Rede:
ID1603801000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. der: 2
    2. Das: 1
    3. Wort: 1
    4. hat: 1
    5. nun: 1
    6. Bundesminister: 1
    7. Finanzen,Peer: 1
    8. Steinbrück.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/38 (Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327) 1 Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 16/1301, 16/1324) . . . . . . . 2 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 16/1302, 16/1324) . . . . . . . 3 Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 16/1303, 16/1324) . . . . . . . 4 a) Einzelplan 08 Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . 5 a) Einzelplan 07 3471 C 3471 D 3472 A 3472 A 3495 C 3497 B 3498 B 3499 C 3501 B 3502 A 3502 C 3504 A 3505 D 3506 D Deutscher B Stenografisch 38. Sitz Berlin, Dienstag, de I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Volker Blumentritt . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I: a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) (Drucksachen 16/750, 16/1348) . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2005 bis 2009 i J C D S A P D 3471 B 3471 B 3471 B Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 16/1308, 16/1324) . . . . 3472 B undestag er Bericht ung n 20. Juni 2006 t : n Verbindung mit b) Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . arsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 3472 B 3472 C 3475 D 3479 B 3481 C 3485 D 3489 A 3491 C 3495 A Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 16/1307, 16/1324) . . . . 3508 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 b) Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (Drucksachen 16/1780, 16/1852) . . . . d) Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3509 A 3509 A 3519 D 3520 B 3520 D 3522 A 3524 B 3525 C 3527 D (Drucksache 16/1736) . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Jerzy Montag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jan Korte und weiterer Abgeordneter: Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche- rung durch den Europäischen Ge- richtshof prüfen lassen (Drucksache 16/1622) . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktion der FDP: Bürokratie schützt nicht vor Diskriminierung – Allge- meines Gleichbehandlungsgesetz ist der falsche Weg (Drucksache 16/1861) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . B A L A Z t – – – – – – ( o B 3509 A 3509 B 3509 B 3509 C 3511 A 3512 C 3515 A 3516 D 3518 A 3518 B 3519 A erichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebener Redeteil zur Bera- ung: Einzelplan 07, Bundesministerium der Justiz Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirkli- chung des Grundsatzes der Gleichbehand- lung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspei- cherung durch den Europäischen Gerichts- hof prüfen lassen Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Dis- kriminierung – Allgemeines Gleichbe- handlungsgesetz ist der falsche Weg Tagesordnungspunkt I.5 a bis e, Zusatztages- rdnungspunkt 1) rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 3528 A 3529 A 3529 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3471 (A) ) (B) ) 38. Sitz Berlin, Dienstag, de Beginn: 10.3
  • folderAnlagen
    3528 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 (A) (C) (B) (D) Vizepräsidentin Petra Pau Berichtigungen 37. Sitzung, Seite 3215, (D), erster Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Es gibt eine vorläufige Schät- zung der BA; sie beläuft sich auf 35 Millionen Euro.“ Seite XII, Anlage 22, der Name „Bernd Neumann, Staatsminister BK“ ist zu streichen. Seite 3385 (B) 3. Absatz, im zweiten Satz ist der Hin- weis auf Staatsminister Bernd Neumann zu streichen. Seite 3421 (A), der Redebeitrag von „Bernd Neumann, Staatsminister für Kultur und Medien“ ist an dieser Stelle versehentlich abgedruckt worden und daher zu streichen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3529 (A) ) (B) ) dort alles besser. Wenn es allerdings um das Recht geht,Burkhardt wert, denn gerade der Wirtschaft gelten die Vereinigten Staaten ja häufig als leuchtendes Vorbild: mehr Wachs- tum, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt oder ein einfa- ches Steuersystem. Gelegentlich wird so getan, als sei Lintner, Eduard CDU/CSU 20.06.2006* Müller-Sönksen, FDP 20.06.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A e s D D c p n l t A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 20.06.2006* Bareiß, Thomas CDU/CSU 20.06.2006 Barnett, Doris SPD 20.06.2006* Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 20.06.2006 Bellmann, Veronika CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 20.06.2006 Bollen, Clemens SPD 20.06.2006 Deittert, Hubert CDU/CSU 20.06.2006* Ernst, Klaus DIE LINKE 20.06.2006 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 20.06.2006* Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2006 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 20.06.2006 Gloser, Günter SPD 20.06.2006 Götz, Peter CDU/CSU 20.06.2006 Haustein, Heinz-Peter FDP 20.06.2006 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 20.06.2006** Hilsberg, Stephan SPD 20.06.2006 Höfer, Gerd SPD 20.06.2006* Hörster, Joachim CDU/CSU 20.06.2006* Dr. Hoyer, Werner FDP 20.06.2006** Kröning, Volker SPD 20.06.2006 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 20.06.2006** N R R S A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Zu Protokoll gegebener Redeteil zur Beratung: – Einzelplan 07, Bundesministerium der Jus- tiz – Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung euro- päischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes – Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche- rung durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen – Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Diskri- minierung – Allgemeines Gleichbehand- lungsgesetz ist der falsche Weg (Tagesordnungspunkt I.5. a bis e, Zusatztages- ordnungspunkt 1) Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Vor in paar Wochen war ich zusammen mit den rechtspoliti- chen Sprechern der Fraktionen in Frankfurt am Main. ie Industrie- und Handelskammer hatte uns zu einer iskussionsveranstaltung eingeladen. Der ungewöhnli- he Titel des Abends war eine sorgenvolle Frage: „Euro- ean and German law goes Hollywood?“ Es ging dabei icht um die kalifornische Traumfabrik, sondern vor al- em um die rechtspolitischen Alpträume deutscher Un- ernehmer. Die haben nämlich große Sorge vor einer merikanisierung unseres Rechts. Das ist bemerkens- iebel, Dirk FDP 20.06.2006 aidel, Hans CDU/CSU 20.06.2006** amelow, Bodo DIE LINKE 20.06.2006 chiewerling, Karl CDU/CSU 20.06.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 3530 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 (A) ) (B) ) dann sieht die Sache ganz anders aus. Sammelklagen. Strafschadenersatz oder ein Beweisrecht, das zur Offen- legung von Geschäftsinterna führt – das sind Rechts- institute, die vielen Unternehmen auf dem amerikani- schen Markt schwer zu schaffen machen. In Deutschland kennen wir all diese Rechtsfiguren nicht. Es hat auch niemand die Absicht, sie einzufüh- ren – da kann die Wirtschaft ganz unbesorgt sein. Ihre Skepsis gegenüber fremden Einflüssen macht für mich aber vor allem eines deutlich: Bei Recht und Justiz sind wir in Deutschland besser aufgestellt als manch andere Länder. Hier besteht kein Reformstau. Und hier müssen wir uns auch nicht ständig umschauen, ob wir bei diesem oder jenem Land irgendwelche Anleihen machen kön- nen. Ganz im Gegenteil: Unser Recht und unsere Justiz sind Standortvorteile für Deutschland und sie sind zu ei- nem Vorbild für andere geworden. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass die Berüh- rungspunkte zwischen den verschiedenen Rechtssyste- men immer zahlreicher werden. Das Recht ist dabei nicht nur ein Faktor im wirtschaftlichen Wettbewerb, sondern es ist auch selbst Gegenstand der Konkurrenz. Dass wir mit unserer Rechtsordnung einen wertvollen Exportartikel besitzen, haben wir erst vor wenigen Wochen wieder erfahren. Bei unserem Besuch in China – einige von Ihnen waren mit dabei – haben wir gesehen, wie China auf seinem Weg zum Rechtsstaat ganz kon- krete Anleihen beim deutschen Recht nimmt. Ich meine, auch dies ist ein Zeichen für die Qualität und die Attrak- tivität unserer Rechtsordnung. Wir neigen in Deutschland gelegentlich dazu, uns an den Schwächen unseres Landes zu weiden und dabei un- sere Stärken zu vergessen. Wenn wir heute über den Jus- tizhaushalt diskutieren, dann können wir mit berechtig- tem Selbstbewusstsein sagen: Recht und Justiz gehören zu den Stärken unseres Landes! Dieser positive Befund darf uns allerdings nicht dazu verleiten, uns auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir müs- sen weiter daran arbeiten, vor allem die Qualität und die Leistungsfähigkeit unserer Justiz zu sichern. Ich betone aber den positiven Befund deshalb so deutlich, weil ich für manche Schwarzmalereien aus der Provinz über- haupt kein Verständnis habe. Der Bund hat in den letzten Jahren eine Menge dafür getan, damit die Justiz auch in Zukunft effizient und qualitätvoll arbeiten kann. Mit einem 1. Justizmoderni- sierungsgesetz haben wir an vielen Punkten das Verfah- rensrecht verbessert und wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass mehr Aufgaben vom Richter auf die Rechtspfleger übertragen werden können Zugleich hat das Justizkommunikationsgesetz dafür gesorgt, dass der Rechtsverkehr künftig auch elektro- nisch abgewickelt werden kann. Dank E-Mail und elek- tronischen Akten können die Arbeitsabläufe der Ge- richte noch effizienter werden. Allerdings ist es mit dem rechtlichen Dürfen allein nicht getan. Die Länder müssen diese neuen Möglichkei- ten auch nutzen. Leider ist das noch immer nicht ausrei- chend der Fall. Von der Option, den Rechtspflegern m s d D T „ d w R l V k b l w A b t m a g h d l d e u w B d d f I d i s f s d e e c b n e f a r d d r w r d J (C (D ehr Aufgaben zu übertragen und dadurch die Richter- chaft zu entlasten, ist bislang nur in zwei Bundeslän- ern Gebrauch gemacht worden – und zwar mit Erfolg. ie meisten Länder sind fast zwei Jahre nach In-Kraft- reten des Gesetzes immer noch dabei, seine Umsetzung zu prüfen“. Dafür habe ich wenig Verständnis. Wenn es arum geht, die Justiz zu entlasten, dann muss gehandelt erden – das ist allemal besser, als den Verzicht auf echtsmittel zu fordern. Beim elektronischen Rechtsverkehr kommt es vor al- em darauf an, dass bei den Gerichten die technischen oraussetzungen für die Nutzung dieser neuen Möglich- eiten geschaffen werden. Bei der Justiz des Bundes ha- en wir das getan und die Länder sind hier ja auch red- ich bemüht. Wir müssen aber darüber nachdenken, wie ir zusätzliche Anreize schaffen können, damit etwa die nwaltschaft von den neuen Angeboten noch mehr Ge- rauch macht. Es steht doch außer Frage, dass der elek- ronische Rechtsverkehr eine hervorragende Chance für ehr Effizienz und eine Beschleunigung der Arbeits- bläufe ist. Ich meine, wir dürfen diese Chance nicht un- enutzt lassen. Gutes Recht ist nicht zuletzt schnelles Recht und des- alb muss eine Entlastung der Justiz insbesondere bei en Eingangsinstanzen ansetzen. Auch hier sind vor al- em die Länder gefordert. Sie haben es in der Hand, urch Personalverlagerungen von der Berufungs- in die rste Instanz dafür zu sorgen, dass mehr Richterinnen nd Richter an den Amts- und Landgerichten eingesetzt erden. Mit der Reform der Zivilprozessordnung hat der und die Voraussetzungen dafür längst geschaffen, denn ie Evaluation der ZPO-Reform hat jetzt gezeigt, dass ie Zahl der Berufungen deutlich zurückgegangen ist. Gerade weil die ZPO-Reform erfolgreich wirkt, dür- en wir jetzt nicht schon wieder das Gesetz verändern. ch halte deshalb überhaupt nichts von den Vorschlägen, ie Zulassungsberufung des Verwaltungsstreitverfahrens n den Zivil- und Arbeitsprozess einzuführen. Das ist achlich unnötig und eine erneute Rechtsänderung wäre ür die Praktiker eine echte Zumutung. Einen einzigen richtigen Gedanken hat dieser Vor- chlag allerdings: Wir wollen die Verfahrensordnungen er einzelnen Zweige unserer Gerichtsbarkeit weiter ver- inheitlichen. Das sorgt für mehr Transparenz und ver- infacht die Rechtsanwendung. Aber eine solche Anglei- hung darf natürlich nicht einseitig erfolgen. Wir müssen ei jedem Punkt genau schauen, welche Verfahrensord- ung hier die beste Lösung bietet. Das kann bei einem inheitlichen Berufungsrecht aber am Ende auch dazu ühren, dass wir die Vorschriften der VwGO den Regeln ngleichen, die heute schon in der ZPO, im Arbeitsge- ichtsgesetz und in der Sozialgerichtsbarkeit gelten. Die Vorschläge, die die Länder jüngst wieder unter em Etikett „Große Justizreform“ präsentiert haben, ver- ienen diese Bezeichnung eigentlich nicht mehr. Von ih- er zentralen Idee haben sich die Länder zum Glück eitgehend verabschiedet: Die funktionale Zweiglied- igkeit der Justiz ist vom Tisch. Das ist auch gut so, denn ie hat in der Praxis niemand gewollt und wäre für die ustiz auch kein Gewinn gewesen. Allerdings geistern Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3531 (A) (C) (B) ) noch immer einige Überbleibsel dieser Zweigliedrigkeit durch die Welt. Ich halte überhaupt nichts von der Idee, im Strafverfahren nur noch eine Wahlmöglichkeit „ent- weder Berufung oder Revision“ vorzusehen. Das wäre eine gravierende Verkürzung der Rechtsmittel. Es ist auch ein Irrtum, zu glauben, man entlaste die Justiz, wenn man die Berufung ausschließt. Ein Richter am Amtsgericht kann seine Urteile ja nicht zuletzt deshalb so zügig fällen, weil sie im Wege der Berufung noch ein- mal überprüft werden können. Wenn jede Richterin ihre Entscheidungen revisionsfest begründen müsste, dann wäre dies ein ganz beträchtlicher Mehraufwand. Das wäre keine Entlastung, sondern würde der Justiz letztlich Steine statt Brot geben. Der Justizhaushalt des Bundes, den wir heute verab- schieden werden, ist zu rund 97 Prozent durch eigene Einnahmen gedeckt. Damit steht die Justiz an der Spitze aller Ressorts. Das liegt beim Bund vor allem an dem Gebührenaufkommen des Patent- und Markenamtes. Aber auch in den Ländern haben die Justizhaushalte stets ganz beträchtliche Einnahmen zu verzeichnen. Es ist deshalb nicht nur falsch, sondern auch ungerecht, Justiz- politik heute vor allem unter fiskalischen Aspekten zu betreiben. Männermut vor Fürstenthronen wurde in frü- heren Tagen gefordert. Heute würde es schon reichen, wenn manche Justizministerin ihrem Kollegen aus dem Finanzressort mit etwas mehr Rückgrat gegenüberträte. Eine leistungsfähige Justiz ist schließlich nicht nur merkt jeder Handwerker, der seine offenen Forderungen einklagen muss. Vielleicht wäre es deshalb ganz hilf- reich, wenn die Wirtschaft noch deutlicher machte, wie wichtig für sie eine leistungsfähige und qualitätvolle Jus- tiz ist. Zügige Urteile oder schnelle Registereintragun- gen können auch Standortvorteile sein. Und mancher Landesregierung, die das noch nicht ganz verinnerlicht hat, sollte die Wirtschaft hier notfalls etwas auf die Sprünge helfen. Der Bund wird im Rahmen seiner Zuständigkeit auch in Zukunft für ein modernes Recht und eine leistungs- fähige Justiz sorgen. Mit der Einführung des elektro- nischen Handelsregisters schaffen wir in Kürze die Rechtsgrundlage, um die Formalitäten einer Unterneh- mensgründung noch schneller abzuwickeln. Die Reform des GmbH-Gesetzes ist dann der zweite Schritt, um auch materiell zu einer Erleichterung von Unternehmensgrün- dungen zu kommen. Aber auch abseits des Wirtschafts- lebens arbeiten wir daran, Recht und Justiz weiter zu ist verbessern, zum Beispiel durch die Reform des Verfah- rens in Familiensachen. Wir wollen ein Großes Famili- engericht schaffen, bei dem alle Streitigkeit um Ehe und Familie entschieden werden. Wenn es gelingt, mehrere Konflikte in einem einzigen Verfahren zu bündeln, dann wird die Sache für die Justiz effizienter und für die Be- troffenen weniger Nerven aufreibend. Diese wenige Beispiele zeigen, dass es auch in Zu- eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheit. Sie hat auch ökonomische Bedeutung. Das weiß jeder junge Gründer, der auf die Eintragung seines Unternehmens in das Handelsregister wartet, und das k d s s (D unft eine Menge zu tun gibt, um die hohe Qualität und ie weltweite Attraktivität unserer Rechtsordnung zu ichern, und dafür bitte ich schon heute um ihre Unter- tützung. 38. Sitzung Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anja Hajduk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der

    ollege Steffen Kampeter hat seine Rede mit einer be-
    chtlichen Ehrlichkeit eröffnet. Ich weiß nicht, ob es Ih-
    en aufgefallen ist: Er hat davon gesprochen, dass die
    roße Koalition sich drei Ziele gesetzt hat: die sozialen
    icherungssysteme zu konsolidieren, die Arbeitslosig-
    eit abzubauen und den Haushalt zu konsolidieren. Dann
    at er ganz deutlich gesagt: Das haben wir uns für die
    ächste Legislaturperiode vorgenommen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein!)

    as war eine beachtliche Ehrlichkeit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Kleinkarierte Opposition!)







    (A) )



    (B) )


    Anja Hajduk
    Herr Kampeter, ich will Ihnen sagen: Sich zu verspre-
    chen, passiert uns allen und wahrscheinlich auch mir in
    dieser Rede. Aber wir wissen auch: Diese Versprecher
    sind nicht zufällig. Sie haben einen tiefen, wahren Kern.
    Das war ein guter Beitrag zur Debatte.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben Ihre Rede zwar mit einer freudschen Fehl-
    leistung begonnen. Aber ich möchte ernster werden und
    sagen, dass die Haushaltsberatungen leider durch eines
    gekennzeichnet sind: Wir haben nicht nur eine große
    Koalition, die das Land regiert, sondern wir werden re-
    giert von einer großen Selbstgefälligkeit. Wenn Sie,
    Herr Kampeter und andere in der Koalition, diesen
    Haushalt am Freitag beschließen, der sich durch die
    größte Nettokreditaufnahme auszeichnet, die es jemals
    in der Planung gegeben hat – es ist mit über
    38 Milliarden Euro ein Schuldenrekord –, und gleichzei-
    tig sagen, dass Sie brutal konsolidieren, dann ist das der
    Versuch einer Volksverdummung, der nicht gelingen
    wird. Das ist Selbstgefälligkeit und zeugt von Kraftlo-
    sigkeit in der großen Koalition.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Verarschung ist das!)


    – Man kann auch härtere Worte dafür finden, Herr
    Westerwelle; da gebe ich Ihnen Recht. – Damit leisten
    Sie diesem Land keinen Dienst. Das müssten Sie aber ei-
    gentlich tun.

    Ich komme noch einmal zu den Ergebnissen der
    Haushaltsberatungen. 261 Milliarden Euro sollten aus-
    gegeben werden; das sind 1,8 Milliarden mehr als im
    Vorjahr. Dies entspricht immerhin einer Steigerung um
    0,7 Prozent. Die große Koalition hat während der Haus-
    haltsberatungen Kürzungen in Höhe von 100 Millionen
    Euro vorgenommen. Im Verhältnis zu den 261 Milliar-
    den entspricht dies 0,04 Prozent. Das muss man sich ein-
    mal klar machen. – Ich erinnere mich noch daran, wie
    der frühere haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU,
    der Kollege Austermann,


    (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Guter Mann!)


    gewettert hat, der hemmungslose Schuldenaufbau
    werde jedes Jahr ungebremst fortgesetzt. So hat er ge-
    poltert. Dieses Jahr tritt die CDU/CSU mit einer Kür-
    zung von 100 Millionen Euro an; damals hat sie 8 Mil-
    liarden Euro gefordert. Die CDU/CSU bewegt sich jetzt
    bei rund 1 Prozent davon. So viel ist von Ihren alten Vor-
    stellungen übrig geblieben. Sie sind ein ganz kleines
    Karo in dieser großen Koalition.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Denken Sie daran, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben!)


    Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Die große
    Koalition hat die wirtschaftliche Erholung, die wir zur-
    zeit haben, nicht genutzt, um im Rahmen der Haushalts-
    beratungen eine Perspektive für eine längerfristige Kon-
    solidierungsstrategie zu eröffnen. Im Gegenteil: Sie

    w
    g
    n

    e
    9
    2

    I
    g
    n
    e

    d
    w
    m
    d
    d
    z
    Z
    s
    m
    g
    d

    D
    r
    a
    s
    g
    W
    k
    s

    t
    t
    t
    v
    d

    g
    P
    g
    s
    i
    i
    z
    N
    b
    g

    (C (D aren selbstgefällig. Sie haben 100 Millionen Euro einespart, 0,04 Prozent. Dafür versuchen Sie sich auch och zu rühmen. Das ist schlichtweg lächerlich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


    Auch die Investitionsquote sieht mit unter 9 Prozent
    her bescheiden aus. Hier haben Sie den Mittelansatz um
    Millionen Euro verändert, bei einem Volumen von

    3 Milliarden Euro.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wer hat denn das strukturelle Defizit von 60 Milliarden Euro aufgebaut?)


    ch kann nur sagen: Die Wochen der Haushaltsberatun-
    en waren von marginalen Veränderungen gekennzeich-
    et. Das ist, gemessen an der Größe dieser Koalition, ein
    klatantes Armutszeugnis.

    Die Zahl, die diesen Haushalt prägt, ist die Nettokre-
    itaufnahme in Höhe von 38,2 Milliarden Euro. Ich
    ill noch einmal darauf eingehen, weil diese Zahl – sie
    üsste nicht so hoch sein – die Belastung angibt, die wir

    en kommenden Generationen aufbürden. Die Nettokre-
    itaufnahme in Höhe von 38 Milliarden Euro entspricht
    iemlich genau der Summe, die wir für die laufenden
    inszahlungen ausgeben. Wenn wir die Kredite aus-
    chließlich für die Zinszahlungen brauchen, dann sieht
    an doch, dass wir mit der kompletten Summe Vergan-

    enheitsbewältigung betreiben und überhaupt nichts für
    ie Zukunft bereithalten.


    (Zurufe von der CDU/CSU)


    eswegen kann ich nicht verstehen, dass die Regie-
    ungsfraktionen nicht angetreten sind, die Nettokredit-
    ufnahme abzumildern. Wir Grünen haben nicht ver-
    prochen, sie wegzuputzen. Aber wir haben Vorschläge
    emacht, sie um 6 Milliarden Euro deutlich zu senken.
    as Sie machen, ist verantwortungslos gegenüber den

    ommenden Generationen; denn Sie betreiben aus-
    chließlich Vergangenheitsbewältigung.

    Lieber Herr Schneider, Sie haben hier von Ihren poli-
    ischen Zielen gesprochen, von konsolidierten Haushal-
    en. Sie als haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Frak-
    ion haben keinen einzigen Schritt in diese Richtung
    orgeschlagen. Auch das ist ein schwaches Bild nach
    iesen Haushaltsberatungen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


    Ich will deutlich machen, dass es gar nicht so schwer
    ewesen wäre. Sie hatten doch so genannte Windfall-
    rofits: Die Steuermehreinnahmen betrugen im Ver-
    leich zum letzten Jahr 3,7 Milliarden Euro; im Mai die-
    es Jahres besagte die Steuerschätzung Mehreinnahmen
    n Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Kollege Schneider hat
    n der Öffentlichkeit gesagt, diese Einnahmen würden
    ur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet.
    ichts davon ist geblieben. Mit einem kraftlosen Akt ha-
    en Sie sie nur stabil gehalten. Sie haben für meine Be-
    riffe sehr müde agiert.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







    (A) )



    (B) )


    Anja Hajduk
    Ich möchte noch weitergehen. Ich habe schon ange-
    deutet, dass bisher noch kein Haushalt mit einer solch
    hohen Nettokreditaufnahme vorgelegt worden ist. Man
    könnte glatt die Losung ausgeben: Große Koalition
    macht große Schulden. Ich will die Debatte noch vertie-
    fen. Sie nehmen in Anspruch, eine neue Ehrlichkeit zu
    pflegen. Es wurde schon erwähnt, man müsse sagen, was
    Sache ist. Das sei wichtig, um Vertrauen zu gewinnen.
    Ich muss Ihnen sagen, dass Ehrlichkeit kein Freibrief da-
    für ist, regungslos zu verharren. Man kann nicht sagen,
    die Lage sei ernst, die öffentliche Verschuldung sei hoch
    und wir hätten strukturelle Probleme und deshalb bringe
    man nicht die Kraft auf, die Richtung anzugeben, die
    eingeschlagen werden müsse, um die Schulden zu ver-
    ringern. Eine Neuverschuldung in Höhe von 38 Mil-
    liarden Euro hat nichts mit Ehrlichkeit zu tun, sondern
    sie ist Ausdruck der Behäbigkeit der großen Koalition,
    die keine Alternativen aufzeigt. Ich komme gleich zu un-
    seren Alternativen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich will einen Punkt ansprechen, bevor ich zu den Al-
    ternativen komme, nämlich die Maastrichtkriterien.
    Mit der Neuverschuldung von 38 Milliarden Euro be-
    steht das Risiko, dass wir auch in diesem Jahr das
    Maastrichtkriterium nicht einhalten, obwohl viele Ex-
    perten sagen, dass das bei der wirtschaftlichen Entwick-
    lung, die wir haben, im Jahre 2006 sehr wohl möglich
    wäre. Die Vorgängerregierung hat in Verhandlungen viel
    dazu beigetragen, dass der Stabilitätspakt reformiert
    bzw. angepasst wurde. Das geschah ausdrücklich mit der
    Ansage, konjunkturgerechter zu agieren. Das haben wir
    Grüne mitgetragen. Ich kann die Kritik aus EU-Kreisen
    verstehen. Viele reiben sich ein Jahr nach der Reform
    des Stabilitätspaktes die Augen, weil in diesem Jahr
    eine konjunkturelle Erholung zu verzeichnen ist, aber
    wichtige Länder der Europäischen Union diese nicht ge-
    nutzt haben, um weniger Schulden aufzunehmen. Leider
    gehört auch Deutschland dazu. Aufgrund der besseren
    wirtschaftlichen Bedingungen könnten wir die
    Maastrichtkriterien in diesem Jahr einhalten. Nichts da-
    von ist in der Planung der Regierung zu sehen. Sie stützt
    sich auf ein „vielleicht“ und glückliche Wendungen,
    setzt sich das aber nicht zum Ziel. Das halte ich für eine
    Missdeutung der Reform des Stabilitätspaktes. Der ein-
    zige Grund, warum Deutschland nicht in der Kritik steht
    und warum der Konsolidierungsplan in Deutschland ge-
    billigt wird, ist die massive Mehrwertsteuererhöhung
    zum nächsten Jahr. Das ist eine einseitige und falsche
    Ausrichtung Ihrer Politik.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte ganz kurz auf das Reizthema der Mehr-
    wertsteuererhöhung eingehen. Was ist eigentlich das
    Dramatische und das Schlimme an Ihrer Politik? Ich
    glaube, das Schlimmste daran ist die Unordnung und das
    Chaos. Was machen Sie 2006 und was machen Sie
    2007? Sie argumentieren, Sie wollten im Jahr 2006 das
    Wachstum unterstützen, und Sie legten ein Programm in
    Höhe von 25 Milliarden Euro zur Stabilisierung der
    Konjunktur auf. Sie machen viele Schulden unter Hin-

    w
    J
    b
    f
    m

    e
    E
    c
    d
    r
    A
    e
    g
    G
    d
    d

    I
    d
    g
    f
    B
    a
    w

    A
    D
    r
    I
    f
    n

    w
    z
    3
    K
    r
    n
    a

    h
    r
    z

    D
    v

    (C (D eis auf die Konjunktur und geben richtig Gas im ahr 2006. Im Jahr 2007 aber ziehen Sie voll die Handremse an. Gasgeben bei voll angezogener Handbremse ührt dazu, dass es schon nach einigen Metern zum Himel stinkt. So ist es auch mit Ihrer Politik. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


    Ich habe deutlich gemacht, dass die Mehrwertsteuer-
    rhöhung insbesondere deshalb ein Problem ist, weil die
    innahmen ausschließlich zum Stopfen der Haushaltslö-
    her verwendet werden. Es ist ja nicht so, dass Sie mit
    er Reform der sozialen Sicherungssysteme schon vo-
    angekommen wären. Sie senken zwar die Beiträge zur
    rbeitslosenversicherung, indem Sie Steuermittel hin-

    instecken. Bei den Lohnnebenkosten veranstalten Sie
    enau das gleiche Chaos wie bei der Mehrwertsteuer:
    as geben und Vollbremsung gleichzeitig! Sie senken
    ie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, erhöhen aber
    ie Beiträge zur Rentenversicherung um 0,4 Prozent.

    Ich komme auf die Gesundheitsreform zu sprechen.
    n einem Punkt kann man sich ganz sicher sein: Weder
    ie Kanzlerin Merkel noch sonst irgendjemand in der
    roßen Koalition glaubt noch, dass eine Gesundheitsre-
    orm zum 1. Januar 2007 finanzwirksam wird und die
    eiträge gesenkt werden können. Genau das müssen Sie
    ber schaffen, wenn Sie die Lohnnebenkosten senken
    ollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


    b dem 1. Januar 2007 stehen die Krankenkassen unter
    ruck, ihre Beiträge um 0,5 Prozent, konservativ ge-

    echnet, bis 1 Prozent zu steigern. Trotzdem vertagen Sie
    hre Einigung über die Eckpunkte der Gesundheitsre-
    orm ständig von dem einen Wochenende auf das
    ächste.

    Die Bevölkerung ahnt schon, dass es nicht klappen
    ird. Die Lohnnebenkosten werden nicht unter 40 Pro-

    ent sinken. Mit Sicherheit werden wir aber eine um
    Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer zahlen. Diese
    onjunkturbremse kann das Land nicht gebrauchen. Da-

    an sieht man einmal wieder: Die große Koalition macht
    icht nur große Schulden, sondern verursacht langfristig
    uch große Probleme auf dem Arbeitsmarkt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


    Ich komme jetzt zu den Alternativen. Wir Grünen
    aben uns natürlich dem Anspruch gestellt, die Regie-
    ung nicht nur zu kritisieren, sondern ein Szenario aufzu-
    eigen, wie man es besser machen könnte.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Alternative war Rot-Grün! Wir haben gesehen, was dann los ist! Die haben doch alles schlechter gemacht!)


    er Kollege Schneider hat gesagt, dass sich niemand
    om Acker machen darf. Dazu gehört, dass man beim






    (A) )



    (B) )


    Anja Hajduk
    Haushalt Veränderungen vorschlägt. Das haben Sie nicht
    gemacht.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


    Wir haben zwar kein Buch gebunden, wie es die FDP ge-
    tan hat, aber wir haben 400 Änderungsvorschläge ge-
    macht.

    Wir haben drei Ziele verfolgt:

    Erstens. Weniger Schulden machen. Das habe ich
    schon begründet. Weniger Schulden kann man insbeson-
    dere dadurch machen, dass man beim Subventionsab-
    bau konsequenter vorgeht. Im Rahmen der Beratungen
    über das Haushaltsbegleitgesetz haben wir Maßnahmen
    vorgeschlagen, die die Steuereinnahmen um 1,4 Milliar-
    den Euro erhöhen. Bei dem schönen Thema Kohle-
    subventionen gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Die
    Kohlesubvention ist keine heilige Kuh.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie entwickelt sich bereits heute degressiv. Ein vollstän-
    diger Abbau ist aber immer noch nicht geplant. Fragen
    Sie einmal Experten aus der Wirtschaft. Keiner würde
    Ihnen sagen, eine Dauersubventionierung der Kohle ist
    eine vernünftige Maßnahme. Das muss auch die SPD
    einmal zur Kenntnis nehmen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir schlagen einen Subventionsabbau in Höhe von
    insgesamt 2 Milliarden Euro vor. Wir haben keine Fabel-
    zahlen errechnet. Wir haben eine Summe von 2 Mil-
    liarden Euro errechnet, die in den nächsten Jahren auf
    5 Milliarden Euro anwächst.

    Wir schlagen Ausgabenkürzungen in Höhe von
    2,3 Milliarden Euro vor. Diese Summe können wir ein-
    sparen. Ich befinde mich in guter Gesellschaft, wenn ich
    diese Zahl nenne. Das ist eine realistische Größe. Auch
    der Präsident des Bundesrechnungshofs hat in der Dis-
    kussion über das Haushaltsbegleitgesetz gesagt: Man
    kann den Haushalt nicht nur über Ausgabenkürzungen
    ausgleichen; auch Einnahmesteigerungen gehören dazu.
    Dem stimmen wir zu. Aber man kann durchaus Ausga-
    benkürzungen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro jähr-
    lich vornehmen.

    Subventionsabbau plus Ausgabenkürzungen plus zu-
    sätzliche Steuereinnahmen, die in der Steuerschätzung
    im Mai errechnet wurden, bieten eine Möglichkeit zur
    Konsolidierung dieses Haushaltes in Höhe von knapp
    6 Milliarden Euro. Wir lägen dann bei der Neuverschul-
    dung unter 33 Milliarden Euro. Damit würden wir die
    Maastrichtkriterien einhalten.

    Ich frage die große Koalition: Warum machen Sie das
    nicht? Warum bringen Sie die Kraft nicht auf? Wenn Sie
    von einer Konsolidierungsstrategie reden und für sich in
    Anspruch nehmen wollen, zu konsolidieren, dann hätten
    Sie auf diesem Weg wenigstens ein Stück weit mitgehen
    müssen. Sie haben nicht eine einzige Maßnahme vorge-
    schlagen, die in diese Richtung zielt. Deswegen spreche
    ich Ihnen einen Willen zur Konsolidierung des Haushal-

    t
    g
    S
    n

    l
    g
    d
    s
    d
    i
    t
    d
    m
    s
    U
    l
    w
    B
    s
    m
    P
    d

    M
    d
    d
    H
    v
    h
    f

    w
    t
    D
    n
    m
    W
    d
    s
    3
    s
    z
    K

    w
    K
    i
    e
    i
    S

    (C (D es ab. Sie zeigen an dieser Stelle keine Verantwortung egenüber den zukünftigen Generationen. Auch wenn ie dieses Thema immer im Munde führen, Sie handeln icht entsprechend. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Ich möchte meine Ausführungen mit einigen Beispie-
    en unsinniger Maßnahmen garnieren. Die rot-grüne Re-
    ierung hat – das wurde damals kritisiert – den Umzug
    es BND von Pullach nach Berlin geplant. Es ist eine
    ehr kostspielige Angelegenheit, wenn der Nachrichten-
    ienst umzieht. Wir Grüne – damals im Übrigen sogar
    nterfraktionell mit der CDU/CSU noch in der Opposi-
    ion und auch mit der FDP – waren sehr skeptisch, ob
    as nicht eine Maßnahme sei, die man noch aufschieben
    üsse, ob die Planung überhaupt schon so weit gediehen

    ei. Was macht die große Koalition aus dem geplanten
    mzug des Nachrichtendienstes von Pullach nach Ber-

    in, der erwiesenermaßen über 1 Milliarde Euro kosten
    ird? Sie macht daraus eine Doppelbelastung für alle
    ürgerinnen und Bürger. Der Umzug nach Berlin soll

    tattfinden, obgleich teuer; aber damit die CSU auch
    itmacht, bleibt ein großer Teil des BND dann doch in
    ullach. Das bedeutet eine Neubelastung in Höhe eines
    reistelligen Millionenbetrages.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist echt eine Sauerei!)


    an muss wirklich sagen: Die Lösung und die Einigung
    er großen Koalition zum inneren Frieden hinsichtlich
    es BND-Umzuges ist inhaltlich unsinnig und eine teure
    ypothek für die Bürgerinnen und Bürger. Wir haben
    orgeschlagen, davon Abstand zu nehmen. Auch dazu
    atten Sie nicht die Kraft. Das ist ein schönes Beispiel
    ür den Unsegen, den Ihre Politik für das Land bedeutet.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Zweites Beispiel: die SPD-Fraktion. Wie sehr haben
    ir in der vergangenen Legislaturperiode darauf geach-

    et, dass die Integrationsmittel nicht gekürzt werden!
    as war schon immer eine schwierige Übung, da der In-
    enminister zu SPD-Zeiten hinsichtlich der Integrations-
    ittel sehr bescheiden war. Was haben wir gemacht?
    ir haben in den Haushaltsberatungen dafür gesorgt,

    ass die Mittel auf einem vernünftigen Niveau geblieben
    ind. Sie haben nun zugelassen, dass diese Mittel um
    0 Prozent gekürzt werden. Das ist angesichts der Ziel-
    etzung des geplanten Integrationsgipfels ein Armuts-
    eugnis. Auch das zeigt: Die SPD-Fraktion hat keine
    raft für Maßnahmen, die sie eigentlich für richtig hält.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Es stehen ausreichend Mittel zur Verfügung!)


    Ich komme zum Schluss. Das Maastrichtkriterium
    ird dieses Jahr vielleicht erreicht. Ehrgeiz hat die große
    oalition nicht. Sie sagen: Das Maastrichtkriterium wird

    n 2007 erreicht; denn da haben wir ja die Mehrwertsteu-
    rerhöhung. Aber in der jetzigen Finanzplanung gibt es
    nsgesamt keine Sicht auf Besserung. Trotz der massiven
    teuererhöhungen im satten zweistelligen Milliardenbe-






    (A) )



    (B) )


    Anja Hajduk
    reich ist nicht in Sicht, die Nettokreditaufnahme zu sen-
    ken. Mit großer Sorge sehe ich auf das Jahr 2007. Denn
    ich glaube, dass die wirtschaftliche Belebung durch die
    Mehrwertsteuererhöhung kaputtgemacht wird.

    Man kann eigentlich nur ein Fazit ziehen: Die große
    Koalition hat die haushaltspolitischen Risiken nicht ent-
    schärft. Sie hat sie auf die Zukunft verlagert.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles nicht!)


    Das ist verantwortungslos gegenüber der jungen Genera-
    tion. Die große Koalition mit ihrer übergroßen Mehrheit
    ist – das wissen wir seit acht Monaten und das spüren
    auch die Bürgerinnen und Bürger, deren Zustimmung
    sinkt – gemessen an ihren Taten nichts weiter als ein
    kleinmütiger Verein. Das ist die traurige Wahrheit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort hat nun der Bundesminister der Finanzen,

Peer Steinbrück.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

    Damen und Herren! Mir ist an einer eher grundsätzli-
    chen Vorbemerkung gelegen, ehe ich auf einige Hin-
    weise und Argumente eingehe.

    Ich möchte gern eine Bemerkung zu der Debatte in
    der Bundesrepublik Deutschland machen, die ich im Au-
    genblick als ziemlich schrill empfinde und die gelegent-
    lich auch aus unseren Reihen befeuert wird. Das ist die
    Debatte – das ist vornehm ausgedrückt; denn in vielen
    Fällen ist es gar keine Debatte – über die aktuelle und
    die künftige Rolle des Staates und seiner Finanzie-
    rung. Man kann darüber sehr engagiert diskutieren. Man
    kann den Staat in seinem Ausgabeverhalten kritisieren.
    Man muss den Staat in seinem Ausgabeverhalten kriti-
    sieren, insbesondere in der Funktion als Opposition. Das
    hat es immer gegeben und das wird es auch in Zukunft
    geben.

    Aber mir ist daran gelegen, darauf hinzuweisen, dass
    von manchen Absendern inzwischen Vorwürfe und auch
    Polemiken gegen den Staat sowie gegen seine Repräsen-
    tanten in Ämtern und Mandaten gerichtet werden, die,
    wie ich finde, eine neue Qualität haben und in meinen
    Augen gelegentlich jene Linie überschreiten, an deren
    Einhaltung auch diesen Kritikern gelegen sein sollte,
    weil deren Überschreitung sich auf die demokratische
    Substanz unseres Gemeinwesens auswirken könnte. Der
    Staat wird als Moloch verteufelt, als jemand, der sich auf
    Kosten der Steuerzahler bereichert und immer fetter
    wird. Dies korrespondiert angeblich mit Sozialabbau.
    Das ist definitiv nicht der Fall.


    (Zuruf des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


    – Entschuldigen Sie bitte, mit 70 Cent von jedem Euro
    Steuern, den wir einnehmen, betreiben wir Sozialpolitik.

    W
    b

    d
    n
    u
    I
    t
    s
    k

    l
    g
    s
    s
    s
    S
    w
    n
    s
    m

    g
    w
    w
    s
    v

    r
    u
    B
    d

    r
    b
    a
    m
    a
    e
    D
    l
    D
    p


    g
    S

    (C (D er angesichts dessen davon redet, dass wir Sozialabbau etreiben, der hat eine ziemlich schiefe Optik. Gelegentlich wird – nicht nur auf dem Boulevard – er Popanz, ja sogar das Feindbild eines geradezu irrsinigen Steuerstaates aufgebaut, der von den Bürgerinnen nd Bürgern mit geballter Faust gestoppt werden müsse. ch denke, es ist – auch was unsere politische Selbstachung betrifft – wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine olche Debatte für unser demokratisches Gemeinwesen ein positiver Beitrag ist. Tatsächlich ist es so, dass die Staatsquote in Deutschand sinkt. Unsere Steuerquote ist im europäischen Verleich eher unterdurchschnittlich. Ich gebe zu: Die antehenden Entscheidungen werden zur Folge haben, dass ie ungefähr das durchschnittliche Niveau der Mitgliedtaaten der Europäischen Union erreicht. Auch die taatsausgaben stagnieren; auf die verzerrenden Hineise mit Blick auf die Nettokreditaufnahme komme ich och zu sprechen. Die gegenwärtige Entwicklung widerpricht also dem, was als Schimäre aufgebaut bzw. zuindest als Vorurteil geäußert wird. Das hat Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürer. Sie alle haben den Eindruck, als würden wir verantortungslos mit Geld um uns werfen bzw. als würden ir das Geld aus dem Fenster werfen. Tatsächlich aber tagnieren die öffentlichen Ausgaben, und zwar auf den erschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften. (Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Ja, seit Jahren!)


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich lasse mich gerne auf eine kritische Debatte da-
    über ein, ob wir das Geld zielgerichtet genug ausgeben
    nd ob es effektiv eingesetzt wird. Aber angesichts der
    ilder, die teilweise verbreitet werden, möchte ich in
    ieser Haushaltsdebatte ein etwas anderes Bild zeichnen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Man muss sich vor Augen halten, dass auch von se-
    iöseren Stellen – ich rede jetzt nicht vom Boulevard –
    ehauptet wird, der Staat sei gefräßig, bereichere sich,
    rbeite für sein eigenes Konto – welches Konto auch im-
    er das sein soll – und habe sich auf das Kassieren statt

    uf das Reformieren verlegt. Mancher, Herr Koppelin,
    rliegt dann der Versuchung, sogar im Rahmen dieser
    ebatte um des kurzfristigen rhetorischen Effektes wil-

    en Bilder vom „Kartell der Abkassierer“ zu zeichnen.
    as korrespondiert nicht mit der Selbstachtung, die die
    olitische Klasse eigentlich haben sollte.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind keine Klasse!)


    Dann bezeichnen Sie es anders. Herr Westerwelle, re-
    en Sie sich nicht über den Begriff auf, sondern über den
    achverhalt, den ich vermittle.


    (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind keine Klasse! – Ulrike Flach [FDP]: Sie regen sich doch auf!)







    (A) )



    (B) )


    Bundesminister Peer Steinbrück
    Es gibt einen verbreiteten Reflex gegen das Staatli-
    che, der gelegentlich jedes Augenmaß und oft auch jedes
    Niveau vermissen lässt. Tatsächlich ist es so, dass die
    Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einen hand-
    lungsfähigen Staat brauchen. Eine 80-Millionen-
    Gesellschaft wie unsere ist auf intakte und politisch legi-
    timierte Einrichtungen, die Spielregeln erlassen, ange-
    wiesen; sonst würden wir im Chaos landen. Wir brau-
    chen den Staat, weil er für seine Bürger Leistungen
    vielfältiger Art erbringt.

    Das fängt schon morgens an, wenn sie zur Arbeit fah-
    ren und dabei den öffentlichen Nahverkehr bzw. den
    Schienenpersonennahverkehr in Anspruch nehmen. Das
    setzt sich fort, wenn sie ihre Kinder in Kindergärten oder
    Schulen schicken wollen. Die Bürger wollen, dass Hoch-
    schulen vorgehalten werden. Sie wollen, dass Polizisten
    bezahlt werden. Gelegentlich wollen sie vielleicht auch
    ein subventioniertes Theater besuchen. Sie wollen, dass
    öffentliche Sicherheit gewährleistet wird. Sie wollen
    kommunale Daseinsvorsorge. Sie brauchen Ver- und
    Entsorgung. Sie möchten, dass die Bundesrepublik
    Deutschland, auch im Außenverhältnis, gesichert ist. Sie
    möchten, dass Sportförderung betrieben wird. Und sie
    möchten, dass Kulturförderung betrieben wird. Das
    muss finanziert werden – oder wir müssen Abstriche ma-
    chen.


    (Beifall bei der SPD)


    Wenn jemand, der zum Beispiel eine andere Auffas-
    sung zur Mehrwertsteuererhöhung hat, der Regierung
    vor das Schienbein treten will, ist das nachvollziehbar.
    Die Regierung und die Koalition werden das verschmer-
    zen müssen. Das ist eine demokratische Spielregel. Aber
    die Vermischung von Politikschelte und Staatskritik ist
    unredlich. Ich füge hinzu: Sie ist auch gefährlich. Jeder
    muss die aktuelle Politik und die Mitglieder der Bundes-
    regierung kritisieren dürfen. Aber dazu muss man kein
    Zerrbild unseres Staates zeichnen und die Bürger nicht
    gegen den Staat in Stellung bringen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Abschließend zur Frage: Wer ist der Staat? Es wird
    immer der Eindruck erweckt, als bestünde der Staat aus
    irgendwelchen Leuten „da oben“ und als sei das eine
    sich bereichernde und unfähige Politikerkaste. Dem leis-
    ten wir sogar Vorschub, auch durch wechselseitige Vor-
    würfe, die gelegentlich über das erträgliche Maß hinaus-
    gehen.

    Ich möchte betonen: Wir alle sind der Staat. Durch
    Wahlakte haben die Bürgerinnen und Bürger die Aus-
    übung staatlicher Gewalt für eine begrenzte Zeit dele-
    giert und demokratisch legitimiert. Dennoch besteht der
    Staat aus uns allen. Wenn wir also über das Ausgabever-
    halten des Staates reden, reden wir auch über unser Ver-
    halten und unsere Erwartungen. Teilweise sind die
    Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Bereit-
    stellung staatlicher Leistungen gewachsen. Es liegt also
    nicht nur an den verrückt gewordenen Politikern, dass
    uns gelegentlich manches aus dem Ruder gelaufen ist,
    sondern das hat auch etwas mit nicht mehr zu bedienen-
    den, weil nicht mehr zu finanzierenden Erwartungen der

    B
    c

    s
    s

    s
    v
    l

    h
    b
    I
    d
    a
    d


    I
    k
    d
    p

    v
    d
    z
    i
    d
    s

    D
    H
    w

    d
    d


    W
    d

    W
    d

    (C (D ürger an die Bereitstellung kommunaler bzw. staatliher Leistungen zu tun. Ich hielt und halte es für wichtig, diesen relativ chlichten Tatbestand an den Anfang meiner Rede zu tellen. Herr Koppelin, ich war über Ihre Rede, gelinde geagt, nicht überrascht: Ich habe sie jetzt zum dritten oder ierten Mal gehört. Ich frage mich, ob wir nicht originelere Beiträge, auch im Wechselspiel, machen können. Welchen Sinn hat es, sich gelegentlich über Sachveralte auszutauschen, wenn dies auf die politische Deatte absolut wirkungslos bleibt? Frau Hajduk, ich habe hnen die Entwicklung der Nettokreditaufnahme auf as Niveau von 38 Milliarden Euro im Ausschuss und uch hier im Plenum zweioder dreimal erklärt – minestens! (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht überzeugend!)


    (Beifall bei der SPD)


    Entschuldigen Sie, wenn ich das sage: Das spielt bei
    hnen keine Rolle. Ich habe Ihnen gesagt, dass die Netto-
    reditaufnahme im Wesentlichen dadurch geprägt ist,
    ass wir inzwischen ein Wachstums- und Investitions-
    rogramm, ein Impulsprogramm,


    (Widerspruch bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    erabschiedet haben und bereit sind, dafür mehr Geld in
    ie Hand zu nehmen; das war die erste Komponente. Die
    weite Komponente, die ich hier mehrmals erklärt habe,
    st, dass wir von der Koalition die Einmaleffekte über
    ie Zeitachse dieser Legislaturperiode, wie ich finde,
    ehr vernünftig verteilt haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    ie dritte Komponente sind Mehrkosten mit Blick auf
    artz IV. Das sind die drei Komponenten, wegen deren
    ir auf das Niveau von 38 Milliarden Euro kommen.


    (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind zu klug, um das selber zu glauben!)


    Herr Koppelin, Sie reden wiederholt davon, der Bun-
    eshaushalt sei verfassungswidrig. Das tun Sie, weil Sie
    iese Aussage in der Zeitung wieder finden wollen.


    (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Stimmt ja auch!)


    Es stimmt nicht. Sie sind zwar Jurist, Herr
    esterwelle, aber ich muss doch Zweifel haben, ob Sie

    ie Verfassung richtig interpretieren.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ich habe es ihm erklärt! – Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Ganz tiefe Zweifel, Herr Westerwelle!)


    ir überschreiten die Regelgrenze des Art. 115. Aber
    as ist keineswegs verfassungswidrig. Doch Sie argu-






    (A) )



    (B) )


    Bundesminister Peer Steinbrück
    mentieren genau so, weil Sie gerne eine Zeitungsüber-
    schrift „FDP hält den Bundeshaushalt für verfassungs-
    widrig“ hätten.


    (Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Macht der Hirche doch mit in Hannover!)


    Mit Blick auf die Mehrwertsteuererhöhung war ich
    eher erstaunt, dass Sie nicht ganz so viele Zitate gebracht
    haben wie Herr Westerwelle in den letzten Debatten. Er
    war auch etwas aufgeregter in der Gestik; auch das erle-
    ben wir das vierte oder fünfte Mal.


    (Zuruf: Und sehr laut!)


    – Auch sehr laut.

    Ich stelle jetzt einmal die Gegenthese in den Raum.


    (Jürgen Koppelin [FDP]: Herr Professor! Herr Professor!)


    Die Gegenthese lautet: Herr Westerwelle, wenn Sie tat-
    sächlich dort gelandet wären, wo Sie gerne gelandet wä-
    ren, nämlich in der Regierung, dann hätten Sie die Mehr-
    wertsteuererhöhung mitgemacht.


    (Otto Fricke [FDP]: Sie in der Opposition auch!)


    Ja, Sie hätten sie mitgemacht!

    Sie haben im Mai des Jahres 2005 dem ZDF ein, wie
    ich finde, ganz interessantes Interview gegeben. Ich zi-
    tiere aus der Zusammenfassung: Auf die Frage, ob er,
    Herr Westerwelle, seine Unterschrift unter einen Koali-
    tionsvertrag setzen würde, der eine Erhöhung der Mehr-
    wertsteuer vorsehe, antwortete Westerwelle, er werde
    nicht apodiktisch sagen: Niemals, nimmer, auf gar kei-
    nen Fall und nur über meine Leiche.


    (Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    Was Sie uns vorhalten, auch mit Blick auf die richtige
    Beschreibung der Position vor und nach der Wahl, das
    ist so vorgetragen, als ob Sie sich in denselben Zwängen
    befänden wie diese Koalition. Unter der Notwendigkeit,
    in einer Regierung Verantwortung zu übernehmen, hät-
    ten Sie diese Mehrwertsteuererhöhung genauso vorge-
    nommen wie wir in dieser großen Koalition; insofern ist
    vieles an Ihren Vorwürfen bigott.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das schreibt er nicht in der „Bild“-Zeitung!)