Plenarprotokoll 16/38
(Drucksachen 16/751, 16/1348, 16/1327)
1 Einzelplan 01
Bundespräsident und Bundespräsidial-
amt
(Drucksachen 16/1301, 16/1324) . . . . . . .
2 Einzelplan 02
Deutscher Bundestag
(Drucksachen 16/1302, 16/1324) . . . . . . .
3 Einzelplan 03
Bundesrat
(Drucksachen 16/1303, 16/1324) . . . . . . .
4 a) Einzelplan 08
Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . .
Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . .
Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . .
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . .
Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . .
Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . .
5 a) Einzelplan 07
3471 C
3471 D
3472 A
3472 A
3495 C
3497 B
3498 B
3499 C
3501 B
3502 A
3502 C
3504 A
3505 D
3506 D
Deutscher B
Stenografisch
38. Sitz
Berlin, Dienstag, de
I n h a l
Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord-
neten Volker Blumentritt . . . . . . . . . . . . . . .
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tagesordnungspunkt I:
a) Zweite Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes über die Feststellung des Bundes-
haushaltsplans für das Haushaltsjahr
2006 (Haushaltsgesetz 2006)
(Drucksachen 16/750, 16/1348) . . . . . . . .
b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus-
schusses zu der Unterrichtung durch die
Bundesregierung: Finanzplan des Bun-
des 2005 bis 2009
i
J
C
D
S
A
P
D
3471 B
3471 B
3471 B
Bundesministerium der Finanzen
(Drucksachen 16/1308, 16/1324) . . . . 3472 B
undestag
er Bericht
ung
n 20. Juni 2006
t :
n Verbindung mit
b) Einzelplan 20
Bundesrechnungshof
(Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . .
ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . .
arsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . .
r. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . .
teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . .
nja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
eer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . .
Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . .
r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . .
3472 B
3472 C
3475 D
3479 B
3481 C
3485 D
3489 A
3491 C
3495 A
Bundesministerium der Justiz
(Drucksachen 16/1307, 16/1324) . . . .
3508 D
II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
b) Einzelplan 19
Bundesverfassungsgericht
(Drucksache 16/1324) . . . . . . . . . . . . .
c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Umsetzung europäischer
Richtlinien zur Verwirklichung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung
(Drucksachen 16/1780, 16/1852) . . . .
d) Erste Beratung des von der Fraktion
der LINKEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des
Schuldrechtsanpassungsgesetzes
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . .
Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . .
Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . .
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3509 A
3509 A
3519 D
3520 B
3520 D
3522 A
3524 B
3525 C
3527 D
(Drucksache 16/1736) . . . . . . . . . . . . .
e) Antrag der Abgeordneten Jerzy Montag,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Jan Korte und weiterer Abgeordneter:
Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche-
rung durch den Europäischen Ge-
richtshof prüfen lassen
(Drucksache 16/1622) . . . . . . . . . . . . .
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 1:
Antrag der Fraktion der FDP: Bürokratie
schützt nicht vor Diskriminierung – Allge-
meines Gleichbehandlungsgesetz ist der
falsche Weg
(Drucksache 16/1861) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) .
Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . .
Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . .
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . .
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . .
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . .
B
A
L
A
Z
t
–
–
–
–
–
–
(
o
B
3509 A
3509 B
3509 B
3509 C
3511 A
3512 C
3515 A
3516 D
3518 A
3518 B
3519 A
erichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
nlage 1
iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .
nlage 2
u Protokoll gegebener Redeteil zur Bera-
ung:
Einzelplan 07, Bundesministerium der
Justiz
Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung
europäischer Richtlinien zur Verwirkli-
chung des Grundsatzes der Gleichbehand-
lung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Schuldrechtsanpassungsgesetzes
Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspei-
cherung durch den Europäischen Gerichts-
hof prüfen lassen
Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Dis-
kriminierung – Allgemeines Gleichbe-
handlungsgesetz ist der falsche Weg
Tagesordnungspunkt I.5 a bis e, Zusatztages-
rdnungspunkt 1)
rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . .
3528 A
3529 A
3529 D
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3471
(A) )
(B) )
38. Sitz
Berlin, Dienstag, de
Beginn: 10.3
3528 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
(A) (C)
(B) (D)
Vizepräsidentin Petra Pau
Berichtigungen
37. Sitzung, Seite 3215, (D), erster Absatz, der letzte
Satz ist wie folgt zu lesen: „Es gibt eine vorläufige Schät-
zung der BA; sie beläuft sich auf 35 Millionen Euro.“
Seite XII, Anlage 22, der Name „Bernd Neumann,
Staatsminister BK“ ist zu streichen.
Seite 3385 (B) 3. Absatz, im zweiten Satz ist der Hin-
weis auf Staatsminister Bernd Neumann zu streichen.
Seite 3421 (A), der Redebeitrag von „Bernd
Neumann, Staatsminister für Kultur und Medien“ ist an
dieser Stelle versehentlich abgedruckt worden und daher
zu streichen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3529
(A) )
(B) )
dort alles besser. Wenn es allerdings um das Recht geht,Burkhardt
wert, denn gerade der Wirtschaft gelten die Vereinigten
Staaten ja häufig als leuchtendes Vorbild: mehr Wachs-
tum, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt oder ein einfa-
ches Steuersystem. Gelegentlich wird so getan, als sei
Lintner, Eduard CDU/CSU 20.06.2006*
Müller-Sönksen, FDP 20.06.2006
Anlage 1
Liste der entschuldigt
*
**
A
e
s
D
D
c
p
n
l
t
A
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Adam, Ulrich CDU/CSU 20.06.2006*
Bareiß, Thomas CDU/CSU 20.06.2006
Barnett, Doris SPD 20.06.2006*
Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 20.06.2006
Bellmann, Veronika CDU/CSU 20.06.2006*
Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 20.06.2006
Bollen, Clemens SPD 20.06.2006
Deittert, Hubert CDU/CSU 20.06.2006*
Ernst, Klaus DIE LINKE 20.06.2006
Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 20.06.2006*
Fischer (Frankfurt),
Joseph
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
20.06.2006
Fischer (Karlsruhe-
Land), Axel E.
CDU/CSU 20.06.2006*
Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 20.06.2006
Gloser, Günter SPD 20.06.2006
Götz, Peter CDU/CSU 20.06.2006
Haustein, Heinz-Peter FDP 20.06.2006
Herrmann, Jürgen CDU/CSU 20.06.2006**
Hilsberg, Stephan SPD 20.06.2006
Höfer, Gerd SPD 20.06.2006*
Hörster, Joachim CDU/CSU 20.06.2006*
Dr. Hoyer, Werner FDP 20.06.2006**
Kröning, Volker SPD 20.06.2006
Dr. Lamers (Heidelberg),
Karl
CDU/CSU 20.06.2006**
N
R
R
S
A
(C
(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
en Abgeordneten
für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung der NATO
nlage 2
Zu Protokoll gegebener Redeteil zur Beratung:
– Einzelplan 07, Bundesministerium der Jus-
tiz
– Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht
– Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung euro-
päischer Richtlinien zur Verwirklichung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Schuldrechtsanpassungsgesetzes
– Antrag: Richtlinie zur Vorratsdatenspeiche-
rung durch den Europäischen Gerichtshof
prüfen lassen
– Antrag: Bürokratie schützt nicht vor Diskri-
minierung – Allgemeines Gleichbehand-
lungsgesetz ist der falsche Weg
(Tagesordnungspunkt I.5. a bis e, Zusatztages-
ordnungspunkt 1)
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Vor
in paar Wochen war ich zusammen mit den rechtspoliti-
chen Sprechern der Fraktionen in Frankfurt am Main.
ie Industrie- und Handelskammer hatte uns zu einer
iskussionsveranstaltung eingeladen. Der ungewöhnli-
he Titel des Abends war eine sorgenvolle Frage: „Euro-
ean and German law goes Hollywood?“ Es ging dabei
icht um die kalifornische Traumfabrik, sondern vor al-
em um die rechtspolitischen Alpträume deutscher Un-
ernehmer. Die haben nämlich große Sorge vor einer
merikanisierung unseres Rechts. Das ist bemerkens-
iebel, Dirk FDP 20.06.2006
aidel, Hans CDU/CSU 20.06.2006**
amelow, Bodo DIE LINKE 20.06.2006
chiewerling, Karl CDU/CSU 20.06.2006
bgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
3530 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
(A) )
(B) )
dann sieht die Sache ganz anders aus. Sammelklagen.
Strafschadenersatz oder ein Beweisrecht, das zur Offen-
legung von Geschäftsinterna führt – das sind Rechts-
institute, die vielen Unternehmen auf dem amerikani-
schen Markt schwer zu schaffen machen.
In Deutschland kennen wir all diese Rechtsfiguren
nicht. Es hat auch niemand die Absicht, sie einzufüh-
ren – da kann die Wirtschaft ganz unbesorgt sein. Ihre
Skepsis gegenüber fremden Einflüssen macht für mich
aber vor allem eines deutlich: Bei Recht und Justiz sind
wir in Deutschland besser aufgestellt als manch andere
Länder. Hier besteht kein Reformstau. Und hier müssen
wir uns auch nicht ständig umschauen, ob wir bei diesem
oder jenem Land irgendwelche Anleihen machen kön-
nen. Ganz im Gegenteil: Unser Recht und unsere Justiz
sind Standortvorteile für Deutschland und sie sind zu ei-
nem Vorbild für andere geworden.
Die Globalisierung hat dazu geführt, dass die Berüh-
rungspunkte zwischen den verschiedenen Rechtssyste-
men immer zahlreicher werden. Das Recht ist dabei
nicht nur ein Faktor im wirtschaftlichen Wettbewerb,
sondern es ist auch selbst Gegenstand der Konkurrenz.
Dass wir mit unserer Rechtsordnung einen wertvollen
Exportartikel besitzen, haben wir erst vor wenigen
Wochen wieder erfahren. Bei unserem Besuch in China
– einige von Ihnen waren mit dabei – haben wir gesehen,
wie China auf seinem Weg zum Rechtsstaat ganz kon-
krete Anleihen beim deutschen Recht nimmt. Ich meine,
auch dies ist ein Zeichen für die Qualität und die Attrak-
tivität unserer Rechtsordnung.
Wir neigen in Deutschland gelegentlich dazu, uns an
den Schwächen unseres Landes zu weiden und dabei un-
sere Stärken zu vergessen. Wenn wir heute über den Jus-
tizhaushalt diskutieren, dann können wir mit berechtig-
tem Selbstbewusstsein sagen: Recht und Justiz gehören
zu den Stärken unseres Landes!
Dieser positive Befund darf uns allerdings nicht dazu
verleiten, uns auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir müs-
sen weiter daran arbeiten, vor allem die Qualität und die
Leistungsfähigkeit unserer Justiz zu sichern. Ich betone
aber den positiven Befund deshalb so deutlich, weil ich
für manche Schwarzmalereien aus der Provinz über-
haupt kein Verständnis habe.
Der Bund hat in den letzten Jahren eine Menge dafür
getan, damit die Justiz auch in Zukunft effizient und
qualitätvoll arbeiten kann. Mit einem 1. Justizmoderni-
sierungsgesetz haben wir an vielen Punkten das Verfah-
rensrecht verbessert und wir haben die Voraussetzungen
dafür geschaffen, dass mehr Aufgaben vom Richter auf
die Rechtspfleger übertragen werden können
Zugleich hat das Justizkommunikationsgesetz dafür
gesorgt, dass der Rechtsverkehr künftig auch elektro-
nisch abgewickelt werden kann. Dank E-Mail und elek-
tronischen Akten können die Arbeitsabläufe der Ge-
richte noch effizienter werden.
Allerdings ist es mit dem rechtlichen Dürfen allein
nicht getan. Die Länder müssen diese neuen Möglichkei-
ten auch nutzen. Leider ist das noch immer nicht ausrei-
chend der Fall. Von der Option, den Rechtspflegern
m
s
d
D
T
„
d
w
R
l
V
k
b
l
w
A
b
t
m
a
g
h
d
l
d
e
u
w
B
d
d
f
I
d
i
s
f
s
d
e
e
c
b
n
e
f
a
r
d
d
r
w
r
d
J
(C
(D
ehr Aufgaben zu übertragen und dadurch die Richter-
chaft zu entlasten, ist bislang nur in zwei Bundeslän-
ern Gebrauch gemacht worden – und zwar mit Erfolg.
ie meisten Länder sind fast zwei Jahre nach In-Kraft-
reten des Gesetzes immer noch dabei, seine Umsetzung
zu prüfen“. Dafür habe ich wenig Verständnis. Wenn es
arum geht, die Justiz zu entlasten, dann muss gehandelt
erden – das ist allemal besser, als den Verzicht auf
echtsmittel zu fordern.
Beim elektronischen Rechtsverkehr kommt es vor al-
em darauf an, dass bei den Gerichten die technischen
oraussetzungen für die Nutzung dieser neuen Möglich-
eiten geschaffen werden. Bei der Justiz des Bundes ha-
en wir das getan und die Länder sind hier ja auch red-
ich bemüht. Wir müssen aber darüber nachdenken, wie
ir zusätzliche Anreize schaffen können, damit etwa die
nwaltschaft von den neuen Angeboten noch mehr Ge-
rauch macht. Es steht doch außer Frage, dass der elek-
ronische Rechtsverkehr eine hervorragende Chance für
ehr Effizienz und eine Beschleunigung der Arbeits-
bläufe ist. Ich meine, wir dürfen diese Chance nicht un-
enutzt lassen.
Gutes Recht ist nicht zuletzt schnelles Recht und des-
alb muss eine Entlastung der Justiz insbesondere bei
en Eingangsinstanzen ansetzen. Auch hier sind vor al-
em die Länder gefordert. Sie haben es in der Hand,
urch Personalverlagerungen von der Berufungs- in die
rste Instanz dafür zu sorgen, dass mehr Richterinnen
nd Richter an den Amts- und Landgerichten eingesetzt
erden. Mit der Reform der Zivilprozessordnung hat der
und die Voraussetzungen dafür längst geschaffen, denn
ie Evaluation der ZPO-Reform hat jetzt gezeigt, dass
ie Zahl der Berufungen deutlich zurückgegangen ist.
Gerade weil die ZPO-Reform erfolgreich wirkt, dür-
en wir jetzt nicht schon wieder das Gesetz verändern.
ch halte deshalb überhaupt nichts von den Vorschlägen,
ie Zulassungsberufung des Verwaltungsstreitverfahrens
n den Zivil- und Arbeitsprozess einzuführen. Das ist
achlich unnötig und eine erneute Rechtsänderung wäre
ür die Praktiker eine echte Zumutung.
Einen einzigen richtigen Gedanken hat dieser Vor-
chlag allerdings: Wir wollen die Verfahrensordnungen
er einzelnen Zweige unserer Gerichtsbarkeit weiter ver-
inheitlichen. Das sorgt für mehr Transparenz und ver-
infacht die Rechtsanwendung. Aber eine solche Anglei-
hung darf natürlich nicht einseitig erfolgen. Wir müssen
ei jedem Punkt genau schauen, welche Verfahrensord-
ung hier die beste Lösung bietet. Das kann bei einem
inheitlichen Berufungsrecht aber am Ende auch dazu
ühren, dass wir die Vorschriften der VwGO den Regeln
ngleichen, die heute schon in der ZPO, im Arbeitsge-
ichtsgesetz und in der Sozialgerichtsbarkeit gelten.
Die Vorschläge, die die Länder jüngst wieder unter
em Etikett „Große Justizreform“ präsentiert haben, ver-
ienen diese Bezeichnung eigentlich nicht mehr. Von ih-
er zentralen Idee haben sich die Länder zum Glück
eitgehend verabschiedet: Die funktionale Zweiglied-
igkeit der Justiz ist vom Tisch. Das ist auch gut so, denn
ie hat in der Praxis niemand gewollt und wäre für die
ustiz auch kein Gewinn gewesen. Allerdings geistern
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 38. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006 3531
(A) (C)
(B) )
noch immer einige Überbleibsel dieser Zweigliedrigkeit
durch die Welt. Ich halte überhaupt nichts von der Idee,
im Strafverfahren nur noch eine Wahlmöglichkeit „ent-
weder Berufung oder Revision“ vorzusehen. Das wäre
eine gravierende Verkürzung der Rechtsmittel. Es ist
auch ein Irrtum, zu glauben, man entlaste die Justiz,
wenn man die Berufung ausschließt. Ein Richter am
Amtsgericht kann seine Urteile ja nicht zuletzt deshalb
so zügig fällen, weil sie im Wege der Berufung noch ein-
mal überprüft werden können. Wenn jede Richterin ihre
Entscheidungen revisionsfest begründen müsste, dann
wäre dies ein ganz beträchtlicher Mehraufwand. Das
wäre keine Entlastung, sondern würde der Justiz letztlich
Steine statt Brot geben.
Der Justizhaushalt des Bundes, den wir heute verab-
schieden werden, ist zu rund 97 Prozent durch eigene
Einnahmen gedeckt. Damit steht die Justiz an der Spitze
aller Ressorts. Das liegt beim Bund vor allem an dem
Gebührenaufkommen des Patent- und Markenamtes.
Aber auch in den Ländern haben die Justizhaushalte stets
ganz beträchtliche Einnahmen zu verzeichnen. Es ist
deshalb nicht nur falsch, sondern auch ungerecht, Justiz-
politik heute vor allem unter fiskalischen Aspekten zu
betreiben. Männermut vor Fürstenthronen wurde in frü-
heren Tagen gefordert. Heute würde es schon reichen,
wenn manche Justizministerin ihrem Kollegen aus dem
Finanzressort mit etwas mehr Rückgrat gegenüberträte.
Eine leistungsfähige Justiz ist schließlich nicht nur
merkt jeder Handwerker, der seine offenen Forderungen
einklagen muss. Vielleicht wäre es deshalb ganz hilf-
reich, wenn die Wirtschaft noch deutlicher machte, wie
wichtig für sie eine leistungsfähige und qualitätvolle Jus-
tiz ist. Zügige Urteile oder schnelle Registereintragun-
gen können auch Standortvorteile sein. Und mancher
Landesregierung, die das noch nicht ganz verinnerlicht
hat, sollte die Wirtschaft hier notfalls etwas auf die
Sprünge helfen.
Der Bund wird im Rahmen seiner Zuständigkeit auch
in Zukunft für ein modernes Recht und eine leistungs-
fähige Justiz sorgen. Mit der Einführung des elektro-
nischen Handelsregisters schaffen wir in Kürze die
Rechtsgrundlage, um die Formalitäten einer Unterneh-
mensgründung noch schneller abzuwickeln. Die Reform
des GmbH-Gesetzes ist dann der zweite Schritt, um auch
materiell zu einer Erleichterung von Unternehmensgrün-
dungen zu kommen. Aber auch abseits des Wirtschafts-
lebens arbeiten wir daran, Recht und Justiz weiter zu ist
verbessern, zum Beispiel durch die Reform des Verfah-
rens in Familiensachen. Wir wollen ein Großes Famili-
engericht schaffen, bei dem alle Streitigkeit um Ehe und
Familie entschieden werden. Wenn es gelingt, mehrere
Konflikte in einem einzigen Verfahren zu bündeln, dann
wird die Sache für die Justiz effizienter und für die Be-
troffenen weniger Nerven aufreibend.
Diese wenige Beispiele zeigen, dass es auch in Zu-
eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen
Freiheit. Sie hat auch ökonomische Bedeutung. Das
weiß jeder junge Gründer, der auf die Eintragung seines
Unternehmens in das Handelsregister wartet, und das
k
d
s
s
(D
unft eine Menge zu tun gibt, um die hohe Qualität und
ie weltweite Attraktivität unserer Rechtsordnung zu
ichern, und dafür bitte ich schon heute um ihre Unter-
tützung.
38. Sitzung
Berlin, Dienstag, den 20. Juni 2006
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2