Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Die Einbringung dieses Antrages hat gestern Abgeordneten Dr. Kather veranlaßt, seine bisherigen Anträge in der zweiten Lesung fallenzulassen. Er glaubte,
daß durch diesen Antrag die Sicherungen und Garantien gegeben seien, die Wahrung der Rechte der Geschädigten durch die Bundesregierung sicherzustellen. Dieser Antrag dient nur dazu, Illusionen zu erzeugen und die geschädigten Bevölkerungsgruppen zu beruhigen. Materiell wird durch die Annahme dieses Antrags für die Geschädigten nichts herauskommen. Es werden Versprechungen gemacht. Die Antragsteller wissen ganz genau, daß diese Versprechungen zu mehr als 50 % nicht eingehalten werden, da das letzte Wort dazu der Bundesfinanzminister spricht.
— Und wenn er hundertmal, Kollege Lücke, mit dabei war! Wir haben erlebt, daß er vor zwei Jahren und im vergangenen Jahr, was den sozialen Wohnungsbau und die Bereitstellung der Mittel angeht, ebenfalls Zugeständnisse über Zugeständnisse und Versprechungen gemacht hat, daß er allerdings, als es darauf ankam, die Mittel bereitzustellen, sich hinter dem Argument verschanzte,, daß nicht genügend Mittel daseien, daß er sich in der Schätzung der aufkommenden Steuern verkalkuliert habe usw. usw. Genau so ist es mit diesem Antrag. Man verspricht alle möglichen Steuervergünstigungen, wenn jemand Darlehen für den Lastenausgleich gibt. Man will Anleihen auflegen, ebenfalls wieder steuerbegünstigt. Ja, meine Herren Antragsteller, auf der anderen Seite fallen doch durch diese Steuervergünstigungen die Steuern für die gegebenen Gelder aus! Wiederum entsteht dadurch eine Lücke in dem bereits sehr großen lückenhaften Haushalt des Herrn Bundesfinanzministers. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, durch diesen Antrag wollen Sie als Koalitionsparteien
die Geschädigten und die Öffentlichkeit verwirren und täuschen. Sie hätten es doch viel leichter gehabt, diese zusätzlichen Gelder aufzubringen, wenn Sie gemäß dem Antrag unserer Partei und der SPD beschlossen hätten, die Abgaben für die Großkapitalbesitzer
zu erhöhen. Das haben Sie nicht getan. Jetzt sind Sie in eine ungeheure Klemme mit Ihren eigenen Abgeordneten geraten und glauben, durch einen solchen Antrag nun die Dinge einigermaßen glattziehen zu können. Man hat davon gesprochen, daß die Koalitionsparteien nicht von der Bereitstellung genügender Mittel für den sozialen Wohnungsbau abgingen. Durch eine Umsiedlungsanleihe wollen
Sie aber zugleich einen Vorgriff auf Mittel des sozialen Wohnungsbaues machen. Sie wollen also eine Koppelung vornehmen, obschon Sie keinerlei rechtliche Garantien dafür haben, daß die Gelder aus dem einen Fonds nicht für andere Zwecke genommen werden.
Herr Preusker sprach von der Fertigstellung von 400 000 Wohnungen im vergangenen Jahr. Tatsächlich gab es schon, selbst als Herr Wildermuth noch lebte, einen Streit über die Zahl der fertiggestellten Wohnungen. Gerade über die Anzahl der fertiggestellten und bezogenen Wohnungen gab es widerspruchsvolle Meldungen. Tatsache ist, daß die Fertigstellung von 400 000 Wohnungen nicht erreicht wurde. Wir haben einen großen Überhang an nicht fertiggestellten Wohnungen aus dem vergangenen Jahr in das laufende Baujahr. Heute schon wird in den Zeitungen berichtet, daß für das nächste Baujahr mit einem noch größeren Überhang als bisher gerechnet werden müsse. In den Ländern und Gemeinden stehen nicht genügend Mittel für den sozialen Wohnungsbau und damit auch für die Ansiedlung von Flüchtlingen und Evakuierten in Orten, wo sie unter Umständen Arbeit und Brot finden können, bereit. Man könnte genügend Gelder für diese Zwecke haben,
aber, meine Herren von den Koalitionsparteien, dann muß man mit einer Politik brechen, die Verpflichtungen mit sich bringt, wie jetzt die Wiederaufrüstung,
wo man über 12 Milliarden DM bereitstellen soll. Gerade Ihr Schreien beweist mir, daß hier die wunde Stelle ist, über die Sie nicht hinwegkommen. Sie wissen ganz genau, daß einer solchen Politik zwangsläufig neue Massenbelastungen folgen müssen. Der soziale Wohnungsbau wie die Umsiedlung der Flüchtlinge geraten in einen Engpaß.
Wir werden diesem Täuschungs-, diesem Beruhigungs- und Verwirrungsantrag der Koalitionsparteien nicht zustimmen.
Wir wenden uns an die Geschädigten und fordern sie auf, zu verlangen, daß aus dem Bundeshaushalt Mittel bereitgestellt werden, damit sie schleunigst Wohnungen bekommen und in den Orten angesiedelt werden können, in denen sie Beschäftigungsmöglichkeiten finden.