Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 213. Sitzung des Deutschen Bundestags. Ich bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dirscherl und Frau Thiele.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 16. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 254 der Fraktion der SPD betreffend Fall Kemritz durch die Übersendung eines von der Bundesregierung beschlossenen Memorandums über den Fall Kemritz beantwortet. Schreiben und Memorandum werden als Drucksache Nr. 3379 vervielfältigt.
Der Herr Präsident der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein hat unter dem 14. Mai 1952 auf Anweisung des Herrn Bundesministers der Finanzen unter Bezugnahme auf den Beschluß in der 203. Sitzung des Deutschen Bundestages vorgelegt:
1. die Eröffnungsbilanz zum 1. April 1950 der mit Wirkung vom 1. April 1950 errichteten Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol,
2. die auf dieser Eröffnungsbilanz aufgebaute, auf das Rumpfbetriebsjahr vom 1. April 1950 bis 30. September 1950 beschränkte „Bilanz zum 30. September 1950" nebst Gewinn- und Verlustrechnung,
3. den „Geschäftsbericht der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfbetriebsjahr 1949/50 vom 1. April 1950 bis 30. September 1950" - Nr. 2682 der Drucksachen - in geänderter Fassung.
Die Vorlagen werden als Drucksache Nr. 3381 vervielfältigt werden.
Meine Damen und Herren, ich darf dem Herrn Abgeordneten Tichi, der immer noch wegen Krankheit abwesend ist, Glückwünsche zu seinem 71. Geburtstag heute aussprechen.
Weiterhin habe ich zur heutigen Tagesordnung darauf hinzuweisen, daß die Fraktion der SPD zwei Anträge, Drucksachen Nrn. 3363 und 3364, eingebracht hat, die Ihnen verteilt worden sind. Es ist eine Verständigung darüber herbeigeführt worden, wenn ich recht unterrichtet bin, daß diese Punkte auf die heutige Tagesordnung gesetzt werden sollen. Ich darf annehmen, daß Einspruch dagegen nicht erhoben wird. - Das ist der Fall. Ich darf diese Anträge vielleicht zu einem etwas späteren Zeitpunkt in die Tagesordnung einschieben und die Beratung des Lastenausgleichsgesetzes dann kurz unterbrechen, wenn Sie einverstanden sind.
Dann hat Herr Abgeordneter Renner gegen die in der 211. Sitzung gegen ihn getroffenen Ordnungsmaßnahmen Einspruch erhoben. Der Einspruch ist als Umdruck Nr. 559 verteilt worden. Darf ich fragen, ob er bereits überall verteilt ist?
- Es muß heute darüber entschieden werden. - Ich darf diesen Punkt zunächst einmal auf die Tagesordnung setzen und anheimgeben, sich im Laufe der Sitzung darüber zu verständigen, wann er verhandelt werden soll.
Ich weise darauf hin, daß die Fraktion der FU ihren Antrag betreffend Generalvertrag und Zusatzverträge, Drucksache Nr. 3365, auf Grund der Rücksprache des Fraktionsvorstandes mit dem Herrn Bundeskanzler zurückgezogen hat.
Dann treten wir in die Tagesordnung ein. Punkt 1:
- Umdruck Nr. 517 ist erledigt.
Weiter liegt vor ein Änderungsantrag von Herrn Abgeordneten Dr. Reismann und Genossen auf Umdruck Nr. 543 Ziffer 3. - Offenbar wird eine Begründung nicht gewünscht.
- Darf ich unterstellen, daß der Antrag ebenfalls erledigt ist?
- Von der Fraktion wird eine Erklärung dahin abgegeben. Der Antrag ist also auch erledigt.
Dann der Antrag der Fraktion der SPD zu § 269 auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 12. Herr Abgeordneter Ohlig zur Begründung, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich zu dem § 269 noch einige Ausführungen machen muß. In der zweiten Lesung ist von allen Diskussionsrednern nicht bestritten worden, daß dieser Paragraph einer der wichtigsten ist. Deshalb war vorauszusehen, daß auch wir in der dritten Lesung unseren Änderungsantrag erneut einbringen würden.
Bei der Begründung in der dritten Lesung möchte ich mich auf wenige wichtige Gesichtspunkte beschränken. Durch die Beseitigung der Höchstbegrenzung und durch die prozentualen Zuschläge zu den Grundbeträgen wird eine sogenannte individuelle Spitze-Feststellung unvermeidlich. Das bedingt eine ungeheure Steigerung der Verwaltungskosten und eine Verlangsamung in der Durchführung des Gesetzes. Auch das ist in der zweiten Lesung von keinem Diskussionsredner bestritten worden. Ich will es hier offenlassen, ob die Mehrausgaben für die Verwaltung 2C0 oder 300 Millionen DM betragen. Sicher ist, daß die Verwaltungskosten steigen werden. Dabei ist für uns als sozialdemokratische Fraktion etwas peinlich, daß sich gestern der Herr Bundesfinanzminister bei der Beratung des Teuerungszulagengesetzes zu dem Lastenausgleich verpflichtet fühlte, darauf hinzuweisen, daß der ordentliche Etat 4C0 Millionen DM und der außerordentliche Etat
800 Millionen DM Defizit aufweisen, daß er aber heute bei diesem wichtigen Punkt, bei dem es sich um die Möglichkeit von Einsparungen handelt, schweigt und daß er in der ganzen Beratung der zweiten und dritten Lesung — gegen seine eigene bessere Einsicht — keinerlei Ausführungen gemacht hat.
Wir bedauern eine solche Haltung, weil wir einfach
vermuten müssen, daß aus diesen individuellen
Feststellungen und der Absicht der Regierungskoalition auf quotale Entschädigung der Bundesfinanzminister einfach verpflichtet worden ist,
gegen seine eigene bessere Einsicht zu schweigen.
Das Entscheidende ist, daß diese Mehrausgaben für die Verwaltung im großen und ganzen nur für 52 000 Personen gemacht werden müssen.
Sie begründen Ihre Haltung mit den Rechtsgrundsätzen zum Schutz des Privateigentums und der Gleichheit aller Staatsbürger. Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Für 60 % aller Geschädigten — auch das ist von keinem Diskussionsredner bestritten worden — besteht die einzige Entschädigung in der Hausrathilfe. Der verlorene Hausrat war für diese 60 % ihr Privateigentum. Für diese Gruppe ist mit guten Gründen eine Höchstbegrenzung und auch eine Pauschalentschädigung festgesetzt worden. Wir bleiben deshalb nur konsequent, wenn wir diese Pauschalierung auch für die reine Vermögensentschädigung fordern.
Sie aber durchbrechen dieses Prinzip zugunsten einer kleinen Schicht von 52 000 Personen.
Ich habe schon erwähnt, Sie begründen diese Haltung mit juristischen Begriffen. In der Präambel dieses Gesetzes steht aber - drin, daß dieses Gesetz auf den Grundlagen der sozialen Gerechtigkeit und nicht auf Rechtsprinzipien zum Schutz des Privateigentums, die aus dem römischen Recht hergeleitet worden sind, aufgebaut werden soll.
Wir müssen deshalb an den Schadensgruppen festhalten, und dabei betonen wir noch einmal, daß wir nicht gegen eine Hauptentschädigung sind, sondern nur für eine Begrenzung der Schadenshöhe auf 150 000 Mark.
Ich kann es mir nicht verkneifen, auch ein Wort zu dem Herrn Kollegen K a t h e r zu sagen. Er hat gestern ja seine Schwenkung begründet und in seinen Ausführungen immer argumentiert, daß die quotale Entschädigung in Massenversammlungen der Geschädigten diskutiert worden sei und daß er in diesen Massenversammlungen Zustimmung erhalten habe. In Dutzenden von Versammlungen, die ich abgehalten habe, hat sich bis jetzt nur ein einziger gemeldet, der einen Schaden von über 150 000 Mark erlitten hat.
Vielleicht hatte er sich im Redner geirrt und sich zufällig in meine Versammlung verlaufen; das ist möglich. Ich möchte aber betonen, daß diese 52 000 Personen, die Sie im § 269 begünstigen, doch alle ihre gesellschaftlichen Beziehungen von früher längst ausgenutzt haben und zum allergrößten Teil bereits wieder eingegliedert sind.
Ich bezweifle auch, daß diese Anträge in solchen Massenversammlungen vom Herrn Kollegen Kather diskutiert worden sind. Ich vermute vielmehr — und wir haben in den letzten zwei Tagen ein beredtes Beispiel dafür erlebt —, daß diese Anträge, zu denen er sich schuldig bekannt hat, in Besprechungen von kleinen Interessentengruppen „ausgekathert" worden sind.
Wir haben die Vermutung, und der Verlauf der letzten zwei Tage spricht mehr für uns als für Sie, die Sie das nicht bestreiten können.
Ferner ist bemängelt worden, daß wir hinter den Schadensgruppen keine Grundbeträge genannt hätten; die Geschädigten seien daran interessiert, zu erfahren, was sie eigentlich bekämen. Das ist nur dem Anschein nach richtig. Es fehlt zur Zeit noch jede Ubersicht über die Einnahmen und über den notwendigen Bedarf. Ich möchte Ihnen einige praktische Beispiele hier mitteilen, die Sie selber alle nachrechnen und überprüfen können. Sie machen in Ihrer Tabelle zu § 269 aus den ersten vier Schadensgruppen nur drei, und dabei stellen Sie die ersten beiden Schadensgruppen in der Entschädigung wesentlich schlechter als der Regierungsentwurf. Der Regierungsentwurf sah für die erste Schadensgruppe von 501 bis 1000 RM, also für die sogenannten Bagateilschäden, eine Entschädigung von 1000 DM vor, und Sie geben nach Ihrem quotalen Prinzip einem Geschädigten mit 1000 RM Verlust ganze 375 Mark.
— Wieso? Weil Sie von 501 bis 1800 RM nur 75 % von den ersten 500 Mark geben, das sind 375 Mark.
— Herr Kollege Schütz, ich kann noch sehr gut rechnen, und Sie können das selber nachprüfen. Bei einem Schaden von 1000 Mark geben Sie 75 % zwischen 501 und 1000 Mark, das sind 375 Mark. Sie stellen also den Geschädigten in der ersten Gruppe um 625 Mark schlechter als der Regierungsentwurf. In der zweiten Gruppe stellen Sie den Geschädigten bei einem Verlust von 2000 RM um 205 Mark schlechter, und Sie haben in allen übrigen Gruppen zumindest bei den ersten Anfangsbeträgen der Grundbeträge viel geringere Summen eingesetzt, als sie der Regierungsentwurf geben wollte.
Interessant ist, daß nach Ihrer quotalen Tabelle eine ständige Aufbesserung erst bei einem Vermögen ab 20 000 Mark erfolgt. Damit ist ganz deutlich geworden, daß Sie die quotale Entschädigung zugunsten der größeren Vermögen auf Kosten der kleineren vorgenommen haben.
Das kann nicht bestritten werden.
— Herr Kollege Nöll von der Nahmer, ich kann mich mit Ihnen in der höheren Mathematik nicht herumstreiten, weil Sie den doppelten Doktor haben und ich nur Volksschulmann bin, aber rechnen kann ich noch.
Sie können das ja jederzeit nachprüfen. Das Argument von der Gleichheit aller Staatsbürger beginnt für Sie erst bei den höheren Vermögensgruppen interessant zu werden.
Nun hat vorgestern der Kollege Kunz e in seiner Antwort auf die Erklärung unseres Kollegen Ollenhauer bedauert, daß in dieser Erklärung ein klassenkämpferischer Geist zu spüren sei.
— Ja, immer langsam. Nun, Herr Kollege Kunze, Sie haben im Unkeler Kreis entscheidend mitgearbeitet, und auch der Unkeler Kreis hat eine Schadenshöchstbegrenzung von 150 000 Mark in seinen Richtlinien vorgesehen. Er hat sich also des gleichen klassenkämpferischen Fehltritts, nämlich an der Vernichtung und Zerstörung großer Vermögen, schuldig gemacht. Wenn Ihnen heute, Herr Kollege Kunze, Ihr Sündenfall von damals
leid tut, dann kann ich Ihnen dafür keine Absolution erteilen.
Aber, wer weiß, vielleicht bekommen Sie diese Absolution von jenen 52 000 Personen, die Sie begünstigt haben.
Wenn Sie deshalb das Eintreten für die kleinen Leute mit „klassenkämpferischer Gesinnung" abzutun pflegen, dann müssen wir sagen, daß das Eintreten für den Schutz der großen Vermögen eine Begünstigung klassenegoistischer Besitzinteressen ist.
Wir haben für unseren Antrag namentliche Abstimmung beantragt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dr. Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich bedauere zunächst lebhaft, daß bei dieser Erörterung das Wort vom Klassenkampf gefallen ist.
— Meine Herren, denken wir doch noch einmal an die Zeiten zurück, als die Flieger über unsere Heimat flogen! Da ist auch nicht gefragt worden, ob das Haus des Millionärs, das Haus des kleinen Bürgers oder das Haus des ganz Armen getroffen wurde.
Dieses Gesetz ist kein Gesetz des Klassenkampfes. Wenn man die Entschädigungszahlungen nach § 269 ruhig und objektiv prüft — und das habe ich eben, durch meine Zwischenrufe, den von mir sehr geschätzten Kollegen Ohlig doch zu tun gebeten! —, dann ist eines nicht zu leugnen: Die Entschädigungen fangen an bei den kleinen Vermögen mit 75 v. H. Die Entschädigungen liegen also höher, als den Abgabepflichtigen nach Abzug der Vermögensabgabe von 50 v. H. verbleibt. Bei Vermögen von über 50 000 sinkt die Entschädigung bereits auf 8 %. Es geht wirklich nicht an, bei § 269 von „Millionenentschädigungen" usw. zu sprechen.
Wie sieht's denn aus? Bei einem so seltenen hohen Einzelvermögen von 2 Millionen werden sage und schreibe noch 84 335 DM gezahlt, meine Herren, in D-Mark, die etwas ganz anderes darstellt als die R-Mark noch 1938. Man muß die Dinge einmal ganz real und nüchtern sehen!
Aber ich wundere mich, daß Herr Kollege Ohlig nicht auf unseren Koalitionsantrag zu § 278 eingegangen ist. Wenn Sie sich diesen Antrag ansehen, dann stellen Sie fest, daß wir den gegebenen finanziellen Verhältnissen durchaus Rechnung tragen werden; denn wir beantragen ja selbst, die Höhe der Aufbaudarlehen auf 50 000 DM zu begrenzen. Wir müssen uns doch auch einmal Sinn und Zweck der Entschädigung klarmachen! Wir wollen mit ihr wieder die Möglichkeit geben, daß der Aufbauwillige ein gewisses Eigenvermögen bekommt, mit dem er auch etwas anfangen kann. Jeder, der die Verhältnisse in den letzten Jahren kritisch geprüft hat, wird mit uns darin übereinstimmen, daß Beträge von 50 000, 60 000 und 70 000 DM gerade für mittlere und größere Betriebe nötig sind, um ihnen eine gewisse finanzielle Grundlage zu geben. Es ist kein Geheimnis, daß die Aufbaukredite, die bis jetzt zur Verfügung gestellt wurden und nicht Eigenmittel waren, meistens für die erstrebten Zwecke nicht ausreichten und die Betriebe mit diesen unzureichenden Mitteln nicht richtig zur Entwicklung kommen konnten. Berücksichtigt man alle diese Zusammenhänge, dann kann man wirklich nicht von irgendwelchen klassenkämpferischen Tendenzen im Zusammenhang mit § 269 sprechen.
Es ist auch nicht so, wie Kollege Ohlig gesagt hat, daß wir hier, wo es um prinzipielle Fragen des Eigentums geht, auf römisch-rechtliche Vorstellungen zurückgreifen müßten. Nein, meine Damen und Herren. Ich darf noch einmal unterstreichen, was Herr Kollege Kather bei der zweiten Lesung wirkungsvoll und überzeugend dargelegt hat. Wir können nicht auf der einen Seite die Vermögen und Einkommen mit höchsten progessiven Sätzen rücksichtslos besteuern, auf der anderen Seite aber, wenn es um eine Entschädigung geht, sagen: Das, was über eine untere Grenze hinausgeht, findet bei der Entschädigung keine Berücksichtigung mehr! Wir sind uns, meine Damen und Herren von der Linken, ganz klar über die Konsequenzen, die es haben würde, wenn man, wie Sie wollen, bei 150 000 DM einfach einen Schlußstrich ziehen würde. Dann kommt unweigerlich in absehbarer Zeit die Schlußfolgerung, die wir auf Grund unserer ganzen Einstellung nicht mitmachen können, daß jedes Vermögen über 150 000 DM — ich möchte mal sagen —: sozusagen schutzlos ist.
Wir sind durchaus bereit, den finanziellen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Das zeigt der einmütig von allen drei Koalitionsparteien gestellte Antrag zu § 278. Wir sind durchaus bereit, vernünftigen Erwägungen und Notwendigkeiten zu entsprechen. Wir wehren uns aber ganz entschieden dagegen, daß uns hier, wo es um das Schicksal und die Möglichkeit des Aufbaues einer Existenz von Millionen Menschen geht, ohne jeden Grund klassenkämpferische Tendenzen vorgeworfen werden. Wir jedenfalls sind keine Klassenkämpfer. Wir sind der Ansicht, daß es hier darum geht — --
— Nein, das bin ich jedenfalls nicht, und meine Freunde sind es auch nicht. Den Klassenkampf lehnen wir ab. Ein Gesetz, bei dem es darum geht, Not und Elend zu mildern, das ohne Rücksicht auf
Stand und Konfession unser Volk getroffen hat, kann nicht mit solchen Ideen und Tendenzen verabschiedet werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller.
Meine Damen und Herren! Alle Versuche, den unsozialen Charakter dieses Gesetzes zu bestreiten, wie es auch jetzt wieder Kollege Nöll von der Nahmer versucht hat, scheltern an den harten Tatsachen. Ich möchte die Kritik, die meine Fraktion insbesondere auch im Zusammenhang mit dem § 269 bereits in der zweiten Lesung zum Ausdruck gebracht hat, in den entscheidenden Punkten noch einmal zusammenfassen.
Wir waren bei der Frage der Aufbringung der Mittel für den Lastenausgleich von der Voraussetzung ausgegangen, daß es darauf ankommt, alles zu erfassen und insbesondere die Kriegs- und Währungsgewinnler in die Verpflichtung zur Abgabe einzubeziehen, um dadurch einen Fonds zu schaffen, mit dem man imstande ist, die minimalen Forderungen der Geschädigten zu erfüllen.
Meine Damen und Herren! Sie haben sich in Ihren gestrigen Entscheidungen, wie Sie es bereits in der zweiten Lesung getan haben, absolut schützend vor den Großbesitz, vor die Kriegs- und Währungsgewinnler gestellt. Sie haben verhindert, daß dem Lastenausgleichsfonds die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind, um in der Verpflichtung gegenüber den Anspruchsberechtigten das Erforderliche bereitzustellen. So, wie Sie sich bei der Frage der Aufbringung vor diesen kleineren Kreis der Reichen gestellt haben, tun Sie es auch in Zusammenhang mit dem § 269, der einen wichtigen Teil der Forderungen enthält, die von den Anspruchsberechtigten, den Geschädigten gegenüber dem Gesetz gestellt werden.
Ich möchte noch einmal herausstellen: Sie haben erstens alle Schadensbeträge bis zu 500 RM aus dem Gesetz herausgenommen. Ein sehr großer Teil der kleinen Leute wird also überhaupt keine Hauptentschädigung erhalten. Sie haben zweitens eine Staffelung durchgeführt, die Ihrem Prinzip entspricht, den Kleinen möglichst wenig zu geben und dafür den Großen um so mehr zuzuschanzen.
Vorhin ist bereits an einigen Tatsachen die Verschlechterung gegenüber dem Regierungsentwurf, der sowieso absolut unbefriedigend ist, aufgezeigt worden. Ich möchte diese Gegenüberstellung an einigen Zahlen noch einmal deutlich machen. Geschädigte mit einem Schadensbetrag von 5000 RM erhalten einen Grundbetrag in Höhe von 2535 DM anerkannt. Bei einem Schaden von 20 000 RM ist der Grundbetrag der Hauptentschädigung 6035 DM, und bei einem Schadensbetrag von 1 000 000 RM wird ein Grundbetrag von 54 335 DM anerkannt. Das ist also die Bestätigung dafür, daß das Prinzip, den Reichen zu geben, durch Ihre Entscheidung in diesem Paragraphen absolut aufrechterhalten worden ist.
Meine Damen und Herren, Sie sprechen doch immer von einem sozialen Lastenausgleich.
— Ich freue mich darüber, daß die Herren von
dieser Seite einen sozialen Lastenausgleich ablehnen. Es bedurfte nicht erst dieser
Bestätigung; denn Sie haben es in Ihren Beschlüssen ja bereits eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren, Sie kennen keine Begrenzung nach oben. Wir hatten in unserm Antrag zur zweiten Lesung gefordert, daß alle Schäden bis zu einem Betrage von 20 000 RM voll anerkannt und voll entschädigt werden. Wir hatten weiter gefordert, daß darüber hinaus eine Staffelung bis zu 120 000 RM erfolgt und alle Ansprüche über 120 000 RM hinaus abgelehnt werden. Das hätte im Interesse der Geschädigten gelegen. Sie wollen das nicht. Sie haben die Festsetzung der Schäden in unbegrenzter Höhe zugelassen und damit — ich möchte die in zweiter Lesung genannten Zahlen heute noch einmal unterstreichen — einer kleinen Gruppe von 52 000 Menschen einen Betrag von annähernd einer Milliarde DM einschließlich der Zinsen zugeschanzt. Das ist ein Schlag in das Gesicht der Masse der Geschädigten.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine Bemerkung zu der nicht uninteressanten, aber erwarteten Haltung des Abgeordneten Dr. Kather machen. Welches war eigentlich die Rolle, die Herr Dr. Kather spielen sollte und gespielt hat?
Seine Rolle bestand darin, die Unzufriedenheit und die Mißstimmung, ja die Empörung der Geschädigten aufzufangen und abzuleiten, um sie im gegebenen Zeitpunkt nachher in die Politik der Regierung selbst einzuschalten,
eine Rolle, die wir in der Vergangenheit schon oft erlebt haben und die Herr Dr. Kather also hier zu spielen versucht hat. Dieses Spiel, Herr Dr. Kather, ist Ihnen mit Ihrer Erklärung, mit Ihrem Umfall gestern nicht gelungen. Nicht nur Katzen sollen bekanntlich immer wieder auf die Beine fallen, sondern demnach auch Kather.
Herr Abgeordneter Müller, darf ich Sie einmal unterbrochen. Ich halte es für geschmacklos und unparlamentarisch, mit dem Namen eines Abgeordneten eine politische Polemik zu verbinden.
Meine Damen und Herren, dieser Umfall entspricht dieser Aufgabe, dieser Rolle. Nachdem Herr Dr. Kather hat feststellen können, daß insbesondere die Ansprüche derjenigen Gruppe der Geschädigten, zu der er sich selbst rechnet, die Gruppe also der großen Vermögen — und Herr Dr. Kather hat seinen entsprechenden Anteil ja rechtzeitig genug, noch während des Krieges, nach dem Westen verlagern können —,
im Gesetz völlig anerkannt worden sind, hat er diesen Umfall vollzogen und ist er in die Politik der Regierungskoalition eingeschwenkt. Das lag von vornherein in seiner Absicht.
Ich glaube, es war notwendig, eine solche Feststellung zu treffen und insbesondere den Geschädigten gegenüber die besondere Rolle des Abgeordneten Dr. Kather noch einmal sichtbar werden zu lassen.
Ich möchte nun noch auf Abs. 2 des § 269 zu sprechen kommen. Darin wird festgelegt, daß, sobald hinreichende Unterlagen über die Höhe der verfügbaren Mittel und über den Umfang der zu berücksichtigenden Schäden vorliegen, spätestens bis zum 31. März 1957, bestimmt werden soll, ob und in welchem Umfang die Grundbeträge erhöht werden. Die Musik zu dieser Bestimmung hat Finanzminister Schäffer gestern gemacht. Ich habe bereits gestern Gelegenheit genommen, klarzustellen, welche Bedeutung dem Eingreifen
des Finanzministers Schäffer zukommt. Ich
möchte es heute noch einmal unterstreichen. Herr Schäffer hat gestern mit seiner Erklärung nicht mehr und nicht weniger getan als angekündigt, daß ausschließlich nach den Gesichtspunkten — wie er formuliert — seines Haushalts und der Haushaltslage in Erwägung gezogen werden soll, ob überhaupt und dann in welchem Umfang Mittel für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden sollen und können. Er spielte mit einem Defizit von 1,4 Milliarden DM. Ich habe gestern darauf hingewiesen und möchte es heute wiederholen: die Möglichkeit, die erforderlichen Milliarden für den Lastenausgleich zur Verfügung zu stellen, auch aus den Mitteln des Etats, sind absolut gegeben. Herr Schäffer und Herr Dr. Adenauer brauchten nur die Milliarden für die Aufrüstung
dem Lastenausgleich zur Verfügung zu stellen.
-- Sie schreien auf, meine Damen und Herren, ich verstehe das absolut; denn das ist die wundeste Stelle, an der Sie getroffen werden können,
weil nämlich hier Ihr Gesicht so eindeutig und brutal gegenüber unserem Volke sichtbar wird und offenbar wird, daß Sie bereit sind, für diese Remilitarisierung, für die Aufrüstung die Milliarden und aber Milliarden aus unserm Volk herauszuholen,
den Geschädigten aber nicht die erforderlichen Mittel geben wollen.
Ich glaube, daß die Ankündigung des Finanzministers Schäffer in Zusammenhang mit Abs. 2 dieses Paragraphen nichts anderes bedeutet, als daß am 31. März 1957 festgestellt wird — es wird wahrscheinlich schon viel früher sein —, daß die erforderlichen Mittel für diesen § 269, d. h. für die Hauptentschädigung nicht zur Verfügung stehen werden.
— Der Leiter des Ausgleichsamts, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, entscheidet in eigener Zuständigkeit über die Anträge. In diesem Paragraphen ist festgelegt worden, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, daß der Leiter des Ausgleichsamts mit der Begründung, es seien keine Mittel verfügbar, diese Anträge ablehnen kann. Ich glaube also, Sie haben schon den richtigen Dreh gefunden, um
auf der einen Seite den Anschein zu erwecken, als ob Sie etwas geben wollten, und auf der andern Seite alle Sicherungen zu schaffen, daß Sie nichts zu geben brauchen.
Das ist also das wirkliche Gesicht. Der § 269, der die Frage der Hauptentschädigung behandelt, ist j a nur ein Teil dessen, worauf von den Geschädigten auf Grund der erlittenen Verluste Anspruch erhoben wird. Wir werden über andere Fragen später noch zu sprechen haben.
Unsere Anträge auf Begrenzung der Entschädigung wurden in der zweiten Lesung abgelehnt..
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion machen. Ich bin damit einverstanden — ich habe es bereits in der zweiten Lesung gesagt, als der Antrag zur Debatte stand —, weil der Antrag in der Frage der Schadensgruppen eine engere Festlegung der Grenzen vorsieht, also ein Fortschritt gegenüber der Ausschußvorlage ist. Ich möchte allerdings zu einer Frage noch eine Bemerkung machen, nämlich zu der Schadensgruppe XV. Wir haben vorhin von dem Kollegen Ohlig gehört, daß nach der Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion die Höchstgrenze der Schadensfestlegung bei 150 000 Mark liegen soll. Es wäre zweckmäßiger gewesen, wenn im Hinblick auf die Frage der Aufbringung der Mittel in dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auch die Festsetzung der Grundbeträge erfolgt wäre, weil sich daraus bestimmte Konsequenzen im Kampf um die Aufbringung der Mittel ergeben müssen. Das ist nicht geschehen. Der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion verlegt die Festsetzung der Höhe der zu gewährenden Entschädigungen auf ein Gesetz, das erlassen werden soll, nachdem die Unterlagen über die verfügbaren Mittel zur Verfügung stehen. Ich sagte schon, wir würden es für zweckmäßiger halten, wenn diese Frage, so wie wir es in unserm Antrag getan haben, mit hineingearbeitet worden wäre. Aber wir werden, nachdem die sozialdemokratische Fraktion die Festsetzung der Schadensregelung auf 150 000 Mark begrenzt, diesem Antrag unsere Zustimmung geben.
Ich möchte abschließend folgendes bemerken. Die Geschädigten werden sich auch durch das Manöver, das gestern hier in Szene gesetzt worden ist und nur in leeren Versprechungen besteht — wir werden dazu heute noch einiges zu sagen haben —, nicht irreführen lassen. Sie erkennen draußen dieses Gesetz, soweit es sich auch um die Forderungen im Zusammenhang mit der Frage der Schadensfeststellung und des Grundbetrags handelt, als das, was es ist, daß man seitens der Regierung und der sie unterstützenden Parteien — im Interesse der Politik, die Dr. Adenauer jetzt mit dem Generalvertrag sanktionieren und in deren Zug er die Mittel für die Aufrüstung zur Verfügung stellen will — gar nicht daran denkt, den Geschädigten irgendwie ernsthaft zu helfen. Daraus werden diese ihre Schlußfolgerungen ziehen. Diese Schlußfolgerung kann nur sein — und die Forderung wird bereits gestellt —, gemeinsam den Kampf gegen die Regierung Adenauer und gegen den Generalvertrag zu führen. Dann nämlich wird auch die Frage des Lastenausgleichs einer positiven Regelung entgegengeführt werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Ehren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Müller
— hier links! — erkennt diese Demokratie nicht an. Aber ich glaube, eines wird er doch anerkennen: daß er nämlich hier in unserem Lande die Gelegenheit hat, so viel zu schimpfen und zu schwadronieren, als es ihm einfällt.
Umgekehrt, dort drüben darf niemand das sagen, was er für richtig hält,
dann kommt er in die Konzentrationslager!
Das wüste Geschimpfe und die wüsten Ausfälle gegen Herrn Dr. Kather sind uns der Beweis dafür, daß die Entscheidung Herrn Dr. Kathers nicht die schlechteste war.
Ernster nehme ich die Ausführungen des Herrn Kollegen O h 1 i g.
Er meint auch, Herr K a t h e r sei umgefallen. Herr
Kollege Ohlig, Sie sind mit dem Gesetz nicht
hundertprozentig einverstanden. Das akzeptiere ich.
Wenn ich nun sagte: „Sie sind schuld daran, daß
es nicht besser wird!", würden Sie sagen: „Wie
kommen Sie zu einer solchen Unterstellung? Ich
habe das Beste getan; leider war eine Mehrheit
gegen meine Auffassung". — Wollen wir das
Gleiche nicht auch Herrn Kather konzedieren und
wollen wir nicht auch annehmen, daß er unter den
gesamten Verhältnissen hier im Hause ebenfalls
das Beste für die Ostvertriebenen herausgeholt hat?
.
Das ist zum mindesten die Auffassung weiter Kreise der Ostvertriebenen.
Nun, Herr Kollege Ohlig, zu dem § 269. Sie haben mit sehr viel innerer Überzeugung dagegen gesprochen. Auch ich habe gegen diesen Paragraphen gestimmt, ich habe so lange dagegen gestimmt,
als nicht in § 278 eine Sicherung eingebaut wurde, die es verhindert, daß die Millionen ausgezahlt werden. Tatsache ist doch heute, daß für die nächsten fünf Jahre in keinem Fall mehr als 50 000 DM Darlehen an einen Vertriebenen gezahlt werden können. Ich glaube, Herr Kollege Ohlig, Sie werden mit mir der Auffassung sein, daß ein Betrag von 50 000 DM, wenn wir einen Ostvertriebenen eingliedern wollen, wenn wir ihm eine Landwirtschaft geben wollen, doch sicher nicht zu viel ist, sondern daß wir das zum mindesten akzeptieren müssen. Sie werden vielleicht sagen: „Ja, aber nach fünf Jahren?!" Herr Kollege Ohlig, ich hoffe, daß sich auch nach fünf Jahren in diesem Hause Männer befinden — und Damen, selbstverständlich —, die eine so weise Entscheidung treffen, daß nicht Millionen an einzelne gezahlt werden, wenn noch Hunderttausende nicht das haben, was sie zum Leben brauchen.
Deswegen möchte ich bitten, daß wir den § 269 in der Ausschußfassung annehmen.
Meine Damen und Herren! Zu § 269 liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage Ihnen vor, daß wir die damit in Zusammenhang stehenden §§ 270 bis 275 in der Aussprache erledigen und dann gemeinsam über die Paragraphen dieses Abschnittes abstimmen.
Zu den §§ 270 bis 275 liegt ein Streichungsantrag der SPD vor. Wer wünscht, ihn zu begründen? Es handelt sich um den Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 13.
— Keine Begründung.
Zu § 272 liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Reismann vor, Umdruck Nr. 543 Ziffer 4. — Offenbar auch keine Begründung. Auch zu § 275 liegt in Umdruck Nr. 543 Ziffer 5 ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Reismann vor. --- Auch ohne Begründung.
Meine Damen und Herren, dann schließe ich die Besprechung zu diesen aufgerufenen Paragraphen.
Zu § 269 ist vom Herrn Abgeordneten Ohlig namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. — Meine Damen und Herren, ich darf vorschlagen, daß Sie Platz nehmen.
— Meine Damen und Herren, ich habe diesen Antrag des Herrn Abgeordneten Nöll von der Nahmer nicht gehört. Im übrigen bin ich in der Abstimmung, Frau Dr. Weber; ich kann diese ja nicht unterbrechen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es besteht kein Zweifel darüber, daß über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 12 abgestimmt wird.
Ich darf Sie noch einmal bitten, Ihre Plätze einzunehmen, damit die Schriftführer die Karten ungestört einsammeln können.
Ich bitte, mit der Auszählung der Stimmen zu beginnen.
Meine Damen und Herren, sind noch Abgeordnete vorhanden, die ihre Stimme nicht abgegeben haben?
— Ich wäre dankbar, wenn das geschehen könnte.
Meine Damen und Herren, weitere Abgeordnete, die abstimmen wollen, sind nicht vorhanden. Ich schließe die Abstimmung. — Ein Abgeordneter stimmt noch ab, dann wird die Abstimmung endgültig geschlossen.
Darf ich bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß wir gestern bei einer namentlichen Abstimmung vier Doppelstimmen gehabt haben, und zwar nicht aus böser Absicht, sondern nur, weil die Abgeordneten nicht darauf geachtet haben, daß die Karten zusammenkleben. Ich bitte also freund-
liehst, etwas „abzufühlen", ob Sie eine oder mehrere Karten abgeben.
Haben jetzt alle Abgeordneten abgestimmt? — Ich schließe die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 12 bekannt. Von 362 stimmberechtigten Abgeordneten, die an der Abstimmung teilgenommen haben, haben mit Ja 144 gestimmt, mit Nein 204 bei 14 Enthaltungen. Von den 16 teilnehmenden Berliner Abgeordneten haben 8 mit Ja, 7 mit Nein gestimmt bei einer Enthaltung. Es sind also insgesamt 378 Abgeordnete anwesend. Der Antrag der SPD ist damit abgelehnt.
— Herr Abgeordneter Kunze wünscht zur Geschäftsordnung das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vorhin ein Mißverständnis unterlaufen, indem der Antrag des Kollegen Nöll von der Nahmer, über § 269 erst in Verbindung mit § 278 abzustimmen, nicht zum Zuge gekommen ist. Ich wiederhole diesen Antrag und ergänze zugleich, daß über § 278 und die dazu vorliegenden Änderungsanträge eine interfraktionelle Verständigung erfolgt ist. Es wird im Namen dieser Fraktionen einschließlich der Sozialdemokratie folgendes vorgeschlagen — damit alle Änderungsanträge hiermit für erledigt erklärt werden können —, daß in § 278 Abs. 2 die Zahl „15 000" durch die Zahl „35 000" ersetzt wird und im übrigen der Zusatzantrag der Regierungsparteien, die Worte einzufügen: „jedoch nicht über 50 000 DM" angenommen wird. Ich würde bitten, daß man vielleicht so prozediert, daß man diesen interfraktionellen Antrag zu § 278 vorweg zur Abstimmung bringt und dann die Abstimmung zu § 269 vollzieht.
Meine Damen und Herren, der Antrag bedeutet also, daß die Abstimmung über § 269 in der Fassung der zweiten Beratung bis nach der Abstimmung über § 278 zurückgestellt werden soll. Ist das Haus damit einverstanden?
— Offenbar ja.
Dann darf ich zunächst noch die Anträge zu den §§ 270 bis 275 zur Abstimmung stellen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 518 Ziffer 13 auf Streichung der §§ 270 bis 275 sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Reismann Umdruck Nr. 543 Ziffer 4 zu § 272. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Reismann Umdruck Nr. 543 Ziffer 5 zu § 275. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist niemand!
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9411 Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist einstimmig abgelehnt.
Ich lasse über die §§ 270 bis 275, zu denen Änderungsanträge gestellt waren, jetzt noch in der Fassung der zweiten Beratung abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Das erste war die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 269 kehren wir nach der Abstimmung über § 278 zurück.
Ich darf jetzt die dritte Beratung des Lastenausgleichsgesetzes einen Augenblick unterbrechen und die auf die Tagesordnung gesetzten Anträge der Fraktion der SPD aufrufen:
Antrag der Fraktion der SPD betreffend Generalvertrag und Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ;
Antrag der Fraktion der SPD betreffend
Vorbeugende Feststellungsklage wegen des
Wehrbeitrages .
Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Fraktion der Föderalistischen Union einen dem Antrag Drucksache Nr. 3363 ähnlichen Antrag zurückgezogen hat, habe ich den Herrn Bundeskanzler gebeten, mir gegenüber Stellung zu nehmen, wie er sich die Unterrichtung des Auswärtigen Ausschusses denkt. Der Herr Bundeskanzler hat mir soeben mitgeteilt, daß er am Dienstagmorgen um einhalb zehn Uhr den Auswärtigen Ausschuß unterrichten und ihm die Urkunden soweit wie möglich vorlegen wird.
Wird eine Begründung des Antrags gewünscht?
— Meine Damen und Herren, die Vorstellung, daß ein Ausschuß dieses Parlaments mit dem Parlament und dem Volk nichts zu tun habe, entspricht nicht der Auffassung der Mehrheit dieses Hauses.
Keine Begründung des Antrags Nr. 3363. Der Antrag soll vielmehr dem Ausschuß überwiesen werden.
— Also ohne Begründung.
Den Antrag auf Drucksache Nr. 3364 wünscht Herr Abgeordneter Dr. Arndt noch zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 9. Mai 1952 ist in Paris der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft paraphiert worden. Die Paraphierung des sogenannten Generalvertrags zur Ablösung des Besatzungsstatuts und der Zusatzverträge steht bevor. Die Unterzeichnung der Verträge ist für den 24. und 30. Mai 1952 vorgesehen. Eine politische Beurteilung dieses Vertragswerkes steht hier jetzt nicht zur Erörterung. Nur vor-
sorglich darf ich, um Mißverständnisse zu vermeiden, darauf hinweisen: die politischen Voraussetzungen, die von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands für diese Verträge seit langer Zeit entwickelt worden sind, sind bekannt. Sie werden insbesondere zur schärfsten Kampfansage gegen den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft führen.
Im Augenblick aber hat uns keine politische, sondern die Rechtsfrage zu beschäftigen.
Seit der 98. Sitzung des Bundestages am 8. November 1930, also seit 18 Monaten, weiß der Bundestag, weiß die Bundesregierung und weiß die Öffenlichkeit des In- und Auslandes, daß es Gegenstand eines Verfassungskonflikts ist, ob die Regelung von Wehrtragen ohne vorangegangene Erganzung und Abänderung des Grundgesetzes zulässig ist. Für die parlamentarische Erörterung standen für uns stets die politischen Erwägungen im Vordergrund. Wir haben uns deshalb bewußt darauf beschränkt, unsere rechtlichen Gesichtspunkte nur in den Grundzügen zu umreißen, und darauf verzichtet, sie hier auszudiskutieren. Auch heute- kann es nicht meine Absicht sein, unseren bekannten Rechtsstandpunkt ausführlich zu begründen, zumal bereits ein verfassungsgerichtliches Verfahren schwebt. Die Auseinandersetzung darüber wird vor dem Bundesverfassungsgericht zu geschehen haben. Meine Aufgabe ist jetzt, einen Antrag zu begründen, der in diese Auseinandersetzung nicht eingreift, der im Gegenteil keinen Streitteil auf irgendeinen Standpunkt festlegt, der sich insbesondere weder in das politische Ermessen der Bundesregierung noch in die rechtliche Entscheidungsgewalt des Bundesverfassungsgerichts einmischt oder gar irgendein Ergebnis vorwegnimmt, sondern der bestimmt ist, zu gewährleisten, daß die Gerichtshoheit des Bundesverfassungsgerichts nicht geschmälert wird. Auf diesem Weg und in diesem Ziel sollten wir uns alle einig sein können.
Nach einer weit verbreiteten Lehre des Völkerrechts und nach Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe kann es unter Umständen für die völkerrechtliche Kraft eines Vertrages ohne Bedeutung sein, ob er unter Verletzung der Verfassung eines der beteiligten Staaten abgeschlossen worden ist. Daraus erwächst die Gefahr, daß möglicherweise ein und derselbe Vertrag völkerrechtlich gültig, aber staatsrechtlich verfassungswidrig ist. Wir können und wir mässen es vermeiden, daß eine so widerspruchsvolle Lage eintritt; denn sie hat Nachteile von unabschätzbarer Schwere zur Folge. Das Bundesverfassungsgericht könnte seiner ihm vom Grundgesetz anvertrauten Aufgabe, Hüter der Verfassung zu sein, dann unter Um-st linden nicht mehr genügen. Es hätte den wesentlichsten Teil seiner rechtsprechenden Gewalt verloren, wenn es zwar die Verfassungswidrigkeit eines Abkommens feststellen müßte, aber gleichwohl seiner Gerichtshoheit entzogen bliebe, auch die Unwirksamkeit des Abkommens auszusprechen. Die Bundesrepublik Deutschland sähe sich dem Widerspruch gegenüber, daß sie nach ihrem Grundgesetz einen solchen Vertrag nicht ausfahren könnte, den sie nach Völkerrecht erfüllen müßte. Wir dürfen uns aber dem bösen Vorwurf, im völkerrechtlichen Verkehr vertragsuntreu zu sein, eingedenk der so furchtbaren Ereignisse in unserer jüngsten Vergangenheit unter keinen Umständen abermals aussetzen. Wir sind am allerwenigsten bei diesem Vertragswerk imstande, das Wagnis auch nur eines Anscheins des Vertragsbruchs auf uns zu nehmen, da wir sonst mit Sanktionen zu rechnen haben.
Aus diesen Gründen hat die Völkerrechtslehre schon seit Jahrzehnten die Auffassung entwickelt, daß eine Regierung erstens nicht nur die politische, sondern die rechtliche Pflicht habe, sich der Verfassungslage zu vergewissern, und zweitens auch die Rechtspflicht, ihre Verhandlungspartner hierüber aufzuklären, weil ihr andernfalls ein Verschulden in der Verhandlungsführung zur Last fiele, das reparationspflichtig machen würde.
Unser Antrag verlangt also von der Bundesregierung nicht mehr, als ohnedies nach den Lehren ihrer eigenen Rechtsberater, Erich Kaufmanns insbesondere, ihrer Schuldigkeit entspricht. Unser Antrag nimmt weder eine politische noch eine gerichtliche Entscheidung vorweg, sondern hat das Ziel, dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit offenzulassen, durch seinen Spruch so oder so rechtlich das letzte Wort zu sprechen, in welchen Formen es zulässig ist, die Bindungen einzugehen, die uns diese Verträge auferlegen sollen. Ob diese Bindungen politisch richtig und erträglich sind, bleibt eine andere Frage, die weder heute hier noch je in Karlsruhe zur Debatte steht.
Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß wir uns alle angelegen sein lassen sollten, das verfassungsgerichtliche Verfahren zu fördern. Jedenfalls kann nach den. Regeln, über die wir uns im Rechtsausschuß einig waren und nach denen wir auch im Südweststaatprozeß verfahren sind, der Bundestag in diesem Verfassungsrechtsstreit nicht unvertreten bleiben. Wir haben nach § 77 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht das Recht, uns zu äußern. Aber das zwingt uns nicht zu dem Versuch, jetzt die Szene zum Tribunal zu machen und gegenseitig hier unsere Rechtsauffassung zu entwickeln. Das sollte vielmehr durch je einen Vertreter der Mehrheit und der Minderheit in Karlsruhe geschehen.
Aus diesen Gründen habe ich Ihnen im Namen meiner Fraktion vorzuschlagen:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Der Bundestag bestellt aus seiner Mehrheit und aus seiner Minderheit je eines seiner Mitglieder zu Vertretern mit der Ermächtigung, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht für den Bundestag sich zu äußern.
2. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, den Regierungen der Republik Frankreich, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten sowie den am Vertrage über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft beteiligten Regierungen Belgiens, Italiens, Luxemburgs und der Niederlande unverzüglich — möglichst noch vor oder bei Unterzeichnung des Vertrages — durch eine Note mitzuteilen:
Eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Vertrage über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ist wirksam nur unter den Voraussetzungen möglich, die nach einer in ihrem Zeitpunkt und Ergebnis noch nicht absehbaren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewahrt werden müssen.
Alle für die Bundesrepublik Deutschland insoweit zu vollziehenden Unterschriften
oder abzugebenden Erklärungen oder sonst zu treffenden Maßnahmen stehen deshalb unter dem Vorbehalt, daß sie keine Rechtswirkungen erzeugen, falls sie nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den zum Abschluß eines solchen Vertrages nach dem Grundgesetz erforderlichen Voraussetzungen nicht genügen sollten.
Zur Geschäftsordnung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Gerstenmaier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Freunde beantrage ich, daß jetzt von der Diskussion dieses Antrages abgesehen wird
und der Antrag unverzüglich an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen wird.
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Gerstenmaier — —
Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Gerstenmaier gehört.
Der Antrag beinhaltet Verzicht auf eine Diskussion jetzt und Ausschußüberweisung, ohne die Frage einer Besprechung nach dem Ausschußbericht zu präjudizieren.
— Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung nur nach meinem Ermessen.
Der Antrag auf Absehen von einer Debatte ist zulässig. Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, daß jetzt eine Aussprache nicht stattfindet, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Meine Damen und Herren, es ist mit Mehrheit beschlossen worden, eine Aussprache nicht stattfinden zu lassen
und die Anträge sofort dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen.
Ich habe die Frage, ob Sie beabsichtigen, auch die Ziffer 1 des Antrags Drucksache Nr. 3364, nämlich die Vertretung vor dem Bundesverfassungsgericht, dem Auswärtigen Ausschuß oder dem Geschäftsordnungsausschuß zu überweisen.
— Auswärtiger Ausschuß?
Also, meine Damen und Herren, der Auswärtige Ausschuß wünscht die Überweisung beider Anträge.
— Meine Damen und Herren, ich bitte Sie freundlichst einen Augenblick um Ruhe. — Es ist also beantragt, beide Anträge dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen. Die Überweisung ist erfolgt. Ich habe nur die Frage, ob die Ziffer 1 des Antrags Drucksache Nr. 3364 bezüglich der Vertretung vor dem Bundesverfassungsgericht auch dem Auswärtigen Ausschuß oder dem Geschäftsordnungsausschuß überwiesen werden soll.
— Herr Abgeordneter Dr. Schmid!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, daß auch Ziffer 1 des Antrages an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten überwiesen wird, und wir beantragen weiter, daß der Bericht des Ausschusses heute noch auf die Tagesordnung gesetzt und besprochen wird.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid gehört. Wer diesem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid zustimmt, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Das ist offenbar die geschlossene Auffassung des Hauses.
— Ich habe Ihnen bereits gesagt, Herr Abgeordneter Fisch, daß ich das Wort zur Geschäftsordnung nach meinem Ermessen erteile, und zwar auf Grund der Geschäftsordnung, und daß ich, nachdem diese Beschlüsse gefaßt sind, keine Veranlassung zu einer geschäftsordnungsmäßigen Debatte sehe.
Herr Abgeordneter Dr. Schmid hat mich gebeten, bekanntzugeben, daß der Auswärtige Ausschuß sofort im Zimmer 106 zusammentritt.
Meine Damen und Herren, damit sind diese Punkte der Tagesordnung erledigt.
Wir treten wieder ein in die
Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich.
Es liegen Anträge vor zu § 277. Sollen die Anträge begründet werden? — Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek!
Meine Damen und Herren! Ich habe bereits in der zweiten Lesung nachgewiesen, daß § 277 Abs. 2 einer Ergänzung bedarf, und zwar dahingehend, daß den Kriegssachgeschädigten auch die Vertreibungsgeschädigten gleichgestellt werden. Es handelt sich bei diesem Punkt um die Gewährung von Eingliederungsdarlehen zur Schaffung von Ersatzbauten. Für die Kriegssachgeschädigten ist diese Möglichkeit im Gesetz vorgesehen, für die Vertreibungsgeschädigten ist sie jedoch in diesem Abs. 2 nicht vorgesehen. Ich bitte, diese Gleichstellung schon mit Rücksicht auf die Schaffung des erforderlichen Wohnraums auch hier durchzuführen und unserem Antrag zuzustimmen.
Darf ich annehmen, daß Herr Abgeordneter Dr. Kather seinen Bleichlautenden Antrag nicht begründen will?
-- Schön!
Dann liegt zu § 278 Abs. 2 ein Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 14 vor. Wünscht jemand, diesen Antrag zu begründen?
— Der Antrag ist gegenstandslos. Meine Damen und Herren, dann ist auch der Antrag Dr. von Golitschek gegenstandslos und der Antrag Dr. Kather ebenfalls.
Dann liegt vor der Antrag der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB auf Umdruck Nr. 557. Wer wünscht, ihn zu begründen?
— Ist schon geschehen. — Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich schon zum Wort gemeldet, ehe Sie mitteilten, daß die Begründung schon erfolgt ist. Ich wollte nur in den allgemeinen Trubel hinein noch einmal daran erinnern, daß Herr Kollege Kunze eben in seiner ausführlichen Stellungnahme zu § 278 gesagt hat, wie das nun formuliert werden soll. Vielleicht ist es am gescheitesten, Sie sagen es noch einmal, weil wir die Formulierung nicht vor uns liegen haben, und wir werden dann darüber abstimmen. Dann ist wenigstens ganz klar, worüber hier abgestimmt werden soll.
Bitte schön, Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entsprechend der interfraktionellen Vereinbarung würde — und damit wären zugleich die Anträge des Kollegen Kather und die Anträge der Opposition erledigt — § 278 folgenden Wortlaut haben. Abs. 1 bleibt. ,Lediglich in Abs. 2 ändert sich die Zahl „15 000 DM" in „35 000 DM", und an den Schluß kommen, nachdem der Punkt durch ein Komma ersetzt ist, die Worte „jedoch nicht über 50 000 DM". Das ist der Antrag, den wir interfraktionell so beschließen wollen.
Also, meine Damen und Herren, ich darf auf alle Fälle noch einmal wiederholen — damit der Antrag jetzt klar ist —, daß in Abs. 2 an die Stelle der Worte „15 000 DM" die Worte „35 000 DM" treten und daß an den Schluß des Absatzes nach einem Komma die Worte gestellt werden — ich darf sie dem Antrag entnehmen, Herr Abgeordneter Kunze —: „höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 50 000 DM".
Ist über den Antrag nun Klarheit?
Meine Damen und Herren, ich darf wohl zwischendurch bemerken — für den Fall, daß jemand beabsichtigt, noch an der Sitzung teilzunehmen —: der Auswärtige Ausschuß ist nicht in Zimmer 106, sondern in Zimmer 03.
Damit Klarheit herrscht, darf ich vorschlagen, daß wir nun über den Änderungsantrag abstimmen, damit dieser Punkt abgeschlossen werden kann. Ich lasse also zunächst über diesen Antrag abstimmen, der eben von Herrn Abgeordneten Kunze vorgetragen worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die der Änderung des § 278 in dieser Form zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ohne Enthaltungen einstimmig angenommen.
Ich darf dann zurückkehren zu § 269. Ich bitte die Damen und Herren, die § 269 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit, § 269 ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 278 in der veränderten Form insgesamt zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Das ist auch die Mehrheit; § 278 ist angenommen.
Jetzt darf ich noch zu § 277 zurückkehren. Ich bitte die Damen und Herren, die den Änderungsanträgen der Herren Abgeordneten Dr. von Golitschek und Dr. Kather zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende Mehrheit; die übereinstimmenden Änderungsanträge sind angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 277 in der geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Auch das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; der Paragraph ist angenommen.
Wir können dann weitergehen zu § 280. Hierzu liegt ein Antrag des Abgeordneten Dr. Reismann auf Umdruck Nr. 543 Ziffer 6 vor.
— Auf Begründung wird verzichtet.
§ 281! Dazu liegt ein Antrag der SPD vor auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 15. Herr Abgeordneter Kriedemann bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Abstimmung zu § 269, bei der unser Änderungsantrag nicht angenommen worden ist, ist eine grundsätzliche Entscheidung auch bezüglich des § 281 hinsichtlich des Verfahrens, das wir hier vorgeschlagen haben, gefallen. Wir können diesen Antrag also zurückziehen, weil er durch die Abstimmung leider gegenstandslos geworden ist.
Der Antrag ist gegenstandslos und zurückgezogen.
§ 282! — Darf ich bitten, auch gleich den Antrag auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 16 zu begründen? Frau Abgeordnete Krahnstöver!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Generaldebatte zur dritten Lesung ist hier von einem Vertreter der Regierungsparteien gefordert worden, daß die körperliche und seelische Substanz der Geschädigten erhalten werden muß. Wir sind derselben Meinung und haben deshalb unsere Anträge auf Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen wiederholt. In den Debatten der letzten Wochen ist sehr viel über die Heiligkeit des Eigentums gesprochen worden. Lassen Sie mich dazu auch ein paar Worte sagen. Als in dem Feuersturm der Bombennächte des zweiten Weltkriegs die Mütter mit ihren Kindern um ihr Leben rannten, als im Januar 1945 die große Flucht aus dem Osten begann und wir es miterlebten, wie den Müttern die Säuglinge auf den Armen erfroren, wie die Alten und Kranken vor Erschöpfung starben, da glaubte niemand an die Heiligkeit des Eigentums; da war j a nicht einmal das Menschenleben heilig.
Aber es gab in jenen Tagen der nationalen Katastrophe etwas, an dem sich die gequälten Menschen aufrichteten: das war die zum Teil opfervolle Hilfsbereitschaft der Menschen, die dieses Leid und Elend sahen.
Für einen großen Teil dieser Menschen ist die Not weitgehend behoben worden. Für einen sehr wesentlichen Teil ist sie leider noch verstärkt vorhanden. Das Elend präsentiert sich nämlich nicht auf der Straße. Aber da, wo es in Barackenlagern und Elendsquartieren vorhanden ist, da herrscht eine Hoffnungslosigkeit, eine Verzweiflungsstimmung, die uns alle tief erschüttert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in diesem Hause sehr häufig davon die Rede gewesen, daß man die Familie möglichst schützen solle.
Da sollte man vor allen Dingen dort beginnen, wo die Familie durch dauernde Not und Sorge am meisten gefährdet ist, nämlich bei den Familien der Arbeitslosen. Die Last einer dauernden Arbeitslosigkeit kann überhaupt nicht ausgeglichen werden. Sie kann nur dadurch gemindert werden, daß man die Familienväter möglichst schnell in Arbeit bringt. Die Begrenzung in § 283 auf '75 000 DM blockiert die so gut angelaufene Maßnahme zur Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen für Geschädigte. Man kann nämlich bei 25 oder 30 Arbeitsplätzen keine Auflagen machen. Man kann es aber bei 100 und 150 Arbeitsplätzen durchaus tun, wenn man nämlich den Kreditnehmern die Auflage macht — wie wir es getan haben —, mindestens 10 % Angestellte, vor allen Dingen ältere Angestellte, unterzubringen. Wir glauben, daß solche Maßnahmen viel wichtiger sind als noch so schöne Reden zugunsten der älteren Angestellten, die wir hier ja auch sehr häufig gehört haben.
Unsere beiden Anträge zu diesem Punkt stellen keine materiellen Forderungen dar. Wir wollen nur erreichen, daß mit dieser Auflockerung möglichst schnell einer möglichst großen Gruppe von Menschen wirkungsvoll geholfen wird. Es ist hier in der zweiten Lesung gesagt worden, der kleine Mann in Stadt und Land würde es nicht verstehen, daß man Mittel des Lastenausgleichs für Arbeitsplatzbeschaffung zur Verfügung stellt. Der kleine Mann in Stadt und Land weiß sehr genau, daß seine eigene Existenz am besten gesichert ist, wenn er eine kaufkräftige Käuferschaft mit einem möglichst hohen Lebensstandard hat.
Wir haben es doch erlebt, daß sich die Gewerbetreibenden auf den ostfriesischen Inseln deshalb gegen die Umsiedlung von Vertriebenen gewehrt haben, weil ihnen damit die Kundschaft verloren gehen würde.
Wenn wir dafür sorgen wollen, daß die soziale Befriedung erreicht wird, dann bitte bei den Menschen anfangen, die die Hilfe am allernötigsten haben! Sonst steht für diese Menschen über dem Lastenausgleich das Wort von Heinrich Heine: „Wenn du aber gar nichts hast, ach, dann lasse dich begraben; denn ein Recht zum Leben, Lump, haben nur, die etwas haben."
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es sind also gleichzeitig die Anträge zu den §§ 282 und 283 begründet worden. Ich schließe die Besprechung zu den aufgerufenen Paragraphen.
Ich komme zur Abstimmung zunächst über den Antrag des Abgeordneten Dr. Reismann zu § 280 auf Umdruck Nr. 543 Ziffer 6. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 280 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist § 280 angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 282 Abs. 3 auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 16 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. -- Ich bitte um die Gegenprobe. -- Das letztere ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 282 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei wenigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 17, den Frau Abgeordnete Krahnstöver ebenfalls begründet hat, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Ich bitte die Damen und Herren, die § 283 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dieser Paragraph ist mit Mehrheit angenommen worden.
Wir kommen zum nächsten Abschnitt. Zu § 291 liegt ein interfraktioneller Antrag betreffend neue Fassung des Abs. 2 Nr. 2 vor. Soll er noch ausdrücklich begründet werden? — Herr Abgeordneter Arndgen, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem dieser Antrag Umdruck Nr. 550 von sämtlichen Fraktionen gestellt worden ist, ist an sich eine Begründung wohl kaum notwendig. Da aber eine Überprüfung dieses Antrags einige Änderungen notwendig machte, gestatten Sie mir, diese Änderungen kurz vorzutragen.
Zunächst ist in Nr. 2 des Abs. 2 in der fünften Zeile das Wort „daneben" durch das Wort „ferner" zu ersetzen, weil dadurch die Dinge klarergestellt werden. Dann ist in Nr. 2 des Abs. 2 unter Buchstabe a) in der letzten Zeile die Ziffer 80 durch 75 zu ersetzen. Wir haben hier 75 eingefügt, um die Kontinuierlichkeit der Anrechnungsbeträge, die nun einmal festgelegt sind, in diesem Gesetz sicherzustellen. Dann ist hinter das Wort „jedoch" das Wort „stets" zu setzen, so daß die letzte Zeile heißt: „jedoch stets ein Freibetrag von 75 DM ...".
Des weiteren bitte ich, unter Buchstabe b) im letzten Absatz die Worte „oder die im Sinne der
Reichsversicherungsordnung pflegebedürftig sind" zu streichen, so daß dieser Absatz lautet:
Personen, die Pflegegeld nach der Reichsversicherungsordnung beziehen, jedoch stets ein Freibetrag von 75 DM monatlich.
Wir haben diese von mir beantragte Streichung vorgenommen, um die gestrichenen Worte in einen neuen Absatz c) einzufügen. Es muß also in dem Antrag Umdruck Nr. 550 ein neuer Abs. c) eingesetzt werden, der besagt:
Körperbehinderten Personen, die nicht unter a)
oder b) fallen, aber im Sinne der Reichs-
versicherungsordnung pflegebedürftig sind,
einen Freibetrag von 75 DM monatlich.
Diese Umstellung ist vorgenommen worden, weil nach dem bisherigen Wortlaut Pflegegeldempfänger aus der Fürsorge, z. B. Zivilblinde, nicht unter dieses Gesetz fallen würden. Aus diesem Grunde ist die vorgeschlagene Änderung notwendig.
Der letzte Absatz, der bisher Abs. c) war, erhält die Ziffer d), und zwar mit der Änderung, daß der Freibetrag für Witwen von 20 DM auf 30 DM erhöht wird.
Ich gestatte mir, dem Herrn Präsidenten den Antrag geändert vorzulegen, und bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich darf unterstellen, daß das für die antragstellenden Fraktionen beantragt wird.
— Das ist der Fall.
Herr Abgeordneter Kohl wünscht dazu das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns erlaubt, zur zweiten Lesung des vorliegenden Gesetzes eine Reihe von Anträgen zu dem gesamten sozialpolitischen Komplex dieses Gesetzes zu stellen.
Sie haben damals erklärt, daß Sie bis zur dritten Lesung dieser Frage näherkommen wollen, und das Ergebnis Ihrer interfraktionellen . Verhandlungen liegt uns hier vor.
Ich darf darauf verweisen, daß die Forderungen der Kriegsopferverbände — wie sie von uns in der zweiten Lesung vertreten worden sind — nicht den entsprechenden Niederschlag gefunden haben. Ich darf weiter darauf verweisen, daß die von Ihnen in Anrechnung gebrachten Freigrenzen ebenfalls nicht den Bedürfnissen entsprechen, wenn ich den Personenkreis einsetze, der überhaupt unter diesen gesamten Fragenkomplex fällt. Ich darf auf unsere grundsätzliche Einstellung verweisen, die sowohl in der zweiten Lesung als auch bei einer Reihe anderer Gesetzesbestimmungen zum Ausdruck gekommen ist, daß wir uns grundsätzlich dagegen verwahren, und dort, wo Renten angerechnet werden sollen, diese Anrechnung zu Unrecht geschieht, weil der Bezug von Renten — beispielsweise aus der Kriegsopferversorgung, aus der Invaliden- und Angestelltenversicherung — auf einem Rechtsanspruch beruht, und nach unserer Auffassung sind Sie nicht befugt, diesen Rechtsanspruch zu liquidieren. Weil hier auch wieder die Renten zu einem erheblichen Teil angerechnet werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, werden wir diesem Antrag unsere Zustimmung nicht geben.
— Das war ein Witz!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu diesem Paragraphen liegen nicht vor. Darf ich unterstellen, daß Ihnen allen die Änderungen, die Herr Abgeordneter Arndgen vorgetragen hat, geläufig geworden sind?
— Das ist der Fall. Dann brauche ich sie also nicht noch einmal zu verlesen.
Darf ich jetzt zunächst im Rahmen des gleichen Abschnitts zu § 300 kommen. Zu diesem Paragraphen liegt ein Änderungsantrag- der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB vor, betreffend Krankenversorgung. Soll der Antrag begründet werden?
— Offenbar nicht.
— Ja, meine Damen und Herren, daß ein nicht anwesender Abgeordneter einen Antrag begründet, scheint mir unzweckmäßig zu sein.
--- Ich stelle das einen Augenblick zurück, wenn Sie den Herrn Abgeordneten unterrichten wollen.
Darf ich vorschlagen, daß wir zunächst die Abstimmung über den § 291 vornehmen. Ich bitte die Damen und Herren, die der neuen Fassung des Abs. 2 Nr. 2 des § 291 in der von Herrn Abgeordneten Arndgen vorgetragenen Form zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Es handelt sich um den interfraktionellen Antrag zu § 291 Abs. 2 Nr. 2. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 291 in der geänderten Fassung insgesamt zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit der gleichen Mehrheit gegen wenige Stimmen angenommen.
Der Abgeordnete, der den Antrag zu § 300 begründen wird, — —
— Frau Abgeordnete Kalinke, bitte!
Die Regierungsparteien begrüßen den Willen des Gesetzgebers und den Tatbestand, daß die Soforthilfeempfänger bisher durch die Form der Krankenversorgung ähnlich den Fürsorgeempfängern versorgt wurden. Sie wünschen aber, daß darüber hinaus die Empfänger von Unterhaltshilfe im Lastenausgleich das Gefühl einer echten Sicherung dadurch haben, daß sie in die Krankenversicherung einbezogen werden. Wir haben deshalb dem § 300 eine neue Fassung gegeben, weil nicht, nur aus Gründen der Sicherung der Krankenversorgung, sondern auch aus mancherlei Gründen psychologischer und anderer Art diejenigen Anspruchsberechtigten, die früher in ihrer verlorenen Heimat dem einen oder anderen Versicherungsträger angehört haben, nun auch das Gefühl haben sollen, diese Versicherung fortsetzen zu können. Aus dem Grunde haben wir — wie auch im Gesetz für die Versorgung der Heimkehrer — die Möglichkeit gegeben, daß die Versicherten sich den Versicherungsträger wählen dürfen, und zwar den Träger der gesetzlichen
Krankenversicherung, dem sie in ihrer Heimat angehört haben, wenn sie das wünschen. Wir haben weiter die Möglichkeit gegeben, daß in der Krankenversicherung alle diejenigen, die vorher einem Krankenversicherungsträger nicht angehört haben, nun nach § 300 den Anspruch erwerben.
Beim Abdruck dieses Antrags ist leider ein kleiner Fehler erfolgt. Wir bitten das zu berichtigen. Es heißt: § 300 Krankenversicherung , statt Krankenversorgung. Zum Abs. 2 ist hier im Hause ein Zweifel entstanden, ob der Begriff „einer anderen Krankenkasse" auch wirklich den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung trifft. Ich möchte im Namen der Antragsteller ausdrücklich feststellen, daß hier, nicht anders als im Heimkechrergesetz, nur gemeint ist, daß daß diejenigen, die der Orts- oder Landkrankenkasse nicht angehörten und den Wunsch haben, ihrem alten Träger der Krankenversicherung anzugehören, den Antrag bei diesem Sozialversicherungsträger stellen können.
Im Abs. 3 ist die Kostenfrage der Krankenversicherung geregelt. Im Abs. 4 ist festgestellt, daß durch Rechtsverordnung die Höhe des Beitrags, aber auch die Zahlung der Beiträge und die Erstattung der Kosten festgesetzt werden kann. Damit Unklarheiten nicht entstehen, beantragen wir noch als letzten Satz unter zu schreiben: „Wegen der Kosten findet Abs. 3 entsprechende Anwendung". Dieser letzte Absatz bezieht sich lediglich auf die Übergangsbestimmungen, und die Ergänzung ändert nicht das materielle Recht, sondern stellt nur klar, daß in der Übergangszeit hinsichtlich der Kostenübernahme kein Zweifel entsteht.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, diese Änderungen berücksichtigen zu wollen, und bitte das Hohe Haus, unserem Antrag zuzustimmen.
Wird das Wort dazu gewünscht?
— Frau Abgeordnete Dr. Weber wünscht nicht zu sprechen. Sonst noch jemand?
— Nein! Ich schließe die Besprechung zu § 300.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Änderungen, die Frau Abgeordnete Kalinke vorgetragen hat, freundlichst zur Kenntnis genommen, nämlich, daß der Titel nicht „Krankenversorgung", sondern „Krankenversicherung" heißt und daß zum Schluß der Satz: „Wegen der Kosten findet Abs. 3 entsprechende Anwendung" in Abs. 5 hinzugefügt wird. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zu § 300 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Das ist, soviel ich sehe, einstimmig angenommen. Da eine völlig neue Fassung des § 300 beschlossen worden ist, erübrigt sich eine Abstimmung über die Fassung in der zweiten Beratung.
Ich rufe § 304 auf. Zu § 304 Abs. 2 liegt ein interfraktioneller Antrag auf eine neue Fassung dieses Absatzes vor. Soll er begründet werden?
— Die Umdrucke habe ich ständig vor mir und ver-
mag nicht immer zu übersehen, daß es für Sie nicht
ganz so einfach ist. Also Umdruck Nr. 550 Ziffer 2.
Sie haben alle den Antrag vor sich. Wünscht jemand das Wort dazu? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Besprechung zu § 304.
Im selben Abschnitt ist noch § 315. Die SPD beantragt hierzu auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 18 die Streichung. — Bitte schön, Herr Abgeordneter Heiland!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In § 315 geht es ja bekanntlich um die 250 Millionen, die durch die öffentliche Hand in den Fonds des Lastenausgleichsgesetzes eingebracht werden sollen. Ich habe schon in der zweiten Lesung darauf hinweisen können, daß es eine Belastung der Länder, Gemeinden und des Bundeshaushalts ist und nicht, wie es eigentlich wirklich sein sollte, eine Belastung des vom Krieg verschonten Vermögens. Nun haben wir, glaube ich, in der Zwischenzeit' auch in der öffentlichen Diskussion gespürt, daß gerade die Belastung der öffentlichen Haushalte sehr ernste Bedenken hervorruft. Ich möchte heute noch einmal mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß die Lasten, die hier den Gemeinden und den Ländern aufgebürdet werden, einfach dazu führen müssen, daß eine ganze Portion Aufgaben auf dieser Ebene in der Zukunft verkümmert. Mir liegt z. B. ein Telegramm des Verbandes badischer Gemeinden vor, der dringend darum bittet, dafür einzutreten, daß die Freistellung -des Gemeindevermögens vom Lastenausgleich durchgeführt werden möge. Mir ist bekannt, daß auch Mitglieder der Koalitionsparteien ein derartiges Telegramm erhalten haben, und ich hoffe, daß sie sich zu diesem Telegramm der badischen Gemeinden auch noch selber äußern werden.
Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, es muß noch einmal mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden: Der Lastenausgleich darf nicht den Geschädigten selber auf dem Wege über die öffentlichen Haushalte auferlegt werden, sondern er muß, wenn er ein echter Lastenausgleich werden soll, wirklich ein Eingriff in die Substanz des vom Kriege verschonten Vermögens sein. Deshalb appelliere ich in letzter Stunde noch einmal in aller Eindringlichkeit, daß man sich dieser ungeheuren sozialen Verantwortung in diesem Hause doch bewußt werden möge.
Herr Kollege Kunze und ich haben anscheinend das Pech, daß ich jedesmal eine Replik auf eine Rede von Herrn Kunze halten muß. Herr Kunze hat das Wort vom Klassenkampfgesprochen, Herr Nöll von der Nahmer, und nicht mein Kollege Ohlig!
— Das werde ich Ihnen jetzt, damit Sie es besser verstehen, nicht mit meinen Worten, sondern mit denen des Kollegen Kunze sagen. Herr Kollege Kunze hat wörtlich gesagt:
Sie wenden Methoden an, die einen klassenkämpferischen Charakter haben.
Mehr sehr geehrten Damen und Herren! Da Sie ja einige Wirtschaftsexperten in diesem Lastenausgleichsausschuß gehabt haben — es sollen immerhin drei gewesen sein, wie wir aus einem Artikel einer Zeitung wissen —, sollten Sie einen dieser Experten einmal gefragt haben, wodurch der Klassenkampf denn überhaupt aufkommt. Wenn Sie endlich dafür sorgen würden, daß die . ungeheuren sozialen Spannungen zwischen den
Klassen gemildert würden, dann gäbe es keinen Klassenkampf mehr.
— Herr Bahlburg, mit Ihnen möchte ich darüber nicht diskutieren; denn ich habe Gott sei Dank nicht Ihr großes soziales Gewissen.
— Wir brauchen uns über diese Frage nicht noch eingehender zu unterhalten.
Ich möchte aber, mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten, einen Artikel der „Times" verlesen, der am 10. Mai zu der inneren sozialen Struktur Deutschlands geschrieben wurde.
Der Wiederaufbau ist oft eine Fassade, die die schrecklichen Lebensverhältnisse von Tausenden verbirgt, die noch immer in den Kellern bombardierter Häuser wohnen oder wie im Falle der 50 0a0 Bergarbeiter, die kaum eine Hoffnung haben, mit ihren Familien zusammengeführt zu werden. Aber die Fassade ist eindrucksvoll. Es gibt leuchtende neue Paläste des Bankwesens, der Industrie und des Handels in Frankfurt, Köln, Düsseldorf und manchen anderen Städten. Dr. Erhard's freie Wirtschaft sorgt dafür, daß die Geschäfte für diejenigen, die Geld haben, voll sind, d. h. für eine kleine Minderheit, in Anbetracht der Kluft zwischen den Grundlöhnen und dem Lebensstandard. Es gibt keine Rationierung in dieser neu gefundenen Fülle. Viele haben neue Reichtümer angehäuft, hauptsächlich solche, die einen schnellen Profit erzielten mit Hilfe von verborgenen Beständen von Verbrauchsgegenständen nach der Währungsreform. Obgleich offene Formen des Schwarzen Marktes in Westdeutschland weniger in Erscheinung treten als in Berlin, gibt es sehr viel flüssiges Geld, das sowohl der Besteuerung als auch der langfristigen Investierung entzogen wird . . .
Es wird gesagt, daß die meisten ausländischen Wagen an der französischen Riviera heutzutage aus Deutschland kommen.
Das ist nicht meine Meinung, sondern die Meinung der „Times".
— Das heißt, daß die Städte — ich denke gerade an die zerbombten Städte der Ruhr — nicht die notwendigen öffentlichen Aufgaben durchführen können, um für ihre Bürger wieder einen normalen Lebensstandard zu schaffen, wenn man die öffentlichen Mittel dazu heranzieht, um die großen Vermögen in Deutschland auf Kosten der eben genannten Aufgaben zu schützen.
— Herr Kollege Lücke, Sie wissen genau so gut wie ich, daß der Bergarbeiterwohnungsbau wohl einige erhebliche Fortschritte gemacht hat, daß aber auch noch ungeheure Lücken, gerade bei uns an der Ruhr, auf diesem Gebiet vorhanden sind.
Ich möchte aber noch zu einem anderen Wort des Herrn Kunze etwas sagen. Herr Kunze hat von der „Partei der Oberbürgermeister" gesprochen. Ich glaube, es ist notwendig, daß in diesem Hause auch mal einer die öffentlichen Interessen wirklich zu seinen Interessen macht und sie hier verteidigt. Man kann nicht behaupten, daß die Leute, die aus der kommunalen Ebene kommen, die schlechtesten Politiker geworden sind.
— Herr Kunze hat davon gesprochen, wir setzten uns deswegen für das öffentliche Vermögen ein, weil wir — scherzhafterweise — die „Partei der Oberbürgermeister" genannt würden. Nun bin ich ja bloß ein kleiner Bürgermeister einer kleinen Mittelgemeinde.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Die Methoden, die der Herr Bundesfinanzminister und die Bundesregierung anwenden, um in den Besitz der Mittel zu kommen, die sie für ihre Politik einsetzen wollen, sind verschiedenartig.
Man versucht es auf dem Wege über die Erhöhung der Steuern, insbesondere der indirekten Steuern. Dazu haben wir in einem anderen Zusammenhang bereits gesprochen. Aber in letzter Zeit konzentriert sich der Herr Bundesfinanzminister darauf, die Finanzen der Länder immer stärker für seine Politik heranzuziehen. Auch der § 315, in dem die Frage des Beitrags der öffentlichen Haushalte behandelt ist, liegt in derselben Linie. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf eine Wirkung solcher Maßnahmen eingehen.
Als der Bundesfinanzminister seinerzeit daranging, den Ländern von der Einkommen- und Körperschaftsteuer 27 % wegzunehmen, war die Folge, daß die Länder und die Gemeinden dazu übergingen, ihrerseits Tarife und Kreisumlagen zu erhöhen. Das heißt, daß letzten Endes die Einwohnerschaft die Kosten für die vermehrte Inanspruchnahme der Einkommen- und der Körperschaftsteuer durch den Bund zu bezahlen hatte. Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern in seinen Ausführungen zur Lage des Haushalts, als er auf die 1,4 Milliarden DM Defizit hinwies, erklärt, daß das Defizit nur unter der Voraussetzung diesen Betrag erreichen würde, daß dem Bund nunmehr 40 % der Einkommen- und der Körperschaftsteuer zur Verfügung ständen. Er hat also diese 40 % die ja noch nicht bewilligt sind, in Rechnung gestellt. Sollte es aber so weit kommen, wäre die Konsequenz, daß die Länder und letzten Endes
die Gemeinden und die Kreise ihrerseits gezwungen sind, infolge geringerer Rücküberweisungen ihre Kommunalumlagen und Tarife noch mehr zu erhöhen. Wiederum würden dann insbesondere die breiten Massen der Bevölkerung die Geschädigten sein. Sie würden gezwungen werden, durch erhöhte Straßenbahntarife, Gas-, Wasser- und Elektrizitätstarife usw. das Aufkommen für den Bund zu bezahlen. Bei der Wegnahme der 250 Millionen DM durch diesen § 315 wird die Wirkung für die Länder, Kreise und Gemeinden dieselbe sein. Wir sehen hier wiederum dieselbe Tendenz, die wir schon wiederholt festgestellt haben, daß die Geschädigten selbst die Mittel für den Lastenausgleich werden aufbringen müssen. Dagegen wehren wir uns, und wir werden dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zustimmen.
Wünscht noch jemand das Wort? — Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte gehofft, daß dieses leidige Thema des Beitrags der öffentlichen Hand nicht nochmals wieder angeschnitten werden würde.
— Ja, ich glaube, es ist nichts Neues gesagt worden.
Wenn Sie das Protokoll der zweiten Lesung nachlesen, werden Sie sehen, daß keinem von uns etwas Neues eingefallen ist. Das einzige, was mir eingefallen ist, liegt hier auf der Rednertribüne vor mir, und ich habe mir erlaubt, es im Augenblick zur Verteilung bringen zu lassen: eine Übersicht über die ersparten Fürsorgeleistungen der einzelnen Länder und des gesamten Bundesgebiets.
— Ach, Herr Müller, davon haben Sie nun wirklich keine Ahnung. Machen Sie die Dinge lieber in der Ostzone; da haben Sie es doch viel leichter. Da ist man nämlich bereit zu hören, wenn Sie nach Kommando „richtig" sprechen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das Material einmal in aller Ruhe ansehen, stellen Sie fest, daß Länder und Bund mehr als 250 Millionen DM an Fürsorgeleistungen tragen mußten, die ihnen beim Inkrafttreten des Soforthilfegesetzes abgenommen warden sind.
Dabei ist der Bund der erste Hauptlastträger, weil er nach den Bestimmungen des Grundgesetzes die Kriegsfolgelasten zu tragen hat. Etwas anderes beabsichtigen wir nicht. Sollte sich herausstellen, daß die 250 Millionen DM, die auf Grund dieser statistischen Erhebungen eingesetzt worden sind, in ihrer Relation zu den 730 Millionen DM Unterhaltshilfe insgesamt ein schnelleres Absinken ermöglichen, weil die 730 Millionen DM schneller absinken, dann würden wir gar nicht anstehen, entsprechend der Relation das prozentuale Absinken zu ermöglichen. Der Ernst, mit dem wir die Novellengesetzgebung wollen, ist ein deutlicher Beweis dafür, daß wir im Hinblick auf eine Belastung der öffentlichen Hand eine Grenze ziehen wollen. Ich habe dem nichts weiter hinzuzufügen. Es bleibt bei der Entscheidung, die unsere Freunde getroffen haben.
Meine Damen und Herren, mir ist mitgeteilt worden, daß die SPD namentliche Abstimmung beantragt. Sollen zur Sache noch weitere Ausführungen gemacht werden? — Herr Abgeordneter Seuffert, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin allerdings nicht der Ansicht, daß das, was Herr Kollege Kunze uns eben vorgetragen hat, wirklich ein neuer Einfall gewesen ist. Ich kenne die Berechnungen oder Übersichten, die, wie er sagte, in der Verteilung begriffen sind, nicht. Bis zu mir sind sie nicht vorgedrungen, und ich halte es auch nicht für ein sehr gutes Verfahren — von der Zulässigkeit ganz zu schweigen —, hier auf Material Bezug zu nehmen, das irgendwann einmal oder gleichzeitig hier im Hause verteilt wird. Neu war das, worauf Sie, Herr Kollege Kunze, hinweisen wollten, doch wirklich nicht.
Das Thema der angeblichen Ersparnisse der Gemeinden haben wir, glaube ich, schon oft und gründlich besprochen.
— Ich will Ihnen mal was sagen: Ich kenne die Zahlen nicht; aber ich halte sie für falsch.
Ich halte jede Berechnung und jede Aufstellung, die die tatsächlichen, ganz unverhältnismäßig großen Leistungen der Gemeinden für die Vertriebenen und alle Leistungen, die sie infolge der Aufnahme der Vertriebenen und infolge der Fürsorge für die Geschädigten haben aufbringen müssen, nicht berücksichtigt, von vornherein für falsch und für unzulässig. Ich glaube, das ist hier schon oft und deutlich genug gesagt warden.
Ich möchte auf der andern Seite nur noch einmal das wiederholen, was ich gestern gesagt habe. Wir hätten von dem Herrn Bundesfinanzminister, der auf der einen Seite mit so großer Leidenschaft von den Ländern — und das heißt, immer auch von den Gemeinden und letztlich von dem Steuerzahler — Steuergelder und Beiträge für einen Bundeshaushalt verlangt, der noch ganz andere Anforderungen enthält als die für den Lastenausgleich,
erwartet, daß er sich auf der andern Seite mit derselben Wärme wie für die Forderungen, die er da vertritt, auch vor die Steuerzahler, vor die Länder und die Gemeinden stellt, um sie vor dem zu schützen, was hier an sie herangetragen wird. Aber die einen Forderungen sind offenbar wichtiger als die andern. Die Bewertung, die der Herr Bundesfinanzminister hier hinsichtlich der Priorität seiner Ansprüche vorgenommen hat, können wir nicht mitmachen.
Wir haben namentliche Abstimmung beantragt; wir möchten aber anregen, daß mit Rücksicht auf die gleichzeitige Sitzung des Auswärtigen Ausschusses die namentlichen Abstimmungen auf einen bestimmten Zeitpunkt, etwa 12 Uhr, zurückgestellt werden.
Meine Damen und Herren, dann schlage ich vor, daß wir alle Abstimmungen
bis 12 Uhr zurückstellen, nicht nur die namentlichen.
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Der Abgeordnete Seuffert hat Bedenken dagegen geltend gemacht, daß diese Zusammenstellung verteilt wird. Ich darf annehmen, daß das Haus keine Bedenken dagegen hat.
Die Beurteilung bleibt jedem einzelnen Abgeordneten anheimgestellt. Es handelt sich um eine Aufstellung des Statistischen Bundesamts.
Zu § 315 liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann schließe ich die Besprechung zu § 315.
Zu § 326 liegt ein handschriftlicher Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Bertram vor; er ist lediglich technischen Inhalts.
— Herr Abgeordneter Loritz, wir haben eben die Abstimmung bis 12 Uhr zurückgestellt.
— Herr Abgeordneter, zu § 318 ist kein Änderungsantrag gestellt worden. Nach der Geschäftsordnung findet in der dritten Lesung eine Beratung nur über Paragraphen statt, zu denen Änderungsanträge gestellt sind.
Herr Abgeordneter Dr. Bertram zu § 326!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu § 326 haben wir — Herr Kollege Lücke und ich und einige von unseren Fraktionskollegen — einen rein redaktionellen Änderungsantrag gestellt, in dem wir beantragen, in Abs. 2 des § 326, so wie er in der zweiten Lesung beschlossen worden ist, die Worte „an Geschädigte" vom Schluß des Paragraphen an den Anfang der Bestimmung vorzuziehen, so daß es dann nicht mehr heißt:
Die Darlehen sollen bevorzugt zur Erstellung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Wohnungen in der Rechtsform des Wohnungseigentums oder des Dauerwohnrechts an Geschädigte gewährt werden.,
sondern:
Die Darlehen sollen bevorzugt an Geschädigte
zur Erstellung von . . . gewährt werden. Diese redaktionelle Änderung, die keine sachliche Änderung ist, bitte ich anzunehmen.
Meine Damen und Herren, wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Besprechung zu § 326 schließen.
— Wir haben uns eben entschlossen, die Abstimmungen bis 12 Uhr zurückzustellen. Wir wollen doch dabei bleiben.
Der nächste Änderungsantrag ist der der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 19 zu § 340. Darf ich fragen, ob er begründet werden soll? — Herr Abgeordneter Heiland!
Meine Damen und Herren! Bei § 340 handelt es sich um den Kontrollausschuß und die Zusammensetzung des Kontrollausschusses. Wir beantragen wie in der zweiten Lesung noch einmal, daß der Kontrollausschuß in folgender abgeänderter Form zusammengesetzt wird:
Bei dem Bundesausgleichsamt wird ein Kontrollausschuß von 20 Mitgliedern gebildet. Zehn Mitglieder wählt der Bundestag für die Dauer der Wahlperiode. Je ein Mitglied entsenden die Regierungen der Länder des Bundesgebiets und des Landes Berlin.
Wie Sie wissen, ist im Gesetz vorgesehen, daß die zehn Mitglieder auf der Länderebene durch die Länderparlamente gewählt werden sollen. Wir meinen, daß die Fachexperten, die auch den Länderregierungen verantwortlich sind, durch die Länder entsandt werden sollten. Ich glaube, daß Sie bei ernsthafter Überlegung mit uns der Meinung sind, daß das die Arbeitsfähigkeit des Kontrollausschusses am besten gewährleistet.
— Ja, Herr 'Kollege Golitschek, Sie und ich, wir haben ja die ganze Zeit im Kontrollausschuß gearbeitet und wir beide zumindest werden doch festgestellt haben — —
— Sie werden nichts verbessern, Sie werden es verschlechtern, wenn Sie der Meinung sind. Ich möchte wiederholen — ohne einen Namen zu nennen —, was ein Mitglied des Hohen Hauses im Rechtsausschuß zu dieser Frage gesagt hat. Dieses Mitglied des Hohen Hauses, das als Experte für den Lastenausgleich gilt, hat gesagt, daß das ein sinnvoller Antrag sei, wenn verlangt werde, daß die Länderegierungen und nicht die Länderparlamente entsendeten. Ich glaube, hier sollten Sie sich dem Fachwissen dieses Ihres Experten ruhig einmal beugen.
Zu § 340 Abs. 1 Herr Abgeordneter Zawadil, bitte! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Antrag zu § 341 ebenfalls gleich begründeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erübrigt sich, das zu wiederholen, was in der zweiten Lesung bereits ausgeführt worden ist. Ich darf bloß auf die Tatsache hinweisen, daß in der zweiten Lesung Herr Kollege Kunze bei der Abstimmung zu § 336 in dankenswerter Weise erklärt hat, daß die Abstimmung zu diesem Paragraphen von grundsätzlicher Bedeutung ist. Die Abstimmung hat eine Mehrheit für die Einbeziehung von Vertretern der Verbände in die Lastenausgleichsausschüsse ergeben. Weil das ein Mehrheitsbeschluß ist und erfreulicherweise in dieser Form zum Ausdruck gekommen ist, bitte ich, die beiden jetzt zur Abstimmung stehenden Änderungsanträge zu §§ 340 und 341 ebenfalls unter diesem Gesichtswinkel zu betrachten und im Sinne der bei der Abstimmung in der zweiten Lesung aufgeworfenen Grundsatzfrage zu bejahen. Ich betone noch einmal, nicht die Verbände wünschen ihre Beiziehung, das Mitberatungsrecht, sondern wir möchten, daß die Verbände zur Mitverantwortung herangezogen werden. Verschließen Sie sich diesen Argumenten bitte nicht und bedenken Sie auch, daß sie von sehr wirkungsvoller optischer und psychologischer Bedeutung sind.
Herr Abgeordneter Schütz!
Ich darf sagen, daß meine politischen Freunde dem Antrag zustimmen werden.
Weitere Wortmeldungen zu den §§ 340 und 341? — Keine. Ich schließe die Besprechung zu den §§ 340 und 341. Der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather deckt sich ja wörtlich mit demjenigen, der soeben von Dr. Zawadil begründet worden ist.
Dann rufe ich § 350 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 20 vor. Soll er begründet werden? -Offenbar nicht. Wird das Wort dazu gewünscht? — Offenbar wird das Wort nicht gewünscht. Dann kann ich die Besprechung zu § 350 schließen.
Zu § 384 Nr. 2 liegt ein Streichungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 21 vor. — Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zu § 384 Nr. 2 gehört sachlich zu unserem Antrag zu § 315. In § 384 wird von Berlin dasselbe verlangt, was in § 315 von den übrigen Ländern verlangt wird. Dem ist mit derselben Begründung entgegenzutreten, die wir Ihnen zu § 315 vorgetragen haben, es sei denn, man könnte außerdem noch der Ansicht sein, daß Berlin ja nun wirklich keine Fürsorgeleistungen erspart hat.
-- Ach, wir sind hinsichtlich dieser Ersparnisse sogar noch bei der Zukunftsmusik; das wird ja immer komplizierter!
Herr Kollege Kunze, wenn ich diese Zahlen vorhin gesehen hätte und wenn ich gesehen hätte, daß hier ein Betrag von, wenn ich Zahlen lesen kann, 20 Millionen DM zusammengerechnet ist, dann hätte ich Ihnen damals noch etwas anderes erzählt.
Über den Antrag zu § 350 beantragen wir namentliche Abstimmung.
Wird zu § 384 noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Besprechung.
Ich komme zu § 391. Dazu liegt ein Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB, FU vor, Umdruck Nr. 542, den § 391 neu zu fassen. Wünscht jemand das Wort dazu? —
— Bitte schön, Herr Abgeordneter Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union stellt mit Genugtuung fest, daß sich die Koalitionsparteien im Gegensatz zur zweiten Lesung unserer Initiative gemäß entschlossen haben, statt der negativen Formulierung des § 391 eine positive Formulierung zu wählen und vor allem auch einer Terminsetzung zum 31. März 1953 für die gesetzliche Regelung der Altspareransprüche zuzustimmen.
Wir legen Wert darauf, noch festzustellen, daß die vorgesehene gesetzliche Regelung unter Zugrundelegung des Antrags der Bayernpartei vom 7. Oktober 1949, Drucksache Nr. 84, und des Initiativgesetzantrages des Zentrums Drucksache Nr. 1874 erfolgen soll, wonach wir als aufwertungsfähig insbesondere Sparguthaben, festverzinsliche Anleihen, Lebens- und Rentenversicherungsverträge, Bausparverträge und Hypotheken ansehen. Der vorliegenden Fassung auf Umdruck Nr. 542 stimmen wir zu.
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Besprechung zu § 391.
Der Antrag Umdruck Nr. 519 ist damit also erledigt, Herr Abgeordneter Dr. Besold?
Zu § 397 liegt ein Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Kather und Genossen Umdruck Nr. 551 vor.
— Herr Abgeordneter Dr. Trischler, Sie werden als Redner annonciert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wiederholen in der dritten Lesung nochmals unseren Antrag, der in der zweiten Lesung abgelehnt worden ist. Es handelt sich um den Einheitswert auf der Entschädigungsseite. Wir glauben, daß jetzt wohl niemand mehr im Hause ist, der annimmt, wir wünschten auch auf der Aufkommenseite eine Änderung des Einheitswertes bezüglich des landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Vermögens. Wir stellen uns auf den Standpunkt, daß der Einheitswert nach dem Reichsbewertungsgesetz sowieso auf die Dauer normal auf dem 25fachen Umrechnungsfaktor beruht. Das ist der Dauerwert bezüglich des Einheitswertes. Die Abgabenseite ist j a zeitbedingt. Darum ist es begreiflich, daß dort nur der zur Zeit gültige 18fache Umrechnungsfaktor Gültigkeit hat. Ich bitte deshalb, jetzt, nachdem wir uns im großen und ganzen in allen Fällen geeinigt haben, diesem unserem Wunsch, der wirklich niemandem wehtut und der von den Vertriebenenverbänden gutgeheißen wird, stattzugeben.
Ich möchte hier Herrn Kriedemann auf seine Rede in der zweiten Lesung antworten, als er auf die Bemerkung, die Verbände hätten zugestimmt, gesagt hat, die SPD habe auch Zustimmung von uns e r en Verbänden; die stimmten nicht allem zu. Selbstverständlich ist es bei allen zentralen Verbänden — auch bei Ihren Gewerkschaften —
so, daß ihnen erstens nicht alle angehören und zweitens nicht alle Mitglieder das für unbedingt richtig halten, was in der Zentrale geschieht. So ist es selbstverständlich auch bei den Vertriebenen- und Geschädigtenverbänden; aber immerhin sind sie die Repräsentanten der Mitglieder und haben für diese zu sprechen; und sie halten diese Lösung für richtig. Es kostet keinen einzigen Pfennig mehr. Die Betroffenen sind der Meinung, daß das eine gerechte Lösung ist. Daher bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.
Wünscht jemand das Wort zu dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 551? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Besprechung auch zu § 397.
Meine Damen und Herren, gestern war die Beratung des § 20 a zurückgestellt worden. Dazu liegt ein Antrag vor, der im Augenblick in der Vervielfältigung ist; er muß Ihnen wahrscheinlich erst vorliegen.
Ich darf vorschlagen, daß, da wir mit den übrigen Änderungsanträgen am Ende sind, zunächst die vorliegenden Entschließungsanträge begründet werden, soweit es gewünscht wird. Es liegt die Drucksache Nr. 3373, Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB, vor. Wird auf eine Be-
gründung verzichtet? — Dieser Entschließungsantrag soll nicht begründet werden.
Es liegt weiter der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 560 vor, der verteilt worden ist. — Herr Abgeordneter Meyer !
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen bei der Beratung in der dritten Lesung und auch bereits in der zweiten Lesung gesagt, daß für uns die Bestimmung in § 26 Nr. 3 Buchstabe b nicht ausreicht, daß wir darüber hinaus der Meinung sind, sie habe im Gesetz keine Grundlage, sie stelle eine Deklamation, eine Aufforderung dar und es bedürfe zur Präzisierung dessen, was erwartet werde, einer Verdeutlichung, wir würden Ihnen dafür eine Entschließung unterbreiten. Diese Entschließung ist Ihnen soeben verteilt worden.
In dieser Entschließung soll das Ersuchen an die Bundesregierung gestellt werden, alsbald, und zwar bis zum 30. Juni dieses Jahres, dem Hause darüber zu berichten, a) ob, nachdem die Regelung der Altbaumieten erfolgt ist — dieser Tatbestand ist j a zur Zeit noch in der Schwebe —, oder b) unter welchen weiteren Voraussetzungen die Bundesregierung glaubt, daß nunmehr die Anpassung der Erhebungssätze für Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser an diejenigen geschehen könne, die für die übrigen Wohngrundstücke bereits festgesetzt sind, nämlich mit einem Vierteljahresabgabesatz von 1,25 %. Wir haben darüber hinaus die Erwartung ausgesprochen, daß die Bundesregierung gleichzeitig mit ihrem Bericht, in dem sie den Tatbestand untersuchen und darstellen soll, eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringt.
Mit dieser Entschließung wiederholen und unterstreichen wir, was wir bei den verschiedenen Beratungen, die in diesem Hause zur Frage der Regelung des Mietenproblems stattgefunden haben, bereits gesagt haben. Wir wünschen erstens, daß das Mietenproblem einer endgültigen Lösung zugeführt wird; aber wir wünschen darüber hinaus, daß dem Hause endlich eindeutiges Material darüber zugeht, wie denn in der Tat die Ertragsverhältnisse im Wohnhausbesitz sind. Alles, was darüber bisher geredet worden ist, ist leider lediglich Behauptung geblieben und vermag uns noch nicht restlos zu überzeugen, in welchem Umfang eine Neuregelung des Mietenproblems erforderlich wäre. Es vermag uns auf der andern Seite auch nicht zu überzeugen, daß der 4 %ige Jahresbetrag oder der 1 %ige Vierteljahresbetrag, der aus Mietwohngrundstücken und Einfamilienhäusern geleistet werden muß, in der Tat den Ertragsverhältnissen bzw. den Vermögensverhältnissen entspricht.
In diesem Zusammenhang dürfen wir darauf hinweisen, daß das Lastenausgleichsgesetz die Leistungspflichtigen ja zu einer Vermögensabgabe verpflichten soll, die unabhängig von dem Ertrag ist. Wenn wir dieser Vorabregelung oder Ausnahmeregelung, die für den Mietwohngrundbesitz und die Einfamilienhäuser der Privaten im Gesetz zugestanden ist, als Übergangsregelung zugestimmt haben, so deshalb, weil auch wir in jenem Zeitpunkt der Ausschußberatungen keine vollendeten Tatsachen schaffen wollten. Um so mehr erachten wir es aber für erforderlich, daß nunmehr allerschnellstens die tatsächlichen Verhältnisse durchleuchtet werden. Diesem Ziel soll unsere Entschließung dienen, indem wir die Bundesregierung ersuchen, daß sie sowohl für die Zwecke des Lastenausgleichs als aber auch für die wirtschaftlichen Zwecke des Mietwohnhausbesitzes und des Wohnhausbesitzes überhaupt nunmehr eindeutiges Material heranbringt, das klarmacht, inwieweit in absehbarer Zeit die Vierteljahresbeträge für diese Gruppe von Vermögensbesitzern ebenfalls auf 1,25 v. H. erhöht werden können.
Wir bitten Sie, weil wir glauben, daß dieses Problem eine besondere Dringlichkeit hat, unserer Entschließung zuzustimmen und damit die Bundesregierung zu verpflichten, bis zum 30. Juni dieses Jahres entsprechend zu handeln.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Die Anregung des Herrn Kollegen M e y e r, die im Umdruck Nr. 560 niedergelegt ist, ist beachtlich. Auch die Regierungsparteien wünschen, daß die Verhältnisse des Wohnungsbaus und des Wohnungsbesitzes eingehend untersucht und diesem Hause dargelegt werden. Nicht richtig freilich ist, Herr Kollege Meyer, Ihre Darlegung, daß die Vermögensabgabe völlig unabhängig vom Ertrag sei. Es ist vielmehr ganz im Gegenteil von den Parteien, die den betreffenden Bestimmungen zugestimmt haben — dazu gehört auch die Ihrige —, anerkannt worden, daß die Höhe der Abgabe nicht unabhängig sein könnte von der Rentabilität des Vermögensobjekts — nicht jedes einzelnen Vermögensobjekts freilich, vielmehr bestimmter Gruppen, die wir im Gesetz mit Ihrer Zustimmung gebildet haben —, also Landwirtschaft besonders niedrig, in der Mitte der Hausbesitz und dann die gewerbliche Wirtschaft. Infolgedessen — darauf beruht ja gerade Ihr Antrag — ist die Ertragslage des Hausbesitzes, die uns bei Erlaß des Gesetzes nicht genügend geklärt zu sein scheint, gewissermaßen eine Funktion der zukünftigen Abgabe.
Wir bedauern aber sagen zu müssen, daß wir den Antrag im einzelnen noch nicht genügend haben prüfen können, insbesondere auf die Fassung des Vorspruchs. Mir persönlich — ich habe nicht Gelegenheit gehabt, mit der Fraktion darüber zu sprechen — sch eint auch die Frist des 1. Juli 1952 etwas kurz zu sein. Da der Antrag uns aber dem Grundsatz nach berechtigt erscheint, schlagen wir vor — und ich beantrage es hiermit —, den Antrag zunächst dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zu überweisen mit der Bitte, ihn recht bald diesem Hause mit einem Beschluß zuzuleiten.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte angenommen, daß zunächst die Entschließungen eingebracht werden sollten und daß dann zu den Entschließungen Stellung genommen würde. Wenn jetzt schon zu der einzelnen Entschließung gesprochen worden ist, so muß ich darauf aufmerksam machen, daß zu der nicht begründeten Entschließung der Regierungsparteien Drucksache Nr. 3373 noch einiges zu sagen wäre. Ich würde vorschlagen, daß wir dabei verbleiben, die Entschließungen jetzt insgesamt einzubringen und dann entweder über alle Entschließungen zusammen oder über jede Entschließung die Aussprache zu eröffnen.
Meine Damen und Herren, ich hatte vorgesehen, zunächst die Entschließungen begründen zu lassen und sie dann zur Aussprache zu stellen. Herr Abgeordneter Dr. Bucerius hat einen Antrag auf Ausschußüberweisung gestellt. Dieser Antrag hätte ja auch zur Geschäftsordnung gestellt werden können; aber die Debatte ist mit dem Antrag auf Ausschußüberweisung nicht abgeschlossen. Ich darf also bitten, daß zunächst der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 561 begründet wird. — Bitte, Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kunze hat in seiner mündlichen Berichterstattung davon gesprochen, daß es eine Fülle von Kriegsfolgen gibt, die in dem Gesetz über den Allgemeinen Lastenausgleich nicht berücksichtigt werden konnten. Er hat weiterhin auf § 328 des Gesetzes, den sogenannten Härtefonds, hingewiesen, durch den man auf dem Wege einer Rechtsverordnung denjenigen unter den Sowjetzonenflüchtlingen helfen wolle, deren Schicksal dem der Heimatvertriebenen gleich oder ähnlich sei. Wir sind nicht der Ansicht, daß man mit einer solchen Regelung über den Härtefonds, die keinen Rechtsanspruch gewährt, den Sowjetzonenflüchtlingen, die wegen Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit die Sowjetzone verlassen mußten und hier in der Bundesrepublik auf Grund des Notaufnahmegesetzes Aufnahme gefunden haben, gerecht wird. Es handelt sich hierbei um Menschen, die den Freiheitskampf gegen das Regime in der sowjetischen Besatzungszone geführt und sich unter Hintansetzung ihrer persönlichen Sicherheit für unsere gemeinsame Sache der Freiheit und der Einheit eingesetzt haben. Dieser Personenkreis konnte und kann aus der Verfolgung meist nur das nackte Leben retten, verlor Hab und Gut und findet in der Bundesrepublik die verlorengegangene Lebensgrundlage nur sehr mühsam und sehr schwer wieder. Sie sind also durch die wegen ihres Kampfes notwendig gewordene Flucht von dem gleichen schweren Flüchtlingsschicksal betroffen wie die Vertriebenen von jenseits der Oder-Neiße-Linie. Sie sollten also auch zu den Gruppen gehören, denen wir die Voraussetzung für eine neue Lebensgrundlage geben müssen. Wir sind der Meinung, daß wir sie unter gar keinen Umständen schlechter stellen können als andere Gruppen von Kriegsfolge- und Kriegssachgeschädigten, die Leistungen nach diesem Gesetz erhalten. Der Härtefonds, der ja nur durch eine Rechtsverordnung geregelt werden soll, reicht unseres Erachtens dazu nicht aus. Es kommt uns darauf an, eine politische Entscheidung des Parlaments durch ein Gesetz herbeizuführen, das Leistungen gewähren soll, die unter Berücksichtigung der besonderen Lage der Sowjetzonenflüchtlinge den Leistungen des Lastenausgleichsgesetzes entsprechen.
Wir bitten deshalb, unsere Entschließung anzunehmen. Wir bitten Sie deshalb sehr darum, weil wir der Ansicht sind, daß eine solche Regelung nicht nur ein Akt menschlicher Solidarität ist, sondern auch eine politische Aufgabe, die wir zu erfüllen haben.
Meine Damen und Herren, es liegt weiter ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 562 vor. — Herr Abgeordneter Pohle, bitte!
Meine Damen und Herren! Ich bin in der einmaligen glücklichen Lage, bei der Begründung dieses Entschließungsantrages meiner Fraktion mich auf ein Ministerwort berufen zu können. Der Herr Arbeitsminister hat mit Schreiben vom 3. August 1950 an die Vereinigung der Arbeitgeberverbände folgendes geschrieben:
Die Eingliederung der Heimkehrer in das Wirtschafts- und Arbeitsleben ist eine der dringlichsten Pflichten der Heimat, da die Heimkehrer unter sehr harten Lebensbedingungen und oft großen gesundheitlichen Opfern ihre besten Jahre hinter Stacheldraht verbringen und schwere Arbeit leisten mußten.
Herrn Kollegen Kunze ist ja wahl durch zahlreiche Briefe die Sorge auch der Heimkehrer, daß sie ausgeschlossen sein sollen, 'bekannt geworden. Ich hoffe, daß es einer weiteren Begründung nicht bedarf. Wir wollen unter allen Umständen eine Schlechterstellung der Heimkehrer vermeiden, und wir werden uns auch interfraktionell überlegen müssen, was wir zu einer Grundfundamentierung für die wirtschaftliche Eingliederung der Heimkehrer in der Zukunft noch tun können. In der Zwischenzeit soll aber als Überbrückung die Eingliederungshilfe aus dem Lastenausgleich im Wege des Härteausgleichs gewährt werden können.
Ich glaube, daß es einer weiteren Begründung und Debatte nicht bedarf, und erwarte die einstimmige Zustimmung des Hauses zu diesem Entschließungsantrag der SPD.
Ein weiterer Entschließungsantrag der Fraktion der SPD liegt auf Umdruck Nr. 563 vor. Dazu hat das Wort Frau Abgeordnete Strobel.
Meine Herren und Damen! Es ist bekannt, daß zu den Gruppen, deren besondere Notlage auf Kriegsfolgen zurückzuführen ist, insbesondere auch die Evakuierten gehören, die Evakuierten, die nicht Kriegssachgeschädigte sind, sondern während des Bombenkrieges aus ihren Heimstätten auf das Land evakuiert worden sind. Diese Menschen sind, was die Wohnraumhilfe, die Berufsausbildung, die Arbeitsplatzbeschaffung usw. betrifft, im Lastenausgleichsgesetz nicht berücksichtigt. Ich glaube, wir würden ein sehr schweres Versäumnis begehen, wenn wir nicht wenigstens im Rahmen einer Entschließung die Regierung bitten würden, das vom Herrn Innenminister Lehr bereits angekündigte Evakuiertengesetz möglichst bald vorzulegen. Wir legen Ihnen deswegen diese Entschließung vor, die dem ganzen Haus die Möglichkeit gibt, diesen in einer besonderen Notlage sehr verbitterten Menschen den Beweis zu erbringen, daß man sie nicht vergessen hat, sondern wünscht, auf dem Wege der Gesetzgebung sehr rasch auch ihre Notlage zu beseitigen. Ich glaube, es ist nicht notwendig, zu dem ganzen Komplex noch mehr zu sagen, als im Laufe der Diskussion um den Lastenausgleich schon ausgesprochen worden ist. Es ist einfach eine menschliche Verpflichtung, die Not dieser Menschen zu beseitigen.
Zum Schluß möchte ich ganz besonders meine bayerischen Kollegen aus allen Parteien, die vor kurzem an einer Besprechung über die Lage der Evakuierten in Nürnberg teilgenommen haben und dort alle eine Aufgeschlossenheit und ein besonderes Verständnis für die Notwendigkeit der Lösung dieser Frage gezeigt haben, bitten, nun
konkret durch die Zustimmung zu unserer Entschließung auch ihren Willen zur Hilfe zum Ausdruck zu bringen.
Damit sind die vorliegenden Entschließungsanträge begründet worden, d. h. die Umdrucke Nrn. 560, 561, 562 und 563 der Fraktion der SPD und die Drucksache Nr. 3373 der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB. Ich darf diese Entschließungsanträge gemeinsam zur Aussprache stellen. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Seuffert, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Man muß leider feststellen, daß diese
Lastenausgleichsdebatte an ihrem Schluß in eine
Atmosphäre der Beiläufigkeit, Schludrigkeit und
des Nur -schnell-Wegerledigens kommt, die mir
außerordentlich bedauerlich erscheint. Einer der
Gründe, die mich davon sprechen lassen, ist die
Tatsache, daß ein Antrag wie der Entschließungsantrag auf Drucksache Nr. 3373 überhaupt nicht
einer Begründung für wert befunden worden ist.
— Er ist vor diesem Hause nicht begründet worden.
Wenn Sie annehmen sollten, daß das, was gestern hier gesagt worden ist, oder etwa die auch sehr beiläufige Erklärung des Herrn Vizekanzlers eine Begründung für den Antrag und für das ist, was hier so an die Wand gemalt wird, so muß ich sagen, daß eben eine solche Meinung den Abschluß dieser Debatte über den Lastenausgleich mit dem Stigma des Nicht -mehr-Ernstnehmens, des beiläufig Nurschnell-Erledigens kennzeichnet.
— Ja, das ist eben das Komische, daß die Zeitungen
auf Grund eines solchen Antrags etwas Derartiges
schreiben und nach Ihrer Ansicht schreiben sollen.
Eine derartige Rechnung als eine Milchmädchenrechnung zu bezeichnen, wäre j a weiß Gott eine Beleidigung des ehrenwerten Berufsstandes der Milchmädchen.
Ich muß mich — wir können j a nachher das Fazit ziehen — mit diesem Antrag beschäftigen, wenn Sie es nicht für der Mühe wert halten. Wenn Sie gestern von Begründung gesprochen haben, so soll doch dieser Antrag in erster Linie die Begründung für Ablehnungen sehr konkreter und — wie das ganze Haus weiß, wie außer unserer Fraktion mindestens hundert Leute von Ihnen wissen und bekennen — notwendiger Anträge auf Bereitstellung von Wohnbaumitteln in dem erforderlichen Umfang sein, um das Wohnbauprogramm aufrechtzuerhalten. Dieses Papier soll ja die Begründung dafür sein, das nicht zu tun, was nach unserer Überzeugung und nach der Überzeugung von über hundert Leuten, die bei Ihnen Anträge unterschrieben und nicht eingereicht haben, zur Förderung des Wohnungsbaus notwendig ist.
— Was geschieht? Dieser Antrag beginnt mit den
Worten: „Für die produktive Eingliederung der Geschädigten". Wir haben im Laufe der Debatte schon
mit außerordentlicher Befriedigung festgestellt, welcher Wert auch von anderer Seite und auch von einer Seite, bei der man es vor Tische anders las, wie z. B. bei dem Herrn Kollegen Dr. Kather, neuerdings auf die wirkliche und die produktive Eingliederung der Geschädigten und insbesondere der Vertriebenen gelegt wird.
Zu unserer Befriedigung ist es jetzt Mode geworden, alle Forderungen, die man an den Lastenausgleich stellt, tunlichst mit der Kennmarke „Mittel für die produktive Eingliederung" zu versehen. Wir halten das für ein Zeichen der Einsicht, und wir weisen darauf hin, daß das ungefähr unsere Ansicht vom Lastenausgleich immer war. Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit gegenüber einigen Berechnungen, die gestern über das Verhältnis der sozialen Leistungen und der Entschädigungsleistungen im Lastenausgleich aufgestellt worden sind, folgendes sagen.
Als echte soziale Leistungen können Sie ansehen und müssen Sie wohl ansehen die Rentenleistungen, wobei die Kriegsschadenrente eine Entschädigungsrente ist und deswegen keine reine soziale Leistung, sogar, wenn Sie es streng nehmen, überhaupt keine soziale Leistung, sondern eine Entschädigungsleistung.
Daß man etwa die Hausrathilfe als eine soziale Leistung bezeichnen könnte, das ist Ihnen gegenüber, Herr Kollege Schütz, gestern schon zurückgewiesen worden, und ich glaube, Sie haben sich in diesem Punkte auch schon berichtigt. Die Hausratentschädigung ist auf jeden Fall die einzige Entschädigungsleistung, die 75 % der Geschädigten überhaupt bekommen. Alles andere — von einigen Förderungsmaßnahmen und ähnlichem abgesehen — fließt in die Kasse der Entschädigungen. Denn was Sie an Aufbaudarlehen — das dürfen Sie doch nicht vergessen —, was Sie an Wohnraumhilfe im Kreditwege, was Sie an Arbeitsplatzdarlehen ausgeben, das geben Sie doch bloß darlehnsweise aus, und das fließt doch nachher in die Entschädigungskasse zurück. Also alles mit Ausnahme der Unterhaltsrenten ist hier Entschädigung.
Es handelt sich nur darum, wie inzwischen mit diesen Mitteln, die letzten Endes in die Entschädigungskasse fließen — daran war nie ein Zweifel —, die produktive Eingliederung durchgeführt werden kann.
Wenn Sie also hier mit der produktiven Eingliederung anfangen und hier einige Summen nennen, die für sie bereitzustellen sind, so heißt das zunächst und letzten Endes gar nichts anderes, als daß Sie, wenn Sie hier von Überschüssen und von Abgabeerhöhungen sprechen, sagen: die Mittel des Lastenausgleichs sind für die Zwecke des Lastenausgleichs zu verwenden.
Was aber dahintersteckt, ist folgendes. Sie setzen ohne weiteres voraus, daß in der Gesetzesvorlage nach den Ausschußbeschlüssen ein Überschuß von 200 Millionen DM für die produktive Eingliederung da ist. Ich will in diesem Augenblick nicht davon sprechen, daß diese Zahlen auf Kalkulationen hinsichtlich des Zuschusses der öffentlichen Hand beruhen in der Höhe, die wir Ihnen wiederholt hier vorgerechnet haben, und daß Sie bisher, glaube ich, noch keine Grundlage dafür gefunden haben, diesen Zuschuß der öffentlichen Hand wirklich einbeziehen zu können. Der Bundesrat hat sich bisher immer dagegen ausgesprochen, ihn zu be-
willigen. Die Einbeziehung der Vermögensteuer hängt in der Zukunft von einem Gesetz ab, das noch nicht verabschiedet ist und das eine Reihe von Fragen im Rahmen des Art. 107 des Grundgesetzes behandeln muß. Jetzt in der Gegenwart hängt sie von einer Verfassungsänderung ab. Sie können also schon deswegen noch nicht sagen, daß Sie diesen Überschuß von 200 Millionen DM nach dem Gesetz in der Ausschußfassung wirklich schon haben. Die Berechnung dieses Überschusses setzt allein voraus, daß in den ersten Jahren nicht mehr als 500 Millionen DM für die Hausrathilfe ausgegeben werden.
Über die Abwicklung der Hausrathilfe hat man in der letzten Zeit in der Presse sehr erstaunliche Zahlen gelesen und auch sonst gehört. Man hat lesen können, daß man neuerdings damit rechnet, diese Hausrathilfe erst in 12 oder 15 Jahren abzuwickeln. Derartige Berechnungen lassen auf eine solche Zeit kommen. Unserer Ansicht nach muß die Hausrathilfe weitaus schneller abgewickelt werden. Wenn Sie dem nachkommen, haben Sie von vornherein nicht diesen Überschuß von 200 Millionen DM aus der Ausschußfassung.
Sie beantragen nun im Wege einer Entschließung, daß außer diesen, wie gesagt, zu Unrecht als bereits vorhanden berechneten 200 Millionen DM für die produktive Eingliederung — deswegen zu Unrecht berechnet, ich wiederhole es noch einmal, weil man mit dieser Summe die Hausrathilfe tatsächlich erst in 10 bis 15 Jahren abwickeln kann und das untragbar ist — die durch die jetzt beschlossene Fassung erhöhten Abgaben für die produktive Eingliederung bereitgestellt werden sollen. Ich muß schon sagen, für was denn sonst? Ich will auch zugeben, daß die Erhöhung der Abgaben ungefähr auf diesen Betrag herauskommen könnte, obwohl sie nach unseren Anträgen weit höher gekommen wäre, nach unseren Anträgen, denen — wie soll ich es Ihrer Ansicht nach sagen, Herr Kollege Dr. Golitschek? — die Abgeordneten, die die Flüchtlingsinteressen hier in erster Linie vertreten wollten, um nicht von Flüchtlingsvertretern zu sprechen, in dritter Lesung zuzustimmen nicht mehr den Mut gefunden haben. Deswegen sind es eben nur 200 Millionen DM Abgabeerhöhung.
Nun komme ich zu b). Da heißt es: Es sind „bereitzustellen durch die im Lastenausgleichsgesetz vorgesehenen Vorauszahlungen von Abgaben rund 100 Millionen DM".
Meine Damen und Herren, Mittel durch vorzeitige Ablösung von Lastenausgleichsabgaben stellen nicht Sie durch Gesetze zur Verfügung, sondern die stellen die Abgabepflichtigen zur Verfügung, wenn sie zahlen und wenn sie zahlen mögen. Es ist absolut in die Luft gesprochen, wenn Sie sagen: Es sind durch vorzeitige Ablösung von Abgaben Mittel im Betrage von 100 Millionen DM bereitzustellen. Bitte schön, wer ist denn dazu verpflichtet?
Dann sagen Sie in c): „durch eine Erstreckung der Vergünstigungen des § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes auf Darlehen, welche dem Lastenausgleichsfonds gewährt werden, rund 150 Millionen DM". Meine Damen und Herren, haben Sie sich das denn nicht zweimal überlegt? Wollen wir denn nicht mit diesen Siebener -Gruppen jetzt endlich einmal Schluß machen? Haben wir denn nicht genügend Erfahrung darin? Sehen Sie denn nicht, daß Sie auch hier wieder die Beträge, die sich durch solche Steuervergünstigungen ergeben, der Gesamtheit der Steuerzahler, den öffentlichen Haushalten, den Ländern wegnehmen? Und glauben Sie denn wirklich, der Lastenausgleich könne für Darlehen solche Bedingungen geben, wie sie von den Darlehensnehmern nach § 7 d und anderer Darlehen gegeben worden sind? Das ist doch kein Weg, mit dem wir Lastenausgleichsaufgaben finanzieren können! Wir halten den hier vorgezeichneten Weg für sehr bedenklich und wir hätten gerade zu diesem Punkt einige Erklärungen und Begründungen erwarten können, um überhaupt den Versuch einer Rechtfertigung solcher Dinge zu hören.
Dann kommt die Ziffer d). Danach sind bereitzustellen „durch Ausgabe von 5% igen steuerbegünstigten" — steuerbegünstigten natürlich wieder —„lombardfähigen Schatzscheinen der Lastenausgleichsbank rund 200 Millionen DM". Meine Damen und Herren, 200 Millionen DM beschafft man nicht durch Ausgabe von Schatzscheinen, sondern dadurch, daß die abgenommen werden! Auch hier ist uns nicht die Spur einer Begründung vorgetragen worden, nicht die Spur einer Erklärung gegeben worden, wie, durch wen, in welchem Umfange und unter welchen Bedingungen die Abnahme eines solchen Betrages gesichert sein soll.
„Weiterhin" — heißt es hier in diesem Antrag — „sind für die Beschleunigung der Umsiedlung im laufenden Jahr über die in § 350 des Lastenausgleichsgesetzes vorgesehenen 300 Millionen DM hinaus weitere 200 Millionen DM im Wege der Vorfinanzierung bereitzustellen." Meine Damen und Herren. seit wann sind denn die 300 Millionen DM in § 350 für die Umsiedlung? Die sind für den Wohnungsbau zugunsten der Flüchtlinge und Geschädigten ganz allgemein! Seit wann sind die plötzlich für die Umsiedlung?
Und wissen Sie denn nicht, daß wir diesem Hause einen Antrag vorgelegt haben, 1 Milliarde DM für die Umsiedlung zu beschaffen? Sie können uns doch angesichts unseres Antrages auf Zur -Verfügungstellung von 1 Milliarde DM für die Umsiedlung nicht damit abspeisen, daß Sie sagen: Es sind weitere 300 Millionen DM im Wege der Vorfinanzierung bereitzustellen! Wem, darf ich dann fragen, geben Sie denn diesen Auftrag, daß die Mittel im Wege der Vorfinanzierung bereitzustellen sind? Wem wollen Sie denn diesen Auftrag geben? Wer hat denn diesen Auftrag angenommen, und wann, unter welchen Bedingungen und wie soll das denn sein? Ist denn schon jemals in diesem Bundestag ein Antrag angenommen worden: Der Bundestag beschließt: es ist das und jenes im Wege der Vorfinanzierung bereitzustellen? An wen richtet sich denn so ein Auftrag? Welch einen Sinn soll ein solcher Antrag denn haben?
Dann heißt es im letzten Absatz dieses Antrags: Die Bundesregierung wird schließlich ersucht, noch in diesem Jahr zur weiteren Förderung des Wohnungsbaues im Jahre 1953 eine zweckgebundene Umsiedlungsanleihe in Höhe von mindestens 200 Millionen DM unter Bereit-
stellung von Haushaltsmitteln für die Zinsverbilligung aufzulegen.
Ja, das ist ja wieder ein ganz neuer Typ von Anleihen! Da haben wir steuerbegünstigte Anleihen, da haben wir Aufträge an irgend jemanden — wir wissen nicht, an wen —, Summen im Wege der Vorfinanzierung bereitzustellen, und da haben wir nun wieder eine Anleihe, die unter Aufwendung von Haushaltsmitteln zinsverbilligt werden soll. Ja, konnten Sie denn nicht noch ein paar vage Projekte hier einbauen? Konnten Sie denn nicht noch ein paar unbestimmte Möglichkeiten erwähnen? Sollen wir uns denn zu dem ganzen Salat hier auf einmal entschließen, oder was haben Sie gedacht?
Meine Damen und Herren, im Ernst gesprochen
— im Ernst gesprochen, obwohl ich den Antrag, ich muß es sagen, kaum ernst nehmen kann —, der Antrag soll, das wissen wir alle, ein Argument sein, um den sehr präzisen Anträgen, die nach der Überzeugung der Mehrheit dieses Hauses angenommen werden müssen, um mindestens das Wohnungsbauprogramm sicherzustellen, auszuweichen und mit Versprechungen und vagen Erwähnungen der Art, wie sie hier zusammengestellt sind, an dem Problem vorbeizugehen.
Wir werden diesem Antrag, wenn er zur Abstimmung gestellt wird, nicht zustimmen können. Sollte er 'dem Ausschuß überwiesen werden, können wir uns dort im einzelnen mit ihm beschäftigen. Die Tatsache, daß der Antrag hier nicht einmal begründet worden ist, ist bedauerlich und bedarf der Hervorhebung. Auf keinen Fall sind ein
derartiger Antrag und eine 'derartige Argumentierung ein Grund, das abzulehnen, was wir zu § 350 und an anderen Stellen des Gesetzes beantragt haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Lücke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Seuffert, ich möchte zunächst doch einmal eines feststellen: die Regierungskoalition und die Sozialdemokratie sind bisher einmütig der Meinnung gewesen, daß der Wohnungsbau unter allen Umständen in Deutschland Sozialproblem Nr. 1 zu bleiben hat.
Von diesem Anliegen wird die 'Regierungskoalition nicht abgehen. Zu den technischen Einzelheiten des Antrages und der vorliegenden Entschließung werden noch andere Herren etwas sagen. Ich möchte Ihnen, Herr Kollege Seuffert, meinerseits nur sagen: der von mir unterschriebene Antrag zur dritten Lesung trägt nicht 100, er trägt 110 Unterschriften. Wir haben die in der zweiten Lesung angekündigten Verhandlungen sehr, sehr nachdrücklich geführt. In den beiden letzten Absätzen des Ihnen vorliegenden Entschließungsantrags steht eindeutig das, was wir im Augenblick fordern mußten und konnten, daß nämlich für dieses Haushaltsjahr über die 300 Millionen DM Wohnraumhilfe hinaus weitere 200 Millionen DM im Wege der Vorfinanzierung zur Verfügung stehen. Weiter stehen für das kommende Baujahr mit der Möglichkeit, es im Oktober zu verplanen, weitere im Wege der Anleihe zu beschaffende
200 Millionen DM zur Verfügung. Technische Einzelheiten wird vielleicht Herr Dr. Preusker erläutern.
Damit ist das Anliegen, das wir im Interesse des Wohnungsbaus zu vertreten hatten, im Lastenausgleich erfüllt. Ich darf darüber hinaus aber auf die Regierungserklärung verweisen. Diese ist nicht, Herr Kollege Seuffert, beiläufig gegeben. Es ist nicht unbekannt geblieben, daß diese Verhandlungen — in Anwesenheit selbst des Herrn Bundeskanzlers — sehr ernst geführt worden sind. Wir sind also mit letzter Konsequenz entschlossen, hier für das kommende Baujahr nicht nur die 200 Millionen DM bereitzustellen, sondern darüber hinaus die 6- bis 800 Millionen DM, die wir für das kommende Baujahr brauchen. Wenn in der Regierungserklärung der Satz steht, daß im kommenden Jahr 300 000 Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus errichtet werden sollen — gemeint ist hier das gesamte Volumen, das wir im Ersten Wohnungsbaugesetz festgesetzt haben —, dann ist das eine Erklärung, die die Zustimmung des Kabinetts gefunden hat und von der die Mitglieder der Koalition, die die Verhandlungen mit geführt haben, überzeugt sind, daß sie eingehalten werden wird. Ich darf nochmals erklären: die Verhandlungen waren ernst. Wir lassen uns durch niemanden darin übertreffen, den Wohnungsbau im Bundesgebiet im kommenden Jahr und in den späteren Jahren als Sozialproblem Nr. 1 zu behandeln. Wir werden das Programm von 300 000 Wohnungen in diesem Jahr einhalten, so wie wir es im vorigen Jahr auf 400 000 Wohnungen haben steigern können. Auch im kommenden und im übernächsten Jahr wird der Wohnungsbau trotz aller Schwierigkeiten Sozialproblem Nr. 1 bleiben. Die dazu notwendigen Voraussetzungen enthält der vorliegende Entschließungsantrag. Darum und nur darum haben die 110 Abgeordneten von der Koalition darauf verzichtet, zur dritten Lesung einen Anti ig einzubringen. Wir haben anläßlich der zweiten Lesung erklärt, wenn die laufenden, sehr ernsten Verhandlungen — so habe ich neulich ausgeführt — zu dem von uns gewünschten Erfolg führten, d. h. wenn in diesem und im nächsten Jahr 300 000 Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus gebaut werden könnten, würden wir den Antrag nicht stellen.
Es hat sich daher erübrigt, zu § 350 den Antrag zu stellen. Ich darf Sie bitten, den beiden letzten Absätzen der Koalitionsentschließung Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Seuffert fragte: An wen richten sich denn die Aufträge, bereitzustellen oder Anleihen aufzulegen? Selbstverständlich an die Bundesregierung!
Denn die Bundesregierung hat nun einmal die Beschlüsse des Bundestags auszuführen. Sie haben
gestern vernommen, daß die Bundesregierung zu
der Frage der Bereitstellung der ersten 200 Millionen DM, d. h. also von insgesamt 500 Millionen
DM im Rahmen der Wohnraumhilfe des Lastenausgleichsgesetzes im Jahre 1952 erklären konnte:
Das ist bereits gesichert, und zwar in der Weise,
daß entsprechend dem § 6 des Lastenausgleichsgesetzes die Bundesregierung mit verpflichtender
Wirkung für den Lastenausgleichsfonds Anleihemittel bis zum Betrage von 5 Milliarden DM zur
Vorziehung von Leistungen, zur schnelleren Bewirkung von Leistungen aufnehmen kann. Der Bundesfinanzminister hat sich bereit erklärt, diese 200 Millionen DM im Wege der Emission von Schatzanweisungen mit verpflichtender Wirkung für den Lastenausgleichsfonds zur vorzeitigen Bewirkung dieser Leistungen herauszugeben, und die Bank deutscher Länder hat sich verpflichtet, dafür zu sorgen, daß der bisherige Erfolg der Unterbringung von Kreditpapieren des Bundes bevorzugt diesen 200 Millionen DM für den Wohnungsbau zugewendet wird. Wir können also mit Bestimmtheit sagen: diese 200 Millionen DM — insgesamt 500 Millionen DM — sind durch die bindenden Zusagen der Bundesregierung und die Mitwirkung der Bank deutscher Länder als gesichert zu betrachten.
Jetzt kommt der zweite Punkt: der Anschluß auch für das Jahr 1953 durch Bereitstellung weiterer 200 Millionen DM. Herr Kollege Seuffert, wir haben uns doch in den letzten Tagen einmal zwischendurch über die etwas eigenmächtige Handlung der bayerischen Regierung bei der Auflegung ihrer 8% igen Anleihe unterhalten. Immerhin hat diese eigenmächtige Aktion, die ich im übrigen durchaus nicht zu billigen vermag, bewiesen, daß binnen drei Tagen 160 Millionen DM gezeichnet waren.
Sie wissen auch, daß die Bundesregierung bereits seit einiger Zeit zusammen mit den Ländern einen Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kapitalmarktes beraten hat, daß dieser Gesetzentwurf in allerkürzester Frist auch im Bundestag beraten werden und hoffentlich verabschiedet wird, um den Kapitalmarkt endgültig auf eine gesunde Basis zu stellen. Aber selbst wenn Sie darin Zweifel setzen sollten, dann dürfen Sie davon überzeugt sein, daß mindestens der erfolgreich begangene Weg der vorübergehenden und wieder zu prolongierenden mittelfristigen Schatzanweisungsfinanzierung auch für diese 200 Millionen DM noch im nächsten Jahr begangen werden wird und daß die Bundesregierung dazu steht. Denn darüber haben wir keinen Zweifel gelassen und darüber hat auch bei der Bundesregierung einschließlich des Bundeskanzlers kein Zweifel bestanden, daß der Wohnungsbau nun einmal das erste Problem, das erste Anliegen ist, das wir von Anbeginn an mit aller Energie verfolgt haben und bei dem wir auch nicht im geringsten nachlassen werden, es weiter zu tun.
Sie stießen sich daran, daß in der Entschließung gesagt wurde: „Beschleunigung der Umsiedlung". Herr Kollege Seuffert, wenn wir die Heimatvertriebenen wieder an die Stätten bringen wollen, an denen sie eine dauerhafte Existenz finden können, dann müssen wir doch dafür sorgen, daß sie, die immer noch in irgendwelchen Dörfern am Vogelsberg oder in Schleswig-Holstein sitzen, nun in Wohnungen, die an den Stätten der Arbeit neu errichtet werden, untergebracht werden können. Sie dürfen das nicht als ausschließliche Begrenzung und als volle Erfüllung dieses Anliegens sehen. Es heißt ja auch nur zur „Beschleunigung" dieses Prozesses. Es wird darüber hinaus noch viel mehr für den Wohnungsbau zu tun sein; aber, Herr Kollege Seuffert, wir waren uns in den gemeinsamen Aussprachen mit den Kollegen, die den Lastenausgleich in erster Linie beraten haben, darüber klar, daß der Lastenausgleich nicht der eigentliche Träger des Wohnungsbaues sein soll, sondern daß der
Lastenausgleich im Grunde genommen die Aufgaben der sozialen Sicherung und der produktiven Eingliederung, wie es in Abs. 1 der Entschließung heißt, der Ausgleichsberechtigten durch entsprechende Entschädigungen bewirken soll. Daß daneben der Wohnungsbau in vollem Umfang als das Problem Nr. 1 gefördert werden muß, darüber sind wir uns einig, und das werden wir auch mit derselben Präzision weiter durchführen, wie das bisher in den abgelaufenen Jahren geschehen ist. 400 000 Wohnungen im vergangenen Jahr, — das bedeutet fast pro Minute eine gebaute, eine fertiggestellte und eine bezogene Wohnung; und diese Leistung werden 'wir uns auch in diesem Jahr genau so vornehmen und werden sie genau so erfüllen!
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Seuffert hat sich die Mühe gemacht, den Antrag der Koalitionsparteien nach allen Seiten hin zu beleuchten, der uns gestern so ex abrupto auf den Tisch des Hauses gelegt worden ist. Eine sehr vergebliche Mühe, Herr Kollege Seuffert; denn Sie wie ich sind wohl in diesem Punkte der gleichen Auffassung,
daß dieser Antrag der Koalitionsparteien von
gestern gar nichts anderes bedeutet und zu gar
keinem anderen Zweck uns vorgelegt wurde, als
um Herrn Dr. Kather und seinen Freunden die
Möglichkeit zu geben, ihren restlosen und hundertprozentigen Umfall hier herinnen zu bemänteln.
Wir werden in kurzer Frist sehen,
daß aus diesem Antrag gar nichts herauskommt, daß unter irgendwelchen Vorwänden wesentliche Bestandteile dieses Antrags nicht erfüllt werden.
Der Herr Bundesfinanzminister, — warten Sie nur!
Ich kenne Herrn Schäffer seit zu langer Zeit, als
daß ich nicht wüßte, daß ihm im letzten Moment
immer wieder noch etwas Neues einfällt, um solche
Anträge und Beschlüsse des Parlaments noch im
letzten Augenblick hintanzuhalten und zu stören.
Aber selbst wenn das Anliegen dieses Antrags voll und ganz erfüllt würde, — ich habe Ihnen schon gestern ausgerechnet, welche zusätzliche Erhöhung der Leistungen pro Kriegsgeschädigter und Heimatvertriebener dadurch bewirkt wird: ein Butterbrot und weiter gar nichts! Es ist ein Antrag, dessen Ertrag — aufgeteilt auf den einzelnen Kriegsgeschädigten und Heimatvertriebenen — dem Betreffenden so gut wie gar keine Erleichterung bringt. Hier müßten ganz andere Summen eingesetzt werden, und diese Summen könnte ihnen der Herr Bundesfinanzminister geben, jetzt schon geben. Ich habe Ihnen gestern geschildert, wodurch: indem er den Alliierten nicht solche Riesensummen anbietet und bewilligt, wie er das tatsächlich in Paris und anderswo bereits getan hat, ohne das Parlament um seine Zustimmung zu fragen.
Die Summen für den Lastenausgleich könnten auch dadurch noch gesteigert werden, daß Sie endlich einmal an das Aktienheranziehungsgesetz für den Lastenausgleich rangehen!
Das tun Sie aber nicht, und ich habe es Ihnen in den vergangenen Tagen auch schon gesagt, warum Sie das nicht tun.
Ich möchte nun zu einem anderen Punkt kommen, nämlich dem Antrag auf Umdruck Nr. 563 zugunsten der Kriegsevakuierten, die, wie jedermann
weiß, zu einem ganz erheblichen Teil noch nicht in
ihre alten Wohnorte zurückgekehrt sind. Es ist
wirklich schon beschämend, wenn man weiß, daß
allein in München — um Ihnen nur ein Beispiel
zu nennen, das ich genau kenne — viele Tausende
von alten Leuten, die in München geboren sind und
viele Jahrzehnte in München gelebt haben, heute
noch in Bauerndörfern weit weg in Niederbayern
und im Bayrischen Wald dahinvegetieren müssen,
ohne in ihre Geburtsstadt zurückkehren zu dürfen.
Hier wäre es mit verhältnismäßig geringfügigen Mitteln schon möglich gewesen, zugunsten dieser Ärmsten der Armen etwas zu erreichen. Man hätte ihnen oft und oft
nichts anderes zu bezahlen brauchen als das Reise-. geld und die Speditionskosten für ein bißchen Hausrat; dann wäre der Umzug möglich gewesen.
So aber hat man das nicht getan. Durch kleinliche Schikanen in lokalen Amtsstellen hat man dann dazu noch weiterhin die Rückübersiedlung dieser Ausgesiedelten verunmöglicht. Hier hätte schon seit langem etwas geschehen müssen.
Eine Gesetzesvorlage nicht bloß von seiten der Bundesregierung hätte erfolgen müssen, sondern genau so wäre das eine Aufgabe der Länderregierungen und auch der Gemeindeverwaltungen gewesen!
Hier ist nichts geschehen. Was hier notwendig ist, ist nicht bloß das, was auf dem eben genannten Umdruck der SPD von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, verlangt wird, sondern hier hätte ein viel weitergehender Gesetzesantrag schon lange gestellt werden müssen, ein Antrag nicht nur im Bundestag, sondern genau so in den Länderparlamenten und genau so in den Gemeindevertretungen. Nur durch eine solche kombinierte Parallelaktion in den öffentlichrechtlichen Gremien ist es möglich und wäre es schon lange möglich gewesen, sich zugunsten dieser Umgesiedelten, die bis heute noch nicht zurückkehren konnten, einzusetzen, zugunsten dieser armen Leute, von denen leider niemand oder fast niemand spricht in diesem Lande. Es handelt sich nämlich bei den allermeisten von ihnen um alte oder gebrechliche Leute, für die für gewisse Stadtverwaltungen kein Interesse mehr besteht, weil sie als Steuerzahler usw. nicht mehr viel in die betreffenden Stadtsäckel abgeben können, weil es
zum allergrößten Teil Leute sind, die entweder mit
Rücksicht auf ihr Alter oder mit Rücksicht auf ihren
gegenwärtigen Krankheitszustand nicht mehr
arbeitsfähig sind. Die Vorlage dieses Gesetzes hätte schon lange erfolgen können und müssen. Sie muß,, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion,, unterstützt werden durch eine Parallelaktion, die die Länderregierungen und Gemeindeverwaltungen zwingt, hier unter allen Umständen ebenfalls einzugreifen.
Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
Die Einbringung dieses Antrages hat gestern Abgeordneten Dr. Kather veranlaßt, seine bisherigen Anträge in der zweiten Lesung fallenzulassen. Er glaubte,
daß durch diesen Antrag die Sicherungen und Garantien gegeben seien, die Wahrung der Rechte der Geschädigten durch die Bundesregierung sicherzustellen. Dieser Antrag dient nur dazu, Illusionen zu erzeugen und die geschädigten Bevölkerungsgruppen zu beruhigen. Materiell wird durch die Annahme dieses Antrags für die Geschädigten nichts herauskommen. Es werden Versprechungen gemacht. Die Antragsteller wissen ganz genau, daß diese Versprechungen zu mehr als 50 % nicht eingehalten werden, da das letzte Wort dazu der Bundesfinanzminister spricht.
— Und wenn er hundertmal, Kollege Lücke, mit dabei war! Wir haben erlebt, daß er vor zwei Jahren und im vergangenen Jahr, was den sozialen Wohnungsbau und die Bereitstellung der Mittel angeht, ebenfalls Zugeständnisse über Zugeständnisse und Versprechungen gemacht hat, daß er allerdings, als es darauf ankam, die Mittel bereitzustellen, sich hinter dem Argument verschanzte,, daß nicht genügend Mittel daseien, daß er sich in der Schätzung der aufkommenden Steuern verkalkuliert habe usw. usw. Genau so ist es mit diesem Antrag. Man verspricht alle möglichen Steuervergünstigungen, wenn jemand Darlehen für den Lastenausgleich gibt. Man will Anleihen auflegen, ebenfalls wieder steuerbegünstigt. Ja, meine Herren Antragsteller, auf der anderen Seite fallen doch durch diese Steuervergünstigungen die Steuern für die gegebenen Gelder aus! Wiederum entsteht dadurch eine Lücke in dem bereits sehr großen lückenhaften Haushalt des Herrn Bundesfinanzministers. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, durch diesen Antrag wollen Sie als Koalitionsparteien
die Geschädigten und die Öffentlichkeit verwirren und täuschen. Sie hätten es doch viel leichter gehabt, diese zusätzlichen Gelder aufzubringen, wenn Sie gemäß dem Antrag unserer Partei und der SPD beschlossen hätten, die Abgaben für die Großkapitalbesitzer
zu erhöhen. Das haben Sie nicht getan. Jetzt sind Sie in eine ungeheure Klemme mit Ihren eigenen Abgeordneten geraten und glauben, durch einen solchen Antrag nun die Dinge einigermaßen glattziehen zu können. Man hat davon gesprochen, daß die Koalitionsparteien nicht von der Bereitstellung genügender Mittel für den sozialen Wohnungsbau abgingen. Durch eine Umsiedlungsanleihe wollen
Sie aber zugleich einen Vorgriff auf Mittel des sozialen Wohnungsbaues machen. Sie wollen also eine Koppelung vornehmen, obschon Sie keinerlei rechtliche Garantien dafür haben, daß die Gelder aus dem einen Fonds nicht für andere Zwecke genommen werden.
Herr Preusker sprach von der Fertigstellung von 400 000 Wohnungen im vergangenen Jahr. Tatsächlich gab es schon, selbst als Herr Wildermuth noch lebte, einen Streit über die Zahl der fertiggestellten Wohnungen. Gerade über die Anzahl der fertiggestellten und bezogenen Wohnungen gab es widerspruchsvolle Meldungen. Tatsache ist, daß die Fertigstellung von 400 000 Wohnungen nicht erreicht wurde. Wir haben einen großen Überhang an nicht fertiggestellten Wohnungen aus dem vergangenen Jahr in das laufende Baujahr. Heute schon wird in den Zeitungen berichtet, daß für das nächste Baujahr mit einem noch größeren Überhang als bisher gerechnet werden müsse. In den Ländern und Gemeinden stehen nicht genügend Mittel für den sozialen Wohnungsbau und damit auch für die Ansiedlung von Flüchtlingen und Evakuierten in Orten, wo sie unter Umständen Arbeit und Brot finden können, bereit. Man könnte genügend Gelder für diese Zwecke haben,
aber, meine Herren von den Koalitionsparteien, dann muß man mit einer Politik brechen, die Verpflichtungen mit sich bringt, wie jetzt die Wiederaufrüstung,
wo man über 12 Milliarden DM bereitstellen soll. Gerade Ihr Schreien beweist mir, daß hier die wunde Stelle ist, über die Sie nicht hinwegkommen. Sie wissen ganz genau, daß einer solchen Politik zwangsläufig neue Massenbelastungen folgen müssen. Der soziale Wohnungsbau wie die Umsiedlung der Flüchtlinge geraten in einen Engpaß.
Wir werden diesem Täuschungs-, diesem Beruhigungs- und Verwirrungsantrag der Koalitionsparteien nicht zustimmen.
Wir wenden uns an die Geschädigten und fordern sie auf, zu verlangen, daß aus dem Bundeshaushalt Mittel bereitgestellt werden, damit sie schleunigst Wohnungen bekommen und in den Orten angesiedelt werden können, in denen sie Beschäftigungsmöglichkeiten finden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache Nr. 3373 stellt ein ganz neues Finanzprogramm dar. Eine Fülle von finanziellen Maßnahmen wird darin vorgeschlagen, die leider Gottes zum Teil in sich außerordentlich widerspruchsvoll wirken. Deshalb ist die Anregung des Herrn Kollegen Seuffert, diese Angelegenheit im Ausschuß zu beraten, sehr notwendig gewesen. Wir schließen uns ihr in allen Teilen an. Zwar sind darin eine Reihe von Punkten, die man begrüßen kann, andere dagegen sind, soweit ich das übersehen kann, gefährlich, wieder andere abzulehnen. Ohne auf die Fragen des Zusammenhangs mit dem Lastenausgleichsgesetz einzugehen, möchte ich die einzelnen finanziellen Maßnahmen betrachten.
Wenn zunächst vorgeschlagen wird, durch den Bonus 100 Millionen DM im Jahr aufzubringen, so ist damit in Form einer Entschließung nichts anderes geschehen, als daß eine gesetzgeberische Hoffnung ausgedrückt worden ist. Diese Hoffnung kann sich erfüllen, sie braucht es aber nicht. Deshalb kann sie auch nicht in der Form dieser Entschließung hier niedergelegt werden.
Viel gefährlicher ist aber ,die Bestimmung zu Buchstabe c. Im Buchstaben c dieser Entschließung wird das Verfahren nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes erneut ausgedehnt. Dieses Verfahren nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes hat sehr viele Mängel. Es hat sich — allgemeiner Meinung nach — doch nicht in dem Maße bewährt, daß man es ausdehnen sollte. Die allgemeine Meinung ist, das Verfahren nach § 7 d sollte verschwinden.
Tatsächlich ist es doch z. B. wie folgt. Eine Firma der Textilindustrie, die im vergangenen Jahr, in Zeiten guten Verdienstes, ein Darlehen nach § 7 d im Betrag von 100 000 DM in den Schiffsbau gegeben hat und diesen Betrag im laufenden und im kommenden Jahr kündigt und zurückverlangt, hat damit folgenden Effekt erzielt: 100 000 DM 1951 aus hohen Verdiensten zur Verfügung gestellt, mit 60 °/o nach den Sätzen des Körperschaftsteuertarifs besteuert, bringen eine Steuerersparnis von 60 000 DM. Die Zurückforderung des Darlehens 1952 oder 1953, in einer Zeit, in der es gerade z. B. der Textilindustrie — wie in diesem Jahr - in überwiegendem Maße finanziell nicht besonders glänzend geht, in der sogar Verluste entstehen können — bedeutet, daß diese Gewinne des Jahres 1951 mit den Verlusten des Jahres 1952 steuerfrei überkompensiert werden, so daß der gesamte Betrag von 60 000 DM eingespart wird, wenn im laufenden Jahr ein entsprechend hoher Verlust eingetreten ist. Das bedeutet aber doch eine derartige steuerliche Prämiierung von 60 % — in diesem extremen Beispielsfall natürlich —, daß man sie nur als willkürlich bezeichnen kann.
-- Gerade wenn ich den Verlustvortrag berücksichtige, bin ich auf diese Art und Weise in der Lage, in Gewinnjahren die volle Steuer zu sparen und im Verlustjahr diese Ersparnisse vorzutragen. Aber diese Möglichkeit ist eben nur demjenigen gegeben — das ist doch die Willkür und die Ungerechtigkeit —, der in den Gewinnjahren zufällig über derartig liquide Mittel verfügt, während wir im übrigen in unserem Steuerrecht solche Möglichkeiten nicht kennen. Schon deshalb müßten die Vorschriften des § 7 d beseitigt werden. Daß wir sie aber jetzt noch ausdehnen wollen, ist meiner Ansicht nach ein systemwidriger Eingriff, den wir damals, 1948, als die Bestimmung beschlossen wurde, vielleicht verantworten konnten, der aber 1952 unverantwortlich wäre.
Weiter ist vorgeschlagen worden, man sollte 5% ige steuerbegünstigte lombardfähige Schatzscheine der Lastenausgleichsbank ausgeben. Schatzscheine sind doch nur mittelfristiges Geld; aber die Anlagen, die mit diesem Geld finanziert werden sollen, sind langfristig. Wir können nicht mit mittelfristigen Mitteln langfristige Anlagen finanzieren. Das Geld, das im Wohnungsbau steckt, kommt erst in hundert Jahren oder noch später zurück, während die Schatzwechsel nach sechs Monaten fällig sind. Wer sagt uns denn, daß nach
sechs Monaten die entsprechenden Geldbeträge vorhanden sind? Es ist ein absoluter Grundsatz korrekter Finanzpolitik, mit mittelfristigen Mitteln keine langfristigen Anlagen zu finanzieren. Dieses Prinzip wird im Buchstaben d des Antrags in grober Weise verletzt. Außerdem ist nur vorgesehen worden, daß eine Steuerbegünstigung ausgesprochen werden soll. Soll die Steuerbegünstigung denn in einer Form durchgeführt werden, wie wir sie uns, glaube ich, in dem zuständigen Ausschuß alle seit langem gewünscht haben, nämlich in einer Form, die es ermöglicht, daß sie in gleicher Weise den Beziehern kleiner Einkommen wie den Beziehern großer Einkommen zugute kommt, d. h. in Form des Prämiensparens? Oder soll die Steuerbegünstigung hier wieder in der Weise durchgeführt werden, ,daß bestimmte, nach einem hohen Einkommensteuertarif oder Körperschaftsteuertarif zu besteuernde Pflichtige einen großen Steuervorteil haben, während andere mit niedrigen Tarifen nur einen ganz geringen Steuervorteil haben? Auch diese Frage bedarf dringend einer Klärung; sie muß geklärt werden, bevor hier ein Beschluß gefaßt wird.
Es wird ferner darauf hingewiesen, daß eine Umsiedlungsanleihe mit Zinsverbilligung aufgenommen werden soll. Dieser Gedanke scheint mir sehr gut und nützlich zu sein. Gerade der letzte Punkt des Antrags findet unsere volle Zustimmung. Er bewirkt ja nichts anderes als die Entlastung der öffentlichen Haushalte, die heute die Kapitalmittel in ihrer vollen Höhe zur Verfügung zu stellen haben, um den Kapitalbetrag selbst und läßt die Belastung der öffentlichen Haushalte auf den Anteil der Zinsverbilligung zusammenschrumpfen. Deshalb findet dieser letzte Punkt unsere Zustimmung. Aber die anderen Punkte sind einerseits abzulehnen, andererseits so ungeklärt und wegen der Differenz zwischen Mittelfristigkeit und Langfristigkeit auch finanzpolitisch bedenklich, so daß wir diese Punkte nicht akzeptieren können.
Herr Kollege Preusker hat noch darauf hingewiesen, daß eine Vorfinanzierung durch die Zusage der Bank deutscher Länder gegeben sei. Eine Vorfinanzierung, die nicht zugleich aus Steuermitteln abgedeckt wird, bedeutet aber nichts anderes als eine Geldaufblähung. Diese Geldaufblähung wollen wir alle nicht, und deshalb ist die Antwort, die uns von Herrn Kollegen Preusker gegeben worden ist, daß die Vorfinanzierung zugesagt sei, keine definitive Antwort. Die echte Finanzquelle muß vielmehr darüber hinaus festliegen.
Sie kann heute nur in der Anleihe liegen, die im letzten Punkt des Antrags erwähnt worden ist. Nur so könnte die Vorfinanzierung abgedeckt werden. Die Schwierigkeiten, die ich aufgezeigt habe, dürften doch von Ihnen zum großen Teil anerkannt werden und dürften unsern Antrag, diesen außerordentlich komplizierten und in der gegenwärtigen Fassung in sich widerspruchsvollen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, rechtfertigen. Ich bitte also um Ausschußüberweisung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Herr Kollege Seuffert: Sie haben am Schluß dieser mehrtägigen Debatte, die am Ende einer vierzehnmonatigen Ausschußarbeit steht, bedauert, daß die Debatte in einer gewissen Schludrigkeit unterzugehen drohe. Herr Kollege Seuffert, ich glaube, daß es im gemeinsamen Interesse liegt, diese Dinge einmal klarzustellen. Ich will nicht annehmen, daß Sie mit dieser Schludrigkeit gemeint haben, daß Ihr Änderungsantrag zu § 350 nicht begründet worden ist, obwohl Sie uns gestern nachdrücklich angekündigt haben, daß wir bei dieser Gelegenheit noch einiges von Ihnen zu hören bekommen würden. Das ist also nun nicht der Fall gewesen. Ich will nicht annehmen, daß das eine Schludrigkeit gewesen ist. Herr Kollege Seuffert, Sie wissen, daß es bei der Gesetzgebungsarbeit nun einmal so zugeht: die Arbeit hat Höhepunkte und bringt Zeiten, in denen diese Höhepunkte vorbei sind. In den beteiligten Fraktionen, vor allem der Regierungsparteien, ist bis zur letzten Stunde sehr ernsthaft um diese Dinge gerungen worden, und es ist diesem Hause kein Geheimnis, daß in der Frage, zu welcher Lösung man kommen sollte, innerhalb der Fraktionen selbst die stärksten Spannungen bestanden haben.
Die Vertreter der Flüchtlinge in unserer Fraktion hatten über das, was hier zu geschehen habe, eine andere Auffassung, als sie zunächst bei uns bestand, und wir wollen es ruhig Herrn Kollegen Kather und seinen Freunden als ein besonderes Verdienst anrechnen, daß es ihnen gelungen ist, die Fraktionen der Regierungsparteien in diesem Hause auf einen Standpunkt zu einigen; und zwar nicht, indem Herr Kather, wie hier gesagt worden ist, wieder in die Fraktion „zurückgefallen" sei, sondern indem beide Teile sich entgegengekommen sind!
Ein Teil dieser Einigung ist die Resolution, die wir Ihnen vorgelegt haben: eine Resolution, die das Ergebnis der eingehenden Zusammenarbeit der Parteien mit der Regierung und der Bank deutscher Länder darstellt.
Meine Damen und Herren, wir haben nicht die Absicht, in diesem Augenblick dem deutschen Volk und vor allen Dingen den Flüchtlingen, den Heimatvertriebenen und den Bombengeschädigten Luftspiegelungen vorzumachen.
Meine Freunde, das würde sich sehr bald und sehr definitiv rächen,
und deshalb haben wir die Dinge, die wir hier
vorgelegt haben, gestern sehr ernsthaft überlegt.
Herr Seuffert: Sie haben bemängelt, daß die Entschließung heute nicht noch einmal ausdrücklich begründet worden ist. Sie ist gestern eingebracht worden. Herr Vizekanzler Blücher ist in diesem Hause erschienen und hat das besondere Bedauern des Bundeskanzlers und des Finanzministers darüber zum Ausdruck gebracht, daß beide Herren nicht persönlich die Mitteilung überbringen könnten, daß die Regierung ihr Siegel unter diese Entschließung setze. Meine Damen und Herren, man kann unter diesen Umständen nicht davon sprechen, daß wir es uns hiermit zu leicht gemacht hätten. Das werden wir auch in Zukunft nicht tun; denn das Programm, das wir hier ent-
worfen haben, ist uns allen eine bindende Verpflichtung.
Herr Seuffert: Sie haben Ihr e Rechnung aufgemacht, und Sie werden es uns nicht übelnehmen, wenn wir unsere Rechnung aufmachen, und Sie werden es Herrn Kollegen Kather nicht übelnehmen, wenn er seine Rechnung aufmacht. Die Vertreter der Flüchtlinge haben bei verschiedenen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht, daß in den ersten drei Jahren insgesamt ein Betrag von etwa einer Milliarde DM zur Seßhaftmachung, zum Wiederaufbau zur Verfügung gestellt werden müßten. Trotz äußerster Bemühungen haben wir es nicht fertiggebracht, diese Summe voll zu erreichen. Aber, Herr Kollege Seuffert, es ist eben ein Ausdruck der Tatsache, daß wir die letzten Reserven, die wir noch besitzen, zusammennehmen müssen, um hier zum Ziele zu kommen,
angesichts der großen anderen Belastungen, die wir in diesem Lande haben.
Ein Ausdruck dieser Tatsache ist es, daß sich in dem Entschließungsentwurf verschiedene Positionen befinden, die eben leider nicht jede allein, sondern nur alle zusammen den ganzen Betrag erbringen können. Herr Kollege Seuffert, ich kann Ihnen versichern, daß jede der Positionen wohl untermauert ist. Sie haben darauf hingewiesen, daß der Betrag von 200 Millionen DM, den wir als erste Position — nämlich „Überschuß aus dem Gesetz" — eingesetzt haben, heute noch nicht zur Verfügung stehe. Das ist eine unbezweifelbare Tatsache. Das Gesetz tritt erst in Kraft, wenn der Bundesrat seine Zustimmung gegeben hat. Aber, Herr Kollege Seuffert, wir hoffen auf die Mitwirkung und Mitarbeit aller in diesem Hause, daß das Gesetz in dieser Form auch vom Bundesrat verabschiedet wird
und daß es nicht an dem Widerspruch einiger scheitert.
In den Vorbesprechungen, die wir im Rahmen des Lastenausgleichs geführt haben, haben jedenfalls unsere Freunde immer zum Ausdruck gebracht, daß die zweite Position von 100 Millionen DM, nämlich das Ergebnis des Bonus, wahrscheinlich in dieser Höhe erreicht werden könne. Es ist angesichts der Milliardenbeträge, die im Lastenausgleich umgesetzt werden müssen, kein Betrag, der als zu groß angesehen werden könnte.
Wir haben als dritte Position — und Sie haben dieses ebenfalls bemängelt — die Erstreckung des § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes vorgeschlagen. Herr Kollege Seuffert, gegen den § 7 d Abs. 2 sind mancherlei Bedenken erhoben worden, nicht nur von Ihnen und von dem Herrn Kollegen Bertram, sondern auch im Lande selbst. Ich will nicht anstehen, hier zu erklären, daß ich manchen Punkt dieser Kritik selbst geteilt habe. Der Paragraph ist nicht unanfechtbar gewesen, obwohl er uns außerordentlich Wertvolles eingebracht hat, nämlich die Wiederherstellung einer immerhin einigermaßen passablen, vor zwei Jahren noch nicht zu erwartenden deutschen Schiffahrt. Immerhin, es mag sein, daß man hier gegen diese Form der Aufbringung Einwände erheben kann. Wir stehen nicht an, mit Ihnen darüber zu diskutieren, wenn die Vorlage, die der Finanzminister zu diesem Punkt ausdrücklich zugesagt hat, vorliegt, in welcher anderen ähnlichen oder gleichartigen Form wir diesen Betrag von 150 Millionen aufbringen wollen. Aufgebracht, Herr Kollege Seuffert, auf diese oder jene Weise wir der!
Sie haben schließlich darauf hingewiesen, daß unsere 200 Millionen DM lombardfähige steuerbegünstigte Schatzscheine noch nicht untergebracht seien. Herr Kollege Seuffert, so leicht machen wir uns diese Sache nun doch nicht. Nicht nur in Ihrer Fraktion gibt es für diese Sache Experten, sondern auch bei uns. Wir haben uns sehr sorgfältig umgehört und haben in den Äußerungen der zuständigen Experten die Erklärung erhalten, daß, wenn die Bank deutscher Länder bereit sei, die Lombardzusage zu geben, dieser Betrag am Geldmarkt untergebracht werden könne. Ich kann Ihnen mitteilen, daß der Präsident der Bank deutscher Länder und der Vorsitzende ihres Verwaltungsrats ausdrücklich den Vertretern der Regierungsparteien und dem Bundeskanzler erklärt haben, daß sie bereit seien, diese Zusage zu geben.
Wenn es uns nur gelingt, dieses Programm innezuhalten — und, meine Damen und Herren, in dieser Zeit gibt es keine absolute Garantie, sondern nur die eine Garantie, daß wir uns alle gemeinsam bemühen werden, das durchzuführen, was wir uns vorgenommen haben,
— wollen Sie nicht an diesem Bemühen teilnehmen, Herr Paul? —, dann wird uns niemand in Abrede stellen können, daß wir ein großes, schwieriges Werk mit einigem Erfolg in Angriff genommen haben. Niemandem in dieser Welt ist es vergönnt, immer alles das zu erreichen, was er anstreben möchte. Es kommt eben nur darauf an, alle Kräfte soweit zusammenzufassen, daß das äußerste vernünftige Ziel gerade noch eben erreicht werden kann. Noch niemals sind die Probleme, die auf das deutsche Volk einstürmten, so schwer gewesen wie im gegenwärtigen Augenblick. Wir müssen dem Finanzminister, der ebenfalls seine Mitarbeit leisten will, sehr dankbar dafür sein, daß er sich mitten in diesen schwierigsten Verhandlungen, die man sich überhaupt vorstellen kann, noch bereit gefunden hat, hier Zusagen zu machen, die es wahrscheinlich ermöglichen werden, die Summe, die wir uns als Ziel gesetzt haben, zu erreichen.
Selbstverständlich unterliegt dieses Programm möglichen Abänderungen, wenn Sie mit Vorschlägen an uns herantreten sollten, die akzeptabel sind. Aber wir werden uns mit diesen Änderungsvorschlägen nur dann befassen können, wenn sicher ist, daß die Summe des Aufkommens in keiner Weise vermindert werden kann. Denn wir wollen das Programm durchführen.
Herr Kollege Seuffert, Sie haben darauf hingewiesen, daß für die Hausratentschädigung ein höherer Betrag als 500 Millionen, eine halbe Milliarde DM, ausgegeben werden sollte. Herr Kollege Seuffert, wenn die Mittel für höhere Hausratentschädigung zur Verfügung stehen, werden wir nicht zögern, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Aber wir wollen nicht mehr Geld ausgeben, als wir zur Verfügung haben werden. Wir haben es in diesem Hause abgelehnt und werden es in Zukunft ablehnen, Versprechungen zu machen, an deren Erfüllung wir nicht glauben.
Herr Kollege Seuffert, selbstverständlich würden
wir sehr gern die Hausratentschädigung über den Betrag, der im Gesetz oder in Besprechungen in Aussicht genommen ist, erhöhen. Selbstverständlich! Aber wir glauben, daß wir die vorhandenen Mittel in ein vernünftiges Gleichgewicht zu andern Ausgaben bringen müssen. Was nützt den Betroffenen eine Hausratentschädigung, wenn sie keine Wohnung haben, was nützt es ihnen, wenn sie keinen Arbeitsplatz haben?
Deshalb sind wir der Meinung, daß für diese anderen produktiven Zwecke mindestens der gleiche Betrag zur Verfügung gestellt werden müßte
wie für die Hausrathilfe. Sie werden nicht in Abrede stellen können, daß, wenn es uns gelingt — was wir sicher hoffen —, dieses Programm durchzuführen, dann auch die Frage der Hausrathilfe nicht mehr von der Dringlichkeit sein wird, wie sie heute ohne Zweifel bei den Tausenden von Geschädigten, die noch in elenden Baracken ihr Leben fristen müssen, ist.
Herr Seuffert: Sie und ich und viele der anderen Freunde, die in den Ausschüssen an der schweren Arbeit mitgewirkt haben, wir haben es uns nicht leicht werden lassen. Wir haben es uns sogar sehr sauer werden lassen. Das sollten wir uns ruhig einmal laut erklären. Ich glaube, wenn wir das Ergebnis dieser schweren, harten Arbeit ansehen, dann wollen wir von den Regierungsparteien auch Ihnen dankbar sein für den Anteil, den Sie an dieser Arbeit geleistet haben.
Dieser Anteil ist nicht unbeträchtlich gewesen, , Herr Seuffert, und er wird auch in Zukunft, wie wir hoffen, nicht unbeträchtlich sein. Wir aber, die wir in diesem Lande die Regierung zu tragen und die Exekutive zu überwachen haben, versprechen bei dieser Gelegenheit noch einmal feierlich, daß wir alles, was in unseren Kräften steht, tun, um dem Programm, das wir uns vorgenommen haben, auch zum Siege zu verhelfen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es aufrichtig, daß eine Auseinandersetzung über derart schwerwiegende und derart schwierige Fragen, wie sie auf diesem Papier Drucksache Nr. 3373 angeschnitten sind, vor dem Plenum zu einem Zeitpunkt und in einem Stadium der Vorbereitung dieser Fragen geführt werden soll, in der sie schlechterdings nicht geführt werden kann. Es ist doch nicht möglich, alle diese Fragen in den letzten Minuten der Plenardebatte zum Lastenausgleich vor diesem Hause zu diskutieren, ohne daß man die entsprechenden Vorbereitungen durch Ausschußberatungen usw. vorgenommen hat.
Welche Verwirrung in diesen Dingen bereits jetzt entstanden ist, sehen Sie aus den Zeitungsüberschriften von heute morgen: „Zwei Milliarden für die Vertriebenen von der Regierungskoalition be-. antragt".
Es ist doch niemand in diesem Hause, der nicht bestätigen muß, daß derartige Überschriften dem Sachverhalt in gar keiner Weise entsprechen.
Ich will gar nicht davon sprechen, daß bei den Zahlen dieses Antrags ganz frank und frei das mitgerechnet worden ist, was durch unser e Anträge in der dritten Lesung der Abgabe an Aufkommen zugefügt worden ist. Selbst bei allem Zahlenspiel, das Sie machen können, sind derartige Überschriften einfach falsch.
Die Situation, in der wir uns bei dieser Debatte befinden, ist doch einfach dadurch hervorgerufen, daß dieses Papier nicht als echte Diskussionsgrundlage vorgelegt worden ist, sondern als ein Papier, um das Gewissen zu beruhigen,
das Gewissen zu beruhigen, das schlägt, weil ein Teil von Ihnen darauf verzichtet hat, die Anliegen der Flüchtlinge, der Vertriebenen und Geschädigten weiter zu vertreten,
und weil ein anderer Teil von Ihnen darauf verzichtet hat und darauf verzichten will, die notwendigen Anträge und Entschließungen einzubringen, um den Wohnungsbau zu sichern.
Meine Damen und Herren, ich sagte soeben, die Einzeldebatte über diesen Antrag kann vor diesem Forum nicht geführt werden. Ich will mich deswegen auf einige Bemerkungen zu den Zahlen dieses Antrags beschränken. Es ist gesagt worden, die Begründung dieses Antrags sei durch die gestrige Regierungserklärung erfolgt. In der Erklärung des Herrn Ministers Blücher lese ich
— der Bundesregierung, sehr gut —, in der durch den Herrn Minister Blücher abgegebenen Erklärung der Bundesregierung lese ich, daß für den Wohnungsbau des Jahres 1952 die notwendigen weiteren 200 Millionen DM bereits jetzt durch entsprechende Maßnahmen sichergestellt seien.
Der Herr Kollege Dr. Preusker hat uns das eben dahin erläutert, daß diese Sicherstellung durch die Aufnahme einer Anleihe durch die Bundesregierung im Rahmen des § 6 für die Rechnung des Lastenausgleichsfonds erfolgen soll. Nun, meine Damen und Herren, erstens haben wir zusammen mit Herrn Minister Blücher ausgerechnet, daß nicht 200 Millionen sondern 400 Millionen für den Wohnungsbau unter Zugrundelegung der Zahl von 300 Millionen, die jetzt im Gesetz steht, fehlen.
Von den weiteren 200 Millionen steht in dieser Regierungserklärung nichts mehr.
Zweitens möchte ich, wenn wir einmal ernsthaft zur Diskussion über diese Dinge kommen, gefragt haben: Wer zahlt denn die Zinsen für diese Anleihe?
— Wo steht denn das? Zahlt sie die Bundesregierung, zahlt sie der Lastenausgleich? Das müssen wir schließlich alles wissen.
Deutscher Bundestag — 213. Sitzurig. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1952 9377
Ich lese weiter in der Regierungserklärung:
Der Bau von mindestens 300 000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus im Jahre 1953 wird beschleunigt finanziell gesichert werden. Hier sind die vorbereitenden Pläne und Maßnahmen weit vorgeschritten.
Wenn das eine exakte Zusage ist, dann weiß ich nicht mehr, ob ich die Sprache richtig verstehe.
Immerhin wissen wir doch nebenbei auch, daß wir allein einen Zuwachsbedarf an Wohnungen von 250 000 Wohnungen im Jahr haben und daß deswegen nur das, was über 250 000 Wohnungen im Jahre hinausgeht, als echte Behebung des Wohnungselends z. B. der Vertriebenen und Geschädigten zu bezeichnen ist, so daß Sie mit einem Programm von 300 000 Wohnungen dem Anliegen, das wir hier im Lastenausgleich zu vertreten haben, keineswegs gerecht werden können.
Vor ein paar Jahren waren wir noch nicht so weit; .aber wir sind immerhin froh, daß wir jetzt wenigstens etwas weiter sind. Wir müssen aber wissen, wie weit wir kommen müssen.
Herr Kollege Dr. Preusker, Sie haben zu diesem Punkt auf die Pläne zu neuen Kapitalmarktemissionen usw. verwiesen, auch auf die neue bayerische Emission. Der Erfolg dieser bayerischen Emission ist ja nicht nur in dem Zinsversprechen, sondern in dem außerordentlich ungewöhnlichen Rückzahlungsversprechen, das man gemacht hat, begründet. Wir sind uns doch vollkommen im klaren darüber, daß wir für Zwecke des Wohnungsbaus und für Zwecke des Lastenausgleichs derartige Versprechen nicht geben können.
Ich möchte dazu zum Schluß nur noch feststellen, daß über die Angelegenheit der 200 Millionen DM Schatzscheine der Lastenausgleichsbank bisher außer dem, was Herr Dr. Bucerius soeben beiläufig gesagt hat, nähere Angaben nicht gemacht worden sind.
Nun, meine Damen und Herren, das mag ein Vorfinanzierungsprogramm sein. Es ist sehr spät, um ein solches vorzulegen. Wir sind sehr gerne bereit, über jede einzelne dieser Fragen mit Ihnen zu diskutieren. Wir sind aber unter gar keinen Umständen bereit — und ich glaube, das muß man doch einsehen —, in diesem Stadium der Aufklärung diesem Bündel von sehr verschiedenartigen Maßnahmen einfach grundsätzlich zuzustimmen. Die Verweisung an den Ausschuß, die ich ebenfalls ausdrücklich beantrage, ist das, was mit diesem Antrag geschehen muß. Wir hoffen, daß er die Grundlage für eine fruchtbare Diskussion über alle diese Fragen im Ausschuß geben wird. Aber, meine Damen und Herren, die wirkliche Frage ist ja nicht die, ob dieser Antrag dem Ausschuß überwiesen wird oder etwa in einer übereilten Abstimmung hier durchgepeitscht werden soll; die wirkliche Frage ist, ob dieser Antrag eine Grundlage und Rechtfertigung dafür bietet, unserem Antrag zu § 350 nicht zuzustimmen. Das ist doch die Frage, die hier zur Entscheidung steht.
Noch einmal möchte ich Ihnen, meine Herren Kollegen Lücke und Wirths und wer sonst in dieser Frage in Wirklichkeit mit uns einig ist, folgendes sagen. In diesem Papier Drucksache Nr. 3373 rechnen Sie sich selbst über die Bilanz der Ausschußfassung des Gesetzes hinaus Mehreinnahmen von 300 Millionen DM im Jahre aus. Diese 300 Millionen DM sind zum großen Teil der teilweisen Annahme unserer Anträge in der dritten Lesung — auch in der zweiten Lesung: bezüglich der Aktien — zuzuschreiben. Diese 300 Millionen DM haben mit all den Vorfinanzierungs- und Anleiheprojekten nichts zu tun, sondern sie sind ja nun wirklich da. Hoffen wir, daß sie wirklich drinbleiben! Was hindert Sie eigentlich nun, diese 300 Millionen DM oder wenigstens einen größeren Teil davon den 300 Millionen DM, die in der Ausschußfassung des § 350 vorgesehen sind, für die Wohnraumhilfe zuzuschlagen, wenn das so ist, wie Sie, Herr Kollege Dr. Preusker, und wie Sie, Herr Kollege Lücke, soeben noch einmal mit solcher Leidenschaft hier betont haben, daß Sie nie aufhören werden, den Wohnungsbau als die erste Aufgabe in dieser Bundesrepublik zu betrachten? Wenn das ernst gemeint ist
— sehr ernst gemeint ist; ich freue mich, daß Sie
das betätigen —, welchen Grund gibt es denn
dann, dieses nun wirklich erzielte Mehraufkommen
des Lastenausgleichs diesem auch von Ihnen als
wichtigsten betrachteten Zweck nicht zuzuführen?
Welchen Grund kann es denn dann noch geben, Ihren Antrag nicht einzubringen oder unserem Antrag zu § 350 nicht zuzustimmen?
Sie brauchen sich über alle diese Anleiheprojekte gar nicht zu unterhalten, Sie haben ja die 300 Millionen DM. Schlagen wir sie dem Wohnungsbau zu! Dann haben wir wenigstens das erreicht und gesichert, was doch, wie Sie eben sagten und noch einmal bestätigten, Ihnen ebenso sehr am Herzen liegt wie uns.
Das ist doch die Frage; nicht das ist sie, ob dieser Antrag dem Ausschuß überwiesen wird
und was der Ausschuß später dazu sagt. Es dreht sich doch um die Entscheidung über die Anträge zu § 350, d. h. um die wirkliche Sicherung des Wohnungsbaus.
— Nein, verzeihen Sie einmal, Herr Kollege Nöll von der Nahmer. Ich will Ihnen etwas sagen. Wenn wir auf Erhöhung des Aufkommens gedrängt haben und damit teilweise durchgedrungen sind, so ganz bestimmt nicht, um dieses Aufkommen vorrangig vor dem Wohnungsbau oder sonstigen Zwecken der Eingliederung für andere Aufgaben, die Sie etwa im Auge haben, verwenden zu lassen;
da können wir dieses Aufkommen denn doch vorrangig und in erster Linie für das in Anspruch nehmen, was — Sie bestätigen es doch noch einmal, meine Kollegen — wirklich das Wichtigste ist.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesen Antrag dem Ausschuß zu überweisen. Ich hoffe, daß wir in der Diskussion darüber zu einer Einigung, zu einem Ergebnis kommen werden, bitte Sie aber — das gehört hier zur Sache —, unserem Antrag zu § 350 zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wirths.
Meine Damen und Herren! Ich will keine Ausführungen mehr zu dem materiellen Inhalt der verschiedenen Punkte dieses Antrags, sondern nur eine grundsätzliche Bemerkung machen. Man sollte sich heute doch einmal darüber klar werden, ob nicht der ernsthafte Versuch gemacht werden muß, eine größere Teilfinanzierung auch des Wohnungsbaues über eine Neuordnung des Kapitalmarktes zu machen, anstatt bei dem System zu bleiben, dauernd die öffentlichen Haushalte zu belasten.
Daß wir auf eine weitgehende Förderung auch durch öffentliche Mittel nicht verzichten können, das wissen wir; aber diese andere Seite muß jetzt einmal ernstlich angepackt werden.
Dann bitte ich Sie, den Anträgen auf Überweisung an den Ausschuß — oder wahrscheinlich die Ausschüsse — nicht stattzugeben. Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag anzunehmen,
und zwar aus folgendem Grunde: Die Regierung wird j a, wenn der Antrag angenommen ist, gezwungen sein, uns hier Gesetzesvorlagen einzubringen,
allein schon wegen der in Aussicht gestellten Steuerbegünstigung. Wir werden dann diese Gesetzentwürfe in den zuständigen Ausschüssen zu besprechen haben, so daß wir dadurch sogar Zeit gewinnen, Herr Kollege Seuffert.
Und dann zu Ihrer und zur Gewissensberuhigung derjenigen Mitglieder des Hauses, die es nicht wissen: der 18. Ausschuß, der Wohnungsbauausschuß, hat sich laufend mit der Wohnungsbaufinanzierung beschäftigt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem ich in der heutigen Sitzung einige Male apostrophiert worden bin und mir wiederholt der Vorwurf des Umfallens gemacht worden ist, muß ich noch ein paar Worte dazu sagen. Wenn Sie sich die Erklärung der Koalitionsparteien in die Erinnerung zurückrufen, die in der zweiten Lesung verkündet wurde, und dann sehen, was letzten Endes nun doch geworden ist, so werden Sie, glaube ich, nicht den Eindruck haben, daß ich umgefallen bin.
Ich darf zunächst einmal darauf hinweisen, daß diese Entschließung, über deren Formulierung man streiten kann,
eine Reihe von enumerativen Beträgen enthält, die nur aufgezählt werden. Wenn darin gesagt ist, daß 200 Millionen DM aus dem bisherigen Aufkommen herauskommen sollen, dann ist das lediglich eine deklaratorische Feststellung.
Und wenn Bezug genommen ist auf die 200 Millionen DM durch Erhöhung der Abgaben und schließlich auf den Bonus, so sind das ebenfalls alles Dinge, die nicht materiell von der Entschließung erfaßt werden, über die keine Entschließung gemacht wird, weil sie im Gesetz darin sind, die hier nur aufgezählt werden, um eine Gesamtrechnung in Erscheinung treten zu lassen.
Eigentlicher Gegenstand der Entschließung sind
nur die 350 Millionen DM Vorfinanzierung und die
Beträge, die in diesem und im nächsten Jahr für
den Wohnungsbau flüssig gemacht werden sollen.
' Nun zum einzelnen. Sie haben beanstandet, daß ich die 200 Millionen DM aus der bisherigen Fassung hier in Ansatz bringe. Ich darf bemerken, daß ich das auch getan habe, als ich dem Entwurf noch völlig ablehnend gegenüberstand. Ich habe damals nur gesagt: „Es wird Anlaufschwierigkeiten geben", und ich habe deshalb darauf bestanden, daß in der Erklärung der Bundesregierung die Verpflichtung übernommen wurde, für die Überwindung dieser Anlaufschwierigkeiten zu sorgen.
Sie sagen, Herr Kollege Seuffert: „Die Hausrathilfe" — das geht j a zu Lasten der Hausrathilfe —„500 Millionen im Jahr sind zu wenig". Das sind auch nach meiner Ansicht zu wenig! Aber wir müssen, wie Kollege Bucerius schon sagte, doch eine Relation zwischen den verschiedenen Leistungen aufstellen. Und nun frage ich Sie — Sie haben eben mit so großem Nachdruck die 300 Millionen, die nun im Gesetz mehr darin sind, für den Wohnungsbau gefordert, und das geht ja dann doch auch wieder zu Lasten der Hausratentschädigung
ich frage, Herr Kollege Seuffert: Was bleibt dann für unsere Bauern, Handwerker und Gewerbetreibenden, die wir doch endlich einmal seßhaft machen wollen? Das ist doch ein Anliegen, das genau so wichtig ist wie der Wohnungsbau, aber dem Lastenausgleich sehr viel näher steht als die Finanzierung des Wohnungsbaues im großen Rahmen.
Sie haben es beanstandet, daß wir die 100 Millionen DM für den Bonus eingesetzt haben, der im Gesetz vorgesehen ist. Ja, meine Damen und Herren, Sie haben doch schließlich alle, soweit Sie im Ausschuß waren, an dieser gesetzlichen Regelung mitgewirkt; und man kann doch nicht annehmen, daß Sie die einzige Möglichkeit der Vorfinanzierung, die im Gesetz enthalten war, als wir hier begannen, so gestaltet haben, daß nur ein Luftposten herausgekommen ist. Der Herr Kollege Bucerius hat schon mit Recht gesagt, daß man auch bei sorgfältiger Berechnung diesen Posten von 100 Millionen DM nicht beanstanden kann.
Es ist eine echte Erhöhung durch die Aktienheranziehung und durch die Vermögensteuer eingetreten. Ich darf ins Gedächtnis zurückrufen, daß diese Heranziehung der Aktien entsprechend einem Antrag der FU erfolgt ist, der mit unseren Stimmen — ich spreche von den Vertriebenenabgeordneten —, mit denen der SPD, aber auch mit denen eines wesentlichen Teils anderer Mitglieder des Haus angenommen worden ist. Ich darf weiter darauf hinweisen, daß unser Antrag und derjenige der SPD auf Erhöhung der Vermögensabgabe, obwohl wir Vertriebene dafür gestimmt haben, letzten Endes doch abgelehnt worden ist. Er wäre auch in dritter Lesung abgelehnt worden, wenn wir nicht zu diesem Kompromiß mit den Mehrheitsparteien gekommen wären.
Ich komme nun zu der Frage der Vorfinanzierung. Sie beanstanden, daß hier der Weg gegangen wird, der beim Schiffsbau gegangen worden ist. Es mögen Bedenken bestehen. Aber was dort möglich war, sollte dem Lastenausgleichsfonds recht und billig sein. Bei der großen Finanznot, die wir haben, konnte man von uns nicht verlangen, daß wir nein sagen. Es handelt sich hier auch nicht um etwas Neues. Es mag im Ausschuß vielleicht nicht besprochen worden sein. In den Koalitionsgesprächen, die sechs Wochen gedauert haben, ist diese Frage sehr ausführlich behandelt worden.
Daß wir den Weg der Anleihen gehen wollen und daß wir uns die Zusagen geholt haben, die nötig sind, um das sicherzustellen, das entspricht doch durchaus dem Willen des Gesetzgebers, der die Möglichkeit solcher Anleihen in viel höheren Beträgen vorgesehen hat.
Es ist gesagt worden, das sei Deklamation. Ich darf Sie vielleicht darauf hinweisen, daß man in der Frage der Vorfinanzierung keinen anderen Weg gehen konnte. Es war nicht möglich, diese Dinge in das Gesetz aufzunehmen. Wir alle haben uns nicht mit Deklamationen begnügt. Aber nachdem die Koalitionsparteien sich nun übereinstimmend zu diesem Programm bekannt haben, nachdem die letzte Einigung in Gegenwart des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers und des Finanzministers zustande gekommen ist, der wir alle ausdrücklich zugestimmt haben, glaubte ich allerdings die Garantie zu haben, die unter diesen Umständen zu erlangen möglich war.
Ich glaube es vor jedermann verantworten zu können. Ich darf auch darauf hinweisen, daß unsere Zustimmung von der Erfüllung dieser Zusagen abhängig war, auch von der Erfüllung der Voraussetzung, daß diese Dinge nicht wieder über Bundesrat und Vermittlungsausschuß weggenommen werden.
Wir hatten ja für unsere Forderungen in diesem Hause keine Mehrheit, wir sind ja mit Ihnen zusammen immer überstimmt worden, weil die Mehrheit anders war. Ich konnte deshalb, sobald mir von der Koalition ein tragbarer Kompromiß bewilligt wurde, nicht nein sagen. Wir haben 1 Milliarde DM pro Jahr für die Aufgaben gefordert, die bis jetzt nicht im Lastenausgleich drinwaren. Ich darf nochmals darauf hinweisen, daß 500 Millionen DM davon im Gesetz drin sind. 350 Millionen DM sind als Vorfinanzierung so zugesagt, wie es nur irgend möglich war. Außerdem werden — das ist sichergestellt — 200 Millionen DM für die Wohnraumhilfe vorfinanziert. Die Vertriebenen haben auch davon absolut den Genuß, und im ersten Jahr ist insoweit die Milliarde sogar überschritten. Sollte ich nun beiseite gehen und sagen: Nein, ich spiele nicht mit, ich warte zwei Jahre, bis wir einen anderen Bundestag haben?
Das hätte ich nicht verantworten können.
Ich werde mancher Kritik auch sicherlich aus meinem eigenen Lager ausgesetzt sein. Ich wäre es im anderen Fall genau so von seiten anderer. Man muß in solchen Situationen eine politische Entscheidung fällen und die Verantwortung übernehmen.
Es wäre allerdings mehr als ein Schönheitsfehler, wenn diese Entsch1ießung, die Voraussetzung für unsere Zustimmung war, in einen Ausschuß ginge. Es handelt sich um eine Entschließung, also noch nicht um eine gesetzliche Regelung. Zum großen Teil handelt es sich um Dinge, die von der Bundesregierung ohne die Zustimmung des Parlaments durchgeführt werden können. Deshalb halte ich es nicht für erforderlich, die Sache erst
in einen Ausschuß zu bringen. Ich bitte Sie dringend, diesen Antrag abzulehnen, vielmehr der Entschließung Ihre Zustimmung zu geben. Mit Rücksicht auf die große Bedeutung dieser Sache beantrage ich namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung.
Als letzte Wortmeldung habe ich die des Herrn Abgeordneten Kriedemann.
Ich möchte den Versuch machen, mit den Einzelabstimmungen vor der Mittagspause fertig zu werden, damit wir die Möglichkeit haben, nach der Pause, die die Fraktionen zur Stellungnahme gewünscht haben, zur Schlußabstimmung zu kommen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Ich bitte Herrn Abgeordneten Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehr brauchte eigentlich zur Begründung eines Antrags, irgendeine Vorlage einem Ausschuß zu überweisen, ehe hier endgültig darüber abgestimmt werden kann, nicht gesagt zu werden, als Herr Dr. Kather gesagt hat, indem er erklärte, daß man über die Formulierung streiten kann. Es ist aber von ihm selber beantragt worden, über die Formulierung nicht mehr zu streiten, sondern sie so zu schlucken, wie sie serviert worden ist.
Ich möchte dazu folgendes sagen. Über den Wert oder Unwert der Rechnung, die uns in Drucksache Nr. 3373 aufgemacht worden ist, entscheidet nicht die Mehrheit, sondern entscheidet das, was dabei herauskommt.
Und darum ist uns gar nicht bange, Herr Kollege Dr. Kather, vor allen Dingen nicht, wenn so viel auf der Zusage der Regierung basiert. Sie sollten sich einmal von Ihren Kollegen, die die Landwirtschaft vertreten, erzählen lassen, was bei solchen Zusagen bei Rhöndorfer Gesprächen bisher herausgekommen ist. Das ist jedenfalls keine Basis, auf die wir uns verlassen möchten. Weil wir uns nicht mitschuldig machen wollen an den Täuschungen und Enttäuschungen, zu denen es zweifellos aus diesem Antrag Drucksache Nr. 3373, wie heute schon die Zeitungsüberschriften beweisen, kommen wird, der aus dem nüchternen Rechenwerk eine Zahlenspielerei macht, werden wir dieser Entschließung nicht zustimmen.
Für die Auseinandersetzung mit der Sorte von Vertretung der Interessen der Geschädigten, Herr Kollege Dr. K a t her, wie Sie sie für sich in Anspruch nehmen, genügt uns die überraschende Feststellung von Herrn Bucerius, daß Ihnen sozusagen das Verdienst an dem Zustandekommen der Drucksache Nr. 3373 zuzuschreiben ist, Herr Kollege Dr. Kather. Hoffentlich bekommt Ihnen das gut.
Es ist nicht wahr, daß es hier niemals eine Mehrheit für die Anträge der Sozialdemokratie, die zum Teil auch Ihre Anträge waren, Herr Dr. Kather, gegeben hat. Wenn alle Damen und Herren in diesem Hause, die sich sonst so sehr darauf berufen, daß sie als eigentliche Vertreter der Interessen der Vertriebenen hierher gekommen sind, mit uns gestimmt hätten, Herr Dr. Kather, dann hätten wir auch eine Mehrheit gehabt. Sehen Sie sich einmal die Aufstellung darüber in der „Stimme der Vertriebenen" genau an.
Die Sozialdemokraten haben beantragt, die Aktien ganz heranzuziehen, und das ist den Interessenvertretern zuviel gewesen, auch Ihnen zuviel gewesen, Herr Kollege Dr. Kather. Es ist daher leider bei der Hälfte geblieben. Die Sozialdemokraten haben immer beantragt und haben immer darum gekämpft, das ganze Vermögen, soweit es nicht abgegeben werden muß, der Vermögensteuer zu unterwerfen mit 1 %, und bis zum letzten Augenblick ist das mit sehr beredten Argumenten immer wieder abgelehnt worden. Wir glauben, daß es nur unserem zähen Bemühen im Lichte der Öffentlichkeit zu verdanken ist, wenn zum Schluß dieser Kompromiß zustande gekommen ist, allerdings nur mit 3/40/o und zunächst nur mit der Begrenzung auf 8 Jahre.
Die einzige reale Zahl, die in der Aufstellung Drucksache Nr. 3373 steht, ist das Mehraufkommen auf Grund dieser Beschlüsse. Dieses reale Mehraufkommen hätte noch höher sein können, wenn Sie sich hätten entschließen können, unseren Anträgen gleich und in vollem Umfange zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint mir unerläßlich zu sein, daß eine Äußerung meines Herrn Vorredners hier im Hause einmal ganz eindeutig festgehalten wird. Er hat nämlich erklärt, es sei ihm gar „nicht bange darum", daß bei dieser wichtigen Entsch1ießung etwas herauskommt. Das heißt also, die SPD hatte eigentlich Sorge, daß diese Entschließung wirklich bedeutsamen Inhalt haben könnte.
Diese Haltung läßt darauf schließen, daß es der Opposition gar nicht darauf ankommt, den Vertriebenen zu helfen, sondern lediglich darauf, parteipropagandistische Erfolge zu erzielen.
Das muß hier einmal angeprangert werden.
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es braucht darauf nur ein Satz gesagt zu werden. So etwas, wie hier eben gesagt worden ist, bringt nur Herr Dr. Wuermeling fertig.
Meine Damen und Herren ich habe das Gefühl, daß die Debatte reif zum Abschluß ist.
— Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.. Ich schließe die Besprechung über die vorgelegten Entschließungsanträge.
Ich muß die Beratung noch eröffnen zu dem von Abgeordneten der verschiedensten Fraktionen in Umdruck Nr. 564 vorgelegten Antrag zu § 20 a. Darf ich unterstellen, daß eine Besprechung über diesen gemeinsamen Antrag nicht mehr gewünscht wird? — Oder ist das anders?
— Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth wünscht, dazu eine Erklärung abzugeben.
Der größte Teil meiner Freunde hat Bedenken, diesem Antrag zuzustimmen. Wir sind mit den Abgeordneten, die den Antrag unterschrieben haben, der Ansicht, daß die hier angesprochenen Kreise eine besondere Berücksichtigung im Hinblick auf den besonders großen Schaden erfahren sollen, den sie erlitten haben. Die vorliegende Fassung geht aber in vielen Fällen über das notwendige Maß hinaus. Vor allem erfaßt sie auch zusätzliche Kreise, die im Endergebnis bis zum Währungsstichtag einen endgültigen Schaden nicht erlitten haben. Die beiden großen Parteien haben sich auf diesen Antrag geeinigt. Wir sehen daher davon ab, Änderungsanträge zu stellen, werden uns aber bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen mit' aller Eindringlichkeit nahelegen, die hier vorgelegten Entschließungen, mindestens soweit Sie nicht schon beschlossen haben wie bei der von Herrn Kollegen Meyer vorgetragenen Entschließung bezüglich der Heraufsetzung des Vermögens in Wohngrundstücken, nicht erst an den Ausschuß zu überweisen. Ein Blick auf diese Entschließungen wird jedem einzelnen von Ihnen beweisen, daß es sich um eine Angelegenheit handelt, die weder die Regierung noch die Opposition angeht, die nichts anderes ist als eine unabweisbar notwendige Abrundung dieses Gesetzes. Bitte überlegen Sie das noch einmal, schieben Sie das nicht in den Ausschuß ab, sondern stimmen Sie diesen Entschließungen hier heute zu.
Herr Abgeordneter Kunze bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Anträgen — Herr Kollege, Sie meinen wahrscheinlich die Entschließungen Umdrucke Nrn. 561, 562 und 563 —
darf ich kurz auf folgendes hinweisen. Es scheint mir notwendig zu sein, die Entschließung Umdruck Nr. 561 dem Ausschuß für den Lastenausgleich und dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zu übergeben, und zwar aus einem ganz sachlichen Grunde. Wir beraten zur Zeit das Vertriebenengesetz, und die Beratungen stehen vor dem Abschluß. Wir wissen nicht, was an Bestimmungen im Interesse der Ostzonenflüchtlinge nun im Vertriebenengesetz im einzelnen geregelt werden wird. Wir waren im Ausschuß einstimmig der Auffassung, daß wir die Frage der Ostzonenflüchtlinge im Augenblick nur auf dem Wege über den Härtefonds lösen können. Darum sollten wir, wenn wir jetzt mit unserem Gesetz fertig sind, diese Dinge beschleunigt beraten und in Verbindung mit dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen ernsthaft prüfen, damit wir dann die richtigen Vorschläge machen können.
Zu der Entschließung Antrag Umdruck Nr. 562 — --
Wir sind bei der Besprechung zu § 20 a.
Ich bitte sehr um Entschuldigung! Herr Kollege Kriedemann hatte zu den drei Entschließungen gesprochen, während der Herr Präsident mit Recht darauf hinweist, daß ja zu § 20 a gesprochen wird. Ich unterbreche deshalb meine
Rede und bitte, den § 20 a in der jetzt geänderten Fassung anzunehmen.
Zu § 20 a und zu § 19 —es ergibt sich hier aus dem andern Antrag eine Änderung zu § 19 — wird das Wort nicht mehr gewünscht. Dann schließe ich die Besprechung zu §20a und zu§ 19.
Damit wir uns nun für die Abstimmung über die Entschließungsanträge nach der Schlußabstimmung, also nach der Pause, klar sind, darf ich feststellen: zunächst ist von Herrn Abgeordneten Seuffert beantragt worden, den Antrag Drucksache Nr. 3373 dem Lastenausgleichsausschuß zu überweisen. Dann ist von Herrn Abgeordneten Dr. Bucerius beantragt worden, die Entschließung Umdruck Nr.
560 dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zu überweisen. Sodann habe ich Herrn Abgeordneten Kunze so verstanden, daß er beantragen wollte, die Entschließung Umdruck Nr.
561 dem Lastenausgleichsausschuß und dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zu überweisen.
Werden weitere Anträge auf Ausschußüberweisung gestellt? Für die Umdrucke Nrn. 562 und 563 ist bisher nichts beantragt. — Ich präjudiziere in gar keiner Weise. — Bitte, Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz! Zu der Entschließung Umdruck Nr. 562 kann ich namens meiner Freunde sagen, daß wir damit einverstanden sind.
Zu der Entschließung Umdruck Nr. 563 bitte ich zwei Änderungen vorschlagen zu dürfen und bitte, diese anzunehmen. Zunächst soll es in Satz 2 heißen: Da ihre berechtigten Ansprüche im Lastenausgleichsgesetz nicht voll berücksichtigt sind ...
— nicht ausreichend berücksichtigt sind, auch einverstanden!
Zum andern bitte ich hier einen Termin zu nennen, und zwar schlage ich vor, daß die Bundesregierung ersucht wird, diese Vorlage bis zum 1. Oktober dem Hohen Hause vorzulegen. Die Vorarbeiten dazu sind so weit gediehen, daß das ohne Schwierigkeiten möglich ist, und ich möchte gerade den Evakuierten zeigen, daß wir hier nicht Deklamationen und Gedichte vortragen, sondern daß wir Realitäten beschließen.
Meine Damen und Herren, ich darf unterstellen, daß diese beiden von Herrn Abgeordneten Kunze vorgeschlagenen Änderungen von den Herren Antragstellern übernommen werden. — Das ist der Fall.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag, die Entschließung bezüglich der Sowjetzonenflüchtlinge — Umdruck Nr. 561 — an den Ausschuß zu überweisen, möchte ich ausdrücklich widersprechen. In einem Augenblick, in dem Sie von uns verlangen, über ein ganzes Bündel außerordentlich widerspruchsvoller Vorfinanzierungsmaßnahmen ohne Ausschußberatung zu entscheiden, in dem Sie hierüber die Ausschußberatung verweigern wollen, finden wir es nicht richtig, daß Sie für ein so beschränktes Anliegen, wie es die Entschließung Umdruck Nr. 561 enthält, für eine uns allen doch so am Herzen liegende Frage noch eine Ausschußberatung verlangen.
Meine Damen und Herren, damit ist auch diese Besprechung geschlossen. Ich schließe die Besprechung über die Anträge auf Ausschußüberweisung. Die Abstimmung über die Entschließungsanträge erfolgt nach der Schlußabstimmung.
— Was fehlt noch, Herr Abgeordneter Ewers?
— Wir hatten uns bereits vor längerer Zeit, vor 5 oder 10 Minuten, über § 20 a unterhalten. Wenn es Ihnen entgangen ist, bedaure ich das außerordentlich. Ich hatte die Besprechung darüber geschlossen, Herr Abgeordneter Ewers.
— Wir hatten über alle Änderungsanträge ab § 304 noch nicht abgestimmt.
Ich beginne nun, um Zweifel auszuräumen, mit der Abstimmung über den Antrag zu § 20 a auf Umdruck Nr. 564 und möchte dabei gleichzeitig den Antrag zu § 19 mit zur Abstimmung stellen. Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen zu § 20 a und zu § 19 Nr. 1 auf Umdruck Nr. 564 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das ist bei Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich bitte nun die Damen und Herren, die § 19 in der inzwischen geänderten Form insgesamt zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; § 19 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/ DPB, FU zu § 304 auf Umdruck Nr. 550. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
'en bitte die Damen und Herren, die § 304 insgesamt mit dieser Änderung zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu § 315 hat die Fraktion der SPD namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
Ich bitte die Herren Abgeordneten, Platz zu behalten, weil ich den Vorschlag machen möchte, während des Einsammelns der Stimmzettel die Punkte 2 bis 9 der heutigen Tagesordnung zu erledigen, bei denen eine interfraktionelle Vereinbarung vorliegt, daß sie ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen werden sollen.
Ich darf Sie um Ihre liebenswürdige Aufmerksamkeit bitten. Die Einsammlung der Abstimmungskarten muß doch ohne Zwiegespräche vor sich gehen können.
Ich rufe auf den Punkt 2 der Tagesordnung: Beratung der Übersicht Nr. 53 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen .
Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen auf Umdruck Nr. 497 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Ausschußanträge sind angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 3 der Tagesordnung: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der
Zwangsvollstreckung .
Die Regierung verwies auf die gedruckte Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf Aussprache zu verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vor. — Das Haus ist mit dieser Überweisung einverstanden.
Ich rufe auf den Punkt 4 der Tagesordnung: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen .
Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Verkehrswesen als mitberatenden Ausschuß vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Nr. 3313 der Drucksachen).
Auch keine Wortmeldungen. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Kostenrechts .
Ebenfalls keine Aussprache. Überweisung an den
Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht?
— Sie ist erfolgt.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über weitere Ergänzungen und Änderungen des D-Markbilanzgesetzes sowie über die Ausgaben von Aktien in Deutscher Mark (Nr. 3342 der Drucksachen).
Keine Wortmeldungen. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführenden Ausschuß sowie an die Ausschüsse für Geld und Kredit und Finanz- und Steuerfragen als mitberatende Ausschüsse zu überweisen.
— Also, meine Damen und Herren, federführend im Interesse der Erleichterung der Arbeit des Rechtsausschusses der Ausschuß für Geld und Kredit, mitberatend Rechtsausschuß und Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Sind Sie damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten .
Aussprache ist ebenfalls nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen vor Überweisung an den Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Arbeit als mitberatenden Ausschuß. — Das Haus ist damit einverstanden.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung .
Keine Wortmeldung? — Nein! Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik vor. — Die Überweisung ist erfolgt.
Meine Damen und Herren, ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen, wenn die Karten eingesammelt sind.
Es ist weiterhin zu erledigen der
Einspruch des Herrn Abgeordneten Renner
gegen seinen Ausschluß .
Wird das Wort dazu gewünscht? — Herr Abgeordneter Mellies zu einer Erklärung. Eine Debatte findet ja nicht statt.
Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion möchte ich zu der Abstimmung über diesen Einspruch folgende Erklärung abgeben. Über das Verhalten des Abgeordneten Renner in der fraglichen Sitzung wird bei der übergroßen Mehrheit des Hauses Einmütigkeit bestehen. Wir werden uns auch darüber einig sein, daß das Verhalten um so schwerer wiegt, als es sich hier um den Vorsitzenden der betreffenden Gruppe handelt. Auf der anderen Seite glaubt aber die sozialdemokratische Fraktion, daß das Maß, das hier angewandt ist, zu hoch ist. Wir haben seinerzeit versucht, bei der Neuschaffung der Geschäftsordnung eine Einspruchsmöglichkeit zu schaffen. Das ist abgelehnt worden. Wir haben also keine Möglichkeit, hier eine Revision eintreten zu lassen. Die sozialdemokratische Fraktion muß sich deshalb bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren, ich darf bitten, die Aussprache auch nicht in der Form von Zwischenäußerungen stattfinden zu lassen. Weite Erklärungen sind nicht gewünscht.
Ich bitte. die Damen und Herren, die dem Einspruch des Herrn Abgeordneten Renner auf Umdruck Nr. 559 stattzugeben wünschen, eine Hand zu erheben. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, dieser Einspruch ist bei zahlreichen Enthaltungen zurückgewiesen.
Darf ich während der Auszählung in den Abstimmungen zum Lastenausgleich fortfahren, soweit keine namentliche Abstimmung beantragt ist.
Ich komme zu dem Antrag zu § 326, den der Herr Abgeordnete Dr. Bertram zugleich für Herrn Abgeordneten Lücke und andere Abgeordnete gestellt hat.
— Es ist kein Umdruck, sondern er ist handschriftlich gestellt. Ich verlese ihn noch einmal:
In § 326 Abs. 2 vorletzte Zeile werden die Worte: „an Geschädigte" gestrichen und in die zweite Zeile hinter „bevorzugt" eingefügt.
Ich hoffe, daß sich jeder über den Änderungsantrag klar ist. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. —
— Das ist jetzt die Mehrheit.
Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist angenommen.
Ich komme zu § 340. Dazu liegt ein Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 19 betreffend neue Fassung des Abs. 1 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zum Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. von Golitschek.
— Bitte? — Es wird gewünscht, daß auch die drei noch stehenden Herren Platz nehmen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. von Golitschek auf Umdruck Nr. 540 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das letztere ist die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Zu § 341 Abs. 1 liegen übereinstimmende Anträge von Dr. von Golitschek und Dr. Kather, — Umdrucke Nrn. 541 und 551 — vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Anträgen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; diese Anträge sind angenommen.
Darf ich fragen, ob noch Abgeordnete vorhanden sind, die in der Abstimmung zu § 315 ihre Stimme abzugeben wünschen? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel — —
— Meine Damen und Herren, ich habe die Abstimmung geschlossen. Ich bedaure nun lebhaft, nicht immer wieder Korrekturen vornehmen zu können. Wir haben bereits vor etwa einer Viertelstunde die Sirene gehen lassen.
Ich bitte die Herren Schriftführer, zu dem Antrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 20, zu dem ebenfalls namentliche Abstimmung beantragt ist, die Stimmzettel einzusammeln. Der Antrag ist zu § 350 Abs. 1 gestellt.
— Ich darf Sie bitten, Platz zu behalten, damit wir dann in der Abstimmung fortfahren können.
Zu § 384 liegt der Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 518 Ziffer 21 auf Streichung von Nr. 2 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Zu § 384 ist keine Veränderung beschlossen worden; es bedarf also keiner weiteren Abstimmung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 542 zu § 391. — Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag
ist bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Da es eine Gesamtneufassung ist, erübrigt sich eine weitere Abstimmung. Der Antrag der Förderalistisehen Union Umdruck Nr. 519 hat sich damit erledigt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather und Genossen zu § 397 Umdruck Nr. 551 betreffend Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, sind Sie gewillt, über die Anträge auf Ausschußüberweisung zu den Entschließungsanträgen bereits jetzt abzustimmen oder nachher?
-- Wie ist Ihre Meinung?
— Jetzt?
— Der Abgeordnete Kunze möchte zu Umdruck Nr. 561 noch eine Erklärung abgeben! Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe soeben mit meinen Freunden Umdruck Nr. 561 noch einmal durchdacht und überlegt und auch Gelegenheit gehabt, mit dem Herrn Minister für gesamtdeutsche Fragen zu sprechen. Wir sind mit dem Antrag, wie er in Umdruck Nr. 561 gestellt ist, einverstanden.
Meine Damen und Herren, darf ich unterstellen, daß Sie wünschen, zunächst über die Überweisungsanträge abzustimmen?
— Oder auch gleich über die Entschließungen selbst?
— Gleich über die Entschließungen?
— Gleich über die Entschließungen. — Dann darf ich also zunächst beginnen mit dem erst eingegangenen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, FDP und DP Drucksache Nr. 3373. Es ist namentliche Abstimmung von Herrn Abgeordneten Dr. Kather beantragt worden. Ich darf unterstellen, daß nur über den Entschließungsantrag selbst die namentliche Abstimmung beantragt wird; über die Ausschußüberweisung ist ja keine namentliche Abstimmung möglich. Der Ausschußüberweisungsantrag geht zunächst vor, er ist von Herrn Abgeordneten Seuffert und Herrn Abgeordneten Bertram gestellt worden. Ich bitte die Damen und Herren, die der Überweisung dieses Antrags an den Lastenausgleichsausschuß zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Dann hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram absatzweise Abstimmung beantragt.
— Von den Antragstellern wird widersprochen; wir werden also in der Gesamtheit abstimmen.
Vom Herrn Abgeordneten Dr. Kather ist namentliche Abstimmung beantragt. Wird das aufrechterhalten?
- Dann muß ich die Herren Schriftführer bitten.
Ich ziehe zunächst einmal die Entschließungsanträge vor; dann haben die Herren Schriftführer Zeit, inzwischen die Auszählung vorzunehmen. Also zum Antrag auf Umdruck Nr. 560 hat der Abgeordnete Bucerius Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen gestellt. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Überweisungsantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Überweisung ist einmütig erfolgt.
Zu Umdruck Nr. 561 ist der Ausschußüberweisungsantrag des Abgeordneten Kunze zurückgezogen worden. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Umdruck Nr. 561 zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen angenommen worden.
Zum Umdruck Nr. 562 liegt ein Überweisungsantrag nicht vor. Ich bitte daher die Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag auf Umdruck Nr. 562 zuzustimmen wünschen, — —
— 562 ist nicht von Ihnen geändert, das ist 563, Herr Abgeordneter Kunze. Sie sind der Zeit immer etwas voraus. -
Ich bitte also die Damen und Herren, die dem Antrag Umdruck Nr. 562 zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Waren das Nein-Stimmen oder nicht? — Offenbar ist der Antrag einstimmig angenommen.
Der Umdruck Nr. 563 ist von den Antragstellern in der von dem Abgeordneten Kunze vorgeschlagenen Form abgeändert worden. Ida bitte die Damen und Herren, die dem Umdruck Nr. 563 zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? Dieser Entschließungsantrag ist ebenfalls einstimmig angenommen worden.
Sind noch Abgeordnete vorhanden, die zu der namentlichen Abstimmung über § 350 noch ihre Stimmen abzugeben wünschen? — Ich sehe niemanden; ich schließe die Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung zu § 315 bekannt: Es sind 346 Stimmen von stimmberechtigten Abgeordneten abgegeben worden, davon mit Ja 139, mit Nein 210 bei 7 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 17 abgestimmt, davon 8 mit Ja, 8 mit Nein bei 1 Enthaltung. Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD abgelehnt worden.
Darf ich die Herren Schriftführer bitten, die Stimmzettel für die Abstimmung über die Drucksache Nr. 3373, über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB einzusammeln.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9411.
Meine Damen und Herren! Ich habe zunächst zu berichtigen, daß — wie Herr Abgeordneter Dr. Pünder zielsicher festgestellt hat -- an der letzten Abstimmung über. § 315 nicht 346, sondern 356 stimmberechtigte Abgeordnete teilgenommen haben.
Bei der Abstimmung*) über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 350 haben mit Ja gestimmt 143 Abgeordnete, mit Nein 200 bei 12 Enthaltungen, insgesamt 355. Diesmal stimmt's aber. Von den Berliner Abgeordneten haben 17 abgestimmt, davon 8 mit Ja, 9 mit Nein. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 350 abgelehnt.
Darf ich fragen, ob noch Abgeordnete vorhanden
en sind, die ihre Stimme zu der Abstimmung über
die Drucksache Nr. 3373 abzugeben wünschen? — Das ist offenbar nicht der Fall.
Bevor ich die Abstimmung schließe, darf ich folgende Hinweise geben:
Die Fraktion der SPD tagt um 15 Uhr, der Fraktion der FDP um 15 Uhr 30.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses bittet, mitzuteilen, daß die für heute nachmittag 14 Uhr 30 angesetzte Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten erst um 15 Uhr oder, falls die Besprechung des Mündlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu Drucksache Nr. 3364 im Anschluß an die Mittagspause in die Beratung des Plenums aufgenommen werden soll, nach Erledigung dieses Tagesordnungspunktes beginnen soll.
— Also der Auswärtige Ausschuß tagt erst nach Erledigung des Tagesordnungspunktes.
Ich darf bereits jetzt darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß Sie gebeten werden, vor dem Verlassen des Hauses Ihre Fächer im Tagungsbüro zu entleeren. Unter anderem befinden sich darin die Tagesordnung für die kommenden Plenarsitzungen sowie der vorläufige Wochenplan für die Sitzungen in der nächsten Woche.
Darf ich Ihr Einverständnis voraussetzen, daß ich die Abstimmung schließe? Ist noch jemand vorhanden, der abzustimmen wünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann darf ich mir vorbehalten, daß das Ergebnis der Abstimmung zu Beginn der Wiederaufnahme der Sitzung nachher bekanntgegeben wird.
Um Sie nicht länger aufzuhalten, schlage ich vor, daß wir eine Pause bis 16 Uhr eintreten lassen.
Die Sitzung wird um 16 Uhr 5 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich habe zunächst das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. 3373 bekanntzugeben. Es haben abgestimmt insgesamt 359, mit Ja 203, mit Nein 137; enthalten 19; von den Berliner Abgeordneten mit Ja 9, mit Nein 8. Damit ist der Antrag angenommen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9411.
Wir kommen nun zur Schlußabstimmung über das vorliegende Gesetz. Wir haben über die §§ 1 bis 400, Einleitung und Überschrift dieser Gesetzesvorlage abzustimmen.
Eine Reihe von Abgeordneten wünscht eine Erklärung zur Abstimmung abzugeben. Zunächst Herr Abgeordneter Schoettle zu einer Erklärung zur Abstimmung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich zur Schlußabstimmung folgende Erklärung abzugeben.
Wir haben uns in monatelanger Arbeit und zuletzt mit unseren Änderungsanträgen in der zweiten und dritten Lesung um eine befriedigende Gestaltung dieses Gesetzentwurfs bemüht. Wir haben nur eine Verbesserung des Aufkommens um 200 Millionen erreichen können. Mit dieser Verbesserung des Gesetzes sind allerdings andere Bedenken der SPD-Fraktion 'keineswegs ausgeräumt. Noch immer sieht das Gesetz eine direkte und indirekte Belastung der öffentlichen Haushalte und der Gesamtheit der Steuerzahler vor, deren Ausmaß die Erfüllung anderer sozialer Aufgaben ernstlich gefährdet. Noch immer befinden sich im Gesetz bestimmte Punkte, die Abgabepflichtige über die wirtschaftliche Notwendigkeit hinaus entlasten, wodurch das Aufkommen wesentlich beeinträchtigt wird. Noch immer sind die Bestimmungen betreffend die Schadensfeststellung und die . Hauptentschädigung so gefaßt, daß sie die große Mehrheit der Geschädigten, vor allem ihre Eingliederung, zugunsten einer verschwindenden Minderheit benachteiligen. Diese Tatsache drückt sich besonders in den Beschlüssen der Mehrheit aus, mit denen für rund 50 000 Geschädigte, die ein Vermögen von über 150 000 RM verloren haben, eine Milliarde DM an Entschädigungen und Zinsen reserviert worden sind. Dies hat sich so ausgewirkt, daß das Wohnungsbauprogramm und die Eingliederungsmaßnahmen nicht gesichert sind. Die ernsthafte Erörterung eines Programms zur Vorfinanzierung dieser Leistungen wurde von der Mehrheit verweigert.
Sowohl das, was in einigen wesentlichen Punkten des Gesetzes steht, wie das, was an anderen Punkten fehlt, erlaubt es nicht, von einem Lastenausgleich zu sprechen, wie er gestaltet werden könnte, wenn der ernstliche Wille vorhanden wäre, das erhalten gebliebene Vermögen tatsächlich zu belasten und andererseits alle Schäden als gleichberechtigt anzusehen. die kleinen wie die großen und auch die Schäden, die nicht im Verlust von Grundbesitz und Aktienpaketen. sondern im Verlust der Heimat und des Arbeitsplatzes bestehen.
Wir bedauern, deswegen dem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen zu können.
Der Weg der 'Gesetzgebung ist in dieser Sache mit der heutigen Abstimmung noch nicht beendet. Wir erwarten alle mit Sicherheit, daß wir auch im Bundestag uns nochmals mit diesem Gesetz beschäftigen müssen, wenn der Bundesrat Stellung genommen hat.
Auch die sozialdemokratische Fraktion ist bereit, jeder Lösung zuzustimmen, die für die Geschädigten und für die Steuerzahler und für diejenigen, die sonst auf Leistungen der öffentlichen Hand angewiesen sind, vertreten werden kann. Sie wird den Kampf für einen solchen echten Lastenausgleich mit dem heutigen Tage nicht als beendet an-
sehen, sondern ihn mit aller Kraft weiterführen. Im übrigen bitten wir um namentliche Abstimmung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Fisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der kommunistischen Fraktion habe ich zur Schlußabstimmung folgende Erklärung abzugeben.
Der Verlauf der Debatte über das sogenannte Lastenausgleichsgesetz hat erwiesen, daß die Bundesregierung und die Parteien der Adenauer-Koalition keinen wirklichen, keinen gerechten Lastenausgleich für die Opfer des Krieges und der Kriegsfolgen wollen. Es ist gut, daß die Millionen der Verzweifelten und Hoffenden im Lande, die seit Jahren auf die Einlösung billiger Versprechungen warten, dies jetzt genau wissen: eine Regierung und die ihr hörige Mehrheit dieses Bundestages,
(Stürmische Zurufe und Klappen mit den
Pultdeckeln rechts.)
Eine solche Regierung hat kein Interesse daran, die Millionen von Flüchtlingen, die Opfer des barbarischen Hitlerkrieges, in die Gemeinschaft unseres Volkes wirklich einzugliedern
und ihnen zu einem normalen erträglichen Leben zu verhelfen.
Sie ist nur daran interessiert, diese Menschen in steter Unzufriedenheit zu halten, um sie als Vorspann für die Idee eines Revanchekriegs,
als Kanonenfutter
für einen neuen Kreuzzug gegen den Osten zu mißbrauchen.
Herr Abgeordneter, Sie wollen eine Erklärung zur Abstimmung abgeben; das bedeutet: nicht eine Rede zu irgendeinem beliebigen Thema!
Herr Präsident, ich spreche zum Lastenausgleich und zur Schlußabstimmung.
Meine Damen und Herren, die Debatte hat eine weitere Klärung erbracht, die Klärung über die Rolle des Herrn Dr. K a t h er und der Leute um ihn. Ihnen war von seiten Dr. Adenauers die Rolle zugeschrieben, die Unzufriedenheit der Masse der Flüchtlinge in der Stellung einer Scheinopposition gegen die Bundesregierung aufzufangen.
Nicht zufällig haben diese Kreise die Losung verbreitet: erst Sozialvertrag und dann Wehrbeitrag.
Jetzt scheint für sie der Augenblick gekommen,
wo sie, gestützt auf papierene Versprechungen der Regierung, den Flüchtlingen zu sagen haben: Der Sozialvertrag ist da, darum stimmt für den Wehrbeitrag, darum marschiert mit Adenauer in den Tod.
Die Leute, die dieses Spiel betreiben, mögen sich darüber klar sein:
die Masse der Flüchtlinge wird ihr Verhalten quittieren, sie wird die falschen Führer zum Teufel jagen und sich in die richtige Front einreihen.
Die Behauptung, das Lastenausgleichsgesetz der Adenauer und Kather sei ein großes soziales Aufbauwerk, ist eine Irreführung. Die Summe, die die fremden Herren in unserem Lande allein für den Monat März 1952 für Besatzungskosten verlangen und von der Bundesregierung erhalten haben, dieser eine Monatsbetrag von 1 1/2 Milliarden DM, ist fast so groß wie die ganze Jahresleistung für den Jahresausgleich im nächsten Jahr. Dieses Gesetz bringt keine gerechte Verteilung der Kriegslasten. Es bringt Vorteile und Spenden für die Reichen, für die Armen aber Almosen oder nichts.
Die gestrige Erklärung der Bundesregierung über
die angebliche Bereitstellung zusätzlicher 850 Millionen ist nichts anderes als eine Täuschung. Hinter
ihr stehen keine Tatsachen, sondern nur leere Versprechungen. Hinter ihr steht aber auch die gestrige
Ankündigung des Finanzministers, daß er, um die
Bedürfnisse der Aufrüstungspolitik zu befriedigen
und um sein ständig wachsendes Defizit abzudecken, weitere Kürzungen an sozialen Leistungen
vornehmen werde. Die Massen der Geschädigten
werden auf dieses Gaukelspiel nicht hereinfallen.
Die kommunistische Fraktion stellt darüber hinaus folgendes fest.
Erstens. Das Gesetz ist ein Geschenk an die Reichen.
Durch die Bestimmungen über die sogenannte Osthilfe werden den Nutznießern der Hitlerschen Eroberungspolitik, Großunternehmern und Großgrundbesitzern, Hunderte von Millionen in den Rachen geworfen.
Außerdem wird durch die Unbegrenztheit der Entschädigung an die großen und größten Vermögensbesitzer ein gewaltiger Teil des finanziellen Aufkommens einer kleinen dünnen Oberschicht von Raffern und Spekulanten zugute kommen.
Zweitens: die Bestimmungen über die Abgabeleistungen sind so unsozial wie nur möglich. Die großen Vermögensbesitzer — —
Die großen Vermögensbesitzer werden durch ein ausgeklügeltes System — —
Meine Damen und Herren, wenn ich den Redner nicht verstehen kann wegen der Geräusche, die von hier unten kommen, dann wird die Beratung dadurch wirklich nicht vereinfacht.
Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß eine Erklärung zur Abstimmung nicht eine beliebig ausgedehnte Rede sein kann.
Die Erklärung zur Abstimmung ist nicht zeitlich begrenzt, Herr Präsident!
Die großen Vermögensbesitzer werden durch ein ausgeklügeltes System von Vergünstigungen geschont.
Ihre im Krieg und in der Nachkriegszeit auf Kosten des Volkes zusammengeraffte Kapitalsubstanz wird nicht angetastet.
Ihr Aktienbesitz wird nicht, wie es in betrügerischer Weise heißt, zur Hälfte, sondern in der Tat nur zu einem Tausendstel herangezogen.
Dies beweist der in der „Welt" vom 9. Mai veröffentlichte Frankfurter Börsenbericht, in dem es unter der Überschrift „Kein Schock in Frankfurt" heißt:
In Frankfurter Bank- und Börsenkreisen ist man der Ansicht, daß die Auswirkungen dieser Maßnahme auch künftig minimal sein werden, zumal die Belastung nicht mehr als ein pro mille im Jahr ausmachen wird.
Demgegenüber werden die Hauptleistungen bei der Aufbringung der Mittel auf die werktätige Bevölkerung abgeladen, unter der sich die Geschädigten selber befinden, abgeladen auf die Masse der Steuerzahler, abgeladen auf die kleinen Bauern und Handwerker, auf Siedler und sonstige kleine Besitzer.
Drittens: Dieser Linie der Abwälzung der Lasten auf die breiten Massen entspricht auch die ungeheuere Belastung der öffentlichen Hand. Durch die Heranziehung des Vermögens der Gemeinden und Gemeindeverbände, durch die Einziehung eines Beitrags von 250 Millionen bei Ländern und Gemeinden für die Kriegsschadenrente, durch die Wegnahme der Vermögensteuererträgnisse durch den Bund sowie durch die Übertragung der Kosten des ganzen Verfahrens auf Länder und Gemeinden wird praktisch fast die Hälfte der aufzubringenden Beträge auf Kosten der öffentlichen Hand gehen.
Dies ist der härteste Schlag gegen das Verlangen aller vernünftigen Menschen, daß die Kosten des durch den Hitlerkrieg verursachten Elends von denen zu tragen sind, die es im Bunde mit Hitler heraufbeschworen und sich an ihm bereichert haben.
Herr Abgeordneter, ich muß Sie nochmals auffordern, zur Sache zu sprechen. Wenn Sie es jetzt nicht tun, entziehe ich Ihnen das Wort.
Ich spreche zur Sache. — Viertens: Die Leistungen an die wirklich Geschädigten sind absolut unzureichend und zumeist noch eine Verschlechterung gegenüber den bisher vom Staat getragenen Leistungen. In den meisten Fällen wird nur ein Wechsel der Bezeichnung für die Almosengelder vorgenommen werden, die zur Auszahlung gelangen. Was durch das neue Gesetz gegeben wird, wird von den bisherigen Fürsorge- und anderen Leistungen einbehalten werden. Die Entschädigungs-
und Eingliederungshilfe ist für die vielen kleinen Leute nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Hausratentschädigung, die je nach der Dicke des früheren Geldbeutels in drei Klassen eingeteilt ist, ist absolut unzureichend. Die Mittel für die Wohnraumhilfe, die in den letzten beiden Jahren ständig abgesunken sind, werden künftighin noch geringer werden.
Fünftens: Auf wesentliche Teile der Leistungen besteht kein Rechtsanspruch. Ihre Bereitstellung ist vom Ermessen einer herzlosen Bürokratie abhängig. Schließlich werden die Leistungen auf einen Zeitraum von 30 Jahren erstreckt, eine Zeit, in der Millionen der in Not Befindlichen längst zugrunde gegangen sein können.
Man überlege die Bedeutung dieser Gegenüberstellung: Während die Bundesregierung sich bereit erklärt, binnen zwei Jahren für die Aufstellung und den Unterhalt einer Aggressionsarmee und für Leistungen an fremde Okkupationstruppen 54 Milliarden bereitzustellen,
will sie einen gleichhohen Betrag für Leistungen an Millionen armer Leute auf die Dauer von 30 Jahren verteilen.
Sechstens: Dem antisozialen Charakter des vorliegenden Gesetzes entspricht es schließlich. daß es für die Geschädigten selbst keinerlei Mitbestimmungsrecht
in der Regelung ihrer Angelegenheiten gibt. Alle unsere Anträge, nach denen den Betroffenen das Recht auf Mitentscheidung eingeräumt werden sollte, wurden niedergestimmt. Geschaffen werden Divisionen neuer Bürokraten. In ewig langen Ver-
fahren werden die Darbenden und Hoffenden drangsaliert und schikaniert werden. Die Opfer des Hitlerkrieges sollen sich begnügen mit Brosamen, die von den Tischen der Reichen fallen.
Das Recht wird ihnen verweigert.
Die kommunistische Fraktion des Bundestags erklärt vor aller Öffentlichkeit: Dieses Gesetz, das nicht zufällig gerade in den Tagen verabschiedet wird, wo Adenauer seine Unterschrift unter einen antideutschen Todesvertrag setzen will,
dieses Gesetz — —Vizepräsident Dr. Schäfer: Herr Abgeordneter Fisch, ich rufe Sie zum zweitenmal auf, zur Sache zu sprechen.
Ich mache Sie auf die Folgen der dritten Aufforderung aufmerksam.
Dieses Gesetz ist ein Hohn auf die gerechten Forderungen . der Millionen, denen der Hitlerkrieg Hab und Gut und Existenz genommen hat.
Wir verweigern ihm die Zustimmung.
Wir sagen ganz offen: ein wirklich gerechter Lastenausgleich, der die Nutznießer an Krieg und Elend zahlen läßt und der den Opfern ihr Recht gibt, wird erst möglich sein, wenn Deutschland einen gerechten Frieden erhält, einen Frieden, der durch die staatliche und wirtschaftliche Einheit unseres Vaterlandes und durch den Abschluß eines Friedensvertrags garantiert sein wird. Dann wird es wirtschaftlichen Aufstieg für alle geben, dann werden die Tore geöffnet für ein umfassendes soziales Aufbauwerk,
dann werden die Erniedrigten und Beleidigten von gestern und heute die zuversichtlichen Gestalter einer freien Zukunft werden.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Gengler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen gegen Form und Inhalt der Erklärung, die eben der Herr Abgeordnete Fisch für die kommunistische Fraktion
— Gruppe — abgegeben hat, entschieden Einspruch erheben.
Diese Erklärung deckt nicht das, was nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung vorgesehen ist,
sondern stellt einen offensichtlichen Mißbrauch dar, gegen den wir uns für die Zukunft verwahren müssen.
Weiterhin möchte ich den Herrn Präsidenten bitten, nachdem der Herr Abgeordnete Schoettle zum Schluß seiner Erklärung namentliche Abstimmung über den Gegenstand beantragt hat, diese namentliche Abstimmung vorzunehmen. Nach § 59 der Geschäftsordnung sind nach dem Antrag auf namentliche Abstimmung Erklärungen nicht zugelassen, oder es müßte anders beschlossen werden.
Meine Damen und und Herren, es ist richtig, daß bei namentlicher Abstimmung Erklärungen zur Abstimmung an sich nicht vorgesehen sind; aber es ist von allen Seiten des Hauses auch schon heute morgen von der Voraussetzung ausgegangen worden, daß den einzelnen Fraktionen des Hauses noch die Möglichkeit zu Erklärungen zur Abstimmung gegeben werden soll. Ich glaube mich verpflichtet, danach zu verfahren.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Loritz.
Meine Damen und Herren! Dieses sogenannte „Lastenausgleichsgesetz" ist ein Schlag ins Gesicht
sowohl gegen die heimatvertriebenen und einheimischen Geschädigten als auch gegen die einheimischen kleinen Mittelständler, die im wesentlichen die Summen zu zahlen haben, die hier für den Lastenausgleichsfonds bereitgestellt werden. Dieses Gesetz legt die Lasten auf die falschen Schultern; es legt die Lasten auf die Schultern des kleinen Mittelstandes in Stadt und Land,
auf die Schultern von Festbesoldeten, auf die Schultern von Millionen von Menschen, die keine weitere Belastung angesichts der heutigen Wirtschaftslage und des schon unerhört hohen Steuerdrucks mehr vertragen. Auf die Schultern dieser Millionen von kleinen Leuten wird im wesentlichen das Lastenausgleichsgesetz gelegt. Die wirklich Reichen in diesem Lande aber, die Leute, die unerhörte Gewinne gemacht haben,
schon vor der Währungsreform und durch die Währungsreform und nach der Währungsreform gemacht haben und noch bis heute machen, die werden so gut wie nicht belastet.
Die angebliche Heranziehung des Aktienbesitzes zum Lastenausgleich ist nichts anderes als eine Täuschung, ist nichts anderes als eine Farce. Ich habe Ihnen gestern vorgerechnet, daß nach den Bestimmungen, die Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, nun angenommen haben, die Großaktionäre so gut wie überhaupt nicht belastet werden. Ebensowenig werden zum Lastenausgleich die Riesen-Exportgewinne der Großindustrie und die großen Schiebervermögen herangezogen, die sich in den letzten Jahren in Deutschland bilden konnten.
Wir von der WAV haben seit der ersten Lesung im Bundestag Vorschläge genug gemacht, wie man den Lastenausgleich wirklich hätte anlegen sollen und müssen, damit nennenswerte Summen für die
Geschädigten herausgekommen wären — ich habe darüber schon oft gesprochen —, nämlich
durch eine zusätzliche Aktiensteuer zugunsten des Lastenausgleichsgesetzes, durch eine Kürzung und Streichung der Wehrbeitragssummen, die der Herr Bundesfinanzminister namens der Regierung Adenauer in Paris und anderswo den Alliierten zusätzlich angeboten hat, ferner durch Sparmaßnahmen bei der innerdeutschen Verwaltung.
Das alles sind Möglichkeiten genug, die Milliarden von D-Mark zu gewinnen,
die notwendig sind, damit für die Heimatvertriebenen und Kriegsgeschädigten wirklich etwas von Bedeutung geleistet werden kann und nicht bloß eine Augenauswischerei, ein Butterbrot, etwas, was kaum mehr ist als die Wohlfahrtsunterstützungen, die ihnen ja jetzt gestrichen werden, weil die Wohlfahrtsunterstützung nach Ihren Beschlüssen, meine Herren von den Regierungsparteien, auf die Summen anzurechnen ist, die sie nach dem Lastenausgleich bekommen werden.
Das Gesetz enthält ferner völlig ungenügende Sätze bei der Hausrathilfe, Beträge, mit denen man niemals auch nur e i n Zimmer einrichten kann, geschweige denn etwas anderes, und völlig ungenügende sonstige Leistungen, mit denen die Heimatvertriebenen und die einheimischen Ausgebombten und Kriegsopfer nichts machen können. Aber ein Verwaltungsapparat wird durch das Gesetz neu geschaffen, dick und aufgebläht, mit einem Instanzenzug,
der für Tausende von Rechtsanwälten und für Tausende von Angestellten in Behörden für ihre ganze Lebenszeit eine fette Existenz bedeuten wird. Prozesse und Rechtsverfahren aller Art, d a s wird es durch diesen „Lastenausgleich" geben. Für die Heimatvertriebenen und die sonstigen Kriegsopfer aber wird es so gut wie nichts geben, und den einheimischen Mittelstand wird dieses sogenannte Lastenausgleichsgesetz in weiten Schichten noch vollends zugrunde richten.
Darum fordere ich Sie alle auf, gegen dieses Lastenausgleichsgesetz zu stimmen, wenn Ihnen das Wohl des deutschen Volkes am Herzen liegt!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Keller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für den BHE möchte ich in dieser Stunde erklären, daß angesichts der so gewaltigen und offenbar noch nicht genügend erkannten Not weiter vom Kriege getroffenen Teile unseres Volkes auch das in diesem Gesetz nur unzulänglich Erreichte doch als Ausgangspunkt einer künftigen Entwicklung anerkannt werden muß. Ich werde daher das Gesetz nicht ablehnen. Dennoch vermögen wir ihm keineswegs zuzustimmen. Der BHE steht auf dem Standpunkt, daß, nachdem nun für den Anfang Klarheit geschaffen ist, die für ihn nicht nur materielle, sondern auch rechtliche, sittliche und geistige Auseinandersetzung um einen wahren Ausgleich der Lasten des Krieges, getragen von den vorhandenen und noch erwachsenden Möglichkeiten, nicht endet, sondern erst recht beginnt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der heimatvertriebenen Abgeordneten der Koalition habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Die Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten haben mit erheblicher Skepsis die monatelangen Beratungen über diesen Gesetzentwurf verfolgt. Das fertige Gesetz liegt uns jetzt vor. Wenn wir uns die Frage stellen: ist damit das Vertriebenenproblem gelöst?, so lautet die Antwort: nein. Das Lastenausgleichsgesetz hatte sich allerdings eine so umfassende Aufgabe auch niemals gestellt. Es wird daher unter allen Umständen notwendig sein, weitere innerstaatliche und internationale Maßnahmen zu ergreifen, um für die durch den Krieg und seine Folgen entwurzelten Menschen die vollständige soziale und wirtschaftliche Eingliederung sicherzustellen.
Legen wir uns nun die zweite Frage vor, ob dieses Gesetz im Rahmen seines begrenzten Aufgabenbereichs in der Lage ist, wirksame Hilfe zu bringen, so müssen wir diese Frage bejahen. Es stellt gegenüber den bisherigen Regelungen unzweifelhaft einen wesentlichen Fortschritt dar, und zwar gerade im Zusammenhang mit den bindenden Zusagen der Bundesregierung bezüglich der Vorfinanzierung. Wir werden daher diesem Gesetz zustimmen.
Es erscheint allerdings dringend notwendig, schon jetzt an den Bundesrat zu appellieren, an den erarbeiteten Formulierungen keine Änderungen mehr vorzunehmen, die geeignet wären, das ganze Gesetzeswerk zu gefährden.
Wir glauben, uns der Zustimmung des Hohen Hauses sicher zu sein, wenn wir erklären, daß wir uns in verantwortungsbewußter und zäher Weiterarbeit für die Lösung des Gesamtproblems einsetzen werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wittmann.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sowohl hier wie auch draußen sind sich alle Gutgewillten der Mängel bewußt, die dem Gesetz anhaften. Der erste Schritt ist getan. Ich darf hier an die Darlegungen berühmter, bekannter ausländischer Fachmänner erinnern, daß das deutsche Volk nicht in der Lage ist, dieses Problem, das insbesondere durch die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen gegeben wurde, allein zu lösen. Sogar das reiche, große, siegreiche Amerika würde ratlos vor diesem Problem stehen. Der gute Wille wurde gezeigt, und der Kern des guten Anfangsstadiums möge sich weiter zum Besseren entwickeln.
Ich fühle mich aber veranlaßt, anläßlich der Erklärung von kommunistischer Seite, daß ein Lastenausgleich in Wirklichkeit nur durchgeführt werden kann, wenn wir einen Frieden haben, wie
ihn sich der Osten vorstellt, hier zu sagen: bewahre uns ein jeder mit seiner Kraft davor, daß dieser Friede über uns kommt. Denn dann ist der Lastenausgleich des Kollektivs nicht nur für die Bundesrepublik, sondern für das gesamte westliche heute noch freie Europa da. Möge dieser Lastenausgleich ein guter Anfang sein, damit der Frieden in Einheit und Freiheit gestaltet werde und nicht der Friede des Terrors, wie man ihn sich von seiten der KPD vorstellt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Namens der Föderalistischen Union — Bayernpartei-Zentrum — habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Das vorliegende Gesetz ist durch die Verhandlungen der zweiten und dritten Lesung erheblich verändert worden. Die Verbesserung der Vermögensbesteuerung durch Erhöhung der Freibeträge, die Verstärkung der Mittel für die Eingliederungshilfe und den Wohnungsbau, die Bevorzugung von Individualeigentum beim Wohnungsbau und zahlreiche andere Punkte sind trotz eines gegenteiligen Koalitionsbeschlusses neu geregelt worden.
Insbesondere sind auch zwei grundlegende Anträge meiner Fraktion Bayernpartei -Zentrum angenommen worden. Der Bundestag hat auf den Antrag meiner Fraktion hin die Heranziehung auch der Aktien zum Lastenausgleich beschlossen, wenn auch durch den Änderungsantrag für Familiengesellschaften eine nachträgliche Abschwächung eingetreten ist. Er hat einer Altspareraufwertung grundsätzlich zugestimmt und die Einfügung eines festen Termins in das Gesetz nach unserem Antrag beschlossen.
Wenn auch in diesen zwei Punkten unsere Anträge Erfolg gehabt haben, so sind doch zahlreiche andere Anträge unsererseits ohne Erfolg geblieben. Das gilt für die erweiterte Befreiung insbesondere des Gemeindevermögens, die Ermäßigung des Abgabesatzes für den Miethausbesitz und unbebaute Grundstücke, für die Verbesserung der Saldierungsmöglichkeiten bei erlittenen eigenen Schäden, insbesondere aber für die nicht durchgeführte Gleichstellung von Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten. Während die Schuldenanrechnung bei Vertriebenen nur zur Hälfte erfolgt, ist bei einheimischen Kriegssachgeschädigten der volle Ermäßigungsbetrag der Hypotheken am Kriegssachschaden abzuziehen. Die Voraussetzung für die Unterhaltshilfe ist bei Einheimischen gegenüber Flüchtlingen wesentlich erschwert, da Einheimische einen Vermögensverlust von 10 000 DM haben müssen, während das bei Flüchtlingen nicht der Fall ist.
Bei der Abwägung dieser und anderer Punkte und selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß das Lastenausgleichsgesetz erst die zweite Stufe einer Reihe von Gesetzgebungsakten ist, die mit dem Soforthilfegesetz begonnen haben und der weitere folgen werden, ist eine unterschiedliche Stellungnahme verständlich. Da wir den Fraktionszwang, wie immer, so auch hier, ablehnen, wird ein Teil von uns dem Gesetz seine Zustimmung geben, während andere sich ablehnend verhalten. Bei der Abwägung der erreichten Verbesserung einerseits und der bestehenden Unzuträglichkeiten andererseits muß letzten Endes das Gewissen darüber entscheiden, welchen Argumenten jeder Abgeordnete ein größeres Gewicht zumessen will.
Wenn die Flüchtlingsschäden nur zu einem Teil in diesem Gesetz ausgeglichen werden, so wollen wir auch nicht vergessen, daß die Ursache die völkerrechtswidrige Austreibung dieser Menschen aus ihren angestammten Wohnstätten ist; die Haftung für diese Schäden trifft daher primär die Vertreiber.
Das Ziel des Lastenausgleichs ist die Versöhnung der Gegensätze durch Herbeiführung einer höheren Gerechtigkeit nach der Willkür des Krieges. Ob sich die Hoffnung des langsamen Abklingens der Gegensätze zwischen Geschädigten und Abgabepflichtigen, des Verschwindens der Scheidung zwischen Vertriebenen und Einheimischen erfüllen wird, wird entscheidend davon mit abhängen, ob wir hier das Optimum an gerechter Abwägung getroffen haben. Hierüber sind die Meinungen bei uns geteilt. Das endgültige Urteil wird die Zukunft sprechen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter von Thadden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Schoettle sprach bereits in seiner Erklärung davon, daß das Gesetz gegenüber seiner ursprünglichen Form eine Verbesserung um 200 Millionen erfahren habe. Wir glauben, daß sich auch am gestrigen Tage noch eine Reihe anderer Verbesserungen ergeben haben, die den ursprünglich vorgesehenen Aufbringungsbetrag doch nicht unwesentlich erhöht haben. Wir müssen aber auch feststellen, daß die gestern durch entsprechende Beschlüsse des Plenums erfolgte Erhöhung nur zu einem geringen Teil dem Geiste des Lastenausgleichsgesetzes gerecht wurde, denn das Lastenausgleichsgesetz sollte ja einen wirklichen Ausgleich durch Vermögensumschichtung bringen.
Die auch von uns mitunterzeichneten Änderungsanträge des Herrn Dr. Kather wurden von diesem zurückgezogen. Wir bedauern das um so mehr, als wir die Sorge haben, daß der Bundesrat manche der gestern beschlossenen Verbesserungen wieder rückgängig machen wird.
Darüber hinaus in diesem Augenblick noch ein Wort an diejenigen, die im Westen sitzen und die für die Anwesenheit der Vertriebenen, welche durch ihre Anwesenheit hier zu einer europäischen Frage und zu einem europäischen Problem geworden sind, verantwortlich sind. Sie, die an dieser Vertreibung mitschuldig sind, müssen dafür Sorge tragen, daß dieses deutsche Problem, dessen zentrale Bedeutung für den Fortbestand Europas ich nicht näher zu beschreiben brauche, eines Tages durch entsprechende Hilfe gelöst wird, da unsere Kraft zur Bewältigung dieser riesigen Aufgabe nicht ausreichen kann.
Im Hinblick auf die Tatsache, daß die „effektiven" Verbesserungen zunächst nur auf dem Papier bestehen, sehen wir uns außerstande, dem Gesetz zuzustimmen. Wir werden uns daher der Stimme enthalten.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich bedauerlich, daß es in diesem Hause Gruppen und Abgeordnete gibt, denen jedes Gefühl für Sauberkeit dieser Demokratie fehlt und die bei einem der entscheidendsten Beschlüsse, die dieses Haus zu treffen hat, vielleicht beim allerentscheidendsten, in diesen Formen die Würde des Hauses verletzen.
— Herr Kollege, ich habe nicht von Fraktionen, ich habe von Gruppen gesprochen!
Im übrigen habe ich namens der Fraktionen der Regierungsparteien folgende Erklärung abzugeben:
Mit der Verabschiedung des Gesetzes für den Lastenausgleich hat der Deutsche Bundestag eine Entscheidung gefällt, deren Bedeutung sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch von größter Tragweite ist. In den nunmehr abgeschlossenen siebentägigen Beratungen ist das Ergebnis fünfzehnmonatiger Ausschußarbeit noch einmal eingehend diskutiert worden. Es scheint uns ein echter Beweis für eine gute Demokratie zu sein, daß alle Fraktionen sich bemüht haben, im Bewußtsein der Verantwortung, die das Parlament trägt, sachlich die Auseinandersetzung zu den entscheidenden Grundsatzfragen, in denen verschiedene Auffassungen bestehen, zu Ende zu führen. Die Haltung der Abgeordneten aller Fraktionen, die als Mitglieder des Ausschusses für den Lastenausgleich in vertrauensvoller Zusammenarbeit und respektvoller Auffassung der Ansicht des anderen ihre Beratungen geführt haben, hat auch der deutschen Öffentlichkeit gezeigt, daß der Deutsche Bundestag sich bemüht hat, nach echten demokratischen Grundsätzen zu arbeiten. Unbeschadet gegensätzlicher Auffassung in einer Reihe wichtiger Punkte dieses Gesetzes ist die Übereinstimmung in der Mehrzahl aller Abstimmungen erzielt worden. Über den zeitlichen Vorrang der sozialen Frage und die dringliche Notwendigkeit einer entsprechenden Lösung gibt es in diesem Hause unter den Fraktionen keinerlei Meinungsverschiedenheiten.
Die Bedeutung der gestellten Aufgabe ist allen Mitgliedern des Hauses klar und wird von ihnen anerkannt, der Wille, in den Grenzen des Möglichen zu einer Lösung der Frage zu kommen, ein einheitlicher. Nun ist es Aufgabe des Bundesrates, .zu beweisen, daß auch er in der gleichen Verantwortung für die Wichtigkeit und Dringlichkeit der ihm gestellten Aufgaben steht.
Alle Parteien wissen, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes ein weiterer Baustein zu einer Neugestaltung der sozialen Ordnung, für die Eingliederung der Heimatvertriebenen und die Anerkennung der berechtigten Forderung der Kriegsgeschädigten gelegt worden ist. Mit diesem Gesetz haben wir an vielen Punkten Neuland betreten müssen. Die Erfahrung bei der Durchführung wird uns erkennen lassen, an welchen Punkten die Wirklichkeit des Lebens eine Änderung des Gesetzes erforderlich macht. An der Weiterentwicklung werden wir uns in dem Bewußtsein unserer Verantwortung beteiligen, alle Kritik sorgfältig prüfen und allen berechtigten Forderungen auf Änderung in den Grenzen des Möglichen Rechnung tragen.
Das Gesetz mutet der gesamten deutschen Wirtschaft schwere Belastungen zu. Es wird auf der anderen Seite zweifellos manche Hoffnungen der Geschädigten nur unzureichend erfüllen. Die Sicherung der Durchsetzung einer neuen sozialen Ordnung allein gibt dem Eigentum seine sittliche Berechtigung! Der Beweis der Bereitschaft des deutschen Volkes, die Lasten eines verlorenen und verschuldeten Krieges zu tragen, erlaubt uns, die Welt der freien Völker um das Verständnis zu bitten, daß das Schicksal der Vertriebenen nur dann rechtzeitig und richtig gelöst werden kann, wenn über der moralischen Anerkennung die Bereitschaft einer materiellen Hilfe steht. Das Deutsche Volk will das, was es für die Neuordnung seines sozialen und wirtschaftlichen Lebens braucht, erarbeiten. Der Deutsche Bundestag weiß aber, daß ohne finanzielle Hilfe der in der Gemeinschaft der freien Völker bestehende Wille zur Sicherung der Freiheit zum Scheitern verurteilt ist, wenn nicht im Herzen Europas ein Volk von 50 Millionen arbeitsamen Menschen, zu denen 17 Millionen in Unfreiheit lebende deutsche 1 Schwestern und Brüder gehören, ein Land sozialer und wirtschaftlicher Ordnung wird.
Damit sind die Erklärungen zur Abstimmung abgeschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung. Es Ist namentliche Abstimmung mit ausreichender Unterstützung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmkarten zu beginnen.
Sind noch Stimmkarten abzugeben? — Dann ist die Einsammlung der Stimmkarten abgeschlossen. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen. Ich glaube, während der Auszählung der Stimmen können wir uns schon dem Punkt zuwenden, der heute morgen auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, dem
Antrag der Fraktion der SPD betreffend
Vorbeugende Feststellungsklage wegen des
Wehrbeitrages .
Dazu liegt der Mündliche Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten auf Umdruck Nr. 3380 vor.
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Kopf.
Für die anschließende Diskussion, meine Damen und Herren, möchte ich Ihre Zustimmung zur Festsetzung einer Redezeit von einer Stunde erbitten. — Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
— Ja, jetzt habe ich dem Herrn Berichterstatter schon das Wort erteilt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Auswärtige Ausschuß hat sich heute vormittag mit den Anträgen der SPD-Fraktion auf Drucksache Nr. 3364 und Nr. 3363 beschäftigt.
Der Antrag auf Drucksache Nr. 3364 befaßt sich mit der vorbeugenden Feststellungsklage, die von der SPD-Fraktion
— Entschuldigung, von 144 Abgeordneten des Deutschen Bundestages — gegen die Bundesregierung wegen des Wehrbeitrages beim Bundesverfassungsgericht erhoben worden ist. Der Antrag der SPD-Fraktion verfolgt ein doppeltes Ziel. Es wird zunächst beantragt, der Bundestag möge aus seiner Mehrheit und aus seiner Minderheit je eines seiner Mitglieder zu Vertretern beim Bundesverfassungsgericht bestellen und diese Vertreter ermächtigen, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht für den Bundestag zu äußern. Der Deutsche Bundestag ist in dem vorliegenden Verfassungsrechtsstreit nicht Prozeßpartei. Er ist auch nicht berechtigt, dem Prozeß als Partei beizutreten. Die Klage der 144 Mitglieder des Deutschen Bundestages stützt sich auf die Bestimmungen über Normenkontrolle, somit auf die Bestimmungen des Art. 93 Abs. 1 Ziffer 2 des Grundgesetzes und des § 13 Ziffer 6 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. In diesem Verfahren der Normenkontrolle steht den Bundesorganen und insbesondere dem Deutschen Bundestag lediglich ein Anhörungsrecht zu, von dem der Bundestag selbstverständlich Gebrauch machen kann.
Der Geschäftsordnungsausschuß des Deutschen Bundestages hat sich vor wenigen Wochen grundsätzlich mit der Frage befaßt, in welcher Weise bei verfassungsgerichtlichen Streitsachen der Deutsche Bundestag sich vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten lassen soll. Der Geschäftsordnungsausschuß hat seine Auffassung in einem Schreiben vom 20. März 1952 an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gebracht, das folgenden Wortlaut hat:
1. Der Präsident ist nach § 7 der Geschäftsordnung befugt, die Vertretung des Bundestages in Verfassungsstreitigkeiten zu übernehmen.
2. Handelt es sich um einen 'Rechtsstreit gegen einen Beschluß des Bundestages, der von einer großen Minderheit angefochten wird, dann hat der Bundestag zu entscheiden, ob eine besondere Vertretung des Bundestages, eventuell eine Vertretung der Mehrheits-
3. und der Minderheitsauffassung bestellt werden soll. Geschieht dies nicht, dann regelt sich die Vertretung des Bundestags nach § 7 der Geschäftsordnung.
In dem zweiten Absatz dieses Schreibens des Geschäftsordnungsausschusses wird somit davon ausgegangen, daß ein Rechtsstreit sich gegen einen Beschluß des Deutschen Bundestages richtet. Für diesen Sonderfall soll bei Fällen von größerer Wichtigkeit die Möglichkeit einer besonderen Vertretung vorgesehen werden. Im vorliegenden Falle ist aber über den Gegenstand, mit dem sich die vorbeugende Feststellungsklage der SPD befaßt, ein Beschluß des Deutschen Bundestags bisher noch nicht ergangen. Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses war daher der Auffassung, daß im vorliegenden Falle aus zwei Gründen kein Anlaß vorliege, dem Antrag der SPD-Fraktion stattzugeben. Einmal deshalb, weil eine Beschlußfassung des Deutschen Bundestags in der den Gegenstand des Verfassungsrechtsstreits bildenden Sache bisher nicht erfolgt ist; zweitens, weil der Deutsche Bundestag nicht Prozeßpartei, sondern lediglich anhörungsberechtigt ist.
Auf der andern Seite ist in diesem wie in jedem anderen Falle das Vertretungsrecht des Herrn Präsidenten des Bundestags, das in § 7 der Geschäftsordnung geregelt ist, gegeben. Der Antrag der SPD-
Fraktion bezweckt ja auch nicht, dieses ohnehin gegebene Vertretungsrecht des Herrn Präsidenten auszuschalten. Es besteht daher auch in diesem Falle die Möglichkeit, daß der Herr Präsident in den Grenzen, die er selbst in seiner bisherigen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hat, die Vertretung des Deutschen Bundestags wahrnehmen kann.
Aus diesen Gründen kam die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses zu dein Ergebnis, daß dem Plenum des Hauses vorgeschlagen werden soll, den Antrag Ziffer 1 der SPD-Fraktion abzulehnen.
Im zweiten Teil des Antrags Drucksache Nr. 3364 wird vorgesehen, daß der Bundestag die Bundesregierung ersuchen soll, den Regierungen der am Abschluß des Generalvertrags mitwirkenden Länder vor oder bei Unterzeichnung des Vertrags durch eine Note eine Mitteilung zukommen zu lassen. Diese Mitteilung soll darauf aufmerksam machen, daß eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Vertrag über. die Europäische Verteidigungsgemeinschaft wirksam ist nur unter den Voraussetzungen, die nach der künftighin zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewahrt werden müssen. Es soll weiterhin in dieser Note zum Ausdruck kommen, daß alle für die Bundesrepublik Deutschland insoweit zu vollziehenden Unterschriften, abzugebenden Erklärungen und zu treffenden Maßnahmen unter dem Vorbehalt stehen, daß sie keine Rechtswirkungen erzeugen, falls sie nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den zum Abschluß eines solchen Vertrags nach dem Grundgesetz erforderlichen Voraussetzungen nicht genügen sollten.
Die Verträge, deren Abschluß die Bundesregierung beabsichtigt, und insbesondere das Vertragswerk, das sich mit dem Beitritt zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft befassen soll, sehen, wie uns seitens eines Vertreters des Auswärtigen Amts mitgeteilt worden ist, die Ratifikationsklausel vor. Dies bedeutet, daß die Verträge auch dann, wenn sie von den Regierungen nicht nur paraphiert, sondern bereits unterzeichnet sind, eine völkerrechtliche Wirksamkeit erst erlangen, wenn die verfassungsmäßigen Instanzen der beteiligten Länder ihre Zustimmung in verfassungsgemäßer Weise erteilt haben und wenn von den zur Ratifizierung befugten Organen, in diesem Fall vom Herrn Bundespräsidenten, die Ratifikationserklärung abgegeben sein wird. Eine derartige Ratifikationserklärung pflegt regelmäßig mit der Mitteilung verbunden zu sein, daß die verfassungsmäßigen Voraussetzungen der Annahme eines Vertrags erfüllt worden sind.
Dieses Stadium zwischen der Unterzeichnung eines völkerrechtlichen Vertrags einerseits durch eine Regierung und der Mitteilung der Ratifizierung andererseits soll die Möglichkeit schaffen, diesen völkerrechtlichen Vertrag in das innere Staatsrecht zu überführen. In diesem Zwischenstadium, in dem der Vertrag völkerrechtlich zunächst in der Schwebe bleibt, sollen alle verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Annahme und für das Wirksamwerden dieses Vertrags geschaffen werden.
Es wird nunmehr vom Antrag der SPD-Fraktion bezweckt, daß bereits vor oder bei Unterzeichnung des abzuschließenden Vertrags über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft nicht nur der übliche Ratifikationsvorbehalt, der ohnehin beab-
sichtigt ist, gemacht wird, sondern daß gleichzeitig ein weiterer Vorbehalt erfolgt in der Weise, daß die Vertragspartner darauf hingewiesen werden, daß das Wirksamwerden aller dieser Vertragsbestimmungen und dieser abzugebenden Erklärungen davon abhängig gemacht werden soll, daß das Bundesverfassungsgericht in seiner künftigen Entscheidung die Entschließungen der Organe der Bundesrepublik gutheißt und sie nicht mißbilligt.
Seitens der Herren Antragsteller ist darauf hingewiesen worden, daß die Abgabe einer Note deshalb notwendig sei, weil ein ratifizierter Vertrag völkerrechtlich auch dann wirksam würde, wenn er staatsrechtlich unwirksam sein sollte. Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses hat gegen das angeregte Verfahren Bedenken geäußert. Es erscheint der Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses nicht angängig, daß verfassungsrechtliche Kautelen, die im inneren Staatsrecht ihre Geltung und Berechtigung haben, in das außerstaatliche Recht, in das völkerrechtliche Gebiet hineinverlagert werden. Es erscheint aber auch weiterhin der Mehrheit des Ausschusses nicht angängig, die Zuständigkeit der im Grundgesetz normierten Bundesorgane zu verlagern. Zweifellos nimmt das Bundesverfassungsgericht im Gefüge der Bundesrepublik Deutschland eine ganz hervorragende Stellung ein. Der Rechtsschutz und die Rechts- und Normenkontrolle, die dem Bundesverfassungsgericht obliegen, sind im Grundgesetz in einer ganz außerordentlichen Weise ausgebaut worden. Das Bundesverfassungsgericht ist in seiner Rechtspraxis als eine Art Magnetnadel anzusehen, die immer nach dem magnetischen Pol des Rechts hinzuweisen hat. Damit ist aber nicht gesagt, daß Aufgaben, die nach dem Prinzip der Gewaltenteilung einzelnen Organen der Bundesregierung übertragen worden sind — der Exekutive bei der Führung völkerrechtlicher Verhandlungen, der Legislative bei der Genehmigung eines abgeschlossenen völkerrechtlichen Vertrags und dem Herrn Bundespräsidenten bei der Prüfung der verfassungsrechtlichen Grundlagen und bei der Abgabe der Ratifikationserklärung —, daß derartige Zuständigkeiten, die ganz bestimmten Organen übertragen worden sind, nun auf das Bundesverfassungsgericht verlagert werden sollen. Wohl hat das Bundesverfassungsgericht auch die rechtliche Möglichkeit, in bestimmten Fällen und insbesondere auch im Fall der Normenkontrolle Entscheidungen zu treffen, denen Gesetzeskraft zukommt. Aber dies bedeutet noch in keiner Weise die Verlagerung irgendwelcher Zuständigkeiten.
Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß die Führung der Verhandlungen der Exekutive zukommt und daß die Initiative der Exekutive im Stadium derart wichtiger und schwieriger Verhandlungen nicht gestört, nicht gelähmt, nicht durch Auflagen und Vorbehalte beeinträchtigt werden soll. Es muß weiterhin dieses Hohe Haus allein und ausschließlich für die Entscheidung zuständig sein, ob ein derartiger völkerrechtlicher Vertrag in das innere Staatsrecht überführt und genehmigt werden soll oder ob die Genehmigung verweigert werden soll. Es bestehen durchaus Möglichkeiten und Kautelen hinreichender Art, um dafür zu sorgen, daß alle verfassungsmäßigen Voraussetzungen gewahrt bleiben, auch wenn der von der SPD- Fraktion angeregte Rechtsvorbehalt nicht vor oder bei Unterzeichnung des Vertrags durch eine Note den Vertragspartnern mitgeteilt wird.
Nach, anerkannter völkerrechtlicher Lehrmeinung werden ratifizierte Verträge dann nicht
rechtswirksam, wenn offensichtliche verfassungsrechtliche Mängel vorliegen. Aber ganz abgesehen davon würde der Deutsche Bundestag die Möglichkeit haben — von der er in anderen Fällen Gebrauch gemacht hat —, völkerrechtliche Verträge mit Vorbehalten oder unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmen. Vom Herrn Bundespräsidenten wird das Vorliegen der verfassungsmäßigen Voraussetzungen zu prüfen sein. Es wird die Möglichkeit bestehen, daß der Herr Bundespräsident, wenn irgendwelche Zweifel obwalten sollten, ein Gutachten des Bundesverfassungsgerichts erhebt.
Alle diese Kautelen könnten und dürften nach der Meinung des Ausschusses ausreichend sein, um den Verfassungsschutz zu gewährleisten. Die Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses kann den Herren Antragstellern in diesem Stadium der Verhandlungen, die der Exekutive noch obliegen, darin aber nicht beipflichten, daß Vorbehalte — sogar der Vorbehalt eines Vorbehalts — gemacht werden sollen, durch die die Tätigkeit der Verhandlungsorgane erschwert werden könnte.
In dem andern Antrag — Drucksache Nr. 3363 — ist dann seitens der Herren Antragsteller beantragt worden, die Bundesregierung aufzufordern, dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten vor der Unterzeichnung des Generalvertrags und des Vertrags über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft die vollen Texte der Vertragswerke vorzulegen. Auch der Auswärtige Ausschuß hat übereinstimmend das Bedürfnis nach ausreichender und sachgemäßer Information zum Ausdruck gebracht. Er hat von der Bereitschaftserklärung des Herrn Bundeskanzlers Kenntnis genommen, ihm diese Information in den nächsten Tagen zukommen zu lassen. In der Erwartung, daß bis zum 20. Mai 1952 die fertiggestellten Teile der Vertragstexte den Mitgliedern des Ausschusses vorgelegt werden und dem Ausschuß über die noch strittigen Punkte Bericht erstattet wird, hat der Ausschuß beschlossen, die Beschlußfassung über den Antrag Drucksache Nr. 3363 zurückzustellen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Bevor wir nun mit der Aussprache über den aufgerufenen Gegenstand fortfahren, habe ich noch die Mitteilung des vorläufigen Ergebnisses*) der Schlußabstimmung über das Gesetz über den Lastenausgleich nachzuholen. Mit Ja haben gestimmt 209 Abgeordnete, mit Nein 145, enthalten haben sich 11. Von den Berliner Abgeordneten haben 9 mit Ja gestimmt und 8 mit Nein. Damit ist dieser Gesetzentwurf in der dritten Beratung angenommen und verabschiedet.
Ich glaube, angesichts der großen Bedeutung dieses Gesetzes, insbesondere angesichts seines gewaltigen Umfangs und des verwickelten Inhalts darf ich im Namen des ganzen Hauses den Kollegen, die in den zuständigen Ausschüssen an diesem Werk gearbeitet, und denen, die auf allen Seiten dieses Hauses dazu beigetragen haben, daß dieses Gesetzgebungswerk bis zum heutigen Stadium weiterentwickelt werden konnte, den Dank des Hauses aussprechen.
Dann läßt der Herr Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses mitteilen, daß die Sitzung des Aus-
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9411
schusses sofort nach Beendigung des Plenums im Bundesratssaal stattfinden soll.
Wir treten nunmehr in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses finden nicht die Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion. Wir bitten Sie vielmehr, den Antrag des Auswärtigen Ausschusses abzulehnen und dadurch unserem ursprünglichen Antrag zuzustimmen.
Der Herr Berichterstatter ist im Irrtum, wenn er glaubt, der Antrag der SPD zur Vertretung vor dem Bundesverfassungsgericht bezwecke nicht, ein ohnehin gegebenes Vertretungsrecht des Herrn Präsidenten des Bundestags auszuschalten. Im Gegenteil. Herr Dr. Kopf, Sie sollten aus den Verhandlungen wissen, daß wir ein solches Vertretungsrecht des Herrn Präsidenten des Bundestags nicht anerkennen und daß wir Sie davor warnen, ein solches Vertretungsrecht zu behaupten; denn der Präsident des Bundestags steht außerhalb der Parteien und ist und bleibt Präsident des ganzen Hauses
und kann nicht dadurch in die Debatte gezogen werden, daß man ihn zu einem politischen Vertreter einer Mehrheit des Bundestags macht und in Karlsruhe plädieren läßt.
Dann zerstören Sie diese Institution und laufen Gefahr, daß wir hier erneut zu irgendwelchen Debatten darüber kommen, ob der Herr Präsident des Bundestags diese Vertretung des Hohen Hauses richtig oder falsch gemacht hat. Es ist unmöglich, einen derartigen Weg zu beschreiten.
Nun haben Sie gesagt, daß der Geschäftsordnungsausschuß sich bereits grundsätzlich auch mit dieser Frage zu § 7 der Geschäftsordnung befaßt habe. Das ist ebenfalls deshalb nicht ganz richtig, weil der Geschäftsordnungsausschuß dafür gar nicht zuständig ist. Es heißt vielmehr in der Geschäftsordnung, daß über grundsätzliche Fragen in der Auslegung der Geschäftsordnung das Plenum entscheidet, nach Vorbereitung durch den Geschäftsordnungsausschuß und auf dessen Antrag. Also: ehe sich das Haus nicht selbst mit der Auslegung des § 7 beschäftigt hat, ist es gegenstandslos, was darüber im Ausschuß für Geschäftsordnung gesagt wurde.
Sie haben dann zur Begründung einer von Ihnen im Namen des Ausschusses hier vorgebrachten Ablehnung des Antrags vorgetragen, daß erstens noch kein Beschluß des Bundestags zur vorbeugenden Feststellungsklage vorliege und zweitens auch der Bundestag nicht Partei, sondern nur äußerungsberechtigt sei. Ich glaube und hoffe, daß niemand hier im Hause sich über die Fadenscheinigkeit dieser Gründe im unklaren ist; denn es wird hier nicht mehr und nicht weniger gefordert, als daß der Bundestag in einem Verfassungskonflikt, der der schwerste ist in der jungen Geschichte der neuen Demokratie und hoffentlich auch in absehbarer Zeit durch keinen schwereren übertroffen werden wird, sich unbeteiligt stellen sollte, als ob ihn das nichts anginge.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Absicht haben, das Ansehen dieses Parlaments in der Öffentlichkeit weiter schwinden zu lassen, dann fahren Sie auf diesem Wege fort. Wenn Sie aber der Auffassung sind, daß in diesem Verfassungskonflikt nicht entschieden werden sollte, ohne daß auch die verschiedenen Meinungen aus dem Bundestag heraus — und zwar Rechtsmeinungen, nicht politische Meinungen — in der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zum Ausdruck kommen, dann müssen Sie dem Antrag, wie wir ihn gestellt haben, zustimmen.
Damit will ich diesen Punkt verlassen und komme nun zu dem anderen wesentlicheren Komplex, nämlich der Frage, ob die Bundesregierung gehalten sein sollte, eine besonders verstärkte Ratifikationsklausel im Vertragswerk über Generalvertrag und Europaarmee hier vorzubehalten. Der Grund dafür ist doch ganz außerordentlich einfach. Der Grund liegt darin, daß anders als in allen Staatsrechten der Welt einzig die Bundesrepublik Deutschland ein Verfassungsgericht besonderer Art kennt, welches befugt ist, Gesetze des Parlaments mit Gesetzeskraft für nichtig zu erklären. Infolgedessen ist der Fall möglich, daß das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz zu diesen Verträgen nachträglich für von Anfang an nichtig erklärt.
Das kann zwei Folgen haben. Einmal können damit die Verträge selber auch völkerrechtlich ungültig werden. Nun bedenken Sie die Situation, in der sich eine deutsche Bundesregierung befindet, wenn sie Monate und Monate nach Vertragsabschluß den Partnern mitteilen muß, der Vertrag ist wieder nichtig geworden, weil bei uns das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz für nichtig erklärt hat, und die Partner der Verträge sagen müssen, warum habt ihr uns nicht von vornherein auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht. Das ist der eine denkbare Fall.
Der andere denkbare Fall ist, daß zwar das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz für nichtig erklärt, aber die Verhandlungspartner nach völkerrechtlichen Grundsätzen erwidern, das gehe sie nichts an, die völkerrechtliche Wirksamkeit werde dadurch nicht berührt. Auch das ergibt eine unmögliche Situation, weil dann, wie ich heute morgen bereits ausführte, die Bundesrepublik Deutschland vor der Frage steht, daß sie ein Gesetzeswerk innerstaatlich nicht ausführen kann, weil es verfassungswidrig ist, und außerstaatlich ausführen muß, weil es völkerrechtlich verbindlich ist.
Der Herr Kollege Dr. Kopf hat es sich sehr einfach gemacht. Er hat darauf hier vorgetragen, die Ratifikationsklausel bedeute, daß die völkerrechtliche Wirksamkeit erst mit der Zustimmung eintrete, die in verfassungsgemäßer Weise erteilt sei. Ich wünsche, es wäre so, und ich hoffe auch, daß man mit einem solchen Standpunkt durchkommen könnte. Aber, Herr Kollege Kopf, Sie wissen und der Ausschuß weiß, daß das mit den Lehren des Völkerrechts nicht übereinstimmt, sondern daß hier dem Hause etwas vorgetragen ist, was schlechterdings falsch ist und keine Grundlage für eine Entscheidung bietet. Denn Sie wissen selbst ganz genau, daß es zahlreiche Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe gibt, in denen dargetan ist, daß auch dann, wenn das Zustimmungsgesetz und die Ratifizierung in nicht verfassungsgemäßer Weise erfolgten, dies an der völkerrechtlichen Verbindlichkeit nichts ändert. Dort sitzt der Herr Bundesminister der Justiz. Herr Dr. Dehler, Sie selbst haben mit Ihrer Unterschrift das vor dem Bundesverfassungsgericht in der Klage wegen des Peters-berger Abkommens geltend gemacht. Es wäre sehr
wünschenswert, wenn Sie in der Diskussion an diese Stelle kämen und diese Teile Ihres Schriftsatzes dem Hohen Hause vorläsen. Dann würde das Hohe Haus als Ihre amtliche Auffassung, die Sie als Bundesminister der Justiz vertreten haben, kennenlernen, daß das, was Herr Kollege Dr. Kopf hier vorgetragen hat, nicht richtig ist.
Die Hauptargumentation, die hier gebracht wird, ist aber auch gar keine rechtliche; sie ist eine politische. Sie war auch im Ausschuß eine politische, indem immer davon gesprochen wurde, daß das doch nicht tunlich sei. Herr Kollege Dr. Kopf hat als Berichterstatter das hier so ausgedrückt, daß er ausführte, es sei nicht angebracht, verfassungsrechtliche Kautelen in das völkerrechtliche Gebiet zu verlagern Nun, den Beweis dafür, daß das nicht angebracht sei, sind Sie uns schuldig geblieben, weil es mindestens sehr viel weniger angebracht ist, eine Divergenz von Staatsrecht und Völkerrecht zu erleben.
Sie haben aber dann weiter gesagt, die Zuständigkeiten seien durch das Grundgesetz bestimmten Organen übertragen: Die Exekutive habe die Verhandlung, die Legislative habe die Zustimmung und das Staatsoberhaupt, der Herr Bundespräsident, habe zum Schluß den Vollzug der Ratifikationsurkunde und deren Austausch, und diese Zuständigkeiten dürften nicht auf das Bundesverfassungsgericht verlagert werden —, was übrigens kein Mensch beabsichtigt hat; auch dürfe seitens des Bundesverfassungsgerichts in diesen Ablauf der Dinge nicht eingegriffen werden.
Nun, ich darf Ihnen sagen, daß diese von Ihnen hier vorgetragene Auffassung durch eine soeben ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts selbst widerlegt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat gestern, am 15. Mai, einen Beschluß auf den Antrag wegen der einstweiligen Anordnung hin erlassen. Zwar hat es gesagt, daß dieser Antrag, den es keineswegs für unzulässig bezeichnet, jetzt noch nicht geboten gewesen, zur Zeit also verfrüht wäre, weil die Gefahr noch nicht dringlich genug sei. Es hat aber in der Begründung — und das möchte ich Ihnen doch wörtlich verlesen — hinzugefügt:
Das Bundesverfassungsgericht kann noch nach Beschlußfassung der gesetzgebenden Körperschaften durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung — sei es auf Antrag, sei es von Amts wegen — verhindern, daß vor seiner Entscheidung zur Hauptsache unwiderrufliche völkerrechtliche oder staatsrechtliche Bindungen eintreten.
Das heißt, auch das Gericht kennt die Möglichkeit, daß diese völkerrechtlichen Bindungen unwiderruflich eintreten, und es nimmt hier ausdrücklich für sich die Befugnis in Anspruch, durch eine einstweilige Anordnung — unter Umständen sogar von Amts wegen — zu verhindern, daß der Gerichtshoheit des Bundesverfassungsgerichts vorgegriffen wird,
und es fügt hinzu:
Es
— das Bundesverfassungsgericht —
könnte insbesondere auch durch eine solche Anordnung den die völkerrechtliche Verbindlichkeit der Verträge begründenden Akt
— nämlich die Ratifikation durch den Bundespräsidenten —
bis zu seiner endgültigen Entscheidung hinausschieben.
Das heißt also, das Gericht sagt: Ich bin zuständig und nach dem Grundgesetz bevollmächtigt, unter Umständen sogar dem Staatsoberhaupt in den Arm zu fallen, um zu verhindern, daß hier unwiderrufliche völkerrechtliche Bindungen eintreten, die mich unter Umständen außerstand setzen, meiner rechtsprechenden Aufgabe in vollem Umfang zu genügen. Genau das ist es ja, was wir mit dem Antrag auch erstrebt haben.
Nachdem eine solche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, glaube ich, sollte die Bundesregierung noch mehr als bisher verpflichtet sein, die Vertragspartner auf diese Besonderheiten der Rechtslage in Deutschland aufmerksam zu
machen und darauf hinzuweisen, daß bei uns nach dem Grundgesetz nicht nur Bundesregierung, gesetzgebende Körperschaften — Bundestag und Bundesrat — und Bundespräsident zusammenwirken müssen, um einen völkerrechtlich und staatsrechtlich verbindlichen Vertrag zustande zu bringen, sondern daß hier auch noch ein besonders-artiges Gericht besteht, welches im Grundgesetz weitestgehende Befugnisse bekommen hat und daher imstande ist, unter Umständen einen dieser Akte, wenn er streitig ist, in seinen Grundlagen für nichtig zu erklären.
Diese Möglichkeit hat sich jetzt das Bundesverfassungsgericht selbst offengehalten. Die Bundesregierung sollte verpflichtet sein, die alliierten Verhandlungspartner auf diese Rechtslage hinzuweisen, damit sie uns eines Tages weder politisch noch gar rechtlich zur Last gelegt wird. Sehen Sie, meine Damen und Herren, der Versuch, die Bundesverfassungsgerichtsbarkeit irgendwie zeitlich oder sonst zu überrunden, wird sich gerade nach diesem Beschluß, den das Bundesverfassungsgericht gestern erlassen hat, als „aussichtslos und überflüssig" herausstellen. Wir glauben daher, Sie sollten unserem Antrag zustimmen; denn wir können und müssen nirgends mehr das Grundgesetz wahren als gerade in dieser Frage. Nach unserer Rechtsüberzeugung ist nämlich jeder Schritt zur Verwirklichung einer Wehrverfassung ohne vorangegangene Ergänzung und Änderung des Grundgesetzes ein Schritt in die Illegalität.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß wir in der Diskussion über diese lebenswichtigen politischen Fragen im Zusammenhang mit dem, was der Herr Vorredner der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterstellt hat, allmählich dazu kommen — und ich möchte das im Hinblick auf den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion sagen —, einen Schritt in die Illegalität zu tun,
nämlich dann, wenn wir diesen Antrag annehmen sollten.
Was ist denn eigentlich das Wesen einer Demokratie?
-- Meine Herren Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei,
es scheint sich so allmählich ein Zustand herauszubilden, in dem wir über das, was wir und was Sie unter Demokratie verstehen, sehr verschiedener Meinung sein werden,
und das ist keine Atmosphäre, in der man in einem parlamentarischen System regieren kann.
Ich habe mich mit dem Antrag der Sozialdemokratischen Partei zu befassen, der darauf abzielt, eine verstärkte Ratifikationsklausel als eine Neuschöpfung des Völkerrechts, die man bisher noch nicht gekannt hat, einzuführen. Ich möchte die Tragweite dessen, was mit diesem Antrag bezweckt wird, darstellen. Zunächst kommt es mir darauf an, darauf hinzuweisen, daß die Ablehnung des Antrags, Vertreter zu entsenden, nach meiner Auffassung damit motiviert ist, daß der Verfassungsstreit, den Sie behaupten, hier in diesem Hause noch nicht existent ist, daß also über Dinge geurteilt werden soll, die noch gar nicht in der Welt sind.
Deshalb, meine Damen und Herren, und wegen der verfassungspolitischen Tragweite lehne ich
die Entsendung von Vertretern ab.
Aus folgenden rechtlichen Gründen glaube ich, daß der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion nicht gerechtfertigt ist. Das Grundgesetz gibt eine erschöpfende Regelung der Kompetenzen von Exekutive, Legislative und Verfassungsgericht. Meine Bemerkung hinsichtlich der Demokratie vorhin bedeutete, daß es bei ihr darauf ankommt, und zwar in einem sehr sorgfältig zu wägenden Sinn darauf ankommt, daß jedes Verfassungsorgan in seinen Grenzen bleibt. Die Bundesregierung unterzeichnet die Verträge mit auswärtigen Staaten, die, falls die Voraussetzungen des Art. 59 Abs. 2 des Grundgesetzes vorliegen, der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Die Ratifikation, d. h. nämlich die Bestätigung der vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem ausländischen Vertragspartner, erfolgt in jedem Fall durch den Bundespräsidenten. Die Aufgabe der Legislative ist somit fest umrissen. Sie beschränkt sich darauf, der innerstaatlichen Transformierung ihre Zustimmung zu geben oder zu verweigern. Dagegen ist im Grundgesetz eine vorherige Bindung der Exekutive durch Beschlüsse der Legislative nicht bekannt. Die Gestaltung der auswärtigen Politik ist im Stadium der Vertragsverhandlungen bis einschließlich der Unterzeichnung das ausschließliche Recht der Regierung. Sie ist für ihre Maßnahmen auf dem Gebiet der auswärtigen Politik in der gleichen Weise verantwortlich wie für alle ihre anderen Handlungen. Die Unterzeichnung des Vertrags bedeutet die Feststellung, daß sich die an den Verhandlungen beteiligten Regierungen über den Vertragsinhalt einig geworden sind. Sie bedeutet jedoch nicht, daß der betreffende Staat bereits gebunden ist. Im Deutschlandvertrag ist, wie es heute bei allen Verträgen von größerer Bedeutung üblich ist, ausdrücklich erklärt, daß die spätere Ratifizierung durch das Staatsoberhaupt nach dem verfassungsmäßig vorgesehenen Verfahrèn zu erfolgen hat. Das Staatsoberhaupt ratifiziert, nicht die Legislative. Das Parlament hat im Rahmen des Art. 59 Abs. 2 das Recht, über die Zustimmung oder Ablehnung des von der Bundesregierung unterzeichneten Vertrags zu befinden. Es trägt dafür die politische Verantwortung vor dem deutschen Volk, von dem es gewählt ist.
Der Bundespräsident hat die Gesetze, darunter auch die Zustimmungsgesetze zu internationalen Verträgen, auszufertigen und zu verkünden. Er stellt dadurch fest, daß das Gesetz verfassungsmäßig zustande gekommen ist. Es steht auch dann noch in seinem Ermessen, ob er die völkerrechtliche Bindung der Bundesrepublik herbeiführt, indem er die Ratifikation gegenüber dem anderen Partner des Vertrags erklärt. Er bringt in der Ratifikationsurkunde zum Ausdruck, daß das Zustimmungsverfahren vor dem Parlament in ordnungsmäßiger Weise stattgefunden hat. Zweifelt er, ob ein vom Parlament beschlossenes Gesetz — darunter auch ein Zustimmungsgesetz zu einem Vertrag — eine Änderung des Grundgesetzes erfordert, so kann er das Bundesverfassungsgericht um ein Gutachten ersuchen. Nur der Bundespräsident kann dieses Gutachten einholen, niemand anders.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Aufgabe, über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen im Wege der Normenkontrolle zu entscheiden. Es hat ferner den Umfang der Zuständigkeit der obersten Verfassungsorgane festzustellen, wenn Streit über den Umfang ihrer Rechte und Pflichten entsteht. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die politische Verantwortung von Regierung, Parlament und Bundespräsident zu übernehmen. Dies würde der Fall sein, wenn das Bundesverfassungsgericht in einem Zeitpunkt eine Entscheidung treffen würde, in dem weder eine Verpflichtung der Bundesregierung erzeugt ist noch der Bundestag die politische Verantwortung für das Abkommen zu tragen hat noch der Bundespräsident im Rahmen seiner Kompetenz zu der Verfassungsfrage überhaupt Stellung genommen hat Diese Organe würden dadurch ihrer Prüfungsfreiheit beraubt werden. Das Bundesverfassungsgericht würde von einer Kontrollinstanz für die Rechtmäßigkeit zu einem für politische Entscheidungen richtungweisenden obersten Organ werden, und genau das war es, was wir vom ersten Tage der Beratungen über das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht an abgelehnt haben.
Selbst wenn die Bundesregierung dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion entspräche, würde der mit dem Antrag erstrebte Erfolg nicht erzielt werden. Wie ich bereits ausgeführt habe, tritt die Bindung der Bundesrepublik erst mit der Ratifizierung durch den Bundespräsidenten ein. Ein Vorbehalt, daß die Bindung von der Erfüllung innerstaatlicher Voraussetzungen abhänge, ist gegenstandslos, weil er sich von selbst versteht. Der Vorbehalt einer etwaigen späteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann überhaupt nur einen Sinn haben, wenn er im Zeitpunkt der Bindung erklärt wird — vorher hat er über-
haupt gar keinen juristischen und auch keinen politischen Sinn —, d. h. dann, wenn die Unterzeichnung der Ratifikationsurkunde durch den Bundespräsidenten zur Frage steht. Nur dadurch tritt die Bindung ein. Alles was vorher geschieht, projiziert diesen Vorgang in einen Zeitpunkt hinein, indem es die verfassungsmäßigen Rechte der Organe beschneidet und darüber hinaus versucht, einen innerstaatlichen Vorgang, einen Vorgang rein unseres inneren Hauses, auf die internationale Ebene zu verlagern.
Infolgedessen ist in dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion eine große Gefahr sowohl hinsichtlich der Begrenzung des Umfangs der Rechte und Pflichten unserer Organe, als auch im Hinblick auf die künftige Vertragsfähigkeit unseres Landes. Denn wenn wir hier die verstärkte Ratifikationsklausel erfinden, so könnte bei jedem multilateralen Vertrag irgendein Vertragspartner plötzlich auf die Idee kommen, diese verstärkte Ratifikationsklausel zu fordern oder vorauszusetzen, um dann vor der Ratifikation die Handlungsfreiheit dieses Landes noch weiter zu beschränken, als das bereits der Fall ist. Diese Erfindung der verstärkten Ratifikationsklausel, meine Damen und Herren, ist eine Schlinge, die unserem Lande um den Hals gelegt werden kann. Dieser Punkt ist sehr entscheidend.
Ich bin nicht bereit, in eine Kritik der von Herrn Kollegen Dr. Arndt verlesenen Sätze der Begründung aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzutreten. Es ist hier nicht der Ort, um das zu tun. Aber die Gefahr einer Kompetenzüberschreitung, die sich hier anzeigt, für unser Land, für jede kommende Regierung, sollte uns doch sehr vorsichtig stimmen und uns veranlassen, den Antrag der SPI) sehr sorgfältig zu prüfen. Vorbehalte bei der Unterzeichnung — ich meine hier den einfachen Unterzeichnungsakt, der zur Frage steht — haben nur dann einen Sinn, wenn sie sich auf den Inhalt des Vertrages beziehen, auf eine bestimmte sachliche Regelung oder auf die etwa vorhandene Schiedsklausel oder ähnliche Dinge. Solche Vorbehalte bei der Unterzeichnung hat man in der Geschichte des Völkerrechts öfter gekannt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Darum handelt es sich aber jetzt hier nicht. Obwohl das Völkerrecht keine Grundsätze über ein Verschulden bei Vertragsabschluß kennt und es infolgedessen auch nach völkerrechtlichen Grundsätzen nicht erforderlich ist, den Vertragspartner auf etwa in der Durchführung des Vertrages entstehende Schwierigkeiten besonders aufmerksam zu machen, würde dieser Gesichtspunkt für den von der SPD beantragten Vorbehalt überhaupt nicht in Betracht kommen. Der Vertrag selbst sieht, wie ich bereits gesagt habe, ausdrücklich den Vorbehalt des verfassungsmäßigen Verfahren vor.
Ich möchte abschließend sagen, die Ablehnung des Antrags der SPD dient dazu, daß die verfassungsrechtlich abgegrenzten und gegeneinander ausgewogenen Kompetenzen von Parlament, Bundespräsident und Bundesregierung nicht verschoben werden und daß wir uns nicht selbst durch solche Verwischung der Grenzen für künftige Vertragsabschlüsse Schlingen legen, über die wir dann stolpern müßten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ehlers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Arndt hat zu Beginn seiner Ausführungen über die Vertretungsbefugnis des Präsidenten des Bundestages in Verfassungsrechtsstreitigkeiten Ausführungen gemacht, um eine Zerstörung der Institution des Präsidenten zu verhindern. Ich sehe mich darum veranlaßt, hier ein Kurzes dazu zu sagen. Es handelt sich bei dem gegenwärtigen Antrag und der Erörterung dieses Antrags nach meiner Überzeugung überhaupt gar nicht um die Frage, ob der Präsident oder andere Mitglieder des Bundestages den Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten sollen, sondern es handelt sich hier ausschließlich um die Frage, ob der Bundestag überhaupt vor dem Bundesverfassungsgericht in diesem Verfassungsrechtsstreit vertreten sein soll.
Aber da nun zu dieser Frage der Vertretungsbefugnis des Präsidenten etwas gesagt ist, darf ich dazu in wenigen Sätzen meine Stellungnahme zum Ausdruck bringen.
Der Kollege Dr. Arndt hat die Berechtigung des Präsidenten, den Bundestag in Verfassungsrechtsstreitigkeiten zu vertreten, bestritten. Ich befinde mich in der angenehmen Lage, feststellen zu können, daß diese Frage bereits durch einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 1952, nämlich in dem Verfassungsrechtsstreit über die Gültigkeit des § 96 der Geschäftsordnung, auf Antrag des Herrn Kollegen Dr. Arndt entschieden worden ist, und zwar in folgendem Satz:
Der Präsident des Deutschen Bundestags kann in diesem Verfassungsrechtsstreit den Deutschen Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten.
— Meine Damen und Herren, auf diesen Einwand, Herr Abgeordneter Dr. Arndt, war ich gefaßt. Da Sie damals eine Zwischenentscheidung beantragt haben, nämlich für das Verfahren, das damals anstand, konnte der Beschluß selbstverständlich nur für dieses Verfahren ergehen, und zwar nicht als Zwischenentscheidung, sondern als Beschluß in dem konkreten Verfahren über § 96 der Geschäftsordnung.
Im übrigen ist die Begründung, die das Bundesverfassungsgericht dafür gegeben hat, eindeutig, klar und allgemeingültig. Es heißt nämlich darin:
Das Bundesverfassungsgericht hatte nur die Vertretungsbefugnis nach außen zu prüfen. Die Befugnis des Bundestagspräsidenten ergibt sich aus § 7 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags vom 6. Dezember 1951. Sie muß auch für die Vertretung in Verfassungsstreitigkeiten gelten,
da die Geschäftsordnung eine besondere Regelung für solche Verfahren nicht trifft.
Es werden einige Entscheidungen des Staatsgerichtshofs in der Literatur zitiert.
Als Vertreter des Bundestags nimmt der Präsident vor dem Bundesverfassungsgericht die Anliegen des Bundestags als Gesamtheit und nicht die Anliegen einer Mehrheit wahr.
Er befindet sich dabei in keiner anderen Lage als ein Vertreter, den der Bundestag durch besonderen Beschluß bestellen würde.
Meine Damen und Herren, diese Begründung gibt fast wörtlich das wieder, was ich zur Begründung meines Standpunkts in dem Verfahren vorgetragen habe, im Gegensatz zu der Meinung des Herrn Kollegen Dr. Arndt. Wie damals nehme ich auch heute für mich nicht in Anspruch, in Verfassungsrechtsstreitigkeiten der allein mögliche Vertreter des Deutschen Bundestags zu sein. Ich habe damals wie Sie sich erinnern werden, die Vertretung in einem Verfahren, das wegen § 96 der Geschäftsordnung gegen den Deutschen Bundestag gerichtet war, übernommen, da ein Beschluß des Deutschen Bundestags über eine anderweitige Vertretung nicht vorlag,
und habe geglaubt, damit die mir nach der Geschäftsordnung obliegenden Pflichten zu erfüllen. Ich habe in dem Verfahren selbst vorgetragen, daß nach meiner Überzeugung eine anderweitige Regelung der Vertretung über § 129 der Geschäftsordnung möglich sei, und zwar als eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Auslegung einer Vorschrift der Geschäftsordnung. Der Geschäftsordnungsausschuß hat sich zu meiner Freude völlig auf den gleichen Standpunkt gestellt und hat in der eben zitierten Beschlußfassung vom 20. März 1952 — von diesem Tag ist das Schreiben — den Standpunkt vertreten, den Herr Dr. Arndt vorgetragen hat. Der Geschäftsordnungsausschuß hat — ich muß ihn insofern in Schutz nehmen — nicht für sich in Anspruch genommen, daß er diese Frage endgültig entscheiden könne, sondern er hat diese Meinungsäußerung als Prüfung durch den Geschäftsordnungsausschuß im Rahmen des § 129 der Geschäftsordnung abgegeben.
Ich habe dem Ältestenrat des Bundestags vorgeschlagen, die damit angeschnittene Frage nicht sofort, sondern erst bei einem auftretenden Fall zu entscheiden und die von Herrn Dr. Arndt gewünschte Entscheidung des Plenums herbeizuführen. Insofern befinde ich mich also in erfreulicher Übereinstimmung mit Herrn Kollegen Dr. Arndt, daß diese Frage nicht von dem Ausschuß, auch nicht vom Geschäftsordnungsausschuß, auch nicht vom Ältestenrat, auch nicht vom Präsidenten, sondern vom Plenum zu entscheiden ist.
Nun darf ich zu dem speziellen Fall etwas sagen, meine Damen und Herren. Ich habe wie in allen mir zugehenden Verfassungsbeschwerden oder anderen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht entsprechend einem Beschluß des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, der mir von dem Herrn stellvertretenden Vorsitzenden des Rechtsausschusses, nämlich dem Herrn Bundestagsabgeordneten Dr. Arndt, am 7. November 1951 zugeleitet worden ist, verfahren zu müssen geglaubt. In diesem Schreiben heißt es:
Gibt das Bundesverfassungsgericht durch Schreiben seines Präsidenten dem Bundestag Gelegenheit zur Äußerung, so wird, falls Sie, Herr Präsident, wie bisher diesen Vorgang dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht übermitteln, zunächst ein Mitglied des Ausschusses darüber referieren, ob der Streitfall überhaupt für den Bundestag von
Interesse ist und eine Äußerung des Bundestags über seine Beteiligung am Verfahren sich empfiehlt.
Kommt der Ausschuß auf Grund des Referates zu dem Ergebnis, daß der Bundestag an dem Streitfall kein Interesse hat, so wird er Sie, Herr Präsident, davon mit der Empfehlung unterrichten, die Sache als erledigt anzusehen. Nur wenn der Ausschuß auf Grund des Referates ausnahmsweise zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Stellungnahme des Bundestags erforderlich ist, wird er Sie bitten, die Sache auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Dann sollte der Berichterstatter des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht entweder im Plenum beantragen, ein Mitglied des Bundestags oder zwei mit einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht zu beauftragen — was in der Regel genügen wird —, oder wie im Südweststaat-Prozeß ein Mitglied des Bundestags oder mehrere zum Zwecke der Beteiligung am Verfahren, insbesondere mit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zu betrauen.
Ich habe die eingegangene Verfassungsbeschwerde der Frau Abgeordneten Albertz und Genossen dem Rechtsausschuß zugeleitet. Wie mir mitgeteilt worden ist, hat der Rechtsausschuß beschlossen, von einer Beteiligung an diesem Verfahren abzusehen.
— Herr Abgeordneter Arndt, es geht aus dem Protokoll des Rechtsausschusses des Bundestages hervor, daß dieser Ausschuß, wenn ich recht unterrichtet bin, in Abwesenheit der Herren Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion diesen Beschluß gefaßt hat.
— Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter Arndt. Ich habe das Protokoll gelesen. In einem Schriftsatz, den Sie dem Bundesverfassungsgericht eingereicht haben, ist aber ein Protokoll des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags wiedergegeben, in dem die Herren sozialdemokratischen Mitglieder nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts über die Vertretungsbefugnis erklärt haben, daß sie es ablehnten, sich als „Gehilfen des Bundestagspräsidenten" behandeln zu lassen, solange der Präsident des Bundestags für sich das Recht in Anspruch nehme, in Verfassungsstreitigkeiten gegenüber dem Bundesverfassungsgericht an Stelle des Bundestags Erklärungen abzugeben.
Meine Damen und Herren, ich habe niemals den Eindruck gehabt, daß ich dann, wenn ich einem Beschluß des Rechtsausschusses folge und ihm Eingänge in Verfassungsstreitigkeiten zuleite, auch nur in den Verdacht kommen könnte, Mitglieder dieses Ausschusses oder des Bundestags als „Gehilfen" zu benutzen, sondern ich habe entsprechend dem Beschluß des Rechtsausschusses um eine gutachtliche Äußerung gebeten, und die ist mir von dem Rechtsausschuß zugeleitet worden. Ich habe zu dieser Frage, die ich hier nicht weiter auszuführen brauche, gegenüber dem Rechtsauschuß Stellung genommen und gebeten, mir eine Entscheidung des Rechtsausschusses zuzuleiten, in welcher Weise er künftig solche Angelegenheiten
zu behandeln gedenkt. Ich werde gerne bereit sein, dem Plenum den Vorschlag zu machen, in entsprechender Weise zu verfahren.
Was hier heute zur Debatte steht, ist aber nicht die Frage, ob der Bundestagspräsident oder andere zu vertreten haben, sondern die Frage ist, ob auf Grund des Antrags, den die sozialdemokratische Fraktion gestellt hat, eine Beteiligung an dem Verfassungsrechtsstreit erfolgt. Zu einer Erklärung ist der Bundestag nicht verpflichtet, da er nicht unmittelbar Partei ist. Wenn der Bundestag keinen ausdrücklichen Beschluß faßt, sich in dieser Angelegenheit zu äußern, wenn er also etwa den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ablehnen sollte, habe ich als Präsident des Bundestags weder die Möglichkeit noch die Absicht, in irgendeiner Weise in diesem Verfahren für den Bundestag tätig zu werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Fisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich bedauerlich, daß nach einer siebentägigen Debatte über den Lastenausgleich einem Thema von so weitreichender Bedeutung wie diesem nur eine Diskussionszeit von 60 Minuten eingeräumt wird. Ich bin darum auch nicht in der Lage, über mehr als nur zwei wichtige Fragen Ausführungen zu machen.
Zunächst zu der hier angewandten Methode. Mir scheint, es wurde hier mit Absicht die Methode gewählt, die Sache selbst, um die es eigentlich geht, nämlich den Inhalt des Generalvertrags und die Stellungnahme der Bundesregierung und der Fraktionen dieses Hauses zum Generalvertrag sowie zu dem Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, aus der Debatte auszuschalten und statt dessen hier nur eine Diskussion über Verfahrensfragen zu führen.
Die Fraktion der Föderalistischen Union hatte ursprünglich den Antrag gestellt, dem Plenum des Hauses die Texte der genannten Verträge vorzulegen, damit hier darüber eine Aussprache stattfinden kann. Es ist sehr zu verwundern, warum diese Fraktion ihren Antrag so plötzlich zurückgezogen hat.
Auch die Fraktion der SPD hat sich einer seltsamen Bescheidenheit befleißigt, indem sie sich von vornherein darauf beschränkte, zu verlangen, daß die Texte der Verträge lediglich dem Auswärtigen Ausschuß und nicht dem Plenum dieses Hauses vorgelegt werden, dem Auswärtigen Ausschuß, der bekanntlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagt und über dessen Verhandlungen insgesamt nur drei geheime Protokolle angefertigt werden. Man muß annehmen, daß in beiden Fällen diesem Verfahren das Bestreben zugrunde lag, die Öffentlichkeit von dieser lebenswichtigen Diskussion auszuschalten und über die entscheidenden Dinge hinter den Kulissen zu debattieren.
Herr Abgeordneter, ich muß Sie auf eins aufmerksam machen. Sie sprechen jetzt dauernd zu Drucksache Nr. 3363. Diese ist heute an den Ausschuß überwiesen worden, ist aber noch nicht aus dem Ausschuß zurückgekommen und nicht Gegenstand der Debatte, sondern Gegenstand der Debatte ist die Drucksache Nr.
3380, die sich auf die Drucksache Nr. 3364 bezieht.
Herr Präsident, ich erinnere mich, daß der Herr Berichterstatter auch zu der Drucksache Nr. 3363 Ausführungen gemacht hat.
Ja, er hat dazu die Mitteilung gemacht, daß die Dinge im Ausschuß noch weiter behandelt werden. Infolgedessen sind sie jetzt nicht Gegenstand der gegenwärtigen Sitzung.
Ich habe auch nicht über den Inhalt der Angelegenheit gesprochen, sondern lediglich Darlegungen über das gewählte Verfahren gemacht. — Man muß also hieraus schließen: entweder hat ein Teil dieses Hauses kein Gefühl für den Ernst der Lage, in der wir uns befinden, eine Lage, die durch vollendete Tatsachen geschaffen worden ist, wie sie in der heutigen Presse mit der Mitteilung über die Aufbaupläne einer Panzerarmee zum Ausdruck kommt,
oder aber man muß annehmen, daß irgendwie ein abgekartetes Spiel vorliegt. Ich möchte doch bitten, daß die Herren Ollenhauer, Schmid und Schoettle, die vorgestern abend von dem Herrn Bundeskanzler über den Inhalt des Generalvertrags unterrichtet worden sind, die Gelegenheit hier wahrnehmen, dem Volke draußen Aufklärung zu geben; denn über den Inhalt des Generalvertrags, über diese entscheidenden Fragen, macht sich das Volk draußen Sorgen. Das Volk will keinen Generalvertrag. Darum muß man die Wahrheit nach draußen mitteilen und darf sie nicht verschweigen.
Noch ein paar Worte zu dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion. Ihm liegt das Begehren zugrunde, das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung darüber fällen zu lassen, ob ein westdeutscher Wehrbeitrag dem Grundgesetz entspreche oder nicht. Auf der Grundlage dieses Antrags hat die sozialdemokratische Fraktion nun darum gebeten, daß die Bundesregierung die Unterschritt so lange aussetze, bis eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, oder zumindest, daß die Bundesregierung in bezug auf die Rechtsgültigkeit der Unterschrift, die sie vor dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts gibt, klar einen Vorbehalt ausspreche. Mir scheint, daß dieser Appell an das Bundesverfassungsgericht der Ausdruck dafür ist, daß man aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit nichts gelernt hat. Hier soll offenbar die letzte Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht zugeschrieben werden. Der Herr Abgeordnete Arndt sagte heute früh ja selbst, Ziel des Antrags seiner Fraktion sei, dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit zu geben, durch seinen Spruch so oder so rechtlich das letzte Wort zu sprechen.
Was bedeutet das anders, als daß unabhängig von
dem Bestreben und dem Willen des Volkes draußen der Spruch von Karlsruhe als definitiv, als verbindlich, auch als völkerrechtlich verbindlich anzusehen sei. Es werden Illusionen in bezug auf die
Überparteilichkeit des Gerichtes, das dort tagt, er-
weckt, etwa in gleicher Weise, wie 1932, genau vor 20 Jahren, Illusionen in bezug auf die Überparteilichkeit des Staatsgerichtshofs erweckt wurden, der über den Staatsstreich der Papen und Schleicher gegenüber der preußischen Regierung entscheiden sollte. Haben Sie nicht den Text des damaligen Urteils vor Augen, meine Herren, wissen Sie nicht, daß dieses höchste Gericht damals nicht nach Recht und Gewissen handelte, sondern nach gewissen politischen Empfehlungen? Ich kann mir nicht denken, daß solche Erfahrungen unbeachtet bleiben können. Auch die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geht in eine andere Richtung, als es von Herrn Dr. Arndt hier vorgetragen wurde.
Mir scheint, daß die Entscheidung von gestern ein Präjudizurteil für den 10. Juni darstellt, und den Ausdruck dafür, daß das Bundesverfassungsgericht heute schon entschlossen ist, die These von Dr. Adenauer anzunehmen und seine Unterschrift unter den Generalvertrag als mit der Verfassung vereinbar zu erklären.
Meine Damen und Herren! Wir können darum dem Antrag des Ausschusses nicht zustimmen, wir werden ihn aber auch nicht ablehnen. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil wir in dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zu einem kleinen Teil eine gewisse Berechtigung sehen, nämlich darin: wenn schon einmal das höchste Gericht der Bundesrepublik angerufen worden ist, um eine Entscheidung zu treffen, wenn es darüber aussagen soll, ob ein Schritt von so weitreichender Bedeutung mit dem Grundgesetz vereinbar ist oder nicht, dann muß man es als eine Herausforderung der Bundesregierung ansehen, wenn sie sich demgegenüber so verhält, als ob überhaupt nichts geschehen wäre, und durch ihr Bemühen, vollendete Tatsachen zu schaffen, diesem Spruch vorausgreift.
Die kommunistische Fraktion erklärt: Die Entscheidung über diese Frage darf und kann bei niemand anders liegen als beim Volke selbst. Das Volk aber verlangt den Abbruch der Verhandlungen über den Generalvertrag und das Verbot, diesen Vertrag und den sogenannten Verteidigungsvertrag zu unterzeichnen.
Alle Mittel müssen erschöpft werden, — —
Ihre Redezeit ist nun wirklich abgelaufen. Ich habe Sie wiederholt erinnert.
Ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident.
Ja, ich hoffe!
Alle Mittel müssen ausgeschöpft werden, um die Möglichkeiten zu nutzen, eine friedliche Lösung des deutschen Problems herbeizuführen, eine Lösung, wie sie durch den Vorschlag der Regierung der Sowjetunion in unsere Hände gegeben ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Becker.
Dr. Becker .(FDP): Meine Damen und Herren! Kehren wir wieder zum Tatbestand zurück. Was liegt vor? Es liegt eine Feststellungsklage von 144 Abgeordneten dieses Hauses beim Bundesverfassungsgericht dahingehend vor, daß festgestellt werden soll, daß, in nute ausgedrückt, die Bundesrepublik nicht das Recht der Wehrhoheit hat, daß sie also nicht das Recht hat, sich zu verteidigen, ein Recht, das jedem einzelnen Menschen, jedem Kollektiv von Menschen ohne weiteres von Natur wegen zusteht.
Daneben läuft ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung. Im Ausschuß hat Herr Kollege Dr. Arndt gesagt, er wisse, daß eine Entscheidung vorliege, er wisse jedoch nicht, welche. Zu unserer Freude haben wir einige Stunden später durch ihn den Inhalt kennengelernt, der dahin geht, daß dieser Antrag auf einstweilige Anordnung zunächst abgewiesen worden ist. Mit Recht! Die Abweisung war deshalb nötig, weil die sogenannte Gefahr im Verzug, die ja Voraussetzung für jede einstweilige Verfügung ist, gar nicht gegeben ist. Denn bis zur Ratifikation, bis zum Austausch der Ratifikationsurkunden ist noch ein weiter Weg. Infolgedessen können wir uns eine Debatte darüber, ob hier die Mehrheit oder die Minderheit sich vertreten lassen soll, ersparen. Solange noch kein Beschluß vorliegt, ist ja überhaupt keine Möglichkeit gegeben, einen Beschluß anzufechten, und so lange weiß man gar nicht, wo sich die Mehrheit und die Minderheit befindet und wer als Vertreter der einen oder der andern festgestellt werden soll.
Die zweite Frage: Wir sollen den anderen Mächten notifizieren, daß nicht nur die üblichen Ratifikationsvorbehalte zu machen seien, sondern auch der Vorbehalt, daß vielleicht der Bundesverfassungsgerichtshof einmal anderweit entscheiden könnte? Nun sind aber nach unserem Gesetz gar keine Fristen vorgeschrieben, innerhalb deren der Bundesverfassungsgerichtshof im Wege der Normenkontrolle anzurufen ist. Es besteht theoretisch durchaus die Möglichkeit, daß er noch 10 Jahre nach Erlaß eines Gesetzes angerufen wird. Wir müßten also, wenn hier Logik drinstecken soll, bei allen Verhandlungen, bei jedem Vertrag mit dem Ausland allen Mächten notifizieren: Wir kämpfen zwar um unsere Souveränität, und die SPD bestürmt uns, bestürmt die Regierung, daß sie nicht genug tut, um die Souveränität herauszuholen, aber auf Wunsch derselben SPD bescheinigen wir hiermit, daß wir nicht das Recht haben, das zu tun. Was ist das für eine innere Unwahrhaftigkeit der Politik!
Damit komme ich nun zu dem eigentlichen Kern der Dinge. Vor allem juristischen Drum und Dran sieht man gar nicht, daß es sich um eine politische Angelegenheit handelt, eine innerpolitische Angelegenheit, die darauf abzielt, die Autorität des Bundesverfassungsgerichtshofes dafür einzuspannen, daß hier in irgendeiner Weise Stimmung gemacht wird, von der man glaubt, daß sie sich inner-politisch, bei Wahlen, nutzbringend verwenden läßt.
Das ist der eine Gesichtspunkt. Der andere Gesichtspunkt ist außenpolitisch. Selbst wenn das Recht der Normenkontrolle in dem Umfang anzuerkennen ist, ist es eine Frage der guten Politik, ob man davon Gebrauch macht, meine Herren! Was meinen Sie, wenn wir jetzt über die Frage verhandeln, daß wir eine größere und weiterreichende Souveränität bekommen sollen, und wenn wir dann den anderen Staaten mitteilen: Nach der Bundesverfassung haben wir zwar das Recht, die auswär-
tige Politik vom Bund her zu bestimmen, aber auf Wunsch der Kronjuristen der SPD teilen wir Ihnen mit, über die Wehrhoheit dürfen wir nicht verhandeln, — dann wird jeder Staatsmann, der eine auswärtige Macht vertritt, sagen: Zur Außenpolitik gehören auch die Mittel, die Außenpolitik durchzuführen;
wer für die Außenpolitik zuständig ist, ist demgemäß auch ohne weiteres für die Wehrhoheit zuständig. Das müssen wir uns dann vom Ausland sagen lassen!
Lind noch eine Bemerkung, meine Herren, ich habe sie neulich schon einmal im Ausschuß gemacht: Sie haben die Hoffnung, bei Wahlen an die Regierung zu kommen.
--- Das können Sie ruhig tun!
— Ich wärme gleich eine Erinnerung von heute morgen sowieso auf.
-- Ach Gott, ach Gott! Ich betrachte die außenpolitischen Dinge nie mit innenpolitischen Augen, das überlasse ich anderen.
— Gewöhnen Sie sich doch mal daran, rein sachlich zu debattieren!
Nehmen Sie an, meine Damen und Herren, die SPD käme einmal an die Regierung, und einer von den Herren, der jetzt da vorne sitzt, säße dann dort ! Dann müssen Sie aufbauen auf der Politik, die bisher betrieben worden ist, und wenn die Politik dann nach Ihrem Wunsch betrieben würde, dann würden Sie mit diesem Vorbehalt, der den Mächten notifiziert werden soll, die Brücke nach dem Westen abbrechen, und eine Brücke nach dem Osten haben Sie nicht. Sie befänden sich in der imponierenden Lage jemandes, der zwischen zwei Stühlen sitzt, und wenn Sie dann in dieser imponierenden Lage noch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs in der Luft schwenken, in dem nach Ihrem Wunsche drinsteht, daß Sie noch nicht einmal die Wehrhoheit haben, dann sagen Sie mir mal, wie Sie dann Außenpolitik machen wollen!
Heute morgen ist von Herrn Kollegen Arndt ein
Wort des letzten Königs von Sachsen zitiert worden.
Ich gestatte mir, zum Schluß ein anderes Wort des Königs von Sachsen in einer gewissen Abwandlung zu zitieren, und das heißt: Das Ausland wird zweifellos sagen, daß die Kronjuristen der SPD sehr sachverständige, sehr scharfsinnige Juristen sind. Aber es wird auch sagen — und ich hoffe,
daß das deutsche Volk sich dem anschließen wird —: Ihr seid mer scheene Außenpolitiker!
Als Vorsitzender des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Verlauf der Diskussion hat eine Stellungnahme des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität wiederholt eine Rolle gespielt, die mich veranlaßt, an Hand der Akten doch etwas in die Erinnerung des Hohen Hauses zurückzurufen.
Es handelte sich damals, in der 181. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 13. Dezember 1Q51, um die Behandlung der Anfechtung der Bestimmung der alten Geschäftsordnung, § 48 a, und der neuen Geschäftsordnung, § 96. In dieser Sitzung des Bundestags hat der Herr Abgeordnete Dr. Reismann die Frage aufgeworfen, ob der Sprecher des Bundestags, falls einer bestimmt werde, in der Lage sei, diese Erklärung auch für die Opposition abzugeben. Der Herr Abgeordnete Dr. von Merkatz hat erklärt:
Nun erhebt sich hier die weitere Frage, ob es eines besonderen Antrags bedarf, einen Vertreter des Bundestags zu benennen. Ich möchte auch diese Frage verneinen.
Der Herr amtierende Vizepräsident Dr. Schäfer hat auf Grund des Ganges der Verhandlungen dann am Schluß festgestellt: „Ein Antrag ist nicht gestellt".
Daraufhin hatte sich der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität auf Grund eines an ihn ergangenen Ersuchens mit der Angelegenheit zu befassen. Ich darf unterstreichen, was hier bereits gesagt worden ist. Der Ausschuß hat nicht daran gedacht, die ihm nach § 129 der neuen Geschäftsordnung gezogene Kompetenzlinie etwa zu überschreiten. Er hat festgestellt — und das ist in den Gründen zu dem Beschluß, der Ihnen hier vorgetragen worden ist, niedergelegt —: In dem vorliegenden Verfassungsrechtsstreit über die Rechtsgültigkeit des § 96 der Geschäftsordnung hat der Bundestag, wie sich aus dem Protokoll der 181. Sitzung am 13. Dezember 1951 ergibt, darauf verzichtet, einen besonderen Vertreter des Bundestags zu bestellen, nachdem zuvor verschiedene Vertreter der Regierungsparteien den Präsidenten des Bundestags als vertretungsbefugt bezeichnet haben. Da auch der Präsident von sich aus keine andere Vertretung des Bundestags vorgeschlagen hatte, war damit die Vertretung des Bundestags nach § 7* der Geschäftsordnung durch seinen Präsidenten gegeben.
Diese Stellungnahme des Ausschusses ist aber nicht vollständig zitiert. Ich muß Ihnen dazu aus den Verhandlungen bzw. aus den Gründen noch folgendes bekanntgeben: Bei der Beurteilung der Frage — und das spielt bei dem heutigen Fall eine Rolle —, inwieweit der Präsident vor dem Bundesverfassungsgericht vertretungsbefugt sein soll, vor allem bei Streitigkeiten zwischen Organen des Bundestags, die mit eigenen Rechten ausgestattet sind — Fraktionen —, geht der Geschäftsordnungsausschuß davon aus, daß es für den Präsidenten sowohl politisch als auch für seine Stellung als über den Parteien stehenden Repräsentanten der Gesamtheit des Bundestags unzweckmäßig sei, in einem Streit zwischen den Fraktionen oder zwischen einer Min-
derheit und dem Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht die Vertretung des Bundestags, in diesem Falle also der Mehrheitsmeinung, gegen die Minderheit des Hauses zu übernehmen. In diesem Falle besteht die Möglichkeit, daß a) der Präsident von sich aus die Vertretung des Bundestags — Mehrheitsmeinung — vor dem Bundesverfassungsgericht ablehnt, so daß der Bundestag durch Beschluß ein oder mehrere Mitglieder zu seiner Vertretung bestimmen muß oder eine Vertretung des Bundestags gemäß § 22 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes durch einen Rechtsanwalt oder einen Lehrer des Rechts an einer deutschen Universität zu erfolgen hat; b) der Bundestag von sich aus, ohne die Vertretungsbefugnis des Präsidenten in Anspruch zu nehmen, eines oder mehrere seiner Mitglieder zu seiner Vertretung durch Beschluß bestellt.
Das ist die Auffassung des Ausschusses für Geschäftsordnung, die zu unterstreichen wünscht, daß es in der Souveränität des Hohen Hauses liegt, in einem vorliegenden Streitfall zu bestimmen, wer die Meinung des Hauses, gegebenenfalls auch, wer die Meinung der Minderheit des Hauses zu vertreten hat. Das wollte ich zur Steuer der Wahrheit und Klarheit hier beitragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ehlers.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich der Meinung des Herrn Abgeordneten Ritz e 1 nur anschließen. Sie deckt sich völlig mit der Meinung, die ich vorgetragen habe. Nachdem Herr Abgeordneter Dr. Arndt meine Behauptung, daß der Rechtsausschuß in dem zur Frage stehenden Verfassungsrechtsstreit eine Entscheidung gefällt habe, nämlich dahin, daß davon abgesehen werden solle, eine Stellungnahme abzugeben, bestritten hat, weise ich darauf hin, daß mir erstens vorliegt das Schreiben des Herrn Vorsitzenden des Rechtsausschusses vom 27. März mit dem Schlußsatz:
Der Rechtsausschuß hat sich mit der Frage der Zulässigkeit befaßt und empfiehlt dem Herrn Präsidenten, von einer Äußerung für den Bundestag abzusehen.
In dem Protokoll der vorangegangenen Sitzung des Rechtsausschusses heißt es:
Der Vorsitzende läßt nunmehr über den Antrag des Referenten, der sich mit dem des Korreferenten deckt, abstimmen, dem Präsidenten des Bundestages zu empfehlen, eine Stellungnahme nicht abzugeben. Die Abstimmung ergibt eine Mehrheit für den Antrag des Referenten bzw. des Korreferenten.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir erscheint es nicht angemessen, Herr Präsident Ehlers, daß ich mich von dieser Stelle hier mit Ihnen vor dem Hause auseinandersetze.
Wir werden diese Auseinandersetzung im Rechtsausschuß zu führen haben. Ich darf Sie bitten, daß Sie dort hinkommen; dann werden wir das aufklären. Ein ganz großer Teil, die entscheidenden Punkte Ihres Vorbringens hier beruhen auf sachlichen Irrtümern. Gerade zum letzten war es so:
der Herr Kollege Greve hat ausdrücklich den Vorsitzenden, Herrn Geheimrat Laforet, gefragt: „Soll der Rechtsausschuß den Herrn Präsidenten beraten, oder soll er eine Entscheidung des Plenums vorbereiten?" Daraufhin wurde uns gesagt: „Wir sollen den Herrn Präsidenten beraten." Und so lautet auch das eben von Ihnen verlesene Schreiben,
daß Ihnen empfohlen wird, als Präsident „für" den Bundestag keine Erklärung abzugeben. Daran haben wir uns auf Grund der Erklärung des Herrn Kollegen Greve nicht beteiligt. Anwesend waren wir selbstverständlich. Denn wir sind bereit, dem Hause etwas zu empfehlen, aber wir sind aus grundsätzlichen Erwägungen nicht bereit, in diesem Falle dem Präsidenten etwas zu empfehlen. So sind eine ganze Reihe tatsächlicher Irrtümer in Ihren Ausführungen.
Aber mir scheint es, wie gesagt, nicht angemessen, daß wir uns hier auseinandersetzen. Wir möchten haben, daß der Herr Präsident des Bundestages außerhalb jeder Diskussion steht. Darum freue ich mich gerade über Ihre letzten Worte, Herr Präsident; denn in den letzten Worten haben Sie gesagt, gerade dann, wenn das Hohe Haus den Antrag der Sozialdemokratischen Partei ablehnen sollte, würden Sie keine Möglichkeit haben, als Präsident das Haus zu vertreten.
— Sehen Sie, darin sind wir uns einig. Und gerade das ist das Gegenteil von dem, was Herr Kollege Kopf als Berichterstatter vorgetragen und Herr von Merkatz ausgeführt hat, die gesagt haben: „Gerade dann bleibt die Vertretungsbefugnis des Präsidenten in dem Verfassungsstreit unberührt und kann ausgeübt werden." Das ist eben das, was wir nicht wollen.
Nachdem wir uns also darin einig sind, begrüße ich das sehr.
Im übrigen bedauere ich eines, das muß ich hier ganz offen sagen. Wir haben hier doch keine Frage der Geschäftsordnung zu bereden gehabt,
und die ganze Debatte ist an der Sache vorbeigelaufen. Wir haben doch hier, zu einem Teil wenigstens, ein Problem zu erörtern, das dem deutschen Volk, wie man so sagt, auf den Nägeln brennt und an die Nieren geht,
und da sollte auch das Haus sich nicht solche billigen Witze gefallen lassen wie die des Herrn Kollegen Becker,
sondern wir sollten uns bewußt bleiben, wie ernst es ist; und das werden wir in der nächsten Zeit noch sehen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Loritz.
Meine Damen und Herren! Es sollte abseits aller geschäftsordnungsmäßigen Erwägungen für das Haus schon ein Gebot der Selbstachtung bedeuten,
sich unter gar keinen Umständen ausschalten zu lassen bei der Vertretung und bei der Diskussion dieser enorm wichtigen Angelegenheit vor dem Bundesverfassungsgericht. Meine Damen und
Herren, wollen Sie es denn weiterhin mit ansehen, daß maßgebliche ausländische Zeitungen, die gewiß nicht im Verdacht der Kommunistenfreundlichkeit oder der Sozialistenfreundlichkeit stehen, wie z. B. die Schweizer „Tat", die hoffentlich die meisten von Ihnen gelesen haben, — daß so unparteiische ausländische Zeitungen von neutralen Ländern, die es noch immer, von wenigen Ausnahmen abgesehen, gut gemeint haben mit dem deutschen Volk und seinen Interessen, daß so unparteiische Zeitungen wie die „Tat" neulich schreiben durften
— vielleicht haben Sie den Artikel gelesen, Herr Zwischenrufer! —: Das deutsche Parlament, der Deutsche Bundestag habe einen Akt der Selbstentmannung an sich vollzogen,
indem er sich bis jetzt aus der Debatte und aus der Vorbereitung dieser Verträge ausschalten ließ, die die Regierung Adenauer mit den Alliierten seit langen Monaten aushandelt. So hat die „Tat" wörtlich geschrieben!
— Bitte, meine Damen und Herren, haben Sie denn kein Gefühl dafür,
wie es auf das gesamte Ausland wirken muß, wenn das Parlament immer und immer wieder erklärt: „Ich heiße Hase und weiß von nichts und will von nichts etwas wissen!"?
Sie müßten doch selbst alles Interesse daran haben, sich hier unter allen Umständen einzuschalten, und das können Sie auch nach den klaren Bestimmungen der Geschäftsordnung. Ich mache nur darauf aufmerksam, daß das Haus alle Bestimmungen der Geschäftsordnung jederzeit souverän aufheben oder abändern kann, und zwar mit einfacher Mehrheit. Sie selbst müssen sich laufend die Geschäftsordnung setzen, noch dazu in so wichtigen Angelegenheiten, bei denen das Wohl und Wehe unseres Vaterlandes auf Jahrzehnte, vielleicht noch länger, von Entscheidungen abhängt, die hinter unser aller Rücken getroffen worden sind, Entscheidungen, von denen fast niemand in diesem Hause eine Kenntnis bekommen hat, so daß ausländische Journalisten einem sagen müssen, was in diesem sogenannten Generalvertrag steht.
Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Becker mit einem billigen Witzchen glaubte, den Beifall der Mehrheitsparteien des Hauses ernten zu können, dann möchte ich an diese Äußerung des Herrn Abgeordneten Dr. Becker anschließen und der Bundesregierung sowie der Bundestagsmehrheit zurufen: I h r habt bereits bewiesen, daß Ihr „scheene" Politiker seid,
nämlich bei der Saarangelegenheit! Diese Blamage für Adenauer war wirklich schon schlimm genug!
Die Rednerliste ist erschöpft; die Aussprache ist geschlossen.
Meine Damen und Herren. wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 3380 zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich habe dann noch bekanntzugeben, daß der Vorsitzende des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen zu einer Besprechung sofort nach Schluß des Plenums in Zimmer 03, Süd, einlädt.
Ferner bittet die Landesgruppe CSU, mitzuteilen, daß die Sitzung der Landesgruppe heute ausfällt.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr bekommen
und Herren! Im der sozial
ehrten Damen und Herren Im Auftrage der
demokratischen Fraktion bitte ich Sie, bei der Festlegung der Tagesordnung und des Datums der nächsten Sitzung folgendem Antrage Ihre Zustimmung zu geben:
Der Bundestag tritt am Freitag, dem 23. Mai
1952, mit folgender Tagesordnung zusammen:
1. Entgegennahme des Berichts des Auswärtigen Ausschusses über die Vertragswerke zur Ablösung des Besatzungsstatuts und zur Schaffung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft;
2. Aussprache hierüber.
Lassen Sie mich zur Begründung dieses Geschäftsordnungsantrages kurz ausführen, welche Gründe die sozialdemokratische Fraktion zur Einbringung dieses Antrags veranlaßt haben! Es handelt sich bei dem Vertragswerk um mehr als um einen normalen Vertrag zwischen vertragschließenden auswärtigen Mächten. Es wird in Wahrheit um ein Stück Verfassung nicht nur der Bundesrepublik, sondern ganz Deutschlands gehen. Es wird um die Frage gehen, wie dieses Vertragswerk sich mit der deutschen Einheit und den Chancen für ihre Wiederherstellung verträgt. Es wird um die Frage gehen, ob es die weltpolitischen Spannungen verschärft oder entspannt. Ohne daß ich jetzt im geringsten zu irgendeiner der vorgesehen Bestimmungen des Vertrages Stellung nehmen will, kann ich doch sagen, daß uns allen bewußt ist, daß infolge der Bedeutung dieses Vertragswerkes unser Volk von einer tiefen Unruhe erfaßt ist. Aufklärung über die politische Situation und über die politischen Tatsachen, die das Vertragswerk zu schaffen geeignet ist, ist ein dringendes Gebot der Stunde.
Es ist gesagt worden, das Vertragswerk sei ja noch gar nicht in der Welt. Sie entsinnen sich dieses Ausspruchs. Ich glaube, hier feststellen zu können, daß noch nie in der Geschichte ein nasciturus eine derartige Unruhe in die Welt gebracht hat wie dieser, von dem jetzt die Rede ist. Bisher hat noch keine Aussprache über die politischen Probleme stattgefunden, die mit dem Vertragswerk über die Ablösung des Besatzungsstatuts im Zusammenhang stehen. Eine praktische Erörterung der damit in Zusammenhang stehenden politischen Probleme ist nichts Ungewöhnliches. Eine ganze Reihe von Parlamenten haben sich das zur ständigen Praxis gemacht. Erst kürzlich hat gerade im Hinblick auf die zum Abschluß kommenden Verträge z. B. das englische Parlament die große Deutschland-Debatte gehabt. Ich darf daran erinnern, daß die Weimarer Nationalversammlung es sich nicht hat nehmen lassen, sehr eingehend vor der Unterzeichnung Punkt für Punkt die Bestimmungen der damals
aktuellen Verträge zur Kenntnis zu nehmen und durchzudiskutieren.
Wir müssen hier im Parlament unsere Meinung zu diesen Verträgen zur Geltung bringen, bevor es zu spät ist.
Es genügt nicht, darüber zu diskutieren, wenn wir nachher nur noch vor der Frage ob ja oder nein stehen.
Das ist aber der Fall, wenn die Unterschrift geleistet ist.
Dann geht es nur noch um die Ratifizierung oder die Verweigerung der Ratifizierung. Dann hat das Parlament keine Möglichkeit mehr, seine Meinung zu den damit zusammenhängenden Fragen zum Ausdruck zu bringen und auf die Gestaltung der Vertragstexte einen aktiven Einfluß zu nehmen.
Ich bitte Sie daher, das Recht auf Aufklärung unseres Volkes, das Recht auf Aufklärung des Parlaments, das Recht auf Diskussion und das Recht auf Mitwirkung bei der Gestaltung unserer Politik zur Geltung zu bringen. Sonst degradieren Sie das Parlament zu einer Jasage-Maschine, und das wollen Sie doch sicher nicht. Wir haben die Zusage, daß am Dienstag der Auswärtige Ausschuß Gelegenheit haben wird, sich mit dem Vertragswerk zu befassen. Es genügt nicht, daß die Neugierde der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses gestillt wird. Einen Sinn hat diese Unterrichtung nur, wenn dadurch das Parlament damit befaßt wird. Der Auswärtige Ausschuß ist ein Organ dieses Hauses und nichts anderes.
Es ist also notwendig, daß wir einen Bericht des Ausschusses, dem ich doch selbst angehöre, über seine Arbeit zur Kenntnis nehmen. Deshalb bitten wir Sie, diesem unserem Antrage Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Gerstenmaier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP bitte ich Sie, den Antrag, den der Herr Kollege Erler hier eingebracht hat, abzulehnen und es bei dem bereits festgesetzten Termin für die nächste Sitzung des Hohen Hauses bewenden zu lassen.
Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache zur Geschäftsordnung geschlossen. Wir stimmen ab über den von Herrn Abgeordneten Erler begründeten Antrag der Fraktion der SPD. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Es besteht innerhalb des Vorstandes keine Einigkeit über das Ergebnis der Abstimmung. Wir müssen einen Hammelsprung durchführen. Ich bitte um beschleunigte Räumung.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Die Auszählung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 148, mit Nein 183 Mitglieder des Hauses, 4 haben sich enthalten; damit ist der Antrag abgelehnt.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete von Thadden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte beantragen, daß auf der Tagesordnung der nächsten Sitzungswoche mit der Besprechung der Interpellation der DP die zweite und dritte Beratung des Versammlungsordnungsgesetzes verbunden wird.
Ich möchte das mit wenigen Sätzen begründen.
Herr Abgeordneter von Thadden, ich glaube, Sie können sich die Begründung ersparen. Sie sind zu diesem Antrag gar nicht berechtigt. Ein solcher Antrag kann j a nur von der zulässigen Zahl von Mitgliedern des Hauses gestellt werden. Sie sind also, da Sie nicht Mitglied einer Fraktion sind, überhaupt nicht berechtigt, einen solchen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen.
Dann darf ich fragen, ob dieser eben von mir hier vorgebrachte Antrag von 15 Mitgliedern des Hauses unterstützt wird.
Auch da.; .wäre eine Art der Abstimmung und der Antragstellung, die ich nicht zulassen kann. Ich glaube, Sie müssen schon der Geschäftsordnung Rechnung tragen und von derartigen Anträgen zur Geschäftsordnung absehen.
Herr Präsident, ich glaube, daß jedes Mitglied dieses Hauses zumindest hier Vorschläge für die Gestaltung der Tagesordnung einbringen kann.
Nein, nein, das kann lediglich im Rahmen der Tagesordnung und im Rahmen der Geschäftsordnung geschehen; Sie versuchen, sich in diesem Augenblick der Geschäftsordnung zu entziehen und einen illegalen Weg außerhalb der Geschäftsordnung zu beschreiten.
Herr Präsident, das ist nicht meine Absicht gewesen; ich kann mich aber nur Ihrer Auffassung beugen.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir nun endlich am Ende unserer heutigen Beratungen.
Gemäß den Vereinbarungen im Ältestenrat berufe ich die nächste, die 214. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Mittwoch, den 28. Mai, 13 Uhr 30.
Die 213. Sitzung ist geschlossen.