Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache V/2124 —Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe die Fragen 123, 124 und 125 des Abgeordneten Kubitza aus der Drucksache V/2124 auf:
Welche Überlegungen waren maßgebend für die Berufung eines Staatssekretärs zum Vorsitzenden eines Sonderausschusses zur Vorbereitung eines internationalen Jugend- und Studentenlagers während der Olympischen Spiele 1972, obwohl dieser Ausschuß noch gar nicht existiert?
Wäre es nicht sinnvoller gewesen, vor der voreiligen Ernennung eines Vorsitzenden erst einmal den Ausschuß zu bilden und eine entsprechende Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden aufzunehmen?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß dieses Vorgehen bei den Jugendverbänden erhebliche Mißstimmung hervorgerufen hat, da im Hinblick auf die Vorbereitung zumindest eine entsprechende notwendige Zusammenarbeit, d. h. eine erfolgversprechende Fühlungnahme, erforderlich gewesen wäre?
Bitte, Herr Staatssekretär! -
Ich bitte um Ihr Einverständnis, Herr Präsident, die Fragen, wenn der Herr Fragesteller einverstanden ist, zusammenfassend beantworten zu dürfen.
Der Fragesteller nickt, er ist also einverstanden.
Ich nehme an, Herr Kollege Kubitza, daß es sich bei dem von Ihnen erwähnten Ausschuß um den „Ausschuß für das Internationale Jugendlager" handelt. Dieser Ausschuß gehört zu den beratenden Ausschüssen des „Organisationskomitees für die Olympischen Spiele München 1972 e. V.", also eines eingetragenen Vereins. Dieses Organisationskomitee ist eine selbständige Einrichtung, die nicht der Aufsicht der Bundesregierung untersteht. Die Mitglieder seines Vorstandes entscheiden nach Maßgabe der Satzung in eigener Verantwortung. Ich muß mich daher darauf beschränken, auf Ihre Fragen folgende Tatsachen mitzuteilen:Erstens. Nach § 12 der Satzung des Organisationskomitees kann der Vorstand zu seiner Beratung und Unterstützung Ausschüsse bilden. Unter anderem ist auch ein „Ausschuß für das Internationale Jugendlager" in der Satzung- vorgesehen. Die Mitglieder des Ausschusses werden vom Vorstand berufen. Der Vorstand hat am 25. Mai 1967 beschlossen, für den Ausschuß für das Internationale Jugendlager Herrn Erwin Lauerbach, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, zum Vorsitzenden und die Herren Dieter Buchholz, Vorsitzender der Deutschen Sportjugend, und Herrn Dr. Ludwig, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Familie und Jugend, zu stellvertretenden Vorsitzenden zu berufen. Es sollten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die mit der Materie im besonderen Maße vertraut sind, beauftragt werden, die Zusammensetzung, die Aufgaben und die Arbeitsweise des Ausschusses vorzubereiten. Dieses Verfahren entspricht einer allgemeinen Übung des Vorstandes auch hinsichtlich anderer Ausschüsse.Zweitens. Die Berufung der genannten Persönlichkeiten diente vor allem dazu, die Zusammensetzung des Ausschusses — sicherlich auch unter Beteiligung der Jugendverbände — vorzubereiten. Ich sehe daher keinen Anlaß, von einer „voreiligen Ernennung" zu sprechen, dies übrigens um so weniger, als die Herren Dr. Ludwig und Buchholz die Jugendlager der Olympischen Spiele in Rom und Tokio mit vorbereitet haben.Drittens. Der Bundesregierung ist nur bekannt, daß der Deutsche Bundesjugendring in einem Schreiben an das Organisationskomitee vom 30. August dieses Jahres sein Befremden darüber ausgedrückt hat, vor der Entscheidung des Vorstandes nicht konsultiert worden zu sein. Der Präsident des Organisationskomitees, Herr Daume, hat dieses Schreiben am 31. August beantwortet. In diesem Antwortschreiben heißt es — ich zitiere — u. a.:Selbstverständlich ist beabsichtigt, Vertreter des Deutschen Bundesjugendringes um Mitarbeit in diesem Ausschuß zu bitten. Der Vorsitzende wird diese Frage alsbald mit Ihnen besprechen. Insoweit darf freundlich dafür gedankt werden, daß Sie schon von sich aus die Anregung gaben. Es wird zweckmäßig sein, daß Herr Staatssekretär Lauerbach sich dieserhalb in Kürze mit Ihnen in direkte Verbindung setzt.Soweit das Zitat aus dem erwähnten Brief.Ich glaube, daß hiermit der Weg für eine fruchtbare Zusammenarbeit eröffnet worden ist.
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6170 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe die Frage 37 des Abgeordneten Dr. Imle auf:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die Anschaffung einer Wohnungseinrichtung von jungen Eheleuten bei diesen durch eine Gesetzesänderung im gleichen Umfang als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wie es bisher bei der Aussteuer für eine Tochter für die Eltern möglich ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich darf die Frage des Kollegen Imle wie folgt beantworten. Die Frage, ob die Bundesregierung eine Möglichkeit sieht, die eigenen Aufwendungen junger Ehepaare für die Einrichtung des gemeinsamen Hausstandes durch eine Gesetzesänderung steuerlich durch eine Ermäßigung der Einkommensteuer zu berücksichtigen, ist im Finanzministerium — Herr Kollege Imle, Sie wissen das — bereits wiederholt gestellt und untersucht worden, einmal auf Grund einer Kleinen Anfrage der Kollegen Erhard, Picard und Genossen, dann auf Grund mündlicher Anfragen der Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus — vor noch nicht allzu langer Zeit — und des Herrn Kollegen Schmitt-Vokkenhausen.
Zu meinem Bedauern muß ich auch heute wieder darauf hinweisen, daß steuerliche Vergünstigungen in diesem Fall schon von der Sache her nicht das richtige Mittel sind, weil sie oft wegen der Auswirkung der Freibeträge und des progressiven Tarifs den gering verdienenden jungen Eheleuten überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang zugute kommen würden. Es kommt hinzu, daß eine wirksame steuerliche Maßnahme zu erheblichen Einnahmeausfällen führen würde, die angesichts der angespannten Haushaltslage auf absehbare Zeit nicht tragbar sind.
Schließlich muß auch auf die Berufungsfälle hingewiesen werden; Berufungsfälle in ähnlich gelagerten Fällen, die ohne Zweifel zu befürchten wären, z. B. bei Aufwendungen für die notwendige Vergrößerung des Hausstandes wegen der Geburt von Kindern, wegen der Aufnahme eines bedürftigen Familienangehörigen oder — wenn Sie noch weitergehen wollen — wegen der älteren alleinstehenden Personen, die auch einen Hausstand gründen wollen.
Ich darf erneut darauf hinweisen, daß eine gewisse Hilfe für junge Eheleute bereits im Sparprämiengesetz enthalten ist, das bei Verheiratung unter bestimmten Voraussetzungen die vorzeitige Freigabe des Sparguthabens vorsieht.
Dr. Imle, bitte!
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß Ihnen das Urteil des Finanzgerichts Kassel bekannt ist, in Verfolg dessen diese Frage im Wege der Rechtsbeschwerde bis zum Bundesverfassungsgericht gekommen Ist. Sollte nicht die Tatsache der Zulassung der Beschwerde ein Anlaß sein, noch einmal ganz intensiv in die Prüfung einzutreten, um diesen jungen Ehepaaren doch eine solche Vergünstigung zu geben?
Wenn Sie gestatten, Herr Präsident, darf ich gleich die zweite Frage stellen. Ist es nicht vielfach so, daß Eltern, die wirtschaftlich in der Lage sind, ihrer Tochter eine Aussteuer zu geben, die Aussteuer rechnungsmäßig übernehmen werden, obwohl sie von den jungen Ehepaaren selbst bezahlt worden ist? Findet nicht dadurch eine Umgehung des Gesetzes statt, was bei einer von vornherein festgelegten Begünstigung nicht der Fall wäre?
Gerade das, was Sie zum Schluß sagten, Herr Kollege, ist auch vom Bundesverfassungsgericht behandelt worden. Hier stellt das Bundesverfassungsgericht fest, es ist wesentlich, daß die Aufwendungen der Eltern für die Hingabe der Aussteuer — die Sie angesprochen haben — ein „verlorener Aufwand" seien, während den jung verheirateten Eheleuten regelmäßig ein Vermögenswert von Dauer in Höhe ihrer Aufwendungen zuwachse.
Ich habe bereits gesagt, daß die Frage schon oft geprüft worden ist. Ich bin natürlich bereit, sie erneut prüfen zu lassen oder — lassen Sie es mich lieber so ausdrücken — sie immer wieder prüfen zu lassen. Vielleicht ergibt sich einmal die Möglichkeit, über das allgemeine Anliegen zu sprechen. Leider ist der jetzige Zeitpunkt, Herr Kollege Imle, um auch vielleicht in anderen Richtungen Vorstellungen zu entwickeln, äußerst ungünstig. Warum, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen.
Herr Dr. Müller !
Da diese Steuerbegünstigung für die Aussteuer in erster Linie den Kindern begüterter Eltern zugute kommt, könnte man nicht dadurch eine Gleichheit erreichen, daß man diese Steuerbegünstigung für die Aussteuer streicht und damit zugleich Mehreinnahmen für die sowieso sehr schwache Bundeskasse ermöglicht?
Das Bundesfinanzministerium ist für Anregungen und Anträge solcher Art sicherlich immer aufgeschlossen.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Mertes auf:
Welchen ungefähren Zeitplan für die Behandlung der Finanzreform hat die Bundesregierung im Anschluß an die Beratungen der Regierungschefs der Bundesländer am 13. und 14. September ins Auge gefaßt?
Ich darf die Fragen des Herrn Kollegen Mertes, wenn er es gestattet, wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6171
Einverstanden? — Dann rufe ich noch die Fragen 39 und 40 des Abgeordneten Mertes auf:
Aus welchen Gründen besteht die Bundesregierung auf der Festlegung sogenannter Gemeinschaftsaufgaben im Grundgesetz?
Wäre nicht eine klare Aufgabentrennung und Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sehr viel besser als ein Katalog von Gemeinschaftsaufgaben?
Die Beratungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe für die Finanzreform einschließlich der Gemeindefinanzreform sollen zügig durchgeführt und nach Ansicht der Bundesregierung spätestens im Januar 1968 abgeschlossen werden. Die Bundesregierung wird danach die Gesetzentwürfe zur Reform der Finanzverfassung den parlamentarischen Körperschaften zuleiten.
Ihre Fragen 39 und 40, Herr Kollege Mertes, befassen sich mit der Regelung der Gemeinschaftsaufgaben. Eine förderative Staatsordnung erfordert nun einmal, daß die Aufgaben des Gesamtstaates und die der Gliedstaaten in der Verfassung festgelegt werden. Das Grundgesetz geht dabei von der Trennung in Bundes- und Länderaufgaben aus. Die Staatspraxis der letzten Jahre läßt hingegen erkennen, daß in wichtigen Bereichen die gesamtstaatlichen Aufgaben des Bundes und die einzelstaatlichen Aufgaben der Länder mehr und mehr ineinander übergreifen.
Bund und Länder wirken deshalb schon seit langem auf bestimmten Gebieten, z. B. bei der Agrarstruktur und dem Ausbau von Hochschulen, zusammen. Insofern könnte man feststellen — und das ist schon öfters getan worden —, daß ein Auseinanderlaufen zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit sichtbar geworden ist.
Die Bundesregierung tritt für eine klare Aufgaben- und Lastenverteilung ein und wird hierauf auch ihre Vorschläge zur Finanzreform ausrichten. Sie ist jedoch zugleich davon überzeugt, daß die soziale, industrielle und wirtschaftliche Entwicklung neue Formen der Bewältigung staatlicher Aufgaben erfordert. Mit dem Gutachten der Sachverständigenkommission für die Finanzreform hält sie ein verfassungsrechtlich geregeltes Zusammenwirken von Bund und Ländern bei solchen Aufgaben für geboten, die für die Zukunftsvorsorge besonders bedeutsam sind und ohne eine gemeinschaftliche Planung und Finanzierung nicht wirkungsvoll erfüllt werden können.
Auch die Ministerpräsidenten der Länder haben die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Regelung von Gemeinschaftsaufgaben anerkannt. Nach dem Vorschlag der Bundesregierung sollen in der Verfassung die einzelnen Gemeinschaftsaufgaben festgelegt werden. Dabei soll der Weg gewählt werden, daß von dem „Überholtsein" eines Katalogs in absehbarer Zeit nicht gesprochen werden kann.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, ist Ihrer Antwort zu entnehmen, daß noch lange nicht alle
Ministerpräsidenten bereit sind, dem Katalog von Gemeinschaftsaufgaben zuzustimmen, den die Bundesregierung vorgelegt hat?
Sie haben Verständnis dafür, Herr Kollege Mertes, daß ich nur feststellen kann, daß die Herren Ministerpräsidenten dem Institut der Gemeinschaftsaufgaben grundsätzlich zugestimmt haben. Sie wissen auch, daß sie aus dem Katalog von Gemeinschaftsaufgaben, den die Bundesregierung einmal auf den Tisch gelegt hatte, zunächst nur zwei anerkannt haben.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung nicht die Bedenken des bayerischen Ministerpräsidenten, durch die Schaffung von Gemeinschaftsaufgaben, die im Grundgesetz verankert werden, würden neue Mischverwaltungen notwendig, die zu einer Aufblähung des Verwaltungsapparats mit allen sich daraus ergebenden finanziellen Konsequenzen führen würden?
Zur Frage der Mischverwaltung, Herr Kollege Mertes, folgendes: Die Bundesregierung meint, daß mit dem Institut der Gemeinschaftsaufgaben eine gemeinsame Planung und Finanzierung bestimmter wesentlicher Aufgaben ermöglicht werden soll. Die gemeinsame Planung beschränkt sich dabei nach Meinung der Bundesregierung auf die Aufstellung des allgemeinen Programms, also z. B. Umfang, Schwerpunkte und Zeitablauf dieser Programme. Die Ausführung bleibt ausschließlich Sache der einzelnen Länder. Es wird somit nach Meinung der Bundesregierung keine Mischverwaltung geschaffen.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß sich diese Feststellung der Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Bedenken des hessischen Justizministers bringen läßt, der befürchtet, daß durch die Regelung, wie sie der Bundesregierung vorschwebt, ein „Oberstaat" geschaffen werden könnte, der dann die volle Planungskompetenz für sich in Anspruch nähme, so daß der Spielraum der Länder automatisch eingeengt werden müßte?
Herr Kollege Mertes, die Bundesregierung ist zu ihrer Auffassung nach langen Prüfungen gekommen. Sie meint, daß diese Auffassung richtig ist.
Herr Hammans!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit uns der Meinung, daß alles getan werden muß, um durch die Finanzreform die Gemeinden zu entlasten und ihnen besonders die Möglichkeit zu geben, sich mindestens teilweise von der nicht sehr glücklichen Gewerbesteuer zu trennen?
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6172 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß auch die Gemeindefinanzreform — genauso wie die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern — vordringlich durchgeführt werden muß. Dabei wird natürlich bei der Aufgabenzuteilung und Mittelzuteilung — wenn ich mich so ausdrücken darf — auch auf diesen Gesichtspunkt Rücksicht genommen werden müssen.
Herr Hammans!
Treffen Nachrichten zu, daß in Ihrem Hause Pläne vorbereitet werden, die Finanzreform von der Reform der Gemeindefinanzen zu trennen?
Diese Gerüchte treffen nicht zu.
Herr Genscher!
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Befürchtung, daß durch die Institutionalisierung von Gemeinschaftsaufgaben eine dritte Ebene geschaffen werden könnte, die zunehmend die parlamentarische Kontrolle durch das Bundesparlament und die Länderparlamente aushöhlt?
Ich teile diese Meinung nicht, Herr Kollege Genscher.
Herr Genscher!
Herr Staatssekretär, finden Sie nicht, daß es der föderativen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland angemessener wäre, wenn man Aufgaben, die, wie sich aus den Vorschlägen für die Gemeinschaftsaufgaben jedenfalls zum Teil ergibt, )sich besser im Bundesmaßstab lösen lassen, auch in eine klare Bundeszuständigkeit überträgt?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6173
Vom Bundesministerium der Finanzen ist keine Mitteilung an die Presse ,gegeben worden, wonach für den Bereich des Landes Niedersachsen für Maßnahmen ,des Einzelplans 10 im Rahmen des Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramms ,1967/68 31 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden seien.
Herr Logemann, einen Moment! Ihre Möglichkeit, Zusatzfragen zu stellen, wird in keinem Falle eingeschränkt. Sie haben zu jeder Frage zwei Zusatzfragen, und wenn Ihre Fragen zusammen beantwortet werden, können Sie zweimal zwei, also vier Zusatzfragen stellen. Das gilt nur nicht für die Zusatzfragesteller, denn sonst hätten wir bei den vorigen Fragen 24 Zusatzfragen bekommen, und alles hat 'seine Grenzen. — Herr Logemann!
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß das Bundeswirtschaftsministerium für das Land Niedersachsen von den 120 Millionen DM Bundesmitteln des Einzelplans 10 mehr als 31 Millionen DM beantragt hatte, wie ich dem Protokoll der 79. Sitzung ,des Haushaltsausschusses entnehmen kann?
Herr Kollege Logemann, wenn ich jetzt mit Ihrem Einverständnis und der Zustimmung des Herrn Präsidenten Ihre Fragen zusammen beantworten dürfte, würde sich die Antwort auf Ihre Zusatzfrage aus dem logischen Zusammenhang ergeben. Ich habe dazu jetzt nur noch nichts sagen können.
Bitte sehr, kommen wir zur zweiten Frage.
Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Logemann auf:
Hat die niedersächsische Landesregierung bis auf einen Betrag von 3,08 Millionen DM auf die unter Frage 48 genannten Mittel, die vor allem für den Deichbau und andere wasserwirtschaftliche Maßnahmen dienen sollten, verzichtet?
Dieser Betrag von 31 Millionen DM war in dem vorläufigen Plan des
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6175
Parlamentarischer Staatssekretär Leichtfederführenden Ressorts über die regionale Aufteilung der Mittel enthalten. Dieser vorläufige Plan ist den Ländern zusammen mit den getrennt davon entwickelten Vorstellungen der übrigen Ressorts über die regionale Aufteilung der Investitionsmittel des Bundes zur Vorbereitung der Sitzung des Konjunkturrates am 3. August 1967 übermittelt worden. Dabei bestand von vornherein kein Zweifel darüber, daß die Mittelaufteilung in vielen Punkten noch einer Korrektur bedurfte, um die von der Bundesregierung angestrebte regionale Schwerpunktbildung zu erreichen.Die Berücksichtigung der besonderen regionalen und strukturellen Gesichtspunkte ist am 3. August 1967 im Konjunkturrat mit Vertretern der Länder und Gemeinden, die sich ja ebenfalls, wie Sie wissen, an dem Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramm beteiligen, erörtert worden. Dabei ergab eine Gesamtrechnung, daß einige Länder auf Grund der zunächst ohne jede Koordinierung der Bundesressorts vorgenommenen regionalen Aufgliederungen der Einzelprogramme in zu geringem Umfang berücksichtigt waren. Im Einvernehmen mit den Ländervertretern sind deshalb regionale Verschiebungen einzelner Maßnahmen oder Programme vorgenommen worden.Bei dieser Festlegung der regionalen Verteilung der Mittel des Zweiten Konjunktur- und Strukturprogramms hat sich der Vertreter des Landes Niedersachsen im Hinblick auf die begrenzte Möglichkeit des Landes zur Erbringung von notwendigen Mitleistungen und im Interesse einer stärkeren Förderung des Wohnungsbaus im niedersächsischen Raum damit einverstanden erklärt, daß für landwirtschaftliche Investitionen seitens des Bundes 3 Millionen DM eingesetzt werden. Danach sind die endgültigen Planungen des zuständigen Bundesressorts, nämlich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ausgerichtet worden.Zu dieser Frage, Herr Kollege Logemann, wäre noch sehr viel zu sagen. Ich habe mir zu diesem Zweck ein sehr langes Fernschreiben mit der Antwort des Herrn niedersächsischen Ministerpräsidenten, die, wie ich glaube, gestern im niedersächsichen Parlament erfolgte, geben lassen; ich wollte mir aber ersparen, es hier vorzulesen.
Eine Zusatzfrage, Herr Logemann.
Herr Staatssekretär, dann liege ich doch richtig, wenn ich jetzt feststelle, daß das Land Niedersachsen die Möglichkeit gehabt hätte, 31 Millionen DM vorgesehene Bundesmittel zu nutzen, in der Tat aber von diesen 31 Millionen DM nur 3 Millionen DM in Anspruch genommen hat?
Ich glaube, Herr Kollege Logemann, daß diese Form der Feststellung nicht ganz richtig ist nach dem, was ich ausgeführt habe, nämlich daß zunächst einmal Programme angemeldet worden sind und daß dann im Konjunkturrat unter den Gesichtspunkten struktureller Einsetzung von Mitteln auch Verschiebungen vorgenommen werden mußten, weil manche Länder zu wenig bedacht waren.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie nicht den Betrag von 3 Millionen DM für das Land Niedersachsen doch für sehr niedrig in Anbetracht der gewaltigen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, die bei uns anstehen?
Herr Kollege Logemann, ich glaube, die Beurteilung der Frage, wo Schwerpunkte in einem Lande sind, muß man dem Land selber überlassen.
Eine letzte Zusatzfrage.
Hält es die Bundesregierung für tragbar, daß vordringlich Maßnahmen der Wasserwirtschaft in Niedersachsen, z. B. der Deichbau, die Durchführung des Aller-Oberleine-Planes oder wasserwirtschaftliche Maßnahmen im Gebiet der Großen Au und der Hunte, durch Verzicht auf Bundesmittel — so ist es doch — um Jahre verzögert werden?
Ich würde sagen: hier ist kein Verzicht auf Bundesmittel eingetreten, sondern eine schwerpunktmäßige Bewertung der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel durch die zuständigen Länder erfolgt.
Herr Wächter zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glaubt die Bundesregierung, daß es zu verantworten ist, auf Mittel aus dem zweiten Investitionshaushalt, insbesondere für den Küstenschutz zu verzichten, zumal angesichts der Tatsache, daß im Lande Niedersachsen bislang nur 50 % der Deiche auf die sturmflutsichere Höhe gebracht worden sind und noch acht Jahre vergehen werden, bis alle Deiche die Bestickhöhe haben?
Ich muß wieder erklären, Herr Kollege Wächter, daß es sich nicht um Verzicht auf Mittel handeln kann.Wenn alles das, was die einzelnen Länder für diese Programme angemeldet hatten, berücksichtigt worden wäre, dann hätte der Bund das Drei- und Vierfache an Mitteln zur Verfügung stellen müssen. Wenn also nunmehr in einem Gremium wie dem Konjunkturrat unter ganz gewissen Aspekten die
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6176 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Parlamentarischer Staatssekretär LeichtMittelzuteilung oder -verteilung sowohl im Volumen als auch hinsichtlich der Zwecke, für die diese Mittel eingesetzt werden sollen, vorgenommen worden ist, und zwar im Rahmen dessen, was möglich war, nämlich im Rahmen dieser insgesamt gesehen 5,3 Milliarden DM, dann kann man nicht davon sprechen, daß das eine oder andere Land verzichtet hat, wenn es mit seinen Anmeldungen und den Größenordnungen dieser Anmeldungen nicht zum Zuge gekommen ist. Vielleicht hat das Land, um seine schwerpunktmäßig beurteilten Aufgaben erfüllen zu können, das eine Projekt vorgezogen und das andere zurückgestellt.
Herr Abgeordneter Wächter!
Herr Staatssekretär, muß man diesen Mittelverzicht nicht auch unter der Perspektive sehen, daß es ohne weiteres im Rahmen des Möglichen liegt, daß schon in naher Zukunft speziell an der niedersächsischen Küste eine Sturmflut in dem Ausmaß derjenigen des Jahres 1962 entstehen kann, die ja seinerzeit den Tod von 300 Menschen zur Folge gehabt hat?
Herr Kollege Wächter, Sie werden mir zugeben: wenn ich Kenner der niedersächsischen Verhältnisse wäre, würde ich unter Umständen nunmehr einen ähnlichen Fall aus einem anderen Bereich vortragen können.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Geldner auf:Wie beurteilt die Bundesregierung die Angaben der großen Mineralölgesellschaften, mit denen diese die seit dem Ausbruch der Nahostkrise nicht unerhebliche und bei allen Firmen gleich hohe Anhebung der Benzin-, Mineralöl- und Heizölpreise begründet haben?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 27. September 1967 lautet:Das Bundeskartellamt prüft gegenwärtig noch, ob die Mineralölgesellschaften mit ihren Preiserhöhungen gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstoßen. Die Zahlenangaben, die das Bundeskartellamt von den Unternehmen angefordert hat, sind noch nicht vollständig, sollen dies jedoch in wenigen Tagen sein. Das Verfahren wurde inzwischen dadurch beschleunigt, daß das Bundeskartellamt in den betroffenen Unternehmen mit deren Einverständnis Ermittlungen durchgeführt hat. Aufgrund dieser Unterlagen wird das Bundeskartellamt prüfen, ob und inwieweit die Preisanhebungen gerechtfertigt sind. Die Prüfung erstreckt sich u. a. auf die Mehrkosten, die durch das Ausweichen auf die Kap-Route, durch höhere Frachtraten, durch den Einkauf teuerer Rohölpartien sowie durch eine Minderauslastung der Raffinerien entstanden sind. Erst nach Abschluß dieser Untersuchungen wird es möglich sein, über die von den Mineralölgesellschaften vorgenommenen Preiserhöhungen zu urteilen.Ich rufe die Fragen 51 und 52 des Abgeordneten Picard auf: •Hält die Bundesregierung die berufsständische Ordnung für Immobilienmakler für ausreichend?Wie gedenkt die Bundesregierung die Bevölkerung vor unseriösen Maklern und den immer wieder vorkommenden Großbetrügereien auf dem Immobilienmarkt zu schützen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt. vorn 4. Oktober 1967 lautet:Die beiden im Bereich des Immobilienmaklergewerbes auf Bundesebene arbeitenden Verbände „Ring Deutscher Makler" und „Verband Deutscher Makler" lassen nur solche Bewerber die Verbandsmitgliedschaft erlangen, gegen deren gewerberechtliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Der Ring Deutscher Makler hat vom Bundeskartellamt gebilligte Wettbewerbsregeln aufgestellt, durch die Leistungswettbewerb sichergestellt und einem dem Grundsatz des lauteren Wettbewerbs zuwiderlaufenden Verhalten im Wettbewerb entgegengewirkt werden soll. Eine gesetzliche Berufsordnung für Immobilienmakler besteht nicht. Sie ist nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht erforderlich. Soweit Mißstände auftreten, kann ihnen weitgehend mit Hilfe der vorhandenen Gesetze begegnet werden. Die zuständigen Behörden sind gehalten, die Maklerbetriebe in ausreichendem Maße zu überwachen.Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die bestehenden Gesetze hinreichenden Schutz der Bevölkerung gewährleisten. Sie geht dabei davon aus, daß es wie bei anderen Gewerbezweigen auch im Maklergewerbe entscheidend auf die Überwachung der Betriebe ankommt. Die Vorschriften der Bundesländer, insbesondere die von den Bundesländern gemäß § 38 Satz 1 Nr. 5 Gewerbeordnung erlassenen Maklerverordnungen, ermöglichen eine solche laufende Kontrolle der Maklerbetriebe, so daß Betrügereien und sonstige Mißstände aufgedeckt und gegen unzuverlässige Gewerbetreibende nach Lage des Einzelfalles die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden können, notfalls eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Gewerbeordnung. Zur Überwachung der Maklerbetriebe sind auf der Grundlage der schon erwähnten Länderverordnungen besondere Überprüfungsanleitungen und -anweisungen an die Behörden ergangen. Die Verwaltungsbehörden sind außerdem angewiesen worden, unmittelbar nach der Geweibeanmeldung gemäß § 14 Gewerbeordnung einen Strafregisterauszug des Gewerbetreibenden einzuholen. Ergeben sich hieraus Anhaltspunkte für seine Unzuverlässigkeit, ist sofort zu prüfen, ob daraufhin das Verfahren zur Untersagung des Gewerbes einzuleiten ist. Schließlich stehen strafrechtliche Maßnahmen zur Verfügung. Zu denken ist hierbei an die Bestrafung wegen Betruges oder Wuchers; auch kann nach § 421 Strafgesetzbuch ein Berufsverbot ausgesprochen werden.Hingegen glaubt die Bundesregierung nicht, daß die Einführung einer Berufszulassungsregelung für Makler ein geeignetes Mittel darstellen würde, auch die im Maklergewerbe hin und wieder auftretenden Mißstände auszuschließen.Abgesehen davon, daß gegen eine solche Regelung im Hinblick auf Artikel 12 Grundgesetz erhebliche Bedenken bestehen, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß beispielsweise eine Zulassungsregelung mit Prüfung der Sachkunde bei Beginn der gewerblichen Tätigkeit keine Gewähr dafür bietet, daß der Gewerbetreibende später sein Gewerbe ordnungsgemäß ausübt.Die Bundesregierung ist vielmehr der Ansicht, daß es entscheidend auf eine laufende Überwachung der Gewerbeausübung ankommt. Sie gibt die Möglichkeit, notfalls mit der Gewerbeuntersagung einzugreifen.Ich rufe die Fragen 53 und 54 des Abgeordneten Weigl auf:Wie beurteilt die Bundesregierung die Auftrags- und Beschäftigungslage in der ostbayerischen Porzellanindustrie?Teilt die Bundesregierung die Befürchtung der Industrie- und Handelskammer von Niederbayern, daß durch die attraktive Forderung nach dem Steinkohlenbergbauanpassungsgesetz die Betriebe lieber im Ruhrgebiet als in Niederbayern/Oberpfalz ihren neuen Standort wählen könnten?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 4. Oktober 1967 lautet:Die bayerische Porzellanindustrie, die Ober rd. 90 % der Kapazitäten dieser Branche verfügt und überwiegend in Ostbayern ansässig ist, hat sich in den vergangenen Jahren günstig entwickelt. Der Umsatz stieg — bei rückläufiger Beschäftigtenzahl — von 343 Mio DM im Jahre 1960 auf 502 Mio DM im Jahre 1966, also um 46,5 %. Der Umsatz je Beschäftigten erhöhte sich um rd. 60 %. Diese beachtliche Produktivitätszunahme ist das Ergebnis erfolgreicher Rationalisierungsbemühungen in der Porzellanindustrie.Von der allgemeinen Konjunkturabschwächung im zweiten Halbjahr 1966 ist allerdings auch die Porzellanindustrie nicht verschont geblieben. So sind in den ersten 7 Monaten 1967 der Umsatz und der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - bei rückläufigen Preisen — um rd. 11 % zurückgegangen.In der bayerischen Porzellanindustrie wurden Ende Juli 1967 fast 25 000 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Zahl der arbeitslosen Steinbearbeiter, Keramiker und Glasmacher betrug Ende Juli 1967 1737, während es Ende April d. J. noch 2645 waren. Die ostbayerische Porzellanindustrie hat im August d. J. wieder Vermittlungsaufträge für ausländische Arbeiterinnen erteilt.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6177
Vizepräsident SchoettleDarüber hinaus ist die Bundesregierung davon überzeugt, daß die Stärkung der konjunkturellen Auftriebskräfte durch das 2. konjunktur- und strukturpolitische Programm .auch die Auftrags- und Beschäftigungslage der Porzellanindustrie günstig beeinflussen und die gegenwärtig etwa noch bestehenden Besorgnisse beseitigen wird. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die außergewöhnlichen Probleme der Steinkohlenbergbaugebiete, die sich aus der Anpassung der Kohlenförderung ergeben, auch einen außergewöhnlichen Investitionsanreiz in Form der im Entwurf des Steinkohlenanpassungsgesetzes für 3 Jahre vorgesehenen Investitionsprämie rechtfertigen. Die Bundesregierung hat dabei selbstverständlich auch die Situation der Bundesfördergebiete — so auch die des ostbayerischen Grenzraumes — im Auge behalten. In der .Steigerung der Wirtschaftskraft dieser Räume, um die sie zusammen mit den Landesregierungen seit Jahren bemüht ist, sieht sie eine Aufgabe auf längere Sicht. Sie wird deshalb die Förderung des Zonenrandgebietes und der Bundesausbaugebiete mit aller Kraft fortführen und nach Möglichkeit noch steigern. Das Regionale Förderungsprogramm der Bundesregierung bietet Bundeshilfen, deren Wirkung den im Entwurf des Steinkohlenanpassungsgesetzes vorgesehenen Hilfen gleichkommt. So sind die Zinsvorteile der Investitionskredite etwa der Investitionsprämie adäquat. Außerdem können die Mittel des Regionalen Förderungsprogramms auch für infrastrukturelle Maßnahmen — Verkehrsverbindungen, Berufsschulen, Anlagen für die Energie- und Wasserversorgung, für die Abwasserbeseitigung sowie für öffentliche Einrichtungen des Fremdenverkehrs — verwendet werden. Aus den genannten Gründen glaubt die Bundesregierung, daß trotz der für die Bergbaugebiete vorgesehenen Hilfen nach dem Steinkohlenanpassungsgesetz die Ansiedlungsanreize des Regionalen Förderungsprogramms der Bundesregierung die Neuansiedlung von Betrieben auch in Niederbayern und in der Oberpfalz nach wie vor gewährleisten werden. Selbstverständlich wird die Bundesregierung die Auswirkungen des Steinkohienanpassungsgesetzes und ihren Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesfördergebiete aufmerksam beobachten.
Ist die Bundesregierung bereit, auf den Senat von Berlin dahin gehend einzuwirken, daß bei Senatsaufträgen die Wirtschaft des Zonengrenzgebietes besondere Berücksichtigung findet?
Herr Staatssekretär, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ihre Frage kann ich mit einem „Selbstverständlich" beantworten.
Nach \\den Richtlinien der Bundesregierung für ,die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei ,der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 31. März 1954 sollen Bewerber aus dem Zonenrandgebiet und dem Land Berlin bevorzugt berücksichtigt werden. Das heißt: Angebote von Bewerbern aus Berlin (West) und von Bewerbern ,aus dem Zonenrandgebiet genießen eine gleichwertige Bevorzugung.
Das gilt auch bei Aufträgen des Senats von Berlin, da durch Bekanntmachung des Senators für Wirtschaft und Ernährung vom 28. April 1954 ,die Richtlinien der Bundesregierung vollinhaltlich übernommen worden sind.
Der Bundesregierung sind allerdings keine Fälle bekanntgeworden, in denen (bei Senatsaufträgen die genannten Richtlinien. nicht beachtet worden wären. Die Bundesregierung sieht deshalb mangels Materials — und wir haben danach gefragt — keine Veranlassung, beim Senat von Berlin vorstellig zu werden.
Herr Dr. Jahn!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, nach Zuleitung von Unterlagen aus der Wirtschaft des Zonengrenzgebietes dieser Frage weiter nachzugehen? Denn die Wirtschaft im Zonengrenzgebiet ist anderer Auffassung; ich 'darf die Konservenindustrie, die Baustoffindustrie, die Landwirtschaft und andere erwähnen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesimnister .für Wirtschaft: Selbstverständlich, wenn den erwähnten Richtlinien nicht nachgekommen wurde.
Ich rufe die Fragen 56, 57 und 58 des Abgeordneten Kiep auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es zum Schutze der sparenden Bevölkerung notwendig ist, auch ausländische Investmentgesellschaften den Vorschriften des „Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften" sowie des „Kreditwesengesetzes" zu unterwerfen?
Hält die Bundesregierung es für mit dem Prinzip des Weltbewerbs vereinbar, daß Zinsen und Dividenden aus Anlagen in ausländischen Investmentgesellschaften oder ausländischen Investmentzertifikaten im Gegensatz zu Zinsen und Dividenden aus Anlagen in deutschen Zertifikaten nicht der deutschen Einkommensbesteuerung unterliegen?
Hält die Bundesregierung es für vertretbar, daß ausländische Investmentgesellschaften in der Bundesrepublik Zertifikate von Dachfonds anbieten, während dieses Geschäft den deutschen Gesellschaften untersagt ist?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wind nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zu Frage 59 des Abgeordneten Fellermaier:
Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus den behördlichen Feststellungen nach der Ölexplosion an einer Bohrstelle in Deggenhausen/Bodensee, da dort drei Öltanks mit einem Fassungsvermögen von 120 000 1 in unmittelbarer Nähe der Ölsonde ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen aufgestellt wurden und dafür keine baurechtliche Genehmigung notwendig war, während jeder Hausbesitzer beim Einbau von Öltanks strengen Sicherheitsbestimmungen unterworfen ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Fellermaier, es trifft nicht zu, daß die Ölbehälter ohne Beachtung von Sicherheitsvorschriften aufgestellt worden sind. Wie der Herr Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg am 22. September auf eine entsprechende Anfrage im Landtag erklärt hat, hat das zuständige Bergamt Freiburg die Arbeiten auf dem betreffenden Erdölfeld genehmigt und dabei die Auflagen der Wasserbehörden und auch des Geologischen Landesamtes in vollem Umfang berücksichtigt. Die gesamte Tätigkeit auf einem Erdölfeld hat sich nämlich auf Grund der bergrechtlichen Vorschriften der Länder nach einem von der Bergbehörde zuzulassenden Betriebsplan zu richten, der die gleichen Sicherheitsgarantien wie eine bauaufsichtliche Genehmigung bietet. Einer Beteiligung der Baubehörde neben den anderen in Frage kommenden Fachbehörden bedurfte es nicht, da die Bergbehörde eben bei Maßnahmen dieser Art die Belange der Baubehörde mit wahrzunehmen hat.
Für etwaige zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, also für die von Ihnen erwähnten Folgerungen, sind die Landesregierungen zuständig. So hat der baden-württembergische Wirtschaftsminister dem dortigen Landtag zugesichert, die landesrechtlichen Vorschriften zu prüfen und gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen.
Herr Kollege Fellermaier!
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6178 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Herr Staatssekretär, halten Sie es im Interesse der Sicherung der Wasserversorgung in allen Bundesländern nicht für notwendig, daß eine bundeseinheitliche Regelung auch unter dem Gesichtspunkt des föderativen Staatsaufbaus erfolgt und daß man dies nicht in das Ermessen nur des einzelnen Landes stellen kann? Die Wasserversorgung macht ja nicht halt an den Grenzen der einzelnen Bundesländer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Fellermaier, das obliegt nach der gegenwärtigen Rechtslage den Ländern. Aber unabhängig davon wird die Frau Bundesminister für Gesundheitswesen anläßlich einer Anfrage des Herrn Abgeordneten Biechele zu dem Problem der Reinhaltung der Gewässer Stellung nehmen. Darüber hinaus darf ich Ihnen mitteilen, daß eine Verschmutzung der Aach und des Bodensees auf Grund dieses Unfalls nicht eingetreten ist.
Herr Abgeordneter Biechele!
Herr Staatssekretär, ist geprüft worden, ob die Bestimungen der §§ 19, 19 a, 19 b und 19 c des Wasserhaushaltsgesetzes für diesen Sachverhalt zutreffen und gegebenenfalls angewandt worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte Sie, sehr verehrter Herr Kollege, diese Frage an die Frau Bundesminister für Gesundheitswesen zu richten.
Ich rufe die Frage 60 des Abgeordneten Fellermaier auf:
Wie will die Bundesregierung erreichen, daß an Autobahntankstellen, die von der bundeseigenen Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahn an Mineralölkonzerne verpachtet sind, nicht, wie von der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahn festgestellt, überhöhte Benzinpreise im Vergleich zu Tankstellen derselben Mineralölfirmen im Umkreis weniger Kilometer, also in der gleichen Preiszone, berechnet werden?
Herr Staatssekretär, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Gegen Mißbrauch wird eingeschritten werden. So wurden die Benzinpreise an den Autobahntankstellen vom Bundeskartellamt im Herbst vorigen Jahres geprüft und ein Mißbrauchsverfahren eingeleitet, da die Mineralölgesellschaften damals diese Tankstellen von den mehrfachen Benzinpreissenkungen des Vorjahres ausgenommen hatten. Daraufhin haben die Gesellschaften die Benzinpreise an diesen Autobahntankstellen ebenfalls gesenkt und im wesentlichen den Preisen angeglichen, die an den Tankstellen der umliegenden Gebiete verlangt werden.
Auch nach den jüngsten Ermittlungen der Gesellschaft für Nebenbetriebe weichen die Benzinpreise an den Autobahntankstellen im allgemeinen nur um weniger als 1 Pf je Liter von den vergleichbaren
Preisen in der näheren Umgebung ab. Dieser Unterschied ergibt sich nach Angaben der Gesellschaften aus der Länge ihrer Anfahrtswege zu den Tankstellen und der von bestimmten Basispreisen ausgehenden abgestuften Preisstaffelung der Markengesellschaften. Nur an sehr wenigen Autobahnplätzen liegen die Preisunterschiede gegenüber der nächsten Tankstelle derselben Markengesellschaft bei 1 bis 2 Pf.
Diese Preisabstufungen sind dem Bundeskartellamt bekannt. Es hat sich bisher nicht veranlaßt gesehen, ein Mißbrauchsverfahren einzuleiten. Das Material der GfN ist dem Bundeskartellamt zugeleitet worden, um eine Prüfung ihres bisherigen Ermittlungsergebnisses zu ermöglichen.
,Vizepräsident Schoettle: Herr Brück !
Herr Staatssekretär, könnten Sie sich vorstellen, daß die Gesellschaft für Nebenbetriebe an der Autobahn mit den Pächtern einen Vertrag abschließt und darin eine Klausel aufnimmt, wonach sich die Pächter verpflichten, die gleichen Benzinpreise zu nehmen wie an den eigenen Tankstellen in der näheren Umgebung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ob das möglich ist, muß geprüft werden. An sich sind die Verwaltungskosten der Mineralölgesellschaften an den Autobahntankstellen — je Liter Benzin gerechnet — höher als an den außerhalb der Autobahn gelegenen Tankstellen.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, ist das etwa darauf zurückzuführen, daß die Autobahntankstellen eine höhere Pacht abführen müssen, oder worauf führen Sie die höheren Verwaltungskosten zurück, nachdem der Umsatz an den Autobahntankstellen nachgewiesenermaßen wesentlich höher als an vergleichbaren Tankstellen in der Umgebung liegt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Fellermaier, ich sprach nicht vom Gesamtumsatz oder vom Gesamtertrag, sondern von den Kosten je Liter, und die sind an den Autobahntankstellen auf Grund der Pacht höher als anderswo.
Aha! Und warum, Herr Staatssekretär?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das wird an den Pachtkonditionen liegen, Herr Fellermaier.
Keine weitere Frage hierzu.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6179
Vizepräsident SchoettleIch rufe die Frage 61 des Abgeordneten Lenders auf:Sind die von Vertretern der Automobilindustrie anläßlich der Frankfurter Automobilausstellung gegebenen und mit dem Übergang von der Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer zur Mehrwertsteuer begründeten Hinweise auf Preissteigerungen für Automobile im Jahr 1968 von dem tatsächlichen Steuerlastunterschied zwischen den beiden Umsatzsteuersystemen her gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt?Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Lenders, ich möchte einmal die Frage beiseite lassen, ob derartige Zielvorstellungen von den Vertretern der Automobilindustrie wirklich angestrebt wurden. Die steuerlichen Belastungsverschiebungen rechtfertigen jedenfalls keine Preisanhebung auf dem Automobilmarkt. Das schließt geringfügige Änderungen in den Bruttokalkulationen dieses Wirtschaftszweiges — und zwar Veränderungen nach beiden Seiten — nicht aus.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lenders.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in Zukunft allen Ankündigungen von Preiserhöhungen, die unzutreffenderweise mit dem Übergang zur Mehrwertsteuer begründet werden, öffentlich entgegenzutreten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Lenders, ich fasse das, was in Frankfurt vor Eröffnung der Automobilausstellung von dem einen oder anderen Repräsentanten der Automobilindustrie gesagt worden ist, nicht als Ankündigung auf. Auch anläßlich der Automobilausstellung selbst. haben sich Vertreter der Bundesregierung bei den Herren erkundigt und nichts festgestellt, was etwaige Besorgnisse rechtfertigen könnte.
Herr Lenders!
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß beim Verbraucher nach wie vor eine gewisse Unsicherheit über die Auswirkungen des Übergangs zur Mehrwertsteuer auf die Preise herrscht — das Beispiel Automobilindustrie sollte das zeigen —, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es dringend notwendig ist, etwas zur Aufklärung des Verbrauchers zu tun, etwa durch Herausgabe einer Verbraucherfibel zur Mehrwertsteuer?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Selbstverständlich teilen wir diese Auffassung, Herr Kollege Lenders. Diese Unsicherheit besteht ja nicht nur beim Verbraucher, sondern sie ist auch noch bei vielen Unternehmen vorhanden. Die Mehrwertsteuer ist für Deutschland eine völlig neuartige Steuer, und der Übergang zu ihr stellt eine Steuerreform dar, wie sie vielleicht in jedem Jahrhundert einmal vorkommt. Da gibt es Probleme — gerade in der Preisbildung —, die nicht so schnell gelöst werden können.
Ich erfahre aber gerade von meinem Kollegen Leicht, daß die Fibel bereits vorhanden ist.
Herr Genscher!
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß die im Gegensatz zur Konjunkturpolitik der Bundesregierung in vielen Fällen kontraktive Steuerpolitik die Bemühungen um eine Konjunkturbelebung wesentlich beeinträchtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Genscher, die Mehrwertsteuer beruht auf einem von zwei Fraktionen in diesem 5. Bundestag eingebrachten Initiativantrag. Die Bundesregierung würde es sich nicht erlauben, die Verabschiedung dieses auf jenem Initiativantrag beruhenden Gesetzes zu diesem Zeitpunkt für nicht zweckmäßig zu halten. Sie hat sich lediglich in einem Fall erlaubt, einen Ergänzungsvorschlag zu machen.
Herr Genscher!
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß sich die dreimal geänderte Auffassung der Bundesregierung über den Steuersatz für die Mehrwertsteuer im Jahre 1968, aber auch die Tatsache, daß die zusätzliche Entlastung der Altvorräte zu spät vorgenommen wurde, konjunkturhemmend ausgewirkt haben, wie Sie übrigens sogar in der Begründung für das zweite Investitionsprogramm ausgeführt haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich teile diese Auffassung, insbesondere hinsichtlich der recht späten zusätzlichen Entlastung der Altvorräte. Die Veränderungen des Steuersatzes selbst sind ja innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums vorgenommen worden. Sie haben meines Wissens keine Unruhe, keine Dispositionsschwierigkeiten in die Unternehmen hineingebracht.
Herr Ott!
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß solche Äußerungen wie in Frankfurt auf der Automobilausstellung den Konjunkturbestrebungen der Bundesregierung genau entgegenstehen, und welche Absicht hat die Bundesregierung, in künftigen Fällen solchen krisemachenden Äußerungen entgegenzutreten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Ott, wir haben in der Bundesrepublik Deutschland Meinungsfreiheit und jeder kann sie äußern. Ich frage mich, ob diesen Äußerungen vor der Eröffnung der Automobilausstellung in der Öffentlichkeit
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6180 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndtnicht etwas zu viel Gewicht beigemessen wurde. Nach meinen Informationen wird es keine bedeutenden Preisveränderungen geben.
Herr Moersch!
Herr Staatssekretär, darf ich aus der Antwort auf die Frage meines Kollegen Genscher schließen, daß Sie unsere Befürchtung teilen, daß die Sinnveränderung der Mehrwertsteuer — innerhalb weniger Wochen einmal: „keine Mehreinnahmen des Bundes", dann „eine Steuererhöhung zur Erzielung von Mehreinnahmen zur Deckung von Haushaltslücken" — entscheidend zu den Befürchtungen des Kollegen Lenders beigetragen hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese Auffassung würde ich nicht teilen. Außerdem müßte ich, um erschöpfend antworten zu können, alle Motive der Befürchtungen des Herrn Kollegen Lenders kennen. Da fragen Sie ihn besser selbst. Darf ich aber — ohne Bezug auf den Kollegen Lenders — noch einmal zu Ihrer Frage Stellung nehmen. Die Wirtschaft weiß seit Mitte dieses Jahres und seit den entsprechenden Beschlüssen des Bundestages, wie die Steuersätze des nächsten Jahres sein werden, mit welcher Entlastung der Altvorräte in diesem Jahr und im nächsten Jahr zu rechnen ist. Sie kann disponieren. In welchem Umfange das effektive Steueraufkommen uns zu dem Schluß berechtigen wird: Die Sätze sind im Prinzip „zu hoch" oder „zu niedrig" oder „gerade richtig" angesetzt, wird man wahrscheinlich erst am Ende des Jahres 1968 sagen können. Denn die ganze Mehrwertsteuer beruht auf Schätzungen über die im gegenwärtigen Umsatzsteuersystem gegebenen Belastungen der einzelnen Produkte.
Herr Moersch!
Herr Staatssekretär, teilen Sie denn die Auffassung, daß die Preiserhöhungsdebatte nicht in dieser Schärfe entbrannt wäre, wenn man bei dem Schwur geblieben wäre und es beim 10 %igen Steuersatz belassen hätte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das wird sich spätestens im nächsten Jahr herausstellen. Denn dieser erhöhte Steuersatz von 11 % gilt ja erst ab Mitte des Jahres, und gewisse Unterlagen und Beratungen des Finanzausschusses haben uns alle damit rechnen lassen, daß der Steuersatz von 10 % in späteren Jahren würde angehoben werden müssen, da bei dem gleichzeitigen Abbau der Investitionssteuer wahrscheinlich ein Satz von 10 % nicht zu halten gewesen wäre.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß Ihre optimistische Feststellung hinsichtlich der Preisentwicklung bei neuen Wagen auch auf das
Altwagengeschäft zutrifft, oder sind Sie nicht auch der Meinung, daß sich im Altwagengeschäft aus dem Systemwechsel bei der Umsatzsteuer doch Preiserhöhungen ergeben könnten, die entsprechende Rückwirkungen auf das Neuwagengeschäft haben müßten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Situation auf dem Gebrauchtwagenmarkt des nächsten Jahres macht uns Sorge; ich gebe das zu.
Wir kommen zu den Fragen 62 und 63 des Abgeordneten Dr. Frerichs:
Ist der Abgeordnete im Saal? — Das ist nicht der Fall. Dann werden die Fragen schriftlich beantwortet.
Frage 64 des Abgeordneten Burger ist zurückgezogen.
Frage 65 des Abgeordneten Buschfort:
Wie erklärt es sich die Bundesregierung, daß alle bekannten deutschen Hersteller von Textilfarben zum 16. Oktober 1967 ihre Farbenpreise um 8 Prozent erhöhen wollen, ebenso auch die schweizerischen Produzenten, die größtenteils in der Bundesrepublik über eigene Werke verfügen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Buschfort, die Farbstoffhersteller begründen die Preiserhöhung damit, daß ihre Gestehungskosten gestiegen seien. Da Ausmaß und Zeitpunkt der Preiserhöhung bei allen Herstellern gleich sind — wie Sie in Ihrer Frage mit Recht bemerken —, besteht der Verdacht, daß die Unternehmen Verhalten untereinander abgesprochen oder doch wenigstens abgestimmt haben.
Herr Buschfort!
Herr Staatssekretär, rechnen Sie ,damit, daß 'die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft davon ausgehen wird, daß ein verabredetes Verhalten vorliegt, und eine Überprüfung vornehmen wind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die EWG-Kommission ist im Jahre 1965 so verfahren. Ob sie diesmal ebenfalls ermitteln wird, ist noch nicht bekannt. Das hängt sicherlich von der Preisentwicklung in den anderen europäischen Ländern ab.
Herr Buschfort!
Herr Staatssekretär, wird das Bundeskartellamt überprüfen, wieso diese Preiserhöhung bei allen Farben gleichermaßen zustande kam und wieso kein Unterschied zwischen Neuentwicklungen und bereits vorhandenen Standardfertigungen vorgenommen wurde?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das wäre praktisch die Antwort auf Ihre zweite Frage, Herr Kollege.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967 6181
Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Buschfort auf:
Wird das Bundeskartellamt wegen der in Frage 65 erwähnten geplanten gleichmäßigen Preiserhöhungen, die auf eine verbotene Absprache hindeuten, eingeschaltet werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Bundeskartellamt hat sofort nach Bekanntwerden der Preiserhöhungen Verfahren eingeleitet. In diesen Verfahren gegen die Farbstoffhersteller wird geprüft, ob das Kartellverbot verletzt wurde. Um zunächst den Sachverhalt zu klären, hat das Kartellamt den betroffenen Unternehmen einen Fragenkatalog zugesandt und sie ersucht, Ms zum 15. Oktober eingehend Stellung zu nehmen sowie die vorhandenen Unterlagen einzureichen.
Herr Dr. Staratzke!
Herr Staatssekretär, dem Bundeswirtschaftsministerium ist offenbar bekannt, daß etwa zum gleichen Zeitpunkt und in der gleichen Höhe ausländische Farbenfabriken, insbesondere in der EWG, ebenfalls diese Preiserhöhungen vorgenommen haben. Glauben Sie nicht, daß es Aufgabe der Bundesregierung wäre, die EWG-Kommission auf diese Verhältnisse noch einmal aufmerksam zu machen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das wird geschehen, Herr Kollege Staratzke. Ich kann Ihnen auch gerne die Preiserhöhungen mitteilen. In Belgien, in den Niederlanden, in der Schweiz, in Spanien und in Osterreich sind die Preise um 8 % erhöht worden, in Frankreich um 12 %. In Italien und England sind sie nicht oder bis jetzt noch nicht erhöht worden.
Keine weitere Frage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Die Frage 73 stellt Frau Abgeordnete Freyh:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten zur nachdrücklichen Unterstützung der Empfehlungen für einen besseren Gesundheitsschutz an Büromaschinen, die kürzlich im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und anderer Organisationen von einer Ärztegruppe erarbeitet wurden?
Herr Minister, wollen Sie bitte antworten.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die Verwaltungsberufsgenossenschaft, der Verband der Angestelltenkrankenkassen e. V. und die Deutsche Angestelltengewerkschaft haben ein Gutachten zur Frage von Arbeitsschäden an Haltungs- und Bewegungsapparat durch Büromaschinenarbeit in Auftrag gegeben, das in Kürze veröffentwerden soll. Es ist bereits vorgesehen, nach seiner Veröffentlichung gemeinsam mit allen interessierten Kreisen zu prüfen, welche Nutzanwendungen aus den gewonnenen Erkenntnissen gezogen und wie die Empfehlungen unterstützt werden können. Die Ergebnisse des Gutachtens könnten zum Inhalt bundeseinheitlicher Richtlinien für die Errichtung von Büroräumen und die Anforderungen an Büroarbeitsplätze gemacht werden. Man könnte auch versuchen, durch Unfallverhütungsvorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder durch Rechtsverordnung diese Materie zu regeln.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß der richtigen Gestaltung der Arbeitsplätze an Büromaschinen wegen ihrer Bedeutung für die Vermeidung von Haltungsschäden schon seit einiger Zeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. So ist von der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsschutz eine Neufassung des Merkblattes „Gesunderhaltung durch richtiges Arbeiten an der Schreibmaschine" ausgearbeitet worden. Darin sind die neuesten arbeitsmedizinischen Erkenntnisse über die Gestaltung von Arbeitssitzen, Schreibmaschinentischen, Fußstützen, Schreibvorlagen und anderen Hilfsmitteln in allgemeinverständlicher Form beschrieben und durch Zeichnungen erläutert. Dieses Merkblatt ist im Fachteil „Arbeitsschutz" des Bundesarbeitsblattes vom Juli dieses Jahres abgedruckt. Ein Exemplar dieser Veröffentlichung, in der sich das Merkblatt befindet, stelle ich Ihnen gern zur Verfügung. Weitere Merkblätter über Fragen der Büroraumgrößen, Raumausstattung und Raumgestaltung sowie der Beleuchtung, Belüftung, Klimatisierung und Lärmbekämpfung sind in Vorbereitung.
Frau Freyh!
Herr Bundesminister, bis wann glauben Sie direkte Konsequenzen aus dem Gutachten, das Sie soeben erwähnt haben, ziehen zu können?
Ich sagte Ihnen, Frau Kollegin, daß wir unmittelbar nach Vorliegen des Gutachtens mit den Beteiligten zusammentreten werden.
Frau Freyh!
Herr Bundesminister, bestehen Aussichten, daß es sich dabei nicht nur um die Feststellung handelt, daß die Arbeitsmöglichkeiten zu verbessern sind, sondern um eine direkte Einwirkungsmöglichkeit, damit tatsächlich Änderungen erzielt werden?
Das hängt natürlich weitgehend von den
Vorschlägen ab, die uns gemacht werden.
Herr Büttner!
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, Ihre Ausführungen hinsichtlich der Begünstigungen am Arbeitsplatz und besserer Arbeitsverhältnisse auch der Kultusministerkonferenz zur Kenntnis zu bringen, damit sie von dort aus auch an die Schulen weitergegeben werden, weil sie sicherlich auch in bezug auf die Ausbildung sehr wirkungsvoll sein könnten?
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6182 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Oktober 1967
Herr Kollege, ich bin Ihnen für diese Anregung sehr dankbar. Ich werde sie gern verfolgen und der Kultusministerkonferenz eine entsprechende Vorlage unterbreiten.
Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Geldner auf:
Warum sind die Aufwendungen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenfürsorge zur Förderung der Arbeitsaufnahme im ersten Halbjahr 1967 am stärksten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz/Saarland angehoben worden, wo doch nach den Feststellungen früherer Fragestunden die Arbeitslosigkeit strukturbedingt in Nordbayern mit an der Spitze lag?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 25. September 1967 lautet:
Nach 1§ 130 ff. des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung können zur Förderung der Arbeitsaufnahme bestimmte Leistungen gewährt werden. Sie umfassen Bewerbungskosten, Reise- und Umzugskosten, Arbeitsausrüstung, Überbrückungsbeihilfe, Trennungsbeihilfe, Eingliederungsbeihilfe, Wirtschaftsbeihilfe für Landarbeiterfamilien und Anlernzuschüsse. Die Bundesanstalt gewährt diese Leistungen an einzelne Personen in Form von Zuschüssen und/oder Darlehen nach den derzeit geltenden „Richtlinien zur Förderung der Arbeitsaufnahme" vom 7. Juni 1963. In den Genuß der Leistungen können sowohl Arbeitslose als auch sonstige Arbeitsuchende kommen.
Die Richtlinien gelten einheitlich für alle Antragsteller im Bundesgebiet. Für die Gesamtsumme der von der Bundesanstalt ausgezahlten Mittel ist ausschließlich entscheidend, wie viele antragsberechtigte Arbeitnehmer bei ihrem örtlich zuständigen Arbeitsamt Leistungen beantragen.
Wenn in den Landesarbeitsamtsbezirken Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz-Saarland durch die Bundesanstalt im Verhältnis höhere Leistungen ausgezahlt wurden als in den übrigen Teilen des Bundesgebietes, so ist das auf die dort vorhandene große Zahl von Arbeitslosen zurückzuführen. Aber auch im Landesarbeitsamtsbezirk Nordbayern sind die Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme im ersten Halbjahr 1967 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres gestiegen.
Zahlenmäßig ergibt sich in den einzelnen Landesarbeitsamtsbezirken des Bundesgebietes folgendes Bild:
Zeitraum Zeitraum
1. 1. bis 1. 1. bis
30.6. 1966 30.6.1967
Landesarbeitsamtsbezirk Leistungsfälle Aufwendungen in DM Leistungsfälle Aufwendungen
in DM
Baden-Württemb. 3 943 rd. 223 000,— 9 009 rd. 539 000,—
Nordbayern 4 297 rd. 245 000,— 6 049 rd. 334 000,—
Südbayern 2 932 rd. 138 000,— 4 635 rd. 139 000,—
Berlin 1 723 rd. 209 000,— 1 929 rd. 266 000,—
Hessen 2 565 rd. 165 000,— 5 126 rd. 355 000,—
Niedersachsen-
Bremen 5 480 rd. 321 000,— 8 200 rd. 464 000,—
Nordrhein-
Westfalen 10 577 rd. 1 020 000,— 20 915 rd. 2 196 000,—
Rheinland-Pfalz-
Saarland 1 667 rd. 164 000,— 4 321 rd. 454 000,—
Schleswig-Holstein-
Hamburg 3 675 rd. 178 000,— 4 836 rd. 289 000,—
Ich möchte in diesem Zusammenhang allerdings erwähnen, daß eine Strukturverbesserung mit Leistungen nach den genannten „Richtlinien zur Förderung der Arbeitsaufnahme" nicht erreicht werden kann. Hierfür sind vielmehr Strukturverbesserungsprogramme erforderlich, die von der Bundesanstalt in der Vergangenheit bereits in größerem Umfange finanziell gefordert wurden, und zwar vorrangig dort, wo derartige Programme am notwendigsten waren. Das war besonders in den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern der Fall.
Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, daß die Bundesanstalt seit ihrer Errichtung im Jahre 1952 bis 1966 an Leistungen im Gebiet des Landes Bayern insgesamt rd. 4,5 Milliarden DM erbracht hat. Da ihr im gleichen Zeitraum aus diesem Gebiet aber nur rd. 3,5 Milliarden DM an Einnahmen zugeflossen sind, ergibt sich eine Mehrleistung von rd. 1 Milliarde DM.
Ich rufe die Fragen 75 und 76 des Abgeordneten Schmitt auf:
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß bei der Saarknappschaft in Saarbrücken eine große Anzahl von Rentenverfahren anhängig ist, in denen die Versicherungsfälle in den Jahren 1966 und 1967 eingetreten sind, die aber nicht abschließend bearbeitet werden können, weil die zur Berechnung erforderlichen Vordrucke bis heute nicht erstellt werden konnten?
In welcher Form ist die Bundesregierung bereit, entsprechende Abhilfe zu schaffen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 22. September 1967 lautet:
Von der Arbeitsgemeinschaft der Knappschaften habe ich vor einiger Zeit erfahren, daß unter den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen unterschiedliche Auffassungen über die Ermittlung der persönlichen Bemessungsgrundlage bei Anwendung der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer bestehen. Die Saarknappschaft hat in einschlägigen Fällen die endgültige Rentenfeststellung bis zur Klärung der Zweifelsfrage zurückgestellt. Sie hat jedoch in der Regel den Rentenberechtigten laufend Vorschüsse auf die noch nicht endgültig festgesetzten Renten gezahlt. Nach Prüfung der Zweifelsfragen in meinem Hause wird den beteiligten Rentenversicherungsträgern nunmehr ein Vorschlag für die Berechnung der Renten in den genannten Fällen zugehen, so daß die aufgetretenen Schwierigkeiten in Kürze behoben sein dürften.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 6. Oktober 1967, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.