Herr Kollege Ertl, gestatten Sie mir nach dieser zweiten Frage ein deutliches Wort. Es ist doch erkennbar geworden, daß alle Schichten unserer Bevölkerung ihren Beitrag leisten müssen, wenn wir zu einer Konsolidierung der Finanzsituation kommen wollen.
Vor diesem Hintergrund des Opfers, das von allen Bevölkerungsschichten zu bringen ist, müssen Sie die Auseinandersetzung darüber sehen, in welcher Weise der Landwirtschaft ihre berechtigten Belange trotzdem erhalten bleiben können. Das ist doch der Anlaß dafür, daß wir diesen — das darf man hier sagen — Erfolg erreicht haben.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte nicht vor, hier eine agrarpolitische Debatte zu entfesseln. Ich darf deshalb zum nächsten Punkt dieses Buketts von Maßnahmen kommen.
Es geht jetzt um das Beteiligungsverhältnis Bund—Länder, das ebenfalls in diesen Vorlagen angesprochen ist.
Es ist dem Herrn Bundeskanzler gelungen, in der schwierigsten Finanzsituation des Bundes seit Bestehen der Bundesrepublik eine zusätzliche Belastung durch einen Finanzstreit des Bundes mit den Ländern abzuwenden.
Der ursprüngliche Standpunkt des Bundes, daß Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes eine Beibehaltung des bisherigen Verteilungsschlüssels mit 39 % Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer rechtfertige, konnte nicht durchgesetzt werden. Auch der Kompromißvorschlag, wonach sich die Länder mit 62 % begnügen sollten, dafür aber eine Ergänzungszuweisung an die steuerschwachen Länder in einer wesentlich höheren Summe, als es gegenwärtig vorgesehen ist, zu leisten sei, fand nicht die Billigung der Länder. So sah sich der Bund genötigt, auf rund 1 Milliarde DM an Steuereinnahmen zugunsten der Länder zu verzichten, darüber hinaus aber auch auch eine Ergänzungszuweisung in Höhe von 260 Millionen DM an die steuerschwachen Länder vorzusehen. Außerdem sollen dem Saarland noch zusätzlich im Rahmen der Verabschiedung des Haushalts 15 Millionen DM zur Linderung seiner Kohlenkrise bereitgestellt werden.
Mindestens 190 Millionen DM fließen den Ländern bereits durch die Einnahmeverbesserungen mehr zu, die der Bund in den einzelnen Steuergesetzen vorgenommen hat. Da die Länder auch die Finanzlast der Gemeinden mitzutragen haben, sind die 660 Millionen DM noch hinzuzurechnen, die durch die völlige Überlassung des zweckgebundenen Mineralölsteuer-Mehraufkommens den Gemeinden zufließen.
Würdigt man das auf dem Hintergrund der Haushaltsschwierigkeiten des Bundes, so ist auf jeden Fall die länderfreundliche Gesinnung des neuen Bundeskanzlers ganz klar zu erkennen. Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß trotz der schwierigen Haushaltssituation diese enorme Leistung des Bundes möglich war. Wir werden in der zweiten und dritten Lesung deshalb diesen beiden Gesetzen in der jetzt vorliegenden Fassung zustimmen. Ich betone das vor allem deshalb, weil wir wissen, welche bedeutsamen, den Bundesaufgaben gleichrangigen Funktionen die Länder zu erfüllen haben. Ich will hier nur auf die Ausgaben für Wissenschaft und Kultur und zur Förderung der Landesstruktur auf allen Gebieten unseres modernen Lebens hinweisen.
Wir dürfen aber auch von den Ländern im Interesse eines zeitgemäßen föderalistischen Staatsaufbaus verlangen, daß sie die große Aufgabe der Finanzreform mit uns gemeinsam anpacken. Bekanntlich ist die Finanzlage der Gemeinden ein zentrales Problem in diesem Zusammenhang. Genauso, wie der Bund trotz schwierigster Engpässe insgesamt über 2 Milliarden DM für Länder und
Dr. Althammer
Gemeinden zusätzlich frei gemacht hat, erwarten wir, daß die Länder für ihre Gemeinden finanziell mehr tun und nicht etwa ihre bisherigen Finanzzuweisungen mit dem Hinweis auf die 660 Millionen DM aus der Mineralölsteuer einschränken, wie es leider schon zu hören war.
Auch erscheint es vordringlich, daß Bund, Länder und Gemeinden eine volle Vergleichbarkeit der Haushalte herstellen, damit ein möglichst gerechter Ausgleich des Bedarfs auf Grund unbestrittener gemeinsamer Zahlenangaben gefunden werden kann.
Ein wichtiger Schritt, den wir heute tun, sollte in dem überstürzten Tempo der Finanzmaßnahmen nicht untergehen: Die Verfassungsbestimmung des Art. 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes wird erstmals durch ein Gesetz ausgefüllt. Noch 1966 hatte der damalige Finanzminister Bedenken, neben dem horizontalen Finanzausgleich und dem Steuerverbund bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer eine dritte Ausgleichsmöglichkeit zwischen den Ländern hinsichtlich ihrer Finanzkraft einzuführen. Wir sollten nicht übersehen, daß wir uns mit diesem Länderfinanzausgleichsgesetz verfassungsrechtlich auf unsicherem Boden bewegen. Kollege Dr. Abelein hat bei der letzten Debatte zu diesem Punkt zutreffend festgestellt, daß die Ergänzungszuweisung der Ausnahmefall sein muß. Trotzdem ist es meines Erachtens ein großer Vorzug dieser Regelung gegenüber einer Änderung des Anteils der Einkommen- und Körperschaftsteuer, daß eine größere Zielgenauigkeit zugunsten der steuerschwachen Länder hier gegeben ist.
Im Initiativentwurf des Bundesrats war ein Prozentsatz ohne genaue Zahlenangaben für die einzelnen Länder enthalten. Die Fassung des Finanzausschusses des Bundestages sieht genaue Quoten für die einzelnen Länder vor. Es wäre sehr zu wünschen, daß die Ausgestaltung dieser Ergänzungszuweisung juristisch so eingehend wie möglich geklärt würde. Für die Jahre 1967 und 1968 ist nun diese Ergänzungszuweisung fixiert. Es ist aber eindeutig, daß sie zu keiner Dauereinrichtung werden darf. Für die •steuerschwachen Länder wird die Zustimmung zu dieser Lösung sicher nicht leicht. Wir erkennen an, daß sie im Interesse einer einvernehmlichen Lösung dabei ein schweres Opfer gebracht haben.
Die heute zu verabschiedenden Gesetze und Verordnungen sind ein weiterer Schritt zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Wir alle wissen, daß sehr bald noch weitere schwere Maßnahmen werden folgen müssen. Die Reaktion der Offentlichkeit auf einige extreme Äußerungen von Interessenvertretern hat klar gezeigt, daß die große Bereitschaft in unserem Volke für Einsparungen und Opfer vorhanden ist. Unser deutsches Volk hat mit dieser Haltung einen neuen bewunderungswerten Beweis seiner politischen Reife erbracht. Für uns bedeutet dies die Verpflichtung, schnell und wirksam zu handeln und auch die weiteren notwendigen Maßnahmen in diesem Hause durchzuführen. Möge sich das gesamte Parlament der Haltung unserer Bevölkerung würdig erweisen.