
z
s
d
o
h

w
n
s
b
S
E
h
le
c
B
w
b

(C (D eblich dafür sind, dass hier so viel schieflief. Vorneeg: Sicher wurden die Gefahren des gewaltbereiten, es bewaffneten Rechtsextremismus wirklich kolossal nterschätzt; das ist tragisch. Es ist nicht so, dass in all iesen Jahren – 1998, 2000, 2002 oder auch danach – echtsextremismus nicht bekämpft wurde – es gab Verinsverbote; Blood & Honour wurde verboten; es gab mfangreiche Ermittlungsverfahren zum Thema rechtsxtremistische Musik –; aber in dem entscheidenden eld – wo haben wir einen gewaltbereiten Kern? – hat an immer zu früh aufgehört. Das war einer der großen ehler. Er zieht sich im Prinzip durch die ganze Zeit, uch durch die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Auch iese Unterschätzung des gewaltbereiten Rechtsextreismus darf sich nicht wiederholen. Auf die Grenzen des Föderalismus habe ich schon ingewiesen. Wer ist zuständig bei einer Mordserie, die ich auf mehrere Bundesländer erstreckt, wenn der Geeralbundesanwalt nicht zuständig ist? Wir hatten mehre zuständige Polizeien, mehrere zuständige Staats nwaltschaften. Alle Versuche, das zu bündeln, sind mer wieder gescheitert. Erst wollten die Länder abge en, da wollte das BKA nicht. Dann wollte das BKA bernehmen, da wollten die Länder nicht. Und dann och einmal umgekehrt. Deshalb empfehlen wir eine egelung – das ist eine unserer 47 Empfehlungen –, dass s bei solchen länderübergreifenden Verbrechen bei olizei und Justiz eine Stelle geben muss, die zuständig t. Ansonsten werden wir dieses Wirrwarr beim nächsn Mal wieder erleben. Das aber können wir uns im Inresse unseres Rechtsstaates, im Interesse unserer Deokratie wirklich nicht leisten. Deshalb muss es auch ier eine Veränderung geben. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall im ganzen Hause)


Die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz
nd Polizei ist nicht einfach. Wir alle wissen, dass es da-
r hohe rechtliche Hürden gibt. Aber bei einer Mord-

erie ist Zusammenarbeit möglich. So wie sie sich hier
argestellt hat, ist sie mit dem Wort „schlecht“ noch un-
ureichend beschrieben. Sie hat nicht funktioniert. Wis-
en über das Trio, das beim Verfassungsschutz vorhan-
en war, ist nur in Bruchstücken bei der Polizei gelandet
der gar nicht, weil man das Wissen gleich für sich be-
alten hat. Auch hier muss sich einiges ändern.

Dann das Thema V-Leute. Bei diesem Punkt haben
ir in letzter Konsequenz, über die Empfehlungen hi-
ausgehend, keinen Konsens, in den Empfehlungen aber
chon. V-Leute sind keine Mitarbeiter von Sicherheits-
ehörden. Sie sind Angehörige einer extremistischen
zene und bleiben das auch. Im konkreten Fall heißt das:
s sind Neonazis, die bereit sind, gegen Geld mit Sicher-
eitsbehörden zusammenzuarbeiten. Das ist ein schma-
r Grat für den Rechtsstaat, und er wurde hier an man-

hen Stellen verlassen. Dass eine Sicherheitsbehörde in
randenburg mit einem V-Mann zusammenarbeitet, der
egen versuchten Mordes an einem ausländischen Mit-
ürger verurteilt wurde, ist undenkbar. Das darf sich





Clemens Binninger


(A) )


)(B)

nicht wiederholen. Hier überschreitet der Rechtsstaat
eine rote Linie.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich will aber auch deutlich sagen: Wir können auf das
Instrument der V-Leute nicht ganz verzichten. Es gibt in
diesen Phänomenbereichen abgeschottete Zirkel, an die
die Sicherheitsbehörden überhaupt nicht herankommen,
wenn sie dieses Instrument nicht haben. Aber es bedarf
einer grundsätzlichen Reform, es bedarf einheitlicher
Standards in allen Sicherheitsbehörden, wenn es um das
Thema V-Leute geht, weil in den letzten 15 Jahren Auf-
wand und Risiko des Einsatzes von V-Leuten im Bereich
Rechtsextremismus in keinem Verhältnis zum Erkennt-
nisgewinn standen. Das muss Anlass sein für dringende
und notwendige Reformen in diesem Bereich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der letzte Punkt, der bedrückendste, ist das frühe
Festlegen auf eine Ermittlungsrichtung: „Es muss orga-
nisierte Kriminalität sein“ oder, wie beim Sprengstoff-
anschlag in Köln 2004: „Es muss um die Türsteherszene
gehen“. Ganz wenig nur wurde in Richtung Rechtsextre-
mismus ermittelt. Die Bayern haben 2006 diesen Ver-
such unternommen, wurden aber von den anderen
Behörden heftig kritisiert. In Köln wurde einmal kurz in
Richtung Rechtsextremismus ermittelt; dann wurde
diese Spur wieder verworfen. Immer wieder ging es in
Richtung organisierte Kriminalität – als ob es möglich
wäre, die Täter im Umfeld der Opfer zu finden.

Dass man im Umfeld der Opfer ermittelt hat, wie man
es bei schweren Verbrechen immer macht, ist nicht zu
kritisieren. Aber man hat immer weiter ermittelt, auch
wenn es keine Anhaltspunkte mehr gab; man hat nicht
mehr aufgehört. Man hat mit hohem Aufwand in diesem
Bereich ermittelt, hat die Opfer damit nochmals zu Op-
fern gemacht. Auch das ist etwas, was sich nicht wieder-
holen darf. Opfer dürfen durch Ermittlungen nicht ein
zweites Mal zu Opfern werden.


(Beifall im ganzen Hause)


Für diesen Bereich haben wir einen ganzen Katalog
von Empfehlungen formuliert. Die Empfehlungen rei-
chen im Prinzip von einer anderen Erfassung rechts-
extremistischer Gewaltkriminalität – damit wir nicht
über statistische Aussagen streiten müssen, was das Phä-
nomen angeht – über ein besseres Lagebild und mehr in-
terkulturelle Kompetenz in allen Sicherheitsbehörden bis
hin zu einer Empfehlung, die ich wirklich für sehr wich-
tig halte: Nachdem wir viele Zeugen aus Sicherheitsbe-
hörden vernommen haben, viele Mitarbeiter, Polizisten
und Ermittler, von denen viele – die meisten, würde ich
sagen – sehr betroffen, sehr einsichtig waren und denen
es selber zu schaffen macht, dass sie ihrem gesetzlichen
Auftrag nicht nachkommen konnten, und diese sicher
ihre Lehren aus diesen Fällen gezogen haben, ist es jetzt
notwendig, dass die Lehren aus dem NSU-Desaster Teil
des Wissens der Organisationen werden, damit auch zu-
künftige Generationen von Ermittlern wissen, was da-
mals schieflief, und so sichergestellt werden kann, dass

d
4
s
z
s
n
ti
d
w
d
s

e
n
li
A
te
F
V
4
b
d
D
v
L
s
L
n
e
s
k
D
a

L
te

n

e
A
K
e
n
v

m
s
B

(C (D as nicht mehr vorkommt. Deshalb lautet eine unserer 7 Empfehlungen, dass der gesamte Fall NSU – mit all einen Fehlern – Teil der Ausund Fortbildung bei Poliei, Nachrichtendiensten und Justiz werden muss. Das age ich auch an die Adresse der Länder; das können wir icht alleine machen. Ich halte das aber für eine wichge, dringende Empfehlung, die dazu beitragen kann, ass sich solche Pannen und ein solches Versagen nicht iederholen. Das geht nur, wenn das Wissen darüber in er Organisation stetig verankert wird. Das ist, wie geagt, eine unserer Empfehlungen. 1 300 Seiten hat unser Abschlussbericht. Die Quintssenz sind 47 Empfehlungen, auf die sich alle Fraktioen im Konsens geeinigt haben. Es gab zwar die Mögchkeit, Sondervoten abzugeben, wenn eine Fraktion der uffassung war, Formulierungen präzisieren oder weire Vorschläge machen zu müssen. Die CDU/CSUraktion hat sich allerdings entschieden, auf solch ein otum zu verzichten. Wir sehen die Stärke dieser 7 Empfehlungen gerade darin, dass über sie Konsens esteht. Dadurch entfalten sie einen Reformdruck, daurch sind sie wirkmächtig – und verpflichten uns alle. iese 47 Empfehlungen, getragen von allen Fraktionen, erpflichten uns alle – die Regierungen in Bund und ändern, die Parlamente in Bund und Ländern, die Geellschaft als Ganzes –, aus dem, was geschehen ist, die ehren zu ziehen, dafür zu sorgen, dass sich so etwas icht wiederholt, und zu gewährleisten, dass Menschen, gal woher sie kommen, in unserem Land willkommen ind und keine Angst haben müssen, aufgrund ihrer Herunft oder ihrer Religion Opfer einer Straftat zu werden. as ist das Versprechen, das wir hier heute abgeben und n dem wir uns messen lassen. Herzlichen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Zehn Morde, mindesns zwei Anschläge und zahlreiche bewaffnete Überlle gehen auf das Konto der Nazibande namens „Natio alsozialistischer Untergrund“, kurz: NSU. Wie andere auch war ich an etlichen Tatorten, um mir in Bild zu machen. Wir wollten uns nicht allein auf die kten verlassen. So war ich auch in der Kölner eupstraße. 2004 hatten Böhnhardt und Mundlos dort ine Nagelbombe gezündet. Zwei Dutzend Anwohnerinen und Anwohner wurden zum Teil lebensgefährlich erletzt. Mein Begleiter öffnete mir etliche Türen. Ich sprach it einigen Betroffenen des NSU-Anschlages, zum Bei piel mit dem Inhaber des Geschäftes, vor dem die ombe explodierte. Er sagte mir, dass er noch im Herbst Petra Pau )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200400

(Beifall bei der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1725200500




(A) )

2011, also sieben Jahre nach dem Anschlag, von der
Polizei bedrängt wurde, er solle endlich aussagen, was er
mit alledem zu tun habe. Schließlich brach es aus ihm
heraus: Ich weiß, Frau Pau, auch die Polizei kann irren.
Aber sie haben vergessen, dass wir Menschen sind. Und
das kann ich nicht verwinden. – Mein Begleiter lud mich
danach zu einem Glas Tee ein. Zum Abschied fragte er
mich dann fast verzweifelt: Ich lebe jetzt seit 40 Jahren
in Deutschland. Ich bin Deutscher, meine Kinder sind
Deutsche, meine Enkel auch. Wo sollen wir denn hin? –
Ich gestehe, ich konnte ihm nur die Hand drücken.

Diese Geschichte ging mir immer dann durch den
Kopf, wenn Zeugen im Ausschuss beteuerten, man habe
alles richtig gemacht und sei vollständig ohne Schuld.
Dann habe ich mich jeweils für sie geschämt.

Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses
ist öffentlich. Er ist ein gemeinsames Dokument aller
Fraktionen – von der CDU/CSU-Fraktion bis zur Frak-
tion Die Linke. Viele Kommentatoren haben den An-
spruch und die Kultur im Ausschuss gewürdigt. Einer
meinte dagegen, das sei kein Grund zum Lob, sondern
zeige doch nur, wie es ansonsten im Bundestag zugehe.
Ich finde, auch darüber sollten wir einmal nachdenken.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Gleichwohl danke ich allen Mitgliedern des Aus-
schusses und ebenso allen Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern. Die Zusammenarbeit war auch für mich eine
Mut machende Erfahrung. Und: Sie war bitter nötig. Wir
sahen uns in der Schuld der Opfer und ihrer Angehöri-
gen, und wir konnten nichts wiedergutmachen. Umso
mehr aber galt unsere Botschaft Art. 1 des Grundgeset-
zes: Die Würde des Menschen ist unantastbar – aller
Menschen.

Der Abschlussbericht des Ausschusses enthält knapp
vier Dutzend Vorschläge, was als Konsequenz aus dem
NSU-Desaster dringend zu ändern sei. Der Kollege
Binninger hat sie hier umfassend vorgestellt; ich muss
das nicht wiederholen. Hinzu kommen Zusatzvoten der
Fraktionen. Sie markieren Differenzen, durchaus gravie-
rende. Ich möchte drei für die Linke skizzieren:

Erstens. Das Staatsversagen im NSU-Komplex hatte
zwei wesentliche Ursachen – Zitat aus unserem Vo-
tum –: die Verharmlosung und Vertuschung der Gefah-
ren des Rechtsextremismus durch staatliche Stellen ei-
nerseits und den institutionellen Rassismus andererseits.

Die rechtsextreme Gefahr wurde bis 2011 verlässlich
unterschätzt und auch verharmlost. Eine rechtsterroristi-
sche Gefahr gäbe es nicht, hieß es in nahezu allen La-
geeinschätzungen der Sicherheitsbehörden. „Wir hätten
es besser wissen müssen …“, kommentierte der dama-
lige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz
Fromm, danach. Zu spät!

Das Wort „Rassismus“ wiederum wird offiziell wei-
terhin gemieden, noch mehr die Einschätzung, es gebe
so etwas wie institutionellen Rassismus. Ich bleibe da-
bei: Die NSU-Mordserie war rassistisch motiviert, und
die Ermittlungen trugen rassistische Züge. Damit sage

ic
in
d
A
U
v
d
T
R
e
a

e
d
s

m
z
fa
b
a
D
a

S
b

m
s
g
s
s
K
g
u
te

D
k
E
s
s
A
tr

u
n
M
a
s
s

(C (D h nicht, die Ermittler seien Rassisten, wohl aber, dass vielen Behörden ein Geist herrscht, der Rassismus be ient. Das hat Ursachen. Das beginnt bei Gesetzen, die sylsuchende und Zuwanderer menschlich degradieren. nd das mündet in einen Generalverdacht gegen das ermeintlich Undeutsche. Beispiele dafür finden wir in en Untersuchungsakten en masse. Deshalb haben die ürkische Gemeinde und der Zentralrat der Sinti und oma recht, wenn sie fordern: Wer das NSU-Desaster rnst nimmt, muss endlich auch das Thema Rassismus uf die Tagesordnung setzen! (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir waren uns im Untersuchungsausschuss
inig, dass die Ämter für Verfassungsschutz im Zentrum
es Versagens agierten. Gleichwohl ziehen wir unter-
chiedliche Schlüsse. Im Votum der Linken heißt es:

Der nachrichtendienstlich arbeitende Verfassungs-
schutz war Herz und Motor des sicherheitspoliti-
schen Debakels …

Verknappt gesagt: Der Verfassungsschutz hat die Er-
ittlungen gegen das NSU-Trio behindert, und er hat

ugleich durch seine V-Leute-Kumpanei mit Nazis Ver-
ssungsfeinde gestärkt – beides systematisch. Deshalb

leibt die Linke dabei: Die unsägliche V-Leute-Praxis
ller Sicherheitsbehörden ist sofort einzustellen. Und:
ie Ämter für Verfassungsschutz sind als Geheimdienste

ufzulösen.


(Beifall bei der LINKEN)


ie sind als solche weder kontrollierbar noch reformier-
ar.

Drittens. Auch die Prävention gegen Rechtsextremis-
us und Rassismus war Thema im Ausschuss – insbe-

ondere bei Expertenanhörungen. Die Urteile über das
eltende System waren teilweise vernichtend. Gesell-
chaftliche Initiativen werden ungenügend gefördert,
tattdessen häufig kriminalisiert. Die Linke teilt diese
ritik. Wir schlagen über die gemeinsamen Empfehlun-
en hinaus ein neues Modell vor. Es korrespondiert mit
nserer zivilgesellschaftlichen Alternative zu den Äm-
rn für Verfassungsschutz als Geheimdienste.

Wir plädieren a) für eine „Koordinierungsstelle zur
okumentation gruppenbezogener Menschenfeindlich-
eit“ und b) für eine „Bundesstiftung zur Beobachtung,
rforschung und Aufklärung gruppenbezogener Men-
chenfeindlichkeit“. Beide sollen parteifern und wissen-
chaftsnah sein. Die Koordinierungsstelle soll für die
nalyse zuständig sein. Der Stiftung soll auch die Be-
euung gesellschaftlicher Initiativen obliegen.

Wir sind der festen Überzeugung – ich denke, das eint
ns –: Dem Rechtsextremismus ist mit kurzem Atem
icht beizukommen. Rassismus und gruppenbezogene
enschenfeindlichkeit wiederum beschränken sich nicht

uf den rechten Rand. Die aktuelle Förderung für gesell-
chaftliche Initiativen dagegen ist kurzatmig und be-
chränkt. Wir brauchen hier also einen neuen Ansatz.


(Beifall bei der LINKEN)






Petra Pau


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir,
noch zwei Abschlussgedanken vorzutragen: Bundes-
kanzlerin Angela Merkel hat auf der Trauerfeier im Fe-
bruar 2012 den Angehörigen und den überlebenden Op-
fern der NSU-Mord- und -Anschlagsserie vollständige
Aufklärung versprochen. Davon kann bis heute keine
Rede sein. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses
wurde auch noch von Regierungen und Behörden auf
Bundes- und Landesebene behindert; übrigens – ich ge-
stehe, auch das schmerzt mich persönlich – ganz egal
welche Parteiflaggen die jeweiligen Regierungen hissen.
Sie alle lassen mit diesen Behinderungen nicht nur die
Bundeskanzlerin mit ihrem Versprechen im Regen ste-
hen, sondern – schlimmer noch – auch die Opfer und
Hinterbliebenen. So als sei nichts gewesen!

Damit zu meinem zweiten Schlussgedanken. Der Aus-
schuss hat wider alle Blockaden viel ermittelt. Wir haben
in staatliche Abgründe geschaut, politisches Versagen auf-
gedeckt, und wir haben – der Kollege Binninger hat es
schon für das gesamte Parlament gesagt – auch uns sehr
viele selbstkritische Fragen zu stellen. All das ist um-
fangreich dokumentiert, mit dringenden Empfehlungen.
Deshalb möchte ich mit einem Lessing-Zitat schließen:

Wer wird nicht einen Klopstock loben? 
Doch wird ihn jeder lesen? – Nein. 
Wir wollen weniger erhoben 
und fleißiger gelesen sein.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200600

Das Wort erhält nun der Kollege Hartfrid Wolff.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Morde der Zwickauer Zelle sind die bislang schwerwie-
gendste Kette von rechtsextremistisch motivierten Ge-
waltverbrechen, die die Bundesrepublik Deutschland je
erlebt hat.

Die im Laufe der Zeit zutage getretenen Fehler der
Behörden sind erschütternd. Wir reden hier von einem
gravierenden Vertrauensverlust in die Fähigkeiten der
Sicherheitsbehörden. Wie konnte es möglich sein, dass
die rechtsextremen Terroristen 13 Jahre im Untergrund
unbehelligt leben und morden konnten? – Und: Wir re-
den von einem Vertrauensverlust in die rechtsstaatlichen
Abläufe in Behörden. Weshalb wurden warum welche
Akten gelöscht? Warum waren Beamte und V-Leute
beim Ku-Klux-Klan aktiv?

Wir haben von Anfang an auf eine lückenlose parla-
mentarische Aufklärung gedrängt. Ich bin froh, dass wir
im Januar 2012 einvernehmlich über alle Parteigrenzen
hinweg im Deutschen Bundestag diesen Untersuchungs-
ausschuss einsetzen konnten. Die in dieser Form einma-
lige parteiübergreifende Zusammenarbeit eines Untersu-

c
m
a
b
d
A

A
b
d
a
J
U
h
d

v
fo

L
fe
s
d
m

u
V
c

li
m
te
m
ri
N
S
e
d

W
e
u
m
R
n
s
tr

c
d
n

c

(C (D hungsausschusses, noch dazu in Wahlkampfzeiten, hat ich persönlich sehr beeindruckt. Der Untersuchungs usschuss hat die Aufklärungsarbeit erheblich vorangeracht: seriös und konsequent. Ich glaube, dass wir urch das gemeinsame Vorgehen den Opfern und ihren ngehörigen so eher gerecht werden konnten. Jede Fraktion hat ihre eigenen Standpunkte gehabt. ber vieles haben wir auch gemeinsam einschätzen und ewerten können: Die Sicherheitsbehörden müssen sich ringenden Reformen unterziehen. Der Druck zur Neuufstellung bei der Polizei, bei den Diensten und in der ustiz steigt mit dem parteiübergreifenden Bericht des ntersuchungsausschusses. Insbesondere die Einbezieung der Opferangehörigen muss deutlich besser weren. Auch der Bericht der Regierungskommission, der ergangene Woche vorgestellt wurde, macht den Rermbedarf deutlich: Wir brauchen bei polizeilichen Ermittlungen über ändergrenzen hinweg klarere Lösungen. Es darf wegen hlender Zusammenarbeit der Polizei nicht mehr zu die en unglaublichen Sicherheitslücken kommen. Auch eshalb braucht der Generalbundesanwalt frühere und ehr eigene Prüfungsund Ermittlungszuständigkeiten. Wir fordern eine Reform der Geheimdienste an Haupt nd Gliedern. Das V-Mann-Wesen, die Ausbildung der erfassungsschützer und die Kontrolle der Dienste brauhen stabilere rechtsstaatliche Anker. Wir brauchen einige Nachrichtendienste nicht mehr. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesländer sind in der Pflicht. Es ist unglaub-
ch, wie teilnahmslos einige agiert haben. Die Länder
üssen jetzt konkretere Vorschläge vorlegen. Kein wei-
res Lavieren! Kein weiteres Taktieren! Ich wünsche
ir mehr Mut zum Wohle und zur Sicherheit der Bürge-
nnen und Bürger. Die parlamentarische Kontrolle der
achrichtendienste muss dringend verbessert werden.
owohl im Bund als auch in den Ländern bestehen hier
rhebliche Defizite. Unsere Vorschläge dazu liegen auf
em Tisch.

Für die parlamentarische Kontrolle im Bundestag gilt:
ir brauchen jederzeitigen Zugang zu allen Vorgängen,

ine vorige Kontrolle der internen Dienstanweisungen
nd einen ständigen Sonderermittler des Kontrollgre-
iums quasi als verlängerten Arm der Parlamentarier.
echtliche Kontrollhindernisse – und davon gibt es ei-
ige – wie das Verbot für die Mitarbeiter der Dienste,
ich ohne Einbindung des Behördenleiters an das Kon-
ollgremium wenden zu können, müssen weg.

Meine Damen und Herren, auch wenn der Untersu-
hungsausschuss gemeinsam viel geleistet hat und ver-
ienstvoll in die Aufklärung eingestiegen ist: Es sind
och viele Fragen offen geblieben. Nur einige Beispiele:

Die Finanzquellen des Mördertrios sind nicht ausrei-
hend geklärt. Über die bekannten Banküberfälle alleine





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

konnte sich der NSU dieses Leben über 13 Jahre nicht fi-
nanziert haben. Die drei hatten nicht einmal 360 Euro im
Monat, weniger als Hartz IV. Wie aber haben sie sich
sonst finanziert?

Die erheblichen internationalen Implikationen, zum
Beispiel in die Schweiz, sind vom Ausschuss so gut wie
gar nicht behandelt worden – und das, obwohl wir sehen,
wie stark das internationale Netzwerk Blood & Honour
gerade im Umfeld des NSU aktiv war.

Wichtige Bundesländer wie zum Beispiel Berlin und
Baden-Württemberg haben noch nicht ausreichend Ak-
ten geliefert. Baden-Württemberg hat zudem erst im
März dieses Jahres eine eigene Ermittlungsgruppe „Um-
feld“ eingerichtet, deren Endergebnisse wir nicht kennen
und damit nicht bewerten können. Die baden-württem-
bergische Landesregierung hat den Untersuchungsaus-
schuss deutlich verzögert. Der baden-württembergische
Ministerpräsident Kretschmann und Innenminister Gall
müssen ihr Versprechen einlösen und endlich aktiv zur
Aufklärung beitragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Schließlich ist damit zu rechnen, dass, wie es bereits
in den letzten Monaten der Fall war, bei dem Prozess am
Oberlandesgericht München, der noch bis 2014 läuft,
weitere Details bekannt werden. Der Generalbundes-
anwalt führt zwei weitere Ermittlungsverfahren. Hier
darf der Bundestag die Aufklärung nicht einfach einstel-
len.

Ich begrüße ausdrücklich, dass der Untersuchungs-
ausschuss dem Antrag der FDP gefolgt ist, dass die Auf-
bewahrung der Akten im Deutschen Bundestag deutlich
verlängert wird.


(Beifall bei der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, es wird wahrscheinlich
nicht mehr alles seit 1992 bis in letzte Details aufgeklärt
werden können. Doch schon an diesen wenigen noch of-
fenen Themen sieht man: Man kann trotz aller Aufklä-
rungsleistung nicht mit gutem Gewissen sagen, dass das
im Einsetzungsbeschluss, wie von allen Parteien festge-
halten, angestrebte Gesamtbild vorliegt; diese Forderung
ist noch nicht ausreichend erfüllt. Überall geht die Auf-
klärung weiter; auch wir dürfen nicht anhalten. Deshalb
halte ich es für richtig, dass wir nach der Wahl weiterma-
chen und den Untersuchungsausschuss in der kommen-
den Legislaturperiode, getragen von allen Fraktionen,
fortsetzen. Wir brauchen mehr Zeit, um besser aufklären
zu können: zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in
Deutschland und international, für eine rechtsstaatliche
Grundierung und Stärkung unserer Sicherheitsbehörden
sowie dazu, um den Opferschutz und eine vertrauensge-
tragene Integration wieder und neu voranbringen zu kön-
nen.

Wir alle haben die Verantwortung, die bestmöglichen
Lehren aus dieser grausamen Mordserie zu ziehen. Eini-
ges haben wir im Untersuchungsausschuss gemeinsam
erreicht und dargelegt. In den Ländern und im Bund

m
F
h

ti

te
B

D
h
d
w
g
d
le
s
s

g
z
ra
G
u
n
n
m
B
F

H
in
d
te
p
s
a
S
e
d

(C (D üssen jetzt einschneidende Verbesserungen folgen. Die DP hat viele Vorschläge gemacht und wird sich weiterin mit großem Engagement einbringen. Wegducken hilft nicht. Dringende Reformen sind nög. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200700

Wolfgang Wieland ist der nächste Redner.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1725200800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Lei-

nde Kriminaldirektor Wolfgang Geier, der Chef der
AO „Bosporus“, sagte bei uns als Zeuge Folgendes:

Deshalb müssen Sie auch überlegen, was es ausge-
löst hätte, wenn wir mit einer Theorie, mit einer
Hypothese an die Öffentlichkeit gehen und … sa-
gen würden: Da gibt es Rechtsradikale, die fahren
durch Deutschland und knallen Ausländer ab.

iese Hypothese wäre die Wahrheit gewesen, wie wir
eute wissen. Sie hätte zunächst einmal ausgelöst, dass
as Leid der Opferfamilien verkürzt wird, die immer
ieder hören mussten, dass ihre ermordeten Angehöri-
en Teil einer Drogenmafia seien. Diese Familien wären
ann endlich – auch öffentlich – als Opfer rechtsradika-
r Taten gesehen worden. Es ist ein entsetzliches Ver-

äumnis, im Rahmen einer bewusst verfolgten Medien-
trategie hiermit hinter dem Berg gehalten zu haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Man hätte auch die Chance gehabt, nun endlich ener-
isch und bundesweit nach möglichen Rechtsterroristen
u fahnden und Mörder in Bayern nicht nur im Groß-
um Nürnberg und Bombenleger in Köln nicht nur im
roßraum Köln zu suchen, als lebten wir alle auf Inseln
nd nicht in einem Gesamtstaat, als hätten wir den Blick
icht wenigstens über den Tellerrand hinaus richten kön-
en. Dass Mörder das Risiko, entdeckt zu werden, mini-
ieren, indem sie ihre Taten schlicht im benachbarten
undesland ausführen, kann schlechterdings nicht mit
öderalismus erklärt werden. Hier gab es Blockaden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ier wurde die Zusammenarbeit geradezu verweigert,
sbesondere vom Bundesamt für Verfassungsschutz,

as auf einen Hilferuf aus Bayern nichts anderes mitzu-
ilen hatte als erstens: „Bei uns gibt es keine Ansprech-
artner“, zweitens: „Wenn Sie etwas wollen, bitte
chriftlich und formentsprechend“, und drittens: „Es gibt
uch Landesämter“. Arbeitsverweigerung an höchster
telle! Deswegen gehen wir Grüne auch weiter, als wir
s gemeinsam formuliert haben. Wir meinen, es ist nötig,
ass dieses Bundesamt wegen unscharfer Analysen und





Wolfgang Wieland


(A) )


)(B)

mangelhafter Informationen aufgelöst und dann perso-
nell und strukturell neu aufgestellt werden muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Noch etwas kommt hinzu. Die Einstellung, dass nicht
sein kann, was nicht sein darf, hat die gesamten Ermitt-
lungen durchzogen. Es ist offenbar eine Art bundesrepu-
blikanische Staatsdoktrin gewesen, dass rechtsextreme
Täter immer Einzeltäter sind, und zwar nicht nur beim
Oktoberfestattentat in München. Das ging bis hin zur
Begriffsbildung. Bei der Polizei galt immer die Organi-
sationstheorie, in deren Mittelpunkt die kriminelle Orga-
nisation stand. Wenn es sich aber um rechtsradikale Tä-
ter handelte, galt die Einzeltätertheorie. Das, was wir
vorgefunden haben, nämlich eine rechtsterroristische Or-
ganisation, war begrifflich überhaupt nicht vorgesehen.
Hier muss analysiert werden. Hier muss sich etwas ver-
ändern.

Natürlich gab es auch gruppenbezogene Vorurteile
noch und nöcher. Wir haben an einzelnen Stellen auch
Rassisten erlebt, beispielsweise Ku-Klux-Klan-Mitglie-
der. Aber ich finde die Formulierung viel besser, die wir
in unserer gemeinsamen Bewertung gefunden haben, die
da lautet: „Auf dem rechten Auge betriebsblind“. So war
es. Das haben wir gesehen. Das ist schlimm genug, und
das muss sich verändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


Wir haben des Weiteren festgestellt – das muss man
auch sagen –: In der Demokratie gibt es politisch Verant-
wortliche. Da kann man nicht beim Ersten Hauptkom-
missar der Kriminalpolizei stehen bleiben. Ich sage als
Kompliment an die Adresse der Kolleginnen und Kolle-
gen von Union und SPD – wir hatten niemanden, den
wir schützen konnten –: Sie haben keine Rücksicht ge-
nommen. Die Innenminister waren leider Teil des Pro-
blems und nicht Teil der Lösung, und zwar ohne jede
Ausnahme. Sie waren teils inaktiv wie Wolfgang
Schäuble oder Fritz Behrens aus Nordrhein-Westfalen,
teils sogar blockierend wie Volker Bouffier oder sehr ak-
tiv und Empathie zeigend wie Günther Beckstein, der
aber im Ergebnis zu sehr auf sein Bundesland und seine
Zuständigkeit konzentriert war.

Last, but not least ist Otto Schily zu erwähnen, der
mit einer falschen Ansage einen Tag nach dem Bomben-
anschlag in der Kölner Keupstraße die falsche Ermitt-
lungstendenz in Richtung organisierte Kriminalität be-
stätigt hat, und zwar mit der nicht durch Fakten
gedeckten Aussage, es gebe Hinweise auf den Bereich
der organisierten Kriminalität. Wenn wir politische Ver-
antwortung ernst nehmen, dann müssen wir auch hier
ansetzen und sagen: Erkannte und ausgesprochene Män-
gel – der Vizepräsident des BKA sprach von kriminal-
fachlich stümperhaft organisierten Ermittlungen – wur-
den nicht abgestellt.

k
E
m
V
d
g
is
s
s
h
n
w
k
K
d
w

fl
d
A
K
g
R
m
s
P
D

a
s

D
e
H
h
in
b
E
h

d
s
T

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


Letzte Bemerkung dazu von mir: Die Justizminister-
onferenz, deren Staatsanwaltschaften die Herrinnen der
rmittlungsverfahren sind, hat sich gleich gar nicht da-
it beschäftigt. Wir müssen sagen, dass sich auch das
erhältnis von Staat und Zivilgesellschaft bessern muss,
ass der Kampf gegen Rechtsextremismus kein Spezial-
ebiet nur von Justiz, Polizei und Nachrichtendiensten
t, sondern dass er vor allen Dingen Teil der Zivilgesell-

chaft ist. Hier wollen wir Dialog, hier wollen wir Zu-
ammenarbeit, aber kein Kujonieren haben. Das, was
ier vorgelegt wurde, ist ein Arbeitsprogramm für die
ächste Bundesregierung, wie auch immer sie aussehen
ird. Es wurde einheitlich, gemeinsam vorgelegt; daran
ommt man nicht so schnell vorbei. Das sehe ich wie der
ollege Binninger. Es ist auch ein Arbeitsprogramm für
en nächsten Bundestag, dem ich nicht mehr angehören
erde.

Deswegen darf ich hier zum Schluss sagen: So kon-
iktfrei und unpolemisch, wie die Zusammenarbeit in
iesem Untersuchungsausschuss war, kann die politische
rbeit nicht immer sein. Ich danke den Kolleginnen und
ollegen dafür. Außerdem danke ich den vielen Kolle-
innen und Kollegen in allen Fraktionen – das ist kein
itual, und das ist keine Floskel; es gab sie wirklich –,
it denen ich sehr gut, sehr intensiv, teilweise auch sehr

treitig über die Jahre zusammengearbeitet habe. Ein
arlament braucht sich für Streit nicht zu entschuldigen.
ieser ist konstituierend;


(Beifall im ganzen Hause)


llerdings sollte er mit Niveau, mit persönlichem An-
tand und mit Glaubwürdigkeit geführt werden.

Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725200900

Lieber Kollege Wieland, da Sie für den nächsten

eutschen Bundestag nicht wieder kandidieren, ist dies
ine gute Gelegenheit, Ihnen für die Arbeit in diesem
ause in den vergangenen beiden Legislaturperioden
erzlich zu danken, auch für die politische Arbeit zuvor
anderen politischen Ämtern und Funktionen. Ich ver-

inde diesen Dank mit der Hoffnung und der sicheren
rwartung, dass Sie gerade diesem Anliegen auch außer-
alb des Parlaments verbunden bleiben.

Vielen Dank.


(Beifall)


Das Wort erhält nun die Kollegin Eva Högl.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1725201000

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun-

espräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine
ehr geehrten Damen und Herren! Der rechtsextreme
error des NSU war ein Anschlag auf unsere Demokra-





Dr. Eva Högl


(A) )


)(B)

tie. Wir alle waren gemeint, unsere Demokratie und un-
ser Rechtsstaat. Deswegen war es richtig und sehr wich-
tig, dass der Deutsche Bundestag sich dieser Frage
angenommen und einen Untersuchungsausschuss einge-
setzt hat.

Dieser Untersuchungsausschuss – das ist schon ge-
sagt worden – war ein ganz besonderer. Ich kann all
diejenigen verstehen, die damals skeptisch waren und
gesagt haben: Untersuchungsausschüsse sind Kampfin-
strumente der Opposition; dieses Instrument eignet sich
nicht bei rechtsextremem Terror. – Für mich war dieser
Untersuchungsausschuss – anders als für den Kollegen
Wieland, der, glaube ich, vielen, wenn nicht allen Unter-
suchungsausschüssen, angehört hat – der erste Untersu-
chungsausschuss, und er hat für mich Maßstäbe gesetzt.

Wir haben diesen Untersuchungsausschuss zu einem
Kampfinstrument der Aufklärung gemacht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass uns das gelungen ist, dafür möchte auch ich allen
Kolleginnen und Kollegen, allen unseren Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern ganz herzlich danken. Es war wirk-
lich ein kollegiales Miteinander, das diese Aufklärung
möglich gemacht hat. Ich möchte einem Kollegen ganz
besonders danken: Lieber Clemens Binninger, ohne dich
– ich sage es ganz deutlich – wären manche Einigkeit,
mancher Konsens, mancher Kompromiss nicht möglich
gewesen. Ich danke dir für die gute Zusammenarbeit,
auch weil ich weiß, dass du, anders als wir anderen, ganz
besonders viel Gegenwind an der einen oder anderen
Stelle aushalten musstest. Auch das muss einmal gesagt
werden. Herzlichen Dank dafür!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten durchaus
Hindernisse in diesem Untersuchungsausschuss, zum
Beispiel die Aktenvernichtung im Bundesamt für Ver-
fassungsschutz am 11.11.2011 – ausgerechnet am
11.11.2011 – in Köln. Das hat nicht nur unsere Arbeit
behindert, sondern auch viel Vertrauen zerstört. So hat-
ten wir viele Hindernisse. Aber über eines habe ich mich
ganz besonders geärgert: die fehlende Bereitschaft der
zahlreichen Zeugen, Fehler einzugestehen und Verant-
wortung zu übernehmen.

Wenn eine rechtsextreme Mörderbande 14 Jahre lang
untertaucht, zehn Morde begeht, zwei Sprengstoffan-
schläge und zahlreiche Banküberfälle verübt, dann müs-
sen Fehler begangen worden sein. Dass niemand in der
Lage war, dafür die Verantwortung zu übernehmen, das
hat mich sehr enttäuscht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben flächendeckendes Versagen gefunden: der
Polizei, des Verfassungsschutzes, der Justiz und auch der
politisch Verantwortlichen. Wir haben das aufgedeckt.
Es war nicht eine Aneinanderreihung von sogenannten
handwerklichen Fehlern oder, wie manchmal verniedli-

c
z
g
W
v
M
u
k

e
s
h
w
w

D
d
d
re
fo
s

te
n
s
d
n
s
s

E
u
w
c

M
te
B
a
S
d
B
B
d

w
P
s
d
P
n

g
m
d

(C (D hend gesagt wird, von Pannen Einzelner. Das gab es war auch, aber was wir gefunden haben, war ein Versaen der Sicherheitsbehörden mit strukturellen Ursachen. ir haben dieses Versagen an allen Tatorten gefunden, on Hamburg über Köln, Dortmund, Kassel bis nach ünchen und Nürnberg, bis nach Rostock, in Thüringen nd in Sachsen. Insofern sind handwerkliche Fehler eine Erklärung für dieses flächendeckende Versagen. Ich möchte zwei der strukturellen Gründe nennen: Erstens – das ist schon angesprochen worden; ich will s noch einmal betonen –: Rechtsextremismus ist in unerem Land über Jahre, ja, Jahrzehnte verkannt und verarmlost worden. Rechtsextremismus ist nicht gesehen orden als Gefahr für unsere Demokratie. Das darf nie ieder geschehen. er Verfassungsschutz unterließ eine profunde Gefährungsanalyse – er hat die Gefahr nicht gesehen –, und er Polizei fehlte es an Kenntnis über das Verhalten chter Gewalttäter. Deswegen ist insbesondere die Rerm des Verfassungsschutzes ein wichtiger Baustein un erer Empfehlung. Zweitens – diese Erkenntnis hat mich zutiefst erschütrt und uns alle sprachlos gemacht –: Die Tatsache, dass eun der zehn Mordopfer und alle Opfer der Sprengtoffanschläge einen Migrationshintergrund hatten, hat ie Polizei und die Ermittlungsbehörden zu der Anahme geführt, dass die Opfer selbst kriminell gewesen eien. Das haben wir überall gefunden, und das hat uns ehr erschüttert. Was konkret haben wir gefunden? Wir haben bei den rmittlungsbehörden überall routinisierte Verdachtsnd Vorurteilsstrukturen gefunden, die rassistisch basiert aren. Meine Damen und Herren, das ist eine erschre kende Erkenntnis. Um dies deutlich zu machen, will ich als Beispiel den ord an Enver Simsek anführen. Mich hat sehr erschütrt, was ich in den Akten gefunden habe: Es war Günther eckstein, der damalige Innenminister in Bayern, der uf einen Zeitungsartikel, in dem vom Mord an Enver imsek berichtet wurde, schrieb: Könnte nicht „auslänerfeindlicher Hintergrund denkbar“ sein? – Günther eckstein kannte den Blumenstand, weil er selbst dort lumen kaufte. Für ihn war Enver Simsek kein Drogenealer, sondern der Blumenhändler. Das zeigt, wie sehr es darauf ankommt, wie wir uns ahrnehmen, wie wir miteinander umgehen, welche rägungen wir haben und welche Vorurteile. Deswegen age ich hier ganz deutlich: Wir sind es den Opfern und en Angehörigen schuldig, dass wir dieses strukturelle roblem in unseren Sicherheitsbehörden offen benenen. Durch den verengten Blick der Ermittlungsbehörden eriet auch das familiäre Umfeld in den Fokus der Erittler. Wir werfen es der Polizei überhaupt nicht vor, ass sie im Umfeld ermittelt – das ist normale Polizeiar Dr. Eva Högl beit –; aber wenn elf Jahre lang in die falsche Richtung ermittelt wird und eine Ermittlungsrichtung systematisch aus dem Blick genommen wird, dann müssen wir das ganz deutlich kritisieren. Die Angehörigen hatten nicht nur den Verlust eines lieben Menschen zu verkraften, sondern auch Verdächtigungen vonseiten der Ermittlungsbehörden zu ertragen. Deswegen haben wir zwei Forderungen, die ganz wichtig sind. Die erste haben wir gemeinsam – das ist unsere Forderung Nr. 1, liebe Kolleginnen und Kollegen –, und zwar, dass immer dann, wenn eine Person mit Migrationshintergrund Opfer eines Gewaltverbrechens wird, die Polizei aufgefordert ist, nachzuprüfen, ob es sich um einen rassistischen, rechtsextremen Hintergrund handelt. Die zweite Forderung ist – das sagt die SPD in ihrem Teil der Empfehlungen ganz deutlich –: Wir brauchen eine unabhängige Beschwerdestelle bei der Polizei, an die sich alle wenden können und bei der sie eine gute Beratung bekommen können. Das halten wir für dringend erforderlich und für eine wichtige Konsequenz aus dem, was wir gefunden haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B)


Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Bericht
des Untersuchungsausschusses ein breites Maßnahmen-
bündel vorgelegt; 47 Empfehlungen, die alle Fraktionen
tragen. Deswegen sage ich es ganz deutlich, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen: Ich erwarte von allen Mitgliedern
des nächsten Deutschen Bundestages, von allen, die hier
wieder sitzen werden, von allen Kolleginnen und Kolle-
gen in den Bundesländern, von allen Regierungen, von
allen Behörden, dass diese Empfehlungen nicht in der
Schublade verschwinden, sondern wirksam umgesetzt
werden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich selbst will gern dazu beitragen; ich denke, es ist un-
sere gemeinsame Verpflichtung, genau das in der nächs-
ten Legislaturperiode zu tun.

Gleichzeitig bitte ich die Öffentlichkeit, alle zivilge-
sellschaftlichen Gruppen, alle Bürgerinnen und Bürger
und vor allen Dingen die Medien, die unsere Arbeit mit
viel Engagement begleitet haben, Sie alle, meine sehr
geehrten Damen und Herren, ausdrücklich darum, dass
Sie nicht lockerlassen, bis wir diese 47 Empfehlungen
und darüber hinaus alles, was wir noch für notwendig er-
achten, um die Missstände zu beseitigen, umgesetzt ha-
ben und wir tatsächlich wirksam reformiert haben. Las-
sen Sie uns alle gemeinsam alles dafür tun, dass wir
Rassismus und Rechtsextremismus wirklich wirksam
bekämpfen! Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Herzlichen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)


D
g
L
T
d
d
a
n
a
fe
a

z
b
z

tr
a
li
lu
ra

m

n
p
V
D
w
D
to
n

E
in
tu
ta
u
u
v

E
g
z
g
z
fe
k
c
c
s

(C (D Ich erteile das Wort dem Kollegen Stephan Stracke. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten amen und Herren! Über 13 Jahre hinweg ist es nicht elungen, die Straftaten, die der Terrorzelle NSU zur ast gelegt werden, zu verhindern, aufzuklären und die äter dingfest zu machen. Das ist eine bedrückende Nieerlage unserer Sicherheitsbehörden in Bund und Länern; das ist eine Niederlage für ganz Deutschland. Der llergrößte Teil der Zeugen, die wir im Ausschuss verommen haben, stehen zu dieser Erfolglosigkeit. Es nagt n ihnen, und es ist ihnen nicht gleichgültig; das war ofnkundig. Nur der geringste Teil hat die Verbrechen ad cta gelegt. Es ist gut, dass den mutmaßlichen Tätern nun der Proess gemacht wird. Es wird aufgeklärt, es wird aufgeareitet, und die Schuldigen werden zur Rechenschaft geogen. Das ist die Antwort des Rechtsstaates. Es ist gut, dass sich nach dem Auffliegen des Terrorios der Deutsche Bundestag – erfreulicherweise über lle Fraktionsgrenzen hinweg – darin einig war, gründch aufzuklären, die Arbeit der Sicherheitsund Ermittngsbehörden schonungslos zu durchleuchten und daus die notwendigen Schlüsse zu ziehen. Der Untersuchungsausschuss war das richtige Instruent der Aufklärung. Wir haben innerhalb von 16 Monaten das Unterste ach oben gekehrt. Unsere Arbeit war von Konsens gerägt. Alle Beweisbeschlüsse, Zeugenbenennungen und erfahrensanträge haben wir einstimmig beschlossen. iese Einstimmigkeit hat ihre Wirkung entfaltet, auch enn es eine nicht immer einfache Gratwanderung war. ie rechtlichen Spielräume, gerade was das Aktenmorarium angeht, wurden bis an die äußersten Grenzen ge utzt. Das war notwendig. Bayern war der Eisbrecher bei der Vorlage von Akten. s war eine ganz gewaltige Leistung, die die Behörden Bund und Ländern, aber auch die Bundestagsverwalng, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesges und der Fraktionen geleistet haben, um uns schnell nd strukturiert zuzuarbeiten. Allen Mitarbeiterinnen nd Mitarbeitern sage ich als stellvertretender Ausschussorsitzender hierfür ein herzliches „Vergelts Gott!“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, als zentrale rkenntnis unserer Ausschussarbeit ist festzuhalten: Entegen manch vorschneller Mutmaßung und Spekulation u Beginn unserer Arbeit gibt es keine Kumpanei irendeiner Behörde mit dem NSU oder seinem Unterstüterumfeld. Es gibt keine augenzwinkernde oder gar ofne Unterstützung durch irgendeine Behörde. Es gibt einen Beleg dafür, dass das Trio oder dessen mutmaßlihes Unterstützerumfeld jemals V-Personen einer Siherheitsbehörde waren. Diese Erkenntnis ist wichtig, tellt sie doch einen Eckpfeiler dar, erschüttertes Ver)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201100
Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1725201200

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)






Stephan Stracke


(A) )


)(B)

trauen in die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden wieder
aufzubauen.

Das Bild von der Arbeit unserer Behörden in Bund
und Ländern ist facettenreich. Schwarz-Weiß-Malerei ist
sicherlich nicht angebracht. Wir sind allerdings auf eine
Fülle von zum Teil schweren behördlichen Versäumnis-
sen, Fehlern und Verstößen gestoßen. Den einen kausa-
len Fehler, bei dessen Vermeidung das Trio hätte ding-
fest gemacht werden können, haben wir nicht gefunden.
Patentlösungen, wie die von uns festgestellten Fehler
und Versäumnisse in Zukunft abgestellt werden können,
haben wir nicht. Wir befinden uns auf der ersten Etappe
einer noch langen Wegstrecke. Diese Wegstrecke wer-
den wir entschlossen gehen und meistern. Das sind wir
den Opfern, den Angehörigen der Opfer und uns selbst
schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen, dass unsere Sicherheitsarchitektur besser
dasteht als zuvor. Daran arbeiten wir.

Einiges hat sich während der Untersuchungszeit bereits
verändert. Die ersten richtigen Schlüsse wurden gezogen,
notwendige Reformen begonnen und zum Teil schon um-
gesetzt. Es ist ermutigend, dass mit der Einrichtung des
Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremis-
mus die 36 Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern
nun an einem Tisch sitzen und sich fallbezogen austau-
schen. Es ist ermutigend, dass mit der Errichtung der
Rechtsextremismusdatei Polizei und Verfassungsschutz
jetzt besser in der Lage sind, ihre Erkenntnisse miteinan-
der zu teilen und Zusammenhänge aus dem Dunkeln zu
holen. Und es ist ermutigend, dass sich das Bundesamt
für Verfassungsschutz an Haupt und Gliedern erneuert.
Manche Verkrustungen sind aufgebrochen, auch und ge-
rade im Verfassungsschutzverbund. Das muss weiter vo-
rangetrieben werden.

Hieran, an diesen richtigen und wichtigen Schritten
von Bundestag und Bundesregierung, knüpfen wir mit
unseren Empfehlungen an. Wir machen 47 Vorschläge
zu weiteren Verbesserungen in den Bereichen Polizei,
Justiz und Verfassungsschutz. Sie werden von allen
Fraktionen mitgetragen und unterstützt. Diese Vor-
schläge sind konkret, gut und wertig. Deswegen haben
wir als Bundestagsfraktion der CDU/CSU auch ganz be-
wusst auf parteipolitische Ergänzungen verzichtet. Der
gemeinsame Schlussfolgerungsteil steht für sich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regeln
der Zusammenarbeit im Föderalismus, zwischen Bund
und Ländern, und die Möglichkeiten zum Informations-
austausch müssen klarer und einfacher werden. Die Be-
hörden müssen rechtssicher und rechtsklar das tun kön-
nen, was wir von ihnen erwarten. Das ist und bleibt
zentral, wenn es um eine effektive Verbesserung der tag-
täglichen Arbeit unserer Sicherheitsbehörden geht.
Meine Erwartungshaltung ist, dass dieser Ansatz, wenn
er zur konkreten Umsetzung ansteht, nicht dogmatischen
Überlegungen geopfert wird.

s
z
s
g
a
ta
w

K
B
h

S

G

V
d
n
A
d
M
b
v
im
ra
in
d
te

g
O
d
d
In
ra
ra

h
P
d
m
D
s
a
d
n
te
e
im

(C (D Dieser Untersuchungsausschuss war das richtige Intrument der Aufklärung. Er hat sich dadurch ausgeeichnet, dass über alle Parteigrenzen hinweg entschlosen aufgeklärt und gemeinsame Schlussfolgerungen ezogen wurden. Das macht diesen Ausschuss einzigrtig. Ich verbinde damit die Erwartung, dass daraus tsächlich die gemeinsame Kraft zur Veränderung erächst. Unsere Empfehlungen legen wir Ihnen, meine werten olleginnen und Kollegen, und dem neu zu wählenden undestag in die Hände. Der Beginn ist gemacht. Jetzt eißt es: Umsetzen. Herzlichen Dank. Das Wort erhält nun der Kollege Hans-Christian tröbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201300
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

erehrte Angehörige der Ermordeten und selbst Geschä-
igte! Naziterror gab es im vereinigten Deutschland
icht erst ab dem Jahr 2000. Naziterror gab es bereits
nfang der 90er-Jahre. Ich habe in dem Prozess gegen
ie Mörder von Menschen türkischer Herkunft, die in
ölln in ihrem Haus grausam verbrannt sind, die Ne-

enklage vertreten. Von daher habe ich eine Ahnung da-
on, was Sie durchgemacht haben und wahrscheinlich

mer noch durchmachen. Deshalb fühle ich mich ge-
de Ihnen und allen, die sich gefährdet sehen, heute und
den letzten über anderthalb Jahren, seit die Mordserie

es Nazitrios bekannt geworden ist, besonders verpflich-
t.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Seinerzeit wurden die Mordtaten relativ schnell auf-
eklärt, vor Gericht verhandelt, und es kam vor dem
berlandesgericht in Schleswig zu einer Verurteilung. In
iesem Falle war die Situation völlig anders. Wir stan-
en immer wieder vor einem Abgrund von Unfähigkeit,
kompetenz, Konkurrenzdenken, bürokratischer Igno-
nz, Uneinsichtigkeit, aber auch rassistischer Vorurteile,
ssistischen Denkens.

Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen, das mich bis
eute umtreibt: Im April 2006 gab es eine Analyse der
olizei in Bayern, in der zum ersten Mal wohlbegründet
argelegt wurde, dass es sich um Einzeltäter handeln
üsse, und zwar aus der rechtsextremistischen Szene.
as gefiel vielen anderen Polizeien nicht. Hamburg hat

ich dagegen gewehrt, das BKA wollte das nicht hören,
ber auch Polizeien der anderen Länder – gerade auch
er Länder, in denen Morde passiert waren – wollten das
icht hören. Deshalb wurde die Polizei in Baden-Würt-
mberg beauftragt, eine zweite sogenannte OFA, also

ine Operative Fallanalyse, zu erstellen. Diese lag dann
Januar 2007 vor.





Hans-Christian Ströbele


(A) )


)(B)

Jetzt komme ich auf diese Analyse zu sprechen. Die
Theorie der bayerischen Kollegen, dass es sich um Ein-
zeltäter aus der rechtsextremen Szene handele, wurde
darin kategorisch abgelehnt. Es wurde eine „Gruppie-
rung … mit kriminellen Aktivitäten“ und einem „rigiden
Ehrenkodex“ bzw. einem „rigiden inneren Gesetz“ er-
funden, zu der alle neun Opfer Kontakt gehabt haben
sollen. Diese Gruppierung habe wegen Verletzung eines
Ehrenkodex jeweils Todesurteile verhängt und dann
vollstreckt, so die Analyse.

Aber diese Gruppierung gab es überhaupt nicht. Der
Ermittlungsstand damals war, dass es eben keine Grup-
pierung gab, zu der alle neun Kontakte gehabt haben.

Weiter heißt es in der Analyse – es wird noch schlim-
mer –:

Dabei

– bei dieser Gruppierung –

ging es vermutlich … um die Sicherung … einer in
der Gruppe ideell verankerten Wirklichkeit, z. B.
Status, Prestige, Ehre … (irrationaler Aspekt).

Die Gemeinsamkeit, die Verbindung wurde in der türki-
schen Sprache gesehen. Dann heißt es abschließend:

Auch spricht der die Gruppe prägende rigide Ehren-
kodex eher für eine Gruppierung im ost- bzw. süd-

(nicht europäisch westlicher Hintergrund)


Ist das kein Rassismus?

Danach schließe ich mich der Forderung an, die
heute, als wir uns vorhin getroffen haben, auch in Ihrem
Kreise geäußert worden ist, und sage: Konsequenz muss
nicht nur sein, die 47 Punkte umzusetzen, die der Unter-
suchungsausschuss beschlossen und in seinen Bericht
aufgenommen hat und die ich mittrage, sondern Konse-
quenz muss auch sein – neben diesen vielen anderen
Konsequenzen –, dass die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter, die so versagt haben – beim Verfassungsschutz,
bei den Polizeien –, ausgetauscht werden, damit sie nicht
da weiterarbeiten können, wo sie dieses Versagen ge-
zeigt haben. Es ist doch absurd, etwa den Kriminalhaupt-
kommissar, der maßgeblich an dieser Analyse mitge-
wirkt hat, oder die Leute, die ihm geholfen haben, an
derselben Stelle weiterzubeschäftigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201400

Herr Kollege.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es kann nicht sein, dass diese Versager einfach wei-
termachen. So können wir den Menschen in Deutsch-
land, auch Ihnen, nicht mehr Sicherheit vor rechtsextre-
mistischem Terror versprechen.

d
K
2
m
is
e
b
E

n
c
g
D
s

d
e
D
h
z
g
Z
d
e
n
s
m
is
c
s
c
g

te
s
a
g
D
w
g

W
d
la
w
ü

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201500

Patrick Kurth ist der nächste Redner.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1725201600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun-

espräsident! Sehr geehrte Angehörige der Opfer! Liebe
olleginnen und Kollegen! Der Abschlussbericht des
. Untersuchungsausschusses liegt vor. Ich schließe
ich dem, was hier von allen Fraktionen gesagt worden
t, umfänglich an. Dieser Untersuchungsausschuss war
in besonderer. Alle Beweisanträge wurden einstimmig
eschlossen. Wir haben 47 Beschlusspunkte vorgelegt.
s ging nicht um Wahlkampf, sondern um Aufklärung.

Ich möchte aber auf ein paar Punkte hinweisen, die
ach dem 4. November 2011 bei der Arbeit des Untersu-
hungsausschusses und in dessen Umfeld eine Rolle
espielt haben. Nach dem 4. November ging in ganz
eutschland zu Recht das Entsetzen um: Man war er-

chrocken, entsetzt, man empfand Scham, und zwar
das will ich hier deutlich sagen – auch in Mittel-
eutschland, auch in Ostdeutschland. Wir hatten danach
ine kurze Zeit, in der bezüglich einiger Regionen in
eutschland eine – vielleicht nachvollziehbare – Skepsis
errschte, die – vielleicht im Affekt – Forderungen be-
üglich der Frage nach sich zog, wie man mit diesen Re-
ionen umgehen sollte. Städte wie Jena, Chemnitz oder
wickau haben aus eigener Kraft gezeigt: Sie sind nicht
er Herd des Rechtsextremismus; Rechtsextremismus ist
in gesamtdeutsches Problem. Er ist in diesen Städten
icht besonders stark ausgeprägt; das will ich deutlich
agen. Nach der Brandrede des ehemaligen Oberbürger-
eisters von Jena, unseres Kollegen Dr. Peter Röhlinger,
t auch vielen hier im Saal deutlich geworden, vor wel-
her Herausforderung diese Länder, diese Regionen
tehen. Ich bedanke mich auch dafür, dass die entspre-
henden Vorurteile hier im Haus sehr schnell wieder ab-
ebaut worden sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte mich sehr herzlich auch beim Innenminis-
rium des Landes Thüringen bedanken. Sie erinnern

ich an diese Posse: Wie geht man damit um, dass Akten
us Thüringen nach Berlin geliefert werden sollen? Das
ing so weit, dass man sich Tatort-Szenen ausgemalt hat:
iese Fahrzeuge könnten auf der Autobahn angehalten
erden, weil es um nationale Sicherheitsinteressen
ehe. – Also herzlichen Dank nach Thüringen.

Aber natürlich bleibt weiterhin die Frage bestehen:
arum wurden die Akten, die hierher transportiert wor-

en sind, eigentlich neu sortiert? Wer hat denn veran-
sst, dass diese Akten neu sortiert worden sind, sodass
ir im Untersuchungsausschuss des Bundestages nicht
ber die gleiche Sortierung der Aktenlage verfügten wie





Patrick Kurth (Kyffhäuser)



(A) )


)(B)

beispielsweise unsere Kollegen in Thüringen? Ich bleibe
dabei: Diese Neusortierung war nicht gerechtfertigt. Sie
hat Arbeit gemacht und Zeit gekostet. Wir konnten nicht
genau wissen, ob wir die gleichen Akten wie unsere
Thüringer Kollegen in den Händen hielten.

Stichpunkt: Zeugeneinvernahmen. Ich fand es hervor-
ragend, dass der Ausschuss auch bereit war, manche
Hinhaltetaktik einfach nicht hinzunehmen. Die Verneh-
mungen waren professionell; sie waren angemessen. Wir
bleiben auch hier bei unserer Kritik an einem Lavieren
mancher Geheimdienste. Das ging bis zum Gedächtnis-
schwund, was manchmal schon sehr eindrucksvoll war,
sodass man sich bei manchen Verfassungsschützern oder
auch Geheimdienstlern fragte, ob denn überhaupt die
Dienstfähigkeit gegeben ist. Das unterschied sich – das
möchte ich deutlich sagen – von manchen Kriminalisten,
die plötzlich im Ausschuss darüber redeten, was sehr er-
folgreich war. Diese Zeugen aus dem Kriminalbereich
machten Aussagen, die aus unserer Sicht sehr weitge-
hend waren.

Am Ende möchte ich sagen: Es gibt viele übrig ge-
bliebene Themen. Es gibt viele offene Probleme. Der
4. November wurde im Ausschuss gar nicht behandelt.
Der Weg der Waffe wurde nur unzureichend behandelt.
Die V-Mann-Problematik in Oberfranken ist gar nicht
behandelt worden. Wir stehen dafür ein, dass wir in der
nächsten Legislaturperiode an der Stelle weitermachen,
an der wir jetzt aufgehört haben. Es ist ein umfangrei-
ches Kompendium – darauf kann dieses Haus stolz sein –,
das wir mit dem Abschlussbericht vorgelegt haben. Wir
sagen aber, es kann ein Zwischenbericht sein. Der Ab-
schlussbericht folgt dann, wenn die Fragen geklärt sind,
die jetzt noch offen sind. Davon gibt es einige.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201700

Sönke Rix ist der nächste Redner.


(Beifall bei der SPD)



Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1725201800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe –
diese Namen kannten wir erst, als das NSU-Trio aufge-
flogen und als Mordbande enttarnt worden ist. Aber es
gab natürlich auch eine Zeit davor, also bevor sie in den
Untergrund gingen. Auch da waren sie schon als Nazis
aktiv. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Her-
ren, es lohnt sich, noch einmal genauer hinzugucken,
wie es bei ihnen angefangen hat.

Erstens. Sie waren als Nazis aktiv. Schon zu der Zeit,
als sie mit Sprengstoff gehandelt haben oder mit Spreng-
stoff umgegangen sind, sind die Behörden auf sie auf-
merksam geworden und waren hinter ihnen her. Was ha-
ben die Behörden getan? Sie haben sie leichtfertig als
„Jenaer Bombenbastler“ bezeichnet. Aber der Zusam-
menhang zwischen der Tatsache, dass sie Nazis mit einer

m
n
g
li
v
d
b
s
s

w
s
d
o
in
n
g
D
M
m
n

ß
k
g
W
d
s
v
U

U
d
g
k
g
M


u
d

w

A
d
L
h

(C (D enschenverachtenden Ideologie waren, und ihren Pläen, mit dem Sprengstoff nicht irgendwo im Wald irendwelche Bäume hochzujagen, sondern wahrscheinch menschenverachtende Taten zu begehen, ist damals on den Sicherheitsbehörden leider nicht gesehen woren. Deshalb ist es richtig, wenn wir erkennen, dass es ei den Sicherheitsbehörden wahrscheinlich eine Unterchätzung des Rassismusproblems in unserer Gesellchaft gegeben hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zweitens. Sie waren Besucher von Jugendklubs; sie
aren als Jugendliche auf der Straße unterwegs. Wenn

ie gerade nicht bei einer Nazidemo auf der Straße stan-
en, vielleicht das Hakenkreuz an ihrem Revers trugen
der die Naziflagge hochgehalten haben, dann waren sie
Jugendklubs und sind dort auf sogenannte anerken-

ende oder akzeptierende Jugendarbeit gestoßen. Ich
laube, auch da lohnt es sich, genauer hinzugucken.
enn was ist dort passiert? Man hat sie gewähren lassen.
an hat sie nicht abgeholt. Man hat sie nicht angenom-
en. Man ist nicht mit ihnen umgegangen, weil man sie

icht verschrecken wollte.

Wären sie vorher auf demokratische Initiativen gesto-
en, die sich für eine Stärkung von Toleranz und Demo-
ratie einsetzen, wären sie vielleicht von ihrem Weg ab-
ekommen. Vielleicht hätte man sie auffangen können.
as bedeutet das aber für die Zukunft? Das bedeutet,

ass genau diese Initiativen zur Stärkung von Zivilge-
ellschaft, zur Stärkung von Demokratie und Toleranz
on uns unterstützt werden müssen. Sie brauchen unsere
nterstützung, und das dauerhaft.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Clemens Binninger [CDU/CSU])


Deshalb freue ich mich sehr, dass alle Fraktionen im
ntersuchungsausschuss gemeinsam beschlossen haben,
em Parlament zu empfehlen, die Finanzierung der zivil-
esellschaftlichen Organisationen, die sich für eine Stär-
ung von Demokratie und Toleranz einsetzen, auf eine
esetzliche Grundlage zu stellen und wegzukommen von
odellförderung und Projektförderung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Da dürfen Sie ruhig mitklatschen, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von der CDU/CSU und von der FDP; denn
as haben Sie mitbeschlossen.

Das haben wir übrigens schon einmal beschlossen, als
ir über das Thema Antisemitismus beraten haben.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


uch für diesen Bereich haben wir beschlossen, eine
auerhafte Finanzierung der Initiativen vorzunehmen.
eider haben wir uns bis heute damit Zeit gelassen. Ich
offe, wir lassen uns beim jetzt vorliegenden Beschluss





Sönke Rix


(A) )


)(B)

nicht so viel Zeit wie beim Beschluss zur Bekämpfung
des Antisemitismus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Abschließend will ich noch auf die Debatte über Ras-
sismus eingehen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir über
Rassismus sprechen; denn Rassismus findet tatsächlich
nicht nur am rechten Rand unserer Gesellschaft statt.
Rassismus ist nicht ein Problem, dass es irgendwo in ir-
gendwelchen Ecken gibt, sondern Rassismus gibt es in
der Mitte unserer Gesellschaft. Deshalb bedarf es sehr
dringend einer Debatte über Rassismus und einer Aus-
einandersetzung mit rassistischen Vorurteilen. Wir kön-
nen die Sicherheitsbehörden und auch die Justiz nicht
davon ausnehmen; denn auch dort gibt es rassistisches
Gedankengut und entsprechende Strukturen. Deshalb
rufe ich die Sicherheitsbehörden auf, sich mit diesem
Problem intensiv auseinanderzusetzen. Es bedarf dieser
Auseinandersetzung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Jimmy Schulz [FDP])


Zum Schluss möchte ich sagen: Wir haben gemein-
sam viele Punkte beschlossen, und es ist in einer Demo-
kratie gut, dass es Unterschiede bei der Frage gibt, wie
unser gemeinsames Ziel, nämlich Demokratie und Tole-
ranz zu stärken, erreicht werden kann. Gerade auf die-
sem Feld darf man über die richtigen Wege streiten.

Wir haben gemeinsam 47 Punkte beschlossen. Es darf
nicht länger als ein Jahr dauern, bis wir diese angehen.
Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir diese Debatte am
Ende der nächsten Wahlperiode erneut führen. Deshalb
rufe ich uns alle auf, diesen Auftrag wirklich ernst zu
nehmen und dieses Thema gleich in der nächsten Wahl-
periode ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1725201900

Nächster Redner ist der Kollege Tankred Schipanski.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1725202000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Der am 26. Januar 2012 ein-
gesetzte Untersuchungsausschuss zeichnet sich dadurch
aus, dass wir bis zur heutigen Debatte gemeinsam, ohne
Blick auf Parteizugehörigkeit oder landsmannschaftliche
Verbundenheit, aufgeklärt und nun sogar konsensual
Schlussempfehlungen erarbeitet haben.

Lassen Sie mich auf Grundlage des vorliegenden Be-
richtes Folgendes ausdrücklich festhalten: Der Bericht
führt uns vor Augen, dass es verheerende Defizite bei

d
d
g
b
a
v
g

d
c
P
B
n
n

h
d
k
D
B
b
s

G
g

e

m
k
n
In
D
m
Q
d

ru
ri
g
S
d
G
h
e
fa
g
d

d

(C (D en Ermittlungen gab. Der Bericht stellt aber auch klar, ass es nicht den einen großer Fehler bei den Ermittlunen gab, sondern sich verschiedene Fehler summiert haen. Der Bericht stellt fest, dass es nicht den einen Verntwortlichen, den einen Schuldigen gab, sondern dass iele Verantwortungsträger ihrer Verantwortung nicht erecht wurden. Der Bericht zeigt nicht mit dem Finger auf ein Bunesland oder eine Behörde, er nimmt vielmehr drei Siherheitsbehörden, nämlich den Verfassungsschutz, die olizei und die Justiz, genau unter die Lupe. Es sind alle undesländer, mit deren Arbeit wir uns kritisch auseiandergesetzt haben, wenn auch einige von ihnen in eiem besonderen Fokus standen. Bevor wir in die Beweisaufnahme eingetreten sind, aben wir eine Sachverständigenanhörung durchgeführt, ie ganz klar eines belegt hat: Rechtsextremismus ist ein ostdeutsches Phänomen, sondern ein in ganz eutschland bestehendes Problem. Aber speziell mit lick auf die neuen Länder, insbesondere Thüringen, haen wir sehr deutlich herausgearbeitet – ich darf aus unerem Bericht zitieren –: … dass schleppend verlaufende polizeiliche Ermittlungen gegen Neonaziaktivisten mit darauffolgenden Verfahrenseinstellungen durch Staatsanwaltschaften oder Gerichte in den 1990er-Jahren in Thüringen zum Alltag gehörten. Damit vermittelten sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaft und Gerichte den Eindruck, dass rechtsextrem motivierte Straftaten nur halbherzig verfolgt würden und die Täter letztendlich kaum mit schwerwiegenden Konsequenzen zu rechnen hätten. enau das hat zur Radikalisierung dieses Trios beigetraen. Wir haben festgestellt, dass den Ermittlungsbehörden ine bewusste Unterstützung der Terrorgruppe oder Untigkeit nicht vorzuwerfen ist, aber wir haben von ihnen ehr Einsatz in der Sache, mehr Engagement, ein stär eres vernetztes Handeln und ein gemeinsames Miteiander erwartet. Insbesondere gelten diese Worte für die stitution des GBA, also des Generalbundesanwalts. er Bericht setzt sich notwendigerweise im Besonderen it der Rolle des GBA auseinander. Wir empfehlen, ualitätsstandards für die Prüfvorgänge seiner Zustänigkeit in Staatsschutzsachen einzuführen. In Übereinstimmung mit den verschiedenen Aufklängsgremien der Exekutive stellen wir in unserem Becht des Weiteren fest, dass es sowohl personenbezoene Mängel wie auch organisatorische Mängel in den icherheitsbehörden gab. Wir mussten erkennen, dass ie Informationskultur oder -unkultur von einem Risiko-, eheimnisund Abschottungsdenken der Sicherheitsbeörden untereinander geprägt war, und wir mussten rkennen, dass unser Sicherheitsföderalismus zu Mehrchzuständigkeiten sowie zu einer zunehmenden Auf abenund Befugnisüberschneidung zwischen verschieenen Behörden führt. Des Weiteren haben wir in der Ausschussarbeit erlebt, ass die Zusammenarbeit und die Informationspolitik Tankred Schipanski )





(A) )

der Bundesländer sehr unterschiedlich ausgeprägt wa-
ren. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Thü-
ringen für seine weitreichende Transparenz, welche die
Arbeit des Ausschusses beförderte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben aber auch erleben müssen, dass die Fähig-
keit, einen Fehler einzugestehen und Konsequenzen da-
raus zu ziehen, leider nicht bei jedem vorhanden ist. Ein
trauriges Beispiel dafür war der ehemalige Präsident des
Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen, Roewer.
Ein trauriges Beispiel war aber auch – Clemens
Binninger hat vorhin darauf hingewiesen – der Einsatz
des V-Mannes „Piato“ durch das Landesamt für Verfas-
sungsschutz in Brandenburg. Ein wegen versuchten
Mordes Inhaftierter wurde dort als V-Mann auserkoren.
Es ist erschreckend und beschämend, dass das Landes-
amt den Einsatz eines solchen V-Mannes bis heute recht-
fertigt.

Der Bericht gibt nicht auf jede Frage eine Antwort.
Deswegen muss man aber nicht erneut einen Untersu-
chungsausschuss einberufen. Der Bericht geht auch
nicht jeder Verschwörungstheorie nach. Antworten er-
warten wir aber insbesondere mit Blick auf den 4. No-
vember 2011, also auf die Ereignisse in Eisenach. Das ist
eine Aufgabe, der sich jetzt der Untersuchungsausschuss
in Thüringen annimmt. Auch nicht beantworten konnten
wir die Frage, ob es sich bei der Polizistin Michèle
Kiesewetter – der Mord in Heilbronn – um ein Zufalls-
opfer handelte. Hier ermittelt eine Arbeitsgruppe des
Landes Baden-Württemberg.

Meine Damen und Herren, verstehen Sie unseren Be-
richt nicht nur als Kritik. Sehen Sie diesen Bericht auch
als Ermutigung. Gerade durch unsere Schlussfolgerun-
gen wollen wir die Leistungen der deutschen Sicher-
heitsbehörden verbessern. Die gemeinsam, fraktions-
übergreifend formulierten Schlussfolgerungen sind
Ratschläge, nicht nur an den Deutschen Bundestag und
die Bundesregierung, sondern insbesondere auch an die
Innen- und Justizministerkonferenz. Leider wissen wir,
dass die föderalen Gremien die Ratschläge dieses Hohen
Hauses ungern beachten, auch wenn sie sehr gut passen.
In diesem Sinne soll uns dieser Abschlussbericht nicht
nur beschweren, sondern uns vor allen Dingen auch Im-
pulse geben. Aus dem Erlebten wollen wir letztlich Leh-
ren für die Zukunft ziehen.

Das vertrauliche Gespräch, das wir vor dieser Debatte
mit den Angehörigen der Opfer geführt haben, hat uns
nochmals die Notwendigkeit vor Augen geführt, das ver-
loren gegangene Vertrauen in die Sicherheitsbehörden
wiederherzustellen. Stephan Stracke hat auf verschie-
dene Maßnahmen, die die Bundesregierung bereits er-
griffen hat, hingewiesen. Ich darf an die Stärkung der ge-
sellschaftlichen Prävention erinnern. Wir haben die
Mittel für die politische Bildung aufgestockt, das Pro-
gramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ ausgeweitet
und das Aussteigerprogramm „Exit“ fortgesetzt.

Aber nicht nur die Bundesregierung und der Bundes-
tag haben gehandelt. Auch die Bundesländer unterneh-
men erste Schritte. In Thüringen wurde im Jahr 2012 das

L
m
s
z
w
z

m
c
d
fo
a
H
w
s

R
S

v
k

d
b
ic
s


s
v
a
lu
h
s
n
m

d
w
n
d
a
d

(C (D andesverfassungsschutzgesetz geändert, um den Inforationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungs chutz zu verbessern und die parlamentarische Kontrolle u stärken. Das sind erste richtige Schritte. Sie waren ichtig. Weitere Arbeit muss aber folgen, um Vertrauen urückzugewinnen. Obwohl die Arbeit des Untersuchungsausschusses it dem heutigen Tag beendet ist, beginnt die eigentli he Arbeit erst jetzt. Parlamente und Regierungen weren ihre Arbeit mit Blick auf unsere Schlussfolgerungen rtsetzen müssen. Das zeigt die heutige Debatte sehr usdrücklich. Darüber werden wir gemeinsam in diesem ohen Hause aufmerksam wachen. Ich denke, das sind ir den Opfern und den Angehörigen in höchstem Maße chuldig; denn nur so kann neues Vertrauen entstehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725202100

Vielen Dank, Herr Kollege Schipanski. – Nächster

edner für die Fraktion der FDP ist unser Kollege
erkan Tören. Bitte schön, Kollege Serkan Tören.


(Beifall bei der FDP)



Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1725202200

Herr Präsident! Herr Bundespräsident! Meine sehr

erehrten Damen und Herren! Vorab zwei kurze Bemer-
ungen:

Erstens. Ich bin zwar erst seit vier Jahren Mitglied
ieses Hauses. Aber das, was ich heute bei dieser De-
atte über dieses wichtige Thema erleben durfte, würde
h – vielleicht greife ich damit zu hoch – als eine Stern-

tunde des Parlaments bezeichnen. Ich möchte mich da-
r bei allen Fraktionen bedanken. Vielen Dank!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Heute sind Angehörige der Opfer anwe-
end; sie verfolgen diese Debatte. Es ist nicht selbst-
erständlich, dass diese Angehörigen unsere Einladung
ngenommen haben. Sie sind seinerzeit bei den Ermitt-
ngen von Opfern zu Tätern gemacht worden. Dass sie

ierherkommen, zeigt: Das Vertrauen mag erschüttert
ein, aber es ist noch vorhanden. Unsere Aufgabe besteht
un darin, das Vertrauen vollständig wiederherzustellen,
eine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Worte, die Sie, Frau Bundeskanzlerin, in der Ge-
enkstunde gefunden haben, waren sehr hilfreich. Sie
aren ein Signal, ein Zeichen, dass die Angehörigen
icht alleine dastehen und wir alles Mögliche tun wer-
en, um den Sachverhalt aufzuklären. So verstehe ich
uch die Aufgabe dieses Untersuchungsausschusses und
ieses Berichts.





Serkan Tören


(A) )


)(B)

Vieles haben wir, die Mitglieder des Untersuchungs-
ausschusses, in den vergangenen 16 Monaten zutage ge-
fördert. Da war zunächst einmal die katastrophale Zu-
sammenarbeit der Sicherheitsbehörden in der gesamten
Bundesrepublik, die mehr von Egoismus und persönli-
chen Eitelkeiten der handelnden Personen geprägt war
als von guter und zielgerichteter Zusammenarbeit.

Neben diesem behördeninternen Desaster muss aber
auch der Umgang mit den Opferfamilien angesprochen
werden. Die Ermittlungsarbeit im Zusammenhang mit
den Morden im gesamten Bundesgebiet und den zwei
Anschlägen in Köln war in weiten Teilen von erschre-
ckender Einseitigkeit geprägt. Sicherlich: Statistisch ge-
sehen gibt es bei den meisten Kapitalverbrechen in der
Bundesrepublik einen Bezug zum privaten Umfeld. Dies
kann und darf aber nicht dazu führen, dass andere Mo-
tive bei den Ermittlungsarbeiten völlig vernachlässigt
werden.

Die einseitige Ermittlungsarbeit ist vor allem bei den
Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Anschlag in
der Kölner Keupstraße zutage getreten. So gab es Videos
von den vermeintlichen Tätern, die eindeutig zeigten,
dass die Täter keinen Migrationshintergrund hatten.
Aber diese Erkenntnis hatte für die Ermittlungsarbeit
keinerlei Konsequenzen. Es wurde weiter im Bereich der
Migranten ermittelt. Man konnte fast den Eindruck ge-
winnen, dass für die Behörden alles schön einfach
zusammenpasste. Türsteherszene, Mafia, Ausländerkri-
minalität – das passte zusammen. Das waren die Stereo-
type, die es in den Behörden gab.

Drei Handlungsempfehlungen, die ich für besonders
wichtig halte, möchte ich hervorheben. Was gilt es nun
zu tun? Deutschland ist ein Einwanderungsland; das
dürfte mittlerweile jeder akzeptiert haben. Dies muss
aber auch Auswirkungen auf die Sicherheitsbehörden
haben. Wir brauchen also erstens mehr Migranten in den
Sicherheitsbehörden. Das gilt nicht nur für die untere
Ebene, sondern auch für die Entscheiderebene. Daran
mangelt es sehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens – das ist schon genannt worden – soll in Zu-
kunft in jedem Fall von Gewaltkriminalität gegenüber
Migranten verpflichtend überprüft werden, ob es einen
extremistischen bzw. rechtsextremistischen Hintergrund
gibt. Auch das ist richtig. Drittens müssen wir die inter-
kulturelle Kompetenz stärken, auch im Rahmen der Aus-
bildung bei der Polizei.

Noch eine kurze Bemerkung zum institutionellen
Rassismus – dieses Thema ist hier oft angesprochen
worden –: Institutionellen Rassismus haben wir – das ist
auch unserem Bericht zu entnehmen – wirklich nicht
feststellen können. Wer behauptet, dass es ihn gibt, der
sorgt für Verunsicherung, auch bei den Opferfamilien.
Ich denke, damit tut man der Sache keinen guten Dienst.


(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU])


W
e
b

w
d
v
ö

le
A

u
W
g
H
e
s


d
li
h
s

h
z
w
is
g
g
A
g
R

W
d
z
1
te
h
s
s
G
d

(C (D er so etwas behauptet, muss seine Behauptung auch in bisschen konkretisieren. Denjenigen, die so etwas ehaupten, gelingt das aber nicht. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Abschließend noch zwei kurze Sätze – sie sind mir
ichtig, auch angesichts der Tatsache, dass Angehörige
er Opfer hier sind –: Değerli mağdurları aileleri ve
atandaslar, siz bu toplumun bir parcassiniz. Bizim icin
nemlisiniz.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725202300

Vielen Dank, Kollege Serkan Tören. – Nächster und

tzter Redner in unserer Aussprache ist unser Kollege
rmin Schuster für die Fraktion von CDU und CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1725202400

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
ir haben bei den Opfern des NSU-Trios und ihren An-

ehörigen einiges gutzumachen. Wie sehr uns das am
erzen liegt, haben, glaube ich, die letzten 90 Minuten

indrucksvoll gezeigt. Lassen Sie mich zusammenfas-
end ein Schlaglicht auf diese Debatte werfen.

Der NSU-Untersuchungsausschuss wurde medial
Herr Bundestagspräsident, vielleicht bis auf heute – in
en letzten 18 Monaten sehr gut begleitet. Die Öffent-
chkeit hat großen Anteil daran genommen. Und doch
abe ich ein wenig die Sorge, dass unsere Ergebnisse zu
ehr nur auf die Sicherheitsbehörden projiziert werden.
Desaströses, historisches Versagen der Sicherheitsbe-
örden“, das waren die Überschriften der vergangenen
wei Wochen. Die Bürger verstehen darunter logischer-
eise vorwiegend Polizei und Verfassungsschutz. Das
t natürlich nicht falsch; aber die Schuld so eng zu be-
renzen oder zu verorten, das wäre mir politisch zu kurz
esprungen. Es entspricht nicht den Erkenntnissen des
usschusses, und es würde den berechtigten Erwartun-
en der Familien der Opfer auch nur eingeschränkt
echnung tragen.

Sie werden jetzt sagen: Klar, da redet ein Polizist. –
eit gefehlt, meine Damen und Herren, ich will das Bild

er Polizei oder des Verfassungsschutzes nicht weich-
eichnen. Angesichts der Fehler waren die letzten
6 Monate gerade für mich als ehemaligen Polizeibeam-
n schmerzvoll; das gebe ich gerne zu. Aber die Sicher-
eitsbehörden sind in Deutschland nicht frei schwebend,
ondern Bestandteil des demokratischen Systems – zu-
ammen in einem Netzwerk mit Staatsanwaltschaften,
erichten, Regierungen, Parlamenten, den Medien und
er Gesellschaft.





Armin Schuster (Weil am Rhein)



(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Beispiel: Wir bezeichnen die Staatsanwaltschaft
gegenüber der Polizei als sogenannte Herrin des Ermitt-
lungsverfahrens. Bis 2004 hießen die Polizeibeamten
Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft; heute heißen sie Er-
mittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Bei allen gra-
vierenden Fehlern der Polizei muss ich sagen: Von dieser
sachleitenden Funktion der Staatsanwaltschaften habe
ich wenig bis gar nichts erlebt. Dass in diesen Jahren die
deutschen Gerichte die bemerkenswerte Praxis gepflegt
haben, in nennenswertem Umfang Verfahren wegen
rechtsgerichteter Straftaten einzustellen, kommt noch
dazu.

Das Versagen, von dem wir sprechen, bezieht sich
also mindestens auf die in einem Verbund arbeitenden
Verfassungsschutz- und Polizeibehörden, Staatsanwalt-
schaften und Gerichte. Nur, meine Damen und Herren,
dann müssen wir von einem gravierenden Systemausfall
sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Eva Högl [SPD]: Genau so ist es!)


Wenn es um einen Systemausfall geht, muss man auch
betrachten, was Regierungen, Regierungsbehörden und
Parlamente in dieser Zeit gemacht haben.

Vor dem 4. November 2011 wurde der Fall – außer
vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten
Beckstein – nie zur Chefsache gemacht. Er erreichte nie
die Innenministerkonferenz; aber genau das wäre nötig
gewesen. Wir waren durch die Art, wie diese Tatserie be-
gangen wurde, im Grenzbereich dessen, was unsere fö-
derale Sicherheitsstruktur leisten kann, und dafür ist die
IMK zuständig.

Was der Bundesinnenminister nach dem 4. November
umgesetzt hat, war sehr gutes und schnelles Krisen-
management. Das Gemeinsame Abwehrzentrum zum
Beispiel ist ein folgerichtiger erster Schritt. In Zukunft
wird aber mehr notwendig sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich hoffe sehr – ich versuche es einmal vorsichtig
auszudrücken, sozusagen parteiübergreifend –, dass die
sperrige Haltung einiger Länder sich im Lichte unseres
Abschlussberichts noch ändern wird. Das Führungs-
dilemma in der BAO „Bosporus“ ist Grund genug, die
Leistungsfähigkeit unserer föderalen Sicherheitsarchi-
tektur nicht nur in der Praxis, sondern regelmäßig auch
in Laborsituationen zu testen. Deshalb fand ich die Idee,
eine Kommission zur deutschen Sicherheitsarchitektur
einzurichten, schon immer gut. Eine solche Kommission
gab es in dieser Periode schon einmal, und ich würde
mich sehr freuen, wenn sie wiederkäme. Vielleicht ver-
locken uns ja die Erkenntnisse unseres Berichts, erneut
eine solche Kommission einzusetzen.

P
la
p
fa
z
m
d
s
g
D
ti
D

P
g

h
s
A
T
S
g
g

li
u
4
d
e
e
b
s
H
is
v
L
v
a

s
s
m

v
e
d
te
ly
P
e
T
je
b

te
c
u
m

(C (D Meine Damen und Herren, auch wir und die anderen arlamente dieses Landes müssen uns durchaus fragen ssen, ob diese Gewaltserie angemessen Eingang in die arlamentarischen Beratungen gefunden hat. Kein Verssungsschützer wurde jemals von der BAO „Bosporus“ urate gezogen. Die berühmte E-Mail an das BfV – die eisten wissen, wovon ich spreche – ist vielleicht nur ie Spitze des Eisbergs bezogen auf die Frage, wie charf deutsche Sicherheitsbehörden das Trennungsebot in der Praxis auslegen. Legen sie es zu scharf aus? as zu evaluieren, zu beurteilen und ernsthaft zu diskueren, wäre Aufgabe unserer Parlamente, also auch des eutschen Bundestages. Haben wir das getan? Wir brauchen auch eine intensivere Sicherheitsund olizeiforschung. Ich stimme Bernd Wagner von der Oranisation „EXIT-Deutschland“ zu, der in einer Sitzung r eine stärkere Verzahnung der Analytik der Sicher eitsbehörden, der Wissenschaft und der Zivilgesellchaft plädierte. Die notwendigen wissenschaftlichen nalysefähigkeiten unserer Dienste sind nicht nur beim hema Rechtsextremismus zu gering. Das sind chwachstellen, die das Amt aber nicht alleine beseitien kann. Dafür ist auch das Parlament gefordert. Hier eht es um Personal und Ressourcen. Und die Medien und die Gesellschaft? Seien wir ehrch: Über die unglückseligen Begriffe „Döner-Morde“ nd „BAO Bosporus“ echauffieren wir uns erst seit dem . November 2011. Ich habe im Ausschuss oft tief urchgeatmet; denn wegen meines Berufsweges war ich rleichtert, dass sich die deutschen Sicherheitsbehörden ben nicht als auf dem rechten Auge blind erwiesen haen. Betriebsblind, Herr Wieland, waren sie, ja. Wären ie aber blind gewesen, dann wäre das eine Katastrophe. ier darf man froh sein, dass es so weit nicht gekommen t. Wir fühlten uns anscheinend zu sicher, die Gefahr om rechten Rand im Griff zu haben. Wir haben die age unterschätzt und sind sehr nachlässig geworden – ielleicht auch in unserer Sprache. Das ist ein Hinweis n die Gesellschaft. Meine Damen und Herren, die Arbeit in diesem Auschuss ging unter die Haut – jedenfalls mir. Unter dieem Eindruck haben wir unsere 47 Empfehlungen geeinsam formuliert. Wenn wir in den Sicherheitsbehörden und der Justiz on Bund und Ländern eine ebenso nachhaltige Wirkung rzielen wollen, dann können wir das dadurch erreichen, ass wir die Führungskräfte dieser Behörden verpflichn, den NSU-Fall in einem intensiven Planspiel zu anasieren, zu beurteilen und nachzuempfinden. Ich bin ein olizeibeamter der Generation „Bad Kleinen“ und darf inmal persönlich werden: Diesen Fall habe ich in vier agen real nachgespielt; das ist 20 Jahre her. Ich könnte tzt spontan noch einen Vortrag darüber halten. So stark eschäftigt mich das noch. Genau das erwarte ich auch hier. Staatsanwälte, Richr und Polizeibeamte in diesem Land müssen das Glei he mit dem NSU-Fall tun. Es hätte juristisch, technisch nd einsatztaktisch eine kolossale Wirkung. Ich würde ich freuen, wenn das zum Thema würde. Armin Schuster )





(A) )

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP
und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
bei Abgeordneten der LINKEN)

In diesem Sinne brauchen wir einen gestärkten, weil
lernenden Verfassungsschutz und einen wesentlich ef-
fektiveren V-Leute-Einsatz. Diesen abzuschaffen, würde
bedeuten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wir
brauchen eine entkrampftere Zusammenarbeit zwischen
der Polizei und den Diensten und zeitgerechte Formen
überregionaler polizeilicher Einsatzführung in Deutsch-
land.

Die Bundesregierung hat mit den notwendigen Refor-
men längst begonnen. Der Deutsche Bundestag sendet
heute mit diesem Bericht und seinem Zustandekommen
ein sehr starkes Signal aus. Den Parlamenten kommt
jetzt die Aufgabe zu, die notwendigen Systemverände-
rungen bei den Sicherheitsbehörden, der Justiz und den
Regierungen im Bund und in den Ländern kritisch zu be-
gleiten und keine notwendige Reform auszulassen. Das
Versprechen gilt!

Zehn Menschen haben auf tragische Weise ihr Leben
verloren. Die Erinnerung daran muss bei uns allen so
lange wie möglich wachgehalten werden.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725202500

Kollege Armin Schuster, Ihnen und allen Rednerin-

nen und Rednern des heutigen Nachmittags ein herzli-
ches Dankeschön. Unseren Gästen mit dem Herrn Bun-
despräsidenten an der Spitze danke ich für das
Beiwohnen dieser Debatte.


(Beifall im ganzen Hause)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des 2. Untersu-
chungsausschusses auf Drucksache 17/14600. Der Aus-
schuss empfiehlt, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind
alle Fraktionen dieses Hauses. Vorsichtshalber mache ich
die Gegenprobe. – Niemand. Enthaltungen? – Niemand.
Die Beschlussempfehlung ist vom Plenum des Deutschen
Bundestages einstimmig angenommen worden.


(Beifall im ganzen Hause)


Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 2:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Verteidigungsausschusses als 2. Unter-
suchungsausschuss gemäß Artikel 45 a Ab-
satz 2 des Grundgesetzes

– Drucksache 17/14650 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Markus Grübel
Rainer Arnold
Joachim Spatz
Jan van Aken
Omid Nouripour

ti
d
G


a
m

s
c
k
d
z
k
b

ti
c
d
U
k
U
c

W
g
s
u

J
ra
v
e
E
tu

B
T
h
z
te
v
w
ti
ri
n

d
W
R

(C (D Erster Redner in unserer Aussprache ist für die Frakon von CDU und CSU unser Kollege Markus Grübel, em ich nun das Wort gebe. Bitte schön, Kollege Markus rübel. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Unruhe)


Augenblick, Herr Kollege. Ich darf alle herzlich bitten,
uch diesem Tagesordnungspunkt die notwendige Auf-
erksamkeit zu schenken. – Bitte schön, Herr Kollege.


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1725202600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

prechen heute über die Ergebnisse von zwei Untersu-
hungsausschüssen, die unterschiedlicher nicht sein
önnten: zum einen über Tote und unsägliches Leid, das
ie NSU-Terroristen über viele Familien gebracht haben;
um anderen über ein Entwicklungsvorhaben einer Auf-
lärungsdrohne, das nicht das gewünschte Ergebnis ge-
racht hat.

Beim NSU-Untersuchungsausschuss waren alle Frak-
onen bemüht, das unfassbare Versagen deutscher Si-
herheitsbehörden aufzuklären und Vertrauen in den
eutschen Staat zurückzugewinnen. Beim Euro-Hawk-
ntersuchungsausschuss haben SPD, Linke und Grüne
rampfhaft versucht, etwas zu skandalisieren und den
ntersuchungsausschuss zur Wahlkampfbühne zu ma-

hen.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts verstanden!)


Wir haben den Untersuchungsausschuss mitgetragen.
ir haben uns nicht im Klein-Klein von Verfahrensfra-

en aufgehalten, zum Beispiel bei der Frage der Zulas-
ung weitgehender Öffentlichkeit. Wir, die Koalition
nd unsere Minister, hatten nichts zu verbergen.


(Zuruf von der FDP: So ist es!)


Die Opposition wollte anfangs nur die letzten zwei
ahre dieses Projekts untersuchen. Wir haben Wert da-
uf gelegt, dass das Entwicklungsvorhaben Euro Hawk

on Anfang an untersucht wird. Die Opposition wollte in
rster Linie dem Minister am Zeug flicken. Wir wollten
rkenntnisse gewinnen, was wir in Zukunft bei Rüs-
ngsvorhaben besser machen müssen.

Die Opposition hätte spätestens nach dem Bericht des
undesrechnungshofes erkennen können, dass sich das
hema Euro Hawk für den Bundestagswahlkampf über-
aupt nicht eignet. Der Bundesrechnungshof hat nämlich
wei wesentliche Feststellungen getroffen – in den Wor-
n unserer Zeugin –: Erstens. Blauäugig waren die vor-
ertraglichen Verhandlungen, also die Zeit bis 2006,
eil die Zulassungsrisiken nicht erkannt bzw. nicht rich-
g bewertet wurden. Zweitens. Die Leitung des Ministe-
ums hat gehandelt – Minister und Staatssekretäre –,
achdem ihr die Probleme geschildert wurden.

Insbesondere der Opposition möchte ich sagen: Mit
em ständigen Versuch, auf Kosten der Bundeswehr
ahlkampf zu machen, trägt die Opposition nicht zu der
uhe bei, die unsere Truppe braucht.





Markus Grübel


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo waren Sie die letzten Wochen? Eingefroren im Eis, oder was?)


In Ihrem Sondervotum fordern Sie ausdrücklich: Die
Bundeswehr braucht jetzt Ruhe. – Aber jede Woche wird
eine andere Sau durchs Dorf gejagt. Letzte Woche war es
der Marinehubschrauber, eine sehr alte Sau;


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


denn dieses Thema haben wir bereits im Juni im Aus-
schuss behandelt.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außer Ihnen sind alle blöd, genau!)


Zur Sache selbst. An was ist der Euro Hawk geschei-
tert? Der Euro Hawk ist an den Zulassungsproblemen
gescheitert. Das deutsche Aufklärungssystem funktio-
niert und kann in ein anderes Trägersystem eingebaut
werden. Mit der Zulassung von Flugzeugen ist es so ähn-
lich wie mit der Zulassung von Medikamenten: Ohne
Zulassung kann man sie nicht in den Verkehr bringen
und einsetzen, weil die Sicherheit nicht bewiesen ist.
Diese Zulassungsprobleme bestanden von Anfang an,
vom Jahr 1999 an, als die ersten Entscheidungen für den
Euro Hawk getroffen wurden. Das ist das, was wir als
Geburtsfehler bezeichnet haben.

Ich komme nun zur politischen Bewertung. Bundes-
minister de Maizière hat von Anfang an die Wahrheit ge-
sagt. Es gibt keinen einzigen Beweis, der das Gegenteil
belegt.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen bildet!)


Wer hier etwas anderes sagt, der ist entweder ahnungslos
oder bösartig – im Zweifel beides.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder kann im Gegensatz zu Ihnen lesen!)


Durch die Entscheidung des Ministers, die Serie von vier
Euro Hawks nicht zu kaufen, ist nicht nur kein Schaden
entstanden, sondern gerade auch Schaden verhindert
worden.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Als Parlamentarier muss ich sagen: Endlich hat ein
Minister gehandelt


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


und ein Beschaffungsvorhaben nicht durchgeführt, des-
sen Kosten explodiert sind. Seit Jahrzehnten kennen wir
die Situation, dass bei solchen Projekten immer und im-
mer wieder Geld nachgeschossen wird. Hier ist die Ent-
scheidung getroffen worden: Wir kaufen den Euro Hawk
nicht.

Der Kaufpreis – 600 Millionen Euro für die Serie –
steht jetzt für eine Alternative zur Verfügung, und die
Zulassungskosten in Höhe von nochmals 600 Millionen

E
s
re
d

h
E
n

D


s
z
v
w
Z
2

li

Ih
d

s

g
V
k
S
a
ru
d
z
M

D
V



d
le
b
L
Z
e
ru
w

(C (D uro haben wir wahrscheinlich gespart. Was wäre geween, wenn 1,2 Milliarden Euro ausgegeben worden wän und man dann zu dem Ergebnis gekommen wäre, ass die Zulassung nicht erfolgen kann? Dann hätten wir nf Euro Hawks für fünf deutsche Technikmuseen. Wir ätten dafür 1,2 Milliarden Euro plus das Geld für die ntwicklung ausgegeben, und die Bundeswehr hätte ichts. (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt hat sie auch nichts!)


arum war die Entscheidung in der Sache richtig.

Dieses Geld, das nicht ausgegeben wurde, steht jetzt
r Alternativen zur Verfügung. Wie die Alternative aus-

ieht, müssen wir sehen. Ob es ein bemanntes System
um Beispiel in Form des A319 wird, eine Heron oder
ielleicht doch ein Global Hawk der neueren Version,
ie er im NATO-AGS eingesetzt wird, wenn Italien die
ulassung erteilt, werden wir sehen, wenn wir Anfang
014 das Thema wieder debattieren.

Die wahren Gründe für die Probleme beim Euro Hawk
egen weit vor der Amtszeit von Minister de Maizière.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


m das heute in die Schuhe zu schieben, ist schlechter-
ings falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Oft wurde ich von Journalisten gefragt: Wer ist
chuld? Ich selber bin der Meinung, der Begriff
Schuld“ ist hier vielleicht sogar fehl am Platze. Richti-
er ist die Frage: Wer trägt Verantwortung, und wer trägt
erantwortung für was? Die Antwort auf diese Frage ist
omplex; denn die Verantwortung verteilt sich auf viele
chultern. Die Verantwortung für die Entscheidung, das
merikanische Trägersystem mit dem deutschen Aufklä-
ngssystem zu verbinden und im Zusammenhang mit

em amerikanischen Trägersystem Zulassungsprobleme
u bekommen, liegt in der rot-grünen Regierungszeit bei
inister Scharping.


(Zuruf von der SPD: Oder sogar bei Adenauer? – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau, Adenauer war es!)


ie Zulassungsprobleme wurden von den rot-grünen
erantwortungsträgern sträflich unterschätzt.


(Rainer Arnold [SPD]: Fällt Ihnen gar nichts Neues ein?)


Herr Arnold, wenn Sie die Akten lesen –


(Rainer Arnold [SPD]: Haben Sie die gelesen?)


as war auch für mich interessant –, können Sie feststel-
n, welche Euphorie bei SPD und Grünen Anfang 2000
estand, in diese neue Technologie der unbemannten
uftfahrt einzutreten, Drohnen zu kaufen und bei dieser
ukunftstechnologie mit am Anfang zu stehen. Es gab
ine wahre Drohneneuphorie bei SPD und Grünen. Da-
m hat man auch gesagt: Die Probleme der Zulassung
erden wir irgendwie lösen; wir setzen uns an die Spitze





Markus Grübel


(A) )


)(B)

der Bewegung. – Das heute zu leugnen, ist schlechter-
dings falsch. Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Un-
terlagen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Verantwortung liegt auch in der Amtszeit von Minis-
ter Struck. In seiner Amtszeit wurden die Anforderungen
definiert und die Verträge ausgehandelt.

Verantwortung fällt in die Amtszeit von Minister Jung,
als die Verträge unterschrieben wurden. Verantwortung
fällt in die Amtszeit von Minister zu Guttenberg, als die
Zulassungsprobleme beim Demonstrator aufgetreten
sind.

Beim Amtsantritt von Minister de Maizière aber war
die Masse des Geldes ausgegeben. In diesem Stadium
die Entwicklung ohne Ergebnis abzubrechen, wäre Un-
sinn gewesen. Kein Zeuge und schon gar nicht der Bun-
desrechnungshof haben das gefordert, obwohl sie im
Rückblick schlauer waren als zu der Zeit, als die Ent-
scheidung zu treffen gewesen wäre. Es ist Unsinn, eine
Entwicklung kurz vor Abschluss abzubrechen, wenn das
Geld im Wesentlichen ausgegeben ist.

Manchmal muss man wie bei einer Bergtour über den
Gipfel absteigen, wenn sozusagen der Punkt der Umkehr
überschritten ist. In diesem Fall war es auch so: Man hat
die Entwicklung vollendet, obwohl man gesagt hat: Die
Beschaffung machen wir nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grü-
nen, viele problembehaftete Rüstungsvorhaben sind aus
Ihrer Amtszeit: das Transportflugzeug A400M, der Hub-
schrauber Tiger,


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Tiger ist aus den 80er-Jahren! Helmut Kohl war doch kein Grüner!)


die Korvette K 130, der Transportpanzer Boxer, die Pri-
vatisierung, die GEBB und vieles andere mehr. Wollt ihr
auch für das alles noch einen Untersuchungsausschuss
einsetzen?

Ich muss deutlich sagen: Die Aussage des Zeugen
Scharping war aus meiner Sicht eine Frechheit. Diesem
Minister haben wir viele der Probleme zu verdanken,
und er ist aufgetreten, als ob er uns einen Ratschlag ge-
ben kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen drin-
gend die Fähigkeit zur weiträumigen Aufklärung. Wir
brauchen eigene Erkenntnisse, wenn wir Entscheidun-
gen treffen, zum Beispiel bei der zivilen Krisenpräven-
tion und Krisenreaktion sowie zum Schutz unserer Sol-
datinnen und Soldaten im Einsatz. Darum wird uns das
Thema weiter beschäftigen, wenn wir eine alternative
Trägerplattform suchen.

Eine wichtige Fragestellung ist allerdings im Untersu-
chungsausschuss aus unserer Sicht zu kurz gekommen:

W
v

ti
w
g
d
v
z
R
a
m
B
s
s

s
A
w
z
g
s
M

n
a
S
te
V

D
s
W
R
s

d
s
n
k

u
n
d
S
e
b

d
K

(C (D ie können Entwicklungsund Beschaffungsvorhaben erbessert werden? Bundesminister de Maizière hat hierzu schon wichge Weichen gestellt. So soll das Beschaffungsverfahren eiter optimiert werden. Es soll Frühwarnmechanismen eben. Das Projektcontrolling wird verbessert und neben er Projektleitung angesiedelt, sodass man einen objektien Blick auf die Dinge bekommt. Der Minister hat auch ugesagt, dass regelmäßig Bericht über den Status von üstungsprojekten im Verteidigungsund im Haushaltsusschuss erstattet werden soll. In welcher Form, das uss das nächste Parlament entscheiden. Regelmäßige erichte an den Haushaltsausschuss gab es übrigens chon einmal. Das wurde damals in rot-grüner Zeit abgechafft. Es muss auch daran gedacht werden, externen juristichen Sachverstand einzubinden, wenn Verträge mit uslandsbezug abgeschlossen werden, zum Beispiel enn es wie im aktuellen Fall um Zulassungsvorausset ungen in Deutschland und den Vereinigten Staaten eht. Ganz wichtig ist ebenfalls: Wir müssen die Zulasungsregeln auf europäischer Ebene harmonisieren. Der inister hat dazu schon Schritte unternommen. Sehr geehrte Damen und Herren, ich fasse das Ergebis des Untersuchungsausschusses zusammen: Die Verntwortung für die Probleme des Projekts ruht auf vielen chultern. Die Probleme beginnen in rot-grüner Zeit unr Minister Scharping. Minister de Maizière ist von den orwürfen entlastet. (Lachen des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie Entscheidung des Ministers, die Entwicklung abzu-
chließen, die Serie aber nicht zu beschaffen, ist richtig.

ichtige Weichen, die dazu dienen, die Risiken von
üstungsprojekten zu verringern, sind benannt und auch

chon gestellt.

Der Untersuchungsausschuss hat zügig gearbeitet. Ich
anke allen Ausschussmitgliedern, dem Ausschuss-
ekretariat und dessen Leitung sowie allen Mitarbeiterin-
en und Mitarbeitern, die trotz Sommerpause und Wahl-
ampf hart gearbeitet haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725202700

Vielen Dank, Kollege Markus Grübel. – Bevor ich

nserem Kollegen Rainer Arnold das Wort gebe, darf ich
och darauf hinweisen – das möchte ich nachholen –,
ass nach einer interfraktionellen Vereinbarung eine
tunde für diese Debatte vorgesehen ist. Sind Sie damit
inverstanden? – Das scheint der Fall zu sein. Dann ha-
en wir dies so beschlossen.

Jetzt hat das Wort unser Kollege Rainer Arnold für
ie Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte schön, Herr
ollege Arnold.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1725202800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich mit dem Positiven beginnen, Herr
Grübel: Ja, es ist wahr: Wir haben im Konsens die Ver-
fahrensschritte zügig vollzogen, und alle haben auf die
üblichen Rituale verzichtet. Es ist ein gutes Zeichen,
dass der Bundestag auch in Wahlkampfzeiten in der
Lage ist, einen Untersuchungsauftrag mit großer Kom-
plexität innerhalb von neun Wochen abzuarbeiten. Dafür
danke ich allen, die daran beteiligt waren.

Ob es angemessen ist, dass wir nach der ernsten De-
batte, die wir zuvor geführt haben, heute dieses Thema
quasi als Anhängsel behandeln, ist eine ganz andere
Frage. Mir ist klar, warum das so ist, liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Koalition: Sie sehen es natürlich
gern, wenn dieses für Sie sehr unangenehme Thema der
Versäumnisse Ihres Ministers nicht mehr zu einer Zeit
im Bundestag diskutiert wird, in der die Öffentlichkeit
den Fokus auf das Parlament richtet.

Herr Grübel, nach Ihrer heutigen Rede verstehe ich
natürlich noch besser, warum Sie diese Diskussion so
spät angesetzt haben. Denn diese Rede ist an Peinlich-
keit und Wirklichkeitsverweigerung durch nichts mehr
zu überbieten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es mag sein, dass Sie heute das Thema medial wegdrü-
cken können. Aber dass Sie die Wahrheit so verbiegen,
wie Sie es gerade gemacht haben, werden wir Ihnen nicht
durchgehen lassen. Es ist Ihnen in der Vergangenheit bei
der Zeugenbefragung und in der medialen Berichterstat-
tung letztendlich auch in keiner Weise gelungen. Sie kön-
nen den Minister nicht einfach mit Wirklichkeitsverwei-
gerung reinwaschen; das geht nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir sind wirklich nicht die Einzigen, die feststellen,
dass der Minister die Unwahrheit gesagt hat. Sie haben
uns der Ahnungslosigkeit und noch üblerer Dinge bezich-
tigt, Herr Grübel. Haben Sie die Akten wirklich gelesen?
Wenn der Minister – sinngemäß – wiederholt zu Protokoll
gibt, es habe keine Vorlagen gegeben und er habe nur ein-
mal auf der Rüstungsklausur und dann kurz danach auf
der G-10-Konferenz etwas von Problemen gehört, wir
dann aber beim Studium der Akten feststellen, dass es
mindestens sechs Dokumente gibt, die belegen, dass sich
der Minister mit diesem Thema hätte befassen müssen:
Was ist das dann anderes als die Unwahrheit? Wie können
Sie dann versuchen, ihn so reinzuwaschen? Dieser Minis-
ter wollte die Öffentlichkeit hinter die Fichte führen. Das
ist das Ergebnis des Untersuchungsausschusses.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weil er das dann gemerkt hat, hat er die Kurve ge-
kratzt. Nach fünf Tagen hat er zum ersten Mal gesagt, er
habe schon etwas gehört, aber er habe keine Vorlagen
gehabt, also nichts, was in einen Aktendeckel passt.

g
w

W
u

D
C
s
s
a
z
s

F

s
U
n
h
S
te
F
s

s
g
J
d
h
lu
je
P
je
2
h
e
w
fa
m
b

w
e
z
a

(C (D (Michael Brand [CDU/CSU]: Auf welchem Planeten leben Sie eigentlich?)


Damit nicht genug. Plötzlich waren die sechs Vorla-
en auch auf dem Tisch. Dann hat er gesagt, es habe
ohl Vorlagen gegeben, aber ihm seien die Probleme als
sbar dargestellt worden. Da frage ich mich schon:
ann kümmert sich ein verantwortungsvoller Minister

m seine Probleme?


(Beifall bei der SPD)


ann, wenn sie als lösbar dargestellt werden und er die
hance hat, zu gestalten, indem er Vorgaben gibt, wie

ein Haus mit diesen Problemen umgeht, oder kümmert
ich ein Minister erst dann um Probleme, wenn sie ihm
ls unlösbar dargestellt werden? Was soll dieser Unfug,
wischen lösbaren und unlösbaren Problemen zu unter-
cheiden?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ür unlösbare Probleme braucht man ihn nicht mehr.


(Henning Otte [CDU/CSU]: Nicht aufgepasst!)


Dann gab es einen weiteren Versuch. Ich finde es
chlimm, dass Sie auf diese Unwahrheiten heute weitere
nwahrheiten setzen. Was Sie schildern, stimmt einfach
icht. Die Öffentlichkeit kann die Akten teilweise einse-
en. Wer die Akten liest, stellt fest: Alle Ihre Zeugen, die
ie einbestellt haben, weil Sie geglaubt haben, Sie könn-
n in der Geschichte des Projekts die Verursacher der
ehlentwicklung finden, haben exakt das Gegenteil ge-
agt.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist doch unwahr!)


Ihr eigener Minister Jung hat deutlich gemacht: Die-
er Vertrag war in Ordnung. – Er selbst hat noch dafür
esorgt, dass er verbessert wurde. Der Vertrag, den Herr
ung abgeschlossen hat, ist ohne Fehl und Tadel, weil er
ie Probleme erkannt und benannt hat und weil er gesagt
at: Es ist ein Entwicklungsvertrag. – Einen Entwick-
ngsvertrag, den man jederzeit kündigen kann, muss
der Minister in der Folge eng begleiten, er muss das
arlament entsprechend informieren, und notfalls muss
der Minister rechtzeitig – möglicherweise im Jahr
009 oder spätestens im Jahr 2011, wie der Rechnungs-
of gefordert hat – dieses Projekt neu überprüfen und
valuieren. All dies wurde versäumt, und das Parlament
urde nicht informiert. Das können Sie doch nicht ein-
ch wegdiskutieren angesichts von 2 000 Akten, die wir
iteinander studiert haben, die das dokumentieren und

elegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Völlige Fehleinschätzung!)


Man hätte noch einen Funken Hoffnung, wenn man
enigstens aus dieser Vorgehensweise für die Zukunft

in bisschen lernen und die richtigen Konsequenzen
iehen würde. Aber das ist nicht der Fall. Auch die
ktuellen Probleme werden von Ihnen und Minister





Rainer Arnold


(A) )


)(B)

de Maizière schöngeredet. Es wird behauptet, das Senso-
riksystem, das sogenannte ISIS, könne man einfach an an-
derer Stelle verwenden. Lesen Sie einmal das Schreiben
des Vorstandsvorsitzenden der Lieferfirma und das, was er
zu den Tests sagt. Die operationalen Tests sind nämlich
nicht erfolgt, und damit ist das Projekt im Grunde genom-
men wertlos. Das heißt, wir haben 600 Millionen Euro
ausgegeben und am Ende nichts dafür bekommen. Es
wäre richtig gewesen, entweder früh zu stoppen oder das
Projekt möglichst zum Erfolg zu bringen.


(Henning Otte [CDU/CSU]: Genau etwas anderes ist festgestellt worden!)


Dazu braucht man aber einen Minister, der das Projekt
begleitet und der zum Erfolg beiträgt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dann sagen Sie und der Minister: Jetzt untersuchen
wir Alternativen. Es sieht so aus, als ob wir es schaffen,
für das gleiche Geld eine Alternative zu bekommen. –
Das ist nicht korrekt, Herr Kollege. Das ist Märchen-
stunde. Das wird nicht stattfinden. Das alles wird Sie,
falls Sie an der Regierung bleiben, was ich nicht glaube,
einholen; denn Sie sind nicht bereit, dazuzulernen. Es ist
so, dass bei diesem Minister in der Vergangenheit sehr
viel zusammengekommen ist; das ist das eigentliche
Problem. Der Euro Hawk hat das Fass zum Überlaufen
gebracht.

Sie werfen uns vor, wir hätten diese Rhetorik, weil
Wahlkampf sei. Nein.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Nein! – Oh!)


Sie müssen dankbar sein und Ihr Minister muss dankbar
sein, dass Wahlkampf ist;


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da müssen Sie selber lachen!)


denn zu normalen Zeiten hätte die Kanzlerin so einen
Minister nie und nimmer halten können. Das ist der
Punkt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Versuchen Sie den Satz mit dem Wahlkampf noch mal ohne Lachen!)


Natürlich muss man Lehren ziehen. Dazu gehört, dass
wir als Parlament in der nächsten Legislatur eine Wie-
dervorlage brauchen und für wirkliche Automatismen
sorgen, damit die Regierung gezwungen ist, bei Fehlent-
wicklungen das Parlament zu informieren. Aber das
Haus besser organisieren – Rüstungsprojekte müssen
besser kommuniziert werden; dieses große Bundesamt in
Koblenz darf keine Filter- und Richterfunktion haben –
können wir nicht. Das ist Aufgabe des Ministers, und er
hat es versäumt, dieser Aufgabe nachzukommen. Er hat
das Haus größer und mächtiger gemacht,


(Henning Otte [CDU/CSU]: Hat Scharping das gesagt?)


s
In
m
F
F

n
fa
te
n
e

u
h
h
H
B
ü
p

s
S
E
v

d
H
p
V

u

te
te
w
e
e
w
d
d
B

n
S

(C (D tatt die Verantwortung aufzuteilen und Bypässe für die formationsflüsse zu schaffen, damit sie oben ankomen. Der Minister hat außerdem den Planungsstab als rühwarnsystem abgeschafft. Dieser Minister ist für die ehlentwicklungen in seinem Haus verantwortlich. Es geht gar nicht so sehr um die Details. Wir können och viele Details benennen, die belegen, was alles lsch gelaufen ist und welche Verantwortung der Minisr trägt. Es geht in Wirklichkeit um die Bereitschaft eies Ressortchefs, die politische Verantwortung für Fehlntwicklungen in seinem Haus, für die er nichts kann, (Henning Otte [CDU/CSU]: Für die Herr Scharping Verantwortung hat! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


nd für Fehlentwicklungen, die er selbst zu verantworten
at – er hat in diesem Fall die Wahrheit nicht gesagt; er
at sich um dieses Projekt nie gekümmert; ihn hat Euro
awk nicht interessiert, bis er von Staatssekretär
eemelmans schließlich eine Vorlage erhalten hat –, zu
bernehmen. Dies ist der eigentliche Punkt, den man
olitisch bewerten muss.

Viele Verteidigungsminister sind zurückgetreten, weil
ie gesagt haben, sie übernähmen die Verantwortung.
toltenberg hat gesagt: Verantwortung ist nicht teilbar. –
s wäre richtig, wenn Minister de Maizière, der ja relativ
ollmundig personelle Konsequenzen angekündigt hat,


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es ja in drei Wochen!)


iese Konsequenzen zieht und bei sich selbst anfängt.
err Minister, Sie haben allerdings den richtigen Zeit-
unkt leider versäumt, um noch in Würde und Anstand
erantwortung zu übernehmen


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


nd zu sagen: Ja, ich stehe zu meiner Verantwortung.

Jetzt drohen Sie den Soldaten an, Verteidigungsminis-
r bleiben zu wollen. Die Ergebnisse der Umfragen un-
r den Zivilbeschäftigten und den Soldaten der Bundes-
ehr dazu, wie sie die Arbeit des Verteidigungsministers

mpfinden, sind kein Vertrauensbeweis für Sie; denn sie
mpfinden Ihr Vorhaben als Drohung. Wir brauchen
ieder einen Verteidigungsminister, der für die Soldaten
a ist, der ihr Vertrauen hat und der ihr Vertrauen ver-
ient. Ohne dieses Vertrauen kann keiner Inhaber der
efehls- und Kommandogewalt sein.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725202900

Vielen Dank, Kollege Rainer Arnold. – Nächster Red-

er für die Fraktion der FDP unser Kollege Joachim
patz. Bitte schön, Kollege Joachim Spatz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1725203000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Arnold, wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich
jetzt glauben können, Sie seien Historiker. Wissen Sie,
was ein Historiker ist? Das ist einer, der hinterher weiß,
dass es genau so hat kommen müssen. Ihre Ex-post-
Weisheiten haben Sie uns schon während der Ausschuss-
beratungen präsentiert. Ich habe Ihnen schon einmal ge-
sagt, Sie sollten aufpassen. Wenn Sie im Nachhinein das,
was man hätte machen sollen, zum Maßstab, zur allge-
meinen Grundlage für die Führung eines Ministeriums
erklären, dann kann ich nur sagen: Gott sei vor, dass ei-
ner, der solche Maßstäbe anlegt, jemals dieses Haus
führt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein paar Fakten. Bei Amtsantritt des jetzigen Minis-
ters waren 85 Prozent der Kosten bereits ausgegeben
oder festgelegt.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Sie wissen schon die Kosten!)


Seit dem Bekanntwerden der Schwierigkeiten auf Lei-
tungsebene waren bereits 93 Prozent der Kosten ausge-
geben oder festgelegt. Das heißt, die Manövriermasse,
die dieser Minister überhaupt hatte, war marginal.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen die Kosten doch gar nicht!)


Im Übrigen sagen alle Beteiligten: Die Überwa-
chungskomponente funktioniert. Um zu retten, was zu
retten war, war es notwendig, dieses Projekt nicht zu
früh zu stoppen, sondern es aufrechtzuerhalten, sodass
wenigstens die Testphase des Überwachungssystems
ISIS erfolgreich zu Ende geführt werden kann, wodurch
die Gesamtkosten eben nicht in den Sand gesetzt worden
sind.

Meine Damen und Herren, was die Rolle des Minis-
ters dazu angeht, ob er die Wahrheit gesagt hat: Wenn
Sie das ernst nehmen, was vom Minister von Anfang an
gesagt worden ist – dass ihm die Probleme zwar darge-
legt worden sind, sie von der zuarbeitenden Ebene aber
immer als lösbar bezeichnet worden sind –, dann werden
Sie in den vorliegenden Dokumenten – auch in den sechs
Dokumenten, aus denen Sie zitiert haben – eine Bestäti-
gung und eben keine Widerlegung genau dessen finden.
Wenn Sie trotzdem wahrheitswidrig sagen, der Minister
habe gelogen, dann müsste man Sie zum Rücktritt auf-
fordern; nur leider geht das bei der Opposition nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie ist das
Projekt wirklich verlaufen? Es ist so verlaufen, dass man
mit großer Anfangseuphorie in das Projekt gestartet ist
und dass man die Bedenken, die auch damals schon, im
Jahr 2000 und bis zum Jahr 2002, formuliert worden
sind, schlicht nicht wahrhaben wollte. Ich zitiere ein paar
davon.

g

N

T
K
d

W
u
z



W

le
te

g

B
m
n
d
F
g
A
g

d
in
T
m
d
fa

d
d
v
li

(C (D Zum Beispiel hat der Herr Generalinspekteur Kujat esagt: Für unbemannte Trägerplattformen sind wesentliche Flugsicherheitsfragen zu klären. ichts wurde geklärt! Ich zitiere nochmals Kujat, 2001: US-Position zur echnologiefreigabe im Rahmen einer möglichen ooperation ist von Bedeutung. – Nichts ist geklärt woren! Ich zitiere noch einmal Kujat, 2001: Bezüglich der Zulassung zum Fliegen im kontrollierten Luftraum besteht vor einer Realisierung unbemannter fliegender Plattformen unabhängig vom angestrebten Trägersystem umfangreicher Handlungsbedarf. as ist geschehen? Nichts ist geschehen, meine Damen nd Herren! Alles noch voll in rot-grüner Regierungseit! Last, but not least: Führungsstab der Luftwaffe, 2002 ich zitiere –: Es ist alles daranzusetzen, um einer nicht auszuschließenden einseitigen Vorgehensweise der USSeite entgegenzuwirken und einen Rückschlag für das Vorhaben zu verhindern, um die ohnehin vorhandenen Zweifel an der Möglichkeit transatlantischer Rüstungskooperation in diesem Bereich abzubauen. as ist zu Ihrer Zeit geschehen? Nichts ist geschehen! Im Gegenteil: Die Zeugen, zum Beispiel der Projekt iter, sagten: Diese Art Fragestellungen liefen im Hinrgrund mit. Der Direktor von WTD 61 sagte: Diese Fragestellun en wurden auf kleiner Flamme gekocht. Meine Damen und Herren, wenn Sie Ihren eigenen eschaffungsprozess, den CPM aus 2000, ernst genomen hätten, hätten Sie beim Prüfen des Prototypen nicht ur die technische Realisierung beachten müssen, sonern auch die rechtlichen und die rüstungskooperativen ragestellungen, wie das die Experten Ihnen zu Ihrer Reierungszeit bereits ins Stammbuch geschrieben haben. ber all dies wollte man nicht. Man ist voller Euphorie estartet, und Bedenkenträger waren nicht erwünscht. Dann kann es natürlich sein – es muss nicht sein –, ass man ein funktionierendes Fluggerät hat, dass man diesem funktionierenden Fluggerät funktionierende echnik hat, das Ding aber in die Garage gestellt werden uss, weil diese Fragen nicht rechtzeitig behandelt wor en sind. Deshalb kann man mit Fug und Recht von Anngsfehlern dieses Projekts sprechen. Jetzt kann man noch sagen: Okay, wir brechen nicht en Stab über der Vorgängerregierung. – Nur, eines geht ann nicht: dass ausgerechnet Sie dem heutigen Minister orwerfen, er habe falsch gehandelt. Das geht nun wirkch nicht. Joachim Spatz )


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Wenn Sie mit dem Finger auf Herrn de Maizière zeigen,
zeigen mindestens drei Finger auf Sie selber zurück, und
daran kommt man nicht vorbei.

Im Übrigen: Wenn Sie, was die Bewertung angeht,
uns schon nicht glauben, dann glauben Sie doch einer
unabhängigen Wochenzeitung, die in ihrem Onlineportal
aufgrund geleakter Informationen – bedauerlich genug! –
ihre Bewertung vorgenommen hat, und prüfen Sie ein-
mal, ob diese Bewertung näher an der der Koalition oder
näher an der von Rot-Grün ist. Sie ist wesentlich näher
an der Bewertung, die die Koalition hier abgegeben hat,
wenn nicht sogar deckungsgleich damit. – Das für den
Fall, dass Sie uns nicht trauen!

Last, but not least müssen natürlich noch ein paar
Worte auf das Thema „Lessons learned“ verwandt wer-
den. Dieselbe Wochenzeitung hat in ihrer Onlineausgabe
getitelt „Ministerium fliegt auf Autopilot“. Ich denke,
auch hier gibt es Indizien dafür, dass wir die Reformen,
die Herr de Maizière eingeleitet hat, dringend weiterfüh-
ren müssen. So muss dem Eindruck, der entstanden sein
könnte – übrigens nicht nur in diesem Untersuchungs-
ausschuss, sondern auch im Kunduz-Untersuchungs-
ausschuss –, dass nämlich gewisse Strukturen dieses
Ministerium führen, egal wer Bundesminister ist, entge-
gengewirkt werden. Wir hoffen, dass genau dieser
Minister in genau dieser Koalition dieses Reformwerk,
was jetzt begonnen worden ist, in der nächsten Legis-
laturperiode zu Ende führen kann:


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: So ist das!)


optimierte Prozesse in der Beschaffung, bessere Kom-
munikation der beteiligten Einheiten, verbesserte Pro-
jektaufsicht mit Frühwarnfunktionen und eine andere
Kultur, die zulässt, dass nicht nur positive Meldungen,
sondern auch Meldungen über Probleme, wenn sie hin-
reichend früh erkannt werden, nach oben weitergegeben
werden.


(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Whistleblower!)


Diese Kultur muss erreicht werden. Hier gibt es noch
großen Nachholbedarf, wie wir nicht nur an diesem Bei-
spiel gesehen haben.

Last but not least: Dazu gehört auch die Kommunika-
tion in Richtung Deutscher Bundestag. Wir müssen min-
destens dahin kommen, wo wir vor Rot-Grün 1998 ge-
wesen sind, nämlich dass anlasslos, ohne dass bereits
Probleme aufgetaucht sind, also schon im Vorfeld regel-
mäßig an den Haushaltsausschuss und den Verteidi-
gungsausschuss berichtet wird, damit auch die Parla-
mentarier ihrer Frühwarnfunktion nachkommen und
entsprechende Entscheidungen treffen können. Ich freue
mich auf die nächste Legislaturperiode, um dies in der
jetzigen Konstellation entsprechend gestalten zu können.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie die letzten vier Jahre eigentlich gemacht?)


R
v

e
s
S
s
h
v
b

R
L
d
d

p
s
d
a

E
d
w
ru

Ic
H
d
P

M
s
n
w

D
n
d
is
w

(C (D Vielen Dank, Kollege Joachim Spatz. – Nächster edner für die Fraktion Die Linke ist unser Kollege Jan an Aken. Bitte schön, Kollege Jan van Aken. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst inmal möchte ich dem Sekretariat meinen Dank ausprechen. Es war eine ganz harte Aufgabe, mitten in der ommerpause von null auf hundert einen solchen Unteruchungsausschuss zu organisieren. Das haben sie ganz ervorragend gemacht. Ich möchte nicht wissen, wie iele Nächte und Wochenenden sie durchgearbeitet haen. Vielen Dank dafür. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725203100

(Beifall bei der LINKEN)

Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1725203200

Ich möchte gerne drei Punkte ansprechen: erstens, die
olle von Herrn de Maizière, zweitens, warum wir als
inke den Euro Hawk von Anfang an falsch fanden und
rittens: Wie kann man künftig solche Debakel verhin-
ern?

Zu Herrn de Maizière. Hier sind die Fakten ganz sim-
el. Herr de Maizière hat vor drei Monaten gesagt, ihm
ei nie ein Papier in Zusammenhang mit dem Problem
es Euro Hawk vorgelegt worden. Es gibt dieses Papier
ber.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s ist ihm schon ein halbes Jahr vorher vorgelegt wor-
en. In diesem sind die Probleme drastisch geschildert
orden. Er ist der Lüge überführt. Ich frage mich, wa-
m er eigentlich immer noch Minister ist.


(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Märchenstunde!)


Herr Grübel, Sie werfen mir Bösartigkeit vor.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das war noch milde ausgedrückt!)


h möchte deswegen die Fakten, die diese Lüge von
errn de Maizière belegen, noch einmal ganz langsam
er Reihe nach durchgehen, um zu sehen, an welchem
unkt Sie mir widersprechen.

Erstens. Am 5. Juni dieses Jahres hat Herr de
aizière vor dem Verteidigungsausschuss wörtlich ge-

agt, vor dem 13. Mai sei ihm „keine Vorlage … mit ei-
er Beschreibung der Zulassungsprobleme“ vorgelegt
orden.


(Thomas Silberhorn [CDU/CSU]: Lesen Sie den nächsten Satz doch auch noch vor!)


as ist aber falsch. In den Akten finden wir plötzlich ei-
en ganz dicken Bericht – fast 50 Seiten – für Herrn
e Maizière für seinen Besuch bei Cassidian. Cassidian
t eine Firma aus Bayern, die am Euro Hawk beteiligt
ar. Das ist ihm vorgelegt worden. Dann fragen wir





Jan van Aken


(A) )


)(B)

Herrn de Maizière, als er als Zeuge dort sitzt: Kennen
Sie diese Vorlage? Er weiß natürlich ganz genau, dass in
diesen Akten auf vier langen Seiten alle Probleme des
Euro Hawk geschildert werden. Dort steht: Es gibt hohe
finanzielle Risiken. Es wird von Zulassungsproblemen
geredet. Dort steht, dass die Serienbeschaffung des Euro
Hawk infrage gestellt ist. Und dort steht – das ist die
größte anzunehmende Klatsche für ein Projekt –: Wir su-
chen bereits nach Alternativen. Das steht dort alles, und
das weiß Herr de Maizière.

Und – Herr Grübel, Sie waren dabei und haben es ge-
sehen – was versucht dieser Minister dann? Plötzlich
versucht er, zu definieren: Na ja, diese Informations-
mappe war keine Vorlage. Nur das Deckblatt war eine
Vorlage. Der Rest war eine Informationsmappe. Deswe-
gen hat er nicht gelogen. Diesen himmelschreienden
Versuch, sich mit Worten herauszuwinden, hat er selber
aufgegeben. Er hat später zugegeben: Die ganze Mappe
mit allen Problembeschreibungen war eine Vorlage.


(Henning Otte [CDU/CSU]: Nein! Falsche Rückschlüsse!)


Also hat er gelogen. Das ist zweifelsfrei belegt, Herr
Grübel. Das können Sie auch nicht leugnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweite Frage: Warum überhaupt diesen Euro Hawk?
Ich stehe jetzt hier und höre mir Ihre Reden an. Herr
Grübel von der CDU, Sie werfen Herrn Scharping und
Rot-Grün vor, dass sie das Projekt versemmelt haben.


(Henning Otte [CDU/CSU]: Genau!)


Herr Arnold von der SPD, Sie werfen Herrn de Maizière
von der CDU vor, dass er es versemmelt hat. Das
Schlimme ist: Sie haben beide recht.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie alle gemeinsam – von Rot-Grün über die Große
Koalition bis zu Schwarz-Gelb – haben das Projekt in
den Sand gesetzt. Wir haben dieses Problem nicht. Wir
haben nämlich von Anfang an immer Nein zum Euro
Hawk gesagt, aus einem ganz einfachen Grund:


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht ihr ja immer!)


Die Bundeswehr brauchte diesen Euro Hawk aus ihrer
Sicht für ihre Auslandseinsätze. Sie brauchte die Spiona-
gedrohne, um Kriegseinsätze in Afghanistan zu unter-
stützen. Wir finden die Kriegseinsätze falsch. Deswegen
fanden wir die Drohne falsch. Das finden wir heute im-
mer noch.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Was aber dann im Laufe des Untersuchungsausschus-
ses noch herausgekommen ist, das war uns vorher nicht
klar, und das finde ich genauso bedenklich: Bei diesem
Euro Hawk handelt es sich technisch um einen riesigen
Datenstaubsauger. Wir haben das von Fachleuten analy-

s
te
d
D
fi

s
s
n
s
a
ri
E
J
D
w
d
c
s
E

g
D
m
fl
ri
g
d
d
g
s
S
e
fe
M
ü
m
d

tr
ja
g
D
te
s
b
h
D
d
k

tr
d
n
d
d

(C (D ieren lassen. Er kann tatsächlich, wenn er in 15 Kilomer Höhe über Deutschland kreist, alle Mobilfunkverbinungen aufzeichnen und heruntersenden. Das ist ein atenstaubsauger. Wenn der hier eingesetzt wird, dann nde ich das sehr bedenklich. Dann stellt sich doch tatsächlich im Laufe des Unteruchungsausschusses heraus: Das war auch geplant. Der ollte auch von der Bundeswehr im Rahmen der sogeannten Amtshilfe ausgeliehen werden. Das haben wir chriftlich in den Dokumenten. Das hat auch ein Zeuge usgesagt. Das Innenministerium und der Bundesnachchtendienst waren zum Beispiel vorgesehen, diesen uro Hawk zu nutzen. Die Vorstellung, dass es wie im ahre 2007 wieder einmal eine große Demonstration in eutschland gibt und die Bundeswehr herangerufen ird, Amtshilfe zu leisten, und dann ein Euro Hawk iese Demonstration mit seinem Datenstaubsaugermehanismus von oben überwacht, finde ich wirklich erchreckend. Das ist ein zweiter, guter Grund, diesen uro Hawk abzulehnen. Jetzt stellt sich die große Frage: Wie können wir eientlich in Zukunft ein solches Debakel verhindern? as, was mich in diesem Untersuchungsausschuss am eisten schockiert hat, war, wie eng eigentlich die Verechtung zwischen dem Bundesverteidigungsministeum und der deutschen Rüstungsindustrie ist. Man laubt gar nicht, welche personellen Verknüpfungen es a gibt. Da gibt es Mitarbeiter, die direkt von der Spitze es Ministeriums in eine Rüstungsfirma wechseln. Da ibt es Vorlagen, die teilweise von der Industrie gechrieben werden. Das geht so weit, dass jetzt bei der uche nach einem Nachfolgeprojekt für den Euro Hawk ine Firma beauftragt wird, ihr eigenes Produkt zu prün. Das kann doch wohl nicht wahr sein, dass das inisterium Firmen damit beauftragt, sich selbst zu berprüfen. Dass am Ende Murks dabei herauskommt, uss Ihnen allen klar sein. Mit dieser Verflechtung und iesem Filz muss endlich aufgeräumt werden. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)


Was wir brauchen, ist endlich eine unabhängige Kon-
olle des Verteidigungsministeriums. Der Euro Hawk ist
nicht das einzige Projekt, das völlig gegen die Wand
efahren wurde. Es gibt viele andere. Ich muss sagen:
as, was die Zeugin vom Bundesrechnungshof im Un-
rsuchungsausschuss gesagt hat, war für mich wirklich

ehr ernüchternd. Sie hat gesagt: Das Ministerium war
lauäugig. Sie hat gesagt: Das Controlling hat versagt. Sie
at gesagt: Es hat keine fachliche Kontrolle gegeben. –
as muss man sich einmal vorstellen: Bei einem Hun-
erte Millionen Euro schweren Projekt kein Controlling,
eine Kontrolle, ein blauäugiges Ministerium.

Wir brauchen offensichtlich eine unabhängige Kon-
olle von außen. Deshalb schlagen wir eine Stärkung
es Bundesrechnungshofes vor, weil dort die Expertin-
en und Experten vorhanden sind. Es hat sich im Laufe
es Untersuchungsausschusses gezeigt, dass die etwas
avon verstehen. Sie müssen nur direkt in das Ministe-





Jan van Aken


(A) )


)(B)

rium durchgreifen können. Das würde diesen Filz mit
der gegenseitigen Selbstbedienung vielleicht beenden.

Zusammenfassend muss man sagen: Das Euro-Hawk-
Projekt war von Anfang an falsch. Es ist ganz schlecht
umgesetzt und am Ende gegen die Wand gefahren wor-
den. Schuld waren immer die anderen. Das Wort
„Selbstkritik“ kommt bei Herrn de Maizière überhaupt
nicht vor. Schuld haben immer die anderen. Verantwor-
tung übernimmt er nur für die Rüstungsindustrie und für
niemand sonst. Das finde ich eines Ministers unwürdig.


(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/ CSU]: Wie Ihre Vorgängerpartei PDS!)


Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland
keine Waffen mehr exportieren sollte, auch keine Droh-
nen. Vielleicht wissen Sie es, vielleicht wissen Sie es
nicht: Deutschland verkauft gerade nicht nur Panzer
nach Saudi-Arabien, sondern auch Drohnen. Aber das ist
ein Thema für die nächste Saison.

Ich bedanke mich bei Ihnen. Tschüss.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725203300

Vielen Dank, Kollege Jan van Aken. – Nächster Red-

ner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist unser
Kollege Omid Nouripour. Bitte schön, Kollege Omid
Nouripour.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1725203400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

den kürzesten Untersuchungsausschuss in der Ge-
schichte des Bundestages hinbekommen, weil es in der
Verwaltung und auch in den Fraktionen unglaublich
viele Leute gegeben hat, die Tag und Nacht gearbeitet
haben. Herzlichen Dank dafür.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Dieser Untersuchungsausschuss war ein großer Er-
folg. Sie wissen, dass wir Grüne vor drei Monaten die
Einzigen waren, die ihn wollten; am Ende haben wir ihn
Gott sei Dank gemeinsam beschlossen. Dieser Untersu-
chungsausschuss war ein Riesenerfolg, weil erstens end-
lich auch in der breiten Öffentlichkeit darüber diskutiert
wird, dass das Beschaffungswesen bei der Bundeswehr
schlicht nicht funktioniert. Dass es zu solchen Desastern
wie beim Hubschrauberdeal kommt, ist schon länger be-
kannt. Dass dieses Thema jetzt endlich große Teile der
Öffentlichkeit erreicht und hoffentlich eines Tages Be-
wegung in das Beschaffungswesen kommt, wäre aber
ohne diesen Untersuchungsausschuss nicht möglich ge-
wesen. Der zweite Erfolg ist, dass für alle relativ deut-
lich sichtbar ist, dass dieses Haus alles andere als gut ge-
führt wird.

Wenn ich mir jetzt ein paar Reden von der Mehrheit
anhöre, dann frage ich mich, warum Sie eigentlich so
nervös sind; ich verstehe das nicht so ganz.


(Joachim Spatz [FDP]: Keiner ist nervös!)


Ic
M
a
e

W
g
s
s
m
a
s
le
w

E
s
R
m
2

D

k
d
k
s
v
G

W
e
u
R
te
V
d
a

u
M
ü
U
d
F
re
u

(C (D h meine: Sie geben nicht einmal die Fehler zu, die der inister selbst bei seiner Befragung im Untersuchungs usschuss eingeräumt hat, und ich frage mich, woran das igentlich liegt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn Sie von „Geburtsfehlern“ sprechen und dann sa-
en, dass es downgegradet worden sei und keine Zulas-
ung für den allgemeinen Luftverkehr angestrebt werden
ollte, dann ist das einfach schon denklogisch falsch. Sie
üssen sich vorstellen: Je niedriger die Anforderungen

n eine Teilnahme gestellt werden, umso leichter lässt
ich die Musterzulassung auch erreichen. Aber auch die
ichter zu erreichende Version ist doch gar nicht erreicht
orden, und deshalb ist das schlicht nicht redlich.


(Henning Otte [CDU/CSU]: „Nicht redlich“?)


s hat nur noch gefehlt, Herr Kollege Spatz, dass Sie
ich am Ende hier hinstellen und einen Rücktritt beim
echnungshof fordern, weil der Rechnungshof nun ein-
al etwas gesagt hat, das Ihnen nicht passt: Spätestens

011 hätte man dieses Projekt stoppen müssen. –


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Nein! „Neu bewertet werden müssen“, sagt der Rechnungshof!)


as haben Sie schlicht nicht getan.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, er war einmal ein Reserve-
anzler, er war einmal ein Mister Gründlich. Er war in
en Umfragen teilweise der beliebteste Politiker. Er ko-
ettierte damit, dass er Mister Büroklammer ist, weil er
o unglaublich gründlich ist und das alles gut macht und
erwaltungserfahren ist. Heute wissen wir: Er kann mit
eld nicht umgehen.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


enn es zum Beispiel um die Regressfrage geht, wenn
s darum geht, wie man Gelder für die Steuerzahlerinnen
nd Steuerzahler zurückbekommt, dann sagt er: Meine
echtsabteilung kann es nicht; ich beauftrage eine ex-
rne Rechtsanwaltskanzlei, und die prüfen irgendwie. –
ielleicht Mitte August, vielleicht nach der Wahl gibt es
ann Ergebnisse. Durch die Rechtsanwaltsshow wird es
m Ende nur noch teurer.

Die Neuordnung des Beschaffungswesens sollte das
ltimative Kernstück der Bundeswehrreform sein. Der
inister wollte alle Beschaffungsvorhaben tatsächlich

berprüfen. Das Ergebnis ist: Er hat von nichts gewusst.
nd da kann ich nur sagen: Das, was er bei seiner Bun-
eswehrreform nicht angepackt hat, fällt ihm nun auf die
üße; was er gesät hat, erntet er nun. Das ist zwar ge-
cht, aber wahnsinnig teuer für die Steuerzahlerinnen

nd Steuerzahler.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Henning Otte [CDU/ CSU]: Schwacher Applaus aus den eigenen Reihen!)






Omid Nouripour


(A) )


)(B)

Wir alle gemeinsam haben ja die Vorlagen gesehen.
Ich weiß nicht, was Sie zwischen den Sitzungen und vor
den Sitzungen gemacht haben, aber fest steht: Der
Minister hatte all diese Vorlagen. Wie gesagt: Er wollte
doch einmal Mister Gründlich sein.

Ich lese Ihnen mal ein paar Zitate von Herrn de
Maizière aus seiner Befragung im Untersuchungsaus-
schuss vor:


(Henning Otte [CDU/CSU]: Irgendwie müssen Sie die Redezeit ja füllen!)


Ich kann ja nicht mehr sagen, wie gründlich ich
eine Vorlage im Dezember 2012 gelesen habe.

Auf Nachfrage sagte er zur Gründlichkeit:

Das ist, ehrlich gesagt, abhängig vom Zeitvor-
gang …

Oder:

Manchmal kommt die Unterlage Tage vorher. Dann
nutze ich die Gelegenheit, wenn ich sowieso Akten
mache, das durchzugucken, und je nachdem, wie
viel Zeit dann dafür ist, gründlich oder weniger
gründlich.

Oder:

Natürlich kann ich im Nachhinein nicht mehr sa-
gen, ob und in welcher Gründlichkeit ich jede die-
ser 60 Seiten gelesen habe.

Wenn Sie nicht gelogen haben, sondern dies das Pro-
blem ist, dann macht mir das bei einem Verteidigungs-
minister einfach nur Angst, und deshalb sind Sie an die-
ser Stelle schlicht der Falsche.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage der Verantwortung ist eine, die Sie von An-
fang Ihrer Amtszeit an immer sehr groß im Munde ge-
führt haben – und ja, das ist eine wichtige Frage, gerade
für einen Verteidigungsminister, der vor die Soldatinnen
und Soldaten tritt, der ihnen Befehle gibt, der sie in Ein-
sätze schickt, die unglaublich risikoreich sind. Aber der
Eiertanz der letzten Monate um Verantwortung und da-
rum, wer sie trägt, Ihre erste Reaktion, bei der es eigent-
lich nur um andere ging, Ihre Aussage im Untersu-
chungsausschuss – sinngemäß: ich kann ja nicht alles
lesen; ich sage immer meinen Leuten: gebt mir weniger
Papier! –, all das hat mit Verantwortung überhaupt nichts
mehr zu tun.

Kollege Arnold zitiert immer wieder ehemalige Ver-
teidigungsminister, die völlig zu Recht gesagt haben:
Verantwortung ist nicht teilbar. – Sie verstehen diesen
Grundsatz immer nur, wenn es um andere geht. Wenn es
um Sie selbst geht, geht es nur noch um Selbstverteidi-
gung, und das werden wir nicht mehr hinnehmen. Aber
die gute Nachricht ist: In drei Wochen ist es sowieso da-
mit vorbei,


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


und dann wird es hoffentlich eine andere Situation ge-
ben, dann werden wir einen anderen Verteidigungsmi-

n
g

d
u

a
d
n
d

R
T
S

a
D
A
s
d
s
b
S

b
c
E
s
w
s
ri
d
J
n
u
te
k
m

N
b

(C (D ister oder, wenn es nach mir geht, eine andere Verteidiungsministerin haben, (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nach Ihnen geht es ja nicht!)


ie dieses Land voranbringt und sich ein bisschen mehr
m die Truppe kümmert,


(Henning Otte [CDU/CSU]: Vorher wird Frankfurt deutscher Meister!)


nstatt alle vier Wochen die Soldaten zu mobben, nach
em Motto: „Ihr habt Bore-out“, oder: „Ihr seid gierig
ach Anerkennung.“ Es ist wirklich höchste Zeit, dass
as endet. Es wird in drei Wochen enden.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Ist denn schon Karneval?)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725203500

Vielen Dank, Kollege Omid Nouripour. – Nächster

edner für die Fraktion von CDU/CSU ist unser Kollege
homas Silberhorn. Bitte schön, Kollege Thomas
ilberhorn.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1725203600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

us meiner Sicht Wichtigste zuerst: Deutschland braucht
rohnen. Die Bundeswehr braucht die Fähigkeit zur
ufklärung und Überwachung: signalerfassend, luftge-

tützt und weiträumig. Unsere Soldatinnen und Soldaten,
ie in unserem Auftrag im Auslandseinsatz unterwegs
ind und dabei Leib und Leben riskieren, brauchen den
estmöglichen Schutz. Wir werden sie dabei nicht im
tich lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Breguet Atlantic ist außer Dienst gestellt. Damit
esteht die Fähigkeitslücke im Bereich der Überwa-
hung und Aufklärung fort. Nach dem Ende des Projekts
uro Hawk wird es noch dringlicher, diese Lücke zu
chließen. Im Moment ist es doch so, dass die Bundes-
ehr ohne die Unterstützung unserer Verbündeten buch-

täblich im Dunkeln tappen würde. Strategische Nach-
chtengewinnung durch elektronische Aufklärung ist für
ie Bundeswehr im Einsatz schlichtweg unabdingbar.
edem Sicherheitspolitiker muss doch klar sein, welches
un der Handlungsauftrag ist. Streitkräfte, Verwaltung
nd Politik müssen konstruktiv darauf hinwirken, im In-
resse unserer Soldatinnen und Soldaten diese Fähig-
eitslücke zu schließen, und das so schnell wie möglich,
eine Damen und Herren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Was macht die Opposition? Ich will Ihnen sagen:
ach der Entscheidung, die Euro-Hawk-Serie nicht zu
eschaffen, wäre es Ihre Aufgabe gewesen, eine kon-





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

struktive Lösung mit zu suchen, nachdem Rot-Grün ja
dieses Projekt in Auftrag gegeben hat. Stattdessen haben
Sie die vermeintliche Chance gesucht, den Verteidi-
gungsminister zu belasten, ausgerechnet den Minister,
der Rüstungsprojekte nicht einfach hat weiterlaufen las-
sen, der Kostensteigerungen nicht einfach unbesehen in
Kauf genommen hat, sondern der hat prüfen lassen und
der bei ausufernden Kosten die Reißleine gezogen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, wir hatten deshalb auch
gar nichts gegen die Einrichtung dieses Untersuchungs-
ausschusses. Im Gegenteil. Er hat doch gezeigt, dass die
Vorwürfe der Opposition völlig haltlos gewesen sind,
und das kann vor den Augen der Öffentlichkeit hier auch
deutlich gemacht werden.

Die Entscheidung des Ministers, die Euro-Hawk-
Serie nicht zu beschaffen, war richtig. Das ist überhaupt
nicht zu bestreiten. Das bestreitet – mit Ausnahme der
Linken – auch tatsächlich niemand. Der Opposition ging
es im Wesentlichen um die Formalie, was der Minister
wann gewusst hat. Das ist längst geklärt. Das eigentliche
Problem ist aber bei Ihnen doch völlig aus dem Blick ge-
raten, nämlich diese Fähigkeitslücke bei der Signal-
aufklärung zu schließen und die grundsätzlichen
Schwierigkeiten im Beschaffungswesen und im Zulas-
sungswesen abzustellen.


(Beifall des Abg. Michael Brand [CDU/CSU])


Das verlangt nach Konsequenzen, meine Damen und
Herren. Aber da haben Sie nichts zu bieten und auch
nichts dazu gesagt. Der Bundesminister der Verteidigung
hat zu Recht die nötigen Schritte eingeleitet. Deswegen
wäre eine sachliche, konstruktive Arbeit dem Thema an-
gemessener gewesen als das Wahlkampfgetöse, das Sie
hier veranstalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, die Erwartungen der
Opposition an den Ausschuss haben sich nicht erfüllt.
Wir haben über 1 500 Akten mit weit über 100 000 Sei-
ten vorgelegt bekommen. Sie haben keine einzige neue
Information daraus hervorgebracht, keine einzige. Kei-
nen Ihrer Vorwürfe konnten Sie belegen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Im Gegenteil: Bundesminister de Maizière ist klar
entlastet. Die Ausschussarbeit hat erwiesen, dass er die
Wahrheit gesagt hat und dass er richtig gehandelt hat.
Der Minister hat umfassend ausgesagt. Er hat vollstän-
dig widerspruchsfrei ausgesagt. Das hat auch die Anhö-
rung der anderen Zeugen bestätigt. Deswegen ist der
Vorwurf der Irreführung der Öffentlichkeit und des Par-
laments schlicht ausgeräumt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr selektive Wahrnehmung!)


w
M
k
a
w

a
z
g

A
te
g

d
d
ri

E
z
d
w
E
b

5
M
E
B

D
d
S
d

D
V
v

p
in
h

(C (D Die wesentlichen Fehler – das ist schon angesprochen orden – sind weit vor der Amtsübernahme durch inister de Maizière gemacht worden. Sämtliche Risi en waren von Beginn an bekannt und sind von Beginn n, aber auch in der Folge durch Rot-Grün unterschätzt orden. (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat sie nicht wahrgenommen!)


Ich will noch einmal in Erinnerung rufen: Bei Amts-
ntritt von Minister de Maizière waren 85 Prozent der
ur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bereits ausge-
eben oder vertraglich gebunden.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wissen nicht, was das Ganze am Ende kostet! Wie können Sie solche Zahlen in die Welt setzen?)


ls die Leitung des Ministeriums über die Probleme un-
rrichtet worden ist, waren bereits 93 Prozent der Mittel
ebunden.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht ausgegeben!)


Im Ergebnis hat der Minister die richtige Entschei-
ung zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Die Entschei-
ung, die Euro-Hawk-Serie nicht zu beschaffen, war
chtig.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat aber nichts entschieden! Das haben doch die Staatssekretäre entschieden!)


s bestand offenkundig keine Chance mehr, die Muster-
ulassung für die Serie zu vertretbaren finanziellen Be-
ingungen zu erreichen. Es wäre doch nicht zu verant-
orten gewesen, Mehrkosten von bis zu 600 Millionen
uro in Kauf zu nehmen, ohne eine Gewähr dafür zu ha-
en, dass die Musterzulassung gelingt.

Wir hatten für den Erwerb der vier Seriendrohnen
15 Millionen Euro geplant. Die Mehrkosten für die
usterzulassung hätten sich auf bis zu 600 Millionen

uro belaufen, wären also höher gewesen als die für die
eschaffung der Fluggeräte selbst.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist seit drei Jahren bekannt!)


aher ist die Konsequenz klar: Eine Beschaffung um je-
en Preis darf es heute nicht mehr geben. Deswegen ist
chaden vom Steuerzahler abgewendet worden, indem
ie Serie nicht beschafft worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist doch klar. Jetzt stehen 675 Millionen Euro zur
erfügung, die für die vorgesehenen Zwecke nicht mehr
erausgabt werden.

Ebenso richtig war es, die Entwicklung des Prototy-
en zu Ende zu führen. Ihr zentraler Vorwurf – den Sie
zwischen gar nicht mehr erheben – war doch: Man

ätte früher aussteigen müssen. – Die Anhörungen ha-





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

ben ergeben, dass das Gegenteil der Fall ist: Es wäre ein
schwerer Fehler gewesen; denn dann wären alle Ent-
wicklungskosten völlig vergebens gewesen. Deswegen
war es richtig, das Aufklärungssystem zu Ende zu erpro-
ben. Es kann jetzt auf einer alternativen Plattform einge-
setzt werden.

Unsere zentrale Aufgabe muss sein, die Fähigkeitslü-
cke bei der Signalaufklärung zu schließen. Die Auswahl
einer alternativen Trägerplattform hat jetzt absolute
Priorität. Dafür werden wir Sorge tragen zum Schutz un-
serer Soldatinnen und Soldaten, die wir von diesem
Hause aus in den Auslandseinsatz schicken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725203700

Vielen Dank, Kollege Thomas Silberhorn. – Nächster

Redner für die Fraktion der Sozialdemokraten ist unser
Kollege Dr. Hans-Peter Bartels. Bitte schön, Kollege
Dr. Bartels.


(Beifall bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wer ist denn bei euch die Nummer eins und wer die Nummer zwei, Herr Bartels?)



Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1725203800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war,

ehrlich gesagt, skeptisch, ob wir so spät in der Wahlpe-
riode, nach Ende aller regulären Sitzungen, noch einen
Untersuchungsausschuss anfangen sollten, aber es hat
funktioniert. Dafür danke ich den Kolleginnen und Kol-
legen, auch der Koalitionsfraktionen, die ja selbst kriti-
sche Fragen hatten, jedenfalls wenn es nicht um den ge-
genwärtigen Minister ging.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drei Ergebnisse will ich hier festhalten, weil sie für
Parlament und Öffentlichkeit zentral sind:

Erstens. Was das Projekt Euro Hawk angeht, stelle ich
fest: Ein totes Pferd wurde viel zu lange geritten. Sie sa-
gen: Scharping ist schuld!


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Verantwortlich!)


Aber es ist doch so: Als das Pferd gesattelt wurde, waren
CDU, CSU und FDP so was von dabei. Sie haben dem
Entwicklungsvertrag doch zugestimmt. Was kritisieren
Sie denn da?


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Aber Sie doch auch! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Für ein totes Pferd kommt jedes Horn zu spät!)


Das tote Pferd hat Zeit gekostet; Zeit, in der man Alter-
nativen hätte entwickeln können und müssen, und das
hat Geld gekostet; Geld, mit dem man die Entwicklung
von Alternativen hätte vorantreiben müssen.

ti
h
h
s
s
h
u

s
n
ru
d
w
s

k
z

D
c

e
s

N
ti
n
g
e
is
d

re
Ih
d
S
ü
is
m
re
m

(C (D (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ein Holsteiner kennt sich auch mit Pferden aus!)


Drei Jahre nach dem letzten Flug einer Breguet Atlan-
c SIGINT besteht die Fähigkeitslücke, die die SIGINT
interlassen hat, fort und wird nun noch Jahre fortbeste-
en. Das ist bitter für die Bundeswehr und bitter für un-
ere Rolle im Bündnis. Durch diese Aufklärungslücke
ind zum Beispiel unsere ECR-Tornados jetzt schon na-
ezu blind. Sie könnten ihre Hauptaufgabe nicht mehr
neingeschränkt erfüllen.

Zweitens. Der Ausschuss hat gezeigt, dass es im Be-
chaffungswesen der Bundeswehr gravierendes Missma-
agement und auf der politischen Leitungsebene Füh-
ngsversagen gab. Es ist nicht gut, wenn der Inhaber

er Befehls- und Kommandogewalt den Eindruck er-
eckt, nicht er steuere den Apparat, sondern der Apparat

teuere ihn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie, Herr Minister de Maizière, haben in Ihrer bemer-
enswerten Reformrede am 16. Mai 2011 gesagt – ich
itiere –:

Die Bundeswehr ist gegenwärtig nicht zu führen,
auch nicht von mir.


(Lachen des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as mag damals richtig gewesen sein. Aber erschre-
kend ist, dass es heute immer noch stimmt.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Kommen Sie doch zu den Fakten! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Kein Beifall!)


Die Bundeswehr wird von Ihnen nicht geführt, und
in noch viel größeres Problemfeld als Ihr Drohnende-
aster ist dabei die Umsetzung der Bundeswehrreform.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie war die Stimmung unter Soldaten und Zivilbeschäf-
gten so schlecht wie heute. Sie haben kein Reformma-
agement. Sie lassen Frust und Verunsicherung und Or-
anisationschaos zu und merken nicht einmal, dass da
twas gewaltig schiefläuft. Ihr Spruch „Der Sack ist zu“
t von oben herab geredet und die falsche Antwort auf
ie Sorgen Ihrer Untergebenen.

Drittens hat der Ausschuss ergeben, dass Sie nach Ih-
r selbst auferlegten dreiwöchigen Schweigephase mit
ren Aussagen vom 5. Juni 2013 missverstanden wor-

en sind; so sagen Sie selbst. Inzwischen ist belegt, dass
ie, früher als Sie behauptet haben, mehrfach schriftlich
ber die Euro-Hawk-Probleme unterrichtet wurden. Es
t wahr: Sie können nicht alles lesen. Aber Sie könnten
it Ihren Mitarbeitern sprechen, fragen, sich interessie-
n. Sie haben allein in diesem Jahr im Bundestag drei-
al zum Thema Drohnen, Kampfdrohnen, gesprochen.


(Zuruf des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU])






Dr. Hans-Peter Bartels


(A) )


)(B)

Warum machen Sie sich vorher nicht schlau? Mit dem
Wissen Ihres Apparats hätte klar sein müssen: Das
Thema steht überhaupt nicht an, keine Realisierungs-
chance.

Was ist nun zu tun? Klar ist: Wir brauchen eine flie-
gende Lösung als Ersatz für die SIGINT-Version, und
zwar möglichst schnell.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Richtig!)


Es kann gern wieder ein bemanntes Aufklärungsflug-
zeug sein. Dabei müssen wir allerdings aufpassen, Herr
Minister, dass wir uns nicht von den Vertretern ganz be-
stimmter Industrieinteressen über den Tisch ziehen las-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Markus Grübel [CDU/CSU]: Auch richtig!)


Wer in Zukunft die Bundeswehr führt, ist drei Wo-
chen vor der Wahl keine Frage der Kabinettsumbildung
mehr, sondern eine Frage der nächsten Bundesregierung.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Weiter: Das Beschaffungswesen der Bundeswehr
braucht ganz andere Weichenstellungen als die, die in Ih-
rer Reform vorgesehen sind. Die größte Einzelbehörde
der Bundesrepublik Deutschland noch größer zu ma-
chen, kann nicht die Lösung sein. Nicht eine Superbe-
hörde noch zentralistischer aufstellen, sondern den Sach-
verstand und die Verantwortung in den technischen
Dienststellen stärken, das ist das Gebot der Stunde. Und
man sollte noch einmal nachschauen, was die Weise-
Kommission vorgeschlagen hat.

Übrigens: Nicht alles an der laufenden Reform ist
schlecht. Die neue Planungsabteilung war wahrschein-
lich eine gute Idee. Planung ist das Zauberwort; denn
was wir so schnell nicht wieder erleben wollen, ist noch
ein völlig aus dem Plan laufendes Rüstungsprojekt. Da-
für war dieser Ausschuss allemal alle Mühe wert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725203900

Vielen Dank, Kollege Dr. Hans-Peter Bartels. –

Nächster Redner für die Fraktion von CDU und CSU,
unser Kollege Henning Otte. Bitte schön, Kollege
Henning Otte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Henning Otte (CDU):
Rede ID: ID1725204000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

ren! Über 1 300 Ordner sind durchgearbeitet. 18 Zeugen
sind angehört worden. Der Untersuchungsausschuss war
vergleichsweise kurz, aber er hat äußerst sorgfältig gear-
beitet und mit großer Gründlichkeit die Vorwürfe der
Opposition ausgeräumt.

fa
W
s

u

Z

g

s
u
re
fe

e
ri
s
ö

V
v
te
n
A
s
a
z
p

O
g

(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das Pofalla-Syndrom ist ansteckend!)


Fünf Punkte sind wichtig:

Erstens. Die Ursächlichkeit der Probleme liegt im An-
ngsstadium. Herr Nouripour, Sie wissen ganz genau:
enn das Hemd unten falsch geknöpft ist, wird es oben

chwierig.


(Zuruf des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zweitens. Minister und Ministerien haben nach Recht
nd Gesetz gehandelt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Drittens. Der Herr Minister de Maizière hat zu jeder
eit die Wahrheit gesagt.


(Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Aber jedes Mal eine andere!)


Viertens. Der Minister hat zum richtigen Zeitpunkt
ehandelt. Der Bundesrechnungshof hat dies bestätigt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Fünftens. Es ist mehr als deutlich geworden: Die Ent-
cheidung von Minister de Maizière, die Neuausrichtung
nd die Reform des Beschaffungsprozesses durchzufüh-
n, war richtig. Das hat der Untersuchungsausschuss
stgestellt, und das war gut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steckt man den in eine Telefonzelle, kommt Superman raus!)


Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist
in wesentliches und vornehmes Recht im Parlamenta-
smus. Im Grunde genommen stand das Ergebnis aber
chon vorher fest. Im Verteidigungsausschuss, der nicht-
ffentlich tagt, gab es keine wesentlichen Fragen mehr.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


or der Kamera allerdings wurde Ungeheuerliches her-
orgeholt und vorgeworfen. Es war richtig, dass der Un-
rsuchungsausschuss öffentlich getagt hat. So wurde
ämlich deutlich, dass ein Herr van Aken, ein Herr
rnold und ein Herr Nouripour ausschließlich skandali-

ieren wollten. Sie wollten Spektakel. Im Verteidigungs-
usschuss waren sie lammfromm, vor der Kamera
eigten sie sich aber im Wolfspelz. Das war Wahlkampf-
opulismus, und das ist deutlich geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU], an den Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Das geht doch so nicht! Was habt ihr denn da gemacht?)


Sie sprechen mit gespaltener Zunge, Kollege Arnold.
der soll ich sagen: „Die Doppelstrategie ist aufgeflo-
en“? Rote, Grüne und Linke haben diesen Untersu-





Henning Otte


(A) )


)(B)

chungsausschuss – ich glaube, das ist historisch einmalig –
ausschließlich als Wahlkampfinstrument missbraucht.
Sie unterstellen den Beteiligten im Nachhinein, sie hät-
ten nicht wahrhaftig agiert und seien nicht gewissenhaft
gewesen.


(Beifall bei der SPD – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)


Dass Sie, meine Damen und Herren, den Menschen nicht
trauen, erfährt man in Ihrem Wahlprogramm.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleich kommt wohl auch noch der Veggie Day, was?)


– Dass Sie über Ihr eigenes Wahlprogramm lachen, zeigt
das. – Es ist deutlich geworden: Sie misstrauen den
Menschen im Allgemeinen und – das ist schlimm – den
Soldaten im Besonderen. Das werfe ich Ihnen vor.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie müssen ja echt nervös sein seit gestern Abend!)


Die Bundeswehr ist bei ihren Auslandseinsätzen stark
gefordert. Den Soldatinnen und Soldaten und den zivilen
Mitarbeitern wird viel abverlangt. Trotzdem: Die Neu-
ausrichtung der Bundeswehr ist richtig, und sie bleibt
weiterhin notwendig.


(Rainer Arnold [SPD]: Oh ja! Und sehr populär!)


Sie aber belasten in dieser Zeit durch viele Anfragen und
Anträge auf Akteneinsicht den gesamten Apparat.


(Rainer Arnold [SPD]: Das ist ja unerhört, was wir da machen! – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt ja wirklich das Allerletzte! Wie können Sie nur so etwas behaupten?)


Ich kann Ihnen nur sagen: Ihr Misstrauen gegenüber den
Menschen – das ist hier wieder einmal deutlich gewor-
den; Herr Arnold, ich höre Ihre Worte – ist nicht nur un-
freundlich und unkollegial, sondern – ich sage es einmal
so – in Teilen auch schon unverschämt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Rainer Arnold [SPD]: Welche Worte? Ich habe dazu doch gar nichts gesagt!)


Meine Damen und Herren, die Opposition muss und
soll die Regierung kontrollieren. Aber das muss sie ver-
antwortungsvoll tun. Ich habe den Eindruck – davon bin
ich sogar fest überzeugt –, dass Sie dieser Aufgabe nicht
nachgekommen sind.

Jetzt, Herr Nouripour, zu gestern Abend.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, gerne!)


Seit gestern Abend bin ich stark irritiert.

Ic
v
w

S
te

D
im
E

s
L

Ic
s
ta
S
z
A

N
s
g
D
n

D
s
a
S
k
z

(C (D (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst seit gestern?)


h hörte nämlich, was der Spitzenkandidat der unheil-
ollen Dreierverbindung, die Sie offensichtlich eingehen
ollen, sagte.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit Ihrer Dreierverbindung mit der CSU?)


ie waren diejenigen, die unsere Soldatinnen und Solda-
n im Jahr 2001 in den Einsatz entsandt haben.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das haben wir gemeinsam gemacht! Das haben wir gemeinsam beschlossen!)


en Menschen, die sich damals verdient gemacht haben,
Nachhinein die Pension kürzen zu wollen, ist meines

rachtens unverschämt, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn gestern Abend im Fernsehen gesehen?)


Ein weiterer Punkt. Es gab in diesem Land leider An-
chläge auf Einrichtungen der Bundeswehr, die von
inksextremisten verübt worden sind.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das gilt auch für die Polizei! Die ist auch davon betroffen!)


h hätte mir gewünscht, dass Sie sich von diesen An-
chlägen aus dem linksextremistischen Bereich klar dis-
nziert hätten. Noch mehr hätte ich mir gewünscht, dass
ie eine Koalition mit Personen, die so etwas unterstüt-
en, ganz klar ausschließen. Das haben wir auch gestern
bend eindeutig vermisst.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen erst mal eine Koalition mit Seehofer ausschließen!)


Was bleibt von diesem Untersuchungsausschuss? Die
euausrichtung der Bundeswehr ist richtig. Der Be-

chaffungsprozess – das ist von Herrn de Maizière fest-
estellt und entschieden worden – ist zu reformieren.
ie integrierten Projektteams haben ihre Arbeit aufge-
ommen.


(Rainer Arnold [SPD]: Und was ist mit den Soldaten?)


ie Fähigkeitslücke, lieber Herr Arnold, muss geschlos-
en werden. Dieses Thema muss auch der Verteidigungs-
usschuss sofort aufgreifen. Unsere Soldatinnen und
oldaten brauchen diese Aufklärungsmittel, um eine
lare Informationslage und eine klare Lagebeurteilung
u bekommen. Das ist Teil einer Lebensversicherung.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben sie aber nicht!)






Henning Otte


(A) (C)


)(B)


Ich mache Ihnen den Vorwurf: Diese wollen Sie unseren
Soldaten vorenthalten. Das ist schäbig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir wollen sie nicht ins Ausland schicken! – Jan van Aken [DIE LINKE]: Wir wollen sie nach Hause holen! Das ist viel sicherer für die!)


Meine Damen und Herren, die Sicherheit unseres
Landes ist gewährleistet, weil wir verdiente Soldatinnen
und Soldaten und verdiente zivile Mitarbeiter haben, die
für unser Land einstehen. Auch wir, die Union, stehen
für die Sicherheit unseres Landes ein. Wir haben das
Wohl der Menschen im Blick, und wir vertrauen den
Menschen. Ja, wir trauen ihnen auch etwas zu. Sie aller-
dings haben offensichtlich ein gespaltenes Verhältnis zur
Sicherheit.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wieso das denn? Wir wollten doch nur Akteneinsicht! Das ist ja wirklich ganz schlimm für ein Parlament!)


Wer Jugendoffiziere nicht mehr in die Schulen lassen
will, der will die Sicherheit in unserem Land reduzieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen ist es gut, dass CDU, CSU und FDP regie-
ren. Wir stehen für die Bundeswehr ein, wir lassen sie
nicht zum Spielball von Wahlkämpfen werden. Für uns

chungsausschuss deutlich geworden. Vor allem werden
wir, was notwendig ist, die erfolgreiche Arbeit weiter-
führen – und das mit unserem Minister Dr. Thomas
de Maizière; darauf freuen wir uns.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Rainer Arnold [SPD]: Fähigkeitslücke!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1725204100

Kollege Henning Otte war der letzte Redner in unse-

rer Debatte, die ich damit auch schließe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des Verteidi-
gungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss auf
Drucksache 17/14650. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung, den Bericht des Verteidigungs-
ausschusses als 2. Untersuchungsausschuss zur Kenntnis
zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Das sind alle Fraktionen dieses Hauses. Vorsichtshalber
die Gegenprobe! – Keine. Enthaltungen? – Keine. Die
Beschlussempfehlung ist angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Schluss
unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Dienstag, den 3. September 2013,
9 Uhr, ein.
steht die Bundeswehr, stehen die Streitkräfte im Mittel-
punkt des Geschehens. Wir, meine Damen und Herren,
sind die Partei der Bundeswehr; auch das ist im Untersu-
(D

Die Sitzung ist geschlossen.