Rede von
Hans
Hermsdorf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich habe sehr wohl zugehört, aber ich hoffe doch, daß Sie ein wenig verstehen, wie sehr unser Volk durch die Erfahrungen in den 30er Jahren und durch die Erfahrungen aus zwei Inflationen empfindlich geworden ist für solche Redewendungen, auch wenn sie hinterher noch mit irgendeinem Satz verbrämt werden. Ich will noch hinzufügen: Wir können und die Bundesregierung kann noch so logische Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik beschließen, wir alle würden daran scheitern, wenn wir das Vertrauen der Wirtschaft und unserer Bevölkerung nicht haben. Und das Vertrauen wird durch derartige Zwischenbemerkungen eben entsprechend herabgewürdigt.
Ich sage Ihnen weiter: Ich würde nicht nur nicht von Inflation gesprochen haben, sondern ich halte es auch für viel zu weitgehend, zu sagen, daß wir in einer Krise leben. Verzeihung, meine Damen und Herren, bei der Lage, in der wir uns befinden, handelt es sich um eine hausgemachte Stagnation, um eine gewisse Rückläufigkeit in der Wirtschaft, die wir wieder in den Griff bekommen, wenn wir a) die Maßnahmen der Regierung befolgen und b) in unserer Bevölkerung wieder Vertrauen zu dieser Regierung erwecken.
Ich möchte weiter hinzufügen — das ist auch vom Bundesfinanzminister gesagt worden, nicht hier im Plenarsaal, aber in dem Bericht, den er beiden Ausschüssen gegeben hat —, daß wir uns klar sein müssen, daß es erstens noch eine Reihe von Maßnahmen geben wird, die wir so rasch wie möglich erledigen müssen, und daß wir uns zweitens vor einem hüten sollen: nur die jetzigen Streichungen zu sehen. Wir müssen auch das im Auge haben, was noch auf uns zukommt.
Bei dem Beteiligungsgesetz und den Ergänzungszuweisungen geht man zunächst von einem Beschluß für zwei Jahre aus. Wir sind etwas anderer Auffassung, als sie von Herrn Althammer dargelegt worden ist. Wir haben im Ausschuß darüber gesprochen. Herr Althammer, ich bin auch der Meinung, daß das, was Sie wollen, bisher nicht die Praxis der
Regierung Erhard/Mende war, sondern daß man einfach global die Ergänzungszuweisungen überwiesen hat, ohne daß sie an bestimmte Richtlinien gebunden waren. Aber vor einem möchte ich warnen: Dieses Beteiligungsgesetz, die Ergänzungszuweisungen sind keinesfalls irgendwie die Vorwegnahme eines Teiles der Finanzreform. Ich möchte davor warnen, zu glauben, daß mit der Finanzreform als solcher eine größere Beweglichkeit hinsichtlich der Verfügung von Mitteln vorhanden sei. Wir werden eine Ordnung hinsichtlich der Kompetenzen bekommen, aber noch keinesfalls mehr Beweglichkeit hinsichtlich 'der Masse.. Das. hängt von ganz anderen Gesichtspunkten ab. Aber um Ordnung zu bekommen, um mittelfristig und langfristig besser planen zu können, ist .die Inangriffnahme der Finanzreform und die Verabschiedung, eventuell noch in dieser Legislaturperiode, absolut notwendig, weil wir sonst einfach nicht wissen: Was ist Aufgabe des Bundes, was ist Aufgabe der Länder, was ist Aufgabe der Gemeinden, und wie können wir sehen, was in den nächsten Jahren auf den Bund zukommt?
Der Herr Bundesfinanzminister hat von uns heute verlangt, daß wir initiativ werden. Wir werden das tun, wir unterstützen dies. Wir werden auch der Verordnung zustimmen. Aber hinsichtlich der einzelnen Positionen behalten wir uns völlig freie Hand vor. Wir verpflichten uns, die Deckungslücke zu schließen. Darüber besteht Einigkeit.
Ich appelliere an dieses Haus, daß alle drei Fraktionen im Vertrauen auf die Maßnahmen, die diese Regierung beschlossen hat, und im Vertrauen auf den gesunden Menschenverstand den Versuch machen, so rasch wie möglich an die Arbeit zu gehen, um wieder Beruhigung in unser Volk zu bringen.