Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Seuffert hat sich die Mühe gemacht, den Antrag der Koalitionsparteien nach allen Seiten hin zu beleuchten, der uns gestern so ex abrupto auf den Tisch des Hauses gelegt worden ist. Eine sehr vergebliche Mühe, Herr Kollege Seuffert; denn Sie wie ich sind wohl in diesem Punkte der gleichen Auffassung,
daß dieser Antrag der Koalitionsparteien von
gestern gar nichts anderes bedeutet und zu gar
keinem anderen Zweck uns vorgelegt wurde, als
um Herrn Dr. Kather und seinen Freunden die
Möglichkeit zu geben, ihren restlosen und hundertprozentigen Umfall hier herinnen zu bemänteln.
Wir werden in kurzer Frist sehen,
daß aus diesem Antrag gar nichts herauskommt, daß unter irgendwelchen Vorwänden wesentliche Bestandteile dieses Antrags nicht erfüllt werden.
Der Herr Bundesfinanzminister, — warten Sie nur!
Ich kenne Herrn Schäffer seit zu langer Zeit, als
daß ich nicht wüßte, daß ihm im letzten Moment
immer wieder noch etwas Neues einfällt, um solche
Anträge und Beschlüsse des Parlaments noch im
letzten Augenblick hintanzuhalten und zu stören.
Aber selbst wenn das Anliegen dieses Antrags voll und ganz erfüllt würde, — ich habe Ihnen schon gestern ausgerechnet, welche zusätzliche Erhöhung der Leistungen pro Kriegsgeschädigter und Heimatvertriebener dadurch bewirkt wird: ein Butterbrot und weiter gar nichts! Es ist ein Antrag, dessen Ertrag — aufgeteilt auf den einzelnen Kriegsgeschädigten und Heimatvertriebenen — dem Betreffenden so gut wie gar keine Erleichterung bringt. Hier müßten ganz andere Summen eingesetzt werden, und diese Summen könnte ihnen der Herr Bundesfinanzminister geben, jetzt schon geben. Ich habe Ihnen gestern geschildert, wodurch: indem er den Alliierten nicht solche Riesensummen anbietet und bewilligt, wie er das tatsächlich in Paris und anderswo bereits getan hat, ohne das Parlament um seine Zustimmung zu fragen.
Die Summen für den Lastenausgleich könnten auch dadurch noch gesteigert werden, daß Sie endlich einmal an das Aktienheranziehungsgesetz für den Lastenausgleich rangehen!
Das tun Sie aber nicht, und ich habe es Ihnen in den vergangenen Tagen auch schon gesagt, warum Sie das nicht tun.
Ich möchte nun zu einem anderen Punkt kommen, nämlich dem Antrag auf Umdruck Nr. 563 zugunsten der Kriegsevakuierten, die, wie jedermann
weiß, zu einem ganz erheblichen Teil noch nicht in
ihre alten Wohnorte zurückgekehrt sind. Es ist
wirklich schon beschämend, wenn man weiß, daß
allein in München — um Ihnen nur ein Beispiel
zu nennen, das ich genau kenne — viele Tausende
von alten Leuten, die in München geboren sind und
viele Jahrzehnte in München gelebt haben, heute
noch in Bauerndörfern weit weg in Niederbayern
und im Bayrischen Wald dahinvegetieren müssen,
ohne in ihre Geburtsstadt zurückkehren zu dürfen.
Hier wäre es mit verhältnismäßig geringfügigen Mitteln schon möglich gewesen, zugunsten dieser Ärmsten der Armen etwas zu erreichen. Man hätte ihnen oft und oft
nichts anderes zu bezahlen brauchen als das Reise-. geld und die Speditionskosten für ein bißchen Hausrat; dann wäre der Umzug möglich gewesen.
So aber hat man das nicht getan. Durch kleinliche Schikanen in lokalen Amtsstellen hat man dann dazu noch weiterhin die Rückübersiedlung dieser Ausgesiedelten verunmöglicht. Hier hätte schon seit langem etwas geschehen müssen.
Eine Gesetzesvorlage nicht bloß von seiten der Bundesregierung hätte erfolgen müssen, sondern genau so wäre das eine Aufgabe der Länderregierungen und auch der Gemeindeverwaltungen gewesen!
Hier ist nichts geschehen. Was hier notwendig ist, ist nicht bloß das, was auf dem eben genannten Umdruck der SPD von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, verlangt wird, sondern hier hätte ein viel weitergehender Gesetzesantrag schon lange gestellt werden müssen, ein Antrag nicht nur im Bundestag, sondern genau so in den Länderparlamenten und genau so in den Gemeindevertretungen. Nur durch eine solche kombinierte Parallelaktion in den öffentlichrechtlichen Gremien ist es möglich und wäre es schon lange möglich gewesen, sich zugunsten dieser Umgesiedelten, die bis heute noch nicht zurückkehren konnten, einzusetzen, zugunsten dieser armen Leute, von denen leider niemand oder fast niemand spricht in diesem Lande. Es handelt sich nämlich bei den allermeisten von ihnen um alte oder gebrechliche Leute, für die für gewisse Stadtverwaltungen kein Interesse mehr besteht, weil sie als Steuerzahler usw. nicht mehr viel in die betreffenden Stadtsäckel abgeben können, weil es
zum allergrößten Teil Leute sind, die entweder mit
Rücksicht auf ihr Alter oder mit Rücksicht auf ihren
gegenwärtigen Krankheitszustand nicht mehr
arbeitsfähig sind. Die Vorlage dieses Gesetzes hätte schon lange erfolgen können und müssen. Sie muß,, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion,, unterstützt werden durch eine Parallelaktion, die die Länderregierungen und Gemeindeverwaltungen zwingt, hier unter allen Umständen ebenfalls einzugreifen.