Protokoll:
18122

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 122

  • date_rangeDatum: 11. September 2015

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:38 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/122 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 122. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. September 2015 Inhalt Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus­ haltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksache 18/5500 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11815 A b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun­ des 2015 bis 2019 Drucksache 18/5501 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11815 B Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr und digi­ tale Infrastruktur Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . 11815 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11819 A Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11820 A Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11821 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11822 D Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11824 C Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 11826 B Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11827 B Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11828 D Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11830 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11831 D Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11833 A Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11833 C Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11834 B Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11835 D Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11836 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur­ schutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11837 C Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11839 C Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11841 A Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11842 B Dr . Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . 11844 A Steffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . 11844 C Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 11846 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015II Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11847 A Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11848 B Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11849 A Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11850 B Christian Haase (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11851 B Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11853 A Dr . Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11854 A Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11855 C Schlussrunde: Haushaltsgesetz 2016 Dr . André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 11857 C Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11859 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11860 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11862 C Dr . Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . 11863 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11864 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11866 D Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11868 A Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11869 C Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11871 A Dr . Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . 11872 D Carsten Körber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11874 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11875 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11875 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11877 C Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11878 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 11815 122. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. September 2015 Beginn 9 .01 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 121 . Sitzung, Seite 11781 C, zweiter Absatz, zweiter Satz, ist wie folgt zu lesen: „Dadurch hätten Sie die Chance, auch Migrantenkindern und Flüchtlingskindern eine Integration zu ermöglichen .“ Carsten Körber (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 11877 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Becker, Dirk SPD 11 .09 .2015 Buchholz, Christine DIE LINKE 11 .09 .2015 De Ridder, Dr . Daniela SPD 11 .09 .2015 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Flachsbarth, Dr . Maria CDU/CSU 11 .09 .2015 Freitag, Dagmar SPD 11 .09 .2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11 .09 .2015 Grindel, Reinhard CDU/CSU 11 .09 .2015 Groth, Annette DIE LINKE 11 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 11 .09 .2015 Held, Marcus SPD 11 .09 .2015 Hübinger, Anette CDU/CSU 11 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 11 .09 .2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 11 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 11 .09 .2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 11 .09 .2015 Lenkert, Ralph DIE LINKE 11 .09 .2015 Leyen, Dr . Ursula von der CDU/CSU 11 .09 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Maizière, Dr . Thomas de CDU/CSU 11 .09 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Mortler, Marlene CDU/CSU 11 .09 .2015 Movassat, Niema DIE LINKE 11 .09 .2015 Müller, Dr . Gerd CDU/CSU 11 .09 .2015 Nahles, Andrea SPD 11 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 11 .09 .2015 Pilger, Detlev SPD 11 .09 .2015 Rawert, Mechthild SPD 11 .09 .2015 Renner, Martina DIE LINKE 11 .09 .2015 Röspel, René SPD 11 .09 .2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 11 .09 .2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 11 .09 .2015 Steinmeier, Dr . Frank- Walter SPD 11 .09 .2015 Thönnes, Franz SPD 11 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .09 .2015 Vries, Kees de CDU/CSU 11 .09 .2015 Wagenknecht, Dr . Sahra DIE LINKE 11 .09 .2015 Weinberg, Harald DIE LINKE 11 .09 .2015 Werner, Katrin DIE LINKE 11 .09 .2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 201511878 (A) (C) (B) (D) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 935 . Sitzung am 10 . Juli 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw . einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zu Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kin­ derzuschlags Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung ge- fasst: a) Mit dem vorliegenden Gesetz wird die verfas- sungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des sächlichen Existenzminimums entsprechend den Vorgaben des 10 . Existenzminimumberichts sichergestellt . Schon durch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen werden die öffentlichen Haushalte in Höhe von 3,745 Mrd . Euro jährlich belastet, wovon ein Be- trag in Höhe von rund 1,970 Mrd . Euro auf die Haushalte von Ländern und Kommunen entfällt . Das Gesetz in der vom Deutschen Bundestag be- schlossenen Fassung setzt auf die im Gesetzent- wurf enthaltene, verfassungsrechtlich notwendige Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags auf, sieht nunmehr aber mit dem Ziel des Abbaus der so genannten kalten Progression zusätzlich eine Rechtsverschiebung aller übrigen Tarifeckwerte um jeweils die kumulierte Inflationsrate der Jah- re 2014 und 2015 (insgesamt 1,482 Prozent) vor . Durch diese Maßnahme geht das Gesetz über die verfassungsrechtliche Vorgabe hinaus . Die Rege- lung führt zu zusätzlichen steuerlichen Minder- einnahmen von jährlich 1,365 Mrd . Euro bei der Einkommensteuer, wovon rund 785 Mio . Euro auf die Haushalte von Ländern und Kommunen ent- fallen . Im Unterschied etwa zu dem Entwurf des früheren Gesetzes zum Abbau der kalten Progres- sion (BR-Drs . 847/11) ist im vorliegenden Gesetz keine Kompensation der entsprechenden Steu- erausfälle der Länder und Gemeinden durch den Bund vorgesehen . b) Die im Gesetz nunmehr vorgesehene weitere Ta- rifentlastung zum Abbau der kalten Progression ist aus Sicht des Bundesrates zwar dem Grundsatz nach zu begrüßen . Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die zusätzliche Belastung für die Haushalte von Ländern und Kommunen in der derzeitigen Situation nur mit Mühe tragbar sein wird . Der Verzicht auf Steuereinnahmen in der genannten Höhe erschwert die notwendige Kon- solidierung der Länder- und Kommunalhaushalte . Ab dem Jahr 2020 greift die Schuldenbremse für die Länder . Die Ausgestaltung der Schuldenbrem- se für die Länder ist strenger als die für den Bund geltende neue Schuldenregel; die Vorgaben sind für die Länder deutlich schwerer zu erreichen als für den Bund . Auch erhalten fünf Länder derzeit – bis zum Jahr 2019 – Konsolidierungshilfen zur Einhaltung der Vorgaben der neuen Schuldenre- gel, die von Bund und Ländergemeinschaft ge- meinsam finanziert werden. c) Der Bundesrat weist darüber hinaus auf den enor- men Finanzierungsbedarf in den Haushalten von Ländern und Kommunen in den Bereichen Infra- struktur, Bildung und Sicherheit sowie infolge der in den vergangenen Monaten deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen hin . Die Finanzierung der not- wendigen Bereitstellung öffentlicher Leistungen wird durch die entstehenden Ausfälle erschwert – und zwar in gesellschaftlich wichtigen Berei- chen wie Bildung und Forschung und nicht zuletzt auch im Bereich der Infrastruktur, wo bestehen- de Investitionsdefizite dringend abgebaut werden müssen . d) Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass der Abbau der kalten Progression eine solide Finan- zierung durch eine entsprechende Kompensation von Ländern und Kommunen durch den Bund vo- raussetzt . e) Nach dem vorliegenden Gesetz ergeben sich im Jahr 2015 aus der Kindergelderhöhung um 48 Euro je Kind Steuermindereinnahmen in Höhe von 820 Mio . Euro und ab dem Jahr 2016 aus der weiteren Kindergelderhöhung um 24 Euro je Kind weitere Steuerausfälle in Höhe von 420 Mio . Euro pro Jahr, von denen auf die Länder (einschl . Kom- munen) jeweils 57,5 Prozent entfallen . Aufgrund der Regelungen in Artikel 106 Absatz 3 Satz 5 des Grundgesetzes und § 1 Satz 7 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern ist eine Lastentragung von 74 Prozent durch den Bund und von 26 Prozent durch die Länder (ein- schl . Kommunen) sicherzustellen . Daher ergeben sich in Bezug auf die vorgesehenen Erhöhungen des Kindergelds Ausgleichsansprüche der Länder im Jahr 2015 in Höhe von 258 Mio . Euro und ab dem Jahr 2016 kumulativ in Höhe von 387 Mio . Euro . Diese Ausgleichsansprüche sind in dem vorliegenden Gesetz nicht berücksichtigt . – Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung ge- fasst: Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, ge- meinsam mit den Ländern im Rahmen des Verfah- rens zur Benehmensherstellung nach § 20d Absatz 3 SGB V darauf hinzuwirken, dass die Vertragspartner in den bundeseinheitlichen Rahmenempfehlungen be- rücksichtigen, dass die Aufwendungen der Kranken- kassen für Leistungen nach § 20a SGB V sich insbe- sondere an deren Versichertenzahl im jeweiligen Land orientieren . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 11879 (A) (C) (B) (D) Begründung: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Kran- kenkassen, die über ein Land hinaus geöffnet sind, die Verteilung ihrer Leistungen nach § 20a SGB V nicht entsprechend der Zahl der in den einzelnen Ländern bei ihnen Versicherten vornehmen wer- den . Neben Sachgründen könnten dabei auch Wett- bewerbsaspekte eine Rolle spielen . Letzteres wür- de der Intention des Gesetzes nicht gerecht werden . Es ist daher notwendig, dass in den Rahmenemp- fehlungen nach § 20d Absatz 3 SGB V eine Rege- lung enthalten ist, die eine weitgehend länderbe- zogen versichertenorientierte Verteilung der Mittel der Krankenkassen für Leistungen zur Gesund- heitsförderung und Prävention sicherstellt . – Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der ge­ setzlichen Krankenversicherung (GKV­Versorgungsstärkungsgesetz – GKV­VSG) Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung gefasst: 1 . Der Bundesrat stellt fest, dass das vorliegende Ge- setz eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen enthält, die in Fortsetzung des GKV-Versorgungsstruktur- gesetzes einen weiteren Beitrag zur Stärkung der medizinischen Versorgung auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten leisten können . 2 . Der Bundesrat begrüßt, dass letztlich eine Rei- he sachlich begründeter Änderungswünsche des Bundesrates vom Deutschen Bundestag aufge- griffen wurden . Beispielhaft wird auf die Rege- lungen zur Beschlussfassung bei den Kassenärzt- lichen Vereinigungen, die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Medizinischen Dienste und auf den Auftrag an den Gemeinsamen Bundesaus- schuss zur Überprüfung der Bedarfsplanung un- ter Berücksichtigung weiterer bedarfsorientierter Kriterien verwiesen . 3 . Der Bundesrat bedauert jedoch, dass die Be- schlüsse des Bundesrates zur Mitwirkung der Länder im geplanten Innovationsausschuss und vor der Entscheidung über konkrete Förderanträ- ge nicht berücksichtigt worden sind . Die Länder haben über den Bundesrat und die Gesundheits- ministerkonferenz in der Vergangenheit wieder- holt eine stärkere Beteiligung bei der Gestaltung der Versorgung auf der regionalen Ebene einge- fordert . Die Beteiligung der Länder bei Fragen der ambulanten Bedarfsplanung im Gemeinsa- men Bundesausschuss ist hierfür ein Beispiel, das sich in der Praxis bewährt hat . Gerade die jetzt geplante Förderung von neuen Versorgungsfor- men zur Weiterentwicklung der Versorgung und von Versorgungsforschung hat in der Regel einen engen regionalen Bezug und muss mit regionalen Konzepten und Beschlüssen des Gemeinsam Lan- desgremiums nach § 90a SGB V kompatibel sein . 4 . Der Bundesrat hält weiterhin die im Gesetz – im Gegensatz zum ursprünglichen Referentenentwurf – vorgesehene Zurückführung nicht verausgabter Haushaltsmittel des Innovationsfonds an den Ge- sundheitsfonds und die Krankenkassen für nicht zielführend . Er sieht darin die Gefahr, dass Mittel entweder ohne umfassende Bewertung aller vorlie- genden Anträge vergeben werden, oder dass Mittel verfallen und damit nicht mehr für Versorgungs- (forschungs)zwecke zur Verfügung stehen . 5 . Der Bundesrat fordert daher die Bundesregie- rung auf, sowohl die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder im Zusammenhang mit der geplanten Förderung von innovativen Versorgungskonzep- ten über den Innovationsausschuss als auch eine Übertragbarkeit unverbrauchter Haushaltsmittel des Innovationsfonds im Rahmen weiterer Ge- setzgebungsverfahren zeitnah zu regeln . – Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informations­ technischer Systeme (IT­Sicherheitsgesetz) – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/34/ EU des Europäischen Parlaments und des Ra­ tes vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit ver­ bundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie­Umsetzungsgesetz – BilRUG) – Gesetz über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMRG) – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die inter­ nationale Rechtshilfe in Strafsachen – Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentschei­ dungen in der Rechtshilfe – Gesetz zur Verbesserung der internationalen Rechtshilfe bei der Vollstreckung von freiheitsent­ ziehenden Sanktionen und bei der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen sowie zur Änderung des Jugoslawien­Strafgerichtshof­Gesetzes und des Ruanda­Strafgerichtshof­Gesetzes – Gesetz zu der Vereinbarung vom 1. April 2015 über die Beteiligung Islands an der gemeinsamen Erfül­ lung der Verpflichtungen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten und Islands im zweiten Ver­ pflichtungszeitraum des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Vereinbarung zur gemein­ samen Kyoto­II­Erfüllung mit Island) – Gesetz zu dem Abkommen vom 17. Septem­ ber 2012 zwischen der Regierung der Bundesrepu­ blik Deutschland und der Regierung der Vereinig­ ten Republik Tansania über den Fluglinienverkehr – Neuntes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes – Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 201511880 (A) (C) (B) (D) Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefasst: 1 . Der Bundesrat begrüßt insbesondere die Schaffung einer alters- und stichtagsunabhängigen Bleibe- rechtsregelung für langjährig geduldete Auslände- rinnen und Ausländer im Aufenthaltsgesetz . Dies stellt einen wichtigen integrationspolitischen Schritt dar und trägt dem beim Deutschen Bundestag ein- gebrachten Gesetzentwurf des Bundesrates vom 22 . März 2013 (vgl . BR-Drucksache 505/12 (Be- schluss)) Rechnung . 2 . Der Bundesrat bedauert jedoch, dass seinen wei- tergehenden Forderungen aus seiner Stellungnah- me zum Gesetzentwurf vom 6 . Februar 2015 (vgl . BR-Drucksache 642/14 (Beschluss)) nicht ausrei- chend Rechnung getragen wurde . 3 . Der Bundesrat bedauert, dass im Aufenthaltsgesetz nicht – wie in BR-Drucksache 642/14 (Beschluss), Ziffer 17 vorgeschlagen (etwa als neuer § 25c Auf- enthG) –, ein Aufenthaltsrecht für jugendliche oder heranwachsende Duldungsinhaber geschaffen wur- de, die in der Bundesrepublik Deutschland eine Ausbildungsstelle gefunden haben . 4 . Der Bundesrat hält aus den bereits in seiner Stel- lungnahme vom 6 . Februar 2015 ausführlich dar- gestellten Gründen an der Forderung nach Ab- schaffung des so genannten Sprachnachweises vor Einreise beim Ehegattennachzug fest . Es ist auch aus integrationspolitischer Sicht sinnvoll, die deut- sche Sprache dort zu erlernen, wo sie auch im All- tagsleben verwendet wird . 5 . Er betont die große Bedeutung, die der Erwerb von Deutschkenntnissen für die Integration in die hiesi- gen Lebensverhältnisse hat . Vor diesem Hintergrund sind die Angebote für den Erwerb von Sprachkennt- nissen weiter zu öffnen und auszubauen . Der Bun- desrat hält daher – aber auch im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und eine Verbes- serung der Zugangschancen für Migrantinnen und Migranten – an der Forderung nach Öffnung der Integrationskurse für weitere Personengruppen fest . Er verweist auf seinen entsprechenden Gesetzent- wurf vom 19 . Dezember 2013 (vgl . BR-Drucksache 756/13 (Beschluss)) . 6 . Der Bundesrat spricht sich zudem vor dem Hinter- grund vielfältiger praktischer Erfahrungen weiterhin dafür aus, im Bereich der Aufenthaltsbeendigung nicht nur Zwangsmaßnahmen in den Blick zu neh- men, sondern insbesondere auch das Instrument der freiwilligen Ausreise sowie die Ausreiseförderung und -beratung zu stärken . Die Anordnung von Ab- schiebungshaft muss bereits nach dem europäischen Recht letztes Mittel sein und darf nur zur Durchset- zung einer unmittelbar bevorstehenden Abschie- bung angeordnet werden . In den Fällen, in denen auf eine Abschiebungshaft als letztes Mittel nicht verzichtet werden kann, muss die Haftdauer so kurz wie möglich gehalten werden . Der bisherige Re- gelungsansatz im Aufenthaltsgesetz soll insbeson- dere um Instrumente der Haftvermeidung ergänzt und mildere Mittel, wie zum Beispiel die Stellung einer Kaution, gesetzlich vorgesehen werden . Die Höchstdauer der Abschiebungshaft von 18 Mona- ten soll auf sechs Monate reduziert werden . – Gesetz zur Änderung des Bundesministergesetzes und des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre – Gesetz zur Neuordnung des Rechts über das Inver­ kehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträg­ liche Entsorgung von Elektro­ und Elektronikgeräten Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefasst: Der Bundesrat weist darauf hin, dass mit dem Gesetz die von ihm geforderte Änderung in Artikel 1 § 20 Ab- satz 2 Satz 2 ElektroG nicht umgesetzt worden ist . Der Bundesrat hatte in Ziffer 16 seiner Stellungnahme vom 8 . Mai 2015 (BR-Drs . 127/15 – Beschluss –) gefordert, das Wort „Erstbehandlung“ durch das Wort „Behand- lung“ zu ersetzen . Die Bundesregierung hatte diesen Vorschlag in ihrer Gegenäußerung als sachgerecht be- zeichnet und zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht alle der in § 20 Absatz 2 Satz 2 genannten Schritte in einer Erstbehandlungsanlage ausgeführt werden kön- nen oder zwingend müssen . Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diese Än- derung bei nächster Gelegenheit vorzunehmen und auf diese Weise eine entsprechende Klarstellung zur Rolle der Erstbehandlung bei der Entsorgung von Elektroalt- geräten auf den Weg zu bringen . Das bisherige weite Verständnis der Erstbehandlung dient u .a . dazu, Do- kumentationspflichten nach § 22 Absatz 3 und Nach- weispflichten bereits frühzeitig beginnen zu lassen, um insbesondere die Gefahr illegaler Abfallexporte zu minimieren . In diesem Rahmen bittet der Bun- desrat die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit die Regelungen der § 3 Nummer 24, § 20 Absatz 2, § 21 Absatz 3 und § 22 Absatz 3 einer präziseren Formu- lierung bedürfen, um die umweltgerechte Entsorgung von Elektroaltgeräten effektiv zu gewährleisten . – Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelstän­ dischen Wirtschaft von Bürokratie (Bürokratieent­ lastungsgesetz) Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefasst: 1 . Der Bundesrat begrüßt das Ziel, Bürokratiebelastun- gen zu vermeiden . Das Regelungsvorhaben stellt ei- nen Schritt zur Umsetzung dieses Ziels dar, wobei es sich überwiegend mit Informationspflichten befasst. 2 . Der Bundesrat sieht über die Regelungen des Geset- zes hinaus zusätzlichen Handlungsbedarf, insbeson- dere die Möglichkeit für weitere Vereinfachungen, und bittet die Bundesregierung, weitere Vorschläge zur Bürokratieentlastung zeitnah vorzulegen . 3 . Der Bundesrat bittet die Bundesregierung insbe- sondere um Prüfung, inwieweit weitere Vereinfa- chungen bei den geringwertigen Wirtschaftsgü- tern umgesetzt werden können . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 122 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 11 . September 2015 11881 (A) (C) (B) (D) – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Janu­ ar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steu­ ersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, dass sie den Antrag Für mehr Transpa­ renz in der internationalen Atomenergie­Orga­ nisation auf Drucksache 18/772 zurückzieht . Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Bericht- erstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwanzigster Bericht nach § 35 des Bundesausbil­ dungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Absatz 2 Drucksache 18/460 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Berufsbildungsbericht 2015 Drucksache 18/4680 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat . Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/4857 Nr . A 3 Ratsdokument 7678/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/419 Nr . A 124 Ratsdokument 13555/13 Drucksache 18/2533 Nr . A 54 Ratsdokument 13562/13 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/822 Nr . A 29 Ratsdokument 5706/14 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 122. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 12 Verkehr und digitale Infrastruktur Epl 16 Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit TOP 1 Schlussrunde Haushaltsgesetz 2016 Anlagen Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200000

Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie zum letzten Tag unserer Haushaltsberatun-
gen – Tagesordnungspunkt 1 –, die wir nun fortsetzen:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016)


Drucksache 18/5500
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019

Drucksache 18/5501
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Wir hatten bereits am Dienstag für die heutige Debatte
eine Redezeit von insgesamt 4 Stunden und 48 Minuten
beschlossen .

Wir beginnen heute mit dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra­
struktur, Einzelplan 12.

Dazu erteile ich dem Bundesminister Alexander
Dobrindt das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Investitions-
hochlauf ist das Wachstums- und Wohlstands-Upgrade
für das digitale Zeitalter . Rund 40 Prozent mehr Geld für
unsere Infrastruktur – das gab es in der Vergangenheit
noch nie, das ist eine große Leistung der Großen Koa-

lition . Wir starten den Investitionshochlauf und stärken
unsere Infrastruktur in Deutschland .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre schön!)


Zu Beginn der Legislaturperiode haben wir gesagt,
dass wir wesentlich mehr in die Infrastruktur investieren
müssen, um Wachstum und Wohlstand dadurch sichern
zu können . Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit darauf
hingewiesen, dass dies durch einen Investitionshochlauf
ermöglicht werden soll, und habe dann diesen Investiti-
onshochlauf, der aus fünf Punkten besteht und auch ge-
nau das leistet, vorgestellt .


(Zuruf der Abg . Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Mit dem Haushalt 2015 und der mittelfristigen Finanz-
planung haben wir diesen gestartet, und mit dem Haus-
halt 2016 gehen wir jetzt den nächsten Schritt und un-
terstützen diesen Investitionshochlauf weiter . Wir sehen
schon jetzt die Erfolge, meine Damen und Herren:

Das Sonderprogramm zur Brückenmodernisierung
wurde mit 1 Milliarde Euro gestartet . Mit dem Haus-
halt 2016 werden wir die Mittel dafür auf 2 Milliarden
Euro verdoppeln . Und ich mache da die klare Ansage:
Jede Maßnahme zur Sanierung einer Brücke, die Bau-
recht erhält, wird auch finanziert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Im Juli haben wir 72 Straßenbauprojekten in einem
Umfang von rund 2,7 Milliarden Euro eine Baufreigabe
erteilt und damit auf einen Schlag beinahe alle Straßen-
bauprojekte in Deutschland, die planfestgestellt sind und
Baurecht haben und damit sofort umgesetzt werden kön-
nen, finanziert. Das hat es in der Vergangenheit noch nie
gegeben .

Gleichzeitig mit den Neubaumaßnahmen stärken wir
das Prinzip Erhalt vor Neubau,


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon sehe ich aber nichts!)







(A) (C)



(B) (D)


weil wir die Erhaltungsmittel von 2,5 Milliarden Euro auf
fast 4 Milliarden Euro im Jahr 2018 erhöhen werden . Al-
lein im Haushalt 2016 steigern wir die Erhaltungsmittel
für die bestehenden Straßen um circa ein Drittel, nämlich
von 2,5 Milliarden Euro auf 3,3 Milliarden Euro . Das ist
ein Riesenerfolg für die Sanierung der bestehenden In-
frastruktur .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir haben die Einnahmen aus der Versteigerung der
Digitalen Dividende II zusätzlich mit Mitteln aus der In-
vestitionsoffensive von Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble gebündelt und damit ein Milliardenpaket für
den Breitbandausbau geschnürt . Zur Erinnerung: In den
ersten Haushaltsreden wurde hier von Vertretern der Op-
position darauf hingewiesen, dass wir beim Breitband-
ausbau mit 0 Euro gestartet wären . – Ja, wir sind mit
0 Euro gestartet und sind jetzt bei 2,7 Milliarden Euro
gelandet, die wir in die flächendeckende Versorgung mit
schnellem Breitband investieren . Das ist nachhaltige Po-
litik .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber noch nicht einmal Glasfaser!)


Wir gehen nach dem Dreiklang Investition, Innovati-
on, Modernisierung vor . Die Große Koalition macht das .
Die Erfolge zeigen: Die Investitionswende ist vollzogen .
Wir investieren wieder, und zwar auf Rekordniveau . Ins-
gesamt steigern wir im Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur mit dem Investitionshochlauf
unsere Investitionslinie von 10,4 Milliarden Euro auf
rund 14 Milliarden Euro im Jahr 2018 . Es steht somit
mehr Geld für die Infrastruktur zur Verfügung als jemals
zuvor .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich weiß, dass das von dem einen oder anderen hier
auch kritisch beäugt wird . Ich lese die Kommentare, die
mir immer wieder auf den Weg mitgegeben werden, ge-
rade auch von den Kollegen der Grünen . Wenn sich Ihr
Vorzeigeverkehrspessimist, der grüne Minister Winne
Hermann, der in Baden-Württemberg vom Investitions-
hochlauf übrigens am meisten profitiert, auch noch be-
schwert, dass zu viele Straßen in Baden-Württemberg
gebaut werden, dann kann ich nur sagen: Sie bleiben
ganz offensichtlich eine straßenfeindliche Entmobilisie-
rungspartei .


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben sich seit den 80er-Jahren, als Sie gemeinsam
Karl, der Käfer gesungen haben, verkehrspolitisch nicht
weiterentwickelt .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hier nicht auf dem Nockherberg! Das ist hier nicht Aschermittwoch!)


Aber die Menschen erkennen das . Der Bund hat ohne Ihr
Zutun in die Infrastruktur investiert und die Vorausset-
zungen dafür geschaffen, 15 Projekte in einer Größen-

ordnung von einer halben Milliarde Euro gleichzeitig zu
finanzieren. Sehen Sie es endlich ein: Ihre Aussagen sind
falsch .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verhalten sich ja so, als seien Sie immer noch CSU-Generalsekretär!)


Liebe Frau Wilms, Sie haben noch vor Kurzem gesagt,
ein Bundesverkehrsminister würde hier ideologische Po-
litik nach Parteibuch machen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, klar! Das macht er ja auch!)


Ich glaube, das trifft auf den grünen Minister zu, der in
Baden-Württemberg regiert .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nur für Bayern! Sie sind aber Bundesverkehrsminister!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200100

Einen Augenblick .

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Ideologisch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die
Grünen an dieser Stelle .


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200200

Es ist für unsere Stenografen außerordentlich schwie-

rig, gleichzeitig alle Zwischenrufe sorgfältig fürs Proto-
koll zu notieren . Deswegen wäre eine gewisse Sequenz
auch schon im Sinne der Beweisführung anzustreben .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Stenografen können das sehr gut, Herr Präsident! Keine Sorge!)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:
Ich habe alle mitbekommen . Sie bewegen sich auf der
Linie, die ich hier gerade versucht habe darzustellen . Es
war nichts Neues dabei .

Ich weiß wohl, dass Sie von den Grünen mit Ihrer Kri-
tik ein Stück weit verzweifelt sind,


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind ganz zerknirscht, Herr Dobrindt!)


weil Sie mein Investitionspaket in eine unangenehme Si-
tuation gebracht hat . Sie wollen keine Straßen bauen; das
hat Winne Hermann noch einmal deutlich gesagt .


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann hat er das gesagt?)


Die Fixierung auf den Infrastrukturausbau sei der Weg
zurück .

Bundesminister Alexander Dobrindt






(A) (C)



(B) (D)


Ich sage: Wir wollen Straßen bauen . Wir wollen be-
stehende Straßen modernisieren . Wir wollen die Lebens-
qualität in der Region steigern .


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das widerspricht sich aber: Straßenbau und Lebensqualität! Das müssen wir diskutieren!)


Wir wollen die Kapazität der Netze erhöhen, und wir
wollen den Verkehr effizienter machen. Genau das leistet
diese Große Koalition mit dem Investitionshochlauf für
die Infrastruktur .


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Unglaublich! Alles Blödsinn! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir feiern Anfang Oktober dieses Jahres 25 Jahre
deutsche Einheit und Freiheit . Wenn wir zurückblicken,
dann können wir feststellen: Die Wiedervereinigung war
eine echte Aufbruchzeit, gerade auch mit Blick auf die
Infrastruktur . Die Verantwortlichen haben sich damals
der Wohlstandspyramide moderner Volkswirtschaften
erinnert, sich daran orientiert und verstanden: ohne Mo-
bilität keine Prosperität . In einem historischen Kraftakt
wurde damals mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur
die Voraussetzung für neues Wachstum und Wohlstand in
Deutschland geschaffen . Leider sind diese Erkenntnisse
der Aufbruchzeit in den späten 90er-Jahren und zu Be-
ginn der 2000er-Jahre wieder in Vergessenheit geraten –
mit der Folge, dass über Jahre hinweg zu wenig in unsere
Infrastruktur investiert wurde .

In dieser Zeit wurde auch versucht, dem immer wie-
der formulierten Irrglauben Bahn zu brechen, man müsse
nicht in die Infrastruktur und die Mobilität investieren,
um Wirtschaftswachstum zu erzeugen . Man hat ja ver-
sucht, das Gefühl zu verbreiten, dass man Mobilität und
Wirtschaftswachstum entkoppeln könnte .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mobilität und Straßenbau sind nicht dasselbe!)


Das war aber grundfalsch . All die, meine Damen und
Herren, die das erzählt haben, sollten sich dringend kor-
rigieren . Wer weiterhin erzählt, man könne auf Investiti-
onen in die Infrastruktur verzichten und trotzdem Wachs-
tum erzeugen, der wird nur eines tun: unsere Gesellschaft
vom Wohlstand abkoppeln .


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sagt denn so etwas? Wer sagt es?)


Und das werden wir nicht zulassen, meine Damen und
Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Gustav Herzog [SPD])


Diesen Irrweg – gerade jetzt – weiterzuverfolgen, wäre
ein fataler Fehler .

Wir stehen heute, 25 Jahre nach der Wiedervereini-
gung, ebenfalls vor einem historischen Kraftakt: der Mo-
dernisierung und der Digitalisierung unserer Infrastruk-
tur . Jetzt geht es darum, die Erfolgsgeschichte unseres
Landes im 21 . Jahrhundert fortzuschreiben . Dabei ist

übrigens das Ergebnis noch lange nicht gesetzt . Globa-
lisierung und Digitalisierung mischen die Karten auf der
Welt komplett neu . Die Industrienationen von heute sind
nicht zwingend die Digitalnationen von morgen . Da gilt
es, intensiv daran zu arbeiten . Wir haben – genauso wie
vor 25 Jahren – erkannt: Es müssen große Investitions-
anstrengungen mit einem klaren Auftrag zur Moderni-
sierung und Digitalisierung gemacht werden, wenn wir
weiterhin Innovationsland bleiben wollen .

Wir haben die Haushaltsmittel für die Modernisierun-
gen deutlich erhöht . Wir haben den Systemwechsel von
der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung voran-
getrieben . Wir haben die Ausweitung der Lkw-Maut in
Breite und Tiefe vorbereitet .


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pkw-Maut!)


Die erste Stufe haben wir im Juli umgesetzt . Die zweite
wird im Oktober umgesetzt . Wir haben die Einführung
der Infrastrukturabgabe beschlossen . Das Vertragsver-
letzungsverfahren der Kommission, meine Damen und
Herren, wird scheitern .


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Großartig!)


Der Bundestag hat europarechtskonforme Mautgesetze
beschlossen . Wir führen diese Auseinandersetzung mit
Brüssel gern, und wir werden uns durchsetzen . Um es
kurz zu sagen: Brüssel irrt, die Maut kommt, Gerechtig-
keit siegt, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Roland Claus [DIE LINKE]: Die Maut in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!)


Wir haben die öffentlich-privaten Partnerschaften ge-
stärkt . Ich habe eine Liste mit einer neuen Generation
von ÖPP-Projekten erstellt, die ins Leben gerufen wer-
den sollen . Es handelt sich dabei um elf Projekte mit ei-
nem Umfang von 15 Milliarden Euro für den Bau, Erhalt
und Betrieb von rund 670 Kilometern Straße . Ich möchte
mich an dieser Stelle ausdrücklich auch für die konstruk-
tive Zusammenarbeit innerhalb der Koalition bedanken .
Es war nicht ganz einfach, bei jedem einzelnen Projekt
die unterschiedlichen Einschätzungen aufzulösen . Dass
dies in besonderem Maße auch gerade in Hessen mit den
hessischen Kollegen aus der Union und der SPD gelun-
gen ist, zeigt, wie erfolgreich die Große Koalition zusam-
menarbeiten kann, wenn es darum geht, die Infrastruktur
in Deutschland erfolgreich auszubauen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erhalten Sie die doch erst einmal!)


Wir haben das auch bei den ÖPP-Projekten in Hessen ge-
meinsam gut geschafft .

Die Digitalisierung, meine Damen und Herren, ist
die Voraussetzung, damit Deutschland Innovationsland
bleiben kann . Wir wollen unsere Erfolge der Vergangen-
heit auch digital weiterschreiben . Dazu brauchen wir vor
allem eine leistungsfähige digitale Infrastruktur . Ohne
superschnelles Breitband gibt es keine digitale Wert-

Bundesminister Alexander Dobrindt






(A) (C)



(B) (D)


schöpfung . Deswegen haben wir uns das Ziel gesetzt,
mindestens 50 Mbit/s in der Fläche bis 2018 zu errei-
chen . Dafür haben wir ein Investitionspaket in Milliar-
denhöhe geschnürt und geben mit dem Haushalt 2016
den Startschuss für die Bundesförderung . Dabei haben
die innovations- und investitionsfreundlichen Unterneh-
men der Netzallianz übrigens schon eine Vorleistung er-
bracht . Sie haben die Zusage gegeben, in der Netzallianz
Digitales Deutschland, die wir gegründet haben, allein in
diesem Jahr 8 Milliarden Euro in den Breitbandausbau
zu investieren; auch das kommt hinzu .

Wir werden nun in einem Gesetz, dem Digitale- Netze-
Gesetz, klare Vorgaben für den Netzausbau auf den Weg
bringen . Dazu gehört, dass wir bei Neubau und Mo-
dernisierung von Bundesfernstraßen den Digitalausbau
mit vorantreiben . Wo Straßen neu gebaut werden, muss
gleichzeitig Glasfaser verlegt werden . Wo Neubaugebie-
te in Städten entstehen, darf nicht mehr mit Kupfer aus-
gebaut werden . Es muss Glasfaser verlegt werden, meine
Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das bedeutet mehr Bandbreite, weniger Baustellen, Ein-
sparungen in Milliardenhöhe und einen deutlichen Fort-
schritt auf dem Weg hin zu einem modernen High-Speed-
Netz .

Wir stecken nicht am Anfang einer digitalen Revo-
lution – das habe ich auch in der Vergangenheit immer
wieder erwähnt –, sondern wir stecken inzwischen mit-
tendrin . Die Digitalisierung hat bereits einen disruptiven
Prozess für Märkte, Branchen und Produkte erzeugt .
Auf einigen digitalen Innovationsfeldern konnten wir
mit einer erfolgreichen Industrie mitziehen und unsere
Marktstellung behaupten . Auf anderen Feldern sind ein
wesentlicher Teil der Wertschöpfung und damit auch
Wachstums- und Wohlstandschancen bereits abgewan-
dert .

Das aktuell spannendste Feld der Digitalität ist die
Mobilität .


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nur ein Spielplatz!)


Deswegen haben wir hier die Aufgabe, dafür zu sorgen,
dass wir auch im digitalen Zeitalter erfolgreich bleiben .
Das automatisierte und vernetzte Fahren steht in den
Startlöchern und bringt die größte Mobilitätsrevolution
seit der Erfindung des Automobils. Mit dem Autopilot
wird das Auto zu einem dritten Platz, zum „third place“,
einem neuen Lebensmittelpunkt neben Arbeit und Zu-
hause .


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ein Viertel der Haushalte hat gar kein Auto!)


Durch die Vernetzung des Autos mit anderen Fahrzeugen
und der Infrastruktur wird Verkehr vorhersehbar, Staus
und Unfälle werden vermieden . Die Echtzeitdatenkom-
munikation erweitert das Sichtfeld von Fahrer und Auto
von einigen Hundert Metern auf mehrere Kilometer . Das
sind Potenziale, deren Entwicklung wir nutzen wollen .
Studien zeigen, dass die Kapazität auf Autobahnen durch

Automatisierung um 80 Prozent erhöht werden kann .
Gleichzeitig können wir den größten volkswirtschaftli-
chen Schaden, den Stau, um ungefähr 40 Prozent redu-
zieren, wenn wir mehr Automatisierung auf die Straße
bringen .


(Lachen der Abg . Sabine Leidig [DIE LINKE])


Deshalb wollen wir hier kräftig investieren .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stößt ja nicht auf große Begeisterung bei Ihrer Fraktion!)


Meine Damen und Herren, Sie werden auf der IAA
in der nächsten Woche feststellen können, was moderne
Fahrzeuge in der Lage sind zu leisten . Mit moderner Sen-
sorik bei heutigen Serienfahrzeugen können Sie schon
einer Kolonne im Stau bis 65 km/h dem Verkehrs- und
Straßenverlauf vollkommen folgen, ohne selber eingrei-
fen zu müssen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber sind Ihre Koalitionäre nicht so begeistert!)


Die Zukunft der Mobilität entscheidet sich jetzt in dieser
Frage . Wir wollen unsere hervorragende Ausgangspositi-
on weiterhin erhalten, wenn es darum geht, mit unserer
Automobilindustrie einen wesentlichen Teil von Wachs-
tum, Wohlstand und Arbeitsplätzen in Deutschland zu er-
halten . Deswegen investieren wir in das Digitale Testfeld
Autobahn . Auf der A 9 wird die erste intelligente und voll
digitalisierte Straße entstehen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo? In Bayern, in Brandenburg, in Thüringen, in Sachsen oder wo?)


Wir haben vor einer Woche den Startschuss dazu gege-
ben . Die A 9 wird mit moderner Sensorik, Mobilfunk-
technik der neuesten Generation und allen anderen Tech-
nologien, die für das automatisierte und vernetzte Fahren
notwendig sind, ausgestattet werden . Das wird uns den
Weg in die Mobilität 4 .0 weisen .

Wir haben auf der IAA ein Treffen der G-7-Verkehrs-
minister anberaumt, unter anderem auch, um uns über
die grundsätzliche Frage nach neuen Regeln für das au-
tomatisierte Fahren zu unterhalten, um neue Standards zu
definieren und um dafür zu sorgen, dass wir international
eine gleichgerichtete Entwicklung bekommen . Wir sind
diejenigen, die diesen Markt vorantreiben müssen . Wir
sind die erfolgreichste Automobilnation der Welt . Wir
wollen Leitanbieter bleiben und den Leitmarkt weiterhin
regeln . Wir wollen das auch in einer zukünftig automati-
sierten Mobilität mit voll digitalisierten Autos und Stra-
ßen tun . Deswegen investieren wir in die A 9 .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber mau der Beifall!)


Bundesminister Alexander Dobrindt






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200300

Herr Minister, ich darf Sie an die Zeit erinnern .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Danke schön . – Meine Damen und Herren, die Zu-
kunft ist digital . Wir sind darauf vorbereitet . Der Haus-
halt 2016 legt die notwendige Grundlage dafür, um den
Investitionshochlauf konsequent weiterentwickeln zu
können . Wir werden die digitale Wertschöpfung auch in
Deutschland, wo erprobt, getestet und produziert wird,
zum Erfolg bringen . Deutschland bleibt auch mit diesem
Haushalt Innovationsland .

Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200400

Roland Claus ist der nächste Redner für die Fraktion

Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812200500

Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und

Herren! Der größte Investitionsetat des Bundes liegt uns
allen am Herzen, zuweilen auch auf der Tasche; aber oft
dient er einem guten Zweck . Wie leicht zu verstehen ist,
sind mit einem so gewaltigen Investitionsetat Tausende
Probleme verbunden . Zwei davon sind die entscheiden-
den .

Das erste Problem: Etwa 25 Milliarden Euro Haus-
haltsmittel plus etliche zentral veranschlagte, zum Teil
nicht mehr zu überblickende Investitionsprogramme sind
natürlich sehr viel Geld . Gemessen an dem Zustand unse-
rer öffentlichen Infrastruktur ist es aber dennoch zu we-
nig . Wenn Sie hier ständig von einem Investitionshoch-
lauf sprechen, Herr Minister, ist das den Dingen nicht
wirklich angemessen, sondern es ist Investitionshochsta-
pelei . Das müssen wir Ihnen einmal sagen .


(Beifall bei der LINKEN)


Das zweite entscheidende Problem ist: Das viele Geld
ist in schlechten Händen .


(Ulli Nissen [SPD]: Na, na!)


Im Deutsch des Bundesrechnungshofs, der ja recht höf-
lich formuliert, heißt das – ich zitiere –: Es geht nicht
nur um die Bereitstellung von mehr Investitionsmitteln,
sondern darum, „die Investitionsmittel zielgerichtet und
wirtschaftlich einzusetzen“ . – Wenn Sie da die Kritik
nicht heraushören, ist Ihnen nicht zu helfen .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Meine Großmutter hätte über dieses Ministerium gesagt:
Junge, die können nicht mit Geld umgehen, schon gar
nicht mit viel Geld .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Schon aus Respekt vor meiner Großmutter muss ich das
jetzt natürlich beweisen, was aber nicht so schwer ist .

Ich fange einmal mit der digitalen Infrastruktur an .
Bislang war da nur eine Überschrift vorhanden – das hat
der Minister ja eben auch eingestanden –, und noch im
letzten Haushalt waren – das haben wir Ihnen einmal vor-
gerechnet – im Wirtschaftsministerium, im Bildungsmi-
nisterium, selbst im Landwirtschaftsministerium größere
Programme für die digitale Infrastruktur eingestellt als
in dem Ministerium, das „digitale Infrastruktur“ in sei-
nem Namen trägt . Das soll sich nun gewaltig ändern . Als
Hauptquelle dafür wurden die Einnahmen aus den Ver-
steigerungen von Mobilfunkfrequenzen angenommen .


(Martin Dörmann [SPD]: Das ist nicht die Hauptquelle! Es gibt einen größeren Betrag!)


Nun hat der Bund, wie wir gehört haben, im Sommer,
begleitet von einigen Überraschungen, über 4,5 Milliar-
den Euro bei der Versteigerung dieser Frequenzen einge-
nommen . Wie es immer hieß, sollten diese Gelder zum
Großteil für den Breitbandausbau verwendet werden .
Nun höre und lese ich, dass gerade einmal 1,3 Milliarden
Euro – das ist also weniger als ein Drittel von 4,5 Milli-
arden Euro – dem Bundesministerium für Verkehr und
digitale Infrastruktur und zur Hälfte auch noch den Län-
dern zur Verfügung gestellt werden sollen, und das für
2016 und 2017 zusammen .


(Martin Dörmann [SPD]: Sie werfen die Zahlen durcheinander!)


Das ist doch wohl ein Treppenwitz . Das ist nicht Breit-
band, sondern Schmalspur, was Sie hier machen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Martin Dörmann [SPD]: Konfuser Vortrag!)


Ich kann Ihnen versichern, Herr Bundesminister, dass
ich das heute Mittag auch dem Bundesfinanzminister
noch einmal so deutlich sagen werde . Ich weiß natürlich,
wo auf die Bremse getreten wird .


(Sören Bartol [SPD]: Aber bis dahin müssen die Zahlen stimmen! – Gegenruf der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wenn bei jemandem die Zahlen stimmen, dann bei Herrn Claus!)


– Die Zahlen stimmen . Sie sind gerade bestätigt worden .
Wir können uns gern weiter darüber unterhalten . Sie wer-
den doch nicht bestreiten, dass ein Drittel von der einge-
nommenen Summe, über zwei Jahre gestreckt, zwischen
Bund und Ländern geteilt, nun wirklich nicht das ist, was
unter „Großteil“ verstanden wird .


(Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(B) (D)


Nun droht uns auch noch ein Vertrag des Bundes mit
der Telekom, der deren Monopolstellung verfestigen
würde .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812200600

Herr Kollege Claus, darf der Kollege Dörmann eine

Zwischenfrage stellen?


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812200700

Darf er gerne .


Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1812200800

Vielen Dank, Herr Kollege Claus . – Herr Kollege

Claus, Sie haben gerade suggeriert, dass Zusagen hin-
sichtlich der Verwendung von Mitteln für den Breit-
bandausbau, die im Vorfeld der Versteigerung der Mobil-
funkfrequenzen gemacht worden sind, nicht eingehalten
wurden . Würden Sie mir bestätigen, dass die Zusage, die
Mittel gehen in den Breitbandausbau, nur für den Be-
reich der Digitalen Dividende II gelten, nämlich für den
700-Megahertz-Bereich und den 1,5-Gigahertz-Bereich,


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Richtig!)


und dass genau diese Zusage auch eingehalten wurde?
Abzüglich der notwendigen Umstellungskosten wird
nämlich genau der eingenommene Betrag von 1,3 Mil-
liarden Euro auf Bund und Länder verteilt, und zwar
zweckgebunden für den Breitbandausbau . Das ist aber
nicht der einzige Betrag . Der Bundesminister hat ja vor-
getragen, dass über 2 Milliarden Euro zur Verfügung
stehen . Sie haben nämlich die 1,4 Milliarden Euro, die
im Investitionspaket von Minister Schäuble vorgesehen
sind, einfach unterschlagen .


(Sören Bartol [SPD]: So ist es!)


Würden Sie mir zustimmen, dass diese Zahlen richtig
sind?


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812200900

Ich kann Ihnen ausdrücklich bestätigen, dass Sie ge-

rade nichts Falsches gesagt haben, aber das bessert die
Lage überhaupt nicht .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es wäre gescheit gewesen, die Einnahmen, die ja weit
über den erwarteten Einnahmen lagen, tatsächlich für
diese große Aufgabe einzustellen und nicht einfach im
Haushalt versickern zu lassen .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aber ich kann Ihnen gerne bestätigen, dass Ihre Zahlen
richtig waren .


(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Das war immer schon sozialistisches Gerechne!)


Zurück zu meiner Rede . Nun droht auch noch ein
Vertrag des Bundes mit der Telekom, der deren Mono-
polstellung verfestigen würde . Die Linke unterstützt hier
ausdrücklich die Netzbranche bei deren Widerstand ge-
gen einen solchen Monopolvertrag .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sind die Fraktion, die Ihnen gerne erklären kann, wo
es hinführt, wenn man zu viel Zentralismus an den Tag
legt .

Übrigens, Herr Minister: Auf der Homepage des Bun-
desministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
werden viele Bilder des Ministers präsentiert . Ich habe
mir aber auch die Seite „Digitales“ angeschaut; da kam
ich doch schon etwas ins Staunen . Auf der Seite „Digita-
les“ findet man als letzte Eintragung eine Meldung über
die CeBIT .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War im März! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In einer schönen Stadt!)


Die war bekanntlich im März dieses Jahres . Das ist pein-
lich, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der LINKEN – Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ist schon eine Weile her!)


Also, Herr Minister, weniger Posieren, mehr Digitali-
sieren ist die Aufgabe der Zeit .


(Beifall der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Das ist auch aus einem weiteren Grunde wichtig: Flücht-
linge aus Afrika – wir haben schon viel über Flüchtlinge
geredet – haben, wenn sie hierherkommen, in der Regel
ihr Smartphone dabei und sind es gewöhnt, dass sie mit
ihrem Smartphone bezahlen können . Sie wissen, wie die
Zusammenhänge sind . Wenn sie in einem deutschen La-
den damit bezahlen wollen, stehen sie erneut vor einer
Grenze, diesmal einer digitalen, weil das in Deutschland
nicht geht . Also, da gibt es noch eine Menge an Aufgaben
zu lösen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wegen Minister der Mobilität!)


Den Bereich Verkehr muss ich nun in Stichworten
abarbeiten . Herr Bundesminister, Sie haben an dieser
Stelle und auch gegenüber den Medien gesagt, die Pkw-
Maut oder wie auch immer Sie sie genannt haben – ich
sage es nicht gerne verklausuliert –


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CSU-Katastrophenmaut!)


werde am 1 . Januar 2016 scharf gestellt . Sie sind dem
Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit eine Klar-
stellung schuldig, dass das nicht so ist . Ihre Rechthaberei,
die Sie vorgetragen haben, hätte nur noch getoppt werden
können, wenn Sie gesagt hätten: Die Maut in ihrem Lauf
hält weder Ochs noch Esel auf . – Also holla die Waldfee!


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Roland Claus






(A) (C)



(B) (D)


Nun haben Sie gelegentlich öffentlich und nichtöffent-
lich darüber spekuliert, wie man mehr privates Geld für
die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur einsetzen
könnte . Da sagen wir als Linke: Das geht in Ordnung .
Der einzige Unterschied ist: Sie wollen bei den Superrei-
chen betteln gehen und sie Geschäfte machen lassen, wir
dagegen wollen sie gerecht besteuern und diese Mittel
einsetzen . Das macht den kleinen Unterschied aus .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des
Bundes haben Sie eine riesige offene Baustelle . Wir hat-
ten Sie davor gewarnt, in Bonn eine Zentralbehörde zu
schaffen, auch noch Generaldirektion genannt . Sie haben
nicht auf uns gehört .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch besser so!)


Deshalb erneuern wir unseren Vorschlag: Denken Sie lie-
ber darüber nach, wie man die Bundesregierung vernünf-
tig in Berlin wiedervereinigt, anstatt pausenlos irgend-
welche Stellen außerhalb zu schaffen .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201000

Das war doch jetzt ein schöner Schlusssatz, Herr

Claus, oder?


(Heiterkeit der Abg . Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812201100

Herr Bundesminister, seitens der Opposition wurde

Ihnen häufig genug angeboten, die großen und schwieri-
gen Infrastruktur- und Investitionsvorhaben gemeinsam
anzupacken . Ich habe den Eindruck, in den Koalitions-
fraktionen wurde das verstanden, bei Ihnen bin ich mir da
noch nicht so sicher . Aber Haushaltsberatungen haben ja
auch immer einen Lerneffekt . Bauen wir darauf!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201200

Sören Bartol erhält nun das Wort für die SPD-Frak-

tion .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1812201300

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lie-

be Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist ein wirt-
schaftlich starkes Land . Als fünftgrößte Volkswirtschaft
profitieren wir von starken Unternehmen im Mittelstand
und in der Industrie . Tausende von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern sichern täglich den wirtschaftlichen Erfolg
unseres Landes .

Ich denke, wir sind uns einig, dass wir die aktuellen
Herausforderungen nur bewältigen können, wenn die
Wirtschaft auch weiter stark bleibt . Eine wesentliche
Voraussetzung dafür ist eine funktionierende Verkehrsin-

frastruktur . In einer Exportnation wie unserer sind Un-
ternehmen davon abhängig, dass die hier produzierten
Waren auf funktionierenden Verkehrswegen schnell ihre
Kundinnen und Kunden erreichen . Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer wollen ohne große Probleme morgens
mit der Bahn zur Arbeit kommen, und das junge IT-Un-
ternehmen braucht eine schnelle Internetverbindung,
um seine Kundinnen und Kunden in Fernost oder Nord-
amerika zu erreichen . Wer möchte, dass Deutschland ein
wirtschaftlich starkes Land bleibt, muss daher in Straße,
Schiene und Wasserstraße investieren . Wer möchte, dass
Deutschland sich auf den Weg in die Gigabitgesellschaft
macht, muss den flächendeckenden Ausbau schneller In-
ternetdatenautobahnen vorantreiben .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer gegen zusätzliche Mittel für Verkehrsinvesti-
tionen kämpft, verhindert, dass wir wirtschaftlich er-
folgreich bleiben, und gefährdet Arbeitsplätze . Wer den
Breitbandausbau jetzt nicht staatlich fördert, akzeptiert,
dass strukturschwache Regionen bei der digitalen Revo-
lution abgehängt werden . Diese Koalition hat sich ent-
schieden . Wir setzen auf zusätzliche Investitionen und
arbeiten damit für den wirtschaftlichen Erfolg Deutsch-
lands . Das stärkt die Konjunktur . Das bringt Bürgerinnen
und Bürger in Arbeit . Ich sage: Das bringt auch unser
Land voran .


(Beifall bei der SPD)


Wir wissen, dass die digitalen Daten und der Verkehr
nicht im Stau stecken bleiben dürfen . Wir werden daher
im kommenden Jahr die Investitionen allein in die Ver-
kehrswege auf 12 Milliarden Euro erhöhen . Damit wer-
den so viele Mittel investiert wie nie zuvor . Zusätzliche
Einnahmen aus Steuern und der Lkw-Maut machen dies
möglich . Mit der Ausdehnung der Lkw-Maut auf die
restlichen vierspurigen Bundesfernstraßen und auf Fahr-
zeuge ab 7,5 Tonnen haben wir die Nutzerfinanzierung
ausgeweitet . Im Gegenzug garantieren wir, dass jeder
zusätzliche Maut-Cent in die Verkehrsinfrastruktur in-
vestiert wird . Das ist ein großer Erfolg, nicht nur wegen
eines Mehr an Einnahmen, sondern auch deswegen, weil
diejenigen an der Finanzierung beteiligt werden, die un-
sere Straßen besonders stark abnutzen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Erhalt muss bei den Investitionen in die Verkehrswe-
ge vor dem Neu- und Ausbau stehen . Bei den Bundes-
fernstraßen wollen wir allein mehr als 3 Milliarden Euro
in den Erhalt investieren . Das ist doppelt so viel wie für
den Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen . Konkret
bedeutet dies – wir haben das gerade schon gehört –:
Jede Brücke, die vollziehbares Baurecht hat, wird so-
fort und umgehend saniert . Dafür stocken wir auch das
Brückensanierungsprogramm bei der Straße noch einmal
auf .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Schiene wird angesichts des weiter anwachsen-
den Güterverkehrs neben der Straße die Hauptlast tragen .

Roland Claus






(A) (C)



(B) (D)


Wenn wir zum Beispiel im Ruhrgebiet oder anderswo
nicht im Verkehrskollaps enden wollen, brauchen wir
mehr Kapazität im Schienennetz, um die Güter auch in
Zukunft transportieren zu können .


(Beifall bei der SPD)


Daher werden wir mit fast 5 Milliarden Euro die beste-
henden Schienenwege erhalten und das Schienennetz an
wichtigen Stellen ausbauen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bisher fehlen-
de Geld für zusätzliche Investitionen wird in den kom-
menden Jahren im Bundeshaushalt zu Verfügung stehen .
Dazu tragen die Mehreinnahmen bei; das ist sicher . Da-
mit gehört auch die Unterfinanzierung der Verkehrsinfra­
struktur des Bundes Schritt für Schritt der Vergangenheit
an. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Mittel effizi-
ent einzusetzen und dort zu investieren, wo sie den größ-
ten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger haben .


(Beifall bei der SPD)


Ich sage hier auch ganz deutlich: Wir dürfen dabei kei-
ne Angst vor klaren Entscheidungen haben . Ich bin den
Koalitionspartnern von CDU und CSU dankbar, dass wir
uns im Zuge der Verhandlungen über die Pkw-Maut noch
einmal auf eine klare Priorisierungsstrategie verständigt
haben .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich aber gespannt!)


In wenigen Wochen wird die Bundesregierung den ersten
Entwurf für den neuen Bundesverkehrswegeplan vorle-
gen . Zum ersten Mal wird es auch eine breite Öffentlich-
keitsbeteiligung der Bürgerinnen und Bürger geben .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alibibeteiligung!)


Nach der Auswertung der Rückmeldungen wird die
Bundesregierung dann am Ende mit uns gemeinsam den
Bundesverkehrswegeplan beschließen .


(Axel Schäfer wir!)


Es ist mit mehreren Tausenden Rückmeldungen aus
allen Teilen Deutschlands zu rechnen . Danach wird der
Entwurf noch einmal überarbeitet werden . Ich sage noch
einmal Danke dafür . Ich habe großen Respekt vor der Ar-
beit des Bundesverkehrsministers und seiner Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter, die sicherstellen werden, dass
es zu einer ernsthaften Auswertung dieser Rückmeldun-
gen kommt und wir am Ende gemeinsam eine sinnvolle
Überarbeitung machen .


(Beifall bei der SPD – Gustav Herzog [SPD]: Sehr gut! – Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In der nächsten Wahlperiode!)


Ich werbe für einen breiten Konsens aller Fraktionen
in diesem Hause, dass wir bei den späteren Beratungen
über die Ausbaugesetze auch bei steigenden finanziellen
Mitteln realistisch bleiben und klare Prioritäten setzen .
Dabei werden wir sowohl die Unterstützung der Wirt-

schafts- und Umweltverbände als auch der einzelnen
Bundesländer brauchen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ab 2016 werden wir
für die kommenden Jahre ein milliardenschweres Förder-
programm des Bundes starten, mit dem wir den weiteren
Ausbau der digitalen Infrastruktur unterstützen werden .
Dafür werden – Kollege Claus hat sich gerade dankens-
werterweise korrigiert – rund 2,7 Milliarden Euro zur
Verfügung stehen . Dort, wo es eine Wirtschaftlichkeits-
lücke gibt, wollen wir technologie- und wettbewerbsneu-
tral den weiteren Ausbau des schnellen Internets fördern .


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt auf die Kriterien an!)


Unser Ziel bleibt der flächendeckende Ausbau mit schnel-
lem Internet mit einer Geschwindigkeit von 50 Mbit bis
2018 .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Kupferkabel!)


Keine Region darf bei der Digitalisierung unserer Gesell-
schaft abgehängt werden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Axel Schäfer [SPD]: Sehr wahr!)


Ich hoffe, dass wir am Anfang des nächsten Jahres die
ersten positiven Förderbescheide verschicken können .
Das muss jetzt schnell und zügig gehen . Dafür brauchen
wir beim Bund die entsprechenden Strukturen . Ich baue
voll auf Bundesminister Dobrindt, dass er hierfür alles
Notwendige vorbereitet hat .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute beginnen die
Beratungen des Haushaltsentwurfs für den Verkehrsbe-
reich und die digitale Infrastruktur für das kommende
Jahr . Lassen Sie uns gemeinsam schauen, an welcher
Stelle der gute Entwurf noch weiter verbessert werden
kann . Ich baue wie immer auf die konstruktive Zusam-
menarbeit aller Fraktionen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201400

Das Wort hat der Kollege Sven-Christian Kindler für

die Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es geht heute um Grundsätze in der Verkehr-
spolitik . Ehrlich gesagt, Herr Dobrindt, war ich schon
etwas überrascht und es hat mich fassungslos gemacht,
dass Sie heute wieder eine Kabarettrede gehalten haben .
Es kann doch nicht sein, dass Sie hier eine Rede wie in
einem bayerischen Bierzelt halten . Wir müssen über die
Verkehrspolitik streiten .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Das war doch keine Bierzeltrede!)


Sören Bartol






(A) (C)



(B) (D)


Es sind zwei Jahre vergangen, Herr Dobrindt – Zeit,
Bilanz zu ziehen . Was haben Sie eigentlich gemacht? Wir
können sehen, was Sie alles nicht gemacht haben . Zur
Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wur-
de schon etwas gesagt . Nichts ist passiert . Brücken und
Straßen zerbröckeln weiter in diesem Land . Zukunfts-
weisende Ideen für den ÖPNV, für den Radverkehr, für
den Klimaschutz, für die Elektromobilität gibt es nicht .
Fehlanzeige! Da ist nichts . Das liegt daran, dass Sie ein
zentrales Thema hatten, das Sie sich als CSU-Minister
gesetzt haben: die Pkw-Maut . Zum Glück ist diese Pkw-
Maut krachend gescheitert .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deswegen waren es leider zwei verlorene Jahre der
Verkehrspolitik in Deutschland . Das ist Ihre Verantwor-
tung, Herr Dobrindt . Nach zwei Jahren muss man leider
feststellen, dass Sie nicht mehr als der Mautminister ge-
worden sind . Sie sind leider kein Verkehrsminister ge-
worden . Anstatt zu begreifen, sich umzustellen und zu
sagen: „Okay, das war ein Fehler, wir hören auf damit“,
was machen Sie stattdessen? Sie haben heute wieder
im Plenum gesagt: Brüssel wird scheitern . Wir sind im
Recht . – Ja, hallo, in welcher Welt leben Sie denn eigent-
lich? Kommen Sie endlich einmal in der Realität an . Das
ist doch wirklich absurd und bescheuert, was Sie bei der
Pkw-Maut machen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Jetzt arbeiten Sie noch an der Wortwahl!)


Wenn man über den Autoverkehr redet, muss man sich
vorstellen, dass Sie mit vollem Speed gegen die Wand
gefahren sind . Es gab viele Warnungen . Alle haben Sie
gewarnt . Sie haben trotzdem weiter Gas gegeben . Dann
gab es einen Totalschaden . Jetzt setzen Sie noch einmal
zurück und fahren wieder auf die Wand zu . Ich frage
mich manchmal: Wann ist es einmal genug? Wann tut es
einmal wirklich weh? Wann begreifen Sie endlich, dass
es keine diskriminierungsfreie Diskriminierung gibt? Die
Wand wird nicht wackeln, der EuGH wird nicht wackeln .
Wann begreifen Sie das endlich? Das wird doch wieder
vor dem EuGH scheitern .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir reden über den Verkehrsetat . Er steigt im Bereich der
Straßen . Das stimmt; das haben Sie erwähnt . Aber die
Frage ist: Was machen Sie mit den zusätzlichen Geldern?
Wenn man sich das im Haushalt ansieht, dann sieht man:
Die Mittel für den Neu- und Ausbau von Straßen steigen
um 37 Prozent im Soll, die für den Erhalt von Straßen
steigen nur um 19 Prozent im Soll . Prozentual gesehen
ist die Steigerung beim Neu- und Ausbau also doppelt
so hoch. Der Erhalt dagegen ist weiterhin unterfinanziert.


(Sören Bartol [SPD]: Das ist einfach falsch!)


– Guck in den Haushalt, Sören; da steht es drin . Guck dir
die Sollzahlen an . Ich zeige ihn dir nachher gerne .


(Sören Bartol [SPD]: Gerne!)


Dazu passen Ihre Sommerlochaktionen, Herr
Dobrindt . Während des Sommerlochs 2014 haben Sie
sich, ohne das Parlament zu fragen, neue Straßen, vor
allem Ortsumgehungen, für 1,7 Milliarden Euro ge-
nehmigt . Dieses Jahr haben Sie noch einmal ordentlich
draufgepackt und für 2,6 Milliarden Euro 69 neue Stra-
ßen genehmigt . Trotz aller Sonntagsreden, die Sie hier
über den Erhalt der Straßen halten, zeigt das, wie ich fin-
de, deutlich, dass Sie an der alten Spatenstichideologie
festhalten. Der Erhalt ist immer noch unterfinanziert. Ich
fordere Sie auf, endlich umzudrehen und umzusteuern .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Reinhold Sendker [CDU/CSU]: Das ist doch Steinzeit, was Sie da predigen!)


Pikant ist, dass von diesen 69 Straßen 52 Maßnah-
men eigentlich noch einmal im neuen Bundesverkehrs-
wegeplan überprüft werden sollten . Das habe nicht ich
mir ausgedacht; das haben Sie sich ausgedacht, Herr
Dobrindt . Ihre Grundkonzeption sah vor, dass man keine
neuen Fakten schafft . Sie haben jetzt aber neue Fakten
geschaffen . Bei vielen dieser Maßnahmen handelt es sich
um Ortsumgehungen . Das heißt: Auch das widerspricht
der Grundkonzeption des Bundesverkehrswegeplans .
Das sind keine notwendigen Lückenschlüsse . Das hat
keine überregionale, bundesweite Bedeutung . Das ist
keine Knotenbeseitigung . Dass Sie sich hier nun auch
noch dafür feiern, den Bundesverkehrswegeplan so zu
hintergehen, finde ich schon megadreist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oberdreist!)


Das hat natürlich einen Grund . Das hängt damit zu-
sammen, dass vor allen Dingen die Länder, besonders
Bayern, den Bundesverkehrswegeplan wieder massiv
überbuchen wollen . Für den Straßenbereich sind Pro-
jekte mit über 100 Milliarden Euro angemeldet . Bayern
hat 400 Projekte für die nächsten 15 Jahre angemeldet .
Mit der heutigen Finanzausstattung würde das aller-
dings nicht 15 Jahre dauern, sondern sage und schreibe
160 Jahre, also bis zum Jahr 2175 . Da kann man natürlich
verstehen, dass der bayerische Minister Dobrindt seinem
Land etwas Gutes tun will und die Priorisierung und den
„Vordringlichen Bedarf Plus“ über Bord kippt . Man hat
somit wieder eine unfinanzierbare Wünsch­dir­was­Liste
ohne Priorisierung, was zulasten des Erhalts der Brücken
und der Straßen geht. Ich finde, das ist die komplett fal-
sche Antwort der Verkehrspolitik .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben sich hier für öffentlich-private Partnerschaf-
ten gefeiert, Herr Dobrindt . An Ihrem sogenannten neuen
Modell ist allerdings nichts neu . Das ist das alte Verfüg-
barkeitsmodell . Der Bundesrechnungshof hat es Ihnen
oft aufgeschrieben: Diese Projekte werden im Durch-
schnitt 20 Prozent teurer sein . Man kann sie allerdings
auch ohne öffentlich-private Partnerschaften gut im Etat

Sven­Christian Kindler






(A) (C)



(B) (D)


realisieren . Das geht schnell, das geht gut, und das geht
vor allen Dingen günstiger .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen finde ich, sollen Sie in diesem Punkt endlich
einmal auf den Bundesrechnungshof hören .

Ich möchte noch etwas zum Breitbandausbau sagen .
Es war richtig, dass Sie dafür nach zwei Jahren endlich
einmal Geld eingestellt haben . Ich halte das aber für kei-
ne große Leistung . Denn wir wissen, dass das Geld bei
Weitem nicht ausreichen wird, um den ländlichen Raum
anzuschließen .

Mich besorgt im Übrigen sehr, was die Deutsche Te-
lekom momentan macht; der Kollege Claus hat es an-
gesprochen . Die Telekom will für das Vectoring im
wohnortnahen Bereich eine Monopolstellung bei der
Bundesnetzagentur erreichen . Es handelt sich dabei aber
wieder – das wurde schon gesagt – um die alten Kupfer-
kabel .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieser alte Schrott!)


Das ist nicht die moderne Infrastruktur, die wir brauchen .
Das verhindert den Wettbewerb . Deswegen ist das, was
die Deutsche Telekom macht, inakzeptabel .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Innovation!)


Das ist keine Innovation, und das wird uns auch nicht
beim Breitbandausbau helfen . Denn die Übertragungsra-
ten werden in ein paar Jahren schon viel zu gering sein .
Eigentlich sind die Kabel jetzt schon veraltet .

Ich finde, die Große Koalition hat eine wichtige Verant-
wortung, bei diesem Zukunftsthema nicht zu versagen .
Bei Toll Collect, Herr Minister, sind Sie dem Lobby-
druck der Telekom erlegen. Ich finde, das darf jetzt nicht
wieder passieren .


(Martin Dörmann [SPD]: Das wird die Bundesnetzagentur unabhängig entscheiden!)


– Ich weiß, dass die Bundesnetzagentur unter der Auf-
sicht des Bundeswirtschaftsministers steht .


(Sören Bartol [SPD]: Die ist unabhängig, Herr Kollege!)


Deswegen hat die SPD eine wichtige Verantwortung .
Aber auch Sie, Herr Dobrindt, haben eine wichtige
Verantwortung für den Breitbandausbau im ländlichen
Raum. Das funktioniert nicht ohne Politik. Ich finde, Sie
sollten jetzt Ihren Einfluss nutzen und dafür sorgen, dass
der Wettbewerb beim Breitbandausbau im ländlichen
Raum gesichert wird, und auf Glasfaser setzen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir reden im Rahmen dieser Haushaltsberatungen auch
über die Zukunft unserer Gesellschaft und darüber, wie
unser Land in 5, 10 oder 15 Jahren aussehen soll . Ich
muss leider sagen, dass ich bei Herrn Dobrindt keine zu-
kunftsweisenden Ideen finde. Da steht nichts zum ÖPNV,

da steht nichts für einen wirklichen Klimaschutz, für ei-
nen Durchbruch bei der Elektromobilität, für den Ausbau
der Schiene, für effektiven Lärmschutz . Das alles müsste
jetzt angepackt werden . Stattdessen gibt es leider nur viel
Maut, viel Murks bei Herrn Dobrindt . So kann es nicht
gehen . Sie müssen endlich umsteuern in der Verkehrspo-
litik .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201500

Arnold Vaatz ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1812201600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Einzelplan 12, über den wir heute reden, ist
einer der größten Erfolge in diesem Haushalt 2016 . Er
ist zugleich der Erfolg von langjährigen kontinuierlichen
Bemühungen, den Finanzbedarf im Verkehrsbereich an
den tatsächlichen Handlungsbedarf anzupassen, und ich
halte das für eine große Teamleistung, an der sehr viele
mitgearbeitet haben . Das beginnt bei Minister Dobrindt,
bei Herrn Schäuble und endet bei den Haushältern der
Großen Koalition . Wir haben hier meines Erachtens
wirklich sehr viel geschafft, und dies ist hier nicht der
Platz, diese Dinge kleinzureden .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kindler, mir ist bei Ihrer Tirade gegen die Maut
aufgefallen, dass Sie sich ganz schön emotional reinge-
steigert haben . Das macht man nur dann, wenn man sich
nicht hundertprozentig sicher ist, dass man recht hat .


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb weiß ich nicht, ob Sie hier nicht ein bisschen
voreilig gewesen sind . Wenn man genau zugehört hat,
dann merkte man, dass Sie eigentlich am Haushalt relativ
wenig auszusetzen hatten . Aus diesem Grund haben Sie
sich auf andere Themen kapriziert .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann haben Sie nicht richtig zugehört! Mal lieber aufpassen!)


Meine lieben Freunde von den Grünen,


(Zurufe von der SPD: Oh! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So weit ist es noch nicht!)


ich glaube, Sie sollten einmal prüfen, was Sie an altem,
abgestandenem ideologischem Krempel aus Ihrem In-
strumentarium herauswerfen können . Die Dinge werden
jetzt schnell gehen . Wir alle brauchen Platz im Gehirn,
Sie auch .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sven­Christian Kindler






(A) (C)



(B) (D)


Lieber Herr Claus, auch Sie muss ich kurz ansprechen,


(Roland Claus [DIE LINKE]: Ja!)


weil ich immer wieder staune, woher Sie die Dreistigkeit
nehmen, uns so pauschal vorzuwerfen, wir könnten nicht
mit Geld umgehen .


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Diese Vermutung kann man sehr wohl äußern, wenn man
selbst schon beeindruckende Beispiele der eigenen Fä-
higkeit beim Umgang mit Geld hingelegt hat . Aber Sie
wissen, wie tragisch Sie gescheitert sind, als Sie vor 25,
26 Jahren versucht haben, die vier Grundrechenarten zu
beerdigen .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


Wer versucht, die vier Grundrechenarten zu beerdigen,
der macht die Erfahrung, dass sich diese vier Grundre-
chenarten nach scheinbar erfolgreicher Beerdigung im
Grab umdrehen und Erdbeben verursachen . Da ist Ihnen
damals die Bude über dem Kopf eingebrochen .


(Zuruf des Abg . Roland Claus [DIE LINKE])


Jetzt heißen Sie die Linken . Sie müssten eigentlich die
Flinken heißen, weil Sie dreimal den Namen gewechselt
haben, um damit nicht mehr in Verbindung gebracht zu
werden .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei den LINKEN)


Meine Damen und Herren, es ist meines Erachtens ein
sehr leistungsfähiger Haushalt aufgestellt worden . Jetzt
ist es unsere Aufgabe – dieser müssen wir uns alle stel-
len –, schnell an die Arbeit zu gehen .


(Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da merkt man nichts davon!)


Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Geld auch an dem
Platz, an den es hingehört, ausgegeben und verwendet
wird, und das wird kein Spaziergang . Wir brauchen dazu
eine Reform der Auftragsverwaltung . Auch das haben
wir schon im Koalitionsvertrag bedacht und niederge-
schrieben . Es gibt konkrete Überlegungen dazu .

Wir müssen verstehen, dass die gegenwärtigen Auf-
tragsverwaltungen der Länder Defizite aufweisen. Zu-
nächst einmal gibt es das Problem, dass es oftmals unter-
schiedliche verkehrliche Prioritäten zwischen dem Bund
und den Ländern gibt . Das sorgt regelmäßig für Reibung .
Die Länder waren sich dessen auch bewusst . Für die Pla-
nung und den Bau von Straßenprojekten bedienen sich
inzwischen 12 der 16 Länder der DEGES, die als zen-
trale privatrechtliche Verwaltungsstruktur die Kompeten-
zen bündelt und enorm erfolgreich ist, zumindest in den
neuen Ländern; ich nehme an, das wird auch für die alten
Länder gelten .

Wir brauchen eine von Bund und Ländern gemeinsam
getragene Priorisierung . Wir müssen darauf achten, dass
die unterschiedlichen Verwaltungsverfahren in den Län-
dern nicht ständig zu Verzögerungen und Reibungen bis
hin zu Blockaden führen . Wir müssen außerdem errei-
chen, dass der Bund dort, wo er finanziert, auch die Kon-

trolle über die Ausführung hat . Dies ist im Augenblick
nicht gegeben. Die Länder planen, der Bund finanziert.

Was ist die Lösung? Die Finanz- und Aufgabenverant-
wortung muss in eine Hand . Sie muss in einer Bundes-
verwaltung zusammengeführt werden . Die Anzahl der
Verwaltungsinstanzen in den Planungs- und Baurechts-
verfahren muss reduziert werden . Wir können nur mit
schnelleren Genehmigungsverfahren und einer zügige-
ren Planung, zum Beispiel durch eine Instanzenverkür-
zung bei Klageverfahren, die Infrastrukturprojekte, die
wir durchführen müssen, bedarfsgerecht und wirtschaft-
lich umsetzen .

Wir brauchen eine Infrastrukturgesellschaft des Bun-
des; Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat das
vor drei Tagen hier vorgetragen, und ich möchte das
unterstreichen . Des Weiteren ist eine für alle Bundesver-
kehrswege verantwortliche Planfeststellungsbehörde auf
Bundesebene zu schaffen .

Es ist notwendig, dass wir uns über die Prämissen klar
werden, die für eine solche strukturelle Veränderung gel-
ten müssen . Selbstverständlich bleibt das Eigentum an
den Bundesfernstraßen, Bundesautobahnen und Bundes-
straßen, wie bisher beim Bund . Für die Bundesautobah-
nen muss der Bund die Verwaltung übernehmen . Dazu
wird eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft im
100-prozentigen Eigentum des Bundes gegründet . Erfor-
derlich ist also eine Organisationsprivatisierung . Dabei
müssen wir nicht die ASFINAG aus Österreich kopieren .
Aber wir müssen uns die dortigen Erfolge anschauen und
versuchen, eine auf unsere Bedürfnisse zugeschnittene
Entsprechung zu schaffen .

Die privatrechtliche Gesellschaft muss die Einnahme-
kompetenz haben, was die Straßennutzungsgebühren für
die Bundesautobahnen angeht . Neben dieser Einnahme-
quelle muss sie die Möglichkeit haben, privates Kapital
von Investoren für Investitionen in den Straßenbau zu
akquirieren .

Für die Umsetzung dieser Pläne bedarf es einer Ände-
rung des Grundgesetzes, weil das dort bisher nicht vorge-
sehen ist . Dafür brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit .
Ohne diese strukturellen Veränderungen wird es sehr
schwierig, die enormen Mittel, die wir jetzt bereitstellen,
an der Stelle unterzubringen, wo sie unserer Gesellschaft
und unseren Bürgern den größten Nutzen bringen . Des-
halb bitte ich alle, ernsthaft über diese strukturellen Ver-
änderungen nachzudenken . Wir müssen möglicherweise
noch über viele Details sprechen; aber dass eine solche
strukturelle Änderung notwendig ist, daran kann es mei-
nes Erachtens keinen Zweifel geben . Sonst werden wir
uns weiter in endlosen Planungs- und Genehmigungsver-
fahren verheddern und in endlosen Klagewegen stecken
bleiben . Wir werden eine Politik des Stillstands haben,
wenn wir an dieser Stelle nicht eine Schneise schlagen,
wie Bundesminister Schäuble es in dieser Woche vorge-
schlagen hat .

Ich möchte noch einen Punkt nennen, bei dem diejeni-
gen, die ähnlich denken wie ich, sich nicht durchgesetzt
haben: die Luftverkehrsteuer . Zurzeit ist ein Luftver-
kehrskonzept in Arbeit . Wir hoffen, dass dort die Rah-
menbedingungen für den Luftverkehr in Deutschland

Arnold Vaatz






(A) (C)



(B) (D)


fixiert werden und wir so in der Zukunft eine stabile
Grundlage für leistungsfähige Airlines, leistungsfähige
Flughäfen und einen reibungslosen Flugbetrieb haben
werden .

Aber das ist noch nicht alles . Die Luftverkehrsteu-
er trifft einseitig die Unternehmen, die in Deutschland
starten und landen, und das sind unsere inländischen Air-
lines . Es ist eine ordnungspolitische Fehlleistung, wenn
wir deutsche Unternehmen gegenüber ausländischen
Wettbewerbern einseitig benachteiligen, um Steuern zu
akquirieren . Deshalb werde ich weiter meine Stimme
erheben . Ich weiß, dass meine Meinung nicht von allen
geteilt wird


(Ulli Nissen [SPD]: Das stimmt!)


und dass wir bis jetzt noch nicht durchgekommen sind .


(Sören Bartol [SPD]: Arnold, du hättest sie gar nicht einführen sollen!)


Aber ich werde das mir Mögliche tun, um darauf hin-
zuwirken, dass die Luftverkehrsteuer irgendwann einmal
fällt . Angesichts der enormen Steuereinnahmen, die wir
im Augenblick haben, können wir das, glaube ich, ver-
kraften .

Vielen Dank, meine Damen und Herren .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201700

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin

Sabine Leidig das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812201800

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lie-

be Besucherinnen und Besucher! Sehr geehrter Herr Mi-
nister, wenn ich Sie so reden höre, dann frage ich mich,
ob wir in Parallelwelten leben oder ob es mir peinlich
sein sollte, dass ich so eine Rede im Deutschen Bundes-
tag, in einem Entscheidungsgremium eines der wichtigs-
ten Länder der Welt, hören muss .


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Das beruht auf Gegenseitigkeit!)


Sie haben auf dem Zettel: mehr Straßen, 80 Prozent
mehr Autos auf der Autobahn . Sie wollen keine sichere
Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs gewähren,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer sagt das denn?)


und noch immer hängen die Länder in der Luft, was die
Regionalisierungsmittel angeht .

Ich habe im Sommer viele Städte besucht und über
das Thema „öffentlicher Nahverkehr“ geredet . Dort gibt
es große Unsicherheit darüber, wie es weitergehen soll .
Sie stellen sich hin und behaupten, was Sie hier vorlegen,
sei intelligent und modern . Ich kann das nicht erkennen .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe die Sommerpause zum Lesen genutzt – das
hätte ich Ihnen auch empfehlen können –, Sie hingegen
haben die Sommerpause dazu genutzt, neue Straßenpro-
jekte zu eröffnen . In der schönen Zeitschrift Das Parla-
ment war Mitte Juli zum Beispiel ein Artikel zum Thema
Verkehr zu lesen . Die große Überschrift lautete: „Falsche
Anreize“ . Darin wird sehr gut dargestellt – auch das
Umweltbundesamt hat dieses Thema im Sommer aufge-
griffen –, wie Subventionen in den Bereichen Flug- und
Lkw-Verkehr systematisch dazu führen, dass die klima-
schädlichen CO2-Emissionen, die aus dem Verkehr resul-
tieren, immer weiter steigen . Es wird auch dargestellt,
wie notwendig es ist, an diesen Stellschrauben zu drehen,
die grundlegende Richtung zu verändern, damit wir eine
umweltverträgliche Mobilität entwickeln können . Das
wäre wirklich modern .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das sieht übrigens auch die große Mehrheit der Bür-
gerinnen und Bürger in unserem Land so . Das ist keine
avantgardistische Position . In diesem Jahr wurde vom
Umweltministerium eine große Studie über das Umwelt-
bewusstsein in Deutschland veröffentlicht . Laut Studie
sagen zwei Drittel der Befragten, dass ein hinreichender
Umwelt- und Klimaschutz eine grundlegende Bedingung
dafür ist, dass die Zukunftsaufgaben, zum Beispiel die
Globalisierung, gemeistert werden können .

Angesichts des großen Zuzugs von geflüchteten Men-
schen aus der ganzen Welt in diesen Monaten ist klar,
dass wir uns den großen Fragen, die durch die großen
Veränderungen in der Welt aufgeworfen werden, nicht
einfach verschließen können . Jetzt geht es vor allen Din-
gen um Kriege und Krisen . Es gibt aber auch Kriege und
Krisen, die sich um Ressourcen wie Erdöl und Seltene
Erden drehen .


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn man aus dieser Falle heraus will, dann muss man
auf Ressourcenschonung setzen, auf das „neue Mehr“,
das weniger bedeutet . Außerdem werden in Zukunft viel
mehr Menschen fliehen, weil sich die klimatischen Ver-
hältnisse verändern. Die Klimaflüchtlingswelle wird die
nächste große Welle sein, und das wissen die Menschen .

Ein Ergebnis der von mir genannten Studie des Um-
weltbundesamtes finde ich besonders interessant. Die Po-
litik wird aufgefordert, sozial-ökologische Umbaukon-
zepte zu entwickeln . Es werden zum Beispiel innovative
Konzepte gefordert, die geeignet sind, einen Beitrag zum
Umwelt- und Klimaschutz zu leisten und gleichzeitig zu
einer besseren Lebensqualität . Eine große Mehrheit der
Befragten, 82 Prozent, betrachtet eine Abkehr vom Auto-
verkehr und eine Hinwendung zum öffentlichen Nahver-
kehr sowie zum Fahrradverkehr und zu kurzen Fußwegen
als einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität .
Damit wird genau das Gegenteil von dem formuliert, was
Sie machen. Ich finde, diese 82 Prozent haben recht. Wir
fordern, dass ein solcher Weg eingeschlagen wird .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen und auf die
sehr aktuelle Situation der Geflüchteten in diesem Land

Arnold Vaatz






(A) (C)



(B) (D)


eingehen . Es ist verrückt, dass diese Menschen, von denen
die meisten hier mit fast nichts ankommen, für jede Stre-
cke in der Stadt, die sie nicht zu Fuß bewältigen können,
sondern nur mit der S-Bahn, der U-Bahn oder dem Bus,
ein Ticket zum Normalpreis lösen müssen . In Berlin sind
das mindestens 2,25 Euro . In der Flüchtlingsinitiative, in
der ich mitwirke, wird ein Großteil der Spendengelder
für Bahntickets oder ÖPNV-Tickets für die Flüchtlinge
verwendet . Es gibt eine tolle Initiative der Kolleginnen
und Kollegen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
in Berlin . Sie fordern, die Bahn solle mit gutem Beispiel
vorangehen – das ist der größte öffentliche Betrieb, den
wir haben – und ein A-und-O-Ticket ausgeben – ankom-
men und orientieren – und damit diesen Menschen die
Möglichkeit geben, kostenlos mit dem ÖPNV zu fahren,
ohne sich strafbar zu machen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir finden diese Idee sehr gut. Das wäre zumindest ein
kleiner Beitrag, um Mobilität für alle sicherzustellen .

Ich finde, dass die Bahn darüber hinaus von ihrem
Eigentümer animiert werden sollte, darüber nachzuden-
ken, welche Liegenschaften für die Unterbringung von
Flüchtlingen genutzt werden könnten, da viele Gebäude
leer stehen .

Herr Minister, Ihre Sommerlochaktivitäten zielten
in die falsche Richtung . Ich wünsche mir sehr, dass Sie
jetzt, da der Parlamentsbetrieb und der politische Betrieb
wieder richtig losgehen, solche Initiativen ergreifen und
damit einen Beitrag zur Verbesserung dieser Gesellschaft
leisten .

Danke .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812201900

Ich erteile das Wort der Kollegin Bettina Hagedorn für

die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1812202000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Liebe Zuschauer! Herr Minister, es ist eine Freude, ei-
nen solchen Etat hier in der ersten Lesung vorstellen zu
dürfen . Dieser Etat ist das Ergebnis unserer gemeinsa-
men Anstrengungen in der Großen Koalition, von Herrn
Schäuble und uns Haushältern . So ist es uns möglich, das
in Deutschland dringend erforderliche Geld bereitzustel-
len und für eine nachhaltige Finanzierung zu sorgen . Ich
bin froh, dass wir mit dieser positiven Erkenntnis in die
Haushaltsberatungen starten können .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Zahlen, die im Einzelnen ausreichend erwähnt
worden sind, möchte ich kurz zusammengefasst darstel-
len: Schon im Haushaltsjahr 2015 – das muss man sich
einmal auf der Zunge zergehen lassen – haben wir deut-
lich mehr Investitionsmittel bereitgestellt, als das zuvor

der Fall war . Wir haben es hinbekommen, im Entwurf
des Haushalts 2016 eine weitere Aufstockung der Mittel
um über 2 Milliarden Euro vorzusehen . Wer fragt: „Wo
sind die denn?“, dem sei gesagt: Diese Mittel stehen
nicht komplett im Einzelplan 12, sondern zum Teil auch
im Einzelplan 60; denn dort ist das 10-Milliarden-Eu-
ro-Paket eingestellt . Aber über 1,3 Milliarden Euro aus
diesem 10­Milliarden­Euro­Paket fließen schon 2016,
und darauf können wir gemeinsam stolz sein .


(Beifall bei der SPD)


Was hier noch nicht erwähnt worden ist, ist Folgendes:
Wir haben im Juli aus Brüssel die Zusage bekommen,
dass wir 1,7 Milliarden Euro aus CEF-Mitteln erhalten
werden, überwiegend für Bahnprojekte in Deutschland,
die von europäischer Bedeutung sind .


(Beifall bei der SPD)


– Ja, das ist einen Applaus wert . – Das bedeutet, dass wir
in den nächsten Jahren 1,7 Milliarden Euro, die wir schon
zur Verfügung gestellt haben, für weitere Investitionen in
den Bereichen Schiene und Wasserstraße frei haben .


(Beifall bei der SPD)


Das heißt, wir haben das geschafft, was uns die Bode-
wig- und die Daehre-Kommission zu Recht ins Stamm-
buch geschrieben haben, auch dank der Aufstockung der
Mautmittel – der Lkw-Mautmittel wohlgemerkt – auf
4,6 Milliarden Euro in diesem Jahr, die wir zu 100 Pro-
zent für Investitionen zur Verfügung stellen und die – das
haben wir uns vorgenommen – ab 2018 sogar noch ein-
mal um 2 Milliarden Euro steigen sollen, wenn wir die
Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen ausweiten . Wir
stabilisieren damit den Verkehrsetat nachhaltig und sind
in der Lage, die Schularbeiten endlich richtig grundsoli-
de zu machen .


(Beifall bei der SPD)


Das einzige Nadelöhr, das wir tatsächlich haben, ist
nicht fehlendes Geld, sondern sind Planungskapazitäten .
Ich möchte ausdrücklich sagen: Das, was wir im Moment
nicht wirklich brauchen, ist privates Geld; denn wir sind
in der Lage, genug öffentliches Geld bereitzustellen . Da-
rauf bin ich auch stolz .

Privates Geld brauchen wir im Moment nicht . Aber
wir haben einen enormen Fachkräftemangel, und der, lie-
ber Kollege Vaatz, wird durch das, was Sie hier skizziert
haben, nicht wirklich behoben . Ich muss Ihnen sagen:
Ich finde das ein bisschen bedauerlich. Sie haben ein sehr
sensibles Thema auf eine Art und Weise angeschnitten,
dass es mich als Koalitionspartner reizt, etwas dazu zu
sagen, was ich sonst nicht getan hätte. Ich finde, Sie ha-
ben hier mit einer massiven Stellungnahme in ein laufen-
des Verfahren zum Thema Bundesfernstraßenverwaltung
und Konzentration eingegriffen . Dieses Thema ist noch
längst nicht abgearbeitet .

Die von Ihnen genannte Grundgesetzänderung, die Sie
anstreben und die viele für erforderlich halten, kann es
nur geben, wenn wir in diesem Haus bei diesem Thema
beieinanderbleiben; denn eine Grundgesetzänderung –
bitte vergessen Sie das nicht – erreichen wir niemals mit

Sabine Leidig






(A) (C)



(B) (D)


Ideologisierung, sondern nur mit breiter Zustimmung im
Bundestag und im Bundesrat .


(Beifall bei der SPD)


Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen sagen: Es
gibt viele Vorschläge zu diesem Thema, die es wert sind,
gelesen zu werden . Der Bundesrechnungshof hat im Ap-
ril auf Wunsch der Mitglieder des Rechnungsprüfungs-
ausschusses Bemerkenswertes dazu aufgeschrieben: Wir
sind für eine Reform, ja . Wir sind nicht mit dem Status
quo zufrieden, ja. Eine Entflechtung der Zuständigkeiten
kann enorme Effizienzgewinne bringen. – Das schreibt
der Bundesrechnungshof . Dass der Bund das Geld gibt
und die Länder es ausgeben, ist nicht wirklich das, was
sich der Bundesrechnungshof wünscht . Aber er sagt auch:
keine Mammutbehörde – damit haben wir nur schlechte
Erfahrungen gemacht –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


und keine sinnlose Zentralisierung, sondern eine klare
Verteilung zwischen Bund und Ländern, die man neu
stricken muss . Da mag es dann Zuständigkeiten auf Bun-
desebene geben, beispielweise für die Autobahnen oder
für ein von nationalem Interesse gekennzeichnetes Netz .
Aber dann muss es auch darum gehen, Aufgaben an die
Länder zu geben und dort Geld und Planung in einer
Hand zusammenzuführen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nur so können wir Effizienz erzielen. Dazu muss man
mit den Ländern reden .

Sie wissen, Herr Kollege Vaatz, dass die Länderver-
kehrsminister Herrn Bodewig erneut beauftragt haben,
hierzu etwas zu erarbeiten . Er hat gerade erst die Arbeit
aufgenommen; den Auftrag hat er im Juli bekommen .
Wer in Deutschland wirklich etwas verändern will, der
wartet jetzt erst einmal auf die Ergebnisse, und dann
schauen wir einmal . Wir müssen natürlich mit den Län-
dern reden . Ich bin bei Ihnen, dass wir etwas ändern wol-
len, aber bitte nicht, indem man an dieser Stelle Porzellan
zerschlägt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe es schon gesagt: Das wirkliche Nadelöhr,
Herr Dobrindt, sind überall die Planungskapazitäten . Das
gilt für Straße, Schiene und Wasserwege . By the way:
Wir planen im Moment in Deutschland auch noch die
380-kV-Trassen . Für alle diese Planungsvorhaben wird
exakt das gleiche Planungspersonal gebunden, gerade
auch in den Ländern . Man muss einmal sagen – auch das
gehört zur Wahrheit dazu –: Es war falsch, in den letzten
zehn Jahren in der ganzen Bundesrepublik massiv Perso-
nal einzusparen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das war völlig falsch!)


Wir Sozialdemokraten haben wegen großer Sparzwänge
leider teilweise dabei mitgemacht . Aber ich muss schon
sagen, dass der Ruf nach Privatisierung und nach einer
Entkräftung der öffentlichen Hand maßgeblich von Ihnen

mit Ihrem damaligen Koalitionspartner, der FDP, voran-
getrieben worden ist .

Ich finde, das muss man hier einmal sagen. Wir müs-
sen da umsteuern . Wir müssen die öffentliche Hand wie-
der stärker machen .

Wir brauchen gutes Personal . Das müssen wir erst ein-
mal anwerben; denn die Fachkräfte im Bereich Ingeni-
eurswesen und in den technischen Berufen werden auch
von der Wirtschaft gebraucht . Im Übrigen hat durchaus
auch schon die DEGES ein paar Probleme, gute Leu-
te zu bekommen . Sie werden vor allen Dingen in der
Wirtschaft hoch bezahlt . Wir als Haushälter haben das
erkannt . Schon im letzten Jahr haben wir gemeinsam
einen Maßgabebeschluss gefasst, in dem wir Sie, Herr
Dobrindt, bitten, eine außertarifliche Bezahlung für tech-
nisches Personal in unserer eigenen Bundesbehörde – das
ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung – zu ermög-
lichen; denn wir sehen, dass wir die Bauvorhaben, die
auch bei den Wasserstraßen erforderlich sind,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nicht realisieren können, wenn wir da nichts tun . Wir ha-
ben 85 Stellen für Ingenieure und für technisches Perso-
nal geschaffen, und zwar in der Fläche und nicht in Bonn .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bonn ist ja auch am Rhein!)


Herr Minister, es gibt den Fortschrittsbericht zur Re-
form der WSV, über den in den Gremien, auch im Rech-
nungsprüfungsausschuss, noch diskutiert werden wird .
Ich sehe den Bericht sehr kritisch, weil Sie an dieser Stel-
le nicht zügig genug gehandelt haben . Ich muss sagen:
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen .
Sie schreiben allen Verkehrsministern in den A-Ländern
im Moment gerne ins Stammbuch, dass sie nicht genug
Planungsvorräte haben . Herr Minister, die Wahrheit ist,
dass viele Mittel für Wasserstraßen und Schleusen in den
letzten Jahren von Ihrem Haus für Straßen ausgegeben
worden sind, weil Sie nicht in der Lage waren, die Mittel
für Wasserstraßen auszugeben . An dieser Stelle wünsche
ich mir mehr Ehrgeiz, mehr Konsequenz . Die Wasser-
straßen werden wir im Auge behalten; denn auch sie sind
wichtig für die Daseinsvorsorge, wenn zum Beispiel Gü-
ter von der Straße auf die Wasserwege umgeleitet wer-
den . Das ist ein Ziel, Herr Minister, das wir gemeinsam
anpacken wollen .

Danke .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812202100

Nun hat das Wort die Kollegin Valerie Wilms für die

Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen .


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812202200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte

Kolleginnen und Kollegen! Tja, aus diesem Verkehrsetat

Bettina Hagedorn






(A) (C)



(B) (D)


kann man nur einen einzigen Schluss ziehen: Der zustän-
dige Minister ist überfordert .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Je länger er überfordert ist, desto mehr rüstet er ver-
bal auf und drischt auf die Grünen ein, auf unseren guten
Verkehrsminister Winne Hermann in Baden-Württem-
berg; etwas anderes fällt ihm nicht ein .


(Lachen bei der CDU/CSU)


Herr Dobrindt redet viel über Bürgerbeteiligung und
Modernisierung, aber viel mehr als Schönfärberei kann
ich nicht erkennen . Auf Ihre Bürgerbeteiligung beim
Bundesverkehrswegeplan bin ich gespannt; denn im De-
zember soll der Kabinettsbeschluss stehen . Irgendwie
klappt das nicht so ganz, Bürgerbeteiligung innerhalb
einiger weniger Wochen abzuarbeiten .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mehr als Schönfärberei haben Sie wirklich nicht zu bie-
ten .

Jetzt schauen wir uns einmal Ihren Verkehrsetat in den
Details an . Sie reden gerne von „Erhalt vor Neubau“ . Das
haben Sie auch heute wieder gemacht . Das ist und bleibt
bei Ihnen aber nichts als eine Floskel . In der Realität stei-
gen die Mittel für den Neubau von Straßen doppelt so
stark an wie die Gelder für den Erhalt . Da wird nicht um-
gesteuert . Es geht einfach so weiter wie bisher .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Straßen und Brücken werden also weiterhin
bröckeln, während Millionen in bayerische Umgehungs-
straßen mit nur lokaler Bedeutung versenkt werden . Ist
es Ihnen nicht wenigstens ein bisschen peinlich, das Geld
für die teuerste Umgehungsstraße Bayerns ausgerechnet
in Ihren Wahlkreis zu lenken?


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denen nicht!)


Es geht um Oberau .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Sie greifen dreist in die Kasse, wenn es der politischen
Landschaftspflege dient. Das finde ich absolut unver-
schämt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Halina Wawzyniak [DIE LINKE] – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Peinlich! Ganz Peinlich!)


Aber es kommt noch schlimmer . Erst heben Sie die
Umgehung Oberau in den Haushalt, und kaum steht sie
da drin, wird sie 1 Prozent teurer . Innerhalb von einem
Jahr kostet sie plötzlich stattliche 31 Millionen Euro
mehr . Das nenne ich Selbstbedienung .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gleichzeitig zeigen Sie Ihre völlige Überforderung bei
den entscheidenden Fragen in der Verkehrspolitik . Eines

ist inzwischen unbestritten: Wir müssen mehr Verkehr
auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagern . Jeder
sieht doch, was für Lkw-Lawinen auf unseren Autobah-
nen unterwegs sind . Da ist längst die Schmerzgrenze er-
reicht . Es muss umgesteuert werden . Aber Sie haben kein
Konzept, geschweige denn eine Lösung . Fehlanzeige!

Wir warten auf Vorschläge . Aber dafür müssten Sie
sich mit etwas anderem als mit Ihrer CSU-Maut zur Dis-
kriminierung der Ausländer und mit Ortsumgehungen in
Bayern beschäftigen . Sie sollten endlich verstehen, dass
Sie seit bald zwei Jahren Bundesverkehrsminister sind,
also nicht nur für das bayerische Wohlergehen zu sorgen
haben, sondern für das Wohlergehen der Menschen in
der ganzen Bundesrepublik Deutschland, in Europa . Das
haben Sie scheinbar absolut verdrängt . Übernehmen Sie
dafür endlich die Verantwortung!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist ziemlich unverschämt, was Sie da sagen! Ziemlich unverschämt! – Gegenruf des Abg . Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wahrheit tut weh!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen wir uns doch
einmal an, wie es wirklich aussieht . Die umweltfreund-
lichen Verkehrsmittel geraten immer mehr unter Druck .
Die Bahn schafft es nicht, die Mittel zu verbauen . Vie-
le wichtige Projekte für umweltfreundliche Transporte
kommen nicht voran . Auch bei den Wasserstraßen ist das
so; Kollegin Hagedorn hat ja eben schon gewisse Ansät-
ze aufgezeigt . Da kann man zwar behaupten, dass es nur
um Schleswig-Holstein geht . Aber ganz so ist es nicht .
Nur ein Viertel der Mittel wurde bei den Wasserstraßen
tatsächlich genutzt . Da können Sie nicht auf die Auftrags-
verwaltung der Länder schimpfen, Herr Minister . Da hilft
es auch nichts, in irgendwelchen Unterlagen zu blättern .


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist Ihre Aufgabe, die Sie nicht erfüllen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ein einziges Desaster ist auch der kombinierte Ver-
kehr . Nur ein knappes Fünftel der Mittel konnte tatsäch-
lich genutzt werden . Seit Jahren klappt es nicht mit der
Verlagerung auf die Schiene . Und was machen Sie? Sie
schauen sich das achselzuckend von der Seitenlinie aus
an .


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dem Verkehrsminister ist die Erfolglosigkeit der eige-
nen Förderprogramme offensichtlich ganz egal . Zumin-
dest das Finanzministerium – Herr Kollege Spahn, das
könnten Sie ja jetzt einmal angehen – ist aufgewacht und
prüft, was man hier verändern muss . Dafür wird es auch
wirklich allerhöchste Zeit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Valerie Wilms






(A) (C)



(B) (D)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Minister muss
ein paar grundsätzliche Vorschläge machen, wie die
Probleme zu lösen sind . Mit Geld allein wird das nicht
funktionieren . Sie müssen schon an die Strukturen heran .
Dazu müssen Sie jetzt in die Vollen gehen und dürfen Ihr
Ministerium nicht mit der Pkw-Maut beschäftigen . Aber
da habe ich meine Zweifel . Mit der gescheiterten Maut
haben Sie Ihr ganzes Pulver verschossen . Es sieht so aus,
als ob Ihnen für die Lösung der wirklichen Probleme jetzt
die Kraft fehlt . Der Verkehrsetat vergibt die meisten Mit-
tel, um unser Land durch Investitionen zu gestalten . Aber
Sie missbrauchen ihn, um sich selbst und Ihre Günstlinge
zu beglücken . Einen solchen Verkehrsetat, einen solchen
Verkehrsminister hat unser Land nicht verdient .

Herzlichen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Unser Land hat nicht so eine Opposition verdient! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Ei, ei, ei!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812202300

Das Wort hat nun der Kollege Reinhold Sendker – der

das vermutlich sofort richtigstellen wird – für die CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Reinhold Sendker (CDU):
Rede ID: ID1812202400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

darf Ihnen antworten, Frau Kollegin: Unser Land hat
auch eine bessere Opposition verdient .


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen der Abg . Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine sehr verehrten Damen und Herren, beim Erhalt
und beim Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur stehen
wir vor gewaltigen Aufgaben; das ist heute schon betont
worden . Ich nenne vor allem die Brückensanierungsar-
beiten überall in Deutschland, mittlerweile mit einem
Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen . Das ist weiß Gott
nicht neu . Neu ist in unserer Haushaltsplandebatte die
Wortschöpfung „Investitionshochlauf“ . Nun haben wir
endlich mehr Geld für Investitionen in Straße, Schiene
und Bundeswasserwege zur Verfügung .

Verehrter Herr Kollege Claus von der Fraktion Die
Linke, bei uns ist das Geld nicht in schlechten Händen .
Das Geld ist in sehr guten Händen . Gerade der Verkehrs-
etat, meine Damen und Herren, sorgt für Prosperität un-
serer Volkswirtschaft, für Arbeit, für Wachstum und im
Ergebnis für Wohlstand . Das muss unser Ziel als Parla-
mentarier sein .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Glauben Sie eigentlich selber, was Sie da sagen?)


– Ja, ich glaube das . Ich nenne Ihnen auch gleich die
Zahlen . Wir werden im nächsten Haushaltsjahr, 2016,
1,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben; der Mi-
nister hat es gesagt . 2018 wird es einen weiteren Anstieg
auf 14 Milliarden Euro geben . Wenn man an den Anfang

der 17 ., also der letzten Wahlperiode zurückdenkt, stellt
man fest: Damals waren es 50 Prozent weniger . Ich muss
Ihnen sehr deutlich sagen: Über die Jahre gesehen ist das
ein klarer Erfolg der Arbeit unserer Großen Koalition
und – das muss einmal gesagt werden – ganz besonders
unseres Ministers Alexander Dobrindt .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Für 2019 sind weniger Investitionsmittel eingestellt .
Das ist aber keineswegs ein Rückfall . Denn durch die
Umsetzung unserer Koalitionsbeschlüsse zur Lkw-Maut
auf den Bundesstraßen kann der Bund dann über 2 Milli-
arden Euro zusätzliche Mittel generieren, die im Finanz-
plan noch nicht angesetzt sind .

Der Investitionshochlauf geht also über die Jahre wei-
ter . Wir können in den nächsten Jahren das von Professor
Bodewig und Dr. Daehre aufgezeigte Delta der Unterfi-
nanzierung schließen . Das, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, ist dann auch ein erfolgreicher Abschluss unserer
Arbeit in der Koalition und macht Hoffnung auf die Fort-
setzung einer guten Politik .

Entscheidend bleibt aber, dass vor allem mit Blick auf
die Zukunftsinvestitionen des Bundes für die Jahre 2016,
2017 und 2018 jetzt tatsächlich mehr investiert wird .
Nun müssen wir die Bundesländer bitten, ihre Planungen
voranzutreiben, die Baureife herzustellen, kurzum: die
Hausaufgaben zu machen . Für das, was die Grünen eben
gesagt haben, gilt:


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war gut, oder?)


Dabei lassen wir die Umgehungsstraßen im ländlichen
Raum, die bitter notwendig sind, nicht von Ihnen in die-
ser Debatte diskreditieren .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie sich mal den Koalitionsvertrag durch!)


Eine verbesserte Finanzausstattung ist das eine in die-
ser Debatte zur Feststellung des Bundeshaushalts . Das
andere ist: Wir haben in den beiden Jahren als Koalition
schon viel erreicht, meine Damen und Herren . So haben
wir als Koalition die überjährige Verfügbarkeit der Ver-
kehrsinvestitionsmittel durchgesetzt, ganz im Sinne einer
effizienten Verwendung der Gelder für unsere Verkehrs­
träger . Liebe Kolleginnen und Kollegen, für diese Praxis
haben wir lange gekämpft . Das ist ein echter Fortschritt,
und deshalb sollten wir auch konsequent daran festhal-
ten .

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat zudem
beschlossen, ab 2016 sämtliche Maut- und Steuermittel
für den Bundesfernstraßenausbau durch die Verkehrs inf
rastrukturfinanzierungsgesellschaft, unsere VIFG, zu be-
wirtschaften . Ich nenne das ein starkes Signal für mehr
Effizienz und Transparenz, mit Vorteilen für alle, vor al-
lem für das Parlament . Es muss auch einmal gesagt wer-
den, dass die bundeseigene Verkehrsinfrastrukturfinan-
zierungsgesellschaft mit verhältnismäßig wenig Personal
eine ganz hervorragende Arbeit leistet .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Valerie Wilms






(A) (C)



(B) (D)


Nun zu den dringend notwendigen Erhaltungsinvesti-
tionen: Für die Modernisierung unseres Schienennetzes
stehen in diesem und in den nächsten Jahren sage und
schreibe 28 Milliarden Euro zur Verfügung: 20 Milliar-
den vom Bund und 8 Milliarden aus Eigenmitteln der
Bahn AG . Das ist ein absolutes Rekordniveau durch die
Fortsetzung der Leistungs- und Finanzierungsverein-
barung Schiene . Damit können in den nächsten Jahren
875 Brücken voll- oder teilerneuert werden . Das ist eine
gute Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Systems
Schiene . Darüber hinaus generiert die Bahn AG bekannt-
lich auch Nutzungsentgelte, und ich stelle fest: Insgesamt
gesehen ist das weiß Gott eine starke Finanzausstattung
angesichts unserer Zielsetzung, hochleistungsfähige Mo-
bilitätsnetze zu erhalten .

Für die dringende Brückenerneuerung beim Verkehr-
sträger Straße stehen in den nächsten Jahren 2,3 Milliar-
den Euro zur Verfügung . Angesichts der 50 000 Brücken-
bauwerke in der Baulast des Bundes müssen wir aber
auch die Bitte äußern – und ich bedanke mich für Ihre
Zusage, Herr Minister, die Sie heute Morgen gegeben
haben; das war unüberhörbar –, die Erhaltungsmittel bei
Bedarf weiter zu erhöhen . Denn Erhalt und Instandset-
zung dieser Anlagen muss für uns oberste Priorität ha-
ben, und das hat sie auch .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zu den Zahlen, Frau Kollegin Wilms: Sie haben ge-
sagt, es gebe mehr Neubau als Erhalt . Ich bitte Sie, die
richtigen Zahlen zu verwenden . Im Bedarfsplan 2015 –
das sind die Mittel, die wir jetzt als Verfügungsrahmen
haben – haben wir 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau
und fast 2,9 Milliarden Euro für den Erhalt vorgesehen .
Nach Adam Riese ist das ein Verhältnis von 30:70 . Damit
ist die klare Priorität: Erhalt vor Neubau .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Auch die klare Perspektive unseres Ministers für die
neue Generation von ÖPP-Projekten bedeutet im Ergeb-
nis mehr Qualität und mehr Leistungsfähigkeit bei den
Bundesfernstraßen und setzt gleichzeitig Wachstumsim-
pulse . Sie haben eben von den Vergütungsmechanismen
gesprochen, die verbessert worden sind, Herr Kollege
Kindler . Was der Bundesrechnungshof zu dem Wechsel
der Verkehrsmengenprognose hin zur Verfügbarkeit der
Konzessionsstrecken tatsächlich gesagt hat, würde ich
gerne zitieren, Herr Präsident . Zitat: „Dadurch erhöht
sich auch die Validität der Wirtschaftlichkeitsuntersu-
chung .“


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber es wird trotzdem nicht wirtschaftlich, sagt der Bundesrechnungshof! Sie müssen ihn schon richtig zitieren! Er sagt weiter, dass es nur wirtschaftlich wirken wird!)


Ich sage: Genau das wollen wir . Auch der verbesserte
Leitfaden zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, den wir
gefordert haben, liegt mittlerweile vor .

In unserem Koalitionsvertrag haben wir weiter verein-
bart, ÖPP mittelstandsfreundlicher zu gestalten .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja nicht passiert!)


Der sehr geschätzte Kollege Sebastian Hartmann und ich
sind federführend dabei, diese Zielsetzung gemeinsam
umzusetzen .

Wer öffentlich-private Partnerschaften grundsätzlich
ablehnt,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen die Rechnungshofberichte einmal lesen, und zwar richtig!)


der möge sich doch einmal mit der Frage beschäftigen,
verehrte Kollegen der Grünenfraktion, wie die Lage ohne
die mit ÖPP ausgebauten Fernstraßen bzw . sich im Bau
befindlichen Projekte wäre.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solide Haushaltspolitik! Günstiger und gut!)


Auf der Straßenkarte für Deutschland wäre deutlich mehr
Stau erkennbar,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)


es gäbe deutlich mehr Engpässe und einen deutlich grö-
ßeren volkswirtschaftlichen Schaden .

Man muss auch einmal daran denken, dass die Lan-
desverwaltungen zu wenige Planungsressourcen haben .
Politik beginnt ja bekanntlich mit der Wahrnehmung der
Realität . Deshalb muss ich fragen: Wollen wir die Men-
schen tatsächlich zehn Jahr länger im Stau stehen lassen?
Ich sage: Die Prüfung von ÖPP war und bleibt für uns
richtig, absolut zielführend und unverzichtbar .


(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist trotzdem unwirtschaftlich!)


In Bezug auf das Thema „Lärmschutz an Straße und
Schiene“, auf das NIP, das Nationale Investitionspro-
gramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie,
und auf andere innovative Projekte kann unsere Koali-
tion zur Halbzeit feststellen, dass sie investiv auf einem
guten Weg ist .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812202500

Herr Kollege Sendker, darf die Kollegin Hagedorn

noch eine Zwischenfrage stellen?


Reinhold Sendker (CDU):
Rede ID: ID1812202600

Bitte schön, Frau Kollegin Hagedorn .


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1812202700

Sehr geschätzter Herr Kollege Sendker, Sie haben ge-

rade eben einige Behauptungen zu ÖPP aufgestellt, über

Reinhold Sendker






(A) (C)



(B) (D)


die es in diesem Hause durchaus geteilte Auffassungen
gibt .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen sagen, dass
ich mit Ihrem Kollegen Norbert Brackmann – andere
Kollegen waren auch dabei – in diesem Sommer bei der
ASFINAG in Österreich war . Die ASFINAG ist ja auch
von Ihrem Kollegen Vaatz hier vorhin als vorbildlich ge-
lobt worden . Dort gebe es manches, wovon wir lernen
können . Das sehe ich übrigens genauso .

Fakt ist aber, dass sich die ASFINAG von PPP-Pro-
jekten verabschiedet hat, nachdem ein einziges Projekt
durchgeführt wurde . Wir haben auch die Aussage der
ASFINAG gehört, dass sie nicht vorhat, das weiterzu-
führen, und dass sie von PPP nichts hält .

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen sagen, dass
wir als Rechnungsprüfungsausschuss den Minister und
den Bundesrechnungshof gebeten haben, bis Ende die-
ses Jahres gemeinsam festzustellen, wie die Wirtschaft-
lichkeitsuntersuchung eines Vorhabens auszusehen hat,
damit das Haus und der Bundesrechnungshof attestieren
können, dass es in Ordnung und für PPP-Projekte geeig-
net ist . Wir haben im Koalitionsvertrag nämlich festge-
legt, dass wir nur dann PPP-Projekte durchführen wollen,
wenn sie sich als wirtschaftlicher erwiesen haben .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812202800

Frau Kollegin .


Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1812202900

Sie sind im Moment noch nicht in der Lage, diesen

Beweis zu führen .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Ich finde es nicht respektvoll von Ihnen, dass Sie nicht
abwarten, bis diese Untersuchungen abgeschlossen sind .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Reinhold Sendker (CDU):
Rede ID: ID1812203000

Sehr verehrte Kollegin Hagedorn, Sie wissen, dass wir

hier in Deutschland sehr positive Erfahrungen mit den
ÖPP-Projekten gemacht haben, die abgeschlossen sind
bzw . gerade laufen .


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nein, eben nicht! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch!)


Das zeigt zunächst einmal, dass die Projekte eine
sehr gute Qualität haben . Deshalb frage ich: Was ist hier
kritikwürdig? Außerdem wurden alle Projekte vorzeitig
abgeschlossen – teilweise zehn Jahre eher als nach der
Planung der Landesbauverwaltungen .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt auch nicht!)


Daneben ist zu betonen, dass die Landesverwaltungen
die notwendigen Ressourcen teilweise gar nicht zur
Verfügung stellen könnten . Es wäre sonst also gar nicht
möglich, zu bauen .

Schließlich muss ich Ihnen sagen: All das, wovon ich
eben gesprochen habe – der Ausbau von mittlerweile
700 Kilometern Straße in Deutschland; manches ist noch
im Bau befindlich –, hätten wir ohne ÖPP nicht.

Der letzte Vorwurf kam von Herrn Kindler oder Frau
Kollegin Dr . Wilms – meine Reaktion darauf darf ich in
die Beantwortung Ihrer Frage mit einfließen lassen –,
wonach mehr ausgegeben worden sei . Nach der Istbe-
rechnung des Ministeriums waren es tatsächlich ganze
7 Millionen Euro mehr und nicht 1,9 Milliarden Euro
oder 1,4 Milliarden Euro . Diese 1,4 Milliarden Euro sind
ja auf die Verkehrsmengenberechnung zurückgeführt
worden . Der Bundesrechnungshof hat sehr deutlich ge-
sagt – da sollten Sie einmal genau zuhören, Frau Kolle-
gin –, das Ministerium liege schief .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Schönreden! – Dr . Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden sich das schön!)


Wir stellen heute fest: Die Verkehrsmengenprognose
war absolut richtig . Das gilt damit auch für die Istwerte .

Gewöhnen Sie sich einmal daran, Ihre ideologische
Sicht ein klein wenig an die Seite zu rücken,


(Bettina Hagedorn [SPD]: Wer ist hier ideologisch gewesen? Ich bin Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völlig ideologisch! Eine ideologische Position haben Sie!)


verehrte Kollegen der Grünen, und den Blick für eine
richtige Bewertung von öffentlich-privaten Partnerschaf-
ten freizubekommen, die uns in diesen Jahren deutlich
weiterbringen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich komme zurück zum NIP, dem Nationalen Innova-
tionsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentech-
nologie . Hier geht es uns darum, die Marktvorbereitung
neuer Technologien zu beschleunigen . Daran müssen wir
im Interesse deutscher Wettbewerbsfähigkeit konsequent
festhalten .

Herr Präsident, ich komme zum Ende . – Die Verkehr-
spolitik dieser Regierung in Deutschland ist weder Hoch-
stapelei noch Stillstand, sondern ein Investitionshoch-
lauf, wie wir ihn in diesem Etat in einem Bundeshaushalt
noch nicht erlebt haben . Was wir im Zusammenhang mit
der Zukunftsfähigkeit unserer Verkehrsanlagen bereits
erreichen konnten, zeigt, dass die Koalition richtig gut
unterwegs ist . Ich freue mich daher auf die Ausschuss-
beratungen und danke Ihnen für Ihre Frage und für Ihre
Aufmerksamkeit .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Sebastian Hartmann [SPD])


Bettina Hagedorn






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812203100

Martin Dörmann ist der nächste Redner für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1812203200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Koalition will schnelles Internet für alle verwirklichen
und hat sich dabei ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis
2018 sollen alle Haushalte in Deutschland eine Versor-
gung mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde erhalten .

Ich will erinnern: Zu Beginn dieser Legislaturperiode
lag diese Zahl nicht bei 100 Prozent, sondern bei 60 Pro-
zent . Inzwischen nähern wir uns 70 Prozent an . Doch wir
alle wissen: Die letzten 30 Prozent sind die teuersten .
Die dort bestehenden Wirtschaftlichkeitslücken für Un-
ternehmen wollen wir schließen und zusätzliche Investi-
tionsanreize setzen .

Zentraler Baustein unseres Maßnahmenpaketes ist
das neue Förderprogramm des Bundes, das vom Kabi-
nett in Kürze verabschiedet werden soll . Ich will auch
daran erinnern: Für Breitbandförderung gab es unter
der schwarz-gelben Koalition, der Vorgängerregierung,
lediglich einen geringen zweistelligen Millionenbetrag .
Nun stehen alleine im Bundeshaushalt über 2 Milliarden
Euro zur Verfügung, die ab 2016 in eine zeitgemäße und
zukunftsfähige digitale Infrastruktur investiert werden
können .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will den Kollegen Kindler und Claus von der
Opposition sagen: Das sollte auch eine Opposition ein-
mal anerkennen . Vor allen Dingen in Ihren Reden – das
möchte ich gerne ausführen, bevor die Kollegin Rößner
gleich ihre Frage stellen kann – machen Sie einen Gedan-
kenfehler . Sie reduzieren die Förderung des Breitband-
ausbaus alleine auf die Bundesmittel . Es stehen dafür
aber auch in den Landeshaushalten mehrere Milliarden
bereit, sodass insgesamt zwischen 4 und 5 Milliarden
Euro aus öffentlichen Kassen zur Verfügung stehen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So erfüllt der Bund seine Aufgaben aber nicht! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812203300

Herr Kollege Dörmann, darf Ihnen die Kollegin

Rößner eine Zwischenfrage stellen?


Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1812203400

Sofort . – Dazu kommt noch, dass mit diesen Milliar-

den zusätzlich private Investitionen in Milliardenhöhe
angeregt werden sollen . Wenn man dann noch hinzurech-
net, dass unabhängig davon die Unternehmen die Net-
ze modernisieren und dass jetzt auch – das war unsere
Forderung – der LTE­Ausbau beinahe flächendeckend

erfolgt, dann geht insgesamt ein zweistelliger Milliarden-
betrag in den Netzausbau .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie einmal in den ländlichen Raum!)


Jetzt möchte ich gerne die Zwischenfrage der Kolle-
gin Rößner zulassen .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812203500

Ich mache allerdings schon darauf aufmerksam, dass

das die letzte Zwischenfrage ist, die ich zu diesem Ein-
zelplan zulassen möchte . – Bitte schön .


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812203600

Vielen Dank, Herr Präsident . – Vielen Dank, Kollege

Dörmann . Sie haben eben angemahnt, dass die Oppo-
sition eine ordentliche Politik machen und sich kritisch
mit Ihnen auseinandersetzen solle . Das würden wir ger-
ne tun, wenn zum Beispiel endlich das Förderprogramm
für den digitalen Infrastrukturausbau vorgelegt würde .
Die Kriterien sind überhaupt nicht klar . Genau davon
hängt doch ab, ob man in diesem Zusammenhang von
Zukunftsfähigkeit sprechen kann oder nicht . Deshalb in-
teressiert es mich, ob Sie uns die Kriterien hier und heute
darlegen können .


Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1812203700

Ich bedanke mich, Frau Kollegin Rößner, für die Zwi-

schenfrage . – Herr Dobrindt hat mehrfach bekundet, dass
nun die Rahmenbedingungen zum Erreichen unserer
Ausbauziele tatsächlich gesetzt sind . Ich habe gerade dar-
gestellt: Uns stehen mehrere Milliarden Euro von Bund
und Ländern sowie private Investitionen zur Verfügung,
damit wir wirklich einen Riesensprung machen können .

Aber ich stimme Ihnen zu: Es kommt jetzt darauf an,
dass wir die Förderprogramme so stricken, dass dabei ein
möglichst optimaler Hebeleffekt entsteht . Ich darf Ihnen
sagen – das habe ich bei Minister Dobrindt gerade nach-
gefragt –: Heute geht genau dieser Entwurf des Bundes
für eine Förderrichtlinie an die Länder . Das heißt, es be-
steht in den nächsten Tagen und Wochen die Gelegen-
heit, die Vorschläge miteinander abzugleichen . Ich bin
sehr zuversichtlich, dass dann das, was vonseiten der
Regierung geplant ist, in Kürze zu einem entsprechenden
Kabinettsbeschluss führen und umgesetzt werden wird .
Genau das werden wir in den nächsten Tagen erleben .


(Beifall bei der SPD)


Frau Kollegin Rösler, jetzt habe ich durch Ihre Frage
sogar eine Seite gespart . Ich wollte nämlich genau darauf
hinweisen, dass es jetzt auf die richtige Ausgestaltung
dieser Förderrichtlinie ankommt . Es erscheint uns da-
bei wichtig, dass die abschließenden Gespräche mit den
Ländern dafür genutzt werden, eine schnelle Umsetzung
und eine enge Verzahnung mit den Länderprogrammen
sicherzustellen .


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Es ist gut und richtig, dass ein Scoring-Modell vorge-
sehen ist, das die Förderung an den von uns vorgesehenen
Ausbauzielen orientiert . Gleichzeitig ist natürlich darauf
zu achten, dass die Umsetzung von Projekten zügig und
unbürokratisch erfolgen kann und dass für die Antrags-
bearbeitung die notwendigen personellen Ressourcen zur
Verfügung stehen .


(Beifall der Abg . Kirsten Lühmann Die Fördermöglichkeiten sollten so justiert werden, dass sie bei den unterschiedlichen Rahmenbedingungen vor Ort auch greifen können, dass also beispielsweise sowohl ein Deckungslückenmodell als auch ein Betreibermodell ermöglicht wird . Bei der Umsetzung der Breitbandstrategie – ich glaube, da sind wir uns sowieso einig – kommt den Kommunen eine ganz entscheidende Rolle zu; denn vor Ort müssen letztendlich die Investitionsentscheidungen in Gang gesetzt werden . Deshalb begrüßen wir es, dass beabsichtigt ist, möglichst kurzfristig zusätzliche Beratungsmöglichkeiten für Kommunen bereitzustellen, damit diese in der Lage sind, die Antragsstellung schnell und sorgfältig zu erledigen . Besonders hervorheben will ich – soweit ich jedenfalls ahne, was in den Richtlinien steht –, dass unsere Forderung aufgegriffen wurde, dass die Kommunen, die in Finanznöten sind, höhere Förderungen bekommen . Damit ist sichergestellt, dass beispielsweise auch Kommunen, die sich in einem Haushaltssanierungskonzept befinden, die Möglichkeit erhalten, Breitband auszubauen; denn wir wollen es ja flächendeckend in alle Kommunen dieser Republik bringen . Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, die Koalition hat sich nicht nur ehrgeizige Ziele gesetzt, wir liefern auch . Wir haben nun in einem Maßnahmenpaket die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass schnelles Internet für alle auch tatsächlich verwirklicht werden kann . Vielen Dank . Das Wort erhält der Kollege Norbert Brackmann für die CDU/CSU-Fraktion . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812203800


Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1812203900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir diskutieren heute Morgen den Einzel-
plan 12, Verkehr und digitale Infrastruktur .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Ach ja!)


Dieser ist aber nur ein Teilstück eines Gesamtwerkes .
Es ist ein Teilstück, das es dieser Regierung ermöglicht,
Deutschland ein Stück weit in die Zukunft zu bringen .
Dazu gehören zwei große Teile . Der eine Teil ist der

Bereich Bildung und Forschung, der schon seit vielen
Jahren einen überproportionalen Aufwuchs erfährt . Wir
schaffen es jetzt mit dieser Finanzplanung für die nächs-
ten Jahre auch für den Bereich Infrastruktur einen genau
solchen zukunftsgerichteten Haushalt auf die Beine zu
stellen und damit Deutschland für die Zukunft fit zu ma-
chen . Das ist ein Verdienst dieser Großen Koalition . Das
muss, glaube ich, vorweggeschickt werden .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dabei geht es nicht nur um die einzelnen Verkehrs-
wege . Es geht nicht darum, beispielsweise mehr Schie-
nen – oder Ähnliches – zu bauen . Wir haben den Ver-
kehrsetat Schiene kräftig – um 390 Millionen Euro für
das nächste Jahr – erhöht . Aber wir haben auch Schwer-
punkte gesetzt. Das Geld fließt in die Verbesserung des
Lärmschutzes. Es fließt in die Verbesserung der Barrie-
refreiheit an den einzelnen Stationen. Auch fließt es in
ein neues Seehafen-Hinterland-Programm . Das ist eine
gute Sache . Man sieht daran, dass wir uns auch inhaltlich
weiterbewegen und die Sorgen und Nöte der Menschen
ernst nehmen .

Das Gleiche gilt für die Wasserstraßen . Auch hier wer-
den wir 50 Millionen Euro mehr in die Hand nehmen .
Natürlich werden wir in den Ausbau und den Erhalt der
Wasserstraßen investieren . Wir werden aber – das wer-
den die Haushaltsberatungen im Detail zeigen – eben
auch daran denken müssen, dass es bei Verkehr und In-
frastruktur nicht nur darum geht, in Asphaltwege und
Deiche zu investieren, sondern auch darum, Zukunftsin-
novationen durchzuführen . Deswegen wird eine der Her-
ausforderungen sein, dass wir etwas für die Logistik tun,
dass wir nach dem Auslaufen des Programms ISETEC II
einen neuen Anlauf unternehmen und für Innovationen
sorgen, dass wir für die Verwendung umweltfreundliche-
rer Treibstoffe auf Ost- und Nordsee sorgen, indem wir
einen Akzent beispielsweise auf LNG-Produktion bzw .
-Verarbeitung und -Nutzung setzen . Das werden in den
zukünftigen Beratungen Schwerpunkte sein, meine sehr
verehrten Damen und Herrn .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden natürlich auch in die Bundesfernstraßen
investieren . Hier werden die Mittel ebenfalls kräftig nach
oben gefahren . Der Verkehrsminister hat schon einen
deutlichen Akzent gesetzt .


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Allerdings!)


Ich bin ihm besonders dafür dankbar, dass er am Beispiel
der A 9 gezeigt hat, dass es in Wirklichkeit nicht nur da-
rum geht, einzelne Verkehrswege auszubauen . Vielmehr
hat er begriffen – das setzt er auch in praktisches Handeln
um –, dass die Verknüpfung aller Systeme, nicht nur der-
jenigen, die dem Transport von Gütern dienen, sondern
auch derjenigen, die dem Transport von Daten dienen,
Arbeitsplätze schafft, Zukunftschancen bietet und aus
unserer Infrastruktur eine zukunftsgerichtete und moder-
ne Infrastruktur macht .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich will aber auch nicht verschweigen, dass wir einige
Probleme haben . Auch derer müssen wir uns annehmen .

Martin Dörmann






(A) (C)



(B) (D)


Wir diskutieren heute in erster Lesung über den Haus-
halt, das Geld, die Ressourcen, die wir zur Verfügung
stellen . Wir stellen fest, dass wir in einigen Bereichen
erheblichen Nachholbedarf haben, weil das Geld, das
wir zur Verfügung stellen, noch nicht einmal ausgegeben
werden kann .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Richtig!)


Es mangelt an Projekten . Das hat unterschiedliche
Gründe . So haben wir im Bereich der Fernstraßen das
Problem – das wurde bereits angesprochen –, dass die
Landesbauverwaltungen oft nicht in der Lage sind, uns
baureife Projekte zu liefern . Wenn ich daran denke,
dass fast allen Ländern nach der ersten Tranche, die in
diesem Jahr vergeben wurde, die baureifen Projekte fi-
nanziert werden, dann stelle ich vorsorglich die Frage,
welche Projekte als Nächstes kommen sollen . Wenn wir
den Schrei der Länder nach mehr Geld vernehmen und
ihnen dann sagen: „Wir haben das Geld; nun gebt es doch
aus“, und die Länder dann Carte blanche machen, dann
zeigt das, dass auch auf Länderseite Defizite bestehen;
das muss man ganz deutlich so sagen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich habe vorhin nicht ohne Grund den Hinweis gege-
ben, dass es eine Verbindung zwischen der Infrastruktur
sowie Bildung und Forschung gibt . Auch Bildung und
Forschung befinden sich zumindest in der Breite im Auf-
gabenkreis der Länder . Wenn man einen Blick über die
Verkehrsträger hinaus wirft, dann stellt sich die Frage:
Worin bestehen die Probleme der Länder, und in welchen
Bereichen, in denen wir als Bund verantwortlich sind –
zum Beispiel bei den Bundeswasserstraßen –, bestehen
Probleme? Uns fehlen in Deutschland schlichtweg die
Planungskapazitäten . Noch deutlicher gesagt: Uns fehlen
in Deutschland Ingenieure .


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


– Das Ja hört sich gut an .


(Ulli Nissen [SPD]: Ein betrübliches Ja!)


Das ist zunächst einmal eine klare Beschreibung . Aber
was tun wir, um diesen Mangel zu beheben? Ausweislich
der Studierendenstatistik für das Bauingenieurwesen –
Bachelor und Diplom – gab es im Jahr 2000 6 399 Ab-
solventen und im Jahr 2013 3 860 Absolventen . Wenn
über einen so langen Zeitraum die Zahl der Bauingenieu-
rabsolventen sinkt, dann dürfen wir uns über die Folgen
nicht wundern .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


An der Universität in Kiel zum Beispiel kann man Gender
Studies oder friesische Philologie, aber nicht Bauingeni-
eurwesen studieren . Das zeigt ganz deutlich, wo zukünf-
tig in Deutschland Mangel herrschen wird .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen uns der Zukunft widmen und begreifen,
dass es nicht um einzelne Verkehrswege geht . Eigentlich
ist schon der Name des Ministeriums nicht richtig; denn
es geht nicht allein darum, einzelne Verkehrswege sowie
die digitale Infrastruktur auszubauen . Vielmehr müssen

wir begreifen, dass es sich hier um ein Infrastrukturmi-
nisterium handelt, das ein Stück weit unsere Zukunft mit-
gestalten soll und muss . Dafür müssen wir mit diesem
Haushalt die Grundlagen legen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen kommt natürlich auch dem Breitbandaus-
bau eine besondere Bedeutung zu . Deswegen müssen wir
aber auch die Dinge sehen – wir diskutieren hier in diesen
Tagen nicht nur über Einzelpläne –, die uns im Moment
im wahrsten Sinne des Wortes überrennen . Aber wenn
wir auch hier einmal ein Stück weit in die Zukunft schau-
en, dann müssen wir davon ausgehen, dass ein nennens-
werter Teil der Flüchtlinge länger- oder auch langfristig
in Deutschland bleiben wird . Wenn wir diese Menschen
bei uns erfolgreich integrieren wollen, dann müssen wir
ihnen auch Arbeitsplätze bieten, dann müssen wir auch
heute die Grundlage dafür legen, dass diese Form der
Integration vollendet werden kann . Genau dafür ist eine
moderne Infrastruktur wichtig .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Eine moderne Infrastruktur ist sicherlich nicht alles; aber
ohne eine moderne Infrastruktur ist alles nichts .

Danke .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812204000

Udo Schiefner ist der nächste Redner für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Udo Schiefner (SPD):
Rede ID: ID1812204100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir
haben heute Morgen schon vieles dazu gehört, wie groß
und wichtig der Investitionsetat für Verkehr in Deutsch-
land ist .

Ich möchte gerade als Berichterstatter für Güterver-
kehr, Transport und Logistik einen Blick darauf richten,
warum wir auf eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur
angewiesen sind . Die Antwort lautet: Moderne Verkehrs-
infrastruktur macht Transportdienstleistungen erst mög-
lich .


(Beifall des Abg . Andreas Rimkus [SPD])


Transport und Logistik bilden das Rückgrat unserer In-
dustrie, unserer Wirtschaft, unseres täglichen Lebens .
Der jährliche Umsatz der Logistikbranche hat sich in den
letzten 20 Jahren fast verdoppelt, auf fast eine viertel Bil-
lion Euro, und es wird auch so weitergehen, wenn man
den Prognosen glauben kann .

Dennoch – dies muss man feststellen – funktioniert
unsere Infrastruktur für alle Verkehrsträger gerade noch
so . Wir haben ein großes Straßen- und Schienennetz, vie-
le Kanäle, See- und Binnenhäfen, Flughäfen und Anla-
gen für den kombinierten Verkehr . Dies ist aber für die

Norbert Brackmann






(A) (C)



(B) (D)


Zukunft nicht in Stein gemeißelt, sondern es wird darauf
ankommen, dass wir hier dem wachsenden Bedarf in den
nächsten Jahren angemessen begegnen . Dafür haben wir
im Koalitionsvertrag die Weichen gestellt, was sich auch
in diesem Einzelplan niederschlägt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Dem wachsenden Bedarf müssen wir heute begegnen .
Brücken- und Schleusensperrungen zum Beispiel – dies
ist bereits angesprochen worden – beeinträchtigen den
Verkehr schon jetzt enorm . Die Kollegin Hagedorn hat es
auf den Punkt gebracht: Der Bund muss gerade dort, wo
er direkte Verantwortung trägt, diese Verantwortung auch
wahrnehmen, damit sanierungsbedürftige Wasserstraßen
ganz schnell so saniert werden, dass beispielsweise ein
Containerschiff, das 2 500 Lkws ersetzt, dort fahren kann
und damit diese Fracht von der Straße auf den Wasser-
weg bringt .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Generell gilt: Damit unsere bestehende Infrastruktur
leistungsfähig bleibt, müssen Investitionen gezielt dort
eingesetzt werden, wo der größte Nutzen und der Bedarf
bestehen . Es sei mir als Nordrhein-Westfalen erlaubt,
kritisch anzumerken, dass diesem Ziel noch nicht im-
mer hundertprozentig entsprochen wurde . Da, denke ich,
müssen wir kräftig nacharbeiten .


(Beifall des Abg . Arnold Vaatz [CDU/CSU])


Deutschlands wirtschaftliche Zukunft hängt davon
ab, dass Logistik­ und Verkehrssysteme effizient im
umfassenden Sinne werden . Der nächste entscheiden-
de Schlüssel ist dabei die Digitalisierung . Dies wurde
auch im Beitrag des Kollegen Dörmann deutlich . Dass
beispielsweise Hafenkräne Container zentimetergenau
umsetzen, dass Lkws exakt bereitstehen, Waren auf La-
deflächen ihre Position und ihren Zustand weitergeben,
Roboter Ladungen automatisch sortieren, hört sich für
einige nach Zukunftsmusik an; andere meinen, so sei es
doch bereits heute .

Tatsächlich sind wir aber von optimal verzahnten Pro-
duktions- und Logistikketten, in denen alles synchron
läuft, weit entfernt . Hier werden wir mit entscheidenden
Maßnahmen ansetzen und auch in den nächsten Jahren
weiter darauf setzen . Denn gerade kleine und mittlere
Logistiker müssen dafür erheblich investieren . Ohne öf-
fentliche Unterstützung ist dies kaum zu schultern . Sie
sind auf unsere Hilfe angewiesen, und diese Hilfe werden
wir geben .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Letzter Punkt – Kollege Brackmann hat es bereits
angesprochen –: Wir sind auf leistungsfähiges Personal
angewiesen, das den Anforderungen der Branche ge-
recht wird . Logistik schafft und sichert anspruchsvolle
Arbeitsplätze . Fast 10 Prozent der sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigten arbeiten in der Logistikbranche,
etwa 2,8 Millionen Menschen . Fast ein Drittel von ihnen
fahren auf unseren Straßen . Die eigentlichen Stützpfeiler

unseres wirtschaftlichen Erfolges sitzen also hinter dem
Lenkrad . Anerkennung und Wertschätzung erhalten sie
dafür kaum . Im Gegenteil: Ihre Arbeit hat unberechtigt
ein schlechtes Ansehen, wie ich finde. Die Branche leidet
an Nachwuchsmangel .


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812204200

Herr Kollege


Udo Schiefner (SPD):
Rede ID: ID1812204300

Deshalb müssen wir – das ist mein letzter Satz – die

Rechte und Möglichkeiten dieser Branche und deren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken und müssen vor
allen Dingen das Nomadentum auf den Autobahnen und
Rastplätzen Deutschlands beseitigen .

Danke für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812204400

Letzte Rednerin zu diesem Einzelhaushalt ist die Kol-

legin Rita Hagl-Kehl für die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Rita Hagl-Kehl (SPD):
Rede ID: ID1812204500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Nicht mit allen verkehrspolitischen Debatten,
die in dieser Legislaturperiode schon geführt wurden, ha-
ben wir uns europapolitisch Lorbeeren verdient .


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Mit dem vorliegenden Entwurf für den Einzelplan 12
ist das anders . Ohne zu übertreiben, kann man sagen:
Es ist ein echter europäischer Verkehrshaushalt . Mit
der Neukonzeption der transeuropäischen Netze wurde
Ende 2013 ein Anreizsystem für die EU-Mitgliedstaaten
geschaffen, national verstärkt in solche Verkehrsprojekte
zu investieren, die einen besonders hohen Nutzen für die
europäische Vernetzung haben . Es geht dabei um solche
Projekte, die in besonders hohem Maße zum Zusammen-
wachsen der Menschen und Volkswirtschaften in Europa
beitragen . Dass dieses Anreizsystem ausgezeichnet funk-
tioniert, sieht man deutlich auch an diesem Haushaltsent-
wurf .

Um Fördermittel der EU zu erhalten, müssen die Pro-
jekte, wie bei solchen Programmen üblich, eine ganze
Reihe von Kriterien erfüllen . Eine Voraussetzung ist,
dass sie in den nationalen Haushalten zunächst einmal
voll ausfinanziert sein müssen. Durch diese Förderme-
chanik entfalten die eingesetzten EU-Mittel nicht nur
eine enorme Hebelwirkung, sondern es werden auch na-
tionale Egoismen in ihr Gegenteil verkehrt . Es gilt näm-
lich: Derjenige, der viele Zuschüsse erhalten will, muss
auch besonders viel „europäisch“ bauen, also viel mehr
Projekte ausfinanzieren, als am Ende gefördert werden.
Weil das so ist, sind die transeuropäischen Netze ein gu-
tes Beispiel wider den Europa-Pessimismus: Sie zeigen

Udo Schiefner






(A) (C)



(B) (D)


ganz konkret, dass wir Europa brauchen, dass Europa
funktioniert und dass Europa leistungsfähig ist .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im vorliegenden Entwurf des Einzelplans finden
sich folgerichtig zahlreiche Vorhaben mit hoher euro-
päischer Vernetzungswirkung . Wer seine Hausaufgaben
macht, der darf sich besonders freuen: Im Juli teilte die
EU-Kommission mit, dass 17 Projekte, bei denen das
Verkehrsministerium Antragsteller war, in der Konkur-
renz um die Fördermittel erfolgreich waren . Im Ergebnis
profitiert der Verkehrsetat bis 2020 von EU­Zuschüssen
in einer Höhe von über 1,6 Milliarden Euro . Das beruht
zuallererst auf sehr, sehr guter Arbeit, die da im Ministe-
rium geleistet wurde, und auf diese gute Arbeit will ich
hier auch einmal ausdrücklich hinweisen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Besonders freut mich, dass dieses Geld komplett in
das Schienennetz und in die Wasserstraßen fließt. Über
95 Prozent der Projekte sind im Bereich der Eisenbahn-
infrastruktur angesiedelt . Für unser Ziel, mehr Verkehr
von der Straße auf die Schiene zu bringen, ist dies ein
zukunftsweisendes Zeichen . Ich will hier nur 4 der
17 Projekte exemplarisch aufgreifen: den Ausbau der
Bahnstrecke Karlsruhe-Basel, die Hinterlandanbindung
der Fehmarnbelt-Querung, den Ausbau der Bahnstrecke
Freilassing–Salzburg und der Bahnstrecke von Horka in
Sachsen bis zur polnischen Grenze .

Um diese Erfolgsgeschichte zu Ende zu schreiben,
sollten wir im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik
in den bevorstehenden Beratungen zwei Dinge berück-
sichtigen:

Erstens sollten wir unbedingt sicherstellen, dass diese
Mittel, die durch die EU-Förderung im Haushalt frei wer-
den, weiterhin demjenigen Verkehrsträger zugutekom-
men, für den sie eingestellt wurden, also hauptsächlich
der Schiene .


(Beifall bei der SPD)


Zweitens wünsche ich mir als Fachpolitikerin eine
noch bessere Nachvollziehbarkeit, was die Zahlungen
der EU im Verkehrshaushalt angeht . Hier gilt wie im-
mer – besonders wenn es um investive Mittel geht –: Je
mehr Transparenz und je mehr Kostenrealismus wir ha-
ben, umso besser können wir Parlamentarier arbeiten .

Ich bin optimistisch, dass es in den Beratungen ge-
lingt, diese beiden Punkte noch zu stärken . Am Ende
können wir mit Fug und Recht von einer großzügigen eu-
ropäischen Signatur dieses Verkehrshaushaltes sprechen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1812204600

Ich schließe damit die Aussprache zum Geschäftsbe-

reich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale
Infrastruktur .

Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesminis­
teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor­
sicherheit, Einzelplan 16, auf .

Das Wort hat die zuständige Bundesministerin, Frau
Dr . Hendricks .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Unruhe)


– Warten Sie bitte noch einen kleinen Augenblick, bis wir
den Schichtwechsel ordnungsgemäß erledigt haben . –
Bitte schön .

Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
legen! Die große Anzahl der Menschen, die auf der
Flucht vor Krieg und Vertreibung nach Europa und nach
Deutschland kommen, ist in den vergangenen Wochen
zum Hauptthema geworden . Auch diese Haushaltsdebat-
te ist stark davon geprägt . Ich sage: Wir können und wer-
den unter Beweis stellen, zu welcher humanitären Leis-
tung unser Land fähig ist . Es ist bewundernswert, was die
vielen Helferinnen und Helfer vor Ort und insbesondere
die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden leis-
ten .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


Die Bundesregierung wird mit allen verfügbaren Mit-
teln daran arbeiten, die Länder und die Kommunen zu
unterstützen . Ich will daran erinnern, dass wir bereits im
letzten Herbst Erleichterungen beim Bau von Flüchtlings-
unterkünften beschlossen und umgesetzt haben . Anlass
waren damals rund 200 000 Flüchtlinge, die 2014 nach
Deutschland gekommen sind . Inzwischen gehen wir für
dieses Jahr von 800 000 Flüchtlingen aus, eine Zahl, die
die Dimension der Herausforderung verdeutlicht .

Die steigende Nachfrage nach Wohnraum trifft in den
Großstädten und Ballungsräumen auf Wohnungsmärk-
te, die bereits angespannt sind . Um diese angespannten
Märkte kümmern wir uns, zum Beispiel mit dem Bünd-
nis für bezahlbares Wohnen und Bauen . Zusammen
mit den Bündnissen in den Ländern und Kommunen
haben wir den Trend zu mehr Baugenehmigungen und
mehr Fertigstellungen bereits verstärkt . 2014 sind rund
240 000 Wohnungen neu fertiggestellt worden . Aber das
reicht nicht aus . Wir müssen uns jetzt auf einen Bedarf
von jährlich rund 350 000 Wohnungen einstellen, viel-
leicht sogar auf einen noch größeren . Um das zu schaf-
fen, brauchen wir alle Akteure und alle verfügbaren Ka-
pazitäten, auch in der Wirtschaft .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist völlig klar, dass wir deutlich mehr Geld in den
sozialen Wohnungsbau investieren müssen . Deshalb
habe ich vorgeschlagen, die Kompensationszahlungen an
die Länder in Höhe von rund 518 Millionen Euro für die

Rita Hagl­Kehl






(A) (C)



(B) (D)


nächsten Jahre – zunächst befristet bis 2019, würde ich
meinen – mindestens zu verdoppeln .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich gehe davon aus, dass dies im Rahmen der parla-
mentarischen Beratungen des Haushalts 2016 realisiert
werden kann und wird . Darüber hinaus starten wir 2016
ein neues Programm für Modellprojekte zum modularen
Bauen für Studierende und Auszubildende, das mit ins-
gesamt 120 Millionen Euro für die Dauer von drei Jahren
aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm ausgestattet ist .
Auch das hilft .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Und trotzdem wird all das nicht ausreichen . Deshalb
habe ich zusätzlich die befristete und regionalisierte Wie-
dereinführung der degressiven Abschreibung vorgeschla-
gen . Wir brauchen das Engagement der privaten Inves-
toren . Auch sie sollen dabei helfen, für Mietwohnungen
im bezahlbaren Segment zu sorgen . Ich bin sicher, dass
sich auch private Investitionen in bezahlbaren Wohn-
raum lohnen, wenn am richtigen Ort gebaut wird . Der
Bund unterstützt das mit seiner Liegenschaftspolitik . Die
BImA wird neben den Konversionsflächen auch andere
geeignete Liegenschaften identifizieren, herrichten und
zur Verfügung stellen, das heißt zum Beispiel an kom-
munale Wohnungsbaugesellschaften veräußern .


(Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Das haben wir lange gefordert! Danke!)


Länder und Kommunen, aber auch private Flächen-
vermarkter sind aufgefordert, das Gleiche zu tun und ihre
Flächen für den Wohnungsbau zu aktivieren . Ich will ein
Beispiel für private Flächenveräußerungen nennen . Der
Bürgermeister von Schwäbisch Hall hat vor einiger Zeit
zu mir gesagt: Wir haben ein Problem in unserer Stadt .
Wir sind gleichsam wegen Reichtums geschlossen . Un-
sere Grundstückseigentümer haben es nicht nötig, zu
verkaufen . Sie wollen auch nicht verkaufen . Wir können
unsere Wohnungspolitik nicht fortentwickeln . – Auch an
solche Grundstückseigentümer, die eigentlich nicht dar-
auf angewiesen sind, zu verkaufen, appelliere ich: Den-
ken Sie darüber nach, ob Sie Ihre Stadt sich fortentwi-
ckeln lassen können! Ich appelliere auch an die Kirchen,
die häufig über Grund und Boden verfügen. Auch diese
sollten, wie es häufig üblich ist, im Wege des Erbbau-
rechtes Grund und Boden zur Verfügung stellen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg . Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden in Bezug auf Erstunterkünfte und vorüber-
gehende Unterkünfte bau- und bauplanungsrechtlich al-
les ermöglichen, damit diese schnell und unbürokratisch
errichtet und zur Verfügung gestellt werden können . Na-
türlich werden wir beim Wohnungsbau unsere bewährten
Qualitätsstandards im deutschen Bauwesen halten .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mir ist wich-
tig, klarzumachen, dass wir mit unseren Aktivitäten ei-

nem gesamtgesellschaftlichen Bedarf nachkommen . Es
gibt ganz verschiedene Gründe, warum der Bedarf an
bezahlbarem Wohnraum steigt . Der Zuzug von Flücht-
lingen ist nur einer dieser vielen Gründe . Wir haben als
Staat die Verantwortung dafür, dass genügend bezahlba-
rer Wohnraum für alle zur Verfügung steht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unter anderem auch deshalb erhöhen wir ab Januar das
Wohngeld und stellen im Haushalt 2016 200 Millionen
Euro mehr zur Verfügung . Und deshalb haben wir erfolg-
reich Mietpreisbremse und Bestellerprinzip eingeführt .
Damit erleichtern wir die Situation insbesondere für
Menschen mit kleinen Einkommen .


(Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Die Menschen freuen sich darüber!)


Wir sorgen dafür, dass auch in Zukunft ein gutes Zusam-
menleben in unseren Städten und Gemeinden möglich
ist . Dies ist unsere politische Verantwortung .

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich will
hier auch auf den steigenden Bedarf an altersgerechtem
Wohnraum hinweisen . Der im Haushalt veranschlagte
Ansatz steigt um über 2 Millionen Euro . Das neu auf-
gelegte Zukunftsinvestitionsprogramm sieht zusätzliche
Mittel für altersgerechten Wohnraum in Höhe von ins-
gesamt 27 Millionen Euro vor . Ich freue mich, dass das
Programm sehr gut angenommen wird und die Nachfrage
möglicherweise das Programmvolumen schon bald über-
steigt .

Der Gesamtansatz des Einzelplans 16 steigt 2016 auf
über 4 Milliarden Euro . Das gibt uns die Möglichkeit,
unsere Anstrengungen für den Klima-, Umwelt- und Na-
turschutz weiter zu verstärken . Das ist für die Bundesre-
gierung, aber auch für mich persönlich ein ganz zentrales
Anliegen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Präsident Obama hat in Alaska gerade erneut auf die
sichtbaren Folgen des Klimawandels hingewiesen . Auch
in Deutschland sind die Folgen des Klimawandels für
Mensch und Umwelt durchaus spürbar . Das größte Leid
bringt der Klimawandel aber vor allem in Ländern, in
denen ohnehin schon die Ärmsten der Armen leben . Es
ist deshalb allerhöchste Zeit, diesen Wandel aufzuhalten .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Beschlüsse der G 7 auf Schloss Elmau waren ge-
nau aus diesen Gründen sehr wichtig . Es bestand Einig-
keit darüber, dass die Weltwirtschaft bis zum Ende dieses
Jahrhunderts vollständig dekarbonisiert werden muss .
Die Einigkeit von Elmau ist Rückenwind auf dem Weg
zu einem neuen Klimaabkommen, das wir am Ende des
Jahres in Paris beschließen wollen .

Deutschland kann für den internationalen Klima-
schutz eine zentrale Rolle spielen und tut dies auch .
Im BMUB-Haushalt erhöhen wir die Investitionen zum
Schutz des Klimas und der Biodiversität im Rahmen

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks






(A) (C)



(B) (D)


unserer internationalen Klimaschutzinitiative um über
75 Millionen Euro auf dann rund 340 Millionen Euro .
Insgesamt wird Deutschland seine internationale Klima-
finanzierung bis 2020 verdoppeln und sorgt damit für
Glaubwürdigkeit gegenüber den Ländern des Südens .

Deutschland und die EU-Staaten haben ihre internati-
onalen Klimaschutzbeiträge für das Klimaabkommen in
Paris bereits vorgelegt, ebenso die USA, China und viele
andere Staaten . Das alles zeigt, dass wir weltweit diesmal
deutlich besser aufgestellt sind als vor den Verhandlun-
gen im Jahr 2009 in Kopenhagen .

Ich sehe aber auch mit Sorge, dass die Summe aller
nationalen Anstrengungen im ersten Anlauf nicht ausrei-
chen wird, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, also die Er-
höhung des weltweiten Temperaturanstiegs auf maximal
2 Grad zu begrenzen . Das ist also nicht im allerersten
Anlauf zu erreichen . Deshalb steht im Mittelpunkt un-
serer Verhandlungen derzeit die Verankerung eines Me-
chanismus, durch den die Klimaschutzanstrengungen
weltweit schrittweise immer weiter erhöht werden . Wir
werden also nicht lange warten, sondern unseren Ehr-
geiz – schrittweise, wie auch immer –steigern . Das kann
ja auch durch den Fortschritt in der technologischen Ent-
wicklung gut fundiert werden .

Ein wichtiger Aspekt kommt in der Diskussion häufig
noch zu kurz: Klimaschutzpolitik ist auch deshalb not-
wendig, um Konflikten um Land, Wasser, Nahrungsmit-
tel und Böden vorzubeugen .


(Ulli Nissen [SPD]: Völlig richtig! – Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn diese Konflikte könnten in der Zukunft weltweit
neue Flüchtlingsströme auslösen .


(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun sie schon!)


Darüber müsste man sich dann nicht wundern . Wir wis-
sen, dass es diesen Zusammenhang gibt;


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden alles Wirtschaftsflüchtlinge sein!)


zuletzt hat Papst Franziskus in seiner Enzyklika darauf
deutlich und eindringlich hingewiesen . Wir müssen des-
halb, wie in allen anderen Bereichen auch, langfristig,
vorsorgend und nachhaltig handeln . Klimaschutzpolitik
ist in diesem Sinne auch Friedenspolitik, und die ist heute
notwendiger denn je .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Staatengemeinschaft beim Klimaschutz zu
einer neuen Gemeinsamkeit findet, dann kann sie auch
bei anderen heute noch ungelösten Konflikten zu ge-
meinsamen Lösungen kommen und tatsächlich zu einer
friedlicheren Welt beitragen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812204700

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Heidrun Bluhm für die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812204800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi-

nisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haushaltsde-
batten sind traditionell die Gelegenheit, zu fragen, wie
die Regierung mit den Herausforderungen der Gegen-
wart umgeht und wie sie mit ihrer Haushaltspolitik nicht
nur auf Handlungszwänge reagiert, sondern wie sie auch
agierend Zukunft gestalten will .


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der Haushaltsansatz im Einzelplan 16 bleibt da aller-
dings vieles schuldig . Zu Beginn der Amtszeit dieser Re-
gierung habe ich tatsächlich für einen kurzen Moment
geglaubt, auf dem Feld „Bauen, Wohnen, Stadtentwick-
lung“ wird jetzt endlich einiges besser . Schlechter, als es
vorher war, ging es auch nicht . Doch noch mehr habe ich
gehofft als geglaubt, dass hinter der Zusammenlegung
von Umwelt und Bau mehr steckt als nur das Feilschen
um Partei- oder Regionalproporz: zum Beispiel die Ab-
sicht, die zukunftsentscheidenden Politikfelder Umwelt
und Bau unter einem Dach zusammenzuführen, damit
dauerhaft existenzielle Fragen wie der Klimaschutz, das
Wohnen, die Stadt- und Regionalentwicklung zusam-
mengedacht und langfristig konzeptionell auch voran-
gebracht werden können . Denn ebenso wie das Wohnen
der Zukunft und die Stadt- und Regionalentwicklung
gravierenden Einfluss auf den Umwelt­ und Klimaschutz
haben, ist der Klimaschutz zutiefst eine soziale Aufgabe .


(Beifall bei der LINKEN)


Demnächst findet in Paris der nächste Klimagipfel
zum Kyoto-Protokoll statt, und ich frage mich, was die
Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-
aktorsicherheit als deutschen Beitrag zur Klimarettung
dort in die Waagschale werfen will . Sie hat eben ange-
kündigt, sie hat ein Programm, das auch schon vorgelegt
wurde, aber die Inhalte, die sie hier heute vorgelegt hat,
bleiben für uns – glaube ich – sehr nebulös . Wir hätten
gern mit ihr darüber diskutiert .

Mit diesem Haushalt jedenfalls kann sie nicht, wie die
Kanzlerin, behaupten: Wir schaffen das . – Wir müssen
das aber schaffen . Wir müssen die selbst gesetzten Kli-
maschutzziele erreichen, und wir müssen spätestens jetzt
dafür die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir alle wissen: Das ist keine kurzfristige Kampagne,
sondern eine dauerhafte Aufgabe, die nicht Ressortego-
ismen oder parteipolitischen Profilierungen unterworfen
sein darf .

Gegenwärtig, und das ist auch richtig so, wenden wir
der Unterbringung von Menschen, die durch Krieg und
Bürgerkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden, viel
Aufmerksamkeit zu . Wir müssen aber wissen: Auch das

Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks






(A) (C)



(B) (D)


ist keine Kampagne, und ein Dach über dem Kopf allein
reicht bei Weitem nicht aus .


(Beifall bei der LINKEN)


Begriffe wie „vorübergehend“ oder „zeitweilig“ müssen
wir in diesem Zusammenhang aus dem politischen Vo-
kabular streichen, aber auch die Frau Ministerin hat sie
heute wieder verwendet . Aktuell und auf absehbare Zeit
suchen Menschen aus Kriegsgebieten bei uns Zuflucht.

Wenn wir nicht endlich den Klimaschutz beherzt vo-
ranbringen, statt weiter mit dem Wachstumsfetisch zu
wedeln, wenn uns eine zeitweilige schwarze Null wich-
tiger ist als Investitionen in dauerhaften Klima- und Zu-
kunftsschutz, dann werden sehr bald auch Menschen zu
uns nach Europa kommen, denen wir mit unserer fossilen
Industriepolitik die Heimat weggeschwemmt haben,


(Beifall des Abg . Harald Petzold [DIE LINKE])


denen wir das Trinkwasser vergiftet, denen wir die Luft
verpestet haben .


(Beifall des Abg . Harald Petzold [DIE LINKE])


Selbst der amerikanische Präsident – auch das sagt die
Ministerin – scheint das schon erkannt zu haben . Wir
dürfen also handeln .


(Beifall bei der LINKEN)


In einem Haushaltsplan, über dem „Umwelt, Natur-
schutz, Bau und Reaktorsicherheit“ steht, sollte man
Zahlen erwarten, die der Größe der Aufgabe auch ange-
messen sind . In der Titelgruppe „Klimaschutz“ werden
internationale und nationale Klimaschutzinitiativen als
wesentliche Ziele definiert. Es soll – ich zitiere –:

„eine in Klimaschutzzielen festgelegte Reduzierung
der Treibhausgasemissionen in Deutschland bis
zum Jahr 2020 um 40 Prozent, … bis zum Jahr 2050
um 80 bis 95 Prozent“

unterstützt werden . Das ist unser aller Ziel . Gut so!

Mit rund 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid verur-
sacht der Gebäudesektor rund ein Drittel der deutschen
Treibhausgasemissionen . Wenn die Bau- und Wohnungs-
wirtschaft einen signifikanten Beitrag zur Reduzierung
der CO2-Emissionen leisten soll, dann muss die Quote
der energetischen Gebäudesanierung sofort auf mindes-
tens 2 Prozent verdoppelt werden . Das wissen wir alle
aber auch schon lange .


(Beifall bei der LINKEN)


Das darf nicht eine Privatsache der Bau- und Woh-
nungswirtschaft sein . Das ist eine hochpolitische ge-
sellschaftliche Aufgabe, die sich nicht durch Appelle
und Ankündigungen lösen lässt, sondern mit ernsthaften
Haushaltsansätzen angegangen werden muss .


(Beifall bei der LINKEN)


Also, was liegt näher, als in diesen Einzelplan die da-
für notwendigen Mittel einzustellen? Umweltverbände,
Fachinstitute und selbst Mitarbeiter aus den Bundesmi-
nisterien sehen hier eine Finanzierungslücke von 5 bis

9 Milliarden Euro jährlich . Welchen Beitrag will das
Bundesministerium leisten, um diese Lücke zu schlie-
ßen? Mit den veranschlagten 1,5 Milliarden Euro aus
dem EKF wird das jedenfalls nichts .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will ja gern an-
erkennen, dass sich diese Bundesregierung im Vergleich
zur Vorgängerregierung bemüht, dem Politikfeld Woh-
nen und Bauen mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden . De-
ren Ignoranz war ja damals auch kaum zu überbieten . Die
Erhöhung des Wohngeldes etwa oder die Aufstockung
der Städtebauförderung sind richtig und lange überfällig,
aber sie sind leider rückwärtsgewandte Reparaturmaß-
nahmen geblieben . Mit diesem Haushaltsansatz sind es
keine an den aktuellen und zukünftigen Aufgaben orien-
tierte Gestaltungsziele geworden . Dafür wäre mindestens
eine Dynamisierung des Wohngeldes einschließlich einer
Klimakomponente notwendig . Notwendig wäre auch
eine progressive Ausgestaltung der Städtebauförderpro-
gramme, beispielsweise eine Gestaltungs- anstelle einer
Abrissphilosophie in den Stadtumbauprogrammen Ost
und West . Hier müssen wir kurzfristig umdenken . Das
fordern auch die Länder .


(Beifall bei der LINKEN)


Kolleginnen und Kollegen, es fehlen schon jetzt in der
Bundesrepublik mindestens 5 Millionen Sozialwohnun-
gen . Hier kommt der von den Sozialverbänden berech-
nete Bedarf von 2 Millionen altersgerechten Wohnungen
hinzu . Das allein wäre Grund genug, die Kompensati-
onsmittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau
deutlich aufzustocken . Das hat die Ministerin heute er-
freulicherweise anerkannt, und ich wünsche ihr, uns allen
und vor allem den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern,
dass sie sich an dieser Stelle gegenüber Herrn Schäuble
durchsetzen kann .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Ministerin ihre Ankündigung wahr macht,
den sozialen Wohnungsbau mit 1 Milliarde Euro aus dem
Bundeshaushalt zu fördern, dann wäre das eine sehr be-
grüßenswerte Aktion .


(Zuruf von der SPD: Genau! Machen wir auch!)


Aber schon die Einschränkung, dass dies eine zeitweilige
Aufstockung wäre, die auch noch mit dem Zustrom an
Flüchtlingen und Asylbegehrenden begründet wird, ist
wohnungs- und gesellschaftspolitisch das völlig falsche
Signal . Denn die sozial benachteiligten Gruppen bei der
Wohnraumversorgung gegeneinander zu stellen, sorgt
für sozialen Brennstoff in der Bevölkerung . Das dürfen
wir nicht tun .


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung hat ihrem Koalitionsvertrag
vollmundig den Anspruch vorangestellt: „Deutschlands
Zukunft gestalten“ . Deutschlands Zukunft lässt sich nur
im internationalen Kontext denken . Von diesem An-
spruch ist dieser Haushaltsansatz meilenweit entfernt .
Selbst der angekündigte kraftvolle wohnungspolitische

Heidrun Bluhm






(A) (C)



(B) (D)


Dreiklang, den auch ich hier schon oft zitiert habe, hat
inzwischen das Outfit einer rostigen Klingel.

Danke schön .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812204900

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Marie-Luise Dött, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1812205000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

desregierung hat im Juli einen sehr ordentlichen Haus-
haltsentwurf vorgelegt – so ordentlich, dass der Deutsche
Bundestag auch noch die Möglichkeit hat, die aktuelle
Entwicklung zu berücksichtigen . Deutschland wird die
zusätzlichen Aufwendungen für die Flüchtlingswelle fi-
nanziell bewältigen .

Ich persönlich verbinde mit dieser Herausforderung
auch ein gutes Paket an Chancen und Optionen . Eine
davon liegt im Wohnungsbau . Er hinkt seit Jahren dem
eigentlichen Bedarf hinterher, sowohl der frei finanzier-
te als auch der soziale Wohnungsbau . Wir haben bereits
jetzt eine Konkurrenz um freien Wohnraum in Ballungs-
regionen . Diese soll sich durch den anhaltenden Zuzug
von Flüchtlingen nicht verschärfen . Die Koalition hat
daher den Wohnungsbau in ihre Beschlüsse vom Sonntag
integriert: Es soll eine steuerliche Förderung des Woh-
nungsneubaus in Gebieten mit Wohnungsmangel geprüft
werden . Der Bund wird noch mehr bundeseigene Liegen-
schaften zum Zweck des sozialen Wohnungsbaus verbil-
ligt bereitstellen . Das ist der Beitrag des Bundes .

Beim sozialen Wohnungsbau erwarten wir jedoch in
erster Linie den Beitrag der Länder . Denn seitdem die
Länder die Verantwortung für den sozialen Wohnungs-
bau tragen, beschäftigt sich der Deutsche Bundestag of-
fenbar mehr mit dem Thema als die zuständigen Landes-
regierungen . Von hier aus an alle Ministerpräsidenten:
Was ist da schiefgelaufen? Der Bund gibt seit 2007 den
Ländern für den sozialen Wohnungsbau mehr Geld als
vor der Föderalismusreform . Aber: Gebaut wurden weni-
ger Sozialwohnungen als vorher .

Bevor über eine Erhöhung der Kompensationsmittel
gesprochen werden kann, liebe Frau Ministerin, muss die
Verantwortung der Länder für die bisher gezahlten Mittel
natürlich aufgearbeitet werden . Und, liebe Frau Bundes-
ministerin: Auf laue Zusagen der Länder können wir uns
beim sozialen Wohnungsbau nicht verlassen .


(Ulli Nissen [SPD]: Da ist doch gar keine Zweckbindung, Frau Dött!)


– Sie können ja freiwillig darstellen, wie Sie das gemacht
haben . Ich weiß, dass es keine Zweckbindung gab, aber
es war so beabsichtigt . – Ich wundere mich schon über
Ihren Vertrauensvorschuss, Frau Ministerin, für die Län-
der bei diesem Thema. Ohne gesetzlich fixierte Zweck-

bindung für die gesamten Kompensationsmittel werden
die Enttäuschungen wachsen .


(Beifall der Abg . Ulli Nissen [SPD])


Dann lieber nach eigenständigen Bundeslösungen su-
chen,


(Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: Herr Schäuble hat die doch abgeschafft!)


wenn sich die Länder zu ihrer Aufgabe nicht verlässlich
verpflichten lassen!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, was wir brauchen, sind be-
lastbare Ansätze . Da vertraue ich in erster Linie auf die
Kräfte des Marktes . Wo immer sich Wohnungsbau ren-
tiert, wird sich auch ein privater Investor finden. Na-
türlich kann der Staat finanzielle Anreize geben. Das
beschleunigt Investitionsentscheidungen . Wenn man
das geschickt ausgestaltet, kann man diese auch an die
richtigen Orte lenken . Ich begrüße daher ausdrücklich,
dass Bund und Länder über steuerliche Anreize für den
Wohnungsbau sprechen werden . Diese waren beim Woh-
nungsbau in Deutschland stets erfolgreich .

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht
nur ums Geld. Neben den finanziellen Aspekten unter-
stütze ich nachdrücklich, dass wir zur Bewältigung der
Aufgaben auch Abweichungen von Standards und An-
forderungen in unterschiedlichen Bereichen ermögli-
chen werden . Aber ich will auch jedem klar sagen: Die-
se befristeten Abweichungen dürfen und werden unsere
zentralen Ziele der Umweltpolitik nicht gefährden . Das
sage ich auch mit Blick auf die Klimaziele . Die Vorbild-
funktion Deutschlands beim Klimaschutz steht nicht zur
Disposition . Instrumente können und müssen wir disku-
tieren, in Deutschland, in Europa und auch global . Das
nationale Klimaziel aber steht, genau so, wie es im Koa-
litionsvertrag vereinbart ist .

Zum Klimaschutz gehört aber nicht nur unser nationa-
ler Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen,
dazu gehört auch unsere Unterstützung des internationa-
len Klimaschutzes . Die im Haushaltsentwurf vorgesehe-
ne Erhöhung der Mittelausstattung für die Internationale
Klimaschutzinitiative um 75 Millionen Euro begrüße ich
sehr . Die deutliche Erhöhung der Mittel, mit denen wir
Klimaschutz vor allem in Entwicklungsländern fördern,
ist für Paris ein wichtiges Signal für die Übernahme glo-
baler Verantwortung und Solidarität . Und sie sollte auch
ein Signal für andere Geberländer sein .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Entwurf des Ein-
zelplans 16 ist im Personalbereich ein Stellenzuwachs
zu verzeichnen; das auch deshalb, weil die sachgrundlos
befristete Beschäftigung bis zum Ende der Legislaturpe-
riode beendet werden soll


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön, dass das endlich passiert!)


und weil die Inanspruchnahme von Werkvertragsneh-
mern zurückgefahren wird . Denn sowohl Befristungen

Heidrun Bluhm






(A) (C)



(B) (D)


als auch das Auslagern von Tätigkeiten können immer
nur Zwischenlösungen sein . Die stärkere Wahrnehmung
solcher Tätigkeiten durch BMUB-eigenes Personal un-
terstützen wir gerade mit Blick auf die Arbeits- und Le-
benssituation der Betroffenen nachdrücklich .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wichtig ist mir hier gerade die personelle Stärkung
von Arbeiten in den Arbeitsgebieten „Ressourceneffizi-
enz“ und „Kreislaufwirtschaft“ . Hier liegt in dieser Le-
gislaturperiode zu Recht ein Schwerpunkt der Arbeit .
Und hier stehen noch wichtige Projekte an .

Nach der Einigung auf Eckpunkte des Gesetzes zwi-
schen den Koalitionsfraktionen wird derzeit das Wert-
stoffgesetz erarbeitet . Die Gewerbeabfallverordnung, das
Batteriegesetz und die Klärschlammverordnung werden
novelliert, und die Fortschreibung des Deutschen Res-
sourceneffizienzprogramms, ProgRess II, befindet sich
derzeit in der Erarbeitung .

Die Fragen des Umgangs mit Ressourcen und die
Vermeidung oder Wiedernutzung von Abfällen sind Zu-
kunftsfragen ersten Ranges, gerade für eine Industrie-
nation wie Deutschland. Hier brauchen wir qualifizierte
und motivierte Mitarbeiter .

Da wir gerade bei der Frage der Wettbewerbsfähigkeit
unserer Industrie sind: Ich wäre sehr dankbar, wenn wir
bei allen Maßnahmen, egal ob im Umwelt- oder Bau-
bereich, künftig stärker auf den Abbau von Bürokratie
achten würden . Wir als CDU/CSU-Fraktion werden je-
denfalls sehr genau darauf achten, wie das Bürokratie-
entlastungsgesetz im BMUB umgesetzt wird . Liebe Frau
Ministerin, das soll absolut keine Drohung sein, sondern
ein freundliches Angebot zur Unterstützung .


(Beifall des Abg . Volkmar Vogel CSU])


Wir haben dafür eigens einen Bürokratiebilanzbeauftrag-
ten in unserer Arbeitsgruppe, weil wir uns wirklich dar-
auf fokussieren wollen . Er wird sich um diese Aspekte
ganz besonders kümmern . Sie sehen: Wir nehmen dieses
Thema sehr ernst, auch weil es in der Vergangenheit häu-
fig leider nicht ernst genug genommen wurde.

Ich freue mich auf konstruktive Beratungen in den
nächsten Wochen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812205100

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Peter Meiwald, Bündnis 90/Die Grünen .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812205200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Rede sehr viel über
das Bauen gesprochen, über die Herausforderung, in
Deutschland günstigen Wohnraum bereitstellen zu müs-
sen, nicht nur für Flüchtlinge . Dass dies eine große Her-

ausforderung ist, ist unbestritten . Das ist wichtig . Das ist
ein zentrales Arbeitsthema, gerade in dieser Zeit .

Seit einem Jahr fordern wir Grüne ein Bundesbau-
programm . Das haben Sie verschlafen und bisher nicht
umgesetzt . Frau Dött, angesichts dessen hilft es nichts,
auf den Ländern herumzuhacken und zu sagen: Die Län-
der müssten . . .! – Nein, das Bundesbauprogramm ist eine
Chance, als Bund Verantwortung zu übernehmen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg . Marie-Luise Dött [CDU/CSU])


Frau Ministerin, Sie sind auch – nicht nur: „auch“ –
die Umweltministerin in unserem Land . Zentrale The-
men der Umweltdiskussion kommen bei Ihnen deutlich
zu kurz, nicht nur in den bisherigen zwei Jahren Ihrer
Amtszeit, sondern auch in Ihrer Rede eben . Ich meine
die planetaren Grenzen, den Ressourcenverbrauch – Frau
Dött hat gerade darauf hingewiesen, allerdings ohne zu
sagen, was konkret passieren soll – und den Zustand all
dessen, was um uns herum ist: Luft, Wasser, Feinstaub,
all diese Dinge . Ich werde ausführen, was dazu aus unse-
rer Sicht dringend getan werden muss .

Zunächst zu den planetaren Grenzen . Am 16 . Januar
dieses Jahres meldete das Potsdam-Institut für Klima-
folgenforschung, dass vier von neun planetaren Grenzen
durch den Einfluss des Menschen bereits überschritten
sind . Den Klimawandel haben Sie angesprochen; aber
es geht auch um Landnutzung, um Nitrat- und Phospor-
kreisläufe, um Biodiversität .

Zum Klimawandel . Was unternimmt die Bundesregie-
rung, um den Klimawandel einzudämmen? Wir haben
gerade gehört, wie wichtig das ist . Das bestätigen alle
immer wieder . Aber was passiert außer Lippenbekennt-
nissen? Was gibt es an konkreten Maßnahmen? Bereits
am Mittwoch nach der Konferenz von Elmau war das
hochgelobte Versprechen der G-7-Konferenz, Anreize
für Investitionen hin zu kohlenstoffarmen Wachstums-
möglichkeiten zu setzen, nur noch Makulatur . Dabei
klingt „Dekarbonisierung“ doch so schön; Sie haben es
gerade auch gesagt . Doch der Deal von Kanzlerin und
Wirtschaftsminister mit der Kohleindustrie stellt das Kli-
maengagement – nein, nicht in den Regen – in die Hitze .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Kohleabgabe kommt nicht . Die Klimakiller der
Braunkohlekonzerne werden einmal mehr geschont . Die
kleinen Klimaschutzmaßnahmen, die an der einen oder
anderen Stelle in Paris zugestanden werden, sollen das
kaschieren . Sie werden vom Steuerzahler bezahlt werden
und nicht von den Konzernen, die die Probleme verursa-
chen . Die Zeit bis Paris ist knapp, Frau Hendricks . Zie-
hen Sie der Kohleindustrie endlich den Stecker .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Harald Petzold [DIE LINKE])


Zum Flächenverbrauch . Die Bundesregierung hält
verbal an dem Ziel fest, den Flächenverbrauch bis 2020
auf – immer noch – 30 Hektar pro Tag zu reduzieren .
Im Moment liegen wir bei ungefähr 73 Hektar pro Tag .
Doch wo bleiben die wirklich großen Maßnahmen, die

Marie­Luise Dött






(A) (C)



(B) (D)


notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen? Reduzieren
Sie die privilegierten Nutzungen im Außenbereich . Neh-
men Sie die Ausweitung der Privilegierung zurück, die
unter Schwarz-Gelb vorgenommen wurde .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zum Stickstoff, zur Überdüngung . Die planetaren
Grenzen sind auch hier und bei Phosphor weit überschrit-
ten . In Deutschland sind 25 Prozent der Grundwasserkör-
per aufgrund von hohen Nitratwerten in einem schlech-
ten chemischen Zustand . Nur 10 Prozent der natürlichen
Fluss- und Bachabschnitte sind in einem guten oder sehr
guten ökologischen Zustand . Bei unseren Küstengewäs-
sern sieht es noch schlimmer aus . Da gibt es nirgends
einen guten ökologischen Zustand . Auch hier passiert
seitens der Bundesregierung nichts . Ein Vertragsverlet-
zungsverfahren ist seit Langem anhängig; doch Streit
zwischen dem Landwirtschaftsministerium und Ihrem
Haus, in dem man das eigentlich besser weiß – das wis-
sen wir auch –, führt dazu, dass die Düngeverordnung
nicht verändert wird, dass die Novelle nicht kommt, dass
in diesem Land weiter Stillstand herrscht . Machen Sie
endlich eine Umweltpolitik, die diesen Namen verdient,
und verteilen Sie keine weiteren Geschenke an die Ag-
roindustrie .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zur Biodiversität . Wenn Sie die Herausforderungen
der überbordenden Stickstoffeinträge, des exzessiven
Flächenverbrauchs und des Kohleausstiegs ernsthaft an-
gehen, dann nützt das auch der Artenvielfalt . Durch Ver-
güllung der Böden und Stickstoffüberschüsse kommen
die Ökosysteme schon seit Langem an ihre Belastungs-
grenzen . 22 Wirbeltierarten sind seit Beginn des 20 . Jahr-
hunderts in Deutschland schon ausgestorben, unlängst
erst der Steinsperling – Petronia petronia; was für ein
schöner Name . Weitere 28 Prozent der heimischen Wir-
beltiere sind längst bestandsgefährdet . Da gibt es viel zu
tun . Wir alle merken am Beispiel der Feldlerche oder des
Kiebitzes, dass die Bedingungen nicht so gut sind, auch
wenn die Kanzlerin sagt: Alles wird gut in unserem Land .

Zu den Ressourcen . Das wichtige Programm Pro-
gRess II – Frau Dött hat es eben angesprochen – ist schön
und gut . Unser Energiehunger, unser Lebensstil zeigen
doch: Wir verbrauchen zu viel Ressourcen . Am 12 . Au-
gust dieses Jahres war der Earth Overshoot Day, der Tag,
ab dem wir weltweit mehr natürliche Ressourcen ver-
brauchen, als uns für dieses Jahr eigentlich zustehen . Wir
leben weit darüber hinaus . ProgRess II bietet dazu zwar
Worte, gute Analysen und Beschreibungen, aber letztlich
keine Lösungen . Was uns fehlt, sind pragmatische Vor-
schläge; einen zahnlosen Tiger brauchen wir nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielleicht habe ich das noch nicht ausreichend und inten-
siv gelesen . Aber die einzige Maßnahme, Frau Ministe-
rin, die ich bisher darin gefunden habe und die konkret
ist, ist die Erhöhung des Anteils von Recyclingpapier in
den Bundesbehörden auf 100 Prozent .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immerhin! – Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wurde auch Zeit!)


Das ist schön, und das ist auch in unser aller Sinn . Nie-
mand kann etwas dagegen haben . Aber reicht es wirklich
aus, um den Ressourcenverbrauch unserer Wirtschafts-
weise so zu minimieren, wie es nötig wäre, wenn erst ein-
mal mehr Recyclingklopapier in den Ministerien hängt?
Ist uns das genug?


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Nicht nur in den Ministerien!)


– Nicht nur in den Ministerien, sondern auch in den un-
tergeordneten Behörden . Das wird uns weiterhelfen . Vie-
len Dank für diesen Hinweis .

Die Dekarbonisierung ist als Stichwort angesprochen
worden . Aber es geht nicht nur um Rohstoffe wie Kohle
und Öl, um die fossilen; es geht um mehr . Es geht um
Metalle, Seltene Erden, sauberes Wasser, aber auch um
nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Kautschuk und vie-
les andere . Das alles ist im heutigen System so billig,
dass wir es uns leisten können, so verschwenderisch da-
mit umzugehen, wie wir es tun .

Wiederverwertbare Rohstoffe haben hingegen kaum
eine Chance auf dem Markt . Dabei müsste ihr Einsatz
doch eigentlich günstiger sein, als dass wir immer neue
Rohstoffe aus dem Boden holen . Woran liegt das? Die
Marktpreise – das ist keine ganz neue Erkenntnis – sa-
gen leider nicht die ökologische Wahrheit . Sie bilden die
sozialen und ökologischen Folgekosten der Gewinnung
dieser Rohstoffe nicht ab . Diese Kosten werden noch viel
zu oft der Allgemeinheit oder den nachfolgenden Gene-
rationen aufgebürdet . Das darf nicht so bleiben . Das wis-
sen Sie, und das wissen wir alle .

Unsere Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch –
wenn Sie keine besseren haben, bitte, übernehmen Sie
unsere gerne –:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ökologisch gestaffelte Ressourcenabgaben auf Rohstoff-
verbrauch – nicht nur für Verpackungen –, ein Wert-
stoffgesetz mit deutlich höheren, dynamisch steigenden
Recyclingquoten auf dem Weg zu einer echten Kreislauf-
wirtschaft – das ist gerade angesprochen worden; darauf
warten wir seit zwei Jahren –, die Stärkung von Mehrweg
statt Einweg und die Verbannung besonders ressourcen-
verschwendender Einwegprodukte wie Coffee-to-go-Be-
cher oder Plastiktüten . – Das sind zwar nur kleine Bei-
spiele . Aber da könnte man konkret werden, anstatt nur
ein schönes ProgRess-Programm zu schreiben .

Nun noch ganz kurz etwas zur Wahrnehmung Ihrer
Politik im Allgemeinen . Früher war Deutschland Vor-
reiter an vielen Stellen . Mittlerweile beschreibt man uns
als das Land, in dem wir gemäß einer Untersuchung zum
Müll pro Kopf auf Platz 28 von 34 liegen; es gibt erheb-
liche Mängel bei der Mülltrennung . Die Grenzwerte von
Stickoxiden im Straßenverkehr werden regelmäßig über-
schritten . Bei der Feinstaubbelastung liegt Deutschland
auf Platz 27 von 34 . Das alles sind die Ergebnisse der
aktuellen Politik .

Peter Meiwald






(A) (C)



(B) (D)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812205300

Herr Kollege, erstens – Stichwort „überschritten“ –

haben Sie Ihre Redezeit schon weit überschritten . Zwei-
tens gibt es eine Zwischenfrage . Ich weiß nicht, ob Sie
sie noch zulassen wollen . Ich gebe Ihnen noch ein paar
Sekunden . Wollen Sie sie zulassen?


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812205400

Ja .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812205500

Bitte schön, Herr Kollege .


Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU):
Rede ID: ID1812205600

Lieber Kollege, Sie hatten in Ihrer Rede erwähnt, dass

der Steinsperling aktuell ausgestorben sei . Ich habe ein-
mal Biologie studiert und gelernt: Das war vor 1950 . Au-
ßerdem ist er nicht ausgestorben, weil sich die Umwelt so
verschlechtert hat, sondern weil andere Arten ihn aus sei-
nem Lebensraum verdrängt haben . Mich würde interes-
sieren, woher Sie diese Information haben .

Danke .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812205700

Nach meiner Kenntnis hat der Steinsperling schon

noch bis zum Ende des letzten Jahrhunderts bei uns ge-
lebt . Dass er ausgestorben ist, hat sicherlich verschiedene
Gründe . Die Veränderung der Umwelt, das, was um uns
herum passiert, ist genau der Punkt, der uns beschäftigt .
Da gibt es viele Einflüsse. Der Einfluss des Menschen
darf einfach nicht übergangen werden . Es geht darum,
unser Ökosystem insgesamt zu stabilisieren . Der Stein-
sperling ist da nur ein Beispiel . Die Lerche und andere
Vögel sind aktuell bedroht; das hatte ich gesagt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812205800

Das war doch eigentlich ein schönes Schlusswort,

Herr Kollege, oder?


(Heiterkeit)



Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812205900

Zum Schluss möchte ich noch etwas zu den Finanzen
sagen, und zwar zu den Subventionen . Die Bundesregie-
rung hat eine Nachhaltigkeitsprüfung für ihren Subven-
tionsbericht eingeführt . Darin wird auf einmal alles, was
es an Subventionen gibt – für Agrardiesel, was man den
Griechen gerade abgewöhnen möchte, Spitzenausgleich
für die Industrie und Stromsteuerbegünstigungen für Un-
ternehmen –, als nachhaltig eingestuft . Das sollte uns zu
denken geben . Frau Ministerin, Sie kennen die Stellung-
nahmen des Umweltbundesamtes dazu . Die Strompreis-
kompensation läuft der Wirkungsweise des Emissions-
handels zuwider; denn der Emissionshandel soll gerade
durch einen entsprechenden Preis für Emissionszertifika-
te Anreize für eine verbesserte Energieeffizienz geben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812206000

Lieber Herr Kollege .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812206100

Das nur als Beispiel . – Ich glaube, ich komme zum

Ende, ehe der Präsident ärgerlich wird .


(Heiterkeit)


Ich danke für die Aufmerksamkeit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812206200

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Steffen-Claudio Lemme von der SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Steffen-Claudio Lemme (SPD):
Rede ID: ID1812206300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Gäste! Der Haushaltsentwurf 2016 zeigt bei den
Ausgaben im Umwelt- und Baubereich ganz deutlich,
wie viele Koalitionsziele wir in dieser Wahlperiode ange-
packt und umgesetzt haben – beim Umwelt- und Klima-
schutz und auch auf dem Weg zu gutem und bezahlbarem
Wohnraum .


(Zuruf von der LINKEN: Na ja!)


Auf diese Ergebnisse, die sich jetzt im Haushalt wider-
spiegeln, können wir stolz sein . Ich möchte das den Kol-
legen, die hier Kritik vorgetragen haben, gern an einigen
Beispielen verdeutlichen .

Die Wohngeldreform beispielsweise: Mit der Reform,
die am 1 . Januar 2016 in Kraft tritt, beenden wir sieben
Jahre Stillstand, in denen das Wohngeld nicht mehr an
die Entwicklung von Mieten und Einkommen angepasst
wurde. 870 000 Haushalte werden profitieren, 27 000 da-
von sind Haushalte von Alleinerziehenden, und 90 000
werden nicht mehr länger auf eine Aufstockung durch
Sozialhilfe angewiesen sein .


(Beifall bei der SPD)


Das macht im Haushalt eine Erhöhung um 200 Millionen
Euro aus . Das Wohngeld ist mit insgesamt 730 Millionen
Euro der größte Posten. Das ist definitiv eine klare Bot-
schaft des SPD-geführten Hauses .


(Beifall bei der SPD)


Unter das Stichwort „bezahlbares Wohnen“ fällt auch
die Erhöhung der Städtebauförderung auf 700 Millionen
Euro jährlich . Um das Auseinanderdriften in reiche Vier-
tel und arme Viertel zu verhindern, haben wir die „So-
ziale Stadt“ mit 150 Millionen Euro zum Herzstück der
Städtebauförderung gemacht .

Mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm stellen wir
bereits mit Beginn des Jahres 2016 140 Millionen Euro
für die Sanierung kommunaler Sport-, Jugend- und Kul-
tureinrichtungen zur Verfügung . 120 Millionen Euro sind
für besseres Wohnen für Studentinnen und Studenten und
Azubis vorgesehen .






(A) (C)



(B) (D)


Auch für den altersgerechten Umbau – die Ministerin
ist darauf eingegangen – haben wir über den Nachtrags-
haushalt in diesem Jahr noch einmal eine Schippe drauf-
gelegt, und zwar zu Recht . Wir haben hier einen immens
hohen Bedarf und eine große Nachfrage . Während bei der
Kreditanstalt für Wiederaufbau im Jahr 2011 im Schnitt
20 Anträge pro Tag für diese Zuschussförderung eingin-
gen, sind es jetzt 80 Anträge pro Tag, also viermal so vie-
le . Der altersgerechte Umbau – das merkt man an diesen
Zahlen – wird uns in unserer alternden Gesellschaft noch
stark beschäftigen . Wir werden hier zukünftig auf jeden
Fall einen weiteren Aufwuchs benötigen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mithilfe des Zukunftsinvestitionsprogramms ha-
ben wir auch die Nationale Klimaschutzinitiative um
450 Millionen Euro aufgestockt . Die Gelder werden
überwiegend für die Umsetzung des Aktionsprogramms
Klimaschutz 2020 und die Erreichung der deutschen Kli-
maschutzziele eingesetzt . Gerade in diesem Jahr, vor der
so wichtigen Weltklimakonferenz in Paris, ist das Eintre-
ten für unsere eigenen Emissionsziele ein sehr wichtiges
und dringendes Signal, zum einen natürlich innerhalb
Deutschlands, aber auch an andere Staaten, die sich noch
nicht auf konkrete Beiträge zum Klimaschutz geeinigt
haben .

Ein zentraler Punkt, der über Erfolg und Misserfolg
in Paris mitentscheiden wird, ist die internationale Kli-
mafinanzierung. Die meisten Gelder hierfür fließen im
Bereich der Entwicklungshilfe . Deshalb ist hier ein Blick
auf den Gesamthaushalt notwendig .

Im Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftli-
che Zusammenarbeit und Entwicklung werden die multi-
lateralen Umwelt- und Klimaschutzhilfen um 118 Milli-
onen Euro erhöht . Auch die Mittel für die internationale
Klimaschutzinitiative, mit der das Bundesumweltministe-
rium Klimaschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwel-
lenländern finanziert, wachsen um 75 Millionen Euro an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt noch ein Punkt,
der uns im parlamentarischen Raum gut zu Gesicht steht:
Wir schreiben die 3 Millionen Euro, die Deutschland im
Rahmen des Engagements gegen die Wilderei zum Ein-
satz bringt, mit dem Haushalt im Jahre 2016 fort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hier investiert das Bundesumwelt- und -bauministerium
in Projekte in China und Vietnam, die dabei helfen sol-
len, den Schwarzmarkt für Elfenbein und Nashornhorn
dort auszutrocknen, wo die Nachfrage am größten ist,
beispielsweise durch Kampagnen zur Information der
Bevölkerung .

Das waren nur ein paar herausgegriffene Beispiele . Ja,
wir haben viel geschafft . Aber wir müssen natürlich nach
vorn blicken . Wir stehen aufgrund des großen Flücht-
lingsstroms gegenwärtig vor einer nationalen und eu-
ropäischen Ausnahmesituation . Hier ist unser schnelles
Handeln gefragt . Wir haben es in den Debatten der letzten
Tage sehr oft gehört: Wir müssen alle zusammenrücken,
und wir müssen uns den Herausforderungen stellen . Da-

mit möchte ich nicht sagen, dass unsere Bemühungen im
Bau- und Umweltbereich enden . Ganz im Gegenteil, es
kann lediglich sein, dass wir nicht jedes Projekt, nicht
jede Programmerhöhung, die wir uns vorstellen, sofort
und noch in diesem Jahr in die Umsetzung bringen .

Momentan müssen wir für eine menschenwürdige
Unterbringung, eine menschenwürdige Behandlung
und die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt
oberste Priorität anmelden . Hierbei ist ganz zuvorderst
auch der Bauetat zu berücksichtigen . Denn sprechen
wir über menschenwürdige Unterbringung, so können
wir die alleinige Verantwortung eben nicht den Ländern
und Kommunen überlassen . Wir stehen gesamtstaatlich
der dringenden Notwendigkeit gegenüber, vor allem in
Ballungszentren schnellstmöglich mehr Wohnraum zu
schaffen . Laut Deutschem Städtetag müssen in Deutsch-
land jedes Jahr mindestens 300 000 Wohnungen neu ge-
baut werden, um den Bedarf zu decken . Wichtig ist bei
dieser Debatte, dass wir nicht nur speziell für Flüchtlinge
neu bauen wollen;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


das würde jedem Integrationsgedanken zuwiderlaufen .
Vielmehr benötigen wir in angespannten Wohnungs-
märkten generell preisgünstigen Wohnraum für Fami-
lien mit geringerem Einkommen, für Alleinerziehende,
für Rentnerinnen und Rentner . Dieser Druck wird durch
die Flüchtlinge, von denen sich viele in Deutschland eine
neue Heimat aufbauen wollen, nun noch verstärkt .

Der Koalitionsausschuss hat hierzu am vergangenen
Sonntag formuliert:

Der Bund unterstützt Länder und Kommunen beim
Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung
des Bestands an Sozialwohnungen .

Ich möchte mich stark dafür aussprechen, dass dieser
vagen Formulierung auch Taten folgen und wir die Fi-
nanzhilfen an die Länder für den sozialen Wohnungsbau
verdoppeln .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Klar ist auch, Frau Dött: Dieser Vorschlag beinhaltet eine
verpflichtende Zweckbindung für die Länder,


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Vielen Dank!)


damit dieses Geld auch tatsächlich dafür verwendet wird,
dass sozialer Wohnraum entsteht .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812206400

Zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag ertei-

le ich nun der Abgeordneten Birgit Menz, Fraktion Die
Linke, das Wort .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Steffen­Claudio Lemme






(A) (C)



(B) (D)



Birgit Menz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812206500

Danke . – Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle-
ginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Welt blickt im
Dezember dieses Jahres nach Paris . Auf der Weltklima-
konferenz wollen sich 196 Staaten auf verbindliche Kli-
maziele einigen . Seit dem Scheitern von Kyoto ist dies
der erste ernstzunehmende Anlauf . Eines ist klar: Die
Welt braucht einen Klimavertrag, der konkret beschreibt,
wie die globale Erwärmung zu begrenzen ist .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ohne diesen Vertrag gerät das 2-Grad-Ziel in noch wei-
tere Ferne, als das ohnehin schon der Fall ist . Die kli-
mabedingten Probleme der Menschen werden sich im-
mer mehr verschärfen . Dadurch werden die Gründe für
Kriege und Flucht weiter zunehmen . Auch deshalb ist
diese Konferenz so wichtig .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch in Sachen Klimaschutz will die Bundesregie-
rung Vorreiterin sein . Bei diesem Thema unterstütze ich
das ausdrücklich . Allerdings habe ich große Sorgen, dass
sie diesem Anspruch nicht gerecht werden kann . Lassen
Sie mich das an einigen Punkten deutlich machen .

Beispiel Elmau . Die G-7-Länder haben das Ziel for-
muliert, die Energiewirtschaft weltweit bis 2050 kohlen-
stoffarm umzubauen . Das ist ein wichtiges Signal . Aber
diese Dekarbonisierung fordert von Deutschland mehr
als nur ehrgeizige Klimaschutzziele und eine erfolgrei-
che Energiewende . Sie erfordert ein grundlegendes Um-
denken, wie wir in Zukunft wirtschaften wollen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Doch dazu fehlt der politische Wille . In der Realität wird
so weitergemacht wie bisher . Das können wir uns nicht
länger leisten .

Die Bundesregierung muss den Klimaschutz endlich
ernst nehmen und darf sich nicht vor der Industrie- und
Kohlelobby wegducken . Es gab ja brauchbare Vorschlä-
ge . Minister Gabriel wollte eine Abgabe auf die ältesten
und dreckigsten Kohlekraftwerke, eigentlich ein inte-
ressantes Instrument, um die Produktion dieser Dreck-
schleudern einzudämmen und den Strukturwandel einzu-
leiten . Herausgekommen ist ein kläglicher Kompromiss,
die sogenannte Kohlereserve . Damit wird die Kohlein-
dustrie aus der Verantwortung entlassen, es werden weni-
ger Emissionen eingespart, und für die Verbraucherinnen
und Verbraucher wird es teurer . Bei dieser Art der Kli-
mapolitik machen wir nicht mit . Die Linke steht für einen
sozialökologischen Umbau .


(Beifall bei der LINKEN)


Das nächste Problem ist der Atomausstieg . Wie-
der wird die Industrie hofiert. Fragen wie Stilllegung
und Rückbau von Kraftwerken und die Entsorgung des
Atommülls, all das ist ungeklärt . Wir meinen, hier muss
das Verursacherprinzip gelten . Die Kosten dürfen nicht
auf die Allgemeinheit abgewälzt werden . Deshalb ruhen

unsere Hoffnungen auf einem Haftungssicherungsgesetz
ohne Schlupflöcher.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen, dass die Rückstellungen der Atomkonzer-
ne – immerhin 38 Milliarden Euro – in einem öffent-
lich-rechtlichen Fonds gesichert werden .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Offensichtlich hat Deutschland aus der Atomproble-
matik nichts gelernt . Denn dank Ministerin Hendricks
soll Fracking nun auch in Deutschland möglich werden .
Das ist unverantwortlich .


(Beifall bei der LINKEN)


Fracking ist keine zukunftsweisende Technik . Fracking
ist eine Gefahr für Mensch und Natur . Die Klimabilanz
ist miserabel, die Ressourcenverschwendung enorm,
und der volkswirtschaftliche Nutzen beschränkt sich auf
kurzfristige Profitinteressen. Deshalb sagen wir: Stoppen
Sie diesen Irrsinn! Verbieten Sie Fracking, ohne Ausnah-
men!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ob bei Kohle, Atom oder
Fracking – die Last trägt immer die Umwelt . Machen
wir uns nichts vor: Auch wir Menschen werden die Kon-
sequenzen dieser Politik zu spüren bekommen . Lassen
Sie es mich noch einmal betonen: Wir brauchen endlich
eine klare politische Entscheidung für den sozial-öko-
logischen Umbau . Aber der Haushalt ist hier so wenig
konsequent wie die aktuelle Politik . Ja, insgesamt soll es
einen Aufwuchs geben – das erkennen wir an –, und es
sollen mehr Mittel für die Internationale Klimaschutzin-
itiative zur Verfügung gestellt werden . Aber Geld ist nur
dann hilfreich, wenn es sinnvoll eingesetzt und gerecht
verteilt wird .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme zum Schluss noch auf eine große Forde-
rung von uns: Die Klima- und Umweltpolitik muss einen
zentralen Stellenwert erhalten . Wir möchten, dass Sie
jetzt endlich Verantwortung übernehmen – für Klima,
Umwelt und Menschen .

Danke .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812206600

Frau Kollegin Menz, im Namen des Hauses beglück-

wünsche ich Sie zu Ihrer ersten Rede und wünsche noch
weitere interessante Debatten .


(Beifall)


Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-
ordneten Christian Hirte, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)



Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1812206700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es
uns ersparen, in aller epischen Breite noch einmal auf
alle Einzelheiten des Einzelplans 16 einzugehen . Mein
Kollege Lemme von der SPD hat bereits die wichtigsten
Punkte angesprochen – vielen Dank dafür –, und ich gehe
davon aus, dass mein Kollege aus dem Haushaltsaus-
schuss, Josef Rief, den Baubereich würdigen wird . Des-
wegen werde ich mich darauf konzentrieren, den Blick
auf das Thema zu lenken, das die neue Kollegin gerade
angesprochen hat, nämlich auf den Bereich Endlager .
Dieser Bereich ist in den letzten Jahren etwas aus dem
Blick geraten, weil mit dem Ausstieg aus der Kernkraft
das Problem nicht mehr so drängend schien .

Es ist gerade angesprochen worden: Energieversorger
galten einmal als sichere Unternehmen . Sie gehörten zum
Basisinvestment für diejenigen, die ihr Geld sicher anle-
gen wollten . Diese Zeiten sind lange vorbei . Hauptver-
sammlungen großer Stromkonzerne sind heutzutage eher
trostlose Veranstaltungen . Bei RWE wurde zum Beispiel
von „dunklen Wolken am Horizont“ gesprochen, und bei
Eon hörte man von einer „schwierigen Phase“ . Wenn Sie
die aktuelle Situation verfolgen, dann sehen Sie, dass die
Aktienkurse Tag für Tag neue Tiefststände erreichen .

Es war und ist für die Konzerne ein echter finanziel-
ler Kraftakt, die Kernkraftwerke abschalten zu müssen .
Aufgrund der wachsenden Mengen an Wind- und Son-
nenstrom und deren Einspeisevorrang stehen sie heute
natürlich auch bei den Kohle- und Gaskraftwerken vor
neuen Herausforderungen . Man kann also sagen, dass
die finanziellen Vorteile der Energiewende – bis auf den
Offshorebereich – an den Großkonzernen vorbeigegan-
gen sind


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil sie sie verpennt haben!)


und dass das bisherige Geschäftsmodell durch die poli-
tischen Weichenstellungen der vergangenen Jahre ernst-
haft infrage gestellt ist . Um es deutlich zu sagen: Den
Stromkonzernen ging es nie schlechter als heute .


(Ute Vogt [SPD]: Eigene Fehler! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstgemachtes Problem! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstverschuldet! Das ist alles deren eigene Schuld! So ist es in der Marktwirtschaft!)


Es ist gut, dass der Vizekanzler dieses Thema ange-
sprochen hat . Wir sehen nämlich, dass wir uns dauerhaft
um die Problematik der Altlasten kümmern müssen .


(Dr . Matthias Miersch [SPD]: Das müssen die Unternehmen machen! – Ulli Nissen [SPD]: Die Unternehmen müssen bezahlen!)


Das lässt den deutschen Steuerbürger und mich als Haus-
haltspolitiker natürlich die Ohren spitzen, weil die Kon-

zerne für die milliardenschweren Lasten der Zukunft ei-
gentlich Versprechungen abgegeben hatten


(Ulli Nissen [SPD]: Nicht nur „eigentlich“! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur „eigentlich“!)


und mittlerweile wegen des Entzugs der Geschäftsgrund-
lage möglicherweise infrage gestellt ist, ob und wie die
Konzerne diesen Aufgaben nachkommen können . Die
Vorrednerin hat schon die etwa 38 Milliarden Euro an
Rücklagen angesprochen, die die Konzerne für die auf
uns zukommenden Altlasten gebildet haben . Diese Rück-
lagen sind in den Bilanzen der Konzerne in Form von
Wertpapieren, aber auch Beteiligungen niedergelegt .
Diese Beteiligungen bestehen aber eben auch und gerade
an Kraftwerken . Das heißt, das Thema steht uns ins Haus .

Für das Haushaltsjahr 2016 reden wir über eine Stei-
gerung der Mittel für die Asse von 10 Millionen Euro .
Es ist aber noch völlig unklar, welche Kosten uns da
insgesamt blühen werden . Wenn es zu einer Rückholung
kommt, dann sind die 10 Millionen Euro der Tropfen auf
den – Achtung: Wortspiel! – Weißen Stein . Wir sind also
gehalten, uns mit dem Thema zu beschäftigen . Als Thü-
ringer kann ich sagen: Unser Land hat schon einmal Alt-
lasten übernommen, und zwar aus der Kaliindustrie, und
wir haben gesehen, wo wir damals gelandet sind . Dieses
Thema ist also durchaus schwierig .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Uranbergbau auch! Auch der Uranbergbau hat Altlasten!)


– Auch der Uranbergbau; ich danke dem Kollegen
Grund . – Wir müssen in der Politik ja nicht alle Fehler
mehrfach begehen .

Für den Einzelplan 16 besteht also nach wie vor und
dauerhaft das Risiko, dass die Ausgaben für Rückbau
und Endlagerung nur schwer abzuschätzen sind . Deswe-
gen sind die im Bundeshaushaltsplan 2016 für die Endla-
gerung radioaktiver Abfälle vorgesehenen 440 Millionen
Euro nur eine grobe Schätzung und auch mit hohen Un-
sicherheiten verbunden. Die finanziellen Auswirkungen
aufgrund des Standortauswahlgesetzes sind dagegen mit
jeweils 2,5 Millionen Euro für die Jahre 2015 und 2016
geradezu marginal . Diese Dimension ist also undrama-
tisch .

Glücklicherweise gibt es noch ein paar andere, nicht
ganz so düstere Bereiche . Es ist von den Vorrednern
schon angesprochen worden: Wir nehmen beim Klima-
schutz, gerade auch beim internationalen Klimaschutz,
mehr Geld in die Hand; das ist gut . Bei einem Punkt der
Klimaschutzfinanzierung bin ich allerdings stutzig ge-
worden . Der Bundesrechnungshof hat nämlich die Kam-
pagne „Klima sucht Schutz“ geprüft und dem BMUB
empfohlen, die Kampagne in ihrer jetzigen Form nicht
weiterzuführen . Ich denke, darauf sollten wir im Rahmen
der Berichterstattergespräche zu sprechen kommen, weil
hier ein zentrales Problem berührt wird . Die Kampag-
ne informiert den Einzelnen nämlich über seine indivi-
duellen Klimaschutzmöglichkeiten, insbesondere – das
bringt mich auf das Thema – beim Bauen und Sanieren .
Hier sehe ich ein gravierendes Missverhältnis zwischen
dem Anspruch, CO2 einzusparen, und den Mitteln, die






(A) (C)



(B) (D)


Häuslebauer einsetzen müssen, um diesem Anspruch ge-
recht zu werden .

Wir haben schon gehört, ob und in welcher Form ein-
zelne Bestimmungen bei Ausschreibungen, im Bauge-
setzbuch oder in der Baunutzungsverordnung geändert
werden können . Das ist auch richtig . Standards dürfen
nicht dauerhaft gesenkt werden, und energieeffizientes
Bauen darf nicht infrage gestellt werden . Trotzdem muss
die Frage erlaubt sein, ob Dämmen um jeden Preis tat-
sächlich der Weisheit letzter Schluss ist . Denn die auf die
Mieter umgelegten Modernisierungskosten bzw . die von
den Eigentümern aufzuwendenden Modernisierungs-
oder Neubaukosten sind häufig so hoch, dass sie sich
ökonomisch nicht rentieren . Weil gerade darüber disku-
tiert wird, dass schnell und viel gebaut und saniert wer-
den soll, und dabei auch über Standards gesprochen wird,
muss vielleicht auch darüber nachgedacht werden, keine
weiteren Verschärfungen bei der Energieeinsparverord-
nung vorzunehmen . Vielleicht müssen wir sogar darüber
diskutieren, ob in Anbetracht der wirklich schwierigen
Umstände die EnEV 2016 nicht vorübergehend ausge-
setzt werden sollte .


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was?)


Zusammen mit den anderen angesprochenen Maßnah-
men könnte das ein Schritt sein, um mehr Investitionen
im Wohnungsbau zu erreichen .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812206800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kühn von BÜNDNIS 90/Die Grünen?


Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1812206900

Ja, bitte .

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Herr Kollege, Sie haben gerade angesprochen, dass
Menschen aus ihren Wohnungen heraussaniert werden .
Das hat aber weniger mit der EnEV zu tun, sondern eher
etwas mit der Art und Weise, wie die Modernisierungs-
umlage in Deutschland über das Mietrecht umlagefähig
gemacht wird . Diese Große Koalition hat in ihrem Ko-
alitionsvertrag auf diesen Punkt Bezug genommen . Ich
weiß auch, dass das zwischen den Koalitionären dis-
kutiert wird . Können Sie mir vielleicht sagen, wie Ihre
Vorstellungen – Sie haben das Heraussanieren selbst
beklagt – und die Vorstellungen der Koalition mit Blick
auf die Modernisierungsumlage sind, damit ein Heraus-
sanieren in Deutschland nicht mehr möglich ist und die
Mieterinnen und Mieter in Berlin und anderswo wirklich
effektiv geschützt werden?


Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1812207000

Sehr geehrter Herr Kollege, vielen Dank für die Nach-

frage . Das gibt mir Gelegenheit, die unterschiedlichen
Vorstellungen und Grundsatzüberzeugungen deutlich zu
machen .

Sie reden von „Heraussanieren“, während wir davon
sprechen, möglichst viel Wohnraum zu schaffen . Derje-
nige, der investieren soll, ohne eine Rendite zu erwirt-
schaften,


(Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beantworten Sie doch einfach die Frage!)


wird eine Sanierung oder einen Neubau nicht vorneh-
men . Uns ist es wichtig – dafür bin ich der Ministerin
ausdrücklich dankbar –, auch das Thema Abschreibung
in den Blick zu nehmen . Uns ist es wichtig, dass mehr
Wohnraum geschaffen wird – viel mehr als heute –, um
für die Bevölkerung im Allgemeinen, aber auch für die
Flüchtlinge genügend Wohnraum zu schaffen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beantworten Sie doch mal die Frage!)


Das, was der Kollege Lemme angesprochen hat, ist
ganz wichtig:


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der Frage?)


Wir dürfen nicht nur wenige Gruppierungen in den Blick
nehmen, zum Beispiel die Flüchtlinge, sondern müssen
darüber nachdenken, wie wir in der Breite mehr Wohn-
raum schaffen können .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Antwort auf die Frage! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage dient nicht der Redezeitverlängerung! Sie verlangt eine Antwort!)


Sie sprechen von Heraussanieren und haben eine völlig
falsche Vorstellung von dem, was wir machen müssen .
Wir müssen nicht darüber diskutieren, wie bei einer Bau-
maßnahme die Kosten umgelegt werden, sondern darü-
ber, wie der Markt insgesamt größer wird und wie mehr
gebaut wird .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Antwort!)


Ich hatte gerade das Thema Abschreibung ange-
sprochen . Wir sollten auch darüber nachdenken, den
Wohnungsbau wie in der Zeit nach der deutschen Wie-
dervereinigung – ich bin von Hause aus Fachanwalt für
Steuerrecht – in bestimmten Bereichen über Sonderab-
schreibungen noch stärker anzureizen . Das kann also für
solche Regionen gelten, wo Wohnungsmangel besteht,
aber eben auch – ich finde, mit relativ hohen Sonderab-
schreibungen – zum Beispiel für den Bau von Flücht-
lingsunterkünften .

Ich glaube, mittlerweile – wo wir schon über Flücht-
linge reden – ist jedem klar, dass dieses Thema nicht nur
in unserem europäischen Vorgarten stattfindet, sondern
im wahrsten Sinne des Wortes in unserem Wohnzim-
mer angelangt ist . Ich will deswegen an dieser Stelle
auch ganz klar sagen: Klimawandel beeinflusst natürlich
Migrationsbewegungen in der Welt, aber mit Klima-

Christian Hirte






(A) (C)



(B) (D)


schutz- und Umweltpolitik wird man der aktuellen Lage
definitiv nicht Herr. Dafür brauchen wir ganz andere
Maßnahmen . Ich sage an dieser Stelle auch ganz deut-
lich: Nach meiner festen Überzeugung müssen wir auch
darauf achten, dass wir unsere nationalen Interessen in
Anbetracht der aktuellen Migrations- und Flüchtlings-
welle nicht vernachlässigen .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812207100

Als nächstem Redner erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Sylvia Kotting-Uhl, BÜNDNIS 90/Die Grünen .


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812207200

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Frau Ministerin für Reaktorsicherheit –
so möchte ich Sie ansprechen –, der Reaktor, der die Be-
völkerung meines Bundeslandes am meisten bedroht, ist
nicht Neckarwestheim oder Philippsburg, sondern Fes-
senheim, das französische Uralt-Pannen-AKW direkt an
der Grenze zu Baden-Württemberg – meistens weht der
Wind von Westen –, das mal 2016, mal 2018, mal über-
haupt nicht abgeschaltet werden soll .

Sie haben über das französische Hin und Her Ihre Ent-
täuschung zum Ausdruck gebracht, aber das reicht mir
nicht, Frau Ministerin . Wenn die Begründung für den
Atomausstieg ernstgemeint ist – wir erinnern uns: das Ri-
siko ist der Bevölkerung nicht mehr zuzumuten –, dann
muss die Bedrohung an den Grenzen Deutschlands auch
ernstgenommen werden . Wir reden von Temelin, Bez-
nau, Cattenom und Fessenheim, auch Doel und Tihange
sind nicht weit entfernt .

Die Unwissenheit der Bundesregierung über die Ri-
siken grenznaher AKWs ist legendär . In einer Anfrage
zu Beznau in der Schweiz konnten Sie mir reihenwei-
se Fragen zur Sicherheit und zur konkreten Gefährdung
Süddeutschlands nicht beantworten . Das geht eigentlich
nicht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In Ihrem Haushalt sind 3,5 Millionen Euro für interna-
tionale Zusammenarbeit eingestellt . Das ist verdammt
wenig als Ressource, mit der zur internationalen Reak-
torsicherheit beigetragen werden kann . Aus diesem Topf
werden auch die bilateralen Atomkommissionen finan-
ziert . Was die tun, kann mir Ihr Haus nicht beantworten,
aber ich fürchte, nicht viel . Welchen Sinn haben diese
Kommissionen, wenn nicht den, Risiken zu verringern?
Welchen Sinn hat eine bilaterale Atomkommission mit
Frankreich, wenn nicht den, klarzumachen, dass das Ri-
siko Fessenheim für Deutschland nicht akzeptabel ist?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ihr Haushalt für Reaktorsicherheit ist schlecht ausge-
stattet . Für atomare Sicherheitsforschung liegen größere
Brocken als bei Ihnen im Forschungsministerium und im
Wirtschaftsministerium . Nur versteht man dort darunter

dann auch die Forschungen an neuen Reaktorlinien oder
steckt viel Geld in die Kernfusion . Machen Sie sich da-
für stark, dass endlich mehr Geld für Forschung in Ihrem
Haus konzentriert wird!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bei dem noch nicht gelösten Problem, wohin mit den
Castoren aus La Hague und Sellafield, unterstützen die
Grünen Ihre Haltung voll . Bleiben Sie dabei, lassen Sie
nicht nach, und lassen Sie vor allem Bayern nicht aus der
Pflicht! Die Drückebergerei der CSU muss aufhören.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Weniger unterstützen kann ich Sie in Ihrem Handeln
bzw . Nichthandeln nach dem Brunsbüttel-Urteil . Dieses
Urteil vom Januar dieses Jahres, das dem Zwischenlager
Brunsbüttel die Genehmigung entzogen hat, fußte dar-
auf, dass relevante Unterlagen nicht vorgelegt werden
konnten. Es fußte nicht darauf, dass Sicherheitsdefizite
festgestellt worden waren . Das heißt aber doch im Um-
kehrschluss nicht, dass bewiesen wäre, dass keine Si-
cherheitsdefizite da sind.

Ich kenne die nicht vorgelegten Unterlagen so we-
nig wie das OVG Schleswig, und ich kann dementspre-
chend nicht beurteilen, welche Analogien es für andere
Zwischenlager oder die noch laufenden Atomkraftwer-
ke gibt . Sie dürfen sich hier keinen schlanken Fuß ma-
chen . Ich erwarte von Ihnen, dass Sie der Öffentlichkeit
und der Opposition darlegen, dass die Sicherheit gegen
panzerbrechende Waffen und den Absturz eines Airbus
gewährleistet ist . Oder Sie müssen die entsprechenden
Konsequenzen ziehen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt lassen Sie mich noch zu dem Thema kommen,
das für zukünftige Haushalte sehr relevant werden kann –
wenn man Herrn Hirte zugehört hat –: die Rückstellun-
gen der AKW-Betreiber . Atomkonzerne stellen sich in
der Phase des dicken Endes der Atomkraft, in der es nicht
mehr um Einnahmen, sondern um Kosten geht, nicht als
Partner des Staates auf, sondern als seine Gegner . Dar-
an ändert ihre Teilnahme an der Endlager-Kommission
überhaupt nichts . Über 30 Klagen im Atombereich sind
anhängig . Auf die angekündigte Klage gegen das Nach-
haftungsgesetz verzichtet Eon nun allerdings und belässt
seine AKW-Sparte im Mutterkonzern . Was sagt uns das?
Es sagt uns erstens, dass es bei den Abspaltungsplänen
selbstverständlich darum ging, das Kostenrisiko für
Rückbau und Entsorgung auf die Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler abzuwälzen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es sagt uns zweitens: Klare staatliche Kante ist die rich-
tige Haltung gegenüber den Konzernen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg . Roland Claus [DIE LINKE])


Christian Hirte






(A) (C)



(B) (D)


Es sagt uns drittens: Der Kampf um die Rückstellungen
ist noch lange nicht beendet .


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


So wie die Atomkonzerne derzeit an der Legende stri-
cken, dass doch Staat und Gesellschaft den Einstieg in
die Atomkraft wollten und dementsprechend jetzt auch
finanzielle Verantwortung übernehmen müssten, so wer-
den sie beim Wirtschaftsminister auf der Matte stehen
und ihr Erpressungspotenzial von Arbeitsplätzen und
Investitionssicherheit ausrollen . Der Wirtschaftsminis-
ter möge es mir verzeihen, aber da halte ich Sie, Frau
Hendricks, für tougher . Ich baue auf Sie, dass Sie sich
gegen jeden Versuch stellen, die Entsorgung der Cash-
cows, die den Konzernen Milliarden eingebracht haben,
auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abzuwälzen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Entsorgung des Atommülls ist finanziell alleinige
und vollständige Sache derer, die ihn verursacht haben,
ganz egal, was eine anständige Endlagersuche kostet .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Die Bundesregierung muss sich entscheiden: entwe-
der Anwalt der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler oder
Komplize der Konzerne .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812207300

Als nächste Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Ute Vogt, SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1812207400

Vielen Dank, Herr Präsident . – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich möchte gerne an das letzte Thema an-
schließen . Ich bedanke mich für das Lob an die Bundes-
regierung wegen der klaren Kante . In diesem Fall han-
delte es sich um einen Entwurf aus dem Geschäftsbereich
des Wirtschaftsministers, der mit Sicherheit mit großer
und nachhaltiger Unterstützung der Umweltministerin
erarbeitet wurde . In diesem Sinne haben Sie völlig recht .
Wir waren uns immer – übrigens im ganzen Hause – ei-
nig, dass bei der Entsorgung des Atommülls und dem
Rückbau der Atomkraftwerke eines gilt, und das ist das
Verursacherprinzip .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb, Herr Kollege Hirte, fiel es mir ein bisschen
schwer, Ihren Beitrag einzuordnen . Wir haben schließ-
lich gemeinsam in der letzten Legislaturperiode im
Deutschen Bundestag mit der Verabschiedung des Stand-
ortauswahlgesetzes eindeutig beschlossen, dass es eine
Haftung der Unternehmen gibt . Deshalb wird es, wenn
es um Rückstellungen geht, kein Problem für den Bun-
deshaushalt geben . Vielmehr handelt es sich um ein Pro-
blem, das die Unternehmen zu lösen haben . Im Rahmen
der unternehmerischen Verantwortung war die Entsor-
gung des Atommülls von Anfang an planbar . Für Feh-

lentscheidungen und zu späte Umorientierung auf andere
Energieformen kann nicht der Steuerzahler haftbar ge-
macht werden .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, der hier
in der Debatte schon angesprochen wurde . Frau Kollegin
Menz hat sich darauf bezogen, dass im Haus der Bun-
desumweltministerin nun auch das neue Fracking-Ver-
hinderungsgesetz – so möchte ich es lieber nennen – er-
arbeitet wird . Ich will Ihnen sagen: Es ist ein Problem,
dass wir in Deutschland noch keine Regelung haben,
die das Fracking für unkonventionelle Gasvorkommen
verbietet . Deshalb ist es notwendig, dass man eine Re-
gelung schafft, die klarstellt, dass wir nicht wollen, dass
in Deutschland für gewerbliche Zwecke unkonventionell
gefrackt wird .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg . Christian Haase [CDU/CSU])


Wenn wir keine Einigung über diesen Gesetzentwurf
finden, dann ist ganz offensichtlich, was passiert: 35 Jah-
re alte Umweltstandards würden für das konventionelle
Fracking gelten . Es gäbe keine Umweltverträglichkeits-
prüfung für das konventionelle Fracking – das ist näm-
lich neu erst im jetzigen Gesetzentwurf vorgesehen –,
und es bestünde, was das unkonventionelle Fracking
angeht, eine enorme Gefahr, dass geklagt wird und dass
die Behörden oder am Ende sogar die Gerichte über ein
Thema entscheiden, das eigentlich in erster Linie auch
uns angeht .

Wir als Abgeordnete des Deutschen Bundestages ha-
ben mit diesem Thema umzugehen . Deshalb halte ich
es für notwendig und für richtig, dass wir uns in der
nächsten Sitzungswoche noch einmal zusammensetzen
und schauen, dass es eine Einigung über diesen Gesetz-
entwurf gibt, durch die klargestellt wird, dass es keine
Entscheidung über Fracking gibt, die nicht vorher im
Deutschen Bundestag ausführlich beraten worden ist .

Ich möchte gern eine Expertenkommission haben, die
uns berät und die Forschungsprojekte begleitet . Aber am
Ende sollten wir als Parlamentarier nicht unsere Verant-
wortung ablegen, sondern darauf bestehen, dass wir den
Bericht der Kommission hier besprechen und dass wir
auch darüber entscheiden können .


(Beifall bei der SPD)


Ich denke, die Umweltministerin hat in vielen Berei-
chen, die heute gar nicht alle angesprochen werden konn-
ten, gute Vorarbeit geleistet . Es gibt aber noch ein paar
Dinge, in denen wir die Hilfe anderer Ressorts brauchen,
um an das Ganze einen Knopf dranzumachen . Der Kol-
lege Meiwald hat die Düngeverordnung angesprochen .
Die entsprechende Baustelle befindet sich nicht mehr im
Umweltministerium; vielmehr muss man im Bereich der
Landwirtschaft endlich eingestehen, dass auch dort ein
Beitrag zum Erreichen des Klimaziels geleistet werden

Sylvia Kotting­Uhl






(A) (C)



(B) (D)


muss . Das ist die Aufgabe nicht allein eines Ressorts,
sondern alle müssen sich entsprechend beteiligen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Gleiche gilt für ein Thema, das zumindest indi-
rekt mit der Welternährung zu tun hat, nämlich die Fra-
ge, inwieweit man das Vorantreiben von gentechnisch
veränderten Pflanzen weiterhin erlauben will. Wir haben
hier schon ein ganz großes Stück geschafft . Wir alle im
Bundestag sind uns einig, dass wir keinen Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen wollen; aber wir alle
wollen hoffentlich ebenfalls keinen Flickenteppich von
16 Bundesländern . Auch hier hat sich das Bundesum-
weltministerium, finde ich, super positioniert. Jetzt geht
es darum, dass das ganze Haus mithilft, dass auch der
restliche Teil der beteiligten Ressorts die Bewältigung
dieser Aufgabe mit übernimmt und gemeinsam das Opt-
out umsetzt .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


In diesem Sinne möchte ich mich bei der Ministerin
herzlich bedanken . Denn im Gegensatz zu dem, was die
Opposition vorhin angemerkt hat, bin ich schon der Mei-
nung, dass die Ministerin etwas geschafft hat, was viele
Jahre brachlag: dass wir in Deutschland im Hinblick auf
die Verhandlungen auf der UN-Klimakonferenz in Paris
wieder eine Vorreiterrolle innehaben . Es ist ein Verdienst
von Barbara Hendricks, dass der Klimaaktionsplan Hand
und Fuß hat . Das ist etwas, was uns gut ansteht . Ich bin
froh, dass die Große Koalition an dieser Stelle an einem
Strang zieht . Ich wünsche ganz viel Erfolg für die Ver-
handlungen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812207500

Auch wenn die Regierung gelobt wird, wäre es schön,

wenn das innerhalb der Redezeit erfolgt . Es reißt so ein
bisschen ein: Wenn man mit der eigentlichen Rede fertig
ist, äußert man noch Lob oder Kritik an der Regierung,
wodurch die Redezeit etwas überdehnt wird . Dies ist eine
freundliche Bitte an alle nachfolgenden Redner .

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-
ordneten Christian Haase, CDU/CSU-Fraktion .


Christian Haase (CDU):
Rede ID: ID1812207600

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Ich hätte es gerne gemacht, aber dann muss
ich mir das Lob sparen .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In neun Minuten Redezeit wird ja wohl ein Lob drin sein!)


Von Karl-Heinz Karius stammt der Satz: „Mit der
falschen Leiter ist jeder Baum zu hoch .“ Nutzen wir
also nicht die richtigen Instrumente, sind wir nicht er-
folgreich . In der Haushalts- und Finanzpolitik hat unser
Finanzminister Dr . Schäuble in den vergangenen Jahren

die richtigen Instrumente eingesetzt . Nun können wir ge-
meinsam die Früchte seiner Arbeit ernten .

Diese vorsorgende Politik ist Grundlage dafür, dass
wir auf die aktuellen Herausforderungen wie die Flücht-
lingskrise reagieren können, ohne unsere Haushaltsziele
zu gefährden . Bei der Flüchtlingskrise – es wurde bereits
mehrfach darauf hingewiesen – sind wir in zweierlei
Hinsicht betroffen .

Das eine ist der soziale Wohnungsbau . Ich kenne die
Überlegungen von Frau Hendricks . Sie sagt: Wir müs-
sen die Mittel aufstocken . – Darüber können wir reden .
Aber was zuerst passieren muss, ist, dass die Länder – in
diesem Fall alle Länder – ihre Mittel für diesen Bereich
einsetzen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Solange wir diese Garantie nicht haben, sollten wir darü-
ber keine Verhandlungen mit den Ländern führen .

Zum anderen geht es um eine Flexibilisierung des
Bau-, Planungs- und Energierechts . Ich würde mir wün-
schen, dass damit indirekt auch der eher schleichende
Prozess in der Baukostensenkungskommission neuen
Schwung bekommt, damit das Bündnis für bezahlbares
Wohnen und Bauen zum Erfolg wird . Zudem können wir
in diesem Zusammenhang einmal zeigen, dass wir es in
Deutschland mit dem Bürokratieabbau ernst meinen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will aber auch ganz deutlich sagen, dass wir beim
Bau neuer Flüchtlingseinrichtungen nicht zu kurz den-
ken dürfen . Ich hoffe, irgendwann und möglichst bald
ebbt das Erfordernis ab, neue Flüchtlingseinrichtungen
zu schaffen . Wir müssen überlegen: Was wird dann aus
diesen Gebäuden? Da brauchen wir Nachnutzungskon-
zepte, die bereits jetzt bei der Planung berücksichtigt
werden sollten . Deshalb freut es mich, dass die ostwest-
fälisch-lippische Wirtschaft da besonders innovativ ist .
Es ist ein Bielefelder Systembauer, der im Augenblick in
München ein Flüchtlingsheim baut, das anschließend als
Hotel genutzt werden soll .

Kommen wir zum vorliegenden Entwurf . An erster
Stelle möchte ich die fortlaufende Entfristung vieler
Stellen im Ministerium und auch in den nachgeordneten
Bundesämtern loben . Insgesamt werden für das kom-
mende Jahr 98 Stellen verstetigt . Ich glaube, es ist unser
gemeinsames richtiges Ziel, dass es am Ende der Legis-
laturperiode keine sachgrundlos befristet Beschäftigten
mehr bei uns in den Bundesbehörden gibt .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist angesichts der derzeitigen guten Lage auf dem
Arbeitsmarkt eine wichtige Entwicklung; denn wir brau-
chen gut ausgebildetes Personal, insbesondere in unseren
Bundesämtern . Wir wollen außerdem die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf fördern, und da ist ein sicherer
Arbeitsplatz ganz elementar .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Allerdings bleibt die Personalsituation im Umwelt-
und Bauressort trotz der großen Hilfe des Haushaltsaus-

Ute Vogt






(A) (C)



(B) (D)


schusses immer noch angespannt . Auch für 2016 kom-
men wieder neue Aufgaben dazu, wie beispielsweise
im Bundesamt für Naturschutz die Umsetzung des Na-
goya-Protokolls und die Bekämpfung invasiver Arten,
ohne dass es eine entsprechende Stellenaufstockung gibt .
Gleiches gilt für die Arbeit der Standortauswahlkom-
mission, die unter anderem zu einem Mehrbedarf bei
der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
führt . Ich glaube, da müssen wir schauen, was wir noch
machen können . Allerdings steht obendrüber: Unsere
Haushaltsziele dürfen wir dabei nicht gefährden .

Werfen wir einen kurzen Blick auf das Thema Klima .
Es ist schon mehrfach angesprochen worden: Die Mittel
für die Internationale Klimaschutzinitiative sind deutlich
erhöht worden . Es sind 75 Millionen Euro mehr . Das ist
gut . Die Internationale Klimaschutzinitiative dient natür-
lich in erster Linie dazu, Zusagen aus den internationalen
Verhandlungen, die wir führen, zu erfüllen . Diese sind
essenziell, um in vielen Partnerländern überhaupt erst
den Aufbau einer umweltfreundlichen Wirtschaft anzu-
stoßen . Nur so, glaube ich, schaffen wir das notwendige
weltweite Bewusstsein, das für einen erfolgreichen Ab-
schluss der Klimakonferenz in Paris nötig sein wird .

Daneben stellt sich mir aber auch die Frage, ob die
Unterstützung internationaler Projekte nicht am Ende
einen größeren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawan-
dels leisten kann als so manches nationale Projekt . Ich
will damit sagen, dass wir in Deutschland unter Effizi-
enzgesichtspunkten – da müssen wir die Auswirkungen
auf die Kosten, auf Arbeitsplätze mit beachten – am Ende
unserer Bemühungen angelangt sind . Es muss uns dabei
um das Ganze gehen, und da können viele Klimainves-
titionen im Ausland effizienter für die globale Klimaent-
wicklung sein .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Berichterstatter
meiner Fraktion für Bundesbauten freut es mich, dass wir
mit dem Berliner Stadtschloss ein öffentliches Großpro-
jekt haben, dessen Bau im geplanten Zeit- und Finanz-
rahmen verläuft . Das Humboldt-Forum verfügt über ein
einzigartiges Konzept und wird ein Kulturzentrum mit
internationaler Strahlkraft . Daher bin ich zuversichtlich,
dass die anvisierten Spenden auch erreicht werden . Ich
will mich an dieser Stelle einmal ausdrücklich bei allen
Spendern bedanken, die schon bereit waren, an diesem
Projekt mitzuarbeiten .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich noch eines grundsätzlich zu diesem
Bereich sagen: Die Bautätigkeit des Bundes ist in den
Händen des BBR gut aufgehoben . Das gilt für die Ver-
gangenheit, und das gilt auch für die Zukunft .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Eine weitere Erfolgsgeschichte ist die Förderung städte-
baulicher Maßnahmen . Laut wissenschaftlichen Studien
bewirkt jeder Euro in der Städtebauförderung 7 Euro an
Folgeinvestitionen . Ein besseres Konjunkturprogramm
können wir uns, glaube ich, gar nicht vorstellen . Deshalb
begrüßen wir, dass die Mittel in diesem Bereich auch in
diesem Jahr weiter verstetigt werden konnten .

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in die-
sem Zusammenhang einmal das Thema Zeitwohlstand
anschneiden . Es scheint, als würde unser Leben immer
schneller und ruheloser werden . Zeit ist Mangelware ge-
worden . Das Idealbild einer geringen räumlichen Distanz
zwischen Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Dienstleistun-
gen, Freizeit- und Bildungsorten ist in unserer arbeits-
teiligen und gewachsenen Gesellschaft nur bedingt zu
verwirklichen . Dennoch geht es darum, Verkehre mög-
lichst zu vermeiden und frei verfügbare Zeit zu gewin-
nen . Deshalb müssen nachhaltige Raumordnungs- und
Stadtentwicklungskonzepte besser umgesetzt sowie Pla-
nungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden .

Zwei weitere Programme möchte ich noch lobend er-
wähnen, die positive Entlastungswirkung mit sich brin-
gen .

Viele haben es schon erlebt: Man kommt nach Hause,
das Fenster bzw . die Balkontür steht auf, Spuren drecki-
ger Füße in der ganzen Wohnung . Bevor man sich un-
tereinander streitet, wer das Fenster aufgelassen oder
die Füße nicht abgetreten hat, wird mit Blick auf durch-
wühlte Schränke klar: Bei uns ist eingebrochen worden .
Ich habe das selbst erlebt, und ich kann Ihnen sagen: Da
bleibt lange ein ungutes Gefühl in der Familie zurück .
Ich freue mich daher, dass wir mit dem Nachtragshaus-
halt das Programm „Kriminalprävention durch Einbruch-
sicherung“ eingeführt haben . 150 000 Einbrüche in 2014,
der höchste Stand seit 16 Jahren, alle drei Minuten ein
Einbruch in Deutschland: Ich glaube, das zeigt deutlich
die Handlungsnotwendigkeit . Dieses Programm kann ein
Teil der Gesamtstrategie sein, um diese Situation zu ver-
bessern .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber wenn wir das hier im Bundestag in Einmütigkeit
beschließen und das richtig gemacht haben, dann muss
die Exekutive das auch umsetzen. Ich glaube, da findet
im Augenblick ein Possenspiel statt, wer denn die Aus-
zahlung übernehmen kann . Es ist bis heute kein Euro
ausgezahlt worden . Frau Hendricks, ich würde Sie bitten,
sich dafür einzusetzen, dass das endlich in Gang kommt .

Auch das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“,
das das BMUB bezuschusst, hilft dem Bund langfristig,
Kosten zu sparen . Bisher sind nur zwischen 1 und 2 Pro-
zent des Wohnungsbestandes altersgerecht . Viele alte
Menschen sind daher gezwungen, im Pflegefall in ein
Heim umzuziehen . Nach einer Studie der Prognos AG
würden sich Einsparungen von bis zu 3 Milliarden Euro
pro Jahr ergeben, wenn nur 15 Prozent der pflegebedürf-
tig werdenden Menschen durch den altersgerechten Um-
bau in ihrer Wohnung bleiben könnten . Auch im Sinne
eines würdevollen Alterns ist es wünschenswert, dass die
Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt leben
können . Gerade hier müssen örtliche Wohnraum- und
Stadtentwicklungskonzepte anknüpfen .

Mit dem Projekt „Gemeinsam in Steinheim“ ist es
in meinem Wahlkreis gelungen, hierfür ein Modellpro-
jekt in Gang zu bringen . In einem Nachbarschaftszen-
trum entwickeln Bewohnerinnen und Bewohner des
Helene-Schweitzer-Zentrums, Angehörige, Vereine und

Christian Haase






(A) (C)



(B) (D)


Menschen aus der Nachbarschaft neue Formen des Mit-
einanders . Kochen, Essen, handwerkliche Arbeiten, Kul-
tur- und Sportangebote stehen auf der Tagesordnung . Da-
durch gelingt es, Menschen in ihrem häuslichen Umfeld
zu halten und eine breite Partizipation in der Bevölke-
rung zu erreichen . Ziel ist es, eine Kultur des Miteinan-
ders zu entwickeln, von der später alle Menschen profi-
tieren werden .

Vielen Dank . Ich freue mich auf die Beratungen .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812207700

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Michael Groß, SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Michael Groß (SPD):
Rede ID: ID1812207800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nutze
gerne meine Zeit, um zu Beginn die Kritik an der Mi-
nisterin zurückzuweisen . Ich sage: Sie macht ihre Arbeit
hervorragend . Die ersten zwei Jahre sind völlig im Plan .
Wir haben vieles umgesetzt, was wir versprochen ha-
ben . Das ist völlig anders als vorher . Herzlichen Dank,
Barbara Hendricks, für die gute Arbeit .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben darauf gesetzt, im Aktionsprogramm Kli-
maschutz 2020 bestimmte Ziele zu formulieren und einen
Abbaupfad für die Treibhausgasemissionen festzulegen .
Das Programm ist nicht zu Ende . Wir haben zusätzlich
Geld eingespart . Uns ist klar – insbesondere Barbara
Hendricks und ihren Staatssekretärinnen und Staatsse-
kretären –, dass wir Wohnungsbau, Stadtentwicklung
und Klimaschutz zusammen denken müssen und nicht
getrennt . Insofern ist die Kritik auch völlig falsch . Wir
sind auf einem guten Weg . Das wird sich auch auf das
Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen auswirken .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Insbesondere an Städte und Kommunen werden zurzeit
große Anforderungen gestellt . Ich glaube, dass wir de-
ren Anstrengungen sehr stark unterstützen müssen . Wir
müssen die Stadtpolitik ganzheitlich denken und auch die
Räte, Kreistage und Länder unterstützen . Wir müssen vor
dem Hintergrund, dass die Menschen, die hierherkom-
men, eine Wohnung brauchen – das hat die Ministerin be-
tont –, eine Stadt für alle bauen, damit die Adresse keine
negative Voraussetzung für die Lebenschancen wird . Da
stehen wir vor riesigen Aufgaben . Deswegen ist es rich-
tig, dass der Koalitionsausschuss zumindest zwei Dinge
beschlossen hat . Zum einen müssen wir eine steuerliche
Förderung prüfen, um den Wohnungsbau anzureizen, um
mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen . Zum Zwei-
ten – darauf bin ich ganz stolz – soll die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben endlich gezwungen werden,

ihre Grundstücke, ihre Immobilien und Liegenschaften
preiswerter zur Verfügung zu stellen .


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Wir haben lange darum gekämpft!)


Damit wird verhindert, dass – das hören wir täglich –
diese Wohnungen zu Spekulationsobjekten werden und
Hedgefonds sie nutzen, um Menschen zu vertreiben . Wir
sind hier auf einem guten Weg. Ich finde, dies müssen
wir jetzt schnell umsetzen .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Christian Kühn NEN])


Ein weiterer Punkt wurde heute schon mehrfach ange-
sprochen . Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine
Aufstockung der sozialen Wohnraumförderung brauchen .
Es ist richtig, dass wir eine Zweckbindung brauchen, weil
das Geld nämlich bei den Menschen ankommen muss,
die für das Wohnen zu viel Geld aufwenden müssen . Ich
habe gesehen, Sie haben genickt und sind gesprächsbe-
reit . Man muss aber auch sagen: Herr Ramsauer hat in
der letzten Legislatur verpasst, die Zweckbindung ein-
zuführen . Ich hoffe, dass Frau Hendricks in der Funktion
als Bauministerin das verhandeln wird . Ich habe von den
Ländern Signale, dass sie sehr daran interessiert sind,
diese Unterstützung zu bekommen .

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen
und Kollegen, wir haben gehört, dass der Bund Bundes-
bauprogramme auflegen soll. Das war eine Kritik. Ich
glaube, wir haben im letzten Jahr so etwas getan . Wir
haben die Projekte von nationaler Bedeutung finanziell
unterstützt; über 46 Projektstandorte mit großem Erfolg .
„Grün in der Stadt“ und „altersgerechter Umbau“ sind
Themen . Es ist aber insbesondere auch die Frage: Wie
beteiligen wir die Bürger und Bürgerinnen bei der Ge-
staltung ihres Wohnumfeldes, bei der Gestaltung ihrer
Wohnungen? Ich glaube, das ist ein Riesenerfolg, eben-
so wie die jetzt aufgelegten Programme im Rahmen des
Zukunftsinvestitionsgesetzes . Ich brauche das nicht zu
wiederholen: Kriminalprävention, Modellvorhaben für
Studenten und – das ist mir wichtig – Auszubildende . Wir
wollen auch Kultur- und Sporteinrichtungen fördern . Das
ist ein richtiger Weg und ein Zeichen für die Kommunen .


(Beifall bei der SPD)


Wir haben, was viele in der Opposition nicht geglaubt
haben, die Programme der Städtebauförderung verstetigt,
mit 650 bzw . 700 Millionen Euro . Ein großer Teil die-
ser Programmmittel geht in die „Soziale Stadt“ . Wir sind
sehr daran interessiert – das Ministerium arbeitet daran –,
dass es eine ressortübergreifende Strategie wird, dass wir
alle verpflichten, in den Quartieren zusammenzuarbei-
ten, um die Situation für die Menschen zu verbessern .
Ich hoffe, Frau Hendricks, dass wir bald ein Ergebnis
bekommen werden . Ich gehe davon aus, dass es in der
zweiten Jahreshälfte vorliegen wird .

Zum Schluss: Wir haben eine Situation, in der wir
insgesamt im Bereich der Gebäudeenergieeffizienz bun-
desweit 5 Milliarden Euro ausgeben. Ich finde es an der
Zeit, dass wir sehr genau schauen, dass wir die Klima-

Christian Haase






(A) (C)



(B) (D)


schutzziele erreichen, aber auch dafür sorgen, dass die
Maßnahmen die richtigen sind .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass wir eine
Evaluation der Instrumente, die wir anwenden, und der
Förderrichtlinien durchführen und dafür sorgen, dass wir
die Klimaschutzziele erreichen .

Herzlichen Dank . Glück auf!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812207900

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge-

ordneten Dr . Anja Weisgerber, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Anja Weisgerber (CSU):
Rede ID: ID1812208000

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und

Kollegen! Der Haushalt des Umwelt- und Bauministe-
riums ist in dieser Woche der letzte Einzelplan, den wir
debattieren . Auch wenn momentan die Asylpolitik eine
ganz große Herausforderung darstellt, verdient diese
Debatte dennoch unsere volle Aufmerksamkeit; denn
es geht hier gerade auch um Themen, die für die kom-
menden Generationen wichtig sind, wie die Umwelt- und
Klimapolitik oder der Städtebau .

Deshalb möchte ich gleich zu Beginn den Schwerpunkt
auf die Klimapolitik legen . In Paris muss es uns gelingen,
ein verbindliches Abkommen zu verabschieden . Nur so
haben wir eine realistische Chance, die Erderwärmung
nachhaltig einzudämmen . Wir brauchen diesen Erfolg,
und wir werden alles daransetzen, dass uns ein guter Ab-
schluss gelingt und sich möglichst viele Länder dieser
Welt zu ambitionierten Klimazielen bekennen, die auch
einem Überprüfungsmechanismus unterliegen; denn die-
se Kontrolle ist sehr wichtig .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir setzen hierbei auch auf eine gute Zusammenar-
beit mit dem Gastgeberland Frankreich . Auf der Ebene
der Parlamentarier gibt es einen regen Austausch mit den
französischen Klimapolitikern . Das gibt uns Anlass zur
Hoffnung .

Auch die Beschlüsse der G-7-Staaten mit dem klaren
Bekenntnis zum 2-Grad-Ziel und dem Beschluss zur De-
karbonisierung geben uns Anlass zur Hoffnung . Das ist
ein ganz wichtiger Erfolg von Kanzlerin Merkel . Diese
Beschlüsse geben uns Auftrieb für die kommenden Ver-
handlungen . Sie haben Strahlkraft, und diese Strahlkraft
müssen wir weiter nutzen und noch mehr Staaten dieser
Welt mitreißen .

Auf dem Petersberger Klimadialog hat unsere Kanz-
lerin gesagt, die nationalen Klimaanstrengungen fallen
uns leichter, wenn wir wissen, dass die Partner in der
Europäischen Union, aber auch generell in der Welt, das
gleiche Ziel ebenso ambitioniert und ehrgeizig verfolgen .
Auf der europäischen Ebene hat man frühzeitig ambitio-
nierte Ziele vorgelegt . Ich halte es für ein ganz wichtiges

Signal, dass das Herzstück der europäischen Klimapo-
litik, der europäische Emissionshandel, weiter refor-
miert wird . Wir haben vonseiten der Kommission schon
im Juli, direkt nach dem Abschluss der Debatte um die
Marktstabilitätsreserve, die grundlegende Reform vorge-
legt bekommen, und damit werden wir uns jetzt ausein-
andersetzen . Bei dieser weitergehenden Reform werden
wir stets das Ziel verfolgen, die Klimaziele zu erreichen,
aber eben auch eine Verlagerung von Arbeitsplätzen zu
verhindern . Das ist ebenfalls ein ganz wichtiges Ziel .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch von anderen Staaten dieser Welt erhalten wir
wichtige positive Signale zur Klimapolitik . Viele Län-
der – es kommen täglich neue hinzu – haben ihre natio-
nalen Ziele, die sogenannten INDCs, vorgelegt . Zunächst
lief es schleppend . Wichtig ist aber, dass nun einige große
Industrienationen wie die USA, Japan oder Russland ihre
Ziele vorgelegt haben; denn das sind Länder, die beim
Kioto-Protokoll nicht dabei waren .

Mit insgesamt 59 Staaten haben deutlich mehr Staaten
ihre Ziele vorgelegt als in der zweiten Verpflichtungspe-
riode von Kioto . Damals waren es 37 Staaten . Das ist
eine gute Basis, um jetzt den Druck auf internationaler
Ebene zu erhöhen .

Eines möchte ich noch sagen: Es ist wichtig, dass wir
national ambitionierte Klimaziele haben . Aber alleine
können wir das Weltklima nicht retten . Wir brauchen
dazu die anderen Staaten dieser Welt .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Genauso wichtig ist natürlich auch der Beitrag der Ent-
wicklungs- und Schwellenländer . Gerade diese Länder
spüren die Auswirkungen des Klimawandels am meis-
ten; wir haben das vorhin bereits gehört und andiskutiert .
Diese Länder brauchen unsere Unterstützung . Deswegen
ist es ein ganz wichtiges Signal, dass Deutschland sei-
ne Verantwortung in puncto Klimaschutzfinanzierung
wirklich ernst nimmt . Deutschland hat im vergangenen
Jahr 570 Millionen Euro für den internationalen Grünen
Klimafonds bereitgestellt . Im Mai hat die Bundeskanz-
lerin angekündigt, die Klimafinanzierung bis 2020 im
Vergleich zu 2014 zu verdoppeln . Wir sind hier also auf
einem guten Weg .

Dieses Versprechen bildet sich auch im aktuellen Haus-
halt ab . Das zeigt sich daran, dass der Haushalt rund
340 Millionen Euro für die internationalen Klimaschutz-
maßnahmen vorsieht und die Mittel um 75 Millionen
Euro aufgestockt wurden . Das ist ein ganz wichtiges Si-
gnal . Da werden wichtige Projekte, zum Beispiel in Bra-
silien im Bereich der erneuerbaren Energien und im Be-
reich Waldschutz, unterstützt . Das ist der richtige Weg,
und diesen Weg müssen wir weitergehen .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte noch kurz zum Geschäftsbereich Baupoli-
tik kommen . Ich halte es für ausgesprochen positiv, dass
wir die Städtebaufördermittel weiterhin fortschreiben auf
dem hohen Niveau, das wir schon im Koalitionsvertrag
beschlossen hatten, nämlich auf 700 Millionen Euro . Die

Michael Groß






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(B) (D)


Bundesregierung sendet hier ein ganz wichtiges Signal
an die Städte und Gemeinden; denn wir dürfen gerade
bei der Bewältigung des Strukturwandels und des demo-
grafischen Wandels die Städte, aber auch den ländlichen
Raum nicht alleinlassen . Die Städtebaufördermittel sind
ein ganz wichtiges Instrument, um die Kommunen dabei
zu unterstützen .

Ja, es ist so, dass diese Mittel – entgegen dem Namen
Städtebaufördermittel – auch für den ländlichen Raum
und für die Gemeinden zur Verfügung stehen . Es ist
wichtig, dass wir diese Ausgewogenheit hinbekommen .
Wir haben den Auftrag zu erfüllen, gleichwertige Le-
bensbedingungen im gesamten Land herzustellen . Des-
wegen mache ich mich immer dafür stark, dass auch der
ländliche Raum weiterhin profitiert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Bereich der Städtebaufördermittel halte ich es
auch für einen Erfolg, dass wir neben dem altbewähr-
ten Bund-Länder-Programm dieses neue Programm für
die nationalen Projekte des Städtebaus aufgelegt haben .
Für dieses Programm sehen wir wieder 50 Millionen
Euro vor . Mehr als 160 Kommunen hatten sich im ver-
gangenen Jahr beworben . Es war nicht einfach, in der
Expertenkommission die Entscheidung zu treffen, weil
es wirklich viele gute Projekte gab . Wir haben heraus-
ragende und über Regionen hinaus wirkende Projekte
ausgewählt . Das war ja der Zweck, dass wir genau diese
Projekte fördern .

Das zeigt das große Potenzial, und ich finde es aus-
gesprochen gut, dass wir dieses Programm fortführen
und jetzt mit diesen Punkten eine neue Schwerpunktset-
zung haben: bundesländerübergreifende Kooperationen,
barrierefreier Umbau von Städten und Gemeinden, aber
auch Konversion von Militärflächen. Das ist auch an die
Konversionskommunen ein wichtiges Zeichen, die beim
Konversionsprozess die Unterstützung des Bundes ver-
dienen; denn auch sie übernehmen jetzt in puncto Asyl-
politik Verantwortung .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein weiterer Schwerpunkt unserer Baupolitik muss na-
türlich das Thema bezahlbares Wohnen und Bauen sein .
An dieser Stelle möchte ich nur sagen: Die Asylpolitik
ist eine Herausforderung, die uns jetzt wirklich voll in
Anspruch nimmt; aber dies kann auch eine Chance sein,
denn wir Baupolitiker haben die ganze Zeit gefordert,
dass wir Instrumente des steuerlichen Anreizes für den
Neubau einführen . Jetzt, im Zusammenhang mit dieser
Debatte, wird dies wieder auf die Tagesordnung genom-
men . Diese steuerlichen Anreize können dazu beitragen,
dass Wohnraum geschaffen wird . Diesen Wohnraum,
auch den sozialen Wohnungsbau, brauchen wir nicht nur
für Flüchtlinge, sondern für uns alle . Ich halte es für sehr
gut, dass das jetzt angepackt wird .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich muss zum Ende kommen . Ich bedanke mich für
die Aufmerksamkeit und möchte abschließend sagen:
Das Bundesumwelt- und -bauministerium hat einen aus-

gewogenen Haushalt vorgelegt, und ich freue mich auf
die Fortsetzung der parlamentarischen Beratungen mit
Ihnen und auf die weitere Diskussion zum Thema Kli-
mapolitik, auf dass uns in Paris wirklich ein guter Ab-
schluss gelingt .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812208100

Als letztem Redner in der Aussprache zu diesem Haus-

halt erteile ich das Wort Josef Rief, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1812208200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Besucher auf der Tribüne, vor allen
Dingen aus Erolzheim und Bad Wurzach!


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Es vergehen kein Tag und keine Stunde in dieser Haus-
haltswoche, in denen wir nicht darüber sprechen, wie
wir die Herausforderungen durch die vielen Flüchtlinge
lösen, die täglich zu uns kommen . Nur der soliden Haus-
haltspolitik der letzten Jahre ist es zu verdanken, dass wir
jetzt flexibel reagieren können, und unser Finanzminis-
ter, der Vater dieser guten Haushaltspolitik, ist da . Ich
darf mich dafür bei ihm herzlich bedanken .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir planen, 3 Milliarden Euro an die Kommunen zu
geben und die Mittel im Bundeshaushalt gleichfalls um
3 Milliarden Euro zu erhöhen . Das ist nur möglich, weil
wir konsequent an der schwarzen Null gearbeitet haben .
Richtig ist natürlich, dass Zinsniveau und gute Steuerein-
nahmen dazu beigetragen haben . Es ist aber ebenso rich-
tig, dass ohne eine strukturelle Sanierung des Haushaltes
dies so nicht möglich gewesen wäre .

An meinem Heimatland Baden-Württemberg sieht
man, dass es nicht egal ist, welche Regierung bei gutem
Zinsniveau und höheren Steuereinnahmen regiert . So war
die Regierung Kretschmann 2013 trotz guter Einnahmen
Schuldenkönig der Bundesländer mit fast 1,8 Milliarden
Euro neuen Schulden .


(Lothar Binding jetzt aber nicht ganz fair! – Ute Vogt [SPD]: Das war das böse Erbe! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren Erblasten! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Erbe von Mappus!)


Im Jahr 2014 waren es dann immer noch 1,4 Milliarden
Euro . Es ist auch – so würde man in meiner Heimat sagen
– eine Schande, dass im Haushalt von Baden-Württem-
berg für dieses Jahr immer noch ein Defizit von 700 Mil-
lionen Euro steht .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Anja Weisgerber






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Es ist schon ein Versagen der dort Regierenden, und der
Verdacht liegt nahe, dass im Haushalt Wohltaten für den
kommenden Wünsch-dir-was-Wahlkampf mit Schul-
den finanziert werden. Das kann so nicht gehen. Bayern
wurde heute schon kritisiert . Hier ist Bayern eindeutig
Vorbild . Es geht auch anders . Oder schauen Sie nach
Oberschwaben, wo ein großer Teil der Gemeinden keine
Schulden hat .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bayern hat nicht mal sein Atommüllproblem geregelt!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812208300

Herr Kollege, es gibt den Wunsch auf eine Zwischen-

frage des Kollegen Kühn von der Fraktion BÜNDNIS 90/
Die Grünen . – Ach nein, das war nur so eine spontane
Armbewegung .


Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1812208400

Okay .


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812208500

Es war nur eine emotionale Aufwallung, aber keine

Meldung zu einer Zwischenfrage .


(Lothar Binding te wenigstens fragen, ob er den Haushalt von Baden-Württemberg kennt!)



Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1812208600

Hat mich das jetzt Redezeit gekostet, Herr Präsident?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1812208700

Ja, die fünf Sekunden kriegen Sie noch .


Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1812208800

Gut . – Ich glaube, Baden-Württemberg muss 2016

wieder an die Spitze, damit es dort auch so gut vorangeht
wie im Bund .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Beifall spricht für sich! Magerer Beifall!)


Es ist aktuell nicht nur eine politische und gesellschaft-
liche Herausforderung für unser Land, sondern auch eine
finanzielle Kraftanstrengung. Es ist bewundernswert, wie
wir das meistern . Ich möchte allen Menschen in Deutsch-
land danken, die sich mit großem Engagement für die
Flüchtlinge einsetzen . Wir müssen denen helfen, bei de-
nen die Not am größten ist,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wann reden Sie eigentlich mal zum Thema? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie mal auf die Tafel! Da steht „Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit“!)


und in Europa endlich für eine gleichmäßige Verteilung
der Flüchtlinge sorgen . Ich glaube, wir müssen da schnell
handeln, und die Koalition tut gerade in unserem Haus-
halt schon einiges dafür . Den Verantwortlichen ebenfalls
herzlichen Dank!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir handeln
im Sinne der Generationengerechtigkeit . Für die Uni-
onsfraktion ist klar: keine neuen Schulden, keine neuen
Steuern und Abgaben . Nur so sind wir für die Zukunft
gut aufgestellt und leisten unseren Beitrag zur Stabilität
in Europa .


(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sich im Tagesordnungspunkt geirrt! Das kommt gleich erst!)


Im Einzelplan des Bundesministeriums für Umwelt, Na-
turschutz, Bau und Reaktorsicherheit sind fast 60 Prozent
des Ausgabevolumens von etwas mehr als 4 Milliarden
Euro für Investitionen veranschlagt; das sind 2,3 Milli-
arden Euro im kommenden Jahr . Damit investieren wir
im Bau- und Wohnungsbereich fast 1,5 Milliarden Euro
mehr als noch im Jahr 2014 . Das kann sich sehen lassen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Städtebauförderung ist der bedeutendste Eckpfei-
ler unserer Stadtentwicklungspolitik . Sie wirkt nahezu in
jeder Stadt, in jedem Landkreis in unserem Land . Sie för-
dert Projekte von besonderer Bedeutung und gibt Kom-
munen die Möglichkeit, Vorhaben anzufassen, die sonst
nicht realisierbar wären . Mit Modellprojekten geben wir
wesentliche Impulse und helfen den Kommunen dabei,
öffentliche Einrichtungen klimafreundlich zu sanieren .
Dieses Geld ist gut angelegt und zieht weitere Investi-
tionen nach sich . Das Geld muss aber auch immer am
Bestimmungsort ankommen . Ich bin nicht der Erste, aber
auch ich darf es sagen: Es darf nicht an den klebrigen
Fingern in den Ländern hängen bleiben und damit weni-
ger werden .


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es aber langsam krass! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, jetzt aber! Muss das wehtun, dass die CDU in so wenigen Ländern regiert!)


Städtebauförderung ist immer auch ein kleines Kon-
junkturprogramm für Handwerk und Dienstleister vor
Ort, meine Damen und Herren . Schon über den Nach-
tragshaushalt 2015 konnten wir hier zusätzliche Mittel
investieren . 2016 erhöhen wir die Mittel für die Städteb-
auförderung um immerhin 73,5 Millionen Euro . Als gro-
ße Programme sind hier zu nennen der Stadtumbau Ost
und West sowie der Denkmalschutz Ost und West . Die
Chancengleichheit im ländlichen Raum liegt mir dabei
besonders am Herzen . Deshalb begrüße ich die Program-
me für aktive Stadt- und Ortsteilzentren und für kleinere
Städte und Gemeinden sehr . Frau Ministerin, herzlichen
Dank für Ihren Einsatz für diese Programme .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Mit dem Nachtragshaushalt 2015 konnten wir das
Programm zur Sanierung kommunaler Einrichtungen

Josef Rief






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für den Bereich Sport, Jugend und Kultur neu auflegen
und auch das Programm „Nationale Projekte des Städ-
tebaus“ besser ausstatten . Damit fördern wir herausra-
gende Projekte des Städtebaus verschiedener Größe in
ganz Deutschland . Die mehrfache Überzeichnung zeigt
das große Interesse der Kommunen an diesen Förderun-
gen . Für 2016 werden wir 50 Millionen Euro für das Pro-
gramm veranschlagen .

Aber auch für private Haushalte gibt der Bund aus
diesem Haushalt Zuschüsse zum altersgerechten Umbau
oder zu Investitionen in den Einbruchschutz; darauf ist
bereits eingegangen worden . Mit 730 Millionen Euro
ist das Wohngeld ein großer Posten im Einzelplan des
Ministeriums . Er dient der wirtschaftlichen Sicherung
von angemessenem und familiengerechtem Wohnen . Wir
wollen auch Menschen mit geringem Einkommen direkt
helfen und für besseres Wohnen sorgen . Das hatten wir
im Koalitionsvertrag so vereinbart . Jetzt halten wir Wort .

Durch die Föderalismusreform von 2006 wurden die
Finanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung been-
det . Der Bund leistet daher noch bis 2019 jährlich Kom-
pensationszahlungen an die Länder in Höhe von immer-
hin 518 Millionen Euro . Man kann nicht oft genug an die
Länder appellieren, diese Mittel entsprechend für Wohn-
raumförderung einzusetzen .

Ich finde, es ist auch eine gute Idee, die Eckhardt
Rehberg am Dienstag geäußert hat . Er hat angeregt, vor
dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingssituation auch
über den Einsatz dieser Mittel bei der Unterbringung von
Flüchtlingen nachzudenken . Das wäre ein guter Beitrag
der Länder zur Lösung des Problems .

Meine Damen und Herren, wir investieren in unser
Land und gehen gleichzeitig verantwortlich mit den uns
anvertrauten Steuermitteln um . Unsere Messlatte ist und
bleibt die schwarze Null . Der Einzelplan 16 trägt seinen
Anteil dazu bei: für eine gute Entwicklung in Deutsch-
land und letztendlich für die Menschen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812208900

Vielen Dank . – Weitere Wortmeldungen zu diesem

Einzelplan liegen mir nicht vor .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen dann
zur Schlussrunde.

Wenn Sie die Plätze gewechselt haben, würde ich ger-
ne die Debatte eröffnen . – Wenn sich alle Kolleginnen
und Kollegen gesetzt haben, können wir loslegen; das
könnte ein bisschen zügiger gehen .

Als erster Redner in der Schlussrunde hat Dr . André
Berghegger das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. André Berghegger (CDU):
Rede ID: ID1812209000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir
starten nun mit der Schlussrunde in dieser ersten Lesung
des Regierungsentwurfes für den Haushaltsplan des Jah-
res 2016 . Wir haben eine Woche mit intensiven Debatten
hinter uns . Man kann einige Schwerpunkte erkennen,
und man kann beginnen, ein erstes Fazit zu ziehen .

Die schwarze Null war letztes Jahr in aller Munde . Wir
haben etwas Historisches erreicht, nämlich seit 40 Jah-
ren zum ersten Mal einen ausgeglichenen Haushalt ohne
neue Schulden . In dieser Debatte wurde bis jetzt aber re-
lativ wenig erwähnt, dass wir diesen Kurs mit dem vor-
liegenden Regierungsentwurf fortsetzen . Das ist für mich
aber nachvollziehbar angesichts der vielen Menschen,
die sich auf den Weg nach und durch Europa machen .
Uns allen ist bewusst, dass die Asyl- und Flüchtlingspo-
litik all unsere Kraft fordern wird . Diese Gewissheit hat,
denke ich, die ganze Debatte geprägt und viele andere
Themen, Schwierigkeiten, Herausforderungen als nicht
so dringend erscheinen lassen .

Dennoch möchte ich vor diesem Hintergrund die Be-
deutung der schwarzen Null herausstellen . Die schwarze
Null steht für mich für einen grundsoliden Haushalt ohne
Steuererhöhungen .


(Johannes Kahrs [SPD]: Sehr gut!)


Sie steht für eine wachstumsfreundliche Haushaltskonso-
lidierung, und sie steht für Schwerpunkte und zukunfts-
gerichtete Investitionen . Wir müssen immer bedenken,
dass die prioritären Maßnahmen aus dem Koalitionsver-
trag im Haushalt 2015 und im Finanzplan bereits völlig
aufgenommen worden sind . Die fünf Schwerpunkte lau-
teten: Bildung, Forschung, Entlastung der Länder und
der Kommunen, öffentliche Infrastruktur und Entwick-
lungshilfe . Wir dürfen immer wieder erwähnen, dass
auch steuerliche Entlastungen in einer Größenordnung
von 5 Milliarden Euro Eingang in unsere Finanzpla-
nung gefunden haben . Hier möchte ich gerne Stichworte
nennen: Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, Kindergeld,
Kinderzuschlag und natürlich der Einstieg in den Abbau
der kalten Progression .

Weiter ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass der
vorliegende Haushaltsentwurf eine weitere Senkung der
gesamtstaatlichen Schuldenquote vorsieht, weil wir die
in den Maastricht-Kriterien abverlangten 60 Prozent er-
reichen wollen . In diesem Jahr werden wir versuchen,
die 70-Prozent-Marke zu unterschreiten . Ich möchte in
Erinnerung rufen, dass wir in Sachen europäischer Sta-
bilitätspakt einmal ein Sünder waren . Als der Finanzmi-
nister sein Amt antrat, musste er mit über 80 Milliarden
Euro neue Schulden in einem Haushaltsjahr planen . Er
hat es geschafft, diesen Schuldenstand nach und nach
zu senken . Die Situation war schwierig, aber der Abbau
war schneller möglich, als wir alle uns das vor wenigen
Jahren gedacht haben . Die Entwicklung ist hervorragend
und schafft Handlungsspielräume, die wir jetzt dringen-
der denn je brauchen .

Sie sehen, die schwarze Null ist kein Selbstzweck,
sondern sie ist vorsorgende Haushaltspolitik . Erst da-

Josef Rief






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durch ist es möglich, dass wir auf die aktuelle humani-
täre, politische und kulturelle Herausforderung durch
die Flüchtlingssituation finanziell angemessen reagieren.
Wir wollen, können und werden das leisten .

Weitere Kennzeichen dieses Haushalts sind für mich:
Jeder zweite Euro wird für Soziales ausgegeben und
10 Prozent für Investitionen . Die absoluten Werte sind
mit denen der vergangenen Jahre vergleichbar . Wir müs-
sen mittelfristig versuchen, nachzubessern; denn fest
steht, dass Investitionen der Schlüssel zu Wachstum sind .

Bei dieser Gelegenheit möchte ich gerne auch die Fi-
nanzsituation der Länder erwähnen . In den letzten Jah-
ren hat sich die Finanzsituation der Länder deutlich ge-
bessert . Erst waren es 4, dann 6 und in 2014 waren es
9 von 16 Bundesländern, die einen Haushaltsüberschuss
erwirtschaften . Die durchschnittliche Verschuldung der
Länder pro Einwohner war 2014 nur halb so hoch wie
die Verschuldung des Bundes pro Einwohner . Ich glau-
be, diese Fakten sollte man immer wieder erwähnen . Sie
sind wichtig für weitere Gespräche mit den Ländern in
diversen Politikfeldern . Gespräche über die Bund-Län-
der-Finanzbeziehungen stehen an . Der Flüchtlingsgipfel
und Gespräche über diverse finanzielle Herausforderun-
gen, die wir zu bewältigen haben, stehen an . Ich denke,
wir sollten immer erst die Aufgabe beschreiben und dann
schauen: Wer finanziert wann was?

Jede staatliche Ebene sollte ihre Hausaufgaben ma-
chen, und jede staatliche Ebene sollte solide öffentliche
Haushalte anstreben . Das sichert Handlungsfähigkeit .
Herr Schäuble hat es in den letzten Jahren immer ge-
schafft, den Haushalt auf Sicht zu fahren . Ich denke, das
ist gut und richtig . Man sollte auftretende Spielräume
nicht immer sofort nachhaltig verplanen, sondern den
Haushalt sich entwickeln lassen und auftretende Spiel-
räume für plötzlich eintretende schwierige Situationen
nutzen. Davon profitieren wir jetzt deutlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Spare in der Zeit, dann hast du in der Not – dieser Grund-
satz hat sich in der Haushalts- und Finanzpolitik unter
unserem Finanzminister Wolfgang Schäuble offensicht-
lich bewährt . Das ist jetzt offensichtlich und für jeder-
mann nachvollziehbar, auch für diejenigen, die sich bis-
her nicht ganz sicher waren . Deswegen vielen Dank an
das Bundesfinanzministerium unter der Führung unseres
Finanzministers für diese vorausschauende und gute
Haushaltspolitik .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die derzeitige Finanzsituation verdanken wir natür-
lich der gut laufenden Wirtschaft, den Unternehmen,
den Mitarbeitern und den Steuerzahlern . Wir können den
Menschen in unserem Land nur danken für diesen Fleiß
und die Leistungsbereitschaft, die sie jederzeit an den
Tag legen .

Aber auch die Politik – das hat unser Fraktionsvorsit-
zender immer wieder erwähnt – ist nicht ganz unbeteiligt .
Wir setzen die Rahmenbedingungen . Wenn ich mir den
Rahmen und die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt
anschaue, dann muss ich sagen, dass diese Rahmenbe-

dingungen nicht ganz schlecht sein können . Natürlich
arbeiten wir daran, diesen Rahmen zu verbessern . Aber
das Gesamtbild macht einen guten Eindruck .

Wir stellen auch fest, dass in den letzten Jahren das
Ergebnis dieser Politik bei den Bürgern ankommt . Re-
aleinkommen wachsen . Die Lohnsteigerungen lagen in
den letzten Jahren über den Preissteigerungen, teilweise
deutlich, teilweise sogar über den Wachstumsraten des
BIP . Da muss man genauer hinschauen und aufpassen,
dass sich das gut weiterentwickelt . Auch in Zukunft wer-
den wir diese Wachstumsraten anstreben .

Noch nie zuvor hatten so viele Menschen Arbeit in
diesem Land, wie wir es jetzt vorfinden. Erfreulich ist
auch, dass die Zahl der sozialversicherungspflichti-
gen Arbeitsverträge steigt . Sie sehen: Die Entwicklung
kommt bei den Bürgern an .

Der Haushalt setzt aus meiner Sicht richtige Priori-
täten; denn bei aller Sparsamkeit wird auch weiter in-
vestiert . Wir, die Koalition, setzen Schwerpunkte in den
Zukunftsfeldern . Insbesondere die Bereiche Bildung,
Forschung, Verkehrsinfrastruktur und Breitbandausbau
sind hier zu nennen . Wir dürfen uns in diesem Land nicht
ausruhen; denn wir müssen weitermachen, um die Wett-
bewerbsfähigkeit zu erhalten . Vor dem Hintergrund des
demografischen Wandels ist von zentraler Bedeutung,
dass wir in diesen Zukunftsfeldern weiter investieren .

Seit 2005 haben wir die Ansätze beispielsweise im
Bereich Bildung und Forschung verdoppelt . Wissen-
schaftler kommen zu uns . Die Anzahl der Patente steigt .
Das sind positive Signale .

Wir setzen den Investitionskurs im Infrastrukturbe-
reich fort . Mit einem wahren Investitionshochlauf wer-
den wir die Lücke des Bundes nach der Daehre-Bode-
wig-Kommission schließen . Salopp gesagt können wir
sagen: Wir müssen das vorhandene Geld nur noch auf
die Straße, auf die Schiene und in das Wasser bringen .

Als Bürgermeister ist mir besonders wichtig, zu be-
tonen, dass wir eine kommunalfreundliche Regierung
haben . Wir handeln sehr kommunalfreundlich . In der
Gesamtschau für die Jahre 2010 bis 2018 hat der Bund
Länder und Kommunen in einem Gesamtvolumen von
125 Milliarden Euro entlastet . 125 Milliarden Euro wer-
den es sein; das muss man immer wieder betonen und
auch anerkennen . Der Bund leistet damit aus meiner
Sicht sehr viel in dem föderalen System und nimmt seine
gesamtstaatliche Verantwortung sehr gut wahr .

Durch den so aufgestellten Haushaltsplan haben wir
erstmals die Chance, auch in dieser schwierigen Situa-
tion die jetzt auftretenden Herausforderungen solide an-
zugehen . Da komme ich kurz auf die in der vergangenen
Woche getroffenen Vereinbarungen des Koalitionsaus-
schusses zurück . Wir werden schnell und umfassend han-
deln und bereits bis Mitte Oktober versuchen, verbind-
liche Gesetzespakete zu beschließen . Wir werden aber
auch versuchen, eine angemessene Balance zwischen
Herz und Verstand zu wählen . Die Menschenwürde gilt
für alle, egal wie lange jemand hierbleibt . Diejenigen
mit Bleiberecht müssen sehr schnell auf die Kommunen

Dr. André Berghegger






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verteilt werden, weil Integration dort am besten geleistet
werden kann .

Wie unser Bundestagspräsident am Dienstag gesagt
hat, gehört zur Redlichkeit ebenso dazu, dass nicht alle,
die zu uns kommen, auch hierbleiben können, weder in
Deutschland noch in Europa . Wenn wir diese Aufgabe,
die vor uns liegt, als absolut vorrangig ansehen und uns
mit anderen Wünschen zurückhalten, dann bin ich der
festen Überzeugung, dass wir mit diesem Gesamtpaket
Mitte Oktober einen wesentlichen Zwischenschritt hin
zur Bewältigung dieser Situation leisten können . Es be-
stehen gute Chancen . Wir können das gemeinsam schaf-
fen .

Meine Damen und Herren, wir sehen, dass solide Fi-
nanzen und wachstumsorientierte Finanzpolitik keine
Gegensätze sind, sondern sich einander bedingen . Das
müssen wir uns immer wieder deutlich machen .

Schließen möchte ich mit einem kurzen Zitat: Wohl-
stand kommt nicht von Umverteilung, Wohlstand kommt
von Fleiß und Leistung . – Dieses Zitat stammt von – Max
Straubinger müsste es wissen – eurem großen Landesvater
Franz Josef Strauß,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es! – Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh!)


der am letzten Wochenende 100 Jahre alt geworden wäre .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich denke, das kann man an dieser Stelle ruhig erwähnen .
Ich weiß auch, dass Franz Josef Strauß viel schmissigere
Zitate hatte, nur entweder passten sie hier nicht oder ich
hätte einen Ordnungsruf bekommen .


(Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Vielen Dank fürs freundliche Zuhören .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812209100

Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat Gesine

Lötzsch von der Fraktion Die Linke das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812209200

Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Ich möchte auf fünf Punkte eingehen,
die in der Debatte dieser Woche zu kurz gekommen sind .

Erstens . Wir haben viel über Flüchtlinge gesprochen,
aber viel zu wenig über die Fluchtursachen . Der Nahe
Osten ist die Region mit der größten sozialen Ungleich-
heit weltweit . Circa 300 Millionen Menschen leben dort,
doch der Reichtum ist in den Händen der Herrscher in
Saudi-Arabien und in den anderen Ölmonarchien kon-
zentriert . Allein Saudi-Arabien hat durch den Ölverkauf
jährlich Einnahmen in Höhe von 300 Milliarden Dollar .
Damit sich an dieser ungerechten Verteilung nichts ändert,
finanzieren diese Monarchien die Waffen für den „Islami-
schen Staat“ . Aber was tut die Bundesregierung? Fordert

sie einen Wirtschaftsboykott gegen die Ölmonarchien?
Nein, sie liefert auch noch Waffen nach Saudi-Arabien .
Das muss ein Ende haben .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch im Krieg gegen die Kurden werden deutsche Pan-
zer eingesetzt . Wo bleibt da der Aufschrei der Bundesre-
gierung? Darum ist es das Gebot der Stunde, endlich ein
Verbot von Waffenexporten durchzusetzen und wirksame
Maßnahmen gegen kriegsfinanzierende Monarchien zu er-
greifen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens . Interessant an der Rede des Finanzministers wa-
ren die Dinge, die Sie, Herr Schäuble, nicht angesprochen
haben . Sie haben kein Wort über Verteilungsgerechtigkeit
verloren . Selbst das Weltwirtschaftsforum, beileibe keine
Vorfeldorganisation der Linken, hat in einem aktuellen
Vergleich von 112 Ländern den Schluss gezogen, dass in
Deutschland Wachstum und Gerechtigkeit eben nicht mit-
einander verbunden werden . Ich darf dazu kurz zitieren,
was der OECD-Generalsekretär dort sagte:

Unsere Analyse zeigt, dass wir nur auf starkes und
dauerhaftes Wachstum zählen können, wenn wir der
hohen und weiter steigenden Ungleichheit etwas ent-
gegensetzen .

Es ist also Zeit, endlich eine Vermögensteuer und höhere
Erbschaftsteuern einzuführen .


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Drittens . Annelie Buntenbach, Mitglied des DGB-Bundes-
vorstandes, hat in einer schlichten Auflistung gezeigt, wie
der Finanzminister seinen Haushalt auf Kosten der Sozi-
alkassen in Ordnung gebracht hat . Sie erinnert völlig zu
Recht daran, dass die Mütterrente im Jahr 6,5 Milliarden
Euro kostet und nicht aus dem Bundeshaushalt finanziert
wird, obwohl es sich dabei zweifelsohne um eine gesamt-
gesellschaftliche Aufgabe handelt . Diese Tricksereien auf
Kosten der Sozialkassen wollen wir endlich beenden .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn das ist eine Umverteilung zugunsten der Menschen,
die gar nicht oder wenig in die Sozialkassen einzahlen .
Auch das ist eine weitere Kritik des Weltwirtschaftsfo-
rums .

Es ist doch so, dass Einkommensmillionäre, wenn
überhaupt, nur einen Minianteil ihres Einkommens in die
Sozialsysteme einzahlen . Meine Damen und Herren von
der CDU/CSU, ich frage Sie: Ist es nicht eine unglaubli-
che Gleichmacherei, dass die Sekretärin genauso viel in
die Krankenkasse einzahlen muss wie ihr Chef? Das ist
doch ungerecht .


(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Muss sie ja gar nicht!)


– Prozentual .

Dr. André Berghegger






(A) (C)



(B) (D)


Viertens . Es gibt ja einen Dauerstreit zwischen dem
Finanzminister und der Kinderministerin, wie sie sich
selbst nennt, sei es um die mickrige Kindergelderhöhung,
die lange verzögerte Besserstellung von Alleinerziehen-
den oder jetzt aktuell die Nutzung der Mittel, die für das
Betreuungsgeld vorgesehen waren, für den erforderlichen
Ausbau der Kinderbetreuung . Der Finanzminister, Herr
Schäuble, verweist dann immer gern auf die prioritären
Finanzmaßnahmen des Koalitionsvertrages . Stimmt, da
spielen Kinder nur eine untergeordnete Rolle . Schlimm
genug! Doch die Bundeswehr steht übrigens auch nicht
auf der Liste der prioritären Maßnahmen . Trotzdem soll
die Bundeswehr 8 Milliarden Euro mehr bekommen . Viel-
leicht sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, an die-
ser Stelle einmal selbstbewusst auf den Koalitionsvertrag
verweisen und die Mehrausgaben für die Bundeswehr ab-
lehnen . Unsere Unterstützung hätten Sie .


(Beifall bei der LINKEN)


Fünftens . Minister Schäuble fordert einen europäischen
Finanzminister . Ich sage Ihnen – das wissen Sie genauso
gut wie ich –: Wir brauchen den nicht; denn wir haben ihn
schon . Sie, Herr Schäuble, sind es selbst .


(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch jetzt mal ein Kompliment!)


– Ist doch so! – Die Sozialkürzungen, die Krisenlän-
dern wie Griechenland in den letzten Jahren aufgetragen
wurden, tragen die gestochene Handschrift von Herrn
Schäuble . Widerspruch wird in der informellen Runde der
Finanzminister nicht geduldet . Ich frage Sie nur: Warum
schaffen Sie es als informeller Finanzminister Europas seit
über fünf Jahren nicht, endlich die Finanztransaktionsteuer
durchzusetzen?


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Petra Hinz Jedes Jahr gehen Europa durch diese Arbeitsverweigerung des Finanzministers nach Berechnung der Wirtschaftswoche – nicht der Linken – circa 200 Milliarden Euro verloren . Offensichtlich, Herr Schäuble, hatten Sie für die Umsetzung der Finanztransaktionsteuer keine Zeit . Sie haben sich nämlich mit den Öffnungszeiten griechischer Gemüsegeschäfte im Detail beschäftigt . Ich glaube, das ist wirklich nicht Ihre Aufgabe . Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf der Bundesregierung, getragen von Union und SPD, ist noch kein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in unserem Land . Die Lasten sind ungleich verteilt . Eine kleine vermögende Minderheit wird von dieser Koalition geschont . Die Kanzlerin warnte ja vor Parallelgesellschaften . Doch durch Ihre Steuerpolitik haben Sie längst eine sehr reiche Parallelgesellschaft geschaffen . Das ist wirklich eine Gefahr für unser Land und für unsere Demokratie . Darum: Lassen Sie uns diesen Haushalt vom Kopf auf die Füße stellen! Vielen Dank . Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Johannes Kahrs von der SPD-Fraktion das Wort . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812209300


Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1812209400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben jetzt ja eine Woche hier diskutiert .
Wir hatten eine Anberatung . Wir sind die Einzelhaushalte
durchgegangen . Ich glaube, man kann wirklich mit gro-
ßem Stolz sagen, dass wir uns alle hier in diesem Hause
einig sind, die große Aufgabe, die vor uns liegt – die Fi-
nanzierung der Kosten für die Flüchtlinge in Deutschland,
die Finanzierung von notwendigen Maßnahmen auch in
den Ländern, aus denen sie kommen –, mit den großen
Summen, die wir in den Bundeshaushalt eingestellt haben,
zu meistern . Dass Konsens darüber besteht, das zu tragen,
ist, wie ich glaube, ein hohes Gut . Das hat sich ja auch
durch alle Reden – sei es von der Regierung, sei es von
der Opposition – gezogen . Und das ist etwas, das man gar
nicht hoch genug schätzen kann .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine kleine Anmerkung sei mir gestattet – es gab ja kei-
ne großen Konfliktfelder, weil man sich in der Sache in
gar so vielen Dingen einig ist –: Das, was Frau Lötzsch,
die ich als Vorsitzende meines Ausschusses ja sehr schät-
ze, gesagt hat, hat mich an die Rede von Herrn Gysi er-
innert . Er hat hier bei der Einbringung dieses Haushalts
eine bemerkenswerte Rede gehalten . Er hat nämlich nichts
gesagt . Das war ein Kessel Buntes, eine Phrasendreschma-
schine, per Zufallsgenerator ermittelte linke Textbaustei-
ne, die dann heruntergerattert wurden . Sie hatten mit dem
Haushalt nicht viel zu tun .


(Dagmar Ziegler [SPD]: Das stimmt!)


Sie hatten mit der Sache nicht viel zu tun . Sie wären wun-
derbar gewesen auf linken Parteitagen – ich habe die Freu-
de, dort nicht dabei sein zu müssen –;


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


da hätte man das alles bringen können . Hier war das leider
komplett überflüssig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das hatte mit dem Thema nichts zu tun und stand nicht auf
der Tagesordnung des Hohen Hauses . Der Vorteil ist: Man
kann in solchen Debatten alles mal erzählen . Das bringt
aber in der Sache nichts .

Ich würde vorschlagen, dass wir einen Hauch mehr auf
die Sachebene zurückkommen und nicht jedes Vorurteil in
diesem Land – und sei es noch so platt – bedienen . Wir
sollten uns vielmehr diesen Entwurf und die erfolgreiche
Arbeit dieser Bundesregierung angucken .


(Lachen der Abg . Karin Binder [DIE LINKE])


Dann kommt man relativ schnell darauf, dass das, was
hier vorgelegt wird, nicht selbstverständlich ist . Der Kol-

Dr. Gesine Lötzsch






(A) (C)



(B) (D)


lege von der Union, der vor mir geredet hat, hat ja schon
darauf hingewiesen, dass das alles nicht selbstverständlich
ist . Wir wollen hier nämlich Großes leisten, schultern und
finanzieren, und tun dies, ohne neue Schulden zu machen.
Ich glaube, wenn man sich die Geschichte unserer Repu-
blik anguckt – egal übrigens, wer regiert hat –, stellt man
fest: So etwas fand nicht allzu häufig statt.

Vor diesem Hintergrund war es gut, dass die Große Koa-
lition, und zwar die erste, beschlossen hat, die Schulden-
bremse im Grundgesetz zu verankern . Vergessen wir ein-
mal die vier Jahre, die danach gekommen sind .


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Gute Jahre!)


In dieser Großen Koalition haben wir es geschafft, keine
neuen Schulden zu machen und das durchzutragen . Wir
alle wollen einerseits, dass die Schuldenbremse durchgän-
gig eingehalten wird . Das ist – auch das zeichnet diese Ko-
alition aus – eine Solidität, die sich sehen lassen kann . Auf
der anderen Seite gibt es aber auch ein beispielloses Maß
an Investitionen in Infrastruktur, aber auch in Personal,
und gleichzeitig können wir die Aufgabe, um die es in den
letzten Tagen gegangen ist, finanzieren. Ich glaube, diese
Mischung ist es, die diesen Haushalt auszeichnet .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es wurde bereits angesprochen – ich möchte es noch
einmal kurz erwähnen –: 3 Milliarden Euro sollen die
Länder und Kommunen erhalten . Darüber, wie man das
vernünftig umsetzt, wird zu reden sein . Uns ist wichtig,
dass dieses Geld da ankommt, wo es gebraucht wird . Die
SPD hat ja in den letzten Wochen und Monaten dafür ge-
sorgt, dass wir 5 Milliarden Euro mehr für die Kommunen
ausgeben . Ich glaube, auch das gehört zur Wahrheit dazu .


(Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Selektive Wahrnehmung!)


Grundsätzlich ist es so, dass der Bund Mehreinnahmen
hat – das ist auch eine Folge der guten Regierungsarbeit
von Gerhard Schröder und der rot-grünen Koalition


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/ CSU)


und natürlich auch eine Folge der glücklichen Umstände,
was den Ölpreis und den Dollar-Euro-Kurs angeht – und
dass wir mehr Menschen in Arbeit haben . Deutschland hat
seine Hausaufgaben seit dem Jahr 1998 gemacht . Heute
profitieren wir davon. Das ist gut so, und deswegen kön-
nen wir diesen Haushalt vorlegen . 3 Milliarden Euro zu-
sätzlich wird der Bund also für Länder und Kommunen
ausgeben .

Wir wollen alleine bei der Bundespolizei 3 000 zusätz-
liche Stellen in den Haushalt einstellen . An dieser Stelle
möchte ich Sigmar Gabriel dafür noch einmal ganz herz-
lich danken .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen für den Haushalt des Auswärtigen Amtes
400 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen . 10 000 Bufdis
sind eine gute Ansage, aus der klar wird, dass wir auch
den Freiwilligendienst in diesem Land mit unterstützen
wollen . Wichtig ist, glaube ich, auch, dass wir Bundeslie-

genschaften zur Verfügung stellen . Wichtig ist: Hier wird
viel gemacht .


(Beifall bei der SPD)


Es darf aber von diesem Haushalt nicht die Botschaft
ausgehen, dass wir uns ausschließlich darum kümmern,
das Flüchtlingsproblem zu bewältigen . Es darf von diesem
Haushalt nicht die Botschaft ausgehen, dass die anderen
Aufgaben in diesem Land, die auch wichtig sind, ver-
nachlässigt oder nicht mehr angegangen werden . Wer die
Beratungen der Einzeletats in den letzten Tagen verfolgt
hat, hat mitbekommen, dass die Kollegen in ihren jewei-
ligen Etats all die Punkte angesprochen und abgearbeitet
haben – wir werden sie auch noch im Haushaltsausschuss
behandeln –, die für dieses Land wesentlich sind . Dabei
gibt es große und kleinere Punkte . Einen kleineren Punkt
möchte ich vorwegnehmen .

Es ist gut, dass wir Mittel für Sprachkurse zur Verfü-
gung stellen, übrigens auch insbesondere für C1-Sprach-
kurse, an denen es einen großen Bedarf gibt . Genau das
brauchen wir: dass man den Flüchtlingen, die mit einer
entsprechenden Qualifikation hierherkommen und studie-
ren wollen, die Möglichkeit gibt, Deutsch zu lernen .

Neben diesem erfreulichen Umstand ist es aber auch
eine Tatsache, dass diejenigen, die als Dozenten in diesem
Bereich tätig sind, anständig entlohnt werden sollen .


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, dass das eine Aufgabe ist, der wir uns stel-
len . Das ist ja ein gemeinsames Anliegen von SPD, CDU
und CSU, wie ich einem Brief von Annegret Kramp-
Karrenbauer entnehmen kann, in dem sie als Präsidentin
des Deutschen Volkshochschul-Verbandes den Bundesin-
nenminister auffordert, dringend etwas dafür zu tun, dass
diese Dozenten anständig bezahlt werden . Als Sozialde-
mokrat kann ich sagen: Die Frau hat recht .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie gehört ja auch einer Großen Koalition an . Dann sollten
wir das in den Haushaltsberatungen auch alle gemeinsam
angehen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt aber auch andere Punkte, die wesentlich sind
und die wir in unserem Koalitionsvertrag festgelegt haben .
Einer der Punkte ist das Thema Kitaausbau . Wir haben
im Koalitionsvertrag viel geregelt und so auch Gelder für
das Betreuungsgeld aufgebracht . Wir alle wissen, welchen
Weg das Betreuungsgeld genommen hat . Jetzt sind diese
Gelder im Bundeshaushalt wieder frei . Wir Sozialdemo-
kraten wollen sie gerne für Kinder und Familien einsetzen .
Wir wollen sie für den Kitaausbau ausgeben und dabei ins-
besondere in Qualität investieren .


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, dass es richtig ist, die Gelder den Kom-
munen und Ländern zukommen zu lassen, allerdings mit
der klaren Ansage verbunden, dass es um Qualität, Perso-
nalausstattung und die Qualifikation der Fachkräfte geht.
Vielleicht schafft man es auf diese Art und Weise auch,
den Kitastreik gesichtswahrend für alle Beteiligten zu be-

Johannes Kahrs






(A) (C)



(B) (D)


enden . Denn auch die Eltern in diesem Land können das
auf Dauer nicht mehr aushalten .


(Beifall bei der SPD)


Wenn man die ursprünglich für das Betreuungsgeld
vorgesehenen Mittel für diesen Zweck einsetzt, dann wird
es, glaube ich, richtig eingesetzt . Das wäre vernünftig und
für den sozialen Frieden in diesem Land ganz wunderbar .

Wir haben im Koalitionsvertrag auch das Teilhabege-
setz erwähnt . Das wird zurzeit im Bundesarbeits- und -so-
zialministerium erarbeitet . Ich glaube, wir sind hier gegen-
über den Menschen mit Behinderungen in diesem Land in
einer Verpflichtung. Anfang des Jahres wollen wir einen
vernünftigen Gesetzentwurf vorlegen, und wir werden in
dieser Legislaturperiode dann auch noch zusehen müssen,
dass wir den Fortschritt in unserem Haushalt abbilden . Ich
denke, das ist etwas Wichtiges . Wir haben das als Koali-
tion versprochen und zugesagt . CDU, CSU und SPD sind
hier in der Pflicht. Deshalb wollen wir auch liefern.

Des Weiteren ist es, wie ich glaube, wichtig, dass man
sich noch einmal dem sozialen Wohnungsbau zuwendet .
Wir haben hier ja schon darüber diskutiert, als wir über
die Einzeletats gesprochen haben . Es ist mir aber wich-
tig, für die SPD noch einmal zu sagen: Insbesondere in
den Ballungsbereichen haben wir das Problem, dass die
anerkannten Flüchtlinge, wenn sie irgendwann aus den
Einrichtungen auf den Wohnungsmarkt drängen, auf eine
Bevölkerung treffen, die auch nicht genug Wohnraum hat .
Es ist wichtig, dass man die Kommunen und Länder hier
unterstützt . Dabei muss dann aber auch sichergestellt sein,
lieber Eckhardt, dass das Geld auch in dem Bereich „sozi-
aler Wohnungsbau“ und nirgendwo anders ankommt . Das
müssen wir vernünftig hinbekommen . Wenn man es dann
auch noch schafft, Genossenschaften entsprechend zu för-
dern, dann haben wir alle etwas Gutes getan . Ich glaube,
das ist eine der Aufgaben, denen wir uns am Ende alle
widmen müssen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


All das vor Augen habend bleibt es hier dabei: Wir ha-
ben uns dem Ziel verpflichtet – ich habe das am Anfang
schon gesagt –, dass wir keine neuen Schulden machen
wollen . All diejenigen, die in den letzten Tagen die Reden
der Opposition verfolgt haben – ob es nun die der Grünen
oder die der Linken waren –, haben festgestellt, dass sie
sich in vielen Einzelpunkten verhoben haben und dass sie
zu vielen Punkten viel gesagt, aber nur wenige Vorschläge
gemacht haben .


(Widerspruch des Abg . Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie haben gesagt, dass dieser Etat ausbaufähig sei und dass
man total viel verändern solle . Ich glaube, demgegenüber
feststellen zu können: Diese Koalition leistet Großes .

Herr Bundesfinanzminister, Sie wurden von den Linken
jetzt schon zum europäischen Finanzminister ernannt . In
der Sache könnte ich damit leben, damit, dass die Linke
Sie dazu ernennt, nicht . Vielleicht bekommen wir es aber
einmal grundsätzlich hin, dass es in Deutschland eine Be-
wegung bzw . eine Kraft gibt, die dafür kämpft, dass wir

die Vereinigten Staaten von Europa bekommen mit einem
Parlament, das eine europäische Regierung wählt . Dann
wird es dort auch einen europäischen Finanzminister ge-
ben .

Vielen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812209500

Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat Anja Hajduk

von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort .


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812209600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich glaube, es geht nicht um die Auseinanderset-
zung eines ausgeglichenen Haushaltes oder nicht . Lieber
Johannes Kahrs, wir stellen das jedenfalls nicht infrage .
Damit sind die Haushaltsberatungen aber nicht leichter
geworden; denn es geht jetzt um die Frage, ob wir in der
Lage sind, aufgrund einer sehr großen neuen Herausforde-
rung, vor die unsere Gesellschaft und ganz Europa gestellt
ist, in diesem Haushalt entschlossen umzusteuern .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Haushalt, der hier vor uns liegt, ist nämlich in ganz
vielen Teilen Makulatur . Diese Erkenntnis zog sich ja
durch die ganze Woche .

Ich möchte hier ganz klar einen Vorschlag machen –
das haben Sie ja eingefordert –: Wir Grünen verlangen
heute hier eine klare Aussage zu einem Nachtragshaushalt
2015, und zwar so schnell wie möglich, Herr Bundesfi-
nanzminister .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht hier nicht um Rituale, sondern das hat Gründe .
Es geht darum, dass wir einen möglichen Überschuss aus
dem Jahr 2015 in der Tat sicher übertragen müssen . Dem
werden wir Grünen uns nicht verschließen .

Vor allem geht es aber darum – das wäre noch besser –,
eine Grundgesetzänderung auf den Weg zu bringen, mit
der zum Beispiel dem Bund die Möglichkeit eröffnet wür-
de, die Kommunen bei einer Aufgabe gezielt zu unterstüt-
zen, die die Kanzlerin selber als eine Aufgabe beschrieben
hat, die wir ganz lange zu bewältigen haben werden, näm-
lich Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren und
sie sicher unterzubringen . Dafür brauchen die Kommunen
Geld .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir würden uns wünschen, dass das Problem, wie das
Geld transparent, sicher und zielgenau vom Bund an die
Kommunen übertragen werden kann, überwunden wird .
Wir denken, dass sich da auch die Länder bewegen müs-
sen .

Das ist auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen
Akzeptanz wichtig . Wir können nicht in dieser Woche ein-
fach nur sagen – das hat ja zum Beispiel Frau Merkel auch
getan –, dass wir vor einer ganz großen Herausforderung
stehen und dass dies erst der Anfang einer lange andau-

Johannes Kahrs






(A) (C)



(B) (D)


ernden Aufgabe ist . Vielmehr müssen wir, wenn das so ist,
auch ein strukturelles und stetiges Lösungsangebot vor-
schlagen und dürfen keine Flickschusterei betreiben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen aufhören, im Wochen- und Monatsrhythmus
neue Geldtöpfe in Aussicht zu stellen .

Diese Flickschusterei muss auch mit Blick auf die Stel-
lensituation beim Bundesamt für Migration und Flüchtlin-
ge beendet werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich hatte es am Dienstag schon angesprochen: Wir haben
in der Tat erst diese Woche dank neuer Zahlen erfahren,
dass das Bundesamt mittlerweile rund 50 Prozent der
1 000 Stellen, die in diesem Jahr neu besetzt werden sol-
len, besetzt hat . Ich unterstelle, dass Sie es bis Ende No-
vember schaffen, auch die restlichen Stellen im Bundes-
amt zu besetzen .

Aber es bleibt doch dabei, dass diese Stellenbesetzungen
und das, was wir für das nächste Jahr geplant haben, immer
noch auf der Flüchtlingsprognose von 450 000 Menschen
basieren . Ich habe heute in einem sogenannten Berichter-
stattergespräch von zuständigen Personen erfahren, dass
sie – das mussten sie selber zugeben – für die jetzt vor-
liegende Prognose noch keine richtige Personalplanung
haben . Auch dort ist jetzt wirklich entschlossenes Handeln
nötig, damit wir diese Aufgabe bewältigen . Das muss in
diesen Haushaltsberatungen passieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir weitere Stellen schaffen wollen, die nicht erst ab
Januar besetzt werden, dann müssen wir deren Finanzie-
rung in einem Nachtragshaushalt 2015 regeln .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte ein weiteres Thema ansprechen, Herr Mi-
nister . Am 24 . September wird es mit den Ländern nicht
nur um das Thema Flüchtlinge und die Finanzierung für
die damit verbundenen Herausforderungen gehen, sondern
es soll auch um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ge-
hen . Sie haben am Dienstag gesagt, der Bund habe einen
Vorschlag für mehr Transparenz vorgelegt und es sei jetzt
an den Ländern, darüber Einigkeit herzustellen, damit man
weiterkomme. Ich finde, es hat schon eine gewisse Ironie,
dass Sie sagen: Der Bund hat einen Vorschlag für mehr
Transparenz vorgelegt . – Dieser Vorschlag ist nämlich
nicht dem Bundestag vorgelegt worden . Er ist der öffent-
lichen Diskussion nicht zugänglich . Vielleicht wird das
Papier mal an die Medien durchgesteckt . Aber es gibt kei-
ne öffentliche Debatte, warum die Vorschläge, die Sie ma-
chen – der Umsatzsteuervorwegausgleich soll wegfallen,
und die Finanzkraft der Kommunen soll stärker einbezo-
gen werden – und über die man reden kann, im Hinterzim-
mer gemacht werden, sodass sich hinterher kein Minis-
terpräsident öffentlich rechtfertigen muss, warum keine
Lösung zustande kommt . Sie tragen mit Ihrer Struktur der
Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen
zu einer Verweigerung bei . Sie provozieren geradezu die
Durchsetzung von Länderegoismen .

All das geschieht vor dem Hintergrund einer Analy-
se der Bertelsmann-Stiftung, die uns in diesem Sommer
dankenswerterweise vorgelegt wurde, in der Folgendes
deutlich wird: Wir müssen im Rahmen des Länderfinanz­
ausgleiches das Problem lösen, dass etwa ein Viertel der
kommunalen Haushalte ausweglos in einer Schuldenspi-
rale steckt . Die Kommunen in Gänze sind nicht überschul-
det, aber rund 25 Prozent unserer Kommunen sehen kei-
nen Ausweg aus den Schulden . Deswegen muss es um die
Beantwortung der Frage gehen: Wie können wir gezielt
diejenigen, die es brauchen, bei den überbordenden Sozi-
alkosten entlasten? Ich sehe bei den Bund-Länder-Finanz-
beziehungen keinen Vorschlag, mit dem dieses Problem
wirksam angegangen wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe daher die Sorge, dass wir nachher bei einer Lö-
sung landen, bei der der Bund den Ländern 9 Milliarden
Euro zukommen lässt, wobei wahrscheinlich die beson-
ders reichen Länder den Löwenanteil davon als Entlastung
bekommen werden . Wenn das Ihre Einigungsstrategie ist,
dann versagen Sie vor der eigentlichen Herausforderung,
gleiche Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zukunfts-
fähig zu sichern . Das erleben die Bürgerinnen und Bürger
in ihren Kommunen vor Ort . Ich möchte, dass Sie da ent-
schlossener handeln .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Zeit ist leider abgelaufen .


(Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nur die Redezeit!)


– Nur meine Redezeit ist abgelaufen; keine Sorge . – Im
November werden wir erst richtig Bilanz ziehen . Nehmen
Sie sich diese Kritik zu Herzen . Lassen Sie sich von uns
inspirieren, damit wir jetzt zügig zu besseren Entscheidun-
gen kommen .

Schönen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812209700

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat der Bundesmi-

nister Dr . Wolfgang Schäuble das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Frau Kollegin Hajduk, bei allem Respekt: Das Grund-
gesetz bindet uns zunächst einmal in Bezug auf den Rah-
men unseres Handelns . Und Sie wissen es so gut wie ich,
dass nach dem Grundgesetz die Länder für die Kommunen
zuständig sind .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ich schlage doch vor, das anzugehen!)


– Ja, dazu bin ich durchaus bereit; aber das können wir bei-
de nicht . Da müssen wir schon eine Grundgesetzänderung
machen . Dazu brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit im
Bundestag und im Bundesrat . Auch das steht im Grund-

Anja Hajduk






(A) (C)



(B) (D)


gesetz . Ihre Partei regiert übrigens in ziemlich vielen – ich
finde, zu vielen – Landesregierungen mit.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


– Ist ja gut . – Aber solange dies nicht so ist bzw . nicht ge-
ändert wird, ist das leider so .

Der Bundesinnenminister hat in die Überlegungen zur
Vorbereitung all dessen, was die Bundesregierung mit
Blick auf den 24 . September machen will – ich hoffe, dass
ich das sagen darf, Herr Kollege Schröder –, auch die Fra-
ge einbezogen: Können wir nicht durch eine Grundgesetz-
änderung ermöglichen, dass wir Leistungen direkt an die
Kommunen geben können? Dafür gibt es, wenn ich das
richtig verstanden habe, auch in der größten Fraktion die-
ses Hauses durchaus Sympathien, zum Beispiel beim Kol-
legen Rehberg, dem ich sehr aufmerksam zugehört habe .
Aber ich habe natürlich auch verstanden, dass alle Minis-
terpräsidenten – und die vertreten nun einmal die Länder
im Bundesrat – gesagt haben: Wenn ihr eine Einigung mit
den Ländern wollt, dann lasst die Finger davon . Es ist völ-
lig aussichtslos, darüber eine Einigung zu erzielen . – Nun
sage ich mit allem Ernst: Weil die Situation in Bezug auf
die Menschen, die in Europa bzw. in Deutschland Zuflucht
suchen, dringendes Handeln erfordert, können wir doch
jetzt nicht monatelang einen Streit führen, ob wir etwas
ändern sollen oder nicht oder sonst etwas machen sollen .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir aber auch nicht vorgeschlagen! Wir haben nur angeregt, das anzugehen!)


– Ja, doch! Entschuldigung, Sie wissen nicht, was Sie in
Ihrer, wie Sie sagen, kurzen Redezeit alles gesagt haben .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe doch aufmerksam zugehört, weil ich ja immer
dankbar bin, wenn wir unterschiedliche Meinungen auch
austragen können .

Sie haben eben auch gesagt, wir sollten die Möglich-
keit schaffen, den Kommunen zur Bewältigung ihrer Leis-
tungen unmittelbar Geld zu geben . Voraussetzung dafür
ist eine Grundgesetzänderung . Die bekommen wir jetzt
so schnell nicht hin . Weil dies so ist, hat sich die Bundes-
regierung entschieden, zu sagen: Wir müssen, weil jetzt
schnell Hilfe geleistet werden muss, auf der Basis, die wir
haben, versuchen, das Problem so schnell wie möglich zu
lösen .


(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812209800

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kolle-

gin Hajduk zu? – Okay .


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1812209900

Herr Minister, das ist ja alles richtig . Ich habe nur ange-

regt, dass wir es richtig finden, auch eine Grundgesetzän-
derung ins Auge zu fassen . Ich habe nicht gesagt, dass wir
zwischendurch gar nichts machen sollen . Aber wir haben
doch bei der großen Herausforderung, eine Einigung über

die Bund-Länder-Finanzen zu erzielen, als Bund eine star-
ke Vorschlagsposition, sodass wir auch in die Diskussion
einbringen könnten, ob wir nicht an der einen oder anderen
Stelle vielleicht auch das Grundgesetz anfassen sollten .
Wenn ich richtig unterrichtet bin, schlagen Sie selbst im
Hinblick auf die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft
des Bundes vor, das Grundgesetz anzufassen .

Lassen Sie uns doch beide zuversichtlich auch diese
Frage nicht als unlösbar beschreiben . Deswegen muss man
in dieser Debatte diesen Gedanken anstoßen . Ich erwarte
nicht, dass wir, wenn das nicht gleich am 24 . September
geschieht, nicht auch nach anderen Finanzierungswegen
für die Kosten der Flüchtlinge suchen . Es gibt genügend
Instrumente, das zu tun, sei es bei der Gesundheitsversor-
gung oder anderswo . Lassen Sie uns doch in diesem Sinne
nach vorne schauen . Dann, glaube ich, machen unsere Kri-
tik und unser Vorschlag auch Sinn .

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Dann sind wir ja gar nicht weit auseinander, weil ich
dem insoweit zustimme . Wir müssen alles daransetzen, in
dieser Diskussion voranzukommen und zu einer Einigung
zu kommen . Aber diese muss erst erreicht werden . Wir
brauchen am 24 . September eine Einigung . Diese müssen
wir dann dringend in den Haushaltsplanungen berücksich-
tigen . Bislang ist das noch gar nicht im Haushalt enthal-
ten . Es handelt sich lediglich um Absichtserklärungen .
Das kann erst während der Ausschussberatungen geleistet
werden . Wir brauchen rasch Klarheit darüber, wie wir das
machen können . Deswegen müssen wir am 24 . September
zu Entscheidungen kommen . Es wird mit Hochdruck an
der Beantwortung der Frage gearbeitet, welche Aufgaben
durch wen und wie dringend erfüllt werden müssen .

Das alles geschieht übrigens auf der Basis ganz un-
sicherer Prognosen darüber, wie der weitere Zuzug aus-
sehen wird . Momentan sind wir fast jeden Tag mit einer
neuen Situation konfrontiert; ich werde dazu gleich eine
Bemerkung machen . Vor diesem Hintergrund haben wir
auf Drängen der Länder und Kommunen gesagt: Lasst uns
auf der Basis einer Annahme von 800 000 Flüchtlingen
im kommenden Jahr eine Summe berechnen, mit der sich
der Bund neben seinen eigenen zusätzlichen Belastungen
an den Belastungen für Länder und Gemeinden beteili-
gen wird . Wir werden das Geld zunächst den Ländern zur
Verfügung stellen . Wenn Sie nicht kritisieren, dass wir das
nun so machen, dann sind wir insoweit einig .

Dann möchte ich eine zweite Bemerkung gegen Ende
der ersten Lesung des Bundeshaushaltes hinzufügen . Herr
Kollege Kahrs, wir werden die entsprechenden Haushalts-
ansätze in der Tat erst noch einarbeiten müssen . Niemand
von uns kann heute genau sagen, wie viel wir wirklich
brauchen, und zwar nicht nur für Länder und Gemeinden,
sondern auch für den Bund . Über einen Teil der Aufgaben
haben wir noch gar nicht intensiv diskutiert: Was können
wir Europäer dazu beitragen, dass sich die Zuflucht nach
Europa nicht ins Unbegrenzte entwickelt? Ich will die Si-
tuation gar nicht dramatisieren . Aber dass sie jeden von
uns sowie unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger beunru-
higt, ist klar . Natürlich haben wir große Fähigkeiten, ande-

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble






(A) (C)



(B) (D)


ren zu helfen . Aber wir können die Probleme nicht allein
dadurch lösen .

Frau Kollegin Lötzsch, bei allem Respekt, aber die
Probleme im Nahen und Mittleren Osten, insbesondere in
Syrien, können wir jetzt nicht in dieser Haushaltsdebatte
lösen . Genauso wenig können wir Verantwortung für all
das übernehmen, was in den betreffenden Ländern – da
würde mir jetzt vieles einfallen – nicht in Ordnung ist . Es
handelt sich übrigens nicht nur um Königreiche, in denen
nicht alles in Ordnung ist, sondern oft auch um Diktaturen,
in denen auch die sozialen Verhältnisse nicht in Ordnung
sind . Aber das alles sind Nebenschauplätze .

Tatsache ist, dass Europa und die internationale Ge-
meinschaft beides zustande bringen müssen . Wir müssen
dafür sorgen, dass der Großteil der Menschen, die es in
Syrien nicht aushalten – niemand von uns würde es dort
gegenwärtig aushalten –, in der Region bleibt, damit diese
Menschen eines Tages die Chance haben, zurückzukehren;
das wollen sie auch . Das gilt auch für andere Länder .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich habe am Dienstag davon gesprochen, dass wir
verabredet haben, den Haushalt für das Auswärtige Amt
entsprechend aufzustocken . Ich weiß gar nicht, ob die
Summe, die wir am letzten Sonntag vorgeschlagen hatten,
tatsächlich ausreichend sein wird . Wenn ich sehe, was bei
den Gesprächen mit der Türkei, Jordanien und dem Liba-
non voraussichtlich herauskommen wird, und wenn wir
dort stärkere Kapazitäten schaffen und die Flüchtlingsla-
ger so entwickeln wollen, wie der UNHCR sie dringend
braucht, dann vermute ich, dass wir möglicherweise noch
mehr Mittel brauchen werden . Ich glaube nicht, dass der
EU-Haushalt dies alles hergeben wird .

Natürlich ist der Satz richtig, dass alles, was wir in
den betreffenden Ländern lösen können, vernünftiger und
langfristiger gelöst ist als alles, was wir in Europa selber
tun können . Wir müssen aber darauf achten, dass unsere
europäischen Partner und Freunde nicht sagen: Ihr Deut-
sche habt uns eine Debatte eingebrockt, die wir nicht mehr
beherrschen können . Von entscheidender Bedeutung wird
sein, dass wir uns diesem Aspekt in den nächsten Tagen
und Wochen noch stärker widmen .

Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich auch, dass
diese Haushaltsdebatte in der ganzen Woche ein Stück
weit überlagert war von der grundsätzlichen Bereitschaft,
diese Priorität anzuerkennen . Frau Hajduk, ichwill noch
einmal sagen, was ich ganz am Anfang der Haushaltsde-
batte gesagt habe: Die Erfüllung dieser Aufgabe, die Be-
wältigung dieser Herausforderung, hat für die Bundesre-
gierung oberste Priorität . Die Kanzlerin hat es nicht anders
gesagt, auch der Vizekanzler hat es nicht anders gesagt,
und ich habe es schon am Dienstag gesagt: Oberste Priori-
tät heißt oberste Priorität . Ich habe dann gesagt – ich habe
gut überlegt, was ich sage –: Wir wollen das möglichst
ohne neue Schulden schaffen . So ist das mit einer Priorität .

Jetzt will ich Ihnen aber sagen, warum es nicht so banal
ist, das ohne neue Schulden zu schaffen, wie es gelegent-
lich angesehen wird . Wir sind besser als andere fähig, auf
die jetzigen Herausforderungen zu reagieren, weil wir in
einer guten Lage sind . Dazu mag die rot-grüne Regierung

das entscheidende Verdienst haben, wie manche meinen .
Vorher war ja in Deutschland angeblich gar nichts, und
hinterher war wenig – was weiß ich . Das mag alles sein .
Das ist mir jetzt gerade egal . Ich will darüber nicht strei-
ten . Wir müssen keine neuen Schulden machen, weil wir
mit einer ordentlichen, nachhaltigen Finanz- und Wirt-
schaftspolitik dafür gesorgt haben, dass wir in einer guten
wirtschaftlichen Lage sind – bei einer nicht so schlechten
sozialen Lage .

Ich habe mir die Verteilungsproblematik angeschaut,
auch die Darstellung im Bericht des World Economic Fo-
rum . Ich habe übrigens am Dienstag auch darüber gespro-
chen . Das hat Herrn Schneider nicht so sehr befriedigt;
aber das ist mir egal . Ich habe davon gesprochen, dass
die zu starke Konzentration in vielen entwickelten Volks-
wirtschaften auf die Finanzindustrie und die zu geringe
Konzentration auf die reale Ökonomie unter anderem die
Wirkung hat – schauen Sie sich doch einmal die Einkom-
mensverteilung in den USA an –, dass die Ungleichheiten
in den einzelnen Gesellschaften noch stärker werden . Die
Globalisierung per se hat ohnedies den Trend, dass sie zu
einem stärkeren Auseinanderdriften in der Einkommens-
verteilung führt; das ist wahr .


(Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Steuern!)


– Ich komme gleich zu den Steuern .

Wenn Sie über Verteilungsgerechtigkeit reden und das
World Economic Forum zitieren, müssen Sie schon sagen:
Das Land unter allen entwickelten Industrieländern, in
dem die Ungleichheit in der Einkommensverteilung noch
am geringsten und die Vermögensverteilung am stabilsten
ist, ist die Bundesrepublik Deutschland .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch das gehört dazu .

Nun sind wir in einer stabilen wirtschaftlichen Lage,
die uns mehr Handlungsspielraum gibt, den wir jetzt auch
dringend brauchen und nützen müssen . Diesen Spielraum
haben wir, weil wir eine ordentliche Finanzpolitik be-
trieben haben und weil wir eine vernünftige Steuer- und
Wirtschaftspolitik betreiben . Das ist nämlich auch nicht so
leicht .

Sie sehen: Ich könnte Ihnen andere europäische Länder
nennen; aber da ich deren Vertreter alle heute Nachmittag
in Luxemburg treffe, will ich jetzt kein einzelnes Land he-
rausnehmen .

Es ist eine einfache Angelegenheit, höhere Steuern zu
fordern und zu fordern, die Einkommensteuer zu erhöhen,
eine Reichensteuer oder die Vermögensteuer und derglei-
chen mehr einzuführen . Hinterher wundert man sich dann,
dass die Wachstumsentwicklung nicht so ist, wie man sich
das gewünscht hat . Politik ist eben nicht „Wishful Thin-
king“ sondern Politik heißt, mit den Mitteln der Vernunft
staatliche Rahmenbedingungen einschließlich des Steuer-
systems so zu setzen, dass sie zu einem möglichst hohen
Maß an sozialer Gerechtigkeit bei gleichzeitig nachhalti-
gem Wachstum führen . Das muss man in der Steuerpoli-
tik bedenken . Wer da bezüglich der Vermögensteuer oder
einer zu hohen Einkommen- und Ertragsteuer die falschen

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble






(A) (C)



(B) (D)


Entscheidungen trifft, der wird das Gegenteil von dem ern-
ten, was er vorhat . Daran ist der Sozialismus immer ge-
scheitert, wo er real existiert hat .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will in diesem Zusammenhang noch eine Bemer-
kung machen . Sie haben mir ja sogar Arbeitsverweigerung
vorgeworfen . Ich könnte jetzt als Entschuldigungsgrund
anführen: In meinem Alter darf man ja schon in Rente sein .


(Heiterkeit)


Im Ernst: Ich will noch auf Folgendes hinweisen: Steu-
erpolitische Entscheidungen in Europa unterliegen dem
Einstimmigkeitsprinzip . Ich werde mich heute bei den Be-
ratungen wieder für eine Mindestbesteuerung der Konzer-
nerträge einsetzen . Aber ich sage Ihnen vorher: Wir sind in
dieser Frage noch weit von einer Einstimmigkeit entfernt .
Ich habe mich seit 2010 für eine Finanztransaktionsteu-
er eingesetzt . Aber wir haben bislang nicht erreicht, dass
global eine Chance besteht, sie einzuführen . Davon sind
wir immer noch weit entfernt . Dazu besteht in der Europä-
ischen Union keine Chance . Es gibt noch nicht einmal in
der Eurozone die Chance, sie einzuführen .

Auch im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit ist
es ein mühsames Tun, das voranzubringen . Wir werden
morgen wieder einen Versuch machen, einen Schritt vo-
ranzukommen .

Für die Tatsache, dass wir steuerpolitische Entschei-
dungen in Europa nur einstimmig oder gar nicht zustande
bringen, können Sie nicht die Bundesregierung verant-
wortlich machen . Das ist im europäischen Primärrecht
eben so geregelt . Solange das nicht geändert wird, ist es,
wie es ist . Das ist wie mit dem Grundgesetz, an das wir uns
halten müssen .

Ich bin sehr dafür, dass wir uns bei den weiteren Be-
ratungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich sehr für leis-
tungsfähige Kommunen einsetzen . Aber dann müssen die
Länder noch einmal stärker mit sich darüber reden lassen,
wie sie eigentlich ihre Verantwortung für die Kommunen
wahrnehmen wollen .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns doch mal öffentlich darüber streiten und diskutieren!)


– Das können wir auch machen. Aber der Bundesfinanz-
minister soll die Gespräche führen, muss mit den Ländern
verhandeln . Da kann ich natürlich öffentlich Trara ma-
chen, aber das nützt uns gar nichts .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich meine den Bundestag!)


Mir ging es wieder und wieder um das Dilemma des
Systems „Bund-Länder-Finanzausgleich“ . Es ist natürlich
in einem hohen Maße durch Intransparenz belastet . Es ist
natürlich auch dadurch belastet, dass wir heute 3 oder ma-
ximal 4 Geberländer und 12 oder 13 Nehmerländer haben,
was eine wirkliche Verzerrung ist . Deswegen haben wir
als eine Grundlage Vorschläge entwickelt, mit denen wir
dieses Verhältnis ausgewogener machen . Das scheint mir,
wenn ich die Bemühungen innerhalb der Länder, sich zu

einigen, richtig interpretiere, eine gewisse Bewegung auf
der Länderseite ausgelöst zu haben . Aber noch ist die Ver-
suchung groß, dass sich die Länder dadurch einigen, dass
sie einen größeren Teil der Rechnung dem Bund zuschie-
ben, und darum müssen wir dann wieder mit den Ländern
ringen .

Am Ende will ich einen Appell in diesen Haushalts-
beratungen richten: an alle, auch an die Bundesländer in
Bezug auf den 24 . September . Wir alle sind uns in der
Beurteilung einig, dass wir mit dem, was im Augenblick
stattfindet, mitten in einer der großen Bewährungsproben
unserer Bundesrepublik Deutschland stehen . Wenn dies so
ist, sollten wir die Dinge, die vielleicht nicht ganz so wich-
tig sind, ein wenig zurückstellen und uns im Bund, in den
Ländern und Kommunen – das gilt für die Verantwortli-
chen auf allen Ebenen – darauf konzentrieren, dass wir das
Problem so gut wie möglich lösen .

In ein paar Wochen feiern wir den 25 . Jahrestag der
deutschen Wiedervereinigung . Frieden, Freiheit, Gerech-
tigkeit, Rechtsstaatlichkeit, soziale Nachhaltigkeit, To-
leranz gegenüber Andersdenkenden, Offenheit – all dies
darf nicht gefährdet werden, und all dies muss sich bei die-
ser außerordentlich großen historischen Herausforderung
bewähren . Dafür sollten wir alle uns einsetzen .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210000

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Roland Claus

von der Fraktion Die Linke das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1812210100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will

zunächst auf die Denkwürdigkeit der Situation eingehen,
in der wir diese Beratungen durchführen . Aufmerksame
Beobachter dieses Parlaments, also Medienvertreterinnen
und -vertreter, die uns schon ein bisschen länger kennen,
haben bei der Einschätzung dieser Haushaltswoche den
Schluss gezogen, wir hätten sie irgendwie in einem an-
deren, in einem besseren Klima zustande gebracht . Es ist
nicht so, dass die Differenzen nicht wahrgenommen wor-
den wären, aber man hat festgestellt, es habe mehr Ach-
tung vor dem Argument der anderen gegeben . Ich gebe
die Hoffnung nicht auf, dass eines Tages auch der Kollege
Johannes Kahrs an dieser Verbesserung des Klimas mit-
wirken wird .


(Beifall bei der LINKEN – Lachen des Abg . Johannes Kahrs [SPD])


Meine Damen und Herren, ich glaube, wir hatten noch
nie eine so große Differenz zwischen der Kabinettsent-
scheidung zum Bundeshaushalt – das war im Juli – und
der Einbringung im Parlament . Das ist natürlich kein Vor-
wurf, weil hier auf die veränderte Dynamik der gesell-
schaftlichen Bedingungen reagiert werden musste . Es ist
auch an uns gemeinsam, an das Parlament, die Aufgabe
gestellt, diese veränderten Bedingungen, diese enorm ge-
stiegene Dynamik als Herausforderung wahrzunehmen

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble






(A) (C)



(B) (D)


und anzunehmen . Wenn wir das gut machen, können wir
dieser Verantwortung auch entsprechen .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe mir noch einmal genau durchgelesen, was
Bundesminister Schäuble am Dienstag gesagt hat . Er hat
es freundlicherweise hier noch einmal zitiert . Er hat ge-
sagt:

Deshalb hat die Bewältigung dieser anspruchsvollen
Aufgabe

– also der Flüchtlingssituation –

absolute Priorität .

Dann kam der Satz:

Dem haben sich dann andere Ausgabenwünsche un-
terzuordnen .

Ich habe mir gesagt: Was soll denn ein Finanzminister
anderes sagen, als einen solchen Satz? Auf der anderen
Seite halte ich das für das Parlament für ziemlich bedenk-
lich, weil wir natürlich von unserem Königsrecht Ge-
brauch machen wollen, hier Veränderungen einzubringen
und gesellschaftliche Veränderungen widerzuspiegeln .
Auch hier kann es nicht darum gehen, dass nur der eine
oder der andere recht hat . Auch hier ist es eine Frage der
Balance, eine Frage von Maß und Mitte .


(Beifall bei der LINKEN)


Was wir natürlich trotz dieser mahnenden Hinweise, die
wir eben wieder gehört haben, wahrscheinlich als Einzige
einbringen, ist die Thematisierung der Einnahmenseite . Es
ist in dieser Woche vielfach von der gewachsenen sozia-
len Spaltung in unserer Gesellschaft geredet worden . Die
Tatsache, dass die Gruppe der Menschen mit dem größ-
ten Reichtums- und Vermögenszugang – also die oberste
Schicht – zwar immer kleiner, aber immer reicher wird,
hat doch unter anderem auch etwas mit der Verfasstheit
unserer Erbschaftsteuer zu tun .


(Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)


Insofern können Sie sich auch nicht mit noch mehr Un-
gerechtigkeiten in anderen Ländern herausreden, Herr
Bundesfinanzminister. Wir sagen deshalb: Markenzeichen
linker Haushaltspolitik sind nicht neue Schulden, sondern
ist eine gerechte Steuerpolitik .


(Beifall bei der LINKEN)


Natürlich werden wir noch einige Veränderungen am
Bundeshaushalt vorschlagen . Nur wenige Beispiele – über
den sozialen Wohnungsbau haben die Kolleginnen und
Kollegen von der SPD schon gesprochen –: Ich habe heute
Morgen kritisiert, dass von den 4,5 Milliarden Euro aus
der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen nur ein relativ
kleiner Teil in den Breitbandausbau gehen soll . Das kön-
nen wir nicht akzeptieren . Wir werden uns hier für Verän-
derungen einsetzen .


(Beifall bei der LINKEN)


In wenigen Tagen werden wir über 25 Jahre deutsche
Einheit sprechen . Wir werden anschauen, was gelungen
ist, aber auch darauf aufmerksam machen, dass wir es
nach wie vor mit großen Unterschieden zu tun haben, dass

im Osten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt doppelt so
viele Menschen im Niedriglohnsektor, in der Zeitarbeits-
branche oder befristet beschäftigt sind und dass das Kauf-
kraftvermögen noch weit auseinanderklafft .

In dieser Situation verstehe ich die Bundesregierung an
einer Stelle überhaupt nicht . Welche Reaktion soll denn
jetzt dieser komische und unverständliche Vorschlag aus-
lösen, die Hartz-IV-Bezüge um 5 Euro zu erhöhen? Da
geht es Ihnen doch nicht anders als mir: Ich halte sehr viele
meiner Sprechstunden im öffentlichen Raum ab . Ich wer-
de am Montag auf dem Marktplatz von Naumburg ein Ar-
gument hören, das mir nicht passt, das aber natürlich kom-
men wird . Man wird mir sagen: Ihr habt die ganze Woche
über Flüchtlinge geredet . Da habt ihr das Geld, aber für
uns, die Ärmsten im eigenen Land, habt ihr es nicht . – So
eine unsensible Politik ist doch regelrecht Wasser auf die
Mühlen der ganzen „-gidas“ und dieser schrägen Truppen .
Das müssen Sie wirklich unbedingt korrigieren .


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will zum Schluss noch sagen, was mich in dieser
Woche persönlich sehr bedrückt hat . Wir schreiben heute
den 11 . September, 9/11 . Wir haben vor 14 Jahren hier im
Saal zuerst den Atem angehalten und dann die Plenarde-
batte . Ich werde auch nie vergessen, wie schwierig es für
mich war, vor 14 Jahren genau an diesem Rednerpult als
Fraktionsvorsitzender der PDS deren Position vorzutra-
gen . Es ging zum einen darum, unsere Glaubwürdigkeit
der Trauer um die Opfer niemals in Zweifel zu ziehen, auf
der anderen Seite aber darum, darzustellen, warum wir
uns der Aufforderung des Kanzlers Schröder zur uneinge-
schränkten Solidarität eben nicht anschließen wollten . Wir
haben damals gesagt, dass Krieg die falsche Antwort auf
den Terror wäre . Wir haben auch gesagt: Jetzt wird sich
zeigen, wie zivilisiert die zivilisierte Welt wirklich ist .

Gregor Gysi hat hier am Mittwoch auf die PDS-Position
zum Afghanistan-Krieg hingewiesen . Es wurde mit ziem-
lich viel Häme quittiert . Nun hat das unser Fraktionsvor-
sitzender, wie er es gerne so macht, etwas forsch getan .
Aber ich will hier ausdrücklich sagen: Wenn wir diese his-
torische Differenz hervorheben, dann geht es uns, meine
Damen und Herren, nicht um Rechthaberei . Es geht uns
aber sehr wohl darum, historische Lehren aus historischen
Taten, aus parlamentarischen Entscheidungen zu ziehen .


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb sage ich Ihnen: Es ist nun an der Zeit, Kriegs-
beteiligungen und Waffenexporte einzustellen . Das wäre
die Lehre aus der begonnenen großen Flüchtlingsbewe-
gung . Das wäre auch die Lehre aus 9/11 .


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210200

Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat Petra Hinz von

der SPD-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Roland Claus






(A) (C)



(B) (D)



Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1812210300

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Liebe Besucherinnen und Besucher, die Sie noch an-
wesend sind und uns zuhören! Ihnen noch einen schönen
Tag in Berlin .

Ich freue mich – das meine ich so, wie ich es sage –,
dass ich heute, am Freitag, hier in der Abschlussrunde über
die erste Lesung unseres Haushaltes für das Jahr 2016 noch
einmal die Themen, die schwierigen Herausforderungen,
vor denen wir stehen und die wir gemeinsam bewältigen
wollen, zusammenfassen darf .

Als Haushälterin, als Kollegin, die gern mit Zahlen ar-
beitet, wird es Sie nicht verwundern, wenn ich noch einmal
darauf aufmerksam mache, dass wir in den zurückliegen-
den vier Tagen über 18 Einzelpläne debattiert haben . Zum
Verständnis für die Menschen am Bildschirm und die, die
noch hier sind: Die Einzelpläne entsprechen dem Haus-
halt der jeweiligen Ressorts unserer Ministerinnen und
Minister, mit denen sie die nötigen Gelder bereitgestellt
bekommen, um damit die Arbeit, die wir hier im Parla-
ment beschließen, entsprechend umsetzen zu können . Wir
haben 1 733 Minuten – das sind knapp 29 Stunden – über
die unterschiedlichen Schwerpunkte debattiert, die wir in
den kommenden Wochen bis Anfang Dezember im Haus-
haltsausschuss und in den Fachausschüssen noch weiter
beraten werden . Das sind also viele Stunden, in denen wir
gemeinsam beraten .

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich will noch
einmal darauf hinweisen – so habe ich das auch beim Ein-
zelplan Gesundheit gesagt, weil es mich mit Stolz und
großer Achtung erfüllt –, dass wir unabhängig davon, wel-
cher Fraktion wir angehören, über die Schwerpunkte im
Bereich der Flüchtlingshilfe diskutiert haben – wenn auch
sehr unterschiedlich .

Aber eines kann man keinem absprechen: Jeder ist dar-
auf bedacht, mit diesem Haushalt – Frau Hajduk, Sie wis-
sen ganz genau, dass man parallel sicherlich bereits über
den Nachtragshaushalt beraten muss; auch hier muss man
ehrlich sein und deutlich machen, dass das in den nächsten
Wochen anstehen könnte – nicht einfach irgendetwas zu
beschließen, sondern etwas, was Hand und Fuß hat . Das
können wir nicht einfach über das Knie brechen . Wir wer-
den möglicherweise parallel einen Nachtragshaushalt be-
schließen müssen . Dieser muss dann für die nächste Zeit
Bestand haben .


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie geben mir Recht, dass Sie demnächst einen brauchen!)


– Ich gehe davon aus, dass wir angesichts der kommen-
den Herausforderungen aufgrund der Flüchtlingsfrage und
der damit verbundenen globalen Fragen parallel zu einem
Nachtragshaushalt kommen werden .

Lieber Roland Claus, das, was Sie am Schluss zu 9/11
gesagt haben, hat mich sehr bewegt . Ich weiß noch genau,
wo ich dieses Ereignis verfolgt habe: in meinem Büro in
Düsseldorf . Ich konnte es gar nicht glauben . Danach stan-
den wir vor den Fragen: Gehen wir in andere Länder? Wie
gehen wir in andere Länder? Hier gebe ich Ihnen Recht .
Wenn wir auf diese Fragen trotz aller Diplomatie die Ant-

wort geben, dass wir ausschließlich militärisch in die Län-
der gehen, dann müssen wir auch wissen, wie ein Plan B
oder ein Plan C aussieht, um dort wieder herauszukom-
men . Das erlaube ich mir, in dieser Form zu sagen, weil
ich, seitdem ich im Bundestag bin, grundsätzlich gegen
Auslandseinsätze stimme . Dies tue ich auch vor dem Hin-
tergrund, dass ich sehr wohl weiß, dass das beste Instru-
ment, das wir als Abgeordnete haben, die Diplomatie ist .

Nicht alles, was wir unter Demokratie verstehen, kann
man in anderen Ländern eins zu eins umsetzen . Das war
auch meine Haltung bezüglich des Kongo . Ich wollte jetzt
nicht – wir befinden uns in den Haushaltsberatungen – ab-
schweifen . Ich will daher sagen, dass es mir genauso wie
Ihnen ein Anliegen ist, darüber zu diskutieren, welche
Schwerpunkte wir in diesem Haushalt setzen .

Womit ich aber gar nicht einverstanden bin, ist, dass Sie
in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Hartz-IV-Be-
züge um 5 Euro erwähnen . Wir können uns darüber strei-
ten, ob das richtig oder nicht richtig ist . Aber bitte sprechen
Sie nicht in diesem Kontext davon, weil wir damit Men-
schen in unserer Gesellschaft gegeneinander aufbringen .

Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister hat bereits
vor einem Jahr deutlich gemacht, vor welchen Herausfor-
derungen wir stehen . Auf der einen Seite müssen wir die
Frage der Flüchtlingshilfe klären . Auf der anderen Seite
müssen wir uns mit allen anderen gesellschaftlichen Pro-
blemen, die zu lösen sind, zum Beispiel im Bereich des
Familienministeriums, beschäftigen . Dafür muss entspre-
chend Geld vorhanden sein, und dafür werden wir uns in
den Haushaltsberatungen einsetzen .

Auch der Außenminister hat sehr deutlich und sehr
früh darauf aufmerksam gemacht, wie die Situation in den
Krisenregionen aussieht . Mit Sicherheit kann keiner von
uns eine einfache und schnelle Lösung herbeiführen . Wir
dürfen aber nicht nachlassen, uns eingehend damit zu be-
schäftigen, wie wir mit den Krisenländern und -regionen
umgehen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Da hilft es in der Tat nicht, immer wieder zu sagen: Mit
dem einen oder anderen Land dürfen wir nicht reden, weil
das eine Diktatur ist . – Ganz im Gegenteil: Wir müssen mit
jedem reden . Nur so können wir vor Ort in den Ländern
helfen . Es sind also auch die Menschen dort, über die wir
hier im Rahmen der Haushaltsberatungen reden .

Wir reden aber auch über die Menschen, die hier leben .
Ich freue mich sehr darüber, was im Etat des Familien-
ministeriums alles umgesetzt wird . Meine Kollegin Ulrike
Gottschalk hat im Rahmen der Haushaltsberatungen ge-
meinsam mit unserer Ministerin hervorgehoben, dass das
Elterngeld Plus auf den Weg gebracht wurde . Beide haben
sich für die Verbesserung der Kita-Situation eingesetzt und
die Leistungen unserer Erzieherinnen und Erzieher, die sie
jeden Tag vor Ort erbringen, anerkannt; denn dies ist eine
Arbeit an denen, die uns am wertvollsten sind: an unseren
Kindern .


(Beifall bei der SPD)


Ich erinnere auch an meine Kollegin Sonja Steffen, die
vorgestern in ihrer Rede die wirtschaftliche Zusammenar-






(A) (C)



(B) (D)


beit angesprochen hat . Ich gebe der Opposition ausdrück-
lich recht: Nicht alles ist richtig – aber es ist auch nicht
alles falsch . In der Zeit von 2009 bis 2013 gab es einen
Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Der viel getan hat!)


der gesagt hat, dass dieses Ministerium eigentlich über-
flüssig ist. Wir aber sind der Meinung, dass dieses Minis-
terium überhaupt nicht überflüssig ist. Ganz im Gegenteil:
Der Minister Gerd Müller hat deutlich gemacht, welche
Verantwortung gerade der Bereich der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit hat .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein weiterer wichtiger Baustein ist der Bereich der In-
nenpolitik . Ich bin sehr froh darüber, dass Martin Gerster
zu der Frage, wie wir mit der Flüchtlingskrise umgehen,
den Bereich des Ehrenamtes, insbesondere die Rolle des
THW, in der Diskussion ganz besonders hervorgehoben
hat . Leider habe ich verschiedentlich gehört, dass in der
Krisensituation doch bitte die Hauptamtlichen eingesetzt
werden sollen . Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, die
Helferinnen und Helfer des THW schultern diese Arbeit
ehrenamtlich .

Ich bin froh, dass die Kanzlerin in der schwierigen Dis-
kussion um die Bekämpfung des Rechtsextremismus end-
lich deutliche Worte gefunden hat . Sie hat es zwar nicht in
der Form getan, wie ich es mir vorgestellt hätte; aber es
ist ein erster Schritt, wenn seitens der CDU/CSU deutlich
gemacht wird, dass wir bei der Bekämpfung des Rechtsex-
tremismus nachlegen müssen .

Dies ist bis vor Kurzem immer noch kleingeredet wor-
den . Ich erinnere daran, dass wir in früheren Debatten
immer wieder gesagt haben, dass wir etwas gegen rechts
tun und dafür sorgen müssen, dass der Etat für die Un-
terstützung derer, die aus der Szene aussteigen wollen,
aufgestockt wird . Damit standen wir aber ziemlich allein
da . Da wünsche ich meinen Kolleginnen und Kollegen im
Bereich Innen und im Bereich Familie eine gute Hand . Ich
denke, dass der Minister und die Ministerin in dieser Frage
nicht Nein sagen können .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema kom-
munale Finanzen ist eben schon erwähnt worden . Es ist
richtig und wichtig, dass wir die Kommunen in diesem
Bereich stärken . Ja, ich würde mich auch freuen, wenn
wir als Bundesgesetzgeber die Gelder an die Kommunen
weitergeben könnten . Aber wir sind im föderalen System
und müssen entsprechend gemeinsam mit den Ländern
für all die Maßnahmen, die wir hier im Bereich der Kin-
der-, der Familienpolitik, für Alleinstehende mit oder ohne
Kinder, im Bereich der Pflege und der Pflegeberufe, aber
auch in der Frage der internationalen Zusammenarbeit be-
sprechen, Sorge tragen . Wir gemeinsam müssen hier ein
großes Bündnis finden, nur dann wird ein Schuh daraus.

Ich möchte mich für die zurückliegende Woche bei al-
len Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich bedanken,

insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen der Op-
position . Sie haben viele wichtige und richtige kritische
Anmerkungen gemacht, aber ich habe die Bitte: Führen
Sie gerade im Bereich der Gesellschaftspolitik faire Dis-
kussionen, und zwar in der Frage, wie wir mit der Glo-
balisierung umgehen, in der Frage, wie wir mit Bildung
umgehen, in der Frage, wie wir mit der Flüchtlingshilfe
umgehen und wie wir die Menschen stärken, die jetzt
großartige Arbeit leisten, nämlich all die Ehrenamtlichen .
Sie sollten wir im Rahmen der Haushaltsberatungen noch
einmal ganz besonders bedenken .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wir all dies gemeinsam auf den Weg bringen,
dann wird das ein großartiger Haushalt für das nächste
Jahr, für die Menschen vor Ort .

Ganz herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Max Straubinger [CDU/CSU])



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210400

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Sven-Christian

Kindler von der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen das
Wort .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Auch ich bin bewegt von dieser Haushaltswo-
che und von dem, was wir vielfach vor Ort erlebt haben,
davon, wie viele Menschen sich vor Ort für Flüchtlinge
einsetzen, für die menschenwürdige Aufnahme und für die
Integration . Ich glaube, das, was hier gerade passiert, ist
eine großartige Leistung, und dies ist allen Respekt dieses
Hohen Hauses wert .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Wir sehen gleichzeitig aber auch, dass die Kommunen
und die Länder vor großen Herausforderungen stehen .
Deswegen wollen wir nicht kritisieren, dass die Bun-
desregierung jetzt einen ersten Vorschlag vorgelegt hat;
denn 3 Milliarden Euro für die Länder und Kommunen
sind nicht nichts . Ich glaube aber, man muss, wenn man
auf das Jahr 2016 guckt, erstens sehen, dass das natürlich
nicht ausreichen wird . Zweitens – das hat auch die Kolle-
gin Hajduk schon gesagt – muss das Geld schnell kom-
men . Wir brauchen jetzt einen Nachtragshaushalt . Er ist
notwendig . Es gab wichtige Signale der Koalition, diesen
zu machen .

Im Zusammenhang mit einem Nachtragshaushalt ist
uns aber auch klar: Man wird nicht gleich eine Grundge-
setzänderung und eine Durchleitung zur Ausstattung der
Kommunen schaffen . Aber das, was man einfach gesetz-
lich machen kann und was in Ländern und Kommunen
auch strukturell wirkt, ist zum Beispiel die Abschaffung
des Asylbewerberleistungsgesetzes und die Integration in
die sozialen Sicherungssysteme oder die Integration von

Petra Hinz (Essen)







(A) (C)



(B) (D)


Flüchtlingen vollständig in die gesetzliche Krankenversi-
cherung . Das wäre strukturell wichtig und notwendig .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Flüchtlingspolitik hat diese Haushaltswoche domi-
niert . Wenn man aber darüber hinaus guckte, was in den
Fachetats und bei den Fachthemen sonst los war, dann hat
man gesehen, dass die Große Koalition hier und dort etwas
Geld drauflegt und sich dafür viel lobt und sich auf die
Schulter klopft. Ich finde aber, dass dies insgesamt relativ
dürftig war . Ich hätte von der Großen Koalition mehr Mut
und mehr visionäre Debatten dahin gehend erwartet: Was
wollen wir eigentlich in fünf oder zehn Jahren machen?
Hierzu gab es wenig . Letztendlich bleibt es nach dem, wie
der Haushaltsentwurf ist, und nach dem, was wir in dieser
Woche gesehen haben, dabei: Es gibt viel Verwalten und
wenig Gestalten . Es gibt wenig spannende Ideen und viel
Mutlosigkeit . Ich glaube, es muss sich noch einiges än-
dern, damit das ein zukunftsfester und gerechter Haushalt
wird .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben auch gesehen, dass Sie sich in diesen Debat-
ten viel für den ausgeglichenen Haushalt gelobt haben . Ich
glaube aber, dass Sie sich darauf ausruhen . Herr Schäuble,
Sie haben von der nachhaltigen Finanz- und Wirtschafts-
politik geredet, die Sie gemacht hätten und die zu diesem
ausgeglichenen Haushalt geführt hätte . Aber ich glaube,
man muss natürlich auch sehen, dass der Grund viel Glück
und günstige Umstände waren, und zwar auf weltwirt-
schaftlicher und auch auf europäischer Ebene .

Wir wissen, weil wir es abgefragt haben: Seit Beginn
der Finanzkrise, seit 2008, hat die Bundesregierung ge-
genüber der geltenden Finanzplanung 94 Milliarden Euro
durch Zinsminderausgaben eingespart . Ein Großteil des
Geldes kommt also durch die historisch niedrigen Zinsen .
Das zeigt erstens, dass die Bundesregierung Krisengewin-
ner in Europa ist, und zwar trotz aller Mythen vom Zahl-
meister . Zweitens zeigt es, dass die EZB einen Großteil
dazu beigetragen hat. Ich finde, man kann dann nicht, wie
Sie das Dienstag gemacht haben, die EZB stark für ihr
Handeln kritisieren, weil die europäischen Regierungen
nicht gehandelt haben, und sich gleichzeitig für die Haus-
haltskonsolidierung rühmen. Das finde ich nicht redlich.
Sie müssen ehrlich sagen, dass eigentlich Mario Draghi
viel mehr zu der Haushaltskonsolidierung beigetragen hat
als Sie, Herr Schäuble .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kollege Berghegger hat gesagt, Sie schafften es im-
mer, den Haushalt auf Sicht zu fahren – er hat es wohl
anders gemeint . Aber ich würde es auch sagen: Sie fah-
ren auf Sicht . Das ist alles nicht besonders zukunftsorien-
tiert . Denn man könnte in der jetzigen Situation, unter den
günstigen Umständen, auch anpacken und sich der Risiken
bewusst werden, die Sie zurzeit ausblenden . Darüber re-
den Sie natürlich nicht gerne . Aber ich erwähne hier heute
noch mal, womit sich Risiken verbinden: mit der Zinsent-
wicklung, mit dem demografischen Wandel, mit der lee-
ren Rentenkasse ab 2019, weil die Mütterrente nicht über

Steuern finanziert wird, mit der Klimakrise, aber auch mit
der Spaltung zwischen Arm und Reich .


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Aber 86 Milliarden Euro Rentenzuschüsse sind beachtlich!)


Herr Schäuble, Sie haben es angesprochen: Die Vermö-
gensungleichheit ist die größte in der Euro-Zone . Man
kann nicht bestreiten, dass die Spaltung zwischen Arm
und Reich in dieser Gesellschaft auch ein Risiko für den
Haushalt ist, bei dem man gegensteuern muss .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


Ein großes Risiko gibt es im Bereich der Investitionen,
für die Sie sich immer sehr stark feiern . Die Investitionen
verdienen einen näheren Blick . Im Finanzplan bis 2019 ist
ein Anstieg der Investitionen von jetzt rund 300 Milliar-
den Euro auf 333 Milliarden Euro vorgesehen . Das ist eine
große Steigerung . Die Investitionsquote stagniert aber bei
rund 30 Milliarden Euro . Das heißt, der Wertverfall un-
seres öffentlichen Vermögens geht weiter . Und auch hier:
keine Antwort, keine großen Ideen, was Sie machen wol-
len . Damit verschulden Sie sich ja auch bei den zukünfti-
gen Generationen . Das wird uns nachher teuer zu stehen
kommen. Ich finde, auch da muss in diesem Haushalt um-
gesteuert werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Weil es ein Prozess ist, der nicht nur in den letzten vier
Jahren stattgefunden hat, sondern schon länger andauert –
das öffentliche Vermögen ist innerhalb von 20 Jahren um
800 Milliarden Euro auf nahezu null gesunken –, schla-
gen wir vor, die blinden Flecke der Schuldenbremse zu
beseitigen . Zum Beispiel sollte für zentrale Einzelpläne
eine ehrliche Bilanzierung des Infrastrukturvermögens
durchgeführt und diese im Haushalt ausgewiesen wer-
den . Man sollte zum Beispiel mit einer Investitionsregel
dafür sorgen, dass das öffentliche Vermögen nicht weiter
schrumpft . Das wäre aus unserer Sicht notwendig, damit
wir wirklich in die Zukunft investieren können .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will am Ende auf die Schattenseiten dieses Haushal-
tes eingehen, weil die Große Koalition sie natürlich gerne
vergisst . Es gibt bei diesem Haushalt nicht nur Gewinner,
sondern auch Verlierer . Die Beitragszahler werden belas-
tet, weil die Rentenkasse ab 2019 leer ist . Das ist eine Fol-
ge Ihrer Politik bei der Mütterrente . Wir haben arme Rent-
nerinnen und Rentner . Obwohl Sie ein großes Rentenpaket
auf den Weg gebracht haben, machen Sie eigentlich nichts
gegen Altersarmut . Wir haben arme Kinder . Auf dieses
Problem gibt es im Haushalt eigentlich keine Antwort .
Dasselbe gilt für Alleinerziehende . Auch auf die Frage,
was mit den Mitteln passieren soll, die frei werden, weil
das Betreuungsgeld abgeschafft wird, gibt es im Haushalt
keine Antwort . Herr Schäuble will die Mittel im allgemei-
nen Haushalt versickern lassen . Ich sage Ihnen: Das ist die
falsche Antwort . Das Geld muss jetzt in Krippen und Kitas
gesteckt werden .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sven­Christian Kindler






(A) (C)



(B) (D)


Ein Verlierer dieses Haushalts ist weiterhin das Klima .
Die Klimakrise wird nicht richtig angegangen . Es gibt
weiterhin klimaschädliche Subventionen im Umfang von
52 Millionen Euro . Da passiert nichts . Man muss sagen:
Bei den Mitteln für die globale Entwicklungszusammen-
arbeit gibt es zwar leichte Steigerungen, aber insgesamt
ist das deutlich zu wenig und wird der internationalen
Herausforderung und der Verantwortung Deutschlands in
diesem Bereich nicht gerecht .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch hier sehen wir: In diesem Haushalt werden falsche
Prioritäten gesetzt . Es gibt viele Verlierer . Aus unserer
Sicht muss sich das ändern . Dieser Haushalt ist nicht zu-
kunftsfest und gerecht . Wir müssen jetzt die Haushaltsbe-
ratungen nutzen, um das zu ändern .

Vielen Dank .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE])



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210500

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Max Straubinger

von der CDU/CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1812210600

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Zuerst kann man feststellen: Die Aufstellung des Bundes-
haushalts, der vorgelegt worden ist und in die weiteren Be-
ratungen geht, war aufgrund der aktuellen Ereignisse eine
große Herausforderung . Wir alle in diesem Haus sind uns
einig, dass wir der Herausforderung gerecht werden und
die Akzente dementsprechend setzen wollen – wobei die
Bundesregierung schon in der Vergangenheit die Bundes-
länder und die Kommunen entlastet hat, dies aber auch in
Zukunft vorhat . Ich glaube, dass trotzdem festzustellen ist:
Es ist einer der solidesten Haushalte, die wir jemals in der
Republik hatten .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Darüber dürfen wir uns freuen .

Werte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
ich freue mich über Ihr Lob, aber Ihre Kritik in einzelnen
Bereichen kann ich nicht nachvollziehen . Ich werde später
noch darauf eingehen .

Die wichtigste Herausforderung, vor der wir stehen, ist
die Flüchtlingssituation . Wir müssen den Menschen, die
zu uns kommen, humanitäre Unterstützung zuteilwerden
lassen . Dass wir uns dieser Aufgabe stellen müssen, das ist
unbestritten . Wir werden auch die entsprechenden Finanz-
mittel bereitstellen .

Dabei geht es nicht immer nur um Finanzmittel, son-
dern es müssen alle zusammenwirken: der Bund, die Län-
der und die Kommunen gemeinsam . Denn nicht nur der
Bund hat starke Aufwüchse bei den Steuereinnahmen zu
verzeichnen, sondern auch die Länder und Kommunen .
Daher müssen die Lasten gerecht verteilt werden .

Die längerfristigen Lasten werden wohl nicht die Län-
der, sondern der Bund tragen müssen . Wir wissen, dass
von den Asylbewerbern, die bereits drei Jahre bei uns sind,
nur 11 Prozent in sozialversicherungspflichtiger Beschäfti-
gung sind . Das macht sehr deutlich, was das für die Sozi-
alhaushalte bedeutet .


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schaffen Sie doch die Hindernisse ab!)


Die Situation hinsichtlich der Integration in den Ar-
beitsmarkt wird bei den neu hinzugekommenen Flücht-
lingen genauso sein . Eine Umfrage der Bundesagentur für
Arbeit hat ergeben, dass derzeit nur 10 Prozent der Neu-
ankömmlinge für unseren Arbeitsmarkt geeignet sind . Da-
mit will ich verdeutlichen, welche große Aufgabe, die wir
gemeinsam bewältigen müssen, letztendlich vor uns liegt .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir können die gewaltigen Herausforderungen, die
uns hier beschäftigen, bewältigen . Aber dafür müssen die
Ministerien zusammenwirken . Lassen Sie mich in diesem
Zusammenhang klarstellen, Herr Kollege Claus: Bundes-
minister Schäuble hat nicht davon gesprochen, dass andere
Aufgaben untergeordnet werden . Vielmehr hat Bundes-
minister Schäuble davon gesprochen, dass die Aufgaben
entsprechend eingeordnet werden müssen . Das gilt auch
in Bezug auf die Integrationsaufgaben und -leistungen im
BMAS-Haushalt und in vielen anderen Bereichen, zum
Beispiel in der Sprachbildung usw . Es geht darum, die
Aufgaben einzufügen, nicht darum, irgendwelche Aufga-
ben anderen Aufgaben unterzuordnen . Wir stellen uns die-
ser Herausforderung, und wir werden sie auch bewältigen .

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns
bei der Verwendung der Mittel, die uns aufgrund unse-
rer guten Haushaltslage zur Verfügung stehen, aber nicht
nur darauf beschränken, die aktuellen Herausforderungen
zu meistern . Kollege Berghegger und auch der Bundes-
finanzminister haben darauf hingewiesen, dass wir auch
die Bürgerinnen und Bürger entlasten: durch die Erhöhung
des Grundfreibetrages, den Abbau der kalten Progression,
die Erhöhung des Kindergeldes und – auch wenn Sie das
kritisieren, Herr Kollege Claus – die Anhebung des Hartz-
IV-Satzes . Hier werden hohe Summen bewegt . Das gelingt
uns nur, weil wir eine gute wirtschaftliche Situation haben .


(Dr . h . c . Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Deshalb kommt es sehr entscheidend darauf an, dass wir
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch weiterhin
verstärken .

Herr Kollege Kahrs, Sie haben mit großen Worten die
Grundlagen gelobt, die Gerhard Schröder gelegt hat . Ich
möchte mich nicht so zurückhalten wie Bundesfinanzmi-
nister Schäuble . Aber ich möchte daran erinnern: Damals
hatten wir 26 Millionen sozialversicherungspflichtige Be-
schäftigungsverhältnisse, heute haben wir fast 30 Millio-
nen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhält-
nisse .


(Petra Hinz vorher in der Regierung?)


Sven­Christian Kindler






(A) (C)



(B) (D)


Unter Rot-Grün hatten wir damals 5 Millionen Arbeitslo-
se, jetzt haben wir 2,8 Millionen Arbeitslose . Das ist der
Erfolg der ersten Großen Koalition . Sie haben damals im
Wahlkampf gesagt, dass Steuererhöhungen Gift seien .
Aber mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer haben wir
eine Grundlage geschaffen . Gleichzeitig haben wir die
Wirtschaft in anderen Bereichen entlastet . Darüber hinaus
haben wir Rahmenbedingungen verbessert . Damit haben
wir für ein wesentlich stärkeres Wirtschaftswachstum ge-
sorgt . Dieses wirtschaftliche Wachstum ist die Grundlage
für diesen Haushaltsentwurf . Es versetzt uns in die Lage,
die Probleme, die wir jetzt in finanzpolitischer Hinsicht
zu bewältigen haben, schultern zu können . Ich möchte
vor allen Dingen der Koalition aus CDU/CSU und FDP
bescheinigen, für eine gute Grundlage gesorgt zu haben,
und daran erinnern, dass wir in 2009 auch noch eine große
Finanzkrise mit dem damit verbundenen wirtschaftlichen
Rückgang zu bewältigen hatten . Die Grundlagen hat also
die bürgerliche Koalition gelegt . Diese Grundlagen wollen
wir jetzt durch gemeinsame Arbeit verbessern und erwei-
tern . Ich bin überzeugt, dass uns dies gelingen wird .


(Beifall bei der CDU/CSU – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Jedenfalls mit dieser Kanzlerin an der Spitze!)


Ich möchte auf zwei wirtschaftliche Rahmenbedingun-
gen hinweisen, die für uns wichtig sind:

Erstens . Wir haben – die Debatte verlief vor allen Din-
gen in unserer Fraktion zum Teil streitig – ein drittes Hilf-
spaket für Griechenland verabschiedet . Ich glaube, dass
das nötig war, damit es nicht zu finanzpolitischen Turbu-
lenzen auf der Welt kommt . Man muss sich einmal vorstel-
len, was wäre, wenn zu der derzeitigen Situation in China
auch noch Turbulenzen in Europa kämen, welchen Nie-
derschlag das auf die wirtschaftlichen Entwicklungen hät-
te . Das wollen wir uns lieber nicht ausmalen . Deshalb war
diese Entscheidung meines Erachtens trotz aller Schwie-
rigkeiten, die damit verbunden sind – dabei geht es auch
um das Vertrauen, dass wir in die zukünftige Entwicklung
Griechenlands haben –, richtig . Sie ist Grundlage dafür,
dass wir hier einen stabilen Haushalt für 2016 werden ver-
abschieden können .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens . Bei allem geht es immer auch um die Ge-
staltung der Zukunft . Ich bin überzeugt, dass wir uns bei
den Diskussionen über das Freihandelsabkommen TTIP
daran erinnern sollten, dass unsere Arbeitsplätze und un-
ser Wohlstand von den Exportmöglichkeiten unserer Wirt-
schaft abhängig sind . 50 Prozent der bei uns erwirtschaf-
teten Dienstleistungen und Güter gehen in den Export .
Deshalb ist Deutschland in besonderem Maße auf freie
Märkte, bessere Zugänge und gleiche Wettbewerbsbedin-
gungen angewiesen . Mit dem Abschluss von TTIP schaf-
fen wir eine gute Grundlage dafür . Ich danke ausdrücklich
dem Bundeswirtschaftsminister für sein offensives Eintre-
ten in der Sache .


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut zuhören!)


Ich glaube, für die Zukunft unserer Bürgerinnen und Bür-
ger, insbesondere unserer Jugend, ist entscheidend, dass

wir viele Arbeitsplätze haben und weiterhin wirtschaftlich
erfolgreich sind . So können wir für unsere Bürgerinnen
und Bürger in hohem Maße soziale Sicherheit gewähr-
leisten . Das spiegelt sich auch in diesem Haushaltsent-
wurf wider, da 50 Prozent der Haushaltsmittel in soziale
Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger fließen. Das ist
meines Erachtens ein wichtiger Bestandteil .

Da ich gerade bei den sozialen Leistungen bin, möchte
ich Folgendes sagen: In diesen Tagen, in denen über die
Einzelpläne diskutiert wird, haben Einzelne, auch aus den
Reihen unseres Koalitionspartners, Vorschläge unterbrei-
tet, wie die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel
ausgegeben werden könnten, am besten gleich drei- oder
viermal .


(Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Einmal reicht!)


Ich möchte daran erinnern, dass wir für das nächste und
das übernächste Jahr einen Haushaltsansatz für das Be-
treuungsgeld benötigen, weil die Finanzierung zugesi-
chert wurde . Das heißt, 650 Millionen Euro werden für
das nächste Jahr vorgesehen und 350 Millionen Euro für
2017 . Ich möchte vermerken, dass wir das Betreuungsgeld
bisher über eine globale Minderausgabe finanziert haben.
Diese globale Minderausgabe haben wir jetzt aufgelöst . Es
gibt also überhaupt keinen großen Spielraum für zusätzli-
che Ausgaben. Die Auflösung der Finanzierung über die
globale Minderausgabe bedeutet, dass die in den Berei-
chen Verteidigung, Forschung und Verkehr notwendigen
Investitionen zusätzlich abgesichert sind .


(Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Verteidigung fällt Ihnen als Erstes ein!)


Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210700

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Dr . Hans-Ulrich

Krüger von der SPD-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1812210800

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Als eine der wesentlichen Erkenntnisse dieser
Haushaltswoche ist festzustellen: Trotz aller humanitären
und finanziellen Herausforderungen werden wir voraus-
sichtlich auch in diesem Jahr keine neuen Schulden auf-
nehmen und einen ausgeglichenen Haushalt haben . Das ist
eine beachtliche Leistung, die durch harte Arbeit und den
Willen geprägt ist, die positive Entwicklung der letzten
Jahre fortzusetzen . Die Koalition hat damit ihre Hausauf-
gaben gemacht und leistet einen Beitrag zur Generationen-
gerechtigkeit .

Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass ent-
scheidende Vorbedingungen für die schwarze Null neben
der guten Konjunktur die seit mehreren Jahren anhaltende
absolute Niedrigzinsphase ist . Es werden beispielswei-
se aktuell 17 Milliarden Euro weniger für Zinsen veran-
schlagt, als es auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise
im Jahr 2008 noch der Fall war . Das müssen wir als Par-

Max Straubinger






(A) (C)



(B) (D)


lamentarier, bei aller Bescheidenheit – Adam Riese lässt
grüßen –, konstatieren .

Gott sei Dank ist die Ausgangslage, die wir jetzt sehen,
nach wie vor günstig . Die Exporte legen weiter zu . Die
Binnennachfrage trägt wesentlich zum Wirtschaftswachs-
tum bei . Das hat vor allem damit zu tun, dass viele Haus-
halte mehr Einkommen zur Verfügung haben . Auch das ist
eine Auswirkung des endlich eingeführten Mindestlohns,
den die SPD durchgesetzt und durch den es eben keine
Verdrängungseffekte gegeben hat . Der Mindestlohn ist da-
mit aus meiner Sicht die größte und gerechteste Lohnerhö-
hung, die wir seit langer Zeit hatten .


(Beifall bei der SPD)


Insgesamt tragen gute Beschäftigungszahlen, steigende
Einkommen und eine Entlastung durch niedrige Energie-
preise zu der gesteigerten Kaufkraft der privaten Haus-
halte bei . Mit anderen Worten: Der überwiegenden Zahl
der Menschen in Deutschland geht es gut oder ordentlich .
Das zeigen auch die Steuereinnahmen: Bund, Länder und
Kommunen nahmen im Juli 2015 insgesamt 8,6 Prozent
mehr Steuern ein als im Vormonat . Im Juli bedeutete diese
Summe genau 49 Milliarden Euro und in den ersten sieben
Monaten 349 Milliarden Euro, das heißt 5,9 Prozent mehr
als im entsprechenden Vorjahreszeitraum .

Das geht aber nur, weil die Auftragsbücher der Industrie
voll sind, die Arbeitsmarktlage ordentlich ist und wir die
Hoffnung haben dürfen – weil das so ist; trotz Griechen-
land-Krise bzw . chinesischer Turbulenzen –, einen positi-
ven Wachstumstrend beizubehalten . Insofern bin ich op-
timistisch, dass die schwarze Null gehalten werden kann,
obwohl uns große Herausforderungen abverlangt werden .

Dieser Haushaltsentwurf wird – dies klang eben bereits
an –, wie es Carsten Schneider, unser Kollege, am Diens-
tag gesagt hat, nach den Haushaltsberatungen definitiv, al-
lein schon wegen der Kosten für die Flüchtlinge, bei wei-
tem nicht mehr so aussehen, wie er eingebracht worden ist .

Europa und Deutschland sind von dem Schicksal der
Menschen betroffen, die bei uns Schutz und Sicherheit
vor Krieg, Verfolgung oder Not suchen . Wahrscheinlich
werden in Deutschland in diesem Jahr 800 000 Menschen
oder mehr aus Krisenländern auf gefährlichen Wegen zu
uns kommen. Häufig haben sie nicht mehr als das nackte
Leben bei sich .

Die Menschen in unserem Land heißen diese Flücht-
linge willkommen und versuchen, mit einer großen Wel-
le der Hilfsbereitschaft so gut zu helfen, wie es nur geht .
Die Bilder in den Medien zeigen es, und wir wissen es:
Diese Menschen benötigen vernünftige Unterkünfte, Klei-
dung, Nahrung und vor allem eine Perspektive . Dies kostet
Geld – viel Geld, meine Damen und Herren .

Von daher begrüße ich natürlich, dass der Koalitions-
ausschuss bereits 6 Milliarden Euro zur Verfügung stellt,
von denen 3 Milliarden Euro als Unterstützung für Länder
und Kommunen vorgesehen sind; denn sie, die Kommu-
nen und die Länder, tragen die Hauptlast bei der Aufnah-
me und Versorgung der Flüchtlinge .

Es ist aber gut möglich – mit diesem Gedanken soll-
ten wir uns durchaus anfreunden –, dass wir uns aufgrund

der Prognosen über weitere Kosten über Steigerungen un-
terhalten müssen . Von daher bin ich mir bei weitem nicht
sicher, ob wir mit den 6 Milliarden Euro wirklich auskom-
men . Hier hilft kein noch so effektives Top-down-Verfah-
ren, bei dem eine Pauschalsumme festgesetzt wird, die es
dann umzuverteilen gilt . Hier bestimmt lediglich die nack-
te Zahl der Ankömmlinge die Kosten . Das Einzige, über
das man sich dann streiten kann, ist die Frage, ob man pro
Flüchtling 10 000, 11 000 oder 12 000 Euro pro Jahr anset-
zen muss . Es ist dann unsere Aufgabe als Haushälter, dies
auch abzubilden .

Natürlich unterstützen wir auch die Länder und Kom-
munen beim Ausbau von gut 150 000 winterfesten Plät-
zen in Erstaufnahmeeinrichtungen . Wir alle wissen: Be-
reits seit dem 1 . Januar ist es möglich, dass Kommunen
sämtliche freien und verfügbaren Bundesliegenschaften,
also Gebäude sowie Freiflächen, mietzinsfrei bekommen
können, wenn sie zum Zwecke der Unterbringung von
Flüchtlingen und Asylbewerbern genutzt werden . Diese
Bereitstellung von Bundesliegenschaften wird auch ge-
nutzt, und zwar aktuell in Form von 37 000 Unterkunfts-
plätzen . Zusätzlich werden wir auch noch – die BImA be-
teiligt sich – Geld für die Herrichtung, Renovierung etc .
entsprechender Unterkünfte zur Verfügung stellen, damit
die Kommunen dadurch nicht vor unlösbare Aufgaben ge-
stellt werden .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Last, not least . Bei dieser gemeinsamen Anstrengung
gehen wir sogar so weit, dass entbehrliche Kasernenplätze
vorübergehend als Notunterkünfte mit einbezogen wer-
den . Das heißt also, wir tun hier alles . Dazu gehört auch,
dass auf Anregung und Antrag der SPD 3 000 Stellen bei
der Bundespolizei neu geschaffen worden sind . Ich begrü-
ße es durchaus, dass man sagt: Bis diese Stellen besetzt
sind, soll, um eine effiziente Kontrolle und effizientes Ar-
beiten zu ermöglichen, der Zoll zwischenzeitlich kurzfris-
tig einspringen . Das ist richtig . Aber das darf – ich denke,
da sind wir hier im Hohen Haus ein und derselben Mei-
nung – nicht grundsätzlich dazu führen, dass die Kontrolle
der Schwarzarbeit und die Kontrolle der Einhaltung des
Mindestlohns auf der Strecke bleiben .


(Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Da müssen wir genau aufpassen!)


Darauf müssen wir ein waches Auge werfen .


(Beifall bei der SPD – Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Sehen wir auch so!)


Damit die Flüchtlinge überhaupt eine Zukunft haben
und ihre Einbindung in die Gesellschaft gelingt, müssen
wir von den Ländern natürlich auch entsprechende Inte-
grationsschritte verlangen, das heißt Sprachkurse, Lehre-
rinnen und Lehrer sowie zusätzliche Kitaplätze . Das alles
steht auf unserer Agenda .

In diesem Zusammenhang – es klang schon einmal
kurz an – gibt es noch ein weiteres Thema, das, denke ich,
stärker beachtet werden muss als in der Vergangenheit,
nämlich die Fragen des sozialen Wohnungsbaus, und zwar
nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle Menschen, die
sich mit steigenden Mieten herumschlagen müssen und

Dr. Hans­Ulrich Krüger






(A) (C)



(B) (D)


insbesondere in Ballungszentren Schwierigkeiten haben,
zu vertretbarem Entgelt einen Mietvertrag abschließen
zu können . Das heißt, wir als Bund müssen – der Koali-
tionsausschuss hat Entsprechendes niedergelegt – in den
nächsten Wochen eine Lösung dafür finden, dass nicht
nur Konversionsliegenschaften, sondern auch allgemeine
Liegenschaften in Bundeseigentum Ländern, Kommunen
und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zu einem
verbilligten Tarif angeboten werden können, damit un-
bürokratisch und schnell preiswerte Wohnungen auf an-
gespannten Märkten angeboten werden können . Ich kann
mir im Rahmen dieser Überlegungen auch vorstellen – ich
spreche da insbesondere die Finanzpolitiker an –, das The-
ma „steuerliche Anreizmomente und –instrumente“ ver-
stärkt in den Blick zu nehmen .

Das sind große Herausforderungen, die, wie es der
Bundesfinanzminister eben zu Recht sagte, absolute Pri-
orität genießen . Sie dürfen aber nicht vergessen machen,
dass wir neben diesem prioritären Projekt – adäquate
Unterbringung und Versorgung der zu uns kommenden
Menschen – auch die Pflicht haben, die Kosten von Inves-
titionen in Bildung, Verkehrsinfrastruktur und Forschung
im Sinne einer funktionierenden Gesellschaft aufrechtzu-
erhalten . Daher begrüße ich die Investitionssteigerung des
Bundes im Haushalt 2016 gegenüber dem Nachtrag 2015
und natürlich die Tatsache – das sollte man sich auch noch
einmal in Erinnerung rufen –, dass seit Juni 2015 das mit
3,5 Milliarden Euro dotierte Kommunalinvestitionsförde-
rungsgesetz in Kraft ist . Dadurch gewährt der Bund den
Ländern die Möglichkeit zu Finanzhilfen bei der Förde-
rung finanzschwacher Kommunen.

Das alles ist gut . Wenn wir das in den künftigen Bera-
tungen beachten und die Eckdaten nicht außer Acht lassen,
dann bin ich zuversichtlich, dass wir zum Ende des Jah-
res dem Steuerzahler hier etwas Vernünftiges präsentieren
können, nämlich einen ausgeglichenen Haushalt, der sozi-
ale Aspekte in vollem Umfange berücksichtigt .

Ich danke Ihnen .


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812210900

Vielen Dank . – Als letzter Redner in dieser Debatte hat

Carsten Körber von der CDU/CSU-Fraktion das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Carsten Körber (CDU):
Rede ID: ID1812211000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! 60 Millionen Menschen sind derzeit
weltweit auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten
Weltkrieg nicht mehr . Die meisten, zwei Drittel davon,
sind Binnenflüchtlinge in Nahost und Afrika. Aber wir er-
leben derzeit: Viele flüchten auch nach Europa, allerdings
nur die mobilsten und die, die es sich leisten können, ei-
nem Schlepper 1 000 Euro oder mehr zu bezahlen . Die,
denen es am schlechtesten geht, schaffen häufig nicht ein-
mal den Weg in die Nähe Europas .

Dennoch kommen derzeit Zigtausende gerade auch
nach Deutschland . Seit Wochen bestimmt die Welle der
Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Afghanistan, Afrika und

dem Westbalkan die Nachrichtenlage . Wir sehen, dass die
Flüchtlinge im Moment mit offenen Armen empfangen
werden – noch . Es werden auch weiterhin Flüchtlinge zu
uns kommen, ob wir es wollen oder nicht . Sie machen sich
einfach auf den Weg zu uns .

Ich habe den Eindruck, dass in unserer Republik der-
zeit viel Gutes geschieht . Bewahren wir uns diesen Elan!
Wir werden diese Herausforderung nur gemeinsam meis-
tern, wir alle zusammen; denn wir müssen sie meistern .
Wir müssen begreifen, dass diese Situation noch Jahre
andauern wird . Es werden noch mehr Menschen zu uns
kommen, etwa wenn Familien aus Syrien nachgeholt wer-
den, auch dann noch, wenn schon lange niemand mehr mit
Luftballons und Bonbons am Bahnhof steht und die Eu-
phorie dieser Tage vielleicht auch mancher Ernüchterung
gewichen ist .

Es muss uns auch klar sein, dass nicht wir allein je-
des Jahr mehrere 100 000 Menschen werden aufnehmen
und vor allem erfolgreich werden integrieren können .
Hier kann der Blick durch die rosarote „Na, das klappt
schon“-Brille durchaus blauäugig, ja geradezu unverant-
wortlich sein . Deutschland ist ein starkes Land . Deutsch-
land bietet Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung
fliehen, Schutz. Nicht ohne Grund ist das Recht auf Asyl in
Deutschland ein grundgesetzlich garantiertes Recht .

Wir als Nation haben schon mehrfach große Flücht-
lingswellen erlebt . Wie viele Flüchtlinge aus Ostpreußen
und Schlesien hat nach dem Zweiten Weltkrieg das damals
bitterarme Deutschland erfolgreich integriert? Natürlich
ist die Situation nicht ganz vergleichbar, weil die Men-
schen, um die es damals ging, Vertriebene aus den deut-
schen Ostgebieten waren und sie zu unserem Land und
zu unserer Kultur gehörten . Wie viele waren in der DDR
selbst Flüchtlinge oder wären es zumindest geworden,
wenn die Mauer nicht so plötzlich gefallen wäre? All das
sollten wir nicht vergessen und es gerade jenen sagen, die
heute auf der Straße schon den Untergang des christlichen
Abendlandes herbeischreien .

Heute ist Deutschland ein reiches Land . Die Mensch-
lichkeit gebietet, die wirklich Schutzbedürftigen hier auf-
zunehmen und ihnen ein würdiges Dasein zu ermöglichen .
Diejenigen, die mit Hass und Gewalt gegen Schutzsuchen-
de vorgehen, stehen mit ihrem Verhalten außerhalb unserer
Rechts- und Werteordnung . Sie sollten sich schämen, sich
so gegenüber Schwächeren und Hilflosen zu verhalten.
Das sage ich ganz bewusst auch als Sachse .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Als Sachse?)


- Als Sachse .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Aber das Asylrecht hat natürlich auch seine Grenzen .
Es ist notwendig, diejenigen schneller und konsequenter
in ihre Heimat zurückzuschicken, die hier offensichtlich
keinen Anspruch auf Asyl haben . Wer nicht verfolgt wird,
sondern auf ein besseres Leben bei uns hofft, für den
ist unser Asylrecht nicht gemacht . Aus wirtschaftlichen
Gründen zu uns zu kommen, ist menschlich verständlich
und absolut nachvollziehbar . Viele von uns würden in ei-
ner vergleichbaren Situation sicher genauso handeln . Aber
Armut ist kein Asylgrund . Abgelehnte Bewerber müssen

Dr. Hans­Ulrich Krüger






(A) (C)



(B) (D)


schnell in ihre Heimat zurückgeführt werden; denn wir
alle stehen vor großen Herausforderungen . Dieses Thema
hat ja die in dieser Woche von uns geführte Haushaltsde-
batte ganz maßgeblich bestimmt .

Vor diesem Hintergrund ist der Haushalt 2016 kein
ganz normaler Haushalt wie jeder andere . Lassen Sie mich
dazu eine grundlegende Anmerkung machen – der Bun-
desfinanzminister hat es eben schon deutlich gemacht –:
Erst die Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre
hat die Voraussetzungen für den Handlungsspielraum von
heute geschaffen . Meine lieben Kollegen von der Opposi-
tion, ich weiß, Sie hätten es niemals für möglich gehalten,
aber nun müssen auch Sie es einsehen: Eine schwarze Null
hat auch ihr Gutes .


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Was?)


Es gilt: Das Thema Asyl hat absolute Priorität . Wir wer-
den alle erforderlichen Mittel bereitstellen, um den Men-
schen, die mit Anspruch auf Asyl zu uns kommen, den
bestmöglichen Start in Deutschland zu ermöglichen, und
wir wollen dies ohne neue Schulden und ohne Steuerer-
höhung .

Eines der wichtigsten, eines der entscheidenden Funda-
mente Europas ist Humanität . Die Achtung der Würde des
anderen ist eine wesentliche Säule unseres Menschenbil-
des . Sie ist eines der konstituierenden Elemente Europas .

Wir müssen unseren Werten treu bleiben, umso mehr in
Zeiten der Krise . Unser Agieren, auch und gerade für die-
sen Haushalt 2016, steht unter dieser Prämisse . Wie wir es
in Deutschland mit Sicherheit nicht machen werden, zei-
gen derzeit leider andere Staaten, seien es osteuropäische
Nachbarn oder vermeintliche Bruderstaaten der Krisenlän-
der . Unterstützung sieht aus meiner Sicht weder so aus,
dass man in Deutschland 200 Moscheen baut, noch so,
dass man Terrororganisationen wie den IS mitfinanziert.

Als Europäer müssen wir jetzt begreifen: Wenn wir
Europa als politische Idee nicht überflüssig machen wol-
len, dann müssen wir handeln: klug, vorausschauend und

vor allem schnell . Zu Beginn meiner Rede stellte ich fest:
Dieser Haushalt 2016 ist wegen der Asylproblematik kein
Haushalt wie jeder andere .

Aber es gibt noch einen weiteren, beinahe schon histori-
schen Grund, warum das so ist: Am Montag dieser Woche,
lieber Martin Gerster, fand das erste Berichterstatterge-
spräch zum neuen Einzelplan der Bundesdatenschutzbe-
auftragten statt . Datenschutz und Informationsfreiheit sind
in unserer technikbasierten Wissensgesellschaft von her-
ausragender und stark zunehmender Bedeutung . Deshalb
schaffen wir dafür ab dem 1 . Januar 2016 eine neue, unab-
hängige oberste Bundesbehörde .

Ich wünsche der neuen Präsidentin Andrea Voßhoff und
ihrem Team viel Erfolg und einen guten Start . Wir werden
sie als Bundestag dabei nach Kräften unterstützen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1812211100

Vielen Dank . – Ich schließe die Aussprache .

Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen
aus dem Haushaltausschuss für das, was sie nicht nur in
dieser Woche hinbekommen haben, und komme jetzt zu
den Beschlüssen, die wir noch fassen müssen .

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den
Drucksachen 18/5500 und 18/5501 an den Haushaltsaus-
schuss vorgeschlagen . Sind Sie damit einverstanden? –
Davon gehe ich aus . Das ist auch so . Dann sind die Über-
weisungen so beschlossen .

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung .

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf Mittwoch, den 23 . September 2015, 13 Uhr, ein .

Die Sitzung ist geschlossen . Ihnen allen hoffentlich zu-
mindest ein wenig Erholung am Wochenende!