Protokoll:
5090

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 90

  • date_rangeDatum: 1. Februar 1967

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:31 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:56 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 90. Sitzung Bonn, den 1. Februar 1967 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Blume 4157 A Überweisung des Berichts über die Tagung der Versammlung der WEU vom 12. bis 15. Dezember 1966 an den Auswärtigen Ausschuß 4157 A Amtliche Mitteilungen 4157 B Erweiterung der Tagesordnung 4158 A Fragestunde (Drucksache V/1353) Frage des Abg. Moersch: Frauenreferat im Bundespresse- und Informationsamt von Hase, Staatssekretär 4158 B Moersch (FDP) 4158 C Frau Kalinke (CDU/CSU) . . . 4158 D Frau Griesinger (CDU/CSU) . . . 4159 B Kubitza (FDP) 4159 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4159 D, 4160 A Dr. Rutschke (FDP) 4160 B Ertl (FDP) 4160 B Frau Schroeder (Detmold) (CDU/CSU) . 4160 C Frage des Abg. Matthöfer: Überprüfung einer statistischen Aufgliederung der Gewinne Dr. Neef, Staatssekretär 4160 C Matthöfer (SPD) . . . . . . . 4160 D Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Lage des deutschen Kalibergbaus Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 4161 A Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Lieferung von Kali an Entwicklungsländer Dr. Neef, Staatssekretär . . . . . 4161 B Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 4161 B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . . 4161 D Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : System der Exportfinanzierung . . . 4162 A Fragen des Abg. Ertl: Vertrieb deutscher Zeitungen in den ost- und südosteuropäischen Ländern Brandt, Bundesminister 4162 D Ertl (FDP) 4162 D, 4163 D Moersch (FDP) . . . . . . . 4163 A Dorn (FDP) . . . . . . . . . 4163 B Schwabe (SPD) . . . . . . . 4163 C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 4163 D Opitz (FDP) . . . . . . . . 4164 A Frage des Abg. Ertl: Wissenschaftliche Kontakte mit Südosteuropa Brandt, Bundesminister . . . . . 4164 A Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 4164 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Februar 1967 Moersch (FDP) . . . . . . . 4164 C Dorn (FDP) 4164 C Dr. Hudak (CDU/CSU) 4164 D Fragen des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Atomsperrvertrag — Mögliche Nachteile für die deutsche Wissenschaft und Wirtschaft Brandt, Bundesminister 4164 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 4165 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 4165 D Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 4166 D Dr. Martin (CDU/CSU) 4167 A Moersch (FDP) . . . . . . . 4167 A Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) . 4167 D Dr. Wörner (CDU/CSU) 4168 A Dr. Mommer (SPD) 4168 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 4168 C Ertl (FDP) 4169 A Scheel (FDP) 4169 B Frage des Abg. Dr. Hudak: Menschliche Notstände der deutschen Staats- und Volkszugehörigen in den südosteuropäischen Staaten Brandt, Bundesminister 4169 C Baier (CDU/CSU) 4169 C Fragen des Abg. Kahn-Ackermann: Arbeit des Goethe-Instituts im Ausland Brandt, Bundesminister 4169 D Kahn-Ackermann (SPD) 4169 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler . 4170 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 4170 D Mattick (SPD) 4172 B Mischnick (FDP) . . . . . . . 4173 B Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/1339) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 4175 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes (FDP) (Drucksache V/1091) — Erste Beratung — Frau Funcke (FDP) ........4176 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) . 4178 C Frau Renger (SPD) . . . . . . . 4179 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1967 (Ergänzungshaushaltsgesetz 1967) (Drucksache V/1235) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ersten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen (Drucksache V/1341), mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache V/1066); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/1184 [neu] , zu V/1184 [neu]) — Zweite und dritte Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1965 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1965) (Bundesrat) (Drucksache V/511); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1348); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/1342, zu V/1342) — Zweite und dritte Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen, des Gesetzes über das Branntweinmonopol, des Zollgesetzes und des Umsatzsteuergesetzes (Steueränderungsgesetz 1967) (CDU/CSU, SPD) (Drucksache V/1358) — Erste Beratung — Dr. h. c. Strauß, Bundesminister . . 4180 D Dr. Staratzke (FDP) 4190 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 4192 D Hermsdorf (SPD) . . . . . 4195 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Juni 1965 mit dem Königreich Dänemark über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutsch-dänischen Grenze (Drucksache V/1017); Mündlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/1338) — Zweite und dritte Beratung — 4198 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen über die Vorlage des Präsidenten des Europäischen Parlaments betr. Entschließung betreffend die Schaffung eines Europäischen Jugendwerks (Drucksachen V/666, V/1331) 4198 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben (Drucksachen V/1099, V/1356) 4199 Nächste Sitzung 4199 Anlage 4201 90. Sitzung Bonn, den 1. Februar 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 14.31 Uhr
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    Berichtigungen. Es ist zu lesen: 88. Sitzung, Seite 4107 C, statt Zeilen 28 und 29: -dienst erschienen ist und der nicht dadurch einen besonderen Wertgehalt hat, 'daß er mit drei Sternen versehen worden 'ist. 88. Sitzung, Seite 4108 B, Zeile 11: statt tragbaren: prüfbaren 88. Sitzung, Seite 4111 A, Zeile 4: Das Wort „nicht" ist zu streichen. 89. Sitzung, Seite III (Index) — linke Spalte — Zeile 31 statt V/1097: V/1079 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 3. 2. Dr. Adenauer 3. 2. Adorno 3. 2. Dr. Aigner * 3. 2. Frau Albertz 28. 2. Dr. Apel * 3. 2. Arendt (Wattenscheid) * 3. 2. Dr. Artzinger * 3. 2. Bading * 3. 2. Behrendt * 3. 2. Bergmann * 3. 2. Beuster 2. 2. Blachstein 18. 2. Dr. Burgbacher * 3. 2. Burgemeister 4. 2. Cramer 3. 2. Dr. Czaja 28. 2. Dr. Dahlgrün 3. 2. van Delden 3. 2. Deringer * 3. 2. Dichgans * 3. 2. Dr. Dittrich * 3. 2. Dröscher * 3. 2. Dr. Erhard 3. 2. Eisenmann 21.4. Frau Dr. Elsner * 3. 2. Erler 28. 2. Faller * 3. 2. Dr. Franz 3. 2. Frieler 4. 2. Dr. Furler * 3. 2. Gerlach * 3.2. Dr. Götz 12.2. Dr. Haas 17. 2. Hahn (Bielefeld) * 3. 2. Illerhaus * 3. 2. Klinker * 3. 2. Könen (Düsseldorf) 3. 2. Frau Korspeter 4. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kriedemann * 3. 2. Freiherr von Kühlmann-Stumm 25. 2. Kulawig * 3. 2. Lemmer 3. 2. Lenz (Brühl) * 3. 2. Dr. Löhr * 3. 2. Lücker (München) * 3. 2. Mauk * 3. 2. Memmel * 3. 2. Mengelkamp 4. 2. Merten * 3. 2. Metzger * 3. 2. Müller (Aachen-Land) * 3. 2. Ott 3. 2. Peters (Poppenbüll) 21. 4. Frau Pitz-Savelsberg 15. 2. Pöhler 2. 2. Rainer 2. 2. Richarts * 6. 2. Riedel (Frankfurt) * 3. 2. Dr. Ritgen 3. 2. Dr.-Ing. Seebohm 24. 2. Seifriz * 3. 2. Seuffert * 3. 2. Spitzmüller 3. 2. Springorum * 3. 2. Dr. Stark (Nürtingen) 3. 2. Dr. Starke (Franken) * 3. 2. Strohmayr 1. 2. Struve 31.3. Weigl 28. 2. Weimer 1. 2. Baron von Wrangel 4. 2. Wurbs 3. 2. b) Urlaubsanträge Haage (München) 17. 2. Dr. Miessner 28. 2. *) Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509000000
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich dem Herrn Abgeordneten Blume die Glückwünsche des Hauses zum 65. Geburtstag aus.

(Beifall.)

Gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll die Vorlage des Sprechers der deutschen Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union betr. Bericht über die Tagung der Versammlung der WEU vom 12. bis 15. Dezember 1966 in Paris - Drucksache V/1335 - an den Auswärtigen Ausschuß überwiesen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; die Überweisung ist beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Gesundheitswesen hat am 16. Januar 1967 unter Bezug auf den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 14. Dezember 1966 über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der EWG für konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, berichtet. Der Bericht ist als Drucksache V/1343 verteilt.
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat am 26. Januar 1967 mitgeteilt, daß der federführende Haushaltsausschuß und der mitberatende Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gegen die Verordnung des Rates der EWG über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik keine Bedenken erhoben haben.
Der Präsident des Bundestages hat unter dem 25. Januar 1967 und unter dem 30. Januar 1967 gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die nachstehenden, von der Bundesregierung als dringlich bezeichneten Zollvorlagen dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen:
Sechsundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingente 1967 - EGKS-Waren)

- Drucksache V/1325 -
Siebenundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Erhöhung des Zollkontingents für Kabeljau usw.)

- Drucksache V/1326 -
Gemäß § 5 Abs. 3 des Richterwahlgesetzes rückt der Abgeordnete Dr. Arndt (Berlin-Köln) aus der Reihe der nicht mehr Gewählten für den durch Verzicht aus dem Richterwahlausschuß ausgeschiedenen Bundesminister der Justiz, Herrn Dr. Heinemann, als stellvertretendes Mitglied im Richterwahlausschuß nach.
Der Bundesminister für Wirtschaft hat am 26. Januar 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Staratzke, Dr. h. c. Menne (Frankfurt), Geldner, Dr. Haas und Genossen betr. Stiftung Warentest - Drucksache V/1252 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1359 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Achtundsiebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Erhöhung der Türkei-Zollkontingente 1967) - Drucksache V/1322 -
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. April 1967
Einundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (2. Erhöhung des Zollkontingents für Bananen) - Drucksache V/1323 -
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. April 1967
Zweiundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Bananen - 1967)

- Drucksache V/1324 -
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. April 1967
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dein Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 70/66/EWG hinsichtlich der Durchführung der Grunderhebung in Frankreich und Italien
- Drucksache V/1346 -
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. Februar 1967
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 111/64/EWG in bezug auf Milch und Rahm, frisch, weder eingedickt noch gezuckert
- Drucksache V/1345 -
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. Februar 1967
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 13/64/EWG in bezug auf Milch und Rahm, frisch, weder eingedickt noch gezuckert
- Drucksache V/1344 -
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. Februar 1967
Zu der in der Fragestunde der 89. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. Januar 1967 gestellten Frage des Abgeordneten Dröscher, Drucksache V/ 1316 Nr. XI/4 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 27. Januar 1967 eingegangen:
Die derzeitigen Schwierigkeiten beim Absatz von Rundholz beruhen nicht unmittelbar auf übermäßiger Einfuhr aus den Staatshandelsländern. Sie sind - besonders beim Nadelstammholz und beim Grubenholz - durch ein Überangebot im Verhältnis zum Bedarf entstanden. In der Hauptsache waren folgende Gründe maßgebend:
1. Mehranfall an Stammholz durch die Sturmschäden des vergangenen Jahres (und des Dezember 1965) besonders in Baden-Württemberg und Hessen.
2. Überversorgung der Sägewerke durch Mehraufnahme von rund 290 000 Festmeter Nadelstammholz, besonders Sturmholz, im Forstwirtschaftsjahr 1966. Die Mehrerzeugung an Schnitt-
*) Siehe 89. Sitzung, Seite 4127 B



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
holz konnte infolge anhaltenden Auftragsmangels — trotz Rückgang des Imports von Nadelschnittholz um 300 000 cbm — nicht abgesetzt werden; aus dem Ostblock kamen 100 000 cbm weniger als im Forstwirtschaftsjahr 1965 (1 491 000 cbm, das sind rund 36 % der Gesamteinfuhr an Nadelschnittholz). Die Importpreise für Nadelschnittholz aus den angrenzenden mitteleuropäischen und den südosteuropäischen Ländern liegen unter den deutschen Erzeugerpreisen. Sie sind teilweise qualitätsbedingt, wirken aber langfristig auf die Entwicklung des innerdeutschen Preisniveaus.
3. Die Aufstockung der Rund- und Schnittholzlager bei den Sägewerken dämpfte die Nachfrage nach neuem Stammholz aus dem Herbsteinschlag 1966 und drückte auf die Stammholzpreise.
4. Die restlichen, unverkauften Sturmhölzer geminderter Qualität drückten zusätzlich auf die Preise.
Die Nadelstammholzeinfuhr macht nur 4-5 5/o des Inlandsverbrauchs aus.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung erweitert werden um die erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz). — Das Haus ist damit einverstanden. Wir sind im Ältestenrat übereingekommen, dieses Parteiengesetz heute nach der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung, also nach Punkt 2 der Tagesordnung, aufzurufen.
Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksachen V/1353, V/1355 —
Ich mache darauf aufmerksam, daß wir die Vorlage wahrscheinlich umgliedern müssen, weil eine Reihe von Fragen von einem anderen Ressort als zunächst vorgesehen beantwortet werden.
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Moersch auf:
In welchem Zusammenhang mit den Ergebnissen der Frauen-Enquete steht die Auflösung des Frauenreferates im Bundespresse- und Informationsamt?
Zur Beantwortung des Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509000100
Das Referat „Frauenpublizistik" im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ist nicht aufgelöst worden. Es wurde vielmehr im April 1963 mit dem Sportreferat und dem Jugendreferat zu einem Referat „Fachpublizistik" zusammengefaßt. Diese rein organisatorische Maßnahme, mehrere kleine Referate in einem großen Referat aufgehen zu lassen, hat sich in den folgenden fast vier Jahren -bewährt. Sie erlaubt insbesondere eine gleichmäßigere Auslastung der Mitarbeiter und Hilfskräfte und eine organische gegenseitige Vertretung.
Ein Gutachten des Präsidenten des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung empfiehlt ausdrücklich die Beibehaltung dieser Organisationsform.
Ein irgendwie gearteter Zusammenehang mit den Ergebnissen der Frauenenquete besteht schon aus dem Grunde nicht, weil die Enquete erst im September vorigen Jahres, also fast 31/2 Jahre nach der von mir geschilderten Maßnahme, veröffentlicht worden ist.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509000200
Eine Zusatzfrage.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509000300
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß diese Maßnahme gerade im Hinblick auf die Frauenenquete oft auf die Kritik der Abgeordneten und auf Kritik zahlreicher Frauenverbände gestoßen ist, zumal die Umwandlung von einem Referat in ein Sachgebiet nicht vor, sondern nach dem Antrag der SPD auf Vorlage der Frauenenquete erfolgt ist, also nichts mit der Veröffentlichung der Enquete zu tun hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509000400
Es trifft zu, daß sogar schon 1963 diese Maßnahme auf Kritik in den Frauenverbänden gestoßen ist. Wir haben versucht, sie gegenüber den Frauenverbänden zu erläutern. Ich glaube sagen zu können, daß der bisherige Ablauf der Arbeit durchaus gezeigt hat, daß die neue Organisationsform den Anforderungen gerecht wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509000500
Eine zweite Zusatzfrage.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509000600
Herr Staatssekretär, trifft es zu und hängt es mit der neuen Organisationsform zusammen, daß das Bundespresseamt den bei den interessierten Stellen hochangesehenen „Spiegel der Frauenpublizistik" im Oktober 1966, also kurz nach der Veröffentlichung der Frauenenquete, eingestellt hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509000700
Es trifft zu, daß dieser „Spiegel" eingestellt worden ist. Auch diese Einstellung entspricht einer Empfehlung, die der Bundesbeauftragte für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung gegeben hat. Dieser „Spiegel" war in erster Linie eine reine Wiedergabe der Publizistik in den Frauenzeitschriften. Es ist jetzt an die Neuherausgabe .eines Dienstes gedacht, der mehr die informatorische Pflicht der Bundesregierung zum Inhalt haben soll.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509000800
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kalinke.

Margot Kalinke (CDU):
Rede ID: ID0509000900
Werden Sie, Herr Staatssekretär, die Möglichkeit haben, nach der Diskussion über die Frauen-Enquete dieses Referat entsprechend auszubauen, um seine Bedeutung für die Informationstätigkeit der Bundesregierung deutlich zu machen?
Zugleich möchte ich fragen, ob Sie in Zukunft den Mitarbeiterinnen im Frauenreferat Aufstiegschancen geben werden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509001000
Ich glaube, zunächst sagen zu können, daß die Wirksamkeit einer Aufgabe nicht davon abhängt, ob sie in einem eigenen Referat ausgebracht ist, sondern von der Zuweisung der Mittel, von der Wahl der Personen und von der Eingliederung in die Gesamt-



Staatssekretär von Hase
organisationsform des Amtes. Wir werden dabei selbstverständlich die große Bedeutung der Frauenpublizistik, auf die die Enquete auch hingewiesen hat, berücksichtigen.
Was die Aufstiegschancen anbetrifft, so habe ich im Zusammenhang mit der Frage noch einmal überprüft, wie das generell in meinem Haus gehandhabt wird. Ich darf Ihnen zunächst einmal sagen, daß sich das Amt seit langem bemüht hat, mehr Frauen in den höheren Dienst zu übernehmen. Von 169 Beamten des höheren Dienstes und Angestellten in vergleichbaren Vergütungsgruppen sind zur Zeit 18 weibliche Bedienstete. Damit erreicht das Presse-und Informationsamt ein Zahlenverhältnis, das an der Spitze der Obersten Bundesbehörden liegt. Unter den Obersten Bundesbehörden in Bonn, also unter den 19 Ministerien, liegen wir damit an dritter Stelle.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509001100
Zweite Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kalinke.

Margot Kalinke (CDU):
Rede ID: ID0509001200
Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, bekannt, daß nicht nur die Frauenverbände und Gewerkschaften, sondern die gesamte Öffentlichkeit sehr sorgfältig beobachten, daß zwar eine große Zahl von beschäftigten Frauen angegeben wird, daß aber Stellung, Einfluß und Aufstiegschancen nicht im gleichen Verhältnis zu den Chancen der beschäftigten männlichen Mitarbeiter stehen?
Wie viele von diesen 18 weiblichen Bediensteten sind z. B. Referentinnen oder Hilfsreferentinnen? Nach der Frauen-Enquete beginnt ja die leitende Aufgabe erst bei der Referentin.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509001300
Kurz fassen! Keine Feststellungen, Fragen!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509001400
Das von Ihnen angedeutete Mißverhältnis, Frau Abgeordnete, besteht in der Tat. Wir sind bemüht, es auszugleichen. Wir haben erst kürzlich eine unserer Damen zur Leitenden Redakteurin des Bulletins ernannt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509001500
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Griesinger.

Annemarie Griesinger (CDU):
Rede ID: ID0509001600
Herr Staatssekretär, obwohl eine Kleine Anfrage der CDU/CSU unterwegs ist, die auch noch einmal gründlich auf die Einstellung des „Frauenspiegels" eingeht, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß sich gerade diese sachliche, knappe Informationsmöglichkeit über sämtliche Frauenprobleme besonders bei den Journalistinnen aller Zeitungen und bei den Frauenverbänden großer Beliebtheit erfreute. Sind Sie bereit, gerade diese knappe, sachliche Informationsmöglichkeit weiterhin zu berücksichtigen und diesen „Frauenspiegel" in derselben oder in einer ähnlichen Form wieder heraus- und weiterzugeben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509001700
Ich darf vielleicht im Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage, Frau Abgeordnete, auf diesen Komplex detailliert eingehen. Allgemein möchte ich sagen, daß wir uns bemühen, in allen Bereichen die knappe und sachliche Information zu der optimalen Aussageform der Regierung zu machen. Diesen Grundsatz werden wir zweifellos auch auf diesem Gebiet zu berücksichtigen versuchen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509001800
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kubitza.

Werner Kubitza (FDP):
Rede ID: ID0509001900
Herr Staatssekretär, gibt es ähnliche Fälle, in denen ,das Bundespresse- und Informationsamt auf seine politischen Vorstellungen nach einem Hinweis des Präsidenten des Bundesrechnungshofes verzichtet hat, oder ist die Frauenarbeit die Ausnahme von der Regel?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509002000
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ist nicht an eine sofortige Ausführung der Empfehlungen des Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung gebunden. In seinem Gutachten hat aber der Bevollmächtigte Zusammenhänge angedeutet, die auch wir schon gesehen hatten. Ich möchte sagen, daß unsere eigenen Erkenntnisse teilweise auch auf dieser Linie lagen. Es ist hier oft schwierig, zwischen den sachlichen, organisatorischen und finanziellen Gegebenheiten, mit denen wir zu rechnen haben, und den politischen Notwendigkeiten den richtigen Kompromiß zu schließen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509002100
Zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Griesinger.

Annemarie Griesinger (CDU):
Rede ID: ID0509002200
Herr Staatssekretär, sind Sie im Zusammenhang mit der vorhergehenden Frage bereit, noch einmal zu überprüfen, vielleicht gerade im Zusammenhang mit der Frauen-Enquete, ob nicht die Wirtschaftlichkeit in diesem Sinne zurückstehen müßte oder anders verstanden werden müßte im Blick auf die politische Wirksamkeit der Arbeit Ihrer Frauenpublizistik, besonders auch in der Diskussion mit Frauenverbänden und den Besuchen hier in Bonn, wo Sie sicher erfahren haben, wie stark dieses Echo ist und wie wichtig es ist, nachdem wir Frauen politisch sehr viel interessierter sind und vielleicht auch fähiger sind, als die Herren manchmal heute. noch der Meinung sind, klug und sachlich unsere Beiträge zu liefern?

(Heiterkeit.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509002300
Frau Abgeordnete, diese Frage habe ich natürlich nur aus Courtoisie in dieser Länge zugelassen.

(Beifall.)

Aber jetzt haben Sie das Wort zu Ihrer zweiten Zusatzfrage.

(Abg. Frau Griesinger: Ich habe keine mehr!)




Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Selbst der Courtoisie stehen zwingende Vorschriften der Geschäftsordnung im Wege.

(Heiterkeit.)

Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509002400
Da der Herr Präsident diese Frage nur aus Courtoisie zugelassen hat, muß ich sie mit Courtoisie beantworten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509002500
Nein, nein, entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär! Die Courtoisie bezog sich nur auf die Länge. Sonst hat Frau Abgeordnete Griesinger ein verbrieftes Recht, eine zweite Zusatzfrage zu stellen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509002600
Frau Abgeordnete, wir werden uns zweifellos bemühen, bei der Überprüfung der Kleinen Anfrage auch diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Ich 'bitte aber um Verständnis dafür, daß wir auf Grund der allgemeinen Haushaltslage, die eine Kürzung der Sachmittel des Informationsamtes um beinahe 10'1/4 gebracht hat, gezwungen sind, auf einigen Gebieten Einsparungen vorzunehmen. Ich verrate Ihnen sicher kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, daß alle Betroffenen sich mit großer Intensität gegen diese notwendigen Kürzungsmaßnahmen wenden. Aber ich wiederhole: wir werden bemüht sein, auf dem Gebiet der Frauenpublizistik unseres Möglichstes zu tun.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509002700
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke.

Dr. Wolfgang Rutschke (FDP):
Rede ID: ID0509002800
Ich fasse mich ganz kurz, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, ist die Einstellung des „Frauenspiegels" also auf Grund eines Einspruchs des Herrn Bundesfinanzministers Strauß erfolgt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509002900
Nein, das ist nicht auf Grund dieses Einspruchs erfolgt, sondern auf Grund der allgemeinen Erkenntnis, daß Strahlen besser ist als Spiegeln.

(Heiterkeit und Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509003000
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509003100
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort auf die Frage der Frau Kollegin Griesinger so verstehen, daß die sachliche Notwendigkeit, ob der „Frauenspiegel" wieder erscheinen kann, dann gegeben ist, wenn die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion beantwortet wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509003200
Nein, da besteht keinerlei Zusammenhang hinsichtlich der Entscheidung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509003300
Zusatzfrage Frau Abgeordnete Schroeder.

Christa Schroeder (CDU):
Rede ID: ID0509003400
Herr Staatssekretär, wann können wir mit der neuen Herausgabe einer Publikation, wie Sie sie eben angekündigt haben, ähnlich dem „Frauenspiegel" rechnen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509003500
Mit Beginn des nächsten Quartals, Frau Abgeordnete.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509003600
Keine weiteren Zusatzfragen? — Dann geht es jetzt weiter zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft; das ist der Sprung ins Kapitel VII. Zunächst die Frage VII/1 des Herrn Abgeordneten Matthöfer:
Welche Ergebnisse hatte die in der 176. Sitzung der 4. Wahlperiode von der Bundesregierung angekündigte Überprüfung einer statistischen Aufgliederung der Gewinne nach Branchen, Unternehmensgrößen, Unternehmensformen und nach der personellen Verteilung?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509003700
Die Bundesregierung ist sorfältig weiter der Frage nachgegangen, ob die Gewinne — aufgegliedert nach Branchen, Unternehmensgrößen und Unternehmensformen und nach der personellen Verteilung — ermittelt werden können. Die von Ihnen, Herr Abgeordneter, gewünschte Aufgliederung der Gewinne ist bei der Aufbereitung der Einkommen- und Körperschaftsteuer, soweit es die zugrunde liegenden steuerlichen Angaben der Unternehmer zulassen, berücksichtigt worden. Bei der Gewerbesteuerstatistik für das Jahr 1966 ist gleichfalls eine Untergliederung nach Wirtschaftsbereichen und Größenklassen vorgesehen. Desgleichen werden im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vom Statistischen Bundesamt das Einkommen aus unselbständiger Arbeit und die übrigen Einkommen nach Wirtschaftsbereichen nachgewiesen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509003800
Zusatzfrage des Abgeordneten Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0509003900
Wann kann man, Herr Staatssekretär, damit rechnen, daß volkswirtschaftlich sinnvolle Schlüsse erlaubende Statistiken zur Verfügung stehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509004000
In der kürzesten Zeit, die die Aufbereitung dieser Statistiken in dieser Aufgliederung erfordern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509004100
Die Fragen VII/2 und VII/3 des Herrn Abgeordneten Hörmann (Freiburg) :
Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige und die künftige Lage des deutschen Kalibergbaus?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß aus den USA und Kanada in steigendem Maße Angebote an Kali zu Preisen, die unter den deutschen Gestehungspreisen liegen, auf den Markt drängen?




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509004200
Die deutsche Kali-Erzeugung ist bis 1965 ständig gestiegen. Etwa 40 % dieser deutschen Kaliproduktion werden regelmäßig exportiert. Im letzten Jahr hat sich der Wettbewerb auf dem Kali-Weltmarkt außerordentlich verschärft und zu einem Rückgang der deutschen Ausfuhr geführt. Die Verschärfung der Wettbewerbslage hat auch Rückwirkungen auf den Inlandabsatz gehabt. Die Produktion des deutschen Kalibergbaus ist auf Grund dieser Tatsachen um 4 % gesunken.
Trotz dieser Entwicklung im letzten Jahr nach einer langen Zeit des Produktionsanstiegs beurteilt die Bundesregierung die zukünftigen Chancen des deutschen Kali-Bergbaus nicht ungünstig. Das Wachstum der Weltbevölkerung wird in den nächsten Jahren zu einem steigenden Bedarf an Düngemitteln führen. Die deutsche Kali-Industrie bemüht sich sehr um eine Rationalisierung ihrer eigenen Produktion und um eine Beteiligung an der ausländischen Kaliproduktion. Auf diese Weise wird sie an dem erwarteten Aufschwung teilnehmen können.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509004300
Herr Staatssekretär, sind damit die beiden anderen Fragen auch schon beantwortet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509004400
Ich muß mich entchuldigen, Herr Präsident, das war auch schon die Antwort auf die Frage VII/3.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509004500
Herr Staatssekretär, antworten Sie auf die Frage VII/4 noch besonders?
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die steigende Weltkaliproduktion durch internationale Vereinbarungen vor allem in Hunger- und Entwicklungsgebiete zu bringen, die Mineraldünger benötigen, wenn sie ihre Nahrungsmittelerzeugung erhöhen wollen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509004600
Ja, wenn ich das jetzt darf.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509004700
Bitte sehr, eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hörmann (Freiburg) .

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0509004800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in den Hafenstädten, insbesondere der Benelux-Staaten, große Lager erstellt sind oder noch erstellt werden, in die die amerikanisch-kanadische Produktion eingelagert wird, die dann sehr stark auf den europäischen Markt drängt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509004900
Wir haben ein Überangebot an Kali, nicht nur zu niedrigen Preisen, sondern auch zu einer besonders hohen Qualität, und diese Weltvorräte warten auf eine Absatzerleichterung auf dem Weltmarkt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509005000
Herr Kollege Hörmann, wollen Sie noch eine Zusatzfrage dazu stellen?

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0509005100
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Angebot, das auf den Markt in hochindustrialisierten Ländern drängt, mehr umzuleiten auf Länder, die man als Entwicklungsländer bezeichnet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509005200
Darf ich das im Zusammenhang mit der dritten Frage des Abgeordneten Hörmann beantworten, Herr Präsident?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509005300
Ja.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509005400
Die starke Exportabhängigkeit unserer Kaliindustrie zwingt dazu, alle Möglichkeiten der Förderung des Absatzes auf dem Weltmarkt, d. h. insbesondere auch in den Entwicklungsländern, zu nutzen. Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen unserer eigenen Kali-Industrie dadurch, daß sie im Rahmen der Entwicklungshilfe Mittel für den Bezug von Düngemitteln zur Verfügung stellt. Im Haushalt 1967 ist dafür ein Betrag von 15,5 Millionen DM für den Bezug landwirtschaftlicher Produktionsmittel durch Entwicklungsländer angesetzt. Die Bemühungen der Food Agriculture Organisation (FAO) um eine Produktionssteigerung der Landwirtschaft in diesen Entwicklungsländern werden mit Sicherheit eine rasch steigende Nachfrage dieser Länder nach Mineraldünger zur Folge haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509005500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rinderspacher.

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0509005600
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, dieses Problem besonders im Hinblick auf bestimmte Bezirke der Zonenrandgebiete zu beachten, in denen die Kali-Industrie die Menschen teilweise monopolartig beschäftigt und in denen keine andere Möglichkeit zur industriellen Beschäftigung besteht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509005700
Die Bundesregierung beachtete das in der Vergangenheit, und sie wird es auch in der Zukunft tun.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509005800
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0509005900
Sind vielleicht besondere Mittel aus diesem Fonds für die Zonenrandgebiete vorhanden, die doch Möglichkeiten der Unterstützung schaffen könnten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509006000
Eine Spezialisierung von Zonenrandhilfe auf einzelne Industriezweige wäre vielleicht



Staatssekretär Dr. Neef
im Zusammenhang mit dem, was Sie meinen, Herr Abgeordneter, nicht sehr zweckmäßig. Sie würde die Möglichkeiten zur Hilfe kanalisieren und damit ein wenig einengen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509006100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hörmann.

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0509006200
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung mitteilen, welche deutschen Firmen und auf welche Weise an Erschließung und Produktion der amerikanisch-kanadischen Kaligesellschaften beteiligt sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509006300
Ich bitte um Verständnis, daß ich hier keine Namen nennen möchte. Aber es sind potente deutsche Firmen.

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0509006400
Wären Sie bereit, mir das schriftlich mitzuteilen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509006500
Ja, gern, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509006600
Ich rufe die Fragen VII/5 und VII/6 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das System der Exportfinanzierung Mängel aufweist, die darin bestehen, daß heute die Selbstbehaltssätze in anderen Ländern wesentlich niedriger als in der Bundesrepublik liegen?
Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um eine Angleichung der deutschen Exportfinanzierungsbedingungen an internationale Maßstäbe herbeizuführen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt.
Die Antwort des Bundesministers Dr. Schiller vom 31. Januar 1966 lautet:
Die Bundesregierung beobachtet ständig sehr aufmerksam die Exportfinanzierung- und Exportkreditversicherungssysteme anderer Länder, insbesondere die der wichtigsten Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Der Bundesregierung ist daher auch bekannt, daß die Selbstbehaltssätze der staatlichen Exportkreditversicherung in einigen Konkurrenzländern niedriger sind als in der Bundesrepublik. Diese Tatsache rechtfertigt es jedoch nicht, von „Mängeln" im deutschen System zu sprechen. Die verschiedenen nationalen Exportfinanzierungs- und Exportkreditversicherungssysteme sind unterschiedlich aufgebaut. Sie sind jeweils als Ganzes zu sehen und können nur in einer Gesamtschau, die die Vor- und Nachteile des einzelnen Systems berücksichtigt, richtig bewertet werden. Vergleicht man derart das deutsche System mit den Systemen der wichtigsten Konkurrenzländer, so schneidet die Bundesrepublik insgesamt nicht schlecht ab. Dabei ist der Tatsache Rechnung getragen, daß die deutschen Selbstbeteiligungssätze derzeit etwas höher sind als in einigen anderen Ländern. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß sich die deutsche Wirtschaft im Rahmen der Arbeiten zur Harmonisierung der Exportkreditversicherungssysteme der EWG-Länder lebhaft für die Beibehaltung einiger, den anderen EWG-Ländern unbekannter Regelungen des deutschen Systems einsetzt, die sie besser stellen als die Exporteure der anderen Länder.
Bei der Beantwortung dieser Frage muß unterschieden werden zwischen a) der Exportfinanzierung und b) der Exportkreditversicherung.
Zu a) Exportfinanzierung
Die Sorgen der Wirtschaft wegen der Exportfinanzierungsbedingungen beziehen sich in erster Linie auf den Zinssatz der Kredite. Hier stellt die Diskontsenkung von 5 % auf 4 1/2 % vom 6. Januar 1967 nach Ansicht der Bundesregierung einen ersten Schritt in Richtung auf eine allgemeine Senkung des Zinsniveaus dar, die auch den Exportkrediten zugute kommt. Abgesehen davon haben Bundesregierung und Bundesbank bereits in den vergangenen Monaten verschiedene Maßnahmen zur Erleichterung der mittel- und langfristigen Exportfinanzierung ergriffen. So hat die Bundesbank den Plafond B der AKA Ausfuhrkredit-GmbH im Sommer letzten Jahres von 300 Mio DM auf 900 Mio DM erhöht. Durch eine Änderung des Anschreibungsverfahrens auf diesen Plafond im November 1966 wurden ohne formelle Aufstockung nochmals etwa 500 Mio DM verfügbar.
Schließlich hat die Bundesbank diesen Plafond am 5. Januar 1967 um weitere 600 Mio DM erhöht. Die Bundesregierung hat außerdem die der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt/Main für Zwecke der langfristigen Exportfinanzierung bereits früher zur Verfügung gestellten 750 Mio DM ERP-Mittel um 90 Mio DM aufgestockt. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß weitere kreditpolitische Lockerungen die Finanzierungsbedingungen des deutschen Exports künftig zusätzlich erleichtern werden.
Zu b) Exportkreditversicherungsbedingungen
Die Bundesregierung beteiligt sich in der EWG an den schon erwähnten Arbeiten zur Harmonisierung der Systeme der staatlichen Exportkreditversicherungen der Gemeinschaft. Diese Arbeiten werden zu einer gemeinsamen europäischen Exportkreditversicherungspolice führen. Die Systeme und Bedingungen anderer, der Gemeinschaft nichtangehörender wichtiger Konkurrenzländer werden bei den Überlegungen berücksichtigt.
Daneben beobachtet die Bundesregierung laufend etwaige Veränderungen der bestehenden ausländischen Exportkreditversicherungsbedingungen. Sie prüft im Augenblick wieder, ob und gegebenenfalls welche Verbesserungen der deutschen Bedingungen notwendig sind, um der deutschen Wirtschaft Ausgangspositionen für die Konkurrenz auf dem Weltmarkt zu gewährleisten, die denen der ausländischen Wettbewerber gleichwertig sind. In diese Überlegungen wird selbstverständlich auch die Frage der Selbstbehaltssätze einbezogen werden.
Die Fragen VII/7 und VII/8 des Herrn Abgeordneten Ramms werden durch den Bundesverkehrsminister beantwortet.
Damit kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe zunächst die Frage III/1 des Herrn Abgeordneten Ertl auf:
Auf welche politischen Schwierigkeiten ist bisher der Vertrieb deutscher Zeitungen in den ost- und südosteuropäischen Ländern gestoßen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesaußenminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509006700
Herr Abgeordneter, die Einfuhr von' ausländischen Zeitungen in ost- und südosteuropäische Länder wird von staatlichen Stellen der Einfuhrländer überwacht. Dabei haben diese Staaten bisher bei nichtkommunistischen Zeitungen aus den westlichen Ländern einen strengen Maßstab angelegt. Kommunistische Zeitungen aus westlichen Ländern dagegen werden in größerem Umfang vertrieben. Neben den bekannten Unterschieden in den politischen Auffassungen können auch wirtschaftliche Überlegungen die Einfuhr deutscher und anderer westlicher Zeitungen verhindern oder einschränken.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509006800
Eine Zusatzfrage.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509006900
Herr Minister, ist zu erwarten, daß sich beispielsweise, da jetzt erfreulicherweise die diplomatischen Beziehungen mit Rumänien aufgenommen werden, in Rumänien eine Lockerung abzeichnet? Denn das wäre im Hinblick auf den wachsenden deutschen Touristenverkehr auch nach Rumänien sehr zu wünschen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509007000
Herr Abgeordneter, das fällt eigentlich schon in den Bereich Ihrer zweiten Frage. Vielleicht darf ich das im Zusammenhang mit der Antwort auf .die zweite Frage behandeln.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509007100
Dann rufe ich die Frage III/2 des Herrn Abgeordneten Ertl auf:
Hat die Bundesregierung die Möglichkeit, bei Vereinbarungen mit den in Frage III/1 erwähnten Ländern etwa über den Tourismus auch die Frage deutscher Zeitungen mit anzuschneiden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509007200
Es gibt bisher keine Vereinbarungen auf staatlicher Ebene mit den ost- und südosteuropäischen Ländern über den Tourismus. In Ihrer zweiten Frage geht es darum, ob das Zeitungsproblem in Verbindung mit Vereinbarungen über den Tourismus geregelt werden könnte. Ich würde aber meinen, daß die Frage der Ausfuhr deutscher Zeitungen in diese Länder bei möchlicherweise später zu treffenden Vereinbarungen über den Tourismus oder über andere Problemkreise sehr wohl angesprochen werden kann. In Verhandlungen über den Warenverkehr haben wir dies schon getan, bisher allerdings ohne wesentlichen Erfolg. In drei Ländern wurde in der Reisezeit ein begrenzter Vertrieb deutscher Zeitungen beobachtet. In den jüngsten Besprechungen mit der rumänischen Seite ist dieser Tatbestand nicht ausdrücklich behandelt worden. Er gehört- zu den vielen Fragen, über die nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu sprechen sein wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509007300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509007400
Herr Minister, unterscheiden diese Länder bei der Zulassung von Zeitschriften und Zeitungen nach solchen Blättern, die politisch einen hohen Informationsgehalt haben, und solchen Blättern, die vorwiegend der Unterhaltung dienen, auch wenn sie Tageszeitungen sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509007500
Da bin ich überfragt, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509007600
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dorn.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0509007700
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß z. B. in Bulgarien am Schwarzen-Meer-Strand zwar der „Kicker" in jeder Woche zu haben war, nicht aber deutsche Tageszeitungen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509007800
Ich habe mich davon nicht selber überzeugen können.

(Heiterkeit.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509007900
Zweite Zusatzfrage.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0509008000
Herr Minister, sollte nach Ihrer Auffassung die Ausfuhr deutscher Zeitungen, die für die an diesen Orten vorhandenen Touristen doch von Wichtigkeit sind, mit der Ausfuhrgenehmigung oder Ausfuhrbedingung von Zeitungen aus den Ostblockländern zu uns gekoppelt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509008100
Nein, ich würde nicht meinen, daß es ein solch strenges Junktim geben sollte.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509008200
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509008300
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, daß es auch im Sinne einer Aussöhnung von hohem Nutzen wäre, wenn deutsche Zeitungen in diesen Ländern frei käuflich wären?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509008400
Ich stimme Ihnen voll zu, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509008500
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schwabe.

Wolfgang Schwabe (SPD):
Rede ID: ID0509008600
Herr Bundesminister, ist die Feststellung zutreffend, daß die Bundesregierung den internationalen Tourismus auch im Sinne der Völkerverständigung begrüßt, ihn aber nicht in irgendeiner Form als politisches Tausch- oder Druckmittel zu benutzen gedenkt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509008700
Ja, Sie deuten die Haltung der Bundesregierung zu diesem Gegenstand richtig, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509008800
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0509008900
Herr Minister, könnten Sie in Ihre Sorge um den freien Zugang zu unseren Zeitungen auch die Vereinigte Arabische Republik einbeziehen, in der unsere Zeitungen auch nicht zu haben sind, wie ich selber feststellen konnte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509009000
Ich will auch dem nachgehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509009100
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509009200
Herr Minister, würden Sie mir auch weiterhin zustimmen, daß es auf die Dauer nicht förderlich ist, den Touristenverkehr zu forcieren und den deutschen Touristen noch nicht einmal die Möglichkeit zu geben, eine Zeitung, die bei uns erscheint, zu lesen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509009300
Ich glaube, das wäre eine — wenn ich es so sagen darf — nicht ganz liberale Haltung..

(Beifall bei der SPD.)

Ich finde, deutsche Touristen müssen die Möglichkeit haben, auch dort hinzugehen, wo sie nicht die Zeitungen bekommen, die sie haben möchten; das muß ihnen selbst überlassen bleiben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509009400
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Opitz.




Rudolf Opitz (FDP):
Rede ID: ID0509009500
Herr Minister, werden Sie sich im Rahmen der Bundesregierung bemühen, die Ausfuhr dieser Zeitungen in diese Länder zu beschleunigen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509009600
. Ja, wir werden alles tun, um in dieser Richtung Erfolge zu erzielen, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509009700
Ich rufe die Frage III/3 des Herrn Abgeordneten Ertl auf:
Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um die Kontakte zwischen Wissenschaftlern und Forschungsinstituten in Deutschland und Südosteuropa zu verstärken?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509009800
Herr Abgeordneter, die wissenschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und Südosteuropa haben sich in den letzten Jahren günstig entwickelt. Die Zahl der Austauschwissenschaftler, die nach Deutschland kommen, hat sich vervielfacht. Diese erfreuliche Entwicklung zeigt, daß die Initiativen der deutschen Wissenschaftsorganisationen, die durch das Auswärtige Amt gefördert werden, günstige Ergebnisse gehabt haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509009900
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509010000
Herr Minister, bis jetzt ist es wohl so, daß die Institute die Kontakte und die Förderung vorwiegend aus eigener Initiative betreiben. Wird die Bundesregierung nun auf Grund der neuen Situation darangehen, diese Kontakte auch durch offizielle Abmachungen zu fördern und zu forcieren?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509010100
Es muß sehr genau überlegt werden, Herr Abgeordneter, was im jeweiligen Land als die Methode angesehen werden kann, die zu einem sachlichen Erfolg führt.
Nach dem bisherigen Stand ist es etwa so, daß der Deutsche Akademische Austauschdienst mit den zuständigen Wissenschaftsorganisationen in der Tschechoslowakei, in Bulgarien und in Jugoslawien Vereinbarungen über den Wissenschaftleraustausch getroffen hat. Die Bundesregierung als solche hat mit Bulgarien im November vergangenen Jahres in einem ergänzenden Briefwechsel zum Abkommen über die Errichtung von Handelsvertretungen eine Vereinbarung über technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit geschlossen.
Wichtiger als die Frage, welche Form man dafür findet, ist die Koordinierung dessen, was die verschiedenen Wissenschaftsorganisationen tun und was uns interessiert. Die Wissenschaftsorganisationen haben uns wissen lassen, daß sie das Bedürfnis nach Koordination empfinden. Wir stehen mit diesen Organisationen in Verbindung, um ihnen bei der von ihnen gewünschten Koordinierung zu helfen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509010200
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509010300
Herr Minister, können Sie. uns in diesem Zusammenhang bestätigen, daß der Neu-und Wiederaufbau der Deutschen — oder Preußischen — Staatsbibliothek in Berlin zügig vorangetrieben wird, weil es sich hier um ein Institut handelt, das als wissenschaftliche Zentralbibliothek gerade für Südosteuropa von besonderer Bedeutung sein wird? Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dieser Politik und dieser Institution?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509010400
Jawohl. Ich hoffe sehr, daß wir zügig vorankommen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509010500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dorn.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0509010600
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, mit der Macht, die unsere Interessen in Ungarn vertritt, in Verbindung zu treten, um den Austausch von Wissenschaftlern, der bisher erhebliche Zeitverzögerungen erlitten hat, zu beschleunigen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509010700
Ich hoffe, daß es vielleicht bald nicht mehr nötig sein wird, uns der Dienste einer dritten Macht zu bedienen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509010800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hudak.

Dr. Adalbert Hudak (CSU):
Rede ID: ID0509010900
Herr Minister, Sie haben gesagt, daß die Zahl der Wissenschaftler, die nach Deutschland kamen, sich vervielfacht hat. Wie steht es aber mit den Wissenschaftlern aus der Bundesrepublik, die nach Südosteuropa fuhren? Hat sich auch die Zahl der deutschen Wissenschaftler vervielfacht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509011000
Jawohl.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509011100
Ich rufe die Fragen III/4 und III/5 des Herrn Abgeordneten Dr: Schulze-Vorberg auf:
Teilt die Bundesregierung Befürchtungen, daß der in Genf verhandelte Atomsperrvertrag auch auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie Verzichte und Einschränkungen für die Staaten bringen könnte, die bisher nicht zu den Atomwaffenbesitzern zählen?
Wie gedenkt die Bundesregierung die sich — aus dem in Frage III/4 Erwähnten — abzeichnenden Nachteile für die deutsche Wissenschaft und Wirtschaft abzuwenden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509011200
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung prüft gegenwärtig in einem intensiven Meinungsaustausch mit ihren Bündnispartnern und in Fühlungnahmen mit anderen Nichtkernwaffenstaaten den Stand der Bemühungen um einen Nichtverbreitungsvertrag. In diesem Stadium handelt es sich weitgehend um vertrauliche Erörterungen. Ich werde morgen die Möglichkeit haben, nachdem schon eine solche Sitzung stattgefunden hat, in dem vertraulichen und vertrauensvollen Gespräch mit dem Auswärtigen Ausschuß des Bundestages, an dem mir liegt, darüber



Bundesminister Brandt
zu berichten, wie sich uns die Arbeiten am Nonproliferations-Vertrag gegenwärtig darstellen.
Der Nichtverbreitungsvertrag — wenn er zustande kommt -, der also die Verhinderung einer Ausbreitung von Kernwaffen zum Ziel hat, erhält eine besondere Problematik dadurch, daß eine Grenze zwischen der Anwendung der Kernenergie für militärische und für zivile Zwecke gezogen werden muß. Hier wäre beispielsweise zu nennen das Problem von Kernexplosionen für friedliche Zwecke, wie Kanal- und Dammbau, Kavernenherstellung für die Ausbeutung von Erdgaslagern und anderen Rohstoffen. Zu diesem Problem hat der amerikanische Delegierte Adrian Fisher im August vorigen Jahres vor der Achtzehn-Mächte-Abrüstungskommission in Genf bemerkenswerte Ausführungen gemacht. Da es nicht möglich sei — so sagte er —, zwischen nuklearen Sprengmitteln für friedliche Zwecke und solchen für militärische Zwecke zu unterscheiden, und weil Sprengvorrichtungen für friedliche Zwecke leicht zu Atomwaffen umgebaut werden könnten, müßte die Produktion aller nuklearen Sprengmittel ohne Rücksicht auf ihre Bestimmung verboten sein. Durch ein solches Verbot — der Vertrag soll dann ja auch wahrscheinlich mit Revisionsbestimmungen auf unbegrenzte Dauer abgeschlossen werden — wären zumindest auf längere Zeit erhebliche Beeinträchtigungen der zivilen Atomindustrie der Nichtkernwaffenstaaten nicht auszuschließen, insbesondere, wenn sich das Verbot auch auf die dazugehörige Technologie erstreckte.
Unabhängig von der Verbotsregelung stellt sich die Frage, ob und inwieweit durch den Verzicht auf militärische Nutzung der Kernenergie die zivile Tätigkeit auf nuklearem Gebiet ungebührlich beeinträchtigt werden könnte. Die Gefahren einer Behinderung unter dem Vorwand, daß ein bestimmtes Forschungsvorhaben oder eine industrielle Tätig-. keit auf atomarem Gebiet unter Umständen auch der militärischen Nutzung — und sei es auch nur vorbereitend oder indirekt— dienen könnte, wären um so größer, je allgemeiner der Vertrag formuliert sein würde.
Sie haben alle, meine Damen und Herren, am Sonntag oder Montag in den Zeitungen die Note der Sowjetregierung, die Erklärung der Sowjetregierung vom 28. Januar; gelesen, in der sich die Regierung jener Macht gegen das wendet, was sie so bezeichnet: Aunutzung der engen Verflechtung der Möglichkeiten für friedliche und militärische Benutzung der neuesten Errungenschaften der Atomtechnik durch — wie es dort heißt — die militaristischen Kreise der Bundesrepublik Deutschland.
Tatsächlich, Herr Abgeordneter, geht es für uns und für andere auch darum, daß durch den Nichtverbreitungsvertrag der bereits bestehende technologische Abstand zwischen den Kernwaffenstaaten und den Nichtkernwaffenmächten nicht noch weiter vergrößert wird. Die Kernwaffenstaaten haben aus militärischen nuklearen Programmen zum. Teil erheblichen Nutzen für den zivilen Bereich der Kernenergie ziehen können. Für die Bundesregierurng ist es eine entscheidende Frage, wie negative Auswirkungen des. Atomsperrvertrags auf den zivilen
Bereich der Kernenergie abgewendet werden können.
Wir bemühen uns um angemessene Lösungen zusammen mit den verbündeten und anderen befreundeten Mächten.
Ich muß um die Nachsicht des Herrn Präsidenten bitten. Der Gegenstand erforderte, mit mehr als drei Sätzen zu antworten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509011300
Er sprengt an sich den Rahmen der Fragestunde in seiner Bedeutung, und ich nehme an, daß dieses Haus demnächst eine Möglichkeit haben wird, sich mit diesen außerordentlich weitgehenden Fragen eingehend zu befassen.
Darf ich unterstellen, daß damit auch die Frage III/5 beantwortet ist, Herr Außenminister?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509011400
Nein, sie ist damit noch nicht ganz beantwortet.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509011500
Dann würde ich den Vorschlag machen, daß Sie die Frage jetzt mit beantworten.
Ich gebe dann das Wort zu Zusatzfragen nachher.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509011600
Ich möchte die Frage 5 wie folgt beantworten. Die Bundesregierung ist bemüht, auf den verschiedenen Wegen, die ihr zur Verfügung stehen, darauf hinzuwirken, daß der Nichtverbreitungsvertrag auf seinen eigentlichen Zweck konzentriert wird, d. h. auf die Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen. Die friedliche Nutzung der Kernenergie sollte durch den Vertrag nicht nur nicht ungebührlich behindert, sondern ihr sollten erweiterte Möglichkeiten eröffnet werden.
Auf dem Gebiet von Kernexplosionen zu friedlichen Zwecken ist das Angebot der Vereinigten Staaten von Interesse, solche Sprengungen für Nichtkernwaffenstaaten unter angemessenen Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen. Auch an eine internationale Lösung wäre zu denken, etwa so, daß eine internationale Agentur solche Aufgaben durchführt. Schließlich müssen die Nichtkernwaffenstaaten auch einen Anspruch anmelden, daß sie an den Erfahrungen und Kenntnissen, die die Kernwaffenmächte aus der militärischen Beschäftigung mit der Kernenergie für friedliche Zwecke gewinnen, zu angemessenen Bedingungen teilhaben können.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509011700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0509011800
Herr Bundesminister — bei aller Würdigung der Vertraulichkeit der Verhandlungen, von der Sie eingangs sprachen —, darf man versuchen, den Vertrag so zu charakterisieren: Ist es richtig, daß nach allen bisher bekannten Entwürfen die automar gerüsteten Staaten keinerlei Einschränkung ihrer eigenen Atomrüstung auf sich nehmen wollen, der geplante



Dr. Schulze-Vorberg
Vertrag also insofern mit Abrüstung oder Rüstungskontrolle — jedenfalls zwischen den Großmächten — eigentlich nichts zu tun hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509011900
Das kann ich so nicht bestätigen, Herr Abgeordneter. Ich habe den Eindruck, daß der Gegenstand, nach dem Sie fragen, zwischen den beiden Mächten noch nicht zu Ende diskutiert ist. Diese würden dann, wenn sie sich geeinigt hätten, in Genf darüber berichten bzw. den in Genf teilnehmenden anderen 15 Staaten — es sind zwei plus 15; Frankreich nimmt ja nicht teil — ihren Entwurf unterbreiten. Es geht also um das Problem der Kontrolle. Die Frage, ob und wie der Zusammenhang zwischen Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle, Rüstungsbegrenzung und Abrüstung deutlich gemacht wird, wäre selbst dann noch nicht beantwortet, wenn dieser Gegenstand in einem Entwurf der beiden Hauptmächte nicht behandelt würde. Denn dann würde ohne jeden Zweifel — das ergibt sich schon aus unseren bisherigen Konsultationen — diese Frage eine entscheidende Rolle spielen, sei es in der Auseinandersetzung um eine Präambel, sei es in einer Auseinandersetzung über eine „declaration of intent", eine Absichtserklärung derer, die den Entwurf unterbreiten, oder derer, die ihm zustimmen sollen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509012000
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0509012100
Ist es richtig, Herr Bundesminister, daß nach den bisher bekannten Entwürfen den Staaten, die keine Atomwaffen besitzen, sogar der Aufbau von eigenen atomaren Systemen untersagt sein soll, die ausschließlich der Verteidigung, der Abwehr von Atomangriffen dienen sollen oder können?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509012200
Ich glaube, es dient der Sache — ich bitte sehr um Verständnis dafür —, wenn ich den Erörterungen im Bundesverteidigungsrat und anschließend mit dem zuständigen Ausschuß des Hauses hier nicht vorgreife.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509012300
Dritte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0509012400
Herr Bundesminister, wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Sowjetunion ein automares Abwehrsystem aufbaut oder, wie Marschall Malinowski wiederholt in Reden erklärt hat, sogar schon aufgebaut hat, daß diese Frage für Nordamerika zur Entscheidung ansteht, während Westeuropa ungeschützt ist und nach diesem Vertrag, wenn alle Meldungen, die bisher allgemein zugänglich sind, zutreffen, auch bleiben soll?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509012500
Herr 'Abgeordneter, ich bin auf sehr unvollständige Nachrichten über das Anti-Raketensystem, an das Sie denken, angewiesen. Wir haben aber alle, auch wenn wir uns nur auf allgemein zugängliche Informationsquellen stützen, lesen können, was der Präsident der Vereinigten Staaten zu diesem Gegenstand gesagt hat und was sein Verteidigungsminister gesagt hat. Jeder muß ein Gefühl dafür haben, was es bedeuten würde, wenn dies der Ausgangspunkt zu einer zweiten großen Welle des Wettrüstens zwischen den Weltmächten würde. Ich will nicht bezweifeln, daß sich hieraus auch Auswirkungen auf die Diskussion über und die Stellungnahme zu einem Vertrag über die Nichtverbreitung von nuklearen Waffen ergeben könnten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509012600
Letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0509012700
Herr Bundesminister, hat die Bundesregierung mit den befürchteten Nachteilen, die in Ihren Antworten anklangen, deutsche Wissenschaftler und Wirtschaftler befaßt und auch die entsprechenden Sorgen im europäischen Ausland, vor allem in Schweden und in der Schweiz, beachtet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509012800
Jawohl.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509012900
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (CDU):
Rede ID: ID0509013000
Herr Bundes- minister, wäre die Bundesregierung bereit, in den von Ihnen erwähnten Gesprächen darauf hinzuweisen, daß es dringend erwünscht wäre, daß der Abschluß eines Nichtverbreitungsvertrages begleitet wäre von einer Ergänzung des Moskauer Atomtestabkommens, und zwar dahin gehend, daß auch die unterirdischen Versuche verboten würden, unter anderem, weil gerade Versuche mit relativ kleinen Mengen spaltbaren Materials geeignet sind, den von Ihnen erwähnten verhängnisvollen Abstand auf technologischem Gebiet noch wesentlich zu erweitern?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509013100
Wir sind uns über diesen Zusammenhang im klaren, Herr Abgeordneter, und da Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg soeben z. B. auf Schweden hingewiesen hat, darf ich hier sagen, daß bei den vertrauensvollen Besprechungen mit Staaten, die von uns aus gesehen nicht zur Allianz gehören, also z. B. Schweden, diesem Problem, das Sie behandeln, sehr große Aufmerksamkeit gewidmet worden ist. Wir sind eigentlich in diesen Gesprächen noch stärker auf den Zusammenhang hingewiesen worden, als es uns bzw. einigen von uns vorher klar war.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509013200
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin.




Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0509013300
Herr Bundesminister, ist beispielsweise mit Frankreich noch eine ernsthafte wissenschaftliche Zusammenarbeit möglich, wenn der Vertrag unterzeichnet ist, da er ja beinhaltet, daß man weder weitergeben noch annehmen kann, nachdem man militärische und zivile Entwicklung in der Wissenschaft nicht unterscheiden kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509013400
Herr Abgeordneter, jetzt darf ich - das gilt dann mit für bisher schon gegebene Antworten — vielleicht einiges noch etwas deutlicher machen. Man darf nicht so tun, als gäbe es bereits einen Vertrag und als gäbe es keine Möglichkeit des Sich-Auseinandersetzens dort, wo es um wichtige, um vitale Interessen der beteiligten Mächte geht. Dies gehört dazu. Ich glaube nach dem Ergebnis der bisherigen Besprechungen und auch nach den Interpretationen, die uns durch die Hauptmacht im westlichen Lager gegeben worden sind, daß solche Befürchtungen, wie sie soeben anklangen, nicht gerechtfertigt wären.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509013500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509013600
Herr Minister, darf ich Sie also so verstehen, daß etwa die Plutoniumherstellung in Deutschland, die bei modernen Anlagen zwangsläufig sein kann, nicht beeinträchtigt würde, d. h. die Gewinnung von Energie, die wir auf diese Weise nachher vornehmen wollen, durch den Vertrag nicht beeinträchtigt werden kann, und welche Konsequenzen ergeben sich eventuell aus der Tatsache, daß zu EURATOM dann auch eine Macht gehören würde, die diesen Sperrvertrag nicht unterschreibt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509013700
In Ihrer Frage sind zwei Fragen enthalten. Zum ersten Teil Ihrer Frage muß ich sagen, mir ist aus den bisherigen Arbeiten an dem Nichtverbreitungsvertrag nichts bekannt, was sich für uns in Richtung auf eine Behinderung solcher Produktion auswirken würde.
Die zweite Frage betrifft die künftigen Kontrollen, was die zivile Befassung mit der Kernenergie angeht. Da haben wir im Rahmen von EURATOM ein sehr effektives System. Aber die interessante Frage wird sein, welches neue System ins Bild hineinkommt und wie sich das eine zum anderen verhalten wird. Diese Frage wird uns noch mehr beschäftigen als die Intern-Situation innerhalb von EURATOM zwischen einer Macht, die über Kernwaffen verfügt, und den anderen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509013800
Zweite Zusatzfrage.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0509013900
Sind Sie also der Meinung, Herr Minister, daß eine Unterschrift unsererseits unter den Atomwaffensperrvertrag deswegen aus wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Gründen weniger problematisch ist, als es hier in manchen Fragen anklang, weil wir 'in EURATOM eine supranationale
Verbindung für die friedliche Nutzung der Kernenergie besitzen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509014000
Herr Abgeordneter, ich halte — wenn ich das sagen darf — eine Diskussion über Unterschrift oder Nichtunterschrift für unsere Sache nicht förderlich. Ich habe dieser Tage einmal gelesen, daß ein von mir sehr geschätztes Mitglied 'des Hohen Hauses gesagt habe, Deutschland werde bedingungslos für einen Nichtweiterverbreitungsvertrag sein. Das könnte ich mir so nicht zu eigen machen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Ich muß wissen, was da drinsteht.


(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich würde jedenfalls in der Regierung und andeswo dafür eintreten, für einen Nichtverbreitungsvertrag zu sein, der uns nicht diskriminiert

(Sehr gut! in der Mitte)

und der den Nichtnuklearen auf dem von uns eingangs erörterten Gebiet keinen zusätzlichen technologischen Abstand im Verhältnis zu den Weltmächten zumutet.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Dies ist noch nicht alles. Aber ich glaube, dies ist mit der entscheidende Punkt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509014100
Herr Abgeordneter Moersch, ich kann Ihnen keine weitere Zusatzfrage konzedieren. — Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP): Herr Bundesminister, hat sich die Bundesregierung darüber informiert oder ist sie gegebenenfalls bereit, sich darüber zu informieren, inwieweit z. B. die Entwicklung der französischen Atomwaffe dazu geführt hat, daß dieses Land einen technologischen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen Rückstand gegenüber den Kernwaffenmächten aufgeholt hat, und ob diese Macht dadurch, daß diese Entwicklung dort stattgefunden hat, nun inzwischen auf demselben wissenschaftlichen, technischen, wirtschaftlichen Status wie die Atomsupermächte angelangt ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509014200
In welchem Ausmaß das der Fall ist, kann ich nicht beurteilen. Da bin ich auf das Urteil von Leuten angewiesen, die davon mehr verstehen als ich, Herr Abgeordneter. Auch wenn es so wäre, würde uns das nicht unmittelbar helfen. Denn daraus würde sich nicht die Folgerung ableiten lassen — das entspräche auch nicht den Richtlinien der Politik dieser Regierung —, für Deutschland die militärische Befassung mit der Kernenergie anzustreben. Aber ich hatte vorhin schon gesagt, Herr Abgeordneter: es unterliegt für mich als Laien, was diesen wichtigen Wissenschaftsbereich angeht, nicht dem geringsten Zweifel, daß die militärische Befassung mit der Kernenergie den Staaten, die sie betreiben, Vorteile



Bundesminister Brandt
bringt, auch was die zivile Produktion angeht. Dies gilt für die ganz Großen, dies gilt auch für unseren französischen Nachbarn. Darum gibt es die Erwägung, ob und wie dann, wenn es zu einem Vertrag kommt und wenn es zu einem solchen Festschreiben der gegenwärtigen Lage, was die Kernwaffen angeht, kommt, kerntechnische Kenntnisse und Lizenzen zu angemessenen Bedingungen durch andere erworben werden können. So ganz neu ist das nicht, eine völlig neue „Erfindung" wäre das nicht; denn Ansätze dazu gibt es z. B. auf dem Gebiet der Weltraumforschung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509014300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0509014400
Herr Bundesminister, ist es nicht wirklichkeitsfremd, anzunehmen, es könnten Verfahren entwickelt werden, wie Sie sie eben angedeutet haben, wonach eine angemessene Beteiligung an den Erkenntnissen dieser militärischen Forschung für nichtnukleare Staaten sichergestellt werden kann, und ist es nicht wirklichkeitsfremd, anzunehmen, daß auch nur eine Bereitschaft in dieser Richtung bei den großen Nuklearstaaten vorhanden sein könnte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509014500
Herr Abgeordneter, bei allem Respekt vor Ihrer Fragestellung: Sie muten mir sehr viel zu, wenn Sie mich dazu veranlassen wollen, dutch eine bejahende Antwort mich hier als einen Illusionisten zu deklarieren.

(Heiterkeit.)

Ich muß allerdings zugeben, daß ich auch mit Vertretern anderer Regierungen schon auf eben diese Frage gestoßen bin. Ich würde nicht sagen „wirklichkeitsfremd", sondern ich würde sagen: es ist schwierig, aber es ist, weil lebenswichtig für Industriestaaten wie die Bundesrepublik Deutschland, ein challenge, eine Herausforderung. Diese Aufgabe muß gelöst werden; davon hängt für unsere industrielle Zukunft unendlich viel ab.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509014600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0509014700
Herr Bundesaußenminister, unterstützt die Bundesregierung die Bestrebungen, die in einer fast einstimmig angenommenen Resolution der Vereinten Nationen zum Ausdruck gekommen sind, in naher Zukunft eine Konferenz der nichtnuklearen Staaten . zustande zu bringen und dort die gemeinsamen sicherheitspolitischen und technologischen Interessen dieser Staaten zu vertreten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509014800
Herr Abgeordneter, ,ich habe nicht den Eindruck, daß es zu einer solchen Konferenz so rasch kommt — wenn überhaupt —, daß von dort noch wesentliche Einwirkungen auf den Prozeß ausgehen könnten, der möglicherweise in der zweiten Hälfte Februar von Genf seinen Ausgang nimmt. Darum halte ich mehr von dem Verfahren, das wir selbst wie andere eingeleitet haben, wegen verschiedener wichtiger Fragen, die durch dieses Vertragswerk ausgelöst werden, mit den Regierungen Kontakt aufzunehmen, die sich in etwa der gleichen Interessenlage befinden. Das gilt für einige große Grundsätze, das gilt für einige Fragen innerhalb der Allianz, und es gilt für einige Fragen im europäischen Bereich. Ich glaube, wir kommen damit weiter, als wenn wir uns jetzt auf eine Konferenz fixierten. Außerdem sind wir ja dort rein vom Verfahren her im Nachteil, wie wir alle wissen, weil wir nicht UN-Mitglied sind und auf ein solches Verfahren eben auch nur sehr bedingt Einfluß ausüben könnten, wann es zu einer solchen Konferenz käme.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0509014900
Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509015000
Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0509015100
Herr Bundesminister, in einer vorhin von Ihnen gegebenen Antwort sprachen Sie davon, daß der Vertrag keine Diskriminierung für Deutschland enthalten dürfte. Ich möchte Sie bitten, zu sagen, wann Sie eine Diskriminierung für gegeben erachten würden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509015200
Ich bin für diese Zusatzfrage sehr dankbar, Frau Abgeordnete; denn sie gibt mir die Möglichkeit, noch einmal davon zu sprechen, daß ich nicht nur möchte, daß Deutschland nicht diskriminiert wird. Ich möchte vielmehr, daß die schutzwürdigen Interessen aller Staaten gesichert werden,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und ich möchte, daß die nichtnuklearen Mächte im Verhältnis zu den nuklearen nicht diskriminiert werden, z. B. auf dem hier erörterten technologischen Gebiet.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509015300
Zweite Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0509015400
Was würden Sie unter einer Diskriminierung verstehen?

(Oh-Rufe bei den Regierungsparteien.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509015500
Ich glaube, daß der Gang der Erörterung zu diesem Punkt schon einige Hinweise gegeben hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich sage jetzt ganz offen, selbst das, worüber wir zuletzt sprachen, wäre objektiv eine Diskriminierung: wenn einige Mächte — ich sage es jetzt einmal bewußt — den technischen Fortschritt dadurch monopolisierten, daß sie das, was sich aus der mili-



Bundesminister Brandt
tärischen Befassung mit der Kernenergie ergibt, allein für ihre zivile Produktion auszuwerten begännen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509015600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509015700
Herr Bundesminister, sind Sie mit der französischen Regierung bezüglich eines möglichen Beitritts zu einem eventuellen Atomtestvertrag einig?

(Lachen.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509015800
Ich glaube, man könnte eher sagen, die Frage muß als eine bisher ausgeklammerte Frage betrachtet werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509015900
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509016000
Herr Bundesminister, betrachten Sie die letzten Gespräche in Paris deshalb als so erfolgreich, weil solche Probleme ausgeklammert wurden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509016100
In keiner Weise! Ich glaube, die französische Seite kennt unsere Erwägungen und weiß sie zu würdigen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509016200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Scheel.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0509016300
Herr Bundesminister, Sie haben das Problem der Diskriminierung auf den zivilen Bereich beschränkt. Heißt das, daß Sie im Gegensatz zur früheren Haltung der Bundesregierung heute die Frage einer möglichen Beteiligung der Bundesrepublik an einer internationalen Lösung im Bereich der Atombewaffnung anders ansehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509016400
Herr Abgeordneter, die heutige Fragestunde zu diesem Gegenstand ging von der zivilen Seite dieser Sache aus. Ich habe das für sehr vernünftig gehalten. Ich meine, daß die verteidigungspolitischen Aspekte erst noch in anderen Bereichen — im Kabinett und auf der parlamentarischen Ebene — weiter erörtert werden sollten. Dabei muß sich nicht notwendig ergeben, daß alle früheren Positionen einfach nur wiederholt werden können.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509016500
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe dann die Frage III/6 des Abgeordneten Dr. Hudak auf:
Wieweit wird von der Bundesregierung bei den derzeitigen Verhandlungen mit den südosteuropäischen Staaten der einstimmige Beschluß des Deutschen Bundestages vom 14. Juni 1961 noch berücksichtigt, nach dem die Bundesregierung „besondere Aufmerksamkeit und Sorge" gewissen menschlichen Notständen der deutschen Staats- und Volkszugehörigen in diesen Ländern zuwenden soll?
Bitte, Herr Minister!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509016600
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung sieht in dem von Ihnen zitierten Beschluß des Bundestages vom 14. Juni 1961 den Auftrag zu einer ernsten humanitären Aufgabe, der sie bei ihren bisherigen Bemühungen in Osteuropa stets besondere Aufmerksamkeit zugewendet hat. Die Bundesregierung glaubt, daß ihre Politik der Entspannung in Mitteleuropa, insbesondere ihre Bemühungen zur Normalisierung ihrer Beziehungen zu den ost- und südosteuropäischen Staaten dazu beitragen werden, bessere Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Aufgabe zu schaffen. Jedoch muß sich die Bundesregierung bewußt bleiben, daß ihren Bemühungen durch die dem Völkerrecht entsprechenden souveränen Rechte der betreffenden Staaten Grenzen gesetzt sind.
Die Bundesregierung wird ihre bisherigen Bemühungen fortsetzen und auch die neueren Kontakte und Verhandlungen mit südosteuropäischen Staaten dazu benutzen, auf eine humanitäre Lösung der offenen Fragen hinzuwirken.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509016700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Baier.

Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0509016800
Herr Bundesminister, haben Sie den Besuch des rumänischen Außenministers Manescu zum Anlaß genommen, darauf hinzuwirken, daß den vielen ausreisewilligen Deutschen aus Rumänien diese Möglichkeit alsbald gegeben wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509016900
Ich kann hier sagen, die Bundesregierung hat diesem Problem pihre Aufmerksamkeit gewidmet. Der Bundeskanzler und ich haben mit unserem Besucher über diesen Gegenstand gesprochen, und die Bundesregierung hofft, daß die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien zu einer beschleunigten Behandlung der Fälle der Familienzusammenführung, vor allem der Härtefälle, führen wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509017000
Ich rufe die Frage III/7 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die in einem Erlaß vom März 1966 festgelegte Stellung des Goethe-Instituts zur Durchführung seiner Aufgaben im Ausland zu ändern?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509017100
Herr Abgeordneter, der Erlaß vom März 1966 über das Verhältnis zum Goethe-Institut und seinen Zweigstellen ist nicht der erste Erlaß in dieser Angelegenheit und wird voraussichtlich nicht der letzte sein.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509017200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0509017300
Herr Bundesminister, pflichten Sie mir bei, wenn ich sage, daß es dem



Kahn-Ackermann
Wesen kultureller Beziehungen entspricht, wenn der Staat dabei nach Möglichkeit seine Rolle als Helfer und Förderer sieht, und daß der Kulturaustausch nach Möglichkeit ohne das Korsett der Staatsräson vollzogen werden sollte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509017400
Dem kann ich grundsätzlich durchaus beipflichten. Andererseits wird man, denke ich, auch Verständnis dafür haben, daß wir, wo es um politische Grundpositionen geht, versuchen müssen, das, was wir draußen in der Welt tun, unter einen Hut zu bringen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509017500
Ich rufe die Frage III/8 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten des in Frage III/7 erwähnten Erlasses mit der Arbeit des Goethe-Instituts im Ausland gemacht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509017600
Die in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen sind noch nicht umfassend genug, um schon heute etwas . darüber zu sagen, ob sich Verbesserungen des Erlasses empfehlen. Die vorgesehene gegenseitige Abstimmung zwischen Goethe-Institut und der jeweiligen Auslandsvertretung wurde nicht immer erzielt. Aber wir werden darauf hinwirken, daß unsere Auslandsvertretungen alles tun, um zu einem solchen Einvernehmen zu gelangen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509017700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0509017800
Herr Minister, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Prüfung der Beziehungen, von denen Sie soeben gesprochen haben, sehr sorgfältig vorgenommen werden sollte, weil der menschliche Faktor in der Beziehung zwischen einer staatlichen Stelle und einer, ich möchte einmal sagen, privaten Organisation eine große Rolle spielen kann und sich in der Beurteilung aus der Sicht des Amtes Mißverständnisse einschleichen können, so daß eine falsche Interpretation der Lage gegeben wird? Sollte dieses Problem nicht sehr sorgfältig geprüft werden, ehe neue Entscheidungen fallen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509017900
Der menschliche Kontakt spielt ganz sicher eine große Rolle. Wenn ich gesagt habe, daß die Abstimmung bisher noch nicht überall geklappt habe, so überwiegend deswegen, weil sich Unzulänglichkeiten gerade dort herausgestellt haben, wo es um menschliche, persönliche Dinge geht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509018000
Damit ist die Fragestunde abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0509018100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 13. Dezember 1966 habe ich vor diesem Hohen Hause erklärt, daß die Bundesregierung den Wunsch habe, das Verhältnis zu unseren östlichen Nachbarn auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens zu verbessern und, wo immer dies nach den Umständen möglich ist, auch diplomatische Beziehungen aufzunehmen.
Gestern haben die Bundesregierung und die Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien vereinbart, diplomatische Vertreter im Range von außerordentlichen und bevollmächtigten Botschaftern auszutauschen, und darüber ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht. Dieser Entschluß, der gegen niemanden gerichtet ist, soll nach dem Willen der beiden Regierungen dem Frieden und der Sicherheit, dem dauerhaften Verständnis und dem friedlichen Zusammenleben der Völker Europas und der internationalen Entspannung dienen.
Wir wollen mit unseren osteuropäischen Nachbarn Beziehungen unterhalten, die unsere wechselseitigen und gemeinsamen Interessen fördern. Ohne das Verständnis und die Mitwirkung der osteuropäischen Staaten kann die europäische Teilung nicht überwunden werden.
Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Sozialistischen Republik Rumänien bedeutet keine Änderung des auch in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 wiederholten deutschen Rechtsstandpunkt, daß die Bundesregierung allein berechtigt und verpflichtet ist, für das ganze deutsche Volk zu sprechen. Wir vertrauen darauf, daß diese unsere unveränderte Haltung in gleicher Weise wie bisher verstanden und gewürdigt wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)

Ich bin überzeugt, daß die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien von allen Staaten der Welt als ein Beitrag zur Sicherung des Friedens gewertet wird. Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen um die Besserung ihrer Beziehungen zu ihren östlichen Nachbarn fortsetzen'.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509018200
Sie haben die Erklärung der Bundesregierung gehört. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0509018300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU dankt dem Herrn Bundeskanzler für seine Erklärung, begrüßt sie und stimmt ihr mit Genugtuung zu.

(Beifall in der Mitte.)

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien ist nicht ein Wendepunkt der deutschen Politik, sondern ein Meilenstein auf dem geraden



Dr. Barzel
Weg der deutschen Politik zú unserem seit langem verkündeten Ziel —

(Lachen bei der FDP.)

— Bitte? Meine Damen und Herren, wenn Sie eine
kontroverse Debatte wünschen, können Sie sie
haben. Wir hatten uns auf Erklärungen verständigt.

(Zuruf von der FDP: „Meilenstein"!)

Ich glaube, daß gerade Sie, meine Damen und Herren von der FDP, mit dem, was ich zu sagen beabsichtige, sehr zufrieden sein sollten, denn hier ist eine seit langem vorbereitete Politik jetzt wirksam geworden.

(Abg. Zoglmann: Wir sind sehr zufrieden!)

Ich wiederhole: Dies ist vielmehr ein Meilenstein auf dem geraden Weg der deutschen Politik zu unserem seit langen verkündeten Ziel: das ganze Deutschland in einem friedlichen Europa.
Dieser Meilenstein einer geduldigen, folgerichtigen deutschen Politik der Kontinuität ist es freilich wert, besonders beachtet zu werden. Die Kontinuität dieser Politik wird nicht nur sichtbar, weil — gerade in dieser Frage — Absprachen, Verhandlungen und Zeitplanungen ungestört vom Wechsel der Regierungen und der Minister blieben, sondern auch im historischen Ablauf, der zu diesem Tage führte. Ohne europäische und atlantische Basis wie auch ohne gesicherte Freiheit der Bundesrepublik Deutschland wäre das, was wir heute erörtern, nie möglich geworden.

(Beifall in der Mitte.)

Zum historischen Ablauf halten wir es für angemessen, hier in dieser Stunde wenigstens an einige Schritte zu erinnern. In förmlicher und verpflichtender Form hat die Bundesrepublik Deutschland auf offensive Gewalt als Mittel der Politik verzichtet. Das steht nicht nur in Art. 26 des Grundgesetzes und ist somit ein konstitutives Prinzip unseres Staates, sondern das steht auch in der Schlußakte der Londoner Konferenz vom 3. Oktober 1954. Wir weisen weiter hin auf folgende Dinge, ohne hier im einzelnen — falls die Debatte sich nicht ausweiten sollte — die Zitate vorzutragen: auf die Berliner Erklärung zusammen mit den Westmächten vom 29. Juli 1957, die Erklärung von Bundeskanzler Konrad Adenauer vom 17. Juni 1961, die Erklärung von Bundeskanzler Ludwig Erhard vom 16. Oktober 1964, die Friedensnote der Bundesregierung vom 25. März 1966. Dieser Hinweis nimmt nichts — im Gegenteil — vom Erfolg dieser kontinuierlichen und durch die Bundesregierung, Kiesinger und seinen Außenminister, glücklich zum Abschluß gebrachten Politik in diesen Dingen.
Wir haben uns in allen diesen Fragen die Entscheidung nie leicht gemacht und gedenken dies auch künftig nicht zu tun. Behutsamkeit und Umsicht sind und bleiben hier besonders am Platz. Weil wir den Weg bis hierher genau kennen, weil manche Ungewißheit bleibt, weil auch insoweit Enttäuschungen und Rückschläge nicht ausbleiben werden, verzichten wir auf alle lauten Töne gerade in dieser Stunde. Was geschehen ist, begrüßen wir als einen lange vorbereiteten, ehrlichen, richtungweisenden
Versuch der deutschen Politik, als einen Versuch, beizutragen zur europäischen Entkrampfung, begrüßen wir als einen weiteren Schritt zur Einleitung einer Friedensordnung in Europa. Der gesamtdeutsche Anspruch kann nur offensiv durchgehalten und schließlich verwirklicht werden.
Wir wissen, daß die Beziehungen zwischen Regierungen wichtig, daß aber wichtiger sind die Beziehungen zwischen Völkern. Dies gilt auch und gerade für Ost- und Mitteleuropa. Wir wollen einander kennen, einander verstehen, wir wollen dann Aussöhnung und Zusammenarbeit und schließlich, soweit es an uns liegt, Freundschaft. Die Völker des Ostens sollen sehen: diese Politik machen wir nun Seite an Seite mit unseren westlichen Freunden. Die Aussöhnung Deutschlands nach Westen ist eine politisch wirksame Realität.
Präsident Johnson hat in seiner Rede zu diesen Fragen vom 7. Oktober 1966 großen Wert darauf gelegt, die Probleme in dieser Rang- und Reihenfolge zu sehen und anzugehen. Er sagte:
Erstens. Unsere erste Sorge ist es, daß die NATO stark bleibt.
Zweitens. Unsere zweite Aufgabe ist es, die weitere Einigung des Westens nachdrücklich voranzutreiben.
Drittens. Ein großes Ziel eines geeinten Westens ist es, den Schnitt durch Europa zu heilen, der heute den Osten vom Westen und den Bruder vom Bruder trennt. Unsere Aufgabe ist es, eine Wiederversöhnung mit dem Osten zu erreichen.
Dieser Rang- und Reihenfolge können wir ebenso zustimmen wie dem Stufenplan des französischen Staatspräsidenden, der hier in Bonn von Entspannung, Verständigung, Zusammenarbeit sprach,
Redlichkeit gebietet, hier gleich dieses festzuhalten: eine europäische Friedensordnung ohne Einheit Deutschlands, Einheit Deutschlands ohne Menschenrechte für alle Deutschen ist für uns weder vorstellbar noch akzeptabel.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir alle hier bleiben in der Pflicht 'des Grundgesetzes, auch für jene Deutschen zu handeln, denen hier in Freiheit mitzuwirken immer noch versagt ist. Wir bleiben auch in der Pflicht des Grundgesetzes, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden". Wir hier sprechen und handeln für alle Deutschen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das System Ulbricht ist nicht nur eine sowjetrussische Fremdherrschaft auf deutschem Boden — also SBZ, nicht DDR — und eben deshalb ein permanenter Verstoß gegen die Grundrechte der Deutschen; dieses System ist zudem für die Kommunisten in aller Welt eine penetrante Peinlichkeit und für den Geist dieser Zeit und den Strom der Geschichte ein Anachronismus.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Uns interessiert zwar, welche Spielart des Kommunismus in der Zone herrscht, auch wer ihn repräsen-



Dr. Barzel
eiert. Aber dieses Interesse reicht nicht so weit, etwa dafür unsere Forderung auf deutsche Einheit auf der Basis des Selbstbestimmungsrechtes für alle Deutschen aufzugeben.
Meine Damen und Herren, Heinrich von Brentano hat in seiner Rede vom 18. Januar 1957 vor der Universität in München folgendes gesagt — ich will dies zum Schluß zitieren —:
Wir sind wie die anderen bereit, Beziehungen zu diesen Staaten zu unterhalten, um im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten politische, wirtschaftliche und kulturelle Fragen miteinander zu besprechen. Man sollte sich allerdings nicht darüber täuschen, daß die Aufnahme solcher Beziehungen noch nicht die Lösung bestehender Probleme beinhaltet, sondern bestenfalls geeignet ist, sie zu erleichtern und zu ermöglichen.
Mit dieser Nüchternheit, die allein diesem Vorgang angemessen ist, ermuntern wir die Bundesregierung, diese deutsche Politik des Friedens geduldig und folgerichtig fortzusetzen. Unsere rechtlichen, moralischen und historischen Positionen bleiben unverändert. Unsere Methoden können und müssen wechseln.
Die Welt sollte sehen: Hier ist ein erneuertes Deutschland, das nichts will als Frieden durch Menschenrechte. Und die Sowjetunion sollte nicht in Noten kaschierte Schimpftiraden verschicken, sondern Friedenspolitik machen, also zunächst in Berlin und in der SBZ mindestens Mord und Menschenraub verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509018400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mattick.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0509018500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist dankbar für die Erklärung der Bundesregierung, diplomatische Beziehungen zwischen der Rumänischen Sozialistischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen. Wir beglückwünschen die Bundesregierung zum Gelingen dieses ersten Schrittes auf dem Wege, die Beziehungen zu den ost- und südosteuropäischen Staaten zu normalisieren. Die Vereinbarungen, die getroffen wurden, sind für beide Seiten tragbar. Wir möchten hieran die Hoffnung knüpfen, daß es der Bundesregierung gelingt, in ähnlichem Rahmen auch mit anderen Ländern in diesem Teil Europas zu gleichen Vereinbarungen zu kommen.

(Beifall bei der SPD.)

Es war ein langer Weg von der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland im Herbst 1955 bis zu dem jetzigen Schritt der Bundesregierung. Wir haben es in den zurückliegenden Jahren stets für einen Fehler gehalten, in die an sich notwendigen Maßnahmen der Bundesrepublik gegen die Anerkennung der Spaltung Deutschlands auch die Staaten Ost- und Südosteuropas einzubeziehen. Diese Staaten standen damals unter dem besonderen Einfluß und Druck der Sowjetunion. Daher begrüßen wir es besonders, daß die neue Bundesregierung mit diesem ersten Schritt den Weg frei gemacht hat zu einer beweglichen und konstruktiven Deutschlandpolitik.

(Beifall bei der SPD.)

Wir möchten in Erinnerung rufen, daß die Sozialdemokratische Partei sehr frühzeitig außerhalb des Hauses und durch Anträge im Deutschen Bundestag versucht hat, das gegenseitige Verständnis zwischen Deutschland und den Völkern in Ost- und Südosteuropa zu erreichen. Wir selber haben uns nach dem Ultimatum Chruschtschows von 1958 ganz besonders bemüht, in direkten Gesprächen mit den Vertretern der politischen Macht in diesen Ländern Verständnis für die Bundesrepublik Deutschland und ihre Politik zu finden. Unser damaliger Bericht über die Eindrücke dieser Gespräche führte zu der Feststellung, daß das Bild über die Bundesrepublik Deutschland in diesen Ländern ausnahmslos von der SED, ihrer Propaganda und ihrer Presse vermittelt, um nicht zu sagen vernebelt wird.
Durch einen Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion wurden im Auswärtigen Ausschuß die Vorarbeiten geleistet, die zu dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom Juni 1961 führten. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit ihren Verbündeten eine Ostpolitik zu betreiben, deren Ziel die Wiederherstellung eines freien Gesamtdeutschland ist, das auch mit der Sowjetunion und allen osteuropäischen Staaten friedliche und gedeihliche Beziehungen unterhält. Zu diesem Ziel soll die Bundesregierung — so heißt es in dem Zitat — jede sich bietende Möglichkeit ergreifen, um ohne Preisgabe lebenswichtiger deutscher Interessen zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den osteuropäischen Staaten zu gelangen.
Der frühere Außenminister hat einige Schritte im Zuge dieses Auftrages des Bundestages eingeleitet und Handelsmissionen in den ost- und südosteuropäischen Staaten angestrebt bzw. errichtet. Der entscheidende Durchbruch erfolgte erst jetzt durch die Regierung Kiesinger-Brandt. Wir verkennen aber nicht, verehrte Damen und Herren, die Realitäten. Wir wissen leider aus den Erfahrungen der letzten Jahre in unserem Verhältnis zur Sowjetunion, daß die Aufnahme diplomatischer Beziehungen allein nicht automatisch zu einem guten Verhältnis der Regierungen und Völker untereinander führt. Wir halten daher die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen nur für den ersten Schritt, der die Möglichkeiten eröffnen muß, zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien und hoffentlich auch bald zwischen anderen ost- und südosteuropäischen Staaten und der Bundesrepublik die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen sowie gesellschaftlichen Kontakte so zu entwickeln, daß die Menschen sich gegenseitig besser kennenlernen und daß — auf Gegenseitigkeit — die Völker voneinander wissen, was sie denken und wie sie leben. Es hieß daher in dem Auftrag an die Bundesregierung u. a. auch: „den weiteren Ausbau der bestehenden Beziehungen zu



Mattick
diesen Staaten auf wirtschaftlichem, kulturellem, humanitärem und geistigem Gebiet anzustreben". Unsere Hoffnung ist es, daß die Bundesregierung und alle politischen Kräfte unseres Volkes sich insbesondere dieses Auftrages annehmen. Hierzu gehört auch der Ausbau gegenseitiger Informationen, und vielleicht ist es hierfür notwendig, eine Überprüfung des Informationswesens überhaupt vorzunehmen. Solange wir uns den Vorwurf machen müssen, daß die Verleumdungen gegen die Bundesrepublik geglaubt werden, weil wir Möglichkeiten versäumen, die Wahrheit an die Menschen zu bringen, bleiben wir in der Schuld vor unserem eigenen politischen Auftrag.

(Beifall bei der SPD.)

Wir betrachten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien als einen wesentlichen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Entspannung in Europa, und wir hoffen, daß auch mit der Sowjetunion und allen anderen Staaten in diesem Teil Europas friedliche und gedeihliche Beziehungen zum Nutzen aller entstehen. Besonders an die Sowjetunion appellieren wir, in diesem Schritt einen deutschen Beitrag zur Entspannungspolitik zu sehen und sich nicht zu bemühen, eine Handlung gegen ihre politischen Interessen daraus zu deuten bzw. gegen jede Vernunft die Augen vor der Wirklichkeit der deutschen Politik zu verschließen. Wir sind nicht so vermessen, eine Politik führen zu wollen, die das Verhältnis zwischen der Sowjetunion und den Staaten in Ost- und Südosteuropa beeinträchtigen könnte.
Mit Genugtuung haben wir festgestellt, daß der Schritt der Bundesregierung bei unseren Verbündeten Verständnis und Unterstützung findet, auch und gerade bei den Vereinigten Staaten. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien hat unser Verhältnis zu keinem Lande des Westens beeinträchtigt bzw. belastet. Im Gegenteil, es könnte den Fortgang der Entspannungsbemühungen zwischen Ost und West nur fördern, wenn dasselbe auch auf die Beziehungen Rumäniens zu seinen Bündnispartnern zuträfe. Dies gilt insbesondere in bezug auf das Verhältnis zur Sowjetunion.
Meine Damen und Herren, wir sollten an diesem Tage nicht vergessen, als freies deutsches Parlament unsere Freunde in aller Welt wieder anzusprechen, unser Bemühen um Entspannung richtig zu werten und uns darin zu unterstützen, eine friedliche Entwicklung in Europa auch durch die vernünftige Lösung unserer eigenen deutschen Probleme zu erreichen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509018600
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0509018700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten begrüßen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien. Mit diesem Schritt wird eine alte Forderung, die seit über einem Dutzend Jahren
von uns Freien Demokraten vertreten wird, erfüllt.
Mit Genugtuung können wir feststellen, daß die seit 1963 von der damaligen Regierung Erhard-Mende unternommenen Bemühungen, eine Normalisierung der Beziehungen zu den ost- und südosteuropäischen Staaten zu erreichen, mit der nunmehr bekundeten Absicht, Botschafter zwischen Bonn und Bukarest auszutauschen, einen wesentlichen Schritt vorangekommen sind. Der Weg bis zu dieser Entscheidung war mühevoll und mit vielen tatsächlichen, aber auch vermeidbaren Widerständen gespickt. Die Mahnungen, den ost- und südosteuropäischen Raum nicht zu vernachlässigen, die Karl-Georg Pfleiderer als damaliger außenpolitischer Sprecher der Freien Demokraten in den fünfziger Jahren von dieser Stelle aussprach, waren nur zu berechtigt. Leider brauchte die Mehrheit in diesem Hohen Hause über ein Jahrzehnt, um zu der glichen Erkenntnis zu gelangen.

(Beifall bei der FDP. — Zuruf des Abg. Dr. Schmidt/Wuppertal.)

— Die Mehrheit, sehr wohl: als Sie die absolute Mehrheit hatten, Herr Kollege Schmidt; darauf spielten Sie wohl jetzt an.
Weitere Initiativen der Freien Demokraten waren der Antrag zur Errichtung von Handelsmissionen 1956, der gemeinsame Antrag mit der SPD von 1958, diplomatische Beziehungen zu Polen aufzunehmen, und schließlich der Antrag von 1959, der die Frage des Verhältnisses der Bundesrepublik zu allen osteuropäischen Staaten betraf.
In den Jahren 1957 bis 1959 waren die Voraussetzungen für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Polen günstiger als heute. Manches Problem, das uns heute belastet, stellte sich damals nicht in der gleichen Form und Schwere. Wir wären einen erheblichen Schritt weiter, wenn die damalige günstigere Situation von uns richtig genutzt worden wäre.

(Beifall bei der FDP.)

Seit der Wiederbeteiligung der Freien Demokraten an der Bundesregierung 1961 wurden diese Forderungen Schritt für Schritt in die Tat umgesetzt, zunächst durch die Errichtung von Handelsmissionen. Die Widerstände innerhalb der CDU/CSU gegenüber dieser Politik waren aber permanent spürbar und führten zu manchen bedauerlichen Verzögerungen.
Noch anläßlich des Besuches des damaligen Bundeswirtschaftsministers Schmücker in Bukarest Mitte 1966 hielt es der heutige Herr Bundesfinanzminister für notwendig, im Namen seiner CSU-Landesgruppe Bedenken gegen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien anzumelden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ist das denn verboten?! — Gegenrufe von der FDP.)


(Abg. Rasner: So einfach ist das nicht!)

4174 Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Februar 1967
Mischnick
Wir hoffen, daß in dieser Frage, Herr Bundeskanzler, im Gegensatz zu früher, jetzt Ihre Fraktion geschlossen hinter Ihnen steht.

(Beifall bei der FDP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viel kostbare Zeit ist verstrichen, die im Interesse der deutschen Politik in der Vergangenheit hätte genutzt werden können. Wir erwarten, daß die Normalisierung der Beziehungen zu Rumänien nicht einen Schlußpunkt dieser Bestrebungen darstellt, sondern der Auftakt dazu ist, mit anderen ost- und südosteuropäischen Staaten zu gleichen positiven Ergebnissen zu kommen. Wir wissen nur zu gut, daß mit dem formalen Akt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen nicht alles getan ist. Es muß der Wille dahinter stehen, sie mit politischem Leben zu erfüllen und damit für die Schaffung einer dauernden Friedensordnung in Europa auch wirklich nutzbar zu machen. Heute ist hoffentlich in diesem Hohen Hause bei allen Fraktionen unbestritten, wie falsch es war, die 1955 mit der Sowjetunion aufgenommenen diplomatischen Beziehungen lange Zeit nicht zu nutzen, die darin liegenden Möglichkeiten sträflich zu vernachlässigen. Wenn wir Freien Demokraten trotz vieler Enttäuschungen immer wieder unsere Stimme erhoben haben für eine Politik der Aussöhnung mit den östlichen Nachbarstaaten, dann geschah das aus der Erkenntnis, daß eine neue Ordnung und die Normalisierung der durch Krieg und Nachkriegszeit entstandenen Lage in Deutschland und in Europa nur mit und nicht gegen diese Staaten möglich sein werden.
Wir sind uns bewußt, daß verschiedene Auffassungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik mit dem heutigen Tag nicht aus der Welt geschafft sind. Die unterschiedlichen Standpunkte bei gemeinsam interessierenden Fragen sind deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Aufgabe der deutschen Politik muß es aber sein, durch ständiges Nutzen der neugewonnenen Verbindungen das Verständnis für unsere Auffassung zu vermehren, dabei
aber auch die besondere Situation des Partners zu
respektieren.
Nach unserer Meinung liegt die Aufnahme diplomatischer Beziehungen nicht nur zu Rumänien, sondern hoffentlich bald auch zu den anderen ost- und südosteuropäischen Staaten im wohlverstandenen deutschen Interesse. Wir geben uns dabei durchaus nicht der Illusion hin, als könnte man mit einem solchen Schritt kurzfristig die Mißverständnisse oder Meinungsverschiedenheiten und Vorurteile zwischen den Völkern beseitigen. Dafür ist der Graben, der uns gegenwärtig noch trennt, leider noch zu tief. Aber Tschechen und Polen sind nun einmal keine Nachbarn Frankreichs, Großbritanniens oder der Vereinigten Staaten, sondern Deutschlands. Der Friede in Europa hängt darum nicht in erster Linie von guten Beziehen zwischen Paris und Warschau und zwischen Washington und Moskau ab, sondern natürlicherweise von der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Volke und den Völkern im europäischen Osten und im europäischen Südosten. Wir warnen allerdings davor, zu glauben, daß die Aufnahme diplomatischer
Beziehungen zu einzelnen Staaten des Warschauer Paktes die Bundesregierung davon entbinden könnte, die Beziehungen zur Sowjetunion zu verbessern. Jeder Versuch, hier etwa den einen gegen. den andern ausspielen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Ich sage das nicht, weil wir Freien Demokraten die Befürchtung hegen, die Bundesregierung könnte diese Absicht haben, sondern weil es draußen im Lande leider falsche Propheten gibt, die dieser naiven Vorstellung huldigen und dann noch meinen, das sei große Politik.
Wir Freien Demokraten verkennen nicht, daß es jetzt darauf ankommen wird, nicht nur unseren westlichen Freunden, sondern auch dem neutralen Ausland verständlich zu machen, daß mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien der Rechtsstandpunkt der Bundesrepublik Deutschland, für ganz Deutschland zu sprechen, nicht verlassen wird. Wir gehen davon aus, daß die lange Zeit bis zur Entscheidung vom Auswärtigen Amt und von unseren diplomatischen Vertretern genutzt wurde, um unseren Standpunkt gegenüber jedermann klar und deutlich darzulegen.
Das Recht auf Alleinvertretung darf aber nicht zu einer Formalie werden, die formale Reaktionen nach sich zieht. Das Recht auf Alleinvertretung ist nach unserer Auffassung ein politischer Anspruch, der mit den im gegebenen Fall angemessenen und wirksamen Mitteln durchgesetzt werden muß. Die Preisgabe diplomatischer Beziehungen dort, wo das Recht auf Alleinvertretung bestritten wird, sichert dieses Recht nicht, sondern verhindert seine Verwirklichung.
Gerade der von uns mit Recht erhobene Alleinvertretungsanspruch verpflichtet uns auch, diesen Anspruch durch eigenes Handeln immer wieder zu verwirklichen. Er ist aber nur zu verwirklichen, wenn wir auch dort präsent sind, wo man ihn uns bestreiten will. Deshalb bedauern wir es, daß Jahre über Jahre ins Land gegangen sind, ohne daß wir diesen Anspruch im ost- und südosteuropäischen Raum in der geeigneten Form durch eigene Präsenz geltend gemacht hätten. Unseren Anspruch wirklich durchzusetzen, wird uns aber nur gelingen, wenn alle — also auch die diplomatischen — Möglichkeiten voll genutzt werden, um unser berechtigtes Verlangen nach Wiedervereinigung nicht nur begreifbar zu machen, sondern die dagegenstehenden Bedenken durch eine konsequente Friedenspolitik auszuräumen.
Um in der Sache weiterzukommen, ist es deshalb erforderlich, daß die Bundesregierung den mit der Friedensnote des vergangenen Jahres beschrittenen Weg beharrlich fortsetzt und durch entsprechende Erklärungen, wie z. B. durch den klaren Verzicht auf Besitz und Mitbesitz an atomaren Waffen, den Skeptikern die Chance nimmt, billige Argumente gegen uns zu verwenden.
Die Freien Demokraten hoffen, daß das, was heute noch als außergewöhnlich angesprochen wird, obwohl es von der Sache her längst notwendig war, bald zur Selbstverständlichkeit geworden sein wird.

(Beifall bei der FDP.)





Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509018800
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe als nächsten Punkt auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) — Drucksache V/1339 —
Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen das Wort.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0509018900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die im Bundestag vertretenen Parteien haben im Juni 1966 eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gebildet, die sich im Juni, noch vor der Sommerpause, und dann nach der Sommerpause im September und Oktober 1966 bemüht hat, eine gemeinsame Grundlage für den Entwurf eines Parteiengesetzes zu finden. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist der nun heute im Hohen Hause in erster Lesung zur Beratung anstehende Entwurf. Um es vorweg zu sagen: Der Entwurf bedarf selbstverständlich sorgfältiger Ausschußberatungen.
Lassen Sie mich nun in wenigen Sätzen den Entwurf begründen.
Wahlrecht und Parteiengesetz sind für ,das Funktionieren einer Demokratie von entscheidender Bedeutung. Die Fragen des Wahlrechts bedürfen heute keiner Erörterung. Wir haben uns hier nur mit dem großen und wichtigen Komplex des Parteiengesetzes zu beschäftigen.
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hat sich als erste moderne Verfassung mit der Stellung der Parteien in Staat und Gesellschaft beschäftigt. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 21 hat vieles verdeutlicht, manches abgegrenzt, nicht zuletzt aber auch klargestellt, daß der Gesetzgeber nicht mehr länger zögern darf, das vom Grundgesetz geforderte Parteiengesetz vorzulegen und zu verabschieden. Es kann nicht Sinn der ersten Lesung sein, im einzelnen Stellung zu nehmen, warum erst jetzt ein interfraktioneller Entwurf für ein Parteiengesetz vorliegt. Ich habe heute nur die Aufgabe, für die Fraktionen des Hohen Hauses ,die Vorlage in wenigen Sätzen zu begründen.
Erstens. Das Parteiengesetz verdeutlicht die Grundgedanken des Art. 21 unseres Grundgesetzes und umreißt, was das Grundgesetz von einer Partei verlangt und verlangen muß. Durch Art. 21 haben die Parteien in der Bundesrepublik einen Rang erhalten, den sie früher nicht besessen haben und der auch vielen Verfassungen noch fremd ist, den man ihnen aber in einer modernen Demokratie, die ja von den Parteien getragen wird, zubilligen muß. Dieser Rang ist um so wichtiger, als bis in unsere Tage die Aufgaben und die Bedeutung der Parteien in der deutschen Geschichte und auch in der Staatsrechtslehre, nicht zuletzt aber auch bei vielen Bürgern unseres Landes verkannt worden sind und oft auch noch verkannt werden.
Von der negativen Erwähnung der Parteien in Art. 130 der Weimarer Verfassung, wonach der Beamte Diener der Gesamtheit und nicht einer Partei sei, bis zu Art. 21 des Grundgesetzes führt ein weiter Weg. Wen das Grundgesetz so herausstellt, der muß sich auch gefallenlassen, daß im Parteiengesetz hohe Anforderungen an ihn gestellt werden. Das ist in dem vorliegenden Entwurf zweifellos geschehen. Dies muß um so mehr betont werden, als, wie ich gesagt habe, die Frage der Finanzierung so sehr in den Vordergrund getreten ist. Die Bestimmungen, die die Aufgaben und die Stellung sowie die innere Ordnung der Parteien betreffen, sind dagegen leider in den Hintergrund getreten.
In dem Entwurf werden Anforderungen festgelegt, die an jede Partei gestellt werden, ja gestellt werden müssen, wenn sie in unserer freiheitlichen Demokratie Mitverantwortung tragen will. Das Parteiengesetz wird Maßstab für das politische Leben und Grundlage für die politische Arbeit in diesem Lande sein. Es sichert nicht zuletzt die Rechte der Parteimitglieder und gibt Garantien für die Sicherung der innerparteilichen Demokratie. Ich darf hier vor allem auf die Bestimmungen des § 6 — Satzung und Programm —, § 8 — Parteitage —, § 12 — Schiedsgerichte —, § 13 — Willensbildung in den Organen — und § 14 — Rechte der Mitglieder —
hinweisen.
Zweitens. Der Gesetzentwurf enthält keine Bestimmungen über die Wahlgesetzgebung, da diese gesondert geregelt bleiben soll.
Drittens. Das Problem, das nun in der öffentlichen Diskussion stark in den Mittelpunkt der Erörterungen gerückt ist, die Zuweisung von öffentlichen Mitteln für die politischen Parteien, ist ja ein Problem, das nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in den Vereinigten Staaten, in Schweden und in zahlreichen anderen Staaten besteht. Immer deutlicher zeichnet sich der Wunsch ab, nicht zuletzt im Interesse einer Sauberkeit und Durchsichtigkeit des öffentlichen Lebens, zu klaren Verhältnissen zu kommen, die vielfach auch in der Zuweisung von öffentlichen Mitteln für politische Bildung und an die politischen Parteien liegen. Wer für Durchsichtigkeit und Sauberkeit ist, dem kann es nicht gleichgültig sein, ob und wie die Parteien zu dem für ihre Aufgaben erforderlichen Geld kommen. Unbestritten ist auch, daß sie für ihre Selbstdarstellung und ihre Organisation mehr denn je aufwenden müssen, ein Vielfaches von dem, was früher notwendig war und mit dem man früher zurechtgekommen ist. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966 hat nun, ob man das begrüßt oder nicht, die Überlegungen in die Richtung gebracht, daß den Parteien die Wahlkampfkosten erstattet werden sollen. Für die interfraktionelle Arbeitsgruppe stand zunächst die Frage an, ob man bei einer Erstattung in diesem Sinne davon ausgehen soll, daß genaue Unterlagen über die einzelnen Kosten vorzulegen sind. Wir sind uns dabei darüber klar geworden, daß die ständige Vorlage von Kostenunterlagen auch die Gefahr einer Ausweitung der Kosten und der Organisation der Parteien sowie des Verwaltungs- und Prüfungsaufwands bringen müßte.



Schmitt-Vockenhausen
Der Vorschlag der interfraktionellen Arbeitsgruppe geht daher von einer Pauschalierung mit einem Betrag von 2,50 DM je Wahlberechtigten der jeweils vorangehenden Bundestagswahl aus. Diese Wahlkampfpauschale wird auf die Parteien nach dem Verhältnis der erreichten Zweitstimmen verteilt. Für die Parteien, did nicht den Bundestag erreichen, ist die Grenze für eine Wahlkampfkostenerstattung auf 2,5 v. H. der erreichten Zweitstimmen festgelegt, und ich bin jetzt schon sicher, daß diese Grenze zu den Fragen gehört, die im Ausschuß eingehend erörtert und dort auch bestimmt sehr kontrovers behandelt werden.
Viertens. Der Entwurf sieht vor, daß die Länder entsprechende Regelungen für die Erstattung der Wahlkampfkosten für Landtagswahlen treffen können. Hier bleibt neben anderen Fragen auch zu überlegen, ob man z. B. in der Situation in Schleswig-Holstein auf die Fragen zurückkommen muß, die Sonderbestimmungen für eine völkische Minderheit mit sich bringen. Im übrigen ist eine Rahmenbestimmung vorgesehen, die von den Ländern ausgefüllt werden kann.
Fünftens. Ein wichtiger Teil des Entwurfs beschäftigt sich mit der Frage der öffentlichen Rechenschaftslegung. Ich brauche auch hier auf die Vorgeschichte nicht zurückzukommen. Wir haben in der interfraktionellen Arbeitsgruppe bei der Frage der Offenlegung der Spenden an die Parteien eine Kompromißregelung gefunden, die vorsieht, daß Spenden an eine Partei, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr bei einer natürlichen Person 20 000 DM und bei einer juristischen Person 200 000 DM übersteigt, unter Angabe des Namens und der Anschrift der Spender im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen sind.
Die jetzige Regelung, meine Damen und Herren, ist nicht das, was die eine Seite des Hauses erhofft hatte, die ein absolut gläsernes Portemonnaie für die Parteien gewünscht hat. Sie ist andererseits aber auch nicht jener undurchdringliche Vorhang vor den Geldquellen der politischen Parteien, der von der anderen Seite gewünscht wurde. Trotz allem wird sich sicher auch an dieser Frage im Ausschuß noch manche leidenschaftliche Diskussion entzünden.
Sechstens. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Entwurf ist trotz aller Verbesserungsmöglichkeiten in der deutschen Offentlichkeit im ganzen gut aufgenommen worden. Bis auf vereinzelte Stimmen, die in der Frage der Finanzierungsmöglichkeiten der Parteien noch nach anderen Lösungen suchen, ohne selbst konkrete, bis zuletzt durchdachte Vorschläge vorgelegt zu haben, sind vor allem die Bestimmungen über die Aufgabe und Stellung sowie über die innere Struktur der politischen Parteien allgemein begrüßt worden. Es wird nunmehr an uns allen liegen, recht bald den Verfassungsauftrag des Art. 21 des Grundgesetzes zu erfüllen und damit nicht zuletzt auch für gewisse Randerscheinungen des deutschen Parteienwesens klare Maßstäbe für die innere Demokratie der Parteien und die Aussage der Parteien über ihre Ziele zu setzen.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, den Entwurf dem Innenausschuß zur weiteren Beratung zu überweisen.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0509019000
Sie haben die Begründung dieser Vorlage gehört, meine Damen und Herren. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlage soll an den Innenausschuß überwiesen werden. — Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 3 der gedruckten Tagesordnung auf — wir wollen bei der Numerierung auf der gedruckten Tagesordnung bleiben, damit es hier keine Mißverständnisse gibt —:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Bundesbeamtengesetzes — Drucksache V/1091 —
Ich gebe das Wort zur Begründung dieser Vorlage der Frau Abgeordneten Funcke.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0509019100
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es dürfte in diesem Hause eine unbestrittene Feststellung sein, daß die berufliche Tätigkeit der Frau im Wirtschaftsleben und insbesondere im Schul- und Sozialbereich heute unentbehrlich ist. Das gilt nicht nur für die unverheiratete, sondern auch und gerade für die verheiratete Frau; denn die Hälfte aller berufstätigen Frauen ist heute verheiratet. Diese Berufstätigkeit der Frau — und auch der verheirateten Frau — ist nicht etwa nur eine Erscheinung einer besonders überhitzten Konjunktur, sondern eine normale Dauererscheinung. Denn je intensiver und differenzierter heute Berufsausbildung und Berufserfahrung sind, desto weniger austauschbar werden die Menschen im Berufsleben und desto mehr spielen im Berufsleben spezifische Eignung, Neigung und Ausbildung eine Rolle. Von da her ist es also nicht möglich, etwa die Frau im Berufsleben durch Männer zu ersetzen.
Ebenso unbestritten aber wie diese Feststellung dürfte die sein, daß eine berufstätige Ehefrau und Mutter in vielen Fällen körperlich und psychisch überfordert ist, wenn sie neben der Haushaltsführung die volle Arbeitsleistung erbringen soll.
Schließlich dürfte auch die Feststellung unbestritten sein, daß eine Hoheitsaufgabe des Staates nicht deshalb den Charakter einer Hoheitsaufgabe verliert, weil sie nicht 42 Stunden, sondern vielleicht nur 30 Stunden in der Woche erfüllt wird.
Wenn dies nun alles so ist, so scheint es mir, daß der verantwortliche Gesetzgeber nach Lösungen suchen muß, um den Zwiespalt zwischen dem Bedarf an weiblichen Arbeitskräften einerseits und der Gefahr einer Überforderung der Frau bei vollberuflicher Tätigkeit neben dem Haushalt aufzuheben. Die Betrachtung dieses Problems nur immer von einer Seite mit halbem Gewissen und mit halbem Herzen ist keine Lösung.



Frau Funcke
Bei der Beratung der Frauenenquete in der vergangenen Woche ist immer wieder auf die Teilzeitarbeit hingewiesen worden; und in der Tat ist die Teilzeitarbeit eine entscheidende Lösungsmöglichkeit in diesem Konflikt. Es gibt sie ja heute in weiteren Bereichen der Wirtschaft und der Verwaltung. Nur für die Beamtin gibt es sie nicht. Eine Beamtin kann nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung keine Teilzeitarbeit im Beamtenverhältnis leisten. Und dabei gibt es doch gerade auf dem Gebiet der Schule etwa einen großen Bedarf an Teilzeitlehrerinnen; und nicht nur dort. Je länger und je kostspieliger eine Ausbildung ist, desto mehr, so scheint mir, muß eine Gemeinschaft daran interessiert sein, daß diese Ausbildung nicht nur für ein paar Jahre, sondern auf längere Zeit wirksam wird und wirksam bleibt. Wir haben in Deutschland wahrlich keinen Überfluß an ausgebildeten und erfahrenen Arbeitskräften im mittleren und oberen Verantwortungsbereich.
Die FDP möchte daher mit dem Antrag Drucksache V/1091 mit namhaften Vertretern der Beamtenschaft helfen, eine Lösung des Konflikts zwischen Beruf und Familienpflicht auch für die Beamtin zu finden. Die derzeitige Alternative — entweder volle Arbeitszeit oder Verlust der Beamtenrechte — entspricht weder der Lebenswirklichkeit noch der Schutzverpflichtung des Staates gegenüber seinen Beamten, die ja doch ein Grundpfeiler unseres Beamtenrechts ist.
Es ist auch keine Lösung, meine Herren und Damen, der Beamtin zu empfehlen, sie möge das Beamtenverhältnis aufgeben und als Angestellte in Teilzeitarbeit weiter tätig sein. Abgesehen davon, daß sie damit ja die wohlerworbenen Rechte als Beamtin verliert, ohne eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten, verbietet sich diese Lösung in manchen Beamtenbereichen überhaupt. Man kann eben nicht Richter im Angestelltenverhältnis sein. Ein Richter muß Beamter sein. Eine Richterin kann deswegen nicht in Teilzeitarbeit im Angestelltenverhältnis tätig sein.
Außerdem besteht die Behinderung durch die Familienverpflichtungen ja nicht in gleicher Stärke über das ganze Leben. Es gibt Zeiten erhöhter Familienverpflichtungen und solche, in denen diese Verpflichtungen abklingen. Sind die Kinder groß, kann und will die Beamtin vielfach wieder voll tätig sein und möchte auch wieder Beamtin werden. Aber wenn sie einmal ausgeschieden ist und längere Zeit ausgesetzt hat, kann sie diese Rechte nicht aufs neue erwerben.
Aus diesem Grunde möchten wir mit unserem Gesetzentwurf eine Fortentwicklung des Beamtenrechts dahin gehend erreichen, daß Teilzeitarbeit und auch vorübergehende volle Aussetzung der Arbeit im Beamtenverhältnis ermöglicht werden.
Drei Punkte sind es, die unser Entwurf enthält. Einmal soll die Beamtin ihre Rechte als Beamtin behalten, wenn sie mit Rücksicht auf Familienpflichten — und das heißt: mindestens ein Kind unter 15 Jahren — während der Zeit besonderer familiärer Anspannung bis zur Hälfte der an sich vorgeschriebenen Arbeitszeit heruntergeht, also mindestens noch die Hälfte der Arbeitszeit leistet. Sie soll weiterhin als Beamtin vorübergehend ganz von der Arbeit beurlaubt werden können, wenn sie ein oder mehrere Kinder unter sechs bzw. zehn Jahren hat. Das Beamtenrecht soll während dieser Zeit ruhen und bei einer Wiederaufnahme der Tätigkeit wiederaufleben. Schließlich möchten wir in Analogie zu dieser Bestimmung rückwirkend allen denjenigen Beamtinnen, die innerhalb der letzten zehn Jahre wegen häuslicher Verpflichtungen aus dem beruflichen Leben ausgeschieden sind, die Reaktivierung als Beamtin ermöglichen, wenn sie wieder ganztags oder halbtags tätig sein möchten.
Meine Herren und Damen, gegen diese Lösungsvorschläge gibt es nun Einwände, die ich gleich vorwegnehmen möchte.
Auf der einen Seite wird eingewandt, daß eine Änderung des Beamtenrechts in dieser Richtung der Verfassung widerspreche, und zwar jener Verfassungsbestimmung, die besagt, daß die Grundsätze des Beamtenrechts zu berücksichtigeñ seien. Nun kann man über das Wort „berücksichtigen" streiten, und man kann ebenso über die Grundsätze streiten. Nur eines scheint mir sicher zu sein: daß dieser Artikel der Verfassung nicht so starr gesehen werden darf, daß damit eine Fortentwicklung des Beamtenrechts überhaupt unmöglich wäre. Sonst hätten wir ja praktisch das Beamtenrecht auf dem Stand von 1949 einfrieren müssen und hätten keine Änderungen herbeiführen können. Außerdem würden bei einer Verfassungswidrigkeit einer solchen Regelung ja längst die entsprechenden Bestimmungen in Niedersachsen und Baden-Württemberg zu Fall gebracht worden sein.
Ich weiß auch nicht, ob hier nicht, da es sich ja auch um eine Frage des Schutzes der Familie handelt, ,dem Art. 33 des Grundgesetzes 'der Art. 6 gegenüberzustellen wäre, nach ,dem ja die Familie unter dem besonderen Schutz des Staates steht.
Schließlich müssen wir auch, wenn wir im Bereich des Beamtenrechts bleiben, die Frage stellen, ob es nicht auf die Dauer gegen die Grundsätze des Beamtenrechts verstößt, wenn' in zu starkem Maße Hoheitsaufgaben von Angestellten wahrgenommen werden, wie das ja heute durch die Versagung der Beamtenrechte bei Teilzeitarbeit in wachsendem Maße der Fall ist.
Ein weiterer Einwand sagt, die Zahlen in Baden-Württemberg und Niedersachsen bewiesen, daß in der Tat keine neuen Arbeitskräfte gewonnen werden, daß es sich also „nicht lohnt", hier eine Änderung herbeizuführen, weil dem Zugang von Halbtagsbeamtinnen tatsächlich ein „Verlust" entgegenstehe. Es würden Vollzeitkräfte in Halbzeitarbeit übergehen. Das ist sicherlich der Fall, aber mir scheint, eine Bilanz kann so einfach nicht aufgemacht werden. Denn wer sagt uns, daß nicht diejenigen Beamtinnen, die auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen zur Teilzeitarbeit übergehen, ohne diese Bestimmung voll aus dem Berufsleben ausgeschieden wären und damit zu einem Vollverlust geführt hätten? Es scheint mir daher kein plausibles Argument gegen unser Anliegen zu sein,



Frau Funcke
hier mit Zahlen zu operieren, weil man niemals den
Gegenbeweis führen kann, den Nachweis nämlich,
wie es denn ohne eine solche Bestimmung aussähe.
Gewichtig scheint mir der Einwand zu sein, daß eine Sonderregelung für die Frau den Beamtinnen in bezug auf Anstellung und. Beförderung Nachteile bringen könnte. Diesen Einwand, eine Sonderregelung könnte sich nachteilig auf den Einsatz und vor allem auf die Beförderung von Beamtinnen auswirken, wird man genau prüfen müssen. Die Frauen-Enquete und die Debatte in der vorigen Woche haben jedoch deutlich gemacht, wie kläglich es heute auch ohne eine solche Sonderregelung im Beamtenrecht um die Anstellung und Beförderung von Beamtinnen bestellt ist. Ich kann mir kaum vorstellen, daß sich diese Situation durch eine Änderung im Beamtenrecht noch verschlechtern ließe. Unsere Aufgabe müßte es sein, grundsätzlich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes dafür zu sorgen, daß die Frau die gleichen Chancen im Berufsleben hat. Das ist unabhängig von eventuellen Regelungen im Beamtenrecht.
Wenn wir die Beamtenrechte aufrechterhalten, gibt es einen großen Vorteil, nämlich den, daß der jeweilige Hoheitsträger überhaupt Kenntnis von dem Vorhandensein von ausgebildeten Kräften außerhalb des aktiven Dienstes hat. Bei uns weiß z. B. keine Schulverwaltung, wo es im eigenen Schulbereich ausgebildete inaktive Lehrerinnen gibt. In Amerika ist es selbstverständlich, daß dem Schulamt eine gewisse Zahl von Reservelehrerinnen bekannt sind, die zur Aushilfe gebeten werden, wenn eine Lehrkraft wegen Krankheits- oder Mutterschaftsurlaub ausfällt. So ist es verhältnismäßig schnell möglich, eine Ersatzkraft zu finden, die vorübergehend die Aufgabe übernimmt. Würden bei uns die wegen Familienpflichten beurlaubten Beamtinnen weiterhin in den Listen der Dienststellen geführt, könnten auch wir manche empfindliche Lücke leicht schließen. Auch für die laufende Fortbildung wär es gut, Kenntnis davon zu haben, wer später einmal wieder zur Verfügung stehen könnte, damit die erworbene Ausbildung in ihrem Wert durch besondere Kurse und Lehrgänge erhalten bleibt.
Noch ein Wort zu der Frage, warum wir gerade im Bundestag das Änderungsgesetz eingebracht und sogar unseren Parteifreunden in den Ländern empfohlen haben, nicht von sich aus in jedem Land einen eigenen Entwurf einzubringen. Es besteht doch die Gefahr, daß jetzt die Länder in fortschreitendem Maße unterschiedliche Gesetze zur Regelung dieses Problems erarbeiten — sie werden es tun, nachdem vor allem die Beamtenschaft sich dafür ausgesprochen hat — und wir nachher elf verschiedene Regelungen der Teilzeitarbeit für verheiratete Beamtinnen haben werden, so daß praktisch ein neues Hindernis für die Überschreitung von Landesgrenzen gegeben ist.
Deshalb haben wir den Entwurf eingebracht. Wir bitten, ihn dem Innenausschuß zu überweisen mit dem Ziel, ein bundeseinheitliches Modell für die Regelung in den Ländern zu setzen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509019200
Die Vorlage ist begründet. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwarzhaupt.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0509019300
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine Fraktion stimmt dem Vorschlag zu, diesen Entwurf an den Innenausschuß und — zur Mitberatung — an den Arbeitsausschuß zu überweisen. Wir begrüßen den Entwurf insofern, als er eine sehr wichtige gesellschaftspolitische Frage aufwirft, nämlich die nach dem Angebot von Teilzeitarbeit für verheiratete Frauen mit Kindern.
In der Debatte über die Sozial-Enquete ist wohl von allen Fraktionen in den verschiedensten Zusammenhängen gesagt worden, welch entscheidende Bedeutung ein derartiges Angebot für die berufstätige Frau hat. Wenn dieses Angebot eine derartige Bedeutung hat, dann sollte allerdings der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel vorangehen. Im Augenblick werden auf dem Gebiete der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst vielfach Frauen in Teilzeitarbeit beschäftigt. Ich glaube aber, es bedarf auch der ernsthaften Prüfung, inwieweit diese Teilzeitarbeit von Frauen in das Beamtenrecht übernommen werden sollte.
Es werden eine ganze Reihe von Einwendungen erhoben, über die ich ein paar Worte sagen will. Zunächst einmal wird eingewandt, dieses Angebot widerspreche dem Grundgesetz, und zwar Art. 3 über die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Ich halte diese Einwendung für vollkommen unberechtigt; denn wir haben diesen Satz niemals so verstanden, daß hiermit eine schematische Gleichheit gefordert ist. Wir sind vielmehr immer davon ausgegangen, daß verschiedene Lebensverhältnisse auch verschiedene rechtliche Regelungen erfordern.
Der andere Einwand ist der, dieses Angebot widerspreche den Grundsätzen des Berufsbeamtentums, vor allem dem Grundsatz, daß der Beamte seine ganze Arbeitskraft dem Staat zur Verfügung zu stellen habe. Das ist ein Einwand, der ernsthaft geprüft werden sollte. Einige meiner Kollegen werfen ihn ernsthaft auf und meinen, daß durch die Zulassung von Teilzeitarbeit dieser Grundsatz gefährdet sei. Ich persönlich halte es nicht für einen Einbruch in das Wesen des Beamtenverhältnisses, wenn die Zeit, die auch dem männlichen Beamten für familiäre Aufgaben und für sein Privatleben zur Verfügung steht, für die Frau entsprechend ihrer stärkeren Inanspruchnahme für familiäre Aufgaben länger bemessen wird als für den männlichen Beamten. Es handelt sich doch hier um etwas ganz anderes als etwa um die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Beamten durch eine anderweitige Erwerbsarbeit. Diese Frage wird im Ausschuß geprüft und erörtert werden.
Eine zweite Überlegung muß der Frage gelten, wie lange der Beamtin Teilzeitarbeit gewährt werden soll und in welchen Bereichen Beamtinnen Teilzeitarbeit leisten können.
Die Beschränkung auf 15 Jahre scheint mir dein Sinn der Teilzeitarbeit für verheiratete Beamtinnen mit Kindern nicht gerecht zu werden. Beamtinnen,



Frau Dr. Schwarzhaupt
) die mehrere Kinder haben, die in größeren Zeitabständen geboren sind, brauchen unter Umständen eine längere Zeit in ihrem Leben, in der sie nur Teilzeitarbeit leisten können. Wenn wir schon das Ziel verfolgen, die Berufsarbeit für Mütter im Hinblick auf ihre familiäre Inanspruchnahme elastischer zu machen, dürfen wir diese Elastizität nicht wiederum durch eine starre Begrenzung der Zeit, in der diese Teilzeitarbeit möglich ist, erstarren lassen.
Ohne Zweifel bestehen aber in bezug auf die praktische Durchführbarkeit große Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitsgebieten innerhalb der gesamten Berufsbeamtenschaft. Die Stundenzahl einer Lehrerin oder das Dezernat einer Richterin lassen sich leichter teilen als sehr viele andere Tätigkeiten im Bereich der Beamtentätigkeit, wo man eben nicht mitten im Tage die Beamtin wechseln und die Aufgaben so ohne weiteres an eine andere weitergeben kann.
Diese Frage, wo Teilzeitarbeit praktikabel ist, scheint mir die entscheidende Frage zu sein, mit der sich der Ausschuß beschäftigen muß. Diese Möglichkeit einer Unterscheidung läßt der Entwurf offen.
Ein drittes Argument sollte ausscheiden: daß Teilzeitarbeit unbequem ist, unbequem für die Verwaltung und hie und da auch für die Kollegen. Dies gilt auch von der Teilzeitarbeit in der Wirtschaft, es gilt auch von der Teilzeitarbeit im Angestellten- und Arbeiterverhältnis. Aber wenn wir die Überzeugung haben, die wir alle bei der Debatte über die Enquete ausgesprochen haben, daß Teilzeitarbeit für erwerbstätige Frauen eine wichtige gesellschaftspolitische Forderung ist, muß das Argument ausscheiden, daß sie die öffentliche Hand und den Arbeitgeber zu gewissen Unbequemlichkeiten zwingt. Wir haben auch auf anderen Gebieten einen Strukturwandel in unserer Gesellschaft, und auch auf anderen Gebieten erfordert ein Strukturwandel Opfer der Allgemeinheit. Auch bei der Erwerbsarbeit der Frau handelt es sich um einen solchen Strukturwandel unserer gesellschaftlichen Verhältnisse. Auch früher hat die Frau Erwerbsarbeit geleistet, aber in enger Verbindung mit dem Hausstand, als Frau des Bauern, des selbständig Gewerbetreibenden, ,des Geschäftsmannes. Heute findet Erwerbsarbeit außerhalb des Hausstandes im starren System unserer heutigen Arbeitsordnung statt. Dieser Strukturwandel zwingt uns zu Anpassungen, unter Umständen auch zu Anpassungen durch Opfer.
Es ist eine soziale Grausamkeit, eine berufstätige Frau, die viel Arbeit, viel Ausbildung in ihren Beruf gesteckt hat, in dem Augenblick, in dem sie heiratet und ihr erstes Kind hat, vor die Wahl zu stellen, entweder ihren Beruf ganz zu verlassen oder sich der Überforderung durch eine volle Berufsleistung zusammen mit der Sorge für Haushalt und Kind auszusetzen. Deshalb ist es notwendig, daß wir diese Frage auch im Bereich des Beamtenrechts mit Wohlwollen, mit der Überzeugung, daß es 'sich hier um eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe handelt, bei der auch Opfer in Kauf zu nehmen sind, prüfen.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509019400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Renger.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0509019500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Möglichkeit einer sachlichen Erörterung aller mit der Teilzeitbeschäftigung von Beamtinnen zusammenhängenden Fragen, die mit dem vorliegenden Antrag gegeben ist. Der gesamte Komplex der Teilzeitbeschäftigung, insbesondere der Beamtinnen, bedarf noch umfangreicher Untersuchungen.
Die Teilzeitbeschäftigung, auch für Beamtinnen, ist vor einigen Jahren ins Gespräch gekommen, als sich die Arbeitsmarktsituation immer mehr verschärfte und auch im öffentlichen Dienst das Angebot von Arbeitskräften zur Deckung des Bedarfs nicht mehr ausreichte. Die Industrie aktivierte in dieser Zeit für ihre Zwecke einen Teil der wegen Verheiratung ausscheidenden Frauen und konnte auf diese Weise zusätzliche Arbeitskräfte gewinnen. Für diese Berufstätigen spielte dabei oft nicht nur die zusätzliche Erwerbsquelle, sondern auch die Tatsache eine Rolle, daß die Frauen zum Ausgleich der Hausarbeit eine zusätzliche geistige Betätigung fanden, die sie nicht hinderte, auch ihre Aufgabe als Mutter zu erfüllen.
Analog der Industrie hat nun auch der öffentliche Dienst, besonders die Post und die Bahn, Frauen teilzeitbeschäftigt, und zwar als Angestellte und als Arbeiterinnen. Allerdings, meine ich, sollte man die Tatsache sehr ernst nehmen, daß diese Teilzeitkräfte im öffentlichen Dienst wie auch in der Industrie fast ausschließlich in untergeordneten Positionen beschäftigt werden. Es wäre bedauerlich, wenn daraus auch die Schlußfolgerung gezogen werden müßte, daß dieser Vorgang zwangsläufig auch für Beamtinnen gelten könnte, da dann der berufliche Aufstieg durch eine Teilzeitbeschäftigung gehindert würde. Also diese Dinge sind sehr genau zu prüfen.
Der Sinn einer Teilzeitbeschäftigung für Beamtinnen sollte aber gerade der sein, qualifizierte Arbeitskräfte in den Verwaltungen belassen zu können, weil es für viele Frauen eben nur auf diese Weise möglich ist, die Hausfrauen- und Mutterpflichten, besonders aber die letzteren mit dem Beamtenberuf zu vereinbaren.
Die Frauen-Enquete befaßt sich mit diesem Problemkreis ziemlich ausführlich. Daraus ist ersichtlich, daß die Frage der Teilzeitbeschäftigung von Beamtinnen — wie hier schon ausgeführt wurde — eine Reihe grundsätzlicher Fragen aufwirft, die ganz sorgfältig geprüft werden müssen. Es erscheint uns deshalb wünschenswert, daß zur Behandlung des FDP-Antrages im zuständigen Ausschuß sowohl beamtenrechtliche Fragen durch eingehende Gutachten aufgeklärt werden als auch neuere Erfahrungsberichte der Länder vorgelegt werden.
Wie Sie wissen, meine Damen und Herren — wir hörten das auch schon — haben zur Zeit nur die Länder Baden-Württemberg und Niedersachsen Beamtinnen als Teilzeitbeschäftigte im Dienst behalten. In der großen Mehrzahl handelt es sich um



Frau Renger
Teilzeitlehrerinnen. Diese beiden Länder erklären, daß sie mit teilzeitbeschäftigten Lehrerinnen sehr gute Erfahrungen gemacht hätten. Die Frage allerdings, die hier noch zu stellen wäre, ist die, ob die Ausweitung auf andere Gebiete der Verwaltung wirklich auch der Sache gerecht wird. Auch das muß genau geprüft werden.
In Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache V/99 erklärt die Bundesregierung, daß bis auf die Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg alle übrigen Landesregierungen die Einführung der Teilzeitbeschäftigung von Beamtinnen nicht wünschen bzw. ihr sehr zurückhaltend gegenüberstehen.
Es wäre also zu prüfen, ob die Zurückhaltung in der Frage der teilzeitbeschäftigten Beamtinnen auf objektive Schwierigkeit zurückzuführen ist oder ob nicht vielleicht das bestehende Beamtenrecht der veränderten Situation der Frau in unserer modernen Zeit angepaßt werden müßte. Schließlich sollten wir es uns nicht leisten, arbeitswillige und begabte Frauen durch unzeitgemäße Bestimmungen von der aktiven Teilnahme am öffentlichen Leben abzuhalten.
Bei dieser Betrachtung, meine Damen und Herren, möchte ich nur einen Gesichtspunkt noch einmal unterstreichen, der hier soeben auch schon zum Ausdruck kam und der bei der Teilzeitbeschäftigung von Beamtinnen eine Rolle spielt, nämlich die Behauptung, daß der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 und die Bestimmungen des Art. 33 Abs. 5 — Grundsätze des Berufsbeamtentums — der positiven Lösung dieser Frage entgegenstehen. Wir glauben, daß das nicht der Fall ist: Die Forderung, daß der Beamte sein Leben lang dem Dienst für den Staat verpflichtet ist, wird durch eine Unterbrechung des vollen Beamtenverhältnisses durch ein vorübergehendes Teilzeit-Beamtenverhältnis nicht in Frage gestellt.
Zweitens: Der Art. 3 des Grundgesetzes würde — ich muß hier noch einmal meine Zustimmung zu den Ausführungen meiner Vorrednerinnen ausdrükken — völlig falsch verstanden werden, wenn man die nur von der Frau zu erfüllende Aufgabe als Mutter, die durch die hier vorgesehene Regelung erleichtert werden soll, in einen Gegensatz zur Gleichheit vor dem Gesetz brächte. Auch in diesen Fragen, so glaube ich, wird man in diesem Hause schnell zu einer Übereinstimmung kommen.
Meine Fraktion wird bei der Beratung des vorliegenden Antrages durch konstruktive und zeitgemäße Vorschläge versuchen, die diesem Antrag zugrunde liegenden Probleme positiv lösen zu helfen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509019600
Das Wort wird weiter nicht begehrt. Die Aussprache ist geschlossen.
. Die Vorlage soll an den Innenausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Arbeit zur Mitberatung überwiesen werden. Das Haus ist mit diesen Vorschlägen einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 4 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1967 (Ergänzungshaushaltsgesetz 1967)

— Drucksache V/1235 —
b) Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ersten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen
— Drucksache V/1341 —
c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer
— Drucksache V/1066 —Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß)

— Drucksachen V/1184 (neu), zu V/1184

(neu)

Berichterstatter: Abgeordneter Ahrens (Salzgitter)


(Erste Beratung 71. Sitzung)

d) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1965 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1965)

— Drucksache V/511 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1348 —
Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
bb) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß)

— Drucksachen V/1342, zu V/1342 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hof- mann (Mainz)


(Erste Beratung 38. Sitzung)

e) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen, des Gesetzes über das Branntweinmonopol, des Zollgesetzes und des Umsatzsteuergesetzes (Steueränderungsgesetz 1967)

— Drucksache V/1358 —
Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs unter Punkt 4 a) hat der Bundesminister der Finanzen.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0509019700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Gesetzes über die Feststellung einer Ergänzung zum Entwurf .des Bundeshaushalts für das Rechnungsjahr 1967 kann nur im Zusammenhang mit den Problemen beraten werden, die bereits durch eine zusätzliche Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers und in der parlamentarischen Aussprache daran angeschnitten worden sind.
Die Aufstellung und Beratung des Haushaltsentwurfs für das Rechnungsjahr 1967 fällt in eine Zeit bewegter wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen. Sie haben in mannigfaltiger Weise auf die Bundesfinanzen rückgewirkt. Das findet auch Ausdruck in dem Entwurf eines Ergänzungshaushalts, den ich vor diesem Hohen Hause zu begründen die Ehre habe, dessen Begründung allein aber angesichts der in der Zwischenzeit eingetretenen Veränderungen wenig Sinn hätte. Der heute zur Debatte stehende Ergänzungshaushalt 1967 stellt nur ein Glied in der Kette der von der früheren und der jetzigen Bundesregierung getroffenen Maßnahmen zum Haushaltsausgleich 1967 dar. Das Verständnis für unsere heutige Lage und für die Arbeit, die noch vor uns liegt, ehe der Haushaltsausgleich als gesichert gelten kann, vermittelt nur eine Gesamtschau. Ich darf deshalb so kurz wie möglich die Gesamtentwicklung aufzeigen, die nicht nur zur Aufstellung eines Ergänzungshaushalts gezwungen, sondern darüber hinausgehende Maßnahmen der jetzigen Bundesregierung erforderlich gemacht hat.
Der ursprüngliche Haushaltsentwurf mit einem Volumen von 73,9 Milliarden DM ist von der früheren Bundesregierung am 29. September 1966 verabschiedet worden. Dieser Haushaltsentwurf war begleitet von dem Finanzplanungsgesetz, das Ausgabenkürzungen in Höhe von ca. 3 Milliarden DM vorsah, ferner dem Steueränderungsgesetz 1966, das durch steuerliche Maßnahmen zu Einnahmeverbesserungen von rund 540 Millionen DM führen sollte, und dem Beteiligungsgesetz, das eine Festlegung des Bundesanteils an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer auch für die Jahre ab 1967 auf 39 v. H. vorsah.
Zusammen mit diesen den Haushaltsentwurf begleitenden Gesetzen war der Haushaltsentwurf nach damaliger Sicht ausgeglichen. Schon sechs Wochen nach Verabschiedung des Haushalts, nämlich am
4. November 1966, sah sich die frühere Bundesregierung auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklung gezwungen, den heute vorliegenden Ergänzungshaushalt zu beschließen. Es waren vor allem zwei Gründe, die eine Ergänzung des ursprünglichen Haushalts erforderlich machten.
Erstens. Die Debatte in diesem Hohen Hause vom
5. Oktober 1966 im Anschluß an den Besuch von Bundeskanzler Erhard beim Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte die einmütige Forderung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses ergeben, das laufende Devisenausgleichsabkommen mit den USA fristgerecht bis zum 30. Juni 1967 in voller Höhe zu erfüllen. Neben den Beträgen, ,die bereits im Jahre 1966 u. a. auf Grund des Nachtragshaushalts 1966 inzwischen als Zahlungen auf dieses Abkommen geleistet worden sind, mußten deswegen im Ergänzungshaushalt zusätzlich 1,3 Milliarden DM bereitgestellt werden.
Zweitens. Kurz nach Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 1967, nämlich am 12. Oktober 1966, hatte der Bund eine Überprüfung der bisherigen Steuerschätzungen veranlaßt, um die im Haushaltsplan eingestellten Steueransätze durch eine zeitnähere Schätzung zu untermauern und möglichen Angriffen gegen zu geringe Steueransätze im Zusammenhang mit den Überlegungen über die Neuregelung des Beteiligungsverhältnisses in der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu begegnen. Im Oktober 1966 wurde erstmals nach Kenntnis der Steuereingänge des Monats September der konjunkturelle Abschwung erkennbar. Das führte dazu, daß die Voraussagen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung korrigiert und die im Haushaltsplan enthaltenen Steueransätze um rund 1,09 Milliarden DM zurückgenommen werden mußten.
Des weiteren hielt es die frühere Bundesregierung für geboten, auf Grund der Ausgabenentwicklung im Jahre 1966 für die knappschaftliche Rentenversicherung einen Mehrbedarf von 180 Millionen DM in 1967 zu berücksichtigen und als Sofortmaßnahme zur Verbesserung der Nahverkehrsverhältnisse in den Gemeinden zusätzliche Mittel in Höhe von 440 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Sie sollten durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer aufgebracht werden.
Die sich aus den Steuermindereinnahmen und dem im einzelnen dargelegten Mehrbedarf ergebende Deckungslücke im Haushaltsentwurf 1967 von insgesamt 3,01 Milliarden DM sollte flach dem Er gänzungshaushalt durch zusätzliche Ausgabenkürzungen und weitere steuerliche Maßnahmen geschlossen werden. An Ausgabenkürzungen waren insgesamt vorgesehen 560 Millionen DM, und zwar in folgenden Bereichen: Verteidigung, hauptsächlich Personalausgaben 200 Millionen DM; Entwicklungshilfe 100 Millionen DM; Kriegsopferversorgung durch Umbau des Systems der Kapitalisierung von Grundrenten 120 Millionen DM; Kürzungen im Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — 100 Millionen DM; Kürzungen im Einzelplan 26 bei den Ansätzen für Währungsausgleich, Unterhaltshilfe und Hausratshilfe für SBZ-Flüchtlinge 40 Millionen DM.
Auf der Einnahmeseite enthielt der Ergänzungshaushalt folgende Maßnahmen. Völlige Beseitigung des Mineralölprivilegs bei der Umsatzsteuer 240 Millionen DM; Erhöhung der Tabaksteuer 500 Millionen DM; Erhöhung der Branntweinsteuer 90 Millionen DM; Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf, davon 2 Pf zweckgebunden, wie soeben erwähnt, 660 Millionen DM; Erhöhung des Umsatzsteuersatzes von 4,0 % auf 4,25 % für Betriebe mit Umsätzen über 15 Millionen DM jährlich 460 Millionen DM; Erhöhung des außerordentlichen Haushalts von 540 Millionen DM auf 1,04 Milliarden DM insbesondere zur Deckung der Sonderzahlungen an die USA im Rahmen des Devisenausgleichs 500 Millionen DM.
Einnahmeverbesserungen insgesamt 2,45 Milliarden DM, Ausgleich 'der Deckungslücke damals 3,01 Milliarden DM.



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Zur Verwirklichung der Deckungsvorschläge wurden am 4. November 1966 zusammen mit dem Ergänzungshaushalt ein Ergänzungsgesetz zum Finanzplanunggesetz sowie ein Ergänzungsgesetz zum Steueränderungsgesetz 1966 verabschiedet. Das Ergänzungsgesetz zum Steueränderungsgesetz ist. seinem ganzen Inhalt nach am 10. November 1966 von der Fraktion der CDU/CSU eingebracht und zusammen mit dem Steueränderungsgesetz 1966 am 8. Dezember 1966 bzw. hinsichtlich der Tabaksteuer am 16. Dezember 1966 von diesem Hohen Hause beschlossen worden. Das Ergänzungsgesetz zum Finanzplanungsgesetz ist demgegenüber erst am 18. Januar 1967 in erster Lesung im Bundestag beraten und an den Haushaltsausschuß überwiesen worden.
Nach den am 4. November 1966 vorhandenen Erkenntnissen über den Bedarf und die Einnahmen des Bundes war der Haushalt zunächst ausgeglichen. Aber auch dieser Ergänzungshaushalt war noch mit Unsicherheiten belastet, die sich einmal aus der konjunkturellen Entwicklung und zum anderen aus den Überlegungen zur Neuregelung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ergaben. Bei den Einnahmeschätzungen, die dem Ergänzungshaushalt zugrunde lagen, war man noch von einer Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes in 1967 von nominal 6,3 0/o ausgegangen. Außerdem hatte die frühere Bundesregierung in Verfolg ihrer Rechtsauffassung, daß eine Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer im Hinblick auf den Finanzbedarf bei Bund und Ländern nicht in Betracht komme, weiterhin einen Bundesanteil von 39 % bei den Steueransätzen zugrunde gelegt.
Anfang Dezember 1966 wurde erkennbar, daß es noch zusätzlicher Maßnahmen der neuen Bundesregierung bedürfe, um den Haushalt 1967 auszugleichen. Die Gründe dafür sind folgende.
Bei der Beschlußfassung über das Finanzplanungsgesetz und das Steueränderungsgesetz am 8. Dezember letzten Jahres ist der Bundestag den Vorstellungen der früheren Bundesregierung über die zum Haushaltsausgleich zu treffenden Einschränkungsmaßnahmen nicht voll gefolgt. Daraus ergaben sich auf der Ausgabenseite auf Grund der parlamentarischen Beschlußfassung über das Finanzplanungsgesetz Verschlechterungen in Höhe von 307,5 Millionen DM und auf der Einnahmenseite auf Grund der Beschlußfassung über das Steueränderungsgesetz, einschließlich des dazugehörigen Ergänzungsgesetzes, Verschlechterungen von 835 Millionen DM. Stichwort: Wegfall der Umsatzsteuererhöhung, Wegfall der Branntweinsteuererhöhung. Das sind vor allen Dingen Folgen der Ablehnung dieser Steuererhöhungen und andererseits Folgen der vollen Zweckbindung des Aufkommens aus der Mineralölsteuererhöhung zugunsten des gemeindlichen Nahverkehrs, 220 Millionen über die 440 Millionen DM hinaus. Ferner ließ die Entwicklung der Ist-Ausgaben im Jahre 1966 es unabweisbar erscheinen, bei verschiedenen Ansätzen des Haushaltsentwurfs, nämlich Kindergeld, Kriegsopferfürsorge, Wohnungsbauprämien, Knappschaftsrentenversicherung, einen weiteren Mehrbedarf von insgesamt 375 Millionen DM in den Haushaltsentwurf einzustellen. Nach den vorliegenden Zahlen über die Steuereingänge in den Monaten Oktober und November 1966 war von Anfang Dezember 1966 damit zu rechnen, daß die Steueransätze im, Haushaltsplan, und zwar ursprünglicher Entwurf plus Ergänzungshaushalt, für das Jahr 1967 auf Grund des weiteren konjunkturellen Abschwungs im letzten Quartal 1966 und der daraus resultierenden Basisverschiebung um weitere 800 Millionen DM zurückgenommen werden müssen. Ich habe bereits vor diesem Hohen Hause bei der zweiten und dritten Beratung des Finanzplanungs- und des Steueränderungsgesetzes auf diesen Sachverhalt hingewiesen.
Der im Dezember 1966 von der jetzigen Bundesregierung mit den Ländern vereinbarte Kompromiß über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommen- und Körperschaftsteuer wird zu einer weiteren Einnahmeverminderung von rund 980 Millionen DM führen. Aus der im Zusammenhang damit getroffenen Vereinbarung, Ergänzungszuweisungen im Sinne von Art. 107 des Grundgesetzes an die finanzschwachen Länder zu leisten, ergibt sich eine weitere Ausgabenverschlechterung von 260 Millionen DM, ein Betrag, mit dessen Höhe die Länder nicht einverstanden sind. Schließlich hat es die jetzige Bundesregierung als unabweisbar notwendig angesehen, Mittel für die Koks-Kohle-Subvention an die deutsche Stahlindustrie, ohne eine Gemeinschaftslösung abwarten zu können, in Höhe von 120 Millionen DM bereitzustellen, die noch neu in den Haushalt aufgenommen werden müssen. Damit ergibt sich gegenüber dem Ergänzungshaushalt eine Gesamtverschlechterung von 3 677,5 Millionen DM; also eine Deckungslücke in dieser Höhe, deren Schließung Gegenstand der Kabinettsverhandlungen vom 18./19. Januar, der Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 20. Januar und der folgenden Aussprache im Haushalts- und Finanzausschuß gewesen ist.
Bei dieser Deckungslücke, die nunmehr Ausgangspunkt unserer Überlegungen sein muß, ist weiterhin bei der Schätzung der voraussichtlichen Steuereinnahmen des Bundes von einer nominellen Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts von rund 5 v. H. ausgegangen worden. Die Verschlechterung des Basisjahres 1966 um 930 Millionen DM und eine nicht auszuschließende geringere Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes nomineller Art im Jahre 1967 ist bei dieser Deckungslücke von 3 677,5 Millionen DM nicht berücksichtigt worden. Sie ist nicht etwa deshalb nicht berücksichtigt worden, weil diese Erscheinungen oder Gefahren nicht bekannt gewesen wären oder weil man sie leichtsinnig oder gröblich fahrlässig übersehen hätte, sondern weil eine Verschlechterung der Deckungslücke über die 3 677,5 Millionen DM hinaus aus einer Reihe von Gründen, die ich nur am Schluß meiner Ausführungen kurz streifen kann, durch weitere Kürzungen oder Steuererhöhungen aus Gründen der wirtschaftlichen Entwicklung nicht möglich gewesen wäre, weil die weitere Anwendung des klassischen Instrumentariums



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
ohne jeden Zweifel eine prozyklische Wirkung, einen kumulativen Effekt der Abwärtsbewegung unserer Wirtschaft hervorgerufen hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich glaube auch sagen zu dürfen, ohne ein Prophet sein zu wollen, daß eine Abdeckung dieser Art auch nur auf dem Papier gestanden hätte, daß nur ein papiermäßiger Ausgleich erfolgt wäre, weil der kumulativen Wirkung der Abwärtsentwicklung selbst die verschlechterten Steuerschätzungen nicht mehr gerecht werden könnten. Hier mußten im Zusammenwirken zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium als Gesamtbeschluß der Bundesregierung andere Wege gegangen werden, und sie sind - wie Ihnen bekannt ist — gegangen worden.
Gestatten Sie mir hier einige Ausführungen zu der Verständigung zwischen Bund und Ländern über die Ihnen gleichzeitig vorliegenden Entwürfe des Betelligungsgesetzes und des Länderfinanzausgleichsgesetzes, ohne daß ich der zweiten und dritten Beratung vorgreifen will, und zwar deshalb, weil sie im Zusammenhang mit dem Haushaltsausgleich 1967 nicht unwesentlich sind. Eine besondere Belastung für die Aufstellung der Haushalte bei Bund und Ländern war der Streit um das Beteiligungsverhältnis an der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Eine Finanzmasse von 2 Milliarden DM war in den Haushalten von Bund und Ländern — zusammen 4 Milliarden DM — gleichzeitig eingesetzt und aufrechterhalten worden. Nach gründlicher Aussprache am 21. Dezember 1966 zwischen dem Herrn Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder ist eine Verständigung dahin gehend erzielt worden, daß vom Aufkommen der Einkommen- und Körperschaftsteuer 37 v. H. dem Bund und 63 v. H. den Ländern zustehen soll. Diese Kompromißlösung bedeutet für die Länder eine Verbesserung um 2 v. H. gegenüber der bisherigen Regelung. In absoluten Zahlen sind das rund 980 Millionen DM für 1967.
Außerdem sollen den leistungsschwachen Ländern noch Ergänzungszuweisungen des Bundes gewährt werden. Die Bundesregierung konnte hierfür angesichts der Entwicklung der Haushaltslage, angesichts der Entwicklung der Steuereingänge keinen höheren Betrag als 260 Millionen DM in ihren Haushaltsplan einsetzen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist schon viel!)

Ich verkenne wahrlich nicht, daß sich auch die Länder und die Gemeinden einer besonders schwierigen Finanzsituation gegenübersehen. Niemand wird aber Zweifel daran hegen, daß der Bund zu ungewöhnlichen Maßnahmen gezwungen ist, um einen Haushaltsausgleich zu erzielen. Ich darf darauf hinweisen, daß alle diese ergriffenen Maßnahmen vom August 1966 bis zu den Kabinettsbeschlüssen vom 19. Januar 1967 eine Gesamtdeckungslücke von 10,7 Milliarden DM geschlossen haben. Bei diesen 10,7 Milliarden DM — ich muß das noch einmal sagen, damit ja kein Zweifel besteht — sind die Verschlechterung des Basisjahres um 930 Millionen DM und mögliche Folgen aus einem Zurückbleiben des nominellen Bruttosozialproduktes unter dem Fünf-
Prozent-Zuwachs nicht berücksichtigt. 10,7 Milliarden DM sind seit August bis heute in der Reihenfolge der vorher geschilderten Maßnahmen gedeckt worden. Darum wird die Aussage, daß der Bund zu ungewöhnlichen Maßnahmen gezwungen sei, um einen Haushaltsausgleich zu erzielen, durch die soeben genannten Ziffern ohne Zweifel als gerechtfertigt angesehen werden dürfen. Bei dieser Lage ist eine weitergehende Regelung für den Bund einfach nicht möglich. Sie müßte notwendig zu Steuererhöhungen führen. Ich mache auch kein Hehl daraus, ohne eine allzu große Indiskretion zu begehen, daß in dem ersten Vorschlag, den ich zu Beginn des neuen Jahres dem Herrn Bundeskanzler zur Deckung der Haushaltslücke gemacht habe, Einsparungen nur in Höhe von 1,8 Milliarden DM und nicht von 2,6 Milliarden DM vorgesehen waren. Zum Ausgleich dafür war die Erhöhung der Umsatzsteuer um 0,2 % bei den 4%igen Sätzen und um 0,1 % bei den geringeren Sätzen vorgesehen. Die Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung, die Verfolgung der Steuereingänge, die Beachtung der Prognosen für die Zukunft haben es einfach als nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, solche Steuererhöhungspläne noch zum Gegenstand von Kabinettsbeschlüssen zu machen. Sie sind zurückgezogen und sie sind durch weitere Einsparungsvorschläge drastischer, härterer, einschneidenderer Art, die schon eine starke politische Diskussion ausgelöst haben, ersetzt worden.

(Beifall in der Mitte.)

Ich wollte damit nur zeigen, daß. die Frage, ob man mit Kürzungen noch weitergehen kann und damit die Substanz gewisser politischer Entscheidungen der letzten 15 Jahre angreifen muß, oder ob man auf Steuererhöhungen ausweichen und damit wirtschaftsschädigende Wirkungen hervorrufen soll, gleich schwierig zu beantworten ist. Gleichgültig, wo man ansetzt, die Kürzungen sind nicht mehr zu vermeiden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das hätte ebenso gegolten für die Erhöhung der Steuern vom Ertrag und Besitz, wie es auch gelten muß für eine Erhöhung der Verkehrssteuern, der Umsatzsteuer oder eine weitere Erhöhung der Verbrauchsteuern. Dabei sind wir uns wahrscheinlich alle in der Auffassung einig, daß eine einmal erfolgte Steuererhöhung — Tabaksteuer oder Mineralölsteuer — es nicht erlaubt, innerhalb einer kurzen oder überhaupt nur überschaubaren Frist auf dem gleichen Gebiete die betreffende Wirtschaft und den davon betroffenen Verbraucher nochmals zur Kasse zu bitten. Hier muß auch nach diesen schweren Eingriffen, die vorgenommen worden sind, wieder Beruhigung eintreten, Vertrauen eintreten, damit die Disposition dessen, der investiert, und die Disposition dessen, der sich als Verbraucher eine Anschaffung erlaubt, wieder normalisiert wird, weil wir ohne diesen psychologischen Effekt unser Ziel ohnehin nicht erreichen würden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das Grundgesetz gebietet auch, das Beteiligungsverhältnis zwischen Bund und Ländern so abzustimmen, daß eine Überlastung der Steuerpflichtigen vermieden wird. Zur Zeit wird ohnehin das deutsche



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Bruttosozialprodukt durch Abgaben der öffentlichen Hand, ohne die sozialen Zwangsabgaben, mit etwa 24 % belastet, mit den obligatorischen Sozialabgaben um weitere 10 %, also 34 %. Je mehr diese Grenze überschritten wird, desto gefährlicher werden die Wirkungen, die sich aus einer ständigen Erhöhung dieses Prozentsatzes für die Entwicklung unserer Gesamtwirtschaft ergeben müssen.

(Beifall in der Mitte.)

Einige besondere Bemerkungen darf ich noch zu den Ergänzungszuweisungen anfügen. Die Steuerkraft der einzelnen Länder ist leider außerordentlich unterschiedlich. Während z. B. das Saarland und Schleswig-Holstein noch nicht einmal 70 v. H. des durchschnittlichen Steueraufkommens im Bundesgebiet erreichen, liegt Hessen bei 118 %, Baden-Württemberg bei 112 %, Hamburg bei 135 %. Es ist Aufgabe des Ausgleiches zwischen ,den Ländern, Aufgabe des horizontalen Finanzausgleichs, hier zu einer Annäherung zu gelangen, um einheitliche Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu gewährleisten. Es wäre aber eine Uberforderung der menschlichen Natur auch im politischen Bereich, zu glauben, daß ein idealer, perfekter horizontaler Finanzausgleich mit der Erreichung ,der Hunderter-Marke für alle ernsthaft in Betracht gezogen werden könnte. Wir müssen mit den Fortschritten zufrieden sein, die hier bisher erreicht worden sind. Der horizontale Finanzausgleich läßt demgemäß noch erhebliche Unterschiede bestehen. Die leistungsschwächsten Länder, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und ,das Saarland, werden auf rund 91 v. H. der durchschnittlichen Steuereinnahmen des Bundesgebietes nur über den horizontalen Finanzausgleich gehoben, während Hessen bei 108, Baden-Württemberg bei 106 v. H. dieser Meßzahl, dieses Durchschnittsbetrages bleiben.
Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen bereit erklärt, von der Möglichkeit .des Art. 107 Abs. 2 des Grundgesetzes Gebrauch zu machen und den Ländern Ergänzungszuweisungen zu gewähren. Sie sollen, wie erwähnt, 260 Millionen DM betragen und nach folgendem Schlüssel auf die Länder aufgeteilt werden: Bayern 40 Millionen, Niedersachsen 105 Millionen, Rheinland-Pfalz 55 Millionen, Saarland 20 Millionen, Schleswig-Holstein 40 Millionen, zusammen 260 Millionen. Diese Regelung führt wenigstens dazu, daß die Steuereinnahmen der vier leistungsschwächsten Länder auf etwa 93 v. H. des Länderdurchschnitts erhöht werden, weil die Differenz zwischen dem Ergebnis des horizontalen Finanzausgleichs und der 95er-Marke zur Hälfte durch die Ergänzungszuweisungen abgedeckt wird. Weiter in die „tote Zone" hineinzudringen, war angesichts der entgegenstehenden sachlichen, politischen und finanziellen Schwierigkeiten jedenfalls jetzt nicht möglich.
Die Ergänzungszuweisungen wirken sich dahin aus, daß diese Länder mit den Ergänzungszuweisungen für 1967 die gleichen Einnahmen erhalten, die sie bei einer Erhöhung des Länderanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf 65 v. H. erhalten hätten. Für das Land Bayern ist die Ergänzungszuweisung etwas niedriger bemessen, da die Steuerkraft dieses Landes höher liegt als die der übrigen leistungsschwachen Länder. Diese Finanzzuweisungen des Bundes können und dürfen die primäre Aufgabe des Länderfinanzausgleichs nicht in Frage stellen. Sie sind nach Anordnung und nach Formulierung im Grundgesetz nur subsidiär als eine ergänzende und zeitlich befristete Maßnahme gedacht. Die Länder würden auch dem grundsätzlichen Gedanken des föderalistischen Aufbaus unserer Bundesrepublik keinen guten Dienst erweisen, wenn sie den horizontalen Finanzausgleich durch die Forderung nach weitergehenden Ergänzungszuweisungen zu entlasten versuchten.

(Abg. Windelen: Sehr gut!)

Die den Ländern durch die Änderung des Beteiligungsverhältnisses und durch die Ergänzungszuweisungen zufließenden Mehreinnahmen werden sich auch auf die Gemeinden auswirken. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Gemeinden nach Art. 8 § 4 des Steueränderungsgesetzes aus dem Mineralölsteueraufkommen noch über 600 Millionen DM für zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden erhalten sollen. Dabei darf ich darauf hinweisen, daß eine Verteilung dieser 660 Millionen DM etwa nach einem bestimmten Schlüssel, gleichgültig welchem, also nach dem „Gießkannen-System" auf alle Gemeinden im Norden, Süden, Osten und Westen den sowohl von der Sache wie vom wirtschaftlichen Effekt her gedachten Nutzen nicht erbringen würde.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Es muß sich hier um die Durchführung von Großprojekten handeln, die nicht nur in industriellen Ballungsräumen, sondern auch in entlegeneren Zonen durchzuführen sind. Aber es muß sich um geschlossen Projekte größerer Art handeln, die einem erkennbaren, spürbaren Bedürfnis abzuhelfen vermögen.

(Abg. Brese: Die kleinen Gemeinden dürfen nicht vergessen werden!)

Die Regelung über das Beteiligungsverhältnis wie auch die Festsetzung der Ergänzungszuweisungen ist auf die Haushaltsjahre 1967 und 1968 beschränkt. Wir gehen dabei davon aus, daß bis zum Ablauf dieser Befristung die im Rahmen der Finanzreform zu erwartende Neuregelung getroffen worden ist.
Zur Frage der Fortsetzung des Beteiligungsverhältnisses nach Ablauf der Frist muß ich betonen, daß in den Verhandlungen mit den Ländern ausdrücklich auf beiden Seiten der geltend gemachte Rechtsstandpunkt aufrechterhalten worden ist. Die Bundesregierung hat sich zu dieser Regelung nur bereit gefunden, weil sie nun erwartet, daß diese Gesetze unverzüglich, ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses, wie das der Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundesrates, Herr Minister Kubel, in Aussicht gestellt hat, verabschiedet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Durch die Verständigung über diese beiden Gesetze wird nicht nur eine klare Grundlage für die Haushaltsführung und Haushaltsberatung bei Bund und



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Ländern geschaffen, sondern damit auch zugleich eine wesentliche Erleichterung für die in Kürze beginnenden und wahrscheinlich nicht sehr leichten Finanzreformverhandlungen erreicht werden.
Ich komme nunmehr auf die Haushaltsprobleme 1967 noch mit einigen Bemerkungen zurück. In der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 13. Dezember 1966 ist als eine der vordringlichsten Aufgaben dieser neuen Bundesregierung die Sanierung der Bundesfinanzen und der Ausgleich des Haushalts 1967 besonders herausgestellt worden. Die Erfüllung dieser Aufgabe erschien um so dringender, als von den Unsicherheiten über die künftige Entwicklung der Bundesfinanzen und die öffentliche Haushaltsgebarung überhaupt ungünstige psychologische Wirkungen auf das gesamte Wirtschaftsgeschehen ausgegangen sind, die nicht zuletzt auch zu der heutigen konjunkturellen Situation beigetragen haben.
Die Bundesregierung hat sich deshalb sofort nach Abschluß der notwendigen und zum Teil langwierigen Vorarbeiten mit dem Haushaltsausgleich 1967 beschäftigt und ihre Vorstellungen hierüber im Kabinettsbeschluß vom 19. Januar 1967 niedergelegt.
Die Bundesregierung stand dabei vor einer doppelten Aufgabe: einmal, den gegenwärtigen konjunkturpolitischen Erfordernissen Rechnung zu tragen und nicht auf einen papiermäßigen Ausgleich des Haushalts bedacht zu sein, zum anderen, mit einer Umstrukturierung der Bundesausgaben besonders auch im Hinblick auf die drohenden Deckungslücken in den künftigen Jahren, also im Hinblick auf die Zukunftseffekte, gewissen ausgabewirksamen Blöcken zu begegnen. Wir befinden uns zur Zeit in einem gewissen konjunkturellen Abschwung. In den für die weitere Wirtschaftsentwicklung entscheidenden Bereichen der Industrie geht die Produktion seit Sommer vergangenen Jahres zurück. Der Rückgang des Aufkommens an Umsatzsteuer in den letzten drei Monaten 1966, im Dezember um 2,7 % gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres, spricht eine deutliche Sprache. Daß das nominelle Bruttosozialprodukt trotzdem 1966 — wie zu Beginn des Jahres angenommen — gestiegen ist, steht dazu nur in scheinbarem Widerspruch; es ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß der Export, bei dem keine Umsatz- oder Umsatzausgleichsteuer anfällt, in einem außergewöhnlichen Maße angestiegen ist. In den Monaten ab Oktober 1966 ist in der industriellen Produktion sogar das Vorjahrsniveau fast durchschnittlich unterschritten worden. Sowohl der Auftragseingang in der Industrie als auch die Nachfrage nach Bauleistungen sind in den letzten Monaten 1966 wesentlich geringer als in den entsprechenden Monaten des Jahres 1965, obwohl auch 1965 in der zweiten Jahreshälfte die inländischen Auftriebskräfte bereits spürbar nachgelassen hatten.
Am Arbeitsmarkt zeigen sich die Wirkungen der Konjunkturabschwächung in steigenden Arbeitslosenzahlen, die sich bis Mitte Januar 1967 auf über 578 000 erhöht haben. Wir können allerdings feststellen, daß in der zweiten Hälfte Januar 1967 ein
Ansteigen gleichen Ausmaßes wie in der ersten Januarhälfte nicht mehr erfolgt ist. Ohne daß die endgültigen Zahlen bekannt sind, kann man annehmen, daß der Zuwachs an Arbeitslosen in der zweiten Januarhälfte nicht mehr als 50 000 betragen wird, also wesentlich weniger als in der ersten Januarhälfte 1967. Ferner haben wir Kurzarbeit in weiten Bereichen der Industrie. Auch für die Zukunft wäre mit einer Fortsetzung der konjunkturellen Abschwächung zu rechnen, wenn dem nicht schnell und entschlossen mit wirtschafts- und finanzpolitischen Mitteln entgegengewirkt wird.
Die Konsequenzen dieser Entwicklung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik liegen auf der Hand. Der Ausgleich des Bundeshaushalts ist durch das langsamere Wirtschaftswachstum und das damit verbundene langsamere Anwachsen der Steuereinnahmen noch schwieriger geworden. Die Unsicherheitsfaktoren — Verschlechterung des Basisjahres, Annahme: 5 % nominaler Zuwachs des Bruttosozialprodukts — sind erwähnt worden. Die Einleitung eines neuen Aufschwungs ohne Gefährdung der Stabilität durch wirtschafts- und finanzpolitisches Handeln ist jetzt vordringlich geworden.
Vor dem Hintergrund der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage und der sich für 1967 abzeichnenden allgemeinen Entwicklung hat sich die Schließung der Deckungslücke von 3,7 Milliarden DM als eine sehr schwierige Aufgabe erwiesen, zumal da bereits durch Finanzplanungs- und Steueränderungsgesetz Deckungsmöglichkeiten in der Höhe von 3,9 Milliarden DM im Rahmen der vorher erwähnten 10,7 Milliarden DM schon ausgenutzt worden waren.
Trotz der gegenwärtigen konjunkturellen Situation, die eine Verstärkung der öffentlichen Nachfrage verlangt, konnte auf Ausgabenkürzungen zum Abbau des strukturell bedingten und in der Zukunft sich fortsetzenden Ausgabenüberhanges leider nicht verzichtet werden. Er hat seinen Grund in der weitgehenden gesetzlichen Festlegung von Ausgaben und dem dynamischen Anwachsen gewisser Ausgabenblöcke. Die von der Bundesregierung beschlossenen einschneidenden Kürzungen verteilen sich auf alle Lebensbereiche und leiten eine grundsätzliche Umstrukturierung der Bundesausgaben ein, die allerdings mit dem jetzt vorliegenden Programm noch nicht als abgeschlossen bezeichnet werden kann. Ich darf in diesem Zusammenhang, ohne im einzelnen darauf einzugehen, nur das Stichwort mittelfristige Finanzplanung erwähnen.
Ich kann mich an dieser Stelle darauf beschränken, die wichtigsten Maßnahmen aus den Beschlüssen der Bundesregierung herauszugreifen.
Die Aufwendungen für die zivile Verteidigung sollen im Jahre 1967 zunächst in noch stärkerem Maße auf Schwerpunkte beschränkt werden. Das ermöglichte eine Kürzung der bisherigen Ansätze um 110 Millionen DM. Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß ein Schutz für die Zivilbevölkerung im Rahmen des technisch und finanziell Möglichen weiterhin aufzubauen ist. Die näheren Einzelheiten über Zeitpunkt und Ausmaß der



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
vorzusehenden Maßnahmen sollen alsbald erarbeitet und im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung, soweit vertretbar, berücksichtigt werden.
Die Aufsuchungsdarlehen an die deutsche Erdölindustrie müssen leider um 50 Millionen DM gekürzt werden. Die Einsparung soll durch eine Strekkung der Förderungsmaßnahmen erreicht werden.
Auch der Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten konnte von den Kürzungsmaßnahmen nicht ausgenommen werden. Hier sind Einschränkungen von insgesamt 429 Millionen DM vorgesehen, die sich zum Teil leider auch im Investitionsbereich auswirken, wofür nur im Eventualhaushalt ein gewisser Ausgleich geschaffen werden kann. Ich komme darauf noch kurz zu sprechen.
Der Sozialhaushalt ist weiterhin um insgesamt 400 Millionen DM gekürzt worden. Ich sage ausdrücklich: weiterhin, weil bereits die früheren Maßnahmen — Finanzplanungsgesetz und auch die Begebung von Schuldbuchforderungen — eine Defacto-Kürzung des Sozialhaushalts ergeben hatten. Davon entfallen 300 Millionen DM auf eine Kürzung der Zuschüsse an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und an die knappschaftliche Rentenversicherung. Die Bundesregierung hat sich insoweit auf diese Einschränkungsmaßnahmen beschränkt, um — auch aus wirtschaftspolitischen Gründen — eine Beitragserhöhung im Rahmen der Rentenversicherung, sonst bereits im Jahre 1967 geplant, zu vermeiden.
Der Verteidigungshaushalt, der durch den Entwurf des Ergänzungshaushalts um 800 Millionen DM im ordentlichen Haushalt und um 500 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt zur Abdeckung der Devisenausgleichsverpflichtungen gegenüber den USA aufgestockt und gleichzeitig um 200 Millionen DM im ordentlichen Haushalt — besonders bei den Personalausgaben — gekürzt werden soll, mußte bei den Kabinettsberatungen am 19. Januar nochmals in Höhe von weiteren 240 Millionen DM zu Kürzungen herangezogen werden, die sich sowohl im Hinblick auf die Erfüllung unserer Verpflichtungen gegenüber den USA wie im Hinblick auf den Abschluß bevorstehender oder die Bedienung bereits abgeschlossener Verträge, wie auch im Hinblick auf die weitere Erfüllung der Planung sehr schmerzlich auswirken werden.
Auch die Entwicklungshilfe mußte bei aller Bedeutung, die ihr die Bundesregierung beimißt — siehe Erklärung des Herrn Bundeskanzlers —, um 190 Millionen DM herabgesetzt werden.
Wenn wir immer wieder diese Ausdrücke „Kürzung" oder „Herabsetzung" verwenden, dann wird häufig ein irreführender Eindruck hervorgerufen. Es handelt sich nicht um eine Herabsetzung gegenüber den bisherigen Leistungen, sondern um eine Herabsetzung gegenüber den ersten Entwürfen für den Bundeshaushalt 1967, die nicht in der ursprünglich vorgesehenen Höhe aufgestockt werden können. Das gilt für die Rentenversicherung, das gilt für die Kriegsopferversorgung, das gilt auch für andere Positionen. Gleichzeitig hat das Kabinett aber beschlossen, die Bindungsermächtigungen für die Kapitalhilfe entgegen meinem Vorschlag, der eine Begrenzung auf 800 Millionen DM vorsah, aus guten Gründen gegenüber dem dem Hohen Hause vorliegenden Entwurf des Haushaltsplans 1967, der 1250 Millionen DM vorsah, nur um 50 Millionen DM zu kürzen, also auf 1200 Millionen DM festzulegen.
Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungsbau und Städteplanung sind Einschränkungen von insgesamt 115 Millionen DM vorgesehen. Die Mittel für die Wohnungsfürsorge für Verwaltungsangehörige des Bundes sind auf Vorjahreshöhe festgesetzt, also gegenüber dem ursprünglichen Entwurf um 15 Millionen DM gesenkt worden. Außerdem ist ein Minderbedarf beim Wohngeld von 35 Millionen DM berücksichtigt worden. Hier ist zu erwähnen, daß sich die Richtigkeit der Schätzung dieses Minderbedarfs durch die Senkung der Ansätze erst im Laufe des Haushaltsjahres 1967 ergeben wird, je nachdem, ob sich die Schätzungen des Wohnungsbauministers oder die des Finanzministers als zutreffender erweisen werden.
Ausgangspunkt für den jetzigen Ansatz für das Wohngeld im Haushaltsentwurf 1967 von 215 Millionen DM war zunächst, daß' sich der Bedarf durch eine Heraufsetzung der Tragbarkeitssätze um 35 Millionen DM vermindern würde. Die entsprechende Bestimmung des Finanzplanungsgesetzes, die das Wohngeldgesetz in dieser Richtung ändern sollte, ist bei der Beschlußfassung über das Finanzplanungsgesetz nicht angenommen worden. Aus diesem Grunde hat zunächst der Betrag von 35 Millionen DM für zusätzlichen Bedarf beim Wohngeld Eingang in die Deckungslücke von 3,7 Milliarden DM gefunden.
Auf Grund der Entwicklung der IstAusgaben im Jahre 1966 vertritt der Wohnungsbauminister die Auffassung, daß die Ansprüche aus dem Wohngeldgesetz aus dem jetzigen Ansatz ohne Erhöhung der Tragbarkeitssätze und der damit verbundenen Einsparung von 35 Millionen DM voll befriedigt werden können. Das Kabinett konnte deshalb durch die Einsetzung eines entsprechenden Minderbedarfs die Deckungslücke um 35 Millionen DM verringern. Ich hoffe, daß die Erwartung des Herrn Wohnungsbauministers, mit dem jetzigen Haushaltsansatz auszukommen, durch die Entwicklung bestätigt wird.
Daneben konnte auch bei den Wohnungsbauprämien ein voraussichtlicher Minderbedarf von 65 Millionen DM eingesetzt werden. Für die Wohnungsbauprämien war zunächst Anfang Dezember von einem Mehrbedarf von 40 % ausgegangen worden. Damals konnte angenommen werden, daß die Ankündigung der Änderung des Systems der Sparförderung zu einem verstärkten Neuabschluß im Jahre 1966 führen würde! Der voraussichtliche Prämienzuwachs wurde deshalb auf 40 % veranschlagt, woraus sich der in der Deckungslücke von 3,7 Milliarden DM berücksichtigte Mehrbedarf von 105 Millionen DM ergibt. Inzwischen hat jedoch das Wohnungsbauministerium, bestärkt durch die Angaben von Bausparkassen über den Neuzugang im Jahre 1966, diese Vorausschätzung dahin korrigiert, daß



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
im Jahre 1967 nur mit einem Prämienzuwachs von 21 v. H. zu rechnen ist. Aus diesem Grunde konnte der erwartete zusätzliche Bedarf für die Wohnungsbauprämien um 65 Millionen DM auf 40 Millionen DM herabgesetzt werden. Der im Haushaltsentwurf 1967 verbleibende Ansatz beträgt demnach immer noch 605 Millionen DM gegenüber einem Soll von 488 Millionen DM im Jahre 1966. Auf diesem Gebiet ist also keine Verminderung, sondern eine wesentliche Vermehrung der Bundesleistung zu verzeichnen.
Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte konnten für das Jahr 1967 Mittel für den Währungsausgleich für Deutsche aus der SBZ leider nicht bereitgestellt werden. Über die Frage der Weiterbehandlung des Währungsausgleichsgesetzes wird im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung eine Entscheidung getroffen werden müssen. Im übrigen erschien es vertretbar, die Einrichtungshilfe für Deutsche aus der SBZ um 10 Millionen DM und die Kriegsgefangenenentschädigung um 7 Millionen DM herabzusetzen.
Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend blieb unter dem Druck der außerordentlich schwierigen Haushaltslage des Bundes kein anderer Weg, als die Ausbildungszulage vom 1. Juli 1967 ab ganz fortfallen zu lassen. Das ermöglichte für das halbe Jahr eine Kürzung von 85 Millionen DM. Die Bundesregierung wird statt dessen im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung neue Vorstellungen in Richtung auf einen gerechten Familienlastenausgleich zu verwirklichen versuchen, bei dem die Gewährung von Vermögensübertragungen und die Begünstigung durch unsichtbare Finanzhilfen in ein sinnvolles Gesamtsystem zusammengeführt werden soll,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

dessen Zielsetzung darin besteht, demjenigen, der infolge der Niedrigkeit seines Einkommens alle Steuervorteile ausschöpfen kann, nicht einen höheren Familienlastenausgleich zu geben als demjenigen, der dazu nicht in der Lage ist.(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Damit soll den spezifischen Erfordernissen auf diesem Gebiet Rechnung getragen werden; ungleiche Begünstigungen des bisherigen Systems sollen vermieden werden.
In der allgemeinen Finanzverwaltung waren Kürzungen von 446 Millionen DM notwendig, die u. a. durch eine Streichung der Mittel für Besoldungserhöhungen von 76 Millionen- DM und die Verringerung der Bundeshilfe Berlin auf den Ansatz 1966, nämlich auf 2,3 Milliarden DM, ermöglicht werden. Soweit Berlin gezwungen sein wird, sich wegen dieser Kürzungen zusätzlich Mittel im Wege des Kredits zu beschaffen, wird die Bundesregierung die Bürgschaft dafür übernehmen. Schließlich erfolgt eine Verlagerung von Investitionsausgaben aus dem Bundeshaushalt — Regionalfonds (35 Millionen DM), Förderung der Seeschiffahrt (35 Millionen DM), Kapitalhilfe an Entwicklungsländer (10 Millionen DM) — in Höhe von insgesamt 80 Millionen DM in den ERP-Wirtschaftsplan.
Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß sich auf dem Personalsektor noch Einsparungen erzielen lassen, und zwar durch straffere Organisation und durch äußerste Zurückhaltung bei der Bewilligung neuer Stellen. Bei einem Personalaufwand von insgesamt 11,6 Milliarden DM — davon Verteidigung 6,1 Milliarden DM — müßte die vorgesehene Einsparung von 38 Millionen DM 2u erreichen sein.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auf der Einnahmeseite soll durch eine Abkürzung der Zahlungsfristen ür Verbrauchsteuern und Zölle eine Mehreinnahme von 790 Millionen DM vom Inkrafttreten bis Ende des Jahres ermöglicht werden. Ferner soll die Einschränkung der Ausfuhrgütungen bei der Umsatzsteuer eine Mehreinnahme von 45 Millionen DM erbringen, die Aufhebung des Verarbeitungsprivilegs der Mineralölhersteller eine Mehreinnahme von 45 Millionen DM bei der Mineralölsteuer und eine Erhöhung der Postablieferung 25 Millionen DM.
Diese Maßnahmen bedeuten insgesamt Ausgabekürzungen von 2531 Millionen DM und Einnahmeverbesserungen unter Einschluß einer geringfügigen Erhöhung des außerordentlichen Haushalts — 241,5 Millionen DM — von 1146,5 Millionen DM. Das bedeutet die Schließung einer Deckungslücke von 3677,5 Millionen DM. Der Ausgleich des Bundeshaushalts wird damit unter schmerzlichen Eingriffen, aber ohne zusätzliche allgemeine Steuererhöhungen sichergestellt, die nach. Auffassung der Bundesregierung in der gegenwärtigen Konjunkturphase das Übel nur verschlimmert hätten.
Der vorgeschlagene Abbau von Steuervergünstigungen mit Wirkung vom 1. April 1967, der, wie erwähnt, 880 Millionen DM Steuermehreinnahmen bringen soll, erscheint aus nachstehenden Gründen vertretbar. Nach geltendem Verbrauchsteuer- und Zollrecht sind den Steuerschuldnern Zahlungsfristen eingeräumt, die es ihnen ermöglichen, die Abgaben auf ihre Abnehmer zu überwälzen und die Steuer- und Zollzahlungen aus den vereinnahmten Entgelten zu leisten. Die Zahlungsfristen sind in den einzelnen Gesetzen unterschiedlich bemessen, aber im allgemeinen erheblich länger als die Fristen, die die Steuerschuldner ihren eigenen Abnehmern gewähren. Die auf diese Weise erreichte zinslose Kreditierung ist bei der derzeitigen Haushaltslage nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Auch im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die zum Teil die Entfernung der Waren aus den Herstellungsbetrieben oder aus dem Zollgewahrsam nur gegen die vorherige Entrichtung der Abgaben zulassen, würden die gekürzten Zahlungsfristen immer noch reichlich bemessen sein und auf keinen Fall eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen bedeuten. Das Zwölfmonatsaufkommen aus der Verkürzung der Zahlungsfristen beläuft sich schätzungsweise auf 1095 Millionen DM, wobei selbstverständlich ist, daß hier nicht zwei Zahlungstermine zusammengezogen werden, sondern daß das Ganze über einen Zeitraum von zwölf Monaten, also mit jeweils einem Zwölftel, abgewik-



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
kelt wird. Mit Rücksicht auf das vorgesehene Inkrafttreten am 1. April 1967 kommen für 1967 790 Millionen DM auf. Für 1968 sind aus dieser Maßnahme 305 Millionen DM zu erwarten.
Gleichzeitig mit der Verkürzung der Zahlungsfristen auf dem Gebiet der Tabaksteuer erscheint es angebracht, die Frage der Steuerfreiheit für die Deputate zu überprüfen, welche die Unternehmer an die in ihren Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer unentgeltlich abgeben. Diese Vergünstigung ist — ebenso wie die Steuerbefreiung des Haustrunks nach dem Biersteuergesetz —

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Hört! Hört!)

mit dem Wesen einer Verbrauchsteuer nicht vereinbar. Ihre Beseitigung würde Mehreinnahmen von 3 Millionen DM erbringen. Hier geht es nicht um das Volumen, sondern um Steuersystematik und Steuergerechtigkeit. Darum habe ich auch den Ausdruck „überprüfen" gebraucht. Diese Überprüfung soll im Haushalts- und Wirtschaftsausschuß erfolgen.
Das Privileg der Mineralölherstellungsbetriebe, Mineralöl zur Aufrechterhaltung des Betriebes frei von der Belastung durch die Mineralölsteuer verwenden zu dürfen, durchbricht den Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung.
Schließlich ist vorgesehen, die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuerausfuhrvergütung für Waren, die im Rahmen eines aktiven Veredelungsverkehrs oder einer Zollgutverwendung be- oder verarbeitet worden sind, um den Anteil zu kürzen, der auf eingeführte und steuerlich nicht belastete Stoffe entfällt; Aufkommen 1967 rund 45 Millionen DM.
Mit ihren Deckungsvorschlägen hat die Bundesregierung in Übereinstimmung mit der Auffassung der Deutschen Bundesbank die im Haushaltsentwurf 1967 bestehende Deckungslücke von 3,7 Milliarden DM beinahe ganz auf „konventionelle" Weise geschlossen, was im Hinblick auf die Vorbelastung der künftigen Jahre und im Interesse der Wiedergewinnung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben unumgänglich notwendig ist, was aber auch deshalb unumgänglich notwendig war, weil sonst die Zusagen der Bundesbank, die weiteren wirtschaftsbelebenden Maßnahmen der Bundesregierung — siehe Eventualhaushalt — zu unterstützen, nicht oder nicht in dem für notwendig erachteten Umfang gegeben worden wären.
Aus den bisher geschilderten Maßnahmen ergeben sich allerdings noch keine Ansätze für eine wirksame Konjunkturpolitik, eher Ansätze für eine Abschwächung des Weges zum Unguten hin. Aber wir brauchen auch positive Ansätze, wie sie die gegenwärtige Lage erfordert. Deshalb hat die Bundesregierung gleichzeitig zusätzliche Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit, zur Wiederherstellung des Vertrauens beim Verbraucher einerseits und bei demjenigen, der über Investitionen zu disponieren hat, andererseits, beschlossen. Die Bundesregierung hält dies nicht nur für unbedingt notwendig, sie glaubt sich auch zu zusätzlichen konjunkturwirksamen Ausgaben berechtigt — das ist auch die Auffassung der Deutschen Bundesbank —, nachdem die strukturell bedingte Deckungslücke in einwandfreier Weise geschlossen worden ist.
Zur Anregung der Wirtschaftstätigkeit und der privatwirtschaftlichen Investitionsneigung ist einmal ein Eventualhaushalt mit einem Volumen bis zu 2,5 Milliarden DM vorgesehen, aus dem zusätzliche Investitionsausgaben geleistet oder gefördert werden sollen. Zum anderen verspricht sich die Bundesregierung von den gleichzeitig beschlossenen Sonderabschreibungen auf Investitionen — 10 v. H. für bewegliche und 5 v. H. für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens — eine anregende Wirkung.
Die rechnerischen Steuerausfälle, nach denen sicherlich gefragt wird, die sich für 1967 nicht exakt schätzen lassen, weil die Auswirkung dieser Maßnahmen nach dem Guten und in Richtung Steuerausfall sehr stark vom psychologischen Moment abhängt, werden grundsätzlich später ja wieder im großen und ganzen ausgeglichen werden.
Abgesehen von der späteren Verminderung der Abschreibungsraten rechnen wir damit, daß die Investitions- und Wirtschaftstätigkeit durch die Sonderabschreibungen belebt wird. Daraus ergeben sich dann Steuermehreinnahmen, von denen angenommen werden darf, daß sie die theoretisch ermittelten Steuerausfälle im Ergebnis nicht nur ausgleichen, sondern übertreffen werden. Diese Steuerausfälle, wie sie jetzt durch Sonderabschreibungen für Bund und Länder unvermeidlich sind, müssen als produktive Ausfälle betrachtet werden, ohne daß dieses Wort paradox ist oder eine contradictio in se ipso darstellt. Ohne die Zulassung der Sonderabschreibungen würden sich jedenfalls die Steuereinnahmen, die in unseren Haushaltsplänen veranschlagt sind, noch weiter vermindern. Man kann durchaus von der Schätzung ausgehen, daß die Steuerausfälle bei Untätigkeit der Bundesregierung auf diesem Gebiet, also die sterilen Steuerausfälle, noch größer sein werden als die Steuerausfälle produktiver Art, die sich aus einer Begünstigung der Investitionen für die nächsten neun Monate durch Sonderabschreibungen ergeben.
Zur weiteren Anregung der Wirtschaft ist außerdem beabsichtigt, die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung erlassenen Bewirtschaftungsmaßnahmen bei den Investitionsausgaben weitestgehend zu lockern, um die vorgesehenen Vorhaben möglichst schnell in nachfragewirksame Aufträge umzusetzen. Diese Maßnahmen, insbesondere die zusätzlichen Investitionsausgaben, werden bewirken, daß eine wirtschaftliche Entwicklung in dem gewünschten und bei den Planungen zugrunde gelegten Umfang sichergestellt wird.
Die von der Bundesregierung vorgesehenen Schritte sind mit der Bundesbank abgestimmt. Ich möchte auch an dieser Stelle unserer Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß wir mit der Bundesbank volles Einvernehmen in der Beurteilung der Lage und über die zu treffenden Maßnahmen erzielt haben und daß die Bundesbank mit der allmählichen



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
Lockerung der Kreditrestriktionen zu ihrem Teil der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ihre Unterstützung gewährt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Herr Bundesminister für Wirtschaft ist mehrmals und nachdrücklich in diesem Sinne bei der Bundesbank vorstellig geworden und hat die Haltung der Bundesbank in diesem Sinne uns gegenüber durch seine Einwirkungen unterstützt.
Durch Aufstockung des außerordentlichen Bundeshaushalts um ein Volumen von 2,5 Milliarden DM sollen zusätzliche Investitionen in gleicher Höhe finanziert werden. Vorgesehen sind insbesondere Maßnahmen bei der Bundesbahn, der Bundespost, im Verkehrsbau, im Bereich Wissenschaft und Forschung sowie zur Förderung der einheimischen elektronischen Datenverarbeitungsindustrie sowie beim Landeskulturbau. Geeignete Investitionsmaßnahmen im Verteidigungshaushalt und im Wohnungsbau können ebenfalls berücksichtigt werden; sie sind im Kabinettsbeschluß enthalten.
Das Rahmenprogramm wird zur Zeit von einer interministeriellen Arbeitsgruppe vorbereitet. Die Bundesregierung wird eine Beteiligung der Ausschüsse dieses Hohen Hauses bei der endgültigen Festlegung des Investitionsprogramms für die einzelnen Bereiche sicherstellen.
Die von den genannten Maßnahmen erwartete anregende Wirkung -auf die allgemeine Wirtschaftstätigkeit läßt sich aber nur dann erreichen, wenn die von der Bundesregierung vorgesehenen Schritte schnell verwirklicht werden. Die Bundesregierung hat deswegen ein Dreistufenprogramm entwickelt, um möglichst schnell durch Investitionsmaßnahmen einen weiteren Konjunkturabschwung zu bremsen und ein angemessenes Wirtschaftswachstum zu erreichen.
Zunächst wird die Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Durchführung von Investitionsmaßnahmen mit einem Volumen von 850 Millionen DM einleiten, davon sind vorgesehen 250 Millionen DM für die Deutsche Bundespost, 300 Millionen DM für die Deutsche Bundesbahn, 200 Millionen DM für den Bundesautobahnneubau, Stichwort Öffa. Diese Aufträge liegen vergabereif vor. Sie können sofort vergeben werden, weil es sich hier um Projekte handelt, die aus Mangel an Investitionskapital bisher zurückgestellt worden sind und unverzüglich in den Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden können. Diese Maßnahmen stellen nicht etwa eine Begünstigung der davon betroffenen Industrie dar, sondern sie wirken sich allgemein wirtschaftsbelebend aus, und das auch in Gegenden, die von dem Abschwung vielleicht besonders stark betroffen worden sind.

(Zuruf: Sehr richtig!)

Diese Bewilligungen können auch vorgenommen werden ohne Einschaltung des Haushaltsausschusses, weil es sich hier um Kredite auf besonderem Wege handelt, bei deren Gewährung die Einschaltung der parlamentarischen Gremien nicht erforderlich ist. Daß bei einem Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden DM die Bundespost 250 Millionen DM, die
Bundesbahn 300 Millionen DM und der Bundesautobahnneubau 200 Millionen DM bekommen, ist selbstverständlich, so daß hiermit der „künstlerischen" Gestaltungsfreiheit des gesamten Eventualhaushalts durch diese Vorfestlegung bestimmt keine Schranken gesetzt worden sind, die das Ermessen etwa noch ungebührlich einschränken könnten. Dazu kommen 100 Millionen DM, allerdings nicht an Zuschüssen, sondern an Darlehen und Krediten für landeskulturelle Maßnahmen, z. B. im Rahmen der Flurbereinigung, aber auch, wie es besonders der Bundesminister für Gesundheitswesen gefordert hat, für Abwasserbeseitigung und ähnliche Projekte. Soweit hier Kredite zur Verfügung gestellt werden können, ist das auch ohne Einschaltung der parlamentarischen Gremien möglich. Wenn daraus Zuschüsse bestritten werden sollten, dann können sie nur im Rahmen des Haushaltsplans oder einer Sondervorlage über den Haushaltsausschuß erfolgen.
Damit wird das Sofortprogramm vorerst auf 850 Millionen DM festgelegt, und zwar durchweg für Vorhaben, die bereits seit Monaten vergabereif sind und nunmehr, da die Aufbringung dieser Mittel keine großen Schwierigkeiten macht, unverzüglich in den Wirtschaftskreislauf vergeben werden können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Zur Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für die erforderliche Kreditaufnahme in Höhe von 2,5 Milliarden DM und die Finanzierung der vorgesehenen Investitionsmaßnahmen wird die Bundesregierung in allernächster Kürze den Entwurf eines Kreditfinanzierungsgesetzes vorlegen, das nach unserer Auffassung noch vor Verabschiedung des Bundeshaushalts 1967 in Kraft treten sollte. Deshalb erbitten wir auch parlamentarische Initiative für die Behandlung dieses Kreditfinanzierungsgesetzes.
Die zur Wirtschaftsbelebung ergriffenen Maßnahmen des Eventualhaushaltes werden nur dann die gewünschte Wirksamkeit erreichen, wenn jetzt ohne unnötige formelle oder prozedurale Verzögerungen die Gelder dafür zur Verfügung gestellt werden können.
Die Verwirklichung der Vorstellungen der Bundesregierung zum Haushaltsausgleich 1967 und zur Leistung der zusätzlichen Investitionsausgaben erfordern ein schnelles Handeln. Die Bundesregierung würde es daher begrüßen, wenn im Interesse der Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens die erforderlichen Gesetzesänderungen zum Haushaltsausgleich 1967 initiativ von den Fraktionen im Rahmen der Haushaltsberatung eingebracht würden. Die Auswirkungen auf die einzelnen Ansätze im Haushaltsentwurf 1967 sollten bei der Beratung der jeweiligen Einzelpläne besonders berücksichtigt werden.
Ich habe damit die allgemeinen Grundsätze, die für die Schließung der Deckungslücke von 3,6775 Milliarden DM angewandt worden sind, genannt. Ich habe erläutert, warum eine weitere Kürzung von Ausgaben, so erwünscht sie gewesen wäre, nicht zweckmäßig erschien. Ich habe auch erwähnt, daß eine weitere Steuererhöhung aus gleichen



Bundesminister Dr. h. c. Strauß
oder ähnlichen Gründen ebenfalls abgelehnt werden mußte und weshalb die Deckungslücke in dieser Höhe mit diesen Mitteln geschlossen worden ist.
Wir bitten das Hohe Haus, uns entweder in der Durchführung der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen zu folgen oder ohne Schaffung einer neuen Deckungslücke bessere Vorschläge für die Schließung der Deckungslücke in gleicher Höhe zu machen. Die Bundesregierung hat sich hier wahrlich Mühe gemacht. Aber sie behauptet nicht — und ich tue es für mich wirklich am allerwenigsten —, daß das, was wir vorhaben, der Weisheit letzter Schluß ist. Wir wissen nur eines: daß die Deckungslücke in dieser Höhe auf konventionelle Art geschlossen werden muß, damit die zusätzlichen Maßnahmen — Sonderabschreibungen, Eventualhaushalt; das letzte in Übereinstimmung mit der Bundesbank — durchgeführt werden können.
Die Bundesregierung erwartet sich von diesen Maßnahmen auch psychologische und praktische Auswirkungen. Sie erwartet ein Normalverhalten des Verbrauchers. Sie erwartet Optimismus und Initiative bei denen, die zu Investitionen befähigt und berufen sind. Sie erwartet einen weiteren Wirtschaftsaufstieg mit Stabilisierung. Sie hat damit nicht grünes Licht für eine Preisaufstiegsrate gegeben. Sie hat damit nicht grünes Licht für eine ruinöse Geldpolitik gegeben. Sie hat vielmehr das Notwendige und Mögliche getan, was auf konventionellem Wege möglich war. Sie hat aber auch mit Mut zum Risiko und im Bewußtsein der Unsicherheiten, die in dieser Planung stecken und stecken müssen, aber auch im Bewußtsein der Unvermeidbarkeit dieses Risikos den Weg beschritten, den ich Ihnen mit meinen Ausführungen vorlegen durfte.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509019800
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat in seinen Ausführungen bereits alle Vorlagen behandelt, die unter den Punkten 4 a) bis e) aufgerufen waren. Die Aussprache über diese Punkte wird verbunden. Sie ist hiermit eröffnet.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Staratzke.

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0509019900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der heutigen Verbund-Debatte — ich meine natürlich: Verbund über eine Reihe von Maßnahmen zum Haushaltsausgleich und zur Konjunkturbelebung — kann es sich nach unserer Meinung nur um eine Grundsatzaussprache handeln. Denn alle vorgesehenen Einzelmaßnahmen sind bezüglich ihrer Wichtigkeit einerseits und bezüglich ihrer Wirksamkeit andererseits nur im Zusammenhang zu sehen.
Zuvor, meine sehr verehrten Damen und Herren, sei bemerkt, daß unbestreitbar 'beides, nämlich Haushaltsausgleich und Konjunkturbelebungsmaßnahmen, in diesem Zeitpunkt dringend notwendig ist. Dabei möchte ich voranstellen, was bereits in der vergangenen Woche einmal gesagt worden ist, nämlich daß die Absichten der Regierung hier zwar einen Ausgleich für ,das Jahr 1967 versprechen, daß aber dieser Ausgleich nicht ganz echt ist und uns obendrein mit schweren Hypotheken für die kommenden Haushaltsjahre belastet. Wir glauben aber auf der anderen Seite mit der Bundesregierung, daß es in der heutigen Situation nur ein rasches Handeln geben kann, daß es in der heutigen Situation eine Art Flucht nach vorn geben muß. Ich betone noch einmal: das Kritische daran ist, daß die vorgeschlagenen Maßnahmen, die wir heute zu beraten beginnen, auch diejenigen, die sich in den heutigen Gesetzentwürfen niederschlagen, ohne Zweifel zu einem großen Teil eine Belastung kommender Haushalte bringen. So ist das Vorziehen der Einnahmen durch die Abkürzung der Zahlungsfristen für Verbrauchsteuern und Zölle eine einmalige Maßnahme, die im nächsten Jahr nicht wiederholbar ist. So erfordert sowohl die immer noch sehr starke Inanspruchnahme des Kapitalmarkts im außerordentlichen Haushalt wie aber auch die Inanspruchnahme des Geldmarktes im sogenannten Eventualhaushalt einen Kapitaldienst, den der Bund in den kommenden Jahren zu leisten hat, um nur einiges zu nennen. Von den weiteren Deckungslücken infolge der wahrscheinlich geringeren Wachstumsquoten will ich an dieser Stelle gar nicht reden.
Mit anderen Worten, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Probleme keineswegs gelöst sind und daß die Konsolidierung, die erfolgen muß, noch sehr große Schwierigkeiten bereiten wird.

(Abg. Leicht: Das sagt die Regierung auch!)

Es wird aber weiterer harter Entscheidungen bedürfen, um das zu konsolidieren, was heute an Maßnahmen empfohlen wird.
Ich meine, meine Damen und Herren, die Bundesregierung kommt ganz einfach nicht an weiteren echten Ausgabenkürzungen in den nächsten Jahren unter Überprüfung mancher politischer Konzeptionen vorbei.

(Beifall bei der FDP.)

Dabei muß es vornehmlich um die Minderung der konsumtiven Ausgaben gehen.

(Abg. Leicht: Welche?)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle: auch dynamisierende Gesetze werden zu überprüfen sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um diese unangenehme und unpopuläre Aufgabe kommt niemand herum. Mit Steuererhöhungen sind diese Probleme ganz sicher auch in der Zukunft nicht zu lösen. So stark wird die Steuerkraft nicht zu steigern sein.
Eine Zeitung hat in diesen Tagen geschrieben, die Freien Demokraten stellten nunmehr mit einer gewissen Schadenfreude fest, daß das, was nun von der großen Koalition betrieben wird, genau das ist, was sie ehedem verkündet haben, nämlich: keine weiteren Steuererhöhungen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, Schadenfreude ist nicht das richtige Wort. Wir sollten erfreut sein — und wir sind es auch —, daß diese



Dr. Staratzke
Sache jetzt ohne weitere Steuererhöhungen versucht wird.

(Abg. Leicht: Sie wollten doch die vorhergehenden nicht, oder wie hätten Sie es denn gemacht?)

— Ich rede ja von weiteren Steuererhöhungen. Ich habe es eben gesagt.

(Abg. Hase [Kassel] : Herr Staratzke, das ist doch nur die halbe Sache, die Sie vortragen!)

— Lassen Sie mich mal; Sie kommen ja nachher auch noch zu Wort.
Nun zu einigen Schwerpunkten. Ich sagte, es geht hier um eine Grundsatzaussprache. Ich glaube nicht, daß es sehr sinnvoll ist, jetzt alle Einzelmaßnahmen anzusprechen. Ich glaube auch, wir sollten diese Dinge, die hier zu bereden sind, viel mehr von der Steuerkraft oder von der Konjunkturankurbelung aus sehen als von der anderen Seite. Deshalb möchte ich an dieser Stelle zunächst einmal auf den Eventualhaushalt eingehen, weil es sich hier bei der Finanzierung .möglicherweise um eine Sache handelt, die die Stabilität und die Währung gefährden könnte.

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Hört! Hört! — Na, na, nun mal los!)

Wir sind grundsätzlich der Meinung, daß man diesen Eventualhaushalt haben muß und verabschieden sollte. Man muß allerdings einige Phantasie darauf verwenden, nun die Finanzierung dieses Haushalts so vorzunehmen, daß sie auf der einen Seite ohne Störung des Kapitalmarktes und auf der anderen Seite ohne inflationistische Geldschöpfung gelingt. Ich glaube, wir sind in diesem Hause einig, daß Störungen des Kapitalmarktes in dem Augenblick wieder auftreten würden, wenn dieser Eventualhaushalt finanziert würde ohne Rücksicht auf das Kapitalangebot und ohne Rücksicht auf die Erfordernisse der privaten Wirtschaft, deren Investitionstätigkeit gerade angeregt werden soll.

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)

— Bitte schön, Herr Kollege Möller!

Dr. Alex Möller (SPD):
Rede ID: ID0509020000
Herr Kollege, ist Ihnen entgangen, daß der Herr Bundesfinanzminister vorgetragen hat, die Finanzierung sollte in Übereinstimmung mit der Bundesbank erfolgen? Sind Sie nicht der Meinung, daß die Bundesbank immer wieder bewiesen hat, daß sie als eine Hüterin der Währung angesehen werden darf?

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0509020100
Herr Kollege Möller, ich freue mich darüber, daß Sie das sagen. Hätten Sie ein paar Minuten gewartet, dann hätten Sie von mir dasselbe gehört.
Als Finanzierungsmittel kommen daher zweckmäßigerweise Schatzanweisungen in Frage, die von den Banken aufgenommen werden. Gleichzeitig muß — hier komme ich auf Ihre Frage — die Bundesbank im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Geschäftsbanken Liquiditätshilfe leisten. Ob dies nun durch eine von der Bundesbank tolerierte stärkere Erhöhung der Deviseneinnahmen oder durch eine weitere Senkung der Mindestreserven geschieht, hängt sicher davon ab, welche Kredit- und welche außenwirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Beanspruchung des Eventualhaushalts vorliegen. Wir vertrauen hier mit Ihnen auf die sachgerechte Handhabung durch die unabhängige Notenbank.

(Beifall bei der FDP.)

Zum Sachlichen gehört hier, daß der Eventualhaushalt natürlich eine Chance bietet, wenn er klug eingesetzt wird, volkswirtschaftlich und strukturpolitisch sinnvolle Schwerpunkte zu bilden. Wenn die Ausgaben aus diesem Haushalt auch in erster Linie konjunkturpolitisch wirken sollen, so lassen sie sich trotzdem auch den strukturpolitischen Erfordernissen anpassen. Das gilt nach meiner Meinung sowohl für die sektorale als auch für die regionale Schwerpunktbildung der Projekte, die aus dem Eventualhaushalt finanziert werden sollen. Dabei sollte auch die multiplikatorische Wirkung, d. h. die Kettenreaktion in der Wirtschaft, berücksichtigt werden. Sie hängt entscheidend von der Wahl dieser Projekte ab. Ich betone dieses Problem der richtigen Auswahl der Projekte aus einem ganz bestimmten Grund. Der Herr Bundesfinanzminister hat schon dargestellt, was vorgesehen ist. Aber ich bin ganz sicher, daß die beteiligten Ressorts der Bundesregierung möglicherweise eine Chance darin sehen, manche Haushaltspositionen, die sie in der Auseinandersetzung um den Etatausgleich verloren haben, nunmehr über diesen Eventualhaushalt zurückzugewinnen. Wir können daher nur die Bundesregierung und diejenigen, die über das Investitionsprogramm zu entscheiden haben, bitten, nicht nach Ressortgesichtspunkten zu gehen, sondern nach dem Gesichtspunkt der größten Wirkung bei der Ankurbelung der Wirtschaft.
Zum Thema Sonderabschreibungen: Wir begrüßen die Rechtsverordnung, die diese Sonderabschreibungen im Rahmen des § 51 Einkommensteuergesetz bringen soll. Sie stellen — und das sollte besonders anerkannt werden — die notwendige Ergänzung des Eventualhaushalts dar. Während der Eventualhaushalt von der Nachfrageseite her die Investitionsbedingungen verbessern soll, führen die Abschreibungserleichterungen von der Liquiditätsseite her dazu, daß das verbesserte Investitionsklima fruchtbar werden kann.
Man kann natürlich darüber streiten, ob die Befristung auf neun Monate, wie sie von der Bundesregierung vorgesehen ist, ausreicht, um die erwarteten Wirkungen zu erzielen. Unseres Erachtens ist der Zeitraum zu kurz gewählt. Die konjunkturellen Rhythmen, an die wir uns im letzten Jahrzehnt gewöhnt haben, sind zwar kürzer geworden. Aber man kann unterstellen, daß wenigstens ein Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren vergeht, bevor sich diese konjunkturellen Tendenzen grundlegend ändern. Es wäre deshalb sinnvoll, meine Damen und Herren, diese konjunkturanregenden
4192 Deutscher Bundestag— 5. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Februar 1967
Dr. Staratzke
Maßnahmen für einen Zeitraum zu beschließen, der sich mit diesem Zyklus annähernd deckt.
Es wäre sicher eine gute Tat, wenn dies zumindest in das Stabilitätsgesetz aufgenommen und darin berücksichtigt würde, wenn man — was ich verstehen kann — nicht jetzt daran gehen will, den § 51 des Einkommensteuergesetzes zu ändern.
Ein Wort, meine Damen und Herren, an jene Kritiker, die der Meinung sind, die steuerlichen Sonderabschreibungen könnten nur dann anregende Wirkung haben, wenn im gleichen Zeitpunkt bereits hinreichende Unternehmensgewinne erzielt werden. Sie unterliegen insofern falschen Vorstellungen, als in den Fällen, in denen die zusätzlichen steuerlichen Abschreibungen keine Steuerersparnisse bringen oder in denen sogar die Verluste in der Steuerbilanz größer ausgewiesen werden, die Sonderabschreibung dennoch wirkt, und zwar über die Möglichkeit steuerwirksamen Verlustvortrags im nächsten Jahr. Mit anderen Worten: nur diejenigen Unternehmen, die im laufenden Jahr Verluste haben und am Jahresende ihre Geschäftstätigkeit einstellen, würden von den Sonderabschreibungen nicht begünstigt werden.
Wir sind sehr froh darüber — ich sagte es eingangs bereits —, daß weitere kostensteigernde Steuererhöhungen ausgeblieben sind. In der gegenwärtigen Lage unserer Wirtschaft — ich freue mich, daß der Herr Bundesfinanzminister das in aller Deutlichkeit gesagt hat — wäre eine Belastung mit zusätzlichen kostensteigernden Steuern unerträglich gewesen.
Es ist auch sehr fraglich, ob die größeren Steuerbelastungen tatsächlich höhere Steuereinnahmen gebracht hätten. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, auf die es ja immer wieder ankommt, wäre so beeinträchtigt und die Investitionsneigung im Innern so gedämpft worden, daß die erwarteten Steuereinnahmen ganz sicher ausgeblieben wären.
Ich muß aber an dieser Stelle dezidiert darauf hinweisen, daß die vorgesehene Abkürzung der Zahlungsfristen bei einer Reihe wichtiger Verbrauchsteuern die betroffenen Wirtschaftskreise hart trifft und für diese möglicherweise ähnlich einer Steuererhöhung wirkt; denn es entsteht eine zusätzliche Kostenbelastung. Die Maßnahme zwingt die betroffene Wirtschaft, zusätzliche Mittel für Kredite und Kapitalbeschaffungskosten aufzuwenden. Die Abkürzung der Zahlungsfristen — das muß eindeutig hier erkannt werden — stellt eine Belastung der Unternehmen in einer Zeit dar, in der von der anderen Seite her versucht wird, die Kosten zu senken und die Wirtschaftstätigkeit anzuregen.
Was die Haushaltsdeckung betrifft, so bedeutet diese Maßnahme natürlich, das Defizit in dieser Höhe in die kommenden Haushalte zu verschieben. Das muß man an dieser Stelle sehr deutlich erkennen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Stabilitätsgesetz finden, das an sich nicht hierhergehört, aber auf der anderen Seite natürlich mit in die Maßnahmen einzureihen ist. Die Beratungen über das Stabilitätsgesetz sind leider sehr lange ausgesetzt worden. Ich möchte meinen bereits im September vorigen Jahres vorgetragenen Appell zur Beschleunigung der Verabschiedung dieses Gesetzes heute wiederholen; denn es gehört in die Serie derjenigen Maßnahmen hinein, die zur Stabilität und zur Konjunkturbelebung vorgesehen sind. Es ist ja ein Gesetz, das nicht nur der Dämpfung der Konjunktur dient, wozu es einmal geschaffen werden sollte, sondern ebenfalls zur Belebung anzuwenden ist und zur Schonung eines Kapitalmarktes, der wieder gesunden muß, dringend benötigt wird. Die Freien Demokraten sprechen sich daher dezidiert für eine Beschleunigung der Beratungen und für eine schnelle Verabschiedung dieses Gesetzes aus.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509020200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0509020300
Bitte sehr!

Dr. Alex Möller (SPD):
Rede ID: ID0509020400
Herr Kollege, ich wollte Sie im Hinblick auf Ihre Bemerkung fragen: Ist Ihnen bekannt, daß heute nachmittag mit dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses eine Vereinbarung dahin erzielt wurde, daß morgen vormittag im Wirtschaftsausschuß die Beratungen zum Stabilisierungsgesetz wiederaufgenommen werden?

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0509020500
Jawohl, das ist mir bekannt; aber das bedeutet noch nicht, daß die Beratungen zügig über die Bühne gehen.

(Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Das hat Ihr Herr Vorsitzender versprochen!)

Ich möchte nicht mehr auf die Frage des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und des Finanzausgleichs eingehen. Hier waren wir im Haushaltsausschuß einverstanden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluß möchte ich sagen, daß wir von der Fraktion der Freien Demokraten wiederholt erklärt haben, daß wir eine sachliche und konstruktive Opposition betreiben wollen. So bitte ich auch die vorgetragenen Bedenken und die Kritik, die hier an einer Reihe von Punkten anzusetzen ist, zu verstehen. Ganz deutlich möchte ich aber zum Schluß sagen: Nach unserer Auffassung bringt nur ein Wachstum aus der Stabilität heraus langfristig eine gesunde wirtschaftliche und soziale Entwicklung.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509020600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0509020700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Der Finanzminister ist um so stärker, je weniger Geld er zur Verfügung hat." Dieser Satz findet sich in einer Darstellung der Haushaltspolitik des Bundes von 1949 bis 1954 von Ministerialdirektor von Schmiedberg. Danach wäre noch kein Finanzminister so stark gewesen wie Franz Josef Strauß. Er hat diese Stärke auch bitter



Dr. Althammer
nötig. Wir haben bei der Haushaltsgestaltung für das Jahr 1967 einen in der Bundesrepublik einmaligen Vorgang erlebt. Drei Finanzminister bemühten sich um den Haushaltsausgleich 1967, eine Koalition ist darüber zerbrochen, und eine neue Regierungskoalition hat die gesamte politische Landschaft in der Bundesrepublik verändert. Seit der Verabschiedung des ersten Entwurfs des Haushaltsplans 1967 in der Kabinettssitzung vom 29. September 1966 wurden laufend wesentliche Änderungen vorgenommen. Der Herr Bundesfinanzminister hat das vorhin hier vorgetragen. Die Endsumme des Haushalts änderte sich wiederholt um Milliardenbeträge; insgesamt wurden, wie der Herr Finanzminister ebenfalls vorgetragen hat, 10 Milliarden DM bewegt. Und heute stehen wir wieder annähernd bei der gleichen Gesamtsumme, die in der ursprünglichen Fassung des Haushalts 1967 enthalten war.
Ich möchte nicht die allgemeine Debatte vom letzten Donnerstag fortsetzen. Dieses Hohe Haus sollte beherzigen, daß nicht allwöchentliche Debatten über die Haushaltssituation weiterhelfen, sondern nur tatkräftiges, entschlossenes Handeln. Das Parlament ist heute im Begriff zu handeln. Wir haben die erste Beratung des Ergänzungshaushalts 1967, einer Vorlage, die noch von der Minderheitsregierung Erhard unter Finanzminister Schmücker ausgearbeitet wurde, aber bereits die Unterschrift des neuen Bundeskanzlers Kiesinger trägt. Wir wissen, daß die in dieser Ergänzung genannten Zahlen nach der Kabinettssitzung vom 19. Januar 1967 nicht mehr stimmen. Um nicht eine neue folgenschwere Verzögerung eintreten zu lassen, müssen die neuesten Kürzungen und Umschichtungen vom Parlament initiativ aufgenommen und in die Haushaltsberatungen 1967 eingebaut werden. Die Einzelheiten dieser Maßnahmen hat der Herr Finanzminister eben dargestellt.
Die von meinem Kollegen Leicht am vergangenen Donnerstag angekündigte Koalitionsinitiative für die Abkürzung der Zahlungsfristen für einige Verbrauchsteuern liegt heute ebenfalls zur ersten Lesung vor.
Wir freuen uns darüber, daß der Bundesrat und die Länder die Notwendigkeit, schnell zu handeln, anerkannt und keine Einwendungen gegen dieses
Verfahren erhoben haben.
Dem Hohen Hause liegt weiter eine Erste Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen vor mit der Bitte der Bundesregierung, daß wir dieser Verordnung zustimmen. Wir werden dieser Verordnung zustimmen. Die Bundesregierung nimmt hier eine Ermächtigung in Anspruch, die schon im Jahre 1961 im § 51 des Einkommensteuergesetzes vorgesehen wurde. Wir sehen also: so neu sind die konjunkturpolitischen Aufgabenstellungen, um die es hier geht, gar nicht.
Meiner Meinung nach ist auch heute kein Anlaß zur Panik gegeben. Im Gegenteil: die schnellen und mutigen Maßnahmen der neuen Bundesregierung haben das Vertrauen der Wirtschaft in eine stabile Entwicklung gefördert. Dennoch wird im ersten Halbjahr 1967 in manchen Sparten unserer Volkswirtschaft ein konjunkturelles Wellental zu überwinden sein. Deshalb soll den Unternehmen durch befristete Sonderabschreibungen ein Anreiz zu Investitionen gegeben werden. Es hat sich manche skeptische Stimme gegen diese Maßnahme erhoben. Auch wir wissen, daß eine derartige begrenzte Einzelaktion keine Wende der Konjunkturlage bringen kann. Sie ist aber im Zusammenhang mit der Konsolidierung ,der öffentlichen Finanzen und mit der Auftragsvergabe des Bundes in einem gesonderten Investitionshaushalt von 2,5 Milliarden DM zu sehen. In diesem Zusammenhang kann auch dieser Investitionsanreiz von großem Nutzen sein, zumal er von einer gleichgerichteten Kreditpolitik der Deutschen Bundesbank unterstützt wird.
Für 'die Bundesfinanzen läßt diese Verordnung einen zeitweiligen Einnahmeverlust erwarten, der aber später wieder ausgeglichen wird, weil die Abschreibungen nur zeitlich vorgezogen werden. Wir werden ein solches Polster in späterer Zeit sicherlich brauchen können. Nach den Schätzungen des Bundesfinanzministeriums würde für 1967 beim Bund ein Einnahmeausfall von 150 Millionen und bei den Ländern ein solcher von 430 Millionen DM entstehen, wobei allerdings völlig offenbleibt, in welchem Ausmaß diese Möglichkeiten dann wirklich realisiert werden. Insoweit sind natürlich diese Schätzungen mit großen Fragezeichen behaftet.
Auch die erwartete Wirtschaftsbelebung insgesamt läßt ein erhöhtes Gesamtsteueraufkommen erhoffen. Die konjunkturbelebenden Maßnahmen der Bundesregierung zeigen, daß man dem Teufelskreis entkommen will, der mit einem prozyklischen Verhalten der öffentlichen Hand zu entstehen droht.
Bei den vorgesehenen Ausgabekürzungen hat es sich leider nicht vermeiden lassen, auch Investitionsausgaben des Bundes aus dem ordentlichen Haushalt zu beschneiden. Ein anschauliches Beispiel dafür sind die vom Bundeskabinett bei der Landwirtschaft vorgesehenen Kürzungen. Aus verständlichen Gründen wollte man die unmittelbar für den einzelnen Landwirt einkommenswirksamen Leistungen schonen. Es wurden deshalb die agrarwirtschaftlichen Investitionen gekürzt. Die CDU/ CSU hat aus diesem Grunde gefordert, daß in den außerordentlichen Investitionshaushalt auch zusätzliche Investitionen für die Landwirtschaft übernommen würden, und zwar im ersten Abschnitt bei der Gesamtsumme von 850 Millionen DM ein Betrag von etwa 100 Millionen DM. Wir freuen uns darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Maßnahmen heute bereits angekündigt hat.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509020800
Gestatten Sie eine Frage?

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0509020900
Bitte schön!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509021000
Bitte, Herr Abgeordneter Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509021100
Herr Kollege Althammer, wir freuen uns auch. Aber würden Sie uns hier erklären,



Ertl
warum Sie es zunächst, obwohl es ja eine Investitionsmaßnahme ist, aus dem ordentlichen Haushalt hinaustun, und nun in den Eventualhaushalt zurücktun?

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0509021200
Herr Kollege Ertl, Sie kennen sicherlich in gleicher Weise wie ich den Vorgang, der sich abgespielt hat. Auch Sie wissen natürlich, daß in den Beratungen im Kabinett noch gewisse Änderungen vorgenommen worden sind. Der Herr Bundesfinanzminister hat ja ausdrücklich erklärt, daß es sich bei dem sogenannten Investitionshaushalt lediglich um Darlehen handelt und daß diese Darlehen ganz gezielt für bestimmte Investitionszwecke gegeben werden. Selbstverständlich kann man in diesem Zusammenhang natürlich darauf hinweisen, daß, oberflächlich betrachtet, vielleicht da oder dort lediglich eine Verschiebung von dem bisherigen ordentlichen Haushalt in den Investitionshaushalt erfolgt ist. Aber für uns kam und kommt es auf das Gesamtergebnis an, nämlich darauf, daß die Landwirtschaft in einem angemessenen Maße auch an diesen Maßnahmen beteiligt wird.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Es kommt noch ein Zweites hinzu, Herr Kollege Ertl. Es ist hier nur von der ersten Tranche die Rede. Wir haben insgesamt — das haben Sie heute auch gehört — einen Eventualhaushalt von 2,5 Milliarden, und darum ist es für unsere deutsche Landwirtschaft so entscheidend wichtig, daß sie mit einem angemessenen Prozentanteil in diesen Eventualhaushalt eingebaut wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0509021300
Gestatten Sie noch eine Frage?

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0509021400
Bitte schön!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509021500
Herr Kollege Althammer, ich habe Sie also richtig verstanden, daß die Landwirtschaft besonders dankbar sein muß, weil sie weniger in Form von Zuschüssen bekommt, aber mehr in Form von Darlehen, und obendrein ist es eine besonders großartige Haushaltsmaßnahme. Habe ich Sie richtig verstanden?

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0509021600
Herr Kollege Ertl, gestatten Sie mir nach dieser zweiten Frage ein deutliches Wort. Es ist doch erkennbar geworden, daß alle Schichten unserer Bevölkerung ihren Beitrag leisten müssen, wenn wir zu einer Konsolidierung der Finanzsituation kommen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Ertl: Besonders die Landwirtschaft! — Gegenruf von der CDU/CSU.)

Vor diesem Hintergrund des Opfers, das von allen Bevölkerungsschichten zu bringen ist, müssen Sie die Auseinandersetzung darüber sehen, in welcher Weise der Landwirtschaft ihre berechtigten Belange trotzdem erhalten bleiben können. Das ist doch der Anlaß dafür, daß wir diesen — das darf man hier sagen — Erfolg erreicht haben.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte nicht vor, hier eine agrarpolitische Debatte zu entfesseln. Ich darf deshalb zum nächsten Punkt dieses Buketts von Maßnahmen kommen.
Es geht jetzt um das Beteiligungsverhältnis Bund—Länder, das ebenfalls in diesen Vorlagen angesprochen ist.
Es ist dem Herrn Bundeskanzler gelungen, in der schwierigsten Finanzsituation des Bundes seit Bestehen der Bundesrepublik eine zusätzliche Belastung durch einen Finanzstreit des Bundes mit den Ländern abzuwenden.
Der ursprüngliche Standpunkt des Bundes, daß Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes eine Beibehaltung des bisherigen Verteilungsschlüssels mit 39 % Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer rechtfertige, konnte nicht durchgesetzt werden. Auch der Kompromißvorschlag, wonach sich die Länder mit 62 % begnügen sollten, dafür aber eine Ergänzungszuweisung an die steuerschwachen Länder in einer wesentlich höheren Summe, als es gegenwärtig vorgesehen ist, zu leisten sei, fand nicht die Billigung der Länder. So sah sich der Bund genötigt, auf rund 1 Milliarde DM an Steuereinnahmen zugunsten der Länder zu verzichten, darüber hinaus aber auch auch eine Ergänzungszuweisung in Höhe von 260 Millionen DM an die steuerschwachen Länder vorzusehen. Außerdem sollen dem Saarland noch zusätzlich im Rahmen der Verabschiedung des Haushalts 15 Millionen DM zur Linderung seiner Kohlenkrise bereitgestellt werden.
Mindestens 190 Millionen DM fließen den Ländern bereits durch die Einnahmeverbesserungen mehr zu, die der Bund in den einzelnen Steuergesetzen vorgenommen hat. Da die Länder auch die Finanzlast der Gemeinden mitzutragen haben, sind die 660 Millionen DM noch hinzuzurechnen, die durch die völlige Überlassung des zweckgebundenen Mineralölsteuer-Mehraufkommens den Gemeinden zufließen.
Würdigt man das auf dem Hintergrund der Haushaltsschwierigkeiten des Bundes, so ist auf jeden Fall die länderfreundliche Gesinnung des neuen Bundeskanzlers ganz klar zu erkennen. Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß trotz der schwierigen Haushaltssituation diese enorme Leistung des Bundes möglich war. Wir werden in der zweiten und dritten Lesung deshalb diesen beiden Gesetzen in der jetzt vorliegenden Fassung zustimmen. Ich betone das vor allem deshalb, weil wir wissen, welche bedeutsamen, den Bundesaufgaben gleichrangigen Funktionen die Länder zu erfüllen haben. Ich will hier nur auf die Ausgaben für Wissenschaft und Kultur und zur Förderung der Landesstruktur auf allen Gebieten unseres modernen Lebens hinweisen.
Wir dürfen aber auch von den Ländern im Interesse eines zeitgemäßen föderalistischen Staatsaufbaus verlangen, daß sie die große Aufgabe der Finanzreform mit uns gemeinsam anpacken. Bekanntlich ist die Finanzlage der Gemeinden ein zentrales Problem in diesem Zusammenhang. Genauso, wie der Bund trotz schwierigster Engpässe insgesamt über 2 Milliarden DM für Länder und

Dr. Althammer
Gemeinden zusätzlich frei gemacht hat, erwarten wir, daß die Länder für ihre Gemeinden finanziell mehr tun und nicht etwa ihre bisherigen Finanzzuweisungen mit dem Hinweis auf die 660 Millionen DM aus der Mineralölsteuer einschränken, wie es leider schon zu hören war.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auch erscheint es vordringlich, daß Bund, Länder und Gemeinden eine volle Vergleichbarkeit der Haushalte herstellen, damit ein möglichst gerechter Ausgleich des Bedarfs auf Grund unbestrittener gemeinsamer Zahlenangaben gefunden werden kann.
Ein wichtiger Schritt, den wir heute tun, sollte in dem überstürzten Tempo der Finanzmaßnahmen nicht untergehen: Die Verfassungsbestimmung des Art. 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes wird erstmals durch ein Gesetz ausgefüllt. Noch 1966 hatte der damalige Finanzminister Bedenken, neben dem horizontalen Finanzausgleich und dem Steuerverbund bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer eine dritte Ausgleichsmöglichkeit zwischen den Ländern hinsichtlich ihrer Finanzkraft einzuführen. Wir sollten nicht übersehen, daß wir uns mit diesem Länderfinanzausgleichsgesetz verfassungsrechtlich auf unsicherem Boden bewegen. Kollege Dr. Abelein hat bei der letzten Debatte zu diesem Punkt zutreffend festgestellt, daß die Ergänzungszuweisung der Ausnahmefall sein muß. Trotzdem ist es meines Erachtens ein großer Vorzug dieser Regelung gegenüber einer Änderung des Anteils der Einkommen- und Körperschaftsteuer, daß eine größere Zielgenauigkeit zugunsten der steuerschwachen Länder hier gegeben ist.
Im Initiativentwurf des Bundesrats war ein Prozentsatz ohne genaue Zahlenangaben für die einzelnen Länder enthalten. Die Fassung des Finanzausschusses des Bundestages sieht genaue Quoten für die einzelnen Länder vor. Es wäre sehr zu wünschen, daß die Ausgestaltung dieser Ergänzungszuweisung juristisch so eingehend wie möglich geklärt würde. Für die Jahre 1967 und 1968 ist nun diese Ergänzungszuweisung fixiert. Es ist aber eindeutig, daß sie zu keiner Dauereinrichtung werden darf. Für die •steuerschwachen Länder wird die Zustimmung zu dieser Lösung sicher nicht leicht. Wir erkennen an, daß sie im Interesse einer einvernehmlichen Lösung dabei ein schweres Opfer gebracht haben.
Die heute zu verabschiedenden Gesetze und Verordnungen sind ein weiterer Schritt zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Wir alle wissen, daß sehr bald noch weitere schwere Maßnahmen werden folgen müssen. Die Reaktion der Offentlichkeit auf einige extreme Äußerungen von Interessenvertretern hat klar gezeigt, daß die große Bereitschaft in unserem Volke für Einsparungen und Opfer vorhanden ist. Unser deutsches Volk hat mit dieser Haltung einen neuen bewunderungswerten Beweis seiner politischen Reife erbracht. Für uns bedeutet dies die Verpflichtung, schnell und wirksam zu handeln und auch die weiteren notwendigen Maßnahmen in diesem Hause durchzuführen. Möge sich das gesamte Parlament der Haltung unserer Bevölkerung würdig erweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0509021700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509021800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Bemerkung, bei der ich nicht weiß, ob ich die Unterstützung meiner Fraktion dazu habe. Ich halte die heutige Debatte zum Teil für überflüssig. Die Grundsatzfragen — es ist auch von der FDP von Grundsatzfragen gesprochen worden — sind bereits behandelt worden, und wir hätten besser daran getan, sofort an die Arbeit zu gehen.
Da nun aber dieses Hohe Haus beschlossen hat, daß nach der Begründung der einzelnen Maßnahmen durch den Herrn Bundesfinanzminister noch einmal debattiert werden soll, sei es mir erlaubt, zu einigen Fragen, die hier aufgeworfen worden sind, im Namen meiner Fraktion einige Bemerkungen zu machen.
Zunächst möchte ich eine Tatsache festhalten, die leider allzu oft wieder untergeht: diese neue Bundesregierung und dieses Hohe Haus haben seit Bestehen der neuen Regierung 8,4 Milliarden DM im Haushalt ausgeglichen. Ich halte das für eine Leistung, die in unserer Zeit absolut als bewundernswert anzuerkennen ist. Das sollte auch von der Offentlichkeit so gesehen werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Selbstverständlich ist dieser oder jener Interessenverband auf Grund seiner Interessenlage nicht ganz glücklich über diese oder jene beschlossene Maßnahme. Wir haben uns aber schon lange Zeit vor der Regierungskrise einmal die Auflage gegeben, die Subventionen zu überprüfen und zu versuchen, überholte Subventionen zu streichen. Alle drei Fraktionen dieses Hauses haben damals beschlossen, zumindest 10 % zu kürzen.

(Abg. Dr. Althammer [zur FDP] : „Glasharte Entscheidungen!")

Als wir dann an die Arbeit gingen, kam natürlich von den verschiedenen Ecken sofort Widerspruch, und es wurde uns gesagt: Nicht bei uns, sondern woanders!

(Zurufe von der FPD.)

Ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen, daß die Bundesregierung in der nicht einfachen Lage, in der sie sich befindet, versucht hat, hinsichtlich der Streichungen einen Ausgleich nach allen Seiten zu finden. Deshalb bedaure ich außerordentlich solche Äußerungen, wie sie Herr Rehwinkel hinsichtlich radikaler Strömungen geradezu herausgefordert hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dieses Haus hat in den ganzen Jahren vorher auf allen Seiten den Versuch gemacht, die Probleme der Landwirtschaft zu würdigen und der Landwirtschaft zu helfen, damit sie beim Eintritt in die EWG kon-



Hermsdorf
kurrenzfähig ist. Wenn wir heute auf Grund der Haushaltslage auch bei der Landwirtschaft Streichungen vornehmen müssen, so fällt das keinem einzigen Mitglied dieses Hohen Hauses leicht. Aber wir sind der Auffassung, daß jetzt auch an jene herangegangen werden muß, die bisher von der Streichung verschont geblieben sind.
Für meine Person möchte ich hinzufügen, daß ich das Verhalten des Bundesernährungsministers in bezug auf seine Streichungsvorschläge für nicht seriös halte. Es ist völlig ausgeschlossen, daß man von vornherein die Linie einschlägt, zu sagen: Ich biete das an, aber ich bin ja sicher, daß das wieder in den Eventualhaushalt kommt. Dieses Verhalten kann nicht die Norm hier in diesem Hause sein; denn sonst würden wir ins Rutschen kommen.
Für meine Fraktion möchte ich versichern, daß wir uns sehr genau die Ist-Zahlen in jedem einzelnen Haushalt ansehen und eventuell Umschichtungen vornehmen werden. Wir werden aber nach den Ist-Zahlen streichen und nicht Investitionen, die man einfach nur umzuschichten versucht.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0509021900
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509022000
Sehr gern.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509022100
Herr Kollege Hermsdorf, wie wollen Sie begründen, daß ausgerechnet bei der Landwirtschaft Investitionsmaßnahmen gestrichen werden? Ist Ihnen als Mitglied des Haushaltsausschusses nicht bekannt, daß der Einzelplan 10 in den letzten Jahren kaum mehr ausgeweitet worden ist? Im Gegenteil, er wurde beim Haushaltssicherungsgesetz sogar schon weitgehend reduziert.

(Zuruf von der Mitte: Na, na!)

Können Sie da noch von einer gerechten Verteilung der Belastungen sprechen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509022200
Herr Ertl, wenn Sie genau hingehört hätten — aber das kommt bei Ihnen selten vor —, hätten Sie festgestellt, daß ich gesagt habe, daß ich es eben gerade für nicht richtig halte, daß Investitionsmaßnahmen gestrichen werden, und daß ich mir das sehr genau überlegen werde. Ich habe gar nicht nur auf die Landwirtschaft abgehoben, sondern generell darauf, daß wir verpflichtet sind, die Höhe der Deckungslücke — wie wir auch umschichten in demselben Volumen zu halten. Das müssen wir bei jedem Haushalt machen. Dazu ist auch die FDP verpflichtet. Wegen Ihrer Reden, die Sie immer halten, würde ich Ihnen und Ihrem Kollegen Emde wünschen, ein halbes Jahr im Haushaltsausschuß zu sein, damit Sie nicht mehr solche propagandistischen Korken in die Gegend setzen können.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0509022300
Gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0509022400
Ich möchte sachlich fragen — ich könnte mich auch auf Ihre Polemik, Herr Hermsdorf, einlassen —, ob Sie ernsthaft bereit sind, hier zu behaupten, das sei gleichgewichtig verteilt worden. Ich könnte mir vorstellen, daß es Einzelpläne gibt, die sehr geschont wurden, und daß es sogar in letzter Zeit ergriffene gesetzliche Maßnahmen gibt, die man durchaus einer Prüfung hätte unterziehen können.

(Zurufe von der Mitte: Vorschläge!)

— Zum Beispiel das 312-Mark-Gesetz.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509022500
Herr Kollege Ertl, auch diese zweite Frage zeigt mir, daß Sie die Problematik nicht kennen, und daß Sie weder dem Herrn Bundesfinanzfinanzminister noch den anderen Kollegen zugehört haben. Hier ist in aller Deutlichkeit von allen Sprechern bisher gesagt worden — auch von dem Sprecher Ihrer Partei —, daß noch eine Reihe von Maßnahmen in diesem Jahr und darüber hinaus auf uns zukommen, die wir ja auch noch bewältigen müssen. Sie können doch nicht nur das heutige Paket sehen, sondern müssen auch das sehen, was noch 1968 von dieser Regierung und von diesem Haus gefordert werden muß.
Ich verstehe am allerwenigsten, wieso gerade Sie sich aufregen, da doch Ihre Partei, die FDP, laufend den Finanzminister gestellt und diese Fragen hier niemals vorgebracht hat,

(Sehr richtig! in der Mitte — Beifall bei den Regierungsparteien)

die Sie hier jetzt dauernd in Zwischenfragen und Zwischenrufen aufzuwerfen versuchen.
Vielleicht gestatten Sie mir auch noch einige Worte zu den voraufgegangenen Ausführungen des FDP-Sprechers. Er hat noch einmal in bezug auf den Eventualhaushalt gesagt, die FDP stimme dem Eventualhaushalt zwar grundsätzlich zu, es liege aber die Gefahr inflationistischer Geldschöpfung 'in ihm. Nun muß ich Ihnen folgendes sagen. Ihr Kollege Emde hat bei der Beratung in der vorigen Woche als Sprecher Ihrer Fraktion dem Eventualhaushalt grundsätzlich zugestimmt und sogar noch hinzugefügt, daß die FDP in den Koalitionsgesprächen dem ebenfalls zugestimmt hat. Nun werfen Sie hier das Problem der inflationistischen Geldschöpfung auf. Als Mitglied ,der damaligen Expertenkommission weiß ich, daß bei der Frage des Eventualhaushaltes — der ja eine Schöpfung der sozialdemokratischen Fraktion ist, die 'ihn hier bei der Beratung des Haushaltes 1966 vertreten hat — zunächst gesagt worden ist, da bestehe eine Gefahr.
Nun möchte ich Ihnen zu dem Wort „inflationistische Geldschöpfung" folgendes sagen. Ich halte es für eine Gefahr — nicht nur beim Eventualhaushalt, sondern auch in der allgemeinen Auseinandersetzung —, in dieser Lage das Wort Inflation überhaupt in den Mund 'zu nehmen, und es zeugte meiner Ansicht nach von einer geradezu — wie soll ich sagen — verantwortungslosen Haltung, als Ihr Vorsitzender in jener Wahlnacht von einer dritten Inflation sprach.

(Abg. Windelen: „Währungsreform"!)




Hermsdorf
Sie setzen das mit derselben Tendenz hier fort, und ich muß das für meine Fraktion zurückweisen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0509022600
Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Staratzke?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509022700
Bitte!

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0509022800
Herr Kollege Hermsdorf, haben Sie vielleicht überhört, daß ich ausdrücklich gesagt habe, daß diese Gefahren wohl möglich sind, daß wir aber auf der anderen Seite auf die große und sachgerechte Erfahrung und das Tun der unabhängigen Notenbank bauen und ihr ,das Vertrauen geben?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0509022900
Ich habe sehr wohl zugehört, aber ich hoffe doch, daß Sie ein wenig verstehen, wie sehr unser Volk durch die Erfahrungen in den 30er Jahren und durch die Erfahrungen aus zwei Inflationen empfindlich geworden ist für solche Redewendungen, auch wenn sie hinterher noch mit irgendeinem Satz verbrämt werden. Ich will noch hinzufügen: Wir können und die Bundesregierung kann noch so logische Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik beschließen, wir alle würden daran scheitern, wenn wir das Vertrauen der Wirtschaft und unserer Bevölkerung nicht haben. Und das Vertrauen wird durch derartige Zwischenbemerkungen eben entsprechend herabgewürdigt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich sage Ihnen weiter: Ich würde nicht nur nicht von Inflation gesprochen haben, sondern ich halte es auch für viel zu weitgehend, zu sagen, daß wir in einer Krise leben. Verzeihung, meine Damen und Herren, bei der Lage, in der wir uns befinden, handelt es sich um eine hausgemachte Stagnation, um eine gewisse Rückläufigkeit in der Wirtschaft, die wir wieder in den Griff bekommen, wenn wir a) die Maßnahmen der Regierung befolgen und b) in unserer Bevölkerung wieder Vertrauen zu dieser Regierung erwecken.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich möchte weiter hinzufügen — das ist auch vom Bundesfinanzminister gesagt worden, nicht hier im Plenarsaal, aber in dem Bericht, den er beiden Ausschüssen gegeben hat —, daß wir uns klar sein müssen, daß es erstens noch eine Reihe von Maßnahmen geben wird, die wir so rasch wie möglich erledigen müssen, und daß wir uns zweitens vor einem hüten sollen: nur die jetzigen Streichungen zu sehen. Wir müssen auch das im Auge haben, was noch auf uns zukommt.
Bei dem Beteiligungsgesetz und den Ergänzungszuweisungen geht man zunächst von einem Beschluß für zwei Jahre aus. Wir sind etwas anderer Auffassung, als sie von Herrn Althammer dargelegt worden ist. Wir haben im Ausschuß darüber gesprochen. Herr Althammer, ich bin auch der Meinung, daß das, was Sie wollen, bisher nicht die Praxis der
Regierung Erhard/Mende war, sondern daß man einfach global die Ergänzungszuweisungen überwiesen hat, ohne daß sie an bestimmte Richtlinien gebunden waren. Aber vor einem möchte ich warnen: Dieses Beteiligungsgesetz, die Ergänzungszuweisungen sind keinesfalls irgendwie die Vorwegnahme eines Teiles der Finanzreform. Ich möchte davor warnen, zu glauben, daß mit der Finanzreform als solcher eine größere Beweglichkeit hinsichtlich der Verfügung von Mitteln vorhanden sei. Wir werden eine Ordnung hinsichtlich der Kompetenzen bekommen, aber noch keinesfalls mehr Beweglichkeit hinsichtlich 'der Masse.. Das. hängt von ganz anderen Gesichtspunkten ab. Aber um Ordnung zu bekommen, um mittelfristig und langfristig besser planen zu können, ist .die Inangriffnahme der Finanzreform und die Verabschiedung, eventuell noch in dieser Legislaturperiode, absolut notwendig, weil wir sonst einfach nicht wissen: Was ist Aufgabe des Bundes, was ist Aufgabe der Länder, was ist Aufgabe der Gemeinden, und wie können wir sehen, was in den nächsten Jahren auf den Bund zukommt?
Der Herr Bundesfinanzminister hat von uns heute verlangt, daß wir initiativ werden. Wir werden das tun, wir unterstützen dies. Wir werden auch der Verordnung zustimmen. Aber hinsichtlich der einzelnen Positionen behalten wir uns völlig freie Hand vor. Wir verpflichten uns, die Deckungslücke zu schließen. Darüber besteht Einigkeit.
Ich appelliere an dieses Haus, daß alle drei Fraktionen im Vertrauen auf die Maßnahmen, die diese Regierung beschlossen hat, und im Vertrauen auf den gesunden Menschenverstand den Versuch machen, so rasch wie möglich an die Arbeit zu gehen, um wieder Beruhigung in unser Volk zu bringen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0509023000
Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen dann zu der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 a bis e. Zunächst Punkt 4 a, erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1967 (Ergänzungshaushaltsgesetz 1967), Drucksache V/1235.
Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. Wer dafür ist, den bitte ich um ,das Handzeichen. Wer ist dagegen? — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Dann Punkt 4 b, Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Ersten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen, Drucksache V/1341. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, an den Finanzausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Es ist einstimmig so beschlossen.



Vizepräsident Frau Dr. Probst
Wir kommen zu Punkt 4 c, zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer, Drucksache V/1066. Der Schriftliche Bericht des Finanzausschusses liegt Ihnen vor. Die Berichterstattung ist abgeschlossen. Das Wort zur Aussprache wird weiter nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in zweiter Beratung einschließlich Einleitung und Überschrift zustimmen will, der gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei wenigen Enthaltungen ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der erhebe sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —

(Zuruf: Eine Gegenstimme!)

Eine Gegenstimme; mit den übrigen Stimmen angenommen.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 4 d auf, zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahre 1965 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1965), Drucksache V/511. Außerdem liegen Ihnen die Drucksachen V/1348, V/1342, zu V/1342 vor. Die Berichterstattung ist abgeschlossen, die Beratung ebenso. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Wer dem Gesetz in zweiter Beratung einschließlich Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen einige Stimmen und bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, der erhebe sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Gegenstimmen angenommen.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 4 e, erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen, des Gesetzes über das Branntweinmonopol, des Zollgesetzes und des Umsatzsteuergesetzes (Steueränderungsgesetz 1967), Drucksache V/1358.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, an 'den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung sowie gemäß § 96 'der Geschäftsordnung vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutschdänischen Grenze
— Drucksache V/1017 —
Mündlicher Bericht des Innenausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache V/1338 —Berichterstatter: Abgeordneter Schonhofen ('Erste Beratung: 67. Sitzung)

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schonhofen. Wird 'das Wort zur Berichterstattung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Das Haus ist mit dem Verzicht auf Berichterstattung einverstanden.
Ich eröffne die Beratung. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Beratung.
Es liegen keine Änderungsanträge vor. Wer dem Gesetz einschließlich Einleitung und Überschrift in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen damit zur
dritten Beratung.
Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Das Gesetz ist in dritter 'Beratung einstimmig angenommen.
Ich komme zum Tagesordnungspunkt 6:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen (10. Ausschuß) über die Vorlage des Präsidenten ,des Europäischen Parlaments
betr. Entschließung betreffend die Schaffung eines Europäischen Jugendwerks
— Drucksachen V/666, V/1331 —
Berichterstatter: Abgeordneter Kubitza
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kubitza. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Das Haus ist mit 'dem Verzicht einverstanden.
Es wird nun abgestimmt. Wer dem Antrag des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen und dem Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen nun zu Punkt 7;
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten (17. Ausschuß) über den von der



Vizepräsident Frau Dr. Probst
Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben
— Drucksachen V/1099, V/1356
Berichterstatter: Abgeordneter Seither
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Er verzichtet. Das Haus ist damit einverstanden.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer dem Schriftlichen Bericht des Ausschusses und dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf morgen, Donnerstag, den 2. Februar 1967, 14.30 Uhr, ein.
Ich schließe die Sitzung.