Protokoll:
15161

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 161

  • date_rangeDatum: 25. Februar 2005

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:28 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/161 Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Arbeitsmarktstatistik terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: REACH als Chance für einen Paradigmenwechsel nutzen – Alternativ- methoden statt Tierversuche (Drucksache 15/4656) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Antje Vogel-Sperl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Antje Vogel-Sperl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15089 B 15091 B 15092 B 15093 A 15110 A 15110 A 15112 A 15113 B 15114 A 15115 B 15117 B 15118 A Deutscher B Stenografisch 161. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Beileid zum Tode des früheren Bundesminis- ters für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Parlamentarischen Staatssekretärs im Aus- wärtigen Amt und Staatsministers im Bundes- kanzleramt, Hans-Jürgen Wischnewski . . . . Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verwendung elektroni- scher Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG) (Drucksachen 15/4067, 15/4952) . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K J D D G P W H T A D 15087 A 15088 A 15088 B aussagekräftig gestalten – Ausmaß der Unterbeschäftigung verdeutlichen (Drucksachen 15/3451, 15/4463) . . . . . . . . . . 15094 B undestag er Bericht ung 5. Februar 2005 t : arin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . ohannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . ans-Werner Bertl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, r. Maria Flachsbarth, Marie-Luise Dött, wei- 15094 C 15096 C 15099 B 15101 A 15102 C 15104 B 15104 D 15107 D Peter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 15118 C 15120 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus an die vergleichbaren Regelungen der Arbeitnehmer anderer Branchen angleichen (Drucksache 15/3722) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus an die vergleich- baren Regelungen der Arbeitnehmer anderer Branchen angleichen (Tagesordnungs- punkt 26) Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15121 D 15122 A 15122 D 15123 D 15126 B 15126 D 15127 C 15128 D 15129 A 15129 D 15130 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 15087 (A) ) (B) ) 161. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    Anlage 2 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 15129 (A) ) (B) ) setzungen aus und ist daher abzulehnen. Christel BRiemann-Hanewinckel, SPD 25.02.2005 undestagsfraktion geht inhaltlich von falschen Voraus- Rolf Hempelmann (SPD): Der Antrag der FDP- Reiche, Katherina CDU/CSU 25.02.2005 Anlage 1 Liste der entschuldigt * A Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bahr (Neuruppin), Ernst SPD 25.02.2005 Barnett, Doris SPD 25.02.2005* Bettin, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 Carstensen (Nordstrand), Peter H. CDU/CSU 25.02.2005 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 25.02.2005 Friedrich (Bayreuth), Horst FDP 25.02.2005 Glos, Michael CDU/CSU 25.02.2005 Göllner, Uwe SPD 25.02.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 25.02.2005 Gröhe, Hermann CDU/CSU 25.02.2005 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 Kossendey, Thomas CDU/CSU 25.02.2005* Dr. Krings, Günter CDU/CSU 25.02.2005 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 25.02.2005 Lips, Patricia CDU/CSU 25.02.2005 Lührmann, Anna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 Mortler, Marlene CDU/CSU 25.02.2005 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 25.02.2005 Nolte, Claudia CDU/CSU 25.02.2005* Otto (Godern), Eberhard FDP 25.02.2005 Parr, Detlef FDP 25.02.2005 Probst, Simone BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 Raidel, Hans CDU/CSU 25.02.2005* Rauen, Peter CDU/CSU 25.02.2005 R R R S S S D S D T T W W W W W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus an die vergleichbaren Regelungen der Arbeitnehmer anderer Branchen angleichen (Tagesordnungs- punkt 26) onsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 25.02.2005 ossmanith, Kurt J. CDU/CSU 25.02.2005* ühe, Volker CDU/CSU 25.02.2005 charping, Rudolf SPD 25.02.2005 chmidbauer, Bernd CDU/CSU 25.02.2005 chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 25.02.2005 r. Schwanholz, Martin SPD 25.02.2005 teenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 r. Thomae, Dieter FDP 25.02.2005 rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.02.2005 ürk, Jürgen FDP 25.02.2005 ächter, Gerhard CDU/CSU 25.02.2005 egener, Hedi SPD 25.02.2005* eisskirchen (Wiesloch), Gert SPD 25.02.2005* illsch, Klaus-Peter CDU/CSU 25.02.2005 immer (Neuss), Willy CDU/CSU 25.02.2005* apf, Uta SPD 25.02.2005* bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 15130 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 (A) ) (B) ) Richtig ist Folgendes: Wir haben im letzten Jahr nach intensiven Beratungen eine Einigung über die An- schlussfinanzierung für den deutschen Steinkohlenberg- bau ab dem Jahr 2006 erreicht. Die Vereinbarung schafft einen Finanzrahmen des Bundes für den deutschen Steinkohlebergbau bis 2012 und damit auch die notwen- dige Planungssicherheit für eine solide Bergbauplanung. Gleichzeitig haben wir Zukunftsperspektiven für die be- troffenen Regionen und die Beschäftigten im Steinkoh- lesektor geschaffen. Beschlossen wurde, dass die Förderung von derzeit 26 Millionen Tonnen auf 16 Millionen Tonnen im Jahr 2012 abgesenkt wird. Hiermit einher geht – wie übrigens bereits in der Vergangenheit – ein deutlicher Rückgang der finanziellen Beihilfen von Bund und Ländern. Die Absatzhilfen von Bund und Ländern, einschließlich der Kosten für die künftige Stilllegung von Zechen, werden von insgesamt 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf 1,83 Milliarden Euro im Jahr 2012 zurückgehen. Der Rückgang der Steinkohleförderung und die ge- plante Schließung von Zechen ist zwangsläufig verbun- den mit dem Abbau von über 16 000 Arbeitnehmern. Wichtig war uns insbesondere, dass dieser massive Be- schäftigungsrückgang sozialverträglich erfolgen kann. Um dies zu gewährleisten wurde vereinbart, die Anpas- sungsregelungen bis zum Jahr 2012 zu verlängern. Auf diese Weise werden die Bundesregierung und die Lan- desregierungen von Nordrhein-Westfalen und Saarland den Anpassungsprozess des deutschen Steinkohlenberg- baus weiter sozial flankieren. Schlicht und ergreifend unrichtig ist jedoch die Be- hauptung im Antrag der FDP-Bundestagsfraktion, dass es sich bei den Anpassungsgeldern um unverhältnismä- ßige Privilegierungen handelt. Hier wird die reale Situa- tion in den Steinkohleregionen vollkommen verkannt. Falsch ist darüber hinaus auch die Behauptung, die Regelungen für die Bergbaubeschäftigten seien von der allgemeinen Entwicklung abgekoppelt. Richtig und für den sozialverträglichen Personalab- bau notwendig ist, dass Anpassungsgelder weiterhin auch über das Jahr 2005 hinaus gezahlt werden. Auch die grundlegenden Berechnungsgrundlagen für die Zah- lung des Anpassungsgeldes werden voraussichtlich er- halten bleiben. Änderungen im allgemeinen Rentenrecht werden jedoch nicht ohne Einfluss auf die Höhe der An- passungsgelder bleiben, soweit dadurch ein sozial ver- träglicher Beschäftigungsabbau nicht gefährdet wird. Zurzeit werden die Richtlinien zum Anpassungsgeld novelliert. Der diesbezügliche Ressortentwurf des Bun- desministeriums für Wirtschaft und Arbeit liegt vor und befindet sich in der Ressortabstimmung. Im Zuge der Novellierung dieser Anpassungsgeld-Richtlinien wird auch die Forderung danach, dass sich auch die Anpas- sungsgelder an den allgemeinen Entwicklungen für Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausrichten müssen, berücksichtigt werden. r b b H e o A p k h R d t w d N a z d g d s m m A A A d v v r n v d s b i d h d d w v D A b z G m (C (D In diesem Sinne ist etwa vorgesehen, dass alle Ände- ungen, die sich aus der veränderten Rentengesetzge- ung ergeben, automatisch in die Leistungsberechnung eim Anpassungsgeld einfließen und sich negativ auf die öhe der Anpassungsgelder auswirken. Hierzu gehört twa der Wegfall der Ausbildungsanerkennungszeiten der die Nullrunde bei der Rentenanpassung. Weiterhin sieht der Ressortentwurf vor, dass sich alle rbeitnehmer, die ab dem Jahr 2006 neu unter die An- assungsgeldregelung fallen, mit 50 Prozent am Kran- enversicherungsbeitrag beteiligen müssen. Darüber inaus sieht der Ressortentwurf für die Anpassungsgeld- ichtlinien vor, dass sich für alle Übertage-Beschäftigte, ie später als 1952 geboren worden sind, das Eintrittsal- er auf das 57. Lebensjahr nach hinten verschiebt. So- eit im Antrag der FDP-Bundestagsfraktion also gefor- ert wird, die Bundesregierung solle schnellstmöglich euverhandlungen über die Anpassungsgeldregelungen ufnehmen, ist der Antrag obsolet. Denn dies passiert urzeit bereits. Entsprechendes gilt für die Forderung, ie Anpassungsgelder dürften nicht von den Entwicklun- en in anderen Bereichen abgekoppelt sein. Wenn die FDP jedoch fordert, die Anpassungsgelder ürften insbesondere unter Berücksichtigung der be- chlossenen Arbeitsmarktreformen keine unverhältnis- äßige Privilegierung darstellen, werden Themen ver- ischt, die sachlich nicht zusammen gehören. Durch die rbeitsmarktreformen sollen vorrangig Menschen ohne rbeit wieder in Arbeit gebracht werden. Ein weiterer spekt der Arbeitsmarktreformen betrifft die Notwen- igkeit, einen Missbrauch im Bereich Frühverrentung zu erhindern. Diese politischen Zielsetzungen sind jedoch on dem, was durch die Anpassungsregelungen im Be- eich Steinkohlenbergbau erreicht werden soll, zu tren- en. Eine inhaltliche Verknüpfung dieser Themen, wie on der FDP vorgenommen, ist sachlich verfehlt. Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen, dass ie im letzten Jahr getroffene Einigung über eine degres- iv ausgestaltete weitere Förderung des Steinkohlenberg- aus einen sozialverträglichen Abbau von Beschäftigten n diesem Sektor ermöglicht. Gleichzeitig konnten mit er Einigung wichtige Voraussetzungen für eine weiter- in sichere Energieversorgung unter Berücksichtigung es heimischen Energieträgers Steinkohle getroffen wer- en. Dies bedeutet insbesondere vor dem Hintergrund eltweit steigender Rohstoffpreise einen Beitrag zu einer erlässlichen Perspektive für den Industriestandort eutschland. nlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Fe- ruar 2005 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen uzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 rundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- äß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 15131 (A) ) (B) ) – Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) – Erstes Gesetz zur Änderung der Bundes-Tierärz- teordnung – Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streit- kräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz) – Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Bundes- wahlgesetzes – Gesetz zur Reform der beruflichen Bildung (Berufs- bildungsreformgesetz – BerBiRefG) – … Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes – Gesetz zur Anpassung luftversicherungsrecht- licher Vorschriften – Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikge- rätegesetz – ElektroG) – Gesetz zur Änderung von wegerechtlichen Vor- schriften – Gesetz zu dem Abkommen vom 30. September 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien über die Zusammenarbeit bei der Be- kämpfung der Organisierten und der schweren Kriminalität – Gesetz zu dem Vertrag vom 5. April 2004 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland, der Re- publik Polen und der Tschechischen Republik über den Bau einer Straßenverbindung in der Eu- roregion Neiße, im Raum zwischen den Städten Zittau in der Bundesrepublik Deutschland, Rei- chenau (Bogatynia) in der Republik Polen und Hrádek nad Nisou/Grottau in der Tschechischen Republik – Gesetz zu den Änderungsurkunden vom 18. Okto- ber 2002 zur Konstititution und zur Konvention der Internationalen Fernmeldeunion vom 22. De- zember 1992 – Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze Der Vermittlungsausschuss hat in seiner 48. Sitzung am 16. Februar 2005 das vom Deutschen Bundestag be- schlossene Gesetz zur Errichtung der Akademie der Künste (AdKG) bestätigt. Der Abgeordnete Eckhardt Barthel (Berlin) hat darum gebeten, bei dem Antrag Gelände um das Brandenbur- ger Tor als Ort des Erinnerns an die Berliner Mauer, des Gedenkens an ihre Opfer und der Freude über die Überwindung der deutschen Teilung auf Drucksa- che 15/4795 nachträglich in die Liste der Antragsteller aufgenommen zu werden. m d n m V P t (C (D Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den achstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2005 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 09 Titel 681 01 – Versorgungsbezüge für Beschädigte – – Drucksachen 15/4301, 15/4701 Nr. 1.7 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 09 02 Titel 683 50 – Beteiligung am Innovationsrisiko von Technologie- unternehmen – – Drucksachen 15/4585, 15/4701 Nr. 1.8 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 08 02 Titel 632 11 – Verwaltungskostenerstattung der Länder – – Drucksache 15/4586, 15/4701 Nr. 1.9 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Weitere überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 17 10 Titel 632 07 – Ausgaben nach § 8 Abs. des Unterhaltsvorschussge- setzes – – Drucksachen 15/4629, 15/4701 Nr. 1.11 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 09 Titel 681 05 – Bestattungsgeld auf Grund des Bundesversorgungsge- setzes und des Gesetzes zur Wiedergutmachung natio- nalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorung für Berechtigte im Ausland – – Drucksachen 15/4635, 15/4701 Nr. 1.12 – Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 2004/2005 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick- lung – Drucksache 15/4300 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 2005 der Bundesregierung Den Aufschwung stärken – Strukturen verbessern – Drucksache 15/4700 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. 15132 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 161. Sitzung. Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 (A) (C) (B) (D) Finanzausschuss Drucksache 15/4458 Nr. 2.6 Drucksache 15/4458 Nr. 2.12 Drucksache 15/4458 Nr. 2.26 Drucksache 15/4567 Nr. 1.8 Drucksache 15/4567 Nr. 1.11 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/3779 Nr. 1.29 Drucksache 15/4567 Nr. 1.2 Drucksache 15/4567 Nr. 1.15 Drucksache 15/4705 Nr. 2.6 Drucksache 15/4705 Nr. 2.7 Drucksache 15/4705 Nr. 2.12 Drucksache 15/4705 Nr. 2.13 Drucksache 15/4705 Nr. 2.15 Drucksache 15/4705 Nr. 2.18 Drucksache 15/4705 Nr. 2.22 Drucksache 15/4705 Nr. 2.27 Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Drucksache 15/4458 Nr. 2.24 Drucksache 15/4567 Nr. 1.4 Drucksache 15/4780 Nr. 2.12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/4213 Nr. 2.9 Drucksache 15/4213 Nr. 2.17 Drucksache 15/4705 Nr. 1.18 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 15/4458 Nr. 2.3 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/4458 Nr. 2.4 91, 1 0, T 161. Sitzung Berlin, Freitag, den 25. Februar 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.


(Die Anwesenden erheben sich)

Der Deutsche Bundestag trauert um sein langjähriges

Mitglied, den früheren Bundesminister für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit, Parlamentarischen Staatssekre-
tär im Auswärtigen Amt und Staatsminister im Bundes-
kanzleramt, Hans-Jürgen Wischnewski, der gestern
Abend nach einem langen, erfüllten Leben im Alter von
82 Jahren verstorben ist.

Hans-Jürgen Wischnewski wurde 1922 im ostpreußi-
schen Allenstein als Sohn eines Zollinspektors geboren
und wuchs in Berlin auf, wo er 1941 sein Abitur absol-
vierte. Von 1940 bis 1945 war Wischnewski wie so viele
seiner Generation Soldat. Nach dem Krieg kam er nach
kurzer Zeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft
nach Berlin zurück, wo er im Ostteil der Stadt wohnend
die gewaltsame Errichtung der kommunistischen Herr-
schaft durch die sowjetische Besatzungsmacht miterle-
ben musste. Dieses Ereignis prägte seine ablehnende
Haltung gegenüber dem Kommunismus und führte im
Frühjahr 1946 dazu, dass er Berlin verließ und nach
Bayern ging, wo er als Metallarbeiter beschäftigt war.

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Die Erfahrungen in Berlin und sein persönlicher Le-
bensweg haben seine politische Haltung und sein Han-
deln wesentlich beeinflusst, sodass er bereits 1946 der
SPD und der IG Metall beitrat. Nach einer Ausbildung in
Arbeits- und Sozialrecht wurde er als Gewerkschafts-
sekretär zur Betreuung von Betriebsräten nach Köln ent-
sandt.

1957 wurde er SPD-Vorsitzender des Kreisverbandes
Köln. Im selben Jahr wurde er zum ersten Mal in den
Deutschen Bundestag gewählt. 33 Jahre – bis 1990 – war
er stets direkt gewählter Abgeordneter seines Kölner
Wahlkreises.

In den Jahren nach 1957 übernahm H
Wischnewski wichtige Führungspositionen
seiner Partei, darunter den Bundesvorsitz der
listen. Er wurde Mitglied des Parteivorstand

(C (D ung 5. Februar 2005 0 Uhr räsidiums, stellvertretender Parteivorsitzender und chatzmeister der Partei und Bundesgeschäftsführer der PD. Unter der Großen Koalition wurde er 1966 zum Bun esminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit ernannt. n diesem Amt konnte Wischnewski mit seinen Erfahungen und Perspektiven einer Neugestaltung der Enticklungshilfe zum Durchbruch verhelfen. In der Zeit der sozialliberalen Regierung war er Parlaentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt. 1976 echselte er bis zum Ende dieser Koalition im Jahr 1982 ls Staatsminister ins Kanzleramt und war in dieser unktion eine tragende Stütze der Regierung. Aus der Zeit als Bundesvorsitzender der Jungsozialis en stammte sein großes Engagement für die arabische elt, das erstmals in den 50er-Jahren durch seinen Einatz für die Unabhängigkeit Algeriens zutage trat. Durch ahlreiche Studienreisen verschaffte er sich in dieser eit einen Überblick über die Problemherde im afro-araischen Raum. Bereits 1970 wirkte Wischnewski, dem wegen seiner ielfältigen internationalen Kontakte zumal zu den islaischen und arabischen Ländern Willy Brandt den pitznamen „Ben Wisch“ gegeben hatte, in Amman hin ext ter den Kulissen an einer Geiselbefreiung mit. Seine wohl bekannteste und schwierigste Mission führte ihn 1977 als Staatsminister im Kanzleramt nach Mogadischu, wo seine Vermittlung im Zusammenhang mit der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ die Befreiung der Geiseln durch die GSG 9 ermöglichte. Er sagte dann anschließend auf seine unnachahmliche Art: „Die Arbeit ist erledigt.“ Wir trauern um einen großen Politiker und überzeugenden Menschen. „Nur die Politik hat Wert, die Menschen hilft“, das war sein Motto. Danach hat er gehandelt. Hans-Jürgen Wischnewski hat sich um unser Land ht. Der Deutsche Bundestag wird dem n ehrendes Gedenken bewahren. nen. ans-Jürgen innerhalb Jungsoziaes und des verdient gemac Verstorbenen ei Ich danke Ih Präsident Wolfgang Thierse Liebe Kolleginnen und Kollegen, interfraktionell ist vereinbart worden, die Tagesordnung heute mit der zweiten und dritten Beratung des Justizkommunikationsgesetzes zu beginnen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe also den Tagesordnungspunkt 24 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG)





(A) )


(B) )

– Drucksache 15/4067 –

(Erste Beratung 138. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4952 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dirk Manzewski
Andrea Astrid Voßhoff
Hans-Christian Ströbele
Sibylle Laurischk

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Bundes-
ministerin Brigitte Zypries das Wort.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516100100

Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Her-

ren! In der letzten Legislaturperiode hat die Bundes-
regierung die Initiative „Bund-Online 2005“ aufgelegt.
Diese Initiative verfolgt das Ziel, bis zum Ende dieses
Jahres alle internetfähigen Dienstleistungen, die der
Bund anbietet, Bürgerinnen und Bürgern sowie vor allen
Dingen der Wirtschaft online bereitzustellen. Mit dem
Justizkommunikationsgesetz, das Sie heute verabschie-
den wollen, leistet der Deutsche Bundestag einen wichti-
gen Beitrag, um das Ziel der Initiative „Bund-Online
2005“ zu erreichen.

Justiz ist ohne Kommunikation nicht vorstellbar. Ge-
richtliche Verfahren bestehen in allererster Linie aus
Kommunikation. Die Verfahrensbeteiligten präsentieren
den Streitgegenstand dem Gericht. Das Gericht erörtert
mit den Beteiligten den Streitgegenstand und das Ergeb-
nis dieses Kommunikationsprozesses ist die Erledigung
des Rechtsstreites, und zwar entweder durch Vergleich
oder durch Entscheidung. Mit einer Reihe von Dienst-
leistungen ist die Justiz bereits mitten auf dem Weg in
eine elektronische Kommunikationsgesellschaft. Ihnen
allen ist sicherlich das inzwischen vorhandene elektro-
nische Mahnverfahren in Deutschland bekannt. Hand-
werker und andere Gewerbetreibende haben die Mög-
lichkeit, von zu Hause aus Mahnbescheide zu
beantragen.

In vielen Gerichten gibt es inzwischen elektronische
Postfächer, sodass Anwältinnen und Anwälte ihre

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(C (D chriftsätze papierlos einreichen können. Der Bundesgeichtshof bietet seit 2002 die Möglichkeit, bei ihm chriftsätze elektronisch einzureichen oder förmliche ustellungen elektronisch durchzuführen. Beim Bundeserwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof gibt es nzwischen ein virtuelles Gerichtspostfach. Auch beim eutschen Patentund Markenamt – das kennen Sie lle – können Patentanmeldungen seit Oktober 2003 apierfrei eingereicht werden. Hier sind wir sogar so eit, dass es eine Vereinbarung mit dem Europäischen atentamt, das ebenfalls in München sitzt, gibt. Es ist ur eine Software notwendig, um Patente entweder beim eutschen Patentund Markenamt oder beim Europäichen Patentamt zu beantragen. Diese Entwicklung wollen wir weiter beschleunigen. ommunikation muss zunehmend einfacher, effizienter nd schneller werden. Wir müssen dazu die modernen ommunikationsmittel nutzen. Diese bieten sich gerade n der Justiz sehr stark zur Nutzung an; denn die Verfahen vor Gericht sind stark formalisiert. Wiedervorlageristen und Ähnliches lassen sich sehr gut abbilden. Wir ollen mithilfe elektronischer Verwaltungsabläufe die erfahren weiter vereinfachen und die Verfahrensbeteiigten von bürokratischem Aufwand entlasten. Das ommt in erster Linie den Verfahrensbeteiligten, den nwältinnen und Anwälten sowie den Richtern, zugute. ußerdem können Anwälte auch ohne Papierakte irendwann – das wird sicherlich noch etwas dauern – nline Akteneinsicht nehmen. Bisher gab es ein Haupthindernis für die Nutzung der odernen Informationstechnologie. Das war die Datenicherheit. Gerade das Justizverfahren muss besonders icher sein; darauf müssen wir Wert legen. Dieses Prolem haben wir mit der Signaturtechnik gelöst. Es ist ittlerweile möglich, mithilfe der elektronischen Signaur sowohl eine sichere Aufbewahrung von Daten zu arantieren als auch die Absenderauthentizität und -interität nachzuweisen bzw. zu garantieren. In der Sache leibt es bei den Anforderungen, die das geltende Recht uch an das schriftliche Verfahren stellt. Dokumente, die ach geltendem Recht zu unterschreiben sind, benötigen ine qualifizierte elektronische Signatur. Bei formlosen itteilungen reicht es, wenn man ein unsigniertes Dokuent versendet. Auf der Grundlage des geltenden Verfahrensrechts ist in so genannter Workflow, eine interne elektronische earbeitung, noch nicht möglich. Den Schritt hin zu eiem vollständigen Kommunikationssystem vollziehen ir mit dem vorliegenden Justizkommunikationsgesetz. er elektronische Rechtsverkehr und die elektronische kte werden für den Zivilprozess, für den Arbeitsgeichtsprozess, für die öffentlich-rechtlichen Fachgeichtsbarkeiten und für die Ordnungswidrigkeiten vorgeehen. Alles wird als Option angeboten. Niemand ist erpflichtet, es zu nehmen. Wir respektieren die Rechte er Länder, indem wir sagen: Der jeweilige Dienstherr ntscheidet, ob etwas eingeführt wird; wenn er einführt, ut er dies durch Rechtsverordnung. Das gilt sowohl für en Bund als auch für die Länder. Bundesministerin Brigitte Zypries Wir haben in diesem Gesetz auch eine technikoffene Regelung vorgesehen. Gerade weil die Technik in kaum einem Bereich so schnell fortschreitet wie in diesem, können wir keine detaillierten Vorgaben machen, sondern müssen Technikoffenheit bestimmen. Wir müssen nur sehen, dass wir uns mit den Ländern auch über einheitliche Standards verständigen. Das ist natürlich die Voraussetzung dafür, dass die Kommunikation zwischen Bund und Ländern funktioniert. Das hat in der Vergangenheit gut geklappt und ich hoffe, dass es auch in Zukunft so bleibt. Wie ich bereits eben sagte, wird der jeweilige Dienstherr entscheiden, wann die elektronische Kommunikation vollständig eingeführt werden kann. Ich weiß natürlich, dass es dafür in vielen Bereichen nicht genug Geld gibt. Gleichwohl kann ich nur sagen: Ich empfehle, das einmal ordentlich durchzurechnen; denn man kann mit den neuen Mitteln sehr viel Geld sparen. Lassen Sie mich noch etwas zu der Ergänzung sagen, die im Rechtsausschuss vorgenommen wurde. Erst einmal: Vielen Dank! Diese Ergänzung betrifft die Prozesskostenhilfe. Durch Änderungen im Sozialgesetzbuch ist der Kreis derjenigen, die einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, in einer Weise ausgedehnt worden, die nicht vertretbar erscheint. Dieses Versehen können wir jetzt dank Ihrer Unterstützung korrigieren. Wir führen die Prozesskostenhilfe damit auf die frühere Basis zurück. Es wird nichts gekürzt und es wird nichts erhöht; es bleibt alles so, wie es war. Lediglich diese Ungenauigkeit wird bereinigt. Ich danke dafür, dass das möglich war. Ich weiß, dass das Aufsatteln auf Gesetze nicht geschätzt wird. Aber ich meine, dass wir das in diesem Fall gerade wegen des berechtigten Interesses der Bundesländer, jetzt schnell zu einer Änderung zu kommen, rechtfertigen können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100200

Ich erteile das Wort Kollegin Andrea Voßhoff, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1516100300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem zu-

nehmenden elektronischen Informations- und Geschäfts-
verkehr im Alltag von Unternehmen und Bürgern muss
auch die Justiz gerecht werden. Deshalb ist es ebenso
klar wie notwendig, dass sich die Justiz als Dienstleister
für den Rechtsuchenden den Entwicklungen und Verän-
derungen der Gesellschaft, insbesondere im Bereich der
modernen Kommunikation, anpassen muss. Eine mo-
derne und vor allem effiziente Justiz ist aber nicht nur
für den rechtsuchenden Bürger, sondern insbesondere
auch für die Wirtschaft ein wichtiger Standortfaktor.

Wenn das Medium Papier im Alltag der Bürgerinnen
und Bürger und insbesondere der Wirtschaft zunehmend
durch elektronische Dateien ersetzt wird, dann kann sich
die aktenschwere Justiz dem nicht verschließen.

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(C (D (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch ökologisch sinnvoll!)


Der elektronische Rechtsverkehr und die elektroni-
che Aktenführung innerhalb der Gerichte und in der
ustiz insgesamt sind deshalb auszubauen. Auszubauen
st aber auch die elektronische Kommunikation mit der
ußenwelt, also mit Verfahrensbeteiligten, mit Anwäl-
en und anderen. Dazu ist nicht nur erforderlich, die Jus-
iz in Bund und Land weiterhin mit moderner Hard- und
oftware auszustatten; von grundsätzlicher Bedeutung
st es im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechts-
chutzes auch, unsere bestehenden Rechts- und Verfah-
ensordnungen und damit auch das Bundesrecht anzu-
assen.
Dem ist Rot-Grün bisher aber leider nur schleppend

achgekommen. Es war noch die CDU/CSU-geführte
undesregierung, die bereits 1997 mit dem Signaturge-
etz die rechtlichen Voraussetzungen für die Verwen-
ung der digitalen Signatur in Deutschland als einem
er ersten Länder geschaffen hat.
Damals war Deutschland noch Vorreiter im Bereich

er elektronischen Kommunikation. Aber erst im Jahr
001 hat dann Rot-Grün unter anderem mit dem Form-
orschriftenanpassungsgesetz und dem Zustellungsre-
ormgesetz die ersten kleinen Schritte zur Öffnung der
ustiz für den elektronischen Rechtsverkehr unternom-
en.
Es mussten weitere vier Jahre vergehen, bis die

ot-grüne Bundesregierung mit dem heute vorliegenden
ustizkommunikationsgesetz endlich das Schließen einer
echtlichen Lücke auf dem Weg zum – wie es so schön
eißt – elektronischen Workflow bei Gericht veranlasst
at.
In Österreich – so der Deutsche EDV-Gerichtstag –
erden beispielsweise bereits 60 Prozent aller Zivilkla-
en elektronisch erhoben, und zwar, wie wir in einem
erichterstattergespräch vom BMJ erfahren haben, of-
enbar auch reibungslos. Vielleicht ist das österreichi-
che Beispiel für die Justizministerin wenigstens ein An-
porn, nun zügig den schon lange angekündigten
esetzentwurf oder mindestens Referentenentwurf zur
msetzung der EU-Richtlinie SLIM IV zum elektroni-
chen Handelsregister – deren Umsetzung wird bis zum
ahr 2007 gefordert – vorzulegen.
Mit dem heute zu verabschiedenden Justizkommuni-

ationsgesetz sollen der Zivil-, der Arbeits-, der Verwal-
ungs-, der Finanz- und der Sozialgerichtsprozess sowie
as Ordnungswidrigkeitenverfahren umfassend für den
lektronischen Rechtsverkehr geöffnet werden. Wir
on der CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßen dieses
iel und werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zu-
timmen. Er war nicht nur lange überfällig, sondern er ist
uch notwendig.
Um was geht es? Die Verfahrensbeteiligten, also An-
älte und Betroffene, sollen in allen Bereichen der
erichtsbarkeit die Möglichkeit erhalten, elektroni-
che Kommunikation parallel zur herkömmlichen
apiergebundenen Schriftform oder mündlichen Form






(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff

rechtswirksam zu nutzen. Selbstverständlich können
rechtsuchende Bürger ihre Schriftstücke nach wie vor in
Papierform bei den Gerichten einreichen.

Im Bereich des Strafverfahrens wird zunächst ledig-
lich die Möglichkeit geschaffen, elektronisch zu kom-
munizieren. Eine elektronisch geführte Akte ist vorerst
noch nicht vorgesehen. Aber auch da, denke ich, müssen
wir, wie es so schön heißt, am Ball bleiben.

Das Gesetz regelt unter anderem die Voraussetzungen
für die Onlineakteneinsicht der Verfahrensbeteiligten bis
hin zur elektronischen Beglaubigung durch Notare.
Auch enthält es Regelungen hinsichtlich der Anforde-
rungen an elektronische Dokumente; denn auch das
elektronische Dokument – die Klage, das Urteil, der
Schriftsatz – muss authentisch sein. Das heißt, es muss
sichergestellt sein, dass es auch tatsächlich von dem Ver-
fasser stammt und nicht verändert worden ist, dass also
elektronische Dokumente nicht manipuliert werden kön-
nen.

Dazu soll nach dem Justizkommunikationsgesetz die
qualifizierte elektronische Signatur in den Verfahrens-
ordnungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der
Fachgerichte immer dort eingesetzt werden, wo nach
bisheriger gesetzlicher Regelung die handschriftliche
Unterzeichnung notwendig ist. Die technischen Sicher-
heitsanforderungen hinsichtlich der Authentizität der
qualifizierten elektronischen Signatur sind allerdings
außerordentlich komplex. Das Sicherungsverfahren bei
der qualifizierten elektronischen Signatur mittels so ge-
nannter Hash-Algorithmen in allen Einzelheiten zu ver-
stehen, bedarf fast schon eines Studiums und ist – das ge-
stehe ich freimütig ein – dem einen oder anderen Juristen
nicht so ohne weiteres zugänglich. Derzeit ist nach den
technischen Erkenntnissen aber wohl von einem ausrei-
chenden Schutz vor Manipulation der mit dieser Signa-
tur versehenen Dokumente auszugehen.

Angesichts des technischen Wandels wird es insbe-
sondere für die Archivierung der elektronischen Akte
notwendig sein, die dauerhafte Lesbarkeit auch tech-
nisch sicherzustellen. Das, denke ich, ist ein Problem
bzw. ein Thema, das uns noch das eine oder andere Mal
beschäftigen wird.

Mit dem Justizkommunikationsgesetz wird auch die
Beweiskraft sowohl von originär elektronisch erstellten
Urkunden als auch von Urkunden, die aus der Papier-
form in ein elektronisches Dokument transferiert worden
sind, geregelt. Es wird sich in der Anwendung und Pra-
xis zeigen müssen, inwieweit die Beweisregeln elektro-
nischer Dokumente der Rechtssicherheit und dem
Rechtsschutz genügen. Ich sage dies insbesondere im
Lichte der letzten Änderung des Signaturgesetzes, in
dem zur besseren Akzeptanz der elektronischen Unter-
schrift bei den Bürgerinnen und Bürgern die Barrieren
und Hemmnisse sinnvollerweise abgebaut wurden.

Ob der medienbruchfreie Erwerb einer Signaturkarte,
also die komplette Antragstellung per Internet – das ist ja
das Ziel – auch eine zuverlässige Identifizierung des
Signaturkartenantragstellers zweifelsfrei sicherstellt,
wird zu beobachten sein. Insbesondere im Lichte der im

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(C (D ustizkommunikationsgesetz vorgesehenen Beweiskraftegeln sollten wir dies im Auge behalten. Es bleibt abzuwarten, wann die elektronische Akten ührung an deutschen Gerichten österreichisches Ausaß angenommen haben wird. Bund und Länder bestimen nach diesem Gesetz jeweils für ihren Bereich den eitpunkt, von dem an die Prozessakten elektronisch geührt werden können. Projekte des elektronischen echtsverkehrs – die Ministerin hat es ausgeführt – lauen bereits sowohl am BGH als auch in allen Bundesändern. Das geht vom elektronischen Briefkasten beim inanzgericht Cottbus in Brandenburg bis hin zum elekronischen Grundbuch und Handelsregister in Bayern. Wir werden die weitere Entwicklung auf dem Weg ur tatsächlich elektronisch geführten Akte aufmerksam erfolgen und begleiten; denn zweifelsohne wird die lektronische Akte neben der schnelleren und besseren nformation auch deutliche Entlastungspotenziale für ie Justiz bringen. Dabei meine ich nicht in erster Linie en Kostenfaktor, der in diesem Zusammenhang immer iskutiert wird, sondern mehr die höhere Effizienz der rbeit der Gerichte, zum Beispiel allein schon durch die ederzeitige Verfügbarkeit einer elektronisch geführten kte für die jeweiligen Sachbearbeiter. Im Interesse des Rechtsuchenden sollten Bund und änder alle Anstrengungen unternehmen – darüber sind ir alle uns sicherlich einig –, zügige und dienstleisungsorientierte Gerichtsverfahren zu ermöglichen. Was ber nutzt aller Einsatz, um eine Entlastung und effizienere Arbeitsweise der Justiz zu erreichen, wenn – das uss ich an dieser Stelle erwähnen – Rot-Grün durch as anstehende Antidiskriminierungsgesetz künftig für ine wahre Prozesslawine sorgen wird? (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sibylle Laurischk [FDP] – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das hat doch damit nichts zu tun! Das ist eine andere Materie! – Alfred Hartenbach [SPD]: Das kann man auch elektronisch bearbeiten, Frau Voßhoff! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie etwas zu PISA!)


eine Damen und Herren Rechtspolitiker von SPD und
rünen, es ist ja mehr als bedauerlich und bezeichnend,
ass der Rechtsausschuss in dieser Frage nicht federfüh-
end ist. Deswegen appelliere ich an Sie, bremsen Sie
iese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwälte und
rbeitsgerichte.


(Joachim Stünker [SPD]: Ceterum censeo Carthaginem delendam esse!)


Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass wir
eute mit dem Justizkommunikationsgesetz auch eine
orrekturregelung zur Bewilligung von Prozesskosten-
ilfe beschließen werden.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das eben war ein Flop!)


Das war kein Flop. – Im Rahmen der Gesetzgebung zu
artz IV Ende 2003 hat es Rot-Grün versäumt, mit den






(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff

Änderungen im Sozialhilferecht die notwendigen An-
passungen im Bereich der Prozesskostenhilfe vorzuneh-
men. Dadurch ist es faktisch zu einer untragbaren Aus-
dehnung des Kreises der Berechtigten gekommen, denen
bei relativ hohem Einkommen eine PKH-Bewilligung
zuzugestehen wäre. Selbstverständlich war daher eine
entsprechende Korrekturregelung vorzunehmen. So wird
das Parlament zur Reparaturwerkstatt von Rot-Grün.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nicht das erste Mal! – Alfred Hartenbach [SPD]: Sie waren genauso beteiligt!)


Da die Korrekturen inhaltlich im Ergebnis an die bis
zum Jahresende 2004 geltende Regelung wieder anknüp-
fen, diese sogar noch leicht aufgestockt wird, ist die Kor-
rektur sachgerecht. Inakzeptabel bleibt dennoch, dass
erst ein Jahr vergehen musste, bis Rot-Grün dieses Ver-
säumnis erkannt und korrigiert hat.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Frau Voßhoff, wir wollten eigentlich klatschen!)


Abschließend darf ich mich noch für die konstrukti-
ven Berichterstattergespräche im Rahmen des Gesetzge-
bungsverfahrens bei den Kollegen und bei den Mitarbei-
tern des BMJ ganz herzlich bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir wollten eigentlich klatschen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100400

Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Christian

Ströbele, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Guten Morgen, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen, auch Ihnen sage ich: Guten Morgen! Ich
habe in den letzten Wochen mühsam gelernt, was das
Gesetz bedeutet.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Auch behalten?)


Als ich vor fast 40 Jahren angefangen habe, als
Rechtsanwalt tätig zu werden, da gab es


(Joachim Stünker [SPD]: Noch keine Bleistifte!)


zwar schon Bleistifte, aber noch keine Kopiergeräte und
auch nicht die kleinen handlichen Diktiergeräte. All das
gab es damals nicht.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Zweitabschriften!)


Wenn ich Akteneinsicht nehmen wollte, bin ich zum Ge-
richt gefahren, habe mir die Akten vorlegen lassen und
habe dann viele Stunden gesessen, um ein Exzerpt anzu-
fertigen. Bei besonders gut ausgestatteten Anwaltskanz-
leien nahm man einen Mitarbeiter bzw. meistens eine
Mitarbeiterin mit, die dann stenografiert und so mög-
lichst viele Teile der Akten übertragen hat.

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(C (D (Joachim Stünker [SPD]: Da gab es noch Arbeitsplätze!)


anach kamen die Kopierer. Die Folgen waren nicht nur
rbeitserleichterung und bessere Möglichkeiten, sich
uf Verfahren vorzubereiten, sondern auch, dass die Ak-
en immer dicker wurden.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Und staubiger!)


an konnte sie bald nicht mehr tragen. In größeren
trafprozessen brauchte man Hilfspersonal, um all seine
kten überhaupt mit zu Gericht nehmen zu können.
echnische Neuerungen haben also immer mehrere
eiten. Die Diktiergeräte haben die Mitarbeiterin oder
en Mitarbeiter ersetzt, die bzw. der zum Diktat im Büro
rschien. Auch da ist viel persönlicher Kontakt auf der
trecke geblieben. Das muss man einfach einmal so fest-
tellen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das muss eine spannende Zeit gewesen sein!)


In Zukunft muss ich offenbar gar nicht mehr zum Ge-
icht oder zur Staatsanwaltschaft gehen, um Akten ein-
usehen, weil es dort ja irgendwann gar keine Akten in
apierform mehr geben wird und – das ist viel wichti-
er – weil ich sie zu Hause von meinem Schlafzimmer


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hast du da einen PC?)


der vom Büro aus, aus dem Hotelzimmer oder aus dem
ug heraus aufrufen kann. Also immer dann, wenn mir
twas einfällt, wenn ich denke, dass da noch etwas war,
as ich vergessen habe, oder wenn ich noch einmal se-
en möchte, was in einem bestimmten Dokument steht
zw. was in einem Schriftsatz falsch oder richtig vorge-
ragen worden ist, ist Akteneinsicht möglich. Das, was
ns da bevorsteht, stellt in der Tat eine Revolution be-
üglich der Arbeitsweise der Justiz und der Rechtsan-
älte dar.
Das wird aber, wie ich denke, so schnell nicht kom-
en; denn das soll jetzt erst einmal angeschoben
erden. Es werden zunächst die rechtlichen Vorausset-
ungen dafür geschaffen, dass die elektronische Akten-
ührung Realität werden kann. Wir alle werden davon
rofitieren. Es ist in Zukunft nämlich nicht mehr nötig,
eine Schriftsätze erst zu diktieren, sie dann schreiben zu
assen, sie sich dann vorlegen zu lassen, sie dann zu un-
erschreiben, sie dann eintüten und abschicken zu lassen.
rgendwo passiert bei dieser Kette ja häufig, dass Fristen
icht eingehalten werden. Auch die beliebten abendli-
hen Treffen der Anwälte am Nachtbriefkasten des Ge-
ichts, wo sie zehn Minuten vor Fristablauf noch einen
chriftsatz einzuwerfen haben, der fristgebunden ist, ge-
ören dann gänzlich der Vergangenheit an. All das wird
egfallen.
Man kann bedauern, dass dabei ein Stück Kommuni-

ationskultur verloren geht, es besteht aber überhaupt
ein Zweifel, dass es auch eine ganz erhebliche Erleich-
erung darstellt, wenn das einmal funktioniert. Deshalb
ind wir natürlich für dieses Gesetz. Wir haben auch






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

ökologische Gründe, weil in Zukunft wesentlich weniger
Papier verbraucht wird und mehr Bäume erhalten blei-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden alles elektronisch abwickeln, wenn wir es
denn können. Für mich war bei diesem Gesetz ganz be-
sonders wichtig, dass – Frau Ministerin hat darauf hinge-
wiesen – es jetzt nicht zwingend eingeführt wird – auch
nicht für den Rechtsanwalt Ströbele –, sondern dass ich
genügend Zeit habe, alles zu lernen, bis ich es kann. Ich
denke, es geht vielen Rechtsanwälten, aber auch Recht-
suchenden so, dass sie die technischen Voraussetzungen
erstens nicht zu Hause haben, zweitens nicht beherr-
schen und dass drittens alles noch so fehleranfällig ist,
dass man es nicht von einem Jahr aufs andere einführen
kann.

Deshalb ist es richtig, dass es für die Anwälte und
Rechtsuchenden nach wie vor die Möglichkeit gibt, vor
allen Dingen auch in Strafverfahren auf der Papierform
zu beharren, dass sie nach wie vor ihr Urteil in Papier-
form bekommen und dass sie ihren Schriftsatz sowie
ihre Beschwerden in Papierform einreichen können. Das
bleibt erhalten.

Ich habe darüber nachgedacht, ob vielleicht die Rich-
ter ungerecht behandelt werden. Denn die Richter müs-
sen diese Aktenführung nutzen, wenn sie über die Lan-
desjustizverwaltung eingeführt wird. Auch da gibt es
sicher den einen oder anderen, der schon älter ist und
Probleme mit der Technik und mit der Software hat.
Aber auch in diesem Fall habe ich mich eines Besseren
belehren lassen. Es gibt Übergangsfristen, also die
Möglichkeit, zunächst einmal zu lernen, zu studieren
und zu schauen.

Nach fünf Jahren soll das Ganze evaluiert werden.
Dann werden wir uns das Ergebnis ansehen. Ich bin si-
cher, dass dann das eine oder andere nachgebessert wer-
den muss. Dazu ist dann der Deutsche Bundestag beru-
fen. Aber lassen Sie uns heute dieses Gesetz
verabschieden. Soweit ich das sehen kann, ist es einheit-
lich gewollt, und zwar sowohl von den Vertretern der
Rechtsanwälte als auch von den Vertretern der Gerichte.
Alle haben es befürwortet. Wir haben das in einem Be-
richterstattergespräch vorgelegt bekommen. Ich denke,
wir sollten diesen Versuch wagen. Den Zug der Zeit kön-
nen wir nicht einfach sausen lassen, sondern auch ich
und wir alle müssen aufspringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100500

Ich erteile das Wort Kollegin Sibylle Laurischk, FDP-

Fraktion.

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1516100600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bera-

ten heute das Justizkommunikationsgesetz, das der Ver-
einfachung und der Entbürokratisierung der Justiz die-
nen soll. Frau Justizministerin hat ja darauf hingewiesen,

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(C (D ass es bereits Beispiele in der höheren Gerichtsbarkeit nd beim Bundespatentamt gibt. Erste Erfahrungen onnten also schon gesammelt werden. Im Rechtsausschuss waren wir allerdings skeptisch, b dieses Ziel wirklich erreichbar ist. Wichtig ist uns naürlich, dass die Transparenz der Justiz erhalten bleibt. nsofern waren die zwei Berichterstattergespräche, die ir durchgeführt haben, sehr sinnvoll, um die vorhanene Skepsis etwas abzubauen. Gerade das österreichiche Beispiel lässt die Vermutung zu, dass hier tatsächich auf lange Sicht – ich muss betonen: allenfalls auf ange Sicht – Einsparungsmöglichkeiten zu erreichen ind. Die Justiz braucht eine Handlungsgrundlage. Wir sind ohl einvernehmlich der Auffassung, dass wir sie chaffen sollten. In Zukunft ist die elektronische Akte it E-Mail und elektronischer Signatur möglich. Die nwendersicherheit und damit die Rechtssicherheit cheinen uns gewahrt. Die Länder sind nun gefordert, ie Umsetzung zu gewährleisten. Da wird es je nach Fianzausstattung der Länder sicherlich abzuwarten sein, ie die Länder das schaffen. Sehr wichtig ist uns in dieser Debatte, dass es hin ichtlich der elektronischen Anwendung keinen nschlussund Benutzungszwang gibt. Also die biserige Vorgehensweise ist gewahrt und der auf Papier eschriebene Schriftsatz der Anwaltschaft bleibt weiterin möglich, der ja ohnehin zur Information der Manantschaft verfasst werden muss. Denn ich glaube kaum, ass sich die Mandantschaft in kürzester Zeit entsprehend umstellt und dann ebenfalls elektronische Akten ozusagen privat führt. Wichtig ist auch, dass der elektronische Anschluss eine Zugangsvoraussetzung für die Anwaltschaft wird. ch glaube, dass wir hier noch eine ganze Weile zweileisig fahren werden. Die Erfahrungen mit diesem Gesetz werden wir auf unsch der FDP in fünf Jahren im Rahmen einer Eva uation auswerten; denn wir sollten nicht aus den Augen erlieren, dass überprüft werden muss, wie die Umsetung des Gesetzes funktioniert. Sehr wichtig ist uns auch das Thema Prozesskosten ilfe, das hier ebenfalls mitgeregelt worden ist; die feherhafte Handhabung bei der Umsetzung von Hartz IV st leider erst jetzt entdeckt worden. Darüber, dass die otwendigkeit einer Regelung besteht, herrscht kein weifel. Es ist uns wichtig, dass wir – darauf lege ich roßen Wert – im Rahmen der Prozesskostenhilfe den ugang des bedürftigen Rechtsuchenden zur Justiz weierhin sichern und nicht sozusagen durch die Hintertür ürzungen vornehmen, wie es auf Länderebene wohl urz angedacht war. er Rechtsuchende muss weiterhin einen unkomplizieren Zugang zur Justiz haben, auch wenn er bedürftig ist. ie FDP steht dafür, dass die entsprechenden Möglicheiten nicht eingeschränkt werden. Ich danke Ihnen. Sibylle Laurischk (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Stünker [SPD]: Gucken Sie mal nach Niedersachsen!)


(Beifall bei der FDP)





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Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100700

Ich erteile das Wort Kollegen Dirk Manzewski, SPD-

Fraktion.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1516100800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe an-

wesende Freunde der Rechtspolitik!

(Heiterkeit bei der SPD)


Am heutigen Tag debattieren wir hier abschließend über
das so genannte Justizkommunikationsgesetz der Bun-
desregierung. Ziel dieses Gesetzes ist es, künftig die
rechtlichen Rahmenbedingungen bei den Gerichten so
zu regeln, dass Schriftsätze – das ist schon gesagt wor-
den – in Zukunft statt in Papierform auch elektronisch
eingereicht werden können.

Es lässt sich leider nicht leugnen, dass der technische
Fortschritt auch vor der Justiz nicht Halt machen kann.
Die ersten Schritte zu einer Öffnung der Justiz für einen
elektronischen Geschäftsverkehr sind ja auch bereits ge-
gangen worden, zum Beispiel mit dem Gesetz zur An-
passung der Formvorschriften des Privatrechts und ande-
rer Vorschriften zur Anpassung an den modernen
Rechtsgeschäftsverkehr. Ich erinnere zudem daran, dass
es – die Justizministerin hat es schon angesprochen – be-
reits seit geraumer Zeit möglich ist, zum Beispiel beim
Bundesgerichtshof und beim Bundespatentamt Doku-
mente elektronisch einzureichen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun der
zweite Schritt folgen und der Zivilprozess und die Fach-
gerichtsbarkeiten sowie das Bußgeldverfahren für die
gesamte elektronische Aktenbearbeitung geöffnet
werden. Es ist dabei sicherlich richtig, dass es sowohl für
die Anwaltschaft als auch für die Gerichte selbst Berei-
che im Rahmen der Verfahrensabläufe geben kann, für
die der elektronische Rechtsverkehr äußerst attraktiv ist.
Die Anwaltschaft – auch das ist schon erwähnt worden –
könnte es leichter haben, selbst fristwahrende Schrift-
sätze noch kurz vor Beginn der Verhandlung aus dem
Büro zum Gericht zu senden. Der mühsame Weg – der
Kollege Ströbele hat es angesprochen – zum Gerichts-
nachtbriefkasten könnte entfallen, wobei ich sehr inte-
ressiert zur Kenntnis genommen habe, dass das für Sie
eine Art der Kommunikation darstellt. Ich stelle mir vor,
wie das in Berlin aussieht, wenn sich die Kolleginnen
und Kollegen kurz vor Mitternacht


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Amtsgericht Charlottenburg!)


vor dem Amtsgericht in Charlottenburg treffen und dort
diskutieren. Es könnte aber durchaus weiterhin die Mög-
lichkeit bestehen, Kollege Ströbele, das eine oder andere
noch vor Ort zu regeln.

Die entsprechende Eingangsbestätigung würde umge-
hend kommen und Akteneinsichtsgesuchen könnte
schneller und unproblematischer entsprochen werden.

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(C (D berhaupt könnte der gesamte Schriftwechsel auf elekronischem Weg sicherlich schneller erfolgen. Für die Gerichte selbst bestünden ebenso Möglichkei en, hiervon zu profitieren. Abläufe könnten vereinfacht nd beschleunigt werden. Die Akte stünde Geschäftstelle und Richter – das ist wichtig – jederzeit und vor alem gleichzeitig zur Verfügung. Die Protokollierung des ingangs von Schriftsätzen würde ebenso wie die statisische Erfassung nach Beendigung des Verfahrens autoatisch und damit vereinfacht erfolgen. Das wäre siherlich ein Vorteil. Um dies zu erreichen, muss – das machen wir mit em vorliegenden Gesetzentwurf – das herkömmliche rozessrecht, das von der Papierform ausgeht, den neuen echniken angepasst werden. Der Gesetzentwurf enthält abei nicht nur Regelungen, die sprachlich den neuen rfordernissen entsprechen. So wird zum Beispiel der egriff „Vordruck“ durch den Begriff „Formular“ ersetzt der der Begriff „Schriftstück“ durch den Begriff „Doument“. Insgesamt werden die Anforderungen an elekronische Dokumente festgeschrieben, da auch bei elekronischen Dokumenten zum Beispiel die Authentizität er Dokumente sichergestellt sein muss. Durch diesen Gesetzentwurf wird der elektronische echtsverkehr natürlich nicht vorgeschrieben. Für die msetzung dieser Zukunftsvision – auch das ist schon on den Kolleginnen und Kollegen angesprochen woren – bedarf es noch vieler Schritte. Hierin liegt auch die igentliche Problematik. Frau Justizministerin, das anze macht nach meiner Auffassung nämlich nur dann inn, wenn es den Justizbehörden der Länder endlich geingt, sich auf ein gemeinsames Betriebssystem zu einien, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


nd wenn eine entsprechende flächendeckende Versor-
ung der Gerichte erfolgt. Ich weiß, dass das nicht Ihre
ufgabe ist, wie fälschlicherweise kolportiert wurde.
as ist vielmehr Aufgabe der Justizbehörden der Länder.
ur wenn dies geschieht, wird sich für die Anwaltschaft
ie Anschaffung von entsprechender Hard- und Soft-
are, insbesondere der teuren Signaturkarte, lohnen.
In diesem Zusammenhang ist es nicht angebracht, ei-

en Vergleich mit Österreich zu ziehen. Denn in Öster-
eich gibt es insgesamt nur so viele Anwälte wie allein in
amburg. Dort ist die Umstellung einfacher zu realisie-
en gewesen, weil es zwischen den Ländern eine ganz
ndere Kompetenzaufteilung gibt. Auf diesem Gebiet
uss bei uns noch einiges passieren.
Die Kosten für Hard- und Software werden der
rund sein, warum meiner Auffassung nach Otto
ormalverbraucher auf absehbare Zeit noch nicht am
lektronischen Rechtsverkehr teilnehmen wird. Wie oft
aben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes schon
it dem Gericht zu tun? Für sie werden sich die hierfür
otwendigen Anschaffungen einfach nicht rentieren. Das
edeutet natürlich, dass viele Verfahren wie bisher in der
ewährten Schriftform geführt werden müssen. Unter
em Aspekt dieser doppelten Aktenführung vermag ich






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

zumindest bei Gerichten der ersten Instanz – jedenfalls
auf absehbare Zeit – kein Einsparpotenzial zu erkennen.

Lassen Sie mich noch kurz eine weitere Anmerkung
machen. Vor meiner Zeit als Bundestagsabgeordneter
bin ich als Richter tätig gewesen. Eines meiner letzten
Verfahren betraf eine komplizierte Wiedervereinigungs-
problematik im Bereich der Landwirtschaft mit einem
Aktenberg von mehreren Hundert Seiten. Wenn ich mir
vorstelle, dass ein Richter einen solchen Aktenberg nicht
mehr quer lesen und keine Vermerke mehr einfügen,
sondern nur noch am Bildschirm bearbeiten kann, dann
bin ich nicht sicher, ob die gewünschten Erfolge eintre-
ten. Ich kann mir vorstellen, dass es bei umfangreichen
Verfahren für die Richter und natürlich auch für die An-
wälte sehr problematisch ist, mit dem elektronischen
Rechtsverkehr zu arbeiten.

Gleichwohl gilt: Allein aufgrund der zuerst genannten
Umstände werden wir nicht umhinkommen, dem Ge-
setzentwurf zuzustimmen. Wir sollten deshalb positiv an
die Sache herangehen. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen
und Kollegen, uns dies gleichzutun.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Wenig Begeisterung im Haus, Frau Ministerin!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516100900

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurf eines Justizkommu-
nikationsgesetzes, Drucksache 15/4067. Der Rechtsaus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4952, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist einstimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann,
Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Arbeitsmarktstatistik aussagekräftig gestal-
ten – Ausmaß der Unterbeschäftigung ver-
deutlichen
– Drucksachen 15/3451, 15/4463 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brandner

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol egin Karin Roth, SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! So viel Einmütigkeit, wie wir gerade hatten, ünsche ich mir auch in der Arbeitsmarktpolitik. Aber ffensichtlich müssen wir uns mit einer Arbeitsmarktstaistik auseinander setzen, die von der Opposition immer ieder kritisiert wird, die aber schon überholt ist. Anscheinend soll der Eindruck vermittelt werden, ass die Bundesregierung die tatsächliche Zahl der Areitslosen verschleiern würde. Aber weit gefehlt: Das ist icht der Fall. Gerade die Arbeitsmarktdaten vom Januar eigen, dass die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger um ersten Mal in die Statistik aufgenommen worden ind. Daher stieg die Zahl der erfassten Arbeitslosen auf ehr als 5 Millionen an. Wir haben damit eine ehrliche ilanz vorgelegt. (Dirk Niebel [FDP]: Das sagt der Clement mittlerweile aber ganz anders!)

Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1516101000

ie haben uns dafür in populistischer Weise beschimpft.
iese Bundesregierung hat Schluss gemacht mit den
ricksereien von vorgestern, die Sie vorgenommen ha-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Glauben Sie das wirklich?)


Ja, natürlich. Sie haben unter der Regierungszeit Kohl
ie ABM und die Schulungsmaßnahmen in der Statistik
n der Form bewertet, dass Sie gesagt haben: Das ist
icht unter Arbeitslosigkeit abzubuchen.


(Dirk Niebel [FDP]: Habt ihr mittlerweile eine Informationssperre in der Fraktion?)


Sie als Opposition versuchen – Sie, Herr Niebel, be-
onders –, eine unglaubliche Arbeitslosenkampagne zu
achen, um die Menschen in unserem Land zu verunsi-
hern.


(Dirk Niebel [FDP]: So ein Unsinn!)

ie behaupten demagogisch, dass mehr Menschen ar-
eitslos sind als vorher. Das ist falsch. Das wissen auch
ie; aber Sie wiederholen es ständig.
Was die Zahl der Arbeitslosen angeht, gibt es natür-

ich nichts zu beschönigen. Es gibt niemanden in der Re-
ierungskoalition, der das tut. Uns ist das Schicksal der
enschen wichtig. Deshalb kümmern wir uns darum.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Darum werden es immer mehr Arbeitslose!)


Ich sage Ihnen aber auch: Es ist unseriös, unglaub-
ürdig und unverantwortlich, wenn Sie den Eindruck
ermitteln, es gebe in unserem Land mehr Menschen,






(A) )



(B) )


Karin Roth (Esslingen)


die jetzt von Arbeitslosigkeit betroffen sind, als vorher.
Das stimmt nicht.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

Richtig ist, dass die erwerbsfähigen Sozialhilfe-

empfänger – das sind mehr als 1 Million; das wissen
auch Sie –, die bisher keine Chance auf Eingliederung in
den Arbeitsmarkt hatten, seit Januar durch unsere Ar-
beitsmarktpolitik endlich die Möglichkeit haben, Hilfe
zur Arbeit zu erhalten, und zwar systematisch und, ge-
rade was die Jugendlichen angeht, besonders wirkungs-
voll.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Langzeitarbeitslosen werden nämlich zum ersten
Mal qualifiziert und auch vermittelt. Das ist der ent-
scheidende Punkt. Allein für die Eingliederung – Sie
mögen es nicht hören wollen, aber es ist so – stellt der
Bund 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das gab es
vorher so nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die aktivierenden Maßnahmen, mit denen die Men-

schen gefördert werden und die ihnen eine Lebens-
perspektive geben sollen, finanziert ausschließlich der
Bund. Hinzu kommen die Leistungen für die Hilfe zur
Arbeit und für die Kosten der Unterkunft. Auch diese
zahlt der Bund. Damit entlasten wir die Kommunen jähr-
lich mit 2,5 Milliarden Euro. Das haben wir getan, um
die Finanzkraft der Kommunen zu stärken und um vor
allen Dingen im Westen den Ausbau der Kinder-
betreuung voranzubringen. Denn der ist bitter nötig,
wenn wir die Frauen in Arbeit bringen wollen. Eine feh-
lende Kinderbetreuung darf kein Hindernis mehr für die
Arbeitsaufnahme sein. Wir brauchen die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie. Deshalb ist die Kinderbetreuung
dringend notwendig. Dafür setzen wir uns vor Ort ein
und dafür soll das Geld ausgegeben werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Osten wird jedes Jahr 1 Milliarde Euro mehr für
Investitionen zur Verfügung gestellt. Auch das fördert
dauerhaft die Schaffung von Arbeitsplätzen, die wir
dringend brauchen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben die nötigen Voraussetzungen geschaffen
und wir haben vor allen Dingen den Unternehmen neue
Anreize geboten, Langzeitarbeitslose einzustellen.
Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber, eine erleichterte
Existenzgründung, Zusatzjobs und Qualifizierungsange-
bote, das sind keine überflüssigen Wohltaten für die Be-
troffenen, sondern manchmal das Einzige, was hilft, um
die Menschen wieder in Arbeit zu bringen.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposi-

tion, jetzt vorschlagen, den Beitrag zur Arbeitslosen-
versicherung um 1,5 Prozentpunkte zu reduzieren, dann

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(C (D rage ich Sie, Herr Singhammer: Glauben Sie eigentlich n Ihre eigenen Arbeitslosenzahlen oder stimmen sie icht? (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das sind nicht unsere Zahlen, das sind Ihre!)


enn entweder gibt es eine hohe Arbeitslosigkeit. Dann
ibt es keinen Spielraum, den Betrag zur Arbeitslosen-
ersicherung zu senken; das wissen auch Sie.


(Dirk Niebel [FDP]: Quatsch!)

der Sie wollen die Maßnahmen, die für die Langzeit-
rbeitslosen dringend notwendig sind, schlichtweg strei-
hen und einstellen.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie wäre es denn mit dem Aussteuerungsbetrag?)


der wollen Sie den Betrag von 11 Milliarden Euro, der
ns im Haushalt der Bundesagentur fehlen würde, zum
eispiel durch Schuldenaufnahme ausgleichen?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Haben Sie schon einmal über den Aussteuerungsbetrag nachgedacht?)


as geht doch wohl auch nicht. Was Sie machen wollen,
m den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um
,5 Prozent zu reduzieren, bleibt Ihr Geheimnis.


(Dirk Niebel [FDP]: Er hat es Ihnen doch gerade verraten!)


Es ist wahr, Sie haben nichts anzubieten. Was Sie
ollen, ist einfach: Sie wollen den Kündigungsschutz
nd die Maßnahmen für die Eingliederung abschaffen.
ur Förderung wirtschaftlichen Wachstums ist das aber
ntauglich; auch wenn es Ihnen nicht passt, das zu hö-
en.
Wir dagegen haben allein die Unternehmen durch un-

ere Steuerreform Jahr für Jahr entlastet, und zwar um
8 Milliarden Euro. Jetzt geht es darum, dass die Unter-
ehmen ihre Gewinne wieder investieren und das Kapi-
al nicht schamlos ins Ausland verlagern. Wir haben die
nternehmen entlastet, damit sie hier und nicht an-
erswo Arbeitsplätze schaffen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es geht auch darum, eine gemeinsame Anstrengung
m Bereich Forschung und Entwicklung zu organisieren,
amit neue Produkte entstehen können und dadurch wie-
erum neue Dienstleistungen und Arbeitsplätze. Die
undesregierung unternimmt diese Anstrengung, indem
ie zum Beispiel im Bereich Forschung und Entwicklung
Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Damit werden
rbeitsplätze geschaffen. Das müssen Sie zur Kenntnis
ehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nicht zufällig ist Deutschland international wettbe-
erbsfähig. Trotz eines starken Euros sind wir Export-
eltmeister. Das belegt auch die steigende Integration






(A) )



(B) )


Karin Roth (Esslingen)


der deutschen Wirtschaft in den Welthandel. Deutsch-
land ist aufgrund seiner geographischen Lage in der
Mitte Europas in einer hervorragenden Position.
Deutschland ist die Drehscheibe für zahlreiche Markt-
partner. „Made in Germany“ gilt in dieser Welt etwas,
und zwar aufgrund der Leistungsfähigkeit des deutschen
Mittelstandes.

Deshalb, meine Damen und Herren von der Opposi-
tion, sollten Sie den Wirtschaftsstandort Deutschland
nicht ständig schlechtreden. So kommen keine Investi-
tionen ins Land.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch Sie haben eine Verantwortung. Lamentieren Sie
nicht ständig über fehlendes Wirtschaftswachstum, wenn
Ihnen nichts Besseres einfällt, als den Kündigungsschutz
abzuschaffen. Das ist wahrlich ein untaugliches Mittel,
um Wirtschaftswachstum zu erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Ich glaube, die Kollegin redet zu einem völlig anderen Thema!)


Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Lohnstückkosten
in Deutschland stabil sind und wir deshalb im internatio-
nalen Wettbewerb preislich konkurrenzfähig sind.


(Dirk Niebel [FDP]: Sagen Sie doch einmal etwas zum Antrag!)


Wirtschaftswachstum entsteht durch Nachfrage von
Gütern und Dienstleistungen. Das ist eine alte volkswirt-
schaftliche Grundregel. Deshalb genügt der Export
alleine nicht, deshalb brauchen wir natürlich auch die
Binnennachfrage. Die Binnennachfrage haben wir zum
Beispiel durch steuerliche Entlastungen der Bürgerinnen
und Bürger in Höhe von 42 Milliarden Euro gestärkt.
Wir unterstützen den Mittelstand, indem wir die Kredit-
aufnahme für Investitionen erleichtern. Das gilt im
Übrigen auch für die Kommunen.

In unserer Regierungszeit sind die Ausgaben für For-
schung und Entwicklung um 20 Prozent gestiegen. Das
sind für uns wichtige Beiträge zur Förderung des Wirt-
schaftswachstums. Meine Damen und Herren von der
Opposition, wenn Sie Wirtschaftswachstum wollen,
dann müssen Sie auch dafür eintreten, dass wir die Zu-
kunftsaufgaben finanzieren können. Das heißt mehr In-
vestitionen in Forschung und Entwicklung. Die 3-Pro-
zent-Quote müssen wir erreichen. Das erreichen wir
allerdings nur, wenn wir beispielsweise bereit sind, die
Eigenheimzulage abzuschaffen. Das tun Sie aber nicht.
Dazu sind Sie nicht mutig genug. Sie blockieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516101100


Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

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(C (D Der Sachverständigenrat hat deutlich gemacht, dass erade die Abschaffung der Eigenheimzulage ein gutes ittel wäre, um in die Zukunft zu investieren. (Dirk Niebel [FDP]: Das ist der Jäger 90 der heutigen Tage! Die Eigenheimzulage haben Sie auch schon dreimal verteilt!)

Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1516101200

Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn
ie bereit sind, mit uns wirtschaftliches Wachstum zu in-
tiieren, dann tun Sie das. Reden Sie nicht ständig über
ie Arbeitslosenstatistik! Das hilft den Menschen in die-
em Land nicht. Wir brauchen Arbeitsmarktreformen.
ie setzen wir um. In Zukunft blockieren Sie die Ar-
eitsmarktreformen hoffentlich nicht mehr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516101300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Johannes

inghammer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1516101400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Wer den Überblick über die tatsächlichen Verhält-
isse in Deutschland, wer den Überblick über das Aus-
aß der Beschäftigungslosigkeit verloren hat, kann die
rbeitslosigkeit in unserem Land natürlich auch nicht
ielgenau bekämpfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nur eine schonungslose Diagnose erlaubt den Einsatz

er richtigen Heilmittel.
Alle Bemühungen um mehr Klarheit und Wahrheit,
err Staatssekretär Andres – das sage ich, weil Sie la-
hen –,


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er lacht immer noch! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Warum lachen Sie denn so, Herr Staatssekretär?)


ersucht die Bundesregierung seit Monaten als Polemik
nd Schlechtreden herabzuwürdigen. Sie selbst sind da-
ür ein gutes Beispiel. Weil Sie mich gerade reizen, sage
ch Ihnen eines: Sie haben in der Sitzung vom
3. September vergangenen Jahres gesagt – ich zitiere –:

Die Arbeitslosenzahl wird dann auf 5 Millionen,
6 Millionen oder 7 Millionen aufgeblasen. Wer hat
noch mehr zu bieten? Ich habe mich gewundert,
dass hier noch niemand 8 Millionen gesagt hat.


(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Das machen Sie jetzt!)


as haben Sie erklärt.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist aber eine saubere Rechnung, Herr Staatssekretär! Verflixt noch mal, das kann doch wohl nicht wahr sein!)







(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

Jetzt kommt die schlichte und schlimme Wahrheit ans

Licht: Anfang dieses Monats waren 5,037 Millionen Men-
schen beschäftigungslos; dem stehen nur 268 000 offene
Stellen gegenüber.


(Dirk Niebel [FDP]: Und fast niemand sitzt auf der Regierungsbank! Das ist ja unerträglich!)


Bundeswirtschaftsminister Clement erklärt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist er eigentlich?)

dass zu diesen ohnehin dramatischen Zahlen noch
1,4 bis 1,5 Millionen hinzukommen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Oh ja! Allerdings!)


Im „Morgenmagazin“ des ZDF hat er am 2. Februar die-
ses Jahres gesagt:

Wir haben 6,5 Millionen Menschen mit teilweise
dramatischen Problemen am Arbeitsmarkt; das ist
dramatisch hoch und das müssen wir jetzt runter-
bringen.

Jawohl, da hat er Recht. Aber seine Einsicht kommt zu
spät. Zuerst hat die Bundesregierung den Flächenbrand
Arbeitslosigkeit als eine Ansammlung einiger Lager-
feuer angesehen. Jetzt kommt sie mit ihrer Brandbe-
kämpfungskonzeption nicht voran; denn tatsächlich ha-
ben wir den Stand von 8 Millionen Menschen, die ohne
Beschäftigung sind und über die Sie sich lustig gemacht
haben, bereits erreicht.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, leider wahr! Die Bundesregierung ist eine untaugliche Feuerwehr!)


Reiht man 8 Millionen Menschen aneinander, ist das
eine 4 000 Kilometer lange Kette.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Eine interessante Zahl!)


Stellt man sich alle Menschen, die arbeitslos sind, in ei-
ner Kette aneinandergereiht vor, entspricht das viermal
der Entfernung Flensburg-Garmisch.

Der Sachverständigenrat bringt die verdeckte Arbeits-
losigkeit in allen Einzelheiten ans Licht. Es gibt
1 Million Vorruheständler, darunter bis zu 400 000 über
58-Jährige. 670 000 Menschen befinden sich aufgrund
von Arbeitslosigkeit in Altersrente. 136 000 Menschen
nehmen an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Es gibt
165 000 subventionierte Beschäftigungsverhältnisse,
69 000 Teilnehmer an ABM, 239 000 Ich-AGs und
27 500 staatliche PSAs.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist ja fast meine Rede!)


Hinzu kommen 600 000 1-Euro-Jobs – das wollen Sie
angeblich noch in diesem Jahr erreichen – und die stille
Reserve, die, eine vorsichtige Betrachtung der Experten
zugrunde gelegt, ein Volumen von mindestens 1 Million
Menschen hat. Deshalb gibt selbst der gegenwärtige ka-
tastrophale Höchststand der Arbeitslosigkeit, der Ende

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(C (D ieses Monats wahrscheinlich erneut um einige Hundertausend steigen wird, bei weitem nicht das schlimme ild wieder, das der Realität entsprechen würde. Es ist uch fast egal, ob die Zahl 5 300 000 oder 5 200 000 beragen wird – die Situation ist sehr viel schlimmer. Jetzt sagen Sie, dass diese hohen Zahlen nur durch ein roßartiges Reformprojekt, Hartz IV, hervorgerufen orden seien. Den Städten, Gemeinden und Kreisen erfen Sie Unfairness und Täuschung vor. Minister lement behauptet, er sei darauf hingewiesen worden, ass selbst Koma-, Aidsund Suchtkranke für arbeitsfäig erklärt wurden. (Dirk Niebel [FDP]: Na und? Letztere können ja auch arbeiten!)


ch sage Ihnen: Das ist schäbig und schändlich; denn tat-
ächlich sind die ausgewiesenen Zahlen viel zu gering.
ach Angaben der Bundesagentur für Arbeit fehlen
och rund 30 000 bis 40 000 Arbeitslosengeld-II-Emp-
änger, welche die optierenden Gemeinden noch gar
icht gemeldet haben; sie müssen also hinzugerechnet
erden. Es ist nicht so, dass die Bürgermeister, Oberbür-
ermeister und Landräte ständig neue Höchststände der
rbeitslosigkeit erfinden. Vielmehr ist diese Bundesre-
ierung der Treibsatz dafür, dass sich die Arbeitslosen-
ahl Tag für Tag um 1 000 erhöht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn Sie uns nicht glauben, sollten Sie wenigstens

hren Genossen in den Kommunen glauben. Beispielhaft
enne ich den Sozialreferenten Graffe, SPD, aus der
rößten deutschen Kommune, der Landeshauptstadt
ünchen. Er sagt: „Einen Verschiebebahnhof kann ich
usschließen.“ Sie sollten einmal mit ihm reden.
Für die Fehler, die zu den finanziellen Problemen bei
artz IV führen, ist der Wirtschaftsminister verantwort-
ich. Bis zu 6,5 Milliarden Euro mehr als erwartet soll
artz IV in diesem Jahr kosten. Der einzige und ent-
cheidende Grund sind die falschen Prognosen des Wirt-
chaftsministeriums. Der Deutsche Städtetag hat bereits
m Mai vergangenen Jahres mit 2,4 Millionen Empfän-
ern von Arbeitslosengeld II gerechnet. Sie selbst sind
on 2,1 Millionen ausgegangen. 300 000 weniger bedeu-
en natürlich eine entscheidende Mehrung der Ausgaben.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Schuld daran sind Ihre frisierten Zahlen gewesen. Sie

echnen immer alles schön und wollen die Wahrheit
icht zur Kenntnis nehmen. Die Ablehnungsquote für
nträge auf Arbeitslosengeld II wurde mit 23 Prozent
iel zu hoch angesetzt. Tatsächlich wurden bis jetzt nur
twa 10 Prozent zurückgewiesen. Das wird sich mit
ehrausgaben zu Buche schlagen. Es zieht sich bei Ih-
en wie ein roter Faden durch alle Politikbereiche: Zah-
ensalat produzieren, schönrechnen,


(Dirk Niebel [FDP]: Weil sie einen verfassungsmäßigen Haushalt durchbringen wollten!)


ich der Realität verweigern und dann den Kommunen
ie Schuld in die Schuhe schieben – das, Herr Kollege






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

Andres, nenne ich eine Fischerisierung der Wirtschafts-
politik.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Was ist das? Können Sie das bitte wiederholen!)


Das Vorzeigeprojekt „Virtueller Arbeitsmarkt“
wird in einem Bericht des Bundesrechnungshofs nieder-
schmetternd beurteilt. Die Einsparprognosen von angeb-
lich 1,1 Milliarden Euro


(Dirk Niebel [FDP]: Ein frei aus der Luft gegriffener Wert!)


werden als eine Luftbuchung bezeichnet. Dafür steigen
die Kosten dieses virtuellen Arbeitsmarktes auf fast das
Doppelte, auf etwa 100 Millionen Euro. Und wer sich
mit diesem neuen Modell eine Vermittlung herbeiklicken
will, der klickt mit der Maus ins Leere, weil das System
nach wie vor große Mängel hat


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)

und die Vermittlungsleistung tatsächlich nicht gesteigert
werden konnte.

Deshalb sage ich an dieser Stelle eindringlich: Stop-
pen Sie dieses Programm, vor allem was den Bereich der
Vermittlung betrifft! Überlegen Sie, wie Sie die Sache in
den Griff bekommen können – ob das überhaupt mach-
bar ist –, und prüfen Sie, wie das weitergeht!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Alles andere wäre ein sorgloser Umgang mit den Beiträ-
gen der Versicherten.

Ich sage Ihnen auch: Nehmen Sie unseren Antrag
ernst! Wir wollen Klarheit in der Unübersichtlichkeit der
Statistiken schaffen und schlagen vor, zunächst ein Zah-
lenpaar voranzustellen: die positive Zahl, die Zahl der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, und die Zahl
derjenigen, die keine Beschäftigung haben. Dieses Zah-
lenpaar ermöglicht eine präzise Einschätzung des Zu-
stands in Deutschland.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten geht zurück; das ist so. Sie liegt zurzeit
bei etwa 26 750 000. Daran wird die Krise der sozialen
Sicherungssysteme klar. Ein Beispiel: Derzeit erhalten
etwa 19,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner eine Al-
tersrente. Die Zahl der Beschäftigungslosen liegt bei an-
nähernd 8 Millionen oder sogar darüber. Wenn Sie das
mit der Zahl der überhaupt noch sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigten in Verbindung bringen, sehen
Sie, dass mittlerweile ein Beschäftigter – eine Kranken-
pflegerin oder ein Busfahrer – mit seinen Beiträgen fast
für eine beschäftigungslose Person aufkommen muss.
Das zeigt die Problematik in ihrer ganzen Schärfe.

Ich warne an dieser Stelle vor weiteren Vernebelungs-
versuchen mit der so genannten ILO-Statistik. Die ILO-
Statistik, die Sie einführen wollen, um die Vergleichbar-
keit mit europäischen Nachbarländern herzustellen, mag
durchaus die eine oder andere zusätzliche Erkenntnis
bringen. Nun soll diese ILO-Statistik zunächst parallel
mit der bisherigen Statistik geführt werden. Wenn das
aber dazu führen würde, dass die nach der ILO-Statistik

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(C (D m rund 600 000 Personen niedrigere Zahl der Arbeitsosen irgendwann immer größer würde und die Zahl ach der bisherigen Art der Statistik immer kleiner, dann äre das eine weitere Unsauberkeit, die keinen Sinn acht. Wie können wir diesem Teufelskreis von ständig ehr Arbeitslosigkeit entfliehen? Der Königsweg ist achstum. Wir brauchen mehr Wachstum. Leider ist es o, dass Deutschland, das in der Vergangenheit immer tärker als die Weltwirtschaft gewachsen ist, jetzt deutich unter dem weltwirtschaftlichen Wachstum bleibt. (Dirk Niebel [FDP]: Da lacht Herr Andres! Darüber lacht die Regierung auch noch!)


Da gibt es nichts zu lachen.

(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Sie haben ja keine Ahnung!)

ie Weltwirtschaft ist im vergangenen Jahr um mehr als
Prozent gewachsen, die deutsche Wirtschaft um
,7 Prozent.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja!)

ir haben nur ein Drittel des Wachstums der Weltwirt-

chaft erreicht. Damit sich am Arbeitsmarkt etwas än-
ert, bräuchten wir ein Wachstum von mindestens
,9 Prozent.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Stimmt nicht, es sind 1,5 bis 1,6 Prozent!)


ach den Vorhersagen aller Institute werden wir in die-
em Jahr leider kein Wachstum von 1,9 Prozent errei-
hen. Das bedeutet, dass die Zahl der Arbeitslosen leider
uch in diesem Jahr zunehmen wird. So bitter und brutal
st die Wahrheit.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Der Sachverständigenrat hat es erklärt, aber Sie haben nicht zugehört!)


Wachstum kann mit einer anderen Politik und mit klu-
en politischen Rahmenbedingungen generiert werden.
rau Kollegin Roth, ich nenne Ihnen nur ein Beispiel:
ehmen Sie den Bereich der Energiewirtschaft. Eon
at vor kurzem erklärt, sie würden in den nächsten Mo-
aten damit beginnen, Investitionen in Höhe von
Milliarden Euro zu tätigen. Rauch würde aus den
chornsteinen aufsteigen und Arbeitsplätze würden ent-
tehen. Warum tut Eon das doch nicht? – Sie tun es
icht, weil Sie mit dem Energiewirtschaftsgesetz nicht
orankommen und die Bedingungen nicht klar sind. Sie
atten versprochen, dass das Gesetz bis zum 1. Juli letz-
en Jahres fertig sein sollte. Danach sollte es bis zum
. Januar dieses Jahres fertig sein. Jetzt sollte es bis Ende
ebruar fertig sein. Es ist kein Ende in Sicht. Deshalb
ird das vorrätige Geld nicht in die Hand genommen. Es
assiert nichts. Sie kommen nicht voran und neue Ar-
eitsplätze werden nicht geschaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Versagen auf ganzer Linie!)







(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

Ich komme zu einem anderen bitteren Kapitel, näm-

lich den Dienstleistungen.

(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Jetzt bin ich aber gespannt, was Sie dazu erzählen!)

Die Dienstleistungsrichtlinie ist das eine, das eigentliche
Problem – lassen Sie mich das sagen – ist aber die
Dienstleistungsfreiheit, die Grundlage des Ganzen. Wa-
rum verlieren plötzlich 10 000 bis 20 000 Schlachter ih-
ren Arbeitsplatz und werden durch Billigarbeiter ersetzt?
– Das geschieht, weil Sie die Ausnahmen entgegen unse-
ren Ratschlägen damals nicht richtig gefasst haben. Das
ist der entscheidende Grund.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle abschließend: Bevor

Sie die illegale Einreise von Arbeitskräften durch eine
laxe Visapraxis zulassen,


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Jetzt kommt das auch noch!)


sollten Sie sich lieber um die legalen Arbeitsplätze in
Deutschland und den Schutz derjenigen, die ein legales
Arbeitsplatzverhältnis haben, kümmern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das tun wir doch! Was Sie da machen, ist unseriös und unverantwortlich! – Petra Selg [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Singvogel!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516101500

Ich erteile das Wort Kollegin Thea Dückert, Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516101600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Singhammer, wir nehmen Ihren Antrag ernst. Das
gehört sich so im parlamentarischen Verfahren. Ich
nehme aber auch Ihre Rede ernst. Ihre Rede war wirklich
ein beredetes Beispiel dafür, wie überflüssig und unsin-
nig Ihr Antrag ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist unter Ihrer Würde!)


Am Anfang Ihrer Rede haben Sie zur Beschreibung
des Arbeitsmarktes eine Zahl nach der anderen zitiert.
Woher haben Sie diese Zahlen genommen, Herr
Singhammer? Haben Sie sie selbst geschrieben? – Nein.
Sie haben sie aus den beklagten Statistiken genommen.
Ich will damit sagen: All die Punkte, die Sie in Ihrem
Antrag einfordern – Ausweisung der Arbeitsbeschaf-
fungsmaßnahmen, der Trainingsmaßnahmen usw. –, sind
in den Statistiken enthalten.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: So ist es!)

Sie werden dokumentiert und Sie haben die Zahlen ge-
nutzt, um die Arbeitsmarktsituation zu beschreiben.
Nein, dieser Vorwurf der Verschleierung durch die Bun-
desregierung, der in Ihrem Antrag enthalten ist, ist
schlicht und einfach unverfroren.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Bestätigen Sie diese Zahlen doch!)


Sie haben ein wirklich merkwürdiges Kurzzeitge-
ächtnis. Vor sechs Wochen haben wir Hartz IV einge-
ührt. 150 000 bis 200 000 Menschen sind dadurch zu
echt als Arbeitslose in die Statistik aufgenommen wor-
en. Diese Langzeitarbeitslosen waren über Jahrzehnte
inweg in den Statistiken überhaupt nicht zu sehen; ihre
ahl wurde verschleiert. Noch viel schlimmer ist – die
tatistiken sind das eine, wie es den Menschen geht, ist
as andere –, dass diese Menschen mit einer aktiven Ar-
eitsmarktpolitik überhaupt nicht in Berührung gekom-
en sind.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist natürlich Unsinn! Haben Sie schon mal was von der „Hilfe zur Arbeit“ der Sozialämter gehört?)


ir haben sie in die Statistik und vor allem in die aktive
rbeitsmarktpolitik aufgenommen. Darum geht es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie leiden unter einem kollektiven Gedächtnis-
chwund und haben vielleicht sogar selbst den Versuch
ur systematischen Manipulierung von Datenmaterial
nternommen. Ihr Verhalten hängt immer von der Pers-
ektive ab, die Ihnen gerade recht ist. Perspektive der
egierung Kohl zu Oppositionszeiten: Es wurden mal
ben 150 000 Wahlkampf-ABM aufgelegt und Sie wuss-
en sehr wohl – das haben Sie ja selbst bewirkt –, dass
ie Teilnehmer an diesen Maßnahmen nicht in der Statis-
ik auftauchten.
Perspektive Opposition unter Frau Merkel: Sie ver-

angen von uns, die stille Reserve in die Statistik aufzu-
ehmen. Die Daten bezüglich der stillen Reserve, die Sie
erade genannt haben, waren allerdings ein bisschen
ach oben gerechnet,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nach unten!)


ber egal. Die Daten sind dokumentiert, auch wenn das
chwierig ist. Heute ist es Ihnen genehm, dies zu for-
ern. Allerdings stellt sich mir dann, wenn Sie die stille
eserve in die Statistik aufnehmen wollen, die Frage, wo
ie 5 Millionen Arbeitsplätze zu finden sind, die der
chwarzarbeit zuzuordnen sind. Darüber reden Sie nicht.
ie machen hier eine unseriöse Hin- und Herinterpretie-
erei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihre Forderungen sind auch deshalb dreist, weil Sie
elber mit Zahlen, Daten und Fakten in einer Weise um-
ehen, die zum Teil wirklich unappetitlich ist. Ich will
hnen dafür ein aktuelles Beispiel nennen. Herr
aumann hat sich vor kurzem zur Schwarzarbeit im Zu-
ammenhang mit der Visavergabe geäußert. Was wird
ehauptet? Es wird verkündet, dass durch die Visaer-
asse 600 000 Schwarzarbeiter aus den GUS-Staaten
u uns gekommen seien,






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Mehr!)


wodurch pro Jahr ein Schaden von mehreren Milliarden
Euro entstanden sei. Dabei beruft sich Herr Laumann auf
Untersuchungen von Professor Friedrich Schneider.

Die Untersuchungen von Professor Friedrich
Schneider besagen Folgendes:

Erstens. Wir haben in den letzten Jahren nachhaltig
und nachweisbar einen Rückgang der Schwarzarbeit in
Deutschland zu verzeichnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweitens. Er belegt, dass dieser Rückgang ein Erfolg
der Reformpolitik dieser Bundesregierung ist, sowohl im
Bereich des Arbeitsmarktes – beispielsweise Minijobs
oder Existenzgründungen – als auch bei der Bekämp-
fung der illegalen Schwarzarbeit durch unsere Gesetze.
Wir sind bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit erfolg-
reich.

Drittens. Herr Schneider zeigt auf, dass der größte
Teil der Schwarzarbeit von Inländern gemacht wird und
dass von den etwa 5 Millionen „Vollzeitstellen“ in der
Schwarzarbeit etwa 100 000 von ausländischen Kräften
besetzt werden.

Laumann behauptet in dieser Woche, dass
600 000 Menschen über die GUS-Staaten eingereist
seien. Er behauptet auch, dass dadurch der Volkswirt-
schaft ein Schaden in Höhe von über 10 Milliarden Euro
entstanden sei. Das, was er verbreitet, ist eine unglaubli-
che Unwahrheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gleichzeitig entsteht dadurch ein politischer Schaden;
denn damit werden die Bürgerinnen und Bürger aus den
GUS-Staaten, die zu uns reisen, unter Kollektivverdacht
gestellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämt! – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das ist die eigentliche Sauerei!)


Zu Recht hat sich Herr Schneider gestern an die
Presse gewandt und Herrn Laumann aufgefordert, seine
Daten und wissenschaftlichen Untersuchungen nicht
mehr für seine politischen Parolen zu missbrauchen. Sie
reden hier über eine Neugestaltung der Statistiken, aber
Sie sind diejenigen, die Zahlen, Daten und Fakten so
auslegen, wie es Ihnen in Ihr politisches Konzept passt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Verdrehen!)


Reden wir einmal über Menschen, die nicht als Ar-
beitslose in der Statistik auftauchen, nämlich Zahlen be-
treffend die Ich-AGs. Erste Ergebnisse liegen vor:
80 Prozent der Menschen befinden sich auch nach einem
Jahr noch in einer Ich-AG.

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(C (D (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Und nach zwei Jahren?)


ie behaupten, dass diese Projekte fehlgeschlagen sind.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch ganz klar, Frau Dückert! Das Leben ist länger als ein Jahr!)


ir wissen heute, dass etwa 10 Prozent der Menschen
ieder arbeitslos werden. Wir wollen, dass die Men-
chen in Deutschland gerade in einer so schwierigen ar-
eitsmarktpolitischen Situation den Mut haben, den Weg
die Selbstständigkeit anzutreten. Deswegen fördern
ir sie durch Ich-AGs und bei Existenzgründungen. Was
achen Sie mit Daten, die statistisch nachweisen, dass
iese Projekte gut laufen? Sie interpretieren sie um. Ich
abe keine Lust, mit Ihnen vor diesem Hintergrund noch
inmal über statistische Klarheit und Wahrheit zu reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was wir machen müssen, ist, die Chance zu nutzen,
ie uns die Hartz-IV-Reformen bringen; das ist richtig.
ir müssen mithilfe der Arbeitsmarktpolitik verstärkt

ördern, beraten und helfen, die Menschen wieder zu in-
grieren. Ich sage es noch einmal: Die Arbeitsmarktzah-
n – sie liegen auf dem Tisch, Herr Singhammer – sind
nbefriedigend; das ist völlig klar. Aber – auch das ist
ahr – wir haben mit unseren Arbeitsmarktreformen
arauf reagiert und wir werden die Chancen, die sich er-
eben, nutzen, zum Beispiel mit der Jugendhilfe, die den
ugendlichen vor Ort mit verstärkten Anstrengungen und
iner besseren Kooperation Perspektiven eröffnet. Auch
ie Binnenkonjunktur ist noch schwach.
Deswegen ist es wohl an der Zeit, dass wir den Kom-
unen zum Beispiel über die KfW helfen, Investitionen
u tätigen. Ich bin aber nicht dafür – das betrifft auch die
eutige Debatte –, nach sechs Wochen Hartz IV schon
ber Detailänderungen zu reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as aber fordern Sie ein und auch die Gewerkschaften
um Beispiel fordern das ein.
Ich habe gestern mit Erstaunen gelesen, dass vor Än-

erungen im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpoli-
k gewarnt wird. Es wird davor gewarnt, dass wir bei
en Zuverdiensten Verbesserungen einführen. Ich halte
as für einen völlig falschen Weg der Gewerkschaften.
nsere Arbeitsmarktpolitik ist auf Integration ausgerich-
t. Wenn heute Langzeitarbeitslose keinen Job auf dem
rsten Arbeitsmarkt finden, selber aktiv werden und sich
elber einen Zuverdienst suchen, dann ist es nach meiner
nsicht nicht gerecht, dass jemand von einem Zuver-
ienst von beispielsweise 400 Euro nur 57 Euro behalten
ann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ch glaube, dass das nicht weiterhilft. Ich bin übrigens
roh, dass Frau Merkel Herrn Koch und Herrn Wulff von






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

der Bremse geholt hat; denn dass das heute so ist, haben
Sie von der Union zu verantworten, weil Sie im Vermitt-
lungsausschuss auf der Bremse standen. Wir wollten et-
was anderes machen, weil wir auf Integration setzen.

Ich komme zum Schluss. Der Zuverdienst ist auch für
die Menschen, die keine Beschäftigung auf dem ersten
Arbeitsmarkt haben, ein wichtiger Baustein. Für meine
Begriffe hat das mit Detailänderungen nichts zu tun; das
ist vielmehr die Verstärkung dessen, was wir wollen. Wir
wollen den Menschen Brücken bauen und ihnen in den
ersten Arbeitsmarkt verhelfen. Das wollen wir durch
eine fortschrittliche Wirtschaftspolitik flankieren.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516101700


Ich erteile das Wort Kollegen Dirk Niebel, FDP-Frak-
tion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1516101800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Arbeitslosenstatistik ist über die Jahr-
zehnte hinweg, übrigens unabhängig davon, wer regiert
hat, zum politischen Kampfmittel verkommen. Wofür
brauchen wir denn eigentlich eine Arbeitsmarktstatistik?
Sie sollte uns doch normalerweise das Ausmaß der Un-
terbeschäftigung in einem Land aufzeigen, damit wir auf
dieser Grundlage die richtigen politischen Entscheidun-
gen treffen können. Sie sollte uns eine Hilfestellung da-
für geben, entscheiden zu können, welche politischen
Maßnahmen eingeleitet werden müssen, um Unterbe-
schäftigung abzubauen und Beschäftigung aufzubauen,
um Investitionen und Wachstum zu ermöglichen und da-
durch auch die Einnahmen der sozialen Sicherungssys-
teme zu verbessern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nichts von alledem macht die jetzige Arbeitslosensta-

tistik. Ich will nicht die Zahlen wiederholen, die der Kol-
lege Singhammer genannt hat. Aber das Ausmaß der
Unterbeschäftigung in Deutschland ist höher als die An-
zahl der registrierten Arbeitslosen. Das weiß auch jeder.
Auch weiß jeder, dass derjenige, der in einer Trainings-
maßnahme ist, zum Beispiel in einem vierzehntägigen
Bewerbertrainingsseminar, selbstverständlich immer
noch arbeitslos ist. Jeder weiß, dass eine Arbeitsbeschaf-
fungsmaßnahme kein reguläres sozialversicherungs-
pflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist, selbst wenn der
Mensch, der in dieser Maßnahme ist, individuell das Ge-
fühl hat, einen Arbeitsplatz zu haben. Es ist aber kein
wirklicher Arbeitsplatz. Es besteht auch während einer
derartigen Maßnahme immer noch der Vorrang der Ver-
mittlung, sodass man nach Recht und Gesetz jederzeit
eine Maßnahme abbrechen müsste, um einen ungeför-
derten regulären Arbeitsplatz anzunehmen. Daher ma-
chen wir uns mit den Zahlen, die hier regelmäßig vorge-
legt werden, schlichtweg etwas vor. Sie bilden keine
anständige Entscheidungsgrundlage für politische

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(C (D eichenstellungen. Deswegen müssen wir sie veränern. Es lohnt sich nicht, sie so zu verändern, wie Sie es orhaben. Sie wollen die Arbeitslosenstatistik der Bunesagentur für Arbeit neben die der Internationalen Areitsorganisation stellen, die noch dazu einen anderen onat beleuchtet, sodass der unbedarfte Leser vielleicht ar nicht mehr weiß, worum es geht. Die Statistik der nternationalen Arbeitsorganisation macht vor allem ines: Sie zählt denjenigen nicht als Arbeitslosen, der ine Stunde in der Woche arbeitet. Nun mag es Regionen in der Welt geben, wo es wich ig ist, eine Stunde in der Woche zu arbeiten, aber in uneren Regionen dient Erwerbsarbeit doch in aller Regel azu, den Lebensunterhalt zu gewährleisten. Den Stunenlohn hätte ich schon gerne, der das bei einer Stunde rbeit pro Woche gewährleistet. Das ist vielleicht ein Intrument, das die internationale Vergleichbarkeit hertellt, das aber nicht das Problem löst und uns keine andlungsanweisung für politische Entscheidungen mitibt. Ich möchte mit den Gerüchten aufräumen, die immer ieder gestreut werden, nämlich dass die Sozialhilfempfänger neu in die Statistik aufgenommen worden eien. Jeder weiß doch, dass die Sozialämter flächeneckend in der Bundesrepublik ihre Hilfeempfänger zur gentur für Arbeit bzw. damals noch zum Arbeitsamt eschickt haben mit der Auflage, sich Arbeit suchend zu elden und eigene Bemühungen nachzuweisen. Jeder eiß doch, dass auch Sozialhilfeempfänger durch das rogramm „Hilfe zur Arbeit“ gefördert worden sind. Jeer weiß, dass es Verschiebebahnhöfe dergestalt gab, ass Sozialämter jemanden mit Lohnkostenzuschüssen xakt 360 Tage in Arbeit gebracht haben, weil anschlieend die Agentur für Arbeit zuständig wurde, aber auch n der Form, dass Sozialhilfeempfänger vom Arbeitsamt icht für geeignete Arbeitsplätze vorgeschlagen wurden, eil sie vermeintlich günstiger waren; denn sie haben ort keine Leistungen bezogen. Diese Verschiebebahnhöfe wollten wir mit Hartz IV bschaffen. Die Bundesregierung ist schuld, (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wo ist denn die Regierung?)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ass wir das nicht geschafft haben, weil keine einheitli-
he Trägerschaft zustande gekommen ist. Diese Regie-
ung hat verhindert, dass die Trägerschaft einheitlich bei
en Kommunen liegt und keine Verschiebebahnhöfe
ehr entstehen können.
Jetzt versteckt sich der Minister hinter Ausflüchten.

m letzten Monat hat er noch darauf hingewiesen, dass
ie Statistik nun aber wirklich ehrlich sei. Jetzt stellt er
est, dass sich die hohe Zahl von 5 037 142 als arbeitslos
egistrierten Einzelschicksalen aus Komakranken, Quer-
chnittsgelähmten, Drogensüchtigen und Beinamputier-
en zusammensetzt.






(A) )



(B) )


Dirk Niebel


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das ist unverschämt! – Hans-Werner Bertl [SPD]: Also, Herr Niebel, jetzt hören Sie langsam auf!)


Wenn sich der Minister hinter derartigen Ausflüchten
vor seiner Verantwortung versteckt, dann ist das ein
Skandal! Das ist schäbig!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Werner Bertl [SPD]: Sie diskreditieren sich aber selbst! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine schäbige Argumentation! Das sind die falschen Zitate und das wissen Sie ganz genau!)


Der Minister hat doch selbst die Kriterien für Er-
werbsfähigkeit festgelegt. Nach der rentenrechtlichen
Regelung ist das derjenige, der drei Stunden am Tag ar-
beiten kann. Das kann auch der HIV-Infizierte sein,
wenn die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist, Kolle-
gin Dückert. Das kann auch ein Mensch sein, dem beide
Oberschenkel amputiert wurden, wenn auch nicht als
Langstreckenläufer. Auch jemand, der krank ist oder an
einer Substitutionstherapie teilnimmt, kann arbeiten.
Derartige Therapien sehen Arbeit sogar als Bestandteil
der Therapie an. Aber der Minister tut so, als ob die Zah-
len, die er zu verantworten hat, durch die Bösartigkeit
der Kommunen zustande kämen. Das ist ein Skandal.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Sie sind einer! – Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ein Skandal!)


Ein weiterer Skandal besteht darin, dass der Minister
immer noch nicht in der Lage ist, die Bundesagentur in
den Griff zu bekommen.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Herr Niebel, Sie werden langsam peinlich! Sie werden mit jedem Wort peinlicher für dieses Parlament!)


Herr Weise schlägt vor, dass 55-Jährige und Ältere nicht
mehr vermittelt werden sollen. Das erinnert mich massiv
an das Vermittlungsverfahren Ende 2003, an dem auch
Sie beteiligt waren, Frau Roth. Erinnern Sie sich noch,
welches Kriterium Herr Gerster hinsichtlich der Frage
vorgeschlagen hat, wer erwerbsfähig ist? Er hat das Kri-
terium der Arbeitsmarktnähe bzw. -ferne vorgeschlagen.
Ein älterer, kranker oder schlecht qualifizierter Mensch
ist arbeitsmarktferner als ein junger, gesunder oder gut
qualifizierter. Dass Herr Weise jetzt dasselbe Kriterium
in Bezug auf ältere Menschen in Ostdeutschland vor-
schlägt, stellt den Versuch dar, die Statistik durch die
Hintertür wieder zu entlasten, indem ganze Bevölke-
rungsgruppen aus den Vermittlungsaktivitäten der öf-
fentlichen Hand ausgegrenzt werden. Das ist unsozial,
dreist und nichts anderes als Trickserei.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das machen wir doch nicht, Herr Niebel!)


Eine solche Trickserei hat auch der Minister betrie-
ben, um seinen Haushalt noch einigermaßen verfassungs-
konform erscheinen zu lassen, indem er beim ALG II die
Zahlen der Ablehnungsquote hochgerechnet und die der
Hilfeempfänger heruntergerechnet hat. Denn er wusste

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(C (D chon bei der Aufstellung des Haushalts, dass das Parlaent betrogen wurde und dass der Haushalt verfassungsidrig ist. In der gesamten Arbeitsmarktpolitik dieser Bundes egierung kommt eher Lug und Trug zum Ausdruck als as Bedürfnis, Wachstum, Innovation und Impulse für eue Beschäftigung in diesem Land zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Ich habe Ihnen erklärt, wie wir es meinen! Sie haben mir aber nicht zugehört!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516101900

Ich erteile dem Parlamentarischen Staatssekretär Gerd
ndres das Wort.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ein Blick auf die Regierungsbank ist herrlich! – Dirk Niebel [FDP], zu Abg. Ernst Burgbacher [FDP] gewandt: Das Wort „Regierungsbank“ ist richtig! Denn die Regierung ist ja nicht da!)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1516102000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Verehrter Herr Kollege Niebel, ich empfehle Ih-
en dringend, Ihre Begriffswahl und Ausdrucksweise ein
isschen abzurüsten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Gerade Sie sind der Letzte, der sich das erlauben darf!)


ch nenne das schäbig, was Sie Minister Clement unter-
tellt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vergangenen Freitag war ich in Heidelberg, wo Sie
erkommen. Dort hat mir der AOK-Landesvertreter im
reishaus eine Liste von Personen überreicht, die inzwi-
chen als arbeitsfähig angesehen werden. Darunter be-
indet sich beispielsweise der tragische Fall eines bein-
mputierten Dialysepatienten, der gegenwärtig in einer
linik liegt. Sie werden doch nicht allen Ernstes behaup-
en, dass ein solcher Mensch arbeitsfähig ist.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist nicht in Ordnung, aber das sind doch keine 5 037 142 Dialysepatienten!)


Bleiben Sie ganz ruhig! Ich sage Ihnen offen: Es gibt
ine ganze Menge solcher Fälle, über die auch in der
resse berichtet wird. Wir werden mit den Vertretern der
ommunalen Spitzenverbände darüber reden, dass diese
älle nicht in die Statistik gehören und dass die Betroffe-
en nicht als erwerbsfähig registriert werden können,
eil sie es nun einmal nicht sind. Das hat im Übrigen
it der rentenrechtlichen Definition der Erwerbsfähig-
eit, wonach jemand, der drei Stunden arbeiten kann, als
rwerbsfähig gilt, zunächst einmal gar nichts zu tun.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Damit sind wir beim zweiten Problem. Wir diskutie-

ren zum zweiten Mal über einen Antrag, den man laut
Kollegin Dückert ernst nehmen sollte. Aber jeder, der
den Antrag liest, wird an der Ernsthaftigkeit relativ
schnell zweifeln. Wir haben schon im September ver-
gangenen Jahres lange Zeit damit zugebracht, über die-
ses wunderbare Schriftstück gemeinsam zu diskutieren.
Herr Kollege Singhammer, ich weise Ihre Behauptung
entschieden zurück, ich hätte mich über 8 Millionen Ar-
beitslose lustig gemacht. Lustig mache ich mich über
Ihre Ausführungen in den Debatten


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So etwas Arrogantes wie Sie gibt es auch nur einmal!)


und über manches, was Sie kühn vertreten.
Sie haben mich mit den 8 Millionen Arbeitslosen

richtig zitiert. Das möchte ich betonen; denn alles andere
hilft nichts. Ich möchte Ihnen einmal sagen – das ist
während Ihrer Regierungszeit beschlossen und von uns
mitgetragen worden; das ist unumstritten –, wen wir ge-
genwärtig als arbeitslos registrieren. Arbeitslos ist nach
SGB III, wer zur sofortigen Arbeitsaufnahme verfügbar
ist, sich bei einer Agentur für Arbeit gemeldet hat und
gleichzeitig keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder aber
weniger als 15 Stunden pro Woche arbeitet. Derjenige,
auf den diese Definition zutrifft, wird als arbeitslos re-
gistriert, wenn er denn die versicherungsrechtlichen Vo-
raussetzungen erfüllt. Natürlich können Sie nun alle auf-
listen.

Mein Minister hat – um der Debatte den Wind zu neh-
men – selbst gesagt: Es ist richtig, dass im letzten Monat
5,037 Millionen Arbeitslose registriert worden sind. Ei-
gentlich muss man noch viele hinzurechnen, die in Maß-
nahmen stecken. Ein Beispiel: 330 000 Personen sind in
der Existenzgründungsförderung. Diese gründen eine
Ich-AG oder nehmen Überbrückungsgeld in Anspruch,
weil sie sich selbstständig machen. Hätten Sie es gerne,
wenn wir diese in der Arbeitslosenstatistik aufführten?
Ein weiteres Beispiel: Im Januar dieses Jahres haben
88 000 Menschen, die einer geregelten achtstündigen
Arbeit nachgehen, Lohnkostenzuschüsse erhalten. Sol-
len diese Menschen als arbeitslos registriert werden,
obwohl sie beschäftigt sind? Können Sie mir einmal er-
klären, warum Sie eine solche Unsinnsdebatte herauf-
beschwören?

Ich habe den Eindruck, dass hier Anträge gestellt wer-
den, nur um irgendwelche Diskussionen vom Zaum zu
brechen, die gar nicht hierher gehören. Die in dem An-
trag der CDU/CSU aufgeführten Gruppen an Personen,
deren Zahl zu der bisherigen Zahl der Arbeitslosen ad-
diert werden soll, sind regelmäßig nicht verfügbar, weil
sie entweder verrentet sind, im Vorruhestand oder in
Weiterbildungsmaßnahmen sind oder weil sie einer Er-
werbstätigkeit nachgehen. Auch Menschen, die in einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sind, die also regelmä-
ßig jeden Tag zur Arbeit gehen, kann man nicht als ar-
beitslos registrieren. Was wollen Sie eigentlich?

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(C (D (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ist das der erste oder der zweite Arbeitsmarkt? – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Aber sie sind doch nur beschäftigt!)


Herr Niebel hat behauptet – auch hier empfehle ich
ehr Sachlichkeit und Abrüstung –, nun werde nach den
tatistischen Kriterien der ILO gezählt und danach gelte
der, der nur eine Stunde arbeite, als nicht arbeitslos.
arf ich Sie darauf hinweisen, dass viele unserer Nach-
arländer das genauso machen


(Dirk Niebel [FDP]: Das macht es nicht besser!)


nd dass die Zählung nach ILO-Kriterien völlig richtig
st. Wir haben in der Zwischenzeit die statistischen Vo-
aussetzungen verändert, und zwar – entgegen der Be-
auptung von Herrn Niebel – mit Zustimmung des Bun-
esrates. Wir werden künftig die Arbeitslosigkeit nach
inem anderen Verfahren messen, wonach 30 000 Men-
chen befragt werden. Am 1. März dieses Jahres werden
um ersten Mal die mithilfe dieses Verfahrens ermittelte
rbeitslosenquote und Arbeitslosenzahl öffentlich mit-
eteilt. Damit sich niemand aufregen muss, werden wir
wir sorgen für Transparenz, damit klar ist, worüber wir
eden – die bisher übliche Statistik neben der ILO-Erhe-
ung veröffentlichen. Wir bieten also zwei Parameter an,
it denen man das Problem der Arbeitslosigkeit und der
nterbeschäftigung sowie die Beschäftigung genauer
ewerten kann. Ich sage ausdrücklich, dass Herr Niebel
it seinen Einleitungsbemerkungen Recht hat:


(Dirk Niebel [FDP]: Das macht mir Angst, wenn Sie mir Recht geben!)


m das Problem vernünftig lösen zu können, muss man
ie Tatbestände kennen.
Damit komme ich zum dritten Problem. Unsinniger-
eise wird von uns gefordert, endlich die Erwerbstäti-
en in den Mittelpunkt der Statistik zu stellen. Herzli-
hen Glückwunsch! Das habe ich in der letzten Debatte
chon Herrn Fuchs gesagt. Herr Singhammer, Sie ent-
löden sich nicht, das hier zu wiederholen. Jeder, der die
tatistik anschaut, stellt fest, dass sie die Erwerbstäti-
enzahlen enthält; man kann sie also da nachlesen. Die
undesregierung sorgt jetzt sogar dafür – das wiederhole
ch ausdrücklich –, dass die Erwerbstätigenzahlen früher
ur Berechnung der Statistik herangezogen werden.
ach dem bisherigen Verfahren wurden sie immer mit
wei- oder dreimonatiger Verspätung berücksichtigt.
etzt wird umgestellt: Die jeweils aktuellen Zahlen wer-
en nach einem Monat in der Statistik enthalten sein.
In dieser Debatte über die Arbeitsmarktstatistik geht

s Ihnen um etwas ganz anderes: Sie haben diesen An-
rag eingereicht, damit in der Kernzeit eine Debatte zu
inem bestimmten Thema geführt wird.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Darum geht es doch nicht, Herr Andres!)


a wird zwar nichts Neues gesagt und auch die Fakten
erden nicht zur Kenntnis genommen; aber man kann
ffentlich über das diskutieren, was einem gerade so
asst.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Mein Gott! Sagen Sie doch, dass Sie es nicht können!)


Ich sage Ihnen ganz offen: Ich glaube, dass Sie die
Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur Politik mit
dieser Vorgehensweise nicht vergrößern; dadurch nimmt
sie vielmehr ab.

Zu den Zwischenrufen möchte ich sagen: Wir, diese
Bundesregierung, haben die Zusammenlegung von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe durchgesetzt.


(Dirk Niebel [FDP]: Ihr habt es doch früher abgelehnt! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ihr habt total versagt!)


Wir zählen jetzt richtig und ordentlich. Sozialhilfeemp-
fänger werden in die Arbeitslosenstatistik aufgenommen
– wir haben das durchgesetzt –: Im letzten Monat waren
es über 200 000 Menschen mehr, die in der Arbeits-
losenstatistik erscheinen. Aber damit ist – auch das muss
klar sein – die Arbeitslosigkeit nicht gestiegen; vielmehr
gelten jetzt Menschen in der Statistik als arbeitslos, die
schon vorher arbeitslos waren. Was wollen Sie eigent-
lich? Sie haben die Kraft, das zu machen, doch über-
haupt nicht aufgebracht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Geschichtsklitterung! – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Haltet den Dieb!)


Wir machen das. Wir halten das für richtig und wir ste-
hen auch dazu.

Es ist völlig richtig, dass dieser Antrag keine Mehr-
heit bekommt und abgelehnt wird; denn ihn anzunehmen
wäre eine zusätzliche Verhöhnung derjenigen, über die
wir hier diskutieren. Das, was wir als Bundesregierung
machen, kann sich sehen lassen und wir stehen auch
dazu.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Um Gottes willen! Total versagt! – Dirk Niebel [FDP]: Das war die Fleisch gewordene Arroganz der Bundesregierung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516102100

Ich erteile das Wort Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516102200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute über den Sinn oder Unsinn von Statis-
tiken. Konkret geht es um die registrierten Arbeitslosen.
Sie kennen das berühmte Zitat, wonach nur Statistiken
zu trauen ist, die man selbst gefälscht hat. Deshalb inte-
ressiert mich die Statistikdebatte nur zweitrangig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Für die PDS im Bundestag sind das Schicksal und die
Zukunft der 5 bis 9 Millionen von Arbeitslosigkeit Be-
troffenen wichtiger als ihre Erfassung.

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(C (D Allerdings sage ich auch: Die CDU/CSU-Regierung at das Ausmaß der Arbeitslosigkeit immer verschleiert. ie wollte nicht wahrhaben und vor allem nicht offenbaen, dass ihre Arbeitsmarktpolitik gescheitert war. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Ich erinnere mich noch sehr gut an Vorwürfe aus der
DU/CSU, wonach die Arbeitslosigkeit in den neuen
undesländern auch deshalb so hoch sei, weil die Frauen
m Osten gleichberechtigte Arbeit begehrten, während
ie Frauen im Westen wohltuend abstinent seien. Das
eigt nur, wie ideologisch mit Statistiken gespielt wird.
Die Arbeitslosenstatistik von Rot-Grün ist ehrli-

her. Sie kommt der Wahrheit näher, allerdings ohne sie
irklich zu erfassen. In einem der reichsten Länder die-
er Welt, in einem der wirtschaftlich stärksten Länder
ieser Welt und in einem der ehrgeizigsten Länder dieser
elt nehmen Arbeitslosigkeit und Armut dramatisch zu.
as ist ein Widerspruch. Die Statistik belegt ihn und das
st gut. Aber die Politik befördert diesen Widerspruch
nd das ist schlecht.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Im Gegensatz zu Rot-Grün habe ich für die PDS
chon im Jahr 2002 gesagt: Die ganze Hartz-Prahlerei
ird nicht weniger Arbeitslose bringen, sondern mehr
rme Arbeitslose nebst Angehörigen. Die aktuelle Statis-
ik und meine alltägliche Erfahrung geben mir – leider –
echt. Deshalb wiederhole ich: Wer den Binnenmarkt
chwächt, wer reiche Unternehmen aus der Sozialpflicht
ntlässt, der handelt sozial ungerecht und wirtschaftlich
nsinnig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das sage ich übrigens auch mit Blick auf die CDU/
SU. Wer unentwegt längere Arbeitszeiten und niedri-
ere Löhne fordert, der bekämpft die Arbeitslosigkeit
icht, sondern er befördert sie. Wer eine Steuerpolitik
ordert, bei der Wohlhabende entlastet und die Kommu-
en belastet werden, mindert nicht die Arbeitslosigkeit,
ondern gibt ihr neue Nahrung.
Aus all diesen Gründen lehnt die PDS den vorliegenden
ntrag ebenso ab wie die Agenda 2010 nebst Hartz IV.
ir werben stattdessen für eine „Agenda Sozial“.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516102300

Ich erteile Kollegen Wolfgang Meckelburg, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1516102400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Ich kann mir auch diesmal nicht verkneifen, etwas
nzumerken, Herr Staatssekretär. Ich möchte übrigens
ast sagen „Regierung Andres“; denn Sie sind bei dem






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

wichtigen Thema auf der Regierungsbank richtig allein.
Auch angesichts dieses Alleinseins finde ich: Wenn Sie
hier reden, geht immer so ein starker Hauch von Arro-
ganz und Besserwisserei durchs Plenum.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Das ist meines Erachtens dem Thema nicht angemessen.
Warum kann man nicht einmal sachlich über ein paar
Punkte reden?


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das ist demagogisch, was von Ihrer Seite kommt! – Weitere Zurufe von der SPD)


Sie treten hier als Besserwisser auf. Das ist nicht die
Art, die die Menschen draußen erwarten. Sie unterneh-
men den Versuch, alles schönzureden, und sagen: Alles
ist in Ordnung; das kann sich sehen lassen. – So haben
Sie es gerade wörtlich gesagt. Angesichts dessen frage
ich mich, warum Sie die letzten zehn Landtagswahlen
nacheinander verloren haben. Die Menschen draußen
scheinen das anders zu sehen. Das Thema Arbeitslosig-
keit ist das Thema Nummer eins und müsste auch für die
Bundesregierung, die hier so voll präsent ist, Thema
Nummer eins sein. Vielleicht geben Sie das an das Kabi-
nett weiter, Herr Staatssekretär.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir reden hier über die Arbeitslosenstatistik. Es geht

um die Frage, ob wir miteinander über registrierte Ar-
beitslosigkeit, verdeckte Arbeitslosigkeit, stille Reserve,
von mir aus auch Schwarzarbeit reden können. Es geht
darum, das einmal zusammen in den Blick zu nehmen,
weil es da ja Gemeinsamkeiten gibt. Die Betroffenen
sind nicht im richtigen Markt, weil sie Schwarzarbeit
machen, oder sie sind nicht im richtigen Markt, weil sie
in Maßnahmen sind, oder sie sind nicht im richtigen
Markt, weil sie sich nicht trauen, sich zu bewerben, weil
sie keine Chancen sehen; das ist die stille Reserve. Ein
paar davon, so sage ich einmal – zurzeit sind es
5,037 Millionen –, sind statistisch registriert. Das ist das
Einzige, was die Betroffenen unterscheidet. Es ist doch
wohl angezeigt, sich einmal darüber zu unterhalten, ob
das alles so sinnvoll ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir führen hier eine Statistikdiskussion, während die

Arbeitslosigkeit, auch die registrierte Arbeitslosigkeit,
den Höchststand in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland erreicht hat, Frau Roth.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Sie wissen doch, warum! Wegen der Sozialhilfe!)


Es sind 435 000 mehr als im selben Monat des Vorjah-
res. Es sind 573 000 mehr als im letzten Jahr. Sie können
das alles nicht mit der Umsetzung von Hartz IV erklären.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Natürlich!)

– Natürlich nicht! Die Zahlen wären auch so nach oben
gegangen. Es sei Ihnen aber zugestanden, dass das hin-
zukommt.

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(C (D (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Wie großzügig!)


ie haben durch das, was da passiert, auf dem Arbeits-
arkt – den Eindruck habe ich jedenfalls –, ein totales
haos angerichtet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Spätestens an der Stelle muss man den Mut haben,

infach einmal zurückzublicken und zu fragen, wie denn
er Bundeskanzler Gerhard Schröder hier angetreten ist.
n der Regierungserklärung 1998, zu Beginn der sechs
ahre, die wir jetzt hinter uns haben, hieß es:

Wir wollen uns jederzeit daran messen lassen …, in
welchem Maße wir zur Bekämpfung der Arbeitslo-
sigkeit beigetragen haben.

ei diesem Höchststand habe ich nicht den Eindruck,
ass Sie einen großartigen Beitrag zur Bekämpfung der
rbeitslosigkeit geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ann gab es die Aussage, dass man zum Ende der letz-
en Legislaturperiode hin bei 3,5 Millionen registrierten
rbeitslosen sein wollte. Auch daran muss man doch zu-
indest erinnern können.
Die Verantwortung für die Arbeitslosigkeit hat der
undeskanzler längst abgegeben. Die Sache scheint ihm
u heiß geworden zu sein. Er hat den Mantel der Verant-
ortung in die Garderobe von Wirtschaftsminister
lement gehängt und ausdrücklich gesagt: Du bist für
en Arbeitsmarkt und für Hartz IV zuständig.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)

an muss sich das einmal vorstellen: Der Bundeskanz-

er der Bundesrepublik Deutschland ist nicht bereit, die
auptverantwortung dafür zu übernehmen, dass sich auf
em Arbeitsmarkt endlich etwas bewegt. Das müsste für
hn Thema Nummer eins sein. Er müsste bei einer sol-
hen Debatte hier sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Clement hat zu Beginn dieses Jahres zur Umset-
ung der Hartz-Reform, also der Zusammenführung von
ozialhilfe und Arbeitslosenhilfe, gesagt: Jetzt kommt
ie Wahrheit ans Licht. Die Zeit der Dunkelziffern und
erschiebebahnhöfe ist vorbei. – Es ist drei, vier, fünf
ochen her, dass er das gesagt hat. Ich habe im Moment
en Eindruck: Die Dunkelziffer wird wieder etwas grö-
er.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Warum denn?)

ngesichts des Streits mit den Kommunen


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das müssen wir uns genauer anschauen, jawohl!)


nd der Diskussion darüber, ob man ältere Langzeit-
rbeitslose in Ostdeutschland mit etwas anderem bedie-
en soll, habe ich nicht den Eindruck, dass die Zeit der






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

Verschiebebahnhöfe vorbei ist. Hier ist wieder Verschie-
berei in großem Maße im Gange.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Nein, nein!)


Lassen Sie mich auch zum eigentlichen Thema noch
einige Sätze sagen. Wir wollen ja hier über die Statistik
reden,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen das!)


auch wenn wir bisher über alles Mögliche geredet haben,
was den Arbeitsmarkt betrifft: Was spricht denn dage-
gen, dass man sich einmal ernsthaft die Mühe macht
– das ist der Kernpunkt unseres Antrages –, die wirkli-
che Unterbeschäftigung festzustellen?


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Herr Weise ist nicht der Minister!)


Sicherlich findet man viele Zahlen. Ich habe mich in den
letzten zwei Tagen immer dann, wenn ich Zeit hatte, mit
den Statistiken auseinander gesetzt. Wir haben so viele
Zahlen, dass keiner mehr weiß, welche richtig und wich-
tig sind.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das ist das Problem von Ihnen!)


Ich will damit nicht sagen, dass die nicht alle notwendig
sind. Warum bringen wir aber nicht die Kraft auf, einmal
wirklich über das Thema Unterbeschäftigung zu reden


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Tun wir doch!)


und hierbei nicht nur über die Kategorie registrierter Ar-
beitsloser, sondern auch über die Menschen in Maßnah-
men? Selbst der Sachverständigenrat redet ja davon,
dass es sich hierbei um eine Form verdeckter Arbeits-
losigkeit handelt.

Lassen Sie uns also auch einmal darüber reden, statt
in diesem Bereich nur mit Verschiebebahnhöfen zu ar-
beiten. Gerade im letzten Jahr haben Sie Menschen, die
Trainingsmaßnahmen absolvieren, also klassische Maß-
nahmen, durch die man auf den Eintritt in den ersten Ar-
beitsmarkt vorbereitet wird, aus der Statistik herausge-
nommen. Dabei suchen diese Menschen natürlich
Arbeit. Sie bereiten sich ja gerade darauf vor, wieder
eine Arbeit aufzunehmen. Sie aber sagen, weil sie sich in
einer Maßnahme befinden, zählen sie nicht. Es muss
endlich damit aufgehört werden, mit einer solchen Art
von Verschiebebahnhöfen zu arbeiten.

Noch einige Stichworte zu den Zahlen. Ich habe mir
hier die Frage aufgeschrieben: Haben wir schon eine Un-
terbeschäftigung in einer Größenordnung von 9 Millio-
nen?


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Was?)

– Sehen Sie, das habe auch ich mir gedacht. – Sie finden
inzwischen aber solche Aussagen, weil wir nicht den
Mut haben, einmal alle Zahlen zusammenzuführen. Sie
finden in dieser Woche in der „Welt“ unter der Über-

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(C (D chrift „Die Statistik trügt“ ein Beispiel. Da wird verucht, alles zusammenzuzählen; dabei kommt der Autor uf 9 Millionen. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ schafft das, genauso ie die „Wirtschaftswoche“. (Zuruf von der FDP: Auch das „Handelsblatt“! – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Wir haben doch darüber mit den Experten geredet! Wo waren Sie denn da, Herr Meckelburg?)


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Die „Welt“!)


ch habe das Gefühl, der Etikettenschwindel besteht da-
in, dass Sie nicht die Kraft aufbringen, einmal mit uns
emeinsam eine Statistik aufzustellen, in der alle Zahlen
usammengebracht werden. Dann würden wir wissen,
ie hoch die Unterbeschäftigung in Deutschland wirk-
ch ist. Sie liegt wesentlich höher als die Zahl, die uns
Zusammenhang mit registrierten Arbeitslosen ständig

enannt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das sollte der Andres einmal mit nach Hause nehmen!)


Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch
leich eine Frage unterbringen, die vorhin eine Rolle ge-
pielt hat. Es geht um die Visaproblematik. In dem
eitraum, wo Visa sehr locker ausgegeben worden sind,
ind immerhin 5,6 Millionen Menschen nach Deutsch-
nd gekommen. Glauben Sie wirklich, Frau Dückert
Sie haben das Thema ja angesprochen –, dass diese
,6 Millionen Menschen, die über Kiew, Moskau und
ndere Stellen eingereist sind, nach Deutschland gekom-
en sind, um den Kölner Dom zu besichtigen oder im
chwarzwald Urlaub zu machen?


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine solche Unverschämtheit, was Sie machen! Setzen Sie sich einmal mit den Zahlen auseinander!)


enn Sie das wirklich glauben, zeugt das von sehr viel
aivität. Hierdurch ist auch ein großer Schaden durch
chwarzarbeit entstanden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir diskutieren das heute vor dem Hintergrund von
Millionen registrierten Arbeitslosen. Schauen Sie da-
ei einmal in den Bereich der Jugendlichen:
35 000 Jugendliche unter 25 sind arbeitslos und
10 000 junge Menschen befinden sich in Maßnahmen
er BA. Allein schon das Verhältnis von 635 000 regis-
ierten Jugendlichen zu denjenigen, die nicht registriert
erden, weil sie sich in Maßnahmen befinden, ist inte-
essant. Insgesamt kommen wir auf über 1 Million jun-
er Menschen, die nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt an-
ekommen sind. Das ist die Realität in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist ganz schlimm! Die haben keine Perspektive!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

Lassen Sie mich eine weitere wichtige Zahl in den

Vordergrund rücken. Sie haben es sich in der letzten Zeit
angewöhnt, besonders auf die Zahl der Erwerbstätigen
hinzuweisen. Ich glaube, die wichtigere Zahl ist die der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Genau! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die stehen in der Statistik! Lesen Sie sie endlich einmal!)


Hierbei handelt es sich um die Arbeitsverhältnisse, die
ich nach wie vor als typisch für Arbeitnehmer ansehe,
Frau Dückert. Schauen Sie sich einmal die Entwicklung
in diesem Bereich an: Im September 2001 gab es davon
28,2 Millionen, 2002 27,8 Millionen, 2003 27,2 Mil-
lionen und 2005, also ganz aktuell, 26,7 Millionen. Das
sind 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäf-
tigte weniger und damit auch 1,5 Millionen Arbeits-
plätze weniger. Hier sieht man das Problem, das wir ha-
ben: Es gibt zu wenig Arbeitsplätze, um die Leute aus
der Arbeitslosigkeit herauszuholen. Das ist das zentrale
Thema, dem Sie sich doch endlich einmal widmen soll-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will noch einige Sätze zu Hartz sagen, weil das ja
der große Wurf sein sollte.


(Zuruf von der SPD: Haben Sie nicht zugestimmt?)


– Wir haben nicht allen Teilen von Hartz zugestimmt; es
gibt ja immerhin Hartz I bis Hartz IV.

Da gibt es zum Beispiel die PSA, die Personal-
Service-Agenturen. In diesem Zusammenhang sind jähr-
lich 350 000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs
versprochen worden.


(Dirk Niebel [FDP]: 23 000 sind es geworden!)


Realität zum Stand Januar: Es sind 27 500.
Bei der Ich-AG, dem großen neuen Instrument – ich

würde auch erst einmal abwarten, wie das zweite Jahr
der Ich-AGs aussehen wird –, sind jährlich 500 000 Jobs
versprochen worden; bis jetzt sind es 240 000 geworden.

Das Programm „Kapital für Arbeit“, der so genannte
Job-Floater, war so erfolgreich, dass Sie es bereits im
Frühjahr letzten Jahres eingestellt haben.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Wenn Sie bessere Vorschläge haben, dann lassen Sie uns darüber diskutieren! Aber lamentieren Sie nicht!)


Es hat viel Geld gekostet und statt der jährlich 120 000
neuen Jobs jährlich 12 800 gebracht.

Auch über Hartz, so muss man feststellen, sind die
Menschen nicht nur in den ersten Arbeitsmarkt gekom-
men, sondern auch in Bereiche, die der Sachverständi-
genrat zu der verdeckten Arbeitslosigkeit rechnet. Das
muss an der Stelle einmal gesagt werden.

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(C (D Ich möchte die letzte Minute meiner Redezeit auf die rage verwenden: Wie gehen wir mit älteren Arbeitsosen um? Wir brauchen diese älteren Menschen auf em Arbeitsmarkt, weil sie Erfahrung haben, und führen urzeit eine Diskussion darüber, ob wir die Lebensrbeitszeit verlängern müssten. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst mal müssen wir Ihre Frühverrentungspraxis stoppen!)


arallel dazu läuft die Diskussion darüber, wie man mit
en älteren Arbeitslosen umgehen soll. Der Vorstands-
hef der Bundesagentur für Arbeit hat diese Frage ja in
ieser Woche angesprochen.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Was wollen Sie?)


ch sage Ihnen ganz deutlich: Es geht nicht an, dass wir
ns überlegen, diese Personen aus der Arbeitsmarktsta-
istik und den entsprechenden Zahlungen herauszuneh-
en, sodass mit einem Schlag wieder 181 000 Men-
chen aus den entsprechenden Leistungen herausfielen
nd auf der Straße stünden.
Mit dem Punkt, den Herr Weise angesprochen hat,


(Zuruf von der SPD: Er hat falsch gedacht!)

at er genau den Finger in die Wunde gelegt.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Weise ist Ihr Parteifreund! Das wissen Sie auch!)


ir können arbeitsmarktpolitische Maßnahmen auflegen
nd Statistikzählereien machen, wie wir wollen – es
leibt dabei, dass wir uns der Frage stellen müssen, die
arl-Josef Laumann in der letzten Woche aufgeworfen
at: Wir müssen uns ganz verstärkt – das gilt auch noch
ür die Zeit, die Sie haben, bis Sie abgewählt werden –
er Frage zuwenden, wie wir Menschen in den ersten
rbeitsmarkt bringen, wie wir Arbeitsplätze im ersten
rbeitsmarkt generieren können, wie wir alle Politikfel-
er auf das Ziel orientieren können, das da lautet: Arbeit,
rbeit, Arbeit. Denn das hilft allen Systemen, das hilft
en Menschen und das würde notfalls sogar Ihnen
elfen, wiedergewählt zu werden. Wenn Sie sich nicht
ndern, werden Sie bei einer der nächsten Wahlen Ihre
ehrheit verlieren. Das kann ich Ihnen garantieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516102500

Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Werner Bertl,

PD-Fraktion.


Hans-Werner Bertl (SPD):
Rede ID: ID1516102600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Ich habe in meiner schon ziemlich langen
olitischen Arbeit drei Punkte gelernt, nämlich erstens
ie Opposition ernst zu nehmen, zweitens mich mit An-
egungen und Vorstellungen der Opposition ernsthaft
useinander zu setzen und drittens grundsätzlich der Op-
osition nicht schlechte Absichten zu unterstellen. Ich






(A) )



(B) )


Hans-Werner Bertl

fand diese Grundsätze immer gut; auch ich war mal in
der Opposition.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da werden Sie bald wieder sein!)


Ich wäre auch gern mit Ihrem Antrag so verfahren. Al-
lerdings ist es zu offensichtlich, dass es Ihnen schon bei
Antragstellung, am 29. Juni letzten Jahres – in Kenntnis
der Tatsache, dass die Systematik in der Statistik mit
Wirkung zum 1. Januar dieses Jahres geändert werden
würde –, ausschließlich darum ging, den Eindruck zu
vermitteln, dass alle Daten, die in Deutschland über den
Arbeitsmarkt erhoben werden, Lug und Trug seien und
dass das einzige Ziel einer bundesweiten Sammlung von
Daten sei, den Menschen die tatsächliche Situation zu
verschleiern. An dieser Stelle wird – das sage ich Ihnen
ganz ehrlich, meine Damen und Herren – Opposition für
mich fragwürdig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage Ihnen noch etwas: Noch haben nicht alle hier

in diesem Land vergessen, wie Sie 1998 die Statistik ver-
bogen und frisiert, 400 000 Menschen in Wahl-ABM ge-
schoben und so die Menschen getäuscht haben.


(Beifall bei der SPD – Dr. Axel Berg [SPD]: Vor jeder Wahl war das!)


Im Gedächtnis ist übrigens auch, dass Arbeitslosengeld-
bezieher in vorruhestandsähnlichen Maßnahmen – § 428
SGB III – seit 1986, als diese Regelung eingeführt
wurde, nicht mehr mitgezählt werden.

Es ist nicht falsch, sondern richtig, eine gute Daten-
lage zu fordern, da nur in Kenntnis der realen Situation
Instrumente wirkungsvoll entwickelt und auf dem Ar-
beitsmarkt eingeführt werden können. Da haben Sie
vollkommen Recht; ich glaube, da können wir uns fin-
den.


(Abg. Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516102700

Kollege Bertl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Hans-Werner Bertl (SPD):
Rede ID: ID1516102800

Nein, ich versuche, hier fertig zu werden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Der ist fertig!)

Ich wäre einverstanden, meine Damen und Herren,

wenn die Opposition die Idee eines Statistiksystems
hätte, welches uns mit Erkenntnissen versorgen würde,
von denen Sie behaupten, wir hätten sie nicht.

Der nächste Vorwurf, den ich Ihnen machen muss.
Entweder haben Sie noch nie aufmerksam die ersten vier
Seiten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit gelesen


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir haben nicht nur die ersten vier Seiten gelesen! – Gegenruf der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben gar nichts gelesen!)


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(C (D der Sie versuchen hier – in der Hoffnung, es merkt keier, weil sich ja letztendlich nicht sehr viele in diesem and mit dieser Statistik beschäftigen –, die Situation zu erschleiern. Jeder Bundestagsabgeordnete erhält jeden onat ein Heft, in dem auf mehr als 60 Seiten eine Da enlage dargestellt wird, die alle von Ihnen in Ihrem Anrag erhobenen Forderungen bereits umfasst. as heißt, die Transparenz, die Sie sich laut Ihrem Anrag für den Arbeitsmarkt wünschen, wird hier auf mehr ls 60 Seiten dargestellt. Im Gegensatz zu Ihrem großen Statistikpfusch von 998 mit der Verschiebung der 400 000 Arbeitslosen haen wir seit 1. Januar durch die Aufnahme der arbeitsfäigen Empfänger von Sozialhilfe eine Klarheit in das tatistiksystem gebracht, die für die Beurteilung des Areitsmarktes meines Erachtens richtig und wichtig ist. olitisch war das für uns kein einfacher Schritt. Wir haen davon nicht profitiert, denn wir haben den Menchen deutlich gemacht, dass eine große Gruppe von enschen in unserem Land überhaupt nicht gezählt urde. Erst wir haben sie in die Statistik hineingenomen, wie der Staatssekretär gerade gesagt hat. Das heißt, ein großer Unterschied zwischen uns ist: ir wussten, dass damit die Zahl der Arbeitslosen über Millionen steigt, aber wir wollten diese Wahrheit und larheit auf dem Arbeitsmarkt. (Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Warum haben Sie das dann abgelehnt, als wir das vor Jahren beantragt haben?)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Beifall bei der SPD)


Eigentlich – ich bin ganz froh, dass einige von Ihnen
och hier sind – wäre Ihr Antrag gar nicht nötig gewe-
en, wenn Sie sich einmal die Mühe gemacht hätten, sich
ur vier Seiten dieser Statistik – ich finde das für Bun-
estagsabgeordnete sehr attraktiv – anzusehen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ich habe mir die Mühe gemacht! Ich habe doch gerade etwas dazu gesagt, Herr Kollege!)


uf Seite 1 dieser Statistik erhalten Sie – das dauert gar
icht lange; das kann man während einer Sitzung mal
ben machen – eine Übersicht über alle sozialversiche-
ungspflichtig Beschäftigen in unserem Land im Mo-
atsschnitt. Sie sehen den Zugang an Arbeitslosen, und
war differenziert nach vorheriger Erwerbstätigkeit oder
usbildung. Sie bekommen Informationen, wie hoch der
nteil der Frauen und der Männer ist, wer jünger ist als
5 Jahre usw. Sie erfahren die Arbeitslosenquote bezo-
en auf abhängige zivile Erwerbspersonen, Empfänger
es Arbeitslosengeldes II und, seit diesem Jahr, des So-
ialgeldes. Gemeldete Stellen werden genannt, Teilneh-
er aktiver Arbeitsmarktpolitik.
Das heißt: Alles, was Sie reklamieren und von dem

ie behaupten, da werde etwas verdeckt und man habe
einen Überblick mehr, finden Sie hier aufgeführt:
erufliche Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen, PSA,






(A) )



(B) )


Hans-Werner Bertl

Arbeitsgelegenheiten, Existenzgründungsschutz, Über-
brückungsgeld –


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch vorhin alles genannt worden!)


all das steht in dieser Statistik, meine Damen und Her-
ren. Das Ganze wird dann auch noch schön aufbereitet
und bezogen auf Westdeutschland und Ostdeutschland
dargestellt, das heißt, auch in dieser Hinsicht kann ein
Vergleich vorgenommen werden.

Außerdem lohnt sich für Sie die Seite 4, denn dort be-
kommen Sie die Informationen wirklich sehr dezidiert:
Wie viele Menschen befinden sich in beruflichen Quali-
fizierungsmaßnahmen, in Vollzeitmaßnahmen? Wie
viele behinderte Menschen befinden sich in Maßnah-
men? Wie viele befinden sich in Wiedereingliederungs-
maßnahmen? Auch der ganze Bereich der beschäfti-
gungsbegleitenden Systeme ist mit aufgenommen
worden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das hat er doch alles vorhin in seiner Rede gesagt!)


– Mein lieber Herr Hinsken, die Zahlen, die Sie in Ihrem
Antrag fordern, liefert uns die Bundesagentur für Arbeit
auf den ersten vier Seiten ihrer Statistik. Diese Zahlen
umfassen sogar den Bereich der Arbeitsteilzeit und der
nicht arbeitslosen Leistungsempfänger. Ich muss daher
sagen: Sie vermitteln den Menschen den Eindruck, als
würde in diesem Land gelogen und betrogen


(Dirk Niebel [FDP]: So ist es!)

und als könnte kein Mensch wissen, wie die Situation
auf dem Arbeitsmarkt ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Wahrheit ist aber: Jeden Monat erhält jeder von Ih-
nen diese Statistik. Sie brauchen nur vier Seiten daraus
zu lesen und haben einen umfassenden Überblick über
die Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Es gibt noch etwas Neues, was zumindest für diejeni-
gen interessant ist, die sich ab und zu mit der Statistik
der Bundesagentur für Arbeit beschäftigen. Auf den
Seiten 60 und folgende findet jeder die entsprechenden
Daten für seine Stadt bzw. seinen Kreis. Man muss also
deswegen nicht mehr mit dem Leiter der örtlichen Ar-
beitsagentur sprechen. Auf diesen Seiten gibt es auch die
genauen Zahlen zu den Arbeitslosengeld-II-Beziehern.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wie viele sind denn tatsächlich beschäftigungslos?)


Herr Andres hat es eben schon gesagt: Die ILO-Sta-
tistik ist kein Ersatz für die BA-Statistik. Wir werden
vielmehr beide Statistiksysteme nebeneinander stellen.
Die ILO-Statistik hat einen großen Vorteil: Sie wird in
123 Staaten und auch bei der OECD angewandt.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie hat einen Vorteil: dass sie geringer ausfällt!)


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(C (D nsere BA-Statistik wird von Eurostat und von allen uropäischen Staaten anerkannt. Man kann also sagen: Auf der einen Seite gibt es mit er BA-Statistik eine sehr differenzierte Arbeitsmarkttatistik, die uns in den Stand setzt, die richtigen Instruente zu entwickeln. Auf der anderen Seite haben wir it der ILO-Statistik ab 1. März dieses Jahres die Mögchkeit, volkswirtschaftliche Vergleiche – genau das ist er Schwerpunkt der ILO-Statistik – zwischen 123 Staan zu ziehen. Wenn Sie die ernsthafte Absicht hätten, einen höheren rkenntnisgewinn zu erzielen, um daraus resultierend ine entsprechende Arbeitsmarktpolitik zu gestalten, ann müssten Sie Ihren Antrag zurückziehen. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Bei Ihnen hat es immer noch nicht hingehauen! Wir haben noch 5 Millionen Arbeitslose!)


ir können Ihren Antrag nicht umsetzen, weil die Da-
n, die Sie fordern, Ihnen jeden Monat auf über 60 Sei-
n zugestellt werden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht!)


Ich kann Ihnen nur empfehlen: Bitte beschäftigen Sie
ich mit dieser Statistik und bitte versuchen Sie nicht,
en Menschen Sand in die Augen zu streuen, indem Sie
ehaupten, Arbeitsmarktpolitik würde nur noch auf
rundlage falscher Daten betrieben!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Singhammer und Meckelburg haben hervorragende Reden gehalten!)


Bevor wir uns über die Fragen streiten, welches Sta-
istiksystem sinnvoller ist und ob alle Daten vorliegen
ich behaupte: sie liegen vor –, empfehle ich Ihnen:
ntwickeln Sie mit uns Hartz IV weiter – Sie haben in
inigen Bereichen schon mitgemacht und Blockaden
ufgehoben –, damit wir die Arbeitslosigkeit wirksam
ekämpfen können!
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516102900

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

mpfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
uf Drucksache 15/4463 zu dem Antrag der Fraktion der
DU/CSU mit dem Titel „Arbeitsmarktstatistik aussage-
räftig gestalten – Ausmaß der Unterbeschäftigung ver-
eutlichen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
rucksache 15/3451 abzulehnen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die
timmen von CDU/CSU und FDP angenommen.






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter
Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth, Marie-Luise
Dött, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
REACH als Chance für einen Paradigmen-
wechsel nutzen – Alternativmethoden statt
Tierversuche
– Drucksache 15/4656 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol-
legin Maria Flachsbarth, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1516103000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Im Oktober 2003 legte die EU-Kommission
auf Grundlage des im Februar 2001 erarbeiteten Weiß-
buchs „Strategie für eine zukünftige Chemikalienpoli-
tik“ einen Verordnungsentwurf namens REACH zur
Chemikaliensicherheit vor.

Es besteht fraktionsübergreifender Konsens: Wir be-
grüßen das Ziel der Chemikalienpolitik auf europäischer
Ebene, die Sicherheit für Mensch und Umwelt beim
Umgang mit Chemikalien zu erhöhen. Auch die Zusam-
menführung von fast 40 Verordnungen und Gesetzen im
Bereich der europäischen Chemikalienpolitik ist zu be-
grüßen. Doch ob das mit einem Entwurf von mehr als
1 200 Seiten gelungen ist, ist fraglich.

Aus deutscher Sicht, aus Sicht eines Standorts, der ein
Drittel der europäischen Chemieindustrie mit mehr als
450 000 Arbeitsplätzen vor allem in mittelständischen
Unternehmen beheimatet, stelle ich fest: Der Umgang
mit Chemikalien – auch mit Altchemikalien, mit solchen
also, die vor 1981 auf den Markt gekommen sind – ist
bereits in hohem Maße sicher.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dafür sorgen das Chemikaliengesetz, die Chemikalien-
Verbotsverordnung, die Bodenschutz-, Wasserschutz-
und Immissionsschutzgesetze, das Arbeitsschutzgesetz,
die Gefahrstoffverordnung usw. Daher ist der Eindruck,
der von der rot-grünen Bundesregierung und von den
Regierungsfraktionen erweckt wird, nämlich dass unmit-
telbare Gefahr im Verzug sei, irreführend.

In der Vergangenheit ist bereits mehrfach auf die
starke Zunahme der Zahl der Tierversuche hingewiesen
worden, die durch die neue europäische Chemikalien-
politik verursacht werden könnte. Diese Gefahr wurde

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(C (D uf der Anhörung im Deutschen Bundestag am . November letzten Jahres von Experten erneut bestäigt. Auch wenn der Kommissionsentwurf einige Verbeserungen für den Tierschutz enthält, so ist immer noch it einer dramatischen Zunahme der Zahl der Tierversuhe zu rechnen. ie Einschätzungen schwanken, befinden sich aber alle m Bereich von mehr als 10 Millionen zusätzlichen Tierersuchen. Zum Vergleich: Derzeit werden jährlich rund 1 Millionen Versuchstiere auf EU-Ebene „verbraucht“, o der vierte Bericht der EU-Kommission zur Tierersuchsstatistik von Anfang Februar dieses Jahres. EACH in der derzeitigen Form würde demnach nach ller Wahrscheinlichkeit den „Jahresverbrauch“ weit bertreffen. Die Expertenanhörung hatte aber auch das Ergebnis, ass die europäische Chemikalienverordnung, wenn sie ichtig ausgestaltet wird, durchaus positive Effekte für en Tierschutz mit sich bringen kann. Professor Lingk om Bundesinstitut für Risikobewertung sprach insoweit on der Möglichkeit eines Paradigmenwechsels. Derzeit st bei der Sicherheitsüberprüfung von Chemikalien, harmazeutika und Kosmetika der Primat von Tierveruchen vorgesehen. Das heißt, Tierversuche geben den etzten Ausschlag für die Risikobewertung eines Stoffes. lternativmethoden haben allzu häufig nur begleitenden der untergeordneten Charakter. Das könnte sich nun im Rahmen eines umstrukturier en REACH ändern. Prüfungen würden nur dort erfolen, wo sie notwendig sind, also „checklist versus rain“, und Alternativmethoden würden im Vordergrund tehen. Das heißt, Tierversuche hätten ergänzenden Chaakter. Zudem sind Tierversuche, die etabliert und hineichend validiert sind, aussagekräftiger und kostenünstiger. in Beispiel: Im Rahmen der Prüfung der akuten Photooxizität kostet ein Tierversuch 2 000 bis 4 000 Euro. Alernativmethoden hingegen kosten nur 650 bis 200 Euro. Eine im August letzten Jahres veröffentliche Studie es BfR zeigt, dass sich die Zahl der Versuchstiere beim insatz aller heute zur Verfügung stehenden Mittel auf eutlich unter 10 Millionen verringern ließe. Neben dem insatz von Alternativmethoden ist auch der Ausbau von uantitativen Structure Activity Relationsships, von ARs, vorgesehen. Die Betrachtung potenzieller Geundheitsrisiken durch die Analyse von Molekülstruktuen würde so ermöglicht. Damit dieser Paradigmenwechsel tatsächlich gelingt, st es allerdings notwendig, ausreichend Forschungsittel zur Verfügung zu stellen. Im Entwurf des Hausaltes 2005 waren Fördermittel von lediglich 2,4 Millioen Euro vorgesehen. Das ist ein historischer Tiefstand. 987 waren es 6,5 Millionen Euro. Dr. Maria Flachsbarth Nach massiven Protesten auch der Opposition ist der Ansatz auf immerhin 2,8 Millionen Euro erhöht worden. Aber das reicht kaum, um neue Vorhaben zu beginnen, und ist vor dem Hintergrund der REACH-Problematik lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Im Übrigen entspräche eine deutliche Erhöhung des
Forschungsetats einer Forderung weiter Teile der Bevöl-
kerung in Deutschland und Europa. Im September letz-
ten Jahres wurde der Europäischen Union eine Petition
der „europäischen Koalition zur Beendigung von Tier-
versuchen“ mit mehr als 500 000 Unterschriften überge-
ben.

Neben dem Ausbau von Alternativmethoden muss die
Chemikalienverordnung in Richtung einer möglichst ge-
ringen Anzahl vorgeschriebener Tierversuche um-
strukturiert werden. Deshalb ist in unserem Antrag, der
heute zur Debatte steht, auf Schwachpunkte in dem
Kommissionsvorschlag bei der gemeinsamen Nutzung
von Prüfdaten hingewiesen worden, die es zu beseitigen
gilt. Das entspricht im Übrigen auch einer Forderung des
Bundesrates vom Juni letzten Jahres.

Von großer Bedeutung ist des Weiteren, die Idee „one
substance – one registration“ – OSOR – durchzusetzen.
Ein entsprechender britisch-ungarischer Vorschlag hat
bereits breite Unterstützung quer durch alle politischen
Fraktionen gefunden. Dieser Grundgedanke entspricht
§ 20 a des deutschen Chemikaliengesetzes, das es übri-
gens seit 1990 gibt. Er sieht vor, dass jeder chemische
Stoff nur einmal registriert wird, und zwar unabhängig
davon, wie viele Produzenten es gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Genauso ist es! – So muss es sein!)


Das muss aber auch so ausgestaltet sein – das ist ganz
wichtig –, dass es auch tatsächlich funktioniert und die
Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen ge-
wahrt werden, wie es im deutschen Recht seit langem er-
folgreich praktiziert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit genau diesem Modell sollte die Bundesregierung in
Europa vorstellig werden.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Der Verband der Chemischen Industrie, der VCI, hat
zusammen mit dem europäischen Chemikalienverband,
CEFIC, jüngst einen Vorschlag zur Ausgestaltung des
europäischen Chemikalienrechts vorgelegt, in dem
OSOR sehr gut integriert ist, da eine frühzeitige Koope-
ration möglich wird. Er sieht verschiedene Stufen vor.
Stufe 1: die Vorregistrierung und die Meldung aller
Stoffe über 1Tonne, danach die Meldung von Kern-
informationen zu diesen Stoffen. Stufe 2: risikobezogene
Priorisierung anhand von Stoffeigenschaften sowie Ver-
wendungs- und Expositionskategorien. Stufe 3: Re-
gistrierung. Das bedeutet die Festlegung von Prüfungs-

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(C (D nforderungen anhand von Risikound Expositionskateorien inklusive der Berücksichtigung in einem entsprehenden Zeitplan. Vorteile dieses Vorschlags sind ohne Zweifel, dass ach kurzer Zeit ein Überblick über alle gehandhabten toffe vorliegt und dass es nach weniger als fünf Jahren ewertungsrelevante Kerninformationen für jeden der ber 30 000 Stoffe, die in einer Menge von über 1Tonne roduziert werden, gibt. Der Kommissionsvorschlag ürde dafür über elf Jahre brauchen. Es wird keine Daenfriedhöfe geben, da jeder Stoff nur einmal zu einem estimmten Zeitpunkt registriert wird. Dadurch wird es uch weniger Tierversuche geben. Ein weiterer Vorteil esteht darin, dass Rezepturen nicht mehrfach verändert erden müssen. Anfang dieser Woche hat der BMU diesen sehr kon truktiven Vorschlag kategorisch zurückgewiesen. (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! – Das gibt’s doch gar nicht!)

ugleich versucht er, kleine und mittlere Unternehmen
egen große Chemiekonzerne auszuspielen. Das ist ein
ersuch, der keiner sachlichen Beurteilung des VCI/
EFIC-Vorschlags standhält.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit ignoriert die Bundesregierung – ich will das in

ller Deutlichkeit sagen – die Sorgen des Mittelstandes.
er wissen möchte, was der derzeitige Kommissions-
orschlag für den Mittelstand bereithält, braucht nur in
as Protokoll der Anhörung im Deutschen Bundestag zu
chauen.
Bleibt der Kommissionsvorschlag unverändert beste-

en, könnte das massiv negative Auswirkungen auf die
irtschaft und auf die Arbeitsplätze haben; zu ent-

prechenden kritischen Einschätzungen kommen auch
ie Untersuchungen der Bundesländer Niedersachsen,
ordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Dabei ist
icht nur die chemische Industrie betroffen, vielmehr er-
assen die Auswirkungen nahezu jede Branche in
eutschland; denn Stoffpolitik bestimmt fast alle Bran-
hen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei einer

orgfältigen Ausgestaltung von REACH lassen sich die
nliegen des Verbraucherschutzes und des Umwelt-
chutzes mit den Interessen der Wirtschaft vereinbaren.
enau das ist Nachhaltigkeit. Wenn die Bundesregie-
ung es mit nachhaltiger Entwicklung wirklich ernst
eint, sollte sie sich für diese Forderungen in Europa
onsequent einsetzen. Lassen Sie uns die Chance für ei-
en Paradigmenwechsel in der europäischen Chemika-
ienpolitik und in der europäischen Tierversuchspolitik
icht verpassen!
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516103100

Das Wort hat jetzt der Kollege Heinz Schmitt von der

PD-Fraktion.






(A) )



(B) )



Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1516103200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau
Flachsbarth, herzlichen Dank für die Beschreibung Ihres
Antrags. Sie haben erneut Gesprächsbedarf zu REACH
angemeldet. Der Tierschutz steht dabei im Vordergrund,
wir haben es gehört. Vor gut einem Jahr stand das Thema
Tierschutz schon einmal auf unserer Tagesordnung, des-
halb freue ich mich, dass wir uns über diesen wichtigen
Aspekt von REACH mittlerweile grundsätzlich einig
sind.

Es gab Zeiten, in denen Ihre Fraktion REACH gene-
rell infrage gestellt und als das Ende der Chemikalien-
politik in der Volkswirtschaft unseres Landes bezeichnet
hat. Mittlerweile gibt es erfreulicherweise eine Akzep-
tanz. Wir sind uns einig – wir haben lange dafür ge-
kämpft, dass der Tierschutz ins Grundgesetz aufgenom-
men wurde –,


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das allein hilft aber nicht! Wir müssen es mit Handlungen füllen!)


dass der Tierschutz bei uns hohe Priorität genießt. Wir
wollen REACH so umsetzen, dass möglichst wenige
Tierversuche durchgeführt werden.

Ich frage mich allerdings, ob Sie die Argumente, die
vor einem Jahr zur Sprache kamen, überhaupt gehört
und sie in Ihrem jetzigen Antrag berücksichtigt haben.
Mir scheint, dass dies nicht der Fall ist.


(Beifall bei der SPD)

In Ihrem Antrag geistern bezüglich der Anzahl der für
Versuche benutzten Tiere immer noch Zahlen aus dem
Jahre 2001 herum. Sie führen aus, es handele sich hier-
bei laut einer britischen Studie um 12 Millionen Tiere.
Da das Ergebnis dieser Studie, wie Sie wissen, längst
überholt ist, ist die Zahl, die Sie nennen – 12 Millio-
nen –, ganz kalter Kaffee. Wir können Ihrem Antrag al-
lein deshalb, weil er solche falschen Angaben enthält,
leider nicht zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch andere Punkte werden nicht dadurch richtiger,

dass Sie sie ständig wiederholen. Sie sagen zum Bei-
spiel, die Bundesregierung habe die Mittel für Alter-
nativmethoden reduziert; auch das ist falsch. Sie wis-
sen: In diesem Bereich wurden lediglich weniger Mittel
abgerufen, als bereitgestellt worden waren.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie wissen genau, dass das völlig falsch ist!)


Die Statistik spiegelt das nicht wider. Wenn mehr Mittel
benötigt werden, werden sie bereitgestellt. Im Übrigen
sage ich Ihnen: Die Gewinnsituation in der Chemiebran-
che ist so gut, dass auch sie Geld bereitstellen kann, mit
dem Alternativen zu Tierversuchen entwickelt werden
können. Nicht alles muss die öffentliche Hand machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Es geht doch um Ersatzund Ergänzungsmethoden!)


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(C (D Wir stellen fest, dass die Kommission bereits viele aßnahmen ergriffen hat, um die Anzahl der für EACH notwendigen Tierversuche zu verringern. (Zuruf von der CDU/CSU: Das reicht noch nicht!)


o gesehen kann als Erfolg gemeldet werden, dass be-
eits viel getan wurde, um die Forderungen, die sich tat-
ächlich mit der Vermeidung von Tierversuchen befas-
en, zu erfüllen.
Betrachtet man Ihre Forderungen allerdings im Ein-

elnen – Sie haben in Ihrem Antrag zehn Forderungen
estellt –, stellt man fest, dass nur einige von ihnen et-
as mit dem Thema Tierversuche zu tun haben. Ich habe
en Eindruck: In Ihrem Antrag schreiben Sie zwar, dass
ie Tierversuche vermeiden wollen, aber er enthält eine
ehörige Portion Verband der Chemischen Industrie.
Es geht wieder einmal um die Frage, wie man
EACH weitgehend umgehen kann. Dafür gibt es sehr
ut klingende Schlagworte wie „Risikoorientierung“
der, wenn es um die Erhebung von Daten geht, „Expo-
itionskriterien“. Eines möchte ich vorausschicken: Wir
ehren uns grundsätzlich nicht gegen intelligente Alter-
ativen zur jetzt vorliegenden Fassung von REACH. Es
at sich auch schon sehr viel verändert. Die verantwort-
ichen Politiker in unserem Lande haben sich darum be-
üht, die Anzahl der Regelungen, durch die die Indus-
rie zu stark belastet würde, zu minimieren. Es ist also
chon sehr viel getan worden. Wenn uns sinnvolle Alter-
ativmethoden präsentiert würden, wären wir die Letz-
en, die sich dagegen sperren.
„Praktikabel“ heißt für uns auch, dass man mit diesen
ethoden die Ziele des Schutzes der menschlichen
esundheit, des Arbeits- und Verbraucherschutzes
nd des Schutzes der Umwelt ohne Wenn und Aber er-
eicht.


(Beifall bei der SPD)

enn Sie also die bereits hinreichend bekannten Vor-
chläge des VCI wiederholen und vorgeben, dadurch
önnten angeblich unnötige Tierversuche vermieden
erden, dann müssen wir uns die Situation schon ge-
auer ansehen.
Der jetzige Entwurf von REACH basiert auf einer
ombination aus Mengen- und Risikokriterien, aus
enen sich relativ einfach Prüf- und Nachweispflichten
ur Beurteilung eines Stoffes und seiner Gefährlichkeit
bleiten lassen. Es gibt klare Regeln. Ab bestimmten
erstellungs- bzw. Importmengen von Chemikalien
erden Tests vorgeschrieben; je höher die Menge, desto
öher die Testanforderungen.
Bei diesem Verfahren geht man davon aus, dass die
ahrscheinlichkeit eines Kontaktes von Menschen mit
er Chemikalie steigt, je mehr davon produziert wird.
it einigem Recht wird auch darauf hingewiesen, dass
s sich hierbei nur um ein grobes Raster handelt. Des-
alb klingt die Initiative der Chemiebranche zunächst
inmal charmant, nur noch dann Tests zur Bestimmung
er Gefährlichkeit chemischer Stoffe durchzuführen,






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)


wenn überhaupt ein bestimmter Kontakt mit Mensch und
Umwelt, also eine bestimmte Exposition, zu fürchten ist.

Des Weiteren wird versucht, je nach Art und Häufig-
keit des Kontaktes so genannte Expositionskategorien
zu bestimmen, aus denen sich die Notwendigkeit be-
stimmter Untersuchungen ergibt. Während man dem
ersten Gedanken, den ich erwähnt habe, ohne weiteres
zustimmen kann, wird es bei den so genannten Exposi-
tionskategorien problematisch. Wenn es sich zum Bei-
spiel um einen Stoff mit einer Produktionsmenge von
100 Jahrestonnen handelt, werden schnell 100 oder mehr
verschiedene Anwendungsgebiete erreicht, die auf alle
möglichen Expositionen überprüft werden müssten. Je
mehr Anwender, desto mehr Tests sind nötig, und daher
wird das Ziel, das Sie beschrieben haben, nicht erreicht.
Vielmehr wird das Verfahren eher komplizierter. Wir sa-
gen: Egal, wie viel Nachfrage nach einem Stoff und wie
viele Abnehmer es gibt, gilt er, wenn er einmal getestet
ist, als beurteilt. Durch das Aufteilen nach Expositions-
kategorien wird das Gegenteil erreicht; allein schon da-
durch wird die Praktikabilität des Modells der chemi-
schen Industrie infrage gestellt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516103300

Herr Kollege Schmitt, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Frau Kollegin Flachsbarth?


Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1516103400

Gern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516103500

Bitte schön, Frau Flachsbarth.


Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1516103600

Herr Kollege Schmitt, wir streiten uns immer wieder

über Zahlen. Letztendlich geht es doch darum, ob es tat-
sächlich notwendig ist, immer mehr Tiere zu verbrau-
chen, um Daten zu gewinnen, die eigentlich schon vor-
liegen.

Würden Sie mir zustimmen, dass eine Studie des BfR
aus dem August letzten Jahres ein Worst-Case-Szenario
enthalten hat – auch wenn das wohl nicht eintreten
wird –, dass bis zu 45 Millionen Tierversuche notwendig
sein werden? Dabei würde – als untere Grenze – eine
Zahl von unter 10 Millionen Tierversuchen reichen, al-
lerdings nur, wenn genug Mittel für Ersatz- und Ergän-
zungsmethoden zur Verfügung stünden. Würden Sie mir
deshalb zustimmen, dass der Ansatz von 2,8 Mil-
lionen Euro für die Förderung von Ersatz- und Ergän-
zungsmethoden wesentlich zu gering ist? Würden Sie
mir weiter zustimmen, dass es zwar Bemühungen der
Europäischen Kommission gibt, Tierversuche zu verhin-
dern, dass wirksame Instrumente aber nicht in dem er-
forderlichen Umfang existieren? Firmen werden dazu
aufgefordert, sich zusammenzuschließen und bezüglich
der vorliegenden Daten zu kommunizieren. Wenn sie das
aber nicht tun, haben wir letztlich keine rechtliche Hand-
habe. Würden Sie mir von daher zustimmen, Kollege
Schmitt, dass die Gefahr, dass die Anzahl der Tierver-

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(C (D uche exponentiell zunimmt, immer noch nicht gebannt t? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1516103700

Frau Flachsbarth, würden Sie mir zustimmen, dass

ei einem Jahresumsatz der chemischen Industrie in
eutschland von über 200 Milliarden Euro 2 oder 3 Mil-
onen Euro relativ wenig sind und eigene Anstrengun-
en durchaus begründet sein können?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Mit dieser Einstellung machen Sie das Land kaputt!)


s kann doch nicht angehen, dass auf der einen Seite
ute Erlöse – berechtigte Erlöse – eingefahren werden,
ie öffentliche Hand aber wieder einmal die Risiken tra-
en soll.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist CDUPolitik!)


Ja, das könnte man sagen. – Da muss man schon genau
inschauen und die Zahlen vergleichen.
Ich denke, wenn pro Anwendungsgebiet ein eigener

ersuch gemacht werden muss, wird der Aufwand eher
öher und das Ziel, das Sie und wir alle erreichen wollen
weniger Tiere zu verbrauchen –, nicht erreicht.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist der Ansatz der Bundesregierung: Tierschutz ins Grundgesetz – und dann nichts!)


Ich habe mich dafür eingesetzt, den Tierschutz im
rundgesetz zu verankern. Aber bevor Stoffe, die nicht
eprüft sind, mit Menschen in Verbindung kommen,
üssen eben – leider – Tierversuche stattfinden. Da kön-
en wir noch so hehre Ziele haben; in diesem Fall hat
er Menschenschutz vor dem Tierschutz ganz klar Prio-
ität.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Darüber sprechen wir heute nicht! Wir sprechen über unnötige Doppelversuche!)


Wenn wir Ihren Antrag – der sich zunächst gut an-
ört – einer realistischen Belastungsprobe unterziehen,
üssen wir also feststellen: Er hält den Anforderungen
icht stand, zumindest dann nicht, wenn die Schutzziele
on REACH bzw. die, die von der Industrie selbst ge-
teckt werden – weniger Bürokratie und mehr Mittel-
tandsfreundlichkeit zu erreichen –, ernst genommen
erden sollen. Schon daher kann man nicht davon aus-
ehen, dass ein expositionsorientierter Ansatz die Zahl
er notwendigen Tierversuche verringern würde, was
nser aller Ziel ist; ich habe es ja gesagt. Das Gegenteil
st aus heutiger Sicht der Fall. Wir sollten uns gemein-
am anstrengen, Lösungen zu finden, wie wir die Zahl
er Tierversuche minimieren können. Leider geht es






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)


beim vorliegenden Ansatz mehr um die Umgehung von
REACH-Vorgaben als um Tierschutz.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie wissen, dass das nicht so ist!)


– Das kann man aus Ihren zehn Forderungen eindeutig
ableiten.

Wir sind uns in der Zielrichtung durchaus einig: Wir
wollen in Europa beim Umgang mit Chemikalien einen
besseren Schutz für die menschliche Gesundheit und
für die Umwelt – und dies mit möglichst wenigen Tier-
versuchen. Aber Ihr Antrag enthält zu viele inhaltliche
Fehler, als dass wir ihm zustimmen könnten. Deswegen
müssen wir ihn heute leider ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516103800

Das Wort hat die Kollegin Birgit Homburger von der

FDP-Fraktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1516103900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

haben über das in Europa diskutierte REACH-System,
bei dem es um die Registrierung, Evaluierung und
Genehmigung von Chemikalien und die Frage geht,
wie das innerhalb Europas organisiert werden soll, schon
mehrfach ausgiebig gesprochen, auch hier im Plenum.

In der Begründung der EU-Kommission steht, dass es
darum geht, mehrere Ziele gleichzeitig zu verwirklichen,
nämlich zum Ersten den Schutz der menschlichen Ge-
sundheit und der Umwelt, zum Zweiten die Wahrung
und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der chemi-
schen Industrie in der EU und zum Dritten die Förde-
rung von Testmethoden ohne Verwendung von Tie-
ren. Im 34. Erwägungsgrund sagt die EU-Kommission
ganz eindeutig, mit diesem REACH-System solle auch
die Zahl der Tierversuche reduziert werden. Ich möchte
hier ganz klar betonen: Die FDP unterstreicht all diese
Ziele. Das Problem ist nur, dass die EU-Kommission ih-
rem eigenen Entwurf und ihrer eigenen Zielsetzung in
keinem einzigen Punkt gerecht wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das gilt auch für die im Moment vorliegende überarbei-
tete Fassung.

Herr Schmitt, ich kann nur sagen: Ich wundere mich
ein wenig über das, was Sie hier gesagt haben. Ich habe
mir noch einmal die Beschlussempfehlung zu dem letz-
ten Antrag mit dem Titel „Tierversuche in der europäi-
schen Chemikaliengesetzgebung auf ein Minimum be-
grenzen“ herausgesucht. Dabei ging es bereits um das,
was jetzt in dem Antrag der CDU/CSU steht. In diesen
Antrag der CDU/CSU sind ein paar neue Untersu-
chungsergebnisse aufgenommen worden. An sich ist das
Anliegen aber exakt das gleiche. Insofern muss ich sa-
gen, dass Sie sich wenigstens weiterentwickelt haben;
denn ausweislich der Beschlussempfehlung, die Sie

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(C (D elbst abgesegnet haben, haben Sie damals noch gesagt, ass das Anliegen, das mit dem Antrag verfolgt wird also die Berücksichtigung des Tierschutzes –, durch iesen Verordnungsentwurf bereits grundlegend berückichtigt sei; der Antrag sei inhaltlich überholt und werde aher abgelehnt. Zu diesem Punkt komme ich jetzt. Wir alle in diesem ause haben uns fraktionsübergreifend für eine Staatsielbestimmung „Tierschutz“ im Grundgesetz stark geacht. Bei REACH bekommen wir das nicht hin. Ich erstehe, dass wir hier keine Einigkeit in allen Punkten aben. Bei den Tierversuchen aber müsste es doch öglich sein, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu komen und einen gemeinsamen Antrag zu stellen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Dann lesen Sie doch den Antrag durch!)


Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: REACH führt
u mehr Tierversuchen und zu mehr Bürokratie, ohne
ass dem ein höheres Maß an Umwelt- und Gesundheits-
chutz gegenübersteht. Das ist unsere Kritik.


(Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Das heißt, Sie sind nach wie vor generell gegen REACH!)


eswegen sage ich ganz klar: Wir sollten schauen, dass
ir hier eine einheitliche Meinung finden, die wir ge-
einsam vertreten können. Das sind wir dem Anliegen
es Tierschutzes schuldig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nun stellt sich die Frage, wie man unnötigen Tierver-

uchen bei REACH entgegenwirken kann.
Erster Punkt. Für die Sicherheit der menschlichen Ge-

undheit und der Umwelt beim Umgang mit Chemika-
ien sind die Risiken bei der Herstellung, der Verarbei-
ung und der Anwendung maßgeblich. Ich komme zu
inem ganz einfachen praktischen Beispiel: Ein Toilet-
enreiniger ist nicht zum Trinken geeignet. Das wird
uch niemand tun; denn jeder weiß das. Es geht also um
ie Anwendung einer Chemikalie, nicht um die Herstel-
ung oder Verarbeitung einer Chemikalie.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

enau das ist das Problem des europäischen Ansatzes.
ort wird von einer Produktionsmengenschwelle in
öhe von einer Jahrestonne geredet und nichts über die
efährlichkeit und Beherrschbarkeit eines Stoffes aus-
esagt. Deswegen sage ich Ihnen: Wir brauchen eine
rundsätzliche Umstellung des Verordnungsansatzes,
amit sich die Informations- und die Prüfanforderungen
uf die Exposition und das Risiko, aber nicht auf die
enge eines Stoffes richten. Dadurch würden wir einer-
eits ein hohes Schutzniveau und andererseits eine Redu-
ierung der Anzahl der Tierversuche erreichen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Zweiter Punkt. Darüber hinaus müssen wir die vor-

andenen Daten besser nutzen. Wir haben eine ganze
eihe von Daten über verschiedene Stoffe in den unter-
chiedlichsten Bereichen. Wir verfügen über Sicher-






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

heitsdatenblätter und arbeitsmedizinische Datenblätter
für bestimmte Stoffe. Es gibt eine ganze Reihe von toxi-
kologischen und pharmakologischen Erkenntnissen und
Untersuchungen. Die Verwertung der Erkenntnisse aus
diesen Altstudien, die im deutschen Chemikaliengesetz
vorgesehen ist, muss unbedingt dafür genutzt werden,
die Anzahl der Tierversuche, die bei REACH durchge-
führt werden soll, zu verringern.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Diesen Ansatz sollte man dringend auch auf europäi-
scher Ebene einbringen. Das hat die Bundesregierung
bisher verschlafen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Den Ansatz von Großbritannien und Ungarn – eine

Substanz, eine Registrierung – finde ich diskussionswür-
dig. Aber ich sage auch – das kommt in Ihrem Antrag
zum Ausdruck –, dass man sehr gut aufpassen muss, zu
gewährleisten, dass die berechtigten wirtschaftlichen
Interessen eines Unternehmens gewahrt werden und die
Erkenntnisse, die man durch eigene Untersuchungen ge-
winnt, der Firma zur Verfügung stehen. Die Forschung
nach Ersatz- und Ergänzungsmethoden muss intensi-
viert und verstärkt werden. Vor allen Dingen müssen alle
bestehenden Methoden in REACH zugelassen werden.
Auch das ist noch nicht der Fall.

Es gibt eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten.
Das, was Sie heute für die SPD-Fraktion gesagt haben,
Herr Schmitt, ist eine Bewegung in die richtige Rich-
tung. Ich hoffe deshalb, dass wir es im Rahmen der Aus-
schussberatungen schaffen, in diesem zentralen und
wichtigen Punkt zu einem gemeinsamen Antrag aller
Fraktionen des Deutschen Bundestages zu kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104000


Das Wort hat die Kollegin Dr. Antje Vogel-Sperl vom
Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten
Sie mir eine Eingangsbemerkung. Am Mittwoch dieser
Woche haben wir im Umweltausschuss des Deutschen
Bundestages den Nachhaltigkeitsbericht erörtert. An die-
ser Stelle möchte ich ganz klar betonen, dass die Not-
wendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung von allen
Fraktionen unterstrichen und anerkannt wurde. Meine
Damen und Herren von der Opposition, die heutige De-
batte zeigt dennoch einmal mehr, dass bei Ihnen Reden
und Handeln leider sehr weit auseinander gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das können wir widerlegen!)


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(C (D Anstatt REACH als das zu begreifen, was es ist, nämich als die Chance für eine nachhaltige Entwicklung er chemischen Industrie einschließlich der nachgechalteten Industrie, versuchen Sie weiter, den Verordungsentwurf, insbesondere den mengenund risikobeogenen Ansatz, grundsätzlich infrage zu stellen, indem ie die immer gleichen und längst widerlegten Arguente ins Feld führen. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wir können doch zu den Risiken für die Tiere und die Arbeitsplätze nicht schweigen!)


arüber haben wir in diesem Haus und in den Ausschüs-
en bereits ausführlich beraten. Ich möchte mich deshalb
n dieser Stelle auf einige aus unserer Sicht wichtige
unkte beschränken und auf diese kurz eingehen.
Erstens. Das Thema Tierschutz ist gerade für uns
rüne auch im Zusammenhang mit der europäischen
hemikalienverordnung von ganz besonderer Bedeu-
ung.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Reden reicht nicht!)


ir sehen und begreifen REACH als die Chance, tier-
ersuchsfreie Testmethoden international zu etablieren.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

ch verweise hier nur auf unseren Antrag zur europäi-
chen Chemiepolitik vom März 2004,


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das hat doch mit der Realität nichts zu tun!)


en wir im vergangenen Jahr beschlossen haben. Ich
mpfehle Ihnen dringend, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition, ihn einmal zu lesen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Den kenne ich!)


r ist allerdings etwas umfangreicher als Ihrer.

(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber ich kenne ihn! Da steht nichts drin!)

ber das ist angesichts der immensen Bedeutung von
EACH mehr als angemessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Zum Tierschutz haben Sie nichts gemacht!)


In diesem Antrag heißt es ganz klar und unmissver-
tändlich – ich zitiere –:

Zur Verhinderung unnötiger Wirbeltierversuche
müssen verbindliche Regelungen für Prüfverfahren
getroffen werden. Das Ziel muss sein, doppelte
Wirbeltierversuche zu verhindern, eine gemein-
same Nutzung von Daten seitens der Unternehmen
vorzuschreiben und die Anwendung alternativer
tierversuchsfreier Testmethoden verbindlich zu eta-
blieren.






(A) )



(B) )


Dr. Antje Vogel-Sperl


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wenn Sie Ihre Politik daran ausrichten würden, wäre das gut!)


Weiter heißt es:
Die Forschungsmittel für die Entwicklung und Vali-
dierung alternativer Testmethoden müssen sowohl
auf europäischer Ebene als auch auf nationaler
Ebene gesichert werden.

(Birgit Homburger [FDP]: Warum machen Sie das nicht?)

– Dazu komme ich noch. – Die Bundesregierung ist bei
den Verhandlungen im Rat in der Arbeitsgruppe längst
aktiv geworden und hat die notwendigen Vorschläge ein-
gebracht. Das sollte auch Ihnen eigentlich bekannt sein.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Meine Damen und Herren von der Opposition, ich
komme nun auf den entscheidenden Punkt Ihres Antrags
zu sprechen und will an dieser Stelle in aller Deutlichkeit
sagen – da kann ich Herrn Kollegen Schmitt nur aus-
drücklich unterstützen –: Sie geben vor, sich für den
Tierschutz einzusetzen. Tatsächlich aber benutzen Sie
das Tierschutzargument, um den grundsätzlichen Ansatz
des Verordnungsentwurfes aufzuweichen und infrage zu
stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist eine Frechheit! Wie können Sie so etwas behaupten? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Eine Unterstellung!)


Der grundsätzliche Ansatz lautet: Risikobeurteilung nur
auf einer fundierten Datenbasis für eine Erkennung von
Risiken für Umwelt und Gesundheit bereits im Vorfeld.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Dann nutzen Sie doch die Daten, die da sind!)


Ich möchte auf meinen zweiten Punkt eingehen, die
expositionsabhängigen Registrierungsanforderungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
Sie bemühen sich, hier den Eindruck zu erwecken, als
sei der vorliegende Entwurf starr und unflexibel. Bei ge-
nauer Lektüre des Kommissionsentwurfs dürfte aber
auch Ihnen nicht entgehen, dass die Prüfanforderungen
bereits jetzt eine Kombination aus mengen- und risiko-
bezogenen Elementen vorsehen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber vor allen Dingen Mengen!)


Das heißt, es wird sichergestellt, dass einerseits zur Er-
mittlung des jeweils notwendigen Prüfbedarfs fundierte
Informationen vorliegen und andererseits zugleich eine
Überbelastung der Hersteller kleiner Stoffmengen ver-
mieden wird.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Darf man daraus schließen, dass bei der Anhörung alle Experten Unrecht hatten und nur Sie Recht haben?)


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(C (D hr Vorschlag eines ausschließlich expositionsbezogenen nsatzes führt tatsächlich hingegen nicht zu einer Entastung von Unternehmen, sondern in Wahrheit nur azu, dass die großen, für die Sie sich hier stark machen, (Birgit Homburger [FDP]: Das ist doch völliger Quatsch!)


uf Kosten der kleinen und mittelständischen Unterneh-
en entlastet werden. Das muss man in diesem Hause
och auch einmal sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU und der FDP)


enn die konkreten Verwendungen und Expositionen
ennt der Hersteller in der Regel nicht. Er kann daher
xpositionsbedingungen und Abschneidekriterien vor-
eben, die ihn von Stoffprüfungen entlasten, für deren
inhaltung vor Ort aber die Downstream-User verant-
ortlich sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie ignorieren doch völlig die Sorgen der kleineren und mittleren Betriebe!)


as bedeutet unter dem Strich: Vom Hersteller einge-
parte Tests müssen nachgeholt werden, einschließlich
er Tierversuche. Der bürokratische Aufwand ist we-
entlich höher. Das heißt, die Lasten liegen beim
ownstream-User und nicht beim Stoffhersteller der
hemischen Industrie.
Meine Damen und Herren von der Opposition, im Ge-

ensatz zu Ihnen meinen wir es tatsächlich ernst, wenn
s darum geht, den Mittelstand in unserem Land zu
tärken. Auch dass sich mittlerweile die Union in ihrem
ntrag unserer Argumentation „ein Stoff – ein Dossier“
so unser Antrag – angeschlossen hat, dazu kann man
ur sagen: besser spät als nie. Daraus wird aber auch
eutlich, wer sich mit welcher Intensität tatsächlich um
ie kleinen und mittelständischen Unternehmen küm-
ert. Das Thema REACH ist bei uns wirklich in den
esten Händen.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Nun komme ich zum dritten Bereich, zu Innovation

nd Arbeitsplätzen. Voraussetzung für eine zukunftsfä-
ige wirtschaftliche Entwicklung ist Innovation. Das
estehende Chemikalienrecht ist – ich denke, da sind wir
ns einig – äußerst innovationshemmend, indem es die
euentwicklung von Stoffen gegenüber der Verwendung
er vorhandenen Altstoffe behindert. Das hat dazu ge-
ührt, dass in den vergangenen 20 Jahren kaum neue
toffe entwickelt wurden. REACH schafft sowohl mit
er Harmonisierung als auch mit der Zulassungspflicht
ür gefährliche Stoffe endlich Anreize, neue, ungefähr-
che Stoffe zu entwickeln.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Die Studie der Bundesländer sagt genau das Gegenteil!)







(A) )



(B) )


Dr. Antje Vogel-Sperl

– Das gefällt Ihnen jetzt nicht, aber manchmal ist das so
mit der Wahrheit.


(Zurufe von der FDP: Oh!)

Darauf haben wir immer wieder hingewiesen und da-

rauf werden wir immer wieder hinweisen. Für uns ist
klar: Ökologie und Ökonomie gehören zusammen. Das
heißt, wer den Erhalt und die Entstehung neuer, zukunfts-
fähiger Arbeitsplätze will, der muss auch REACH wol-
len. Wir sind der festen Überzeugung, REACH wird
nicht zuletzt auch global neue Standards setzen; denn
Europa ist der weltgrößte Markt für Chemikalien.


(Otto Fricke [FDP]: Noch!)

Wer auf diesem Markt in Zukunft noch präsent sein will,
der muss sich den Anforderungen dieses Marktes anpas-
sen. Vor diesem Anpassungsdruck steht dann auch die
Weltwirtschaft, auch die amerikanische Industrie. Das ist
der Grund, warum die USA so intensiv versuchen,
REACH zu verhindern.

Zum letzten Punkt: Umwelt und Gesundheit. Innova-
tion im Bereich der Entwicklung neuer Stoffe ist gerade
auch vor dem Hintergrund des Umwelt- und Gesund-
heitsschutzes dringend notwendig. Um ein aktuelles Bei-
spiel anzuführen: Perfluortenside, klassische Altstoffe.
Das sind oberflächenaktive Substanzen, die weltweit in
Textilien, in Teppichen, in Farben, in Reinigungsmitteln
usw. vorkommen. Verbraucher sind von Produkten, die
Perfluortenside enthalten, alltäglich umgeben. Weltweit
wurden im Jahr 2000 circa 3 665 Tonnen dieser Stoffe
produziert, obwohl Bioakkumulation und toxische Eigen-
schaften nachgewiesen wurden.

Hier haben wir ein schönes Beispiel, warum wir
REACH brauchen. Festzuhalten ist auch: Heute leiden in
Europa dreimal so viele Kinder an Asthma wie vor
30 Jahren. Stoffe, die den Hormonhaushalt verändern,
finden sich in der Muttermilch. Stoffe werden fernab ih-
res Anwendungsbereichs in der Arktis wiedergefunden.
Das sind persistente Stoffe.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das hat aber mit REACH nichts zu tun und auch nicht mit Tierversuchen!)


Und damit will ich abschließend sagen: Wenn wir nicht
ernsthaft versuchen, diese Probleme anzugehen, dann
haben wir in der Politik nichts verloren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104100

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin

Birgit Homburger das Wort.

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1516104200

Frau Kollegin Vogel-Sperl, Sie haben hier einen be-

merkenswerten Auftritt hingelegt und Dinge behauptet,
die einer Überprüfung in keiner Weise standhalten. Sie
aber haben erklärt, das sei die Wahrheit, wir hingegen
hätten völlig daneben gelegen.

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(C (D (Horst Kubatschka [SPD]: So ist es! Das haben Sie klar erkannt, Frau Kollegin!)


Die Anhörung, die wir durchgeführt haben, hat das,
as wir vorgetragen haben – das gilt auch für Zahlen,
ie Frau Kollegin Flachsbarth genannt hat –, absolut be-
tätigt. Offensichtlich werden alle angehörten Sachver-
tändigen und diejenigen, die dieselbe Auffassung ver-
reten, für Idioten gehalten;


(Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Nicht alle!)

ur Sie haben die Wahrheit mit Löffeln gefressen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das haben Sie gesagt!)


as geht doch wohl nicht an.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Was den effektiven Schutz für Mensch und Umwelt
ngeht, sind uns allen die Gefahren bekannt, die Sie am
nde Ihrer Rede zu Recht beschrieben haben. Wir wol-
en ein hohes Schutzniveau. Im Übrigen gibt es in der
undesrepublik Deutschland bereits ein hohes Schutz-
iveau. In dieser Frage kommt es aber nicht auf die pro-
uzierten Jahresmengen an; es geht vielmehr um die Ri-
iken, die mit dem jeweiligen Stoff verbunden sind.
eswegen wollen wir eine entsprechende Umstellung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wenn Sie feststellen, es bestehe kein Änderungsbe-

arf, es seien schon wesentliche Schritte unternommen
nd die Bedenken seien aufgenommen worden, dann
rage ich Sie, warum sich Kommissar Verheugen für
ine Überarbeitung der Chemikalienverordnung einsetzt,
m die Regelungen zu entbürokratisieren.


(Otto Fricke [FDP]: Er hat auch keine Ahnung!)


r wird sich schließlich etwas bei diesem Vorschlag ge-
acht haben.


(Beifall bei der FDP)

Was Ihre Bemerkung angeht, Deutschland sei der
eltgrößte Markt für Chemikalien und wer auf diesem
arkt vertreten sein wolle, müsse sich entsprechend an-
assen, kann ich Sie nur auffordern: Seien Sie vorsichtig
it dem, was Sie hier tun! Die Anpassung könnte darin
estehen, dass Chemikalien produzierende Betriebe in
ndere Länder abwandern, in denen der Umwelt- und
esundheitsschutz um Längen schlechter ist als bei uns.


(Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

as kann nicht in unserem Interesse liegen, weder aus
icherheits- und Umweltschutzgründen noch aus ge-
undheitlichen Gründen.
Deshalb schlagen wir vor: Lassen Sie uns auf eine

ernünftige Regelung auf europäischer Ebene hinarbei-
en, statt durch unsinnige Regelungen die Abwanderung
on Betrieben in andere Länder herbeizuführen.
Ich komme zum letzten Punkt. Bei der Kostenbelas-

ung geht es besonders um die kleinen und mittleren Be-
riebe, die mit wenigen Chemikalien arbeiten. Es geht






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

weniger um die Großbetriebe, die wahrscheinlich vielen
der vorgeschriebenen Regelungen gerecht werden kön-
nen. Das gilt für die kleinen und mittleren Betriebe aber
nicht. Wenn Sie diese kaputtmachen, dann zerstören Sie
Arbeitsplätze und sorgen dafür, dass es in Deutschland
weiter bergab geht. Das wollen wir nicht.

Wir setzen uns für eine Einheit aus Umwelt- und Ge-
sundheitsschutz und der Wirtschaft ein. Das erwarten
wir auch von der Bundesregierung, zumal sie diese Ziel-
setzung wie eine Monstranz vor sich herträgt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Alles leeres Stroh!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104300

Zur Erwiderung Frau Vogel-Sperl.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Kollegin Homburger, ich möchte kurz auf die
Prüfanforderungen eingehen. Würden Sie mir zustim-
men, dass die Wirkung von Chemikalien mithilfe solcher
Vergröberungen wie dem Vorschlag von VCI und
CEFIC, dass die Prüfanforderungen grundsätzlich nur
expositionsbezogen sein sollten, äußerst schwer zu er-
mitteln ist und dass auch bestimmte Mindestdaten, die
hinsichtlich der akuten Wirkung erhoben werden müs-
sen, nur schwer zu ermitteln sind? Stimmen Sie mir auch
zu, dass belastbare Einschätzungen der Spätfolgen einer
Chemikalienexposition wie eine Krebs erregende Wir-
kung, die Veränderung des Erbguts, die Verursachung
von Missbildungen im Mutterleib sowie die schädigende
Wirkung der Organe wie Leber und Niere aufgrund der
Mindestdaten nicht möglich sind?

Damit will ich noch einmal deutlich machen, worum
es geht und was künftig notwendig ist, damit REACH
entlang der Kette auch zu den Ergebnissen führt, die mit
seiner Konzeption angestrebt wurden. Diesen Punkt
halte ich für sehr wichtig.

Was die Anhörung im Umweltausschuss betrifft, ha-
ben Sie die Ergebnisse einseitig dargestellt. Die Kosten-
belastung hat Herr Schmitt bereits in seinen Ausführun-
gen erläutert. Deswegen möchte ich nicht mehr
ausführlich darauf eingehen. Aber lassen Sie mich eines
anmerken: Wir alle wollen keine unnötige Bürokratie,
aber wir wollen auch nicht das ursprüngliche Ziel von
REACH gefährden. Wir brauchen keinen Datenfriedhof.
Wir brauchen vielmehr belastbare und aussagefähige
Daten. Sonst können wir uns das ganze Unternehmen
sparen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104400

Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Bleser von der

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das chlimmste, was man Tieren antun kann, ist, wenn man hnen in Versuchsanlagen unter Umständen schwerste esundheitliche Schäden zufügt oder sie sogar tötet. ine ethische, moralische und rechtliche Rechtfertigung ann es dafür nur dann geben, wenn Tierversuche dem chutz von Menschen dienen. ir alle haben das in der Diskussion über die Aufnahme es Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz so esehen und eine entsprechende Grundgesetzänderung eschlossen. Unvermeidbar sind Tierversuche aber nur, wenn alle nderen Möglichkeiten bei Testverfahren für Chemikaien ausgeschöpft sind, um damit Gefahren für Leib und eben von Menschen auszuschließen. Vor diesem Hinergrund ist die Absicht der Europäischen Kommission u sehen, alle vor 1981 im Umlauf befindlichen Stoffe nd – in der Regel – Chemikalien einem Anmeldeverahren, einer Bewertung und eventuell einem erneuten ulassungsverfahren zu unterziehen. Circa 100 000 Alttoffe, die sich schon seit über einem Vierteljahrhundert m Umlauf befinden, sollen nach dem Verordnungsenturf mit dem Namen REACH einem neuen Prüfverfahen unterzogen werden. In der Praxis bedeutet das nichts nderes, als dass zum Beispiel Geschirrspülmittel, hampoos oder andere Dinge, die wir schon seit vielen ahrzehnten verwenden, noch einmal in Tierversuchen etestet werden müssen. Die Feststellung der gesundeitlichen Unbedenklichkeit bedeutet in vielen Fällen etztlich die Durchführung von Tierversuchen. Das britiche Umweltministerium hat in einer Studie aufgezeigt, ass dafür circa 12 Millionen Tierversuche notwendig ein werden. So hat sich die Welt verändert: Seit den 80er-Jahren aben sich die Grünen als Befreier von Tieren aus Veruchsanlagen präsentiert. Heute brüstet sich der grüne mweltminister Trittin mit der Notwendigkeit, seit Jahrehnten im Umlauf befindliche Chemikalien mit millioenfachen Tierversuchen neu zu testen. Damit hat die undesregierung auch in Fragen des Tierschutzes ihre laubwürdigkeit verloren. Viele Experten halten die Überprüfung von maximal 000 Altchemikalien für vollkommen ausreichend. iese Linie vertritt auch die Europäische Volkspartei im uropaparlament. Wenn man diesen Ansatz wählte, önnte die Zahl der von der Bundesregierung als notendig erachteten Tierversuche um 80 Prozent reduziert erden. Man benötigte dann 9,6 Millionen Versuchstiere eniger. Ich fordere deshalb die grünen Heiligenscheinräger in Fragen des Tierschutzes, Künast und Trittin, uf, ich endlich in Brüssel für den Tierschutz einzusetzen. Peter Bleser Die Zahl der dann noch eventuell notwendigen 2,4 Millionen Tierversuche ließe sich durch die Anwendung von Alternativmethoden weiter reduzieren. Ich weise auf Folgendes hin – Frau Kollegin Flachsbarth hat das bereits erwähnt –: 1987 hatten wir 6,7 Millionen Euro zur Förderung der Entwicklung von Alternativmethoden bei der Überprüfung von Chemikalien in den Haushalt eingestellt. Im Haushaltsjahr 2005 sind es aber nur noch 2,8 Millionen Euro. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was wir schon vor mehr als 15 Jahren in diesem Bereich eingesetzt haben. Diesen Vorwurf müssen Sie sich an Ihre Revers heften lassen, meine Damen und Herren von der Koalition. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1516104500

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Damit zeigt sich deutlich, wie bei Ihnen Anspruch und
Wirklichkeit divergieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Als tierschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion

muss ich an dieser Stelle noch einmal sagen: Ein völliger
Verzicht auf Tierversuche ist aus heutiger Kenntnis lei-
der nicht möglich.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha, der große Tierschützer!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104600

Herr Kollege Bleser, erlauben Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Vogel-Sperl?

Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1516104700

Nein, ich möchte meine Ausführungen zu Ende brin-

gen.

(Dr. Antje Vogel-Sperl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Zahlen? Nichts? Jetzt kneift er!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516104800

Keine Zwischenfrage.

Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1516104900

Ich werde Ihnen alles im Laufe meines Vortrages er-

klären.
Ein völliger Verzicht auf Tierversuche ist – ich sage

es noch einmal – nicht möglich. Wir tragen die Verant-
wortung, ihre Anzahl auf ein Minimum zu reduzieren.

Wir haben uns für die verstärkte Förderung von Alter-
nativmethoden ausgesprochen. Unsere Fraktion stellt
folgende vier Forderungen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit oder ohne Heiligenschein?)


Erstens. Die Tierversuche in Bezug auf schon vor
1981 in Umlauf befindliche so genannte Altstoffe sind in
den meisten Fällen unnötig. Sie sind besonders grausam,
weil sie sinnlos sind. In der Regel liegen in der Praxis
ausreichende Erkenntnisse über die Wirkung dieser
Stoffe vor.

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(C (D Zweitens. Sollten dennoch Zweifel an der Unbedenkichkeit einer Altchemikalie bestehen, müssen, bevor ierversuche gemacht werden, alle vorhandenen Daten us dem Humanbereich – ich denke dabei zum Beispiel n den Arbeitsschutz, aber auch an die Hersteller und die nwender – herangezogen werden. Diese liegen den nternehmen in der Regel auch aus Gründen des Eigenchutzes und der Produkthaftung ohnehin vor. In den eisten Fällen müsste damit, so meine ich, eine Bewerung von Stoffen auch ohne Tierversuche möglich sein. Inwieweit die Nutzung dieser Daten Eigentumsrechte angiert und damit natürlich ausgeglichen werden üsste, kann ich letztlich nicht abschätzen. Ich halte iese Frage aber für lösbar und sie muss auch aus Grünen des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen beantortet werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Drittens. Die Forschung mit dem Ziel, zuverlässige
ethodische Alternativen zu Tierversuchen zu entwi-
keln, muss intensiviert werden, um die Anzahl der Tier-
ersuche wie zu unserer Regierungszeit in den 90er-Jah-
en zurückzuführen. Unter Ihrer Verantwortung ist diese
nzahl nämlich gestiegen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Viertens. In einer gemeinsamen Erklärung der Bun-
esregierung, des Verbandes der Chemischen Industrie
nd der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,
nergie zur Chemikalienpolitik der Europäischen Union
om August 2003 kommt das Wort „Tierschutz“ kein
inziges Mal vor.


(Dr. Antje Vogel-Sperl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die dritte gemeinsame Position ist Ihnen bekannt?)


Ja, jetzt kommen Sie so langsam dahin. Aber wie lange
at es denn gedauert, bis diese Bundesregierung das
berhaupt erkannt hat?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Antje Vogel-Sperl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich sind Sie künftig bei der Käfighaltung auch so für den Tierschutz!)


Damit wird deutlich, wie die Bundesregierung die Be-
eutung des Tierschutzes im Rahmen dieser EU-Chemi-
alienverordnung einschätzt. Wir fordern die Bundesre-
ierung, insbesondere die dafür zuständige Ministerin
ünast, auf, die Tierschutzfragen im Zusammenhang
it der europäischen Chemikalienpolitik in der Kom-
ission aufzugreifen und ein „Massenmassaker“ von
ieren zu vermeiden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein „Massenmassaker“! – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: So etwas Heuchlerisches habe ich schon lange nicht mehr gehört!)







(A) )



(B) )


Peter Bleser

Ich appelliere deshalb an Ihr Gewissen: Stimmen Sie

unserem Antrag zu! Dann wäre ein erster Schritt für
mehr Tierschutz in der Europäischen Union gemacht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Ein engagierter Vortrag!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516105000

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm

Priesmeier von der SPD-Fraktion.

Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1516105100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Peter Bleser, ich habe die ganze Zeit ver-
sucht, bei dir einen Heiligenschein zu entdecken; aber
bei Scheinheiligen ist das offensichtlich nicht möglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann von dieser Stelle aus natürlich nicht nach-
vollziehen, in welcher Art und Weise die berechtigten
Anliegen des Tierschutzes und auch die berechtigten
Anliegen all derer, die sich für den Tierschutz aktiv ein-
setzen, in dieser Debatte missachtet werden. Man sollte
normalerweise nicht so argumentieren, wie Sie es heute
Morgen hier tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, im Grundsatz sind wir uns alle in diesem
Hause über den Stellenwert des Tierschutzes einig.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Herr Kollege Priesmeier, kommen Sie doch einmal zur Sache!)


Ich möchte diese Debatte jetzt nicht dadurch beleben,
dass ich an Ihr Verhalten erinnere, als wir den Tierschutz
als Staatsziel im Grundgesetz verankert haben.

Ihr Anliegen ist natürlich berechtigt. Ich teile Ihre
Einschätzung, dass die Ansätze in diesem Haushalt zu
gering sind, gerade wenn man berücksichtigt, dass die
Evaluation von Ersatz für aktuelle Tierversuche natür-
lich einer gewissen Zeit bedarf.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie haben völlig Recht!)


Das Entwickeln von Alternativen dauert im Regelfall
vier bis fünf Jahre. Bis zur Evaluation dauert es viel-
leicht noch länger, bis zu acht Jahre.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Unbedingt, Herr Kollege Priesmeier!)


Das wissen auch Sie, Frau Kollegin Flachsbarth. Sie sind
als Fachkollegin sehr in der Materie.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: So ist es!)


Es ist letztlich das Verdienst der ZEBET – sie ist
beim BfR angesiedelt –,

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(C (D (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau! Wir sollten die ZEBET stärken!)


ass wir in Deutschland in dem Bereich führend sind
nd auch in Europa einen wesentlichen Beitrag leisten,
odurch schon viele Tierversuche überflüssig geworden
ind.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Richtig! Die ZEBET haben wir gegründet!)


Das ist auch unbenommen. Das ist eine grundsätzliche
usrichtung, die man nur unterstützen kann. Sie haben
ie gegründet. Wir führen das Ganze erfolgreich fort


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau!)

nd stellen auch die entsprechenden Haushaltsmittel zur
erfügung, damit dort weiter zielgerichtet Forschung be-
rieben werden kann.
Unbestritten ist auch, dass die Ansätze, die zum Tra-

en kommen, und die Größenordnungen, die hier vorge-
ragen worden sind, was die Zahl der Tierversuche an-
eht, zumindest in dem Bereich, der hier interessant ist,
ämlich dem Bereich der Toxikologie, zunächst einmal
u relativieren sind. Im Jahr 2002 waren es 2,2 Millionen
iere, die in Versuchen eingesetzt worden sind. Im Jahr
003 waren es 2,1 Millionen. Davon sind für den
ereich der Toxikologie – da ist die gesamte Arzneimit-
eltoxikologie eingeschlossen – im Rahmen von Zulas-
ungsverfahren 178 000 Versuchstiere eingesetzt wor-
en.
Für die Toxikologie ist es natürlich in besonderer
eise interessant, auch aus Gründen der Kostenerspar-
is, neue Modelle zu entwickeln.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau!)

n vielen Bereichen gibt es bereits neue Modelle. Der
D-50-Test – das ist Ihnen ja ein Begriff – wird heute
icht mehr angewandt. Die OECD erkennt da bestimmte
rgebnisse nicht mehr an. Damit ist dieser Test überflüs-
ig geworden. Der Draize-Test – Sie kennen ihn; auch
ch kenne ihn noch aus meiner Praxis im Bereich der
harmakologie – ist ebenfalls überflüssig geworden.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Richtig! Das müssen wir fortsetzen!)


n der ZEBET sind bahnbrechende Entwicklungen im
ereich des Tierversuchsersatzes geleistet worden.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau!)

as muss man hier auch einmal würdigen. Für die Leis-
ung, die dort erbracht worden ist, muss man den For-
chern und der Spitze der ZEBET Dank sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU]: Wir müssen das unterstützen!)


Die Strategie des Tierversuchsersatzes ist zielge-
ichtet fortzuführen. Gerade was den Tierschutz angeht
da liegt Ihr Antrag gar nicht einmal so weit daneben –,
st ein unter Umständen bahnbrechender Ansatz der, mit
athematisch-statistischen Verfahren Strukturanalysen
der entsprechende Wirkungs- bzw. Risikoanalysen






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier

nachzuvollziehen, die zunächst einmal in der Lage sind,
den einen Bereich der Chemikalien von dem anderen zu
trennen, nämlich dem Bereich der Chemikalien, die
nicht so umweltrelevant und toxikologisch nicht so rele-
vant sind,


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau!)

und letztlich nur die Substanzen einer ausführlichen to-
xikologischen Prüfung, auch mittels Tierversuch, zu un-
terziehen, die wirklich umweltrelevant und wirklich to-
xikologisch relevant sind. Dass Sie sich hier aber zum
Vertreter der Interessen der chemischen Industrie ma-
chen


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Lassen Sie uns doch auf einem vernünftigen Niveau miteinander sprechen! Das ist doch Unfug!)


und das mit dem Anliegen des Tierschutzes verknüpfen,
halte ich nicht für richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir brauchen für jede Substanz, die produziert wird,
auch in Abhängigkeit von ihrem Produktionsvolumen,
einen Grunddatensatz. Auf der Grundlage dieses
Grunddatensatzes ist dann zu entscheiden, wie man wei-
ter verfährt, ob in dieser Substanz ein Risiko steckt, das
weiter geprüft werden muss.

Wenn ich das nur expositionsbezogen tue, dann muss
ich zunächst einmal erfassen – das ist heute Morgen
schon vielfach dargestellt worden –: Wer ist überhaupt
exponiert? Wenn man diesen Ansatz fährt, der unter Um-
ständen nicht ganz so irrelevant ist, wenn es um Einzel-
substanzen geht, vor allem um Substanzen, die in gerin-
geren Mengen produziert werden als die, die nach den
bisherigen Kriterien zu prüfen sind, vor allem wenn sie
unter Verbraucherschutzaspekten relevant sind, ist da-
rauf hinzuweisen, dass es in diesem Bereich meiner Ein-
schätzung nach bei den bisherigen Vorgaben von
REACH unter Umständen noch die eine oder andere Lü-
cke gibt.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau! Genau das sieht REACH nicht vor!)


Das werden auch Sie natürlich aus den Stellungnahmen
des BfR zur Kenntnis genommen haben.

In der Studie, die das BfR vorgelegt hat, geht es um
Größenordnungen von maximal 45 Millionen und mini-
mal 7,5 Millionen. Das ist die Aussage.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das sagt das BfR!)


– Das ist die Aussage des BfR, was die Zahlen und Grö-
ßenordnungen angeht. Andere Studien kommen zu ande-
ren Ergebnissen. Insgesamt kann man sagen, dass die
Studie, was die Aussagekraft bezüglich der Versuchs-
tiere angeht, bis zu einem gewissen Grade, aber nicht in
Gänze belastbar ist. Niemand ist heutzutage in der Lage,
aufgrund der Vorgaben eine konkrete Angabe darüber zu

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(C (D achen, wie viele Versuchstiere letztendlich erforderlich ein werden, um den Zweck von REACH zu erfüllen. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wir werden alles tun, um sie niedrig zu halten!)


Dass REACH von Ihnen nicht mehr infrage gestellt
ird, ist eine Entwicklung, die wir hier in diesem Hause
on unserer Seite in besonderer Weise begrüßen. Ich
arne davor, den Tierschutz in diesem Zusammenhang
u missbrauchen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ühren Sie also bitte hier keine Stellvertreterdebatte im
nteresse der chemischen Industrie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, wir brauchen zielgerichtete Ansätze. Alle
lternativmethoden sparen nämlich Kosten in erhebli-
hem Umfang. Da ist es angezeigt, im Zusammenwirken
it der chemischen Industrie und mit den vorhandenen
issenschaftlichen Instituten, dem BfR und der ZEBET,
ine gemeinsame Strategie zu verfolgen und durch Un-
erstützung entsprechender Modelle die Forschung vo-
anzubringen. Das spart zum einen beiden Seiten Kosten.
um anderen erspart es den Versuchstieren viel Leid.
as ist ein konkreter Ansatz, den auch Sie unterstützen
ollten.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516105200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/4656 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Stein-
kohlenbergbaus an die vergleichbaren Rege-
lungen der Arbeitnehmer anderer Branchen
angleichen
– Drucksache 15/3722 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
DP fünf Minuten erhalten soll. Gibt es dagegen Wider-
pruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
chlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-

nerin das Wort der Kollegin Gudrun Kopp von der FDP-
Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1516105300

Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen! Wir

sprechen heute wieder einmal über das Thema der mit
den Steinkohlensubventionen verbundenen Auswirkun-
gen. Wir wissen ja alle – die FDP-Bundestagsfraktion
hat das hier schon wiederholt bemängelt –, dass die rot-
grüne Bundesregierung eine Anschlussregelung für die
weitere Subventionierung eines Industriezweiges aus der
Vergangenheit, der auch in Zukunft nicht wettbewerbsfä-
hig sein wird, nämlich die Förderung der deutschen
Steinkohle, vereinbart hat. Von 2005 bis 2012 sollen
weitere 16 Milliarden Euro an Subventionen gezahlt
werden, und das vor dem Hintergrund der Haushaltslage,
der allgemeinen Wirtschaftslage und der dringend nöti-
gen Investitionen in Bildung und Innovationen. Das fin-
den wir in der Tat unmöglich.


(Beifall bei der FDP)

Es kommt aber noch schlimmer. Im Rahmen der im

Zuge von Hartz IV beschlossenen Zusammenlegung von
Arbeitslosen- und Sozialhilfe, der wir im Grundsatz zu-
gestimmt haben, gibt es eine weitere Privilegierung ei-
nes Berufszweiges, nämlich des Berufszweiges der
Bergleute. Während Hunderttausenden von Menschen
Einschnitte nach Hartz IV zugemutet werden, ist vorge-
sehen, eine Gruppe auszunehmen. Hier wird also ganz
klar Klientelpolitik gemacht. Auf der einen Seite hat die
Bundesregierung im Rahmen der Anpassungsmaßnah-
men im Zuge von Hartz IV die so genannte 58er-Rege-
lung aufgekündigt. Diese Vorruhestandsregelung sah
vor, dass Menschen jenseits der 58, die bereit waren, ge-
genüber der BA zu erklären, dass sie auf eine weitere
Jobvermittlung verzichten, garantiert wurde, dass sie Ar-
beitslosenhilfe bis zum Rentenbeginn bekommen. Die-
ser Personengruppe von ungefähr 400 000 Menschen
zum Beispiel werden nun schmerzliche Einschnitte zu-
gemutet. Auf der anderen Seite wird den von mir eben
genannten Bergleuten weiterhin aus staatlichen Kassen
ein Anpassungsgeld gezahlt: Zwei Drittel davon trägt
der Bund und ein Drittel davon tragen die Kohleländer
Saarland und NRW. Das stellt eine klare Ungleichbe-
handlung dar.

Allein für das Jahr 2004 ist im Haushalt von Minister
Clement hierfür ein Sollansatz von 120 Millionen Euro
vorgesehen. Hinzu kommen noch einmal Bundeszu-
schüsse an die Knappschaft, sodass es, bezogen auf das
Jahr 2003, einen Gesamtzuschuss des Bundes zulasten
der Steuerzahler in Höhe von 316 Millionen Euro gege-
ben hat.


(Rainer Brüderle [FDP]: Unglaublich!)

Das, meine sehr geehrten Herren und Damen, nennen

wir als FDP weder gerechtfertigt noch gerecht.

(Beifall bei der FDP – Otto Fricke [FDP]: Das ist ja ein Zweiklassenrecht!)


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(C (D ier stellen wir fest, dass eine weitere Subventionierung, ine Ungleichbehandlung, stattfindet, die wir angepasst issen wollen. Wir möchten nicht, dass die Privilegieung dieses Berufszweigs weiterhin Bestand hat, und ordern Rot-Grün auf – Sie nehmen ja sonst auch immer ie Lufthoheit hinsichtlich moralischer Werte für sich in nspruch –, dass Sie diese Regelung fallen lassen und arauf verzichten, diese Art von Subventionierung und ngleichbehandlung fortzuführen. Ich sage Ihnen noch einmal ganz deutlich: Wenn wir m Jahr 2006 in die Regierungsverantwortung kommen ollten – das hoffen wir sehr und darauf arbeiten wir in –, werden wir diese Steinkohlensubventionen mit hren ungleichen Anpassungsregelungen abschaffen – nd zwar zu dem Zeitpunkt, der rechtlich am frühesten öglich ist, im Jahre 2008. Ferner sage ich Ihnen: Die nschlussregelung, die bis 2012 gelten soll, wird ohnein nicht greifen; denn EU-Kommissar Piebalgs hat mir egenüber erklärt, es werde keine Anschlussregelung enseits des Jahres 2010 geben. Nun mag es sein, dass ie einen neuen Deal erfinden. Der letzte Deal von Ihnen ing zulasten des deutschen Speditionsgewerbes; wir üssen sehen, wer unter einem eventuellen neuen Deal u leiden hat. Ich hoffe aber, dass unserem Land diese ngleichbehandlung und Subventionierung erspart bleien werden, nämlich dadurch, dass Ihre Regierungszeit ann längst zu Ende sein wird. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Wolfgang Grotthaus von er SPD-Fraktion. Frau Kopp, zu dem von Ihnen zuletzt geäußerten unsch darf ich Ihnen sagen: Diesen Wunsch haben Sie chon zu Anfang dieser Wahlperiode geäußert und Sie erden ihn wahrscheinlich bis 2006 noch öfters vortraen. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und erren! Mit dem vorgelegten Antrag verbinden die Koleginnen und Kollegen von der FDP die Erwartung, der eutsche Bundestag möge Regelungen zum Anpasungsgeld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des teinkohlenbergbaus an die vergleichbaren Regelungen nderer Branchen angleichen, die aber – das sage ich ier sofort – nicht vergleichbar sind und sich somit auch icht ohne weiteres von der einen auf die andere Branhe übertragen lassen. (Gudrun Kopp [FDP]: Ach ja? Sehr interessant!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516105400
Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1516105500

amit Sie diese Problematik besser nachvollziehen kön-
en, will ich dabei einmal näher auf den kohlepoliti-
chen Hintergrund eingehen.
Im Rahmen der Anschlussfinanzierung der Steinkoh-

enbeihilfen ab 2006 soll die Förderung von derzeit
6 Millionen Tonnen auf 16 Millionen Tonnen in 2012
bgesenkt werden. Dies ist mit einem Abbau von über






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus

16 000 Arbeitsplätzen verbunden, und dies nur in einer
begrenzten Region, im Steinkohlenbergbau.


(Horst Kubatschka [SPD]: So sind die FDPler!)


Um Sozialverträglichkeit sicherzustellen, sollen die Re-
gelungen zum APG, also dem Anpassungsgesetz, bis
2012 verlängert werden; dabei sollen die Frühverren-
tungen der Bergleute an den allgemeinen Bedingungen
ausgerichtet werden. Darauf werde ich gleich noch näher
eingehen. Dies ist aus Gründen der Sozialverträglichkeit
nötig und auch aus energiepolitischen und rohstoffpoliti-
schen Gründen sinnvoll.

Das APG hat sich seit 1972 als Instrument bewährt;
es dient der sozialen Flankierung des personellen Anpas-
sungsprozesses im deutschen Steinkohlenbergbau. Es
wurde im Übrigen nie – ich sage noch einmal: nie – in-
frage gestellt, auch nicht von den FDP-Wirtschaftsminis-
tern, etwa 1991 von Herrn Möllemann oder 1997 von
Herrn Rexrodt. Damals wurde die Geltungsdauer des
APG verlängert, und dies aus gutem Grund. Ich sage
auch an die Adresse derjenigen Kolleginnen und Kolle-
gen, die dieser Debatte aufmerksam zuhören: Politik
muss auch in den Zeiten, in denen man selber in der Op-
position ist, verlässlich bleiben. Dies gilt insbesondere
für Sie, meine Damen und Herren von der FDP.


(Beifall bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Also weiter Ungleichbehandlung!)


Darüber hinaus werden die neuen APG-Richtlinien ab
2006 unter anderem auch Elemente enthalten, in denen
bereits Forderungen nach einer Angleichung an die all-
gemeinen Regelungen berücksichtigt werden.


(Gudrun Kopp [FDP]: Ach! Also doch! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir alles schon gemacht!)


Ich will dies hier nennen: Alle Änderungen, die sich aus
der veränderten Rentengesetzgebung ergeben, fließen
automatisch in die Leistungsberechnung ein. Mit dem
Geburtsjahrgang 1952 ist eine Inanspruchnahme der
Rente ab dem 62. Lebensjahr nur noch mit 10,8 Prozent
Rentenkürzung möglich. Damit verschiebt sich für die
Übertagebeschäftigten der Eintritt in das APG auf das
57. Lebensjahr.

Der Beitrag zur Krankenversicherung wird ab
2006 für neue APG-Empfänger nicht mehr voll erstattet.
Der Beitragspflichtige muss sich, wie andere auch, dann
mit 50 Prozent am Krankenversicherungsbeitrag beteili-
gen.

Der Entwurf der APG-Richtlinie befindet sich zurzeit
in der Ressortabstimmung und wird dann mit den Berg-
bauländern beraten.


(Gudrun Kopp [FDP]: Hartz IV gilt aber jetzt schon!)


Die vorgesehenen Veränderungen werden von Arbeitge-
ber- und Arbeitnehmerseite – hören Sie genau zu, Frau
Kopp – mitgetragen.

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(C (D Lassen Sie mich aber auch etwas zur energiepolitichen Seite sagen. Die Gremienbeschlüsse zur Stillleung bzw. vorgezogenen Stilllegung sind mit der APGegelung konditioniert. Ein Verzicht auf APG bzw. die aktische Außerkraftsetzung der APG-Richtlinie und dait das Verlassen des sozialverträglichen Anpassungsrozesses würden einen leistungsfähigen Steinkohlenergbau gefährden und damit den Verlust des dringend enötigten energiepolitischen Beitrags der heimischen teinkohle bedeuten. Wir als SPD-Fraktion stehen zum nergiemix und dazu gehört auch die heimische Steinohle. Ich frage mich, meine Damen und Herren von der DP, ob Sie damit auch den Verzicht der Stahlindustrie uf Koks aus heimischer Kokskohle oder die Stilllegung on Kraftwerken, bedingt dadurch, dass wir bei Krafterkskohle auf dem Weltmarkt in absehbarer Zeit vieleicht in einen Lieferstau geraten, in Kauf nehmen wolen. (Gudrun Kopp [FDP]: Also wollen Sie auch Koks subventionieren?)


(Beifall bei der SPD)


as scheint mir nicht zu Ende gedacht; denn ich bin
berzeugt, dass Ihnen die Entwicklungen auf den Welt-
ohstoffmärkten durchaus bekannt sind.

(Otto Fricke [FDP]: Aber das gilt nur für die Stein kohle, bei anderen Rohstoffen nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, mit Ih-

em Antrag verkennen Sie völlig, dass es sich beim APG
icht um einen Bestandteil der Arbeitsmarktreformen
andelt. Die Arbeitsmarktreformen sollen vorrangig Ar-
eitslose wieder in Arbeit bringen. Dies trifft aber nicht
uf die älteren Bergleute zu. Ich wiederhole: Beim APG
andelt es sich um ein bewährtes Instrument, um einen
ozialverträglichen Personalabbau zu garantieren. Die
ergleute sind nicht arbeitslos. Sie machen aus der Soli-
arität für ihre Nachfolger – ihre Kinder, die junge Ge-
eration – heraus ihre vom Grundsatz her sehr sicheren
rbeitsplätze frei und verzichten auf erhebliche finan-
ielle Mittel.
Ich fasse zusammen: Ihr Antrag hält einer Prüfung

nter den Gesichtspunkten sowohl der Sozialverträglich-
eit als auch der Energiepolitik nicht stand und ist des-
alb abzulehnen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516105600

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe

on der CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1516105700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

usammenhang mit dem deutschen Steinkohlenbergbau,
en die FDP in ihrem Antrag thematisiert, gibt es zwei-
ellos viele Wahrheiten. Wahr ist, dass es für die aus dem






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe

Bergbau ausscheidenden Kumpel in unserem Land tradi-
tionell gute Regelungen im Vergleich zu anderen Bran-
chen gibt.


(Otto Fricke [FDP]: Wo gibt es denn bessere?)

Wenn Sie aus einer Kohleregion stammen, dann wissen
Sie allerdings auch, dass zur Wahrheit gehört, dass dies
seine guten Gründe hat; denn unsere Bergleute haben
nach dem Zweiten Weltkrieg durch ihre schwere Arbeit
mit erheblichen gesundheitlichen Belastungen einen un-
verzichtbaren, großen Beitrag zum Wiederaufbau unse-
res Landes, und zwar nicht nur der Bergbauregionen, ge-
leistet.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gudrun Kopp [FDP]: Unbestritten!)


Wahr ist auch, dass man – entsprechend war die Poli-
tik CDU/CSU-geführter Bundesregierungen – allein mit
dem Hinweis auf Verdienste der Vergangenheit be-
stimmte Strukturen natürlich nicht unendlich lange fort-
bestehen lassen kann. In den Bergbauregionen hat es ei-
nen Strukturwandel gegeben und wir als Union haben
immer gesagt, uns wäre es lieber, er wäre schneller vo-
rangegangen; das ist uns auch für die Zukunft wichtig.

Wahr ist aber auch, dass man vor diesem Hintergrund
mit Recht die Frage stellen kann, ob die Bundesregie-
rung gut beraten war, angesichts der durch ihre Politik
herbeigeführten katastrophalen allgemeinen wirtschaft-
lichen Lage noch im November 2003 einen Finanzrah-
men für das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des
Steinkohlenbergbaus in dem Umfang zuzusagen, in dem
sie es – trotz der von der FDP angesprochenen Regelun-
gen für Arbeitnehmer anderer Branchen – getan hat.

Genauso gehört zur Wahrheit, dass die rot-grüne Bun-
desregierung diese Regelung nun einmal getroffen hat
und dass bei allen auf die Zukunft gerichteten Überle-
gungen der Satz gelten muss, dass einmal geschlossene
Verträge einzuhalten sind. Das gilt nicht nur für die spe-
zielle Frage des Anpassungsgeldes für Bergleute, son-
dern auch für die gesamte deutsche Steinkohlenpolitik.
Vor diesem Hintergrund hat die Unionsfraktion auch im-
mer zu den im Jahre 1997 im Steinkohlenkompromiss
getroffenen Vereinbarungen gestanden.

Wenn Wirtschaftspolitik einen Rahmen setzen soll
– das ist genau das Credo der Ordnungspolitik –, dann
muss dieser Rahmen natürlich auch verlässlich sein,
dann kann man ihn nicht bei der erstbesten Gelegenheit,
kaum dass er verabredet worden ist, infrage stellen. Das
gilt für den Bergbau genauso wie für die Post oder für
andere Bereiche, in denen Anpassungsregelungen ein-
mal vereinbart worden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Selbst wenn der Staat dabei Pleite geht!)


Wahr ist auch, dass es bei dem hier in Rede stehenden
Anpassungsgeld der Arbeitnehmer des Steinkohlenberg-
baus um eine Regelung geht, die es seit 1972 gibt. Die-
ses Anpassungsgeld hat sich als Instrument zur sozialen
Flankierung des Anpassungsprozesses im deutschen
Steinkohlenbergbau im Grundsatz bewährt.

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(C (D Zur Wahrheit gehört natürlich auch – auch wenn Sie s nicht gerne hören mögen –: In diesen 33 Jahren, in deen es dieses Anpassungsgeld gibt, hat keine Partei so ange regiert wie die FDP. Sie haben nämlich 26 Jahre ang für dieses Anpassungsgeld die politische Verantortung getragen. Man kann noch weiter zurückgehen: er Höhepunkt des deutschen Steinkohlenbergbaus war m Jahre 1958. (Gudrun Kopp [FDP]: Schauen Sie doch mal in die Zukunft!)


eitdem gehen die Produktion und die Beschäftigung im
ergbau zurück.


(Otto Fricke [FDP]: Was haben wir denn da an Subventionen gezahlt?)


iemand hat seit 1958 in Deutschland länger regiert und
änger Steinkohlenpolitik gemacht als Sie von der FDP-
raktion. Das sage ich unabhängig davon, wie man in-
altlich zu dieser Politik stehen mag.
Es drängt sich natürlich schon der Eindruck auf, dass

ie sich ein wenig in der Rolle des Konvertiten, der,
enn er erst einmal konvertiert hat, dann – getrieben
om schlechten Gewissen – besonders radikale, aber
icht unbedingt sachgerechte Vorschläge macht.


(Beifall der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Otto Fricke [FDP]: So sollte es in der Politik sein, wenn man Fehler erkennt!)


Das waren meine Vorbemerkungen. Jetzt will ich auf
inzelne Punkte eingehen, die Sie in Ihrem Antrag an-
prechen.
Sie sprechen beispielsweise davon, dass die Beschäf-

igten des Steinkohlenbergbaus von den mit der Hartz-
V-Reform verbundenen Einschnitten verschont blei-
en. Ich will in diesem Zusammenhang nur daran erin-
ern, dass wir Hartz IV nie als Instrument gesehen ha-
en, um Menschen zu ärgern oder zu drangsalieren.
atürlich haben wir uns durchgerungen, Menschen Op-
er zuzumuten. Aber es ging uns bei Hartz IV in erster
inie darum, arbeitslose Menschen schneller wieder in
rbeit zu bringen, als es bisher gelungen ist.
Dass das seit dem In-Kraft-Treten der Reform nicht

elungen ist, hängt natürlich mit der desaströsen Wirt-
chafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung
nsgesamt zusammen. Diese Politik hat dazu geführt,
ass sinnvolle Maßnahmen der letzten Jahre – wir haben
ie deshalb mitgetragen, weil für uns die Vorteile die
achteile überwogen haben; ich nenne als Stichwort
artz II und Hartz IV – insgesamt durch eine falsche
irtschaftspolitik konterkariert worden sind. Das ist ein-

ach die Wahrheit im Zusammenhang mit Hartz IV.
Nun ist natürlich auch richtig, dass das 1972 einge-

ührte Anpassungsgeld für Bergleute nie in erster Linie
em Zweck gedient hat, ausscheidende ältere Bergleute
n eine andere Beschäftigung zu bringen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Ich sprach die 58erRegelung an!)







(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe

Sie verwechseln hier ein wenig Äpfel mit Birnen.


(Beifall der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gudrun Kopp [FDP]: Sie haben es nicht verstanden!)


Sie weisen in Ihrem Antrag darauf hin, dass die Bun-
desknappschaft den Bergleuten Leistungen gewährt, die
diese nur zum Teil über Sozialversicherungsbeiträge
finanzieren. Das ist nun in der Tat eine unbestreitbare
Aussage, die für die Knappschaftsrentner genauso gültig
ist wie für alle anderen Rentner, die aus der gesetzlichen
Rentenversicherung – es gibt einen hohen Bundeszu-
schuss – Leistungen beziehen. Angesichts der Tatsache,
dass auf einen aktiven Bergmann statistisch etwa fünf
Rentner kommen, ist selbstverständlich klar, dass dieser
Bergmann mit seinem Sozialversicherungsbeitrag nicht
allein für diese Rentner aufkommen kann.

Sie sagen in Ihrem Antrag auch, dass Sie zu einer so-
zialverträglichen Regelung kommen wollen. Das ist na-
türlich die Quadratur des Kreises. Sie stellen nämlich die
einmal getroffenen Regelungen infrage und wollen
gleichzeitig neu verhandeln, um auf andere Weise zu ei-
ner sozialverträglichen Regelung zu kommen. Sie müss-
ten dazu nicht nur das Ei des Kolumbus finden, sondern
es müsste Ihnen auch die bekanntermaßen unmögliche
Quadratur des Kreises gelingen.

Ich will in diesem Zusammenhang nur noch darauf
hinweisen, dass Änderungen, die sich aus der veränder-
ten allgemeinen Rentengesetzgebung ergeben, mittler-
weile automatisch in die Leistungsberechnung für das
Anpassungsgeld einfließen. Als Beispiel nenne ich den
Wegfall von Ausbildungsanerkennungszeiten oder will-
kürliche Nullrunden bei der Rentenanpassung, die die
Bundesregierung den Rentnern allgemein beschert hat.
Von daher ist die Behauptung, dass die Bergleute von
den Folgen der allgemeinen katastrophalen rot-grünen
Wirtschaftspolitik ausgenommen werden, allenfalls be-
grenzt richtig.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht hat er!)


Um die Situation, dass man die Quadratur des Kreises
nicht erfolgreich schaffen kann, zu erkennen, genügt im
Übrigen ein Blick in die Presselandschaft dieser Tage.
Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ sprach vorges-
tern von einem neuen Kraftakt im Kohlenbergbau. Die
„FAZ“, eigentlich bekannt dafür, ordnungspolitisch Kurs
zu halten, spricht in ihrer gestrigen Ausgabe von einem
„beispiellosen Sozialpakt in der deutschen Steinkohle“.
Sie weist darauf hin, dass durch den Verzicht der gesam-
ten Belegschaft im deutschen Steinkohlenbergbau zu-
nächst 1 300 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Zu diesem
Sozialpakt mit einem Volumen von insgesamt
140 Millionen Euro, so schreibt die „FAZ“, würden al-
lein die Mitarbeiter durch Lohnverzicht und andere
Maßnahmen 110 Millionen Euro beitragen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das hat aber nichts mit dem hier zu tun!)


Dies dient der von Ihnen geforderten sozialverträglichen
Regelung, die für den deutschen Steuerzahler im Übri-

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(C (D en billiger ist als die Entlassung der betroffenen Menchen in die Arbeitslosigkeit. s wäre natürlich vollkommen illusorisch, anzunehmen, ass ein solcher Solidarpakt greifen könnte, wenn leichzeitig die von der Politik bereits einmal gegebenen usagen plötzlich nicht mehr gelten würden. Eine solche olitik wäre unverantwortlich. (Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber typisch für die FDP!)


(Gudrun Kopp [FDP]: Das ist völlig falsch!)


Ich habe zu Beginn meiner Rede darauf hingewiesen,
ass mit dem Verweis auf Leistungen des Bergbaus in
er Vergangenheit selbstverständlich nicht sämtliche
om Bergbau für die Zukunft gewünschten Hilfen ge-
echtfertigt werden können. Deswegen hat sich gerade
ie CDU in Nordrhein-Westfalen auf einen Weg bege-
en, der den Bergleuten keine populären, aber ehrliche
ntworten im Hinblick auf die Zukunft des deutschen
teinkohlenbergbaus gibt.
Dazu gehört für uns die Halbierung der Steinkohlen-

örderung bis zum Jahre 2010. Die von Rot-Grün vorge-
ehene geringere Kürzung der Förderung reicht aus un-
erer Sicht nicht aus; denn die damit im Vergleich zu
nserem Vorschlag verbundenen zusätzlichen finanziel-
en Belastungen sind mit den Grundsätzen einer nach-
altigen Finanzpolitik nicht vereinbar und insbeson-
ere der zukünftigen Generation nicht zumutbar. Auch
as gehört zur Wahrheit: Es gibt in der Steinkohlenpoli-
ik kein ausschließliches Schwarz-Weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich

offe sehr, dass es uns in Zukunft, gerade in den nächs-
en Monaten, gelingt, die großen Gemeinsamkeiten, die
ir auf dem großen Gebiet der Energiepolitik insgesamt
aben, wieder in den Vordergrund zu stellen. Wir sind
ns ja einig, was die hauptsächlichen Probleme unserer
nergiepolitik sind.


(Gudrun Kopp [FDP]: Da ist der Subventionsabbau aber ganz zentral!)


Das Hauptproblem ist doch, dass wir es uns in einem
and, in dem es zu Recht hohe Löhne und umfangreiche
oziale Leistungen gibt, auch noch leisten, durch eine
deologisch-motivierte und vollkommen überzogene
örderung erneuerbarer Energieträger, durch den Aus-
tieg aus unserer Spitzentechnologie im Bereich der
ernkraft und durch viele andere Maßnahmen mehr die
nergie in Deutschland künstlich teuer zu machen. Das
st doch das Hauptproblem in der Energiepolitik in
eutschland.


(Gudrun Kopp [FDP]: Aber künstlich teuer ist auch die deutsche Steinkohle!)


s bringt uns, glaube ich, nicht weiter, wenn wir alle
om Energiemix reden und sich jeder seinen eigenen
nergiemix gestaltet: Rot-Grün unter Stilllegung der si-
hersten Kernkraftwerke der Welt, Sie mit einem Ab-
turz im Bereich der Kohlepolitik, mit einer Tabula rasa






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe

gegenüber Regelungen, die niemand so lange politisch
geprägt hat wie Sie selber. Das hat nichts mit einem
sinnvollen Energiemix zu tun.

Wir geben inzwischen für die Kohle weniger Geld aus
als für die Förderung erneuerbarer Energien. Es
spielt dabei gar keine Rolle, ob die Belastungen die
Steuerzahler oder die Verbraucher treffen. Dies alles sind
letztlich Belastungen, die unsere Wirtschaft treffen, die
die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land lähmen
und die angesichts der unvermeidbaren Kostenbelastun-
gen und der Wettbewerbsprobleme, die wir im Vergleich
zum europäischen und außereuropäischen Ausland ha-
ben, nicht zu rechtfertigen sind.

Hinzu kommt natürlich, dass die Kostenbelastungen,
die der Steinkohlenbergbau verursacht, unstrittig herun-
ter- und nicht hinaufgehen. Die in anderen Bereichen
ideologisch-motivierte und total überzogene Förderpoli-
tik, die die Energiepreise künstlich hochtreibt, sind das
Hauptproblem unserer Energiepolitik. Kollege Laumann
hat darauf in einer wirtschaftspolitischen Debatte in aller
Deutlichkeit hingewiesen; daran kann ich nur noch ein-
mal erinnern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516105800

Herr Kollege Brauksiepe, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage der Frau Kollegin Kopp?


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1516105900

Bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516106000

Bitte schön, Frau Kopp.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1516106100

Herr Kollege, vielen Dank dafür, dass Sie diese Frage

zulassen. – Wir sind uns sicher einig darin, dass wir die
Kohle in Zukunft im Energiemix erhalten wollen. Das
will auch die FDP. Auch Sie wissen wahrscheinlich, dass
beispielsweise die heimische Braunkohle komplett wett-
bewerbsfähig ist.

Sind Sie bereit, mir zuzustimmen, wenn ich sage, dass
man vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die deut-
sche Steinkohle nicht wettbewerbsfähig ist, unsere Koh-
lekraftwerke mit Importkohle sehr viel kostengünstiger
befeuern kann? Ihre Argumentationslinie – Sie haben
ausgeführt, wir benötigten die teure, nicht wettbewerbs-
fähige deutsche Steinkohle, um unsere Kraftwerke mit
Steinkohle zu bestücken – ist nicht unser Argumenta-
tionsansatz. Natürlich brauchen wir die Steinkohle, aber
nicht die teure heimische. Wir wollen stattdessen Im-
portkohle, die nicht subventioniert wird und keine hohen
Kosten verursacht.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1516106200

Ich bin zunächst Ihrer Meinung, dass zu einem Ener-

giemix in Deutschland auch die Braunkohle gehört. Ich
verkenne jedoch nicht die umweltpolitischen Probleme,
die damit verbunden sind. Es wird keinen Königsweg

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(C (D eben und auch nicht den Energieträger, auf den wir uns llein verlassen können. Die Diskussion über die Importkohle wird in letzter eit aufgrund der veränderten Weltmarktpreise mit aneren Akzenten geführt, als das in der Vergangenheit der all gewesen ist. (Otto Fricke [FDP]: Das hat an den Subventionen nichts geändert!)


as ändert natürlich überhaupt nichts daran, dass wir
en sozialen Anpassungsprozess, den wir vor Jahrzehn-
en eingeleitet haben, fortführen sollten. Ich bestreite gar
icht, dass die deutsche Steinkohle auch bei den heute
ültigen Energiemarktpreisen teurer ist als Importkohle.
ie wissen, dass wir in Deutschland bereits Importkohle
erwenden. Genauso verwenden wir heimische Stein-
ohle. Das alles gehört zu einem sinnvollen Energiemix.
enn wir von einem sinnvollen Energiemix sprechen,
einen wir nicht nur einen Energieträger und schließen
ndere aus, sondern dann beziehen wir uns auf den ge-
amten Energiemix. Darin unterscheiden wir uns.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Unabhängig davon haben wir in der Energiepolitik, in

er Analyse der verheerenden Konsequenzen einer ideo-
ogisch verfehlten rot-grünen Energiepolitik sehr viel
bereinstimmung. Ich hoffe sehr, dass es uns gelingen
ird, uns in den kommenden Wochen und Monaten die-
en Gemeinsamkeiten wieder verstärkt zuzuwenden. Ich
edanke mich für den Dialog, den wir fast während mei-
er gesamten Redezeit in diesem Kreis geführt haben.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516106300

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Michaele
ustedt vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516106400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
rauksiepe, im Großen und Ganzen fand ich Ihre Rede
ehr gut; aber einen Punkt möchte ich herausgreifen. Der
ergleich zwischen den erneuerbaren Energien und der
eutschen Steinkohle hinkte,


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist wahr! Die Kohle macht 21-mal so viel Strom wie eure grünen Sachen!)


ie Steinkohle ist ein Energieträger der Vergangenheit,
ie erneuerbaren Energien sind die Energieträger der Zu-
unft. Das sieht sogar die von Ihnen zitierte „FAZ“ so,
ie davon spricht, dass die Kosten, die bei den erneuer-
aren Energien aufgebracht werden müssen, notwendig
ind, um zukunftsfähig zu werden. Das konnten Sie ges-
ern in der „FAZ“ nachlesen.


(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Frau Kopp, es wäre besser gewesen, Sie hätten Ihre

Rede zu Protokoll gegeben; am besten wäre es gewesen,
Sie hätten Ihren Antrag zurückgezogen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Am besten gar nicht diskutieren! Das ist Demokratie!)


Es ist bekannt, dass die SPD und wir in der Frage, ob
es einen dauerhaften Steinkohlensockel geben soll oder
nicht, nicht einer Meinung sind. Ich halte auch die Koks-
kohle nicht für wettbewerbsfähig, da man in Australien
die Kokskohle über Tage abbauen kann.


(Gudrun Kopp [FDP]: Ein ganz anderes Marktgefüge!)


Das Problem liegt dabei nicht in der Förderung, sondern
im Transport. Aber dieses Problem wird sich regeln las-
sen.

Darüber, dass wir einen sozial verträglichen Struktur-
wandel wollen und auch zu gegebenen Versprechen ste-
hen wollen, sind sich anscheinend mit Ausnahme Ihrer
Fraktion alle Fraktionen hier im Hause einig. Sie stehen
mit Ihrer Ansicht allein da. Natürlich muss man in Zei-
ten, in denen man den Bürgern durch Hartz IV und an-
dere Reformanstrengungen einiges zumutet, auch diese
Regelungen auf den Prüfstand stellen. Aber aufgewacht,
liebe FDP, das haben wir auch gemacht. Das wurde hier
bereits mehrfach ausgeführt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Zum 1. Januar 2005!)

Die Bedingungen der Frühverrentung werden sich zu-

künftig an den allgemeinen Veränderungen orientieren.
Das war Teil des Steinkohlenkompromisses,


(Otto Fricke [FDP]: Über und unter Tage?)

den SPD und Grüne beschlossen haben. Die Regelung in
dieser Form wird keinen Bestand haben, stattdessen wird
die Richtlinie angepasst.

Natürlich – das bezieht sich auf den aktuellen Haus-
halt – kann man die Bedingungen nicht nachträglich für
die Menschen ändern, die die Regelung in Anspruch ge-
nommen haben. Schließlich haben sie ihren Arbeitsplatz
aufgegeben und sind in Rente gegangen. Das ist doch
völlig klar. Das wäre doch unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Bei der 58er-Regelung haben Sie es auch gemacht!)


Natürlich muss man zwischen den Menschen, die un-
ter Tage arbeiten, und denen, die in einem Büro als Sach-
bearbeiter arbeiten, unterscheiden. Aber wir haben – das
wurde schon gesagt – die Frühverrentungsregelungen für
beide Gruppen im Sinne der allgemeinen Frühverren-
tungsregelungen nach oben angepasst: für diejenigen,
die unter Tage arbeiten, auf 52 Jahre, und für alle ande-
ren auf 57 Jahre. Dann bekommen sie fünf Jahre lang
Anpassungsgeld, danach verminderte Rentenbezüge.
Das haben wir analog zu allen anderen Branchen gere-
gelt; hier gibt es keinen Unterschied.

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(C (D Dasselbe gilt für den zweiten Punkt, den Sie angeprochen haben: die Bundesknappschaft, zu der der und in der Tat Zuschüsse zahlt. Aber er zahlt auch zu en allgemeinen Rentenversicherungen steuerliche Zuchüsse. (Gudrun Kopp [FDP]: Das meine ich! – Zuruf von der SPD: 30 Prozent!)


ass ein Unterschied zwischen dem einen und dem an-
eren System besteht, hat auch damit zu tun, dass wir die
eistungen in diesem Bereich radikal abgebaut haben.
ährend im allgemeinen Rentensystem zwei Arbeitneh-
er für einen Rentner zahlen, zahlt im System der
nappschaft ein Arbeitnehmer für sechs Rentner.


(Zuruf von der CDU/CSU: Für fünf!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516106500

Frau Kollegin Hustedt, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Lammert?


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516106600

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516106700

Herr Lammert, bitte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1516106800

Frau Kollegin Hustedt, ist es nicht ein Gebot der Fair-

ess gegenüber allen, die an diesem Thema Interesse ha-
en – damit meine ich nicht nur die hier anwesenden
olleginnen und Kollegen, sondern auch die in ver-
leichbaren Branchen unmittelbar Betroffenen –, einzu-
äumen, dass es für den Anpassungsprozess im Bergbau
eben Regelungen, die analog zu allgemeinen gesetz-
ichen Bestimmungen getroffen wurden, in der Tat privi-
egierte Regelungen gibt, die mit hohen öffentlichen Mit-
eln ermöglicht werden, dass wir diese Sonderregelungen
ber aus guten Gründen über viele Jahre hinweg finan-
iert haben und wir uns vermutlich wünschen würden,
ass der Strukturwandel in anderen Branchen auf ähnli-
he Weise hätte flankiert werden können, wie es in die-
em Bereich möglich war, und dass insofern die Frage,
b wir dies im Kontext stattgefundener Veränderungen
ür eine nicht definierte Dauer in Zukunft fortsetzen kön-
en, legitim ist?
Unsere Position wäre glaubwürdiger, wenn wir sagen
ürden: Wir müssen an allen Stellen, auch an dieser, neu
achdenken: nicht nur darüber, was wünschenswert ist,
ondern auch darüber, was möglich ist. Aber in der Tat
das hat Kollege Brauksiepe gerade deutlich gemacht –
ollte man nicht ausgerechnet in einer Phase, in der die
etroffenen ganz ungewöhnliche zusätzliche Anstren-
ungen unternehmen und auf Einkommen und Versor-
ungsansprüche verzichten müssen, einen solch bemer-
enswerten Konsens, der auch für andere Branchen
eispielhaft sein könnte, mutwillig gefährden, indem
an sie mit der Botschaft konfrontiert, dass sich die
undesregierung in dieser Situation von ihren eigenen,
erbindlichen Zusagen zurückzieht.






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Das war ja schon eine Kurzintervention!)


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516106900

Ich kann Ihnen nur zustimmen. Wir stehen zur Anpas-

sungsregelung.

(Otto Fricke [FDP]: Behaupten Sie nicht so et was!)

Wir haben gesagt – hier befinde ich mich mit meiner
Position, wie übrigens auch Sie, zwischen jener der FDP
und der Ihrer Partei –, dass wir nicht alles beim Alten
gelassen haben. Vielmehr haben wir, weil neue Zeiten
angebrochen sind, allen ein bisschen mehr zugemutet.


(Gudrun Kopp [FDP]: Genau!)

Dementsprechend haben wir auch die Regelungen zum
Anpassungsgeld verändert und zum Beispiel den Zeit-
punkt, ab wann jemand Anpassungsgeld bekommt, nach
hinten verschoben.


(Gudrun Kopp [FDP]: Dann ist das immer noch privilegiert!)


Wir machen hier zwar nicht Tabula rasa; aber wir haben
Veränderungen vorgenommen, die den neuen Rahmen-
bedingungen Rechnung tragen.


(Otto Fricke [FDP]: Es geht also privilegiert weiter!)


Von daher sage ich Ihnen: Teilweise stimme ich Ihnen
zu; aber teilweise sind wir in dieser Frage weiter als Sie.
Wir wollen gemeinsam mit der SPD modernisieren und
uns der Zeit anpassen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)


Mir geht es darum, deutlich zu machen, dass das, was
die FDP fordert, zum Teil schon geschehen ist. Dafür
kann ich Ihnen ein weiteres Beispiel nennen: die Kran-
kenversicherungsbeiträge. Künftig werden zum Kran-
kengeld Zuschüsse in Höhe von nur 50 Prozent nötig.
Auch die neuen Regelungen zum Zahnersatz und die
Anpassungen in der Pflegeversicherung werden eins zu
eins übernommen. Hier besteht überhaupt kein Unter-
schied zwischen den Kohlekumpels und allen anderen
betroffenen Bürgern.

Insgesamt muss man sagen: Wir reduzieren die Jah-
resproduktion bis zum Jahr 2012 von 26 Millionen Ton-
nen auf 16 Millionen Tonnen. Wir schließen fünf von
zehn Zechen,


(Otto Fricke [FDP]: Und wann schließen Sie endlich Ihre Rede?)


darunter auch das Bergwerk Walsum. Erstmals werden
auch ökologische und volkswirtschaftliche Folgeschä-
den berücksichtigt. So haben wir eine Zeche, die sich un-
ter dem Rhein befand und in der gebaggert wurde, früher
geschlossen;


(Otto Fricke [FDP]: Was? Die läuft doch noch! Das ist doch gar nicht wahr! – Rainer Brüderle [FDP]: Wer baggert?)


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(C (D enn aufgrund der Arbeit, die dort stattgefunden hat, hat ich die Hochwassergefahr dramatisch erhöht. Dadurch aben wir sowohl die Folgeschäden als auch die Kosten ehr deutlich reduziert. Das ist ein absoluter Pluspunkt nserer gemeinsamen Vereinbarung. ir reduzieren die Belegschaften auf die Hälfte: von 8 000 auf circa 20 000 Menschen; das ist immer noch in dramatischer Abstieg. Die Kohlesubventionen sinen von 2,7 auf 1,8 Milliarden Euro. Wir haben zudem afür gesorgt, dass die steigenden Weltmarktpreise auf ie Subventionen angerechnet werden, damit der Steuerahler entlastet wird. (Otto Fricke [FDP]: Erst ab 2007! – Gudrun Kopp [FDP]: Im Moment noch nicht! 1,5 Milliarden Euro Subventionen – allein in diesem Jahr!)


(Otto Fricke [FDP]: Der Abbau geht weiter!)


Ja, natürlich: Wie gesagt, man kann Verträge nicht von
inem Tag auf den anderen auflösen,


(Otto Fricke [FDP]: Komisch, bei der Atomenergie haben Sie es auch hingekriegt!)


ondern man muss es so machen, dass die Branche damit
mgehen kann. Das ist eigentlich eine Selbstverständ-
ichkeit in der Politik; alles andere wäre unverantwort-
ich.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


ir sind auf dem Pfad des Ausstiegs aus der Subvention
er Steinkohle und wir werden diesen Pfad weiter be-
chreiten.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1516107000

Die Rede des Kollegen Rolf Hempelmann von der

PD-Fraktion wird krankheitsbedingt zu Protokoll ge-
ommen; ich denke, Sie sind damit einverstanden.1)
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3722 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
undestags auf Mittwoch, den 9. März 2005, 13 Uhr,
in.
Die Sitzung ist geschlossen.