Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache Nr. 3373 stellt ein ganz neues Finanzprogramm dar. Eine Fülle von finanziellen Maßnahmen wird darin vorgeschlagen, die leider Gottes zum Teil in sich außerordentlich widerspruchsvoll wirken. Deshalb ist die Anregung des Herrn Kollegen Seuffert, diese Angelegenheit im Ausschuß zu beraten, sehr notwendig gewesen. Wir schließen uns ihr in allen Teilen an. Zwar sind darin eine Reihe von Punkten, die man begrüßen kann, andere dagegen sind, soweit ich das übersehen kann, gefährlich, wieder andere abzulehnen. Ohne auf die Fragen des Zusammenhangs mit dem Lastenausgleichsgesetz einzugehen, möchte ich die einzelnen finanziellen Maßnahmen betrachten.
Wenn zunächst vorgeschlagen wird, durch den Bonus 100 Millionen DM im Jahr aufzubringen, so ist damit in Form einer Entschließung nichts anderes geschehen, als daß eine gesetzgeberische Hoffnung ausgedrückt worden ist. Diese Hoffnung kann sich erfüllen, sie braucht es aber nicht. Deshalb kann sie auch nicht in der Form dieser Entschließung hier niedergelegt werden.
Viel gefährlicher ist aber ,die Bestimmung zu Buchstabe c. Im Buchstaben c dieser Entschließung wird das Verfahren nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes erneut ausgedehnt. Dieses Verfahren nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes hat sehr viele Mängel. Es hat sich — allgemeiner Meinung nach — doch nicht in dem Maße bewährt, daß man es ausdehnen sollte. Die allgemeine Meinung ist, das Verfahren nach § 7 d sollte verschwinden.
Tatsächlich ist es doch z. B. wie folgt. Eine Firma der Textilindustrie, die im vergangenen Jahr, in Zeiten guten Verdienstes, ein Darlehen nach § 7 d im Betrag von 100 000 DM in den Schiffsbau gegeben hat und diesen Betrag im laufenden und im kommenden Jahr kündigt und zurückverlangt, hat damit folgenden Effekt erzielt: 100 000 DM 1951 aus hohen Verdiensten zur Verfügung gestellt, mit 60 °/o nach den Sätzen des Körperschaftsteuertarifs besteuert, bringen eine Steuerersparnis von 60 000 DM. Die Zurückforderung des Darlehens 1952 oder 1953, in einer Zeit, in der es gerade z. B. der Textilindustrie — wie in diesem Jahr - in überwiegendem Maße finanziell nicht besonders glänzend geht, in der sogar Verluste entstehen können — bedeutet, daß diese Gewinne des Jahres 1951 mit den Verlusten des Jahres 1952 steuerfrei überkompensiert werden, so daß der gesamte Betrag von 60 000 DM eingespart wird, wenn im laufenden Jahr ein entsprechend hoher Verlust eingetreten ist. Das bedeutet aber doch eine derartige steuerliche Prämiierung von 60 % — in diesem extremen Beispielsfall natürlich —, daß man sie nur als willkürlich bezeichnen kann.
-- Gerade wenn ich den Verlustvortrag berücksichtige, bin ich auf diese Art und Weise in der Lage, in Gewinnjahren die volle Steuer zu sparen und im Verlustjahr diese Ersparnisse vorzutragen. Aber diese Möglichkeit ist eben nur demjenigen gegeben — das ist doch die Willkür und die Ungerechtigkeit —, der in den Gewinnjahren zufällig über derartig liquide Mittel verfügt, während wir im übrigen in unserem Steuerrecht solche Möglichkeiten nicht kennen. Schon deshalb müßten die Vorschriften des § 7 d beseitigt werden. Daß wir sie aber jetzt noch ausdehnen wollen, ist meiner Ansicht nach ein systemwidriger Eingriff, den wir damals, 1948, als die Bestimmung beschlossen wurde, vielleicht verantworten konnten, der aber 1952 unverantwortlich wäre.
Weiter ist vorgeschlagen worden, man sollte 5% ige steuerbegünstigte lombardfähige Schatzscheine der Lastenausgleichsbank ausgeben. Schatzscheine sind doch nur mittelfristiges Geld; aber die Anlagen, die mit diesem Geld finanziert werden sollen, sind langfristig. Wir können nicht mit mittelfristigen Mitteln langfristige Anlagen finanzieren. Das Geld, das im Wohnungsbau steckt, kommt erst in hundert Jahren oder noch später zurück, während die Schatzwechsel nach sechs Monaten fällig sind. Wer sagt uns denn, daß nach
sechs Monaten die entsprechenden Geldbeträge vorhanden sind? Es ist ein absoluter Grundsatz korrekter Finanzpolitik, mit mittelfristigen Mitteln keine langfristigen Anlagen zu finanzieren. Dieses Prinzip wird im Buchstaben d des Antrags in grober Weise verletzt. Außerdem ist nur vorgesehen worden, daß eine Steuerbegünstigung ausgesprochen werden soll. Soll die Steuerbegünstigung denn in einer Form durchgeführt werden, wie wir sie uns, glaube ich, in dem zuständigen Ausschuß alle seit langem gewünscht haben, nämlich in einer Form, die es ermöglicht, daß sie in gleicher Weise den Beziehern kleiner Einkommen wie den Beziehern großer Einkommen zugute kommt, d. h. in Form des Prämiensparens? Oder soll die Steuerbegünstigung hier wieder in der Weise durchgeführt werden, ,daß bestimmte, nach einem hohen Einkommensteuertarif oder Körperschaftsteuertarif zu besteuernde Pflichtige einen großen Steuervorteil haben, während andere mit niedrigen Tarifen nur einen ganz geringen Steuervorteil haben? Auch diese Frage bedarf dringend einer Klärung; sie muß geklärt werden, bevor hier ein Beschluß gefaßt wird.
Es wird ferner darauf hingewiesen, daß eine Umsiedlungsanleihe mit Zinsverbilligung aufgenommen werden soll. Dieser Gedanke scheint mir sehr gut und nützlich zu sein. Gerade der letzte Punkt des Antrags findet unsere volle Zustimmung. Er bewirkt ja nichts anderes als die Entlastung der öffentlichen Haushalte, die heute die Kapitalmittel in ihrer vollen Höhe zur Verfügung zu stellen haben, um den Kapitalbetrag selbst und läßt die Belastung der öffentlichen Haushalte auf den Anteil der Zinsverbilligung zusammenschrumpfen. Deshalb findet dieser letzte Punkt unsere Zustimmung. Aber die anderen Punkte sind einerseits abzulehnen, andererseits so ungeklärt und wegen der Differenz zwischen Mittelfristigkeit und Langfristigkeit auch finanzpolitisch bedenklich, so daß wir diese Punkte nicht akzeptieren können.
Herr Kollege Preusker hat noch darauf hingewiesen, daß eine Vorfinanzierung durch die Zusage der Bank deutscher Länder gegeben sei. Eine Vorfinanzierung, die nicht zugleich aus Steuermitteln abgedeckt wird, bedeutet aber nichts anderes als eine Geldaufblähung. Diese Geldaufblähung wollen wir alle nicht, und deshalb ist die Antwort, die uns von Herrn Kollegen Preusker gegeben worden ist, daß die Vorfinanzierung zugesagt sei, keine definitive Antwort. Die echte Finanzquelle muß vielmehr darüber hinaus festliegen.
Sie kann heute nur in der Anleihe liegen, die im letzten Punkt des Antrags erwähnt worden ist. Nur so könnte die Vorfinanzierung abgedeckt werden. Die Schwierigkeiten, die ich aufgezeigt habe, dürften doch von Ihnen zum großen Teil anerkannt werden und dürften unsern Antrag, diesen außerordentlich komplizierten und in der gegenwärtigen Fassung in sich widerspruchsvollen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, rechtfertigen. Ich bitte also um Ausschußüberweisung.