Protokoll:
16038

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 38

  • date_rangeDatum: 20. Juni 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:36 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/38 (Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327) 1 Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 16/1301, 16/1324) . . . . . . . 2 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 16/1302, 16/1324) . . . . . . . 3 Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 16/1303, 16/1324) . . . . . . . 4 a) Einzelplan 08 Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . 5 a) Einzelplan 07 3471 C 3471 D 3472 A 3472 A 3495 C 3497 B 3498 B 3499 C 3501 B 3502 A 3502 C 3504 A 3505 D 3506 D Deutscher B Stenografisch 38. Sitz Berlin, Dienstag, de I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Volker Blumentritt . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I: a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) (Drucksachen 16/750, 16/1348) . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2005 bis 2009 i J C D S A P D 3471 B 3471 B 3471 B Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 16/1308, 16/1324) . . . . 3472 B undestag er Bericht ung n 20. Juni 2006 t : n Verbindung mit b) Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . arsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 3472 B 3472 C 3475 D 3479 B 3481 C 3485 D 3489 A 3491 C 3495 A Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 16/1307, 16/1324) . . . . 3508 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 b) Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (Drucksachen 16/1780, 16/1852) . . . . d) Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3509 A 3509 A 3519 D 3520 B 3520 D 3522 A 3524 B 3525 C 3527 D (Drucksache 16/1736) . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Jerzy Montag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jan Korte und weiterer Abgeordneter: Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche- rung durch den Europäischen Ge- richtshof prüfen lassen (Drucksache 16/1622) . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktion der FDP: Bürokratie schützt nicht vor Diskriminierung – Allge- meines Gleichbehandlungsgesetz ist der falsche Weg (Drucksache 16/1861) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . B A L A Z t – – – – – – ( o B 3509 A 3509 B 3509 B 3509 C 3511 A 3512 C 3515 A 3516 D 3518 A 3518 B 3519 A erichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebener Redeteil zur Bera- ung: Einzelplan 07, Bundesministerium der Justiz Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirkli- chung des Grundsatzes der Gleichbehand- lung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspei- cherung durch den Europäischen Gerichts- hof prüfen lassen Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Dis- kriminierung – Allgemeines Gleichbe- handlungsgesetz ist der falsche Weg Tagesordnungspunkt I.5 a bis e, Zusatztages- rdnungspunkt 1) rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 3528 A 3529 A 3529 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3471 (A) ) (B) ) 38. Sitz Berlin, Dienstag, de Beginn: 10.3
  • folderAnlagen
    3528 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 (A) (C) (B) (D) Vizepräsidentin Petra Pau Berichtigungen 37. Sitzung, Seite 3215, (D), erster Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Es gibt eine vorläufige Schät- zung der BA; sie beläuft sich auf 35 Millionen Euro.“ Seite XII, Anlage 22, der Name „Bernd Neumann, Staatsminister BK“ ist zu streichen. Seite 3385 (B) 3. Absatz, im zweiten Satz ist der Hin- weis auf Staatsminister Bernd Neumann zu streichen. Seite 3421 (A), der Redebeitrag von „Bernd Neumann, Staatsminister für Kultur und Medien“ ist an dieser Stelle versehentlich abgedruckt worden und daher zu streichen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3529 (A) ) (B) ) dort alles besser. Wenn es allerdings um das Recht geht,Burkhardt wert, denn gerade der Wirtschaft gelten die Vereinigten Staaten ja häufig als leuchtendes Vorbild: mehr Wachs- tum, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt oder ein einfa- ches Steuersystem. Gelegentlich wird so getan, als sei Lintner, Eduard CDU/CSU 20.06.2006* Müller-Sönksen, FDP 20.06.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A e s D D c p n l t A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 20.06.2006* Bareiß, Thomas CDU/CSU 20.06.2006 Barnett, Doris SPD 20.06.2006* Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 20.06.2006 Bellmann, Veronika CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 20.06.2006 Bollen, Clemens SPD 20.06.2006 Deittert, Hubert CDU/CSU 20.06.2006* Ernst, Klaus DIE LINKE 20.06.2006 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 20.06.2006* Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2006 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 20.06.2006 Gloser, Günter SPD 20.06.2006 Götz, Peter CDU/CSU 20.06.2006 Haustein, Heinz-Peter FDP 20.06.2006 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 20.06.2006** Hilsberg, Stephan SPD 20.06.2006 Höfer, Gerd SPD 20.06.2006* Hörster, Joachim CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Hoyer, Werner FDP 20.06.2006** Kröning, Volker SPD 20.06.2006 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 20.06.2006** N R R S A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Zu Protokoll gegebener Redeteil zur Beratung: – Einzelplan 07, Bundesministerium der Jus- tiz – Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung euro- päischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes – Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche- rung durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen – Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Diskri- minierung – Allgemeines Gleichbehand- lungsgesetz ist der falsche Weg (Tagesordnungspunkt I.5. a bis e, Zusatztages- ordnungspunkt 1) Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Vor in paar Wochen war ich zusammen mit den rechtspoliti- chen Sprechern der Fraktionen in Frankfurt am Main. ie Industrie- und Handelskammer hatte uns zu einer iskussionsveranstaltung eingeladen. Der ungewöhnli- he Titel des Abends war eine sorgenvolle Frage: „Euro- ean and German law goes Hollywood?“ Es ging dabei icht um die kalifornische Traumfabrik, sondern vor al- em um die rechtspolitischen Alpträume deutscher Un- ernehmer. Die haben nämlich große Sorge vor einer merikanisierung unseres Rechts. Das ist bemerkens- iebel, Dirk FDP 20.06.2006 aidel, Hans CDU/CSU 20.06.2006** amelow, Bodo DIE LINKE 20.06.2006 chiewerling, Karl CDU/CSU 20.06.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 3530 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 (A) ) (B) ) dann sieht die Sache ganz anders aus. Sammelklagen. Strafschadenersatz oder ein Beweisrecht, das zur Offen- legung von Geschäftsinterna führt – das sind Rechts- institute, die vielen Unternehmen auf dem amerikani- schen Markt schwer zu schaffen machen. In Deutschland kennen wir all diese Rechtsfiguren nicht. Es hat auch niemand die Absicht, sie einzufüh- ren – da kann die Wirtschaft ganz unbesorgt sein. Ihre Skepsis gegenüber fremden Einflüssen macht für mich aber vor allem eines deutlich: Bei Recht und Justiz sind wir in Deutschland besser aufgestellt als manch andere Länder. Hier besteht kein Reformstau. Und hier müssen wir uns auch nicht ständig umschauen, ob wir bei diesem oder jenem Land irgendwelche Anleihen machen kön- nen. Ganz im Gegenteil: Unser Recht und unsere Justiz sind Standortvorteile für Deutschland und sie sind zu ei- nem Vorbild für andere geworden. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass die Berüh- rungspunkte zwischen den verschiedenen Rechtssyste- men immer zahlreicher werden. Das Recht ist dabei nicht nur ein Faktor im wirtschaftlichen Wettbewerb, sondern es ist auch selbst Gegenstand der Konkurrenz. Dass wir mit unserer Rechtsordnung einen wertvollen Exportartikel besitzen, haben wir erst vor wenigen Wochen wieder erfahren. Bei unserem Besuch in China – einige von Ihnen waren mit dabei – haben wir gesehen, wie China auf seinem Weg zum Rechtsstaat ganz kon- krete Anleihen beim deutschen Recht nimmt. Ich meine, auch dies ist ein Zeichen für die Qualität und die Attrak- tivität unserer Rechtsordnung. Wir neigen in Deutschland gelegentlich dazu, uns an den Schwächen unseres Landes zu weiden und dabei un- sere Stärken zu vergessen. Wenn wir heute über den Jus- tizhaushalt diskutieren, dann können wir mit berechtig- tem Selbstbewusstsein sagen: Recht und Justiz gehören zu den Stärken unseres Landes! Dieser positive Befund darf uns allerdings nicht dazu verleiten, uns auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir müs- sen weiter daran arbeiten, vor allem die Qualität und die Leistungsfähigkeit unserer Justiz zu sichern. Ich betone aber den positiven Befund deshalb so deutlich, weil ich für manche Schwarzmalereien aus der Provinz über- haupt kein Verständnis habe. Der Bund hat in den letzten Jahren eine Menge dafür getan, damit die Justiz auch in Zukunft effizient und qualitätvoll arbeiten kann. Mit einem 1. Justizmoderni- sierungsgesetz haben wir an vielen Punkten das Verfah- rensrecht verbessert und wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass mehr Aufgaben vom Richter auf die Rechtspfleger übertragen werden können Zugleich hat das Justizkommunikationsgesetz dafür gesorgt, dass der Rechtsverkehr künftig auch elektro- nisch abgewickelt werden kann. Dank E-Mail und elek- tronischen Akten können die Arbeitsabläufe der Ge- richte noch effizienter werden. Allerdings ist es mit dem rechtlichen Dürfen allein nicht getan. Die Länder müssen diese neuen Möglichkei- ten auch nutzen. Leider ist das noch immer nicht ausrei- chend der Fall. Von der Option, den Rechtspflegern m s d D T „ d w R l V k b l w A b t m a g h d l d e u w B d d f I d i s f s d e e c b n e f a r d d r w r d J (C (D ehr Aufgaben zu übertragen und dadurch die Richter- chaft zu entlasten, ist bislang nur in zwei Bundeslän- ern Gebrauch gemacht worden – und zwar mit Erfolg. ie meisten Länder sind fast zwei Jahre nach In-Kraft- reten des Gesetzes immer noch dabei, seine Umsetzung zu prüfen“. Dafür habe ich wenig Verständnis. Wenn es arum geht, die Justiz zu entlasten, dann muss gehandelt erden – das ist allemal besser, als den Verzicht auf echtsmittel zu fordern. Beim elektronischen Rechtsverkehr kommt es vor al- em darauf an, dass bei den Gerichten die technischen oraussetzungen für die Nutzung dieser neuen Möglich- eiten geschaffen werden. Bei der Justiz des Bundes ha- en wir das getan und die Länder sind hier ja auch red- ich bemüht. Wir müssen aber darüber nachdenken, wie ir zusätzliche Anreize schaffen können, damit etwa die nwaltschaft von den neuen Angeboten noch mehr Ge- rauch macht. Es steht doch außer Frage, dass der elek- ronische Rechtsverkehr eine hervorragende Chance für ehr Effizienz und eine Beschleunigung der Arbeits- bläufe ist. Ich meine, wir dürfen diese Chance nicht un- enutzt lassen. Gutes Recht ist nicht zuletzt schnelles Recht und des- alb muss eine Entlastung der Justiz insbesondere bei en Eingangsinstanzen ansetzen. Auch hier sind vor al- em die Länder gefordert. Sie haben es in der Hand, urch Personalverlagerungen von der Berufungs- in die rste Instanz dafür zu sorgen, dass mehr Richterinnen nd Richter an den Amts- und Landgerichten eingesetzt erden. Mit der Reform der Zivilprozessordnung hat der und die Voraussetzungen dafür längst geschaffen, denn ie Evaluation der ZPO-Reform hat jetzt gezeigt, dass ie Zahl der Berufungen deutlich zurückgegangen ist. Gerade weil die ZPO-Reform erfolgreich wirkt, dür- en wir jetzt nicht schon wieder das Gesetz verändern. ch halte deshalb überhaupt nichts von den Vorschlägen, ie Zulassungsberufung des Verwaltungsstreitverfahrens n den Zivil- und Arbeitsprozess einzuführen. Das ist achlich unnötig und eine erneute Rechtsänderung wäre ür die Praktiker eine echte Zumutung. Einen einzigen richtigen Gedanken hat dieser Vor- chlag allerdings: Wir wollen die Verfahrensordnungen er einzelnen Zweige unserer Gerichtsbarkeit weiter ver- inheitlichen. Das sorgt für mehr Transparenz und ver- infacht die Rechtsanwendung. Aber eine solche Anglei- hung darf natürlich nicht einseitig erfolgen. Wir müssen ei jedem Punkt genau schauen, welche Verfahrensord- ung hier die beste Lösung bietet. Das kann bei einem inheitlichen Berufungsrecht aber am Ende auch dazu ühren, dass wir die Vorschriften der VwGO den Regeln ngleichen, die heute schon in der ZPO, im Arbeitsge- ichtsgesetz und in der Sozialgerichtsbarkeit gelten. Die Vorschläge, die die Länder jüngst wieder unter em Etikett „Große Justizreform“ präsentiert haben, ver- ienen diese Bezeichnung eigentlich nicht mehr. Von ih- er zentralen Idee haben sich die Länder zum Glück eitgehend verabschiedet: Die funktionale Zweiglied- igkeit der Justiz ist vom Tisch. Das ist auch gut so, denn ie hat in der Praxis niemand gewollt und wäre für die ustiz auch kein Gewinn gewesen. Allerdings geistern Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3531 (A) (C) (B) ) noch immer einige Überbleibsel dieser Zweigliedrigkeit durch die Welt. Ich halte überhaupt nichts von der Idee, im Strafverfahren nur noch eine Wahlmöglichkeit „ent- weder Berufung oder Revision“ vorzusehen. Das wäre eine gravierende Verkürzung der Rechtsmittel. Es ist auch ein Irrtum, zu glauben, man entlaste die Justiz, wenn man die Berufung ausschließt. Ein Richter am Amtsgericht kann seine Urteile ja nicht zuletzt deshalb so zügig fällen, weil sie im Wege der Berufung noch ein- mal überprüft werden können. Wenn jede Richterin ihre Entscheidungen revisionsfest begründen müsste, dann wäre dies ein ganz beträchtlicher Mehraufwand. Das wäre keine Entlastung, sondern würde der Justiz letztlich Steine statt Brot geben. Der Justizhaushalt des Bundes, den wir heute verab- schieden werden, ist zu rund 97 Prozent durch eigene Einnahmen gedeckt. Damit steht die Justiz an der Spitze aller Ressorts. Das liegt beim Bund vor allem an dem Gebührenaufkommen des Patent- und Markenamtes. Aber auch in den Ländern haben die Justizhaushalte stets ganz beträchtliche Einnahmen zu verzeichnen. Es ist deshalb nicht nur falsch, sondern auch ungerecht, Justiz- politik heute vor allem unter fiskalischen Aspekten zu betreiben. Männermut vor Fürstenthronen wurde in frü- heren Tagen gefordert. Heute würde es schon reichen, wenn manche Justizministerin ihrem Kollegen aus dem Finanzressort mit etwas mehr Rückgrat gegenüberträte. Eine leistungsfähige Justiz ist schließlich nicht nur merkt jeder Handwerker, der seine offenen Forderungen einklagen muss. Vielleicht wäre es deshalb ganz hilf- reich, wenn die Wirtschaft noch deutlicher machte, wie wichtig für sie eine leistungsfähige und qualitätvolle Jus- tiz ist. Zügige Urteile oder schnelle Registereintragun- gen können auch Standortvorteile sein. Und mancher Landesregierung, die das noch nicht ganz verinnerlicht hat, sollte die Wirtschaft hier notfalls etwas auf die Sprünge helfen. Der Bund wird im Rahmen seiner Zuständigkeit auch in Zukunft für ein modernes Recht und eine leistungs- fähige Justiz sorgen. Mit der Einführung des elektro- nischen Handelsregisters schaffen wir in Kürze die Rechtsgrundlage, um die Formalitäten einer Unterneh- mensgründung noch schneller abzuwickeln. Die Reform des GmbH-Gesetzes ist dann der zweite Schritt, um auch materiell zu einer Erleichterung von Unternehmensgrün- dungen zu kommen. Aber auch abseits des Wirtschafts- lebens arbeiten wir daran, Recht und Justiz weiter zu ist verbessern, zum Beispiel durch die Reform des Verfah- rens in Familiensachen. Wir wollen ein Großes Famili- engericht schaffen, bei dem alle Streitigkeit um Ehe und Familie entschieden werden. Wenn es gelingt, mehrere Konflikte in einem einzigen Verfahren zu bündeln, dann wird die Sache für die Justiz effizienter und für die Be- troffenen weniger Nerven aufreibend. Diese wenige Beispiele zeigen, dass es auch in Zu- eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheit. Sie hat auch ökonomische Bedeutung. Das weiß jeder junge Gründer, der auf die Eintragung seines Unternehmens in das Handelsregister wartet, und das k d s s (D unft eine Menge zu tun gibt, um die hohe Qualität und ie weltweite Attraktivität unserer Rechtsordnung zu ichern, und dafür bitte ich schon heute um ihre Unter- tützung. 38. Sitzung Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603800000

Die Sitzung ist eröffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
sehr herzlich und wünsche uns ebenso intensive wie
konstruktive Beratungen. Die Haushaltswoche des Deut-
schen Bundestages gilt im Allgemeinen als ein Höhe-
punkt des parlamentarischen Jahres. In diesem Jahr wird
sie voraussichtlich die Aufmerksamkeit mit einem ande-
ren bedeutenden Ereignis teilen müssen, das in der deut-
schen Öffentlichkeit ähnlich große Begeisterung zu er-
zeugen scheint wie die Einnahmen und Ausgaben des
Bundeshaushaltes. Deswegen könnte es ganz gewiss
nicht schaden, wenn die Begabung zu einem fröhlichen
Patriotismus, die das Land in diesen Tagen entdeckt zu
haben scheint, auch in dieser Debatte ihren Niederschlag
finden könnte.

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich ein paar
Mitteilungen zu machen. Der Kollege Volker
Blumentritt feierte am 16. Juni seinen 60. Geburtstag.
Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich nachträglich
herzlich und wünsche alles Gute.


(Beifall)


Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige

z
e
i

Redet
Tagesordnung um die Beratung des Antrags der FDP-
Fraktion mit dem Titel „Bürokratie schützt nicht vor
Diskriminierung – Allgemeines Gleichbehandlungsge-
setz ist der falsche Weg“ zu erweitern.


(Beifall bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein toller Titel! Ein intelligenter Antrag, Herr Präsident!)


– Und wie ich den jetzt vorgetragen habe, Herr Vorsit-
zender! – Die Vorlage soll beim Einzelplan 07 – Bundes-
ministerium der Justiz – aufgerufen werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann
ist das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte I. a und

a) Zweite Beratung des von der Bunde
eingebrachten Entwurfs eines Gesetze

(C (D ung n 20. Juni 2006 0 Uhr Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 – Drucksachen 16/750, 16/1348 – b)


(Haushaltsgesetz 2006)

haltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung

Finanzplan des Bundes 2005 bis 2009

– Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Otto Fricke
Steffen Kampeter
Carsten Schneider (Erfurt)

Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Wir kommen nun zur Beratung der Einzelpläne, und
war zunächst der drei Einzelpläne, zu denen nach Ver-
inbarung der Fraktionen keine Aussprache vorgesehen
st.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.1 auf:

ext
Einzelplan 01

Bundespräsident und Bundespräsidialamt

– Drucksachen 16/1301, 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Klaas Hübner
Jürgen Koppelin
Dr. Dietmar Bartsch
Anja Hajduk

für den Einzelplan 01 in der Ausschuss-
er möchte dagegen stimmen? – Wer
r Stimme enthalten? – Der Einzelplan 01
ngenommen.
b auf:

sregierung
s über die

Wer stimmt
fassung? – W
möchte sich de
ist einstimmig a






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.2 auf:

Einzelplan 02

Deutscher Bundestag

– Drucksachen 16/1302, 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Koppelin
Norbert Königshofen
Gunter Weißgerber
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Wer stimmt für den Einzelplan 02 in der Ausschuss-
fassung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
Stimme? – Damit ist auch der Einzelplan 02 einstimmig
angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.3 auf:

Einzelplan 03

Bundesrat

– Drucksachen 16/1303, 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Otto Fricke
Jens Spahn
Johannes Kahrs
Dr. Dietmar Bartsch
Alexander Bonde

Wer für den Einzelplan 03 in der Ausschussfassung
stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Möchte je-
mand dagegen stimmen? – Möchte sich jemand der
Stimme enthalten? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion
Die Linke ist auch dieser Einzelplan mit hinreichender
Mehrheit angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.4 auf:

a) Einzelplan 08

Bundesministerium der Finanzen

– Drucksachen 16/1308, 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme
Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

Ulrike Flach
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

b) Einzelplan 20

Bundesrechnungshof

– Drucksache 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Petra Merkel (Berlin)

Otto Fricke
Michael Leutert
Anja Hajduk

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zu diesen beiden Einzelplänen drei Stun-

d
A

n
t

d
t
d
G
3
7
g

J
d

n
s
N
e
D
K
m

d
d
s
B
m
l
K
2
a
h

s
A
d
n
G

S
W
d

(C (D en vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. lso ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst dem Kollegen Jürgen Koppelin für die FDP-Frakion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In ieser Woche soll nun endlich nach wochenlanger Beraung der vom Bundesfinanzminister eingebrachte Buneshaushalt 2006 beschlossen werden. Es gibt keinen rund zur Freude über diesen Bundeshaushalt. Mit 8,2 Milliarden Euro liegt die Neuverschuldung um Milliarden Euro höher als 2005, als Rot-Grün noch re ierte. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da können Sie mal sehen, wie gut das alles unter Rot-Grün war! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1603800100

etzt verantwortet Rot-Schwarz diesen Haushalt und
iese hohe Neuverschuldung.


(Beifall bei der FDP)


Zukünftig – so wollen es SPD und Union – soll die
otwendige Reduzierung der Neuverschuldung – wir
ind uns darüber einig, dass es eine Reduzierung der
euverschuldung geben muss – im Wesentlichen über

in gigantisches Steuererhöhungsprogramm erfolgen.
as bringt dem Staat zwar mehr Geld, bremst aber die
onjunktur und belastet die Bürger und die Unterneh-
en.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Hoffnung, dass die Koalition unserem Land wie-
er Wachstum bringt und damit auch den Bundesetat aus
er Krise holt, wird sich mit dem Haushalt der rot-
chwarzen Koalition nicht erfüllen. Was ist vom Satz der
undeskanzlerin „Wir werden es grundlegend anders
achen, damit es grundlegend besser wird in Deutsch-

and“ übrig geblieben? Für den Bundeshaltshalt, Frau
anzlerin, trifft das jedenfalls nicht zu. Der Haushalt
006, jetzt in Ihrer Verantwortung, ist noch schlechter
ls der Haushalt 2005. Damals – das wiederhole ich –
atte Rot-Grün die Verantwortung.


(Beifall bei der FDP)


Der Bundeshaushalt 2006 ist verfassungswidrig und
etzt den Verfassungsbruch der letzten vier Jahre fort.
ngesichts einer konjunkturellen Erholung und des von
er Bundesregierung erwarteten Wachstums kann doch
icht erneut die Ausnahmeregelung des Art. 115 des
rundgesetzes herangezogen werden.


(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)


ie begründen das mit der schwachen Binnennachfrage.
enn Sie eine schwache Binnennachfrage feststellen,

ann müssen Sie sich doch fragen, wieso Sie eine Mehr-






(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin
wertsteuererhöhung durchführen, da die Binnennach-
frage dadurch noch einmal geschwächt wird.


(Beifall bei der FDP)


Der Bundesfinanzminister hat in den letzten Wochen,
auch im Bundesrat, in seiner eigenen Art die Haushalts-
politik der rot-schwarzen Koalition dargestellt. Er hat
versucht, die hohe Neuverschuldung und das gigantische
Steuererhöhungsprogramm der Koalition zu begründen.
Herr Bundesfinanzminister, wer von unseren Bürgern
soll Ihnen Ihre Argumente abnehmen? Wer soll Ihnen
das jetzt glauben?

Vor der Bundestagswahl haben die Sozialdemokraten
und auch Sie sich massiv gegen eine Mehrwertsteuer-
erhöhung gewandt. Wählt SPD, dann verhindert ihr eine
Mehrwertsteuererhöhung – das war eines der Hauptargu-
mente der Sozialdemokraten im Wahlkampf. Viele Bür-
ger – nach meiner Auffassung: zu viele Bürger – haben
Ihnen geglaubt und SPD gewählt. Nun, nach wenigen
Monaten, erzählen die SPD und Sie, Herr Bundesfinanz-
minister, genau das Gegenteil. Wer soll Ihnen noch glau-
ben?


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hatte die SPD vor der Bundestagswahl mit ihren Ar-
gumenten Recht oder hat sie nach der Bundestagswahl
Recht? Darüber müssen Sie uns doch eigentlich einmal
aufklären. Ich sage Ihnen ganz offen, Herr Bundes-
finanzminister, dass mich das ein bisschen an das alte
Lied erinnert, das es früher in der DDR gegeben hat: Die
Partei hat immer Recht. – Das scheint das Motto der So-
zialdemokraten zu sein: Heute entscheiden wir so, mor-
gen so und die Partei hat immer Recht.


(Beifall bei der FDP)


Dies hat die Politik in Verruf gebracht hat und sorgt
dafür – das erleben wir an manchen Wahlabenden –, dass
die Menschen nicht mehr zur Wahl gehen. Sie sind par-
teienverdrossen, und zwar auch und besonders durch
Ihre Politik. Kommen Sie bitte nicht mit dem Argument
– die Kanzlerin macht das auch –, die Wählerinnen und
Wähler in Deutschland hätten diese Koalition und diese
Politik gewollt. Kein Wähler der Sozialdemokraten hat
gewollt, dass Sie in einer Koalition mit der CDU/CSU
eine Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte
durchführen.


(Beifall bei der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Koalition ist zu
einem Kartell der Abkassierer geworden. Zu mehr sind
Sie, wie der vorliegende Bundeshaushalt zeigt, nicht fä-
hig.

Die beispiellosen Steuererhöhungen werden seitens
des Bundesfinanzministers damit begründet, dass die öf-
fentlichen Haushalte ohne diese Maßnahmen zerreißen
würden. Doch das ist nur dann richtig, wenn man nicht
bereit ist – dazu ist er und ist die Koalition nicht bereit –,
auch bei den Ausgaben stärker zu kürzen. Ausgabenkür-
zungen? Fehlanzeige. Dazu hat die Koalition nicht die
Kraft gehabt. Oder wollen Sie etwa sagen, Ausgaben-

k
d
n
B
E
h

W
b
H
t

s
d
D
H
c
U
U
u

u
K
a
d
e
s
p

s
A
B
s
z
d
H
m

w
l
Z
M
B
a
s
e
z

f
g

(C (D ürzungen in Höhe von 100 Millionen Euro – um genau iesen Betrag haben die Haushälter Kürzungen vorgeommen – seien der große Wurf? Sie haben Monate der eratung benötigt, um in einem Etat von 261 Milliarden uro 100 Millionen Euro einzusparen. Das, was Sie uns ier vorlegen, ist ein Armutszeugnis. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn wir das Ergebnis, das Sie uns heute präsentieren,
ereits im Februar gekannt hätten, dann hätten wir den
aushalt bereits damals beschließen können. Dafür hät-

en wir nicht monatelang beraten müssen.


(Beifall bei der FDP)


Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts hat die rot-
chwarze Koalition völlig aus den Augen verloren. Statt-
essen wird die Schuldenlast des Bundes kräftig erhöht.
ie Nettoneuverschuldung im Bundeshaushalt 2006 in
öhe von mehr als 38 Milliarden Euro sei „ausgespro-

hen hoch“, erklärte der haushaltspolitische Sprecher der
nion, Steffen Kampeter. Das ist wohl wahr. Aber die
nion hat bei den Haushaltsberatungen nichts dagegen
nternommen


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


nd nennt das nun plötzlich, so wiederum der Kollege
ampeter, „einen erfolgreichen Start für die große Ko-

lition“. Über 38 Milliarden Euro neue Schulden! Und
a wagt es die Koalition, von diesem Bundeshaushalt als
inem soliden Zahlenwerk mit angemessener Risikovor-
orge zu sprechen! Das, was Sie uns vorlegen, ist einfach
einlich. Damit stellen Sie sich ein Armutszeugnis aus.


(Beifall bei der FDP)


Wo trifft die Koalition eigentlich Vorsorge für die be-
tehenden Risiken, zum Beispiel im Hinblick auf das
rbeitslosengeld II? Fehlanzeige! Dabei hat sogar der
undesfinanzminister wörtlich erklärt: „Ich bin von Ri-

iken umzingelt.“ Das mag so sein. Wenn ich die Tages-
eitungen lese, habe ich hin und wieder den Eindruck,
ass er, wenn er von „Risiken“ spricht, nicht nur die
aushaltsrisiken, sondern auch die Koalitionsfraktionen
eint.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


Zu den Risiken des Bundeshaushalts – auch darauf
ill ich hinweisen; denn das ist bisher noch nicht deut-

ich genug gesagt geworden – gehört auch die steigende
inslast, die wir berücksichtigen müssen. Kollege
eister hat gestern erklärt, er sehe große Risiken für den
undeshaushalt. Da sowohl der Bundesfinanzminister
ls auch der Kollege Meister von der Union von Risiken
prechen, frage ich mich: Wie können Sie es wagen, uns
inen solch unsoliden Haushalt vorzulegen? Das ist nicht
u verantworten.


(Beifall bei der FDP)


Die CDU/CSU hat sich gegenüber dem Bundes-
inanzminister, der einen typischen SPD-Haushalt vor-
elegt hat, nicht durchsetzen können. Das ist das Ergeb-






(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin
nis der Haushaltsberatungen. Anders als die Koalition
hat die FDP in ihren mehr als 500 Anträgen aufgezeigt,
wie der Bundeshaushalt um 8,3 Milliarden Euro entlastet
werden könnte.


(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Masse statt Klasse! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Nein, Herr Kollege! Masse und Klasse!)


Dann könnten auch die Vorgaben des Maastrichtvertra-
ges endlich wieder erfüllt werden. Diese 500 Anträge,
die wir eingebracht haben,


(Der Abgeordnete hält ein Schriftstück hoch – Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh, oh!)


haben Sie in Bausch und Bogen abgelehnt. Die Opposi-
tionsfraktionen haben insgesamt über 1 000 Anträge ge-
stellt, die Sie abgelehnt haben.


(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Aber das haben Sie doch vorher gewusst! Darum haben Sie so viele Anträge gestellt!)


Der Kollege Meister hat in der Debatte zur Regie-
rungserklärung der Kanzlerin am 1. Dezember 2005 er-
klärt, die Union biete den Freien Demokraten an, ihre
Anträge sehr sorgfältig zu prüfen und sie, wenn sie als
solide beurteilt würden, auch zu übernehmen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Tja, ein solcher Antrag war nicht dabei!)


Kollege Meister, ich frage Sie: Haben sie unsere Anträge
wirklich sorgfältig geprüft?


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Ja!)


– Er nickt; vielen Dank. – Ich muss Ihnen sagen: Unter
den mehr als 500 Anträgen, die wir gestellt haben, waren
über 50 Anträge, die die Union bei der Beratung des
letzten Haushalts, also in der Zeit, als sie in der Opposi-
tion war, selbst gestellt hat; ich gebe zu, dass wir das
auch getan haben, um Sie zu testen. Auch diese Anträge
haben Sie abgelehnt.


(Beifall bei der FDP)


Kollege Meister, ich muss doch davon ausgehen, dass
die Anträge, die Sie damals gestellt haben, von Ihnen
überprüft und als solide beurteilt worden sind; denn
sonst hätten Sie sie nicht eingebracht. Zumindest diese
Anträge müssten also solide sein, sodass Sie sie hätten
übernehmen können. Aber das haben Sie nicht getan. Sie
haben im Rahmen der Haushaltsberatungen all unsere
Anträge, auch die, die Originalanträgen der Union glei-
chen, abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in unse-
ren Anträgen, allein was den Subventionsabbau betrifft,
Vorschläge gemacht, durch die 1 Milliarde Euro einge-
spart werden könnten. Die Koalition hat das abgelehnt.
Wir haben eine Kürzung der Verwaltungsausgaben von
10 Prozent – nur 10 Prozent! – vorgeschlagen; das
brächte bereits 800 Millionen Euro. Die Koalition hat
das abgelehnt. Wir haben, weil wir das für notwendig er-
achten, auch Beschaffungsmaßnahmen im Verteidi-

g
4
a
s
w

E
e
S

s
n
w
m
h
s
l

v
m
e
e

h
b
h
D
L

S
o
r

E
K
w

H
s
c
u
l
b
a
g
A
B
b
d
a

(C (D ungsetat auf den Prüfstand gestellt. Einsparvolumen: 00 Millionen Euro. Die Union sollte sich die Anträge nschauen, die sie gestellt hat, als sie noch in der Oppoition war: Da hat sie die gleichen Anträge gestellt wie ir als FDP jetzt. (Iris Gleicke [SPD]: Was für eine Überraschung! Das heißt, der FDP ist nichts Eigenes eingefallen!)


in Einsparvolumen von 400 Millionen Euro ist schon
twas anderes als die popeligen 100 Millionen Euro, die
ie, Kollege Meister, uns hier heute präsentieren.


(Beifall bei der FDP)


Mit unseren Anträgen, mit unseren Entlastungsvor-
chlägen, wäre ein erster großer Schritt in Richtung ei-
es soliden Haushalts und mehr Glaubwürdigkeit getan
orden. Eine Wende wäre eingeleitet worden, damit
an den Haushalt 2007 vernünftig aufbauen kann. Sie

aben diese Chance vertan. Und dann legen Sie noch ein
chuldenfinanziertes Konjunkturprogramm auf! Dabei
ehrt doch die Vergangenheit, dass solche Programme
wenn überhaupt – kurzzeitige Strohfeuer sind. Was

on Ihrem Konjunkturprogramm bleibt, sind bloß noch
ehr Schulden. Wissen Sie: Ihr Konjunkturprogramm

rinnert mich an den Versuch, mit einem Gummiband
ine Rakete zum Mond zu schießen – mehr ist es nicht.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Zum Mond wollen wir gar nicht!)


Dreh- und Angelpunkt auch für diesen Bundeshaus-
alt ist der Arbeitsmarkt. Solange es 4,5 Millionen Ar-
eitslose gibt, Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz
aben, kann die Binnenkonjunktur nicht anspringen.
och wie können arbeitslose Menschen in unserem
and wieder einen Arbeitsplatz bekommen? Wohl kaum
das sage ich in Richtung Union – mit dem von Rot-
chwarz beschlossenen Gebäudesanierungsprogramm
der der verbesserten Absetzbarkeit von Handwerker-
echnungen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU], an die FDP gewandt: Was hat er jetzt dagegen? Ich bin gespannt, wie das bei euren Handwerkern ankommt!)


rst recht nicht gibt es neue Arbeitsplätze, Kollege
ampeter, wenn man die Steuern so drastisch erhöht,
ie Sie das gemacht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer die öffentlichen
aushalte konsolidieren will, wer neue Arbeitsplätze

chaffen will, wer die Einnahmequellen der Sozialversi-
herungen sichern will, der muss für mehr Wachstum in
nserem Land sorgen. Mit einer Erhöhung der Abgaben-
ast wird das Wachstum aber nicht gefördert, sondern ge-
remst. Deswegen ist das Konzept der Koalition falsch
ngelegt. Dass es anders geht, haben doch die 80er-Jahre
ezeigt; damals war die Haushaltslage ähnlich prekär.
nscheinend muss man Sie daran erinnern, dass es einen
undesfinanzminister Stoltenberg von der Union gege-
en hat, der gesagt hat: Ich spare ein – die Steuern wer-
en auf keinen Fall erhöht! – Diese Strategie ist damals
ufgegangen und die Lage hat sich von Jahr zu Jahr






(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin
verbessert. Es ist traurig, dass man die Union heute da-
ran erinnern muss.


(Beifall bei der FDP)


Heute nutzt die Union ihre Macht nur noch, um mit
den Sozialdemokraten zusammen an der Steuerschraube
zu drehen. Sie vergessen völlig: Was der Staat gewinnt,
das verlieren seine Bürger. Bei der Union hat der Aus-
spruch von Franz Müntefering Einzug gehalten, dass der
Staat besser mit dem Geld umgehen kann als die Bürger.
Das scheint jetzt auch das Motto der Union zu werden.

Generell ist festzustellen, dass sich die Haushaltspoli-
tik von Union und SPD nur darauf konzentriert, wie man
durch Abkassieren beim Bürger zu noch mehr Einnah-
men kommen kann. Es geht Ihnen nicht darum, die Aus-
gaben zu reduzieren. Deshalb geht das größte Risiko für
die deutsche Konjunktur und letzten Endes für die Bür-
ger und die Unternehmen nach unserer Auffassung von
dieser Koalition aus.


(Beifall bei der FDP)


Sie reden in der Koalition davon – der Bundeswirt-
schaftsminister macht es; auch die anderen Minister ma-
chen es –, dass mit Ihrer Politik Licht am Ende des Tun-
nels zu sehen sei. Ich stelle für die FDP fest, dass die
Koalition mit ihrer Politik alles, aber auch alles daran-
setzt, um den Tunnel zu verlängern. Dabei denke ich
zum Beispiel an die Vorstellungen – wenn man über-
haupt von Vorstellungen sprechen kann –, die die Koali-
tionsfraktionen in diesen Tagen im Hinblick auf eine Ge-
sundheitsreform präsentieren. Das wird den Tunnel
verlängern. Dabei denke ich auch an die Vorverlegung
des Termins für die Fälligkeit der Sozialabgaben. Auch
das hat den Tunnel verlängert. Und ich denke an das
Umfallen der CDU/CSU beim Antidiskriminierungsge-
setz. Diese Liste ließe sich fortsetzen.

Wir, Union und FDP, haben doch in der Opposition
zusammen immer wieder auf die unsolide Haushaltspoli-
tik der Sozialdemokraten hingewiesen, ja wir sind sogar
zusammen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen
und haben eine Klage eingereicht, die noch anhängig ist.
Warum haben Sie von der Union das alles vergessen?


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts haben wir vergessen, Kollege Koppelin, nichts!)


– Kollege Kampeter, Sie haben das alles vergessen. Ich
finde, die Wählerinnen und Wähler der Union haben
eine solche Haushaltspolitik nicht verdient; die übrigen
Bürger unseres Landes übrigens auch nicht.


(Beifall bei der FDP)


Es ist festzustellen: Die CDU/CSU hat sich gegen den
SPD-Finanzminister nicht durchsetzen können. Die
Bundeskanzlerin hat kürzlich erklärt:

Wort und Tat, Verkündung und Ergebnis müssen in
der Politik wieder zusammenpassen.

Das ist richtig. Warum machen Sie das dann nicht? Ihre
Kanzlerin hat es Ihnen doch erlaubt; sonst hätte sie doch
nicht so gesprochen. Nein, Sie haben es nicht getan. Wer
hindert Sie daran, eine solide Haushaltspolitik zu ma-

c
l

p
s
U
p
R
h
h
N
g

D
m
u
h
g

S
F

i
g
r
n
D
t

S
h

d

F

(C (D hen? Wir, die Opposition, bestimmt nicht. Wenn sie soide ist, werden wir Sie dabei unterstützen. Die Abkehr der Union von ihren eigenen haushaltsolitischen Forderungen der vergangenen Jahre ist beipiellos. Es muss etwas geschehen, aber wir von der nion dürfen mit Rücksicht auf unseren Koalitionsartner SPD nichts ändern – das ist das Motto der egierungspolitik der Union geworden. Dieser Bundesaushalt ist ein Beispiel dafür. Wenn Sie diesen Bundesaushalt 2006 beschließen, dann ist wieder ein Jahr zur euausrichtung des Bundeshaushaltes, das wir dringend ebraucht hätten, vertan worden. Es tut mir Leid, aber ich muss es so deutlich sagen: ieser Bundeshaushalt 2006 erinnert mich an den Gamelfleischskandal: Er wurde neu verpackt, umetikettiert nd als frisch angeboten. Er bleibt aber das, was er biser schon war: Gammel. Mit diesem Haushalt 2006 leen Sie uns hier heute Gammel vor. (Iris Gleicke [SPD]: Das wird auch durch Wiederholung nicht richtiger!)


ie werden verstehen, dass Sie die Zustimmung der
reien Demokraten dafür nicht bekommen können.

In Richtung des Herrn Bundesfinanzministers sage
ch: Reden Sie zukünftig nicht davon, zu Ihrer Politik
ebe es keine Alternative! Es ist zwar eigentlich ein trau-
iger Anlass, aber es ist mir trotzdem ein Vergnügen, Ih-
en noch einmal das Sparbuch der Fraktion der Freien
emokraten überreichen zu können, das über 500 An-

räge enthält.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Telefonbuch? So groß ist die FDP gar nicht, dass das ein Telefonbuch sein könnte! – Gegenruf des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Größer als die Grünen!)


chauen Sie einmal hinein, dann wissen Sie, dass Sie
ätten einsparen können.


(Abg. Jürgen Koppelin [FDP] überreicht Bundesminister Steinbrück ein Schriftstück)


Herzlichen Dank für Ihre Geduld.


(Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch eine Art, sein Büro aufzuräumen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603800200

Das Wort hat nun der Kollege Carsten Schneider für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1603800300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

erdinand Lassalle hat einmal gesagt:

Alle große politische Aktion besteht in dem Aus-
sprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle
politische Kleingeisterei besteht in dem Verschwei-
gen und Bemänteln dessen, was ist.






(A) )



(B) )


Carsten Schneider (Erfurt)

Nun wollen wir uns als SPD und auch als große Koali-
tion nicht der politischen Kleingeisterei schuldig ma-
chen, sondern die große politische Aktion beginnen. Der
Beschluss über den Bundeshaushalt 2006 nach der zwei-
ten und dritten Lesung in dieser Woche wird dafür den
Grundstein bilden.

Was ist? Ich denke, nach dem, was Herr Koppelin
eben vorgetragen hat, ist es ganz erquicklich und erfri-
schend, zu sehen, wie die Situation überhaupt ist. Neh-
men wir die Gesamtverschuldung des Bundes. Sie liegt
– Stand: Februar 2006 – bei 890,8 Milliarden Euro. In
der Zeit, in der die FDP an der Regierung beteiligt war
– das war von 1969 bis 1998 –, sind 711 Milliarden Euro
davon angefallen.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Was war in den letzten Jahren?)


– Herr Kollege Solms, in den letzten Jahren sind
144 Milliarden Euro dazugekommen. Dazu stehe ich
auch. Ich will nur sagen: Es gibt eine Gesamtverantwor-
tung aller hier vertretenen Parteien. Niemand kann sich
hier vom Acker machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun komme ich zur Zinslast. Sie kritisieren, dass wir
in diesem Jahr eine Nettokreditaufnahme in Höhe von
38,2 Milliarden Euro haben. Die Zinslast beträgt aber
ebenfalls circa 38 Milliarden Euro. Wenn Sie sich das
anschauen, dann erkennen Sie, dass wir die Nettokredit-
aufnahme in diesem Jahr nur benötigen, um die Zinsen
für die Schulden aus der Vergangenheit zu bezahlen. Da-
bei ist noch keine Tilgung erfolgt. Mein politisches Ziel
als Abgeordneter ist es, dass wir einen Weg finden – ich
glaube, mit diesem Haushalt und auch mit dem Haus-
haltsbegleitgesetz, das wir vor einigen Wochen beschlos-
sen haben, wird dies gelingen –, zu einem konsolidierten
Staatshaushalt zu kommen, wodurch wir, so hoffe ich, in
der nächsten Legislaturperiode auch einen ausgegliche-
nen Haushalt erreichen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU])


Beim Bundeshaushalt haben wir eine strukturelle De-
ckungslücke von 50 Milliarden Euro. Das sind 20 Pro-
zent der beschlossenen Gesamtausgaben in Höhe von
261 Milliarden Euro. Diese müssen durch die Nettokre-
ditaufnahme und durch Privatisierungserlöse finanziert
werden. Das zeigt: Nur durch eine Verbesserung der Ein-
nahmebasis oder allein durch Ausgabenkürzungen kann
man diesen Haushalt nicht konsolidieren.

Herr Kollege Koppelin, wir tun daher beides: Wir
haben nicht nur die Nettokreditaufnahme um 100 Millio-
nen Euro abgesenkt, sondern wir haben auch in enor-
mem Maße umgeschichtet. Erkennbare Risiken, die auch
beim Vollzug dieses Haushalts auftreten – wir befinden
uns ja schon fast in der Jahresmitte –, haben wir verrin-
gert.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


I
m
z
R
n
d
b
l

s
n
d
E
u
w
w
g
d
A
d
n

R
c
G
r
t
d

U
t
N
s
b
a
t
W
n

M
s
i
s
d
n
s
g
d
a
a

d
t
l
b
s

(C (D n diesem Jahr sind für den Bund zum Glück Steuerehreinnahmen in Höhe von 4 Milliarden Euro zu ver eichnen. Davon waren 2,5 Milliarden Euro bereits im egierungsentwurf eingeplant, sodass wir tatsächlich ur noch über Mehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliaren Euro gegenüber dem Plan reden konnten. Diese haen wir zur Deckung von Risiken und Einnahmeausfälen eingesetzt. (Ulrike Flach [FDP]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


Bei den Einnahmeausfällen ist zum einen der Aus-
teuerungsbetrag der Bundesagentur für Arbeit zu nen-
en. Wir sind von Einnahmen in Höhe von 5,3 Milliar-
en Euro ausgegangen, aber uns stehen nur 4 Milliarden
uro zur Verfügung. Zum anderen konnten wir nur einen
m 140 Millionen Euro verminderten Bundesbankge-
inn etatisieren. Damit sind die Mehreinnahmen – hier
erden öfter Märchen erzählt – in das Gesamtpaket ein-
earbeitet worden. Das heißt, für den Haushalt 2006 sind
iese Einnahmen entsprechend veranschlagt und die
usgaben entsprechend kalkuliert. Das heißt aber auch,
ass wir für den Etat 2007 keine Entwarnung geben kön-
en.

Sie haben in Ihrer Rede, Herr Koppelin, schon einige
eformen angesprochen, die wir in den nächsten Wo-
hen angehen werden. Ich nenne hier noch einmal die
esundheitsreform; ich nenne ferner die Föderalismus-

eform für den Gesamtstaatsaufbau oder auch die wich-
ige Unternehmensteuerreform. Mit diesen Reformen hat
er Haushalt eine gute Grundlage.

Als Antwort auf die Frage: „Was ist?“ zitiere ich die
mfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammer-

ages vom 12. Juni 2006 zur Situation in Deutschland.
ach dieser Umfrage seien die deutschen Unternehmen

o positiv gestimmt wie seit dem Wiedervereinigungs-
oom nicht mehr. Der Konjunkturaufschwung gewinne
n Tempo und für 2006 sei mit einem Wirtschaftswachs-
um von 2 Prozent zu rechnen. Nicht nur der Export sei

achstumstreiber, sondern nach und nach auch die Bin-
ennachfrage.

Nun haben Sie gefragt, warum wir in diesem Jahr die
ehrwertsteuer erhöhen würden. Das tun wir in die-

em Jahr doch gar nicht. Die Mehrwertsteuererhöhung
st für diesen Haushalt überhaupt nicht relevant, sondern
ie betrifft den Haushalt 2007. Wir haben uns bewusst
afür entschieden, mit dem Haushalt 2006 Schwung zu
ehmen, um für 2007 die Auswirkungen der Mehrwert-
teuererhöhung, die sich in der Wirtschaft niederschla-
en werden – die Bundesbank geht von einem halben bis
reiviertel Prozentpunkt weniger Wachstum für 2007,
ber auch von einem stärkeren Wachstum in diesem Jahr
us –, abzumildern.

Auf die Frage: „Was ist?“ muss man auch antworten,
ass die Bundesrepublik mit knapp 20 Prozent eine his-
orisch niedrige Steuerquote hat. Nur noch die Slowakei
iegt im europäischen Vergleich hinter der Bundesrepu-
lik Deutschland. Für mich als Sozialdemokrat ist ent-
cheidend, dass wir nicht einen Nachtwächterstaat






(A) )



(B) )


Carsten Schneider (Erfurt)

haben, sondern dass der Staat auch soziale Sicherheit ge-
währleistet und die Angst vor Freiheit nimmt.


(Beifall des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP] – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Freud lässt grüßen!)


– Entschuldigung, ich meine natürlich, dass er die Angst
vor dem Verlust von sozialer Sicherheit nimmt. Sie wis-
sen genau, was ich sagen will. Durch die soziale Sicher-
heit muss der Staat jedem die Chance geben, wieder auf-
zustehen, wenn er fällt.

Ein anderer Zukunftsbereich, der uns wichtig ist, ist
das 6-Milliarden-Euro-Programm für Forschung und
Entwicklung zur Stärkung der Wissensgesellschaft.
Diese Mittel sind in den Haushalt und die Finanzplanung
eingestellt. Ich bin guter Dinge, dass diese Maßnahmen
zusammen mit dem 25-Milliarden-Euro-Investitionspro-
gramm dazu führen werden, dass wir dank der positiven
Konjunkturentwicklung, die sich erstmals seit langer
Zeit in den Beschäftigungszahlen widerspiegelt, 2007
sowohl das Maastrichtkriterium hinsichtlich der Ver-
schuldung als auch die Vorgaben aus Art. 115 des
Grundgesetzes, wonach die Summe der Investitionen
höher als die Nettokreditaufnahme sein muss, einhalten
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Haushaltspläne für das Jahr 2007 werden von der
Regierung noch verhandelt; da will ich mich nicht ein-
mischen. Aber ich möchte für meine Fraktion die Erwar-
tung ausdrücken, dass der Koalitionsvertrag eingehalten
wird. Ich habe keinen Zweifel daran, dass es dem
Finanzminister gemeinsam mit der Bundeskanzlerin ge-
lingt, für 2007 einen Haushalt aufzustellen, der sowohl
die Regelgrenze nach Art. 115 des Grundgesetzes als
auch die Vorgaben der Europäischen Kommission hin-
sichtlich des Stabilitätspaktes einhält.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Alles sehr artig hier!)


Sie haben vorhin die Vorgaben zur Haushaltskonsoli-
dierung und zur Verstärkung der Einnahmebasis kriti-
siert. Ich kann nur sagen: Die Europäische Kommission
hat das Wachstumsprogramm, aber auch den Finanzbe-
richt, den wir der Kommission jährlich vorlegen
– schließlich läuft ein Defizitverfahren gegen uns –, be-
grüßt und erklärt, dass insbesondere die Maßnahmen zur
Steuergesetzgebung, die wir hier im Deutschen Bundes-
tag beschlossen haben – auch der Bundesrat hat diesem
Paket letzten Freitag zugestimmt –, konjunkturgerecht
sind; da bin ich guter Dinge.

Weil es wichtig ist, die Rahmendaten zu nennen,
komme ich zu der Frage: Was haben wir in den Haus-
haltsberatungen tatsächlich verändert? Hier sind einige
Punkte für das Parlament besonders wichtig.

Ich nenne zum Beispiel den Wunsch, der von vielen
Kollegen geäußert wurde, die Mittel für Maßnahmen im
Bereich der politischen Bildungsarbeit, bei denen die
Regierung einige Kürzungen vorgesehen hat, um

5
b
n
a
e
s
g

d
i
m
u
b
b

a
r
s
2
d
d
a
w

g
W
s
g
l
D
B

S
h
P
b
n
d
t
g
z
a
w
d
I

s
h
w
z
ö
n

d
u
n
R

(C (D Millionen Euro zu erhöhen. Wir haben im Haushaltsegleitgesetz im Gegenzug zur Kürzung des Weihachtsgeldes die Sonderzahlung für Beamtinnen und Bemte der niedrigen Einkommensgruppen A 2 bis A 8 rhöht und wir haben im Bereich Wissenschaft und Forchung insbesondere bei den Verpflichtungsermächtiungen die Mittel verstärkt. Wir hatten uns als Koalitionsfraktion vorgenommen, ie globalen Minderausgaben zu reduzieren. Das ist uns m Einzelplan 60 um 300 Millionen Euro gelungen. Dait leisten wir einen Beitrag zur Haushaltswahrheit nd -klarheit und zur Stärkung des Parlaments. Wir haen zudem in den Einzeletats die globalen Minderausgaen deutlich gekürzt. Zur strukturellen Verbesserung des Bundeshaushalts uch im Personalbereich haben wir die Stelleneinspaung in Höhe von 1,9 Prozent, die die Regierung vorgeehen hatte, auf 2 Prozent erhöht. Das entspricht 20 Stellen im Bundeshaushalt und ist deutlich mehr als ie Zahl neuer Stellen, die durch die Regierungsneubilung entstanden sind. Damit haben wir unsere Aufgabe ls Haushälter, Kontrolle auszuüben und ein Gegengeicht darzustellen, wahrgenommen. Wir haben die Investitionsausgaben auf dem Niveau elassen, das von der Regierung vorgeschlagen wurde. ir haben einige Veränderungen vorgenommen. Insbe ondere haben wir bei den Verpflichtungsermächtigunen im Rahmen des 25-Milliarden-Euro-Paketes wesentiche Punkte konkretisiert. Ich denke dabei vor allen ingen an den Verkehrsbereich, aber auch an einzelne ereiche im Forschungsministerium. Ein weiterer Punkt, den ich für einen entscheidenden chritt hinsichtlich der Struktur des Bundeshaushaltes alte, mag zunächst abstrakt klingen. Bisher lagen die ensionslasten, die für die Beamten des Bundes aufzuringen sind, in der Zuständigkeit des Bundesfinanzmiisters. Das heißt, die einzelnen Häuser waren nicht für ie Finanzierung verantwortlich. Wir haben dieses Sysem umgestellt. Das Parlament hat sich an dieser Stelle egen harten Widerstand durchgesetzt. Ab 2007 wird es um einen einen Pensionsfonds geben, mit dem für alle b 2007 neu eingestellten Beamten Vorsorge getroffen ird. Das ist für mich ein entscheidender Punkt auch für ie nachhaltige Sicherung der öffentlichen Finanzen im nteresse zukünftiger Generationen. Wir haben des Weiteren vorgesehen, dass die Penionslasten bei den Ressorts veranschlagt werden. Das eißt, künftig ist jedes Ressort für die Pensionäre verantortlich und muss deren Pensionen aus dem Etat finan ieren. Das hat meines Erachtens zur Folge, dass mit den ffentlichen Geldern – das heißt mit den Steuergeldern – och sachgerechter umgegangen wird. Weil sich gute Politik auch gut verkauft, haben wir ie Mittel für Öffentlichkeitsarbeit um 10 Prozent bzw. m 10 Millionen Euro gekürzt. Ich glaube, das würde Ihen vonseiten der Opposition nie einfallen. Es steht den essorts frei, zu entscheiden, wie sie die Kürzungen Carsten Schneider umsetzen werden. Ich denke, das ist ein Signal, dass das Parlament durchaus selbstbewusst ist. (Zuruf von der FDP: Das ist doch Taschenspielerei!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Ich möchte gerne noch auf einen Punkt eingehen, der
die Kritik der FDP-Fraktion betrifft. Kollege Koppelin
hat eben noch einmal auf sein Maßnahmebündel verwie-
sen. Er hat kritisiert – ich nehme an, Herr Westerwelle
wird das morgen noch einmal bestätigen –, dass die Net-
tokreditaufnahme in diesem Jahr rund 38 Milliarden
Euro beträgt und damit – das ist richtig – um rund
16 Milliarden Euro über der Regelgrenze des Art. 115
des Grundgesetzes liegt. Sie haben das als verfassungs-
widrig bezeichnet. Ich habe dazu eine andere Auffas-
sung: Wir machen von dem Ausnahmetatbestand des
Art. 115 des Grundgesetzes Gebrauch.

Wenn es Ihnen wirklich um sachgerechte Opposi-
tionsarbeit geht, dann frage ich Sie, wie Sie bei einer
Einsparung in Höhe von 8 Milliarden Euro, bei der die
Nettokreditaufnahme immer noch 30 Milliarden Euro
betragen würde und die Investitionsausgaben bei
22 Milliarden Euro verharren würden, begründen wol-
len, dass die auch dann bestehende Differenz von
8 Milliarden Euro, um die die Nettokreditaufnahme die
Investitionsausgaben überstiege, nicht verfassungswid-
rig wäre. Ich glaube, es wird deutlich, dass die von Ihnen
vorgelegte Alternative absurd ist. Ich würde gerne dem
einen oder anderen Antrag zustimmen, wenn er denn
sachgerecht wäre. Es ist mir aber aufgrund der Absurdi-
tät Ihrer Vorschläge im Rahmen der Haushaltsberatun-
gen nicht möglich gewesen. Ich nenne gerne ein paar
Beispiele, um es der Bevölkerung zu verdeutlichen. Sie
wollen die Beiträge für internationale Organisationen
um 2 Millionen Euro kürzen. Wir sind aber an dieser
Stelle vertraglich gebunden. Sie wollen die Ausgaben im
Verteidigungsbereich um 1 Milliarde Euro kürzen.
Schöne Grüße an alle Soldatinnen und Soldaten, die im
internationalen Bereich tätig sind!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Pfui!)


Sie wollen bei der internationalen Krisenprävention
die Ausgaben um 3 Millionen Euro senken. Die Men-
schen in den Krisengebieten werden sich bedanken.

Sie wollen bei der Flug- und Gepäckkontrolle und der
Fahrgastsicherheit Kürzungen in Höhe von 20 Millionen
Euro vornehmen. Ist Ihnen nicht bekannt,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein, offenbar nicht!)


dass sich die Sicherheitslage in der Bundesrepublik
Deutschland insbesondere seit dem 11. September 2001
und vor dem Hintergrund der Fußballweltmeisterschaft,
durch die wir im Fokus stehen, nachhaltig verändert hat?
Dies alles scheint Ihnen nicht deutlich zu sein. Daher
verbuche ich Ihren Vorschlag unter „Heiteres und Weite-
res“.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


l
6
k
5
d
C
t
p
2
n

s
k
t

S
d
ä
f
d
d
e
h
I

p
g
f
w
w
r
b
S

W
b
s
d
l
t

n
s
R
m
d
J
d
i
T
B
t
S

(C (D Zudem wollen Sie die Mittel für die Eingliederungseistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die wir mit Milliarden Euro etatisiert haben, um 3 Milliarden Euro ürzen. Schönen Gruß nach Ostdeutschland! Denn 0 Prozent dieser Mittel fließen dorthin. Die Menschen ort werden sich bedanken, dass Sie ihnen die letzte hance nehmen wollen. Ein weiteres Beispiel: Im Ver eidigungsbereich werden Sie nur noch von der Linksartei übertroffen, die die dafür vorgesehenen Mittel um ,5 Milliarden Euro kürzen will. Aber darauf will ich icht näher eingehen. Sie nennen als Beispiel für Kürzungsmöglichkeiten tändig die Steinkohlesubventionen. Ich glaube, dass eine andere Subvention einer so starken Degression unerliegt wie die Steinkohlesubvention. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es gab aber auch keine, die so hoch war!)


ie sollten nicht vergessen, dass wir die bis 2009 gelten-
en rechtsverbindlichen Zuwendungsbescheide gar nicht
ndern können. – Herr Westerwelle, Sie haben zugeru-
en, keine andere Subvention sei so hoch gewesen wie
ie Steinkohlesubvention. Ich darf Sie daran erinnern,
ass es ein Wirtschaftsminister der FDP war, der den
ntsprechenden Vertrag unterschrieben hat. Das alles
olt Sie nun wieder ein und hat dazu geführt, dass wir
hre Vorschläge ablehnen mussten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da waren Sie noch gar nicht geboren!)


Das Verhältnis des Bundes zu den Ländern halte ich
ersönlich für sehr wichtig. Es hat Auseinandersetzun-
en über die Regionalisierungsmittel gegeben. Ich bin
roh, dass wir nun einen Kompromiss gefunden haben,
iewohl ich sagen muss, dass es mir lieber gewesen
äre, wenn wir den ursprünglichen Ansatz der Bundes-

egierung fortgeschrieben hätten. Bund und Länder ha-
en schließlich gemeinsam Verantwortung für diesen
taat.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oh ja!)


enn ich mir einen Ausblick auf 2007 erlaube und ins-
esondere die Zinslast der einzelnen Körperschaften an-
chaue, dann stelle ich fest, dass die Situation des Bun-
es am schlechtesten ist. Das liegt daran, dass in den
etzten Jahren im Vermittlungsausschuss ständig zulas-
en des Bundes verhandelt wurde.

Ich möchte noch einen anderen Punkt nennen, der
icht nur im Verhältnis zwischen Bund und Ländern,
ondern auch zwischen Ost und West eine maßgebliche
olle spielt. Das ist die Verwendung der Solidarpakt-
ittel durch die ostdeutschen Bundesländer. Wir werden

iese Mittel – die reinen Bundesmittel beliefen sich im
ahr 2006 auf insgesamt 10 Milliarden Euro; die Bun-
esländer haben dazu nichts gegeben – nicht kürzen. Das
st gut im Hinblick auf die Planungssicherheit und die
ragfähigkeit der vom Deutschen Bundestag gefassten
eschlüsse. Klar muss aber auch sein, dass diese Mittel

atsächlich für den Aufbau Ost und insbesondere für die
chließung der Lücke zwischen Ost und West verwendet






(A) )



(B) )


Carsten Schneider (Erfurt)

werden. Ich unterstütze daher ausdrücklich die Position
des Bundesfinanzministers gegenüber dem einen oder
anderen Ministerpräsidenten, egal welcher Couleur. Es
ist wichtig, dass wir diese Mittel zum einen zum Schlie-
ßen der Infrastrukturlücke und zum anderen für den Aus-
gleich der unterproportionalen Finanzkraft der Kommu-
nen und für nichts anderes einsetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Denn alles andere führte dazu, dass die ostdeutschen
Bundesländer, deren Haushalte sich schon jetzt in einer
bedrohlichen Schieflage befinden, 2009, wenn diese
Mittel der Degression unterliegen, in eine Schuldenfalle
liefen. Um die Diskussion ein bisschen zu versachlichen,
mache ich darauf aufmerksam, dass man die Entwick-
lung nicht einseitig den ostdeutschen Bundesländern
vorwerfen darf. Sie leisten zwar eine gute Arbeit, sind
aber in besonderem Maße durch Abwanderung, die sich
auch auf die Zuweisungen im Rahmen des Länderfi-
nanzausgleichs auswirkt, betroffen. Ich möchte in die-
sem Zusammenhang ein paar Zahlen betreffend den
Vollzug der Länderhaushalte nennen. So hat der Finanz-
planungsrat vereinbart, dass die Haushaltsmittel nur um
1 Prozent steigen dürfen. Tatsächlich wiesen die Haus-
halte der Stadtstaaten eine Steigerung von 2,4 Prozent
und die der westdeutschen Flächenländer eine Steige-
rung von 1,7 Prozent auf, während die ostdeutschen Flä-
chenländer ihre Haushaltsmittel um 0,7 Prozent zurück-
geführt haben.

Es gibt also Licht und Schatten. Ich glaube, wir tun
als Deutscher Bundestag gut daran, an dieser Stelle hart
zu bleiben. Wir sollten aber auch zur Kenntnis nehmen,
dass die Situation insbesondere in den ostdeutschen
Bundesländern sehr schwierig ist. Wir sollten uns in der
zweiten Hälfte dieses Jahres mit diesem Thema noch
einmal beschäftigen. Das liegt im Gesamtinteresse nicht
nur des Deutschen Bundestages, sondern auch der Bun-
desrepublik Deutschland; denn es wird uns nur gelingen,
die binnenwirtschaftliche Situation zu verbessern und
letztendlich das Zusammenwachsen von Ost und West
zu befördern, wenn der Aufbau in den neuen Bundeslän-
dern sachgerecht fortgeführt wird und wenn es dafür
weiterhin das Verständnis und die Solidarität der Men-
schen im Westen Deutschlands gibt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603800400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine

Lötzsch, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603800500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und

Herren! Am 4. Juli gibt es an den Berliner Schulen
Zeugnisse und die Empfehlung für die weiterführenden
Schulen. Nach diesen Haushaltsberatungen komme ich,
wie sicher auch viele Wähler, zu dem Schluss: Diese
Bundesregierung ist stark versetzungsgefährdet. Eine
Empfehlung für die gymnasiale Oberstufe würde wohl

k
s

w
s
e
s
g
s
a
c
d
M
S
u
u
l
m

D
p
w

W
A

A
S
h
P
l
S

M
a
s
e

l
r
g
n
a
n

H
g
l

g
w
d

(C (D ein Regierungsmitglied erhalten, wenn die Wähler entcheiden könnten. Die Aufgabenstellung war klar: Die Bundesregierung ar von den Wähler beauftragt, die Arbeitslosigkeit zu enken. Diese Aufgabe hat sie nicht erfüllt. Sie hat sich infach andere Aufgaben gesucht, die ihnen keiner getellt hat, zum Beispiel das SGB-II-Optimierungsesetz. Herr Müntefering hat es als seine Aufgabe angeehen, die Kosten für Hartz IV zu senken – allerdings uf Kosten der Arbeitslosen. Dabei war es die eigentlihe Aufgabenstellung, die Arbeitslosen nicht nur zu forern, sondern auch zu fördern. Aber was machen Herr üntefering und Herr Beck, der Parteivorsitzende der PD? Sie beklagen, obwohl sie es besser wissen, in einer nerträglich populistischen Art die angebliche Faulheit nd Raffgier der Hartz-IV-Empfänger. Das ist unerträgich und unerhört. Wir als Linke werden uns dagegen im er wehren. enn man kann die Menschen noch so drangsalieren und iesacken, sie werden keine Arbeitsplätze bekommen, enn es nicht ausreichend Arbeitsplätze gibt. Dieser Populismus gefällt einigen CDUund SPDählern, die sich an Stammtischen das Maul über die rbeitslosen zerreißen. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ausgerechnet Sie sprechen von Populismus!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


llerdings bringt uns das keinen Schritt weiter bei der
chaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Ich
abe daraus übrigens gelernt, dass Populismus nicht ein
rivileg von Oppositionsparteien ist. Er wird offensicht-

ich auch von mittelgroßen Volksparteien genutzt, um
timmung gegen Arbeitslose zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Genauso populistisch finde ich es, wenn Herr
üntefering behauptet, dass viele Arbeitslose Angebote

blehnen. Viele können aus ihren Abgeordnetensprech-
tunden gegenteilige Beispiele erzählen. Ich sage Ihnen
inmal eines aus meiner Sprechstunde: Da ist ein Mann
Anfang 40, mit Frau und Kindern –, der eine Umschu-
ung zum Physiotherapeuten machen möchte. Er hat be-
eits eine Einstellungszusage eines zukünftigen Arbeit-
ebers, doch die Arbeitsagentur will die Ausbildung
icht bezahlen. Sie bietet ihm dafür einen Job als Pizza-
usfahrer in Köln an. Das ist doch absurd; mit einer
achhaltigen Arbeitsmarktpolitik hat das nichts zu tun.


(Beifall bei der LINKEN)


err Müntefering hat im Wahlkampf über Frau Merkel
eäußert: „Sie kann es nicht.“ Heute müssen wir feststel-
en: Er kann es auch nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Finanzminister Steinbrück gehört zu denjenigen, die
erne etwas von Nachbarn abschreiben. Dumm ist nur,
enn der Nachbar einen Fehler gemacht hat. Das fällt
em Lehrer in der Regel auf. Herr Steinbrück hat von






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
seinem Vorgänger, Herrn Eichel, abgeschrieben. Der
hatte es nämlich in kürzester Zeit geschafft, auf Steuer-
einnahmen in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro zu
verzichten. Damit hatte er die Hoffnung verbunden, dass
die Unternehmen, die von diesen Steuerreformen am
meisten profitierten, die gesparten Mittel in neue sozial-
versicherungspflichtige Arbeitsplätze investieren wür-
den. Das ist bekanntlich nicht passiert. Aber der aktuelle
Finanzminister macht den gleichen Fehler. Er hebt die
Mehrwertsteuer ab dem 1. Januar 2007 um 3 Prozent-
punkte von 16 auf 19 Prozent an – die größte Steuer-
erhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik und ein
Griff in die Taschen der kleinen Leute. Pro Prozentpunkt
will der Finanzminister 8 Milliarden Euro einnehmen.
Komischerweise wird die geplante Unternehmensteuer-
reform dieses Ministers die Steuerzahler ebenfalls
8 Milliarden Euro kosten. Das heißt, die Einnahmen aus
einem Prozentpunkt Mehrwertsteuererhöhung fließen di-
rekt an die Unternehmen. – Meine Damen und Herren,
ich finde, jeder hat das Recht, Fehler zu machen. Doch
wissentlich Fehler zu wiederholen, das ist schon beängs-
tigend und ein Fall für den Schulpsychologen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


Minister Tiefensee ist schon deshalb versetzungsge-
fährdet, weil ihn nie jemand gesehen hat.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind blind, Frau Lötzsch, absolut blind! Schauen Sie doch einmal zur Regierungsbank!)


Der Aufbau Ost hat in dieser Legislaturperiode bisher
noch nicht stattgefunden. In einem Interview mit Herrn
Tiefensee habe ich jetzt gelesen, dass er gerne im Ver-
borgenen arbeitet.


(Lachen bei der LINKEN)


Doch das scheint nicht erfolgreich zu sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Finanzminister hat schon angekündigt, dass er
Herrn Tiefensee in Zukunft 100 Millionen Euro für den
Aufbau Ost wegnehmen will. Das ist Geld, das für die
Gemeinschaftsaufgabe in Ostdeutschland gebraucht
wird. Ich habe auch gehört, dass sich der Ostbeauftragte
der Bundesregierung über die angebliche Verschwen-
dung von Solidarpaktmitteln öffentlich beklagt. Ich
halte das im Gegensatz zu meinem Vorredner für eine
Anbiederei bei den Herren Koch und Stoiber. Es ist rich-
tig: Mittel, die für Investitionen gedacht sind, sind in den
konsumtiven Bereich geflossen, allerdings um die Erfül-
lung von Pflichtaufgaben der Länder und Kommunen
abzusichern. Der Osten verjubelt das Geld nicht. Die
Steuereinnahmen der neuen Länder und der Gemeinden
in Ostdeutschland sind im Vergleich zu denen in den al-
ten Ländern so niedrig, dass man dort nicht einmal mehr
seine Pflichtaufgaben erfüllen kann.

In Anbetracht der dramatischen Situation im Osten ist
es ein Gebot der Vernunft, die Nutzung der Solidarpakt-
mittel flexibler zu gestalten, so wie es übrigens auch der
Ministerpräsident Thüringens, Herr Althaus von der
CDU, gefordert hat.

E
f
n
u
M
P
h
G

n
s
d
t
w

e

T
O
A
H
W
s
I

e
l
l
S
s
m
n
z
d
g
m
L
d
s
F
G

d
m
L
d
w
d
r
B
t
k

(C (D (Iris Gleicke [SPD]: Den würde ich ja nun nicht als Kronzeugen heranziehen!)


r will die Mittel für Bildungsinvestitionen nutzen dür-
en. Wir brauchen im Osten nicht noch mehr Autobah-
en, sondern Investitionen in die Köpfe, also in Schulen
nd Universitäten. Die Kriterien für die Vergabe der
ittel sind überholt. Doch es gibt eine breite Front von

ersonen, die diese Kriterien nicht ändern wollen. Sie
aben nämlich kein Interesse daran, dass im Osten mehr
eld in die Bildung gesteckt wird.

Noch fataler ist allerdings die Abwesenheit des so ge-
annten Ostministers bei der Föderalismusreform. Nur
o viel – wir werden nächste Woche ausführlich darüber
iskutieren –: Ich habe den Eindruck, dass einige Minis-
erpräsidenten den Zug zur deutschen Einheit stoppen
ollen, und das ist nicht sehr patriotisch, schon gar nicht

fröhlich“, wie es der Präsident uns allen heute Morgen
mpfohlen hat.

Es gibt allerdings einen Erfolg, mit dem sich Herr
iefensee gerne schmückt: Das ist die Angleichung des
stniveaus des Arbeitslosengeldes II an das Westniveau.
llerdings muss dieser Erfolg gerechterweise den
artz-IV-Demonstranten zugestanden werden, die bei
ind und Wetter jeden Montag auf die Straße gegangen

ind, um gegen diese Ungerechtigkeit zu demonstrieren.
hnen gebührt meine Hochachtung.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Finanzminister verteilt schon heute das Geld, das
r noch gar nicht hat. Er und die Familienministerin wol-
en jedes Jahr 3,9 Milliarden Euro Erziehungsgeld zah-
en. Es wird immer wieder gern erklärt – auch von Herrn
teinbrück –, dass die Steuergelder zielgenauer einge-
etzt werden müssen, dass nur diejenigen Geld bekom-
en sollen, die es dringend brauchen und sich selbst

icht helfen können. Da stimme ich zu. Doch beim Er-
iehungsgeld ist es genau umgekehrt: Die Mütter, die auf
as Erziehungsgeld angewiesen sind, bekommen weni-
er; die Mütter, die es nicht unbedingt brauchen, bekom-
en mehr. Bisher begann die Sozialauswahl in unserem
and erst nach der Grundschule. Dort wurde entschie-
en, wer auf das Gymnasium und wer auf die Haupt-
chule kommt, wer also Gewinner oder Verlierer ist. Die
amilienministerin will die Sozialauswahl schon vor der
eburt treffen. Das ist wirklich erschreckend.


(Beifall bei der LINKEN – Iris Gleicke [SPD]: So ein Quatsch! Das Babyjahr in der DDR ist auch nach dem Einkommen abgerechnet worden!)


Wenn die ganze Bundesregierung versetzungsgefähr-
et ist, kann das nicht nur an den Schülern liegen. Dann
uss man sich auch einmal die Frage stellen, was die
ehrer denn falsch gemacht haben; nehmen wir einmal
en Wirtschaftsweisen Rürup. Egal welche Regierung
ir haben: Die falschen Konzepte kommen immer aus
en gleichen Häusern. Ich erinnere an die Gesundheits-
eform 2004: Ziel war es, die Lohnnebenkosten und die
eitragssätze der Krankenkassen auf Kosten der Bei-

ragszahler zu senken. Was ist passiert? Die Lohnneben-
osten wurden nicht gesenkt; aber die Kassenbeiträge






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
steigen und der Patient zahlt. Da muss man sich doch die
Frage stellen: Wie lange noch dürfen diese nicht gewähl-
ten Experten ihre falschen Konzepte verkaufen?


(Beifall bei der LINKEN)


Aber vielleicht interessieren sich die Mitglieder der
Bundesregierung gar nicht mehr dafür, ob die Reformen
das Land wirklich weiterbringen, ob sie ihre Aufgaben
im Interesse der Wähler erfüllen. Vielleicht gibt es für
das eine oder andere Regierungsmitglied auch schon lu-
krative Angebote aus der Wirtschaft, sodass sie auf die
Beurteilung der Wähler pfeifen können, wie es Altbun-
deskanzler Schröder getan hat.

Noch ein Wort zum Verlauf der Beratungen. Kein An-
trag der Opposition bekam im Haushaltsausschuss eine
Mehrheit; Herr Koppelin ist darauf schon eingegangen.
Das ist natürlich eine ideologiebetriebene Politik. Es
kann und darf aus der Sicht von CDU/CSU und SPD
nicht sein, dass Oppositionspolitiker – in unserem Falle
sind es Linke – vernünftige Vorschläge machen. Wenn
die Regierungsfraktionen an diesen Vorschlägen nicht
vorbei können, dann werden die entsprechenden Anträge
trotzdem abgelehnt und diese Vorschläge werden über
eigene Anträge in die Beratungen eingebracht. Ist das
wirklich ein souveränes Verhalten oder ist das nicht eher
kleinkariert und ein schlechtes Vorbild für diejenigen,
die sich an den Diskussionen hier im Bundestag orientie-
ren wollen?


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])


In diesem Jahr werden mit dem Haushalt 260 Milliar-
den Euro verteilt. Die Bundesregierung behauptet im
gleichen Atemzug, dass es nichts mehr zu verteilen gibt.
Das klingt unlogisch, ist es aber nicht. Es gibt zwar an
die Mehrheit nichts zu verteilen, aber – wie ich an eini-
gen Beispielen dargestellt habe –: Eine Minderheit wird
eher diskret bedient.

Wir als Linke schenken den Menschen reinen Wein
ein.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Na, na! Das ist wohl die Spitze!)


Es ist genügend Geld da; es muss nur richtig verteilt
werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist von dieser Regierung aber nicht zu erwarten.
Deshalb werden wir den Haushalt ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603800600

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Steffen

Kampeter, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


H
i

d
s
r
c
d
h

r
m
z
A
g
d
r
b

d
d
i

K
ö
e
h
K

Z
S
n
H
p
d
K
G
w
d
v
D
m
2
Z

z
a
u

(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die große Koalition hat sich drei zentrale Ziele m Bereich der Wirtschaftsund Sozialpolitik gesetzt: (Jürgen Koppelin [FDP]: Steuern erhöhen! Schulden erhöhen!)

Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1603800700

en Haushalt in Ordnung bringen, die Arbeitslosigkeit
enken und die sozialen Sicherungssysteme konsolidie-
en. Das sind große Aufgaben. Wir wollen in dieser Wo-
he als große Koalition gemeinsam deutlich machen,
ass wir die Haushaltskonsolidierung mit Entschieden-
eit angehen. Es gibt zu ihr keine Alternative.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das Leitbild der großen Koalition ist dabei eine gene-
ationengerechte Haushaltspolitik. Wir wollen keine ver-
eidbaren Lasten auf die nächsten Generationen wäl-

en. Dieses ehrgeizige Anliegen umzusetzen ist keine
ufgabe für einen Tag, sondern soll für die nächsten Le-
islaturperioden unsere Leitlinie bleiben. Damit leistet
ie Haushaltspolitik durch strikte Haushaltskonsolidie-
ung ihren Beitrag dazu, dass es unserem Land weiter
esser geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: „Weiter besser geht“, bezieht sich das auf Rot-Grün?)


Kein Land hat eine wirtschaftliche Spitzenposition
auerhaft gehalten, das seinen Haushalt nicht konsoli-
iert hat, das einen Haushalt vorgewiesen hat, der nicht
n Ordnung war.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


ein Sozialstaat kann es sich auf Dauer leisten, dass die
ffentlichen Finanzen nicht in Ordnung sind. Da liegt
ine enorme Aufgabe, die weit über die heutigen Haus-
altsberatungen hinausreicht. Sie wird von der großen
oalition angegangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem Haushalt 2006 und dem Finanzplan für die
eit bis 2009 geht die große Koalition einen ersten
chritt auf dem beschwerlichen Weg zu dauerhaft und
achhaltig konsolidierten Bundesfinanzen. Der erste
aushalt der großen Koalition ist Ergebnis eines kom-
lexen Vorgangs. Warum? Hierzu empfiehlt es sich, sich
ie haushalts- und finanzpolitische Lage zu Beginn der
oalitionsverhandlungen im vergangenen Oktober ins
edächtnis zu rufen. Entscheidender Ausgangspunkt
ar die gemeinsame Feststellung der Koalitionspartner,
ass wir im Bundeshaushalt ein strukturelles Defizit
on über 60 Milliarden Euro per annum haben. Um die
imension dieser haushaltspolitischen Schieflage ein-
al klar zu machen, kann man auch sagen: Rund

0 Prozent der Ausgaben des Bundes waren zu diesem
eitpunkt nicht durch regelmäßige Einnahmen gedeckt.

Dieser Besorgnis erregende Zustand der Bundesfinan-
en ist das Ergebnis eines Prozesses, der sich seit Jahren
bgezeichnet hat. Wir haben in den vergangenen Jahren,
nd zwar nicht erst seit 1998, deutlich über unsere






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter
Verhältnisse gelebt. Die Neuverschuldung des Bundes-
haushalts lag 2005 zum vierten Mal in Folge über der
Regelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes. Ebenso ha-
ben wir als Gesamtstaat, also Bund, Länder, Gemeinden
und Sozialversicherungen, viermal in Folge das 3-Pro-
zent-Defizitkriterium des Stabilitäts- und Wachstums-
paktes verletzt. Es ist allerhöchste Zeit, diese Entwick-
lung zu stoppen, wollen wir nicht die Lasten unseren
Kindern und Enkelkindern aufbürden. Wir fangen mit
der Haushaltskonsolidierung an. Es ist ein schwerer
Weg. Er muss gegangen werden. Es gibt zu ihm keine
Alternative.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Vor diesem Hintergrund haben wir uns ehrgeizige
Ziele gesetzt, nämlich die Regelgrenze des Art. 115 des
Grundgesetzes sowie das Defizitkriterium wieder einzu-
halten. Dieser Anspruch erfordert eine enorme Kraft-
anstrengung. Schon die Einhaltung der Regelgrenze des
Art. 115 des Grundgesetzes bedeutet ein Konsolidie-
rungsvolumen von 35 Milliarden Euro allein für den
Bundeshaushalt. Ein solches Einsparvolumen lässt sich
nicht von heute auf morgen erzielen. Jeder, der etwas an-
deres behauptet, macht den Menschen etwas vor. Er ist
unehrlich. Eine unehrliche Politik hat beim Haushalt
ausgedient.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP] [zur SPD gewandt]: Damit seid ihr gemeint! Und ihr klatscht auch noch!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir betrei-
ben keine Verschleierung der dramatischen Finanzsitua-
tion, sondern wir wollen eine transparente Haushalts-
politik machen. Wahrheit und Vollständigkeit sind
verfassungsrechtlich gebotene Haushaltsgrundsätze, die
wir achten wollen.

Dazu gehört, dass wir mit den der Haushaltsplanung
zugrunde gelegten gesamtwirtschaftlichen Entwick-
lungsannahmen vorsichtig umgegangen sind. Korrektu-
ren wird es auch in der großen Koalition geben, zum
Beispiel bei den Wachstumsannahmen. Sie entwickeln
sich in den letzten Wochen positiv. Das ist eine gute Bot-
schaft für Deutschland. Wir wollen, dass es so weiter
geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch bei den großen Schätzansätzen haben wir realis-
tische Größenordnungen veranschlagt.

Schließlich haben wir die Nettokreditaufnahme offen
ausgewiesen, die sich aus einem strukturellen Defizit
von 60 Milliarden Euro ergibt. Sie liegt mit rund
38 Milliarden Euro – der Kollege Koppelin hat mich ja
schon zitiert, indem er darauf verwies, dass ich das nicht
besonders gut finde – um rund 15 Milliarden Euro über
den Investitionsausgaben und ist auch höher als die Net-
tokreditaufnahme im vergangenen Haushaltsjahr.

Nun beschäftigen wir uns einmal ein wenig mit der
Realität: Das strukturelle Defizit beträgt 60 Milliarden
Euro und erst seit wenigen Monaten wurden erste kräf-

t
d
h
e
n
s

d
p
s

E
g


D
d
t
S
d
t
r
h

G
r
w
g
W
m
v
g
z
w
n
g
g
w
d
A
f
u

l
A
g
s
p
t

(C (D ige Schritte zur Konsolidierung eingeleitet. Wenn nun ie FDP behauptet, man könne diesen Haushalt inneralb weniger Wochen konsolidieren, indem man die in inem dicken Buch vorgelegten Anträge, von denen eiige rechtlich nicht möglich bzw. politisch nicht geboten ind, umsetzt, (Ulrike Flach [FDP]: Das sind Ihre alten Anträge!)


ann ist das unanständig, unseriös und hemmungslos
opulistisch. Meine sehr verehrten Damen und Herren,
o kann man keine seriöse Haushaltspolitik machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jürgen Koppelin [FDP]: Was ist denn mit den ehemaligen CDU-Anträgen?)


in Beispiel: Wir alle wissen, dass wir bestimmte Auf-
aben im Zusammenhang mit der Lage am Arbeitsmarkt
Herr Kollege Müntefering weiß das – lösen müssen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Gleich fällt er Müntefering um den Hals!)


ie FDP schlägt angesichts eines möglichen Mehrbe-
arfs für arbeitsmarktpolitische Ausgaben eine Leis-
ungsabsenkung vor. Wer so unrealistisch den Menschen
and in die Augen streut, der erschüttert den Glauben an
ie Seriosität der Politik. Wer so Oppositionspolitik be-
reibt, der macht damit deutlich, dass er keinerlei Regie-
ungsfähigkeit besitzt. Das hat die FDP mit ihrem Vorge-
en klar deutlich gemacht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Würden Sie das auch für Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg stehen lassen?)


Die Überschreitung der Regelgrenze des Art. 115 des
rundgesetzes ist erforderlich, um eine drohende Stö-

ung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzu-
ehren. Insbesondere das Ziel eines hohen Beschäfti-
ungsstandes, aber auch das Ziel eines angemessenen
irtschaftswachstums wäre bei alternativen Maßnah-
en gefährdet. Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie

or schwierig; insbesondere das Fehlen einer nachhalti-
en Besserung im Bereich der Langzeitarbeitslosen
eigt, dass die konjunkturellen Erholungsimpulse, die
ir Gott sei Dank verspüren, den Arbeitsmarkt noch
icht spürbar erreicht haben. Die Wachstumserwartun-
en haben sich ausweislich der Frühjahrsprojektion nur
eringfügig von 1,4 auf 1,6 Prozent erhöht. Die gesamt-
irtschaftlichen Eckwerte, die Grundlage der Entschei-
ung der Bundesregierung, die Ausnahmeregelung des
rt. 115 in Anspruch zu nehmen, sind, liegen im Mittel-

eld des Spektrums der Prognosen wichtiger nationaler
nd internationaler Institutionen.

Zwar sieht die Deutsche Bundesbank in ihrer aktuel-
en Einschätzung der Konjunkturlage die wirtschaftliche
ufwärtsbewegung zu Beginn des Jahres durch eine
ünstige Entwicklung bei den Ausrüstungsinvestitionen
owie durch einen kräftigen außenwirtschaftlichen Im-
uls gestützt, von einer nachhaltigen Wende beim priva-
en Konsum kann aber nach Auffassung der Bundesbank






(A) )


)

Steffen Kampeter
noch nicht gesprochen werden. Der Kollege Schneider
hat darüber hinaus in seiner Rede auf die erfreuliche Ent-
wicklung bei den Steuereinnahmen hingewiesen. Bisher
deutet allerdings wenig darauf hin, dass sich die Steuer-
basis strukturell verändert hat. Aufgrund der aktuellen
Steuerschätzung belaufen sich die Mehreinnahmen im
Bundeshaushalt, denen ja Mindereinnahmen gegenüber-
stehen, lediglich auf 1,5 Milliarden Euro.

Jeder, der hier im Gegensatz zu unseren Planungen
eine abrupte Haushaltskonsolidierung fordert – gleich,
ob sie durch Abgabenerhöhung oder durch Reduzierung
staatlicher Leistungen erfolgt –, muss sich der Gefahr
bewusst sein, dass dies zusätzlich nachdrücklich nega-
tive Impulse auf die derzeitige Konjunkturentwicklung
ausüben und die Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts nach sich ziehen würde. Eine Störung
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erreichen
ist nicht Ziel der großen Koalition. Wir wollen, dass es
besser wird in diesem Land und aufwärts geht. Der
Haushalt 2006 dient diesem Ziel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Und dass Deutschland Weltmeister wird! Das dürfen Sie in diesem Zusammenhang nicht vergessen!)


Ich weiß, dass viele der Experten – dazu zähle ich auch
viele Mitglieder dieses Hauses aus allen Fraktionen –


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Dazu zählen Sie nicht!)


im Zusammenhang mit der Debatte zur Mehrwertsteuer-
erhöhung gesagt haben: Wir sind nicht begeistert, dass
wir diese Mehrwertsteueranpassung vornehmen müssen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: „Mehrwertsteueranpassung“!)


Aber angesichts der Handlungsmöglichkeiten in den ver-
bleibenden sechs Monaten dieses Jahres und im
Jahr 2007 – ich habe Ihnen die Alternativperspektiven
hier klar und deutlich aufgezeigt – gibt es dazu keine
vernünftige, realistische, konjunkturverträgliche Alter-
native. Wir sind bereit, diesen schweren Weg zu gehen,
weil er ohne Alternative für unser Land ist. Das ist ehr-
lich und das muss gesagt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Angesichts des Sachverhaltes, dass internationale Or-
ganisationen wie der Internationale Währungsfonds
diese Mehrwertsteuererhöhung im Rahmen des wirt-
schaftlichen Umfeldes und der Reformperspektiven, die
die große Koalition in vielen Bereichen geschaffen hat,
weitaus positiver bewerten, müssen all diejenigen, die
die Mehrwertsteuererhöhung hier als Konjunkturkiller
charakterisieren, sich fragen lassen, ob sie nicht einen in-
teressengeleiteten Pessimismus zum Maßstab ihres poli-
tischen Handelns machen, der weder im Interesse der öf-
fentlichen Finanzen noch im Interesse der Menschen in
Deutschland sein kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Die SPD W r p u h f d B s n d d i s s g d j n d W a n d 2 S h t h b M E E a n H H l m d E L a g p m p g E s s ö (C (D klatscht für die Mehrwertsteuererhöhung; das ist auch neu!)


Wir als große Koalition haben uns deshalb für den
eg einer konjunkturunterstützenden Konsolidie-

ung entschieden. Durch kurzfristige Wachstumsim-
ulse soll die konjunkturelle Erholung gefördert werden,
m in diesem Jahr zunächst Schwung zu holen und auf
öherem Niveau die dämpfenden Effekte, die ich keines-
alls bestreite, besser zu verkraften. Gleichzeitig sollen
ie Angebotskräfte dann so weit gestärkt sein, dass die
elastungen – wir haben ja Erfahrung mit Mehrwert-

teueranpassungen in den vergangenen Jahrzehnten –
ur einen temporären Effekt darstellen. Daher ist auch in
er Frühjahrsprojektion unterstellt, dass, betrachtet man
ie Jahre 2006 und 2007 zusammen, der begonnene Weg
n Richtung eines höheren Wachstums stabilisiert, unter-
tützt und nicht abgebrochen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den Be-
chlüssen zum Haushalt 2006 sind die Rahmenbedin-
ungen für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in
ieser Legislaturperiode gegeben. Die nachhaltige, kon-
unkturschonende Haushaltskonsolidierung wird von ei-
em Maßnahmenbündel begleitet, das sowohl Konsoli-
ierungsmaßnahmen im engeren Sinne enthält als auch
achstumsimpulse im weiteren Sinne gibt.

Der erste Schritt ist dabei in der vergangenen Woche
uch vom Bundesrat abgesegnet worden: das so ge-
annte Haushaltsbegleitgesetz 2006, das mit ansteigen-
en Entlastungen des Bundeshaushalts – beginnend
007 bei 12,5 Milliarden Euro, gefolgt von weiteren
chritten – die Konsolidierung vorantreiben wird. Wir
aben aber auch im Bereich der sozialen Sicherungssys-
eme mutige Reformschritte zur Flankierung des Haus-
altskonsolidierungskonzeptes eingeleitet. Ich erwähne
eispielsweise die Rente mit 67. Sie ist ein wichtiger
eilenstein. Durch sie wird nicht nur die demografische

ntwicklung aufgegriffen, sondern auch eine strukturelle
ntlastung der sozialen Sicherungssysteme und damit
uch des Bundeshaushalts herbeigeführt.

Wir müssen darüber nachdenken, ob die solide Fi-
anzpolitik, aufgrund dessen die große Koalition diesen
aushalt vorlegt, nicht auch auf andere öffentliche
aushalte übertragen werden sollte. Einzelne Bundes-

änder haben bereits Notlagen angezeigt; eventuell kom-
en weitere Länder hinzu. Insoweit war die Debatte um

ie richtige Verwendung der Solidarpaktgelder sinnvoll.
s kann nach meiner Auffassung nicht sein, dass einige
änder die Mittel für Investitionen einsetzen, während
ndere sie – nicht regelkonform – anderen Verwendun-
en zuführen. Wir brauchen eine strengere Finanzdiszi-
lin auf allen Gebietskörperschaftsebenen. Ich spreche
ich dafür aus, die Idee eines nationalen Stabilitäts-
akts, die wir auf allen Ebenen erörtern, weiterzuverfol-
en.


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])


s kann nicht sein, dass der Bundeshaushalt in der Kon-
olidierung voranschreitet, aber andere Gebietskörper-
chaften in eine andere Richtung marschieren. Die
ffentlichen Haushalte sitzen alle in einem Boot. Konso-

(B)







(A) )



(B) )


Steffen Kampeter
lidierung ist eine föderale Gemeinschaftsaufgabe. Dies
wollen und müssen wir deutlich machen. Bund und Län-
der müssen gemeinsam – und zwar nicht nur im Rahmen
der Fortentwicklung des Föderalismuskonzeptes, son-
dern auch durch verbindliche Regelungen bezüglich der
Konsolidierung der Haushalte – deutlich machen, dass
es um eine nationale Aufgabe geht, der wir uns stellen
wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Sozialisierung finanzpolitischen Fehlverhaltens
kann eben nicht Ziel der großen Koalition sein. Ich setze
da hohe Erwartungen in die Beratungen für diesen Be-
reich.

Mit dem Bundeshaushalt 2006 haben wir einen ersten
Schritt auf dem steinigen Weg der Konsolidierung getan.
Ich will in diesem Zusammenhang einen Bereich aus-
drücklich hervorheben, bei dem uns dieser Schritt nicht
ganz einfach gefallen ist, nämlich den Bereich der Ar-
beitsmarktpolitik. Dazu gehört Hartz IV, worüber in
diesem Hause schon oft debattiert wurde. Man muss
kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass das auch
zukünftig so sein wird. Vielleicht könnte man auch den
Namen dieses Reformprojekts einer Revision unterzie-
hen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das halte ich auch im Interesse der Betroffenen für sinn-
voll.

Ich will einen Punkt besonders deutlich machen: Aus
Sicht der Union, aber auch aus Sicht der großen Koali-
tion war und bleibt die Zusammenlegung von Arbeitslo-
senhilfe und Sozialhilfe richtig. Sie war ordnungspoli-
tisch sinnvoll. Mit ihr wurden allerdings noch nicht die
erwünschten Haushaltseinsparungen erzielt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Dies muss aber in einem weiteren Schritt gelingen.

Wir sind uns bewusst – insbesondere die Union hat
sich dieses Themas angenommen –, dass wir, wenn wir
die Annahmen des Gesetzentwurfes zugrunde legen,
eine erhebliche Zielabweichung von der Finanzprognose
für diese Legislaturperiode haben werden, und zwar in
einer Größenordnung von zwei Mehrwertsteuerpunkten.
Ich wiederhole: Die Zielabweichung hinsichtlich des Fi-
nanzvolumens für die Arbeitsmarktpolitik umfasst zwei
Mehrwertsteuerpunkte!

Deswegen war es richtig – dafür danke ich allen Be-
teiligten –, dass wir für das Haushaltsjahr 2006 eine
Risikovorsorge getroffen haben, um höhere Kosten
durch mögliche Umschichtungen innerhalb des Arbeits-
marktetats auffangen zu können. Die Koalition hat sich
insbesondere auf eine Haushaltssperre im Bereich der ar-
beitsmarktpolitischen Leistungen verständigt. Wir haben
es gleichzeitig abgelehnt, dass weiter auf Beitragsmittel
zugegriffen wird;


(Beifall des Abg. Hans–Joachim Fuchtel [CDU/CSU])


d
u
S

M
d
t
n

f
m
S
m
S
r
e

u
g
e

n
R
d
d
s

d
b
g
b
B
v
a
G
U
b
f
h
s
s
B

d
d
p
K

t
N
W
r

(C (D enn wir glauben, dass die von den Beitragszahlerinnen nd Beitragszahlern gezahlten Beiträge innerhalb dieses ystems verwendet werden sollen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


it den überschüssigen Einnahmen, die sich aufgrund
er positiven Entwicklung ergeben und die von den Bei-
ragszahlern stammen, soll nicht der Bundeshaushalt sa-
iert werden.

Bei der Arbeitsmarktpolitik stehen wir erst am An-
ang eines durchgreifenden Prozesses, der auch etwas
it dem Bundeshaushalt zu tun hat. In einem ersten
chritt müssen wir die Strukturreformen am Arbeits-
arkt vorantreiben. Wir müssen in einem zweiten

chritt die Reformen innerhalb des Systems weiter vo-
antreiben. Ich danke Bundesminister Müntefering, dass
r hier engagiert vorangegangen ist


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt hört er das nicht einmal! So ein Mist!)


nd dass er mit den bestehenden Gesetzen einen wichti-
en Grundstein dafür gelegt hat, dass wir die Ausgaben-
ntwicklung erstmals in den Griff bekommen können.

Aber ich mache für die Union auch deutlich, dass wir
och nicht am Ende der Entwicklung sind und dass die
eformschritte innerhalb des SGB sozialverträglich, für
ie Menschen nachvollziehbar und der Konsolidierung
es Bundeshaushalts dienend weitergeführt werden müs-
en.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Mit dieser Rede kannst du SPD–Ehrenvorsitzender werden!)


Wir müssen in einem dritten Schritt dazu beitragen,
ass die Belastung für den Bundeshaushalt durch die Ar-
eitsmarktpolitik begrenzt wird, indem wir Beschäfti-
ungsimpulse nutzen. Mit dem Bundeshaushalt 2006 ha-
en wir zur Stärkung von besonders zukunftsträchtigen
ereichen ein Sofortprogramm mit einem Volumen
on 25 Milliarden Euro aufgelegt, von dem insbesondere
uch die Arbeitslosen profitieren werden. Nicht ohne
rund haben wir die Abschreibungsbedingungen für
nternehmen verbessert und die Mittel für das CO2-Ge-
äudesanierungsprogramm aufgestockt. Auch die Mittel
ür Verkehrsinvestitionen werden mit diesem Bundes-
aushalt erheblich, nämlich um 1 Milliarde Euro, aufge-
tockt. Das soll nicht nur zur Verbesserung der Infra-
truktur beitragen, sondern auch einen wesentlichen
eschäftigungsimpuls liefern.

All das macht deutlich, dass dies nicht ein Haushalt
er harten Konsolidierung, sondern ein Haushalt ist, mit
em im Rahmen des Möglichen auch Wachstumsim-
ulse gesetzt werden. Diese Politik müssen wir als große
oalition gemeinsam offensiv vertreten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Insgesamt ist zu vermerken, dass die Höhe der Inves-
itionsausgaben mit über 23 Milliarden Euro auf dem
iveau des Regierungsentwurfs gehalten werden kann.
ir müssen uns zukünftig überlegen, wie wir diesen Be-

eich ausbauen. Wir haben zu den Forschungsinvestitio-






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter
nen, aber auch zu den Investitionen, die die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf betreffen, wichtige Entscheidun-
gen getroffen, die sich teilweise nicht auf dem engen
Investitionsbegriff abbilden lassen. Auch dies macht
deutlich, dass wir für die Sicherstellung der Zukunftsfä-
higkeit unseres Landes Haushaltsmittel in erheblicher
Höhe zur Verfügung stellen.

Was sind weitere Ergebnisse der Beratungen für den
Haushalt 2006? Der Kollege Schneider hat bereits auf
die Dezentralisierung der Versorgungsausgaben und die
Auflösung des Versorgungsplanes hingewiesen. Seit
über 20 Jahren diskutieren wir bei jeweils unterschiedli-
chen Mehrheitsverhältnissen über die Dezentralisierung
der Versorgungsleistungen im öffentlichen Bereich.
Wir haben der gesetzlichen Rentenversicherung viele
Reformnotwendigkeiten aufgebürdet. Die Dezentralisie-
rung der Versorgungsausgaben ist ein wesentlicher
Schritt zur Modernisierung des Aufbaus der Bundesver-
waltung. Zum ersten Mal müssen die einzelnen Ministe-
rien die fiskalische Verantwortung für ihre Pensionäre
übernehmen. Dies löst die kollektive Verantwortungslo-
sigkeit im Bereich der öffentlichen Versorgung auf.
Nach 20 Jahren hat die große Koalition in diesem Be-
reich eine wesentliche Modernisierung erreicht. Dies ist
ein Erfolg, den wir deutlich machen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Einsparungen, die wir den Bürgerinnen und Bür-
gern zumuten, müssen wir vorantreiben. Wir haben im
Bereich der öffentlichen Verwaltung weitere Einsparun-
gen vorgenommen. Wir haben im Übrigen im personal-
wirtschaftlichen Bereich alle zusätzlichen Stellenanfor-
derungen, die sich aus dem Regierungswechsel ergeben,
überkompensiert. Es kann keiner sagen, dass wir hier
nicht entschieden vorgegangen seien. Wir haben die
jährlichen Sonderzahlungen an die Beamten schon in
diesem Jahr halbiert. Weil wir glauben, dass es eines
wichtigen Signales bedurfte, sind die Mitglieder der
Bundesregierung, insbesondere die Bundeskanzlerin,
vorangeschritten: Die Sonderzahlungen an sie wurden
nicht nur befristet halbiert, sondern dauerhaft abge-
schafft. Damit machen wir deutlich: Gekehrt wird auch
oben und gespart wird auch an der Spitze der Regierung.
Das ist ein Signal, das die große Koalition setzen wollte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Selbstverständlich haben wir auch bei der Öffentlich-
keitsarbeit der Ressorts Mittel eingespart. Der einge-
sparte Betrag von 10 Millionen Euro mag manchem
nicht hoch genug erscheinen, wie ich aus dem Redebei-
trag der FDP vernommen habe. Man muss aber eines
deutlich machen: Es hat sich zwar noch kein Bundes-
minister bei uns dafür bedankt, dass wir ihm weniger
Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit zugestehen. Aber die
Glaubhaftigkeit der Konsolidierungspolitik setzt voraus,
dass die die Regierung tragende Koalition auch in denje-
nigen Bereichen, von denen man vermuten könnte, dass
die Regierung ein großes Interesse an ihnen hat, sparsam
vorgeht und Einsparungen durchführt. Das ist glaubwür-
dige Haushaltspolitik. Das macht deutlich: Wir sparen

a
s

v
G
H
H
s
n
S
ö
d
s

n
k
s
z
c
s
l
w
d
d

ß
f
n

D

B

K
a
n
g
S
k
h
n

D

(C (D uch bei den Dingen, die wir selbst verantworten müsen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Einhaltung des in den Koalitionsverhandlungen
erabredeten Finanztableaus bis 2009 ist ein schweres
eschäft. Erschwerend kommt die Erkenntnis dazu, dass
aushalte, deren Neuverschuldung sich knapp unter der
öhe der Investitionsausgaben bewegt, keine Dauerlö-

ung auf dem Weg zu nachhaltigen und tragfähigen Fi-
anzen sein können. Wir wollen mit dem Ziel sinkender
chulden wieder größere Handlungsspielräume für die
ffentliche Hand erreichen. Das bedeutet, dass wir auch
as Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes anpeilen müs-
en. Dies ist Grundlage der Koalitionsvereinbarung.

Als nächste Etappe müssen wir in dieser und in der
ächsten Legislaturperiode nach dem Umsteuern einen
laren Sinkflug in Bezug auf die Nettokreditaufnahme
chaffen und im Laufe der nächsten Legislaturperiode
ur Sicherung der dauerhaften Tragfähigkeit der öffentli-
hen Finanzen ausgeglichene Haushalte vorlegen. Dazu
ind viele – auch unangenehme – Beschlüsse erforder-
ich. Die wollen und werden wir gemeinsam treffen, weil
ir glauben: Nur mit ausgeglichenen Haushalten wird
ie Haushaltspolitik ihren Beitrag dazu leisten, dass es in
iesem Land weiter aufwärts geht.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603800800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stelle eine au-

ergewöhnliche Disziplin im Einhalten der Redezeiten
est, die mir – zumal bei Haushaltsdebatten – überhaupt
icht erinnerlich ist.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das hat etwas mit dem Fußball zu tun! – Otto Fricke [FDP]: War das eine Aufforderung zu Zwischenfragen?)


afür mag es Gründe geben.
Nun erteile ich das Wort der Kollegin Anja Hajduk,

ündnis 90/Die Grünen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603800900

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der

ollege Steffen Kampeter hat seine Rede mit einer be-
chtlichen Ehrlichkeit eröffnet. Ich weiß nicht, ob es Ih-
en aufgefallen ist: Er hat davon gesprochen, dass die
roße Koalition sich drei Ziele gesetzt hat: die sozialen
icherungssysteme zu konsolidieren, die Arbeitslosig-
eit abzubauen und den Haushalt zu konsolidieren. Dann
at er ganz deutlich gesagt: Das haben wir uns für die
ächste Legislaturperiode vorgenommen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein!)

as war eine beachtliche Ehrlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Kleinkarierte Opposition!)







(A) )



(B) )


Anja Hajduk
Herr Kampeter, ich will Ihnen sagen: Sich zu verspre-
chen, passiert uns allen und wahrscheinlich auch mir in
dieser Rede. Aber wir wissen auch: Diese Versprecher
sind nicht zufällig. Sie haben einen tiefen, wahren Kern.
Das war ein guter Beitrag zur Debatte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben Ihre Rede zwar mit einer freudschen Fehl-
leistung begonnen. Aber ich möchte ernster werden und
sagen, dass die Haushaltsberatungen leider durch eines
gekennzeichnet sind: Wir haben nicht nur eine große
Koalition, die das Land regiert, sondern wir werden re-
giert von einer großen Selbstgefälligkeit. Wenn Sie,
Herr Kampeter und andere in der Koalition, diesen
Haushalt am Freitag beschließen, der sich durch die
größte Nettokreditaufnahme auszeichnet, die es jemals
in der Planung gegeben hat – es ist mit über
38 Milliarden Euro ein Schuldenrekord –, und gleichzei-
tig sagen, dass Sie brutal konsolidieren, dann ist das der
Versuch einer Volksverdummung, der nicht gelingen
wird. Das ist Selbstgefälligkeit und zeugt von Kraftlo-
sigkeit in der großen Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Verarschung ist das!)


– Man kann auch härtere Worte dafür finden, Herr
Westerwelle; da gebe ich Ihnen Recht. – Damit leisten
Sie diesem Land keinen Dienst. Das müssten Sie aber ei-
gentlich tun.

Ich komme noch einmal zu den Ergebnissen der
Haushaltsberatungen. 261 Milliarden Euro sollten aus-
gegeben werden; das sind 1,8 Milliarden mehr als im
Vorjahr. Dies entspricht immerhin einer Steigerung um
0,7 Prozent. Die große Koalition hat während der Haus-
haltsberatungen Kürzungen in Höhe von 100 Millionen
Euro vorgenommen. Im Verhältnis zu den 261 Milliar-
den entspricht dies 0,04 Prozent. Das muss man sich ein-
mal klar machen. – Ich erinnere mich noch daran, wie
der frühere haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU,
der Kollege Austermann,


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Guter Mann!)


gewettert hat, der hemmungslose Schuldenaufbau
werde jedes Jahr ungebremst fortgesetzt. So hat er ge-
poltert. Dieses Jahr tritt die CDU/CSU mit einer Kür-
zung von 100 Millionen Euro an; damals hat sie 8 Mil-
liarden Euro gefordert. Die CDU/CSU bewegt sich jetzt
bei rund 1 Prozent davon. So viel ist von Ihren alten Vor-
stellungen übrig geblieben. Sie sind ein ganz kleines
Karo in dieser großen Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Denken Sie daran, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben!)


Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Die große
Koalition hat die wirtschaftliche Erholung, die wir zur-
zeit haben, nicht genutzt, um im Rahmen der Haushalts-
beratungen eine Perspektive für eine längerfristige Kon-
solidierungsstrategie zu eröffnen. Im Gegenteil: Sie

w
g
n

e
9
2

I
g
n
e

d
w
m
d
d
z
Z
s
m
g
d

D
r
a
s
g
W
k
s

t
t
t
v
d

g
P
g
s
i
i
z
N
b
g

(C (D aren selbstgefällig. Sie haben 100 Millionen Euro einespart, 0,04 Prozent. Dafür versuchen Sie sich auch och zu rühmen. Das ist schlichtweg lächerlich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Auch die Investitionsquote sieht mit unter 9 Prozent
her bescheiden aus. Hier haben Sie den Mittelansatz um
Millionen Euro verändert, bei einem Volumen von

3 Milliarden Euro.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wer hat denn das strukturelle Defizit von 60 Milliarden Euro aufgebaut?)


ch kann nur sagen: Die Wochen der Haushaltsberatun-
en waren von marginalen Veränderungen gekennzeich-
et. Das ist, gemessen an der Größe dieser Koalition, ein
klatantes Armutszeugnis.

Die Zahl, die diesen Haushalt prägt, ist die Nettokre-
itaufnahme in Höhe von 38,2 Milliarden Euro. Ich
ill noch einmal darauf eingehen, weil diese Zahl – sie
üsste nicht so hoch sein – die Belastung angibt, die wir

en kommenden Generationen aufbürden. Die Nettokre-
itaufnahme in Höhe von 38 Milliarden Euro entspricht
iemlich genau der Summe, die wir für die laufenden
inszahlungen ausgeben. Wenn wir die Kredite aus-
chließlich für die Zinszahlungen brauchen, dann sieht
an doch, dass wir mit der kompletten Summe Vergan-

enheitsbewältigung betreiben und überhaupt nichts für
ie Zukunft bereithalten.


(Zurufe von der CDU/CSU)


eswegen kann ich nicht verstehen, dass die Regie-
ungsfraktionen nicht angetreten sind, die Nettokredit-
ufnahme abzumildern. Wir Grünen haben nicht ver-
prochen, sie wegzuputzen. Aber wir haben Vorschläge
emacht, sie um 6 Milliarden Euro deutlich zu senken.
as Sie machen, ist verantwortungslos gegenüber den

ommenden Generationen; denn Sie betreiben aus-
chließlich Vergangenheitsbewältigung.

Lieber Herr Schneider, Sie haben hier von Ihren poli-
ischen Zielen gesprochen, von konsolidierten Haushal-
en. Sie als haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Frak-
ion haben keinen einzigen Schritt in diese Richtung
orgeschlagen. Auch das ist ein schwaches Bild nach
iesen Haushaltsberatungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Ich will deutlich machen, dass es gar nicht so schwer
ewesen wäre. Sie hatten doch so genannte Windfall-
rofits: Die Steuermehreinnahmen betrugen im Ver-
leich zum letzten Jahr 3,7 Milliarden Euro; im Mai die-
es Jahres besagte die Steuerschätzung Mehreinnahmen
n Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Kollege Schneider hat
n der Öffentlichkeit gesagt, diese Einnahmen würden
ur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet.
ichts davon ist geblieben. Mit einem kraftlosen Akt ha-
en Sie sie nur stabil gehalten. Sie haben für meine Be-
riffe sehr müde agiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Anja Hajduk
Ich möchte noch weitergehen. Ich habe schon ange-
deutet, dass bisher noch kein Haushalt mit einer solch
hohen Nettokreditaufnahme vorgelegt worden ist. Man
könnte glatt die Losung ausgeben: Große Koalition
macht große Schulden. Ich will die Debatte noch vertie-
fen. Sie nehmen in Anspruch, eine neue Ehrlichkeit zu
pflegen. Es wurde schon erwähnt, man müsse sagen, was
Sache ist. Das sei wichtig, um Vertrauen zu gewinnen.
Ich muss Ihnen sagen, dass Ehrlichkeit kein Freibrief da-
für ist, regungslos zu verharren. Man kann nicht sagen,
die Lage sei ernst, die öffentliche Verschuldung sei hoch
und wir hätten strukturelle Probleme und deshalb bringe
man nicht die Kraft auf, die Richtung anzugeben, die
eingeschlagen werden müsse, um die Schulden zu ver-
ringern. Eine Neuverschuldung in Höhe von 38 Mil-
liarden Euro hat nichts mit Ehrlichkeit zu tun, sondern
sie ist Ausdruck der Behäbigkeit der großen Koalition,
die keine Alternativen aufzeigt. Ich komme gleich zu un-
seren Alternativen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will einen Punkt ansprechen, bevor ich zu den Al-
ternativen komme, nämlich die Maastrichtkriterien.
Mit der Neuverschuldung von 38 Milliarden Euro be-
steht das Risiko, dass wir auch in diesem Jahr das
Maastrichtkriterium nicht einhalten, obwohl viele Ex-
perten sagen, dass das bei der wirtschaftlichen Entwick-
lung, die wir haben, im Jahre 2006 sehr wohl möglich
wäre. Die Vorgängerregierung hat in Verhandlungen viel
dazu beigetragen, dass der Stabilitätspakt reformiert
bzw. angepasst wurde. Das geschah ausdrücklich mit der
Ansage, konjunkturgerechter zu agieren. Das haben wir
Grüne mitgetragen. Ich kann die Kritik aus EU-Kreisen
verstehen. Viele reiben sich ein Jahr nach der Reform
des Stabilitätspaktes die Augen, weil in diesem Jahr
eine konjunkturelle Erholung zu verzeichnen ist, aber
wichtige Länder der Europäischen Union diese nicht ge-
nutzt haben, um weniger Schulden aufzunehmen. Leider
gehört auch Deutschland dazu. Aufgrund der besseren
wirtschaftlichen Bedingungen könnten wir die
Maastrichtkriterien in diesem Jahr einhalten. Nichts da-
von ist in der Planung der Regierung zu sehen. Sie stützt
sich auf ein „vielleicht“ und glückliche Wendungen,
setzt sich das aber nicht zum Ziel. Das halte ich für eine
Missdeutung der Reform des Stabilitätspaktes. Der ein-
zige Grund, warum Deutschland nicht in der Kritik steht
und warum der Konsolidierungsplan in Deutschland ge-
billigt wird, ist die massive Mehrwertsteuererhöhung
zum nächsten Jahr. Das ist eine einseitige und falsche
Ausrichtung Ihrer Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte ganz kurz auf das Reizthema der Mehr-
wertsteuererhöhung eingehen. Was ist eigentlich das
Dramatische und das Schlimme an Ihrer Politik? Ich
glaube, das Schlimmste daran ist die Unordnung und das
Chaos. Was machen Sie 2006 und was machen Sie
2007? Sie argumentieren, Sie wollten im Jahr 2006 das
Wachstum unterstützen, und Sie legten ein Programm in
Höhe von 25 Milliarden Euro zur Stabilisierung der
Konjunktur auf. Sie machen viele Schulden unter Hin-

w
J
b
f
m

e
E
c
d
r
A
e
g
G
d
d

I
d
g
f
B
a
w

A
D
r
I
f
n

w
z
3
K
r
n
a

h
r
z

D
v

(C (D eis auf die Konjunktur und geben richtig Gas im ahr 2006. Im Jahr 2007 aber ziehen Sie voll die Handremse an. Gasgeben bei voll angezogener Handbremse ührt dazu, dass es schon nach einigen Metern zum Himel stinkt. So ist es auch mit Ihrer Politik. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Ich habe deutlich gemacht, dass die Mehrwertsteuer-
rhöhung insbesondere deshalb ein Problem ist, weil die
innahmen ausschließlich zum Stopfen der Haushaltslö-
her verwendet werden. Es ist ja nicht so, dass Sie mit
er Reform der sozialen Sicherungssysteme schon vo-
angekommen wären. Sie senken zwar die Beiträge zur
rbeitslosenversicherung, indem Sie Steuermittel hin-

instecken. Bei den Lohnnebenkosten veranstalten Sie
enau das gleiche Chaos wie bei der Mehrwertsteuer:
as geben und Vollbremsung gleichzeitig! Sie senken
ie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, erhöhen aber
ie Beiträge zur Rentenversicherung um 0,4 Prozent.

Ich komme auf die Gesundheitsreform zu sprechen.
n einem Punkt kann man sich ganz sicher sein: Weder
ie Kanzlerin Merkel noch sonst irgendjemand in der
roßen Koalition glaubt noch, dass eine Gesundheitsre-
orm zum 1. Januar 2007 finanzwirksam wird und die
eiträge gesenkt werden können. Genau das müssen Sie
ber schaffen, wenn Sie die Lohnnebenkosten senken
ollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


b dem 1. Januar 2007 stehen die Krankenkassen unter
ruck, ihre Beiträge um 0,5 Prozent, konservativ ge-

echnet, bis 1 Prozent zu steigern. Trotzdem vertagen Sie
hre Einigung über die Eckpunkte der Gesundheitsre-
orm ständig von dem einen Wochenende auf das
ächste.

Die Bevölkerung ahnt schon, dass es nicht klappen
ird. Die Lohnnebenkosten werden nicht unter 40 Pro-

ent sinken. Mit Sicherheit werden wir aber eine um
Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer zahlen. Diese
onjunkturbremse kann das Land nicht gebrauchen. Da-

an sieht man einmal wieder: Die große Koalition macht
icht nur große Schulden, sondern verursacht langfristig
uch große Probleme auf dem Arbeitsmarkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Ich komme jetzt zu den Alternativen. Wir Grünen
aben uns natürlich dem Anspruch gestellt, die Regie-
ung nicht nur zu kritisieren, sondern ein Szenario aufzu-
eigen, wie man es besser machen könnte.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Alternative war Rot-Grün! Wir haben gesehen, was dann los ist! Die haben doch alles schlechter gemacht!)


er Kollege Schneider hat gesagt, dass sich niemand
om Acker machen darf. Dazu gehört, dass man beim






(A) )



(B) )


Anja Hajduk
Haushalt Veränderungen vorschlägt. Das haben Sie nicht
gemacht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Wir haben zwar kein Buch gebunden, wie es die FDP ge-
tan hat, aber wir haben 400 Änderungsvorschläge ge-
macht.

Wir haben drei Ziele verfolgt:

Erstens. Weniger Schulden machen. Das habe ich
schon begründet. Weniger Schulden kann man insbeson-
dere dadurch machen, dass man beim Subventionsab-
bau konsequenter vorgeht. Im Rahmen der Beratungen
über das Haushaltsbegleitgesetz haben wir Maßnahmen
vorgeschlagen, die die Steuereinnahmen um 1,4 Milliar-
den Euro erhöhen. Bei dem schönen Thema Kohle-
subventionen gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Die
Kohlesubvention ist keine heilige Kuh.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Sie entwickelt sich bereits heute degressiv. Ein vollstän-
diger Abbau ist aber immer noch nicht geplant. Fragen
Sie einmal Experten aus der Wirtschaft. Keiner würde
Ihnen sagen, eine Dauersubventionierung der Kohle ist
eine vernünftige Maßnahme. Das muss auch die SPD
einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir schlagen einen Subventionsabbau in Höhe von
insgesamt 2 Milliarden Euro vor. Wir haben keine Fabel-
zahlen errechnet. Wir haben eine Summe von 2 Mil-
liarden Euro errechnet, die in den nächsten Jahren auf
5 Milliarden Euro anwächst.

Wir schlagen Ausgabenkürzungen in Höhe von
2,3 Milliarden Euro vor. Diese Summe können wir ein-
sparen. Ich befinde mich in guter Gesellschaft, wenn ich
diese Zahl nenne. Das ist eine realistische Größe. Auch
der Präsident des Bundesrechnungshofs hat in der Dis-
kussion über das Haushaltsbegleitgesetz gesagt: Man
kann den Haushalt nicht nur über Ausgabenkürzungen
ausgleichen; auch Einnahmesteigerungen gehören dazu.
Dem stimmen wir zu. Aber man kann durchaus Ausga-
benkürzungen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro jähr-
lich vornehmen.

Subventionsabbau plus Ausgabenkürzungen plus zu-
sätzliche Steuereinnahmen, die in der Steuerschätzung
im Mai errechnet wurden, bieten eine Möglichkeit zur
Konsolidierung dieses Haushaltes in Höhe von knapp
6 Milliarden Euro. Wir lägen dann bei der Neuverschul-
dung unter 33 Milliarden Euro. Damit würden wir die
Maastrichtkriterien einhalten.

Ich frage die große Koalition: Warum machen Sie das
nicht? Warum bringen Sie die Kraft nicht auf? Wenn Sie
von einer Konsolidierungsstrategie reden und für sich in
Anspruch nehmen wollen, zu konsolidieren, dann hätten
Sie auf diesem Weg wenigstens ein Stück weit mitgehen
müssen. Sie haben nicht eine einzige Maßnahme vorge-
schlagen, die in diese Richtung zielt. Deswegen spreche
ich Ihnen einen Willen zur Konsolidierung des Haushal-

t
g
S
n

l
g
d
s
d
i
t
d
m
s
U
l
w
B
s
m
P
d

M
d
d
H
v
h
f

w
t
D
n
m
W
d
s
3
s
z
K

w
K
i
e
i
S

(C (D es ab. Sie zeigen an dieser Stelle keine Verantwortung egenüber den zukünftigen Generationen. Auch wenn ie dieses Thema immer im Munde führen, Sie handeln icht entsprechend. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich möchte meine Ausführungen mit einigen Beispie-
en unsinniger Maßnahmen garnieren. Die rot-grüne Re-
ierung hat – das wurde damals kritisiert – den Umzug
es BND von Pullach nach Berlin geplant. Es ist eine
ehr kostspielige Angelegenheit, wenn der Nachrichten-
ienst umzieht. Wir Grüne – damals im Übrigen sogar
nterfraktionell mit der CDU/CSU noch in der Opposi-
ion und auch mit der FDP – waren sehr skeptisch, ob
as nicht eine Maßnahme sei, die man noch aufschieben
üsse, ob die Planung überhaupt schon so weit gediehen

ei. Was macht die große Koalition aus dem geplanten
mzug des Nachrichtendienstes von Pullach nach Ber-

in, der erwiesenermaßen über 1 Milliarde Euro kosten
ird? Sie macht daraus eine Doppelbelastung für alle
ürgerinnen und Bürger. Der Umzug nach Berlin soll

tattfinden, obgleich teuer; aber damit die CSU auch
itmacht, bleibt ein großer Teil des BND dann doch in
ullach. Das bedeutet eine Neubelastung in Höhe eines
reistelligen Millionenbetrages.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist echt eine Sauerei!)


an muss wirklich sagen: Die Lösung und die Einigung
er großen Koalition zum inneren Frieden hinsichtlich
es BND-Umzuges ist inhaltlich unsinnig und eine teure
ypothek für die Bürgerinnen und Bürger. Wir haben
orgeschlagen, davon Abstand zu nehmen. Auch dazu
atten Sie nicht die Kraft. Das ist ein schönes Beispiel
ür den Unsegen, den Ihre Politik für das Land bedeutet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweites Beispiel: die SPD-Fraktion. Wie sehr haben
ir in der vergangenen Legislaturperiode darauf geach-

et, dass die Integrationsmittel nicht gekürzt werden!
as war schon immer eine schwierige Übung, da der In-
enminister zu SPD-Zeiten hinsichtlich der Integrations-
ittel sehr bescheiden war. Was haben wir gemacht?
ir haben in den Haushaltsberatungen dafür gesorgt,

ass die Mittel auf einem vernünftigen Niveau geblieben
ind. Sie haben nun zugelassen, dass diese Mittel um
0 Prozent gekürzt werden. Das ist angesichts der Ziel-
etzung des geplanten Integrationsgipfels ein Armuts-
eugnis. Auch das zeigt: Die SPD-Fraktion hat keine
raft für Maßnahmen, die sie eigentlich für richtig hält.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Es stehen ausreichend Mittel zur Verfügung!)


Ich komme zum Schluss. Das Maastrichtkriterium
ird dieses Jahr vielleicht erreicht. Ehrgeiz hat die große
oalition nicht. Sie sagen: Das Maastrichtkriterium wird

n 2007 erreicht; denn da haben wir ja die Mehrwertsteu-
rerhöhung. Aber in der jetzigen Finanzplanung gibt es
nsgesamt keine Sicht auf Besserung. Trotz der massiven
teuererhöhungen im satten zweistelligen Milliardenbe-






(A) )



(B) )


Anja Hajduk
reich ist nicht in Sicht, die Nettokreditaufnahme zu sen-
ken. Mit großer Sorge sehe ich auf das Jahr 2007. Denn
ich glaube, dass die wirtschaftliche Belebung durch die
Mehrwertsteuererhöhung kaputtgemacht wird.

Man kann eigentlich nur ein Fazit ziehen: Die große
Koalition hat die haushaltspolitischen Risiken nicht ent-
schärft. Sie hat sie auf die Zukunft verlagert.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles nicht!)


Das ist verantwortungslos gegenüber der jungen Genera-
tion. Die große Koalition mit ihrer übergroßen Mehrheit
ist – das wissen wir seit acht Monaten und das spüren
auch die Bürgerinnen und Bürger, deren Zustimmung
sinkt – gemessen an ihren Taten nichts weiter als ein
kleinmütiger Verein. Das ist die traurige Wahrheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603801000

Das Wort hat nun der Bundesminister der Finanzen,

Peer Steinbrück.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603801100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Mir ist an einer eher grundsätzli-
chen Vorbemerkung gelegen, ehe ich auf einige Hin-
weise und Argumente eingehe.

Ich möchte gern eine Bemerkung zu der Debatte in
der Bundesrepublik Deutschland machen, die ich im Au-
genblick als ziemlich schrill empfinde und die gelegent-
lich auch aus unseren Reihen befeuert wird. Das ist die
Debatte – das ist vornehm ausgedrückt; denn in vielen
Fällen ist es gar keine Debatte – über die aktuelle und
die künftige Rolle des Staates und seiner Finanzie-
rung. Man kann darüber sehr engagiert diskutieren. Man
kann den Staat in seinem Ausgabeverhalten kritisieren.
Man muss den Staat in seinem Ausgabeverhalten kriti-
sieren, insbesondere in der Funktion als Opposition. Das
hat es immer gegeben und das wird es auch in Zukunft
geben.

Aber mir ist daran gelegen, darauf hinzuweisen, dass
von manchen Absendern inzwischen Vorwürfe und auch
Polemiken gegen den Staat sowie gegen seine Repräsen-
tanten in Ämtern und Mandaten gerichtet werden, die,
wie ich finde, eine neue Qualität haben und in meinen
Augen gelegentlich jene Linie überschreiten, an deren
Einhaltung auch diesen Kritikern gelegen sein sollte,
weil deren Überschreitung sich auf die demokratische
Substanz unseres Gemeinwesens auswirken könnte. Der
Staat wird als Moloch verteufelt, als jemand, der sich auf
Kosten der Steuerzahler bereichert und immer fetter
wird. Dies korrespondiert angeblich mit Sozialabbau.
Das ist definitiv nicht der Fall.


(Zuruf des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


– Entschuldigen Sie bitte, mit 70 Cent von jedem Euro
Steuern, den wir einnehmen, betreiben wir Sozialpolitik.

W
b

d
n
u
I
t
s
k

l
g
s
s
s
S
w
n
s
m

g
w
w
s
v

r
u
B
d

r
b
a
m
a
e
D
l
D
p


g
S

(C (D er angesichts dessen davon redet, dass wir Sozialabbau etreiben, der hat eine ziemlich schiefe Optik. Gelegentlich wird – nicht nur auf dem Boulevard – er Popanz, ja sogar das Feindbild eines geradezu irrsinigen Steuerstaates aufgebaut, der von den Bürgerinnen nd Bürgern mit geballter Faust gestoppt werden müsse. ch denke, es ist – auch was unsere politische Selbstachung betrifft – wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine olche Debatte für unser demokratisches Gemeinwesen ein positiver Beitrag ist. Tatsächlich ist es so, dass die Staatsquote in Deutschand sinkt. Unsere Steuerquote ist im europäischen Verleich eher unterdurchschnittlich. Ich gebe zu: Die antehenden Entscheidungen werden zur Folge haben, dass ie ungefähr das durchschnittliche Niveau der Mitgliedtaaten der Europäischen Union erreicht. Auch die taatsausgaben stagnieren; auf die verzerrenden Hineise mit Blick auf die Nettokreditaufnahme komme ich och zu sprechen. Die gegenwärtige Entwicklung widerpricht also dem, was als Schimäre aufgebaut bzw. zuindest als Vorurteil geäußert wird. Das hat Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürer. Sie alle haben den Eindruck, als würden wir verantortungslos mit Geld um uns werfen bzw. als würden ir das Geld aus dem Fenster werfen. Tatsächlich aber tagnieren die öffentlichen Ausgaben, und zwar auf den erschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften. (Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Ja, seit Jahren!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich lasse mich gerne auf eine kritische Debatte da-
über ein, ob wir das Geld zielgerichtet genug ausgeben
nd ob es effektiv eingesetzt wird. Aber angesichts der
ilder, die teilweise verbreitet werden, möchte ich in
ieser Haushaltsdebatte ein etwas anderes Bild zeichnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Man muss sich vor Augen halten, dass auch von se-
iöseren Stellen – ich rede jetzt nicht vom Boulevard –
ehauptet wird, der Staat sei gefräßig, bereichere sich,
rbeite für sein eigenes Konto – welches Konto auch im-
er das sein soll – und habe sich auf das Kassieren statt

uf das Reformieren verlegt. Mancher, Herr Koppelin,
rliegt dann der Versuchung, sogar im Rahmen dieser
ebatte um des kurzfristigen rhetorischen Effektes wil-

en Bilder vom „Kartell der Abkassierer“ zu zeichnen.
as korrespondiert nicht mit der Selbstachtung, die die
olitische Klasse eigentlich haben sollte.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind keine Klasse!)


Dann bezeichnen Sie es anders. Herr Westerwelle, re-
en Sie sich nicht über den Begriff auf, sondern über den
achverhalt, den ich vermittle.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind keine Klasse! – Ulrike Flach [FDP]: Sie regen sich doch auf!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
Es gibt einen verbreiteten Reflex gegen das Staatli-
che, der gelegentlich jedes Augenmaß und oft auch jedes
Niveau vermissen lässt. Tatsächlich ist es so, dass die
Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einen hand-
lungsfähigen Staat brauchen. Eine 80-Millionen-
Gesellschaft wie unsere ist auf intakte und politisch legi-
timierte Einrichtungen, die Spielregeln erlassen, ange-
wiesen; sonst würden wir im Chaos landen. Wir brau-
chen den Staat, weil er für seine Bürger Leistungen
vielfältiger Art erbringt.

Das fängt schon morgens an, wenn sie zur Arbeit fah-
ren und dabei den öffentlichen Nahverkehr bzw. den
Schienenpersonennahverkehr in Anspruch nehmen. Das
setzt sich fort, wenn sie ihre Kinder in Kindergärten oder
Schulen schicken wollen. Die Bürger wollen, dass Hoch-
schulen vorgehalten werden. Sie wollen, dass Polizisten
bezahlt werden. Gelegentlich wollen sie vielleicht auch
ein subventioniertes Theater besuchen. Sie wollen, dass
öffentliche Sicherheit gewährleistet wird. Sie wollen
kommunale Daseinsvorsorge. Sie brauchen Ver- und
Entsorgung. Sie möchten, dass die Bundesrepublik
Deutschland, auch im Außenverhältnis, gesichert ist. Sie
möchten, dass Sportförderung betrieben wird. Und sie
möchten, dass Kulturförderung betrieben wird. Das
muss finanziert werden – oder wir müssen Abstriche ma-
chen.


(Beifall bei der SPD)


Wenn jemand, der zum Beispiel eine andere Auffas-
sung zur Mehrwertsteuererhöhung hat, der Regierung
vor das Schienbein treten will, ist das nachvollziehbar.
Die Regierung und die Koalition werden das verschmer-
zen müssen. Das ist eine demokratische Spielregel. Aber
die Vermischung von Politikschelte und Staatskritik ist
unredlich. Ich füge hinzu: Sie ist auch gefährlich. Jeder
muss die aktuelle Politik und die Mitglieder der Bundes-
regierung kritisieren dürfen. Aber dazu muss man kein
Zerrbild unseres Staates zeichnen und die Bürger nicht
gegen den Staat in Stellung bringen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Abschließend zur Frage: Wer ist der Staat? Es wird
immer der Eindruck erweckt, als bestünde der Staat aus
irgendwelchen Leuten „da oben“ und als sei das eine
sich bereichernde und unfähige Politikerkaste. Dem leis-
ten wir sogar Vorschub, auch durch wechselseitige Vor-
würfe, die gelegentlich über das erträgliche Maß hinaus-
gehen.

Ich möchte betonen: Wir alle sind der Staat. Durch
Wahlakte haben die Bürgerinnen und Bürger die Aus-
übung staatlicher Gewalt für eine begrenzte Zeit dele-
giert und demokratisch legitimiert. Dennoch besteht der
Staat aus uns allen. Wenn wir also über das Ausgabever-
halten des Staates reden, reden wir auch über unser Ver-
halten und unsere Erwartungen. Teilweise sind die
Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Bereit-
stellung staatlicher Leistungen gewachsen. Es liegt also
nicht nur an den verrückt gewordenen Politikern, dass
uns gelegentlich manches aus dem Ruder gelaufen ist,
sondern das hat auch etwas mit nicht mehr zu bedienen-
den, weil nicht mehr zu finanzierenden Erwartungen der

B
c

s
s

s
v
l

h
b
I
d
a
d


I
k
d
p

v
d
z
i
d
s

D
H
w

d
d


W
d

W
d

(C (D ürger an die Bereitstellung kommunaler bzw. staatliher Leistungen zu tun. Ich hielt und halte es für wichtig, diesen relativ chlichten Tatbestand an den Anfang meiner Rede zu tellen. Herr Koppelin, ich war über Ihre Rede, gelinde geagt, nicht überrascht: Ich habe sie jetzt zum dritten oder ierten Mal gehört. Ich frage mich, ob wir nicht originelere Beiträge, auch im Wechselspiel, machen können. Welchen Sinn hat es, sich gelegentlich über Sachveralte auszutauschen, wenn dies auf die politische Deatte absolut wirkungslos bleibt? Frau Hajduk, ich habe hnen die Entwicklung der Nettokreditaufnahme auf as Niveau von 38 Milliarden Euro im Ausschuss und uch hier im Plenum zweioder dreimal erklärt – minestens! (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht überzeugend!)


(Beifall bei der SPD)


Entschuldigen Sie, wenn ich das sage: Das spielt bei
hnen keine Rolle. Ich habe Ihnen gesagt, dass die Netto-
reditaufnahme im Wesentlichen dadurch geprägt ist,
ass wir inzwischen ein Wachstums- und Investitions-
rogramm, ein Impulsprogramm,


(Widerspruch bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


erabschiedet haben und bereit sind, dafür mehr Geld in
ie Hand zu nehmen; das war die erste Komponente. Die
weite Komponente, die ich hier mehrmals erklärt habe,
st, dass wir von der Koalition die Einmaleffekte über
ie Zeitachse dieser Legislaturperiode, wie ich finde,
ehr vernünftig verteilt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie dritte Komponente sind Mehrkosten mit Blick auf
artz IV. Das sind die drei Komponenten, wegen deren
ir auf das Niveau von 38 Milliarden Euro kommen.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind zu klug, um das selber zu glauben!)


Herr Koppelin, Sie reden wiederholt davon, der Bun-
eshaushalt sei verfassungswidrig. Das tun Sie, weil Sie
iese Aussage in der Zeitung wieder finden wollen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Stimmt ja auch!)


Es stimmt nicht. Sie sind zwar Jurist, Herr
esterwelle, aber ich muss doch Zweifel haben, ob Sie

ie Verfassung richtig interpretieren.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ich habe es ihm erklärt! – Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Ganz tiefe Zweifel, Herr Westerwelle!)


ir überschreiten die Regelgrenze des Art. 115. Aber
as ist keineswegs verfassungswidrig. Doch Sie argu-






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
mentieren genau so, weil Sie gerne eine Zeitungsüber-
schrift „FDP hält den Bundeshaushalt für verfassungs-
widrig“ hätten.


(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Macht der Hirche doch mit in Hannover!)


Mit Blick auf die Mehrwertsteuererhöhung war ich
eher erstaunt, dass Sie nicht ganz so viele Zitate gebracht
haben wie Herr Westerwelle in den letzten Debatten. Er
war auch etwas aufgeregter in der Gestik; auch das erle-
ben wir das vierte oder fünfte Mal.


(Zuruf: Und sehr laut!)


– Auch sehr laut.

Ich stelle jetzt einmal die Gegenthese in den Raum.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Herr Professor! Herr Professor!)


Die Gegenthese lautet: Herr Westerwelle, wenn Sie tat-
sächlich dort gelandet wären, wo Sie gerne gelandet wä-
ren, nämlich in der Regierung, dann hätten Sie die Mehr-
wertsteuererhöhung mitgemacht.


(Otto Fricke [FDP]: Sie in der Opposition auch!)


Ja, Sie hätten sie mitgemacht!

Sie haben im Mai des Jahres 2005 dem ZDF ein, wie
ich finde, ganz interessantes Interview gegeben. Ich zi-
tiere aus der Zusammenfassung: Auf die Frage, ob er,
Herr Westerwelle, seine Unterschrift unter einen Koali-
tionsvertrag setzen würde, der eine Erhöhung der Mehr-
wertsteuer vorsehe, antwortete Westerwelle, er werde
nicht apodiktisch sagen: Niemals, nimmer, auf gar kei-
nen Fall und nur über meine Leiche.


(Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Was Sie uns vorhalten, auch mit Blick auf die richtige
Beschreibung der Position vor und nach der Wahl, das
ist so vorgetragen, als ob Sie sich in denselben Zwängen
befänden wie diese Koalition. Unter der Notwendigkeit,
in einer Regierung Verantwortung zu übernehmen, hät-
ten Sie diese Mehrwertsteuererhöhung genauso vorge-
nommen wie wir in dieser großen Koalition; insofern ist
vieles an Ihren Vorwürfen bigott.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das schreibt er nicht in der „Bild“-Zeitung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603801200

Herr Minister, darf der Kollege Westerwelle Ihnen

eine Frage stellen?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603801300

Bitte sehr.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1603801400

Herr Minister, zunächst einmal will ich darauf auf-

merksam machen, dass Sie bei diesem richtigen Zitat ei-
nes weglassen, nämlich die klare Aussage meiner Person

i
r
w
s
S
R

d


j

e
b

m

d

d
k
S
r
u
g
h
h
I
z

d
b

n
l

e
D
S
b

(C (D n diesem Interview – wie übrigens auch in vielen andeen Interviews –, dass wir Freie Demokraten aus volksirtschaftlichen Gründen strikt gegen eine Mehrwert teuererhöhung sind. Ich darf Sie daran erinnern, dass ie selbst als Sozialdemokrat überhaupt nur auf dieser egierungsbank sitzen – – Das haben Sie mir jetzt schon ein paar Mal gesagt; as ist doch nichts Neues. (Jürgen Koppelin [FDP]: Aber es stimmt doch!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603801500

Wiederholung, Wiederholung; so etwas haben Sie in
eder Rede gesagt.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1603801600

Herr Präsident, könnten Sie dem Minister sagen, dass

ine Zwischenfrage aus einer Frage und einer Antwort
esteht?


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603801700

Es wäre gut, wenn möglichst bald die Frage käme, da-

it auch möglichst bald die Antwort erfolgen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1603801800

Das ist natürlich wahr; ich danke Ihnen, Herr Präsi-

ent, dass Sie mir das noch einmal klar gemacht haben.

Herr Minister, ich möchte Sie fragen: Sind Sie bereit,
as ganze Zitat wiederzugeben? Und wie können Sie er-
lären, dass Sie mir heute eine Ansicht vorwerfen, die
ie selbst im Wahlkampf so oft vertreten haben? Sie wa-
en doch selbst gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer
nd sitzen auf dieser Regierungsbank doch nur, weil Sie
egen die Mehrwertsteuererhöhung Wahlkampf gemacht
aben. Darf ich Sie daran erinnern, dass meine Partei
ätte regieren können, wenn wir bereit gewesen wären,
hrer Einladung zu folgen und all die Wahlversprechen
u brechen,


(Zurufe von der SPD: Oh!)


ie wir gegeben haben, wozu wir, anders als Sie, nicht
ereit gewesen sind?


(Beifall bei der FDP – Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Immer noch Frust!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603801900

Herr Präsident, ich muss zugeben, dass ich die Frage

ach diesem längeren Beitrag von Herrn Westerwelle
eider vergessen habe.

Ich habe gar keine Mühe damit, zuzugeben, dass ich
ine Position im Bundestagswahlkampf gehabt habe.
as tue ich sofort und das habe ich auch in der letzten
itzung des Bundesrates getan. Ich habe auch zugege-
en, dass eine Mehrwertsteuererhöhung konjunktur-






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
dämpfend bzw. konjunkturschädlich ist. Die Frage ist
nur, wie das in der Abwägung mit anderen relativen
Nachteilen aussieht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Richtig!)


Ich komme dabei zu dem Ergebnis, dass diese Mehr-
wertsteuererhöhung unter den obwaltenden Bedingun-
gen das weniger Schädliche ist. Das ist das Ergebnis un-
serer Abwägung.

Bezogen auf mich habe ich Ihnen nichts vorgehalten.
Ich halte Ihnen nur vor, dass Sie hier in mehreren Reden
und auch heute wieder sehr redundant einen bestimmten
Eindruck vermittelt haben, wobei ich mir ziemlich sicher
bin, dass Sie genau so wie wir entschieden hätten, wenn
Sie dort auf der Regierungsbank sitzen würden. Das ist
mein Vorwurf an Sie.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der erste Teil des Zitats, den Sie ja nicht für falsch er-
klärt haben – den zweiten Teil besorge ich mir gerne –,
gibt Nahrung und Perspektive für die Annahme, dass Sie
sich so wie wir eingelassen hätten. Darauf will ich vor
dem Hintergrund Ihrer wiederholten Darstellung bis hin
zu dieser Fragestellung hinaus.

Meine Damen und Herren, diese Lesung eines Haus-
haltes ist die erste seit sehr langer Zeit, die mitten in ei-
nem stabilen Konjunkturaufschwung stattfindet. Das
ist anders als in den vergangenen Jahren. Die Stimmung
in der deutschen Wirtschaft ist so gut wie seit 16 Jahren
nicht mehr. Das sagen mehrere Protagonisten, insbeson-
dere auch der DIHK. Die zentralen konjunkturellen
Kennziffern, der Ifo-Geschäftsklimaindex und der Kon-
sumklimaindex, die Zahlen für die Gesamterzeugung
des produzierenden Gewerbes, die Ausrüstungsinvesti-
tionen und die Auftragseingänge sowie der Export haben
seit Monaten eine klare Tendenz nach oben mit anhal-
tend positiven Prognosen.

Ich will nicht missverstanden werden und schon gar
nicht behaupten, dass die Politik der Bundesregierung
diese positive Entwicklung ausgelöst hat.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Oder dass das Michael Glos war!)


Das war nie unser Anspruch. Wir nehmen den Mund hier
nicht zu voll; aber ich nehme für die Bundesregierung
und für die große Koalition in Anspruch, dass wir einen
wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das so ist. Das sage
ich mit dem gebotenen Selbstbewusstsein.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es zeigt sich zunehmend, dass die von uns vertretene
Doppelstrategie für den Haushalt 2006 und 2007 richtig
ist, nämlich in 2006 alles zu tun, um die Konjunktur zu
unterstützen, und alles zu unterlassen, was den konjunk-
turellen Verlauf auf der Einnahme- und der Ausgaben-
seite beschädigen oder eintrüben könnte, um 2007 einen
konsolidierten Haushalt und eine in der Tendenz weiter
konsolidierende mittelfristige Finanzplanung vorzule-
gen. Das heißt, in der Logik der Politik der Bundesregie-
rung gehört beides zusammen, weshalb ich häufig von
der doppelten Tonlage spreche, nämlich auf der einen

S
d
d
d
s
r
a
c

s
M
u
a
k
3
r
H
r

D
s
d
z

D
D
l
a
B

m

W
u
a
r
B
K
k
f
z
z
t
b

K
d
g
b
s
d
K
Z
g
n
k

(C (D eite Wachstum und Impulse zu geben – nicht zuletzt urch ein Programm von 25 Milliarden Euro, das durch ie Länder um weitere 12 Milliarden Euro und durch die adurch ausgelösten privaten Investitionen ergänzt wird, odass wir über mehr als nur über die 37 Milliarden Euro eden, die staatlich in Gang gesetzt wurden – und auf der nderen Seite eine notwendige Konsolidierung zu erreihen. Frau Hajduk, bezogen auf Ihre Einlassung bin ich ertaunt. Sie sagten, wir könnten im Jahre 2006 das aastrichtkriterium von unter 3 Prozent erreichen, nd Sie fragten, warum die Bundesregierung das nicht nstrebe. Die Antwort lautet: Ja, am Ende dieses Jahres önnten wir dieses Maastrichtkriterium von unter Prozent erreichen. Aber wenn sich die Bundesregie ung dies zum Ziel gesetzt hätte, dann hätte sie bei der aushaltsverabschiedung im Februar korrespondie ende Maßnahmen nach Brüssel berichten müssen. (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das hätten Sie in der Tat machen müssen!)


iese hätten wir auch ergreifen müssen. Unsere unter-
chiedliche Einschätzung besteht darin: Dadurch wäre
as Kriterium verletzt worden, die Konjunktur nicht ein-
utrüben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


as ist ein ganz unterschiedlicher inhaltlicher Ansatz.
en kann man bewerten, aber bitte nicht mit Unterstel-

ungen gegenüber der Bundesregierung arbeiten. Das ist
usgesprochen vorsätzlich. Ich halte die Politik dieser
undesregierung für das Jahr 2006 für absolut richtig.

Die große Koalition kann für sich in Anspruch neh-
en, dass wir niemandem etwas vormachen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Außer euch selbst!)


ir haben eine realistische Bestandsaufnahme gemacht
nd wir rechnen sehr konservativ bezüglich dessen, was
uf uns zukommt. Wir rechnen uns nicht gesund und wir
echnen nicht zweckoptimistisch. Es kann sein, dass die
undesregierung am Ende dieses Jahres wirtschaftliche
ennziffern – auch Haushaltskennziffern – vertreten
ann, die besser sind als heute. Ich würde mich darüber
reuen, weil die Bundesregierung dem Publikum dann
um ersten Mal seit langem sagen könnte, dass sie sich
ugunsten der Konjunktur, des Wachstums, der Beschäf-
igung und des Haushalts geirrt hat, was sehr vertrauens-
ildend wäre.

An dieser Stelle möchte ich den Kolleginnen und
ollegen aus den Koalitionsfraktionen sehr herzlich
anken, die das parlamentarische Verfahren sehr en-
agiert, kritisch und konstruktiv gestaltet haben. Sie ha-
en bereits im Februar 2006 ein solides haushaltspoliti-
ches Fundament gelegt. Die Änderungen gegenüber
em Regierungsentwurf sprechen für den Ehrgeiz dieser
oalition, Gutes besser zu machen und selbst gesteckte
iele sogar noch zu überbieten. Die Beispiele sind Ihnen
eläufig: Die Nettokreditaufnahme wird um 110 Millio-
en Euro geringer ausfallen. Der moderate Ausgaben-
urs wird fortgesetzt. Die globalen Minderausgaben






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
werden um nicht weniger als fast ein Drittel weiter redu-
ziert; das sind immerhin 500 Millionen Euro. Ich freue
mich, dass wir damit unsere Konsolidierungsziele noch
stärker übertroffen haben, als es in dem Regierungsent-
wurf festgehalten war. Herzlichen Dank dafür!

Ich möchte auch bestätigen, dass die Koalitionsfrak-
tionen einem möglichen Vorurteil begegnet sind, näm-
lich dass eine so große Mehrheit eher zu Bequemlich-
keit, vielleicht auch zu Überbietungswettbewerb und zu
Selbstzufriedenheit neigen könnte. Das tut sie nicht. Da-
mit hat diese große Koalition ein wichtiges Signal ge-
setzt.

Sie hat sich den Realitäten gestellt. Das kann ich von
den Vorschlägen der Opposition nicht behaupten.


(Widerspruch bei der FDP)


– Ich gehe auf einiges ein. Die FDP hat Vorschläge mit
einem Einsparvolumen von 9,4 Milliarden Euro ge-
macht, die Grünen – helfen Sie mir, Frau Hajduk – for-
dern Einsparungen von 6 Milliarden Euro; da bin ich mir
nicht ganz sicher.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einnahmeseitig!)


– Gut, wie auch immer. Die Linkspartei möchte gerne
1 Milliarde Euro draufsatteln. Sie möchte also den
Schuldenstand in der Bundesrepublik Deutschland noch
weiter erhöhen. Aber das ist Utopia 2006.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Falsch nachgerechnet!)


Ihren Ehrgeiz, noch mehr einzusparen, liebe Kollegen
von der FDP und den Grünen, in allen Ehren, aber es
muss auch realistisch sein. Mehrere Redner der Koali-
tion haben bereits darauf hingewiesen: Was Sie vorle-
gen, ist nicht realistisch. Ich muss nicht wiederholen,
was Sie hinsichtlich des Verteidigungsetats vorschlagen:
Die FDP will 1,1 Milliarden Euro, die Grünen wollen
fast 500 Millionen Euro und die Linkspartei will sogar
2,6 Milliarden Euro einsparen. Dies ist auch vor dem
Hintergrund der internationalen Verpflichtungen der
Bundesrepublik Deutschland und mit Blick auf die Kon-
sequenzen für die Soldaten und Soldatinnen, aber auch
in Bezug auf Verträge mit Erfüllungsansprüchen, die wir
nicht so einfach kündigen können, nicht zu realisieren.
Dasselbe gilt für Ihre Vorschläge, die Wohnungsbauprä-
mien und die Beiträge für nationale und internationale
Organisationen zu kürzen, sowie diverse andere Punkte.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen denn den Unsinn aufgeschrieben?)


Sie sind schlicht und einfach nicht realitätsfest, sondern
irrational.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603802000

Herr Minister, würden Sie eine weitere Zusatzfrage

des Kollegen Dr. Dehm zulassen?

d

D

4
F
L
p

d
G
s
a
w
P
f
d
d
d
g
I
z
U

u
B
v
n
g
W


R
i

n
s
D
s
k
1

d
v
K
f
f

(C (D Nein, ich habe nur noch sehr wenig Redezeit. Außer em bin ich jetzt ganz gut in Schwung. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Selbsteinschätzung!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603802100

eswegen möchte ich gerne weitermachen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Dasselbe gilt auch für die Arbeitsmarktpolitik. Hier
Milliarden Euro einzusparen, wie es, glaube ich, die
DP vorschlägt – sie ist einer der Lieblingsgegner der
angzeitarbeitslosen –, hieße, die aktive Arbeitsmarkt-
olitik massiv zu kürzen. Das ist völlig irrational.

Ähnliches gilt für Forderungen nach Kürzungen bei
en Kohlesubventionen. Hier möchte ich in keine
rundsatzdebatte einsteigen. Vielmehr möchte ich

chlicht und einfach darauf hinweisen, dass die FDP,
usgestattet mit juristischem Sachverstand, darüber hin-
eggeht, dass es bindende Zuwendungsbescheide in der
erspektive bis 2008 gibt. Sie aber machen Vorschläge
ür 2006. Irgendjemand in Ihren Reihen müsste Ihnen
och sagen, dass Rechtsansprüche entstanden sind und
ass das, was Sie vorschlagen, jenseits einer Grundsatz-
ebatte über die Kohle, nicht zu erreichen ist. Etwas um-
angssprachlicher formuliert und hoffentlich ohne eine
ntervention des Herrn Bundestagspräsidenten nach sich
u ziehen: Das, was Sie vorgelegt haben, ist schlichter
nsinn!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dasselbe lässt sich bei den Vorschlägen der Grünen
nd auch der Linkspartei nachweisen. Ich will nur zwei
eispiele nennen. Das erste Beispiel ist die Rückzahlung
on Zuschüssen für den Steinkohleabsatz, den die Grü-
en wegen gestiegener Weltmarktpreise fordern. Hierzu
ibt es nicht einmal eine abgeschlossene Abrechnung.
ie können Sie dann so etwas fordern?


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch mal! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war 2003! Darauf warten wir noch heute!)


Entschuldigen Sie bitte, aber wir müssen die normale
eihenfolge einhalten. Das, was Sie in die Welt setzen,

st populistisch.

Das zweite Beispiel: Die Linkspartei will höhere Ein-
ahmen von 1,25 Milliarden Euro aus dem Maut-
chiedsgerichtsverfahren in den Haushalt einstellen.
as klingt fantastisch, hat aber einen Pferdefuß: In die-

em Jahr ist in dieser Auseinandersetzung überhaupt
ein Urteil zu erwarten. Wie können Sie dann
,25 Milliarden Euro einstellen wollen?

Keiner der Vorschläge von der FDP, den Grünen und
er Linkspartei sowieso nicht würde das Problem des
erfassungswidrigen Haushalts lösen, den uns Herr
oppelin vorwirft. Auch Ihre Vorschläge würden dazu

ühren, dass nach Ihrer Interpretation der Haushalt ver-
assungswidrig wäre.


(Joachim Poß [SPD]: Ja!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
Ich finde es faszinierend: Sie stellen sich hier hin und
kritisieren die Bundesregierung dafür, dass sie einen ver-
fassungswidrigen Haushalt vorlegt. Aber sehr schnell
kommt man zu dem Ergebnis, dass Sie ebenfalls die Re-
gelgrenze nach Art. 115 des Grundgesetzes verletzen
würden. Diese Logik ist faszinierend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Joachim Poß [SPD]: Dieser logische Schritt fehlt ihnen!)


Noch eine Zwischenbemerkung, Herr Koppelin.
Wenn man einmal einen Weg eingeschlagen und seinen
Stil gefunden hat, dann sollte man dabei bleiben. Das
heißt, wenn Sie mir und der Bundesregierung vorwerfen,
wir würden Gammelfleisch verteilen, dann sollten Sie
dem Hersteller nicht anschließend die Hand reichen wol-
len. Das passt nicht zusammen.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt nur zwei Erklärungen dafür, dass Sie solche
Vorschläge machen, die erkennbar nicht realitätsfest
sind. Die erste lautet: Sie wissen es nicht besser. Aber in
Wertschätzung Ihrer intellektuellen Kapazitäten weise
ich das mit dem Ausdruck des Abscheus und der Empö-
rung zurück. Die zweite lautet: Sie wissen es besser, aber
Sie stellen sich ahnungslos. Damit haben Sie sich aller-
dings ein Armutszeugnis ausgestellt. Ich kann mit diesen
Vorschlägen nichts anfangen.

Erlauben Sie mir zum Schluss einige Bemerkungen
zum Haushaltsbegleitgesetz. Ich bin dem Bundesrat
dankbar, dass er dem Gesetz am vergangenen Freitag zu-
gestimmt hat. Damit wird ein Kernbestandteil unserer
Strategie zur Konsolidierung der Haushalte – ich rede
von den öffentlichen Haushalten insgesamt – herbeige-
führt. Ich erinnere daran, dass dies nicht nur mit Blick
auf den Bundeshaushalt nötig ist. Es gibt sieben oder
acht Länder, die im Aufstellungsverfahren die Regel-
grenze ihrer Verfassungen verletzen. Die wenigen
Länder, die das Haushaltsbegleitgesetz im Bundesrat ab-
gelehnt haben, haben das in einer Haltung der hoff-
nungsvollen Verweigerung – nach dem Motto „Hoffent-
lich stimmen die anderen zu“ – getan.


(Heiterkeit bei der SPD)


Das stimmt leider insbesondere für das Bundesland, in
dem ich zu Hause bin und für das ich längere Zeit Ver-
antwortung gehabt habe.


(Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Herr Rüttgers!)


– Nicht mehr. Damit habe ich keine Mühe.

Ich will an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass
für die Bundesregierung – ich sage das gezielt wegen
mancher Pressespekulationen, die offenbar immer aufs
Wochenende fallen – die beiden Ziele für 2007 und die
Folgejahre, die Regelgrenze des Art. 115 des Grundge-
setzes einzuhalten und das Maastrichtverfahren zu be-
streiten, sodass wir wieder von den Auflagen entlastet
werden, für uns von konstitutiver Bedeutung sind. An

d
d

k
u
h
k
s
d
g
a

G
O
h
ß
d
w
r
i
l
r

k
e
d
A
d
g
w
l
s

W
d
v
S



w
d
s
i
d
u

(C (D iesen Zielen wird nicht gewackelt. Glauben Sie nicht en Zeitungsartikeln; glauben Sie mir! (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es liegen schwere Brocken vor uns. Deshalb ist es
ein Widerspruch, Herr Koppelin, über Risiken zu reden
nd trotzdem nach bestem Wissen und Gewissen Haus-
alts- und Finanzpolitik zu betreiben. Wir sind von Risi-
en umzingelt, um dieses Verb aufzugreifen. Man muss
ie kennen, um verantwortliche Politik zu machen. Man
arf sich nicht von ihnen erdrücken lassen. Im Übrigen
leichen sich gelegentlich manche dieser Entwicklungen
us.

Ich will aber kein Hehl daraus machen, dass mit der
esundheitsreform, der Unternehmensteuerreform, der
ptimierung der Arbeitsmarktpolitik und dem Haus-
altsentwurf 2007, den das Kabinett am 5. Juli beschlie-
en will, schwere Brocken vor uns liegen. Insbesondere
er Bundeshaushalt 2007 ist von erheblicher Bedeutung,
enn die Konsolidierungsmaßnahmen – auch und ge-

ade durch die Mehrwertsteuererhöhung – greifen. Dabei
st es in gewisser Weise beispielgebend, in welcher Ton-
age und mit welchen Absichten wir über dieses Thema
eden.

In den meisten Debatten geht verloren – damit
omme ich zum Schluss –, dass bei der Mehrwertsteuer-
rhöhung die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Bun-
esrepublik Deutschland durch die Absenkung der
rbeitslosenversicherungsbeiträge um 14,4 Milliar-
en Euro entlastet werden. Frau Hajduk hat das infrage
estellt, nach dem Motto „Die Menschen ahnen schon
ieder etwas“. Die Menschen ahnen aber nichts. Mög-

ich ist höchstens, dass Sie ihnen etwas einreden und un-
er Vorhaben in Zweifel stellen.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie erhöhen doch die Rentenbeiträge!)


as die Menschen glauben und wie viel Vertrauen sie zu
em fassen, was wir in der Politik entscheiden, ist auch
on Ihrer öffentlichen Rede abhängig und davon, wie
ie an manche Punkte herangehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und von Ihrer Ehrlichkeit, Herr Steinbrück! Ihre Selbstgefälligkeit hilft Ihnen heute auch nicht weiter!)


Das ist keine Selbstgefälligkeit.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603802200

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603802300

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Haushaltsent-

urf in der vorgesehenen Fassung verabschieden wür-
en. Ich darf Ihnen in Aussicht stellen, dass wir dann
ehr schnell – nämlich gleich nach der Sommerpause –
n die nächsten Haushaltsberatungen hineingehen wer-
en. Ich freue mich, wenn ich Ihnen dabei wieder Rede
nd Antwort stehen darf.

Herzlichen Dank.






(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jürgen Koppelin [FDP]: Antworten haben Sie in Ihrer Rede nicht gegeben!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1603802400

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort der Kollege

Dr. Dehm, Fraktion Die Linke.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603802500

Herr Bundesminister, wenn Sie darum bitten, Ihnen

zu glauben, dann sollten Sie bedenken, dass es den Glau-
ben erschüttern könnte, wenn Sie so mit Zahlen umge-
hen, wie Sie mit Zitaten des Kollegen Westerwelle um-
gegangen sind, und wenn Sie eine Zwischenfrage mit
dem Hinweis auf Ihre beschränkte Redezeit nicht zulas-
sen. Dabei weiß doch sicherlich jeder, der dieser Debatte
zuhört, dass eine Zwischenfrage und die Antwort darauf
nicht auf die Redezeit angerechnet werden. Das erschüt-
tert dann auch ein bisschen Ihre Glaubwürdigkeit.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er doch gar nicht gesagt! – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Wahrheitsverdreher!)


Ich will Ihnen jetzt meine Fragen stellen. Sind Sie be-
reit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Linkspartei in al-
lererster Linie an der Einnahmesituation des Staates inte-
ressiert ist?


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir in
diesem Zusammenhang immer darauf hingewiesen ha-
ben, dass Sie und auch Ihre Vorgängerregierung willkür-
lich und bewusst den Staat verarmen, indem Sie auf
Steuereinnahmen verzichten? Sind Sie darüber hinaus
bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Freistellung
von Veräußerungsgewinnen der Staatskasse sowohl
unter der Vorgängerregierung und als unter der jetzigen
Regierung – daran waren Sie, Herr Steinbrück, nicht
ganz unbeteiligt – Milliarden entzogen hat?

Darf ich Sie fragen, wie es in diesem Land ankommt,
wenn man um Steuerehrlichkeit sowie die Vertrauens-
würdigkeit und die Verbindlichkeit unseres Steuersys-
tems wirbt und wenn gleichzeitig ein Mensch wie Franz
Beckenbauer – wir sollten bei Steuermeidung nicht nur
über die Deutsche Bank, Daimler oder BMW reden –,
der seinen Wohnsitz in Kitzbühel hat und ständig mit der
Bundeskanzlerin gesehen wird, in Deutschland keine
Steuern zahlt?


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Jetzt wird es ganz peinlich!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603802600

Herr Steinbrück, möchten Sie darauf antworten? –

Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Hermann
Otto Solms, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


u
S
r
s

D
g
s
s
l
z
i
e
A
t
d
v
z
M

D
2
r

D
m
m
S
A
n
h
d
1
ü
k

d
e
S
t
g
A
I
t
w
D
s
d
s

(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Ich werde unabhängig davon, welche chulnote ich nun für Betragen oder Ausdruck von unseem neuen Schulmeister Peer Steinbrück bekomme, das agen, was ich für richtig halte. (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603802700

as ist schließlich die Aufgabe der Opposition. Im Übri-
en lohnt es sich, über bestimmte Grundsatzfragen zu
treiten. Wenn beispielsweise die Mehrheit der deut-
chen Bevölkerung den Eindruck hat, dass in Deutsch-
and Nichtarbeit durch den Staat und seine Instrumente
u stark gefördert und Arbeit zu stark belastet wird, dann
st das ein Grund, darüber zu streiten und zu fragen, ob
ine bessere Justierung möglich ist. Es ist gerade die
ufgabe der Regierung, die aus ihrer Sicht richtige Jus-

ierung vorzunehmen, und die Aufgabe der Opposition,
ort zu kritisieren, wo etwas zu kritisieren ist. Es gibt
iele Beispiele, über die es sich lohnt zu streiten, und
war auch heftig; denn es geht um das Schicksal der
enschen in diesem Land.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch nach den Haushaltsberatungen bleibt es dabei:
er Bundeshaushalt 2006 und die Finanzplanung bis
009 sind eine einzige finanzpolitische Bankrotterklä-
ung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


afür trägt die Regierung Merkel/Müntefering nun ein-
al die Verantwortung und nicht die Opposition, der
an gerne die Verantwortung zuschieben will. Das, was
ie hier vorlegen, ist kein Zukunftsentwurf, sondern ein
rmutszeugnis. Die Neuverschuldung übersteigt sogar
och die im letzten Haushalt von Hans Eichel vorgese-
ene Nettokreditaufnahme um 7 Milliarden Euro und
en Wert in der mittelfristigen Finanzplanung um
6 Milliarden Euro. Es ist dreist und unehrlich gegen-
ber den Bürgern, dies als Erfolg und Neuanfang zu ver-
aufen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen bleibt alles wie gehabt: noch mehr Schul-
en und keine Korrektur an der ungezügelten Ausgaben-
rweiterung. Geschönt werden soll die katastrophale
ituation durch als Haushaltsentlastung titulierte vielfäl-

ige Steuererhöhungen. Damit werden alle Anstrengun-
en zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums und zur
nkurbelung der Binnenkonjunktur zunichte gemacht.

m Übrigen beruhen die Maßnahmen auf einem eklatan-
en Wahlbetrug der beiden regierenden Parteien. Darauf
erden wir die nächsten drei Jahre ständig hinweisen.
as ist unsere Pflicht; denn wir müssen uns dem Wähler

tellen und ihm gegenüber ehrlich sein. Wir dürfen nicht
as Gegenteil von dem tun, was wir im Wahlkampf ver-
prochen haben.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms
Mittelfristig verschlechtern sich die Aussichten für
mehr Wachstum und eine nachhaltige Haushaltskonsoli-
dierung, weil die Zahl der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten weiter zurückgehen wird. Damit fallen
noch mehr Menschen als Steuer- und Beitragszahler aus.
Wenn Sie die aktuelle Ausgabe des „Spiegel“ lesen,
dann stellen Sie fest, dass die verbesserte Arbeitslosen-
statistik nicht auf tatsächlichen Entwicklungen beruht,
sondern auf statistischen Manipulationen. Die momen-
tane Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist saisonüblich.
Sie sollten also nicht so große Töne spucken. Wir sind
weiterhin in einer beängstigenden Situation, was die Ar-
beitslosigkeit betrifft.

Ich will auf einige wesentliche Punkte des Bundes-
haushalts hinweisen. Erstens. Der Bundeshaushalt 2006
ist vorsätzlich verfassungswidrig. Zu diesem Schluss
kommen auch Sie, wenn Sie Art. 115 des Grundgesetzes
richtig lesen. Wenn Sie anderer Meinung sein sollten,
dann empfehle ich: Warten wir doch einmal ab, was das
Bundesverfassungsgericht dazu sagt! Es ist aufgefor-
dert, ein endgültiges Urteil zu fällen. Der Bezug auf die
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
scheint mir jedenfalls bei einem Wachstum von 1,6 bis
2 Prozent weit hergeholt zu sein.

Zweitens. Die Bundesregierung legt zum fünften Mal
und in voller Absicht einen stabilitätswidrigen Haus-
halt vor, obwohl – bei ohnehin steigenden Steuereinnah-
men – die Lücke durch entschlossene Sparanstrengun-
gen ohne weiteres zu schließen wäre. Dazu haben die
Haushälter der FDP ein „Sparbuch“ vorgelegt. Wir wol-
len zeigen, dass wir bereit sind, auch unbequeme Einspa-
rungen zu verlangen und dafür geradezustehen. Wir
glauben, dass wir das im Hinblick auf die Gesamtverant-
wortung tun müssen.


(Beifall bei der FDP)


Drittens. Trotz vollmundiger Sparversprechungen
steigen die Bundesausgaben von 2006 bis 2009 weiter
um 13,6 Milliarden Euro an. Von einem Sparhaushalt
kann also keine Rede sein.

Viertens. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts
hat die Bundesregierung völlig aus den Augen verloren.
Selbst in den Folgejahren bis 2009 verharrt die mittel-
fristige Finanzplanung bei einer Neuverschuldung von
mehr als 20 Milliarden Euro. Die Schuldenlast, die un-
sere Kinder und Enkel zu tragen haben, steigt kontinu-
ierlich weiter.

Fünftens. Der Investitionsverfall findet in der mittel-
fristigen Finanzplanung seine Fortsetzung. Die Investi-
tionsquote sinkt von 8,9 auf 8,5 Prozent im Jahre 2009.
Ich erinnere daran: Im Jahre 1998 lag die Investitions-
quote noch bei 12,5 Prozent. Daran sehen Sie, was die
rot-grüne Regierung und jetzt die schwarz-rote Regie-
rung getan bzw. unterlassen hat.

Sechstens. Die in vielen Gesetzen unter harmlosen
Bezeichnungen verborgenen direkten und indirekten
Steuern und Abgaben sind unsozial, wirtschaftsfeind-
lich und arbeitsplatzvernichtend. Das brauchen Sie mir
nicht zu glauben; das wird die wirtschaftliche Entwick-
lung in den nächsten Jahren beweisen. Die Gesetze

h
l
S
z
D

n
b
w
r
I

b
d
2
3
K
5
E
D
g
e
u
e
d
A
b
E
z
m

R
E
n

A
s
d
d
E

f
F
5
d
c
l

e
c
B
V
2
m
w

(C (D eißen beschönigend: Gesetz zum Einstieg in ein steueriches Sofortprogramm, Haushaltsbegleitgesetz, teueränderungsgesetz usw. Niemand, der diese Beeichnungen hört, befürchtet, dahinter verberge sich ramatisches. Ebendies ist aber der Fall. Ich wette, dass die Abgeordneten der Koalition gar icht mehr wissen, welche Mehrbelastungen sie schon eschlossen haben oder dabei sind zu beschließen. Desegen will ich Ihnen die Freude machen, das in Erinne ung zu rufen. So können Sie sich das einprägen und vor hren Wählern Rechenschaft ablegen. Die Verbraucher, insbesondere die Familien, werden elastet. Erhöhung der Mehrwertsteuer: 12,36 Milliaren Euro; Erhöhung der Versicherungsteuer: knapp Milliarden Euro; Abschaffung der Eigenheimzulage: ,5 Milliarden Euro; Gewährung von Kindergeld und inderfreibetrag nur noch für Kinder unter 25 Jahren: 34 Millionen Euro; Tausch von Erziehungsgeld gegen lterngeld. Dazu ist noch etwas Besonderes zu sagen. as Erziehungsgeld in Höhe von 1,9 Milliarden wird abeschafft, dafür wird mit 4 Milliarden das Elterngeld ingeführt. Allerdings bezahlen die Eltern das doppelt nd dreifach, zum Beispiel über die Mehrwertsteuerrhöhung, über die Kürzungen beim Kindergeld, über ie Erhöhung bei der Versicherungsteuer und weitere bgabensteigerungen. Abschaffung des Sonderausgaenabzugs für Steuerberatungskosten: 600 Millionen uro. Das ist besonders elegant: Einerseits verkompliiert man das Steuerrecht weiter, andererseits streicht an die Steuerabzugsfähigkeit von Beraterkosten. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


eduzierung des Sparerfreibetrages: 750 Millionen
uro; Besteuerung von Kohle als Heizstoff: 33 Millio-
en Euro.

Für die Wirtschaft: Abschaffung der degressiven
fA für den Wohnungsbau: 150 Millionen Euro; Be-

chränkung der Verlustverrechnung bei Steuerstun-
ungsmodellen: 2,135 Milliarden Euro; Verschärfung bei
er Gewinnermittlung für Freiberufler: 500 Millionen
uro.

Für die Arbeitnehmer: Abschaffung des Freibetrages
ür Abfindungen: 450 Millionen Euro; Abschaffung des
reibetrages für Heirats- und Geburtsbeihilfen:
0 Millionen Euro; Abschaffung der Aufwendungen für
as häusliche Arbeitszimmer: 300 Millionen Euro; Rei-
hensteuer für gutverdienende Arbeitnehmer: 1,3 Mil-
iarden.

Schließlich die Autofahrer, zusätzlich zu den Steuer-
rhöhungen – insbesondere der Mehrwertsteuer –: Strei-
hung der Entfernungspauschale: 2,53 Milliarden Euro;
esteuerung von Biokraftstoffen: 370 Millionen Euro;
erschärfung der Einprozentregelung für Dienstwagen:
55 Millionen Euro – wobei man auch noch bedenken
uss, welches Chaos in den Vorschriften bei der Dienst-
agenregelung besteht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms
Allein um das richtig zu machen, braucht man einen
Steuerberater.

Hinzu kommt der so genannte Gesundheitssoli. Da-
hinter verbirgt sich eine weitere Einkommensteuer, ver-
mutlich – je nach Ausgestaltung – in Höhe von 14 bis
16 Milliarden Euro.

Zu der geplanten Einschränkung des Ehegattensplit-
tings wird es nicht kommen, auch wenn dies immer wie-
der gefordert wird. Eine solche Einschränkung ist ganz
einfach verfassungswidrig. Ich verstehe nicht, wie der
CDU-Generalsekretär, der Volljurist ist, so einen Unsinn
in die Welt setzen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie einmal näher erklären, warum das verfassungswidrig ist?)


– Das kann ich Ihnen erklären. In Art. 9 des Grundgeset-
zes ist die Vereinigungsfreiheit verankert. Wenn zwei
Personen sich zusammentun und beispielsweise eine of-
fene Handelsgesellschaft bilden, dann werden sie so wie
beim Ehegattensplitting besteuert. Man darf ein Ehepaar,
das nach Aussagen des Verfassungsgerichts eine Er-
werbs- und Verbrauchsgemeinschaft bildet, nicht
schlechter stellen als andere Erwerbsgemeinschaften.
Das gebietet der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des
Grundgesetzes. So einfach ist der Zusammenhang. Eine
Abschaffung des Ehegattensplittings ist schlicht verfas-
sungswidrig. Ein Blick ins Gesetzbuch – in diesem Fall
ins Grundgesetz – erleichtert die Rechtsfindung auch in
diesem Fall.


(Beifall bei der FDP)


Schließlich – das ist der Höhepunkt – die zusätzlichen
Sozialabgaben, die 13. Abgabe in diesem Jahr, einmalig
20 Milliarden Euro. All das führt dazu, dass in den
nächsten drei Jahren dieser Legislaturperiode Kaufkraft
in einem Volumen von 120 Milliarden Euro abgeschöpft
wird und das wird – Sie können die ökonomischen Ge-
setze nicht außer Kraft setzen – zu einer entsprechenden
Dämpfung, zu einer Schwächung des Wachstums und zu
mehr Arbeitslosen führen. Damit werden sich die Löcher
in den öffentlichen Haushalten weiter öffnen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603802800

Als Nächster hat der Kollege Otto Bernhardt, CDU/

CSU-Fraktion, das Wort.


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1603802900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Finanzpolitik der großen Koalition hat sich
das Ziel gesetzt, zwei Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen:
einmal die Stärkung der Wachstumskräfte der Wirtschaft
und zum Zweiten eine nachhaltige Haushaltskonsolidie-
rung. Ich sage sehr deutlich: Es wäre natürlich einfacher,
auch einfacher darstellbar, wenn wir uns nur ein Ziel,
etwa die Haushaltskonsolidierung oder die Förderung
der Wachstumskräfte, gesetzt hätten; aber das geht nicht.

d
h
S
s
d

E
r
L
i
s
l
H
s
n

A
B
v

A
w
E
s
d
9
b
S
d
B

D
n
g
r

w
z
w
s
c
b
f
v
l

k

(C (D Dieser Konflikt wird bei dem auch heute immer wieer angesprochenen Thema der Mehrwertsteuererhöung offensichtlich. Ein Drittel der Mittel durch diese teuererhöhung ist ein Beitrag zur Stärkung der Bechäftigung; dieses Drittel ist bekanntlich bestimmt, um ie Lohnnebenkosten zu senken. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht ihr doch gar nicht! Wo konsolidieren Sie?)


in weiteres Drittel dieser Mittel ist für die Konsolidie-
ung der Finanzen der Länder vorgesehen; die meisten
änder haben diese Mittel sehr nötig. Das letzte Drittel

st für die Konsolidierung des Bundeshaushalts be-
timmt. Ich sage ganz klar: Es gibt keine andere Mög-
ichkeit, unser Ziel zu erreichen, im Jahre 2007 einen
aushalt vorzulegen, der eine Neuverschuldung vor-

ieht, deren Umfang nicht höher ist als der der Investitio-
en.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt immer mehrere Möglichkeiten!)


n der Erhöhung der Mehrwertsteuer führt bei solider
etrachtung – ich sage es sehr deutlich – leider kein Weg
orbei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe gesagt: Wir haben uns das Ziel gesetzt, zwei
ufgaben gleichzeitig zu erfüllen. Ich will darauf hin-
eisen, wie es mit den Zielen aussieht. Ich habe den
indruck, dass mancher, der von öffentlichen Finanzen
pricht, nicht weiß, wie es um sie bestellt ist. Die Bun-
esebene nähert sich einer Gesamtverschuldung von
00 Milliarden Euro. Unsere jährlichen Zinszahlungen
etragen annähernd 40 Milliarden Euro. Das ist die
ituation. Dass wir angesichts dessen gezwungen sind,
ie Sanierung des Haushalts in den Mittelpunkt unserer
etrachtungen zu stellen, dürfte klar sein.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts macht ihr 2006!)


ie Sanierung des Haushalts ist – auch bezogen auf die
ächste Generation; Vorredner haben es gesagt – drin-
end notwendig. Wir müssen den Haushalt konsolidie-
en; sonst betreiben wir auf Dauer keine solide Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es wird dabei ein Weiteres vergessen. Wenn es uns
irklich gelingt, eine Nettoneuverschuldung von 2,9 Pro-

ent zu erreichen, halten wir alle uns schon für gut; das
ären wir auch. Nur, unserer Ziel ist natürlich – das

teht im Maastrichtvertrag –, langfristig einen ausgegli-
henen Haushalt vorzulegen. Ein Bundesland hat das
isher geschafft – das wollen wir an dieser Stelle einmal
esthalten –: Bayern hat einen ausgeglichenen Haushalt
orgelegt. Bis wir dieses Ziel erreichen, dauert es sicher-
ich noch länger.

Zum zweiten Ziel, der Förderung der Wachstums-
räfte. Ich will nicht so sehr in die Vergangenheit gehen






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
– das bringt uns nicht weiter –, nur so viel: Sie alle wis-
sen, dass Deutschland, aus welchem Grund auch immer,
seit einer Reihe von Jahren in der EU zu den Ländern
mit den geringsten Wachstumsraten gehört. Sie wissen
auch, dass die Arbeitslosigkeit bei uns im EU-Vergleich
eher im oberen Drittel liegt. Das heißt, auch dieses Ziel,
hier zu einer Verbesserung zu kommen, dürfen wir nicht
vernachlässigen. Wir haben für die Erreichung dieses
Ziels ein 25-Milliarden-Programm aufgelegt. Wir versu-
chen wirklich, beiden Zielen gerecht zu werden.

Jetzt zum Ergebnis. Wir alle neigen ein bisschen
dazu, die Dinge schlecht zu reden; die Presse hilft zum
Teil dabei. Wenn ich mir allerdings die objektiven Zah-
len zur Arbeitslosigkeit – daran werden wir am stärks-
ten gemessen – anschaue, dann stelle ich fest, dass es im
Mai dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr einen Rück-
gang um 350 000 gibt. Das ist der größte Rückgang seit
vielen Jahren.

In diesen Tagen hat das renommierte Weltwirtschafts-
institut in Kiel seine Prognosen für das Jahr 2007 vorge-
legt. Das Weltwirtschaftsinstitut kommt zu dem Ergeb-
nis, dass wir 2007 in Deutschland im Durchschnitt
4,3 Millionen Arbeitslose haben werden. Im letzten Jahr
waren es noch 4,8 Millionen. Das ist ein Rückgang um
500 000. Wir können heute sagen: Die Wende am Ar-
beitsmarkt haben wir geschafft, auch wenn an diesem
Punkt noch viel vor uns liegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803000

Sie möchten die Zwischenfrage vom Kollegen

Dr. Solms zulassen.


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1603803100

Gern. Zwischenfragen von Herrn Dr. Solms lasse ich

immer zu.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803200

Bitte schön.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1603803300

Vielen Dank. – Ich möchte auf das zurückkommen,

was ich eben in meinen Ausführungen gesagt habe, näm-
lich dass nach dem „Spiegel“-Artikel der Rückgang der
Arbeitslosigkeit bei weitem nicht so hoch ausfällt, wie er
jetzt auch von Ihnen dargestellt worden ist. Würden Sie
bitte zur Kenntnis nehmen, dass ein Gutteil des Rück-
gangs der Arbeitslosigkeit durch eine statistische Verän-
derung, eine Veränderung im Softwareprogramm – dabei
geht es um kranke Arbeitslose –, entstanden ist und dass
es sich bei dem Rückgang deswegen nur um den norma-
len saisonbedingten handelt?


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1603803400

Herr Kollege Solms, ich habe die Prognosen des

Weltwirtschaftsinstituts zitiert. Ich weiß, dass die Soft-

w
i
j
n
l
h

D
a
e
b
j
n
w
d
d
w
m

S
i
e
w
i
n
A
k

w

d
D
w
g
n
j
g
2
d
s
j
n
W

E
a
V
w
D
s

d
e
d
s

(C (D are bei der Arbeitsverwaltung mal in der einen und mal n der anderen Richtung ein Stück verändert wird. Aber eder, der die Fakten in Deutschland zur Kenntnis immt, wird mir zustimmen, wenn ich sage: Die Arbeitsosigkeit ist nachhaltig zurückgegangen. Wir sind auch ier auf dem richtigen Weg. Ähnlich sieht es beim Wirtschaftswachstum aus. ie Prognosen der Institute gehen ein Stück auseinander, ber alle sind sich darin einig, dass wir in diesem Jahr in Wirtschaftswachstum von roundabout 2 Prozent haen werden. Im Vergleich zum Durchschnitt der Vorahre ist das schon ein interessanter Wert. Nur muss uns atürlich nachdenklich stimmen, dass das Wirtschaftsachstum in diesem Jahr in den anderen Industrielänern der Welt 50 Prozent höher ist als bei uns. Es beträgt ort gut 3 Prozent, bei uns nur 2 Prozent. Das zeigt, dass ir hier noch ein Stück Nachholbedarf haben; davon üssen wir ausgehen. Aber das, was wir heute erkennen, nämlich dass die timmung in der Wirtschaft heute so gut ist wie noch nie n den letzten 16 Jahren und dass der private Konsum ndlich wieder steigt, was für die wirtschaftliche Enticklung nun wirklich von entscheidender Bedeutung st, unterstreicht: Die große Koalition kann nach gut eiem halben Jahr schon Erfolge bei der Bekämpfung der rbeitslosigkeit und bei der Stärkung der Wachstumsräfte der Wirtschaft vorzeigen. Die Bilanz bis heute ist bescheiden gesagt – zumindest zufrieden stellend; ich ürde sagen: Drei plus. Wir sind auf dem richtigen Weg. (Beifall des Abg. Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD] – Lachen beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Nun weiß ich natürlich, meine Damen und Herren,
ass alle wirtschaftswissenschaftlichen Institute sagen:
ie Mehrwertsteuererhöhung – ich habe begründet,
arum wir sie brauchen – wird im Jahre 2007 zu einer
ewissen Belastung für die Konjunktur führen. Das ist
achrechenbar, denn letztlich bedeutet diese Erhöhung
a, dass der Bevölkerung 14 Milliarden Euro Kaufkraft
enommen werden – ich lege nur die entsprechenden
Prozentpunkte zugrunde –, die für die Konsolidierung

er Haushalte benutzt werden. Die große Koalition ruht
ich darauf aber nicht aus. Wir haben zwei große Pro-
ekte in der Pipeline, die schon sehr konkrete Formen an-
ehmen und die beide einen Beitrag zur Stärkung von
achstum und Beschäftigung darstellen:

Das erste Vorhaben beinhaltet Änderungen bei der
rbschaftsteuer in der Weise, dass dann, wenn Betriebe
uf die nächste Generation übergehen, unter bestimmten
oraussetzungen keine Erbschaftsteuer mehr gezahlt
erden muss – und das bereits ab dem 1. Januar 2007.
ies ist ein erheblicher Beitrag zur Stärkung von Be-

chäftigung in Deutschland.

Viel wichtiger ist das andere große Vorhaben, das in
iesen Tagen Gestalt annimmt: die Unternehmensteu-
rreform. Natürlich sind Steuersätze von 39 Prozent,
ie wir heute auf einbehaltene Gewinne von Kapitalge-
ellschaften erheben, innerhalb der EU nicht mehr wett-






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
bewerbsfähig. Wir nehmen hier eine Spitzenposition ein;
nicht, weil wir die Steuern erhöht haben – nein, wir ha-
ben die Steuern sogar gesenkt –, sondern weil die ande-
ren Länder sie stärker gesenkt haben bzw. osteuropäi-
sche Länder mit deutlich geringeren Steuersätzen
aufgenommen wurden. Die sich jetzt abzeichnende Sen-
kung von 39 Prozent – das sind immer Circawerte, weil
da der Hebesatz eine gewisse Rolle spielt – auf voraus-
sichtlich 29 Prozent bedeutet eine Reduzierung um
10 Prozentpunkte bzw. um 25 Prozent.

Zu dem immer wieder erhobenen Vorwurf, die große
Koalition sei eine Koalition der Steuererhöher, kann ich
nur sagen: Mit der Reform der Erbschaftsteuer, die der
Sicherung von Arbeitsplätzen dient, und der der Unter-
nehmensteuer werden wir die größte Steuersenkung für
die Unternehmen – ich sage es noch einmal – seit Beste-
hen der Bundesrepublik durchführen. Hier geht es nicht
darum, Unternehmer zu privilegieren, hier geht es da-
rum, Firmen zu privilegieren, damit sie vorhandene Ar-
beitsplätze erhalten und neue Arbeitsplätze schaffen. Ich
stelle sogar die These auf – ich glaube, der Finanzminis-
ter rechnet da ähnlich –,


(Zuruf von der LINKEN: Das glaube ich auch!)


dass, da mit 29 Prozent die steuerliche Belastung bei uns
günstiger als in den anderen großen Volkswirtschaften
Europas wäre, besser als in Italien, Spanien, Frankreich
und Großbritannien, vermutlich eine ganze Reihe von
Steuern, die heute nicht in Deutschland anfallen, den
Weg zurück nach Deutschland finden und wir mittelfris-
tig – meiner Ansicht über einen Zeitraum von drei bis
vier Jahren – trotz deutlich niedrigerer Steuersätze vo-
raussichtlich sogar mehr Steuern einnehmen werden und
zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung des
Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung in der
Bundesrepublik leisten.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Togo wird Weltmeister!)


Lassen Sie mich abschließend feststellen, meine Da-
men und Herren: Die große Koalition ist auf einem er-
folgreichen Weg, beide Ziele, Stabilisierung bzw. nach-
haltige Sanierung des Haushaltes und Stärkung der
Wachstumskräfte der Wirtschaft, zu erreichen. Wir kön-
nen nach sechs Monaten eine hervorragende Zwischen-
bilanz vorlegen. Das unterstreicht der Haushalt.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Märchenstunde!)


Zugleich wissen wir, große Aufgaben liegen noch vor
uns, aber die große Koalition hat noch viel Kraft, auch
diese zu lösen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803500

Als Nächste hat die Kollegin Dr. Barbara Höll, Die

Linke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)


K
s
K
h
s
a
s
j
k
w
w
n

s
n
u
b
k
g

d
z
b


d
n
s
w
d
B
l
t
h
d

d
s
r
l
3
d
v
v
d
h
d
te
t
w
n

(C (D Herr Minister Steinbrück! Liebe Kolleginnen und ollegen! Herr Bernhardt, Sie können vor allem eines: ich erfolgreich ein X für ein U vormachen. Herr ampeter hat hier zum Glück sehr offen gesprochen: Er at von einem Haushalt der brutalen Konsolidierung geprochen. Herr Kampeter, selbst seit 1990 im Bundestag, lso durchaus Mitverantwortung tragend für den Zutand, in dem sich der Bundeshaushalt befindet, der bei eder Haushaltsberatung konsolidiert werden soll, veründet, die Politik, die hier gemeinschaftlich gemacht erde – ich möchte unterstreichen: die Linksfraktion ar nicht beteiligt an der unsozialen Politik, die Sie vorehmen, und wird sich auch nicht beteiligen –, ei alternativlos. Das ist nicht nur feige, weil Sie damit icht zu Ihren Entscheidungen stehen; es ist kleinmütig nd Sie machen sich damit eigentlich überflüssig. Wozu rauchen wir Sie denn noch als Parlamentarier, wenn es eine Alternativen gibt? Dann können wir doch irendeine Verwaltung einsetzen, die das umsetzt. Nein, unser Anspruch ist höher. Politik hat etwas mit em Finden von Antworten auf die anstehenden Fragen u tun. Es gibt immer verschiedene Antworten. Man raucht aber Mut, um darüber zu diskutieren. Herr Steinbrück, ich habe sehr wohl gehört, dass Sie zu Recht – große Worte bezüglich der Notwendigkeit es Staates gefunden haben. Wir brauchen tatsächlich eien Staat, der für Infrastruktur, öffentliche Daseinsvororge, Bildung und vieles andere bürgt. Niemand sonst ird entsprechend für die Umwelt eintreten und für Kinertagesstätten, Schulen sowie einen gleichen Zugang zu ildung für alle sorgen. Die Botschaft hör’ ich wohl, al ein mir fehlt der Glaube. Denn das, was Sie an Antworen vorlegen, entspricht nicht dem, was Sie thematisiert aben. Sie selbst haben beim Neujahrsempfang der Inustrieund Handelskammer in Frankfurt gesagt: Man kann den Bundeshaushalt als nüchternes Zahlenwerk betrachten – was er natürlich auch ist. Aber es macht auch viel Sinn, sich immer wieder die gesellschaftspolitischen Botschaften, die sich in den nüchternen Zahlen abbilden, vor Augen zu führen. Die nüchternen Zahlen belegen, dass die Verschulung der öffentlichen Hand und eben auch des Bundes eit Jahren kontinuierlich ansteigt. 1995 waren es umgeechnet 1 019 Milliarden Euro, 2000 waren es 1 468 Miliarden Euro, 2006 sind es 1 491 Milliarden Euro. 8 Milliarden Euro sind die höchste Neuverschuldung in er Geschichte der Bundesrepublik überhaupt. Die Neuerschuldung war unabhängig davon, ob die Regierung on CDU/CSU und FDP, von SPD und Grünen oder von er großen Koalition gestellt wurde. In schöner Einigkeit aben Sie in den letzten 16 Jahren eine Politik gemacht, ie dazu geführt hat, dass unsere Handlungsmöglichkein in Bezug auf die Probleme in der gegenwärtigen Situa ion beschränkt sind, weil ein großer Teil des Geldes, das ir eigentlich haben, durch die Tilgung der aufgenommeen Kredite gebunden ist. Dr. Barbara Höll Wir haben also auch im Bundeshaushalt durchaus ein strukturelles Problem. Die Frage ist, wenn man diesen finanztechnischen Begriff zu unterfüttern versucht: Ist es ein Einnahmeoder ein Ausgabenproblem? Ihre heutige Antwort war wieder eindeutig: Wir brauchen eine brutale Konsolidierung. Das heißt, Sie gehen – und das seit Jahren – von einem Ausgabenproblem aus. Könnte es nicht aber vielleicht sein, dass wir ein Einnahmeproblem haben? Ich stelle klar, dass wir als Linksfraktion nicht gegen die Aufnahme von Krediten sind. Nein; Kredite sind im privaten Bereich sehr gut und können das auch für die öffentliche Hand sehr wohl sein – (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Deswegen wollt ihr eine Milliarde mehr aufnehmen!)

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603803600

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


wenn sie tatsächlich dazu dienen, Investitionen in die
Zukunft zu tätigen. Geld für Bildung ist nicht falsch,
auch nicht, wenn es kreditfinanziert ist. Aber was haben
Sie mit den Krediten gemacht? Sie haben in den letzten
Jahren einfach Blankoschecks an die Wirtschaft ausge-
teilt und sind dabei, das wieder zu tun. Sie versprechen
weitere Steuererleichterungen; immer mehr Geld wird
rausgepfeffert. Wir können es uns anscheinend leisten,
darauf zu verzichten. Irgendwann werden sicher Arbeits-
plätze geschaffen werden.

Aber es sind keine Arbeitsplätze geschaffen worden.
Wir haben einen Arbeitslosenstand von offiziell fast
5 Millionen Menschen. Viele können trotz Vollerwerbs-
tätigkeit von ihrer Arbeit nicht leben. So viel zu der Be-
merkung, die vorhin nebenbei fiel, es könne sein, dass in
Deutschland die Nichttätigkeit zu stark gefördert werde.
Im Gegenteil, die Menschen arbeiten und können trotz-
dem nicht davon leben. Aber Sie stellen sich diesen Pro-
blemen nicht.

Wie sehen nun Ihre Antworten aus? Sie sagen, dass
wir kein Geld haben und deshalb konsolidieren müssen.
Eine Maßnahme zur Konsolidierung ist die Mehrwert-
steuererhöhung, mit der insbesondere Arbeitslose sowie
Rentnerinnen und Rentner getroffen werden; denn sie
müssen ab 1. Januar nächsten Jahres durchschnittlich
20 Euro im Monat mehr für ihren Lebensunterhalt auf-
bringen. Ich habe aber noch nichts davon gehört, dass
Sie die BAföG-Sätze erhöhen wollen. Warum bringen
Sie nicht ein entsprechendes Gesetz ein? Das wäre eine
ehrliche Antwort auf die durch Ihre Politik verursachten
Probleme.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe auch noch nicht gehört, dass Sie bereit sind,
das Kindergeld zu erhöhen. Nein, etwas anderes wird an-
visiert. Nächste Woche wollen Sie eine Regelung verab-
schieden, mit der die Bezugsdauer für das Kindergeld
gekürzt werden soll, indem die Altersgrenze von 27 auf
25 Jahre herabgesetzt wird. Das bedeutet nicht nur, dass
das Kindergeld einer bisher anspruchsberechtigten Per-
son gestrichen wird. Es bedeutet auch, dass noch weitere
Leistungen verloren gehen. Davon werden im nächsten
Jahr 451 000 Kindergeldberechtigte betroffen sein:

1
s
a
A
S
k
b
e
r
v
k

u
b
7
h
i
g
C
s

f
e
R
r
M
E
w
o

a
w
z
w
n

k
K
s
S
i
d

Ö
S
S
S
b
w
z
G

D
I

u
d

(C (D 0 000 unterhaltspflichtigen Eltern, die arbeitslos sind, treichen Sie einfach das Kindergeld. Gleichzeitig sinkt uch der Anspruch der arbeitslosen Eltern, so sie noch rbeitslosengeld I bekommen, von 67 auf 62 Prozent. ie haben nicht nur den Ausfall von 154 Euro zu verraften. Nein, sie haben auch noch die Senkung des Areitslosengeldes zu verkraften. Außerdem hängen noch ine ganze Reihe anderer Punkte wie die Riesterrente daan. Entsprechende Maßnahmen, die hier einfach mal so erkündet werden, sollen nächste Woche durchgewunen werden. Sie haben die Hartz-IV-Gesetze verschärft, indem Sie nter anderem die Rentenversicherungsbeiträge von Areitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfängern von 8 Euro auf 40 Euro gesenkt haben. Wissen Sie überaupt, was das bedeutet? Diese Menschen werden später n Altersarmut leben müssen, weil die Rentenbeiträge esenkt werden und sie auf der anderen Seite keine hance haben, Arbeit zu bekommen und für ihr Alter elbst vorzusorgen. Sie haben die Begrenzung der Sozialversicherungsreiheit für Sonntags-, Feiertagsund Nachtzuschläge ingeführt. Sie wollen die Zuschüsse für die gesetzlichen entenkassen senken. Auch das wird natürlich dazu füh en, dass die Beiträge steigen. Durch diese Reihe von aßnahmen – es ist Ihnen auch jede Schnüffelei bei mpfängerinnen und Empfängern von Hartz IV recht – erden die Menschen belastet, die nur ein sehr geringes der ein mittleres Einkommen haben. Merkwürdigerweise ist jedoch ausreichend Geld für ndere Dinge vorhanden. Die degressive AfA für beegliche Wirtschaftsgüter wurde von 20 auf 30 Pro ent erhöht. Was kostet die Welt? Was macht es schon, enn wir 2,4 Milliarden Euro weniger Einnahmen in eiem Jahr haben? Wir haben es doch! Sie wollen eine Abgeltungssteuer auf Kapitaleinünfte von 30 Prozent. Der Sparerfreibetrag für die leinsparer hingegen wird halbiert. Das heißt, der Klein parer muss mehr zahlen; aber diejenigen, die ein hohes parvermögen haben, werden privilegiert, indem auf hre Zinserträge nicht mehr eine Steuer in Höhe ihres inividuellen Steuersatzes erhoben wird. Die Eckdaten der Unternehmenssteuerreform sind der ffentlichkeit schon bekannt. Herr Steinbrück, ich muss ie loben – das mache ich in diesem Fall gerne –, dass ie hart bleiben, was die Gewerbesteuer betrifft. Denn ie treten für den Erhalt dieser Steuer und für die Verreiterung der Bemessungsgrundlage ein. Andererseits ollen Sie als Finanzminister auf 8 Milliarden Euro ver ichten. Ich frage mich wirklich, woher Sie das fehlende eld nehmen wollen. ie Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt ist hre Antwort auf diese Einnahmeausfälle. Eine solche Politik kann man nicht mittragen. Sie ist nsozial und die Fortsetzung einer neoliberalen Politik er Umverteilung von unten nach oben. Wenn Sie mutig Dr. Barbara Höll wären, dann würden Sie sich gerade im Bereich der Unternehmensbesteuerung dem realen Problem stellen, dass wir in Deutschland auf der einen Seite zwar eine hohe nominale Steuerbelastung haben, dass wir aber auf der anderen Seite – auf die entsprechenden Zahlen wies Herr Bernhardt vorhin hin – eine sehr geringe effektive Steuerbelastung haben. Das heißt, die Unternehmen zahlen effektiv keine Steuern in Höhe der von Ihnen vorhin genannten 39 Prozent. Im Durchschnitt zahlen die international tätigen Konzerne in Deutschland auf ihre Gewinne gerade einmal 15 bis höchstens 20 Prozent Steuern. Wenn Sie mutig wären, würden Sie sagen, dass es diese Lücke gibt und dass sie geschlossen werden muss. Aber wir schließen sie nicht, indem wir einfach die Steuersätze senken; wir schließen sie vielmehr, indem wir sicherstellen, dass die nominalen Steuersätze auch tatsächlich gezahlt werden. – Das wäre mutig. Der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, von der Sie immer reden und die hierbei eine Rolle spielen würde, stellen Sie sich nicht. Sie sind zwar bereit, die Steuersätze zu senken. Sie sind aber nicht bereit, Steuerschlupflöcher tatsächlich zu schließen, und Sie sind nicht bereit, sich den realen Problemen in diesem Land zu stellen. Wir werden diese Politik nicht mitmachen, so wie wir auch bei der Mehrwertsteuererhöhung nicht mitmachen. Die Landesregierungen mit unserer Beteiligung haben der Mehrwertsteuererhöhung nicht zugestimmt. Sie können davon ausgehen, dass sich diese Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung auszahlt. Wenn wir an weiteren Regierungen beteiligt sein werden, wird es auf Bundesebene und in den Ländern Widerstand geben. Ich danke. Das Wort hat der Kollege Alexander Bonde, Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben hier eine stückweise absurde Debatte. Es ist absurd, mit welcher Selbstgefälligkeit die große Koalition den Haushalt 2006 zu verkaufen versucht. Der Bundesfinanzminister hat sich pathetisch hier vorne hingestellt, mit Tremolo in der Stimme und heißem Blick in den Augen formuliert: „Glauben Sie mir!“ und danach versucht, eine Schnecke als Rennpferd zu verkaufen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Da haben Sie aber lange gebraucht, bis Sie dieses Bild gefunden haben!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803700
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803800

Dann hat er weinerlich kritisiert, dass es in diesem
Hause trotz großer Koalition eine Opposition gibt, die es

a
e

t
E
A
d
m
d
l
d
i
I
d
l
n
a

n
n
v
s
g
t
S
c

t
2
n
l
d

S
g
e
R
d
h

D
d
g

f
o
b
A
k
e
F
d

(C (D uch noch wagt, zu bemerken, dass dieser Haushalt mit iner Rekordverschuldung operiert. Wir reden hier über einen Haushalt mit einer geplanen Neuverschuldung in Höhe von 38,2 Milliarden uro. Der Bundesfinanzminister aber sagt, es gebe keine lternative und es sei peinlich, dass die Haushaltspolitik er Koalition überhaupt hinterfragt werde. Herr Finanzinister, Sie müssen schon mehr liefern, um zu begrün en, was Sie mit dieser Neuverschuldung anstellen wolen. Ihre Begründung, warum die Abwehr einer Störung es gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nötig wird, st auch nach Ihrer dritten Begründung, die zu erklären hnen wichtig war, nicht besser geworden. Ihre Begrünung für eine Neuverschuldung in Höhe von 38,2 Miliarden Euro ist platt. Deshalb dürfen Sie – mit Verlaub – icht davon ausgehen, dass wir als Opposition und wir ls Grüne uns von Ihnen hinters Licht führen lassen. Angesichts der großen Zahl an Anträgen hatten Sie atürlich die Möglichkeit, Kostenreduzierungen vorzuehmen. Meine Fraktion hat 400 Anträge vorgelegt. Daon haben Sie einen, politisch motiviert, als falsch kritiiert. Sie haben sich hier wieder als Kohlelobbyist eoutet. Sie verschweigen dabei, dass die Kohlesubvenionen von Ihnen politisch gewollt sind und nicht auf achzwängen beruhen. Das ist die Wirklichkeit in Sahen Peer Steinbrück und Kohlesubventionen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben Ihnen vom kürzesten bis zum längsten An-
rag Vorschläge für Ausgabenkürzungen in Höhe von
,3 Milliarden Euro vorgelegt. Sie glauben doch selber
icht, dass Sie nicht in der Lage gewesen wären, das po-
itisch motivierte zusätzliche Einstellen von Personal in
en Ministerien zu reduzieren.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)


ie glauben doch nicht ernsthaft, dass es nicht möglich
ewesen wäre, bei den sächlichen Verwaltungskosten
inzusparen. Wenn Sie tatsächlich glauben, dass jeder
adiergummi in Ihrem Ministerium heilig ist, dann wer-
en Sie eine Konsolidierung des Bundeshaushaltes nie
inbekommen, Herr Steinbrück.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


as Gleiche gilt für die unterschiedlichsten Bereiche
ieses Haushaltes, wozu wir umsetzbare Vorschläge vor-
elegt haben.

Wenn das so ist wie beschrieben, dann muss man sich
ragen, ob Sie wirklich eine Konsolidierung wollen und
b die Koalition in der Lage ist, eine Konsolidierung zu
etreiben. Wir haben erlebt, dass, politisch motiviert,
usgabenkürzungen in vielen Punkten verweigert und
eine Einsparungen vorgenommen werden. Wir haben
rlebt, dass die Erfüllung der langen Wunschlisten der
raktionen in vielen Punkten wichtiger war als das Ziel
er Konsolidierung.






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
Da wir hier wieder große Worte von der Konsolidie-
rung, der Generationengerechtigkeit und der Verantwor-
tung vorgeschmettert bekommen haben, kann ich nur sa-
gen: Sie haben zwar für 2007 erneut viel versprochen;
aber zum Haushalt 2006, über den wir heute reden, ha-
ben Sie nichts Neues geliefert.

Ich finde, dass es dieser Koalition, wenn sie sich wei-
terhin „groß“ nennen will, gut anstünde, endlich einmal
haushaltspolitisch Großes zu tun. Das, was Sie bisher
tun, ist klein und selbstgefällig. Sie müssen sich deshalb
zumuten, dass die Koalition dafür von uns kritisiert wird.
Sie haben nach meinem Beitrag wieder die Möglichkeit,
40 Minuten lang selbstgefällige Selbstgespräche zu hal-
ten. So ist es eben, wenn die Mehrheiten in diesem Par-
lament so sind. Glauben Sie aber nicht, dass dadurch,
dass Sie hier die Debattenbeiträge bestimmen, irgendet-
was an diesem Bundeshaushalt besser wird. Glauben Sie
nicht, dass sich die Zinszahlungen dadurch reduzieren.
Glauben Sie nicht, dass die Menschen nicht merken, was
Sie hier tun. Diese Koalition ist eine Aussitzerkoalition
und dieser Haushalt ist peinlich, Herr Finanzminister.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603803900

Das Wort hat der Kollege Jörg-Otto Spiller, SPD-

Fraktion.


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1603804000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Nettokreditaufnahme in Höhe von
38,2 Milliarden Euro überschreitet die Investitionsaus-
gaben in Höhe von 23,2 Milliarden Euro um 15 Milli-
arden. Das bedarf der Begründung; denn nach der Regel
in Art. 115 des Grundgesetzes versteht sich das nicht
von selbst. Art. 115 steht allerdings nicht alleine da. Es
gibt noch Art. 109, der besagt:

Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirt-
schaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftli-
chen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.

Das ist seit 1967 präzisiert, und zwar – das war ein be-
sonders wichtiges Gesetz der ersten großen Koalition –
im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachs-
tums der Wirtschaft. Darin heißt es in § 1 als Erläuterung
zu Art. 109 des Grundgesetzes:

Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rah-
men der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzei-
tig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen
Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem
Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem
Wirtschaftswachstum beitragen.

Das ist das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht.

Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind heute
anders als 1967; aber den Auftrag, dass Bund und Län-
der bei ihrer Finanz- und Haushaltswirtschaft Rücksicht
nehmen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung,
schreibt uns das Grundgesetz nach wie vor vor.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


D

g
k
t
l
s
l
E
i

K

S
2

W
s
d
n
e
w
u
u
l

p
i
R
m
r
n
G

I
k
w
d
g
r
l
k
s
g
m

(C (D anach hat die Koalition gehandelt. Wie war denn die gesamtwirtschaftliche Lage zu Beinn des Jahres? Ich glaube, man kann sagen, dass es eine Bedrohung der Preisstabilität gibt. Eine Inflaionsrate um die 2 Prozent kann man durchaus als Stabiität bezeichnen. Wir haben eine brillante außenwirtchaftliche Situation; der Leistungsbilanzüberschuss beief sich im Jahr 2005 auf 92 Milliarden Euro. Dieses rgebnis ist besser, als es in der alten Bundesrepublik zu hren besten Zeiten war. Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des ollegen Fricke zulassen? Ja, bitte. Bitte schön, Herr Fricke. Herr Kollege, habe ich Sie richtig verstanden, dass ie gerade gesagt haben, eine Inflationsrate um die Prozent gehe in Ordnung? iderspricht das nicht der Tatsache, dass die Europäiche Zentralbank, wenn die Inflationsrate dauerhaft, jeenfalls regelmäßig, über 2 Prozent liegt – seien es auch ur 2,01 Prozent –, die Zinsen erhöhen muss? Ist es nicht in Widerspruch, wenn die Europäische Zentralbank, der ir verpflichtet sind, dann die Zinsen erhöhen muss, was nseren Haushalt im Übrigen wiederum belastet, denn m 0,11 Prozentpunkte höhere Zinsen bedeuten 1 Miliarde Euro mehr? Wir haben, gemessen am Anstieg der Verbraucher reise in Deutschland, trotz massiver Verteuerung der mportierten Energie, trotz massiver Steigerungen der ohstoffpreise eine Inflationsrate um die 2 Prozent; eistens liegt sie etwas darunter. Das ist eine Inflations ate, die sowohl im Zeitvergleich als auch im internatioalen Vergleich allgemein als ein Maßstab für innere eldwertstabilität betrachtet wird. Wenn die Europäische Zentralbank warnt, wenn die nflationsrate darüber hinausgehe, müsse sie sich Gedanen machen, dann entspricht das ihrer Verpflichtung. Sie erden anerkennen müssen – mehr habe ich nicht gesagt –, ass die Gefährdung des gesamtwirtschaftlichen Gleichewichts nicht aus der Preisentwicklung resultiert. Sie esultiert auch nicht aus außenwirtschaftlichen Entwickungen. Sie ist vielmehr das Ergebnis der Arbeitslosigeit. Wir haben rund 4,5 Millionen arbeitslose Menchen in Deutschland. Deshalb haben wir kein esamtwirtschaftliches Gleichgewicht; dieses ist vielehr gestört. Jörg-Otto Spiller Es trifft zu, dass wir erfreulicherweise eine Belebung des wirtschaftlichen Wachstums haben. Diese ist aber nicht gerade donnernd. Das Wachstum bewegt sich in einer Größenordnung von 1,5 Prozent, wobei nach wie vor der Hauptimpuls von der Auslandsnachfrage ausgeht. Erfreulicherweise belebt sich auch die Investitionsgüternachfrage insbesondere in Bezug auf Ausrüstungsinvestitionen bei den inländischen Unternehmen. Aber wir haben kein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht. Es war voll gerechtfertigt, dass sich die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen nach sorgfältiger Überlegung entschieden haben, im Jahre 2006 nicht auf die Bremse zu treten und mit der Haushaltspolitik nicht die aufkeimende konjunkturelle Erholung zu bremsen, sondern dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen für die mittelfristige Konsolidierung geschaffen werden. Das passt genau in das Schema, das uns das Grundgesetz vorschreibt. Es gibt die nüchterne Erkenntnis bei allen Ökonomen, dass es ohne gesamtwirtschaftliches Wachstum nahezu unmöglich sein wird, die Haushalte der Gebietskörperschaften zu konsolidieren, es sei denn, wir nehmen unerträgliche Verwerfungen in Kauf, was wir nicht wollen. Das heißt nicht, dass wir so naiv sind, zu glauben, mit klassischem Deficit Spending – der Staat gibt bloß mehr Geld aus und dann wird schon wieder alles ins Lot kommen – könnten wir den Haushalt und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf einen richtigen Pfad bringen. Das glauben wir nicht. Die Situation hat sich seit den 60er-Jahren deutlich verändert, auch deswegen, weil wir über die Jahrzehnte – der Kollege Carsten Schneider hat das schon angesprochen; da sind alle beteiligt gewesen – einen Schuldensockel aufgebaut haben. Am deutlichsten sind die Schulden immer in der Zeit gestiegen, als die FPD mitregiert hat. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603804100
Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1603804200
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603804300
Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1603804400

(Jörg-Otto Spiller [SPD]: Ja!)

Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1603804500

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Ich finde es erfreulich, dass die FDP jetzt begonnen hat,
sich für Haushalt und Finanzen zu interessieren, und
dass sie gemerkt hat, dass das Heil nicht in der Verwüs-
tung des Steuerrechts zugunsten einer bestimmten Klien-
tel liegt und diese Verwüstung nicht dem Staate dient. Es
wäre noch viel schöner gewesen, sie wäre auf diese gu-
ten Ideen gekommen, als sie noch in der Regierungsver-
antwortung stand.


(Beifall bei der SPD)


Wir glauben auch – das muss man anerkennen –, dass
das Wachstum heute eher dadurch gestärkt wird, dass die
Menschen in unserem Lande wieder Vertrauen in die Fä-
higkeit des Staates gewinnen, dass er mit seinen Haus-
haltsproblemen fertig wird – das betrifft Bund, Länder
und Gemeinden –, und dass Investoren und Verbraucher
wieder das Vertrauen in die Fähigkeit des Staates finden,
seinen Aufgaben gerecht zu werden und nicht immer nur
Schulden zu bedienen. Deswegen werden wir nicht den

e
d
d

s
O
b
p
E
s
e
w
s
e
k
h
b
v

m
b
d
u
d
d
S

n
D
o
h
k

c
S
v
u
s
a
g
l
b
h
R
e
e

D
r
s
g
s
F

(C (D infachen Weg gehen, Schulden zu machen. Das will uns ie Fraktion der Linken zwar schmackhaft machen; aber as ist nicht Erfolg versprechend. Das erste Gesetz, das die große Koalition 2005 bechlossen hat – das wurde von den meisten Rednern der pposition völlig zu Unrecht überhaupt nicht erwähnt –, rachte den Einstieg in eine dezidierte Konsolidierungsolitik. Wir haben damals die größte Subvention, die igenheimzulage, abgeschafft und ein großes Steuer chlupfloch – Stichwort Medienfonds und ähnliche Steurstundungsmodelle – dicht gemacht. Wir wären noch eiter gegangen, wenn Herr Trittin nicht mit Blick auf eine Windmühlenklientel gebremst hätte. Da hätten wir igentlich noch ein paar Milliarden Euro mehr sparen önnen. Wir hätten noch stärker konsolidieren und früer zu einem guten Ergebnis kommen können. Das haen die Grünen damals aus Gründen der Klientelpolitik erhindert. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: So viel zum Thema Selbstgerechtigkeit! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aus der Kohlesteinzeit!)


Die vorübergehende Hinnahme eines zugegebener-
aßen großen Defizits im Jahr 2006 geht mit einer ziel-

ewussten Konsolidierungspolitik einher, die insbeson-
ere darauf abzielt, die Einnahmen von Bund, Ländern
nd Gemeinden zu festigen und die Handlungsfähigkeit
es Staates durch den Abbau von Vergünstigungen,
urch den Abbau von nicht mehr zu rechtfertigenden
ubventionen zu stärken.

Ich finde es erfreulich, dass sich inzwischen auch bei
üchternen Beobachtern herumgesprochen hat, dass
eutschland ein ausgesprochen guter Wirtschaftsstand-
rt ist. Dass die Verbände das nicht immer so sehen, ge-
ört zu ihren Pflichten. Ob es weise ist, immer nur zu
ritisieren, lasse ich einmal dahingestellt.

Vor ein paar Wochen ist das Ergebnis einer Untersu-
hung von Ernst & Young vorgestellt worden, in der der
tandort Deutschland mit anderen Standorten in der Welt
erglichen wurde. Befragt wurden circa 1 000 Manager
nd Vorstandsmitglieder. Kernaussage: International ge-
ehen gilt Westeuropa als attraktivster Standort der Welt;
ls für Unternehmen attraktivstes Land in Westeuropa
ilt Deutschland. In der Studie steht nicht, dass Deutsch-
and so attraktiv ist – das trifft zu –, weil hier alles so
illig ist. In der Studie steht, Deutschland bietet Qualität:
ervorragende Infrastruktur, etwa Verkehrswege,
echtssicherheit, hohe Qualität bei den Arbeitskräften,
s gibt Forschung und Entwicklung. Deutschland ist
infach ein Premiumstandort.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ein Premiumstandort ist natürlich nicht ganz billig.
as gilt für die Arbeitslöhne wie auch für die Besteue-

ung. Wenn sich jemand darüber wundert, dass der Por-
che teurer ist als die Vespa, dann muss er sich überle-
en, ob er nicht lieber die Vespa nimmt. Wenn man sehr
chnell fahren will, ist das allerdings nicht das ideale
ahrzeug.






(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller
Ich sage das, weil wir auch künftig in der Politik da-
rauf zu achten haben, dass die Handlungsfähigkeit des
Staates nicht beschränkt wird; denn sonst verliert dieser
Standort seine Qualität. Dieser Standort braucht einen
handlungsfähigen Staat, der die Infrastruktur und die
Bildung sicherstellt sowie Rechtssicherheit gewährt. Ich
bin ganz sicher, dass sich die große Koalition dessen
auch bei den künftigen Schritten bewusst sein wird und
dass wir an die ökonomisch sehr erfolgreiche Politik der
ersten großen Koalition – Stichwort Stabilitäts- und
Wachstumsgesetz von 1967 – anknüpfen werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603804600

Das Wort hat der Kollege Georg Fahrenschon, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1603804700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Kollege Kampeter hat es schon herausgearbei-
tet: Nachhaltige, stabile Staatsfinanzen gehören für die
Union zum Kern erfolgreicher bürgerlicher Politik. Ich
möchte betonen: Generationenengerechte Haushalts-
politik bedeutet, keine vermeidbaren Kosten auf die fol-
genden Generationen zu übertragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dafür gibt es im Jahr 2006 auch einen Kronzeugen.
Denn seit über 30 Jahren gibt es in Deutschland ein Bun-
desland, das endlich einmal wieder einen ausgegliche-
nen Haushalt vorlegt. Das ist der Freistaat Bayern.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Welche Überraschung!)


Das zeigt, dass wir die Möglichkeiten haben, diesen Weg
zu gehen. Er ist nicht einfach und steinig; aber er ist
machbar. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir uns
an diesem leuchtenden Beispiel orientieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der bayerische Finanzminister hat seine Ausbildung im Bundestag bekommen!)


Für den Bund ist dieses ehrgeizige Anliegen keine
Aufgabe, die er an einem Tag erledigen kann, sondern
sie muss, angefangen mit dieser Legislaturperiode, die
Leitlinie unserer Haushalts- und Finanzpolitik sein. Als
erster Schritt – diesen gehen wir mit dem Haushalt 2006 –
bedeutet das die Rückkehr zur Ehrlichkeit in der Haus-
haltspolitik. Mit dem Haushalt 2006 wird das wirkliche
Ausmaß der finanziellen Fehlentwicklungen der letzten
Jahre deutlich.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Das betrifft alle, ohne Zensuren zu vergeben oder Schuld
zu verteilen. Wir haben im Bund, aber auch in der Mehr-
zahl der Länder über unsere Verhältnisse gelebt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


A
v
W
a
d
s
v
d
c

H
d
z
s
b
h
f
S
z
s
v

U
W
d
d
l

d
n
a
A
r
t
S
M
u

g
g
c
d
V
d
S
m
K
p
t
k

z
e
k
s
3

s

(C (D llein der Bundeshaushalt hat ein strukturelles Defizit on mehr als 50 Milliarden Euro angehäuft. Mit anderen orten: Der Bund hat jeden fünften Euro, den er heute usgibt, gar nicht, den muss er sich von der Bank holen, en muss er über Schulden finanzieren. Dass dieses trukturelle Defizit abgebaut werden muss, versteht sich on selbst. Ebenso klar ist aber auch: Es wird einige Zeit auern, bis wir zufriedener auf die Haushaltszahlen bliken können. Die zweite Botschaft im Zusammenhang mit dem aushalt 2006 lautet: Die große Koalition setzt auch in ieser Konsolidierungsphase erkennbare politische Akente: Konsolidierung einerseits und Wachstum anderereits. Denn Konsolidierung und Wirtschaftswachstum edingen einander. Solide Staatsfinanzen und eine nachaltige Konsolidierung sind wichtige Voraussetzungen ür eine Steigerung von Wachstum und Beschäftigung. paren fördert Wachstum. Sparen leistet einen unverichtbaren Beitrag zu stabilen Preisen und niedrigen Zinen und stärkt das Vertrauen der Konsumenten und Inestoren. (Jürgen Koppelin [FDP]: Warum macht ihr das dann nicht?)


mgekehrt gilt genauso, dass uns ohne ein erhöhtes
irtschaftswachstum der Abbau der Arbeitslosigkeit,

ie Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme und
ie Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nicht ge-
ingen werden.

Angesichts der enormen Dimensionen des Konsoli-
ierungsbedarfs müssen wir allerdings bei allen Maß-
ahmen auch deren Rückwirkung prüfen. Wir müssen
lle Sparanstrengungen und alle Einsparungen in ihren
uswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung austarie-

en. Deshalb stehen Anpassungen bei den konsum-
iven Ausgaben, zum Beispiel bei Einsparungen von
ubventionen und sonstigen Fördertatbeständen, und
aßnahmen zum Abbau von Steuervergünstigungen

nd steuerlichen Sonderregelungen im Vordergrund.

Denn man darf in dieser Haushaltswoche nicht ver-
essen, dass die große Koalition und die von ihr getra-
ene Bundesregierung bereits eine Reihe von gesetzli-
hen Maßnahmen beschlossen hat: Stichwort „Abbau
er Eigenheimzulage“, Stichwort „Beschränkung der
erlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstun-
ungsmodellen“, Stichwort „Einstieg in ein steuerliches
ofortprogramm“ und Stichwort „Gesetz zur Eindäm-
ung missbräuchlicher Steuergestaltung“. Die große
oalition verbindet die notwendige Konsolidierungs-
olitik, die auf längere Sicht die Basis für ein dauerhaf-
es Wachstum verbessert, mit Maßnahmen, die bereits
urzfristig die Wachstumsdynamik erhöhen.

Deshalb legen wir ein befristetes Impulsprogramm
ur Stärkung besonders zukunftsträchtiger Bereiche mit
inem Gesamtvolumen von 25 Milliarden Euro auf, um
urzfristig übergreifend wirkende Wachstumsimpulse zu
etzen. Im Haushalt 2006 haben wir dafür bereits mit
,5 Milliarden Euro den Start gemacht.

Um positive Impulse für den Standort Deutschland zu
chaffen, um also ein höheres Wirtschaftswachstum und






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon
mehr Beschäftigung zu ermöglichen, arbeiten wir gerade
mit Hochdruck an Eckpunkten einer durchgreifenden
Unternehmensteuerreform. Denn zwischen allen Ex-
perten besteht Konsens: Die Steuerbelastung für Unter-
nehmen in Deutschland ist im internationalen Vergleich
zu hoch. Die Unternehmensbesteuerung ist mittlerweile
zu einem echten Standortnachteil im internationalen
Wettbewerb um knappes Investitionspotenzial und -ka-
pital geworden.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ja, leider!)


Unsere Unternehmensbesteuerung ist ein Wachstums-
hemmnis. Deshalb ist eine durchgreifende Reform
dringlich – für höheres Wachstum und mehr Beschäfti-
gung in Deutschland.


(Ulrike Flach [FDP]: Hoffentlich hat der Finanzminister das auch gehört!)


Wenn wir zum 1. Januar 2008 eine kluge und richtig
konzipierte Unternehmensteuerreform durchführen, kann
das wesentlich dazu beitragen, dass in- und ausländische
Unternehmer wieder vermehrt in Deutschland investieren
und so neue Arbeitsplätze im Inland entstehen. Dazu ist
es allerdings notwendig, auch die Steuerstruktur zu refor-
mieren und die ertragsteuerliche Belastung der Unterneh-
mer auf unter 30 Prozent zu senken. Im Ziel bedeutet das,
dass es uns über diesen Weg gelingen kann, Steuersub-
strat, das wir in den vergangenen Jahren in erheblichem
Maße verloren haben, wieder nach Deutschland zu holen
und hier zu halten.

Eine kleine und zu eng gezogene Reform, bei der die
Strukturen beibehalten werden und lediglich die Höhe
einiger Steuersätze variiert wird, würde den Erwartun-
gen an eine durchgreifende Verbesserung der steuerli-
chen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland mit
Sicherheit nicht gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Politik kann nicht direkt Arbeitsplätze schaffen. Das
können in einer sozialen Marktwirtschaft nur die Unter-
nehmer bzw. Unternehmen. Damit sie aber in die Lage
versetzt werden, zu investieren und Menschen in Lohn
und Brot zu bringen, müssen die Rahmenbedingungen
stimmen. Für die Schaffung der richtigen Rahmenbedin-
gungen trägt die Politik die Verantwortung. Die große
Koalition wird diese Verantwortung wahrnehmen, ange-
fangen mit der Haushaltspolitik über die Steuerpolitik
bis hin zur Reform der sozialen Sicherungssysteme.

Bezogen auf den Haushalt treibt uns eine politische
und, wenn Sie so wollen, auch eine moralische Verant-
wortung an. Denn insbesondere unter Berücksichtigung
des Gebots der Nachhaltigkeit darf die heutige Genera-
tion nicht dauerhaft mehr verbrauchen, als sie leistet.
Wir müssen die bestehenden Verteilungskonflikte jetzt
angehen und lösen. Wir dürfen sie nicht im Wege der
Verschuldung auf dem Rücken unserer Kinder und Kin-
deskinder austragen.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie könnt ihr dann so einen Haushalt verabschieden?)



h
S

S
m
g
S
W
m
w
S
d

c
e
V

D
c
k
d
d
s
V
s
v

F
p
l
Z
B
s
g
g

F

W
D
e


d
P

(C (D Lieber Kollege Bonde, Sie sind der Letzte, der darauf inweisen sollte, dass wir zu spät dran sind. Wo waren ie denn in den letzten sieben Jahren? ie haben in den letzten sieben Jahren den Weg zu einer aximalen Staatsverschuldung mitgetragen! Und da sa en Sie und Ihre Kollegen, wir seien nicht mutig genug. ie sind doch in den letzten sieben Jahren den falschen eg mitgegangen; Sie haben sich an keiner Stelle geeldet. Heute sprechen Sie von Windfall-Profits und eisen auf die Steuerschätzung vom Mai hin. Was haben ie denn mit den UMTS-Erlösen gemacht? Sie haben araus nichts Produktives gemacht. Sie fangen hier an, parlamentarische Regeln zu brehen, und führen jetzt den BND-Umzug in die Debatte in, obwohl Sie genau wissen, dass wir angesichts der orlagen nicht in der Lage sind, hierauf zu reagieren. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid doch immer so schlau!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


abei müssen wir feststellen: Die Entscheidung des Si-
herheitskabinetts war doch geprägt durch Ihren Vize-
anzler. Sie hat sonst überhaupt keine Grundlage gehabt;
as Sicherheitskabinett ist nicht einmal einberufen wor-
en. Man hat den Finanzminister vor der Tür stehen las-
en und hat den Umzug des BND beschlossen, weil der
izekanzler und Kanzler der alten Regierung einfach ge-

agt haben: Wir machen jetzt Politik. Da haben Sie bis
or kurzem mitgemacht. Sie waren doch nicht zu hören.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, der Haushalt 2006 und der
inanzplan bis 2009 sind der in Zahlen gegossene Fahr-
lan der großen Koalition zur Konsolidierung der öffent-
ichen Haushalte. Ich versichere Ihnen – und das steht im
entrum der politischen Auseinandersetzung –: Mit dem
undeshaushalt 2007 werden es CDU und CSU gemein-

am mit den Kollegen der SPD schaffen, dass die Regel-
renze der Neuverschuldung des Art. 115 des Grund-
esetzes wieder eingehalten wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603804800

Das Wort hat der Kollege Bernhard Brinkmann, SPD-

raktion.


Bernhard Brinkmann (SPD):
Rede ID: ID1603804900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man in diesem Hohen Haus kurz vor Schluss der
ebatte über den Einzelplan 08 reden darf, könnte man

ine Menge Vergangenheitsbewältigung betreiben.


(Ulrike Flach [FDP]: Ich habe es ja geahnt!)


Die Kollegin Flach hat das schon geahnt; doch ich will
as nicht tun. Ich will stattdessen auf drei zentrale
unkte eingehen, die für diesen Haushalt 2006 wichtig






(A) )



(B) )


Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

sind und es verdienen, noch einmal erwähnt zu werden.
Der Bundeshaushalt 2006 folgt einem politischen Drei-
klang, und zwar – in dieser Reihenfolge – sanieren, re-
formieren und investieren.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Abkassieren!)


– Herr Kollege Koppelin, ich bin für jeden Hinweis
dankbar, und sei es unter der Überschrift „abkassieren“;
aber damit reizen Sie mich, doch ein Stückchen Vergan-
genheitsbewältigung zu betreiben.


(Otto Fricke [FDP]: War klar! – Ulrike Flach [FDP]: Keiner sei ohne Schuld!)


Ich gebe Ihnen am Schluss meiner Rede eine Liste der
Schulden, die die FDP allein seit 1990 mit zu verantwor-
ten hat. Sie waren ja weitaus länger in der Regierungs-
verantwortung, in unterschiedlichsten Koalitionen. Ich
nenne Ihnen nur zwei Steuererhöhungen, die Sie
seit 1990 beschlossen haben – fairerweise muss man sa-
gen: als Gegenfinanzierung der Sonderkosten der deut-
schen Einheit; darüber ist heute überhaupt noch nicht ge-
sprochen worden –: Erstens. Versicherungsteuer von
5 Prozent auf 15 Prozent verdreifacht. Zweitens. Von Ih-
ren Erhöhungen der Mineralölsteuer haben Sie den
Bürgern letztendlich nichts zurückgegeben, wie das zu-
mindest in bestimmten Bereichen nach Ihrer Regie-
rungszeit passiert ist. Das hat schon mehr mit Abkassie-
ren zu tun als das, was Sie eben mit Ihrem Zwischenruf
zum Ausdruck bringen wollten.

Ich will einen zweiten Punkt ansprechen – das war
schon beeindruckend für mich –: Bisher haben die
Freien Demokraten hier an diesem Rednerpult, in Aus-
schussberatungen und natürlich auch gegenüber der Be-
völkerung immer von weiteren Steuersenkungen ge-
sprochen. Darauf haben Sie heute, jedenfalls solange ich
hier gesessen habe, keinen Bezug genommen. Sie schei-
nen also zumindest, was Haushalts- und Finanzpolitik
angeht, in der Realität angekommen zu sein; denn auch
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass kein Landes-
finanzminister – auch da nicht, wo Sie noch Regierungs-
verantwortung tragen – ernsthaft über weitere Steuersen-
kungen nachdenkt respektive bereit wäre, einer solchen
Senkung im Bundesrat zuzustimmen.

Aber es wird noch abenteuerlicher, was das Verhalten
der Freien Demokraten angeht: Die Landesregierung
von Nordrhein-Westfalen hat, wenn ich richtig infor-
miert bin, im Bundesrat die Erhöhung der Mehrwert-
steuer abgelehnt, und zwar unter maßgeblicher Beglei-
tung des kleineren Koalitionspartners, der FDP.


(Otto Fricke [FDP]: Aha!)


Allerdings schreibt der „Westfälische Anzeiger“ vom
15. Juni, dass diese Einnahmen im Etat letztlich schon
veranschlagt sind.


(Ulrike Flach [FDP]: Stimmt aber nicht!)


Das hat nichts mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahr-
heit zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
FDP. Da liegen Sie falsch. Auch das muss man hier in al-
ler Deutlichkeit zum Ausdruck bringen.


g
A

b
z

m
u
r
b
m
E
F
d
d
E
s
d
H
w
m

t
s
n
g

l
S
u
u
s
m
n
d
w
H
g
d
h

C

l
S

(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das ist eine Ente!)


Frau Kollegin Flach, wenn Sie mir in den nächsten Ta-
en belegen können, dass das, was im „Westfälischen
nzeiger“ steht, nicht wahr ist,


(Ulrike Flach [FDP]: Aber nur, wenn es stimmt!)


in ich gerne bereit, meine Meinung in dieser Hinsicht
u ändern.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist alles?)


Wenn man sich den Haushalt 2006 anschaut, wird
an feststellen, dass auch bei den Mehreinnahmen ab

nd zu – aus welchen Gründen auch immer, wider besse-
es Wissen oder absichtlich – falsche Informationen ver-
reitet werden. Es geht um die Frage der Mehreinnah-
en durch die – ich gebe zu, eine sehr bittere Pille –
rhöhung der Mehrwertsteuer. Wir sollten bei dieser
rage und bei einigen anderen auch darauf hinweisen,
ass alle öffentlichen Haushalte, also die des Bundes,
er Länder und der Kommunen, Not leidend sind. Die
innahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung werden
ich im Rahmen des Finanzausgleichs vom Bund über
ie Länder bis zu den Kommunen vorteilhaft auswirken.
offentlich werden die Mehreinnahmen nicht mehr oder
eniger in den Portemonnaies einiger Landesfinanz-
inister bleiben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die große Koali-
ion der gemeinsamen nationalen Anstrengung, das ge-
amtwirtschaftliche Wachstum zu steigern und die Fi-
anzen langfristig auf eine solide Basis zu stellen,
erecht wird.

Zum Schluss meiner Ausführungen habe ich die herz-
iche Bitte, dass sich sowohl die linke als auch die rechte
eite dieses Hohen Hauses bei dieser Arbeit konstruktiv
nd nachvollziehbar einbringt. Die Bezeichnung rechte
nd linke Seite gilt übrigens unabhängig davon, wo man
teht. Da die Grünen in der Mitte sitzen und gemeinsam
it meiner Fraktion bis 2005 diese Haushalts- und Fi-

anzpolitik zu verantworten hatten, wäre ich Ihnen sehr
ankbar – ganz besonders auch dem Kollegen Bonde –,
enn Sie das so fortführen könnten, wie Sie das in den
aushaltsberatungen zumindest bis November 2005 ei-
entlich immer sehr konstruktiv getan haben, und wenn
er Auftritt von Ihnen heute, Herr Bonde, nicht wieder-
olt wird.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603805000

Das Wort hat der Kollege Norbert Königshofen,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Königshofen (CDU):
Rede ID: ID1603805100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Ich will zu einem Teilaspekt des Haushalts
tellung nehmen, nämlich zu den Folgen von Privatisie-






(A) )



(B) )


Norbert Königshofen
rungen von bundeseigenen Unternehmen für den
Bundeshaushalt. Es gibt ja nur nicht gesellschaftspoliti-
sche, betriebs- und volkswirtschaftliche Gründe, so et-
was vorzunehmen, sondern die Privatisierung bringt in
der Regel auch ein wenig Geld in unsere Bundeskasse.
Ich erinnere daran, dass es in den vergangenen Jahren
durch die Privatisierung der Lufthansa, der Deutschen
Post und der Deutschen Telekom namhafte Erlöse für
den Bundeshaushalt gab. Im April dieses Jahres haben
wir beschlossen, 74,9 Prozent der Anteile an der Deut-
schen Flugsicherung zu verkaufen. Hier rechnen wir
vielleicht noch nicht in 2006, aber spätestens in 2007 mit
Erlösen von weit über 1 Milliarde Euro für den Bundes-
haushalt.

Zurzeit wird über den Börsengang der Deutschen
Bahn AG diskutiert. Es gibt ein Gutachten der Booz
Allen Hamilton GmbH und zwei verschiedene Grund-
modelle, je nachdem, ob der Börsengang mit oder ohne
Netz durchgeführt wird. Geht die Bahn mit dem Netz an
die Börse, dann können wir nur bis zu 49,9 Prozent ver-
kaufen, da der Bund nach Art. 87 e des Grundgesetzes
mit über 50 Prozent Eigentümer bleiben muss. Der Erlös
für den Haushalt wird sich dann zwischen 5 und
8,7 Milliarden Euro belaufen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ein lächerlicher Betrag!)


Das geht jedenfalls aus dem Gutachten hervor. Trennen
wir Netz und Betrieb, bleibt das Netz also beim Bund,
dann kann der Betrieb bis zu 100 Prozent privatisiert
werden. Hier rechnet man mit Erlösen von
14,6 Milliarden Euro.

Der Vorstand der DB AG ist für den Börsengang mit
Netz. Die Frage lautet also, welche Vor- und Nachteile
für den Bundeshaushalt zu erwarten sind.

Kurz zur Erinnerung, dass mit der Bahnreform 1993
folgende Ziele verfolgt wurden: geringere Belastung des
Bundes, mehr Verkehr auf die Schiene und Wettbewerb.
Die neu geschaffene DB AG wurde komplett entschul-
det. Der Bund übernahm 68,45 Milliarden DM an Alt-
schulden, was nach heutigem Geld 35 Milliarden Euro
sind.

Nach dem Deutsche Bahn Gründungsgesetz vom
27. Dezember 1993 sollte eine organisatorische und
rechnerische Trennung der Bereiche Personennahver-
kehr, Personenfernverkehr, Güterverkehr und Fahrweg
vorgenommen werden. Diese sollten dann als neu ge-
gründete Aktiengesellschaften ausgegliedert werden.
Die Holding Deutsche Bahn AG sollte nur kontrollie-
rende und koordinierende Aufgaben haben und später
eventuell sogar aufgegeben werden. Das ist damals von
den beiden Koalitionsfraktionen Union und FDP so be-
schlossen und auch von der Opposition – auch von der
SPD – mitgetragen worden.

Leider ist diese Bahnreform nicht konsequent umge-
setzt worden.


(Beifall bei der FDP)


Man muss sagen: Mit Duldung der letzten Regierung hat
seit 2000 eine Rezentralisierung stattgefunden. Das Er-

g
w
9
n
V
v
D
1

r
n
s
E
g
z
d
f
m
g

D
g
z

S
V

o
g
z
d
8
o
v
s

w
E
d
W
B
c

m
t
h

w
d
s
B

(C (D ebnis sieht heute so aus: Die Ziele sind nicht erreicht orden. Der Bund zahlt für das System Schiene jährlich bis 19 Milliarden Euro, je nachdem, ob man die Bedieung der Altlasten mitrechnet oder nicht. Der Anteil des erkehrs auf der Schiene ist nicht signifikant größer als or zehn Jahren. Der Wettbewerb hält sich in Grenzen. ie DB AG hat erneut Schulden in Höhe von 9,7 Milliarden Euro angehäuft. Hinzu kommt das, was wir in den letzten Tagen erfahen mussten: Es geht um eine gesetzeswidrige Zuordung von Immobilien auf die einzelnen Bereiche. Wir leen und hören jetzt: Nach Verhandlungen hat es eine inigung zwischen Verkehrsminister und Bahnvorstand egeben, nach der die Immobilien innerhalb des Konerns wieder richtig zuzuordnen sind. Nun muss man em Herrn Minister Tiefensee bei aller Koalitionsreundschaft sagen: Das Management eines Unternehens, das zu 100 Prozent dem Bund gehört, ist kein leichwertiger Verhandlungspartner. er Bahnvorstand hat das Deutsche Bahn Gründungsesetz zu beachten und Anweisungen des Eigentümers u befolgen; sonst muss er gehen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)


ollten die erhobenen Vorwürfe stimmen, müssen die
erantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Der Bundestag soll noch in diesem Jahr entscheiden,
b die Kapitalprivatisierung mit oder ohne Netz vor-
enommen wird. Der Wiederbeschaffungswert des Net-
es beträgt 150 Milliarden Euro. Laut Gutachten erhält
er Bund für die Hälfte von Netz und Betrieb maximal
,7 Milliarden Euro. Können wir, so frage ich als Abge-
rdneter – das gilt auch für die Regierung –, überhaupt
ertreten, die Hälfte des Netzes an Private fast zu ver-
chenken?


(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)


Der Rückkauf ist eine andere Frage. Was passiert,
enn wir zurückkaufen müssen, weil beispielsweise in
uropa geklagt wird oder, wie in England geschehen,
as Netz verrottet und der Staat zurückkaufen muss?
ie hoch sind dann der Preis und die Belastung für den
undeshaushalt? Sicherlich wird der Preis ein Vielfa-
hes des heutigen Verkaufserlöses betragen.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


„Fresh money“, also neues Geld, für das Unterneh-
en ist die nächste Frage. Was bleibt dann, Herr Minis-

er Steinbrück, vom Verkaufserlös für den Bundeshaus-
alt übrig,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Schulden!)


enn Sie aus dem Verkaufserlös Milliardenbeträge wie-
er zurück in das Unternehmen pumpen müssen? Auch
tellt sich bei dieser Gelegenheit die Frage: Muss der
und überhaupt an einem weltweit operierenden Logis-






(A) )



(B) )


Norbert Königshofen
tikunternehmen beteiligt sein? Auch diese Frage muss
man einmal grundsätzlich klären.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was geschieht bei notwendigen Kapitalerhöhungen?
Wie ausgeführt, muss der Bund wegen des Netzes mehr
als 50 Prozent behalten und dann bei Kapitalerhöhungen
mitgehen. Was wird uns das kosten? Das Netz muss un-
terhalten werden. Wem immer es gehört, aus der Sicht
der Bürger ist die Politik für das Netz verantwortlich.
Für private Eigentümer sind Investitionen in das Netz
betriebswirtschaftlich nicht vertretbar; denn die Bahn
verdient im Kerngeschäft kaum Geld. Im Nahverkehr
verdient sie zwar etwas Geld, aber sie ist von Struktur
und Höhe der staatlichen Bezuschussung auch in Zu-
kunft abhängig. Ohne Regionalisierungsmittel sähe das
alles andere als rosig aus. Also muss der Staat das Netz
unterhalten.

Nun soll es eine Leistungsfinanzierungsvereinbarung
geben. Der Bund verpflichtet sich, zehn Jahre lang jähr-
lich 2,5 Milliarden Euro für das Netz an die DB AG zu
zahlen. Schon jetzt zahlen wir im Schnitt der Jahre
3,5 Milliarden Euro. Also sind 2,5 Milliarden Euro ein
wenig tief gegriffen.

Dann stellt sich natürlich die Frage: Wie viel Einfluss
haben wir auf die Verwendung? Das Beispiel mit der fal-
schen Zuordnung der Immobilien hat unseren Einfluss
deutlich gemacht; denn dies ist nur durch einen Bericht
des Bundesrechnungshofes an den Haushaltsausschuss
bekannt geworden. Ansonsten hätten dies die Herren in
den Ministerien wahrscheinlich gar nicht gemerkt. Ich
bezweifle, dass wir einen größeren Einfluss haben wer-
den.

Deswegen ist es auch kein Wunder, dass sich in zwei
Anhörungen des Deutschen Bundestages nur die Vertre-
ter der DB AG und der Gewerkschaft Transnet – das ist
die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands – für
den Börsengang mit Netz ausgesprochen haben. Die
überwältigende Mehrheit der Sachverständigen, der Be-
troffenen und der Experten hält den Weg eines Börsen-
gangs mit Netz für falsch.

In einer Haushaltsdebatte ist es wichtig, Dinge anzu-
sprechen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir reden in der Regel immer über Dinge, die schon er-
ledigt und abgehakt sind. Die Opposition kritisiert das
dann und wir verteidigen das. Das ist aber nicht zielfüh-
rend. Wir müssen vorher über diese Fragen sprechen,
und zwar auch hier, nicht nur in kleinen Runden. Die Be-
ratung des Haushalts ist ein guter Anlass dafür. Denn die
Verantwortung tragen wir alle.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


t

G
z

b
z
f
n
w
e
a
d

a
v
d
F
s
d
g
r

n
d
W
E
S
n

n
f
s
a

(C (D Wir alle – auch die Regierung – müssen uns sehr kriisch mit den außerordentlich hohen Haushaltsrisiken es geht um zweistellige Milliardenbeträge, um die rößenordnung deutlich zu machen – auseinander set en. Der Staat darf auch nicht erpressbar sein, eispielsweise wenn das Netz zur Hälfte ihm gehört und ur anderen Hälfte in privater Hand ist und die DB AG eststellt, dass sie es mit 2,5 Milliarden Euro jährlich icht unterhalten kann, uns den Ball wieder zuspielt und ir auf die Forderungen – seien es 3,5 Milliarden, seien s 4,5 Milliarden Euro – eingehen. Es geht doch nicht n, dass ein großes Unternehmen die Führung der Bunesrepublik an der Nase herumführt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit Ihrer Fraktion?)


(Zuruf von der SPD: Richtig!)


Als Abgeordneter, zumal als Mitglied des Haushalts-
usschusses, sehe ich es als meine Aufgabe an, den Bund
or unübersehbaren Risiken zu bewahren und vorhan-
ene Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Im
alle der geplanten Kapitalprivatisierung der DB AG
cheint es mir deshalb dringend geboten zu sein, sich auf
as zu besinnen, was uns die Väter der Bahnreform vor-
egeben haben: Sie wollten eine Privatisierung aller Be-
eiche mit Ausnahme des Netzes.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Respekt!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603805200

Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt.
Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zu-

ächst zur Abstimmung über den Einzelplan 08 – Bun-
esministerium der Finanzen – in der Ausschussfassung.
er stimmt für diesen Einzelplan? – Gegenstimmen? –

nthaltungen? – Damit ist der Einzelplan 08 mit den
timmen der Koalition gegen den Rest des Hauses ange-
ommen.

Abstimmung über den Einzelplan 20 – Bundesrech-
ungshof – in der Ausschussfassung. Wer stimmt da-
ür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die-
er Einzelplan mit den Stimmen des ganzen Hauses
ngenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.5 auf:
a) Einzelplan 07

Bundesministerium der Justiz

– Drucksachen 16/1307, 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Lothar Binding (Heidelberg)

Dr. Ole Schröder
Dr. Claudia Winterstein
Roland Claus
Anna Lührmann






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
b) Einzelplan 19

Bundesverfassungsgericht

– Drucksache 16/1324 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Lothar Binding (Heidelberg)

Dr. Ole Schröder
Otto Fricke
Dr. Dietmar Bartsch
Anna Lührmann

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung europäischer Richtlinien zur Verwirkli-
chung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

– Drucksachen 16/1780, 16/1852–
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

d) Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

– Drucksache 16/1736 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jerzy
Montag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Jan Korte und weiterer Abgeordneter

Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch
den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen

– Drucksache 16/1622 –

ZP 1 Beratung des Antrags der Fraktion der FDP

Bürokratie schützt nicht vor Diskriminie-
rung – Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
ist der falsche Weg

– Drucksache 16/1861 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Zum Einzelplan 07 liegt ein Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen, wobei

d
M
L
M
d

S
W

n

D
r
s
d
G
d
f
s
r
v
s
u
D
s
w
g
e
1
r
l
s
V


d
l
R
p
t

d
g

(C (D ie Fraktionen der CDU/CSU und der SPD jeweils zwei inuten zusätzlich und die Fraktionen der FDP, Die inke und des Bündnisses 90/Die Grünen jeweils eine inute zusätzlich erhalten. – Dazu höre ich keinen Wi erspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe der Kollegin abine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP-Fraktion, das ort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Menschen wollen in rechtlich verlässlichen Strukturen frei und sicher leben. Rechtspolitik schafft den Ausgleich zwischen dem Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit und ihrem grundgesetzlich garantierten Recht auf Freiheit. ieses Zitat steht am Anfang Ihrer Koalitionsvereinbaung, Frau Ministerin. Es ist inhaltlich richtig. Aber wie ieht die Rechtspolitik der schwarz-roten Koalition in en ersten acht Monaten tatsächlich aus? Sie haben die eltungsdauer eines verfassungsrechtlich äußerst beenklichen Gesetzes, des Zollfahndungsdienstgesetzes, ür anderthalb Jahre verlängert. Der Entwurf eines Geetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses zum Euopäischen Haftbefehl, den Sie in einem zweiten Anlauf orgelegt haben, wurde in einer Expertenanhörung charf kritisiert: zu unbestimmt, zu wenig Rechtsschutz nd Nachteile für im Ausland straffällig gewordene eutsche, die sich in Deutschland für dieselbe Tat nicht trafbar gemacht hätten. Sie sollen nicht rücküberstellt erden. Die Verfassungswidrigkeit des Luftsicherheitsesetzes aus der letzten Legislaturperiode, von Liberalen ingeklagt und vom Bundesverfassungsgericht am 5. Februar 2006 festgestellt, hat innerhalb der Bundesegierung zu einer gespenstischen Debatte über die Mögichkeit einer Umgehung des Urteils und des Grundgeetzes ausgelöst. Stattdessen hätte dieses missglückte orhaben endgültig ad acta gelegt werden müssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1603805300

Das alles trägt nicht dazu bei, dass sich der Bürger
wie in der Koalitionsvereinbarung zu Recht eingefor-

ert – sicherer fühlt und dass Rechtssicherheit gewähr-
eistet wird. Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres
echtsstaates ist das wichtigste Gut, das wir als Rechts-
olitiker insbesondere bei den Beratungen über den Jus-
izhaushalt zu verteidigen haben.


(Beifall bei der FDP)


Der Justizhaushalt kann mit Sicherheit nicht entschei-
end zur Sanierung des Gesamthaushalts 2006 beitra-
en.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Kleinvieh macht auch Mist, Frau Kollegin!)







(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Es gibt zwar einige Ansätze, deren Sparpotenzial nicht
vollständig ausgeschöpft wird. Hier können die Mittel
möglicherweise niedriger angesetzt werden; das wäre in
Ordnung.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das sagen alle!)


Aber sonst, denke ich, sind wir uns im Großen und Gan-
zen einig: Der Justizhaushalt ist nicht dazu da, entschei-
dend zur Sanierung des Bundeshaushalts beizutragen.

Es ist entscheidend, dass die Justiz, die Gerichte in
Bund und Ländern, die Anerkennung – auch in dieser
Debatte im Bundestag – bekommen, die sie verdient ha-
ben und brauchen; denn das Vertrauen der Bürgerinnen
und Bürger in die Justiz, sowohl in die oberste Gerichts-
barkeit als auch in die Gerichte der Länder, ist mit am
größten. Unsere Justiz leistet hervorragende Arbeit und
genießt hohes Ansehen. Deshalb dürfen – meistens fis-
kalisch orientierte – Überlegungen zu einer Justiz-
reform, die in erster Linie die Einschränkung des
Rechtsschutzes sowie die Beschränkung des Zugangs
der Bürgerinnen und Bürger zu den Gerichten, wenn es
um niedrige Streitwerte geht, zum Ziel haben, nicht wei-
ter verfolgt werden.


(Beifall bei der FDP)


Frau Justizministerin, Sie haben hier unsere Unter-
stützung im Bundestag. Sie wissen, dass sich gerade der
Bundestag über alle Fraktionsgrenzen hinweg für Ihre
Position immer stark gemacht hat. Ich weiß angesichts
der Diskussionen und der Vorschläge der Länder – das
ist parteipolitisch neutral gemeint –, dass Sie diese Un-
terstützung brauchen.

Ich möchte noch ein anderes für unsere Justiz und ihr
Ansehen wichtiges Vorhaben – es liegt zwar noch kein
Gesetzentwurf vor, wohl aber ein Referentenentwurf –
erwähnen. Sie wollen ein großes Familiengericht er-
richten. Wir halten das auch im Hinblick auf eine bessere
Übersichtlichkeit und das Zusammenführen vieler Strei-
tigkeiten für einen richtigen Weg. Aber wir sehen die ge-
plante „Scheidung light“ kritisch, weil gerade die Wahr-
nehmung der Interessen der Schwächeren bei einer
Scheidung – das sind heutzutage meistens Frauen; das
können in zehn Jahren aber auch Männer sein – nicht
ausreichend gewährleistet ist. Deshalb halten wir es für
dringend notwendig, dass in jedem Fall eine anwaltliche
Beratung gegeben ist, sodass nicht der ökonomisch Stär-
kere den Schwächeren beim Versuch, eine einvernehmli-
che Regelung zu erzielen, über den Tisch ziehen kann.


(Beifall bei der FDP)


Frau Ministerin, es gibt eine Fülle von Vorhaben, die
in der Koalitionsvereinbarung angekündigt werden. Ich
bedauere, dass bis heute noch nicht einmal ein Zeitplan
für die Beratung eines wichtigen Vorhabens, nämlich der
Neuordnung der Telekommunikationsüberwachung
in der Strafprozessordnung, hier im Bundestag und in
den Ausschüssen vorliegt. Es gibt seit einigen Jahren
ausreichend Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die
sich mit Bundes- und Landesgesetzen befasst haben und
die klar dazu auffordern, auch politisch, die Telekommu-
nikationsüberwachung anders auszugestalten.

S
d
h
h
m
i

h
ß
S
V
S
e
r
t
B
V
a
b
a
l

W
n
d
g
s
d
s
z
d
F
d
a
d
b

r
a
R
l
h
S
w

(C (D (Zuruf von der SPD: Das hat allerdings nichts mit dem Haushalt zu tun!)


ie haben das in der Koalitionsvereinbarung als Notwen-
igkeit angesprochen, aber bisher hat das Thema über-
aupt noch keine Rolle gespielt. Ich fordere Sie auf – ich
offe, Sie kommen dem nach –, möglichst schnell zu-
indest Eckpunkte vorzulegen, damit wir darüber hier

m Bundestag, wohin es gehört, beraten können.

Die Europäische Union mit ihren Initiativen und Vor-
aben spielt gerade in der Rechtspolitik eine immer grö-
ere Rolle. Hierbei geht es wirklich im Kern um das
elbstverständnis des Deutschen Bundestages, um das
erhältnis von Exekutive und Legislative und um den
tellenwert, den der Bundestag hat. Deshalb haben wir
inen Gruppenantrag mit initiiert, der die Bundesregie-
ung auffordert, sich mit einem Vorhaben, das extrem kri-
isch ist und in der letzten Legislaturperiode im gesamten
undestag sehr kritisch gesehen wurde, nämlich mit der
orratsdatenspeicherung, in einer bestimmten Weise
useinander zu setzen. Die Vorratsdatenspeicherung ist
eschlossen worden. Wir fordern die Bundesregierung
uf, mit ihren Möglichkeiten – nur sie hat solche Mög-
ichkeiten; wir haben sie nicht – dagegen vorzugehen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


arum? Weil es keine Rechtsgrundlage für die Richtli-
ie gibt. Das ist nicht aus der Luft gegriffen. Das Urteil
es EuGH zum Passagierdatenübereinkommen hat auf-
ezeigt, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gab. Jetzt
tützen Sie sich auf genau dieselbe Rechtsgrundlage, die
ort angeführt worden war. Das hat keinen Bestand. Las-
en wir uns doch nicht durch den EuGH immer wieder
u Reaktionen veranlassen, sondern machen wir es an-
ers! Machen Sie von der Bundesregierung, machen Sie,
rau Justizministerin, von den Möglichkeiten Gebrauch,
ie es gibt! Ich fordere CDU/CSU- und SPD-Kollegen
uf, diesem Antrag zuzustimmen; denn nur dann macht
er Bundestag von seinen Machtmöglichkeiten Ge-
rauch.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich darf zum Schluss –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603805400

Ganz zum Schluss!


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1603805500

– einen ausdrücklichen Dank sagen an die Mitarbeite-

innen und Mitarbeiter im Justizministerium, an alle, die
n diesem Haushalt mitgewirkt haben, auch an den
echtsausschuss. Ich würde mich natürlich sehr freuen,

iebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns nicht nur
ier sehen würden, sondern auch übermorgen in einer
itzung des Rechtsausschusses, die jetzt leider abgesagt
orden ist.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603805600

Das Wort hat der Kollege Lothar Binding, SPD-Frak-

tion.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1603805700

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den rechtspoliti-
schen Inhalten und zu den Aufgaben, die das Ministe-
rium hat und erledigt, möchte ich mich nicht äußern,
weil wir in der Haushaltsdebatte sind. Ich möchte vor-
nehmlich die haushaltspolitische Seite etwas beleuchten.

Da kann ich an den Dank anschließen, den die Kolle-
gin Leutheusser-Schnarrenberger schon zum Ausdruck
gebracht hat.


(Zuruf von der SPD: Das ist auch das Einzige, woran man anschließen kann!)


Ich denke, dass die Berichterstatter – ich möchte sie nen-
nen: Es sind außer mir Dr. Ole Schröder, Dr. Claudia
Winterstein, Roland Claus und Anna Lührmann sowie
zu Einzelplan 19 noch Otto Fricke und Dr. Dietmar
Bartsch – mit der Unterstützung durch die Ministerin
Brigitte Zypries, aber auch durch den Ministerialrat
Dr. Vogel und durch die Direktorin beim Bundesverfas-
sungsgericht Frau Dr. Bahnstedt sehr zufrieden sein
konnten. Ich glaube, dass sie exzellente Unterstützungs-
arbeit geleistet haben, als es darum ging, unsere schwie-
rigste Aufgabe zu bewältigen, nämlich die globale Min-
derausgabe aufzulösen.

Man wird es kaum glauben: Je kleiner der Haushalt,
umso komplizierter scheint es, eine globale Minderaus-
gabe aufzulösen. Die Aufgabe war, immerhin
9 Millionen Euro zu sparen. Bei einem Haushalt, dessen
Volumen kaum über 300 Millionen Euro beträgt, ist das
eine sehr große Aufgabe, vor allem mit Blick darauf,
dass in einem solchen Haushalt bis zu 86 Prozent Perso-
nalkosten sind – das ist für viele vielleicht gar nicht so
transparent – und damit die Einsparmöglichkeiten be-
kannterweise sehr gering sind. Deshalb möchte ich dem
Ministerium danken. Diese Kooperation war nicht
selbstverständlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich möchte auf zwei kleine Einzelheiten eingehen, die
im Ministerium immer eine wichtige Rolle spielen und
die zu einer besonderen Aufgabe geführt haben. Das
BMJ kümmert sich maßgeblich um das Deutsche
Patent- und Markenamt. Das ist auch wieder eine
wichtige Angelegenheit; denn durch den Deckungsbei-
trag, also durch die Gebühren, die dort erhoben werden,
wird das Ministerium zu einem ganz großen Teil gegen-
finanziert. Hierfür ist aus Haushältersicht ein sehr großes
Lob angebracht.

Hier gab es aber ein Problem: Über die Jahre hatten
sich mehr als 100 000 Bearbeitungsfälle aufgestaut.
Brigitte Zypries und ihre Vorgängerin hatten deshalb ein
Stauabbaukonzept entwickelt und umgesetzt. So wird
seit knapp zwei Jahren dieser Rückstau abgebaut. Wir
können davon ausgehen, dass neben den jährlich hinzu-

k
b
b
t

i
E
f
b
b
f
u
M
z

m
k
c
e
5
d
d
r
ä
m
w
g
g
t
n

u
d
c
n

g
1
o
d
n
H
m
o
P
z
M
r
e
g
l

r
Z
F
S

(C (D ommenden 30 000 Patentfällen auch die aufgestauten is zum Jahr 2009 abgearbeitet sein werden. Wir glauen, dass das ein sehr gutes Konzept ist, solche Bearbeiungsrückstände abzubauen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das ist auch für die wirtschaftliche Entwicklung bedeutsam!)


Dann gibt es eine weitere Neuerung, die sehr wichtig
st. Sie trägt den schönen Namen ELSA; das steht für
lektronische Schutzrechtsakte und umfasst die Ein-

ührung einer vollständig IT-gestützten Vorgangsbear-
eitung in den Schutzrechtsbereichen Patente- und Ge-
rauchsmuster. Die Unterstützung dieses Bereichs stellt
ür das Ministerium einen besonderen Schwerpunkt dar
nd deshalb wurde auch schon im Haushaltsentwurf des
inisteriums vorgesehen, diesen Haushaltstitel deutlich

u erhöhen, nämlich um 9 Millionen.

Diesen Haushaltsansatz möchte ich zum Anlass neh-
en, einmal über unser Politikverständnis nachzuden-

en. Die Linke hatte, wohl wissend, dass der ursprüngli-
he Haushaltsansatz insgesamt schon um 9 Millionen
rhöht wird, den Antrag gestellt, ihn um weitere
Millionen zu erhöhen, ohne dabei sicherzustellen, dass

iese Mittel überhaupt gebraucht werden und sinnvoll in
ie Projektarbeit dieses Jahres einfließen können. Wa-
um mich diese Art von Politikverständnis besonders ge-
rgert hat, möchte ich an einem kleinen Beispiel deutlich
achen: Bevor ich in den Bundestag gewählt wurde,
ar ich Planer und habe für die Universität Heidelberg
roße EDV-Netze für 10 000 bis 15 000 Arbeitsplätze
eplant und habe so etwas Ähnliches auch für die Indus-
rie gemacht. Dabei habe ich zwei Kategorien von Pla-
ern kennen gelernt:

Es gibt Planer, die für ihre Planung beliebig viel Geld
nd einen großen Zeitvorrat haben. Diese planen sehr
etailliert; das Projekt wird immer schöner, größer, di-
ker. Der Plan landet dann aber – das wissen diese Pla-
er meistens schon von vornherein – im Regal.

Dann gibt es Planer – zu denen gehörte ich –, die
roße Projekte planen, für die vielleicht
0 000 Komponenten erforderlich sind, die eine Größen-
rdnung von 30 bis 50 Millionen Euro umfassen und bei
enen viele hundert Menschen und möglicherweise auch
och mehr beteiligt sind. Denken Sie etwa an ein großes
ochregallager mit 50 000 Palettenplätzen, das Zusam-
enspiel von vielen Maschinen, verkettete Fertigung

der ein Ausgangslager. Wenn Sie nun anfangen, den
lan zu verwirklichen, merken Sie bald, dass es kompli-
iert wird. Schließlich geht es an die Inbetriebnahme.
an schaltet ein, aber es funktioniert nicht. Das kann da-

an liegen, dass ein Denkfehler gemacht wurde, jemand
ine Komponente mit nach Hause genommen hat, ir-
endein Bagger ein Kabel durchtrennt hat oder ein Feh-
er bei der Bedienung gemacht wurde.

Deshalb geht man in der Praxis nicht so vor, sondern
eserviert sich für die Inbetriebnahme einen längeren
eitraum und lässt den Vorstand der auftraggebenden
irma erst nach drei, sechs oder gar neun Monaten den
chalter zur Inbetriebnahme umlegen, weil dann das






(A) )



(B) )


Lothar Binding (Heidelberg)

System eingeschwungen ist, die Fehler ausgemerzt sind
und alles gut funktioniert. Man hat also seine ursprüngli-
chen Planungen in dieser Phase an die realistischen
Möglichkeiten angepasst.

So ähnlich ist es in der Politik auch. Es gibt zwei Sor-
ten von Leuten, die Programme machen: Die einen ma-
chen das geniale Programm, das meistens noch etwas di-
cker, noch etwas schöner, noch etwas größer und teurer
ist, und nehmen sich dafür beliebig viel Zeit. Der kleine
Antrag, den die PDS gestellt hat, zeigt beispielhaft, dass
hier die realistischen Möglichkeiten überschätzt wurden.
Ich nehme das nur als Beispiel für einen systemischen
Ansatz, sich politisch entsprechend zu verhalten. Auch
mit anderen Beobachtungen kann man das leicht bele-
gen: Was ist nämlich passiert, als Planer dieser Kategorie
die Chance hatten, ihren Plan umzusetzen? Oskar
Lafontaine ist als Superminister kurze Zeit nach der In-
betriebnahmekatastrophe geflüchtet. Auch Gregor Gysi,
davon nicht sehr verschieden, ist geflüchtet, kaum dass
er die Chance hatte, seine Pläne wirklich umzusetzen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles richtig, aber was hat das mit dem Justizhaushalt zu tun?)


Deshalb glaube ich, mit diesem Ansatz kann man Op-
positions- und Regierungspolitik charakterisieren und
die möglichen und realistischen Politikansätze von jenen
unterscheiden, deren Antragsteller gleich wissen, dass
sie keine Realisierungschance haben. Letzteres halte ich
für eine unseriöse Politik.

Mit dem Hinweis auf meinen beruflichen Hintergrund
und die Beobachtung, wie Regierungs- und Oppositions-
politik hier gegeneinander gestellt werden, möchte ich
schließen, aber nicht ohne Ihnen den Lösungsansatz von
jemandem zu zeigen, der von mir eine kleine Aufgabe
gestellt bekommen hat. Viele von Ihnen wissen, dass ich
oft einen kleinen Bleistift an eine Jacke hefte, den man
mit etwas Geschick ablösen kann. Ich sage Ihnen, wie
Ulrich Maurer dieses Problem gelöst hat: Er hat ihn
durchgebrochen.

Das war eine Lösung, der ich nicht folgen will.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, schade um den Bleistift!)


Ich glaube deshalb, dass es sehr gut ist, einen Haushalt
wie diesen zu haben, mit seriösen Anträgen der Regie-
rungskoalition, einen Haushalt, der realistisch, konse-
quent und mit unseren Zielsetzungen auch zukunftswei-
send ist.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603805800

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Nešković, Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


D
T
l
H
d
b

p
d
e
n
f
c
p
G
l
t
w
m
e
i

n
v
b
n

D
I
B
d
d
f
d
w
c

n
V


M

r
P
s
ß
H
S
R

B

(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten amen und Herren! Im vierten Nachwendejahr äußerte heo Sommer in der „Zeit“ die Überlegung, der Kapita ismus habe gar nicht gesiegt, er sei nur übrig geblieben. eute, 16 Jahre nach dem gewaltigen Umbruch, werden ie Wahrheit und die Tragik dieses Satzes vom übrig geliebenen Kapitalismus für uns alle erkennbar. Die Bundesrepublik war weit davon entfernt, eine erfekte Gesellschaft zu sein. Aber unter der Herrschaft es Grundgesetzes hat sie sich immerhin zu einem Staat ntwickelt, der sich ernsthaft bemühte, den Menschen icht nur Freiheit und Selbstverwirklichung zu verschafen, sondern ihnen auch zu sozialer Sicherheit und Chanengleichheit zu verhelfen. Man hat bewiesen, dass Kaitalismus und soziale Ziele nicht notwendigerweise egner sein müssen. Die Wiedervereinigung Deutsch ands stand unter dem Versprechen, diesen Erfolg zu halen und weiter auszubauen. Wir erleben heute jedoch, ie die Erfolge des sozialen Rechtsstaats hinwegreforiert werden. So gewinnt das eingangs verwandte Zitat rst heute seine wirkliche Bedeutung: Übrig geblieben st heute der Kapitalismus. Die politische Mehrheit in diesem Hause schämt sich icht einmal dafür, dass sie die Werkzeuge des Abrisses on Errungenschaften aus Jahrzehnten als Reformen ezeichnet. Eine Reform reißt soziale Errungenschaften icht nieder, sondern schafft soziale Errungenschaften. ie Anerkennung der Gewerkschaften als Vertreter der nteressen der Arbeitnehmer – das war eine Reform. Die indung der drei Gewalten an das Sozialstaatsprinzip – as war eine Reform. Die Einrichtung und der Ausbau er Arbeitnehmermitbestimmung – das war eine Reorm. Eine Reform erkennen Sie immer daran, dass sie ie Position der Schwachen stärkt. Keine Reform ist es, enn die Schwachen der Gesellschaft für ihre Schwä hen auch noch büßen müssen. Hartz IV ist dabei nur die Spitze des Eisberges in eiem kalten Meer neoliberaler Maßnahmen, in dem die erlierer der Gesellschaft frierend ertrinken. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Völliger Blödsinn!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1603805900

(Beifall bei der LINKEN)


Sie sollten darüber keine Scherze machen. Für viele
enschen ist das bittere Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein, das ist zynisch!)


Der Erfolg des sozialen Rechtsstaates Bundesrepublik
uhte auf vier stabilen Säulen. Als erste der Säulen ist die
flicht zur Einrichtung eines sozialstaatlichen Rechts-
ystems zu nennen, zu dem Arm und Reich gleicherma-
en Zugang haben. Der Gerichtssaal nivelliert die soziale
erkunft für die Dauer der Verhandlung. Er ist die
chicksalskorrektur, wenn es um die Durchsetzung des
echts geht.

Sie können dem Einzelplan 19 entnehmen, dass dem
undesverfassungsgericht zukünftig rund 1 Million Euro






(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
weniger zur Verfügung stehen. Ähnliches können Sie
den Haushaltsplänen der Länder entnehmen. Dieser Ab-
wärtstrend in Ausstattung und Besetzung der Gerichte
trifft zuerst diejenigen, die den Gleichmacher Recht am
dringendsten benötigen: die Schwachen in der Gesell-
schaft.


(Zuruf von der SPD: So ein Unsinn!)


Ganz im Trend der Zeit legte der Bundesrat kürzlich
einen wirklich schaurigen Gesetzentwurf zur Neurege-
lung der Prozesskostenhilfe vor. Der Entwurf sieht
ganz erhebliche Erschwernisse für die Gewährung der
Prozesskostenhilfe vor. Um Ihnen nur den unerträglichs-
ten Neuregelungsvorschlag zu nennen: Allein die Prü-
fung der Gewährung der Prozesskostenhilfe soll eine
Zahlungspflicht von 50 Euro für jeden Bürger auslösen,
dessen monatliches Einkommen nur 100 Euro über dem
Existenzminimum liegt. Das ist also die Praxisgebühr im
Gerichtssaal. Wenn das Gesetz wird, dann werden viele
in unserem Land feststellen, dass sie sich sogar ihren
von der Verfassung garantierten Justizgewährungsan-
spruch nicht mehr leisten können. Übrig geblieben ist
der Kapitalismus.

Ich komme zur zweiten Säule des sozialen Rechts-
staates. Verwandt mit dem sozialen Recht ist der An-
spruch, ein Recht zu schaffen, das mit Besonderheiten
angemessen umgeht und dabei den Grundsatz der Billig-
keit beachtet.


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Ihre Rede ist billig!)


Ein Recht um jeden Preis ist Unrecht. Als die alte Bun-
desrepublik fünf neue Länder dazu brachte, sich in den
Geltungsbereich des Grundgesetzes zu begeben, da ver-
pflichtete sie sich, mit den Besonderheiten des Ostens
gerecht umzugehen. Das bedeutete die Pflicht, grobe
Unbill zu korrigieren. Das bedeutet aber auch die Pflicht,
lang Gewachsenes anzuerkennen.

Man hat die Rechtsfigur des getrennten Gebäudeei-
gentums nicht anerkannt, sondern den Häuschen- und
Garageneigentümern lediglich Übergangsfristen einge-
räumt, nach deren Ablauf sie ihr Eigentum faktisch ent-
schädigungslos verlieren.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! So ist es!)


Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der
mit dem Ablauf dieser Fristen Entschädigungsleistungen
in der Höhe des Zeitwerts vorsieht.


(Beifall bei der LINKEN)


Da der Antrag von uns kommt, werden Sie ihn erwar-
tungsgemäß ablehnen. Übrig geblieben ist der Kapitalis-
mus.

Ich komme zur dritten Säule des sozialen Rechtsstaa-
tes. Ein dritter Grund für die Erfolge der alten Bundesre-
publik bestand darin, dass man am Ende, trotz aller Mei-
nungsverschiedenheiten und heftiger Streitigkeiten, für
mehr Gleichheit unter den Menschen sorgte. Um dieses
Ideal von der Gleichheit der Menschen ging es auch bei
den Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäi-

s
s
g
g
h

e
D
w
t

b


r

D
d
n
n
m

a
m
u

p
d
K

E
S
t
d
E
n
g
D
a
j
M
a

f
s
n

(C (D chen Union, die längst in innerdeutsches Recht umzuetzen waren. Indem diese Aufgabe erst lustlos angeganen, dann wiederholt verschleppt wurde, ist deutlich eworden, was Sie von diesem politischen Erbe heute alten. Der Entwurf des AGG, den Sie heute in die Beratung ingebracht haben, hat der Wirtschaft viel Sorge bereitet. ie Wirtschaft wird ihre Ängste rasch los sein. Der Enturf ist nur ein schüchternes Schäfchen in einem gewal igen Wolfskostüm. Ein ganz wesentlicher Mangel ist die fehlende Verandsklage für Antidiskriminierungsverbände. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Um Himmels willen!)


(Beifall bei der LINKEN)


Genau. Um Himmels willen! Der Kapitalismus ist üb-
ig geblieben.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Oh je! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der arme Theo Sommer! Er wird missbraucht!)


ort, wo Ihr Mut, Ihre Veränderungsbereitschaft beson-
ers gefragt gewesen wären, nämlich bei der Anerken-
ung der sozialen Herkunft als Merkmal für Diskrimi-
ierung, haben Sie gekniffen. Die soziale Herkunft sucht
an in Text und Begründung des Entwurfs vergeblich.

Zu den ganz alltäglichen Benachteiligungen bestens
usgebildeter und hoch intelligenter Jobbewerber aus ar-
em Elternhaus empfehle ich Ihnen statt Polemik und

nqualifizierter Zwischenrufe Michael Hartmanns Buch
Der Mythos von den Leistungseliten“. Darin wird em-
irisch aufbereitet, dass die soziale Herkunft weit be-
eutsamer für eine Karriere ist als aller Fleiß und alle
lugheit.


(Beifall bei der LINKEN)


Trotz dieser schwer wiegenden Mängel wäre dieser
ntwurf noch von einem gewissen Wert gewesen, hätten
ie nicht den Anspruch auf Abschluss einen Arbeitsver-

rages ausdrücklich ausgeschlossen. Was also hat der
iskriminierend abgewiesene Arbeitsuchende von Ihrem
ntwurf? Wenn es ihm überhaupt gelingt, die Diskrimi-
ierung nachzuweisen, dann erhält er nicht etwa die be-
ehrte Stelle, sondern hat Anspruch auf Schadenersatz.
amit geben Sie dem Abgewiesenen Geld an die Hand

nstelle einer Chance im Leben. Fortan kann sich also
eder ausrechnen, was ihn die Diskriminierung seines

itmenschen kostet. Lohnt sie sich oder ist sie mit Blick
uf die Gesamtbilanz bereits ineffektiv?


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind ja zynisch!)


Heribert Prantl


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der hat noch gefehlt!)


ragte unlängst völlig zu Recht, ob wir wirklich eine Ge-
ellschaft wollen, in der der Wert des Menschen am Li-
eal des Ökonomen gemessen wird.






(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts gegen Ökonomen! Keine Diskriminierung von Ökonomen am Rednerpult!)


Übrig geblieben ist ganz offenbar der Kapitalismus.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habt ihr das denn alles im Realsozialismus gehabt? Hattet ihr dort ein Antidiskriminierungsgesetz? Hattet ihr dort unabhängige Richter wie Sie, Herr Nešković?)


Ich komme zur vierten und letzten Säule des sozialen
Rechtsstaates. Die vierte Säule ist die Begrenzung staat-
lichen Handelns durch die Grundrechte. Auch hier trei-
ben Sie heute Pfusch am Staatsbau. Die Liste der Grund-
rechtsverletzungen per Gesetzesverabschiedung, die
Ausdruck Ihres politischen Grundverständnisses sind, ist
lang: großer Lauschangriff, Zollfahndungsdienstgesetz,
Europäisches Haftbefehlgesetz, Luftsicherheitsgesetz,
Rasterfahndung, Jugendstrafvollzug. Man kann sagen:
Verfassungsbruch im Fortsetzungszusammenhang.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Immer wieder musste Ihnen das Bundesverfassungs-
gericht in den Arm fallen, weil Sie jeden Respekt vor der
Verfassung und ihren Werten verloren haben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das Verhältnis Ihrer Fraktion zu der Verfassung werden wir noch einmal überprüfen!)


Mit bisher nicht bekannter Schärfe hat Ihnen das Bun-
desverfassungsgericht beim Luftsicherheitsgesetz ins
Stammbuch geschrieben, dass das Parlament mit diesem
Gesetz die Kernvorschrift unserer Verfassung verletzt
hat. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass
die Annahme des Gesetzgebers, der Staat sei berechtigt,
unschuldige Menschen vorsätzlich zu töten, unter der
Geltung des Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes schlechter-
dings unvorstellbar sei. Sie haben sich dies nicht nur
vorgestellt. Nein, Sie sind weit darüber hinausgegangen.
Sie haben ein solches Gesetz gemacht. Niemals zuvor in
der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Gesetzgeber
ein Gericht gebraucht, um in Erfahrung zu bringen, dass
es falsch sei, Unschuldige durch den Staat vorsätzlich zu
töten.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Nun kommt die Tränendrüse des Herrn Bundesrichters! – Joachim Stünker [SPD]: Nun reicht es aber!)


– Es reicht in der Tat, was Sie mit diesem Staat und sei-
ner Verfassung machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Noch etwas anderes ist in diesem Zusammenhang
neu: Ihr Verfassungsbruch im Fortsetzungszusammen-
hang ruft Allianzen hervor, die ich mir früher nicht hätte
vorstellen können. Ihnen liegt heute ein Gruppenantrag
aller drei Oppositionsfraktionen zur Vorratsdatenspei-
cherung vor, den Sie annehmen sollten.

D
R
N



m
g
i
R

u
2
i
s

D
f
G
n
W
w
S
u

D

z
d
d
s
D
k
w

C

(C (D (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein! – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Sie sollten Vernunft annehmen!)


er Antrag bezweckt die Überprüfung der europäischen
ichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im Wege der
ichtigkeitsklage.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wenn Sie den empfehlen, dann zweifeln wir sofort!)


So einfach strukturiert denken Sie; das ist wahr.


(Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ja, das ist so!)


Die Freiheitsrechte waren bislang für nahezu jeder-
ann – ob links oder konservativ – eine Grundbedin-

ung des demokratischen Staates. Ich frage mich: Was
st aus diesem Grundkonsens geworden? Ist er noch
ichtlinie der Politik, die Sie machen?

Frau Bundeskanzlerin Merkel sagte vor deutschen
nd amerikanischen Wirtschaftsvertretern am 6. Mai
006 in New York, das „demokratische Modell“ stehe
m Wettbewerb der globalen Wirtschaft auf dem „Prüf-
tand“. Sie sagte wörtlich:

… man kann nicht von einer Überlegenheit der De-
mokratie sprechen, wenn die ökonomischen Erfolge
ausbleiben …

iese Formulierung, Herr Kampeter, zeugt von einem
undamentalen Missverstehen unserer Verfassung. Das
rundgesetz enthält, wie allgemein – und somit auch Ih-
en – bekannt ist, keine Festlegung auf ein bestimmtes
irtschaftssystem. Aber dieses Grundgesetz enthält sehr
ohl eine ganz eindeutige Festlegung auf das politische
ystem. Es handelt sich nämlich um die Demokratie –
nd nur um die.


(Beifall bei der LINKEN)


a gibt es keinen Bedarf für Wettbewerb.

Übrig geblieben ist der Kapitalismus, der den in Jahr-
ehnten geschaffenen Schutz der Schwachen beseitigt,
er sich der Politik mit seinen Interessen als Entschei-
ungsprimat aufzwingt, der seinen ökonomischen Zielen
ogar demokratische Grundprinzipien opfern möchte.
as ist die Politik, die wir von der Linksfraktion be-
ämpfen. Dafür sind wir gewählt worden; dafür stehen
ir hier.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Armes Deutschland!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603806000

Das Wort hat der Kollege Dr. Ole Schröder, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt bring mal ein bisschen Niveau in die Debatte!)







(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1603806100

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nešković, Ihre
Rede war ein Griff in die Mottenkiste des Sozialismus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie haben davon gesprochen, was insbesondere in der
Bundesrepublik Deutschland, in unserem Heimatland,
übrig geblieben ist und was nicht. Nicht übrig geblieben
ist der Sozialismus.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Nicht übrig geblieben ist der Überwachungsstaat. Nicht
übrig geblieben ist der Kommunismus.


(Zurufe von der LINKEN)


Übrig geblieben ist die soziale Marktwirtschaft. Dafür
sollten wir dankbar sein.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir sollten diese soziale Marktwirtschaft und die
Demokratie weiter verteidigen und nicht auf so eine un-
flätige Art und Weise beschimpfen, wie Sie das hier zum
Teil getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sind im Haushaltsausschuss und auch hier im
Parlament sachliches Arbeiten gewöhnt. Ich danke Ih-
nen, Frau Ministerin, und insbesondere dem Hauptbe-
richterstatter, Herrn Binding, und den Mitberichterstat-
tern für die sachliche und gute Zusammenarbeit im
Rahmen der Haushaltsberatung.

Das Bundesjustizministerium erfüllt, wie ich meine,
zwei wichtige Funktionen, zum einen die Gesetzgebung
und die Gesetzesanwendung im Bereich der Justiz und
ihrer Behörden. Zum anderen erfüllt das Justizministe-
rium eine wichtige Querschnittsaufgabe für alle Minis-
terien. Das Bundesjustizministerium ist nämlich dafür
verantwortlich, die gesetzgeberischen Aktivitäten auf
nationaler und immer mehr auch auf internationaler
Ebene zu ordnen. In der Vergangenheit ist die Zahl na-
tionaler Gesetze stetig gestiegen. Hinzu kamen die euro-
päische Gesetzgebung und die internationalen Verträge,
die wir in deutsches Recht umsetzen müssen. Gleichzei-
tig ist die Regelungskomplexität extrem gestiegen. Hier
kommt das Justizministerium ins Spiel: Die Vielzahl der
unterschiedlichen Bausteine muss zu einem stimmigen
Gesamtbild zusammengefügt werden. Ein stimmiges
Rechtssystem muss erhalten werden. Leider verhält es
sich hier wie mit einem komplexen Puzzle: Je mehr Teile
vorhanden sind und je komplexer die Form dieser Teile
ist, desto schwieriger ist es, sie richtig zusammenzuset-
zen.

Ohne im Einzelnen auf die Inhalte einzugehen: Das
Antidiskriminierungsgesetz ist ein besonders gutes
Beispiel für diese Problematik. Diesem Gesetz liegen
bekanntermaßen viele Richtlinien zugrunde.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Vier!)


O
s
z
m

u

o
e
f

i
A
s
b
e
i
w
G

d
g
u
h
j
G

m
F
s
u

z
d
o
z
W
w
a
r
h
t
I
H
b

D
w
G
J
v

(C (D b die ehemalige Ministerin Künast genau wusste, was ie tat, als sie diesen Richtlinien auf europäischer Ebene ugestimmt hat, mag einmal dahingestellt bleiben. Wir üssen jedenfalls mit diesen Richtlinien leben nd sie in deutsches Recht umsetzen, (Norbert Geis [CDU/CSU]: Wir müssen mal darüber nachdenken, wer diese Richtlinien verbrochen hat!)


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Leider!)


bwohl sie eher angloamerikanischen Rechtstandards
ntstammen. Das ist eine schwierige Aufgabe, nicht nur
ür das Bundesjustizministerium.

Unser deutsches Rechtssystem befindet sich in einem
nternationalen Wettbewerb. Dadurch gewinnt die
ufgabe, einen in sich stimmigen Rechtsrahmen zu

chaffen, zusätzlich an Bedeutung. Wie in jedem Wett-
ewerb ist auch hier Stillstand der erste Schritt dahin, die
igene gute Position zu verlieren. Also müssen wir uns
mmer wieder die Frage stellen, was noch verbessert
erden kann. Hier hilft natürlich auch ein Blick über die
renze, ein Blick in andere Rechtssysteme.

Im Bereich des Unternehmensrechts konnte man
en Handlungsbedarf leicht erkennen, da in der Vergan-
enheit immer mehr Unternehmen die englische Limited
nd nicht die deutsche GmbH als Rechtsform gewählt
aben. Insofern ist es richtig, dass vonseiten des Bundes-
ustizministeriums auf diese Entwicklung mit einer

mbH-Reform reagiert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Eine weitere wichtige Aufgabe, die das Bundesjustiz-
inisterium als Querschnittsfunktion innehat, ist die
örmlichkeitsprüfung aller Gesetze. Wir haben zwei we-
entliche Probleme: zum einen die extreme Regelungs-
nd Bürokratiedichte, die kaum noch überschaubar ist
der neu eingesetzte Normenkontrollrat wird hier anset-
en; die Koalition hat einen Anfang gemacht –, zum an-
eren die Unverständlichkeit von Gesetzen. Das ist ein
ft unterschätztes Problem. Hier besteht großes Poten-
ial, unser Rechtssystem noch effizienter zu gestalten.
enn Bürgerinnen und Bürger nicht mehr verstehen,
as staatliche Stellen formulieren, dann wenden sie sich

b. Wenn Unternehmen Gesetze aufwendig interpretie-
en müssen, entstehen unnötige Kosten. Ich verzichte
ier auf unnötige Stilblüten zur Belustigung aller. Wich-
ig ist, dass wir das Problem ernst nehmen und anpacken.
ch bin froh, dass wir in der Bereinigungssitzung des
aushaltsausschusses die Weichen hierfür gestellt ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


as Bundesjustizministerium – da bin ich mir sicher –
ird Wächter über eine verständliche Sprache in den
esetzen sein. Es freut mich, dass wir Signale von der

ustizministerin empfangen haben, dass dieses Problem
erstärkt angepackt wird.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Petra Pau)







(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
Wesentliches Merkmal der beiden Einzelpläne, die wir
heute beraten – Justiz und Bundesverfassungsgericht –,
ist, dass in ihnen die Personalkosten dominieren. Das be-
deutet nicht, dass wir bei den Beratungen nicht auch an-
dere Positionen kritisch beleuchtet hätten. Insbesondere
im Hinblick auf den Haushalt 2007 wird wieder kritisch
zu fragen sein, ob es sinnvoll ist, dass der Bund eine kri-
minologische Zentralstelle mit Bundesmitteln fördert,
oder ob das nicht beispielsweise die Universitäten ma-
chen können.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Geld genug kriegen sie ja!)


Wir werden kritisch hinterfragen, ob es sinnvoll ist, dass
das Institut für Menschenrechte aus drei unterschiedli-
chen Haushalten finanziert wird und damit die Transpa-
renz verloren geht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Entscheidend bei den Einzelplänen sind die Personal-
kosten. Darüber sind wir uns im Klaren. Das Problem
bei den Personalkosten ist, dass sie sich langfristig aus-
wirken und stetig wiederkehrend anfallen. Deshalb müs-
sen wir gerade bei den Personalkosten besonders aufpas-
sen. Falsche Entscheidungen wirken sich langfristig
negativ aus, nicht nur in dem jeweiligen Haushaltsjahr.
Das beste Beispiel hierfür ist die Regelung der Alters-
teilzeit. In der Vergangenheit sind hervorragende Beam-
tinnen und Beamte in den Vorruhestand geschickt wor-
den. Diese Politik, die ein Irrtum war, ist von uns in der
Vergangenheit noch finanziell unterstützt worden. Wir
haben das Problem erkannt und angepackt. Aber die
Kosten treffen uns heute und sie werden uns weiterhin
treffen. Der Schaden im Haushalt bleibt.

Auf die weiteren Positionen der Einzelpläne will ich
nicht weiter eingehen. Wir haben diese Einzelpläne mit
großer Übereinstimmung beschlossen, mit Ausnahme ei-
niger Anträge der FDP, die sich eher willkürlich über
den Einzelplan Justiz verteilt haben. Das Volumen dieser
Anträge ist selbst in Relation zu den kleinen Einzelplä-
nen – sie machen wenig mehr als ein Tausendstel des
Gesamthaushalts aus – geringfügig.

Wichtig bei den Beratungen war das Deutsche Pa-
tent- und Markenamt. Hier werden bundesweit die Pa-
tente und Marken angemeldet. Während der Beratungen
gab es einerseits den Antrag von der Fraktion der Lin-
ken, die Mittel wesentlich zu erhöhen, zum anderen den
Antrag der Fraktion der FDP, die Mittel wesentlich zu
kürzen. Ich denke, dass wir mit dem von uns gewählten
Mittelweg richtig liegen. Die Entscheidung der letzten
Jahre, zusätzliche Prüfer einzustellen, trägt langsam
Früchte. Die Prüfer sind jetzt ausgebildet. Der Anmel-
destau der letzten Jahre bei den Patentanmeldungen kann
behoben werden.

Aufgrund der Komplexität der Materie ist leider nur
eine langfristige Steuerung möglich. Wir haben jetzt den
Turnaround geschafft und sind auf einem guten Weg.
Diese Tendenz ist aus zwei Gründen sehr erfreulich: Ei-
nerseits ist das Deutsche Patent- und Markenamt für den
Innovationsstandort Deutschland von herausragender
Bedeutung. In keinem anderen Patentamt in Europa ge-

h
s
w
e

V
h
s
o
n
s

I
d
d
d
m
b
a
d
n

g
d
s

t

i
n
a
s

r
c
r
U
d
d
d

E
S
m
g
b

(C (D en so viele Anträge ein wie in Deutschland. Anderereits – das ist für den Haushaltsausschuss erfreulich – erirtschaftet das Deutsche Patentund Markenamt sogar inen kleinen Überschuss. Ich möchte am Schluss meiner Ausführungen auf die eränderungen eingehen, die wir im kommenden Hausaltsjahr zu beraten haben. Ich nenne etwa das neu zu chaffende Bundesamt für Justiz. Wichtig bei der Rerganisation wird sein, dass wirklich Kosten gesenkt und icht nur Beamte mit ihrem Wunscheinsatzort Bonn verorgt werden. ch halte die Maßnahme organisatorisch für sinnvoll. In ieser Bundesbehörde werden die Aufgaben des Buneszentralregisters und der nichtministeriellen Bereiche es Justizministeriums gebündelt und das Bundesjustizinisterium kann sich dann auf die wesentlichen Aufga en, die ich beschrieben habe, konzentrieren. Das ist vor llen Dingen im Hinblick auf das Jahr 2007 wichtig, in em wir die Präsidentschaft im Europäischen Rat überehmen. Da kommen eine Menge Aufgaben auf uns zu. Ich bedanke mich noch einmal für die guten Beratunen und hoffe, dass wir die Einzelpläne 19 und 07 für as nächste Haushaltsjahr genauso kritisch und kontruktiv beraten werden. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gute Rede!)


(Daniela Raab [CDU/CSU]: So ist es!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603806200

Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag für die Frak-

ion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603806300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will

n Erinnerung rufen, dass wir unter diesem Tagesord-
ungspunkt nicht nur über den Justizhaushalt, sondern
uch über den Gruppenantrag gegen die Vorratsdaten-
peicherung diskutieren.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie vielleicht!)


Mit unserem Gruppenantrag fordern wir die Bundes-
egierung auf, gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspei-
herung Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Ge-
ichtshof zu erheben und bis zu einer Entscheidung keine
msetzung in deutsches Recht vorzunehmen. Ich will an
ieser Stelle allen 130 Kolleginnen und Kollegen, die
iesen Gruppenantrag unterstützen, ganz ausdrücklich
anken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s zeugt nicht von großem Mut und parlamentarischem
elbstbewusstsein, dass sich trotz mannigfacher Zustim-
ung hinter vorgehaltener Hand bis heute keine Kolle-

in und kein Kollege der Koalition zur Unterstützung
ereit gefunden hat.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Der Deutsche Bundestag hat sich in der letzten Legis-
laturperiode eindeutig und einstimmig dagegen ausge-
sprochen, dass in der EU und in Deutschland von Privat-
firmen Daten der Telekommunikation auf Vorrat
gesammelt und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfü-
gung gestellt werden müssen. Grundlegende rechtstaatli-
che Bedenken, besonders hinsichtlich des Schutzes von
persönlichen Daten von Abermillionen von Menschen,
waren dafür ausschlaggebend. Auch wenn die jetzige
große Koalition hierbei inzwischen eingeknickt ist, in ei-
nem Punkt herrscht in diesem Hause immer noch Einig-
keit: Die Speicherung von Daten auf Vorrat und deren
Zurverfügungstellung für Strafverfolgungsbehörden ist
keine Frage, die mit der Regelung des Wettbewerbs im
Binnenmarkt zu tun hat, sondern das gehört zum Straf-
recht, zum Strafverfahrensrecht und in den Bereich der
Gefahrenabwehr.

Die Regelung von Normen im Bereich der Strafver-
folgung gehört nicht zur originären Kompetenz europäi-
scher Gesetzgebung. Nach Art. 5 des EG-Vertrages wird
die Gemeinschaft nur im Rahmen der ihr zugewiesenen
Befugnisse tätig. Sie kann und darf sich selbst keine
Kompetenzen zuweisen. Nur mit Zustimmung aller Mit-
gliedstaaten im Rat kann die Kommission im Wege von
Rahmenbeschlüssen auf eine Harmonisierung nationaler
Vorschriften hinwirken, die damit jedoch nicht europäi-
sches Recht werden, sondern nationales Recht bleiben.

Im ersten Entwurf hinsichtlich der Speicherung von
Telekommunikationsdaten – damals war es noch ein
Rahmenbeschluss – hieß es, dass damit die justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen geregelt werden soll. In
der inzwischen verabschiedeten Richtlinie vom
15. März 2006 steht, dass damit sichergestellt werden
soll, dass die Daten zum Zwecke der Ermittlung, Fest-
stellung und Verfolgung schwerer Straftaten zur Verfü-
gung stehen. Jedem wird klar, dass Kommission und Rat
im laufenden Gesetzgebungsverfahren zwar die Pferde
gewechselt haben, der zu ziehende Wagen aber der glei-
che geblieben ist. Zur Regelung eines identischen Sach-
verhalts wurde erst ein Rahmenbeschluss angestrebt und
dann mit Zustimmung des Europäischen Parlaments eine
Richtlinie durchgesetzt.

Nun gibt es Stimmen, die sagen, für eine einwand-
freie Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene sei es
zweitrangig, was man als Grundlage nimmt, wenn nur
das Europäische Parlament an dem Verfahren beteiligt
ist. Ich meine, dass wir als Initiatoren des Gruppenantra-
ges deswegen eine Antwort auf die Frage schuldig sind,
warum wir trotz der Beteiligung des Europäischen Parla-
ments darauf bestehen, dass die Kompetenzregeln der
Europäischen Gemeinschaft nicht beliebig austauschbar
sind, sondern strikt eingehalten werden müssen.

Zwei Argumente sprechen dafür: Bei den Kompe-
tenzregeln handelt es sich um rechtsstaatliche Grundla-
gen der Europäischen Gemeinschaft. Es würde politi-
schen Opportunitätserwägungen und in der Konsequenz
jeder Willkür Tür und Tor geöffnet, wenn sich die Ge-
setzgebungsorgane der Europäischen Gemeinschaft
nicht an die ihnen zugewiesenen Kompetenzen halten
würden. Es geht um den Schutz der Bürger- und Grund-

r
d
g
d
u
d
d

k
r
K
u
b
g
d
w
a

m
B
s
u
m
d

u
r
s
s
u
s
J
f
t
d
m
s
b
r

r
d
d
g
a
k
r
g
r
u
s
G
b
o
m
d
e

(C (D echte in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen; as ist zentral. Normen der Strafverfolgung – um die eht es – können nur da rechtsstaatlich eingehegt weren, wo ihnen verfassungsrechtlich garantierte Grundnd Bürgerrechte gegenüberstehen, die auch von einem urchsetzungsstarken Verfassungsgericht geschützt weren. Deswegen sind wir nur bereit, die Gesetzgebungsompetenz auf diesem besonders sensiblen Feld auf Euopa zu übertragen, wenn dies Hand in Hand mit der onstituierung europäischer Grundund Bürgerrechte nd einer europäischen Gerichtsbarkeit geht. Deshalb eharren wir darauf, dass wir uns im konkreten Fall geen eine europäische Richtlinie wenden, auch wenn ihr as Europäische Parlament mehrheitlich zugestimmt hat, eil die Europäische Gemeinschaft keine Kompetenz uf dem Gebiet der Strafverfolgung hat. Die Kommission und der Rat haben ihr Vorgehen dait begründet, dass sie damit einen europarechtlichen esitzstand verteidigen würden. Die Grundlage hierfür ehen sie in Art. 95 des EG-Vertrages, der die Errichtung nd das Funktionieren des Binnenmarkes behandelt. Ich eine, mit Verlaub, dass einer solchen Argumentation er Unsinn auf der Stirn geschrieben steht, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


nd zwar auch dann, wenn jetzt zwei Gutachten auf eu-
opäischer Ebene dies angeblich rechtfertigen. Inzwi-
chen liegen uns die Gutachten, die die ganze Zeit ge-
perrt waren, vor. Sie sind juristisch absolut jämmerlich
nd haben reinen Gefälligkeitscharakter. Es ist eine Ab-
urdität, dass man mit der Datenschutzrichtlinie aus dem
ahre 2002, die die Mindestnormen zum Datenschutz
estlegt, nun die Untergrabung und den Abbau des Da-
enschutzes begründen will. Es ist ebenfalls eine Absur-
ität, dass man jetzt deswegen, weil private Unterneh-
er gezwungen werden, Daten auf Vorrat zu speichern,

agt, dass dies zur Gewährleistung eines sauberen Wett-
ewerbs europarechtlich, über europäische Normen, zu
egeln ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind der Überzeugung, dass der Europäische Ge-
ichtshof, der bereits im Verfahren zu den Flugpassagier-
aten ein analoges Problem zugunsten der Grundrechte
er Menschen und zulasten einer willkürlichen Rechts-
rundlage der europäischen Rechtssetzung gelöst hat,
uch in diesem Falle richtig entscheiden würde. Es
ommt jetzt darauf an, dass Sie, meine Damen und Her-
en von der großen Koalition, uns helfen, die Bundesre-
ierung zu bitten, Klage vor dem Europäischen Ge-
ichtshof einzureichen. Dies würde konsequent zu
nserer Haltung im letzten und in diesem Parlament pas-
en, weil wir bisher immer einstimmig die fehlenden
rundlagen dieser Richtlinie gerügt haben. Deswegen
itte ich Sie: Gehen Sie noch einmal in sich, prüfen Sie,
b es nicht sinnvoller wäre, dass dieses Haus heute ge-
einsam vor den Europäischen Gerichtshof zieht! Denn

amit würden wir vermeiden, hinterher der Gelackmei-
rte zu sein, der von anderer Stelle gesagt bekommt, dass






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
wir schon wieder auf eine falsche Rechtsgrundlage abge-
stellt haben.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603806400

Das Wort hat die Bundesministerin der Justiz, Brigitte

Zypries.


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603806500

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen

und Kollegen! Lieber Herr Montag, die Flexibilität ist
zwar groß, aber irgendwo hat sie Grenzen. Ich kann
mich erinnern: Ich glaube, es war im Februar dieses Jah-
res, als der Deutsche Bundestag – ich meine, es war ein-
stimmig – die Bundesregierung aufgefordert hat, dieser
Richtlinie, gegen die nunmehr geklagt werden soll, im
Ministerrat zuzustimmen.


(Widerspruch des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– War das nicht richtig?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603806600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Montag?


(Zurufe von der CDU/CSU: Wir wollen Fußball schauen!)



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603806700

Ja.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603806800

Danke, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, es tut mir

Leid, dass ich Sie korrigieren muss. Sind Sie bereit, zur
Kenntnis zu nehmen, dass wir in der 15. Legislatur-
periode, als wir gemeinsam in der Regierungskoalition
waren, sowohl die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt
als auch die Rechtsgrundlage gerügt haben? Mit dem
neuen Beschluss des Deutschen Bundestages geben Sie
in der 16. Legislaturperiode gegen die Stimmen der Op-
position – ausschließlich mit den Stimmen der großen
Koalition – grünes Licht für die Vorratsdatenspeicherung
auf europäischer Ebene. Die Koalition selbst stellt aber
in ihrem Antrag unter Nr. 13 fest, dass Bedenken im
Hinblick auf die Rechtsgrundlage bestehen.


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603806900

Ich bin gerne bereit, das zur Kenntnis zu nehmen. Ich

bin mir nicht sicher, ob ich mich richtig erinnere.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann habe ich Ihnen geholfen!)


Ich weiß nur – insofern ist meine Erinnerung richtig –,
dass wir vielfältig über die Rechtsgrundlage diskutiert
und immer das Hohe Haus sorgfältig informiert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


E
w
d
b
h
s
c
D
s

i
W
M
d
r
a
c
h
s
W
D
l
v

P
S
n
d
m
a
r
g
w
n
h
m

E
d
E
l
s
z

k
a
e
s
d
S
m

m
g
p

r
w
m

(C (D s gab immer einen Konsens darüber, dass es besser ist, enn sich die deutsche Bundesregierung in Brüssel an en Diskussionen über die Richtlinie, die Verordnung zw. den Rahmenbeschluss beteiligt und versucht, sie inaltlich zu gestalten, als wenn sie sagt: Wenn ihr betimmte Rechtsgrundlagen heranziehen wollt, dann mahen wir nicht mehr mit und klinken uns aus der iskussion aus. – Letzteres zu vermeiden, war unser An innen. Auf Brüsseler Ebene haben wir all das, worüber wir mmer materiell, inhaltlich diskutiert haben, umgesetzt: ir haben die Speicherdauer auf das geringstmögliche aß – sechs Monate – reduziert; wir haben den Umfang er Daten, die gespeichert werden sollen, auf das geingstmögliche Maß reduziert. All das, was seinerzeit uf EU-Ebene vorgesehen war – beispielsweise die Speiherung von Anrufversuchen –, haben wir in harten Verandlungen abgewehrt. Ich habe nicht nur scherzhaft geagt, Deutschland habe den Oscar für den größten iderstand auf Brüsseler Ebene im letzten Jahr erhalten. ie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sie haben wirk ich einen exzellenten Job gemacht – haben es geschafft, ieles von dem, was intendiert war, abzuwehren. Es gab auf der Ebene des Rates unter der englischen räsidentschaft mehrere Rechtsgutachten – nicht die, die ie eben genannt haben –, in denen es hieß, dass die unmehr gewählte Rechtsgrundlage besser sei als die anere. Wir haben notgedrungen dabei mitgemacht, um die aterielle Position nicht zu untergraben. Sie brauchen ber keine Sorgen zu haben; denn der Europäische Geichtshof wird sich mit der Rechtsgrundlage beschäftien. Irland wird nämlich auf alle Fälle klagen. Insofern ird das, was Sie anstreben, gemacht, selbst wenn wir icht dafür eintreten. Es wäre völlig unsinnig, einen Verandlungserfolg, den wir so hart erkämpft haben, nunehr zu beklagen. s ist auch in der Sache nicht nötig; denn das Ergebnis, as wir erzielt haben, beschneidet keine Bürgerrechte. s ginge jetzt allenfalls um die Frage der reinen Rechts ehre: Was ist die richtige Rechtsgrundlage? Dass es ich darüber oft zu streiten lohnt, will ich Ihnen gerne ugestehen. Jetzt sollten wir die anderen Punkte, die – außer dem ommenden Fußballspiel – heute zur Diskussion stehen, nsprechen. Ein Thema ist die erste Lesung des Gesetzntwurfes der Bundesregierung zur Umsetzung europäicher Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes er Gleichbehandlung. Wir haben in der Aktuellen tunde am 11. Mai darüber ausführlich diskutiert. Ich öchte auf zwei Punkte besonders hinweisen: Erstens. Der Kompromiss der Koalition steht. Zusamen mit der Stellungnahme des Bundesrates vom ver angenen Freitag stellt er die Grundlage für die weitere arlamentarische Beratung dar. Zweitens: Eine Bitte. Lassen Sie uns die parlamentaischen Beratungen zügig abschließen. Sie wissen, dass ir uns in erheblichem Zeitverzug befinden und uns assive Strafzahlungen von Brüssel drohen. Ich meine, Bundesministerin Brigitte Zypries dass wir die parlamentarischen Beratungen zügig abschließen können, denn wir haben bei diesem Thema kein Erkenntnisdefizit. Deshalb brauchen wir auch keine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf. Sie wissen – ich habe es am 11. Mai ausführlich dargelegt –, was das Gesetz regeln soll. Wir setzen die Richtlinien im Wesentlichen eins zu eins um. Von der Erweiterung bei den Massengeschäften des täglichen Lebens um vier Gruppen ist keine exorbitante Klagewelle zu befürchten; so etwas zu behaupten, ist absolut übertrieben und geht an der Sache vorbei. Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seifert? Ja, aber kurz; ich höre dann auch früher auf. Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich glaube, Fragen müssen immer kurz sein. Können Sie mir bitte erklären, warum in allen europäischen Ländern „Antidiskriminierungsgesetze“ verabschiedet werden, nur in Deutschland ein „Gleichbehandlungsgesetz“? (Markus Grübel [CDU/CSU]: Sprachlich viel schöner! Positiv besetzt! Sie sind halt „anti“!)


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])





(A) )


(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603807000
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603807100
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603807200

(Daniela Raab [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)


Gibt es denn in Deutschland keine Diskriminierung?
Oder fürchten Sie den Begriff? Oder was ist sonst der
Grund?


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603807300

Materiell ist es derselbe Regelungsgehalt, es gibt

keine Differenz: Es geht um die Umsetzung der europäi-
schen Richtlinien, bei der wir, wie ich glaube, richtig ge-
handelt und zu der wir vernünftige Vorschläge gemacht
haben. Die Frage ist nur, wie man das Ganze nennt.
Noch einmal: Ich wäre sehr dankbar, wenn wir dieses
Gesetz zügig verabschieden könnten; denn Sie wissen,
dass uns Strafzahlungen drohen und dass wir handeln
müssen.

Ich will einen weiteren Gesichtspunkt ansprechen, der
bei der ersten Lesung unseres Haushalts eine Rolle ge-
spielt hat. Damals war es der Kollege Montag, der kriti-
siert hatte, dass die Gesamtausgaben für das Bundesver-
fassungsgericht im Jahre 2006 um 1 Million Euro
abgesenkt würden. Heute hat der Kollege Nešković die-
ses auch noch einmal behauptet.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss man nicht in einem Atemzug nennen! – Gegenrufe von der CDU/CSU: Doch, doch! Das ist deutlich!)


– Das ist nur die folgerichtige Aufzählung derjenigen,
die kritisieren und denen ich die Lektüre der Haushalts-
pläne ans Herz legen würde. Wenn Sie sie lesen, wird

s
A
l
k
s
e
d
D

g
E
O
i
f

I
d
k
d
z
k
m
g
D
k
G
z
v

v
B
d
a

M

n

r
c
l
w
d
f
d

1)

(C (D ich Ihnen nämlich erhellen, dass dieser Betrag auf die bsenkung eines Bautitels zurückgeht. Sie wissen viel eicht – wenigstens Herr Montag weiß es; er war ja ürzlich mit mir in Karlsruhe –, dass das Bundesverfasungsgericht einen Erweiterungsbau errichtet. Dafür gibt s einen speziellen Bautitel. Dieser Bautitel wird, wie as immer ist, mit dem Baufortschritt abgeschmolzen. as Bauwerk wächst, der Bautitel schmilzt, (Beifall des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


enauso ist es auch hier: Es gibt im Haushalt 1 Million
uro weniger, weil das Bauwerk Fortschritte macht.
hne diesen Bautitel hat das Bundesverfassungsgericht

m Jahre 2006 sogar über rund 200 000 Euro mehr ver-
ügt als im letzten Jahr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch sage das auch deshalb, weil der Präsident des Bun-
esverfassungsgerichts kürzlich öffentlich darüber ge-
lagt hat, dass die Anzahl der eingehenden Klagen in
en ersten fünf Monaten des Jahres 2006 im Vergleich
um Vorjahreszeitraum um 25 Prozent gestiegen sei. Das
önnte den Schluss nahe legen, man habe erheblich
ehr Klagen zu bearbeiten, bekomme aber zur Erledi-

ung der Verfahren weniger Geld. Das ist nicht der Fall.
eswegen ist eine solche global geäußerte Rechtsstaats-
ritik, die darin gipfelt, dass selbst das höchste deutsche
ericht nicht mehr genug Geld habe, um die Verfahren

u behandeln, leider fehlerhaft und geht an der Sache
orbei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ich hatte an und für sich
or, einen größeren rechtspolitischen Exkurs über die
edeutung der Rechtsordnung Deutschlands zu machen;
en gebe ich jetzt aber zu Protokoll und wünsche Ihnen
llen einen schönen Nachmittag.1)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603807400

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege
ontag.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Wir wissen es – die Grünen werden es nie begreifen!)



Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603807500

Wir sehen uns nachher beim Fußball wieder, aber

och ist es nicht so weit.

Frau Bundesministerin, Sie haben in Ihrer Rede ge-
ade gesagt, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspei-
herung, die Sie ausverhandelt haben und die letztend-
ich ins europäische Gesetzblatt hineingeschrieben
orden ist, die Rechte der Bürger nicht mehr beschnei-
en würde. Diese Aussage von Ihnen ist, um es milde zu
ormulieren, kühn: Immerhin führt diese Richtlinie dazu,
ass von Millionen von Menschen, gegen die keinerlei

Anlage 2






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Tatverdacht besteht, für die Dauer von sechs Monaten
– in Deutschland; in anderen Staaten vielleicht länger –
viele persönliche und sensible Daten gespeichert wer-
den. Ich meine, dass eine solche Speicherung nach dem
Datenschutzrecht und nach allgemeinem Rechtsver-
ständnis für sich bereits ein erheblicher, grundrechtsrele-
vanter Eingriff in die Rechte der Bürger ist.

Zum Zweiten haben Sie gesagt, dass die von mir an-
gesprochenen beiden Gutachten auf der europäischen
Ebene nicht die einzigen seien, die es gebe und durch die
die These bestätigt würde, dass die gewählte Rechts-
grundlage für Europa die richtige sei. Dazu will ich Ih-
nen sagen, dass wir uns über Monate hinweg um alle
möglichen Gutachten in dieser Frage bemüht haben.
Nachdem wir lernen mussten, dass auf europäischer
Ebene Rechtsgutachten Geheimsachen sind, und es uns
gelungen ist, zwei von ihnen entpflichtet zu bekommen,
damit wir sie lesen können, wären wir Ihnen sehr dank-
bar, wenn Sie uns auch alle anderen Schriftstücke und
Rechtsgutachten benennen, damit wir diese studieren
und dann vielleicht zu einer Einschätzung kommen kön-
nen.

Zum Schluss will ich Sie selbst zitieren und Ihnen sa-
gen, dass ich mich über das gefreut habe, was Sie nach
der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur
Übermittlung der Flugpassagierdaten gesagt haben. Ich
darf Sie zitieren: Für die Vorratsdatenspeicherung steht
nun das Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichts-
hof offen. – Um nichts anderes bitten wir Sie. Wir erwar-
ten von Ihnen als Bundesregierung, dass Sie jetzt vor
dem Europäischen Gerichtshof klagen; denn nur Sie sind
klageberechtigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1603807600

Herr Montag, es geht nicht um die Speicherung einer

Vielzahl sensibler Daten, sondern es geht um die Frage,
wer mit wem eine Verbindung gehabt hat. Um das noch
einmal ganz klar zu sagen: Es geht überhaupt nicht um
Inhalte. Diese werden nicht gespeichert. Sie wissen, dass
90 Prozent dieser Daten auch heute schon gespeichert
werden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir!)


In Deutschland ist das so.

In Deutschland ist die Telekom der größte Anbieter
und bei der Telekom werden alle diese Daten, über die
wir jetzt reden, längst zu Abrechnungszwecken gespei-
chert.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht sechs Monate lang!)


Man kann doch nicht so tun, als sei das alles nicht die
Wirklichkeit in diesem Land.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist doch irgendwann auch naiv und völlig übertrie-
ben. Lassen Sie uns gerne darüber diskutieren, was Ein-

g
h

n
n
b
s
z
V

g
w
h
a

u
z
n
w
s
d
n
a
z
s
r
f

d

b
E
g
S
z
s
S
g
u
s

a

(C (D riffe sind! Aber nehmen Sie auch zur Kenntnis, was ier im Einverständnis aller Telefonbenutzer geschieht! Die Menschen wissen, dass ihre Daten zu Abrechungszwecken gespeichert werden. Das müssen sie ämlich erfahren, wenn sie diese Verträge unterschreien. Die Strafvollzugsbehörden können auch heute chon auf diese Daten zugreifen. Das ist in der Strafproessordnung so vorgesehen. Das nur zu der Frage der ielzahl sensibler Daten. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wozu gibt es dann die Richtlinie?)


Bezüglich der Gutachten will ich mich im Hause
erne kundig machen, damit wir abgleichen können,
elche Gutachten gemeint sind. Ich hatte Sie vorhin in-
altlich anders verstanden. Vielleicht habe ich Sie da
ber auch missverstanden.

Es bleibt dabei: Ich meine, dass wir für Deutschland
nd für die Sache extrem gute Ergebnisse in Brüssel er-
ielt haben. Deshalb werden wir dieses Ergebnis jetzt
icht beklagen, weil es in der Sache nicht besser werden
ird. Wir haben keinen Grund, diese Klage jetzt anzu-

trengen. Wir müssen sehen, dass aufgrund der Entschei-
ung des Europäischen Gerichtshofs objektiv zur Kennt-
is zu nehmen ist, dass sich offenbar, vielleicht oder wie
uch immer eine Meinungsänderung beim EuGH voll-
ieht. Ich bin Juristin und kann die Entscheidungen le-
en. Dass Ergebnisse offener sind, als sie es vorher wa-
en, ist dann halt so. Das kann ich nicht inkriminierend
inden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603807700

Das Wort hat die Kollegin Mechthild Dyckmans für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1603807800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

en von der Frau Justizministerin schon einiges zum
ntwurf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
ehört. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU,
ie werden mir und Ihren Wählerinnen und Wählern, die
um Teil heute hier auch zuhören, aber erst einmal
chlüssig erklären müssen, warum Sie dieses Gesetz, das
ie noch vor einem Jahr heftigst bekämpft haben, jetzt
emeinsam mit der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen
nd eventuell vielleicht sogar mit der Linkspartei verab-
chieden wollen.


(Beifall bei der FDP)


In der Regierungserklärung hat die Bundeskanzlerin
m 30. November 2005 noch erklärt – ich zitiere –:

Wir haben uns vorgenommen, die EU-Richtlinien
im Grundsatz nur noch eins zu eins umzusetzen …
Wenn wir uns zusätzlich zu dem, was wir in Europa
vereinbaren – das ist oft schon bürokratisch genug;
das muss ich leider sagen –, Lasten aufbürden, dann
haben wir gegenüber unseren europäischen Mitbe-
werbern keine fairen Chancen.






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
Das, was die Bundeskanzlerin damals gesagt hat, ist
auch heute noch richtig.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/
CSU-Fraktion, Herr Röttgen, hat noch im Januar 2006
erklärt:

Den alten Gesetzentwurf wird es mit der neuen Re-
gierung nicht mehr geben.

Der Gesetzentwurf hat jetzt zwar einen neuen Titel, den
sich viele von Ihnen noch nicht merken können, aber in-
haltlich ist er derselbe geblieben. Ich habe hier eine
Synopse vorliegen. Das, was farbig markiert ist, hat sich
geändert. Wie Sie sehen, ist das sehr wenig. Inhaltlich
hat sich gar nichts geändert; das wissen Sie auch, meine
Damen und Herren von der CDU/CSU.


(Beifall bei der FDP)


Nun sagen Sie natürlich immer wieder: In einer
Koalition muss man Kompromisse machen. – Wer weiß
das besser als wir von der FDP?


(Heiterkeit im ganzen Hause – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt das zum Glück verlernt!)


Aber selbst die Frau Justizministerin muss von Ihrem
plötzlichen Einlenken sehr überrascht gewesen sein. Sie
hat noch im Dezember 2005 im Hinblick auf das Anti-
diskriminierungsgesetz bekräftigt, dass man sich im
Koalitionsvertrag geeinigt habe, Richtlinien nur noch
eins zu eins umzusetzen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


Dass diese plötzliche politische Kehrtwendung nicht
zu erklären ist, zeigt auch die Reaktion der unionsge-
führten Länder im Bundesrat. In ihrer Stellungnahme
zum Entwurf eines Allgemeinen Gleichbehandlungsge-
setzes haben die Länder am vergangenen Freitag nur zu
deutlich gemacht, was sie von dieser Kehrtwendung hal-
ten. Sie fordern eindeutig eine Änderung des Gesetzes
und eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinien.
Frau Ministerin, ich habe gehört, dass diese Stellung-
nahme des Bundesrates Grundlage der Beratungen sein
wird. Ich bin gespannt, wie Sie, meine Damen und Her-
ren von CDU und CSU, dieser Aufforderung der Minis-
terpräsidenten nachkommen. Bei einer namentlichen
Abstimmung, die wir von der FDP fordern werden, müs-
sen Sie dann Farbe bekennen.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Genau!)


Sie wollen diesen Gesetzentwurf jetzt im Schnellver-
fahren ohne eine zusätzliche Sachverständigenanhörung
durch den Bundestag jagen. Der Hinweis auf die Straf-
zahlungen greift nicht. Noch nie hat der EuGH Strafzah-
lungen festgesetzt, wenn sich ein Mitgliedstaat unmittel-
bar im Umsetzungsverfahren befunden hat.


(Jörg van Essen [FDP]: Genauso ist es!)


Das ist also kein Grund. Sie können es nicht auf die EU
schieben.

h
s
m
m
m
h
v
n

e
K
d
w
k


d
r
b
B
d

D
g
A
w
d
d
a

w
r
R
V
t
2

g
s
V
b
p
l
d

(C (D Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie andeln nach dem Motto: Augen zu und durch! Der Geetzentwurf soll schnell vom Tisch, damit Sie sich nicht ehr damit beschäftigen und Rede und Antwort stehen üssen, warum Sie jetzt genau das Gegenteil von dem achen, was Sie noch bis Januar dieses Jahres gesagt aben und was Sie überwiegend auch heute noch hinter orgehaltener Hand für richtig halten. So kann man sich icht aus der Verantwortung stehlen. Ich komme jetzt zu einigen Einzelheiten des Gesetzntwurfs. Wenn ich im Bundestagswahlkampf meinem ollegen Dr. Gehb vorhergesagt hätte, er werde einmal em von der SPD vorgeschlagenen Klagerecht der Geerkschaften zustimmen, hätte er mich für verrückt erlärt. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das hätte ich mich nie getraut!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Du hättest es wahrscheinlich noch drastischer ausge-
rückt. – Aber der Gesetzentwurf enthält dieses Klage-
echt sogar gegen den Willen der Betroffenen. Mich ha-
en Frauen und Schwule angesprochen, die sich über die
evormundung, die in diesem Gesetzentwurf steht, aus-
rücklich beschwert haben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lächerlich!)


ie weit gehenden Dokumentationspflichten der Arbeit-
eberinnen und Arbeitgeber, der hohe bürokratische
ufwand, der bei der Umsetzung des Gesetzes gefordert
ird, die Verkomplizierung des Kündigungsrechts – all
ies ist in den letzten Tagen immer wieder kritisiert wor-
en. Dies haben wir in unserem Antrag im Einzelnen
usgeführt.

Im zivilrechtlichen Bereich geht der Gesetzentwurf
eit über das von der EU Geforderte hinaus. Im Zivil-

echt gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit und damit das
echt, keine Gründe dafür benennen zu müssen, einen
ertrag abzuschließen oder zu verweigern. Bundesjus-

izministerin Frau Zypries hat dazu in einer Rede am
4. Juni 2004 ausdrücklich erklärt – ich zitiere –:

Die Freiheit für Bürgerinnen und Bürger in einem
liberalen Staat besteht auch und gerade darin, Un-
terschiede zu machen und ungleich behandeln zu
dürfen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dennoch haben wir in dem Gesetzentwurf Regelun-
en vorgesehen, die es einem Gastwirt, der regelmäßig
eine Räumlichkeiten für Familienfeiern oder politische
eranstaltungen zur Verfügung stellt, nicht mehr erlau-
en werden, diese Räumlichkeiten wegen seiner eigenen
olitischen Überzeugung einer rechtsextremen oder
inksextremen Gruppierung zu verweigern. Können wir
ies wirklich wollen?






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
Frau Zypries hat in der eben zitierten Rede zu Recht
die Meinung vertreten, ein umfassendes zivilrechtliches
Antidiskriminierungsgesetz ließe sich gar nicht vernünf-
tig regeln, jedenfalls nicht so – ich zitiere weiter –, „dass
es rechtlich einen fassbaren Mehrwert bringt“. Darin
kann ich Frau Zypries nur zustimmen. Dieses Gesetz
bringt keinen Mehrwert.

Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, lassen
Sie uns den Gesetzentwurf im Rechtsausschuss ordent-
lich beraten


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Wir beraten im Ausschuss alles ordentlich!)


und lassen Sie uns nur solche Regelungen treffen, die
notwendig sind, um die EU-Richtlinien eins zu eins um-
zusetzen.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603807900

Das Wort hat der Kollege Dr. Jürgen Gehb für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gehb, jetzt wird es schwer!)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1603808000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ich möchte zu Beginn meiner Rede die heute schon öfter
zum Ausdruck gekommene Tradition pflegen und erst
einmal als Fachpolitiker allen Haushältern für ihre zeit-
intensive und ordentliche Arbeit danken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Aber nicht nur für die Haushälter, sondern auch für
die Mitglieder des Rechtsausschusses stellten die ver-
gangenen Wochen und Monate eine Zeit besonderer Ar-
beitsbelastung dar. Schließlich fiel in diese Zeit eine be-
sondere Premiere in unserer Parlamentsgeschichte.
Ich spreche von den gemeinsamen Anhörungen des Bun-
desrates und Bundestages zur Föderalismusreform, die
aufseiten dieses Hauses federführend vom Rechtsaus-
schuss durchgeführt wurden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was folgt denn der Anhörung?)


Wie es bei Premieren üblich ist, haben alle Beteiligten
auch ein bisschen Lampenfieber. Anschließend ist man
glücklich und zufrieden, wenn die Premiere gut über die
Bühne gegangen ist. Nach meinem Eindruck sind die
Anhörungen zur Föderalismusreform gut über die Bühne
gegangen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Anhörung ist aber kein Selbstzweck!)


Das Pro und Kontra zu Dutzenden von Einzelaspek-
ten ist ausführlich beleuchtet und dargestellt worden. Ich
glaube, nicht nur im Namen meiner Fraktion zu spre-
chen, wenn ich unserem Kollegen Andreas Schmidt als

V
t
h

I
v
M
d
n
v

n
f

W
n
l
l
s

w
v
s

d
K
r
n
d
h
i
K
u
u
i

r
e
e

A
h
R
k

(C (D orsitzendem des Rechtsausschusses für seine umsichige und kompetente Leitung über sehr viele Stunden ier und heute ausdrücklich Dank sage. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


n diesen Dank sind selbstverständlich auch der Ko-
orsitzende Minister Stegner sowie alle Mitarbeiter und
itarbeiterinnen des Rechtsausschusses, dieses Hauses,

er Fraktionen und unserer Büros eingeschlossen, die
eben ihren Alltagsgeschäften zusätzlich eine Anhörung
orbereitet haben und sie auch nachbereiten werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Damit bin ich beim Thema. Die Nachbereitung steht
un ins Haus. Ich will ihr heute nicht im Detail vorgrei-
en.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei oder drei Punkte langen uns schon!)


ir alle sollten allerdings bei unserer Nachbereitung
icht den Erfolg des Gesamtprojektes aus dem Blick ver-
ieren. Schließlich geht es bei dem Reformvorhaben
etztlich auch um die Reformfähigkeit Deutschlands
elbst,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die erweist sich aber auch dadurch, dass man es richtig macht, statt irgendwas zu machen!)


ie unser Altbundespräsident Roman Herzog uns allen
or wenigen Wochen noch einmal ins Stammbuch ge-
chrieben hat.

Roman Herzog erinnert in seinem Namensartikel in
er „Süddeutschen Zeitung“ auch völlig zu Recht an die
onsequenzen, die bei einem Großprojekt wie der Föde-

alismusreform quasi unvermeidlich eintreten. Zum ei-
en bleibt so ein Kompromiss – um einen solchen han-
elt es sich bei diesem Großprojekt schließlich – immer
inter einer abstrakten Ideallösung zurück. Zum anderen
st ein in so mühsamen Verhandlungen ausgehandelter
ompromiss etwas sehr Fragiles, weil die Konzessionen
nd Gegenkonzessionen aller Seiten so fein austariert
nd ausbalanciert sind, dass schon kleine Veränderungen
hn wieder aus dem Gleichgewicht kippen könnten.

Ein solch umfassender und damit zwangläufig auch
echt unvollkommener Kompromiss – das will ich gerne
inräumen – lädt nachvollziehbar auch zu Änderungen
in.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


uch im Bereich der Justiz werden wir als Folge der An-
örung darüber reden müssen, ob beispielsweise die
egelungen zum Notariat nicht besser in der Bundes-
ompetenz bleiben.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und im Strafvollzug nicht nur das, was schon konzediert ist!)


Wir haben doch hier kein Schaulaufen veranstaltet!
Auch bei allen denkbaren Änderungen müssen wir aller-
dings immer wieder darauf achten, dass wir die Feinba-
lance nicht gefährden. Wenn wir dies nicht tun, kann da-
ran das Gesamtprojekt noch scheitern. Daran haben wir
Christdemokraten jedenfalls gar kein Interesse. Wir wol-
len endlich einen besseren Zustand als den jetzigen errei-
chen. Wir wollen eine stärkere Entflechtung der Kom-
petenzen von Bund und Länder. Wenn dies mit dem
vorliegenden Entwurf und den noch zu erfolgenden Än-
derungen machbar ist, dann sollten wir diesen Weg auch
mutig und zügig beschreiten.

Überrascht war nicht nur ich während der Anhörung
allerdings über den Widerwillen mancher Experten,
wenn es generell darum ging, Kompetenzen an die Län-
derebene abzutreten. Es scheint bei dem einen oder an-
deren schlicht in Vergessenheit geraten zu sein, dass der
Leitwert in einem demokratischen Gemeinwesen Viel-
falt heißt. Vielfalt ist nicht nur produktiv, sondern kann
paradoxerweise auch zu einer Einheitlichkeit führen, die
einer verordneten Einheitslösung haushoch überlegen
ist. Dieser Fall tritt dann ein, wenn sich ein Lösungsan-
satz findet, der so gut und überzeugend ist, dass die an-
deren ihn nachahmen. Wir Christdemokraten jedenfalls
stehen zur Vielfalt in einem freiheitlichen Gemeinwesen
wie dem unseren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wer dies im Grundsatz infrage stellt oder – anders for-
muliert – die Einheitlichkeit über alles stellt, der sollte
dann auch so konsequent sein, auf das Hohelied des Fö-
deralismus in seinen Sonntagsreden zu verzichten, und
stattdessen für das Modell eines Zentralstaats einstehen.
An seiner Seite wird man uns Christdemokraten aller-
dings nicht finden. Ich kann mich des Eindrucks nicht
erwehren, dass manche Leute den Föderalismus – quasi
als Synonym – mit Kleinstaaterei verwechseln.

Wir sollten in diesem Zusammenhang auch nicht aus
den Augen verlieren, dass wir im Verhältnis zu Europa
genau diese Vielfalt immer wieder für uns einfordern
und uns gegenüber überzogenen oder sogar absprache-
widrigen Zentralisierungstendenzen der europäi-
schen Ebene wehren und auch weiterhin wehren wollen.
An dieser Stelle möchte ich nur ein Beispiel aus diesem
Monat nennen. Das Europäische Parlament debattierte
über eine Beschleunigung der gegenseitigen Anerken-
nung und der Vollstreckung von freiheitsentziehenden
Maßnahmen innerhalb der EU, ein im Kern berechtigtes
und nachvollziehbares Anliegen. Mein Verständnis für
die Kollegen aus dem Europäischen Parlament endet al-
lerdings dort, wo es nach all den richtigen und wichtigen
Sätzen zur besseren Harmonisierung und gegenseitigen
Anerkennung in einer Mitteilung des Europäischen Par-
laments lapidar heißt: Darüber hinaus soll nach Ansicht
der Abgeordneten ein europäisches Strafrecht geschaf-
fen werden. – Ohne Ihnen auf den Leim zu gehen, Herr
Montag: Das Strafrecht gehört eindeutig nicht zur Kom-
petenz der europäischen Ebene. Es steigert auch nicht

d
d
w
S
h
r

p
Z
k
s
P
r
M

i
m

I
m
l
m
R

A
R
u
e
ü
d
n
g

o
n
a
m
Z
f
v
3
D
v
g
a
D
r
t
g
b
d
n
l
l
d
a

(C (D ie Sympathie für Europa, wenn man den Eindruck hat, ass über Umwege doch noch der Versuch gestartet ird, diese Kompetenz an sich zu ziehen. An dieser telle sollten wir als nationales Parlament einmal lautals und vernehmlich Nein sagen, auch gegenüber unseen Kollegen im Europäischen Parlament. Nun weiß man allerdings, dass über die Bande Euroas noch ganz anders gespielt wird, und zwar schon zu eiten von Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Jetzt omme ich auf die Antidiskriminierungsrichtlinien zu prechen. Unser Land hat schlicht und einfach die flicht, die vier allseits bekannten Antidiskriminieungsrichtlinien umzusetzen. Frau Dyckmans, liebe echthild, ch nehme gerne deinen Ball auf, ohne dass ich dich jeals in deinem Wahlkreis für verrückt erklärt hätte. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Wahlkreis! – Heiterkeit)


(Zurufe von der SPD und der FDP: Oh! Oh!)


ch habe bei keiner Gelegenheit einen Hehl daraus ge-
acht, dass ich bereits in den Antidiskriminierungsricht-

inien – ohne Ansehen ihrer Umsetzung – einen funda-
entalen Angriff auf unser kontinentaleuropäisches
echtssystem sehe; dazu stehe ich auch in Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ber das ändert nichts daran – das zeigt die Perfidie; die
ichtlinien sind ja nicht vom Himmel gefallen –, dass
ns die Exekutive häufig – weil sie weiß, dass sie im
igenen Parlament keine Mehrheit bekommt – geschickt
ber den Tauchsieder Europa Richtlinien zuspielt und
ass wir dann sagen müssen: Hier stehe ich und kann
icht anders. So wird es auch beim Gleichbehandlungs-
esetz sein.

Es gibt noch anderes Recht, das uns von Europa
ktroyiert wird und unter dem wir sehr leiden. Unser
ationales Planungsrecht, sowohl das materielle als
uch das verfahrensrechtliche, ist nicht beim Justiz-
inisterium angesiedelt; vielleicht wird sich Frau
ypries dieses Problems noch einmal annehmen. Das

ührt dazu, dass bei uns keine Landesstraße innerhalb
on 15 Jahren gebaut wird. Meistens dauert es über
0 Jahre. Ich wohne in Kassel an der A 44 und der A 49.
ie A 49 dümpelt jetzt schon seit 21 Jahren im Nirwana
or sich hin. Sie endet in einer So-da-Brücke. Wenn ich
efragt werde: „Was ist eigentlich eine So-da-Brücke?“,
ntworte ich: Das ist eine Brücke, die steht nur so da. –
ie A 44 ist im 17. Jahr nach der Wiedervereinigung ge-

ade mal auf einem Streckenabschnitt von drei Kilome-
er Länge fertig gestellt, was mit großem Tamtam began-
en wurde. Während in anderen europäischen Ländern
ei entsprechenden Projekten schon zum zehnten Mal
er Straßenbelag gewechselt wird, fahren wir immer
och mit dem Finger auf der Landkarte herum und über-
egen, wie wir die Kammmolche und den Ameisenbläu-
ing schützen können. So fahren die 30-Tonner weiter an
en Gartenzäunen vorbei, dass den Menschen die Tassen
us dem Schrank fallen.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Hessen seid unfähig!)


Damit lösen wir uns von unserem europäischen und
deutschen anthropozentrischen Weltbild. Das darf nicht
sein.

Deswegen appelliere ich an die Justizministerin, das
Planungsrecht endlich so zu entschlacken, dass der
Standortvorteil Deutschlands nicht so verspielt wird, wie
der Erfolg verspielt werden würde, wenn dem Ballack
als Mitglied der Fußballnationalmannschaft heute Nach-
mittag auch noch eine Eisenkugel an den Fuß gebunden
würde.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der hat es an der Wade! – Gegenruf von der CDU/CSU: Gehabt!)


Ich werbe insgesamt – ganz bewusst nicht nur an die-
sem Punkt – für etwas mehr Mut. Das gilt auch für das
Gesellschaftsrecht, das schon angesprochen worden ist.
Auch hier befinden wir uns im internationalen Wettbe-
werb mit anderen Rechtsordnungen. Da muss man über-
legen, ob die ach so löbliche GmbH-Novelle, wie sie
jetzt im Referentenentwurf vorliegt – ich finde sie auch
in Ordnung –, dem bereits Genüge tun wird oder ob es
vielleicht noch das eine oder andere daneben geben
kann. Ich werbe also insgesamt für etwas mehr Mut.
Alle reden in Sonntagsreden immer davon, dass man die
Dinge mutig anpacken soll, und im Alltag verlieren alle
dann den Mut. Wenn sich unsere Welt ändert – sie ändert
sich rasant –, müssen wir hierauf zukunftstaugliche Ant-
worten geben. Ich weiß, dass zukunftstaugliche Antwor-
ten nicht immer sofort den Beifall aller finden, manch-
mal deshalb nicht, weil sie einfach neu sind oder im
Augenblick nicht ganz angenehm sind. Aber vergessen
wir nicht, dass sie die notwendigen Weichenstellungen
für eine gute Zukunft sind! Für diese gute Zukunft arbei-
ten wir in der großen Koalition unter Leitung unserer
Bundeskanzlerin Angela Merkel und auf dem Feld der
Rechtspolitik in gutem Zusammenwirken mit der Justiz-
ministerin Brigitte Zypries.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603808100

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat

der Kollege Volker Beck das Wort.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1603808200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

möchte zur ersten Lesung des Antidiskriminierungsge-
setzes oder des Gleichbehandlungsgesetzes – so heißt es
ja unter neuer Verpackung – reden und Ihnen massiv wi-
dersprechen, Herr Kollege Gehb.

Einen Angriff auf kontinentaleuropäische Rechts-
grundsätze kann ich in den vier Richtlinien der Europäi-
schen Union nicht erkennen.

G
m
I
z
d
z
w
r
s
s
h
z
Z
E
s
d
n

e

1
d
e
n
m
w
d
E
s
U

I
P
z
p
e
m
F

b
a
o
d

E
v
s
W
o
d
v
n
e

(C (D (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Weil Sie nicht rechtskundig sind!)


ehören Frankreich und die Niederlande jetzt nicht
ehr zu Kontinentaleuropa? Haben Sie die Länder zu

nselstaaten erklärt? Warum hatten diese Länder in Be-
ug auf die Richtlinien überhaupt keinen Umsetzungsbe-
arf? Weil in den Niederlanden seit den 80er-Jahren ein
ivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz gilt, so wie
ir es jetzt auf dem Tisch liegen haben, und in Frank-

eich diese Normen, was ich für falsch halte, sogar von
trafrechtlicher Relevanz sind. Es gehört zum selbstver-
tändlichen Grundbestand der Republik, dass die Frei-
eit da aufhört, wo sie nur noch Freiheit ist, willkürlich
u diskriminieren und Menschen vom Arbeitsmarkt oder
ugang zu Gütern und Dienstleistungen auszuschließen.
s muss doch klar sein, dass jeder Mensch in dieser Ge-
ellschaft die gleichen Chancen haben muss. Dem dient
er Entwurf des Gleichbehandlungs- oder Antidiskrimi-
ierungsgesetzes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Lieber Kollege, ich gestehe allerdings, dass wir die
uropäische Ebene tatsächlich genutzt haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war auch gut so!)


990 hat unsere Fraktion eine erste Fassung für ein Anti-
iskriminierungsgesetz entworfen. 1991 habe ich für
ine NGO einen ersten Entwurf für eine Antidiskrimi-
ierungsrichtlinie geschrieben, deren wesentliche Ele-
ente heute europäische Gesetzgebung sind. In der Tat,
ir haben auf allen Ebenen versucht, Gleichbehandlung
urchzusetzen, weil das in Deutschland so schwierig ist.
s gibt kein Land in der Europäischen Union, in dem es
o ein ideologisches Buhei um die selbstverständliche
msetzung dieser Grundsätze gibt wie in unserem Land.

Mittlerweile haben Sie realisiert – das haben Sie in
hrer Rede zu erkennen gegeben; kürzlich hat es auch Ihr
arlamentarischer Geschäftsführer zugestanden –: 90 Pro-
ent dessen, was hier auf dem Tisch liegt, ist Recht euro-
äischer Richtlinien. Dagegen haben Sie im Wahlkampf
ine Kampagne geführt und jetzt – Regieren macht im-
er klüger – müssen Sie gestehen, dass Sie gar nicht die
reiheit haben, davon abzuweichen.

Die einzige Abweichung, die der nationale Gesetzge-
er vornehmen kann, liegt in der Entscheidung, ob er für
lle Kriterien des Art. 13 des Amsterdamer Vertrages
der nur für Geschlecht, ethnische Herkunft und Rasse
en zivilrechtlichen Diskriminierungsschutz formuliert.

Dass Sie von der FDP wie auch der Bundesrat auf der
ins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie herumreiten,
erstehe ich nicht. Sie können doch nicht allen Ernstes
agen, die Freiheit unserer Marktwirtschaft und unser

irtschaftswachstum hänge daran, dass man Schwule
der Lesben, dass man Juden, Muslime oder Christen,
ass man Behinderte, Alte oder Junge beim Abschluss
on Versicherungs-, Miet- und Hotelverträgen diskrimi-
ieren darf. Sie wollen doch nicht den Leuten draußen
rnsthaft sagen, dass das Wirtschaftswachstum davon






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

abhänge, ob man solche Menschen diskriminieren darf
oder nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Sie haben ja gerade über Gaststätten geredet; lassen
Sie mich dazu sagen: Ich habe mich damals tierisch auf-
geregt, als in München den Verwandten eines Rabbi am
Vortag ihrer Familienfeier von einem Gaststättenbesitzer
unter Hinweis auf ihre jüdische Religionszugehörigkeit
die Räume gekündigt wurden und die Familienfeier
nicht in der Gaststätte stattfinden konnte – das nach un-
serer Geschichte! Ich will nicht, dass so etwas in
Deutschland rechtens ist. Deshalb ist es richtig, dass wir
den entsprechenden gesetzgeberischen Schritt unterneh-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Die Koalition hat ja nicht nur den Namen unseres An-
tidiskriminierungsgesetzes geändert – ich weiß ja, wie es
manchmal zwischen Koalitionspartnern zugeht –, son-
dern auch in einigen Punkten etwas gerupft. Hier möchte
ich Sie warnen: Wenn mit der Beschneidung der zivil-
rechtlichen Rechte der Verbände bzw. dem Herausstrei-
chen des Abtretens von Rechten an Verbände und mit
der Streichung des Kontrahierungszwanges bei Versi-
cherungsverträgen


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Gute Regelung!)


tatsächlich eine rechtliche Änderung bewirkt werden
soll, werden Sie, wie ich glaube, ein Problem bekom-
men; denn zivilrechtliche Vorgaben werden dann nicht
mehr vollinhaltlich durch dieses Gesetz umgesetzt. Ich
denke, das sollten wir noch intensiv diskutieren.

Trotzdem möchte ich der Bitte der Justizministerin
gerne nachkommen. Auch ich denke, wir sollten das Ge-
setz nicht länger aufhalten, sondern jetzt schnell durch
den Bundestag bringen. Es muss dazu vorher keine lang-
atmige Anhörung stattfinden, da zwischen uns rein poli-
tische Divergenzen bestehen. Sobald aber das Gesetz im
Gesetzblatt steht, möchte ich Sie bitten, auf der Basis
von Anträgen unserer Fraktion noch einmal mit uns da-
rüber zu reden, ob nicht an einigen Punkten im Sinne ei-
ner vollständigen Umsetzung der Richtlinie nachgear-
beitet werden sollte. Dazu könnte man noch einmal eine
Anhörung durchführen. Hierdurch sollte aber der Fort-
gang der Gesetzgebung nicht behindert werden.

Zum Schluss noch ein Wort zum weiteren Verfahren:
Die Bundesländer haben ja angekündigt, dass sie gerne
im Vermittlungsausschuss nachverhandeln möchten. Ich
ermutige die Sozialdemokraten und die von Angela
Merkel angeführte Bundesregierung: Lassen Sie sich
nicht auf diese zweite Runde ein. Die grüne Fraktion
hilft Ihnen notfalls aus, wenn Ihnen die Leute aus der
CDU/CSU-Fraktion weglaufen. Das machen wir ja sonst
nicht.


(Zurufe von der CDU/CSU)


B
s
b
M
B

N

v
z
b
G
h

t
w
r
i

V

d
s
n

l
n
s
n
m


n

I
n
b

(C (D ei der Zurückweisung eines entsprechenden Einpruchs des Bundesrates sind wir aber jederzeit gerne ereit, dieser Bundesregierung zu helfen, damit Frau erkel ihr Gleichbehandlungsgesetz ungerupft durch undestag und Bundesrat bekommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603808300

Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege

orbert Geis das Wort.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt der Vorkämpfer der Antidiskriminierung!)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1603808400

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme

ielleicht ganz zum Schluss, wenn die Zeit noch reicht,
um Antidiskriminierungsgesetz; ich will es nicht anders
ezeichnen. Lassen Sie mich aber erst ein paar andere
edanken dieser sicherlich sehr interessanten Debatte
inzufügen.

Zunächst ein Blick ins Strafrecht: Wenn man die Zei-
ungen aufschlägt, hat man manchmal den Eindruck, als
ürden wir in Deutschland in einem furchtbar unsiche-

en Land leben. Dabei – das sei auch einmal festgestellt –
st die Kriminalitätsrate bei uns zurückgegangen.


(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


om Jahre 2004 auf das Jahr 2005 ging allein in Bayern
für die anderen Länder kenne ich die Zahlen nicht –
ie Kriminalitätsrate um 5,1 Prozent zurück. Auch das
ollte man vielleicht bei einer solchen Debatte erwäh-
en.

Sorgen macht uns nach wie vor die Jugendkrimina-
ität. Unsere jugendlichen Täter sind nicht sehr krimi-
ell, sondern sehr jung. Aus jugendlichem Übermut ge-
chehen eben oft entsprechende Straftaten, auf die
atürlich der Staat reagieren muss, aber zugleich auch
it Maß reagieren sollte.


(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Geis, Sie bekommen noch Applaus, wenn das so weiter geht!)


Gut, applaudieren Sie ruhig. Da stimme ich ja mit Ih-
en überein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch bin der Auffassung, dass unser Jugendstrafrecht ge-
ug Reaktionsmöglichkeiten hat, um solchen Straftaten
egegnen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Norbert Geis
Allerdings – darin können Sie mir wahrscheinlich
nicht folgen – muss man differenzieren. Es gibt jugendli-
che Gewalttäter, die nicht unter das Jugendstrafrecht fal-
len können, weil sie die Jugendlichkeit nicht mehr haben
und die Straftat nicht mehr aus jugendlichem Übermut
heraus geschieht. Wenn ein 18-Jähriger einen Jungen
vergewaltigt, sexuell missbraucht und dann umbringt,
dann ist das eine kriminelle Tat schwersten Ausmaßes,
die entsprechend geahndet werden muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch überhaupt keine Frage!)


Deshalb sind wir dafür, bei Heranwachsenden zwischen
18 und 21 Jahren bei solch schweren Straftaten nicht die
Jugendstrafe von zehn Jahren anzuwenden. In einem sol-
chen Fall muss für den Heranwachsenden – wenn er
überhaupt nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden
kann und nicht das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden
ist, was wir für Täter ab 18 Jahren ja grundsätzlich wol-
len, weil man ab diesem Zeitpunkt als erwachsen gilt –
mindestens eine 15-jährige Höchststrafe angesetzt wer-
den. Das sollten wir uns, glaube ich, noch in dieser Le-
gislaturperiode vornehmen.

Wir sollten uns, gerade in diesen Fällen, ebenso die
Sicherungsverwahrung für Heranwachsende vorneh-
men. Wenn in dem Fall eines Straftäters, der mit
18 Jahren wegen einer schwersten Straftat verurteilt
wurde und diese mit 28 Jahren, wenn es bei den zehn
Jahren Haft bleibt, abgebüßt hat, alle Sachverständigen
sagen, dass dieser Täter nach der Entlassung erneut
Straftaten schwersten Ausmaßes begehen wird, dann
muss es möglich sein, diesen Straftäter, auch wenn er zu-
nächst nach Jugendstrafrecht verurteilt worden ist, später
noch in die Sicherungsverwahrung zu nehmen. Das
scheint mir vor allen Dingen im Interesse der Sicherheit
unserer Bevölkerung wichtig zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich einen weiteren Punkt anführen. Wir
hatten vor der Weltmeisterschaft die Diskussion über das
Thema Zwangsprostitution, die bei uns in diesen Tagen
vielleicht Platz greifen könnte. Es gibt – die UN hat
diese Zahl ermittelt, aber auch das Europäische Parla-
ment – jährlich weltweit etwa 600 000 bis 800 000 Fälle
von Zwangsprostitution. Das heißt, in 600 000 bis
800 000 Fällen werden Frauen gezwungen, sich zu pros-
tituieren; sie werden ausgenutzt wie Sklaven. Das ist bei
uns strafbar; das ist wahr. Aber die Frage ist, ob wir
nicht auch die Freier, die diese Situation wissentlich aus-
nutzen, wie beispielsweise in Schweden bestrafen. Auch
darüber sollten wir einmal ernsthaft diskutieren.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Standort
Deutschland sagen. Ich glaube, dass die Rechtspolitik
auch einiges für einen guten Standort Deutschland leis-
ten kann. Wir bemühen uns darum. Es gibt die Novellie-
rung des Urheberrechtsgesetzes, den Korb II. Ich glaube,
dass das ein guter Weg ist, jedenfalls die Voraussetzun-
gen dafür zu schaffen, das Potenzial, das wir in Deutsch-
land haben, zu nutzen. Wir haben keine großen Ressour-
cen, aber von den Anmeldungen beim Europäischen

P
h
g
d
E
K
s
s

w
i
R
z
k
s
s
l
c
m
d
e
W
v
F
s
i
w
n

t
S
k
t
k
e
g

f
T
b
s
r
w
z
r
f

e

D
d
B
a
k
d

n
s
s

(C (D atentamt kommen 42 Prozent aus Deutschland; das eißt, wir haben ein großes Potenzial an geistigem Eientum. Dieses geistige Eigentum muss geschützt weren; da darf es keine strafrechtliche Aufweichung geben. s muss ein Ausgleich gefunden werden zwischen ünstler und Hersteller, zwischen Produzent und Schau pieler. Ich glaube, dass in diesem Gesetz ein guter Anatz dafür zu finden ist. Ein weiterer Gedanke. Nach dem Karikaturenstreit urde die Überlegung laut, ob nicht § 166 StGB erneut n die Diskussion gebracht werden sollte, weil diese echtsnorm offenbar nicht in der Lage ist, die Verletung religiöser Gefühle zu bändigen. § 166 StGB ist eine leichte Norm und in der Praxis wahrscheinlich chwer umzusetzen; das sehe auch ich. Deswegen müsen wir uns überlegen, ob wir nicht eine bessere Formuierung finden. Es geht dabei nicht nur um die christlihen Kirchen, sondern auch um den jüdischen und den uslimischen Glauben. Wir können es nicht erlauben, ass Menschen bei uns einfach um sich schlagen, wenn s beispielsweise um den muslimischen Glauben geht. as glauben Sie, was dann in Deutschland los ist? Da on wäre der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen riedens betroffen. Deswegen müssen wir über eine besere Formulierung nachdenken. Das Nachdenken müsste nsbesondere den Begriff „Beschimpfen“ umfassen, weil ir unter diesem weit gefassten Begriff alles fassen könen. Ein weiterer Gedanke. Wir werden in dieser Legislaurperiode ganz sicher auch eine Diskussion über den chutz des Lebens am Ende und ganz am Anfang beommen. Wir sind noch nicht weit genug mit der Patienenverfügung. Auch zur Sterbehilfe werden wir eine Disussion bekommen. Beim Embryonenschutz wird uns ine Diskussion wahrscheinlich von der Forschung aufezwungen. Was ich als einen besonders großen Nachteil empinde und was mich auch schmerzlich berührt, ist die atsache, dass wir bei der Problematik der Spätabtreiung immer noch nicht zu einem Ergebnis gekommen ind. Es kommt noch hinzu: Das Bundesverfassungsgeicht hat uns 1993, als die Beratungsregelung eingeführt orden ist, aufgegeben, nach einer gewissen Zeit nach uprüfen, ob diese Regelung wirklich zu einer Verbesseung des Lebensschutzes geführt hat. Diese Überprüfung and bis heute, 13 Jahre nach dem Urteil, nicht statt. Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts muss nun ndlich ernst genommen werden. enn es könnte sein, dass die heutige Praxis nicht den in em Urteil von 1993 niedergelegten Vorstellungen des undesverfassungsgerichtes entspricht. Es würde sich lso um eine verfassungswidrige Praxis handeln. Das ann eigentlich keiner wollen. Deswegen muss zuminest eine Überprüfung vorgenommen werden. Lassen Sie mich noch ein Wort zum Antidiskrimiierungsgesetz sagen. Ich bin der Auffassung, dass chon die vier Richtlinien eine Katastrophe gewesen ind. Norbert Geis (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) (C)


(B) )


Ich habe die Dame, die diese Richtlinien in Brüssel vor-
bereitet hat – es handelt sich um Frau Dr. Helfferich; sie
wurde gestern in der „FAZ“ in einem hervorragend re-
cherchierten Artikel von Zastrow erwähnt –, vor vier
Wochen angeschrieben. Sie hat bis heute nicht geantwor-
tet. Keine Antwort ist auch eine Antwort.

Ich halte schon die vorliegenden Richtlinien, die wir
nicht mehr ändern können, für einen großen Fehler. Aber
da sie vorliegen, müssen wir sie umsetzen. Wir sollten
sie aber nicht im Schnellverfahren umsetzen, Herr Beck.
Ich bin dagegen, ein solch schwieriges Gesetz auf diese
Weise zu behandeln. Sie verlangen viel von uns. Sie ver-
langen nämlich, dass wir einem Gesetz zustimmen sol-
len, das Sie, Herr Beck – dessen rühmen Sie sich –, for-
muliert haben. Sie sollten uns daher wenigstens darin

Dann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der Fraktion
Die Linke abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel-
plan 07. Wer stimmt für den Einzelplan 07 in der Aus-
schussfassung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Dann ist der Einzelplan 07 mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-
plan 19, Bundesverfassungsgericht, ebenfalls in der Aus-
schussfassung. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Dann ist der Einzelplan 19 einstimmig
beschlossen.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten I.5 c
und d sowie zu Zusatzpunkt 1. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/
1780, 16/1736 und 16/1861 an die in der Tagesordnung
zustimmen, dieses Gesetz in aller Ruhe im Rechtsaus-
schuss zu beraten. Ich glaube nicht daran, dass uns die
Brüsseler Behörde mit einer Strafregelung belegen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind schon einmal verurteilt!)


Ich komme zum Schluss. Ich bitte Sie darum: Lassen
Sie uns dieses Gesetz nicht mit der Brechstange verab-
schieden! Es wird sonst nur Widerspruch geben. Es wird
dann vielleicht viele geben, die nicht zustimmen, an-
sonsten aber vielleicht zugestimmt hätten. Ich bitte um
eine ruhige und sachliche parlamentarische Beratung
dieses Gesetzes.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1603808500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zum Einzelplan 07 in der Ausschussfassung, Bundes-
ministerium der Justiz, liegt ein Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache
16/1860? – Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? –

a
a
s
s
Z
r
w
d

s
M
u
d
d
s
h
U
U

o

d
9
(D

ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage
uf Drucksache 16/1780 zu Tagesordnungspunkt I.5 c
oll zusätzlich an den Ausschuss für Tourismus überwie-
en werden. Die Vorlage auf Drucksache 16/1861 zu
usatzpunkt 1 soll zusätzlich an den Ausschuss für Tou-

ismus, jedoch nicht an den Haushaltsausschuss über-
iesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt I.5 e, zur Ab-
timmung über den Antrag der Abgeordneten Jerzy
ontag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jan Korte

nd weiterer Abgeordneter auf Drucksache 16/1622 mit
em Titel „Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch
en Europäischen Gerichtshof prüfen lassen“. Wer
timmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Der Antrag ist bei einer Enthaltung aus der
nionsfraktion mit den Stimmen der SPD- und der
nionsfraktion abgelehnt.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Mittwoch, den 21. Juni 2006,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.