Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie allesehr herzlich und wünsche uns ebenso intensive wiekonstruktive Beratungen. Die Haushaltswoche des Deut-schen Bundestages gilt im Allgemeinen als ein Höhe-punkt des parlamentarischen Jahres. In diesem Jahr wirdsie voraussichtlich die Aufmerksamkeit mit einem ande-ren bedeutenden Ereignis teilen müssen, das in der deut-schen Öffentlichkeit ähnlich große Begeisterung zu er-zeugen scheint wie die Einnahmen und Ausgaben desBundeshaushaltes. Deswegen könnte es ganz gewissnicht schaden, wenn die Begabung zu einem fröhlichenPatriotismus, die das Land in diesen Tagen entdeckt zuhaben scheint, auch in dieser Debatte ihren Niederschlagfinden könnte.Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich ein paarMitteilungen zu machen. Der Kollege VolkerBlumentritt feierte am 16. Juni seinen 60. Geburtstag.Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich nachträglichherzlich und wünsche alles Gute.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutigezeiRedetTagesordnung um die Beratung des Antrags der FDP-Fraktion mit dem Titel „Bürokratie schützt nicht vorDiskriminierung – Allgemeines Gleichbehandlungsge-setz ist der falsche Weg“ zu erweitern.
– Und wie ich den jetzt vorgetragen habe, Herr Vorsit-zender! – Die Vorlage soll beim Einzelplan 07 – Bundes-ministerium der Justiz – aufgerufen werden. Sind Sie da-mit einverstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dannist das so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte I. a unda) Zweite Beratung des von der Bundeeingebrachten Entwurfs eines Gesetze
haltsausschusses zu der Unterrich-tung durch die BundesregierungFinanzplan des Bundes 2005 bis 2009– Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327 –Berichterstattung:Abgeordnete Otto FrickeSteffen KampeterCarsten Schneider
Dr. Gesine LötzschAnja HajdukWir kommen nun zur Beratung der Einzelpläne, undwar zunächst der drei Einzelpläne, zu denen nach Ver-inbarung der Fraktionen keine Aussprache vorgesehenst.Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.1 auf:extEinzelplan 01Bundespräsident und Bundespräsidialamt– Drucksachen 16/1301, 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Herbert FrankenhauserKlaas HübnerJürgen KoppelinDr. Dietmar BartschAnja Hajdukfür den Einzelplan 01 in der Ausschuss-er möchte dagegen stimmen? – Werr Stimme enthalten? – Der Einzelplan 01ngenommen.b auf:sregierungs über dieWer stimmtfassung? – Wmöchte sich deist einstimmig a
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Präsident Dr. Norbert LammertIch rufe den Tagesordnungspunkt I.2 auf:Einzelplan 02Deutscher Bundestag– Drucksachen 16/1302, 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Jürgen KoppelinNorbert KönigshofenGunter WeißgerberDr. Gesine LötzschAnja HajdukWer stimmt für den Einzelplan 02 in der Ausschuss-fassung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich derStimme? – Damit ist auch der Einzelplan 02 einstimmigangenommen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.3 auf:Einzelplan 03Bundesrat– Drucksachen 16/1303, 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Otto FrickeJens SpahnJohannes KahrsDr. Dietmar BartschAlexander BondeWer für den Einzelplan 03 in der Ausschussfassungstimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Möchte je-mand dagegen stimmen? – Möchte sich jemand derStimme enthalten? – Bei Stimmenthaltung der FraktionDie Linke ist auch dieser Einzelplan mit hinreichenderMehrheit angenommen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.4 auf:a) Einzelplan 08Bundesministerium der Finanzen– Drucksachen 16/1308, 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Jochen-Konrad FrommeBernhard Brinkmann
Ulrike FlachDr. Gesine LötzschAnja Hajdukb) Einzelplan 20Bundesrechnungshof– Drucksache 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Norbert BarthlePetra Merkel
Otto FrickeMichael LeutertAnja HajdukNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zu diesen beiden Einzelplänen drei Stun-dAntdtdG37gJdnsNeDKmddsBmlK2ahsAdnGSWd
etzt verantwortet Rot-Schwarz diesen Haushalt undiese hohe Neuverschuldung.
Zukünftig – so wollen es SPD und Union – soll dieotwendige Reduzierung der Neuverschuldung – wirind uns darüber einig, dass es eine Reduzierung dereuverschuldung geben muss – im Wesentlichen überin gigantisches Steuererhöhungsprogramm erfolgen.as bringt dem Staat zwar mehr Geld, bremst aber dieonjunktur und belastet die Bürger und die Unterneh-en.
Die Hoffnung, dass die Koalition unserem Land wie-er Wachstum bringt und damit auch den Bundesetat auser Krise holt, wird sich mit dem Haushalt der rot-chwarzen Koalition nicht erfüllen. Was ist vom Satz derundeskanzlerin „Wir werden es grundlegend andersachen, damit es grundlegend besser wird in Deutsch-and“ übrig geblieben? Für den Bundeshaltshalt, Frauanzlerin, trifft das jedenfalls nicht zu. Der Haushalt006, jetzt in Ihrer Verantwortung, ist noch schlechterls der Haushalt 2005. Damals – das wiederhole ich –atte Rot-Grün die Verantwortung.
Der Bundeshaushalt 2006 ist verfassungswidrig undetzt den Verfassungsbruch der letzten vier Jahre fort.ngesichts einer konjunkturellen Erholung und des voner Bundesregierung erwarteten Wachstums kann dochicht erneut die Ausnahmeregelung des Art. 115 desrundgesetzes herangezogen werden.
ie begründen das mit der schwachen Binnennachfrage.enn Sie eine schwache Binnennachfrage feststellen,ann müssen Sie sich doch fragen, wieso Sie eine Mehr-
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Jürgen Koppelinwertsteuererhöhung durchführen, da die Binnennach-frage dadurch noch einmal geschwächt wird.
Der Bundesfinanzminister hat in den letzten Wochen,auch im Bundesrat, in seiner eigenen Art die Haushalts-politik der rot-schwarzen Koalition dargestellt. Er hatversucht, die hohe Neuverschuldung und das gigantischeSteuererhöhungsprogramm der Koalition zu begründen.Herr Bundesfinanzminister, wer von unseren Bürgernsoll Ihnen Ihre Argumente abnehmen? Wer soll Ihnendas jetzt glauben?Vor der Bundestagswahl haben die Sozialdemokratenund auch Sie sich massiv gegen eine Mehrwertsteuer-erhöhung gewandt. Wählt SPD, dann verhindert ihr eineMehrwertsteuererhöhung – das war eines der Hauptargu-mente der Sozialdemokraten im Wahlkampf. Viele Bür-ger – nach meiner Auffassung: zu viele Bürger – habenIhnen geglaubt und SPD gewählt. Nun, nach wenigenMonaten, erzählen die SPD und Sie, Herr Bundesfinanz-minister, genau das Gegenteil. Wer soll Ihnen noch glau-ben?
Hatte die SPD vor der Bundestagswahl mit ihren Ar-gumenten Recht oder hat sie nach der BundestagswahlRecht? Darüber müssen Sie uns doch eigentlich einmalaufklären. Ich sage Ihnen ganz offen, Herr Bundes-finanzminister, dass mich das ein bisschen an das alteLied erinnert, das es früher in der DDR gegeben hat: DiePartei hat immer Recht. – Das scheint das Motto der So-zialdemokraten zu sein: Heute entscheiden wir so, mor-gen so und die Partei hat immer Recht.
Dies hat die Politik in Verruf gebracht hat und sorgtdafür – das erleben wir an manchen Wahlabenden –, dassdie Menschen nicht mehr zur Wahl gehen. Sie sind par-teienverdrossen, und zwar auch und besonders durchIhre Politik. Kommen Sie bitte nicht mit dem Argument– die Kanzlerin macht das auch –, die Wählerinnen undWähler in Deutschland hätten diese Koalition und diesePolitik gewollt. Kein Wähler der Sozialdemokraten hatgewollt, dass Sie in einer Koalition mit der CDU/CSUeine Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunktedurchführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Koalition ist zueinem Kartell der Abkassierer geworden. Zu mehr sindSie, wie der vorliegende Bundeshaushalt zeigt, nicht fä-hig.Die beispiellosen Steuererhöhungen werden seitensdes Bundesfinanzministers damit begründet, dass die öf-fentlichen Haushalte ohne diese Maßnahmen zerreißenwürden. Doch das ist nur dann richtig, wenn man nichtbereit ist – dazu ist er und ist die Koalition nicht bereit –,auch bei den Ausgaben stärker zu kürzen. Ausgabenkür-zungen? Fehlanzeige. Dazu hat die Koalition nicht dieKraft gehabt. Oder wollen Sie etwa sagen, Ausgaben-kdnBEhWbHtsdDHcUUuuKadespsABszdHmwlZMBasezfg
enn wir das Ergebnis, das Sie uns heute präsentieren,ereits im Februar gekannt hätten, dann hätten wir denaushalt bereits damals beschließen können. Dafür hät-en wir nicht monatelang beraten müssen.
Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts hat die rot-chwarze Koalition völlig aus den Augen verloren. Statt-essen wird die Schuldenlast des Bundes kräftig erhöht.ie Nettoneuverschuldung im Bundeshaushalt 2006 inöhe von mehr als 38 Milliarden Euro sei „ausgespro-hen hoch“, erklärte der haushaltspolitische Sprecher dernion, Steffen Kampeter. Das ist wohl wahr. Aber dienion hat bei den Haushaltsberatungen nichts dagegennternommen
nd nennt das nun plötzlich, so wiederum der Kollegeampeter, „einen erfolgreichen Start für die große Ko-lition“. Über 38 Milliarden Euro neue Schulden! Unda wagt es die Koalition, von diesem Bundeshaushalt alsinem soliden Zahlenwerk mit angemessener Risikovor-orge zu sprechen! Das, was Sie uns vorlegen, ist einfacheinlich. Damit stellen Sie sich ein Armutszeugnis aus.
Wo trifft die Koalition eigentlich Vorsorge für die be-tehenden Risiken, zum Beispiel im Hinblick auf dasrbeitslosengeld II? Fehlanzeige! Dabei hat sogar derundesfinanzminister wörtlich erklärt: „Ich bin von Ri-iken umzingelt.“ Das mag so sein. Wenn ich die Tages-eitungen lese, habe ich hin und wieder den Eindruck,ass er, wenn er von „Risiken“ spricht, nicht nur dieaushaltsrisiken, sondern auch die Koalitionsfraktioneneint.
Zu den Risiken des Bundeshaushalts – auch daraufill ich hinweisen; denn das ist bisher noch nicht deut-ich genug gesagt geworden – gehört auch die steigendeinslast, die wir berücksichtigen müssen. Kollegeeister hat gestern erklärt, er sehe große Risiken für denundeshaushalt. Da sowohl der Bundesfinanzministerls auch der Kollege Meister von der Union von Risikenprechen, frage ich mich: Wie können Sie es wagen, unsinen solch unsoliden Haushalt vorzulegen? Das ist nichtu verantworten.
Die CDU/CSU hat sich gegenüber dem Bundes-inanzminister, der einen typischen SPD-Haushalt vor-elegt hat, nicht durchsetzen können. Das ist das Ergeb-
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Jürgen Koppelinnis der Haushaltsberatungen. Anders als die Koalitionhat die FDP in ihren mehr als 500 Anträgen aufgezeigt,wie der Bundeshaushalt um 8,3 Milliarden Euro entlastetwerden könnte.
Dann könnten auch die Vorgaben des Maastrichtvertra-ges endlich wieder erfüllt werden. Diese 500 Anträge,die wir eingebracht haben,
haben Sie in Bausch und Bogen abgelehnt. Die Opposi-tionsfraktionen haben insgesamt über 1 000 Anträge ge-stellt, die Sie abgelehnt haben.
Der Kollege Meister hat in der Debatte zur Regie-rungserklärung der Kanzlerin am 1. Dezember 2005 er-klärt, die Union biete den Freien Demokraten an, ihreAnträge sehr sorgfältig zu prüfen und sie, wenn sie alssolide beurteilt würden, auch zu übernehmen.
Kollege Meister, ich frage Sie: Haben sie unsere Anträgewirklich sorgfältig geprüft?
– Er nickt; vielen Dank. – Ich muss Ihnen sagen: Unterden mehr als 500 Anträgen, die wir gestellt haben, warenüber 50 Anträge, die die Union bei der Beratung desletzten Haushalts, also in der Zeit, als sie in der Opposi-tion war, selbst gestellt hat; ich gebe zu, dass wir dasauch getan haben, um Sie zu testen. Auch diese Anträgehaben Sie abgelehnt.
Kollege Meister, ich muss doch davon ausgehen, dassdie Anträge, die Sie damals gestellt haben, von Ihnenüberprüft und als solide beurteilt worden sind; dennsonst hätten Sie sie nicht eingebracht. Zumindest dieseAnträge müssten also solide sein, sodass Sie sie hättenübernehmen können. Aber das haben Sie nicht getan. Siehaben im Rahmen der Haushaltsberatungen all unsereAnträge, auch die, die Originalanträgen der Union glei-chen, abgelehnt.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in unse-ren Anträgen, allein was den Subventionsabbau betrifft,Vorschläge gemacht, durch die 1 Milliarde Euro einge-spart werden könnten. Die Koalition hat das abgelehnt.Wir haben eine Kürzung der Verwaltungsausgaben von10 Prozent – nur 10 Prozent! – vorgeschlagen; dasbrächte bereits 800 Millionen Euro. Die Koalition hatdas abgelehnt. Wir haben, weil wir das für notwendig er-achten, auch Beschaffungsmaßnahmen im Verteidi-g4aswEeSsnwmhsl–vmeehbhDL–SorEKwHsculbagABbda
in Einsparvolumen von 400 Millionen Euro ist schontwas anderes als die popeligen 100 Millionen Euro, dieie, Kollege Meister, uns hier heute präsentieren.
Mit unseren Anträgen, mit unseren Entlastungsvor-chlägen, wäre ein erster großer Schritt in Richtung ei-es soliden Haushalts und mehr Glaubwürdigkeit getanorden. Eine Wende wäre eingeleitet worden, damitan den Haushalt 2007 vernünftig aufbauen kann. Sieaben diese Chance vertan. Und dann legen Sie noch einchuldenfinanziertes Konjunkturprogramm auf! Dabeiehrt doch die Vergangenheit, dass solche Programmewenn überhaupt – kurzzeitige Strohfeuer sind. Wason Ihrem Konjunkturprogramm bleibt, sind bloß nochehr Schulden. Wissen Sie: Ihr Konjunkturprogrammrinnert mich an den Versuch, mit einem Gummibandine Rakete zum Mond zu schießen – mehr ist es nicht.
Dreh- und Angelpunkt auch für diesen Bundeshaus-alt ist der Arbeitsmarkt. Solange es 4,5 Millionen Ar-eitslose gibt, Menschen Angst um ihren Arbeitsplatzaben, kann die Binnenkonjunktur nicht anspringen.och wie können arbeitslose Menschen in unseremand wieder einen Arbeitsplatz bekommen? Wohl kaum das sage ich in Richtung Union – mit dem von Rot-chwarz beschlossenen Gebäudesanierungsprogrammder der verbesserten Absetzbarkeit von Handwerker-echnungen.
rst recht nicht gibt es neue Arbeitsplätze, Kollegeampeter, wenn man die Steuern so drastisch erhöht,ie Sie das gemacht haben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer die öffentlichenaushalte konsolidieren will, wer neue Arbeitsplätzechaffen will, wer die Einnahmequellen der Sozialversi-herungen sichern will, der muss für mehr Wachstum innserem Land sorgen. Mit einer Erhöhung der Abgaben-ast wird das Wachstum aber nicht gefördert, sondern ge-remst. Deswegen ist das Konzept der Koalition falschngelegt. Dass es anders geht, haben doch die 80er-Jahreezeigt; damals war die Haushaltslage ähnlich prekär.nscheinend muss man Sie daran erinnern, dass es einenundesfinanzminister Stoltenberg von der Union gege-en hat, der gesagt hat: Ich spare ein – die Steuern wer-en auf keinen Fall erhöht! – Diese Strategie ist damalsufgegangen und die Lage hat sich von Jahr zu Jahr
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Jürgen Koppelinverbessert. Es ist traurig, dass man die Union heute da-ran erinnern muss.
Heute nutzt die Union ihre Macht nur noch, um mitden Sozialdemokraten zusammen an der Steuerschraubezu drehen. Sie vergessen völlig: Was der Staat gewinnt,das verlieren seine Bürger. Bei der Union hat der Aus-spruch von Franz Müntefering Einzug gehalten, dass derStaat besser mit dem Geld umgehen kann als die Bürger.Das scheint jetzt auch das Motto der Union zu werden.Generell ist festzustellen, dass sich die Haushaltspoli-tik von Union und SPD nur darauf konzentriert, wie mandurch Abkassieren beim Bürger zu noch mehr Einnah-men kommen kann. Es geht Ihnen nicht darum, die Aus-gaben zu reduzieren. Deshalb geht das größte Risiko fürdie deutsche Konjunktur und letzten Endes für die Bür-ger und die Unternehmen nach unserer Auffassung vondieser Koalition aus.
Sie reden in der Koalition davon – der Bundeswirt-schaftsminister macht es; auch die anderen Minister ma-chen es –, dass mit Ihrer Politik Licht am Ende des Tun-nels zu sehen sei. Ich stelle für die FDP fest, dass dieKoalition mit ihrer Politik alles, aber auch alles daran-setzt, um den Tunnel zu verlängern. Dabei denke ichzum Beispiel an die Vorstellungen – wenn man über-haupt von Vorstellungen sprechen kann –, die die Koali-tionsfraktionen in diesen Tagen im Hinblick auf eine Ge-sundheitsreform präsentieren. Das wird den Tunnelverlängern. Dabei denke ich auch an die Vorverlegungdes Termins für die Fälligkeit der Sozialabgaben. Auchdas hat den Tunnel verlängert. Und ich denke an dasUmfallen der CDU/CSU beim Antidiskriminierungsge-setz. Diese Liste ließe sich fortsetzen.Wir, Union und FDP, haben doch in der Oppositionzusammen immer wieder auf die unsolide Haushaltspoli-tik der Sozialdemokraten hingewiesen, ja wir sind sogarzusammen vor das Bundesverfassungsgericht gezogenund haben eine Klage eingereicht, die noch anhängig ist.Warum haben Sie von der Union das alles vergessen?
– Kollege Kampeter, Sie haben das alles vergessen. Ichfinde, die Wählerinnen und Wähler der Union habeneine solche Haushaltspolitik nicht verdient; die übrigenBürger unseres Landes übrigens auch nicht.
Es ist festzustellen: Die CDU/CSU hat sich gegen denSPD-Finanzminister nicht durchsetzen können. DieBundeskanzlerin hat kürzlich erklärt:Wort und Tat, Verkündung und Ergebnis müssen inder Politik wieder zusammenpassen.Das ist richtig. Warum machen Sie das dann nicht? IhreKanzlerin hat es Ihnen doch erlaubt; sonst hätte sie dochnicht so gesprochen. Nein, Sie haben es nicht getan. Werhindert Sie daran, eine solide Haushaltspolitik zu ma-clpsUpRhhNgDmuhgSFigrnDtShdF
ie werden verstehen, dass Sie die Zustimmung derreien Demokraten dafür nicht bekommen können.In Richtung des Herrn Bundesfinanzministers sagech: Reden Sie zukünftig nicht davon, zu Ihrer Politikebe es keine Alternative! Es ist zwar eigentlich ein trau-iger Anlass, aber es ist mir trotzdem ein Vergnügen, Ih-en noch einmal das Sparbuch der Fraktion der Freienemokraten überreichen zu können, das über 500 An-räge enthält.
chauen Sie einmal hinein, dann wissen Sie, dass Sieätten einsparen können.
Herzlichen Dank für Ihre Geduld.
Das Wort hat nun der Kollege Carsten Schneider für
ie SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!erdinand Lassalle hat einmal gesagt:Alle große politische Aktion besteht in dem Aus-sprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Allepolitische Kleingeisterei besteht in dem Verschwei-gen und Bemänteln dessen, was ist.
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Carsten Schneider
Nun wollen wir uns als SPD und auch als große Koali-tion nicht der politischen Kleingeisterei schuldig ma-chen, sondern die große politische Aktion beginnen. DerBeschluss über den Bundeshaushalt 2006 nach der zwei-ten und dritten Lesung in dieser Woche wird dafür denGrundstein bilden.Was ist? Ich denke, nach dem, was Herr Koppelineben vorgetragen hat, ist es ganz erquicklich und erfri-schend, zu sehen, wie die Situation überhaupt ist. Neh-men wir die Gesamtverschuldung des Bundes. Sie liegt– Stand: Februar 2006 – bei 890,8 Milliarden Euro. Inder Zeit, in der die FDP an der Regierung beteiligt war– das war von 1969 bis 1998 –, sind 711 Milliarden Eurodavon angefallen.
– Herr Kollege Solms, in den letzten Jahren sind144 Milliarden Euro dazugekommen. Dazu stehe ichauch. Ich will nur sagen: Es gibt eine Gesamtverantwor-tung aller hier vertretenen Parteien. Niemand kann sichhier vom Acker machen.
Nun komme ich zur Zinslast. Sie kritisieren, dass wirin diesem Jahr eine Nettokreditaufnahme in Höhe von38,2 Milliarden Euro haben. Die Zinslast beträgt aberebenfalls circa 38 Milliarden Euro. Wenn Sie sich dasanschauen, dann erkennen Sie, dass wir die Nettokredit-aufnahme in diesem Jahr nur benötigen, um die Zinsenfür die Schulden aus der Vergangenheit zu bezahlen. Da-bei ist noch keine Tilgung erfolgt. Mein politisches Zielals Abgeordneter ist es, dass wir einen Weg finden – ichglaube, mit diesem Haushalt und auch mit dem Haus-haltsbegleitgesetz, das wir vor einigen Wochen beschlos-sen haben, wird dies gelingen –, zu einem konsolidiertenStaatshaushalt zu kommen, wodurch wir, so hoffe ich, inder nächsten Legislaturperiode auch einen ausgegliche-nen Haushalt erreichen werden.
Beim Bundeshaushalt haben wir eine strukturelle De-ckungslücke von 50 Milliarden Euro. Das sind 20 Pro-zent der beschlossenen Gesamtausgaben in Höhe von261 Milliarden Euro. Diese müssen durch die Nettokre-ditaufnahme und durch Privatisierungserlöse finanziertwerden. Das zeigt: Nur durch eine Verbesserung der Ein-nahmebasis oder allein durch Ausgabenkürzungen kannman diesen Haushalt nicht konsolidieren.Herr Kollege Koppelin, wir tun daher beides: Wirhaben nicht nur die Nettokreditaufnahme um 100 Millio-nen Euro abgesenkt, sondern wir haben auch in enor-mem Maße umgeschichtet. Erkennbare Risiken, die auchbeim Vollzug dieses Haushalts auftreten – wir befindenuns ja schon fast in der Jahresmitte –, haben wir verrin-gert.
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Bei den Einnahmeausfällen ist zum einen der Aus-teuerungsbetrag der Bundesagentur für Arbeit zu nen-en. Wir sind von Einnahmen in Höhe von 5,3 Milliar-en Euro ausgegangen, aber uns stehen nur 4 Milliardenuro zur Verfügung. Zum anderen konnten wir nur einenm 140 Millionen Euro verminderten Bundesbankge-inn etatisieren. Damit sind die Mehreinnahmen – hiererden öfter Märchen erzählt – in das Gesamtpaket ein-earbeitet worden. Das heißt, für den Haushalt 2006 sindiese Einnahmen entsprechend veranschlagt und dieusgaben entsprechend kalkuliert. Das heißt aber auch,ass wir für den Etat 2007 keine Entwarnung geben kön-en.Sie haben in Ihrer Rede, Herr Koppelin, schon einigeeformen angesprochen, die wir in den nächsten Wo-hen angehen werden. Ich nenne hier noch einmal dieesundheitsreform; ich nenne ferner die Föderalismus-eform für den Gesamtstaatsaufbau oder auch die wich-ige Unternehmensteuerreform. Mit diesen Reformen hater Haushalt eine gute Grundlage.Als Antwort auf die Frage: „Was ist?“ zitiere ich diemfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammer-ages vom 12. Juni 2006 zur Situation in Deutschland.ach dieser Umfrage seien die deutschen Unternehmeno positiv gestimmt wie seit dem Wiedervereinigungs-oom nicht mehr. Der Konjunkturaufschwung gewinnen Tempo und für 2006 sei mit einem Wirtschaftswachs-um von 2 Prozent zu rechnen. Nicht nur der Export seiachstumstreiber, sondern nach und nach auch die Bin-ennachfrage.Nun haben Sie gefragt, warum wir in diesem Jahr dieehrwertsteuer erhöhen würden. Das tun wir in die-em Jahr doch gar nicht. Die Mehrwertsteuererhöhungst für diesen Haushalt überhaupt nicht relevant, sondernie betrifft den Haushalt 2007. Wir haben uns bewusstafür entschieden, mit dem Haushalt 2006 Schwung zuehmen, um für 2007 die Auswirkungen der Mehrwert-teuererhöhung, die sich in der Wirtschaft niederschla-en werden – die Bundesbank geht von einem halben bisreiviertel Prozentpunkt weniger Wachstum für 2007,ber auch von einem stärkeren Wachstum in diesem Jahrus –, abzumildern.Auf die Frage: „Was ist?“ muss man auch antworten,ass die Bundesrepublik mit knapp 20 Prozent eine his-orisch niedrige Steuerquote hat. Nur noch die Slowakeiiegt im europäischen Vergleich hinter der Bundesrepu-lik Deutschland. Für mich als Sozialdemokrat ist ent-cheidend, dass wir nicht einen Nachtwächterstaat
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haben, sondern dass der Staat auch soziale Sicherheit ge-währleistet und die Angst vor Freiheit nimmt.
– Entschuldigung, ich meine natürlich, dass er die Angstvor dem Verlust von sozialer Sicherheit nimmt. Sie wis-sen genau, was ich sagen will. Durch die soziale Sicher-heit muss der Staat jedem die Chance geben, wieder auf-zustehen, wenn er fällt.Ein anderer Zukunftsbereich, der uns wichtig ist, istdas 6-Milliarden-Euro-Programm für Forschung undEntwicklung zur Stärkung der Wissensgesellschaft.Diese Mittel sind in den Haushalt und die Finanzplanungeingestellt. Ich bin guter Dinge, dass diese Maßnahmenzusammen mit dem 25-Milliarden-Euro-Investitionspro-gramm dazu führen werden, dass wir dank der positivenKonjunkturentwicklung, die sich erstmals seit langerZeit in den Beschäftigungszahlen widerspiegelt, 2007sowohl das Maastrichtkriterium hinsichtlich der Ver-schuldung als auch die Vorgaben aus Art. 115 desGrundgesetzes, wonach die Summe der Investitionenhöher als die Nettokreditaufnahme sein muss, einhaltenwerden.
Die Haushaltspläne für das Jahr 2007 werden von derRegierung noch verhandelt; da will ich mich nicht ein-mischen. Aber ich möchte für meine Fraktion die Erwar-tung ausdrücken, dass der Koalitionsvertrag eingehaltenwird. Ich habe keinen Zweifel daran, dass es demFinanzminister gemeinsam mit der Bundeskanzlerin ge-lingt, für 2007 einen Haushalt aufzustellen, der sowohldie Regelgrenze nach Art. 115 des Grundgesetzes alsauch die Vorgaben der Europäischen Kommission hin-sichtlich des Stabilitätspaktes einhält.
Sie haben vorhin die Vorgaben zur Haushaltskonsoli-dierung und zur Verstärkung der Einnahmebasis kriti-siert. Ich kann nur sagen: Die Europäische Kommissionhat das Wachstumsprogramm, aber auch den Finanzbe-richt, den wir der Kommission jährlich vorlegen– schließlich läuft ein Defizitverfahren gegen uns –, be-grüßt und erklärt, dass insbesondere die Maßnahmen zurSteuergesetzgebung, die wir hier im Deutschen Bundes-tag beschlossen haben – auch der Bundesrat hat diesemPaket letzten Freitag zugestimmt –, konjunkturgerechtsind; da bin ich guter Dinge.Weil es wichtig ist, die Rahmendaten zu nennen,komme ich zu der Frage: Was haben wir in den Haus-haltsberatungen tatsächlich verändert? Hier sind einigePunkte für das Parlament besonders wichtig.Ich nenne zum Beispiel den Wunsch, der von vielenKollegen geäußert wurde, die Mittel für Maßnahmen imBereich der politischen Bildungsarbeit, bei denen dieRegierung einige Kürzungen vorgesehen hat, um5bnaesgdimubbars2ddawgWsglDBShPbndtgzawdIshwzöndunR
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Ich möchte gerne noch auf einen Punkt eingehen, derdie Kritik der FDP-Fraktion betrifft. Kollege Koppelinhat eben noch einmal auf sein Maßnahmebündel verwie-sen. Er hat kritisiert – ich nehme an, Herr Westerwellewird das morgen noch einmal bestätigen –, dass die Net-tokreditaufnahme in diesem Jahr rund 38 MilliardenEuro beträgt und damit – das ist richtig – um rund16 Milliarden Euro über der Regelgrenze des Art. 115des Grundgesetzes liegt. Sie haben das als verfassungs-widrig bezeichnet. Ich habe dazu eine andere Auffas-sung: Wir machen von dem Ausnahmetatbestand desArt. 115 des Grundgesetzes Gebrauch.Wenn es Ihnen wirklich um sachgerechte Opposi-tionsarbeit geht, dann frage ich Sie, wie Sie bei einerEinsparung in Höhe von 8 Milliarden Euro, bei der dieNettokreditaufnahme immer noch 30 Milliarden Eurobetragen würde und die Investitionsausgaben bei22 Milliarden Euro verharren würden, begründen wol-len, dass die auch dann bestehende Differenz von8 Milliarden Euro, um die die Nettokreditaufnahme dieInvestitionsausgaben überstiege, nicht verfassungswid-rig wäre. Ich glaube, es wird deutlich, dass die von Ihnenvorgelegte Alternative absurd ist. Ich würde gerne demeinen oder anderen Antrag zustimmen, wenn er dennsachgerecht wäre. Es ist mir aber aufgrund der Absurdi-tät Ihrer Vorschläge im Rahmen der Haushaltsberatun-gen nicht möglich gewesen. Ich nenne gerne ein paarBeispiele, um es der Bevölkerung zu verdeutlichen. Siewollen die Beiträge für internationale Organisationenum 2 Millionen Euro kürzen. Wir sind aber an dieserStelle vertraglich gebunden. Sie wollen die Ausgaben imVerteidigungsbereich um 1 Milliarde Euro kürzen.Schöne Grüße an alle Soldatinnen und Soldaten, die iminternationalen Bereich tätig sind!
Sie wollen bei der internationalen Krisenpräventiondie Ausgaben um 3 Millionen Euro senken. Die Men-schen in den Krisengebieten werden sich bedanken.Sie wollen bei der Flug- und Gepäckkontrolle und derFahrgastsicherheit Kürzungen in Höhe von 20 MillionenEuro vornehmen. Ist Ihnen nicht bekannt,
dass sich die Sicherheitslage in der BundesrepublikDeutschland insbesondere seit dem 11. September 2001und vor dem Hintergrund der Fußballweltmeisterschaft,durch die wir im Fokus stehen, nachhaltig verändert hat?Dies alles scheint Ihnen nicht deutlich zu sein. Daherverbuche ich Ihren Vorschlag unter „Heiteres und Weite-res“.
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ie sollten nicht vergessen, dass wir die bis 2009 gelten-en rechtsverbindlichen Zuwendungsbescheide gar nichtndern können. – Herr Westerwelle, Sie haben zugeru-en, keine andere Subvention sei so hoch gewesen wieie Steinkohlesubvention. Ich darf Sie daran erinnern,ass es ein Wirtschaftsminister der FDP war, der denntsprechenden Vertrag unterschrieben hat. Das allesolt Sie nun wieder ein und hat dazu geführt, dass wirhre Vorschläge ablehnen mussten.
Das Verhältnis des Bundes zu den Ländern halte ichersönlich für sehr wichtig. Es hat Auseinandersetzun-en über die Regionalisierungsmittel gegeben. Ich binroh, dass wir nun einen Kompromiss gefunden haben,iewohl ich sagen muss, dass es mir lieber gewesenäre, wenn wir den ursprünglichen Ansatz der Bundes-egierung fortgeschrieben hätten. Bund und Länder ha-en schließlich gemeinsam Verantwortung für diesentaat.
enn ich mir einen Ausblick auf 2007 erlaube und ins-esondere die Zinslast der einzelnen Körperschaften an-chaue, dann stelle ich fest, dass die Situation des Bun-es am schlechtesten ist. Das liegt daran, dass in denetzten Jahren im Vermittlungsausschuss ständig zulas-en des Bundes verhandelt wurde.Ich möchte noch einen anderen Punkt nennen, dericht nur im Verhältnis zwischen Bund und Ländern,ondern auch zwischen Ost und West eine maßgeblicheolle spielt. Das ist die Verwendung der Solidarpakt-ittel durch die ostdeutschen Bundesländer. Wir werdeniese Mittel – die reinen Bundesmittel beliefen sich imahr 2006 auf insgesamt 10 Milliarden Euro; die Bun-esländer haben dazu nichts gegeben – nicht kürzen. Dasst gut im Hinblick auf die Planungssicherheit und dieragfähigkeit der vom Deutschen Bundestag gefassteneschlüsse. Klar muss aber auch sein, dass diese Mittelatsächlich für den Aufbau Ost und insbesondere für diechließung der Lücke zwischen Ost und West verwendet
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Carsten Schneider
werden. Ich unterstütze daher ausdrücklich die Positiondes Bundesfinanzministers gegenüber dem einen oderanderen Ministerpräsidenten, egal welcher Couleur. Esist wichtig, dass wir diese Mittel zum einen zum Schlie-ßen der Infrastrukturlücke und zum anderen für den Aus-gleich der unterproportionalen Finanzkraft der Kommu-nen und für nichts anderes einsetzen.
Denn alles andere führte dazu, dass die ostdeutschenBundesländer, deren Haushalte sich schon jetzt in einerbedrohlichen Schieflage befinden, 2009, wenn dieseMittel der Degression unterliegen, in eine Schuldenfalleliefen. Um die Diskussion ein bisschen zu versachlichen,mache ich darauf aufmerksam, dass man die Entwick-lung nicht einseitig den ostdeutschen Bundesländernvorwerfen darf. Sie leisten zwar eine gute Arbeit, sindaber in besonderem Maße durch Abwanderung, die sichauch auf die Zuweisungen im Rahmen des Länderfi-nanzausgleichs auswirkt, betroffen. Ich möchte in die-sem Zusammenhang ein paar Zahlen betreffend denVollzug der Länderhaushalte nennen. So hat der Finanz-planungsrat vereinbart, dass die Haushaltsmittel nur um1 Prozent steigen dürfen. Tatsächlich wiesen die Haus-halte der Stadtstaaten eine Steigerung von 2,4 Prozentund die der westdeutschen Flächenländer eine Steige-rung von 1,7 Prozent auf, während die ostdeutschen Flä-chenländer ihre Haushaltsmittel um 0,7 Prozent zurück-geführt haben.Es gibt also Licht und Schatten. Ich glaube, wir tunals Deutscher Bundestag gut daran, an dieser Stelle hartzu bleiben. Wir sollten aber auch zur Kenntnis nehmen,dass die Situation insbesondere in den ostdeutschenBundesländern sehr schwierig ist. Wir sollten uns in derzweiten Hälfte dieses Jahres mit diesem Thema nocheinmal beschäftigen. Das liegt im Gesamtinteresse nichtnur des Deutschen Bundestages, sondern auch der Bun-desrepublik Deutschland; denn es wird uns nur gelingen,die binnenwirtschaftliche Situation zu verbessern undletztendlich das Zusammenwachsen von Ost und Westzu befördern, wenn der Aufbau in den neuen Bundeslän-dern sachgerecht fortgeführt wird und wenn es dafürweiterhin das Verständnis und die Solidarität der Men-schen im Westen Deutschlands gibt.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine
Lötzsch, Fraktion Die Linke.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen undHerren! Am 4. Juli gibt es an den Berliner SchulenZeugnisse und die Empfehlung für die weiterführendenSchulen. Nach diesen Haushaltsberatungen komme ich,wie sicher auch viele Wähler, zu dem Schluss: DieseBundesregierung ist stark versetzungsgefährdet. EineEmpfehlung für die gymnasiale Oberstufe würde wohlkswsesgsacdMSuulmDpwWAAShPlSMase–lrgnanHglgwd
llerdings bringt uns das keinen Schritt weiter bei derchaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Ichabe daraus übrigens gelernt, dass Populismus nicht einrivileg von Oppositionsparteien ist. Er wird offensicht-ich auch von mittelgroßen Volksparteien genutzt, umtimmung gegen Arbeitslose zu machen.
Genauso populistisch finde ich es, wenn Herrüntefering behauptet, dass viele Arbeitslose Angeboteblehnen. Viele können aus ihren Abgeordnetensprech-tunden gegenteilige Beispiele erzählen. Ich sage Ihneninmal eines aus meiner Sprechstunde: Da ist ein Mann Anfang 40, mit Frau und Kindern –, der eine Umschu-ung zum Physiotherapeuten machen möchte. Er hat be-eits eine Einstellungszusage eines zukünftigen Arbeit-ebers, doch die Arbeitsagentur will die Ausbildungicht bezahlen. Sie bietet ihm dafür einen Job als Pizza-usfahrer in Köln an. Das ist doch absurd; mit einerachhaltigen Arbeitsmarktpolitik hat das nichts zu tun.
err Müntefering hat im Wahlkampf über Frau Merkeleäußert: „Sie kann es nicht.“ Heute müssen wir feststel-en: Er kann es auch nicht.
Finanzminister Steinbrück gehört zu denjenigen, dieerne etwas von Nachbarn abschreiben. Dumm ist nur,enn der Nachbar einen Fehler gemacht hat. Das fälltem Lehrer in der Regel auf. Herr Steinbrück hat von
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Dr. Gesine Lötzschseinem Vorgänger, Herrn Eichel, abgeschrieben. Derhatte es nämlich in kürzester Zeit geschafft, auf Steuer-einnahmen in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro zuverzichten. Damit hatte er die Hoffnung verbunden, dassdie Unternehmen, die von diesen Steuerreformen ammeisten profitierten, die gesparten Mittel in neue sozial-versicherungspflichtige Arbeitsplätze investieren wür-den. Das ist bekanntlich nicht passiert. Aber der aktuelleFinanzminister macht den gleichen Fehler. Er hebt dieMehrwertsteuer ab dem 1. Januar 2007 um 3 Prozent-punkte von 16 auf 19 Prozent an – die größte Steuer-erhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik und einGriff in die Taschen der kleinen Leute. Pro Prozentpunktwill der Finanzminister 8 Milliarden Euro einnehmen.Komischerweise wird die geplante Unternehmensteuer-reform dieses Ministers die Steuerzahler ebenfalls8 Milliarden Euro kosten. Das heißt, die Einnahmen auseinem Prozentpunkt Mehrwertsteuererhöhung fließen di-rekt an die Unternehmen. – Meine Damen und Herren,ich finde, jeder hat das Recht, Fehler zu machen. Dochwissentlich Fehler zu wiederholen, das ist schon beängs-tigend und ein Fall für den Schulpsychologen.
Minister Tiefensee ist schon deshalb versetzungsge-fährdet, weil ihn nie jemand gesehen hat.
Der Aufbau Ost hat in dieser Legislaturperiode bishernoch nicht stattgefunden. In einem Interview mit HerrnTiefensee habe ich jetzt gelesen, dass er gerne im Ver-borgenen arbeitet.
Doch das scheint nicht erfolgreich zu sein.
Der Finanzminister hat schon angekündigt, dass erHerrn Tiefensee in Zukunft 100 Millionen Euro für denAufbau Ost wegnehmen will. Das ist Geld, das für dieGemeinschaftsaufgabe in Ostdeutschland gebrauchtwird. Ich habe auch gehört, dass sich der Ostbeauftragteder Bundesregierung über die angebliche Verschwen-dung von Solidarpaktmitteln öffentlich beklagt. Ichhalte das im Gegensatz zu meinem Vorredner für eineAnbiederei bei den Herren Koch und Stoiber. Es ist rich-tig: Mittel, die für Investitionen gedacht sind, sind in denkonsumtiven Bereich geflossen, allerdings um die Erfül-lung von Pflichtaufgaben der Länder und Kommunenabzusichern. Der Osten verjubelt das Geld nicht. DieSteuereinnahmen der neuen Länder und der Gemeindenin Ostdeutschland sind im Vergleich zu denen in den al-ten Ländern so niedrig, dass man dort nicht einmal mehrseine Pflichtaufgaben erfüllen kann.In Anbetracht der dramatischen Situation im Osten istes ein Gebot der Vernunft, die Nutzung der Solidarpakt-mittel flexibler zu gestalten, so wie es übrigens auch derMinisterpräsident Thüringens, Herr Althaus von derCDU, gefordert hat.EfnuMPhGnsdtw„eTOAHWsIellSsmnzdgmLdsFGdmLdwdrBtk
r will die Mittel für Bildungsinvestitionen nutzen dür-en. Wir brauchen im Osten nicht noch mehr Autobah-en, sondern Investitionen in die Köpfe, also in Schulennd Universitäten. Die Kriterien für die Vergabe derittel sind überholt. Doch es gibt eine breite Front vonersonen, die diese Kriterien nicht ändern wollen. Sieaben nämlich kein Interesse daran, dass im Osten mehreld in die Bildung gesteckt wird.Noch fataler ist allerdings die Abwesenheit des so ge-annten Ostministers bei der Föderalismusreform. Nuro viel – wir werden nächste Woche ausführlich darüberiskutieren –: Ich habe den Eindruck, dass einige Minis-erpräsidenten den Zug zur deutschen Einheit stoppenollen, und das ist nicht sehr patriotisch, schon gar nichtfröhlich“, wie es der Präsident uns allen heute Morgenmpfohlen hat.Es gibt allerdings einen Erfolg, mit dem sich Herriefensee gerne schmückt: Das ist die Angleichung desstniveaus des Arbeitslosengeldes II an das Westniveau.llerdings muss dieser Erfolg gerechterweise denartz-IV-Demonstranten zugestanden werden, die beiind und Wetter jeden Montag auf die Straße gegangenind, um gegen diese Ungerechtigkeit zu demonstrieren.hnen gebührt meine Hochachtung.
Der Finanzminister verteilt schon heute das Geld, dasr noch gar nicht hat. Er und die Familienministerin wol-en jedes Jahr 3,9 Milliarden Euro Erziehungsgeld zah-en. Es wird immer wieder gern erklärt – auch von Herrnteinbrück –, dass die Steuergelder zielgenauer einge-etzt werden müssen, dass nur diejenigen Geld bekom-en sollen, die es dringend brauchen und sich selbsticht helfen können. Da stimme ich zu. Doch beim Er-iehungsgeld ist es genau umgekehrt: Die Mütter, die aufas Erziehungsgeld angewiesen sind, bekommen weni-er; die Mütter, die es nicht unbedingt brauchen, bekom-en mehr. Bisher begann die Sozialauswahl in unseremand erst nach der Grundschule. Dort wurde entschie-en, wer auf das Gymnasium und wer auf die Haupt-chule kommt, wer also Gewinner oder Verlierer ist. Dieamilienministerin will die Sozialauswahl schon vor dereburt treffen. Das ist wirklich erschreckend.
Wenn die ganze Bundesregierung versetzungsgefähr-et ist, kann das nicht nur an den Schülern liegen. Dannuss man sich auch einmal die Frage stellen, was dieehrer denn falsch gemacht haben; nehmen wir einmalen Wirtschaftsweisen Rürup. Egal welche Regierungir haben: Die falschen Konzepte kommen immer ausen gleichen Häusern. Ich erinnere an die Gesundheits-eform 2004: Ziel war es, die Lohnnebenkosten und dieeitragssätze der Krankenkassen auf Kosten der Bei-ragszahler zu senken. Was ist passiert? Die Lohnneben-osten wurden nicht gesenkt; aber die Kassenbeiträge
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Dr. Gesine Lötzschsteigen und der Patient zahlt. Da muss man sich doch dieFrage stellen: Wie lange noch dürfen diese nicht gewähl-ten Experten ihre falschen Konzepte verkaufen?
Aber vielleicht interessieren sich die Mitglieder derBundesregierung gar nicht mehr dafür, ob die Reformendas Land wirklich weiterbringen, ob sie ihre Aufgabenim Interesse der Wähler erfüllen. Vielleicht gibt es fürdas eine oder andere Regierungsmitglied auch schon lu-krative Angebote aus der Wirtschaft, sodass sie auf dieBeurteilung der Wähler pfeifen können, wie es Altbun-deskanzler Schröder getan hat.Noch ein Wort zum Verlauf der Beratungen. Kein An-trag der Opposition bekam im Haushaltsausschuss eineMehrheit; Herr Koppelin ist darauf schon eingegangen.Das ist natürlich eine ideologiebetriebene Politik. Eskann und darf aus der Sicht von CDU/CSU und SPDnicht sein, dass Oppositionspolitiker – in unserem Fallesind es Linke – vernünftige Vorschläge machen. Wenndie Regierungsfraktionen an diesen Vorschlägen nichtvorbei können, dann werden die entsprechenden Anträgetrotzdem abgelehnt und diese Vorschläge werden übereigene Anträge in die Beratungen eingebracht. Ist daswirklich ein souveränes Verhalten oder ist das nicht eherkleinkariert und ein schlechtes Vorbild für diejenigen,die sich an den Diskussionen hier im Bundestag orientie-ren wollen?
In diesem Jahr werden mit dem Haushalt 260 Milliar-den Euro verteilt. Die Bundesregierung behauptet imgleichen Atemzug, dass es nichts mehr zu verteilen gibt.Das klingt unlogisch, ist es aber nicht. Es gibt zwar andie Mehrheit nichts zu verteilen, aber – wie ich an eini-gen Beispielen dargestellt habe –: Eine Minderheit wirdeher diskret bedient.Wir als Linke schenken den Menschen reinen Weinein.
Es ist genügend Geld da; es muss nur richtig verteiltwerden.
Das ist von dieser Regierung aber nicht zu erwarten.Deshalb werden wir den Haushalt ablehnen.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Steffen
Kampeter, CDU/CSU-Fraktion.
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en Haushalt in Ordnung bringen, die Arbeitslosigkeitenken und die sozialen Sicherungssysteme konsolidie-en. Das sind große Aufgaben. Wir wollen in dieser Wo-he als große Koalition gemeinsam deutlich machen,ass wir die Haushaltskonsolidierung mit Entschieden-eit angehen. Es gibt zu ihr keine Alternative.
Das Leitbild der großen Koalition ist dabei eine gene-ationengerechte Haushaltspolitik. Wir wollen keine ver-eidbaren Lasten auf die nächsten Generationen wäl-en. Dieses ehrgeizige Anliegen umzusetzen ist keineufgabe für einen Tag, sondern soll für die nächsten Le-islaturperioden unsere Leitlinie bleiben. Damit leistetie Haushaltspolitik durch strikte Haushaltskonsolidie-ung ihren Beitrag dazu, dass es unserem Land weiteresser geht.
Kein Land hat eine wirtschaftliche Spitzenpositionauerhaft gehalten, das seinen Haushalt nicht konsoli-iert hat, das einen Haushalt vorgewiesen hat, der nichtn Ordnung war.
ein Sozialstaat kann es sich auf Dauer leisten, dass dieffentlichen Finanzen nicht in Ordnung sind. Da liegtine enorme Aufgabe, die weit über die heutigen Haus-altsberatungen hinausreicht. Sie wird von der großenoalition angegangen.
Mit dem Haushalt 2006 und dem Finanzplan für dieeit bis 2009 geht die große Koalition einen erstenchritt auf dem beschwerlichen Weg zu dauerhaft undachhaltig konsolidierten Bundesfinanzen. Der ersteaushalt der großen Koalition ist Ergebnis eines kom-lexen Vorgangs. Warum? Hierzu empfiehlt es sich, sichie haushalts- und finanzpolitische Lage zu Beginn deroalitionsverhandlungen im vergangenen Oktober insedächtnis zu rufen. Entscheidender Ausgangspunktar die gemeinsame Feststellung der Koalitionspartner,ass wir im Bundeshaushalt ein strukturelles Defiziton über 60 Milliarden Euro per annum haben. Um dieimension dieser haushaltspolitischen Schieflage ein-al klar zu machen, kann man auch sagen: Rund0 Prozent der Ausgaben des Bundes waren zu diesemeitpunkt nicht durch regelmäßige Einnahmen gedeckt.Dieser Besorgnis erregende Zustand der Bundesfinan-en ist das Ergebnis eines Prozesses, der sich seit Jahrenbgezeichnet hat. Wir haben in den vergangenen Jahren,nd zwar nicht erst seit 1998, deutlich über unsere
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Steffen KampeterVerhältnisse gelebt. Die Neuverschuldung des Bundes-haushalts lag 2005 zum vierten Mal in Folge über derRegelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes. Ebenso ha-ben wir als Gesamtstaat, also Bund, Länder, Gemeindenund Sozialversicherungen, viermal in Folge das 3-Pro-zent-Defizitkriterium des Stabilitäts- und Wachstums-paktes verletzt. Es ist allerhöchste Zeit, diese Entwick-lung zu stoppen, wollen wir nicht die Lasten unserenKindern und Enkelkindern aufbürden. Wir fangen mitder Haushaltskonsolidierung an. Es ist ein schwererWeg. Er muss gegangen werden. Es gibt zu ihm keineAlternative.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns ehrgeizigeZiele gesetzt, nämlich die Regelgrenze des Art. 115 desGrundgesetzes sowie das Defizitkriterium wieder einzu-halten. Dieser Anspruch erfordert eine enorme Kraft-anstrengung. Schon die Einhaltung der Regelgrenze desArt. 115 des Grundgesetzes bedeutet ein Konsolidie-rungsvolumen von 35 Milliarden Euro allein für denBundeshaushalt. Ein solches Einsparvolumen lässt sichnicht von heute auf morgen erzielen. Jeder, der etwas an-deres behauptet, macht den Menschen etwas vor. Er istunehrlich. Eine unehrliche Politik hat beim Haushaltausgedient.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir betrei-ben keine Verschleierung der dramatischen Finanzsitua-tion, sondern wir wollen eine transparente Haushalts-politik machen. Wahrheit und Vollständigkeit sindverfassungsrechtlich gebotene Haushaltsgrundsätze, diewir achten wollen.Dazu gehört, dass wir mit den der Haushaltsplanungzugrunde gelegten gesamtwirtschaftlichen Entwick-lungsannahmen vorsichtig umgegangen sind. Korrektu-ren wird es auch in der großen Koalition geben, zumBeispiel bei den Wachstumsannahmen. Sie entwickelnsich in den letzten Wochen positiv. Das ist eine gute Bot-schaft für Deutschland. Wir wollen, dass es so weitergeht.
Auch bei den großen Schätzansätzen haben wir realis-tische Größenordnungen veranschlagt.Schließlich haben wir die Nettokreditaufnahme offenausgewiesen, die sich aus einem strukturellen Defizitvon 60 Milliarden Euro ergibt. Sie liegt mit rund38 Milliarden Euro – der Kollege Koppelin hat mich jaschon zitiert, indem er darauf verwies, dass ich das nichtbesonders gut finde – um rund 15 Milliarden Euro überden Investitionsausgaben und ist auch höher als die Net-tokreditaufnahme im vergangenen Haushaltsjahr.Nun beschäftigen wir uns einmal ein wenig mit derRealität: Das strukturelle Defizit beträgt 60 MilliardenEuro und erst seit wenigen Monaten wurden erste kräf-tdhensdpsEg–DdtSdtrhGrwgWmvgzwnggwdAfulAgspt
ann ist das unanständig, unseriös und hemmungslosopulistisch. Meine sehr verehrten Damen und Herren,o kann man keine seriöse Haushaltspolitik machen.
in Beispiel: Wir alle wissen, dass wir bestimmte Auf-aben im Zusammenhang mit der Lage am Arbeitsmarkt Herr Kollege Müntefering weiß das – lösen müssen.
ie FDP schlägt angesichts eines möglichen Mehrbe-arfs für arbeitsmarktpolitische Ausgaben eine Leis-ungsabsenkung vor. Wer so unrealistisch den Menschenand in die Augen streut, der erschüttert den Glauben anie Seriosität der Politik. Wer so Oppositionspolitik be-reibt, der macht damit deutlich, dass er keinerlei Regie-ungsfähigkeit besitzt. Das hat die FDP mit ihrem Vorge-en klar deutlich gemacht.
Die Überschreitung der Regelgrenze des Art. 115 desrundgesetzes ist erforderlich, um eine drohende Stö-ung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzu-ehren. Insbesondere das Ziel eines hohen Beschäfti-ungsstandes, aber auch das Ziel eines angemessenenirtschaftswachstums wäre bei alternativen Maßnah-en gefährdet. Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wieor schwierig; insbesondere das Fehlen einer nachhalti-en Besserung im Bereich der Langzeitarbeitsloseneigt, dass die konjunkturellen Erholungsimpulse, dieir Gott sei Dank verspüren, den Arbeitsmarkt nochicht spürbar erreicht haben. Die Wachstumserwartun-en haben sich ausweislich der Frühjahrsprojektion nureringfügig von 1,4 auf 1,6 Prozent erhöht. Die gesamt-irtschaftlichen Eckwerte, die Grundlage der Entschei-ung der Bundesregierung, die Ausnahmeregelung desrt. 115 in Anspruch zu nehmen, sind, liegen im Mittel-eld des Spektrums der Prognosen wichtiger nationalernd internationaler Institutionen.Zwar sieht die Deutsche Bundesbank in ihrer aktuel-en Einschätzung der Konjunkturlage die wirtschaftlicheufwärtsbewegung zu Beginn des Jahres durch eineünstige Entwicklung bei den Ausrüstungsinvestitionenowie durch einen kräftigen außenwirtschaftlichen Im-uls gestützt, von einer nachhaltigen Wende beim priva-en Konsum kann aber nach Auffassung der Bundesbank
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)Steffen Kampeternoch nicht gesprochen werden. Der Kollege Schneiderhat darüber hinaus in seiner Rede auf die erfreuliche Ent-wicklung bei den Steuereinnahmen hingewiesen. Bisherdeutet allerdings wenig darauf hin, dass sich die Steuer-basis strukturell verändert hat. Aufgrund der aktuellenSteuerschätzung belaufen sich die Mehreinnahmen imBundeshaushalt, denen ja Mindereinnahmen gegenüber-stehen, lediglich auf 1,5 Milliarden Euro.Jeder, der hier im Gegensatz zu unseren Planungeneine abrupte Haushaltskonsolidierung fordert – gleich,ob sie durch Abgabenerhöhung oder durch Reduzierungstaatlicher Leistungen erfolgt –, muss sich der Gefahrbewusst sein, dass dies zusätzlich nachdrücklich nega-tive Impulse auf die derzeitige Konjunkturentwicklungausüben und die Störung des gesamtwirtschaftlichenGleichgewichts nach sich ziehen würde. Eine Störungdes gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erreichenist nicht Ziel der großen Koalition. Wir wollen, dass esbesser wird in diesem Land und aufwärts geht. DerHaushalt 2006 dient diesem Ziel.
Ich weiß, dass viele der Experten – dazu zähle ich auchviele Mitglieder dieses Hauses aus allen Fraktionen –
im Zusammenhang mit der Debatte zur Mehrwertsteuer-erhöhung gesagt haben: Wir sind nicht begeistert, dasswir diese Mehrwertsteueranpassung vornehmen müssen.
Aber angesichts der Handlungsmöglichkeiten in den ver-bleibenden sechs Monaten dieses Jahres und imJahr 2007 – ich habe Ihnen die Alternativperspektivenhier klar und deutlich aufgezeigt – gibt es dazu keinevernünftige, realistische, konjunkturverträgliche Alter-native. Wir sind bereit, diesen schweren Weg zu gehen,weil er ohne Alternative für unser Land ist. Das ist ehr-lich und das muss gesagt werden.
Angesichts des Sachverhaltes, dass internationale Or-ganisationen wie der Internationale Währungsfondsdiese Mehrwertsteuererhöhung im Rahmen des wirt-schaftlichen Umfeldes und der Reformperspektiven, diedie große Koalition in vielen Bereichen geschaffen hat,weitaus positiver bewerten, müssen all diejenigen, diedie Mehrwertsteuererhöhung hier als Konjunkturkillercharakterisieren, sich fragen lassen, ob sie nicht einen in-teressengeleiteten Pessimismus zum Maßstab ihres poli-tischen Handelns machen, der weder im Interesse der öf-fentlichen Finanzen noch im Interesse der Menschen inDeutschland sein kann.
Wir als große Koalition haben uns deshalb für deneg einer konjunkturunterstützenden Konsolidie-ung entschieden. Durch kurzfristige Wachstumsim-ulse soll die konjunkturelle Erholung gefördert werden,m in diesem Jahr zunächst Schwung zu holen und auföherem Niveau die dämpfenden Effekte, die ich keines-alls bestreite, besser zu verkraften. Gleichzeitig sollenie Angebotskräfte dann so weit gestärkt sein, dass dieelastungen – wir haben ja Erfahrung mit Mehrwert-teueranpassungen in den vergangenen Jahrzehnten –ur einen temporären Effekt darstellen. Daher ist auch iner Frühjahrsprojektion unterstellt, dass, betrachtet manie Jahre 2006 und 2007 zusammen, der begonnene Wegn Richtung eines höheren Wachstums stabilisiert, unter-tützt und nicht abgebrochen wird.Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den Be-chlüssen zum Haushalt 2006 sind die Rahmenbedin-ungen für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung inieser Legislaturperiode gegeben. Die nachhaltige, kon-unkturschonende Haushaltskonsolidierung wird von ei-em Maßnahmenbündel begleitet, das sowohl Konsoli-ierungsmaßnahmen im engeren Sinne enthält als auchachstumsimpulse im weiteren Sinne gibt.Der erste Schritt ist dabei in der vergangenen Wocheuch vom Bundesrat abgesegnet worden: das so ge-annte Haushaltsbegleitgesetz 2006, das mit ansteigen-en Entlastungen des Bundeshaushalts – beginnend007 bei 12,5 Milliarden Euro, gefolgt von weiterenchritten – die Konsolidierung vorantreiben wird. Wiraben aber auch im Bereich der sozialen Sicherungssys-eme mutige Reformschritte zur Flankierung des Haus-altskonsolidierungskonzeptes eingeleitet. Ich erwähneeispielsweise die Rente mit 67. Sie ist ein wichtigereilenstein. Durch sie wird nicht nur die demografischentwicklung aufgegriffen, sondern auch eine strukturellentlastung der sozialen Sicherungssysteme und damituch des Bundeshaushalts herbeigeführt.Wir müssen darüber nachdenken, ob die solide Fi-anzpolitik, aufgrund dessen die große Koalition diesenaushalt vorlegt, nicht auch auf andere öffentlicheaushalte übertragen werden sollte. Einzelne Bundes-änder haben bereits Notlagen angezeigt; eventuell kom-en weitere Länder hinzu. Insoweit war die Debatte umie richtige Verwendung der Solidarpaktgelder sinnvoll.s kann nach meiner Auffassung nicht sein, dass einigeänder die Mittel für Investitionen einsetzen, währendndere sie – nicht regelkonform – anderen Verwendun-en zuführen. Wir brauchen eine strengere Finanzdiszi-lin auf allen Gebietskörperschaftsebenen. Ich sprecheich dafür aus, die Idee eines nationalen Stabilitäts-akts, die wir auf allen Ebenen erörtern, weiterzuverfol-en.
s kann nicht sein, dass der Bundeshaushalt in der Kon-olidierung voranschreitet, aber andere Gebietskörper-chaften in eine andere Richtung marschieren. Dieffentlichen Haushalte sitzen alle in einem Boot. Konso-
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Steffen Kampeterlidierung ist eine föderale Gemeinschaftsaufgabe. Dieswollen und müssen wir deutlich machen. Bund und Län-der müssen gemeinsam – und zwar nicht nur im Rahmender Fortentwicklung des Föderalismuskonzeptes, son-dern auch durch verbindliche Regelungen bezüglich derKonsolidierung der Haushalte – deutlich machen, dasses um eine nationale Aufgabe geht, der wir uns stellenwollen.
Die Sozialisierung finanzpolitischen Fehlverhaltenskann eben nicht Ziel der großen Koalition sein. Ich setzeda hohe Erwartungen in die Beratungen für diesen Be-reich.Mit dem Bundeshaushalt 2006 haben wir einen erstenSchritt auf dem steinigen Weg der Konsolidierung getan.Ich will in diesem Zusammenhang einen Bereich aus-drücklich hervorheben, bei dem uns dieser Schritt nichtganz einfach gefallen ist, nämlich den Bereich der Ar-beitsmarktpolitik. Dazu gehört Hartz IV, worüber indiesem Hause schon oft debattiert wurde. Man musskein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass das auchzukünftig so sein wird. Vielleicht könnte man auch denNamen dieses Reformprojekts einer Revision unterzie-hen.
Das halte ich auch im Interesse der Betroffenen für sinn-voll.Ich will einen Punkt besonders deutlich machen: AusSicht der Union, aber auch aus Sicht der großen Koali-tion war und bleibt die Zusammenlegung von Arbeitslo-senhilfe und Sozialhilfe richtig. Sie war ordnungspoli-tisch sinnvoll. Mit ihr wurden allerdings noch nicht dieerwünschten Haushaltseinsparungen erzielt.
Dies muss aber in einem weiteren Schritt gelingen.Wir sind uns bewusst – insbesondere die Union hatsich dieses Themas angenommen –, dass wir, wenn wirdie Annahmen des Gesetzentwurfes zugrunde legen,eine erhebliche Zielabweichung von der Finanzprognosefür diese Legislaturperiode haben werden, und zwar ineiner Größenordnung von zwei Mehrwertsteuerpunkten.Ich wiederhole: Die Zielabweichung hinsichtlich des Fi-nanzvolumens für die Arbeitsmarktpolitik umfasst zweiMehrwertsteuerpunkte!Deswegen war es richtig – dafür danke ich allen Be-teiligten –, dass wir für das Haushaltsjahr 2006 eineRisikovorsorge getroffen haben, um höhere Kostendurch mögliche Umschichtungen innerhalb des Arbeits-marktetats auffangen zu können. Die Koalition hat sichinsbesondere auf eine Haushaltssperre im Bereich der ar-beitsmarktpolitischen Leistungen verständigt. Wir habenes gleichzeitig abgelehnt, dass weiter auf Beitragsmittelzugegriffen wird;
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it den überschüssigen Einnahmen, die sich aufgrunder positiven Entwicklung ergeben und die von den Bei-ragszahlern stammen, soll nicht der Bundeshaushalt sa-iert werden.Bei der Arbeitsmarktpolitik stehen wir erst am An-ang eines durchgreifenden Prozesses, der auch etwasit dem Bundeshaushalt zu tun hat. In einem erstenchritt müssen wir die Strukturreformen am Arbeits-arkt vorantreiben. Wir müssen in einem zweitenchritt die Reformen innerhalb des Systems weiter vo-antreiben. Ich danke Bundesminister Müntefering, dassr hier engagiert vorangegangen ist
nd dass er mit den bestehenden Gesetzen einen wichti-en Grundstein dafür gelegt hat, dass wir die Ausgaben-ntwicklung erstmals in den Griff bekommen können.Aber ich mache für die Union auch deutlich, dass wiroch nicht am Ende der Entwicklung sind und dass dieeformschritte innerhalb des SGB sozialverträglich, fürie Menschen nachvollziehbar und der Konsolidierunges Bundeshaushalts dienend weitergeführt werden müs-en.
Wir müssen in einem dritten Schritt dazu beitragen,ass die Belastung für den Bundeshaushalt durch die Ar-eitsmarktpolitik begrenzt wird, indem wir Beschäfti-ungsimpulse nutzen. Mit dem Bundeshaushalt 2006 ha-en wir zur Stärkung von besonders zukunftsträchtigenereichen ein Sofortprogramm mit einem Volumenon 25 Milliarden Euro aufgelegt, von dem insbesondereuch die Arbeitslosen profitieren werden. Nicht ohnerund haben wir die Abschreibungsbedingungen fürnternehmen verbessert und die Mittel für das CO2-Ge-äudesanierungsprogramm aufgestockt. Auch die Mittelür Verkehrsinvestitionen werden mit diesem Bundes-aushalt erheblich, nämlich um 1 Milliarde Euro, aufge-tockt. Das soll nicht nur zur Verbesserung der Infra-truktur beitragen, sondern auch einen wesentlicheneschäftigungsimpuls liefern.All das macht deutlich, dass dies nicht ein Haushalter harten Konsolidierung, sondern ein Haushalt ist, mitem im Rahmen des Möglichen auch Wachstumsim-ulse gesetzt werden. Diese Politik müssen wir als großeoalition gemeinsam offensiv vertreten.
Insgesamt ist zu vermerken, dass die Höhe der Inves-itionsausgaben mit über 23 Milliarden Euro auf demiveau des Regierungsentwurfs gehalten werden kann.ir müssen uns zukünftig überlegen, wie wir diesen Be-eich ausbauen. Wir haben zu den Forschungsinvestitio-
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Steffen Kampeternen, aber auch zu den Investitionen, die die Vereinbarkeitvon Familie und Beruf betreffen, wichtige Entscheidun-gen getroffen, die sich teilweise nicht auf dem engenInvestitionsbegriff abbilden lassen. Auch dies machtdeutlich, dass wir für die Sicherstellung der Zukunftsfä-higkeit unseres Landes Haushaltsmittel in erheblicherHöhe zur Verfügung stellen.Was sind weitere Ergebnisse der Beratungen für denHaushalt 2006? Der Kollege Schneider hat bereits aufdie Dezentralisierung der Versorgungsausgaben und dieAuflösung des Versorgungsplanes hingewiesen. Seitüber 20 Jahren diskutieren wir bei jeweils unterschiedli-chen Mehrheitsverhältnissen über die Dezentralisierungder Versorgungsleistungen im öffentlichen Bereich.Wir haben der gesetzlichen Rentenversicherung vieleReformnotwendigkeiten aufgebürdet. Die Dezentralisie-rung der Versorgungsausgaben ist ein wesentlicherSchritt zur Modernisierung des Aufbaus der Bundesver-waltung. Zum ersten Mal müssen die einzelnen Ministe-rien die fiskalische Verantwortung für ihre Pensionäreübernehmen. Dies löst die kollektive Verantwortungslo-sigkeit im Bereich der öffentlichen Versorgung auf.Nach 20 Jahren hat die große Koalition in diesem Be-reich eine wesentliche Modernisierung erreicht. Dies istein Erfolg, den wir deutlich machen müssen.
Die Einsparungen, die wir den Bürgerinnen und Bür-gern zumuten, müssen wir vorantreiben. Wir haben imBereich der öffentlichen Verwaltung weitere Einsparun-gen vorgenommen. Wir haben im Übrigen im personal-wirtschaftlichen Bereich alle zusätzlichen Stellenanfor-derungen, die sich aus dem Regierungswechsel ergeben,überkompensiert. Es kann keiner sagen, dass wir hiernicht entschieden vorgegangen seien. Wir haben diejährlichen Sonderzahlungen an die Beamten schon indiesem Jahr halbiert. Weil wir glauben, dass es eineswichtigen Signales bedurfte, sind die Mitglieder derBundesregierung, insbesondere die Bundeskanzlerin,vorangeschritten: Die Sonderzahlungen an sie wurdennicht nur befristet halbiert, sondern dauerhaft abge-schafft. Damit machen wir deutlich: Gekehrt wird auchoben und gespart wird auch an der Spitze der Regierung.Das ist ein Signal, das die große Koalition setzen wollte.
Selbstverständlich haben wir auch bei der Öffentlich-keitsarbeit der Ressorts Mittel eingespart. Der einge-sparte Betrag von 10 Millionen Euro mag manchemnicht hoch genug erscheinen, wie ich aus dem Redebei-trag der FDP vernommen habe. Man muss aber einesdeutlich machen: Es hat sich zwar noch kein Bundes-minister bei uns dafür bedankt, dass wir ihm wenigerMittel für die Öffentlichkeitsarbeit zugestehen. Aber dieGlaubhaftigkeit der Konsolidierungspolitik setzt voraus,dass die die Regierung tragende Koalition auch in denje-nigen Bereichen, von denen man vermuten könnte, dassdie Regierung ein großes Interesse an ihnen hat, sparsamvorgeht und Einsparungen durchführt. Das ist glaubwür-dige Haushaltspolitik. Das macht deutlich: Wir sparenasvGHHsnSödsnkszcslwddßfnDBKangSkhnD
Die Einhaltung des in den Koalitionsverhandlungenerabredeten Finanztableaus bis 2009 ist ein schwereseschäft. Erschwerend kommt die Erkenntnis dazu, dassaushalte, deren Neuverschuldung sich knapp unter deröhe der Investitionsausgaben bewegt, keine Dauerlö-ung auf dem Weg zu nachhaltigen und tragfähigen Fi-anzen sein können. Wir wollen mit dem Ziel sinkenderchulden wieder größere Handlungsspielräume für dieffentliche Hand erreichen. Das bedeutet, dass wir auchas Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes anpeilen müs-en. Dies ist Grundlage der Koalitionsvereinbarung.Als nächste Etappe müssen wir in dieser und in derächsten Legislaturperiode nach dem Umsteuern einenlaren Sinkflug in Bezug auf die Nettokreditaufnahmechaffen und im Laufe der nächsten Legislaturperiodeur Sicherung der dauerhaften Tragfähigkeit der öffentli-hen Finanzen ausgeglichene Haushalte vorlegen. Dazuind viele – auch unangenehme – Beschlüsse erforder-ich. Die wollen und werden wir gemeinsam treffen, weilir glauben: Nur mit ausgeglichenen Haushalten wirdie Haushaltspolitik ihren Beitrag dazu leisten, dass es iniesem Land weiter aufwärts geht.Ich danke Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stelle eine au-
ergewöhnliche Disziplin im Einhalten der Redezeiten
est, die mir – zumal bei Haushaltsdebatten – überhaupt
icht erinnerlich ist.
afür mag es Gründe geben.
Nun erteile ich das Wort der Kollegin Anja Hajduk,
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Derollege Steffen Kampeter hat seine Rede mit einer be-chtlichen Ehrlichkeit eröffnet. Ich weiß nicht, ob es Ih-en aufgefallen ist: Er hat davon gesprochen, dass dieroße Koalition sich drei Ziele gesetzt hat: die sozialenicherungssysteme zu konsolidieren, die Arbeitslosig-eit abzubauen und den Haushalt zu konsolidieren. Dannat er ganz deutlich gesagt: Das haben wir uns für dieächste Legislaturperiode vorgenommen.
as war eine beachtliche Ehrlichkeit.
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Anja HajdukHerr Kampeter, ich will Ihnen sagen: Sich zu verspre-chen, passiert uns allen und wahrscheinlich auch mir indieser Rede. Aber wir wissen auch: Diese Versprechersind nicht zufällig. Sie haben einen tiefen, wahren Kern.Das war ein guter Beitrag zur Debatte.
Sie haben Ihre Rede zwar mit einer freudschen Fehl-leistung begonnen. Aber ich möchte ernster werden undsagen, dass die Haushaltsberatungen leider durch einesgekennzeichnet sind: Wir haben nicht nur eine großeKoalition, die das Land regiert, sondern wir werden re-giert von einer großen Selbstgefälligkeit. Wenn Sie,Herr Kampeter und andere in der Koalition, diesenHaushalt am Freitag beschließen, der sich durch diegrößte Nettokreditaufnahme auszeichnet, die es jemalsin der Planung gegeben hat – es ist mit über38 Milliarden Euro ein Schuldenrekord –, und gleichzei-tig sagen, dass Sie brutal konsolidieren, dann ist das derVersuch einer Volksverdummung, der nicht gelingenwird. Das ist Selbstgefälligkeit und zeugt von Kraftlo-sigkeit in der großen Koalition.
– Man kann auch härtere Worte dafür finden, HerrWesterwelle; da gebe ich Ihnen Recht. – Damit leistenSie diesem Land keinen Dienst. Das müssten Sie aber ei-gentlich tun.Ich komme noch einmal zu den Ergebnissen derHaushaltsberatungen. 261 Milliarden Euro sollten aus-gegeben werden; das sind 1,8 Milliarden mehr als imVorjahr. Dies entspricht immerhin einer Steigerung um0,7 Prozent. Die große Koalition hat während der Haus-haltsberatungen Kürzungen in Höhe von 100 MillionenEuro vorgenommen. Im Verhältnis zu den 261 Milliar-den entspricht dies 0,04 Prozent. Das muss man sich ein-mal klar machen. – Ich erinnere mich noch daran, wieder frühere haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU,der Kollege Austermann,
gewettert hat, der hemmungslose Schuldenaufbauwerde jedes Jahr ungebremst fortgesetzt. So hat er ge-poltert. Dieses Jahr tritt die CDU/CSU mit einer Kür-zung von 100 Millionen Euro an; damals hat sie 8 Mil-liarden Euro gefordert. Die CDU/CSU bewegt sich jetztbei rund 1 Prozent davon. So viel ist von Ihren alten Vor-stellungen übrig geblieben. Sie sind ein ganz kleinesKaro in dieser großen Koalition.
Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Die großeKoalition hat die wirtschaftliche Erholung, die wir zur-zeit haben, nicht genutzt, um im Rahmen der Haushalts-beratungen eine Perspektive für eine längerfristige Kon-solidierungsstrategie zu eröffnen. Im Gegenteil: Siewgne92IgnedwmddzZsmgdDrasgWkstttvdgPgsiizNbg
Auch die Investitionsquote sieht mit unter 9 Prozenther bescheiden aus. Hier haben Sie den Mittelansatz umMillionen Euro verändert, bei einem Volumen von3 Milliarden Euro.
ch kann nur sagen: Die Wochen der Haushaltsberatun-en waren von marginalen Veränderungen gekennzeich-et. Das ist, gemessen an der Größe dieser Koalition, einklatantes Armutszeugnis.Die Zahl, die diesen Haushalt prägt, ist die Nettokre-itaufnahme in Höhe von 38,2 Milliarden Euro. Ichill noch einmal darauf eingehen, weil diese Zahl – sieüsste nicht so hoch sein – die Belastung angibt, die wiren kommenden Generationen aufbürden. Die Nettokre-itaufnahme in Höhe von 38 Milliarden Euro entsprichtiemlich genau der Summe, die wir für die laufendeninszahlungen ausgeben. Wenn wir die Kredite aus-chließlich für die Zinszahlungen brauchen, dann siehtan doch, dass wir mit der kompletten Summe Vergan-enheitsbewältigung betreiben und überhaupt nichts fürie Zukunft bereithalten.
eswegen kann ich nicht verstehen, dass die Regie-ungsfraktionen nicht angetreten sind, die Nettokredit-ufnahme abzumildern. Wir Grünen haben nicht ver-prochen, sie wegzuputzen. Aber wir haben Vorschlägeemacht, sie um 6 Milliarden Euro deutlich zu senken.as Sie machen, ist verantwortungslos gegenüber denommenden Generationen; denn Sie betreiben aus-chließlich Vergangenheitsbewältigung.Lieber Herr Schneider, Sie haben hier von Ihren poli-ischen Zielen gesprochen, von konsolidierten Haushal-en. Sie als haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Frak-ion haben keinen einzigen Schritt in diese Richtungorgeschlagen. Auch das ist ein schwaches Bild nachiesen Haushaltsberatungen.
Ich will deutlich machen, dass es gar nicht so schwerewesen wäre. Sie hatten doch so genannte Windfall-rofits: Die Steuermehreinnahmen betrugen im Ver-leich zum letzten Jahr 3,7 Milliarden Euro; im Mai die-es Jahres besagte die Steuerschätzung Mehreinnahmenn Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Kollege Schneider hatn der Öffentlichkeit gesagt, diese Einnahmen würdenur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet.ichts davon ist geblieben. Mit einem kraftlosen Akt ha-en Sie sie nur stabil gehalten. Sie haben für meine Be-riffe sehr müde agiert.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3487
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Anja HajdukIch möchte noch weitergehen. Ich habe schon ange-deutet, dass bisher noch kein Haushalt mit einer solchhohen Nettokreditaufnahme vorgelegt worden ist. Mankönnte glatt die Losung ausgeben: Große Koalitionmacht große Schulden. Ich will die Debatte noch vertie-fen. Sie nehmen in Anspruch, eine neue Ehrlichkeit zupflegen. Es wurde schon erwähnt, man müsse sagen, wasSache ist. Das sei wichtig, um Vertrauen zu gewinnen.Ich muss Ihnen sagen, dass Ehrlichkeit kein Freibrief da-für ist, regungslos zu verharren. Man kann nicht sagen,die Lage sei ernst, die öffentliche Verschuldung sei hochund wir hätten strukturelle Probleme und deshalb bringeman nicht die Kraft auf, die Richtung anzugeben, dieeingeschlagen werden müsse, um die Schulden zu ver-ringern. Eine Neuverschuldung in Höhe von 38 Mil-liarden Euro hat nichts mit Ehrlichkeit zu tun, sondernsie ist Ausdruck der Behäbigkeit der großen Koalition,die keine Alternativen aufzeigt. Ich komme gleich zu un-seren Alternativen.
Ich will einen Punkt ansprechen, bevor ich zu den Al-ternativen komme, nämlich die Maastrichtkriterien.Mit der Neuverschuldung von 38 Milliarden Euro be-steht das Risiko, dass wir auch in diesem Jahr dasMaastrichtkriterium nicht einhalten, obwohl viele Ex-perten sagen, dass das bei der wirtschaftlichen Entwick-lung, die wir haben, im Jahre 2006 sehr wohl möglichwäre. Die Vorgängerregierung hat in Verhandlungen vieldazu beigetragen, dass der Stabilitätspakt reformiertbzw. angepasst wurde. Das geschah ausdrücklich mit derAnsage, konjunkturgerechter zu agieren. Das haben wirGrüne mitgetragen. Ich kann die Kritik aus EU-Kreisenverstehen. Viele reiben sich ein Jahr nach der Reformdes Stabilitätspaktes die Augen, weil in diesem Jahreine konjunkturelle Erholung zu verzeichnen ist, aberwichtige Länder der Europäischen Union diese nicht ge-nutzt haben, um weniger Schulden aufzunehmen. Leidergehört auch Deutschland dazu. Aufgrund der besserenwirtschaftlichen Bedingungen könnten wir dieMaastrichtkriterien in diesem Jahr einhalten. Nichts da-von ist in der Planung der Regierung zu sehen. Sie stütztsich auf ein „vielleicht“ und glückliche Wendungen,setzt sich das aber nicht zum Ziel. Das halte ich für eineMissdeutung der Reform des Stabilitätspaktes. Der ein-zige Grund, warum Deutschland nicht in der Kritik stehtund warum der Konsolidierungsplan in Deutschland ge-billigt wird, ist die massive Mehrwertsteuererhöhungzum nächsten Jahr. Das ist eine einseitige und falscheAusrichtung Ihrer Politik.
Ich möchte ganz kurz auf das Reizthema der Mehr-wertsteuererhöhung eingehen. Was ist eigentlich dasDramatische und das Schlimme an Ihrer Politik? Ichglaube, das Schlimmste daran ist die Unordnung und dasChaos. Was machen Sie 2006 und was machen Sie2007? Sie argumentieren, Sie wollten im Jahr 2006 dasWachstum unterstützen, und Sie legten ein Programm inHöhe von 25 Milliarden Euro zur Stabilisierung derKonjunktur auf. Sie machen viele Schulden unter Hin-wJbfmeEcdrAegGddIdgfBawADrIfnwz3KrnahrzDv
Ich habe deutlich gemacht, dass die Mehrwertsteuer-rhöhung insbesondere deshalb ein Problem ist, weil dieinnahmen ausschließlich zum Stopfen der Haushaltslö-her verwendet werden. Es ist ja nicht so, dass Sie miter Reform der sozialen Sicherungssysteme schon vo-angekommen wären. Sie senken zwar die Beiträge zurrbeitslosenversicherung, indem Sie Steuermittel hin-instecken. Bei den Lohnnebenkosten veranstalten Sieenau das gleiche Chaos wie bei der Mehrwertsteuer:as geben und Vollbremsung gleichzeitig! Sie senkenie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, erhöhen aberie Beiträge zur Rentenversicherung um 0,4 Prozent.Ich komme auf die Gesundheitsreform zu sprechen.n einem Punkt kann man sich ganz sicher sein: Wederie Kanzlerin Merkel noch sonst irgendjemand in derroßen Koalition glaubt noch, dass eine Gesundheitsre-orm zum 1. Januar 2007 finanzwirksam wird und dieeiträge gesenkt werden können. Genau das müssen Sieber schaffen, wenn Sie die Lohnnebenkosten senkenollen.
b dem 1. Januar 2007 stehen die Krankenkassen unterruck, ihre Beiträge um 0,5 Prozent, konservativ ge-echnet, bis 1 Prozent zu steigern. Trotzdem vertagen Siehre Einigung über die Eckpunkte der Gesundheitsre-orm ständig von dem einen Wochenende auf dasächste.Die Bevölkerung ahnt schon, dass es nicht klappenird. Die Lohnnebenkosten werden nicht unter 40 Pro-ent sinken. Mit Sicherheit werden wir aber eine umProzentpunkte höhere Mehrwertsteuer zahlen. Dieseonjunkturbremse kann das Land nicht gebrauchen. Da-an sieht man einmal wieder: Die große Koalition machticht nur große Schulden, sondern verursacht langfristiguch große Probleme auf dem Arbeitsmarkt.
Ich komme jetzt zu den Alternativen. Wir Grünenaben uns natürlich dem Anspruch gestellt, die Regie-ung nicht nur zu kritisieren, sondern ein Szenario aufzu-eigen, wie man es besser machen könnte.
er Kollege Schneider hat gesagt, dass sich niemandom Acker machen darf. Dazu gehört, dass man beim
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3488 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Anja HajdukHaushalt Veränderungen vorschlägt. Das haben Sie nichtgemacht.
Wir haben zwar kein Buch gebunden, wie es die FDP ge-tan hat, aber wir haben 400 Änderungsvorschläge ge-macht.Wir haben drei Ziele verfolgt:Erstens. Weniger Schulden machen. Das habe ichschon begründet. Weniger Schulden kann man insbeson-dere dadurch machen, dass man beim Subventionsab-bau konsequenter vorgeht. Im Rahmen der Beratungenüber das Haushaltsbegleitgesetz haben wir Maßnahmenvorgeschlagen, die die Steuereinnahmen um 1,4 Milliar-den Euro erhöhen. Bei dem schönen Thema Kohle-subventionen gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. DieKohlesubvention ist keine heilige Kuh.
Sie entwickelt sich bereits heute degressiv. Ein vollstän-diger Abbau ist aber immer noch nicht geplant. FragenSie einmal Experten aus der Wirtschaft. Keiner würdeIhnen sagen, eine Dauersubventionierung der Kohle isteine vernünftige Maßnahme. Das muss auch die SPDeinmal zur Kenntnis nehmen.
Wir schlagen einen Subventionsabbau in Höhe voninsgesamt 2 Milliarden Euro vor. Wir haben keine Fabel-zahlen errechnet. Wir haben eine Summe von 2 Mil-liarden Euro errechnet, die in den nächsten Jahren auf5 Milliarden Euro anwächst.Wir schlagen Ausgabenkürzungen in Höhe von2,3 Milliarden Euro vor. Diese Summe können wir ein-sparen. Ich befinde mich in guter Gesellschaft, wenn ichdiese Zahl nenne. Das ist eine realistische Größe. Auchder Präsident des Bundesrechnungshofs hat in der Dis-kussion über das Haushaltsbegleitgesetz gesagt: Mankann den Haushalt nicht nur über Ausgabenkürzungenausgleichen; auch Einnahmesteigerungen gehören dazu.Dem stimmen wir zu. Aber man kann durchaus Ausga-benkürzungen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro jähr-lich vornehmen.Subventionsabbau plus Ausgabenkürzungen plus zu-sätzliche Steuereinnahmen, die in der Steuerschätzungim Mai errechnet wurden, bieten eine Möglichkeit zurKonsolidierung dieses Haushaltes in Höhe von knapp6 Milliarden Euro. Wir lägen dann bei der Neuverschul-dung unter 33 Milliarden Euro. Damit würden wir dieMaastrichtkriterien einhalten.Ich frage die große Koalition: Warum machen Sie dasnicht? Warum bringen Sie die Kraft nicht auf? Wenn Sievon einer Konsolidierungsstrategie reden und für sich inAnspruch nehmen wollen, zu konsolidieren, dann hättenSie auf diesem Weg wenigstens ein Stück weit mitgehenmüssen. Sie haben nicht eine einzige Maßnahme vorge-schlagen, die in diese Richtung zielt. Deswegen sprecheich Ihnen einen Willen zur Konsolidierung des Haushal-tgSnlgdsditdmsUlwBsmPdMddHvhfwtDnmWds3szKwKieiS
Ich möchte meine Ausführungen mit einigen Beispie-en unsinniger Maßnahmen garnieren. Die rot-grüne Re-ierung hat – das wurde damals kritisiert – den Umzuges BND von Pullach nach Berlin geplant. Es ist eineehr kostspielige Angelegenheit, wenn der Nachrichten-ienst umzieht. Wir Grüne – damals im Übrigen sogarnterfraktionell mit der CDU/CSU noch in der Opposi-ion und auch mit der FDP – waren sehr skeptisch, obas nicht eine Maßnahme sei, die man noch aufschiebenüsse, ob die Planung überhaupt schon so weit gediehenei. Was macht die große Koalition aus dem geplantenmzug des Nachrichtendienstes von Pullach nach Ber-in, der erwiesenermaßen über 1 Milliarde Euro kostenird? Sie macht daraus eine Doppelbelastung für alleürgerinnen und Bürger. Der Umzug nach Berlin solltattfinden, obgleich teuer; aber damit die CSU auchitmacht, bleibt ein großer Teil des BND dann doch inullach. Das bedeutet eine Neubelastung in Höhe einesreistelligen Millionenbetrages.
an muss wirklich sagen: Die Lösung und die Einigunger großen Koalition zum inneren Frieden hinsichtliches BND-Umzuges ist inhaltlich unsinnig und eine teureypothek für die Bürgerinnen und Bürger. Wir habenorgeschlagen, davon Abstand zu nehmen. Auch dazuatten Sie nicht die Kraft. Das ist ein schönes Beispielür den Unsegen, den Ihre Politik für das Land bedeutet.
Zweites Beispiel: die SPD-Fraktion. Wie sehr habenir in der vergangenen Legislaturperiode darauf geach-et, dass die Integrationsmittel nicht gekürzt werden!as war schon immer eine schwierige Übung, da der In-enminister zu SPD-Zeiten hinsichtlich der Integrations-ittel sehr bescheiden war. Was haben wir gemacht?ir haben in den Haushaltsberatungen dafür gesorgt,ass die Mittel auf einem vernünftigen Niveau gebliebenind. Sie haben nun zugelassen, dass diese Mittel um0 Prozent gekürzt werden. Das ist angesichts der Ziel-etzung des geplanten Integrationsgipfels ein Armuts-eugnis. Auch das zeigt: Die SPD-Fraktion hat keineraft für Maßnahmen, die sie eigentlich für richtig hält.
Ich komme zum Schluss. Das Maastrichtkriteriumird dieses Jahr vielleicht erreicht. Ehrgeiz hat die großeoalition nicht. Sie sagen: Das Maastrichtkriterium wirdn 2007 erreicht; denn da haben wir ja die Mehrwertsteu-rerhöhung. Aber in der jetzigen Finanzplanung gibt esnsgesamt keine Sicht auf Besserung. Trotz der massiventeuererhöhungen im satten zweistelligen Milliardenbe-
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Anja Hajdukreich ist nicht in Sicht, die Nettokreditaufnahme zu sen-ken. Mit großer Sorge sehe ich auf das Jahr 2007. Dennich glaube, dass die wirtschaftliche Belebung durch dieMehrwertsteuererhöhung kaputtgemacht wird.Man kann eigentlich nur ein Fazit ziehen: Die großeKoalition hat die haushaltspolitischen Risiken nicht ent-schärft. Sie hat sie auf die Zukunft verlagert.
Das ist verantwortungslos gegenüber der jungen Genera-tion. Die große Koalition mit ihrer übergroßen Mehrheitist – das wissen wir seit acht Monaten und das spürenauch die Bürgerinnen und Bürger, deren Zustimmungsinkt – gemessen an ihren Taten nichts weiter als einkleinmütiger Verein. Das ist die traurige Wahrheit.
Das Wort hat nun der Bundesminister der Finanzen,
Peer Steinbrück.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Mir ist an einer eher grundsätzli-chen Vorbemerkung gelegen, ehe ich auf einige Hin-weise und Argumente eingehe.Ich möchte gern eine Bemerkung zu der Debatte inder Bundesrepublik Deutschland machen, die ich im Au-genblick als ziemlich schrill empfinde und die gelegent-lich auch aus unseren Reihen befeuert wird. Das ist dieDebatte – das ist vornehm ausgedrückt; denn in vielenFällen ist es gar keine Debatte – über die aktuelle unddie künftige Rolle des Staates und seiner Finanzie-rung. Man kann darüber sehr engagiert diskutieren. Mankann den Staat in seinem Ausgabeverhalten kritisieren.Man muss den Staat in seinem Ausgabeverhalten kriti-sieren, insbesondere in der Funktion als Opposition. Dashat es immer gegeben und das wird es auch in Zukunftgeben.Aber mir ist daran gelegen, darauf hinzuweisen, dassvon manchen Absendern inzwischen Vorwürfe und auchPolemiken gegen den Staat sowie gegen seine Repräsen-tanten in Ämtern und Mandaten gerichtet werden, die,wie ich finde, eine neue Qualität haben und in meinenAugen gelegentlich jene Linie überschreiten, an derenEinhaltung auch diesen Kritikern gelegen sein sollte,weil deren Überschreitung sich auf die demokratischeSubstanz unseres Gemeinwesens auswirken könnte. DerStaat wird als Moloch verteufelt, als jemand, der sich aufKosten der Steuerzahler bereichert und immer fetterwird. Dies korrespondiert angeblich mit Sozialabbau.Das ist definitiv nicht der Fall.
– Entschuldigen Sie bitte, mit 70 Cent von jedem EuroSteuern, den wir einnehmen, betreiben wir Sozialpolitik.WbdnuItsklgsssSwnsmgwwsvruBdrbamaeDlDp–gS
Ich lasse mich gerne auf eine kritische Debatte da-über ein, ob wir das Geld zielgerichtet genug ausgebennd ob es effektiv eingesetzt wird. Aber angesichts derilder, die teilweise verbreitet werden, möchte ich inieser Haushaltsdebatte ein etwas anderes Bild zeichnen.
Man muss sich vor Augen halten, dass auch von se-iöseren Stellen – ich rede jetzt nicht vom Boulevard –ehauptet wird, der Staat sei gefräßig, bereichere sich,rbeite für sein eigenes Konto – welches Konto auch im-er das sein soll – und habe sich auf das Kassieren stattuf das Reformieren verlegt. Mancher, Herr Koppelin,rliegt dann der Versuchung, sogar im Rahmen dieserebatte um des kurzfristigen rhetorischen Effektes wil-en Bilder vom „Kartell der Abkassierer“ zu zeichnen.as korrespondiert nicht mit der Selbstachtung, die dieolitische Klasse eigentlich haben sollte.
Dann bezeichnen Sie es anders. Herr Westerwelle, re-en Sie sich nicht über den Begriff auf, sondern über denachverhalt, den ich vermittle.
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3490 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Bundesminister Peer SteinbrückEs gibt einen verbreiteten Reflex gegen das Staatli-che, der gelegentlich jedes Augenmaß und oft auch jedesNiveau vermissen lässt. Tatsächlich ist es so, dass dieBürgerinnen und Bürger dieses Landes einen hand-lungsfähigen Staat brauchen. Eine 80-Millionen-Gesellschaft wie unsere ist auf intakte und politisch legi-timierte Einrichtungen, die Spielregeln erlassen, ange-wiesen; sonst würden wir im Chaos landen. Wir brau-chen den Staat, weil er für seine Bürger Leistungenvielfältiger Art erbringt.Das fängt schon morgens an, wenn sie zur Arbeit fah-ren und dabei den öffentlichen Nahverkehr bzw. denSchienenpersonennahverkehr in Anspruch nehmen. Dassetzt sich fort, wenn sie ihre Kinder in Kindergärten oderSchulen schicken wollen. Die Bürger wollen, dass Hoch-schulen vorgehalten werden. Sie wollen, dass Polizistenbezahlt werden. Gelegentlich wollen sie vielleicht auchein subventioniertes Theater besuchen. Sie wollen, dassöffentliche Sicherheit gewährleistet wird. Sie wollenkommunale Daseinsvorsorge. Sie brauchen Ver- undEntsorgung. Sie möchten, dass die BundesrepublikDeutschland, auch im Außenverhältnis, gesichert ist. Siemöchten, dass Sportförderung betrieben wird. Und siemöchten, dass Kulturförderung betrieben wird. Dasmuss finanziert werden – oder wir müssen Abstriche ma-chen.
Wenn jemand, der zum Beispiel eine andere Auffas-sung zur Mehrwertsteuererhöhung hat, der Regierungvor das Schienbein treten will, ist das nachvollziehbar.Die Regierung und die Koalition werden das verschmer-zen müssen. Das ist eine demokratische Spielregel. Aberdie Vermischung von Politikschelte und Staatskritik istunredlich. Ich füge hinzu: Sie ist auch gefährlich. Jedermuss die aktuelle Politik und die Mitglieder der Bundes-regierung kritisieren dürfen. Aber dazu muss man keinZerrbild unseres Staates zeichnen und die Bürger nichtgegen den Staat in Stellung bringen.
Abschließend zur Frage: Wer ist der Staat? Es wirdimmer der Eindruck erweckt, als bestünde der Staat ausirgendwelchen Leuten „da oben“ und als sei das einesich bereichernde und unfähige Politikerkaste. Dem leis-ten wir sogar Vorschub, auch durch wechselseitige Vor-würfe, die gelegentlich über das erträgliche Maß hinaus-gehen.Ich möchte betonen: Wir alle sind der Staat. DurchWahlakte haben die Bürgerinnen und Bürger die Aus-übung staatlicher Gewalt für eine begrenzte Zeit dele-giert und demokratisch legitimiert. Dennoch besteht derStaat aus uns allen. Wenn wir also über das Ausgabever-halten des Staates reden, reden wir auch über unser Ver-halten und unsere Erwartungen. Teilweise sind dieErwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Bereit-stellung staatlicher Leistungen gewachsen. Es liegt alsonicht nur an den verrückt gewordenen Politikern, dassuns gelegentlich manches aus dem Ruder gelaufen ist,sondern das hat auch etwas mit nicht mehr zu bedienen-den, weil nicht mehr zu finanzierenden Erwartungen derBcsssvlhbIdad–IkdpvdzidsDHwdd–WdWd
Entschuldigen Sie, wenn ich das sage: Das spielt beihnen keine Rolle. Ich habe Ihnen gesagt, dass die Netto-reditaufnahme im Wesentlichen dadurch geprägt ist,ass wir inzwischen ein Wachstums- und Investitions-rogramm, ein Impulsprogramm,
erabschiedet haben und bereit sind, dafür mehr Geld inie Hand zu nehmen; das war die erste Komponente. Dieweite Komponente, die ich hier mehrmals erklärt habe,st, dass wir von der Koalition die Einmaleffekte überie Zeitachse dieser Legislaturperiode, wie ich finde,ehr vernünftig verteilt haben.
ie dritte Komponente sind Mehrkosten mit Blick aufartz IV. Das sind die drei Komponenten, wegen derenir auf das Niveau von 38 Milliarden Euro kommen.
Herr Koppelin, Sie reden wiederholt davon, der Bun-eshaushalt sei verfassungswidrig. Das tun Sie, weil Sieiese Aussage in der Zeitung wieder finden wollen.
Es stimmt nicht. Sie sind zwar Jurist, Herresterwelle, aber ich muss doch Zweifel haben, ob Sieie Verfassung richtig interpretieren.
ir überschreiten die Regelgrenze des Art. 115. Aberas ist keineswegs verfassungswidrig. Doch Sie argu-
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Bundesminister Peer Steinbrückmentieren genau so, weil Sie gerne eine Zeitungsüber-schrift „FDP hält den Bundeshaushalt für verfassungs-widrig“ hätten.
Mit Blick auf die Mehrwertsteuererhöhung war icheher erstaunt, dass Sie nicht ganz so viele Zitate gebrachthaben wie Herr Westerwelle in den letzten Debatten. Erwar auch etwas aufgeregter in der Gestik; auch das erle-ben wir das vierte oder fünfte Mal.
– Auch sehr laut.Ich stelle jetzt einmal die Gegenthese in den Raum.
Die Gegenthese lautet: Herr Westerwelle, wenn Sie tat-sächlich dort gelandet wären, wo Sie gerne gelandet wä-ren, nämlich in der Regierung, dann hätten Sie die Mehr-wertsteuererhöhung mitgemacht.
Ja, Sie hätten sie mitgemacht!Sie haben im Mai des Jahres 2005 dem ZDF ein, wieich finde, ganz interessantes Interview gegeben. Ich zi-tiere aus der Zusammenfassung: Auf die Frage, ob er,Herr Westerwelle, seine Unterschrift unter einen Koali-tionsvertrag setzen würde, der eine Erhöhung der Mehr-wertsteuer vorsehe, antwortete Westerwelle, er werdenicht apodiktisch sagen: Niemals, nimmer, auf gar kei-nen Fall und nur über meine Leiche.
Was Sie uns vorhalten, auch mit Blick auf die richtigeBeschreibung der Position vor und nach der Wahl, dasist so vorgetragen, als ob Sie sich in denselben Zwängenbefänden wie diese Koalition. Unter der Notwendigkeit,in einer Regierung Verantwortung zu übernehmen, hät-ten Sie diese Mehrwertsteuererhöhung genauso vorge-nommen wie wir in dieser großen Koalition; insofern istvieles an Ihren Vorwürfen bigott.
Herr Minister, darf der Kollege Westerwelle Ihnen
eine Frage stellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr.
Herr Minister, zunächst einmal will ich darauf auf-
merksam machen, dass Sie bei diesem richtigen Zitat ei-
nes weglassen, nämlich die klare Aussage meiner Person
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wiederholung, Wiederholung; so etwas haben Sie in
eder Rede gesagt.
Herr Präsident, könnten Sie dem Minister sagen, dass
ine Zwischenfrage aus einer Frage und einer Antwort
esteht?
Es wäre gut, wenn möglichst bald die Frage käme, da-
it auch möglichst bald die Antwort erfolgen kann.
Das ist natürlich wahr; ich danke Ihnen, Herr Präsi-
ent, dass Sie mir das noch einmal klar gemacht haben.
Herr Minister, ich möchte Sie fragen: Sind Sie bereit,
as ganze Zitat wiederzugeben? Und wie können Sie er-
lären, dass Sie mir heute eine Ansicht vorwerfen, die
ie selbst im Wahlkampf so oft vertreten haben? Sie wa-
en doch selbst gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer
nd sitzen auf dieser Regierungsbank doch nur, weil Sie
egen die Mehrwertsteuererhöhung Wahlkampf gemacht
aben. Darf ich Sie daran erinnern, dass meine Partei
ätte regieren können, wenn wir bereit gewesen wären,
hrer Einladung zu folgen und all die Wahlversprechen
u brechen,
ie wir gegeben haben, wozu wir, anders als Sie, nicht
ereit gewesen sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich muss zugeben, dass ich die Frageach diesem längeren Beitrag von Herrn Westerwelleeider vergessen habe.Ich habe gar keine Mühe damit, zuzugeben, dass ichine Position im Bundestagswahlkampf gehabt habe.as tue ich sofort und das habe ich auch in der letztenitzung des Bundesrates getan. Ich habe auch zugege-en, dass eine Mehrwertsteuererhöhung konjunktur-
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3492 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Bundesminister Peer Steinbrückdämpfend bzw. konjunkturschädlich ist. Die Frage istnur, wie das in der Abwägung mit anderen relativenNachteilen aussieht.
Ich komme dabei zu dem Ergebnis, dass diese Mehr-wertsteuererhöhung unter den obwaltenden Bedingun-gen das weniger Schädliche ist. Das ist das Ergebnis un-serer Abwägung.Bezogen auf mich habe ich Ihnen nichts vorgehalten.Ich halte Ihnen nur vor, dass Sie hier in mehreren Redenund auch heute wieder sehr redundant einen bestimmtenEindruck vermittelt haben, wobei ich mir ziemlich sicherbin, dass Sie genau so wie wir entschieden hätten, wennSie dort auf der Regierungsbank sitzen würden. Das istmein Vorwurf an Sie.
Der erste Teil des Zitats, den Sie ja nicht für falsch er-klärt haben – den zweiten Teil besorge ich mir gerne –,gibt Nahrung und Perspektive für die Annahme, dass Siesich so wie wir eingelassen hätten. Darauf will ich vordem Hintergrund Ihrer wiederholten Darstellung bis hinzu dieser Fragestellung hinaus.Meine Damen und Herren, diese Lesung eines Haus-haltes ist die erste seit sehr langer Zeit, die mitten in ei-nem stabilen Konjunkturaufschwung stattfindet. Dasist anders als in den vergangenen Jahren. Die Stimmungin der deutschen Wirtschaft ist so gut wie seit 16 Jahrennicht mehr. Das sagen mehrere Protagonisten, insbeson-dere auch der DIHK. Die zentralen konjunkturellenKennziffern, der Ifo-Geschäftsklimaindex und der Kon-sumklimaindex, die Zahlen für die Gesamterzeugungdes produzierenden Gewerbes, die Ausrüstungsinvesti-tionen und die Auftragseingänge sowie der Export habenseit Monaten eine klare Tendenz nach oben mit anhal-tend positiven Prognosen.Ich will nicht missverstanden werden und schon garnicht behaupten, dass die Politik der Bundesregierungdiese positive Entwicklung ausgelöst hat.
Das war nie unser Anspruch. Wir nehmen den Mund hiernicht zu voll; aber ich nehme für die Bundesregierungund für die große Koalition in Anspruch, dass wir einenwichtigen Beitrag dazu leisten, dass das so ist. Das sageich mit dem gebotenen Selbstbewusstsein.
Es zeigt sich zunehmend, dass die von uns vertreteneDoppelstrategie für den Haushalt 2006 und 2007 richtigist, nämlich in 2006 alles zu tun, um die Konjunktur zuunterstützen, und alles zu unterlassen, was den konjunk-turellen Verlauf auf der Einnahme- und der Ausgaben-seite beschädigen oder eintrüben könnte, um 2007 einenkonsolidierten Haushalt und eine in der Tendenz weiterkonsolidierende mittelfristige Finanzplanung vorzule-gen. Das heißt, in der Logik der Politik der Bundesregie-rung gehört beides zusammen, weshalb ich häufig vonder doppelten Tonlage spreche, nämlich auf der einenSdddsracsMuak3rHrDsdzDDlaBmWuarBKkfzztbKdgbsdKZgnk
iese hätten wir auch ergreifen müssen. Unsere unter-chiedliche Einschätzung besteht darin: Dadurch wäreas Kriterium verletzt worden, die Konjunktur nicht ein-utrüben.
as ist ein ganz unterschiedlicher inhaltlicher Ansatz.en kann man bewerten, aber bitte nicht mit Unterstel-ungen gegenüber der Bundesregierung arbeiten. Das istusgesprochen vorsätzlich. Ich halte die Politik dieserundesregierung für das Jahr 2006 für absolut richtig.Die große Koalition kann für sich in Anspruch neh-en, dass wir niemandem etwas vormachen.
ir haben eine realistische Bestandsaufnahme gemachtnd wir rechnen sehr konservativ bezüglich dessen, wasuf uns zukommt. Wir rechnen uns nicht gesund und wirechnen nicht zweckoptimistisch. Es kann sein, dass dieundesregierung am Ende dieses Jahres wirtschaftlicheennziffern – auch Haushaltskennziffern – vertretenann, die besser sind als heute. Ich würde mich darüberreuen, weil die Bundesregierung dem Publikum dannum ersten Mal seit langem sagen könnte, dass sie sichugunsten der Konjunktur, des Wachstums, der Beschäf-igung und des Haushalts geirrt hat, was sehr vertrauens-ildend wäre.An dieser Stelle möchte ich den Kolleginnen undollegen aus den Koalitionsfraktionen sehr herzlichanken, die das parlamentarische Verfahren sehr en-agiert, kritisch und konstruktiv gestaltet haben. Sie ha-en bereits im Februar 2006 ein solides haushaltspoliti-ches Fundament gelegt. Die Änderungen gegenüberem Regierungsentwurf sprechen für den Ehrgeiz dieseroalition, Gutes besser zu machen und selbst gesteckteiele sogar noch zu überbieten. Die Beispiele sind Ihneneläufig: Die Nettokreditaufnahme wird um 110 Millio-en Euro geringer ausfallen. Der moderate Ausgaben-urs wird fortgesetzt. Die globalen Minderausgaben
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3493
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Bundesminister Peer Steinbrückwerden um nicht weniger als fast ein Drittel weiter redu-ziert; das sind immerhin 500 Millionen Euro. Ich freuemich, dass wir damit unsere Konsolidierungsziele nochstärker übertroffen haben, als es in dem Regierungsent-wurf festgehalten war. Herzlichen Dank dafür!Ich möchte auch bestätigen, dass die Koalitionsfrak-tionen einem möglichen Vorurteil begegnet sind, näm-lich dass eine so große Mehrheit eher zu Bequemlich-keit, vielleicht auch zu Überbietungswettbewerb und zuSelbstzufriedenheit neigen könnte. Das tut sie nicht. Da-mit hat diese große Koalition ein wichtiges Signal ge-setzt.Sie hat sich den Realitäten gestellt. Das kann ich vonden Vorschlägen der Opposition nicht behaupten.
– Ich gehe auf einiges ein. Die FDP hat Vorschläge miteinem Einsparvolumen von 9,4 Milliarden Euro ge-macht, die Grünen – helfen Sie mir, Frau Hajduk – for-dern Einsparungen von 6 Milliarden Euro; da bin ich mirnicht ganz sicher.
– Gut, wie auch immer. Die Linkspartei möchte gerne1 Milliarde Euro draufsatteln. Sie möchte also denSchuldenstand in der Bundesrepublik Deutschland nochweiter erhöhen. Aber das ist Utopia 2006.
Ihren Ehrgeiz, noch mehr einzusparen, liebe Kollegenvon der FDP und den Grünen, in allen Ehren, aber esmuss auch realistisch sein. Mehrere Redner der Koali-tion haben bereits darauf hingewiesen: Was Sie vorle-gen, ist nicht realistisch. Ich muss nicht wiederholen,was Sie hinsichtlich des Verteidigungsetats vorschlagen:Die FDP will 1,1 Milliarden Euro, die Grünen wollenfast 500 Millionen Euro und die Linkspartei will sogar2,6 Milliarden Euro einsparen. Dies ist auch vor demHintergrund der internationalen Verpflichtungen derBundesrepublik Deutschland und mit Blick auf die Kon-sequenzen für die Soldaten und Soldatinnen, aber auchin Bezug auf Verträge mit Erfüllungsansprüchen, die wirnicht so einfach kündigen können, nicht zu realisieren.Dasselbe gilt für Ihre Vorschläge, die Wohnungsbauprä-mien und die Beiträge für nationale und internationaleOrganisationen zu kürzen, sowie diverse andere Punkte.
Sie sind schlicht und einfach nicht realitätsfest, sondernirrational.
Herr Minister, würden Sie eine weitere Zusatzfrage
des Kollegen Dr. Dehm zulassen?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
eswegen möchte ich gerne weitermachen.
Dasselbe gilt auch für die Arbeitsmarktpolitik. HierMilliarden Euro einzusparen, wie es, glaube ich, dieDP vorschlägt – sie ist einer der Lieblingsgegner derangzeitarbeitslosen –, hieße, die aktive Arbeitsmarkt-olitik massiv zu kürzen. Das ist völlig irrational.Ähnliches gilt für Forderungen nach Kürzungen beien Kohlesubventionen. Hier möchte ich in keinerundsatzdebatte einsteigen. Vielmehr möchte ichchlicht und einfach darauf hinweisen, dass die FDP,usgestattet mit juristischem Sachverstand, darüber hin-eggeht, dass es bindende Zuwendungsbescheide in dererspektive bis 2008 gibt. Sie aber machen Vorschlägeür 2006. Irgendjemand in Ihren Reihen müsste Ihnenoch sagen, dass Rechtsansprüche entstanden sind undass das, was Sie vorschlagen, jenseits einer Grundsatz-ebatte über die Kohle, nicht zu erreichen ist. Etwas um-angssprachlicher formuliert und hoffentlich ohne einentervention des Herrn Bundestagspräsidenten nach sichu ziehen: Das, was Sie vorgelegt haben, ist schlichternsinn!
Dasselbe lässt sich bei den Vorschlägen der Grünennd auch der Linkspartei nachweisen. Ich will nur zweieispiele nennen. Das erste Beispiel ist die Rückzahlungon Zuschüssen für den Steinkohleabsatz, den die Grü-en wegen gestiegener Weltmarktpreise fordern. Hierzuibt es nicht einmal eine abgeschlossene Abrechnung.ie können Sie dann so etwas fordern?
Entschuldigen Sie bitte, aber wir müssen die normaleeihenfolge einhalten. Das, was Sie in die Welt setzen,st populistisch.Das zweite Beispiel: Die Linkspartei will höhere Ein-ahmen von 1,25 Milliarden Euro aus dem Maut-chiedsgerichtsverfahren in den Haushalt einstellen.as klingt fantastisch, hat aber einen Pferdefuß: In die-em Jahr ist in dieser Auseinandersetzung überhauptein Urteil zu erwarten. Wie können Sie dann,25 Milliarden Euro einstellen wollen?Keiner der Vorschläge von der FDP, den Grünen under Linkspartei sowieso nicht würde das Problem deserfassungswidrigen Haushalts lösen, den uns Herroppelin vorwirft. Auch Ihre Vorschläge würden dazuühren, dass nach Ihrer Interpretation der Haushalt ver-assungswidrig wäre.
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3494 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Bundesminister Peer SteinbrückIch finde es faszinierend: Sie stellen sich hier hin undkritisieren die Bundesregierung dafür, dass sie einen ver-fassungswidrigen Haushalt vorlegt. Aber sehr schnellkommt man zu dem Ergebnis, dass Sie ebenfalls die Re-gelgrenze nach Art. 115 des Grundgesetzes verletzenwürden. Diese Logik ist faszinierend.
Noch eine Zwischenbemerkung, Herr Koppelin.Wenn man einmal einen Weg eingeschlagen und seinenStil gefunden hat, dann sollte man dabei bleiben. Dasheißt, wenn Sie mir und der Bundesregierung vorwerfen,wir würden Gammelfleisch verteilen, dann sollten Siedem Hersteller nicht anschließend die Hand reichen wol-len. Das passt nicht zusammen.
Es gibt nur zwei Erklärungen dafür, dass Sie solcheVorschläge machen, die erkennbar nicht realitätsfestsind. Die erste lautet: Sie wissen es nicht besser. Aber inWertschätzung Ihrer intellektuellen Kapazitäten weiseich das mit dem Ausdruck des Abscheus und der Empö-rung zurück. Die zweite lautet: Sie wissen es besser, aberSie stellen sich ahnungslos. Damit haben Sie sich aller-dings ein Armutszeugnis ausgestellt. Ich kann mit diesenVorschlägen nichts anfangen.Erlauben Sie mir zum Schluss einige Bemerkungenzum Haushaltsbegleitgesetz. Ich bin dem Bundesratdankbar, dass er dem Gesetz am vergangenen Freitag zu-gestimmt hat. Damit wird ein Kernbestandteil unsererStrategie zur Konsolidierung der Haushalte – ich redevon den öffentlichen Haushalten insgesamt – herbeige-führt. Ich erinnere daran, dass dies nicht nur mit Blickauf den Bundeshaushalt nötig ist. Es gibt sieben oderacht Länder, die im Aufstellungsverfahren die Regel-grenze ihrer Verfassungen verletzen. Die wenigenLänder, die das Haushaltsbegleitgesetz im Bundesrat ab-gelehnt haben, haben das in einer Haltung der hoff-nungsvollen Verweigerung – nach dem Motto „Hoffent-lich stimmen die anderen zu“ – getan.
Das stimmt leider insbesondere für das Bundesland, indem ich zu Hause bin und für das ich längere Zeit Ver-antwortung gehabt habe.
– Nicht mehr. Damit habe ich keine Mühe.Ich will an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dassfür die Bundesregierung – ich sage das gezielt wegenmancher Pressespekulationen, die offenbar immer aufsWochenende fallen – die beiden Ziele für 2007 und dieFolgejahre, die Regelgrenze des Art. 115 des Grundge-setzes einzuhalten und das Maastrichtverfahren zu be-streiten, sodass wir wieder von den Auflagen entlastetwerden, für uns von konstitutiver Bedeutung sind. AnddkuhksdgaGOhßdwrilrkedAdgwlsWdvS–wdsidu
Es liegen schwere Brocken vor uns. Deshalb ist esein Widerspruch, Herr Koppelin, über Risiken zu redennd trotzdem nach bestem Wissen und Gewissen Haus-alts- und Finanzpolitik zu betreiben. Wir sind von Risi-en umzingelt, um dieses Verb aufzugreifen. Man mussie kennen, um verantwortliche Politik zu machen. Manarf sich nicht von ihnen erdrücken lassen. Im Übrigenleichen sich gelegentlich manche dieser Entwicklungenus.Ich will aber kein Hehl daraus machen, dass mit deresundheitsreform, der Unternehmensteuerreform, derptimierung der Arbeitsmarktpolitik und dem Haus-altsentwurf 2007, den das Kabinett am 5. Juli beschlie-en will, schwere Brocken vor uns liegen. Insbesondereer Bundeshaushalt 2007 ist von erheblicher Bedeutung,enn die Konsolidierungsmaßnahmen – auch und ge-ade durch die Mehrwertsteuererhöhung – greifen. Dabeist es in gewisser Weise beispielgebend, in welcher Ton-age und mit welchen Absichten wir über dieses Themaeden.In den meisten Debatten geht verloren – damitomme ich zum Schluss –, dass bei der Mehrwertsteuer-rhöhung die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Bun-esrepublik Deutschland durch die Absenkung derrbeitslosenversicherungsbeiträge um 14,4 Milliar-en Euro entlastet werden. Frau Hajduk hat das infrageestellt, nach dem Motto „Die Menschen ahnen schonieder etwas“. Die Menschen ahnen aber nichts. Mög-ich ist höchstens, dass Sie ihnen etwas einreden und un-er Vorhaben in Zweifel stellen.
as die Menschen glauben und wie viel Vertrauen sie zuem fassen, was wir in der Politik entscheiden, ist auchon Ihrer öffentlichen Rede abhängig und davon, wieie an manche Punkte herangehen.
Das ist keine Selbstgefälligkeit.
Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Haushaltsent-urf in der vorgesehenen Fassung verabschieden wür-en. Ich darf Ihnen in Aussicht stellen, dass wir dannehr schnell – nämlich gleich nach der Sommerpause –n die nächsten Haushaltsberatungen hineingehen wer-en. Ich freue mich, wenn ich Ihnen dabei wieder Redend Antwort stehen darf.Herzlichen Dank.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3495
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Bundesminister Peer Steinbrück
Zu einer Kurzintervention erhält das Wort der Kollege
Dr. Dehm, Fraktion Die Linke.
Herr Bundesminister, wenn Sie darum bitten, Ihnen
zu glauben, dann sollten Sie bedenken, dass es den Glau-
ben erschüttern könnte, wenn Sie so mit Zahlen umge-
hen, wie Sie mit Zitaten des Kollegen Westerwelle um-
gegangen sind, und wenn Sie eine Zwischenfrage mit
dem Hinweis auf Ihre beschränkte Redezeit nicht zulas-
sen. Dabei weiß doch sicherlich jeder, der dieser Debatte
zuhört, dass eine Zwischenfrage und die Antwort darauf
nicht auf die Redezeit angerechnet werden. Das erschüt-
tert dann auch ein bisschen Ihre Glaubwürdigkeit.
Ich will Ihnen jetzt meine Fragen stellen. Sind Sie be-
reit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Linkspartei in al-
lererster Linie an der Einnahmesituation des Staates inte-
ressiert ist?
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir in
diesem Zusammenhang immer darauf hingewiesen ha-
ben, dass Sie und auch Ihre Vorgängerregierung willkür-
lich und bewusst den Staat verarmen, indem Sie auf
Steuereinnahmen verzichten? Sind Sie darüber hinaus
bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Freistellung
von Veräußerungsgewinnen der Staatskasse sowohl
unter der Vorgängerregierung und als unter der jetzigen
Regierung – daran waren Sie, Herr Steinbrück, nicht
ganz unbeteiligt – Milliarden entzogen hat?
Darf ich Sie fragen, wie es in diesem Land ankommt,
wenn man um Steuerehrlichkeit sowie die Vertrauens-
würdigkeit und die Verbindlichkeit unseres Steuersys-
tems wirbt und wenn gleichzeitig ein Mensch wie Franz
Beckenbauer – wir sollten bei Steuermeidung nicht nur
über die Deutsche Bank, Daimler oder BMW reden –,
der seinen Wohnsitz in Kitzbühel hat und ständig mit der
Bundeskanzlerin gesehen wird, in Deutschland keine
Steuern zahlt?
Herr Steinbrück, möchten Sie darauf antworten? –
Das ist nicht der Fall.
Dann erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Hermann
Otto Solms, FDP-Fraktion.
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as ist schließlich die Aufgabe der Opposition. Im Übri-en lohnt es sich, über bestimmte Grundsatzfragen zutreiten. Wenn beispielsweise die Mehrheit der deut-chen Bevölkerung den Eindruck hat, dass in Deutsch-and Nichtarbeit durch den Staat und seine Instrumenteu stark gefördert und Arbeit zu stark belastet wird, dannst das ein Grund, darüber zu streiten und zu fragen, obine bessere Justierung möglich ist. Es ist gerade dieufgabe der Regierung, die aus ihrer Sicht richtige Jus-ierung vorzunehmen, und die Aufgabe der Opposition,ort zu kritisieren, wo etwas zu kritisieren ist. Es gibtiele Beispiele, über die es sich lohnt zu streiten, undwar auch heftig; denn es geht um das Schicksal derenschen in diesem Land.
Auch nach den Haushaltsberatungen bleibt es dabei:er Bundeshaushalt 2006 und die Finanzplanung bis009 sind eine einzige finanzpolitische Bankrotterklä-ung.
afür trägt die Regierung Merkel/Müntefering nun ein-al die Verantwortung und nicht die Opposition, deran gerne die Verantwortung zuschieben will. Das, wasie hier vorlegen, ist kein Zukunftsentwurf, sondern einrmutszeugnis. Die Neuverschuldung übersteigt sogaroch die im letzten Haushalt von Hans Eichel vorgese-ene Nettokreditaufnahme um 7 Milliarden Euro unden Wert in der mittelfristigen Finanzplanung um6 Milliarden Euro. Es ist dreist und unehrlich gegen-ber den Bürgern, dies als Erfolg und Neuanfang zu ver-aufen.
Stattdessen bleibt alles wie gehabt: noch mehr Schul-en und keine Korrektur an der ungezügelten Ausgaben-rweiterung. Geschönt werden soll die katastrophaleituation durch als Haushaltsentlastung titulierte vielfäl-ige Steuererhöhungen. Damit werden alle Anstrengun-en zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums und zurnkurbelung der Binnenkonjunktur zunichte gemacht.m Übrigen beruhen die Maßnahmen auf einem eklatan-en Wahlbetrug der beiden regierenden Parteien. Darauferden wir die nächsten drei Jahre ständig hinweisen.as ist unsere Pflicht; denn wir müssen uns dem Wählertellen und ihm gegenüber ehrlich sein. Wir dürfen nichtas Gegenteil von dem tun, was wir im Wahlkampf ver-prochen haben.
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3496 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Dr. Hermann Otto SolmsMittelfristig verschlechtern sich die Aussichten fürmehr Wachstum und eine nachhaltige Haushaltskonsoli-dierung, weil die Zahl der sozialversicherungspflichtigBeschäftigten weiter zurückgehen wird. Damit fallennoch mehr Menschen als Steuer- und Beitragszahler aus.Wenn Sie die aktuelle Ausgabe des „Spiegel“ lesen,dann stellen Sie fest, dass die verbesserte Arbeitslosen-statistik nicht auf tatsächlichen Entwicklungen beruht,sondern auf statistischen Manipulationen. Die momen-tane Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist saisonüblich.Sie sollten also nicht so große Töne spucken. Wir sindweiterhin in einer beängstigenden Situation, was die Ar-beitslosigkeit betrifft.Ich will auf einige wesentliche Punkte des Bundes-haushalts hinweisen. Erstens. Der Bundeshaushalt 2006ist vorsätzlich verfassungswidrig. Zu diesem Schlusskommen auch Sie, wenn Sie Art. 115 des Grundgesetzesrichtig lesen. Wenn Sie anderer Meinung sein sollten,dann empfehle ich: Warten wir doch einmal ab, was dasBundesverfassungsgericht dazu sagt! Es ist aufgefor-dert, ein endgültiges Urteil zu fällen. Der Bezug auf dieStörung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtsscheint mir jedenfalls bei einem Wachstum von 1,6 bis2 Prozent weit hergeholt zu sein.Zweitens. Die Bundesregierung legt zum fünften Malund in voller Absicht einen stabilitätswidrigen Haus-halt vor, obwohl – bei ohnehin steigenden Steuereinnah-men – die Lücke durch entschlossene Sparanstrengun-gen ohne weiteres zu schließen wäre. Dazu haben dieHaushälter der FDP ein „Sparbuch“ vorgelegt. Wir wol-len zeigen, dass wir bereit sind, auch unbequeme Einspa-rungen zu verlangen und dafür geradezustehen. Wirglauben, dass wir das im Hinblick auf die Gesamtverant-wortung tun müssen.
Drittens. Trotz vollmundiger Sparversprechungensteigen die Bundesausgaben von 2006 bis 2009 weiterum 13,6 Milliarden Euro an. Von einem Sparhaushaltkann also keine Rede sein.Viertens. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltshat die Bundesregierung völlig aus den Augen verloren.Selbst in den Folgejahren bis 2009 verharrt die mittel-fristige Finanzplanung bei einer Neuverschuldung vonmehr als 20 Milliarden Euro. Die Schuldenlast, die un-sere Kinder und Enkel zu tragen haben, steigt kontinu-ierlich weiter.Fünftens. Der Investitionsverfall findet in der mittel-fristigen Finanzplanung seine Fortsetzung. Die Investi-tionsquote sinkt von 8,9 auf 8,5 Prozent im Jahre 2009.Ich erinnere daran: Im Jahre 1998 lag die Investitions-quote noch bei 12,5 Prozent. Daran sehen Sie, was dierot-grüne Regierung und jetzt die schwarz-rote Regie-rung getan bzw. unterlassen hat.Sechstens. Die in vielen Gesetzen unter harmlosenBezeichnungen verborgenen direkten und indirektenSteuern und Abgaben sind unsozial, wirtschaftsfeind-lich und arbeitsplatzvernichtend. Das brauchen Sie mirnicht zu glauben; das wird die wirtschaftliche Entwick-lung in den nächsten Jahren beweisen. Die GesetzehlSzDnbwrIbd23K5EDgeuedAbEzmREnAsddEfF5dclecBV2mw
eduzierung des Sparerfreibetrages: 750 Millionenuro; Besteuerung von Kohle als Heizstoff: 33 Millio-en Euro.Für die Wirtschaft: Abschaffung der degressivenfA für den Wohnungsbau: 150 Millionen Euro; Be-chränkung der Verlustverrechnung bei Steuerstun-ungsmodellen: 2,135 Milliarden Euro; Verschärfung beier Gewinnermittlung für Freiberufler: 500 Millionenuro.Für die Arbeitnehmer: Abschaffung des Freibetragesür Abfindungen: 450 Millionen Euro; Abschaffung desreibetrages für Heirats- und Geburtsbeihilfen:0 Millionen Euro; Abschaffung der Aufwendungen füras häusliche Arbeitszimmer: 300 Millionen Euro; Rei-hensteuer für gutverdienende Arbeitnehmer: 1,3 Mil-iarden.Schließlich die Autofahrer, zusätzlich zu den Steuer-rhöhungen – insbesondere der Mehrwertsteuer –: Strei-hung der Entfernungspauschale: 2,53 Milliarden Euro;esteuerung von Biokraftstoffen: 370 Millionen Euro;erschärfung der Einprozentregelung für Dienstwagen:55 Millionen Euro – wobei man auch noch bedenkenuss, welches Chaos in den Vorschriften bei der Dienst-agenregelung besteht.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3497
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Dr. Hermann Otto SolmsAllein um das richtig zu machen, braucht man einenSteuerberater.Hinzu kommt der so genannte Gesundheitssoli. Da-hinter verbirgt sich eine weitere Einkommensteuer, ver-mutlich – je nach Ausgestaltung – in Höhe von 14 bis16 Milliarden Euro.Zu der geplanten Einschränkung des Ehegattensplit-tings wird es nicht kommen, auch wenn dies immer wie-der gefordert wird. Eine solche Einschränkung ist ganzeinfach verfassungswidrig. Ich verstehe nicht, wie derCDU-Generalsekretär, der Volljurist ist, so einen Unsinnin die Welt setzen kann.
– Das kann ich Ihnen erklären. In Art. 9 des Grundgeset-zes ist die Vereinigungsfreiheit verankert. Wenn zweiPersonen sich zusammentun und beispielsweise eine of-fene Handelsgesellschaft bilden, dann werden sie so wiebeim Ehegattensplitting besteuert. Man darf ein Ehepaar,das nach Aussagen des Verfassungsgerichts eine Er-werbs- und Verbrauchsgemeinschaft bildet, nichtschlechter stellen als andere Erwerbsgemeinschaften.Das gebietet der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 desGrundgesetzes. So einfach ist der Zusammenhang. EineAbschaffung des Ehegattensplittings ist schlicht verfas-sungswidrig. Ein Blick ins Gesetzbuch – in diesem Fallins Grundgesetz – erleichtert die Rechtsfindung auch indiesem Fall.
Schließlich – das ist der Höhepunkt – die zusätzlichenSozialabgaben, die 13. Abgabe in diesem Jahr, einmalig20 Milliarden Euro. All das führt dazu, dass in dennächsten drei Jahren dieser Legislaturperiode Kaufkraftin einem Volumen von 120 Milliarden Euro abgeschöpftwird und das wird – Sie können die ökonomischen Ge-setze nicht außer Kraft setzen – zu einer entsprechendenDämpfung, zu einer Schwächung des Wachstums und zumehr Arbeitslosen führen. Damit werden sich die Löcherin den öffentlichen Haushalten weiter öffnen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Als Nächster hat der Kollege Otto Bernhardt, CDU/
CSU-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Finanzpolitik der großen Koalition hat sichdas Ziel gesetzt, zwei Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen:einmal die Stärkung der Wachstumskräfte der Wirtschaftund zum Zweiten eine nachhaltige Haushaltskonsolidie-rung. Ich sage sehr deutlich: Es wäre natürlich einfacher,auch einfacher darstellbar, wenn wir uns nur ein Ziel,etwa die Haushaltskonsolidierung oder die Förderungder Wachstumskräfte, gesetzt hätten; aber das geht nicht.dhSsdErLislHsnABvAwEsd9bSdBDngrwzwscbfvlk
in weiteres Drittel dieser Mittel ist für die Konsolidie-ung der Finanzen der Länder vorgesehen; die meistenänder haben diese Mittel sehr nötig. Das letzte Drittelst für die Konsolidierung des Bundeshaushalts be-timmt. Ich sage ganz klar: Es gibt keine andere Mög-ichkeit, unser Ziel zu erreichen, im Jahre 2007 einenaushalt vorzulegen, der eine Neuverschuldung vor-ieht, deren Umfang nicht höher ist als der der Investitio-en.
n der Erhöhung der Mehrwertsteuer führt bei solideretrachtung – ich sage es sehr deutlich – leider kein Wegorbei.
Ich habe gesagt: Wir haben uns das Ziel gesetzt, zweiufgaben gleichzeitig zu erfüllen. Ich will darauf hin-eisen, wie es mit den Zielen aussieht. Ich habe denindruck, dass mancher, der von öffentlichen Finanzenpricht, nicht weiß, wie es um sie bestellt ist. Die Bun-esebene nähert sich einer Gesamtverschuldung von00 Milliarden Euro. Unsere jährlichen Zinszahlungenetragen annähernd 40 Milliarden Euro. Das ist dieituation. Dass wir angesichts dessen gezwungen sind,ie Sanierung des Haushalts in den Mittelpunkt unsereretrachtungen zu stellen, dürfte klar sein.
ie Sanierung des Haushalts ist – auch bezogen auf dieächste Generation; Vorredner haben es gesagt – drin-end notwendig. Wir müssen den Haushalt konsolidie-en; sonst betreiben wir auf Dauer keine solide Politik.
Es wird dabei ein Weiteres vergessen. Wenn es unsirklich gelingt, eine Nettoneuverschuldung von 2,9 Pro-ent zu erreichen, halten wir alle uns schon für gut; dasären wir auch. Nur, unserer Ziel ist natürlich – dasteht im Maastrichtvertrag –, langfristig einen ausgegli-henen Haushalt vorzulegen. Ein Bundesland hat dasisher geschafft – das wollen wir an dieser Stelle einmalesthalten –: Bayern hat einen ausgeglichenen Haushaltorgelegt. Bis wir dieses Ziel erreichen, dauert es sicher-ich noch länger.Zum zweiten Ziel, der Förderung der Wachstums-räfte. Ich will nicht so sehr in die Vergangenheit gehen
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3498 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Otto Bernhardt– das bringt uns nicht weiter –, nur so viel: Sie alle wis-sen, dass Deutschland, aus welchem Grund auch immer,seit einer Reihe von Jahren in der EU zu den Ländernmit den geringsten Wachstumsraten gehört. Sie wissenauch, dass die Arbeitslosigkeit bei uns im EU-Vergleicheher im oberen Drittel liegt. Das heißt, auch dieses Ziel,hier zu einer Verbesserung zu kommen, dürfen wir nichtvernachlässigen. Wir haben für die Erreichung diesesZiels ein 25-Milliarden-Programm aufgelegt. Wir versu-chen wirklich, beiden Zielen gerecht zu werden.Jetzt zum Ergebnis. Wir alle neigen ein bisschendazu, die Dinge schlecht zu reden; die Presse hilft zumTeil dabei. Wenn ich mir allerdings die objektiven Zah-len zur Arbeitslosigkeit – daran werden wir am stärks-ten gemessen – anschaue, dann stelle ich fest, dass es imMai dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr einen Rück-gang um 350 000 gibt. Das ist der größte Rückgang seitvielen Jahren.In diesen Tagen hat das renommierte Weltwirtschafts-institut in Kiel seine Prognosen für das Jahr 2007 vorge-legt. Das Weltwirtschaftsinstitut kommt zu dem Ergeb-nis, dass wir 2007 in Deutschland im Durchschnitt4,3 Millionen Arbeitslose haben werden. Im letzten Jahrwaren es noch 4,8 Millionen. Das ist ein Rückgang um500 000. Wir können heute sagen: Die Wende am Ar-beitsmarkt haben wir geschafft, auch wenn an diesemPunkt noch viel vor uns liegt.
– Gerne.
Sie möchten die Zwischenfrage vom Kollegen
Dr. Solms zulassen.
Gern. Zwischenfragen von Herrn Dr. Solms lasse ich
immer zu.
Bitte schön.
Vielen Dank. – Ich möchte auf das zurückkommen,
was ich eben in meinen Ausführungen gesagt habe, näm-
lich dass nach dem „Spiegel“-Artikel der Rückgang der
Arbeitslosigkeit bei weitem nicht so hoch ausfällt, wie er
jetzt auch von Ihnen dargestellt worden ist. Würden Sie
bitte zur Kenntnis nehmen, dass ein Gutteil des Rück-
gangs der Arbeitslosigkeit durch eine statistische Verän-
derung, eine Veränderung im Softwareprogramm – dabei
geht es um kranke Arbeitslose –, entstanden ist und dass
es sich bei dem Rückgang deswegen nur um den norma-
len saisonbedingten handelt?
Herr Kollege Solms, ich habe die Prognosen desWeltwirtschaftsinstituts zitiert. Ich weiß, dass die Soft-wijnlhDaebjnwddwmSiewinAk–wdDwgnjg2dsjnWEaVwDsdeds
Nun weiß ich natürlich, meine Damen und Herren,ass alle wirtschaftswissenschaftlichen Institute sagen:ie Mehrwertsteuererhöhung – ich habe begründet,arum wir sie brauchen – wird im Jahre 2007 zu einerewissen Belastung für die Konjunktur führen. Das istachrechenbar, denn letztlich bedeutet diese Erhöhunga, dass der Bevölkerung 14 Milliarden Euro Kaufkraftenommen werden – ich lege nur die entsprechendenProzentpunkte zugrunde –, die für die Konsolidierunger Haushalte benutzt werden. Die große Koalition ruhtich darauf aber nicht aus. Wir haben zwei große Pro-ekte in der Pipeline, die schon sehr konkrete Formen an-ehmen und die beide einen Beitrag zur Stärkung vonachstum und Beschäftigung darstellen:Das erste Vorhaben beinhaltet Änderungen bei derrbschaftsteuer in der Weise, dass dann, wenn Betriebeuf die nächste Generation übergehen, unter bestimmtenoraussetzungen keine Erbschaftsteuer mehr gezahlterden muss – und das bereits ab dem 1. Januar 2007.ies ist ein erheblicher Beitrag zur Stärkung von Be-chäftigung in Deutschland.Viel wichtiger ist das andere große Vorhaben, das iniesen Tagen Gestalt annimmt: die Unternehmensteu-rreform. Natürlich sind Steuersätze von 39 Prozent,ie wir heute auf einbehaltene Gewinne von Kapitalge-ellschaften erheben, innerhalb der EU nicht mehr wett-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3499
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Otto Bernhardtbewerbsfähig. Wir nehmen hier eine Spitzenposition ein;nicht, weil wir die Steuern erhöht haben – nein, wir ha-ben die Steuern sogar gesenkt –, sondern weil die ande-ren Länder sie stärker gesenkt haben bzw. osteuropäi-sche Länder mit deutlich geringeren Steuersätzenaufgenommen wurden. Die sich jetzt abzeichnende Sen-kung von 39 Prozent – das sind immer Circawerte, weilda der Hebesatz eine gewisse Rolle spielt – auf voraus-sichtlich 29 Prozent bedeutet eine Reduzierung um10 Prozentpunkte bzw. um 25 Prozent.Zu dem immer wieder erhobenen Vorwurf, die großeKoalition sei eine Koalition der Steuererhöher, kann ichnur sagen: Mit der Reform der Erbschaftsteuer, die derSicherung von Arbeitsplätzen dient, und der der Unter-nehmensteuer werden wir die größte Steuersenkung fürdie Unternehmen – ich sage es noch einmal – seit Beste-hen der Bundesrepublik durchführen. Hier geht es nichtdarum, Unternehmer zu privilegieren, hier geht es da-rum, Firmen zu privilegieren, damit sie vorhandene Ar-beitsplätze erhalten und neue Arbeitsplätze schaffen. Ichstelle sogar die These auf – ich glaube, der Finanzminis-ter rechnet da ähnlich –,
dass, da mit 29 Prozent die steuerliche Belastung bei unsgünstiger als in den anderen großen VolkswirtschaftenEuropas wäre, besser als in Italien, Spanien, Frankreichund Großbritannien, vermutlich eine ganze Reihe vonSteuern, die heute nicht in Deutschland anfallen, denWeg zurück nach Deutschland finden und wir mittelfris-tig – meiner Ansicht über einen Zeitraum von drei bisvier Jahren – trotz deutlich niedrigerer Steuersätze vo-raussichtlich sogar mehr Steuern einnehmen werden undzugleich einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung desWirtschaftswachstums und der Beschäftigung in derBundesrepublik leisten.
Lassen Sie mich abschließend feststellen, meine Da-men und Herren: Die große Koalition ist auf einem er-folgreichen Weg, beide Ziele, Stabilisierung bzw. nach-haltige Sanierung des Haushaltes und Stärkung derWachstumskräfte der Wirtschaft, zu erreichen. Wir kön-nen nach sechs Monaten eine hervorragende Zwischen-bilanz vorlegen. Das unterstreicht der Haushalt.
Zugleich wissen wir, große Aufgaben liegen noch voruns, aber die große Koalition hat noch viel Kraft, auchdiese zu lösen.Danke schön.
Als Nächste hat die Kollegin Dr. Barbara Höll, Die
Linke, das Wort.
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3500 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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wenn sie tatsächlich dazu dienen, Investitionen in dieZukunft zu tätigen. Geld für Bildung ist nicht falsch,auch nicht, wenn es kreditfinanziert ist. Aber was habenSie mit den Krediten gemacht? Sie haben in den letztenJahren einfach Blankoschecks an die Wirtschaft ausge-teilt und sind dabei, das wieder zu tun. Sie versprechenweitere Steuererleichterungen; immer mehr Geld wirdrausgepfeffert. Wir können es uns anscheinend leisten,darauf zu verzichten. Irgendwann werden sicher Arbeits-plätze geschaffen werden.Aber es sind keine Arbeitsplätze geschaffen worden.Wir haben einen Arbeitslosenstand von offiziell fast5 Millionen Menschen. Viele können trotz Vollerwerbs-tätigkeit von ihrer Arbeit nicht leben. So viel zu der Be-merkung, die vorhin nebenbei fiel, es könne sein, dass inDeutschland die Nichttätigkeit zu stark gefördert werde.Im Gegenteil, die Menschen arbeiten und können trotz-dem nicht davon leben. Aber Sie stellen sich diesen Pro-blemen nicht.Wie sehen nun Ihre Antworten aus? Sie sagen, dasswir kein Geld haben und deshalb konsolidieren müssen.Eine Maßnahme zur Konsolidierung ist die Mehrwert-steuererhöhung, mit der insbesondere Arbeitslose sowieRentnerinnen und Rentner getroffen werden; denn siemüssen ab 1. Januar nächsten Jahres durchschnittlich20 Euro im Monat mehr für ihren Lebensunterhalt auf-bringen. Ich habe aber noch nichts davon gehört, dassSie die BAföG-Sätze erhöhen wollen. Warum bringenSie nicht ein entsprechendes Gesetz ein? Das wäre eineehrliche Antwort auf die durch Ihre Politik verursachtenProbleme.
Ich habe auch noch nicht gehört, dass Sie bereit sind,das Kindergeld zu erhöhen. Nein, etwas anderes wird an-visiert. Nächste Woche wollen Sie eine Regelung verab-schieden, mit der die Bezugsdauer für das Kindergeldgekürzt werden soll, indem die Altersgrenze von 27 auf25 Jahre herabgesetzt wird. Das bedeutet nicht nur, dassdas Kindergeld einer bisher anspruchsberechtigten Per-son gestrichen wird. Es bedeutet auch, dass noch weitereLeistungen verloren gehen. Davon werden im nächstenJahr 451 000 Kindergeldberechtigte betroffen sein:1saASkbervkub7higCsfeRrMEwoawzwnkKsSidÖSSSbwzGDIud
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3501
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Dann hat er weinerlich kritisiert, dass es in diesemHause trotz großer Koalition eine Opposition gibt, die esaetEAdmdldiIdlnannvsgtSct2nldSgeRdhDdgfobAkeFd
Wir haben Ihnen vom kürzesten bis zum längsten An-rag Vorschläge für Ausgabenkürzungen in Höhe von,3 Milliarden Euro vorgelegt. Sie glauben doch selbericht, dass Sie nicht in der Lage gewesen wären, das po-itisch motivierte zusätzliche Einstellen von Personal inen Ministerien zu reduzieren.
ie glauben doch nicht ernsthaft, dass es nicht möglichewesen wäre, bei den sächlichen Verwaltungskosteninzusparen. Wenn Sie tatsächlich glauben, dass jederadiergummi in Ihrem Ministerium heilig ist, dann wer-en Sie eine Konsolidierung des Bundeshaushaltes nieinbekommen, Herr Steinbrück.
as Gleiche gilt für die unterschiedlichsten Bereicheieses Haushaltes, wozu wir umsetzbare Vorschläge vor-elegt haben.Wenn das so ist wie beschrieben, dann muss man sichragen, ob Sie wirklich eine Konsolidierung wollen undb die Koalition in der Lage ist, eine Konsolidierung zuetreiben. Wir haben erlebt, dass, politisch motiviert,usgabenkürzungen in vielen Punkten verweigert undeine Einsparungen vorgenommen werden. Wir habenrlebt, dass die Erfüllung der langen Wunschlisten derraktionen in vielen Punkten wichtiger war als das Zieler Konsolidierung.
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Alexander BondeDa wir hier wieder große Worte von der Konsolidie-rung, der Generationengerechtigkeit und der Verantwor-tung vorgeschmettert bekommen haben, kann ich nur sa-gen: Sie haben zwar für 2007 erneut viel versprochen;aber zum Haushalt 2006, über den wir heute reden, ha-ben Sie nichts Neues geliefert.Ich finde, dass es dieser Koalition, wenn sie sich wei-terhin „groß“ nennen will, gut anstünde, endlich einmalhaushaltspolitisch Großes zu tun. Das, was Sie bishertun, ist klein und selbstgefällig. Sie müssen sich deshalbzumuten, dass die Koalition dafür von uns kritisiert wird.Sie haben nach meinem Beitrag wieder die Möglichkeit,40 Minuten lang selbstgefällige Selbstgespräche zu hal-ten. So ist es eben, wenn die Mehrheiten in diesem Par-lament so sind. Glauben Sie aber nicht, dass dadurch,dass Sie hier die Debattenbeiträge bestimmen, irgendet-was an diesem Bundeshaushalt besser wird. Glauben Sienicht, dass sich die Zinszahlungen dadurch reduzieren.Glauben Sie nicht, dass die Menschen nicht merken, wasSie hier tun. Diese Koalition ist eine Aussitzerkoalitionund dieser Haushalt ist peinlich, Herr Finanzminister.
Das Wort hat der Kollege Jörg-Otto Spiller, SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Nettokreditaufnahme in Höhe von
38,2 Milliarden Euro überschreitet die Investitionsaus-
gaben in Höhe von 23,2 Milliarden Euro um 15 Milli-
arden. Das bedarf der Begründung; denn nach der Regel
in Art. 115 des Grundgesetzes versteht sich das nicht
von selbst. Art. 115 steht allerdings nicht alleine da. Es
gibt noch Art. 109, der besagt:
Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirt-
schaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftli-
chen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.
Das ist seit 1967 präzisiert, und zwar – das war ein be-
sonders wichtiges Gesetz der ersten großen Koalition –
im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachs-
tums der Wirtschaft. Darin heißt es in § 1 als Erläuterung
zu Art. 109 des Grundgesetzes:
Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rah-
men der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzei-
tig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen
Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem
Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem
Wirtschaftswachstum beitragen.
Das ist das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht.
Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind heute
anders als 1967; aber den Auftrag, dass Bund und Län-
der bei ihrer Finanz- und Haushaltswirtschaft Rücksicht
nehmen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung,
schreibt uns das Grundgesetz nach wie vor vor.
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Ich finde es erfreulich, dass die FDP jetzt begonnen hat,sich für Haushalt und Finanzen zu interessieren, unddass sie gemerkt hat, dass das Heil nicht in der Verwüs-tung des Steuerrechts zugunsten einer bestimmten Klien-tel liegt und diese Verwüstung nicht dem Staate dient. Eswäre noch viel schöner gewesen, sie wäre auf diese gu-ten Ideen gekommen, als sie noch in der Regierungsver-antwortung stand.
Wir glauben auch – das muss man anerkennen –, dassdas Wachstum heute eher dadurch gestärkt wird, dass dieMenschen in unserem Lande wieder Vertrauen in die Fä-higkeit des Staates gewinnen, dass er mit seinen Haus-haltsproblemen fertig wird – das betrifft Bund, Länderund Gemeinden –, und dass Investoren und Verbraucherwieder das Vertrauen in die Fähigkeit des Staates finden,seinen Aufgaben gerecht zu werden und nicht immer nurSchulden zu bedienen. Deswegen werden wir nicht deneddsObpEsewsekhbvmbduddSnDohkcSvusaglbhReeDrsgsF
Die vorübergehende Hinnahme eines zugegebener-aßen großen Defizits im Jahr 2006 geht mit einer ziel-ewussten Konsolidierungspolitik einher, die insbeson-ere darauf abzielt, die Einnahmen von Bund, Ländernnd Gemeinden zu festigen und die Handlungsfähigkeites Staates durch den Abbau von Vergünstigungen,urch den Abbau von nicht mehr zu rechtfertigendenubventionen zu stärken.Ich finde es erfreulich, dass sich inzwischen auch beiüchternen Beobachtern herumgesprochen hat, dasseutschland ein ausgesprochen guter Wirtschaftsstand-rt ist. Dass die Verbände das nicht immer so sehen, ge-ört zu ihren Pflichten. Ob es weise ist, immer nur zuritisieren, lasse ich einmal dahingestellt.Vor ein paar Wochen ist das Ergebnis einer Untersu-hung von Ernst & Young vorgestellt worden, in der dertandort Deutschland mit anderen Standorten in der Welterglichen wurde. Befragt wurden circa 1 000 Managernd Vorstandsmitglieder. Kernaussage: International ge-ehen gilt Westeuropa als attraktivster Standort der Welt;ls für Unternehmen attraktivstes Land in Westeuropailt Deutschland. In der Studie steht nicht, dass Deutsch-and so attraktiv ist – das trifft zu –, weil hier alles soillig ist. In der Studie steht, Deutschland bietet Qualität:ervorragende Infrastruktur, etwa Verkehrswege,echtssicherheit, hohe Qualität bei den Arbeitskräften,s gibt Forschung und Entwicklung. Deutschland istinfach ein Premiumstandort.
Ein Premiumstandort ist natürlich nicht ganz billig.as gilt für die Arbeitslöhne wie auch für die Besteue-ung. Wenn sich jemand darüber wundert, dass der Por-che teurer ist als die Vespa, dann muss er sich überle-en, ob er nicht lieber die Vespa nimmt. Wenn man sehrchnell fahren will, ist das allerdings nicht das idealeahrzeug.
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3504 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Jörg-Otto SpillerIch sage das, weil wir auch künftig in der Politik da-rauf zu achten haben, dass die Handlungsfähigkeit desStaates nicht beschränkt wird; denn sonst verliert dieserStandort seine Qualität. Dieser Standort braucht einenhandlungsfähigen Staat, der die Infrastruktur und dieBildung sicherstellt sowie Rechtssicherheit gewährt. Ichbin ganz sicher, dass sich die große Koalition dessenauch bei den künftigen Schritten bewusst sein wird unddass wir an die ökonomisch sehr erfolgreiche Politik derersten großen Koalition – Stichwort Stabilitäts- undWachstumsgesetz von 1967 – anknüpfen werden.
Das Wort hat der Kollege Georg Fahrenschon, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Kollege Kampeter hat es schon herausgearbei-tet: Nachhaltige, stabile Staatsfinanzen gehören für dieUnion zum Kern erfolgreicher bürgerlicher Politik. Ichmöchte betonen: Generationenengerechte Haushalts-politik bedeutet, keine vermeidbaren Kosten auf die fol-genden Generationen zu übertragen.
Dafür gibt es im Jahr 2006 auch einen Kronzeugen.Denn seit über 30 Jahren gibt es in Deutschland ein Bun-desland, das endlich einmal wieder einen ausgegliche-nen Haushalt vorlegt. Das ist der Freistaat Bayern.
Das zeigt, dass wir die Möglichkeiten haben, diesen Wegzu gehen. Er ist nicht einfach und steinig; aber er istmachbar. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir unsan diesem leuchtenden Beispiel orientieren.
Für den Bund ist dieses ehrgeizige Anliegen keineAufgabe, die er an einem Tag erledigen kann, sondernsie muss, angefangen mit dieser Legislaturperiode, dieLeitlinie unserer Haushalts- und Finanzpolitik sein. Alserster Schritt – diesen gehen wir mit dem Haushalt 2006 –bedeutet das die Rückkehr zur Ehrlichkeit in der Haus-haltspolitik. Mit dem Haushalt 2006 wird das wirklicheAusmaß der finanziellen Fehlentwicklungen der letztenJahre deutlich.
Das betrifft alle, ohne Zensuren zu vergeben oder Schuldzu verteilen. Wir haben im Bund, aber auch in der Mehr-zahl der Länder über unsere Verhältnisse gelebt.
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mgekehrt gilt genauso, dass uns ohne ein erhöhtesirtschaftswachstum der Abbau der Arbeitslosigkeit,ie Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme undie Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nicht ge-ingen werden.Angesichts der enormen Dimensionen des Konsoli-ierungsbedarfs müssen wir allerdings bei allen Maß-ahmen auch deren Rückwirkung prüfen. Wir müssenlle Sparanstrengungen und alle Einsparungen in ihrenuswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung austarie-en. Deshalb stehen Anpassungen bei den konsum-iven Ausgaben, zum Beispiel bei Einsparungen vonubventionen und sonstigen Fördertatbeständen, undaßnahmen zum Abbau von Steuervergünstigungennd steuerlichen Sonderregelungen im Vordergrund.Denn man darf in dieser Haushaltswoche nicht ver-essen, dass die große Koalition und die von ihr getra-ene Bundesregierung bereits eine Reihe von gesetzli-hen Maßnahmen beschlossen hat: Stichwort „Abbauer Eigenheimzulage“, Stichwort „Beschränkung dererlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstun-ungsmodellen“, Stichwort „Einstieg in ein steuerlichesofortprogramm“ und Stichwort „Gesetz zur Eindäm-ung missbräuchlicher Steuergestaltung“. Die großeoalition verbindet die notwendige Konsolidierungs-olitik, die auf längere Sicht die Basis für ein dauerhaf-es Wachstum verbessert, mit Maßnahmen, die bereitsurzfristig die Wachstumsdynamik erhöhen.Deshalb legen wir ein befristetes Impulsprogrammur Stärkung besonders zukunftsträchtiger Bereiche mitinem Gesamtvolumen von 25 Milliarden Euro auf, umurzfristig übergreifend wirkende Wachstumsimpulse zuetzen. Im Haushalt 2006 haben wir dafür bereits mit,5 Milliarden Euro den Start gemacht.Um positive Impulse für den Standort Deutschland zuchaffen, um also ein höheres Wirtschaftswachstum und
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Georg Fahrenschonmehr Beschäftigung zu ermöglichen, arbeiten wir gerademit Hochdruck an Eckpunkten einer durchgreifendenUnternehmensteuerreform. Denn zwischen allen Ex-perten besteht Konsens: Die Steuerbelastung für Unter-nehmen in Deutschland ist im internationalen Vergleichzu hoch. Die Unternehmensbesteuerung ist mittlerweilezu einem echten Standortnachteil im internationalenWettbewerb um knappes Investitionspotenzial und -ka-pital geworden.
Unsere Unternehmensbesteuerung ist ein Wachstums-hemmnis. Deshalb ist eine durchgreifende Reformdringlich – für höheres Wachstum und mehr Beschäfti-gung in Deutschland.
Wenn wir zum 1. Januar 2008 eine kluge und richtigkonzipierte Unternehmensteuerreform durchführen, kanndas wesentlich dazu beitragen, dass in- und ausländischeUnternehmer wieder vermehrt in Deutschland investierenund so neue Arbeitsplätze im Inland entstehen. Dazu istes allerdings notwendig, auch die Steuerstruktur zu refor-mieren und die ertragsteuerliche Belastung der Unterneh-mer auf unter 30 Prozent zu senken. Im Ziel bedeutet das,dass es uns über diesen Weg gelingen kann, Steuersub-strat, das wir in den vergangenen Jahren in erheblichemMaße verloren haben, wieder nach Deutschland zu holenund hier zu halten.Eine kleine und zu eng gezogene Reform, bei der dieStrukturen beibehalten werden und lediglich die Höheeiniger Steuersätze variiert wird, würde den Erwartun-gen an eine durchgreifende Verbesserung der steuerli-chen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland mitSicherheit nicht gerecht.
Politik kann nicht direkt Arbeitsplätze schaffen. Daskönnen in einer sozialen Marktwirtschaft nur die Unter-nehmer bzw. Unternehmen. Damit sie aber in die Lageversetzt werden, zu investieren und Menschen in Lohnund Brot zu bringen, müssen die Rahmenbedingungenstimmen. Für die Schaffung der richtigen Rahmenbedin-gungen trägt die Politik die Verantwortung. Die großeKoalition wird diese Verantwortung wahrnehmen, ange-fangen mit der Haushaltspolitik über die Steuerpolitikbis hin zur Reform der sozialen Sicherungssysteme.Bezogen auf den Haushalt treibt uns eine politischeund, wenn Sie so wollen, auch eine moralische Verant-wortung an. Denn insbesondere unter Berücksichtigungdes Gebots der Nachhaltigkeit darf die heutige Genera-tion nicht dauerhaft mehr verbrauchen, als sie leistet.Wir müssen die bestehenden Verteilungskonflikte jetztangehen und lösen. Wir dürfen sie nicht im Wege derVerschuldung auf dem Rücken unserer Kinder und Kin-deskinder austragen.
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abei müssen wir feststellen: Die Entscheidung des Si-herheitskabinetts war doch geprägt durch Ihren Vize-anzler. Sie hat sonst überhaupt keine Grundlage gehabt;as Sicherheitskabinett ist nicht einmal einberufen wor-en. Man hat den Finanzminister vor der Tür stehen las-en und hat den Umzug des BND beschlossen, weil derizekanzler und Kanzler der alten Regierung einfach ge-agt haben: Wir machen jetzt Politik. Da haben Sie bisor kurzem mitgemacht. Sie waren doch nicht zu hören.
Meine Damen und Herren, der Haushalt 2006 und derinanzplan bis 2009 sind der in Zahlen gegossene Fahr-lan der großen Koalition zur Konsolidierung der öffent-ichen Haushalte. Ich versichere Ihnen – und das steht imentrum der politischen Auseinandersetzung –: Mit demundeshaushalt 2007 werden es CDU und CSU gemein-am mit den Kollegen der SPD schaffen, dass die Regel-renze der Neuverschuldung des Art. 115 des Grund-esetzes wieder eingehalten wird.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Bernhard Brinkmann, SPD-
raktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!enn man in diesem Hohen Haus kurz vor Schluss derebatte über den Einzelplan 08 reden darf, könnte manine Menge Vergangenheitsbewältigung betreiben.
Die Kollegin Flach hat das schon geahnt; doch ich willas nicht tun. Ich will stattdessen auf drei zentraleunkte eingehen, die für diesen Haushalt 2006 wichtig
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3506 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Bernhard Brinkmann
sind und es verdienen, noch einmal erwähnt zu werden.Der Bundeshaushalt 2006 folgt einem politischen Drei-klang, und zwar – in dieser Reihenfolge – sanieren, re-formieren und investieren.
– Herr Kollege Koppelin, ich bin für jeden Hinweisdankbar, und sei es unter der Überschrift „abkassieren“;aber damit reizen Sie mich, doch ein Stückchen Vergan-genheitsbewältigung zu betreiben.
Ich gebe Ihnen am Schluss meiner Rede eine Liste derSchulden, die die FDP allein seit 1990 mit zu verantwor-ten hat. Sie waren ja weitaus länger in der Regierungs-verantwortung, in unterschiedlichsten Koalitionen. Ichnenne Ihnen nur zwei Steuererhöhungen, die Sieseit 1990 beschlossen haben – fairerweise muss man sa-gen: als Gegenfinanzierung der Sonderkosten der deut-schen Einheit; darüber ist heute überhaupt noch nicht ge-sprochen worden –: Erstens. Versicherungsteuer von5 Prozent auf 15 Prozent verdreifacht. Zweitens. Von Ih-ren Erhöhungen der Mineralölsteuer haben Sie denBürgern letztendlich nichts zurückgegeben, wie das zu-mindest in bestimmten Bereichen nach Ihrer Regie-rungszeit passiert ist. Das hat schon mehr mit Abkassie-ren zu tun als das, was Sie eben mit Ihrem Zwischenrufzum Ausdruck bringen wollten.Ich will einen zweiten Punkt ansprechen – das warschon beeindruckend für mich –: Bisher haben dieFreien Demokraten hier an diesem Rednerpult, in Aus-schussberatungen und natürlich auch gegenüber der Be-völkerung immer von weiteren Steuersenkungen ge-sprochen. Darauf haben Sie heute, jedenfalls solange ichhier gesessen habe, keinen Bezug genommen. Sie schei-nen also zumindest, was Haushalts- und Finanzpolitikangeht, in der Realität angekommen zu sein; denn auchSie müssen zur Kenntnis nehmen, dass kein Landes-finanzminister – auch da nicht, wo Sie noch Regierungs-verantwortung tragen – ernsthaft über weitere Steuersen-kungen nachdenkt respektive bereit wäre, einer solchenSenkung im Bundesrat zuzustimmen.Aber es wird noch abenteuerlicher, was das Verhaltender Freien Demokraten angeht: Die Landesregierungvon Nordrhein-Westfalen hat, wenn ich richtig infor-miert bin, im Bundesrat die Erhöhung der Mehrwert-steuer abgelehnt, und zwar unter maßgeblicher Beglei-tung des kleineren Koalitionspartners, der FDP.
Allerdings schreibt der „Westfälische Anzeiger“ vom15. Juni, dass diese Einnahmen im Etat letztlich schonveranschlagt sind.
Das hat nichts mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahr-heit zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von derFDP. Da liegen Sie falsch. Auch das muss man hier in al-ler Deutlichkeit zum Ausdruck bringen.–gAbzmurbmEFddEsdHwmtsnglSuusmndwHgdhClS
Frau Kollegin Flach, wenn Sie mir in den nächsten Ta-en belegen können, dass das, was im „Westfälischennzeiger“ steht, nicht wahr ist,
in ich gerne bereit, meine Meinung in dieser Hinsichtu ändern.
Wenn man sich den Haushalt 2006 anschaut, wirdan feststellen, dass auch bei den Mehreinnahmen abnd zu – aus welchen Gründen auch immer, wider besse-es Wissen oder absichtlich – falsche Informationen ver-reitet werden. Es geht um die Frage der Mehreinnah-en durch die – ich gebe zu, eine sehr bittere Pille –rhöhung der Mehrwertsteuer. Wir sollten bei dieserrage und bei einigen anderen auch darauf hinweisen,ass alle öffentlichen Haushalte, also die des Bundes,er Länder und der Kommunen, Not leidend sind. Dieinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung werdenich im Rahmen des Finanzausgleichs vom Bund überie Länder bis zu den Kommunen vorteilhaft auswirken.offentlich werden die Mehreinnahmen nicht mehr odereniger in den Portemonnaies einiger Landesfinanz-inister bleiben.Ich bin der festen Überzeugung, dass die große Koali-ion der gemeinsamen nationalen Anstrengung, das ge-amtwirtschaftliche Wachstum zu steigern und die Fi-anzen langfristig auf eine solide Basis zu stellen,erecht wird.Zum Schluss meiner Ausführungen habe ich die herz-iche Bitte, dass sich sowohl die linke als auch die rechteeite dieses Hohen Hauses bei dieser Arbeit konstruktivnd nachvollziehbar einbringt. Die Bezeichnung rechtend linke Seite gilt übrigens unabhängig davon, wo manteht. Da die Grünen in der Mitte sitzen und gemeinsamit meiner Fraktion bis 2005 diese Haushalts- und Fi-anzpolitik zu verantworten hatten, wäre ich Ihnen sehrankbar – ganz besonders auch dem Kollegen Bonde –,enn Sie das so fortführen könnten, wie Sie das in denaushaltsberatungen zumindest bis November 2005 ei-entlich immer sehr konstruktiv getan haben, und wenner Auftritt von Ihnen heute, Herr Bonde, nicht wieder-olt wird.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Norbert Königshofen,
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-egen! Ich will zu einem Teilaspekt des Haushaltstellung nehmen, nämlich zu den Folgen von Privatisie-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3507
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Norbert Königshofenrungen von bundeseigenen Unternehmen für denBundeshaushalt. Es gibt ja nur nicht gesellschaftspoliti-sche, betriebs- und volkswirtschaftliche Gründe, so et-was vorzunehmen, sondern die Privatisierung bringt inder Regel auch ein wenig Geld in unsere Bundeskasse.Ich erinnere daran, dass es in den vergangenen Jahrendurch die Privatisierung der Lufthansa, der DeutschenPost und der Deutschen Telekom namhafte Erlöse fürden Bundeshaushalt gab. Im April dieses Jahres habenwir beschlossen, 74,9 Prozent der Anteile an der Deut-schen Flugsicherung zu verkaufen. Hier rechnen wirvielleicht noch nicht in 2006, aber spätestens in 2007 mitErlösen von weit über 1 Milliarde Euro für den Bundes-haushalt.Zurzeit wird über den Börsengang der DeutschenBahn AG diskutiert. Es gibt ein Gutachten der BoozAllen Hamilton GmbH und zwei verschiedene Grund-modelle, je nachdem, ob der Börsengang mit oder ohneNetz durchgeführt wird. Geht die Bahn mit dem Netz andie Börse, dann können wir nur bis zu 49,9 Prozent ver-kaufen, da der Bund nach Art. 87 e des Grundgesetzesmit über 50 Prozent Eigentümer bleiben muss. Der Erlösfür den Haushalt wird sich dann zwischen 5 und8,7 Milliarden Euro belaufen.
Das geht jedenfalls aus dem Gutachten hervor. Trennenwir Netz und Betrieb, bleibt das Netz also beim Bund,dann kann der Betrieb bis zu 100 Prozent privatisiertwerden. Hier rechnet man mit Erlösen von14,6 Milliarden Euro.Der Vorstand der DB AG ist für den Börsengang mitNetz. Die Frage lautet also, welche Vor- und Nachteilefür den Bundeshaushalt zu erwarten sind.Kurz zur Erinnerung, dass mit der Bahnreform 1993folgende Ziele verfolgt wurden: geringere Belastung desBundes, mehr Verkehr auf die Schiene und Wettbewerb.Die neu geschaffene DB AG wurde komplett entschul-det. Der Bund übernahm 68,45 Milliarden DM an Alt-schulden, was nach heutigem Geld 35 Milliarden Eurosind.Nach dem Deutsche Bahn Gründungsgesetz vom27. Dezember 1993 sollte eine organisatorische undrechnerische Trennung der Bereiche Personennahver-kehr, Personenfernverkehr, Güterverkehr und Fahrwegvorgenommen werden. Diese sollten dann als neu ge-gründete Aktiengesellschaften ausgegliedert werden.Die Holding Deutsche Bahn AG sollte nur kontrollie-rende und koordinierende Aufgaben haben und spätereventuell sogar aufgegeben werden. Das ist damals vonden beiden Koalitionsfraktionen Union und FDP so be-schlossen und auch von der Opposition – auch von derSPD – mitgetragen worden.Leider ist diese Bahnreform nicht konsequent umge-setzt worden.
Man muss sagen: Mit Duldung der letzten Regierung hatseit 2000 eine Rezentralisierung stattgefunden. Das Er-gw9nVvD1rnsEgzdfmgDgzSVogzd8ovswEdWBcmthwdsB
ollten die erhobenen Vorwürfe stimmen, müssen dieerantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.Der Bundestag soll noch in diesem Jahr entscheiden,b die Kapitalprivatisierung mit oder ohne Netz vor-enommen wird. Der Wiederbeschaffungswert des Net-es beträgt 150 Milliarden Euro. Laut Gutachten erhälter Bund für die Hälfte von Netz und Betrieb maximal,7 Milliarden Euro. Können wir, so frage ich als Abge-rdneter – das gilt auch für die Regierung –, überhauptertreten, die Hälfte des Netzes an Private fast zu ver-chenken?
Der Rückkauf ist eine andere Frage. Was passiert,enn wir zurückkaufen müssen, weil beispielsweise inuropa geklagt wird oder, wie in England geschehen,as Netz verrottet und der Staat zurückkaufen muss?ie hoch sind dann der Preis und die Belastung für denundeshaushalt? Sicherlich wird der Preis ein Vielfa-hes des heutigen Verkaufserlöses betragen.
„Fresh money“, also neues Geld, für das Unterneh-en ist die nächste Frage. Was bleibt dann, Herr Minis-er Steinbrück, vom Verkaufserlös für den Bundeshaus-alt übrig,
enn Sie aus dem Verkaufserlös Milliardenbeträge wie-er zurück in das Unternehmen pumpen müssen? Auchtellt sich bei dieser Gelegenheit die Frage: Muss derund überhaupt an einem weltweit operierenden Logis-
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3508 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Norbert Königshofentikunternehmen beteiligt sein? Auch diese Frage mussman einmal grundsätzlich klären.
Was geschieht bei notwendigen Kapitalerhöhungen?Wie ausgeführt, muss der Bund wegen des Netzes mehrals 50 Prozent behalten und dann bei Kapitalerhöhungenmitgehen. Was wird uns das kosten? Das Netz muss un-terhalten werden. Wem immer es gehört, aus der Sichtder Bürger ist die Politik für das Netz verantwortlich.Für private Eigentümer sind Investitionen in das Netzbetriebswirtschaftlich nicht vertretbar; denn die Bahnverdient im Kerngeschäft kaum Geld. Im Nahverkehrverdient sie zwar etwas Geld, aber sie ist von Strukturund Höhe der staatlichen Bezuschussung auch in Zu-kunft abhängig. Ohne Regionalisierungsmittel sähe dasalles andere als rosig aus. Also muss der Staat das Netzunterhalten.Nun soll es eine Leistungsfinanzierungsvereinbarunggeben. Der Bund verpflichtet sich, zehn Jahre lang jähr-lich 2,5 Milliarden Euro für das Netz an die DB AG zuzahlen. Schon jetzt zahlen wir im Schnitt der Jahre3,5 Milliarden Euro. Also sind 2,5 Milliarden Euro einwenig tief gegriffen.Dann stellt sich natürlich die Frage: Wie viel Einflusshaben wir auf die Verwendung? Das Beispiel mit der fal-schen Zuordnung der Immobilien hat unseren Einflussdeutlich gemacht; denn dies ist nur durch einen Berichtdes Bundesrechnungshofes an den Haushaltsausschussbekannt geworden. Ansonsten hätten dies die Herren inden Ministerien wahrscheinlich gar nicht gemerkt. Ichbezweifle, dass wir einen größeren Einfluss haben wer-den.Deswegen ist es auch kein Wunder, dass sich in zweiAnhörungen des Deutschen Bundestages nur die Vertre-ter der DB AG und der Gewerkschaft Transnet – das istdie Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands – fürden Börsengang mit Netz ausgesprochen haben. Dieüberwältigende Mehrheit der Sachverständigen, der Be-troffenen und der Experten hält den Weg eines Börsen-gangs mit Netz für falsch.In einer Haushaltsdebatte ist es wichtig, Dinge anzu-sprechen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Wir reden in der Regel immer über Dinge, die schon er-ledigt und abgehakt sind. Die Opposition kritisiert dasdann und wir verteidigen das. Das ist aber nicht zielfüh-rend. Wir müssen vorher über diese Fragen sprechen,und zwar auch hier, nicht nur in kleinen Runden. Die Be-ratung des Haushalts ist ein guter Anlass dafür. Denn dieVerantwortung tragen wir alle.
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Als Abgeordneter, zumal als Mitglied des Haushalts-usschusses, sehe ich es als meine Aufgabe an, den Bundor unübersehbaren Risiken zu bewahren und vorhan-ene Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Imalle der geplanten Kapitalprivatisierung der DB AGcheint es mir deshalb dringend geboten zu sein, sich aufas zu besinnen, was uns die Väter der Bahnreform vor-egeben haben: Sie wollten eine Privatisierung aller Be-eiche mit Ausnahme des Netzes.Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.
Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt.Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zu-ächst zur Abstimmung über den Einzelplan 08 – Bun-esministerium der Finanzen – in der Ausschussfassung.er stimmt für diesen Einzelplan? – Gegenstimmen? –nthaltungen? – Damit ist der Einzelplan 08 mit dentimmen der Koalition gegen den Rest des Hauses ange-ommen.Abstimmung über den Einzelplan 20 – Bundesrech-ungshof – in der Ausschussfassung. Wer stimmt da-ür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die-er Einzelplan mit den Stimmen des ganzen Hausesngenommen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.5 auf:a) Einzelplan 07Bundesministerium der Justiz– Drucksachen 16/1307, 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Lothar Binding
Dr. Ole SchröderDr. Claudia WintersteinRoland ClausAnna Lührmann
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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardtb) Einzelplan 19Bundesverfassungsgericht– Drucksache 16/1324 –Berichterstattung:Abgeordnete Lothar Binding
Dr. Ole Schröder Otto FrickeDr. Dietmar BartschAnna Lührmannc) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-zung europäischer Richtlinien zur Verwirkli-chung des Grundsatzes der Gleichbehandlung– Drucksachen 16/1780, 16/1852–Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Arbeit und SozialesVerteidigungsausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungHaushaltsausschuss gemäß § 96 GOd) Erste Beratung des von der Fraktion der LINKENeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-derung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes– Drucksache 16/1736 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklunge) Beratung des Antrags der Abgeordneten JerzyMontag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,Jan Korte und weiterer AbgeordneterRichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durchden Europäischen Gerichtshof prüfen lassen– Drucksache 16/1622 –ZP 1 Beratung des Antrags der Fraktion der FDPBürokratie schützt nicht vor Diskriminie-rung – Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzist der falsche Weg– Drucksache 16/1861 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Arbeit und SozialesVerteidigungsausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungZum Einzelplan 07 liegt ein Änderungsantrag derFraktion Die Linke vor.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen, wobeidMLMdSWnDrsdGdfsrvsuDswge1rlsV–dlRptdg
Das alles trägt nicht dazu bei, dass sich der Bürgerwie in der Koalitionsvereinbarung zu Recht eingefor-ert – sicherer fühlt und dass Rechtssicherheit gewähr-eistet wird. Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseresechtsstaates ist das wichtigste Gut, das wir als Rechts-olitiker insbesondere bei den Beratungen über den Jus-izhaushalt zu verteidigen haben.
Der Justizhaushalt kann mit Sicherheit nicht entschei-end zur Sanierung des Gesamthaushalts 2006 beitra-en.
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Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerEs gibt zwar einige Ansätze, deren Sparpotenzial nichtvollständig ausgeschöpft wird. Hier können die Mittelmöglicherweise niedriger angesetzt werden; das wäre inOrdnung.
Aber sonst, denke ich, sind wir uns im Großen und Gan-zen einig: Der Justizhaushalt ist nicht dazu da, entschei-dend zur Sanierung des Bundeshaushalts beizutragen.Es ist entscheidend, dass die Justiz, die Gerichte inBund und Ländern, die Anerkennung – auch in dieserDebatte im Bundestag – bekommen, die sie verdient ha-ben und brauchen; denn das Vertrauen der Bürgerinnenund Bürger in die Justiz, sowohl in die oberste Gerichts-barkeit als auch in die Gerichte der Länder, ist mit amgrößten. Unsere Justiz leistet hervorragende Arbeit undgenießt hohes Ansehen. Deshalb dürfen – meistens fis-kalisch orientierte – Überlegungen zu einer Justiz-reform, die in erster Linie die Einschränkung desRechtsschutzes sowie die Beschränkung des Zugangsder Bürgerinnen und Bürger zu den Gerichten, wenn esum niedrige Streitwerte geht, zum Ziel haben, nicht wei-ter verfolgt werden.
Frau Justizministerin, Sie haben hier unsere Unter-stützung im Bundestag. Sie wissen, dass sich gerade derBundestag über alle Fraktionsgrenzen hinweg für IhrePosition immer stark gemacht hat. Ich weiß angesichtsder Diskussionen und der Vorschläge der Länder – dasist parteipolitisch neutral gemeint –, dass Sie diese Un-terstützung brauchen.Ich möchte noch ein anderes für unsere Justiz und ihrAnsehen wichtiges Vorhaben – es liegt zwar noch keinGesetzentwurf vor, wohl aber ein Referentenentwurf –erwähnen. Sie wollen ein großes Familiengericht er-richten. Wir halten das auch im Hinblick auf eine bessereÜbersichtlichkeit und das Zusammenführen vieler Strei-tigkeiten für einen richtigen Weg. Aber wir sehen die ge-plante „Scheidung light“ kritisch, weil gerade die Wahr-nehmung der Interessen der Schwächeren bei einerScheidung – das sind heutzutage meistens Frauen; daskönnen in zehn Jahren aber auch Männer sein – nichtausreichend gewährleistet ist. Deshalb halten wir es fürdringend notwendig, dass in jedem Fall eine anwaltlicheBeratung gegeben ist, sodass nicht der ökonomisch Stär-kere den Schwächeren beim Versuch, eine einvernehmli-che Regelung zu erzielen, über den Tisch ziehen kann.
Frau Ministerin, es gibt eine Fülle von Vorhaben, diein der Koalitionsvereinbarung angekündigt werden. Ichbedauere, dass bis heute noch nicht einmal ein Zeitplanfür die Beratung eines wichtigen Vorhabens, nämlich derNeuordnung der Telekommunikationsüberwachungin der Strafprozessordnung, hier im Bundestag und inden Ausschüssen vorliegt. Es gibt seit einigen Jahrenausreichend Urteile des Bundesverfassungsgerichts, diesich mit Bundes- und Landesgesetzen befasst haben unddie klar dazu auffordern, auch politisch, die Telekommu-nikationsüberwachung anders auszugestalten.SdhhmihßSVSertBVabalWndgsdszdFdadbraRlhSw
ie haben das in der Koalitionsvereinbarung als Notwen-igkeit angesprochen, aber bisher hat das Thema über-aupt noch keine Rolle gespielt. Ich fordere Sie auf – ichoffe, Sie kommen dem nach –, möglichst schnell zu-indest Eckpunkte vorzulegen, damit wir darüber hierm Bundestag, wohin es gehört, beraten können.Die Europäische Union mit ihren Initiativen und Vor-aben spielt gerade in der Rechtspolitik eine immer grö-ere Rolle. Hierbei geht es wirklich im Kern um daselbstverständnis des Deutschen Bundestages, um daserhältnis von Exekutive und Legislative und um dentellenwert, den der Bundestag hat. Deshalb haben wirinen Gruppenantrag mit initiiert, der die Bundesregie-ung auffordert, sich mit einem Vorhaben, das extrem kri-isch ist und in der letzten Legislaturperiode im gesamtenundestag sehr kritisch gesehen wurde, nämlich mit derorratsdatenspeicherung, in einer bestimmten Weiseuseinander zu setzen. Die Vorratsdatenspeicherung isteschlossen worden. Wir fordern die Bundesregierunguf, mit ihren Möglichkeiten – nur sie hat solche Mög-ichkeiten; wir haben sie nicht – dagegen vorzugehen.
arum? Weil es keine Rechtsgrundlage für die Richtli-ie gibt. Das ist nicht aus der Luft gegriffen. Das Urteiles EuGH zum Passagierdatenübereinkommen hat auf-ezeigt, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gab. Jetzttützen Sie sich auf genau dieselbe Rechtsgrundlage, dieort angeführt worden war. Das hat keinen Bestand. Las-en wir uns doch nicht durch den EuGH immer wiederu Reaktionen veranlassen, sondern machen wir es an-ers! Machen Sie von der Bundesregierung, machen Sie,rau Justizministerin, von den Möglichkeiten Gebrauch,ie es gibt! Ich fordere CDU/CSU- und SPD-Kollegenuf, diesem Antrag zuzustimmen; denn nur dann machter Bundestag von seinen Machtmöglichkeiten Ge-rauch.
Ich darf zum Schluss –
Ganz zum Schluss!
– einen ausdrücklichen Dank sagen an die Mitarbeite-innen und Mitarbeiter im Justizministerium, an alle, dien diesem Haushalt mitgewirkt haben, auch an denechtsausschuss. Ich würde mich natürlich sehr freuen,iebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns nicht nurier sehen würden, sondern auch übermorgen in eineritzung des Rechtsausschusses, die jetzt leider abgesagtorden ist.Recht herzlichen Dank.
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Das Wort hat der Kollege Lothar Binding, SPD-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den rechtspoliti-schen Inhalten und zu den Aufgaben, die das Ministe-rium hat und erledigt, möchte ich mich nicht äußern,weil wir in der Haushaltsdebatte sind. Ich möchte vor-nehmlich die haushaltspolitische Seite etwas beleuchten.Da kann ich an den Dank anschließen, den die Kolle-gin Leutheusser-Schnarrenberger schon zum Ausdruckgebracht hat.
Ich denke, dass die Berichterstatter – ich möchte sie nen-nen: Es sind außer mir Dr. Ole Schröder, Dr. ClaudiaWinterstein, Roland Claus und Anna Lührmann sowiezu Einzelplan 19 noch Otto Fricke und Dr. DietmarBartsch – mit der Unterstützung durch die MinisterinBrigitte Zypries, aber auch durch den MinisterialratDr. Vogel und durch die Direktorin beim Bundesverfas-sungsgericht Frau Dr. Bahnstedt sehr zufrieden seinkonnten. Ich glaube, dass sie exzellente Unterstützungs-arbeit geleistet haben, als es darum ging, unsere schwie-rigste Aufgabe zu bewältigen, nämlich die globale Min-derausgabe aufzulösen.Man wird es kaum glauben: Je kleiner der Haushalt,umso komplizierter scheint es, eine globale Minderaus-gabe aufzulösen. Die Aufgabe war, immerhin9 Millionen Euro zu sparen. Bei einem Haushalt, dessenVolumen kaum über 300 Millionen Euro beträgt, ist daseine sehr große Aufgabe, vor allem mit Blick darauf,dass in einem solchen Haushalt bis zu 86 Prozent Perso-nalkosten sind – das ist für viele vielleicht gar nicht sotransparent – und damit die Einsparmöglichkeiten be-kannterweise sehr gering sind. Deshalb möchte ich demMinisterium danken. Diese Kooperation war nichtselbstverständlich.
Ich möchte auf zwei kleine Einzelheiten eingehen, dieim Ministerium immer eine wichtige Rolle spielen unddie zu einer besonderen Aufgabe geführt haben. DasBMJ kümmert sich maßgeblich um das DeutschePatent- und Markenamt. Das ist auch wieder einewichtige Angelegenheit; denn durch den Deckungsbei-trag, also durch die Gebühren, die dort erhoben werden,wird das Ministerium zu einem ganz großen Teil gegen-finanziert. Hierfür ist aus Haushältersicht ein sehr großesLob angebracht.Hier gab es aber ein Problem: Über die Jahre hattensich mehr als 100 000 Bearbeitungsfälle aufgestaut.Brigitte Zypries und ihre Vorgängerin hatten deshalb einStauabbaukonzept entwickelt und umgesetzt. So wirdseit knapp zwei Jahren dieser Rückstau abgebaut. Wirkönnen davon ausgehen, dass neben den jährlich hinzu-kbbtiEfbbfuMzmkce5ddrämwggtnudcng1odnHmoPzMreglrZFS
Dann gibt es eine weitere Neuerung, die sehr wichtigst. Sie trägt den schönen Namen ELSA; das steht fürlektronische Schutzrechtsakte und umfasst die Ein-ührung einer vollständig IT-gestützten Vorgangsbear-eitung in den Schutzrechtsbereichen Patente- und Ge-rauchsmuster. Die Unterstützung dieses Bereichs stelltür das Ministerium einen besonderen Schwerpunkt darnd deshalb wurde auch schon im Haushaltsentwurf desinisteriums vorgesehen, diesen Haushaltstitel deutlichu erhöhen, nämlich um 9 Millionen.Diesen Haushaltsansatz möchte ich zum Anlass neh-en, einmal über unser Politikverständnis nachzuden-en. Die Linke hatte, wohl wissend, dass der ursprüngli-he Haushaltsansatz insgesamt schon um 9 Millionenrhöht wird, den Antrag gestellt, ihn um weitereMillionen zu erhöhen, ohne dabei sicherzustellen, dassiese Mittel überhaupt gebraucht werden und sinnvoll inie Projektarbeit dieses Jahres einfließen können. Wa-um mich diese Art von Politikverständnis besonders ge-rgert hat, möchte ich an einem kleinen Beispiel deutlichachen: Bevor ich in den Bundestag gewählt wurde,ar ich Planer und habe für die Universität Heidelbergroße EDV-Netze für 10 000 bis 15 000 Arbeitsplätzeeplant und habe so etwas Ähnliches auch für die Indus-rie gemacht. Dabei habe ich zwei Kategorien von Pla-ern kennen gelernt:Es gibt Planer, die für ihre Planung beliebig viel Geldnd einen großen Zeitvorrat haben. Diese planen sehretailliert; das Projekt wird immer schöner, größer, di-ker. Der Plan landet dann aber – das wissen diese Pla-er meistens schon von vornherein – im Regal.Dann gibt es Planer – zu denen gehörte ich –, dieroße Projekte planen, für die vielleicht0 000 Komponenten erforderlich sind, die eine Größen-rdnung von 30 bis 50 Millionen Euro umfassen und beienen viele hundert Menschen und möglicherweise auchoch mehr beteiligt sind. Denken Sie etwa an ein großesochregallager mit 50 000 Palettenplätzen, das Zusam-enspiel von vielen Maschinen, verkettete Fertigungder ein Ausgangslager. Wenn Sie nun anfangen, denlan zu verwirklichen, merken Sie bald, dass es kompli-iert wird. Schließlich geht es an die Inbetriebnahme.an schaltet ein, aber es funktioniert nicht. Das kann da-an liegen, dass ein Denkfehler gemacht wurde, jemandine Komponente mit nach Hause genommen hat, ir-endein Bagger ein Kabel durchtrennt hat oder ein Feh-er bei der Bedienung gemacht wurde.Deshalb geht man in der Praxis nicht so vor, sonderneserviert sich für die Inbetriebnahme einen längereneitraum und lässt den Vorstand der auftraggebendenirma erst nach drei, sechs oder gar neun Monaten denchalter zur Inbetriebnahme umlegen, weil dann das
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Lothar Binding
System eingeschwungen ist, die Fehler ausgemerzt sindund alles gut funktioniert. Man hat also seine ursprüngli-chen Planungen in dieser Phase an die realistischenMöglichkeiten angepasst.So ähnlich ist es in der Politik auch. Es gibt zwei Sor-ten von Leuten, die Programme machen: Die einen ma-chen das geniale Programm, das meistens noch etwas di-cker, noch etwas schöner, noch etwas größer und teurerist, und nehmen sich dafür beliebig viel Zeit. Der kleineAntrag, den die PDS gestellt hat, zeigt beispielhaft, dasshier die realistischen Möglichkeiten überschätzt wurden.Ich nehme das nur als Beispiel für einen systemischenAnsatz, sich politisch entsprechend zu verhalten. Auchmit anderen Beobachtungen kann man das leicht bele-gen: Was ist nämlich passiert, als Planer dieser Kategoriedie Chance hatten, ihren Plan umzusetzen? OskarLafontaine ist als Superminister kurze Zeit nach der In-betriebnahmekatastrophe geflüchtet. Auch Gregor Gysi,davon nicht sehr verschieden, ist geflüchtet, kaum dasser die Chance hatte, seine Pläne wirklich umzusetzen.
Deshalb glaube ich, mit diesem Ansatz kann man Op-positions- und Regierungspolitik charakterisieren unddie möglichen und realistischen Politikansätze von jenenunterscheiden, deren Antragsteller gleich wissen, dasssie keine Realisierungschance haben. Letzteres halte ichfür eine unseriöse Politik.Mit dem Hinweis auf meinen beruflichen Hintergrundund die Beobachtung, wie Regierungs- und Oppositions-politik hier gegeneinander gestellt werden, möchte ichschließen, aber nicht ohne Ihnen den Lösungsansatz vonjemandem zu zeigen, der von mir eine kleine Aufgabegestellt bekommen hat. Viele von Ihnen wissen, dass ichoft einen kleinen Bleistift an eine Jacke hefte, den manmit etwas Geschick ablösen kann. Ich sage Ihnen, wieUlrich Maurer dieses Problem gelöst hat: Er hat ihndurchgebrochen.Das war eine Lösung, der ich nicht folgen will.
Ich glaube deshalb, dass es sehr gut ist, einen Haushaltwie diesen zu haben, mit seriösen Anträgen der Regie-rungskoalition, einen Haushalt, der realistisch, konse-quent und mit unseren Zielsetzungen auch zukunftswei-send ist.Schönen Dank.
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Nešković, Die
Linke.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie sollten darüber keine Scherze machen. Für vieleenschen ist das bittere Wahrheit.
Der Erfolg des sozialen Rechtsstaates Bundesrepublikuhte auf vier stabilen Säulen. Als erste der Säulen ist dieflicht zur Einrichtung eines sozialstaatlichen Rechts-ystems zu nennen, zu dem Arm und Reich gleicherma-en Zugang haben. Der Gerichtssaal nivelliert die sozialeerkunft für die Dauer der Verhandlung. Er ist diechicksalskorrektur, wenn es um die Durchsetzung desechts geht.Sie können dem Einzelplan 19 entnehmen, dass demundesverfassungsgericht zukünftig rund 1 Million Euro
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Wolfgang NeškoviæWolfgang Neškovićweniger zur Verfügung stehen. Ähnliches können Sieden Haushaltsplänen der Länder entnehmen. Dieser Ab-wärtstrend in Ausstattung und Besetzung der Gerichtetrifft zuerst diejenigen, die den Gleichmacher Recht amdringendsten benötigen: die Schwachen in der Gesell-schaft.
Ganz im Trend der Zeit legte der Bundesrat kürzlicheinen wirklich schaurigen Gesetzentwurf zur Neurege-lung der Prozesskostenhilfe vor. Der Entwurf siehtganz erhebliche Erschwernisse für die Gewährung derProzesskostenhilfe vor. Um Ihnen nur den unerträglichs-ten Neuregelungsvorschlag zu nennen: Allein die Prü-fung der Gewährung der Prozesskostenhilfe soll eineZahlungspflicht von 50 Euro für jeden Bürger auslösen,dessen monatliches Einkommen nur 100 Euro über demExistenzminimum liegt. Das ist also die Praxisgebühr imGerichtssaal. Wenn das Gesetz wird, dann werden vielein unserem Land feststellen, dass sie sich sogar ihrenvon der Verfassung garantierten Justizgewährungsan-spruch nicht mehr leisten können. Übrig geblieben istder Kapitalismus.Ich komme zur zweiten Säule des sozialen Rechts-staates. Verwandt mit dem sozialen Recht ist der An-spruch, ein Recht zu schaffen, das mit Besonderheitenangemessen umgeht und dabei den Grundsatz der Billig-keit beachtet.
Ein Recht um jeden Preis ist Unrecht. Als die alte Bun-desrepublik fünf neue Länder dazu brachte, sich in denGeltungsbereich des Grundgesetzes zu begeben, da ver-pflichtete sie sich, mit den Besonderheiten des Ostensgerecht umzugehen. Das bedeutete die Pflicht, grobeUnbill zu korrigieren. Das bedeutet aber auch die Pflicht,lang Gewachsenes anzuerkennen.Man hat die Rechtsfigur des getrennten Gebäudeei-gentums nicht anerkannt, sondern den Häuschen- undGarageneigentümern lediglich Übergangsfristen einge-räumt, nach deren Ablauf sie ihr Eigentum faktisch ent-schädigungslos verlieren.
Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, dermit dem Ablauf dieser Fristen Entschädigungsleistungenin der Höhe des Zeitwerts vorsieht.
Da der Antrag von uns kommt, werden Sie ihn erwar-tungsgemäß ablehnen. Übrig geblieben ist der Kapitalis-mus.Ich komme zur dritten Säule des sozialen Rechtsstaa-tes. Ein dritter Grund für die Erfolge der alten Bundesre-publik bestand darin, dass man am Ende, trotz aller Mei-nungsverschiedenheiten und heftiger Streitigkeiten, fürmehr Gleichheit unter den Menschen sorgte. Um diesesIdeal von der Gleichheit der Menschen ging es auch beiden Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäi-ssggheDwtb–rDdnnmamu„pdKEStdEngDajMafsn
Genau. Um Himmels willen! Der Kapitalismus ist üb-ig geblieben.
ort, wo Ihr Mut, Ihre Veränderungsbereitschaft beson-ers gefragt gewesen wären, nämlich bei der Anerken-ung der sozialen Herkunft als Merkmal für Diskrimi-ierung, haben Sie gekniffen. Die soziale Herkunft suchtan in Text und Begründung des Entwurfs vergeblich.Zu den ganz alltäglichen Benachteiligungen bestensusgebildeter und hoch intelligenter Jobbewerber aus ar-em Elternhaus empfehle ich Ihnen statt Polemik undnqualifizierter Zwischenrufe Michael Hartmanns BuchDer Mythos von den Leistungseliten“. Darin wird em-irisch aufbereitet, dass die soziale Herkunft weit be-eutsamer für eine Karriere ist als aller Fleiß und allelugheit.
Trotz dieser schwer wiegenden Mängel wäre dieserntwurf noch von einem gewissen Wert gewesen, hättenie nicht den Anspruch auf Abschluss einen Arbeitsver-rages ausdrücklich ausgeschlossen. Was also hat deriskriminierend abgewiesene Arbeitsuchende von Ihremntwurf? Wenn es ihm überhaupt gelingt, die Diskrimi-ierung nachzuweisen, dann erhält er nicht etwa die be-ehrte Stelle, sondern hat Anspruch auf Schadenersatz.amit geben Sie dem Abgewiesenen Geld an die Handnstelle einer Chance im Leben. Fortan kann sich alsoeder ausrechnen, was ihn die Diskriminierung seinesitmenschen kostet. Lohnt sie sich oder ist sie mit Blickuf die Gesamtbilanz bereits ineffektiv?
Heribert Prantl
ragte unlängst völlig zu Recht, ob wir wirklich eine Ge-ellschaft wollen, in der der Wert des Menschen am Li-eal des Ökonomen gemessen wird.
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Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
Übrig geblieben ist ganz offenbar der Kapitalismus.
Ich komme zur vierten und letzten Säule des sozialenRechtsstaates. Die vierte Säule ist die Begrenzung staat-lichen Handelns durch die Grundrechte. Auch hier trei-ben Sie heute Pfusch am Staatsbau. Die Liste der Grund-rechtsverletzungen per Gesetzesverabschiedung, dieAusdruck Ihres politischen Grundverständnisses sind, istlang: großer Lauschangriff, Zollfahndungsdienstgesetz,Europäisches Haftbefehlgesetz, Luftsicherheitsgesetz,Rasterfahndung, Jugendstrafvollzug. Man kann sagen:Verfassungsbruch im Fortsetzungszusammenhang.
Immer wieder musste Ihnen das Bundesverfassungs-gericht in den Arm fallen, weil Sie jeden Respekt vor derVerfassung und ihren Werten verloren haben.
Mit bisher nicht bekannter Schärfe hat Ihnen das Bun-desverfassungsgericht beim Luftsicherheitsgesetz insStammbuch geschrieben, dass das Parlament mit diesemGesetz die Kernvorschrift unserer Verfassung verletzthat. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dassdie Annahme des Gesetzgebers, der Staat sei berechtigt,unschuldige Menschen vorsätzlich zu töten, unter derGeltung des Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes schlechter-dings unvorstellbar sei. Sie haben sich dies nicht nurvorgestellt. Nein, Sie sind weit darüber hinausgegangen.Sie haben ein solches Gesetz gemacht. Niemals zuvor inder Geschichte der Bundesrepublik hat ein Gesetzgeberein Gericht gebraucht, um in Erfahrung zu bringen, dasses falsch sei, Unschuldige durch den Staat vorsätzlich zutöten.
– Es reicht in der Tat, was Sie mit diesem Staat und sei-ner Verfassung machen.
Noch etwas anderes ist in diesem Zusammenhangneu: Ihr Verfassungsbruch im Fortsetzungszusammen-hang ruft Allianzen hervor, die ich mir früher nicht hättevorstellen können. Ihnen liegt heute ein Gruppenantragaller drei Oppositionsfraktionen zur Vorratsdatenspei-cherung vor, den Sie annehmen sollten.DRN–mgiRu2isDfGnWwSuDzddsDkwC
er Antrag bezweckt die Überprüfung der europäischenichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im Wege derichtigkeitsklage.
So einfach strukturiert denken Sie; das ist wahr.
Die Freiheitsrechte waren bislang für nahezu jeder-ann – ob links oder konservativ – eine Grundbedin-ung des demokratischen Staates. Ich frage mich: Wasst aus diesem Grundkonsens geworden? Ist er nochichtlinie der Politik, die Sie machen?Frau Bundeskanzlerin Merkel sagte vor deutschennd amerikanischen Wirtschaftsvertretern am 6. Mai006 in New York, das „demokratische Modell“ stehem Wettbewerb der globalen Wirtschaft auf dem „Prüf-tand“. Sie sagte wörtlich:… man kann nicht von einer Überlegenheit der De-mokratie sprechen, wenn die ökonomischen Erfolgeausbleiben …iese Formulierung, Herr Kampeter, zeugt von einemundamentalen Missverstehen unserer Verfassung. Dasrundgesetz enthält, wie allgemein – und somit auch Ih-en – bekannt ist, keine Festlegung auf ein bestimmtesirtschaftssystem. Aber dieses Grundgesetz enthält sehrohl eine ganz eindeutige Festlegung auf das politischeystem. Es handelt sich nämlich um die Demokratie –nd nur um die.
a gibt es keinen Bedarf für Wettbewerb.Übrig geblieben ist der Kapitalismus, der den in Jahr-ehnten geschaffenen Schutz der Schwachen beseitigt,er sich der Politik mit seinen Interessen als Entschei-ungsprimat aufzwingt, der seinen ökonomischen Zielenogar demokratische Grundprinzipien opfern möchte.as ist die Politik, die wir von der Linksfraktion be-ämpfen. Dafür sind wir gewählt worden; dafür stehenir hier.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Ole Schröder, CDU/SU-Fraktion.
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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenKolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nešković, IhreRede war ein Griff in die Mottenkiste des Sozialismus.
Sie haben davon gesprochen, was insbesondere in derBundesrepublik Deutschland, in unserem Heimatland,übrig geblieben ist und was nicht. Nicht übrig gebliebenist der Sozialismus.
Nicht übrig geblieben ist der Überwachungsstaat. Nichtübrig geblieben ist der Kommunismus.
Übrig geblieben ist die soziale Marktwirtschaft. Dafürsollten wir dankbar sein.
Wir sollten diese soziale Marktwirtschaft und dieDemokratie weiter verteidigen und nicht auf so eine un-flätige Art und Weise beschimpfen, wie Sie das hier zumTeil getan haben.
Wir sind im Haushaltsausschuss und auch hier imParlament sachliches Arbeiten gewöhnt. Ich danke Ih-nen, Frau Ministerin, und insbesondere dem Hauptbe-richterstatter, Herrn Binding, und den Mitberichterstat-tern für die sachliche und gute Zusammenarbeit imRahmen der Haushaltsberatung.Das Bundesjustizministerium erfüllt, wie ich meine,zwei wichtige Funktionen, zum einen die Gesetzgebungund die Gesetzesanwendung im Bereich der Justiz undihrer Behörden. Zum anderen erfüllt das Justizministe-rium eine wichtige Querschnittsaufgabe für alle Minis-terien. Das Bundesjustizministerium ist nämlich dafürverantwortlich, die gesetzgeberischen Aktivitäten aufnationaler und immer mehr auch auf internationalerEbene zu ordnen. In der Vergangenheit ist die Zahl na-tionaler Gesetze stetig gestiegen. Hinzu kamen die euro-päische Gesetzgebung und die internationalen Verträge,die wir in deutsches Recht umsetzen müssen. Gleichzei-tig ist die Regelungskomplexität extrem gestiegen. Hierkommt das Justizministerium ins Spiel: Die Vielzahl derunterschiedlichen Bausteine muss zu einem stimmigenGesamtbild zusammengefügt werden. Ein stimmigesRechtssystem muss erhalten werden. Leider verhält essich hier wie mit einem komplexen Puzzle: Je mehr Teilevorhanden sind und je komplexer die Form dieser Teileist, desto schwieriger ist es, sie richtig zusammenzuset-zen.Ohne im Einzelnen auf die Inhalte einzugehen: DasAntidiskriminierungsgesetz ist ein besonders gutesBeispiel für diese Problematik. Diesem Gesetz liegenbekanntermaßen viele Richtlinien zugrunde.
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bwohl sie eher angloamerikanischen Rechtstandardsntstammen. Das ist eine schwierige Aufgabe, nicht nurür das Bundesjustizministerium.Unser deutsches Rechtssystem befindet sich in einemnternationalen Wettbewerb. Dadurch gewinnt dieufgabe, einen in sich stimmigen Rechtsrahmen zuchaffen, zusätzlich an Bedeutung. Wie in jedem Wett-ewerb ist auch hier Stillstand der erste Schritt dahin, dieigene gute Position zu verlieren. Also müssen wir unsmmer wieder die Frage stellen, was noch verbesserterden kann. Hier hilft natürlich auch ein Blick über dierenze, ein Blick in andere Rechtssysteme.Im Bereich des Unternehmensrechts konnte manen Handlungsbedarf leicht erkennen, da in der Vergan-enheit immer mehr Unternehmen die englische Limitednd nicht die deutsche GmbH als Rechtsform gewähltaben. Insofern ist es richtig, dass vonseiten des Bundes-ustizministeriums auf diese Entwicklung mit einermbH-Reform reagiert wird.
Eine weitere wichtige Aufgabe, die das Bundesjustiz-inisterium als Querschnittsfunktion innehat, ist dieörmlichkeitsprüfung aller Gesetze. Wir haben zwei we-entliche Probleme: zum einen die extreme Regelungs-nd Bürokratiedichte, die kaum noch überschaubar ist der neu eingesetzte Normenkontrollrat wird hier anset-en; die Koalition hat einen Anfang gemacht –, zum an-eren die Unverständlichkeit von Gesetzen. Das ist einft unterschätztes Problem. Hier besteht großes Poten-ial, unser Rechtssystem noch effizienter zu gestalten.enn Bürgerinnen und Bürger nicht mehr verstehen,as staatliche Stellen formulieren, dann wenden sie sichb. Wenn Unternehmen Gesetze aufwendig interpretie-en müssen, entstehen unnötige Kosten. Ich verzichteier auf unnötige Stilblüten zur Belustigung aller. Wich-ig ist, dass wir das Problem ernst nehmen und anpacken.ch bin froh, dass wir in der Bereinigungssitzung desaushaltsausschusses die Weichen hierfür gestellt ha-en.
as Bundesjustizministerium – da bin ich mir sicher –ird Wächter über eine verständliche Sprache in denesetzen sein. Es freut mich, dass wir Signale von derustizministerin empfangen haben, dass dieses Problemerstärkt angepackt wird.
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Dr. Ole SchröderWesentliches Merkmal der beiden Einzelpläne, die wirheute beraten – Justiz und Bundesverfassungsgericht –,ist, dass in ihnen die Personalkosten dominieren. Das be-deutet nicht, dass wir bei den Beratungen nicht auch an-dere Positionen kritisch beleuchtet hätten. Insbesondereim Hinblick auf den Haushalt 2007 wird wieder kritischzu fragen sein, ob es sinnvoll ist, dass der Bund eine kri-minologische Zentralstelle mit Bundesmitteln fördert,oder ob das nicht beispielsweise die Universitäten ma-chen können.
Wir werden kritisch hinterfragen, ob es sinnvoll ist, dassdas Institut für Menschenrechte aus drei unterschiedli-chen Haushalten finanziert wird und damit die Transpa-renz verloren geht.
Entscheidend bei den Einzelplänen sind die Personal-kosten. Darüber sind wir uns im Klaren. Das Problembei den Personalkosten ist, dass sie sich langfristig aus-wirken und stetig wiederkehrend anfallen. Deshalb müs-sen wir gerade bei den Personalkosten besonders aufpas-sen. Falsche Entscheidungen wirken sich langfristignegativ aus, nicht nur in dem jeweiligen Haushaltsjahr.Das beste Beispiel hierfür ist die Regelung der Alters-teilzeit. In der Vergangenheit sind hervorragende Beam-tinnen und Beamte in den Vorruhestand geschickt wor-den. Diese Politik, die ein Irrtum war, ist von uns in derVergangenheit noch finanziell unterstützt worden. Wirhaben das Problem erkannt und angepackt. Aber dieKosten treffen uns heute und sie werden uns weiterhintreffen. Der Schaden im Haushalt bleibt.Auf die weiteren Positionen der Einzelpläne will ichnicht weiter eingehen. Wir haben diese Einzelpläne mitgroßer Übereinstimmung beschlossen, mit Ausnahme ei-niger Anträge der FDP, die sich eher willkürlich überden Einzelplan Justiz verteilt haben. Das Volumen dieserAnträge ist selbst in Relation zu den kleinen Einzelplä-nen – sie machen wenig mehr als ein Tausendstel desGesamthaushalts aus – geringfügig.Wichtig bei den Beratungen war das Deutsche Pa-tent- und Markenamt. Hier werden bundesweit die Pa-tente und Marken angemeldet. Während der Beratungengab es einerseits den Antrag von der Fraktion der Lin-ken, die Mittel wesentlich zu erhöhen, zum anderen denAntrag der Fraktion der FDP, die Mittel wesentlich zukürzen. Ich denke, dass wir mit dem von uns gewähltenMittelweg richtig liegen. Die Entscheidung der letztenJahre, zusätzliche Prüfer einzustellen, trägt langsamFrüchte. Die Prüfer sind jetzt ausgebildet. Der Anmel-destau der letzten Jahre bei den Patentanmeldungen kannbehoben werden.Aufgrund der Komplexität der Materie ist leider nureine langfristige Steuerung möglich. Wir haben jetzt denTurnaround geschafft und sind auf einem guten Weg.Diese Tendenz ist aus zwei Gründen sehr erfreulich: Ei-nerseits ist das Deutsche Patent- und Markenamt für denInnovationsstandort Deutschland von herausragenderBedeutung. In keinem anderen Patentamt in Europa ge-hsweVhsonsIdddmbadngdstinasrcrUdddESmgb
Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag für die Frak-
ion des Bündnisses 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich willn Erinnerung rufen, dass wir unter diesem Tagesord-ungspunkt nicht nur über den Justizhaushalt, sondernuch über den Gruppenantrag gegen die Vorratsdaten-peicherung diskutieren.
Mit unserem Gruppenantrag fordern wir die Bundes-egierung auf, gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspei-herung Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Ge-ichtshof zu erheben und bis zu einer Entscheidung keinemsetzung in deutsches Recht vorzunehmen. Ich will anieser Stelle allen 130 Kolleginnen und Kollegen, dieiesen Gruppenantrag unterstützen, ganz ausdrücklichanken.
s zeugt nicht von großem Mut und parlamentarischemelbstbewusstsein, dass sich trotz mannigfacher Zustim-ung hinter vorgehaltener Hand bis heute keine Kolle-in und kein Kollege der Koalition zur Unterstützungereit gefunden hat.
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Jerzy MontagDer Deutsche Bundestag hat sich in der letzten Legis-laturperiode eindeutig und einstimmig dagegen ausge-sprochen, dass in der EU und in Deutschland von Privat-firmen Daten der Telekommunikation auf Vorratgesammelt und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfü-gung gestellt werden müssen. Grundlegende rechtstaatli-che Bedenken, besonders hinsichtlich des Schutzes vonpersönlichen Daten von Abermillionen von Menschen,waren dafür ausschlaggebend. Auch wenn die jetzigegroße Koalition hierbei inzwischen eingeknickt ist, in ei-nem Punkt herrscht in diesem Hause immer noch Einig-keit: Die Speicherung von Daten auf Vorrat und derenZurverfügungstellung für Strafverfolgungsbehörden istkeine Frage, die mit der Regelung des Wettbewerbs imBinnenmarkt zu tun hat, sondern das gehört zum Straf-recht, zum Strafverfahrensrecht und in den Bereich derGefahrenabwehr.Die Regelung von Normen im Bereich der Strafver-folgung gehört nicht zur originären Kompetenz europäi-scher Gesetzgebung. Nach Art. 5 des EG-Vertrages wirddie Gemeinschaft nur im Rahmen der ihr zugewiesenenBefugnisse tätig. Sie kann und darf sich selbst keineKompetenzen zuweisen. Nur mit Zustimmung aller Mit-gliedstaaten im Rat kann die Kommission im Wege vonRahmenbeschlüssen auf eine Harmonisierung nationalerVorschriften hinwirken, die damit jedoch nicht europäi-sches Recht werden, sondern nationales Recht bleiben.Im ersten Entwurf hinsichtlich der Speicherung vonTelekommunikationsdaten – damals war es noch einRahmenbeschluss – hieß es, dass damit die justizielleZusammenarbeit in Strafsachen geregelt werden soll. Inder inzwischen verabschiedeten Richtlinie vom15. März 2006 steht, dass damit sichergestellt werdensoll, dass die Daten zum Zwecke der Ermittlung, Fest-stellung und Verfolgung schwerer Straftaten zur Verfü-gung stehen. Jedem wird klar, dass Kommission und Ratim laufenden Gesetzgebungsverfahren zwar die Pferdegewechselt haben, der zu ziehende Wagen aber der glei-che geblieben ist. Zur Regelung eines identischen Sach-verhalts wurde erst ein Rahmenbeschluss angestrebt unddann mit Zustimmung des Europäischen Parlaments eineRichtlinie durchgesetzt.Nun gibt es Stimmen, die sagen, für eine einwand-freie Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene sei eszweitrangig, was man als Grundlage nimmt, wenn nurdas Europäische Parlament an dem Verfahren beteiligtist. Ich meine, dass wir als Initiatoren des Gruppenantra-ges deswegen eine Antwort auf die Frage schuldig sind,warum wir trotz der Beteiligung des Europäischen Parla-ments darauf bestehen, dass die Kompetenzregeln derEuropäischen Gemeinschaft nicht beliebig austauschbarsind, sondern strikt eingehalten werden müssen.Zwei Argumente sprechen dafür: Bei den Kompe-tenzregeln handelt es sich um rechtsstaatliche Grundla-gen der Europäischen Gemeinschaft. Es würde politi-schen Opportunitätserwägungen und in der Konsequenzjeder Willkür Tür und Tor geöffnet, wenn sich die Ge-setzgebungsorgane der Europäischen Gemeinschaftnicht an die ihnen zugewiesenen Kompetenzen haltenwürden. Es geht um den Schutz der Bürger- und Grund-rdgduddkrKubgdwamBsumdurssusJftdmsbrrddgakrgrusGbomde
nd zwar auch dann, wenn jetzt zwei Gutachten auf eu-opäischer Ebene dies angeblich rechtfertigen. Inzwi-chen liegen uns die Gutachten, die die ganze Zeit ge-perrt waren, vor. Sie sind juristisch absolut jämmerlichnd haben reinen Gefälligkeitscharakter. Es ist eine Ab-urdität, dass man mit der Datenschutzrichtlinie aus demahre 2002, die die Mindestnormen zum Datenschutzestlegt, nun die Untergrabung und den Abbau des Da-enschutzes begründen will. Es ist ebenfalls eine Absur-ität, dass man jetzt deswegen, weil private Unterneh-er gezwungen werden, Daten auf Vorrat zu speichern,agt, dass dies zur Gewährleistung eines sauberen Wett-ewerbs europarechtlich, über europäische Normen, zuegeln ist.
Wir sind der Überzeugung, dass der Europäische Ge-ichtshof, der bereits im Verfahren zu den Flugpassagier-aten ein analoges Problem zugunsten der Grundrechteer Menschen und zulasten einer willkürlichen Rechts-rundlage der europäischen Rechtssetzung gelöst hat,uch in diesem Falle richtig entscheiden würde. Esommt jetzt darauf an, dass Sie, meine Damen und Her-en von der großen Koalition, uns helfen, die Bundesre-ierung zu bitten, Klage vor dem Europäischen Ge-ichtshof einzureichen. Dies würde konsequent zunserer Haltung im letzten und in diesem Parlament pas-en, weil wir bisher immer einstimmig die fehlendenrundlagen dieser Richtlinie gerügt haben. Deswegenitte ich Sie: Gehen Sie noch einmal in sich, prüfen Sie,b es nicht sinnvoller wäre, dass dieses Haus heute ge-einsam vor den Europäischen Gerichtshof zieht! Dennamit würden wir vermeiden, hinterher der Gelackmei-rte zu sein, der von anderer Stelle gesagt bekommt, dass
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Jerzy Montagwir schon wieder auf eine falsche Rechtsgrundlage abge-stellt haben.Danke schön.
Das Wort hat die Bundesministerin der Justiz, Brigitte
Zypries.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen
und Kollegen! Lieber Herr Montag, die Flexibilität ist
zwar groß, aber irgendwo hat sie Grenzen. Ich kann
mich erinnern: Ich glaube, es war im Februar dieses Jah-
res, als der Deutsche Bundestag – ich meine, es war ein-
stimmig – die Bundesregierung aufgefordert hat, dieser
Richtlinie, gegen die nunmehr geklagt werden soll, im
Ministerrat zuzustimmen.
– War das nicht richtig?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Montag?
Ja.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, es tut mir
Leid, dass ich Sie korrigieren muss. Sind Sie bereit, zur
Kenntnis zu nehmen, dass wir in der 15. Legislatur-
periode, als wir gemeinsam in der Regierungskoalition
waren, sowohl die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt
als auch die Rechtsgrundlage gerügt haben? Mit dem
neuen Beschluss des Deutschen Bundestages geben Sie
in der 16. Legislaturperiode gegen die Stimmen der Op-
position – ausschließlich mit den Stimmen der großen
Koalition – grünes Licht für die Vorratsdatenspeicherung
auf europäischer Ebene. Die Koalition selbst stellt aber
in ihrem Antrag unter Nr. 13 fest, dass Bedenken im
Hinblick auf die Rechtsgrundlage bestehen.
Ich bin gerne bereit, das zur Kenntnis zu nehmen. Ichbin mir nicht sicher, ob ich mich richtig erinnere.
Ich weiß nur – insofern ist meine Erinnerung richtig –,dass wir vielfältig über die Rechtsgrundlage diskutiertund immer das Hohe Haus sorgfältig informiert haben.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3519
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Gibt es denn in Deutschland keine Diskriminierung?
Oder fürchten Sie den Begriff? Oder was ist sonst der
Grund?
Materiell ist es derselbe Regelungsgehalt, es gibt
keine Differenz: Es geht um die Umsetzung der europäi-
schen Richtlinien, bei der wir, wie ich glaube, richtig ge-
handelt und zu der wir vernünftige Vorschläge gemacht
haben. Die Frage ist nur, wie man das Ganze nennt.
Noch einmal: Ich wäre sehr dankbar, wenn wir dieses
Gesetz zügig verabschieden könnten; denn Sie wissen,
dass uns Strafzahlungen drohen und dass wir handeln
müssen.
Ich will einen weiteren Gesichtspunkt ansprechen, der
bei der ersten Lesung unseres Haushalts eine Rolle ge-
spielt hat. Damals war es der Kollege Montag, der kriti-
siert hatte, dass die Gesamtausgaben für das Bundesver-
fassungsgericht im Jahre 2006 um 1 Million Euro
abgesenkt würden. Heute hat der Kollege Nešković die-
ses auch noch einmal behauptet.
– Das ist nur die folgerichtige Aufzählung derjenigen,
die kritisieren und denen ich die Lektüre der Haushalts-
pläne ans Herz legen würde. Wenn Sie sie lesen, wird
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enauso ist es auch hier: Es gibt im Haushalt 1 Million
uro weniger, weil das Bauwerk Fortschritte macht.
hne diesen Bautitel hat das Bundesverfassungsgericht
m Jahre 2006 sogar über rund 200 000 Euro mehr ver-
ügt als im letzten Jahr.
ch sage das auch deshalb, weil der Präsident des Bun-
esverfassungsgerichts kürzlich öffentlich darüber ge-
lagt hat, dass die Anzahl der eingehenden Klagen in
en ersten fünf Monaten des Jahres 2006 im Vergleich
um Vorjahreszeitraum um 25 Prozent gestiegen sei. Das
önnte den Schluss nahe legen, man habe erheblich
ehr Klagen zu bearbeiten, bekomme aber zur Erledi-
ung der Verfahren weniger Geld. Das ist nicht der Fall.
eswegen ist eine solche global geäußerte Rechtsstaats-
ritik, die darin gipfelt, dass selbst das höchste deutsche
ericht nicht mehr genug Geld habe, um die Verfahren
u behandeln, leider fehlerhaft und geht an der Sache
orbei.
Meine Damen und Herren, ich hatte an und für sich
or, einen größeren rechtspolitischen Exkurs über die
edeutung der Rechtsordnung Deutschlands zu machen;
en gebe ich jetzt aber zu Protokoll und wünsche Ihnen
llen einen schönen Nachmittag.1)
Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege
ontag.
Wir sehen uns nachher beim Fußball wieder, aberoch ist es nicht so weit.Frau Bundesministerin, Sie haben in Ihrer Rede ge-ade gesagt, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspei-herung, die Sie ausverhandelt haben und die letztend-ich ins europäische Gesetzblatt hineingeschriebenorden ist, die Rechte der Bürger nicht mehr beschnei-en würde. Diese Aussage von Ihnen ist, um es milde zuormulieren, kühn: Immerhin führt diese Richtlinie dazu,ass von Millionen von Menschen, gegen die keinerleiAnlage 2
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3520 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
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Jerzy MontagTatverdacht besteht, für die Dauer von sechs Monaten– in Deutschland; in anderen Staaten vielleicht länger –viele persönliche und sensible Daten gespeichert wer-den. Ich meine, dass eine solche Speicherung nach demDatenschutzrecht und nach allgemeinem Rechtsver-ständnis für sich bereits ein erheblicher, grundrechtsrele-vanter Eingriff in die Rechte der Bürger ist.Zum Zweiten haben Sie gesagt, dass die von mir an-gesprochenen beiden Gutachten auf der europäischenEbene nicht die einzigen seien, die es gebe und durch diedie These bestätigt würde, dass die gewählte Rechts-grundlage für Europa die richtige sei. Dazu will ich Ih-nen sagen, dass wir uns über Monate hinweg um allemöglichen Gutachten in dieser Frage bemüht haben.Nachdem wir lernen mussten, dass auf europäischerEbene Rechtsgutachten Geheimsachen sind, und es unsgelungen ist, zwei von ihnen entpflichtet zu bekommen,damit wir sie lesen können, wären wir Ihnen sehr dank-bar, wenn Sie uns auch alle anderen Schriftstücke undRechtsgutachten benennen, damit wir diese studierenund dann vielleicht zu einer Einschätzung kommen kön-nen.Zum Schluss will ich Sie selbst zitieren und Ihnen sa-gen, dass ich mich über das gefreut habe, was Sie nachder Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zurÜbermittlung der Flugpassagierdaten gesagt haben. Ichdarf Sie zitieren: Für die Vorratsdatenspeicherung stehtnun das Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichts-hof offen. – Um nichts anderes bitten wir Sie. Wir erwar-ten von Ihnen als Bundesregierung, dass Sie jetzt vordem Europäischen Gerichtshof klagen; denn nur Sie sindklageberechtigt.
Herr Montag, es geht nicht um die Speicherung einer
Vielzahl sensibler Daten, sondern es geht um die Frage,
wer mit wem eine Verbindung gehabt hat. Um das noch
einmal ganz klar zu sagen: Es geht überhaupt nicht um
Inhalte. Diese werden nicht gespeichert. Sie wissen, dass
90 Prozent dieser Daten auch heute schon gespeichert
werden.
In Deutschland ist das so.
In Deutschland ist die Telekom der größte Anbieter
und bei der Telekom werden alle diese Daten, über die
wir jetzt reden, längst zu Abrechnungszwecken gespei-
chert.
Man kann doch nicht so tun, als sei das alles nicht die
Wirklichkeit in diesem Land.
Das ist doch irgendwann auch naiv und völlig übertrie-
ben. Lassen Sie uns gerne darüber diskutieren, was Ein-
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Bezüglich der Gutachten will ich mich im Hause
erne kundig machen, damit wir abgleichen können,
elche Gutachten gemeint sind. Ich hatte Sie vorhin in-
altlich anders verstanden. Vielleicht habe ich Sie da
ber auch missverstanden.
Es bleibt dabei: Ich meine, dass wir für Deutschland
nd für die Sache extrem gute Ergebnisse in Brüssel er-
ielt haben. Deshalb werden wir dieses Ergebnis jetzt
icht beklagen, weil es in der Sache nicht besser werden
ird. Wir haben keinen Grund, diese Klage jetzt anzu-
trengen. Wir müssen sehen, dass aufgrund der Entschei-
ung des Europäischen Gerichtshofs objektiv zur Kennt-
is zu nehmen ist, dass sich offenbar, vielleicht oder wie
uch immer eine Meinungsänderung beim EuGH voll-
ieht. Ich bin Juristin und kann die Entscheidungen le-
en. Dass Ergebnisse offener sind, als sie es vorher wa-
en, ist dann halt so. Das kann ich nicht inkriminierend
inden.
Das Wort hat die Kollegin Mechthild Dyckmans für
ie FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-en von der Frau Justizministerin schon einiges zumntwurf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzesehört. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU,ie werden mir und Ihren Wählerinnen und Wählern, dieum Teil heute hier auch zuhören, aber erst einmalchlüssig erklären müssen, warum Sie dieses Gesetz, dasie noch vor einem Jahr heftigst bekämpft haben, jetztemeinsam mit der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünennd eventuell vielleicht sogar mit der Linkspartei verab-chieden wollen.
In der Regierungserklärung hat die Bundeskanzlerinm 30. November 2005 noch erklärt – ich zitiere –:Wir haben uns vorgenommen, die EU-Richtlinienim Grundsatz nur noch eins zu eins umzusetzen …Wenn wir uns zusätzlich zu dem, was wir in Europavereinbaren – das ist oft schon bürokratisch genug;das muss ich leider sagen –, Lasten aufbürden, dannhaben wir gegenüber unseren europäischen Mitbe-werbern keine fairen Chancen.
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Mechthild DyckmansDas, was die Bundeskanzlerin damals gesagt hat, istauch heute noch richtig.Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Herr Röttgen, hat noch im Januar 2006erklärt:Den alten Gesetzentwurf wird es mit der neuen Re-gierung nicht mehr geben.Der Gesetzentwurf hat jetzt zwar einen neuen Titel, densich viele von Ihnen noch nicht merken können, aber in-haltlich ist er derselbe geblieben. Ich habe hier eineSynopse vorliegen. Das, was farbig markiert ist, hat sichgeändert. Wie Sie sehen, ist das sehr wenig. Inhaltlichhat sich gar nichts geändert; das wissen Sie auch, meineDamen und Herren von der CDU/CSU.
Nun sagen Sie natürlich immer wieder: In einerKoalition muss man Kompromisse machen. – Wer weißdas besser als wir von der FDP?
Aber selbst die Frau Justizministerin muss von Ihremplötzlichen Einlenken sehr überrascht gewesen sein. Siehat noch im Dezember 2005 im Hinblick auf das Anti-diskriminierungsgesetz bekräftigt, dass man sich imKoalitionsvertrag geeinigt habe, Richtlinien nur nocheins zu eins umzusetzen.
Dass diese plötzliche politische Kehrtwendung nichtzu erklären ist, zeigt auch die Reaktion der unionsge-führten Länder im Bundesrat. In ihrer Stellungnahmezum Entwurf eines Allgemeinen Gleichbehandlungsge-setzes haben die Länder am vergangenen Freitag nur zudeutlich gemacht, was sie von dieser Kehrtwendung hal-ten. Sie fordern eindeutig eine Änderung des Gesetzesund eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinien.Frau Ministerin, ich habe gehört, dass diese Stellung-nahme des Bundesrates Grundlage der Beratungen seinwird. Ich bin gespannt, wie Sie, meine Damen und Her-ren von CDU und CSU, dieser Aufforderung der Minis-terpräsidenten nachkommen. Bei einer namentlichenAbstimmung, die wir von der FDP fordern werden, müs-sen Sie dann Farbe bekennen.
Sie wollen diesen Gesetzentwurf jetzt im Schnellver-fahren ohne eine zusätzliche Sachverständigenanhörungdurch den Bundestag jagen. Der Hinweis auf die Straf-zahlungen greift nicht. Noch nie hat der EuGH Strafzah-lungen festgesetzt, wenn sich ein Mitgliedstaat unmittel-bar im Umsetzungsverfahren befunden hat.
Das ist also kein Grund. Sie können es nicht auf die EUschieben.hsmmmhvneKdwk–drbBdDgAwddawrRVt2gsVbpld
Du hättest es wahrscheinlich noch drastischer ausge-rückt. – Aber der Gesetzentwurf enthält dieses Klage-echt sogar gegen den Willen der Betroffenen. Mich ha-en Frauen und Schwule angesprochen, die sich über dieevormundung, die in diesem Gesetzentwurf steht, aus-rücklich beschwert haben.
ie weit gehenden Dokumentationspflichten der Arbeit-eberinnen und Arbeitgeber, der hohe bürokratischeufwand, der bei der Umsetzung des Gesetzes gefordertird, die Verkomplizierung des Kündigungsrechts – allies ist in den letzten Tagen immer wieder kritisiert wor-en. Dies haben wir in unserem Antrag im Einzelnenusgeführt.Im zivilrechtlichen Bereich geht der Gesetzentwurfeit über das von der EU Geforderte hinaus. Im Zivil-echt gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit und damit dasecht, keine Gründe dafür benennen zu müssen, einenertrag abzuschließen oder zu verweigern. Bundesjus-izministerin Frau Zypries hat dazu in einer Rede am4. Juni 2004 ausdrücklich erklärt – ich zitiere –:Die Freiheit für Bürgerinnen und Bürger in einemliberalen Staat besteht auch und gerade darin, Un-terschiede zu machen und ungleich behandeln zudürfen.
Dennoch haben wir in dem Gesetzentwurf Regelun-en vorgesehen, die es einem Gastwirt, der regelmäßigeine Räumlichkeiten für Familienfeiern oder politischeeranstaltungen zur Verfügung stellt, nicht mehr erlau-en werden, diese Räumlichkeiten wegen seiner eigenenolitischen Überzeugung einer rechtsextremen oderinksextremen Gruppierung zu verweigern. Können wiries wirklich wollen?
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Mechthild DyckmansFrau Zypries hat in der eben zitierten Rede zu Rechtdie Meinung vertreten, ein umfassendes zivilrechtlichesAntidiskriminierungsgesetz ließe sich gar nicht vernünf-tig regeln, jedenfalls nicht so – ich zitiere weiter –, „dasses rechtlich einen fassbaren Mehrwert bringt“. Darinkann ich Frau Zypries nur zustimmen. Dieses Gesetzbringt keinen Mehrwert.Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, lassenSie uns den Gesetzentwurf im Rechtsausschuss ordent-lich beraten
und lassen Sie uns nur solche Regelungen treffen, dienotwendig sind, um die EU-Richtlinien eins zu eins um-zusetzen.
Das Wort hat der Kollege Dr. Jürgen Gehb für die
Unionsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auchich möchte zu Beginn meiner Rede die heute schon öfterzum Ausdruck gekommene Tradition pflegen und ersteinmal als Fachpolitiker allen Haushältern für ihre zeit-intensive und ordentliche Arbeit danken.
Aber nicht nur für die Haushälter, sondern auch fürdie Mitglieder des Rechtsausschusses stellten die ver-gangenen Wochen und Monate eine Zeit besonderer Ar-beitsbelastung dar. Schließlich fiel in diese Zeit eine be-sondere Premiere in unserer Parlamentsgeschichte.Ich spreche von den gemeinsamen Anhörungen des Bun-desrates und Bundestages zur Föderalismusreform, dieaufseiten dieses Hauses federführend vom Rechtsaus-schuss durchgeführt wurden.
Wie es bei Premieren üblich ist, haben alle Beteiligtenauch ein bisschen Lampenfieber. Anschließend ist manglücklich und zufrieden, wenn die Premiere gut über dieBühne gegangen ist. Nach meinem Eindruck sind dieAnhörungen zur Föderalismusreform gut über die Bühnegegangen.
Das Pro und Kontra zu Dutzenden von Einzelaspek-ten ist ausführlich beleuchtet und dargestellt worden. Ichglaube, nicht nur im Namen meiner Fraktion zu spre-chen, wenn ich unserem Kollegen Andreas Schmidt alsVthIvMdnvnfWnllswvsdKrndhiKuuireeAhRk
n diesen Dank sind selbstverständlich auch der Ko-orsitzende Minister Stegner sowie alle Mitarbeiter unditarbeiterinnen des Rechtsausschusses, dieses Hauses,er Fraktionen und unserer Büros eingeschlossen, dieeben ihren Alltagsgeschäften zusätzlich eine Anhörungorbereitet haben und sie auch nachbereiten werden.
Damit bin ich beim Thema. Die Nachbereitung stehtun ins Haus. Ich will ihr heute nicht im Detail vorgrei-en.
ir alle sollten allerdings bei unserer Nachbereitungicht den Erfolg des Gesamtprojektes aus dem Blick ver-ieren. Schließlich geht es bei dem Reformvorhabenetztlich auch um die Reformfähigkeit Deutschlandselbst,
ie unser Altbundespräsident Roman Herzog uns allenor wenigen Wochen noch einmal ins Stammbuch ge-chrieben hat.Roman Herzog erinnert in seinem Namensartikel iner „Süddeutschen Zeitung“ auch völlig zu Recht an dieonsequenzen, die bei einem Großprojekt wie der Föde-alismusreform quasi unvermeidlich eintreten. Zum ei-en bleibt so ein Kompromiss – um einen solchen han-elt es sich bei diesem Großprojekt schließlich – immerinter einer abstrakten Ideallösung zurück. Zum anderenst ein in so mühsamen Verhandlungen ausgehandelterompromiss etwas sehr Fragiles, weil die Konzessionennd Gegenkonzessionen aller Seiten so fein austariertnd ausbalanciert sind, dass schon kleine Veränderungenhn wieder aus dem Gleichgewicht kippen könnten.Ein solch umfassender und damit zwangläufig auchecht unvollkommener Kompromiss – das will ich gerneinräumen – lädt nachvollziehbar auch zu Änderungenin.
uch im Bereich der Justiz werden wir als Folge der An-örung darüber reden müssen, ob beispielsweise dieegelungen zum Notariat nicht besser in der Bundes-ompetenz bleiben.
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Dr. Jürgen Gehb
Wir haben doch hier kein Schaulaufen veranstaltet!Auch bei allen denkbaren Änderungen müssen wir aller-dings immer wieder darauf achten, dass wir die Feinba-lance nicht gefährden. Wenn wir dies nicht tun, kann da-ran das Gesamtprojekt noch scheitern. Daran haben wirChristdemokraten jedenfalls gar kein Interesse. Wir wol-len endlich einen besseren Zustand als den jetzigen errei-chen. Wir wollen eine stärkere Entflechtung der Kom-petenzen von Bund und Länder. Wenn dies mit demvorliegenden Entwurf und den noch zu erfolgenden Än-derungen machbar ist, dann sollten wir diesen Weg auchmutig und zügig beschreiten.Überrascht war nicht nur ich während der Anhörungallerdings über den Widerwillen mancher Experten,wenn es generell darum ging, Kompetenzen an die Län-derebene abzutreten. Es scheint bei dem einen oder an-deren schlicht in Vergessenheit geraten zu sein, dass derLeitwert in einem demokratischen Gemeinwesen Viel-falt heißt. Vielfalt ist nicht nur produktiv, sondern kannparadoxerweise auch zu einer Einheitlichkeit führen, dieeiner verordneten Einheitslösung haushoch überlegenist. Dieser Fall tritt dann ein, wenn sich ein Lösungsan-satz findet, der so gut und überzeugend ist, dass die an-deren ihn nachahmen. Wir Christdemokraten jedenfallsstehen zur Vielfalt in einem freiheitlichen Gemeinwesenwie dem unseren.
Wer dies im Grundsatz infrage stellt oder – anders for-muliert – die Einheitlichkeit über alles stellt, der solltedann auch so konsequent sein, auf das Hohelied des Fö-deralismus in seinen Sonntagsreden zu verzichten, undstattdessen für das Modell eines Zentralstaats einstehen.An seiner Seite wird man uns Christdemokraten aller-dings nicht finden. Ich kann mich des Eindrucks nichterwehren, dass manche Leute den Föderalismus – quasials Synonym – mit Kleinstaaterei verwechseln.Wir sollten in diesem Zusammenhang auch nicht ausden Augen verlieren, dass wir im Verhältnis zu Europagenau diese Vielfalt immer wieder für uns einfordernund uns gegenüber überzogenen oder sogar absprache-widrigen Zentralisierungstendenzen der europäi-schen Ebene wehren und auch weiterhin wehren wollen.An dieser Stelle möchte ich nur ein Beispiel aus diesemMonat nennen. Das Europäische Parlament debattierteüber eine Beschleunigung der gegenseitigen Anerken-nung und der Vollstreckung von freiheitsentziehendenMaßnahmen innerhalb der EU, ein im Kern berechtigtesund nachvollziehbares Anliegen. Mein Verständnis fürdie Kollegen aus dem Europäischen Parlament endet al-lerdings dort, wo es nach all den richtigen und wichtigenSätzen zur besseren Harmonisierung und gegenseitigenAnerkennung in einer Mitteilung des Europäischen Par-laments lapidar heißt: Darüber hinaus soll nach Ansichtder Abgeordneten ein europäisches Strafrecht geschaf-fen werden. – Ohne Ihnen auf den Leim zu gehen, HerrMontag: Das Strafrecht gehört eindeutig nicht zur Kom-petenz der europäischen Ebene. Es steigert auch nichtddwShrpZksPrMimImlmRARueüdngonamZfv3DvgaDrtgbdnllda
ch habe bei keiner Gelegenheit einen Hehl daraus ge-acht, dass ich bereits in den Antidiskriminierungsricht-inien – ohne Ansehen ihrer Umsetzung – einen funda-entalen Angriff auf unser kontinentaleuropäischesechtssystem sehe; dazu stehe ich auch in Zukunft.
ber das ändert nichts daran – das zeigt die Perfidie; dieichtlinien sind ja nicht vom Himmel gefallen –, dassns die Exekutive häufig – weil sie weiß, dass sie imigenen Parlament keine Mehrheit bekommt – geschicktber den Tauchsieder Europa Richtlinien zuspielt undass wir dann sagen müssen: Hier stehe ich und kannicht anders. So wird es auch beim Gleichbehandlungs-esetz sein.Es gibt noch anderes Recht, das uns von Europaktroyiert wird und unter dem wir sehr leiden. Unserationales Planungsrecht, sowohl das materielle alsuch das verfahrensrechtliche, ist nicht beim Justiz-inisterium angesiedelt; vielleicht wird sich Frauypries dieses Problems noch einmal annehmen. Dasührt dazu, dass bei uns keine Landesstraße innerhalbon 15 Jahren gebaut wird. Meistens dauert es über0 Jahre. Ich wohne in Kassel an der A 44 und der A 49.ie A 49 dümpelt jetzt schon seit 21 Jahren im Nirwanaor sich hin. Sie endet in einer So-da-Brücke. Wenn ichefragt werde: „Was ist eigentlich eine So-da-Brücke?“,ntworte ich: Das ist eine Brücke, die steht nur so da. –ie A 44 ist im 17. Jahr nach der Wiedervereinigung ge-ade mal auf einem Streckenabschnitt von drei Kilome-er Länge fertig gestellt, was mit großem Tamtam began-en wurde. Während in anderen europäischen Ländernei entsprechenden Projekten schon zum zehnten Maler Straßenbelag gewechselt wird, fahren wir immeroch mit dem Finger auf der Landkarte herum und über-egen, wie wir die Kammmolche und den Ameisenbläu-ing schützen können. So fahren die 30-Tonner weiter anen Gartenzäunen vorbei, dass den Menschen die Tassenus dem Schrank fallen.
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Dr. Jürgen Gehb
Damit lösen wir uns von unserem europäischen unddeutschen anthropozentrischen Weltbild. Das darf nichtsein.Deswegen appelliere ich an die Justizministerin, dasPlanungsrecht endlich so zu entschlacken, dass derStandortvorteil Deutschlands nicht so verspielt wird, wieder Erfolg verspielt werden würde, wenn dem Ballackals Mitglied der Fußballnationalmannschaft heute Nach-mittag auch noch eine Eisenkugel an den Fuß gebundenwürde.
Ich werbe insgesamt – ganz bewusst nicht nur an die-sem Punkt – für etwas mehr Mut. Das gilt auch für dasGesellschaftsrecht, das schon angesprochen worden ist.Auch hier befinden wir uns im internationalen Wettbe-werb mit anderen Rechtsordnungen. Da muss man über-legen, ob die ach so löbliche GmbH-Novelle, wie siejetzt im Referentenentwurf vorliegt – ich finde sie auchin Ordnung –, dem bereits Genüge tun wird oder ob esvielleicht noch das eine oder andere daneben gebenkann. Ich werbe also insgesamt für etwas mehr Mut.Alle reden in Sonntagsreden immer davon, dass man dieDinge mutig anpacken soll, und im Alltag verlieren alledann den Mut. Wenn sich unsere Welt ändert – sie ändertsich rasant –, müssen wir hierauf zukunftstaugliche Ant-worten geben. Ich weiß, dass zukunftstaugliche Antwor-ten nicht immer sofort den Beifall aller finden, manch-mal deshalb nicht, weil sie einfach neu sind oder imAugenblick nicht ganz angenehm sind. Aber vergessenwir nicht, dass sie die notwendigen Weichenstellungenfür eine gute Zukunft sind! Für diese gute Zukunft arbei-ten wir in der großen Koalition unter Leitung unsererBundeskanzlerin Angela Merkel und auf dem Feld derRechtspolitik in gutem Zusammenwirken mit der Justiz-ministerin Brigitte Zypries.Herzlichen Dank.
Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat
der Kollege Volker Beck das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichmöchte zur ersten Lesung des Antidiskriminierungsge-setzes oder des Gleichbehandlungsgesetzes – so heißt esja unter neuer Verpackung – reden und Ihnen massiv wi-dersprechen, Herr Kollege Gehb.Einen Angriff auf kontinentaleuropäische Rechts-grundsätze kann ich in den vier Richtlinien der Europäi-schen Union nicht erkennen.GmIzdzwrsshzZEsdne1denmwdEsUIPzpemFbaodEvsWodvne
ehören Frankreich und die Niederlande jetzt nichtehr zu Kontinentaleuropa? Haben Sie die Länder zunselstaaten erklärt? Warum hatten diese Länder in Be-ug auf die Richtlinien überhaupt keinen Umsetzungsbe-arf? Weil in den Niederlanden seit den 80er-Jahren einivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz gilt, so wieir es jetzt auf dem Tisch liegen haben, und in Frank-eich diese Normen, was ich für falsch halte, sogar vontrafrechtlicher Relevanz sind. Es gehört zum selbstver-tändlichen Grundbestand der Republik, dass die Frei-eit da aufhört, wo sie nur noch Freiheit ist, willkürlichu diskriminieren und Menschen vom Arbeitsmarkt oderugang zu Gütern und Dienstleistungen auszuschließen.s muss doch klar sein, dass jeder Mensch in dieser Ge-ellschaft die gleichen Chancen haben muss. Dem dienter Entwurf des Gleichbehandlungs- oder Antidiskrimi-ierungsgesetzes.
Lieber Kollege, ich gestehe allerdings, dass wir dieuropäische Ebene tatsächlich genutzt haben.
990 hat unsere Fraktion eine erste Fassung für ein Anti-iskriminierungsgesetz entworfen. 1991 habe ich fürine NGO einen ersten Entwurf für eine Antidiskrimi-ierungsrichtlinie geschrieben, deren wesentliche Ele-ente heute europäische Gesetzgebung sind. In der Tat,ir haben auf allen Ebenen versucht, Gleichbehandlungurchzusetzen, weil das in Deutschland so schwierig ist.s gibt kein Land in der Europäischen Union, in dem eso ein ideologisches Buhei um die selbstverständlichemsetzung dieser Grundsätze gibt wie in unserem Land.Mittlerweile haben Sie realisiert – das haben Sie inhrer Rede zu erkennen gegeben; kürzlich hat es auch Ihrarlamentarischer Geschäftsführer zugestanden –: 90 Pro-ent dessen, was hier auf dem Tisch liegt, ist Recht euro-äischer Richtlinien. Dagegen haben Sie im Wahlkampfine Kampagne geführt und jetzt – Regieren macht im-er klüger – müssen Sie gestehen, dass Sie gar nicht diereiheit haben, davon abzuweichen.Die einzige Abweichung, die der nationale Gesetzge-er vornehmen kann, liegt in der Entscheidung, ob er fürlle Kriterien des Art. 13 des Amsterdamer Vertragesder nur für Geschlecht, ethnische Herkunft und Rasseen zivilrechtlichen Diskriminierungsschutz formuliert.Dass Sie von der FDP wie auch der Bundesrat auf derins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie herumreiten,erstehe ich nicht. Sie können doch nicht allen Ernstesagen, die Freiheit unserer Marktwirtschaft und unserirtschaftswachstum hänge daran, dass man Schwuleder Lesben, dass man Juden, Muslime oder Christen,ass man Behinderte, Alte oder Junge beim Abschlusson Versicherungs-, Miet- und Hotelverträgen diskrimi-ieren darf. Sie wollen doch nicht den Leuten draußenrnsthaft sagen, dass das Wirtschaftswachstum davon
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Volker Beck
abhänge, ob man solche Menschen diskriminieren darfoder nicht.
Sie haben ja gerade über Gaststätten geredet; lassenSie mich dazu sagen: Ich habe mich damals tierisch auf-geregt, als in München den Verwandten eines Rabbi amVortag ihrer Familienfeier von einem Gaststättenbesitzerunter Hinweis auf ihre jüdische Religionszugehörigkeitdie Räume gekündigt wurden und die Familienfeiernicht in der Gaststätte stattfinden konnte – das nach un-serer Geschichte! Ich will nicht, dass so etwas inDeutschland rechtens ist. Deshalb ist es richtig, dass wirden entsprechenden gesetzgeberischen Schritt unterneh-men.
Die Koalition hat ja nicht nur den Namen unseres An-tidiskriminierungsgesetzes geändert – ich weiß ja, wie esmanchmal zwischen Koalitionspartnern zugeht –, son-dern auch in einigen Punkten etwas gerupft. Hier möchteich Sie warnen: Wenn mit der Beschneidung der zivil-rechtlichen Rechte der Verbände bzw. dem Herausstrei-chen des Abtretens von Rechten an Verbände und mitder Streichung des Kontrahierungszwanges bei Versi-cherungsverträgen
tatsächlich eine rechtliche Änderung bewirkt werdensoll, werden Sie, wie ich glaube, ein Problem bekom-men; denn zivilrechtliche Vorgaben werden dann nichtmehr vollinhaltlich durch dieses Gesetz umgesetzt. Ichdenke, das sollten wir noch intensiv diskutieren.Trotzdem möchte ich der Bitte der Justizministeringerne nachkommen. Auch ich denke, wir sollten das Ge-setz nicht länger aufhalten, sondern jetzt schnell durchden Bundestag bringen. Es muss dazu vorher keine lang-atmige Anhörung stattfinden, da zwischen uns rein poli-tische Divergenzen bestehen. Sobald aber das Gesetz imGesetzblatt steht, möchte ich Sie bitten, auf der Basisvon Anträgen unserer Fraktion noch einmal mit uns da-rüber zu reden, ob nicht an einigen Punkten im Sinne ei-ner vollständigen Umsetzung der Richtlinie nachgear-beitet werden sollte. Dazu könnte man noch einmal eineAnhörung durchführen. Hierdurch sollte aber der Fort-gang der Gesetzgebung nicht behindert werden.Zum Schluss noch ein Wort zum weiteren Verfahren:Die Bundesländer haben ja angekündigt, dass sie gerneim Vermittlungsausschuss nachverhandeln möchten. Ichermutige die Sozialdemokraten und die von AngelaMerkel angeführte Bundesregierung: Lassen Sie sichnicht auf diese zweite Runde ein. Die grüne Fraktionhilft Ihnen notfalls aus, wenn Ihnen die Leute aus derCDU/CSU-Fraktion weglaufen. Das machen wir ja sonstnicht.
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Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege
orbert Geis das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kommeielleicht ganz zum Schluss, wenn die Zeit noch reicht,um Antidiskriminierungsgesetz; ich will es nicht andersezeichnen. Lassen Sie mich aber erst ein paar andereedanken dieser sicherlich sehr interessanten Debatteinzufügen.Zunächst ein Blick ins Strafrecht: Wenn man die Zei-ungen aufschlägt, hat man manchmal den Eindruck, alsürden wir in Deutschland in einem furchtbar unsiche-en Land leben. Dabei – das sei auch einmal festgestellt –st die Kriminalitätsrate bei uns zurückgegangen.
om Jahre 2004 auf das Jahr 2005 ging allein in Bayern für die anderen Länder kenne ich die Zahlen nicht –ie Kriminalitätsrate um 5,1 Prozent zurück. Auch dasollte man vielleicht bei einer solchen Debatte erwäh-en.Sorgen macht uns nach wie vor die Jugendkrimina-ität. Unsere jugendlichen Täter sind nicht sehr krimi-ell, sondern sehr jung. Aus jugendlichem Übermut ge-chehen eben oft entsprechende Straftaten, auf dieatürlich der Staat reagieren muss, aber zugleich auchit Maß reagieren sollte.
Gut, applaudieren Sie ruhig. Da stimme ich ja mit Ih-en überein.
ch bin der Auffassung, dass unser Jugendstrafrecht ge-ug Reaktionsmöglichkeiten hat, um solchen Straftatenegegnen zu können.
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Norbert GeisAllerdings – darin können Sie mir wahrscheinlichnicht folgen – muss man differenzieren. Es gibt jugendli-che Gewalttäter, die nicht unter das Jugendstrafrecht fal-len können, weil sie die Jugendlichkeit nicht mehr habenund die Straftat nicht mehr aus jugendlichem Übermutheraus geschieht. Wenn ein 18-Jähriger einen Jungenvergewaltigt, sexuell missbraucht und dann umbringt,dann ist das eine kriminelle Tat schwersten Ausmaßes,die entsprechend geahndet werden muss.
Deshalb sind wir dafür, bei Heranwachsenden zwischen18 und 21 Jahren bei solch schweren Straftaten nicht dieJugendstrafe von zehn Jahren anzuwenden. In einem sol-chen Fall muss für den Heranwachsenden – wenn erüberhaupt nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werdenkann und nicht das Erwachsenenstrafrecht anzuwendenist, was wir für Täter ab 18 Jahren ja grundsätzlich wol-len, weil man ab diesem Zeitpunkt als erwachsen gilt –mindestens eine 15-jährige Höchststrafe angesetzt wer-den. Das sollten wir uns, glaube ich, noch in dieser Le-gislaturperiode vornehmen.Wir sollten uns, gerade in diesen Fällen, ebenso dieSicherungsverwahrung für Heranwachsende vorneh-men. Wenn in dem Fall eines Straftäters, der mit18 Jahren wegen einer schwersten Straftat verurteiltwurde und diese mit 28 Jahren, wenn es bei den zehnJahren Haft bleibt, abgebüßt hat, alle Sachverständigensagen, dass dieser Täter nach der Entlassung erneutStraftaten schwersten Ausmaßes begehen wird, dannmuss es möglich sein, diesen Straftäter, auch wenn er zu-nächst nach Jugendstrafrecht verurteilt worden ist, späternoch in die Sicherungsverwahrung zu nehmen. Dasscheint mir vor allen Dingen im Interesse der Sicherheitunserer Bevölkerung wichtig zu sein.
Lassen Sie mich einen weiteren Punkt anführen. Wirhatten vor der Weltmeisterschaft die Diskussion über dasThema Zwangsprostitution, die bei uns in diesen Tagenvielleicht Platz greifen könnte. Es gibt – die UN hatdiese Zahl ermittelt, aber auch das Europäische Parla-ment – jährlich weltweit etwa 600 000 bis 800 000 Fällevon Zwangsprostitution. Das heißt, in 600 000 bis800 000 Fällen werden Frauen gezwungen, sich zu pros-tituieren; sie werden ausgenutzt wie Sklaven. Das ist beiuns strafbar; das ist wahr. Aber die Frage ist, ob wirnicht auch die Freier, die diese Situation wissentlich aus-nutzen, wie beispielsweise in Schweden bestrafen. Auchdarüber sollten wir einmal ernsthaft diskutieren.Lassen Sie mich noch ein Wort zum StandortDeutschland sagen. Ich glaube, dass die Rechtspolitikauch einiges für einen guten Standort Deutschland leis-ten kann. Wir bemühen uns darum. Es gibt die Novellie-rung des Urheberrechtsgesetzes, den Korb II. Ich glaube,dass das ein guter Weg ist, jedenfalls die Voraussetzun-gen dafür zu schaffen, das Potenzial, das wir in Deutsch-land haben, zu nutzen. Wir haben keine großen Ressour-cen, aber von den Anmeldungen beim EuropäischenPhgdEKsswiRzksslcmdeWvFsiwntSktkegfTbsrwzrfeDdBakdnss
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(C)
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Ich habe die Dame, die diese Richtlinien in Brüssel vor-bereitet hat – es handelt sich um Frau Dr. Helfferich; siewurde gestern in der „FAZ“ in einem hervorragend re-cherchierten Artikel von Zastrow erwähnt –, vor vierWochen angeschrieben. Sie hat bis heute nicht geantwor-tet. Keine Antwort ist auch eine Antwort.Ich halte schon die vorliegenden Richtlinien, die wirnicht mehr ändern können, für einen großen Fehler. Aberda sie vorliegen, müssen wir sie umsetzen. Wir solltensie aber nicht im Schnellverfahren umsetzen, Herr Beck.Ich bin dagegen, ein solch schwieriges Gesetz auf dieseWeise zu behandeln. Sie verlangen viel von uns. Sie ver-langen nämlich, dass wir einem Gesetz zustimmen sol-len, das Sie, Herr Beck – dessen rühmen Sie sich –, for-muliert haben. Sie sollten uns daher wenigstens darinDann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der FraktionDie Linke abgelehnt.Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel-plan 07. Wer stimmt für den Einzelplan 07 in der Aus-schussfassung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –Dann ist der Einzelplan 07 mit den Stimmen der Koali-tionsfraktionen beschlossen.Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-plan 19, Bundesverfassungsgericht, ebenfalls in der Aus-schussfassung. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? –Enthaltungen? – Dann ist der Einzelplan 19 einstimmigbeschlossen.Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten I.5 cund d sowie zu Zusatzpunkt 1. Interfraktionell wirdÜberweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/1780, 16/1736 und 16/1861 an die in der Tagesordnungzustimmen, dieses Gesetz in aller Ruhe im Rechtsaus-schuss zu beraten. Ich glaube nicht daran, dass uns dieBrüsseler Behörde mit einer Strafregelung belegen wird.
Ich komme zum Schluss. Ich bitte Sie darum: LassenSie uns dieses Gesetz nicht mit der Brechstange verab-schieden! Es wird sonst nur Widerspruch geben. Es wirddann vielleicht viele geben, die nicht zustimmen, an-sonsten aber vielleicht zugestimmt hätten. Ich bitte umeine ruhige und sachliche parlamentarische Beratungdieses Gesetzes.Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu den Abstimmungen.
Zum Einzelplan 07 in der Ausschussfassung, Bundes-
ministerium der Justiz, liegt ein Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache
16/1860? – Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? –
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ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage
uf Drucksache 16/1780 zu Tagesordnungspunkt I.5 c
oll zusätzlich an den Ausschuss für Tourismus überwie-
en werden. Die Vorlage auf Drucksache 16/1861 zu
usatzpunkt 1 soll zusätzlich an den Ausschuss für Tou-
ismus, jedoch nicht an den Haushaltsausschuss über-
iesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt I.5 e, zur Ab-
timmung über den Antrag der Abgeordneten Jerzy
ontag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jan Korte
nd weiterer Abgeordneter auf Drucksache 16/1622 mit
em Titel „Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch
en Europäischen Gerichtshof prüfen lassen“. Wer
timmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Der Antrag ist bei einer Enthaltung aus der
nionsfraktion mit den Stimmen der SPD- und der
nionsfraktion abgelehnt.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Mittwoch, den 21. Juni 2006,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.