Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um folgenden Punkt erweitert werden: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen , Drucksachen 1930 und 1869. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren!
In der Frühe des gestrigen Tages starben unter den Trümmern eines zusammenbrechenden Hauses in Frankfurt am Main 26 Männer, Frauen und Kinder. Sieben wurden verletzt geborgen. Gestern nachmittag stürzte die Decke einer Fabrikhalle in Braunschweig ein. Zwei Frauen, Arbeiterinnen des
Werkes, wurden getötet, 16 andere verletzt. Diese beiden Unglücksfälle am selben Tage erinnern uns wieder einmal daran: Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen. Aber die beiden Unglücksfälle zwingen uns, die wir über das Wohl unseres Volkes und die Sicherheit seiner Bürger zu wachen haben, auch zu der ernsten Frage, wie dies geschehen konnte. Es ist heute und hier nicht unsere Aufgabe, darauf eine Antwort zu suchen. Die amtliche Untersuchung ist eingeleitet. Dieses Haus muß darauf bestehen, bald ein klares Ergebnis zu hören. Heute aber gehört unsere Anteilnahme den Opfern und ihren schwer betroffenen Familien, und unsere Wünsche für eine baldige Genesung gelten den Verletzten.
Sie, meine Damen und Herren, haben sich zu Ehren der so plötzlich Abgerufenen erhoben. Ich danke Ihnen.
Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung. Ich rufe auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 (Drucksache 1900).
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen im Namen der Bundesregierung den Haushaltsplan des Bundes für das Rechnungsjahr 1956/57 vorzulegen. Der Haushaltsplan wird von der Bundesregierung auch in diesem Jahr einen Monat vor der vorgeschriebenen Zeit, also so rechtzeitig vorgelegt, daß die Verabschiedung des Haushaltsplans zu dem im Grundgesetz vorgesehenen Zeitpunkt möglich sein sollte.
Ich darf daran erinnern, daß es in den ersten Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik eine besonders schwere Aufgabe war, diese Vorlagefristen einzuhalten. Es hat auch in diesem Jahre einer sehr angestrengten Arbeit aller Beteiligten bedurft, um den Haushaltsplan wieder in der gewünschten übersichtlichen Form vorzulegen, und ich darf die Gelegenheit benützen, um von dieser Stelle aus allen an diesem Werk Beteiligten den Dank für die große Arbeitsleistung auszusprechen.
Ich habe in den früheren Jahren schon immer betont, daß es mein Wunsch wäre, den Haushaltsentwurf als erstem dem Deutschen Bundestag bekanntzugeben. Daß dies nicht möglich ist, ergibt sich aus der im Grundgesetz vorgesehenen Regelung des Weges unserer Gesetzgebung.
Ich denke etwas mit Neid an das Gewohnheitsrecht, das sich in Großbritannien nach dieser Richtung hin entwickelt hat. Der britische Schatzkanzler stellt nach Besprechungen mit den Ressorts den Haushaltsplan im Entwurf auf und teilt ihn dem britischen Kabinett an dem Vormittag des Tages mit, an dem am Nachmittag die Bekanntgabe des Haushalts mit allen damit verbundenen steuergesetzlichen Regelungen im englischen Unterhaus stattfindet.
Das ist in England die Praxis; sie ist in der deutschen Bundesrepublik nicht möglich. Das Grundgesetz schreibt vor, daß der Haushalt zuerst dem Bundesrat zur Beratung vorgelegt wird. An dem
Tag, an dem er dem Bundesrat mitgeteilt wird, wird er ebenso wie alle anderen Vorlagen der Öffentlichkeit bekannt. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, daß der Bundesfinanzminister am gleichen Tag auch der Öffentlichkeit einen Überblick über den dem Bundesrat zugeleiteten Haushaltsentwurf geben muß. Diese Übung, die nun schon mehrere Jahre im Gange ist, hat Kritik — und nicht ganz unberechtigt — gefunden. Aber sollte der Bundesfinanzminister die Bekanntgabe Leuten überlassen, die vielleicht weniger dazu berufen und weniger dazu geeignet sind?
Ich möchte aber natürlich die Gelegenheit der ersten Lesung des Haushaltsgesetzes benutzen, um dem Deutschen Bundestag ein besonders geschlossenes Bild der Finanzlage, insbesondere der politischen Grundgedanken, die im jeweiligen Haushalt zum Ausdruck kommen, zu geben.
Auch in den früheren Jahren habe ich den jeweiligen Haushalt unter ein besonders kennzeichnendes Wort gestellt. Ich darf dies auch heute versuchen. Dieses Wort müßte wohl heißen: „Haushalt der Sicherheit nach innen und nach außen". Ich will das kurz begründen.
Der Haushalt 1956/57 trägt ein besonderes Gepräge. Er ist schon, bevor er geboren wurde, in der Öffentlichkeit stark umstritten worden, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Konjunktur, sondern insbesondere mit der These, daß die Kassen des Bundes ja übervoll seien und daß deshalb die Möglichkeit zu großen Steuersenkungen und zu großen Erhöhungen von Ausgaben bestehe. Lassen Sie mich nun zunächst hierzu ein grundsätzliches Wort sagen: Die Finanzpolitik hat zu dienen. Sie hat dem Staatsganzen zu dienen; sie hat die Aufgabe, die Mittel zu beschaffen, die notwendig sind, um diejenige Staatspolitik zu ermöglichen, zu der sich Parlament und Regierung entschlossen haben.
Der Haushaltsplan 1956 ist nun der erste Haushalt, den die deutsche Bundesrepublik nach dem Tag der Wiedererlangung der Souveränität unseres Staatswesens vorlegt. Es ist der erste Haushalt, den die Bundesregierung nach dem Inkrafttreten der Pariser Verträge vorlegt. Sie übermittelt ihn diesem Hause in den Tagen nach der zweiten Genfer Konferenz, nachdem wohl überall klargeworden ist, daß die russische Großmacht ihre Zustimmung zur Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands jetzt nur geben würde, wenn das vereinigte Deutschland den Weg der Bolschewisierung des gesamten deutschen Volkes ginge. Sie legt ihn vor in einer Zeit, in der es für das deutsche Schicksal entscheidend sein wird, ob das Volk diesem Druck standhalten und in Gemeinschaft mit den freien Mächten der Welt der russischen Großmacht die Überzeugung beibringen kann, daß alle Versuche zu einer Bolschewisierung Deutschlands ergebnislos sind und immer sein werden.
Entscheidend wird ferner sein, ob der Zusammenhalt unter den Mächten der freien Welt sich als unerschütterlich erweist.
Dies alles hat aber zur Voraussetzung — was auch einmal der Finanzminister klar aussprechen muß —, daß die deutsche Bundesrepublik die Verpflichtungen, die sie auf sich genommen hat, um die Hilfe der Mächte der freien Welt für das Ziel einer friedlichen Wiedervereinigung des freien Deutschlands zu erhalten, auch erfüllt. Dem Ziel der Sicherung unseres Staates nach außen, dem
Ziel, ein wiedervereinigtes Deutschland mit freier Selbstbestimmung seines Schicksals zu erhalten, hat auch die deutsche Finanzpolitik zu dienen. Sie hat daher die Mittel aufzubringen und zu sichern, die notwendig sind auf diesem Wege.
In der gleichen Überzeugung hat die Bundesregierung schon in den vergangenen Jahren dem deutschen Parlament vorgeschlagen, in den Haushalt den Betrag von 9000 Millionen DM als deutsche Verteidigungsleistung einzusetzen. Dieser Betrag tritt an die Stelle der Besatzungskosten, die in den Jahren vor der deutschen Souveränität jährlich mit etwa 7200 Millionen DM in unseren Haushaltsrechnungen erschienen sind. Der Betrag von 9000 Millionen DM war, wie Sie wissen, auch in den früheren Jahren im Bundeshaushaltsplan als deutscher Verteidigungsbeitrag für den Fall vorgesehen, daß die EVG während des Haushaltsjahres ins Leben treten sollte. Nunmehr sind an Stelle der EVG die Pariser Verträge in Kraft getreten. Die Bundesregierung hat den gleichen Betrag wie damals eingesetzt und glaubt, damit auch den Verpflichtungen, die sie in den Pariser Verträgen übernommen hat, voll zu entsprechen. Sie glaubt, damit eine Leistung zu vollbringen, die der Leistung aller anderen Mitgliedstaaten, gemessen an ihrer Leistungskraft, gleichkommt. In den nächsten Tagen wird die Konferenz der NATO-Mitgliedstaaten in Paris zusammentreten, die die Empfehlungen für die Verteidigungsleistungen der einzelnen Mitgliedstaaten, diesmal und erstmals auch der deutschen Bundesrepublik, aussprechen wird. Die Leistungen, die die deutsche Bundesrepublik zu vollbringen hat, sind bekanntlich keine Geldzahlungen an die Kasse einer übernationalen Gemeinschaft, von der dann die Mittel für die Aufstellung der Streitkräfte bestritten würden. Wir haben vielmehr selbst die Verpflichtung übernommen, Streitkräfte bestimmter Zahl und bestimmter Ausrüstung mit eigenen Mitteln aufzustellen. Ich bin der Hoffnung, daß alle übrigen NATO-Mitgliedstaaten sich überzeugen werden, daß der in diesem Haushalt vorgesehene Betrag für diese Zwecke ausreichend ist. Es darf nie vergessen werden, daß im deutschen Haushalt auch große Ausgaben wie z. B. für die Besatzungskosten der Stadt Berlin, für die Versorgung früherer Wehrmachtangehöriger, für Bereitschaftspolizei, Grenzschutz etc. sich befinden, die anrechnungsfähige Verteidigungsausgaben darstellen, wie sie zum Teil in den Wehrhaushalten anderer Länder unmittelbar enthalten sind. Ferner ist nicht zu vergessen, daß neben anderen auch die große Hilfe, die die deutsche Bundesrepublik der Stadt Berlin gewährt, hier mit zu veranschlagen ist. Diese Hilfe wird gegeben, um die seelische Widerstandskraft der Bevölkerung der Stadt Berlin aufrechtzuerhalten und damit den Frieden nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt zu sichern.
Nachdem dieser politische Weg nun feststeht, kann eine Haushaltsdebatte natürlich keinen Anlaß geben, die Frage aufzuwerfen, ob er richtig ist. Sie kann höchstens zu einer Aussprache darüber führen, ob die zur Verfügung gestellten Mittel ausreichen, zuviel oder zuwenig sind.
Die Ausgaben auch auf dem Verteidigungsgebiet treten nur in Kraft nach Bewilligung durch das deutsche Parlament. Auch Empfehlungen, die die NATO-Konferenz ausspricht, sind keine Bindung des Parlaments. Aber es besteht in diesem Hause wohl Klarheit darüber, welche politischen Folgen eintreten würden, wenn finanzielle Bedenken dazu führen sollten, die außenpolitischen Notwendigkeiten anders zu sehen oder gar zu verneinen.
Hierzu darf ich noch ein weiteres Wort sagen. Es ist klar, daß die Aufstellung der deutschen Streitkräfte und die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Pariser Verträgen einen Zeitraum von mehreren Jahren in Anspruch nehmen werden. Sie bedeuten eine schwere Belastung des deutschen Volkes, wie auch die Besatzungskosten bisher eine solche schwere Belastung bedeutet haben. Es ist nun zuzugeben, daß sich die Ausgaben nicht völlig gleichmäßig auf den für die Aufstellung der Streitkräfte notwendigen Zeitraum verteilen können. Vielmehr ist damit zu rechnen, daß in der Anlaufzeit die Ausgaben geringer sind, um in den späteren Jahren Spitzen zu erreichen, die für das einzelne Jahr zu überhohen Belastungen führen würden, wenn nicht vorausschauend auch finanzpolitisch für diese Jahre vorgesorgt würde.
Wir würden das Vertrauen der Welt in das deutsche Wort erschüttern, wenn wir zwar erklärten, daß wir bereit sind, unsere Verpflichtungen voll zu erfüllen, wenn wir aber nicht auch die Mittel, die wir für die Erfüllung dieser Verpflichtungen jetzt aufbringen können, dafür sicherstellten. Wollen wir die Belastung des deutschen Volkes aber gleichmäßig und damit für die deutsche Steuerkraft und die deutsche Wirtschaft tragbar gestalten, dann müssen wir es in Kauf nehmen, daß wir in den ersten Jahren die Mittel, die wir für diesen Zweck sichern, nicht auch schon voll ausgeben können. Dafür brauchen wir in den folgenden Jahren nicht übermäßig große Lasten aufzubringen, Lasten, die wir andernfalls der deutschen Steuerkraft und der deutschen Wirtschaft zusätzlich zumuten müßten.
Gegen diese nach meiner Überzeugung klare und einfache Überlegung wenden sich nun Behauptungen, die in der Öffentlichkeit aus leicht erklärlichen und nicht immer uneigennützigen Beweggründen erhoben worden sind. Ich habe neulich in einer Sitzung des Bundesrats das Wort gehört: „Sorgt zuerst dafür, daß alle Schulen und Krankenhäuser gebaut werden können, und dann baut erst Kasernen!" Ich kann das Wort auch anders benennen. Es könnte lauten: „Denkt zuerst an die Wünsche der Länderhaushalte und dann erst an das, was die Sicherung der deutschen Bundesrepublik nach außen erfordert!"
Von anderer Seite ist erklärt worden, man möge gerade die sogenannten „Ersparnisse" des Verteidigungshaushalts dazu verwenden, große Steuersenkungen durchzuführen oder auch große Aufgaben zu beschließen. Man könne es ja dann der späteren Zeit überlassen, die Aufwendungen, die für die deutsche Verteidigung und die Sicherung nach außen notwendig sind, aufzubringen. Schließlich ist auch gesagt worden, daß es eine finanzielle Vorsorge dieser Art gar nicht gebe und daß sie volkswirtschaftlich nicht an ihr Ziel gelangen könne.
Meine Damen und Herren, dazu zunächst ein Beispiel aus der Vergangenheit! Der deutsche Bundesfinanzminister ist schon im vorigen Jahr aus dem gleichen Grund wie jetzt heftigen Angriffen ausgesetzt gewesen. Es hat sich damals um den sogenannten Überhang an Besatzungskosten gehandelt, Die Besatzungsmächte durften Besatzungs-
kosten anfordern bis zu einem Höchstbetrag von 7200 Millionen DM jährlich. Es war damals schon unsicher, ob sich dieser Betrag jährlich auch wirklich zweckmäßig verwenden ließe. Deshalb war in den Verträgen die Bestimmung enthalten, daß die Alliierten aus dem, was von den 7200 Millionen DM Höchstbetrag nicht verwendet würde, die notwendigen Mittel entnehmen könnten, um die Verpflichtungen zu erfüllen, die sie vor dem Tag der Souveränität eingegangen waren, die aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch Zahlung erledigt waren.
Die Besatzungsmächte haben in der Vergangenheit von den Besatzungskosten rund 4020 Millionen DM weniger verbraucht, als ihnen zustand. Wir haben diesen Unterschiedsbetrag mit Zustimmung dieses Hauses auf einem besonderen Konto festgelegt, weil wir wußten, daß vom Tag der Souveränität an diese Gelder verwendet werden müssen, um die von den Alliierten bis dahin eingegangenen Verpflichtungen zu bezahlen. Es handelt sich dabei um die Bezahlung der Lieferungen und Leistungen, die die deutsche Wirtschaft an die Besatzungsmächte auf Grund des Besatzungsstatuts gemacht hat. In dem vorliegenden Haushalt sehen Sie als Restbetrag des Überhangs an Besatzungskosten für das Jahr 1956 noch einen Betrag von 1620 Millionen DM, zu dem noch ein Betrag von 800 Millionen DM restlicher Stationierungskosten aus dem Jahre 1955 hinzukommt. Beide stehen im außerordentlichen Haushalt, und es steht ihnen ein Einnahmeposten in gleicher Höhe gegenüber als Abhebung von dem Konto, das für diesen Zweck angelegt wurde. Dieses Konto war also nie für den deutschen Finanzminister für irgendeinen anderen Zweck verfügbar, weder für Steuersenkungen noch für Ausgabenerhöhungen!
Wenn das Konto bei Inkrafttreten der Verteidigungsverträge nicht zur Verfügung gestanden hätte und wenn diese restlichen Besatzungskosten aus früherer Zeit heute bezahlt und aufgebracht werden müßten, würde dem Bundeshaushalt eine Einnahme von 2420 Millionen DM fehlen, und es wäre unmöglich, neben den anderen Verpflichtungen hierfür eine Deckung ohne eine zusätzliche Belastung des deutschen Steuerzahlers zu beschaffen.
Ich glaube also, daß sich diese vorausschauende und aus dem Zwang der Umstände geborene Überlegung gelohnt hat. Man sieht das heute auch überall ein. Man will nur bestreiten, daß das Ganze planmäßig war. Mir genügt, daß es richtig war.
Wir haben in der gegenwärtigen Zeit ein zweites, unmittelbares ähnliches Beispiel in Gestalt der Stationierungskosten. Die Stationierungsmächte haben das Recht, im Jahre 1955 von der deutschen Bundesrepublik 2968 Millionen DM anzufordern. Sie haben davon bis November erst rund 854 Millionen DM verausgabt. Die Vereinbarungen mit den Stationierungsmächten sehen aber vor, daß die Bundesrepublik die am Schluß des ersten deutschen Verteidigungsjahres, also am 5. Mai 1956 nicht in Anspruch genommenen Stationierungskosten für ein weiteres Jahr zur Verfügung halten muß. Wir müssen im Rechnungsjahr 1955 infolgedessen mit einem nicht ausgegebenen Rest an Stationierungskosten von schätzungsweise 800 Millionen DM rechnen. Dieser Betrag ist in dem oben erwähnten Betrag von 2420 Millionen DM altem Überhang an Besatzungskosten und neuem Überhang an Stationierungskosten enthalten.
Weder über den Betrag von 1620 Millionen DM restlicher Besatzungskosten noch über den Betrag von 800 Millionen DM restlicher Stationierungskosten hätte der Bundesfinanzminister je für andere Zwecke verfügen können. Das gleiche gilt jedoch auch bezüglich des Betrages, der als Verteidigungsbeitrag nun in den Haushalt eingesetzt ist. Falls etwa dieser Betrag im nächsten Rechnungsjahr nicht voll verbraucht wird, ebenso wie der im laufenden Jahr für eigene Verteidigungsstreitkräfte vorgesehene Betrag von rund 5,2 Milliarden DM in diesem Jahr nicht voll verbraucht werden kann, handelt es sich hier nicht um „echte" Ersparnisse. Ich muß das mit allem Nachdruck klarstellen. Echte Ersparnisse sind nur solche, die frei verfügbar sind und für andere Zwecke verwendet werden können. Würde die deutsche Bundesrepublik das aber tun, dann würde sie, wie gesagt, das Vertrauen der Welt in ihre feste Zusage und in ihren Willen verlieren, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Sie würde aber gar nicht in der Lage sein — und das scheint mir nun entscheidend zu sein —, in späteren Jahren das nachzuholen, was sie jetzt versäumt hat.
So wie beim Überhang an Besatzungskosten und Stationierungskosten von Anfang an nicht nur feststand, daß sie aufgebracht werden müssen, sondern auch der Zeitraum, bis wann sie aufgebracht werden müssen, so steht auch bei den Verteidigungsleistungen von vornherein fest, daß sie aufgebracht werden müssen, und es kann heute nach den Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, auch der Zeitraum bestimmt werden, bis zu dem sie aufgebracht sein müssen. Steuersenkungen aber in dem Bewußtsein zu machen, sie in späteren Jahren, und zwar in verhältnismäßig kurzer Zeit, durch viel größere Steuererhöhungen ausgleichen zu müssen, wäre psychologisch unsinnig.
Wegen einer einmaligen und zeitlich sehr kurzen Minderung von Ausgaben etwa andere Ausgaben zu beschließen, die von Dauer und unwiderruflich sind, wäre noch weniger zu verantworten.
Der Bundesfinanzminister ist übrigens in diesen ganzen Fragen der Überzeugung, daß die Lasten, die sich um der Verteidigung, um der Sicherung nach außen willen ergeben, auch für die deutsche Wirtschaft tragbar sind.
Ich darf nur darauf verweisen, daß wir bisher Besatzungskosten von 7200 Millionen DM zu tragen hatten und daß der Unterschied zwischen der Höhe des Verteidigungsbeitrags und diesen alten Besatzungskosten 1800 Millionen DM beträgt. Ich darf weiter darauf verweisen, daß es infolge des Steigens unseres Volkseinkommens — und nur deswegen — trotzdem möglich ist — ich werde noch darauf zu sprechen kommen —, große und nicht nur vorübergehende Steuererleichterungen zu geben, und ich darf schließlich im Haushalt selbst auf die sozialen Leistungen des deutschen Volkes aufmerksam machen, die nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar vermehrt werden konnten.
Ich halte es für töricht, wenn von anderer Seite gesagt wird, es widerspreche den gesunden Grundsätzen einer finanzwirtschaftlichen Konjunkturpflege, die Mittel für die Verteidigung zu einem entsprechenden Teilbetrag schon in diesem Jahr
zu sichern. Der Finanzminister des Bundes muß erklären, daß er nicht aus Gründen einer Überlegung für die Konjunktur, sondern um der Lebensnotwendigkeit des deutschen Volkes willen handelt. Er legt nicht aus falschen konjunkturpolitischen Erwägungen einen Schatz in den „Spandauer Turm", wo er dann generationenlang liegenbleiben soll. Es handelt sich überhaupt nicht um gewollte Geldstillegungen. Selbstverständlich habe ich mir ebenso wie die deutsche Bundesregierung Gedanken darüber gemacht, welches die Folgen für die deutsche Wirtschaft sein werden, sobald die Mittel, die für Verteidigungszwecke bereitgestellt sind, auch zur wirklichen Verwendung kommen, und in welchem Tempo dies zu geschehen hat. Aber ich weiß, daß die Vorstellung, diese Mittel würden schlagartig und zusätzlich in die deutsche Wirtschaft geworfen, völlig unrichtig ist. Ich weiß, daß es möglich sein wird, im Rahmen einer gesunden Zahlungsbilanz auch die Produktion des Auslandes zur Verfügung gestellt zu erhalten, und ich bin mit der Bundesregierung der Überzeugung, daß diese Zukunftsfrage ohne Erschütterung der deutschen Wirtschaft gelöst werden kann und wird. Ich muß aber heute davon ausgehen, daß die für Verteidigung vorgesehenen Mittel ihrem Zweck gesichert bleiben müssen und daß sie für andere Zwecke nicht verwendbar sind. Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß für andere Zwecke nur verwendbar bleibt, was der Bundeshaushalt an Einnahmen, die nicht für Verteidigungszwecke zu sichern sind, übrig hat.
Aber bevor ich diesen Punkt verlasse, möchte ich noch etwas anderes ganz klar herausstellen: Wenn der Haushalt am heutigen Tag alle fälligen Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber den Alliierten erfüllen und ferner dem Bundesverteidigungsminister seine 2,5 Milliarden DM auf den Tisch legen müßte, würde das Geld in unserem „Spandauer Turm" dazu nicht ausreichen; es würden trotz der guten Einnahmen im laufenden Jahr daran etwa bis zu 1 Milliarde DM — ohne die Restverpflichtungen aus dem Vorjahr — fehlen.
Das ist die Haushaltswirklichkeit, wenn sie auch überall, wie ich annehme, sehr ungern gehört und gesehen wird.
Ich sprach bisher von der Aufgabe des Bundeshaushalts, die Mittel für die äußere Sicherung zur Verfügung zu stellen. Ich habe schon erwähnt, daß ich dies für möglich halte, ohne die Sicherung nach innen zu gefährden. Ich habe erwähnt, daß die sozialen Leistungen des deutschen Volkes aufrechterhalten bleiben, sogar gestärkt werden. Es ist ferner selbstverständlich, daß die finanzielle Ordnung oberstes Ziel der deutschen Finanzpolitik bleibt.
Man muß hier die Dinge bei ihrem Namen nennen. Steuerpolitik hat nicht die Aufgabe, dirigistisch in die Wirtschaft einzugreifen. Wer das dem Bundesfinanzminister unterschiebt, tut ihm sehr unrecht. Steuerpolitik hat die Aufgabe, in gerechter Weise die Mittel für die Ausgaben des Staates aufzubringen.
Aber bei dem großen Anteil, den nun einmal die Abgaben an die öffentliche Hand in all ihren Formen an dem Bruttosozialprodukt haben, würde der Steuerpolitiker schlecht handeln, der sich nicht bewußt wäre, daß die Steuerpolitik auch so gehandhabt werden muß, daß sie möglichst gerecht und für die Wirtschaft möglichst tragbar ist.
Seit dem Sommer dieses Jahres beschäftigen sich fast alle europäischen Länder mit dem Wort von den Gefahren der Konjunkturentwicklung, und wir haben uns ja auch in der Sitzung des Deutschen Bundestages in Berlin am 17. Oktober darüber unterhalten. Sie haben das Programm der Bundesregierung gehört. Es spiegelt sich im Haushalt wider. Ich habe mich kürzlich mit einer britischen Wirtschaftsjournalistin unterhalten, die an mich die Frage richtete, wie es denn komme, daß wir in Deutschland, die wir doch ungefähr dieselben Erscheinungen hätten, wie sie sich in Großbritannien zeigten, ganz andere Wege gingen als Großbritannien. Dort würden nicht nur die Mittel der Kreditpolitik — Erhöhung des Diskontsatzes, Einschränkung der Kredite, insbesondere auch gegenüber den Gemeinden — eingesetzt, sondern es würde insbesondere eine Steuervorlage gemacht, die das Ziel habe, den Inlandsverbrauch stark durch Steuererhöhungen zu drosseln, um die Ausfuhr möglichst steigern zu können und damit die Zahlungsbilanz des Landes günstig zu beeinflussen. Ich habe ihr zur Antwort gegeben, daß nicht nur jedes Land nach seinen Verhältnissen handeln muß, sondern daß wir uns vielleicht auch dadurch unterscheiden, daß wir nicht Wirtschaftsprinzipien um dieser selbst willen zu Tode reiten wollen, sondern daß wir von Fall zu Fall nach den jeweiligen Gegebenheiten vorzugehen wünschen.
Sie finden im Bundeshaushalt die verschiedensten Wege, die die Bundesregierung zu gehen vorschlägt. Einmal den Versuch, die öffentlichen Ausgaben, insbesondere die Bauausgaben, in einem vernünftigen Maß zu halten mit dem Ziel eine weitere Übersteigerung der Baukosten zu verhindern. Sie finden bei verschiedenen Ansätzen im Bundeshaushalt, insbesondere solchen, die Bauzwecken dienen, Sperrvermerke, die die Möglichkeit geben sollen, wenn Gefahren auftreten, hier einzugreifen. Sie sehen ferner aus dem Bundeshaushalt, daß die Bundesregierung Lohn-, Gehalts- und Rentenerhöhungen nicht etwa schlechthin abweist, aber sie in einem Maß halten will, daß möglichst Preiserhöhungen in der privaten Wirtschaft und Steuererhöhungen in dem öffentlichen Haushalt vermieden werden. Sie finden also das Bestreben, einer Übersteigerung des Konsums entgegenzutreten, finden auf der andern Seite aber auch Ansätze, die eine Verbrauchsteuersenkung und sonstige Steuersenkungen ermöglichen sollen, obwohl damit die Nachfrage nach Verbrauchsgütern in bestimmtem Umfange gesteigert wird. Ich hoffe, Sie gewinnen daraus den Eindruck, daß die Bundesregierung zwar den Gefahren, die in allen Ländern, auch in der Bundesrepublik, sich zeigten, rechtzeitig entgegentreten wollte, daß sie aber auch nicht in nervöser Hast und Unruhe mit diesen Maßnahmen über das Ziel hinausschießen wollte.
Etwas, was ich schon in Berlin vor Ihnen darlegte: Als die Bundesregierung ihre Arbeit im Jahre 1949 übernahm, waren die Sorgen, die vor uns standen, andere, nämlich die, Arbeitsplätze zu schaffen und die Millionen Menschen, die in Deutschland wohnten und nach Deutschland hereinströmten, auch zu beschäftigen, ihnen ein lebenswürdiges Leben zu gewähren und die soziale Not zu bannen. Ich glaube, wir dürfen sagen, daß wir den Erfolg hatten, daß das Gespenst der Arbeitslosigkeit verschwunden ist, daß die deutsche
Wirtschaft wieder blüht und das Volkseinkommen stark gestiegen ist. Jeder Bevölkerungsteil hat an dem größer gewordenen Volkseinkommen seinen Anteil erhalten;
aber es hat sich jetzt eine Gefahr gezeigt. Es finden bekanntlich in einem Volk immer soziologische Verschiebungen statt, und der Anteil des einzelnen an dem gesamten Volkseinkommen wechselt. Bei allen Lohn- und Gehaltsbewegungen wird heute nicht so sehr die Behauptung vorgetragen, daß gestiegene Lebenshaltungskosten die Lohnforderungen neu begründeten, vielmehr die Behauptung, daß andere Teile des deutschen Volkes einen größeren Hundertteil an dem gesamten Volkseinkommen erworben hätten und daß man infolgedessen auch einen größeren Hundertteil an dem Volkseinkommen haben müsse. Eine solche Entwicklung würde aber mit Sicherheit dazu führen, daß der Kuchen Bruttosozialprodukt nicht mehr aus 100 Hundertteilen, sondern aus 150 oder mehr Hundertteilen bestehen müßte; und ein solcher Kuchen ist noch nie gefunden worden.
Die Bundesregierung mußte daher dafür sorgen, daß diese Bewegungen in einem gesunden Maße bleiben. Das zeigt sich im Bundeshaushalt schon in der Frage der Löhne und Gehälter. Beispielsweise finden Sie im Bundeshaushalt 1956, daß bei den Personalausgaben für Besoldungs- und Gehaltsverbesserungen lediglich rund 150 Millionen DM zusätzlich enthalten sind. Von diesem Betrag entfallen 130 Millionen DM auf das Bundesbesoldungsgesetz, und zwar auf der Grundlage des Gesetzentwurfs, der inzwischen auch vom Bundesrat verabschiedet und in seinen Grundzügen gebilligt worden ist. In wirtschaftlicher Hinsicht sieht der Entwurf eine Anhebung der Grundgehälter der Beamten auf 150 % des Standes von 1927 vor. Gewisse zusätzliche Verbesserungen bringt er für junge Beamte und für Beamte mit Kindern. Ebenso ist eine entsprechende Hebung der Versorgungsbezüge und der Übergangsbezüge des Personenkreises nach Art. 131 des Grundgesetzes vorgesehen. Ein weiterer Betrag von 20 Millionen DM ist für gewisse Erhöhungen der Angestelltenvergütungen und der Arbeiterlöhne eingesetzt. Die Tarifverhandlungen darüber haben letzten Dienstag, also vorgestern, ihren vorläufigen Abschluß gefunden, dem der im Haushalt vorgesehene Betrag ungefähr entspricht. Ich darf hier übrigens darauf verweisen, daß -die Bezüge für Angestellte und Arbeiter bereits in den Tarifverträgen vom Dezember 1954 eine Hebung erfahren hatten. Es ist bekannt und wohl nicht überraschend, daß die Forderungen der Beamtenverbände und der Tarifpartner über das hinausgehen, was der Regierungsentwurf eines Bundesbesoldungsgesetzes vorgesehen hatte.
Die Bundesregierung muß an dem Grundsatz festhalten, daß Lohnbewegungen, die zu Preiserhöhungen und Gehaltserhöhungen, die zu Steuererhöhungen führen, in sich wirkungslos verpuffen, da sie den Reallohn und das Realgehalt nicht steigern, sondern dann nur eine trügerische Ziffer bedeuten.
Sie wissen vielleicht auch schon, daß im Bundeshaushalt für Verbesserungen von sozialen Leistungen, von Einzelheiten ganz abgesehen, mit einem Betrag von 350 Millionen DM gerechnet ist. Aber ich komme zu gewissen grundsätzlichen Fragen unseren Sozialhaushalts später.
In dem Ihnen vorliegenden Haushaltsentwurf ist, wie Ihnen bekannt ist, Vorsorge für gewisse Steuersenkungen getroffen, auf die ich nun eingehen darf. Auf dem Gebiet der Ertragsteuern ist an eine Verbesserung der sogenannten Ehegattenbesteuerung gedacht — die entsprechende Denkschrift liegt Ihnen bereits vor —, ebenso an eine Erhöhung des Pauschales für Werbungskosten bei Lohn- und Gehaltsempfängern. Beide zusammen bringen einen Ausfall von 775 bis 800 Millionen DM, wovon auf den Bundeshaushalt allein etwa 280 Millionen DM entfallen. Auf die Einzelheiten dieser Denkschriften, die einer Beratung in diesem Hohen Hause unterworfen werden sollen, ist hier wohl nicht einzugehen, ebenso nicht auf die Einzelheiten jener Denkschrift, die Ihnen zum Thema einer etwaigen Verbesserung der Umsatzsteuer zugegangen ist.
Daneben sieht der Bundeshaushalt vor, daß etwa 400 Millionen DM auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern einschließlich Umsatzsteuer für Steuererleichterungen zur Verfügung gestellt werden.
— Ich spreche jetzt über die Steuersenkungen, Herr Kollege.
Hier ist in erster Linie an eine Senkung der Zuckersteuer gedacht, die von 26,50 DM auf 10 DM gesenkt werden soll. Die Senkung soll und kann beim Haushaltszucker dem Verbraucher durch Preisermäßigung voll zugute kommen. Das ist nämlich hier möglich, da für Zucker ein gebundener Preis besteht. Ob auch für den Zucker, der in der Süßwarenindustrie zur Verwendung kommt, eine entsprechende Preissenkung erzielt und gesichert werden kann, ist noch fraglich. Sollte dies nicht möglich sein, so wäre daran zu denken, wenigstens für die Großbetriebe der Süßwarenindustrie durch einen Zuschlag zur Umsatzsteuer diesen Gewinn auszugleichen, um die Mittel für andere Zwecke, die dem Verbraucher zugute kommen sollen, zur Verfügung zu haben.
Das gilt insbesondere für die Umsatzsteuer auf Milch. Es ist Ihnen ja bekannt, daß die Umsatzsteuer für Milcherzeugnisse in der ersten Verarbeitungsstufe aufgehoben werden soll, um dem Milcherzeuger eine Verbesserung des Milchpreises zu geben, ohne den Verbraucher allzustark belasten zu müssen. Die Senkung der Zuckersteuer und die Freistellung der Milcherzeugnisse in der ersten Verarbeitungsstufe von der Umsatzsteuer würden für den Bundeshaushalt allein schon einen Ausfall von schätzungsweise 280 Millionen DM bedeuten. Es wird wohl auch damit gerechnet werden müssen, daß die Umsatzsteuer für Milch beim Erzeuger und beim Milchhandel noch im Laufe dieses Rechnungsjahres wenigstens zur Hälfte aufgehoben bzw. gesenkt wird, was einen weiteren Ausfall von rund 80 Millionen DM bedeutet. Daneben soll entsprechend einem von allen Fraktionen des Bundestags gestellten Antrag die Zündwarensteuer um 90 % gesenkt werden, was wieder einen Ausfall
von 50 Millionen DM für den Bundeshaushalt bringt. Damit wären die Mittel in Höhe von 400 Millionen DM, die für Verbrauchsteuerverbesserungen zur Verfügung gestellt sind, verbraucht.
Beim Berliner Notopfer ist im Haushalt als Einnahme nur der Betrag angegeben, der dem Vorjahressoll entspricht. Das ist geschehen, weil im Bundesfinanzministerium daran gedacht wird, das Berliner Notopfer, soweit es 30 DM für den einzelnen bisher nicht übersteigt, ab 1. April 1956 nicht mehr zu erheben. Das würde bedeuten, daß z. B. eine Familie mit einem Kind bis zu etwa 3800 DM Einkommen — der entsprechende Arbeitslohn wäre in diesem Falle 4736 DM — und eine Familie mit drei Kindern bis zu etwa 5250 DM Einkommen — Arbeitslohn bis zu etwa 6186 DM —ab 1. April 1956 kein Notopfer mehr zu zahlen brauchten. Dadurch würden 5 Millionen Abgabepflichtige von der Abgabe „Notopfer Berlin" völlig befreit werden.
Die Maßnahme hätte eine große Verwaltungsvereinfachung zur Folge.
Insgesamt betragen die in Aussicht genommenen Steuersenkungen also rund 1400 Millionen DM, von denen etwa 800 Millionen DM allein auf den Bundeshaushalt entfallen. Damit dürften die Möglichkeiten zu Steuersenkungen in diesem Haushaltsjahr erschöpft sein. Auch sie sind nur gegeben, wenn keine neue unerwartete Ausgabenerhöhung eintritt. Für alle weiteren Steuersenkungen wäre die Beschaffung einer Deckung erforderlich, und ich darf noch einmal betonen: die Deckung kann unter keinen Umständen darin gesucht werden, daß für die außenpolitischen Verpflichtungen die Aufwendungen, die um der Sicherheit und Freiheit des deutschen Volkes willen notwendig sind, gekürzt werden.
Die Bundesregierung hat auch auf dem Gebiet der- Zollpolitik, um allen ungerechtfertigten Bestrebungen auf Preiserhöhungen entgegenzutreten, sich entschlossen, Zölle zu senken. Es muß aber dabei auf die Handelspolitik Rücksicht genommen werden, und der Schutz der deutschen Wirtschaft im Innern darf nicht übersehen werden.
Dieser Entschluß ist aber ein Beweis dafür, daß die Bundesregierung glaubt, daß die deutsche Wirtschaft stark genug ist, ihre Stellung innerhalb der gesamten Weltwirtschaft zu behaupten.
Wenn Sie an mich nun die Frage richten, ob die Einnahmen des Bundes nicht weitere Maßnahmen gestatten, so darf ich Ihnen zunächst einmal ein Bild über die Entwicklung der Einnahmen geben. Der Bundeshaushalt erreicht in diesem Jahr einen Umfang von 29 Milliarden DM im ordentlichen und 3,5 Milliarden DM im außerordentlichen Haushalt, insgesamt also eine Größe von 32,5 Milliarden DM. Der Bundesfinanzminister muß bei der Schätzung der Einnahmen von den Zahlen ausgehen, die über die Entwicklung des Bruttosozialprodukts in einer Zusammenarbeit aller beteiligten Verwaltungen des Bundes gefunden und auch der OEEC jeweils übermittelt werden. Es ist auch für das nächste Jahr angenommen, daß das Bruttosozialprodukt weiter anwachsen wird. Diesmal ist den Schätzungen eine Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts von mehr als 7 % in gleichbleibenden — das sind also etwa 8 bis 9 % in jeweiligen — Preisen zugrunde gelegt. Ich glaube, daß diese Annahme optimistisch ist, da auf keiner Seite das Bestreben besteht, unsere Konjunktur noch künstlich zu steigern, sondern wir alle einig sind, einem etwaigen Spekulationsfieber entgegenzutreten und auf eine Gesundung und Stetigkeit der gegenwärtigen Konjunktur hinzuwirken.
Von dieser Grundlage ausgehend ist für das Jahr 1956 eine Zunahme der Gesamteinnahmen des ordentlichen Haushalts gegenüber dem Vorjahr von rund 2,5 Milliarden DM angenommen, worunter auf die Besitz- und Verkehrsteuern allein rund 1,8 Milliarden DM entfallen. Diese Schätzung findet ihre Rechtfertigung allein darin, daß infolge des im Jahre 1955 für alle überraschend eingetretenen weiteren hohen Konjunkturaufschwungs das Aufkommen bei einigen Steuerarten die Voranschläge des Jahres 1955 übersteigen wird. In den ersten sieben Monaten des Rechnungsjahres 1955 ist im ordentlichen Haushalt eine Mehreinnahme von 442 Millionen DM entstanden.
— Nur Ruhe, ich sage noch etwas Weiteres!
Daneben entstand eine erhebliche Minderausgabe, nämlich in Höhe von fast 2,9 Milliarden DM. Diese Minderausgabe ist aber fast ausschließlich auf die Ausgabenentwicklung bei den Verteidigungslasten zurückzuführen.
Wenn nun im Sinne meiner Darlegungen von vorhin der Einzelplan für Verteidigung außer Betracht bleibt, ergibt sich, daß die Mehr- und Minderausgaben der übrigen Einzelpläne in den ersten sieben Monaten des Rechnungsjahres 1955 im Saldo einen Mehraufwand von rund 459 Millionen DM ausweisen. Es steht also einer Mehreinnahme von 442 Millionen DM eine Mehrausgabe von 459 Millionen DM in den ersten sieben Monaten des Rechnungsjahres 1955 gegenüber. Die vermeintliche Kassenfülle des Bundes beruht also allein auf den Minderausgaben des Einzelplans für Verteidigungslasten, die nach meiner Überzeugung der Verfügungsgewalt des Bundes in der gleichen Weise entzogen sind, wie es seinerzeit die Rückstellung an Besatzungskosten in Höhe von 4020 Millionen DM für den Zeitraum vom 1. April 1952 bis zum 31. März 1955 gewesen ist. Die nichtverbrauchten Reste des Einzelplans für Verteidigungslasten werden selbstverständlich als Ausgabereste in das nächste Rechnungsjahr übertragen werden.
Ein kurzes Wort zu den Ausgaberesten grundsätzlich. Man ist vielfach geneigt, in diesen Resten eine stille Reserve des Bundesfinanzministers zu erblicken, weil er die Entscheidung darüber habe, ob sie freigegeben werden oder nicht. Dagegen ist aber zu betonen, daß es sich bei den Ausgaberesten regelmäßig um Beträge handelt, die auf frühere Haushaltsbewilligungen zurückzuführen sind und für die zum größten Teil feste Verpflichtungen bestehen. Im Bedarfsfall m ü s s en sie daher freigegeben werden.
Von dem Gesamtbetrag der aus dem Rechnungsjahr 1954 übernommenen Ausgabereste in Höhe von insgesamt 2124 Millionen DM entfallen auf den ordentlichen Haushalt 1235, auf den außerordentlichen Haushalt 889 Millionen DM. Der überwiegende Teil dieser Ausgabereste ist für Bauvorhaben bestimmt, die entweder fest verplant oder
bereits in Ausführung begriffen sind. Ein Betrag von rund 500 Millionen DM ist bei den Verteidigungslasten entstanden und wird für Verteidigungszwecke benötigt. Im Verkehrshaushalt stehen Ausgabereste in Höhe von rund 410 Millionen DM zu Buch, die zur Weiterführung begonnener oder zur Durchführung schon genehmigter Maßnahmen erforderlich sind. Bei diesen Ausgaberesten aus früheren Rechnungsjahren handelt es sich also um feste Zahlungsanforderungen an den Bund, die mit geringen Schwankungen auch erfüllt werden müssen.
Und nun zum Haushaltsausgleich.
Der Haushaltsentwurf 1956 ist in Einnahmen und Ausgaben abgeglichen. Er entspricht insofern der Vorschrift des Art. 110 des Grundgesetzes. Dieser Ausgleich konnte nur dadurch erreicht werden, daß die Bundesregierung wiederum, wie schon mehrfach in den letzten Jahren, keine Deckungsmittel für den Fehlbetrag aus früheren Jahren eingesetzt hat. Ich glaube aber auch sagen zu können, daß er nicht nur formell, sondern auch materiell ausgeglichen ist, da der derzeitige rechnungsmäßige Fehlbetrag des Gesamthaushalts zu 90 % aus solchen Ausgaberesten besteht, wie ich sie eben geschildert habe, die also zwar das neue Rechnungsjahr kassenmäßig belasten, denen aber vielleicht rim Rechnungsjahr 1956 neue Reste in etwa gleicher Höhe gegenüberstehen werden. Diese neuen Reste des Jahres 1956 würden infolgedessen wieder eine kassenmäßige Entlastung für dieses Rechnungsjahr bedeuten.
Daher hat auch der Bundesrat anerkannt, daß der Bundeshaushalt innerlich gesund ist. Er hat allerdings trotzdem Beanstandungen erhoben, auf die ich zu sprechen komme. Die Rechnung des Bundesrats besagt, daß der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer in der Höhe, wie ihn die Länder vorschlagen, nämlich mit 33 1/3%, völlig ausreiche. Er kommt zu dieser Rechnung hauptsächlich durch zwei Einwendungen: daß einmal die im ordentlichen Haushalt vorgesehene Liquiditätshilfe für die Bundesbahn in Höhe von 200 Millionen DM in den außerordentlichen Haushalt einzustellen sei und zweitens ebenso die Mittel zur Förderung der ländlichen Siedlung wenigstens mit einem Betrag von 40 Millionen DM in den außerordentlichen Haushalt verlagert werden müßten.
Die erste Forderung des Bundesrates ist nicht neu, sie wurde schon im vergangenen Jahr erhoben. Die Bundesregierung hat sie damals schon entschieden zurückgewiesen. Ich darf mich auf die Feststellung beschränken, daß sich auch bei den vorjährigen Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag keine einzige Stimme erhoben hat, die die vom Bundesrat angeregte Veranschlagung der Liquiditätshilfe für die Bundesbahn im außerordentlichen Haushalt gutgeheißen hätte; im Gegenteil: es wurde im Vorjahr sogar gefordert, daß dieser Ansatz in voller Höhe in einen verlorenen Zuschuß umzuwandeln sei. Ich möchte hierauf nicht mehr eingehen, aber noch betonen: Auch diesmal kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß bei einer endgültigen Sanierung der Bundesbahn wenigstens ein Teil der bisher gewährten Liquiditätshilfe als endgültiger Zuschuß des Bundes an die Bundesbahn gegeben werden muß. Bis zu einer solchen Regelung müssen die Zahlungen des Bundes aber als Leistungen aus dem ordentlichen Haushalt bestehenbleiben, da nicht mit Sicherheit mit einer Rückzahlung an den Bund gerechnet werden kann.
Die Darlehnsmittel zur Förderung ländlicher Siedlung sind erhöht worden, weil die Bundesregierung die Zusage einlösen wollte und mußte, die sie bei der zweiten Lesung des Bundeshaushaltsplans 1955 im Plenum des Deutschen Bundestages gegeben hat. Sie hat sich damals bereit erklärt, wenn für die ländliche Siedlung im Rechnungsjahr 1955 ein Mehrbedarf über den Haushaltsansatz von 94,6 Millionen DM hinaus auftreten sollte, ihn überplanmäßig bereitzustellen. Der Bundesfinanzminister hat daher solche Haushaltsüberschreitungen inzwischen genehmigt, nachdem der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hiervon vorher unterrichtet wurde und Bedenken nicht erhoben hat. Es handelt sich um einen Betrag von 60 Millionen DM. Dieser ist als Vorgriff auf den Haushalt 1956 zu behandeln. Von diesem Vorgriff entfallen 40 Millionen DM auf Darlehen und 20 Millionen DM auf Zuschüsse. Die für die ländliche Siedlung im Rechnungsjahr 1956 vorgesehenen Ansätze vertragen aber keine Vorwegkürzung; daher mußten sie zur Abdeckung des Vorgriffs von 60 Millionen DM um diesen Betrag erhöht werden.
Es erscheint mir nun schon haushaltsrechtlich unmöglich, im Rechnungsjahr 1956 für diese Siedlungszwecke Anleihemittel einzusetzen — die Verlagerung in den außerordentlichen Haushalt würde das ja bedeuten —, um einen Vorgriff des früheren Jahres abzudecken.
Abgesehen davon scheint es der Bundesregierung auch unmöglich, den außerordentlichen Haushalt über das vorgesehene Maß von rund 1,1 Milliarde DM zu erhöhen.
In den vergangenen Jahren konnte bekanntlich der außerordentliche Haushalt ohne Inanspruchnahme einer Anleihe dadurch gedeckt werden, daß die für den Fall des Inkrafttretens des EVG-Vertrags im Haushalt vorgesehenen zusätzlichen Mittel für den Verteidigungsbeitrag nicht benötigt wurden. Sie überstiegen die während dieser Zeit weiterlaufenden Besatzungskosten um 1800 Millionen DM. Es war infolgedessen nicht nötig und nicht möglich, für Zwecke des außerordentlichen Haushalts an den Kapitalmarkt heranzugehen.
Der Bund hätte ja auch bestimmt damals die veranschlagten Anleihemittel am Kapitalmarkt nicht erhalten. Einsparen konnte er die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts nicht, da es sich bei diesen Ausgaben ganz überwiegend um unvermeidbare Ausgaben handelt. 90 % finden für den sozialen Wohnungsbau Verwendung. Aber auch im nächsten Jahr sind die Möglichkeiten, Bundesanleihen auf dem Kapitalmarkt aufzulegen, voraussichtlich noch beschränkt. Der Ansatz von 1,1 Milliarden DM kann daher nicht erhöht werden.
Ich kann mich jedenfalls des Eindrucks nicht erwehren: die Einwendungen des Bundesrates ha b e n nicht nur das förmliche Ergebnis, daß ein Bundesanteil in geringerer Höhe als angefordert gerechtfertigt sei, sondern ich glaube auch, die Einwendungen s o 11 en dieses Ergebnis haben. Damit verlieren sie stark an sachlicher Überzeugungskraft.
Im Bundesrat ist nun behauptet worden, die bisherige Finanzpolitik des Bundes entspreche nicht dem Grundsatz der Parität zwischen Bund und Ländern, insbesondere sei die Verschuldung der Länder viel stärker als die des Bundes. Ich darf hierzu grundsätzlich folgendes feststellen.
I Erstens. Zur Frage der Verschuldung: Wenn man die Schulden von Ländern und Gemeinden unterschiedslos zusammenrechnet — und dem Bund stehen Länder und Gemeinden ja finanzpolitisch als eine untrennbare Einheit gegenüber —, so sind es nach dem Stand vom 31. März tatsächlich 25,8 Milliarden DM bei Ländern und Gemeinden im Vergleich zu 20,1 Milliarden DM, die der Bund als seine Verschuldung derzeit ausweist.
Bei einer Aufgliederung der Schulden nach Schuldarten und Zinsbelastung zeigt sich aber, daß von den Schulden der Länder und Gemeinden 11,9 Milliarden DM auf Ausgleichsforderungen entfallen, die nur einen geringen Schuldendienst erfordern, und daß 7,4 Milliarden DM Schulden bei anderen Gebietskörperschaften, insbesondere beim Bund und daneben auch beim Lastenausgleichsfonds bestehen, die ebenfalls niedrig verzinst werden.
Die Inlandsschulden aus Kreditmarktmitteln sowie aus Mitteln der Sozialversicherung sowie die Auslandsschulden, die allgemein einen höheren Schuldendienst erfordern, erreichen bei Ländern und Gemeinden nur die Höhe von 6,1 Milliarden DM; beim Bund erreichen sie den Betrag von 12,3 Milliarden DM. Das Verhältnis des Schuldenstandes weist also bei dieser Betrachtung auf eine höhere Verschuldung des Bundes hin, da die Haushaltsgrößen des Bundes einerseits und der Länder und Gemeinden andererseits annähernd gleich sind.
Dabei ist aber zum Schuldenstand des Bundes noch etwas hinzuzufügen. Ausgewiesen werden die von der Bundesschuldenverwaltung verwalteten und von ihr verbrieften Schulden des Bundes, fundierte und schwebende Schulden. Diese haben am 30. September 1955 20,6 Milliarden DM betragen. Dieser Betrag ist unvollständig. Bei den Auslandsbonds, die der Bund auf Grund des Londoner Abkommens übernommen hat, sind nur die bisher umgetauschten Beträge berücksichtigt und ausgewiesen worden. Bei der Dawes-, Young- und Preußenanleihe sowie bei den Schuldverschreibungen der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden kommen noch die Beträge dazu, die noch nicht in neue Bonds umgetauscht sind. Diese Beträge werden auf 0,6 Milliarden DM geschätzt.
Weiter müssen noch hinzugerechnet werden die sogenannten politischen Schulden, die nicht der Verwaltung der Bundesschuldenverwaltung unterliegen. Dazu gehören insbesondere die Verpflichtungen aus dem Abkommen mit Israel, mit der Schweiz, die Verbindlichkeiten, die sich aus den Erstattungen an die Konversionskasse ergeben, usw. Diese Verbindlichkeiten sind insgesamt mit rund 4,2 Milliarden DM zu veranschlagen. Außerdem müssen die Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, die sich für den Bund aus der Umstellung der verbrieften Reichsschuldtitel ergeben. Nach der Regierungsvorlage zum Kriegsfolgenschlußgesetz müssen hierfür mindestens weitere 1,2 Milliarden DM eingesetzt werden. Endlich müssen hier angerechnet werden die Verpflichtungen des Bundes aus rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches, die auf Grund internationaler Verpflichtungen mit 1,5 Milliarden DM einzusetzen sind. Es kommt also zu dem Betrag von 20,6 Milliarden DM — Stand vom 30. September — noch ein Betrag von insgesamt rund 7,5 Milliarden DM Schulden des Bundes hinzu.
Zweitens. Was die Haushaltslage betrifft, so ist die finanzielle Situation der Länder und Gemeinden im allgemeinen günstig. Die großen Unterschiede zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern sind durch Verstärkung des Finanzausgleichs für 1955 sehr verringert worden. Die Beträge und Zuweisungen im Finanzausgleich erhöhen sich nämlich von 265,7 Millionen DM im Jahre 1954 auf voraussichtlich 522 Millionen DM im Jahre 1955. Für die verbleibenden Steuerkraft-unterschiede möchte ich als Beispiel Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen anführen. Ohne Finanzausgleich beträgt der Steuerkraftunterschied zwischen diesen Ländern 74 : 116 v. H., also 42 %; nach dem Finanzausgleich beträgt er 84 : 109 v. H., also 25 % Von diesen 25 % entfallen schätzungsweise 10 % auf einen echten Bedarfsunterschied. Als Unterschied in der Leistungsfähigkeit verbleiben 15%, also ein Verhältnis 90 : 105 v. H.
Im folgenden gehe ich nun von der durchschnittlichen Finanzlage der Länder und Gemeinden aus. Die Unterschiede in der Finanzkraft, die namentlich bei den Gemeinden noch in erheblichem Umfang bestehen, muß ich außer Betracht lassen. Ich bin mir bewußt, daß an der günstigen Entwicklung der Gemeindefinanzen, die von der Gewerbesteuereinnahme herrührt, nicht alle Gemeinden, insbesondere nicht die kleinen Gemeinden, teilhaben.
Die Finanzlage der Länder und Gemeinden können wir für 1953 aus dem Rechnungsergebnis entnehmen, das das Statistische Bundesamt feststellt, für 1954 und 1955 auf Grund von Teilerhebungen schätzen und für 1956 wohl sicher vorausberechnen.
In diesem Zeitraum von 1953 bis 1956 erhöhen sich die Einnahmen der Länder und Gemeinden aus Steuern, Erwerbseinkünften und sonstigen allgemeinen Deckungsmitteln von 14,3 auf 17,6 Milliarden DM, also um 3,3 Milliarden DM oder 23 v. H.
Im gleichen Zeitraum erhöht sich der Zuschußbedarf der Länder und Gemeinden für laufende Ausgaben und für Tilgung von Schulden von 11,2 auf 14,7 Milliarden DM, also um rund 3,5 Milliarden DM oder 31 %.
Es bleibt den Ländern und Gemeinden also auch 1956 voraussichtlich eine Verfügungssumme für vermögenswirksame Ausgaben in Höhe von ungefähr 2,9 Milliarden DM. Es verbleibt ihnen also annähernd der gleiche Betrag für Investitionen aus Steuermitteln, wie er ihnen 1953 zur Verfügung stand.
Ein Zeichen für die günstige Haushaltslage der Länder und Gemeinden ist, daß die Inanspruchnahme von Steuern für Neuinvestitionen von 1,4 Milliarden DM im Jahr 1953 auf 1,8 Milliarden DM im Jahre 1956 ansteigt.
Eine Vermögens- und Schuldenrechnung der Länder und Gemeinden von 1953 bis 1956 ergibt folgende Ubersicht:
a) Zuwachs an unbeweglichem Vermögen durch Bauten und Grunderwerb . . . . 13,7 Milliarden DM,
b) Zuwachs an Kapitalvermögen durch Darlehen und Rücklagen abzüglich Darlehensrückflüssen und Entnahmen aus Rücklagen . . 9,7 Milliarden DM,
c) Erhöhung des Schuldenstandes abzüglich Schuldentilgung 11 Milliarden DM.
Einem Schuldenzuwachs von 11 Milliarden DM steht also ein Vermögenszuwachs von 23,4 Milliarden DM gegenüber.
Das Gesamtbild über die Finanzlage der Länder und Gemeinden ist also nicht ungünstig. Ich stelle das ohne jeden Vorwurf fest. Ich glaube aber, mit gutem Gewissen einen Vorwurf ablehnen zu müssen: die Finanzpolitik des Bundes habe übersehen, daß auch die Aufgaben, die Länder und Gemeinden zu erfüllen haben, für das gesamte deutsche Volk lebenswichtig sind und deshalb den Ländern und Gemeinden die notwendigen Mittel hierfür zur Verfügung stehen müssen.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, nachdem ich über die Grundgedanken des Bundeshaushalts 1955 gesprochen habe, nun über die Einzelpläne des Bundeshaushalts sprechen, aus denen sich auf besonderen Gebieten die Absichten der Bundesregierung ergeben. Ich denke hier zunächst an den Wirtschaftshaushalt. Die günstige konjunkturelle Entwicklung hat doch noch Unebenheiten in unserer wirtschaftlichen Entwicklung bestehen lassen, die zu beseitigen ein besonderes Anliegen der Bundesregierung ist. Hier sind es vor allem Fragen des Mittelstandes, insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe in Handwerk und Handel. Wir haben die Förderungsmaßnahmen, die im Bundeshaushalt auf diesem Gebiet vorgesehen sind, gegenüber den Vorjahren wieder verbessert.
Ein besonderes Sorgenkind waren auch bestimmte Vertriebenen- und Flüchtlingsbetriebe, insbesondere in Grenzlandgebieten, die durch Aufnahme kurzfristiger und hochverzinslicher Bankkredite in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind. Sie sollen in ihrer Umschuldungsaktion durch die Lastenausgleichsbank von den drückenden Zinsververpflichtungen befreit werden, wobei der Bund und die Länder je zur Hälfte einen Zinszuschuß gewähren.
Ihr Interesse dürfte insbesondere auch der Ansatz für die Förderung der Industrieforschung finden. Die hierfür vorgesehenen Mittel sind von 2,9 Millionen DM auf 5,6 Millionen DM erhöht worden. In diesem Titel sind auch die Mittel für die Kernenergieforschung zu wirtschaftlichen, also rein friedlichen Zwecken in Höhe von 2,1 Millionen DM ausgeworfen.
Diese 2,1 Millionen DM stellen die dritte Rate eines vorläufigen Programms der Bundesregierung dar, das insgesamt 6 Millionen DM umfaßt. Sie sind in der Hauptsache zur Deckung der Planungskosten für den ersten deutschen Atomreaktor bestimmt. Die Bundesregierung wird der Kernenergieforschung ihre ganz besondere Aufmerksamkeit widmen, um innerhalb ihrer Zuständigkeit dazu beizutragen, daß der weite Vorsprung, den die übrige Welt auf diesem Gebiet errungen hat, bald aufgeholt wird. Als besonders dringlich wird dabei angesehen, eine Forschungsstätte für die Fragen der Kernenergie zu schaffen. Damit im Zusammenhang steht der Bau eines Atomreaktors, der einerseits der Ausbildung von Wissenschaftlern und Technikern auf allen Gebieten der Atomtechnik dienen soll, auf der anderen Seite der Vorbereitung, Entwicklung und Planung weiterer Reaktoren zur Energiegewinnung, also von Atomkraftwerken, die in späteren Zeiten unseren erheblich ansteigenden Bedarf an Energie befriedigen sollen,
außerdem der Gewinnung von Neutronen und radioaktiven Isotopen. Die Finanzierung des Baues des Kernreaktors ist so gedacht, daß entsprechend der gegebenen Interessenlage sich der Bund, das Belegenheitsland und die Industrie an den Baukosten beteiligen. Die Planungsarbeiten werden durch die von zahlreichen Industriefirmen geschaffene „Physikalische Studiengesellschaft" durchgeführt. Beabsichtigt ist, eine „Reaktor-Bau-
und Betriebsgesellschaft" zu errichten, an der sich die drei vorgenannten Körperschaften beteiligen. Als erster Beitrag hierfür ist im Bundeshaushalt 1956 unter den einmaligen Ausgaben im Einzelplan des Bundesministers für Wirtschaft ein Betrag von 5 Millionen DM veranschlagt.
Die Bundesregierung hat am 6. Oktober 1955 beschlossen, ein Bundesministerium für Atomfragen .zu bilden. Dem Hohen Hause wird ein besonderer Einzelplan für dieses Ministerium sofort nach Abschluß der zur Zeit laufenden Verhandlungen als Ergänzungsvorlage zugeleitet werden. Schon jetzt ist zu sagen: Die Bundesregierung sieht die Aufgaben dieses Ministeriums als so wichtig und umfangreich an, daß es als eigenes Fachministerium zu betrachten ist. Die bisher bei verschiedenen Einzelplänen ausgebrachten Mittel für die Kernenergieforschung und für sonstige kernernergetische Aufgaben werden bei diesem Ministerium zusammengefaßt.
Bei den Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der deutschen Wirtschaft kommt insbesondere der Gewährung von Bürgschaften und Garantien Bedeutung zu. Die Ermächtigung, Bürgschaften und Garantien zu geben, hat nunmehr einen Betrag von 15 Milliarden DM erreicht. Hiervon ist bereits ein Betrag von mehr als 7 Milliarden DM belegt. Auch für einen Haushalt von rund 32 Milliarden DM dürfte dies eine sehr ins Gewicht fallende Größenordnung sein. Denn in dem Betrag von 7 Milliarden DM sind Risiken enthalten, die bei einem Zusammentreffen mehrerer widriger Umstände eine gefährliche Bedeutung für die Haushaltspolitik erhalten können. Die Bundesregierung hat sich daher veranlaßt gesehen, den entsprechenden Ausgabenansatz im Haushaltsplan 1956 von 50 Millionen DM auf 200 Millionen DM zu erhöhen. Das sind immer noch weniger als 3 % der bereits bestehenden Bürgschaftsverpflichtungen. Bei der Unsicherheit, die in der Wirtschaftslage einzelner Länder eingetreten ist, scheint es aber notwendig, gerade wegen der handelspolitischen Risiken diese Erhöhung vorzunehmen.
Unter den Bürgschaften nehmen nämlich solche zugunsten der Ausfuhr sowohl hinsichtlich der Größenordnung wie auch hinsichtlich des finanziellen Risikos den ersten Platz ein. Sie umfassen rund 5 Milliarden DM. In der Vergangenheit haben die Bürgschaften zweifellos stark dazu beigetragen, der deutschen Ausfuhrwirtschaft einen Rückhalt zu geben bei ihren erfolgreichen Bemühungen, auch die Grundlagen für die notwendigen Einfuhren zu schaffen.
Die Bürgschaften zugunsten der Förderung der übrigen deutschen Wirtschaft nehmen erst die zweite Stelle ein. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Errichtung von Kreditgarantiegemeinschaften zugunsten des Handwerks und des Handels. Auf dieser Grundlage ist auch die vorerwähnte Umschuldung von Krediten in Höhe von insgesamt 100 Millionen DM in Vorbereitung, die Heimatvertriebenen gewährt worden sind. Auch
der Aufbau der Handelsflotte soll künftig auf dieser Grundlage in einem Umfang von rund 100 Millionen DM gefördert werden.
In diesem Zusammenhang ist beachtlich auch die Bürgschaftsermächtigung im Betrage von 1,2 Milliarden DM, die der Finanzierung der Lebensmittelbevorratung dient. Sie kommt sowohl der Gesamtheit der Verbraucher als auch in Verbindung mit den Marktordnungsgesetzen der Landwirtschaft zugute.
Ferner werden Bürgschaftsmaßnahmen durchgeführt, die sich ausschließlich für die Berliner Wirtschaft auswirken.
Bei den Subventionen nehmen die Maßnahmen auf Grund des Verkehrsfinanzgesetzes nunmehr einen besonders breiten Raum ein. Die Gesamtzahlungen des Bundes für diese Zwecke werden im Haushaltsjahr 1956 voraussichtlich mindestens rund 120 Millionen DM betragen, wovon der größte Teil, nämlich rund 80 Millionen DM, auf die Landwirtschaft entfällt. Daneben sind Zahlungen vorgesehen zugunsten der Schiffahrt, des Schienenverkehrs, der Fischerei und auch des Bergbaus.
Bei Würdigung der finanziellen Leistungen des Bundes für die deutsche Wirtschaft muß man auch an die Leistungen des ERP-Sondervermögens denken. Dieses hat bekanntlich einen Bestand von nahezu 7 Milliarden DM und gewährt Jahr für Jahr Kredite und zum Teil auch Zuschüsse für die mannigfaltigsten Zwecke der Wirtschaft. Das für diese Zwecke im Rechnungsjahr 1956 verfügbare Aufkommen aus dem ERP-Vermögen wird sich für das Bundesgebiet auf fast 500 Millionen DM und für Berlin auf etwa 180 Millionen DM belaufen. Während es in den ersten Jahren nach der Währungsreform vor allem die Grundstoffindustrien waren, die aus diesen Mitteln dringende Investitionen finanzieren konnten, werden die Mittel jetzt auf alle diejenigen Bereiche der Wirtschaft verlagert, die ebenfalls volkswirtschaftlich einer solchen Förderung bedürfen, denen aber bei der Inanspruchnahme des Kapitalmarkts Schwierigkeiten begegnen. Es darf ferner hier nicht vergessen werden, daß auf Grund der Londoner Vereinbarungen der Bundeshaushalt seit 1952 für die Auslandswirtschaftshilfe, im wesentlichen für die Marshallplanhilfe, einen Zinsendienst von jährlich 105 Millionen DM zu leisten hat. Ab 1958 ist diese Schuld außerdem zu tilgen, so daß der Bundeshaushalt von da ab jährlich rund 200 Millionen DM für diesen Zweck aufbringen muß.
Zu den Maßnahmen der Förderung der Wirtschaft gehören insbesondere auch die Mittel, die im Bundeshaushalt bereitgestellt werden für regionale Förderungsmaßnahmen, insbesondere für Grenzland- und sonstige Notstandsgebiete. Diese Hilfsmaßnahmen werden trotz der derzeitigen guten Konjunktur fortgesetzt. In diesen Gebieten besteht zum Teil noch ein reichliches Angebot an Arbeitskräften. Dieses Angebot an Arbeitskräften eröffnet die Aussicht zur nachhaltigen Verstärkung der gewerblichen Wirtschaft in diesen Gebieten. Durch Investitionshilfen sollen diese Gebiete Gelegenheit erhalten, den dadurch gegebenen Standortvorteil auszunutzen. Es kann erhofft werden, daß damit der Konzentration der Wirtschaftskraft in anderen, jetzt überlasteten Wohlstandsgebieten entgegengewirkt werden kann.
Die für das Wirtschaftsgebiet des Landes und der Stadt Berlin vorgesehene Hilfe — sei es als Bundeszuschuß zum Landeshaushalt, sei es als unmittelbare Bundesausgabe zugunsten der Berliner Bevölkerung und der Berliner Wirtschaft — wird ebenfalls fortgesetzt. Diese Ausgaben sind in ihrer Gesamtsumme höher als das Aufkommen aus dem Notopfer und das Aufkommen der dem Bund aus Berlin zufließenden Steuern. Der eigentliche Zuschuß zum Haushalt Berlin ist im Haushaltsplan 1956 erneut mit 800 Millionen DM angesetzt. Der diesem Ansatz zugrunde liegende Haushaltsplan des Landes Berlin für das Rechnungsjahr 1956 liegt noch nicht vor. Erst nach seiner Prüfung wird eine endgültige Entscheidung über den Zuschuß des Bundes zum Landeshaushaltsplan Berlin möglich sein.
Die wachsende Bedeutung des Verkehrswesens für eine leistungsfähige Volkswirtschaft kommt im Einzelplan des Bundesministers für Verkehr dadurch zum Ausdruck, daß die Ausgaben des Verkehrshaushalts gegenüber dem Rechnungsjahr 1955 um rund 150 Millionen DM auf rund 1500 Millionen DM steigen. Ich darf dabei ausdrücklich bemerken: Ich teile die Auffassung, daß angesichts des Mißverhältnisses zwischen dem Zustand und Umfang unseres Straßennetzes und der stark zunehmenden Belastung dieses Straßennetzes durch die ständig wachsende Motorisierung alles getan werden muß, um das Straßenbauprogramm der Bundesregierung ungeschmälert durchzuführen. Die Straßenbaumittel sind gegenüber dem laufenden Rechnungsjahr um 205 Millionen DM auf 648 Millionen DM verstärkt worden. In diesem Betrag sind die Mittel aus dem Verkehrsfinanzgesetz von 1955 für Bundesautobahnen und Bundesstraßen erstmalig für ein ganzes Rechnungsjahr mit 240 Millionen DM enthalten. Weiterhin sind für ein umfassendes weiteres Programm zum Ausbau der Straßendecken, das die wichtigsten Bundesstraßen frostsicher ausbauen und verbreitern soll, erstmalig zusätzlich 100 Millionen DM vorgesehen.
Unter Berücksichtigung der durch die Öffa zu beschaffenden Kredite für den Bau von Autobahnen erhöht sich somit das Gesamtvolumen für die Bundesautobahnen und Bundesstraßen auf 794 Millionen DM.
Das Verkehrsfinanzgesetz 1955 schafft die Grundlage dafür, nunmehr den Straßenbau auf weite Sicht zu planen. Auf Grund des Beschlusses des Bundestages vom 23. März 1955 ist ein Zehnjahresplan für den Straßenbau in Vorbereitung.
Die Bundesbahn konnte eine wesentliche Verbesserung ihrer Einnahmen erzielen. Der Kassenfehlbetrag am Ende des Geschäftsjahrs 1955 wird daher voraussichtlich um rund 260 Millionen DM unter dem zunächst veranschlagten Betrag von 810 Millionen DM liegen. Die Ursachen hierfür liegen nicht allein in der günstigen Entwicklung der wirtschaftlichen Konjunktur. Sie hängen auch zusammen mit den Auswirkungen der inneren betrieblichen Rationalisierung und der beträchtlichen Investitionen, die seit einer Reihe von Jahren, nicht zuletzt mit Hilfe des Bundes, ermöglicht wurden. Der Wirtschaftsplan für das Geschäftsjahr 1956 ist dem Bundeshaushaltsplan beigefügt. Er weist immer noch einen Verlust aus, hält sich aber mit etwas über 200 Millionen DM in Grenzen. Die Hoffnung ist berechtigt, daß die Bundesbahn nach Durchführung der eingeleiteten Maßnahmen auf betriebswirtschaftlichem und verkehrspolitischem
Gebiet zu einer ausgeglichenen Gewinn- und Verlustrechnung kommen wird. Immerhin bleiben die Leistungen des Bundes an die Bundesbahn auch im Rechnungsjahr 1956 noch sehr hoch. Im Haushaltsplan 1956 sind zwar nur Ansätze über 395 Millionen DM vorgesehen; zu ihnen kommen aber noch die Stundung der Beförderungsteuer und Darlehen aus dem ERP-Sondervermögen, wodurch sich diese Leistungen schon auf 763 Millionen DM erhöhen. Berücksichtigt man weiter die Kreditfinanzierung, die durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 ermöglicht wird, so werden der Bundesbahn durch Bundeshilfe aller Art über 900 Millionen DM zufließen. Damit dürfte jede Behauptung, daß der Bund seine Pflichten gegenüber der Bundesbahn vernachlässigt, widerlegt sein. Alle diese Leistungen können aber nur den Zweck haben, die Bundesbahn wieder selbst wirtschaftlich und rentabel zu machen, und werden infolgedessen nur in-. soweit und so lange erbracht werden können, als dies zur Aufrechterhaltung und Liquidität des Sondervermögens Bundesbahn erforderlich ist.
Auch die deutsche Seeschiffahrt ist durch Bundeshilfe wiederaufgebaut worden. Die verschiedenen Finanzierungsquellen wie z. B. Wiederaufbaudarlehen, steuerbegünstigte Zuschüsse, zinslose Darlehen und ERP-Kredite, die den Reedereien zum Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte in den letzten Jahren zugeführt worden sind, erreichen in ihrer Gesamtheit einen Betrag von etwa 2,7 Milliarden DM. Im Laufe des Rechnungsjahres 1956 dürfte eine Handelsflotte von über 3 Millionen BRT wieder vorhanden sein.
Damit ist eine Grundlage geschaffen, auf der nun zu einer privatwirtschaftlichen Finanzierung der Seeschiffahrt übergegangen werden kann. Um das zu ermöglichen, sind inzwischen die Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften und die Gewährung von Zinsbeihilfen für Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen erlassen worden. Danach wird es möglich sein, für Kredite zum Bau von Handelschiffen Bundesbürgschaften bis zur Höhe von 100 Millionen DM zu übernehmen und im Rahmen der bereits im laufenden Rechnungsjahr ausgebrachten Mittel Zinszuschüsse zu gewähren.
Die Zinsverbilligung beträgt bei längerfristigen Darlehen 3,25 %. Im Entwurf des Haushaltsplanes 1956 ist für sie wieder ein gleichhoher Ansatz wie im laufenden Rechnungsjahr vorgesehen. Durch sie werden Kredite bis zum Gesamtbetrag von 200 Millionen DM bewilligt. Mit Hilfe dieser Maßnahmen können Schiffe mit einer Bau- und Erwerbssumme von rund 270 Millionen DM beschafft werden.
Mit der Seeschiffahrt hat der Luftlinienverkehr gemeinsam, daß er außerordentlich hohe Kreditaufwendungen erfordert, um eine leistungsfähige und wettbewerbsfähige Flotte zu schaffen. Ertragreich kann der Luftlinienverkehr erst werden, wenn ein weitreichendes Liniennetz und eine entsprechende Verkaufsorganisation aufgebaut sind. Die Privatwirtschaft wird sich sicher an der Lufthansa im größeren Ausmaß erst dann beteiligen, wenn die Schwierigkeiten des ersten Aufbaus überwunden sind. Diese wahrscheinliche Entwicklung spiegelt sich im Bundeshaltsplan 1956 wider. Die Rate der Kreditbeteiligung bleibt gleich, der Betriebszuschuß an die Lufthansa konnte dagegen von 15 auf 10 Millionen DM gesenkt werden. Gleichwohl kann der jetzige Bestand von 15 Flugzeugen erst als ein Beginn angesehen werden. Es schweben Verhandlungen über die Finanzierung des Erwerbs weiterer Langstreckenmaschinen, um die Wirtschaftlichkeit der Deutschen Lufthansa auch für die Zukunft zu sichern.
Nun eine kurze Betrachtung des Agrarhaushalts. Im Einzelplan für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist ein Gesamtzuschuß von 361 Millionen DM vorgesehen. Das bedeutet, daß sich der Zuschuß gegenüber dem Vorjahr um rund 102 Millionen DM erhöht hat. Das gesamte Ausgabenvolumen steigert sich auf rund 748 Millionen DM gegenüber rund 671 Millionen DM im Vorjahr. Verglichen mit dem Jahre 1952 ergibt sich — nach Ausschaltung gewisser stark schwankender Subventionen — eine Steigerung von 130 %.
Von den einzelnen Ausgabenpositionen steht die ländliche Siedlung mit einer Erhöhung um 60 Millionen DM auf 154,6 Millionen DM an erster Stelle. Hierzu treten Leistungen aus dem Ausgleichsfonds, über die später zu sprechen sein wird. Die Bundesregierung muß bei dem heutigen Anlaß die Erwartung aussprechen, daß diese großen Leistungen des Bundes für die ländliche Siedlung nicht die Bundesländer veranlassen, in ihren Leistungen nachzulassen.
Das ist leider im Siedlungsprogramm 1955 in beträchtlichem Maße geschehen.
In den Erläuterungen zu den entsprechenden Titeln des Haushaltsplans 1956 ist infolgedessen ein Appell an die Länder enthalten, ihre Leistungen entsprechend dem Bedarf zu erhöhen, wobei die Bundesregierung daran denkt, daß — auf die Gesamtheit der Länder bezogen — die Länder das Verhältnis bindend aufrechterhalten, das im Jahre 1954 zwischen den Haushaltsmitteln des Bundes und den Haushaltsmitteln der Länder für Zwecke der ländlichen Siedlung bestanden hat.
Ich darf hier weiter erwähnen die Leistungen des Bundes für die Wasserwirtschaft im Binnenland und in den Küstengebieten sowie auch die großen in Angriff genommenen Werke landes-kultureller Art, wie z. B. die Erschließung des Ems-landes, das Nordprogramm und den sogenannten Küstenplan in den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Für wichtigste Gebiete der landwirtschaftlichen Förderung, wie Wasserwirtschaft, Technisierung, Rationalisierung und Modernisierung fließen bedeutende Bundesmittel aus anderen Quellen, insbesondere aus ERP-Mitteln. Im Jahre 1954 waren es rund 46 Millionen DM, im Jahre 1955 rund 85 Millionen DM, die für diese Zwecke aus dem ERP-Vermögen zur Verfügung gestellt werden. Der Bund hat diese Mittel gegeben, obwohl nach dem föderativen Aufbau der Bundesrepublik und dem Grundgesetz die Förderung der Landwirtschaft in erster Linie in den Aufgabenbereich, aber damit auch in den Ausgabenbereich der Länder fällt.
In diesem Zusammenhang muß auch der Hilfen gedacht werden, die der deutschen Landwirtschaft durch Steuervergünstigungen zuteil geworden sind.
Ich erinnere an die besonderen Bestimmungen bei der letzten Einkommensteuerreform, ferner an die Tatsache, daß weitaus der größte Teil der Landwirte nur mit Durchschnittssätzen zur Steuer herangezogen wird, die dem tatsächlichen Wirtschaftsergebnis vielfach nicht voll entsprechen,
an den steuergesetzlichen Freibetrag, an die Tarifsenkung bei der Erbschaftsteuer, weiter daran,
daß der Eigenverbrauch bei Betrieben mit Umsätzen von 10 000 DM von der Umsatzsteuer befreit ist, ferner, daß die Einheitswerte heute noch
auf den Wertverhältnissen von 1935 berechnet sind,
wodurch sich bei Vermögensteuer und Vermögensabgabe starke Ermäßigungen ergeben, Herr Kollege Brese, an die Befreiung der landwirtschaftlichen Zugmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer und anderes.
Zusammenfassend kann ich sagen, daß die gesamte Steuerleistung der Land- und Forstwirtschaft an ihrer Wertschöpfung gemessen von 15,1 v. H. im Kalenderjahre 1950 im Jahre 1954 auf 10,3 v. H. gesunken ist,
während bei der übrigen Wirtschaft die Steuerleistung von 25,7 v. H. auf 29,4 v. H. gestiegen ist.
— Ja, ich freue mich, wenn man die Gelegenheit hat, in der Offentlichkeit Behauptungen von Kreisen, die die Dinge nicht kennen, aber Unzufriedenheit erzeugen wollen, mit sachlichen Gründen entgegenzutreten.
Was den Wohnungsbau betrifft, so belaufen sich die Gesamtaufwendungen des Bundes auf diesem Gebiet auf rund 1,3 Milliarden DM. Dazu kommen Mittel aus dem Ausgleichfonds in Höhe von rund 1,1 Milliarden DM. Obwohl in der Bauwirtschaft bedenkliche Erscheinungen zutage getreten sind, die eine Übersteigerung der Baukosten befürchten lassen, sind die Mittel für den Wohnungsbau nicht gekürzt worden, sondern bestehengeblieben.
Hierher gehört auch die Frage des zivilen Luftschutzes. Im Haushalt 1955 waren die ersten Aufwendungen für Luftschutzzwecke in einem Umfang von rund 12 Millionen DM ausgebracht. Durch den Nachtragshaushalt 1955 werden weitere 70 Millionen DM für diesen Zweck angefordert. Die Luftschutzkosten sind im Haushaltsplan 1956 darüber hinaus um weitere rund 6 Millionen DM erhöht. Die Bundesregierung nimmt an, daß die bereitgestellten Mittel zunächst ausreichen, um die 1955 angelaufenen Maßnahmen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten durchzuführen und auszubauen. Länder und Gemeinden sollen sich mit ebenso hohen und zusätzlich zu veranschlagenden Beträgen an diesem Aufbau beteiligen.
Über die Frage des Verteidigungsbeitrags, der Besatzungs- und Stationierungskosten habe ich mich schon ausführlich geäußert. Ich darf nur noch bitten, weiteres aus dem Vorwort zu dem Einzelplan des Bundesverteidigungsministeriums zu entnehmen. Ich hoffe, im Laufe der Ausschußberatungen Ihnen noch einen normal gegliederten Entwurf dieses Einzelplans vorlegen zu können. Die Einzelaufstellungen lassen sich nämlich mit Zuverlässigkeit erst dann bewerkstelligen, wenn das Aufstellungsprogramm für die Streitkräfte feststeht, die im Gang befindlichen Bewilligungen für das Rechnungsjahr 1955 abgeschlossen und die unentbehrlichen gesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiete der Verteidigung ergangen sind.
Ich komme nunmehr zu 'dem Sozialetat. Der Sozialetat für das Rechnungsjahr 1956 beläuft sich auf rund 8,1 Milliarden DM. Obwohl infolge der günstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes für die Arbeitslosenfürsorge 250 Millionen DM weniger veranschlagt werden konnten, ist der Sozialetat im ganzen nicht vermindert, sondern um einen Betrag von 30 Millionen DM immer noch erhöht. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß durch das Sonderzulagengesetz und die geplanten Leistungsverbesserungen der Kriegsopferversorgung neue Ausgaben entstehen werden.
Von dem für die Sozialausgaben veranschlagten Betrag von insgesamt 8,1 Milliarden DM entfallen auf die Kriegsopferversorgung rund 3,5 Milliarden DM, auf die Zuschüsse zur Sozialversicherung rund 3 Milliarden DM und auf Kriegsfolgenhilfe und Arbeitslosenhilfe je 0,6 Milliarden DM. Das bedeutet, daß etwa ein Viertel der gesamten Einnahmen des Bundes an die Empfänger der Sozialausgaben weitergeleitet wird, d. h. daß der Bund von den mehr begünstigten Schichten der Bevölkerung eine Umschichtung von Einnahmen in großem Maße vornimmt, um der sozialen Not im Lande abzuhelfen. Der Bund hat den Willen, auf diesem Gebiet das Möglichste zu tun, selbst wenn er um der finanziellen Ordnung willen dann gezwungen ist, Wünsche auf Steuersenkungen nicht in dem Umfange befriedigen zu können, wie sie vorgetragen werden.
Bei der Kriegsopferversorgung wurde in früheren Jahren vorgesehen, daß sich wegen des natürlichen Rückgangs der Zahl der Kriegsopfer infolge Todes, Herauswachsens der Waisen aus der Versorgung und aus anderen Gründen eine bedeutende Verminderung ergeben müsse. Richtig ist, daß für das neue Jahr mit einem Rückgang von rund 169 500 Rentenfällen gerechnet wird. Trotzdem steigen die Aufwendungen auf diesem Gebiet noch um rund 80 Millionen DM an und erreichen damit die oben genannte Summe von rund 3,5 Milliarden DM. Das ist so, weil 140 Millionen DM zusätzlich für die vom Bundestag geplante Verbesserung der Leistungen in der Kriegsopferversorgung in den Haushaltsplan bereits eingesetzt sind.
Zu dem zweiten großen Posten der Sozialausgaben, nämlich den Zuschüssen zur Sozialversicherung, die 3 068 Millionen DM betragen, treten noch die Erstattungen für die Mehraufwendungen der Rentenversicherungsträger hinzu, die gemäß § 90 des Bundesversorgungsgesetzes im Kriegsopferhaushalt vorgesehen sind. Damit erhöht sich der vorgesehene Bundeszuschuß an die Rentenversicherung auf insgesamt 3 386 Millionen DM.
Die Gesamtleistungen des Bundes und der Länder, der Sozialversicherungsträger und des Sondervermögens des Lastenausgleichs werden im Jahre 1956 auf rund 21,7 Milliarden DM geschätzt. Sie steigen also gegenüber 1955 um weitere rund 400 Millionen DM an. Das beruht zum großen Teil auf der Zunahme der Alterslast, aber auch auf den vor kurzem verabschiedeten oder kurz vor der Verabschiedung stehenden Sozialgesetzen. Der gesamte Sozialaufwand von 21,7 Milliarden DM nimmt rund
36,4 % der gesamten Abgabenbelastung, d. h. aller Steuern und Beiträge, in Anspruch. Mit anderen Worten: Von dem in Form von Steuern und Beiträgen in Höhe von 59,5 Milliarden DM vom Sozialprodukt abgeschöpften Arbeitsertrag wird über ein Drittel auf die sozial schwache Bevölkerung umgelegt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist die beste soziale Leistung, wenn man den Empfängern von Sozialrente die Sicherheit dafür geben kann, daß die Kaufkraft ihrer Rente unverändert bleibt.
Es wäre ein trügerisches Spiel, die gewährten Renten auf die Gefahr hin zu erhöhen, daß der wirkliche Wert der Renten nach ihrer Kaufkraft gleichbleibt oder sogar in hohem Maße geschmälert wird. Infolgedessen muß bei allen Sozialmaßnahmen aus sozialen Gründen der Grundsatz gelten, daß sie im Rahmen dessen bleiben, was Währung und Kaufkraft des Geldes gewährleisten. Manche Forderungen, die nach dieser Richtung aufgestellt sind, scheinen mir diese Grenze nicht zu beachten.
Ich glaube, man hat z. B. bei der Forderung, die Renten auf 75 % des Arbeitseinkommens zu erhöhen, nicht an den Mehraufwand gedacht, der sich dabei ergeben würde. Geht man in dieser Frage von den durchschnittlichen Nettoeinkommen aus, dann ergibt sich bei einer Rente von 75% dieses Nettoeinkommens bei gleichmäßiger Berücksichtigung der Invaliden- und Altersrente gegenüber dem jetzigen Jahresaufwand in der gesetzlichen Rentenversicherung, der 6,5 Milliarden DM beträgt, bereits eine Erhöhung um weitere 4 Milliarden DM. Eine solche Erhöhung dürfte augenblicklich außerhalb des Bereichs des Möglichen liegen.
Wenn ich die Grenzen der Möglichkeit betone, so tue ich es gleichzeitig mit der Betonung, daß innerhalb dieser Grenzen, die ich genannt habe — Erhaltung der Währung und Kaufkraft — der gute Wille und der feste Entschluß zu einer Verbesserung unserer Sozialleistungen ungeschmälert bestehen.
Erhöht worden ist im Rahmen des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte der Ansatz für Kriegsgefangene. Ebenso sind erhöht worden die Kosten für die Suchdienste. Zu den Kriegsfolgen gehören auch die im Bundeshaushalt zum zweitenmal ausgebrachten Mittel zur Durchführung des Kriegsfolgenschlußgesetzes, das dem Hohen Hause bereits vorliegt. Es ist auf weite Sicht mit einer gleichbleibenden Belastung von jährlich 200 Millionen DM gerechnet.
Eine beträchtliche Mehrbelastung des Bundes wird auch eintreten durch die Novelle zum Bundesergänzungsgesetz, also durch die Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Ich bemerke, daß dieser Gesetzentwurf, nachdem zu den sehr zahlreichen Einwendungen des Deutschen Bundesrats nunmehr Stellung genommen werden konnte, dem Bundeskabinett dieser Tage zugegangen ist und dann nach Beratung dort dem Hohen Hause sofort vorgelegt wird. Im Bundeshaushaltsplan 1956 sind als Leistungen des Bundes hierfür 400 Millionen DM vorgesehen. Das bedeutet gegenüber dem Haushaltsplan 1955 einen Mehraufwand von 240 Millionen DM. Der Gesetzentwurf bringt bekanntlich eine erhebliche Ausdehnung des Kreises der Entschädigungsberechtigten und eine bedeutende Erhöhung der Entschädigungsleistungen. Der Gesamtaufwand für die Durchführung des Gesetzes in der Fassung der Novelle wird damit auf mindestens rund 6,5 Milliarden DM insgesamt steigen. Bis zum 1. April 1956 — der Tag ist als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle gedacht— wird voraussichtlich etwa eine Milliarde DM ausgezahlt sein. Es ist mit den Finanzministern der Länder in den Vorbesprechungen eine Einigung dahin erzielt worden, daß die im Entwurf vorgesehenen Lasten zur Hälfte auf den Bund und zur anderen Hälfte auf die Gesamtheit der Länder verteilt werden. Damit würden in den kommenden sieben Rechnungsjahren vom Bund insgesamt 2,8 Milliarden DM aufzubringen sein. Dem entspricht der Haushaltsansatz von 400 Millionen DM für das kommende Rechnungsjahr.
Hierzu tritt ein Posten von 150 Millionen DM für Leistungen auf Grund der Rechtsvorschriften über die Rückerstattung von Vermögen. In den Vorjahren waren hier nur Mittel für Darlehen an Rückerstattungsberechtigte vorgesehen. Der Haushaltsplan für das Jahr 1956 sieht erstmalig Mittel für die Erfüllung rückerstattungsrechtlicher Geldverbindlichkeiten des ehemaligen Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger vor. Der Entwurf eines solchen Gesetzes zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches ist im Bundesministerium der Finanzen bereits fertiggestellt und ist mit den Bundesressorts, den Ländern und den Verbänden der Verfolgten in Besprechungen zur Abstimmung.
Mit diesen Haushaltsansätzen, zu denen noch die vertragsmäßigen Leistungen aus dem Israelabkommen treten, hat die deutsche Bundesrepublik, Bund und Länder zusammen, eine Last von annähernd 12 Milliarden DM übernommen.
Sicher beweist dies, daß das deutsche Volk den guten Willen hat, das, was in der Zeit eines verbrecherischen Systems an Schaden angerichtet worden ist, im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit wiedergutzumachen.
In diese Betrachtungen gehört auch ein Wort über die Leistungen aus dem Sondervermögen Ausgleichsfonds. Als nach Kriegsende Millionen Deutscher aus ihrer Heimat vertrieben wurden und ohne Hab und Gut in das ausgeblutete, zusammengebrochene Gebiet der jetzigen deutschen Bundesrepublik gepreßt wurden, schien es eine fast unlösbare Aufgabe zu sein, diesen Millionen Menschen unter den gegebenen Umständen wieder ein lebenswertes Leben zu ermöglichen und ihnen die Hilfe zu geben, die zu geben der deutsche Bruder dem Deutschen verpflichtet ist. Wir dürfen
heute wohl mit Stolz bekennen, daß diese Aufgabe erfolgreicher angepackt und zum Teil schon gelöst worden ist, als es damals möglich erschien.
Wir dürfen aber auch mit Dank anerkennen, daß zum Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft und des deutschen Volkes gerade die Heimatvertriebenen mit ihrem aus der Not geborenen Arbeits- und Unternehmergeist wesentlich beigetragen haben.
Es ist erfreulich, daß die Leistungen aus dem Ausgleichsfonds an die Geschädigten seit Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes fortlaufend haben gesteigert werden können. Im Jahre des Inkrafttretens des Lastenausgleichsgesetzes, 1952, haben die Auszahlungen des Ausgleichsfonds knapp 1,5 Milliarden DM betragen. Im Jahre 1953 waren es 3,5 Milliarden DM, 1954 rund 4,2 Milliarden DM; für 1955 werden sie mit 4,4 Milliarden DM veranschlagt. Dabei sind für Kriegsschadenrenten im Wirtschafts- und Finanzplan 1955 insgesamt 1 Milliarde DM veranschlagt; es handelt sich hier vorwiegend um Unterhaltshilfe und daneben um Entschädigungsrenten. Für den Wohnungsbau für die Geschädigten sind Auszahlungen in Höhe von nahezu 1,2 Milliarden DM vorgesehen, je zur Hälfte als Wohnraumhilfe und als Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau, daneben ein kleiner Betrag aus dem Härtefonds. Ferner sollen für die landwirtschaftliche Siedlung einschließlich der Darlehen nach § 46 des Vertriebenengesetzes für 1955 280 Millionen DM, für Aufbaudarlehen zur gewerblichen Existenzgründung 302 Millionen DM ausgezahlt werden. Die Auszahlungen für Hausrathilfe sind mit 852 Millionen DM vorgesehen, die nach dem Altsparergesetz und dem Währungsausgleichsgesetz mit 260 Millionen DM. Aus dem Härtefonds sollen insbesondere die Sowjetzonenflüchtlinge berücksichtigt werden. Es stehen hierfür 150 Millionen DM zur Verfügung, zu denen der Bundeshaushalt 1955 50 Millionen DM beisteuert und 1956 voraussichtlich 70 Millionen DM.
Insgesamt kann also wohl gesagt werden, daß die Leistungen unseres Volkes für Lastenausgleich, Wiedergutmachung, Kriegsfolgenschlußgesetz, Kriegsgeschädigte und für allgemeine soziale Zwecke eine stolze Bilanz zeigen.
Es war dabei immer Ziel der Finanzpolitik der deutschen Bundesrepublik, dem deutschen Sparer, dem deutschen Rentner und all den Schichten der Bevölkerung, die, ohne große Sachwerte zu besitzen, auf Arbeitseinkommen angewiesen sind, das feste und unerschütterliche Vertrauen in die Beständigkeit der Kaufkraft des Geldes, in die Beständigkeit der Währung zu geben. Es hat nie ein Anlaß bestanden, an dieser Beständigkeit zu zweifeln. Wenn auch unser Notenumlauf seit dem Jahre 1949 stark gestiegen ist, so hat sich diese Steigerung doch in dem Rahmen dessen gehalten, was infolge der Steigerung des gesamten Volkseinkommens notwendig und nützlich gewesen ist. Eine Gefahr für die deutsche Währung besteht nicht, es sei denn, daß die Unvernunft wieder eine ungemessene Lohn- und Preisbewegung erzeugen sollte.
— Wenn die Unvernunft, habe ich gesagt, eine solche Preissteigerung zur Folge haben sollte. —
Einer zuversichtlichen Beurteilung dieses Punktes entspricht auch die Politik der Bundesregierung, insbesondere auch die Devisenpolitik. In engster Zusammenarbeit mit der BdL hat die Bundesregierung auch im abgelaufenen Hauhaltsjahr Schritt für Schritt die Devisenbeschränkungen weiter abgebaut. Sie hat alles getan, was sie aus ihrer eigenen Kraft tun konnte, um die Umtauschbarkeit der Zahlungsmittel zu erreichen.
Wir sehen heute, daß die umlaufenden Noten zu 100 °/o in Gold und Devisen gedeckt sind und die D-Mark tatsächlich voll umtauschbar in alle Währungen der Welt geworden ist.
Wir dürfen aber die Augen nicht davor verschließen, daß die letzten Schritte vielleicht auch die schwersten sind. Es besteht immer noch die Dollarlücke. Die Handelsbilanz mit dem Dollarraum ist immer noch nicht ausgeglichen. Auf außenwirtschaftlichem Gebiet ist die Bundesrepublik nicht unabhängig. Bisher hat unsere Ausfuhr einen starken Überschuß über die Einfuhr gehabt. Im dritten Vierteljahr 1955 war die Handelsbilanz ausgeglichen. Der Anteil der deutschen Ausfuhr hat sich zwar weiterhin erhöht, aber die Einfuhr ist 'so rasch gestiegen, daß der Überschuß der Ausfuhr über die Einfuhr in diesem Zeitraum verschwunden ist. Eine Gefahr würde erst dann bestehen, wenn unter dem Einfluß von Lohnerhöhungen und einer übersteigerten Nachfrage im Inland die Preise für Verbrauchs- und Investitionsgüter so steigen sollten, daß die deutsche Ausfuhr nicht mehr wettbewerbsfähig bleibt.
Die Bundesregierung tut, was in ihren Kräften steht, um eine solche Entwicklung zu verhindern.
In dem Vertrauen auf die Festigkeit der Währung hat 'die Bundesregierung auch der Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem Londoner Schuldenabkommen ergeben, ihr besonderes Augenmerk zugewandt. Durch den Beitritt weiterer Staaten zum Londoner Schuldenabkommen — es sind jetzt 25 Staaten — erweiterte sich der Umfang der Regelung der deutschen Außenschulden. Es sind jetzt bereits 90 % der vom Londoner Schuldenabkommen erfaßten deutschen Auslandsschulden geregelt. Bis zum 31. Juli 1955 wurden für Zinsen und Tilgung — in Deutsche Mark umgerechnet — über 1,7 Milliarden DM von den deutschen Schuldnern an die ausländischen Gläubiger bezahlt. Von diesem Betrag hat die öffentliche Hand etwa zwei Drittel aufgebracht.
Das Londoner Schuldenabkommen hatte vorerst die Schulden der Stadt Berlin und ihrer Versorgungsbetriebe ungeregelt gelassen. Im Benehmen mit dem Berliner Senat hat die Bundesregierung die Hauptgläubigermächte wissen lassen, daß sie jetzt den Zeitpunkt für gekommen sieht, über die Frage der Regelung auch dieser Schulden zu verhandeln.
Ein Hauptteil der inneren Schulden als Folge der Währungsumstellung sind die Ausgleichsforderungen. Im Zusammenhang mit der Währungsreform wurden diese Ausgleichsforderungen bekanntlich den Geldinstituten, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen gewährt zum Ausgleich ihrer durch andere Werte nicht gedeckten Verbindlichkeiten und zur Ausstattung mit einem gewissen Eigenkapital. Schuldner dieser Ausgleichsforderungen sind der Bund mit rund 8,5 Milliarden DM und die Länder mit rund 12 Milliarden DM. Diese Dek-
kungsmittel haben die Währungsreform erst ermöglicht und haben dazu beigetragen, wieder ein geordnetes Geld- und Kreditwesen zu schaffen. Der Gesetzgeber der Währungsreform hat eine Tilgung der Ausgleichsforderungen nicht vorgesehen. Die Bundesregierung hat nunmehr einen Gesetzentwurf über die Tilgung von Ausgleichsforderungen — mit Ausnahme derer des Zentralbanksystems und der Postverwaltung — dem Hohen Haus vorgelegt. Es handelt sich um eine Tilgungsmaßnahme größten Stils, nämlich von rund 12 Milliarden DM. Durch diesen Gesetzentwurf wird praktisch die Währungsreform zu einem gewissen Abschluß gebracht. Es ist das auch ein Beitrag zur Sicherung unserer Währung und ein weiterer Ausdruck des Willens, unser Geld- und Kreditwesen zu festigen und unsere Volkswirtschaft zu sichern.
Damit im Zusammenhang stehen auch die Maßnahmen der Bundesregierung, den Einfluß der BdL auf die deutsche Kreditpolitik dadurch zu stärken, daß ihr eine sogenannte Offenmarktpolitik ermöglicht wird. Die BdL hat etwa 5,5 Milliarden DM Ausgleichsforderungen. Nach der Ihnen bekannten Vereinbarung mit der Bundesregierung kann die BdL für Zwecke der Offenmarktpolitik hiervon bis zu 2 Milliarden DM nach ihrer Wahl in Schatzwechsel oder unverzinsliche Schatzanweisungen des Bundes, letztere mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren, umtauschen. Die BdL ist der Bundesregierung gegenüber verpflichtet, diese Schatzwechsel und Schatzanweisungen bei Fälligkeit mit Mitteln der BdL einzulösen. Um den entsprechenden Betrag lebt alsdann die Ausgleichsforderung wieder auf. Damit dies nicht durch fiskalische Erwägungen unmöglich gemacht wird, zahlt der Bund auf den Gesamtbetrag der Ausgleichsforderung von rund 5,5 Milliarden DM der BdL weiterhin 3 % Zinsen. Die BdL trägt die Zinsen für die Schatzwechsel und unverzinslichen Schatzanweisungen, die zum Teil über 3 % liegen. Die Zinsausgaben des Bundes bleiben infolgedessen im wesentlichen unverändert. Es wird jedoch durch diese Vereinbarung der Betrag geringer, bis zu dem Kassenguthaben des Bundes und des Ausgleichsfonds in Ausgleichsforderungen verzinslich angelegt werden. Für den Bund und gegebenenfalls den Ausgleichsfonds ergeben sich alsdann nicht unerhebliche Spitzenbeträge, die zinslos bleiben. Der Bund bringt dieses Opfer, um der BdL die Durchführung ihrer notenbankpolitischen Aufgaben zu ermöglichen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch über einige technische Fragen der Finanzverwaltung sprechen. Es ist in diesem Hohen Hause in den früheren Jahren häufig das Thema der Bundesbeteiligungen angeschnitten worden. Sie finden auch diesmal als Anlage zu den Vorbemerkungen des Haushaltsplans eine eingehende Darstellung der Beteiligungen des Bundes. Ich glaube, daß dieser Teil der Allgemeinen Vorbemerkungen einer besonderen Aufmerksamkeit gewiß sein kann. Er vermittelt Ihnen in besonders ausführlicher Weise ein umfassendes Bild der Entwicklung dieser Beteiligungen in den vergangenen zwölf Monaten. Die erstmalige Aufnahme konsolidierter Bilanzen der Bundeskonzerne und eine eingehende Darstellung der nicht in den Konzernen zusammengefaßten Gesellschaften bedeutet eine wesentliche Ergänzung der in den Vorbemerkungen des Vorjahrs enthaltenen Zusammenstellung. Ich glaube feststellen zu dürfen, daß damit allen berechtigten Wünschen an die Bundesregierung, die Verhältnisse der wirtschaftlichen Unternehmungen des Bundes offenzulegen, entsprochen ist, und zwar in einem Umfang, wie er bisher und anderweit nicht üblich ist.
Der Bundesfinanzminister ist häufig Angriffen ausgesetzt gewesen, als ob er sich grundsätzlich und ausnahmslos einer Privatisierung von Unternehmen des Bundes, die hierzu geeignet sind, entgegenstelle. Ich glaube, daß diese Behauptung heute nicht mehr aufrechterhalten wird. Der Bundesfinanzminister hat aber immer den Standpunkt vertreten, daß er als getreuer Sachwalter des Bundes und seines Vermögens in eine Veräußerung geeigneter Unternehmen nur dann willigen kann, wenn der dafür gebotene Preis dem vollen Wert dieser Unternehmen entspricht.
Sie haben inzwischen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages eine Reihe von Fällen behandeln können und werden sich dabei überzeugt haben, daß jeder Fall sorgsam und ernsthaft zu prüfen ist. Die Gründe sind vielfältig, weswegen der Privatisierung in Zeit und Umfang Grenzen gesetzt sind. Es schweben aussichtsreiche Verhandlungen auch derzeit in verschiedenen Fällen. Ich darf nur auf den Fall der Howaldtswerke Hamburg sowie auf die Verhandlungen über die Betriebe hinweisen, die aus dem Ufa-Vermögen ausgegliedert werden.
Ebenso wichtig wie die Verwaltung der Bundesbeteiligungen ist die Verwaltung des sonstigen Bundesvermögens, insbesondere der Bundesliegenschaften.
Wie Ihnen bekannt, werden im Bundesfinanzministerium schon seit längerer Zeit in Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof auch Überlegungen über eine Reform des Haushaltsrechts angestellt. Mitglieder des Haushaltsausschusses dieses Hohen Hauses haben zusammen mit Vertretern des Bundesfinanzministeriums im Sommer dieses Jahres das Haushaltswesen in den Vereinigten Staaten studiert. Die Kommission hat einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Reise dem Hohen Hause vorgelegt, den ich dem Hohen Hause nur zu einem ernsten und eindringlichen Studium empfehlen kann.
Am Schluß des Berichts sind die Punkte zusammengefaßt, die nach Ansicht der Kommission im Rahmen einer Reform des Haushaltsrechts behandelt werden sollen. Ich greife nur folgende Punkte heraus:
Umstellung des Rechnungsjahrs auf das Kalenderjahr,
Abschaffung des außerordentlichen Haushalts, aber Schaffung eines Kapital- oder Investitionshaushalts,
Mehrjährigkeit gewisser Ausgabeermächtigungen,
Anpassung der Vorschriften der Haushaltsordnung an die veränderten staatsrechtlichen Verhältnisse,
Fragen der Vermögensrechnung, des Rechnungsabschlusses, der Beteiligungen des Bundes usw.
Ich halte diese Fragestellung für richtig und vor allem für durchführbar. Ich weiß, daß darüber hinaus manche Kreise eine umstürzende Reform des Haushaltsrechts überhaupt erwarten. Gerade
die geleisteten Vorarbeiten haben aber gezeigt, daß die geltende Haushaltsordnung im allgemeinen zweckmäßig und auch beweglich genug ist, um sich neuen Erfordernissen und Erkenntnissen anzupassen. Den im Vorjahr bei der Debatte des Haushaltsplans geäußerten Wünschen nach einer Gliederung des Haushalts auch nach Funktionen, also nicht nur nach Ministerien usw., sind wir inzwischen nachgekommen. Ihnen liegt, meine Damen und Herren, neben dem Haushalt eine entsprechende Übersicht nach dieser Richtung vor. Es liegt der Gedanke zugrunde, die Finanzplanung, d. h. die richtige Gewichtsverteilung der einzelnen Ausgabegruppen im Rahmen eines ausgeglichenen Haushalts zu erleichtern. Das ist zweifellos eine wichtige Aufgabe. Es bedarf aber dazu wohl kaum einer völlig neuen Gliederung des Haushalts. Es genügt nach meiner Überzeugung, die sich übrigens mit der Auffassung der sachverständigen Herren Amerikafahrer deckt, den Erfordernissen der Finanzplanung durch eine besondere Übersicht neben dem Haushalt Rechnung zu tragen. Wie gesagt, liegt Ihnen ein solcher Funktionenplan, der diesen Gedanken Rechnung trägt, erstmals mit dem heutigen Haushaltsplan vor. Er ist dem Gesamtplan angeheftet, hat ein erläuterndes Vorwort und soll weiter ausgebaut werden.
Vielleicht könnte man die Vorlage solcher Übersichten neben dem Haushalt in der Haushaltsordnung gesetzlich vorschreiben.
Die Durchführung einer Reform des Haushaltsrechts setzt aber auch Übereinstimmung mit den Länderfinanzverwaltungen voraus, die bisher die Verschiebung des Etatsjahrs abgelehnt haben. Eine Zersplitterung des Haushaltsrechts würde eine gemeinsame nationale Finanzwirtschaft erschweren oder unmöglich machen.
— Wobei ich das Parlament von dieser Stelle aus
um seine begeisterte Unterstützung bitten möchte!
Damit, meine Damen und Herren, bin ich mit dem Überblick über den Bundeshaushalt 1956 zu Ende. Ich hoffe, Ihnen den Eindruck vermittelt zu haben, daß der Bundeshaushalt 1956 das ist, was ich ihn nannte: ein Bundeshaushalt, der der Sicherung des Friedens nach innen und der Sicherung des Friedens nach außen dient.
Ich habe meine Ausführungen begonnen mit einem leisen Bedauern, daß der deutsche Bundesfinanzminister nicht die Möglichkeit hat, wie der britische Schatzkanzler den Bundeshaushalt als ganzes Werk aufzustellen und als ganzes Werk dem Parlament als erstem Hörer zu unterbreiten.
Darf ich noch einen Vergleich mit dem britischen System der Haushaltspolitik führen. Für die Beratung des Haushalts und für alle Finanzvorlagen im englischen Unterhaus stehen im ganzen Jahr nur 26 Tage zur Verfügung. Es ist Übung und festes Gewohnheitsrecht, daß der Haushalt das ganze Jahr über unverändert bleibt, wenn er einmal beschlossen ist, und daß Anträge im Unterhaus, die ihn verschlechtern, sei es durch Minderung von Einnahmen, sei es durch Erhöhung von Ausgaben, nur mit besonderer Zustimmung der Regierung
gestellt werden, die j a die Verantwortung für die finanzielle Ordnung des Landes trägt.
Ich bin überzeugt, daß diesem System in England nicht etwa das Machtstreben der ja wechselnden Regierungen zugrunde liegt, sondern nur der Gedanke, daß eine Demokratie dann gesund ist, wenn sie dem Land auch die innere finanzielle Ordnung gewährleistet.
Der Deutsche Bundestag hat in den letzten Monaten mit der Änderung seiner Geschäftsordnung einen nicht unwichtigen Schritt in ähnlicher Richtung getan. Ich möchte nicht versäumen, hierfür dem Hohen Hause besonderen Dank zu sagen.
Die deutsche Bundesrepublik grenzt an die Länder jenseits des Eisernen Vorhangs. Im deutschen Volk wird der Geisteskampf zwischen Ost und West ausgefochten, staatspolitisch gesprochen der Geisteskampf zwischen dem Gedanken der Demokratie und dem System des totalitären Staates. Es ist die historische, dem deutschen Volk zugefallene Aufgabe, diesen Geisteskampf zu bestehen, nicht nur um sich, sondern um die Welt zu retten. So klein gelegentlich ein Paragraph der Geschäftsordnung erscheinen kann, so groß kann er in der Bedeutung werden, wenn er als Ausfluß des Geistes der Verantwortung gegenüber dem Ganzen, als Ausfluß des Geistes einer echten Demokratie verstanden wird.
Ich hoffe, dieser Geist, aus dem der § 96 der Geschäftsordnung nahezu einstimmig vom gesamten Deutschen Bundestag angenommen worden ist, wird dazu beitragen, dem deutschen Volk und der Welt den Beweis dafür zu erbringen, daß die deutsche Demokratie und das deutsche Parlament lebensfähig und unzerbrechlich sind.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Einbringung des Bundeshaushalts 1956 gehört. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat werden wir jetzt die Sitzung unterbrechen bis heute 15 Uhr. Die Aussprache erster Lesung beginnt morgen vormittag.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Die Sitzung wird um 15 Uhr 5 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort.
Die Debatte über das Haushaltsgesetz soll vereinbarungsgemäß morgen stattfinden.
Es ist gebeten worden, Punkt 4 der Tagesordnung vorzuziehen und nach Punkt 2 zu beraten.
— Gut, Herr Kunze. Dann können wir die Tagesordnung so lassen, wie sie vereinbart war.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Verfahren bei Rüstungsaufträgen .
Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat der Abgeordnete Schmidt .
Schmidt (SPD), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erstaunliche Vorkommnis, das die Sozialdemokratie zu ihrer Großen Anfrage bewegt hat, muß Anlaß zur Erörterung der großen Sorgen geben, mit denen die Fachleute aller Fraktionen die rüstungswirtschaftliche, ich möchte sagen: Leichtfertigkeit in Bonn betrachten. Was ist passiert? Um die Handvoll Soldaten des Freiwilligengesetzes einkleiden zu können, hat man alle früheren Proklamationen über marktwirtschaftliche Beschaffung über Bord geworfen. Man hat darauf verzichtet, eine Ausschreibung zu veranstalten, und hat die Aufträge freihändig vergeben. Man hat diese Aufträge an Firmen vergeben, mit denen man schon vorher längere Zeit in Kontakt stand, an Firmen, die schon vorher bei der Entwicklung dieser Uniformen maßgebend mitgewirkt hatten. Diese Entscheidung, auf eine Ausschreibung zu verzichten und statt dessen kurzerhand eine freihändige Vergabe durchzuführen, hat man ohne eine entsprechende Beratung in dem Sechserausschuß getroffen, den das Verteidigungsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam gebildet und in dem alle strittigen Fragen und alle Fragen dieser Art entscheiden zu wollen sie sich verpflichtet haben. Statt dessen hat in diesem Falle der Herr Bundesverteidigungsminister einen lakonischen Brief an den Bundeswirtschaftsminister geschrieben: er habe sich veranlaßt gesehen, darauf zu verzichten, und der Herr Bundeswirtschaftsminister hat lakonisch zurückgeschrieben, er könne damit nicht einverstanden sein. Daraufhin hat der Herr Bundesverteidigungsminister öffentlich erklärt, es solle nicht wieder vorkommen.
Nun ist es eine eigenartige Sache mit den öffentlichen und feierlichen Erklärungen des Verteidigungsressorts. Sie werden allmählich zweifelhaft. Das darf man, glaube ich, sagen angesichts der Historie und der Erfahrungen, die wir mit solchen Erklärungen aus dem Verteidigungsressort gemacht haben. Das fing an mit dem überraschenden Entwurf eines Freiwilligengesetzes, der offenbar auch den Verteidigungsminister selbst überrascht hat. Das ging weiter mit der Erklärung über den Grenzschutz, den man nie en bloc übernehmen wollte, und dann war es eines Tages plötzlich anders. Ich bin also außerordentlich skeptisch, ob alle die feierlichen Erklärungen, die wir über den Ablauf der Rüstungswirtschaft gehört haben, nicht vielleicht in ähnlicher Weise eines Tages plötzlich über den Haufen geworfen werden. Die Tatsache, daß man sich bereits am Anfang bei einer so kleinen Quantität — Uniformen, Stiefel, Strümpfe und Schlipse für 6000 Mann — veranlaßt sieht, die feierlichen Proklamationen über den Haufen zu werfen, muß doch wohl bedenklich stimmen.
Was hat der Bundesverteidigungsminister bisher als Entschuldigung angeführt? Erstens — wie immer in diesen Fällen — die außenpolitische Dringlichkeit. Es sei eben, von NATO her gesehen, notwendig gewesen, endlich diese Uniformen vorzuführen. Zweitens hat er angeführt, es handle sich doch nur um so kleine Mengen, für 6000 Mann, das spiele doch keine Rolle. Dem ist zu antworten: erstens hat man ja wohl „seit Jahrenden" — wie man bei uns zu Hause in Hamburg zu sagen pflegt — gewußt, daß man irgendwann für diese Leute Uniformen brauchen würde.
Können Sie das ins Deutsche übersetzen, Herr Abgeordneter?
Schmidt (SPD), Anfragender: Ins Deutsche? Auf Hochdeutsch, Herr Präsident, würde das heißen: Jahre und Jahre im voraus!
Danke schön!
Schmidt (SPD), Anfragender: Man hat Jahre und Jahre im voraus gewußt, daß man diese Uniformen braucht. Man hat eben einfach geschlafen. Man hat sie einfach nicht rechtzeitig bestellt. Man hat eben einfach nicht rechtzeitig Haushaltsmittel gehabt. Und nachher hat es den Militärs auf den Nägeln gebrannt. Dann hat man sich halt über alle Regulationen hinweggesetzt.
Der zweite Einwand, daß die Mengen so klein seien, daß es sich nicht gelohnt hätte, ist, fachmännisch betrachtet, besonders wenig relevant. Denn je kleiner eine Menge ist, die man beschaffen muß, um so eher eignet sich dieser Auftrag für eine öffentliche Ausschreibung. Bei einer Riesenmenge ist es schwierig. Deshalb zerlegt man große Auftragsquantitäten in kleinere Lose, um sie öffentlich ausschreiben zu können.
Ich bin also gespannt, welche Begründung heute noch offenbar werden wird. Ich sagte schon, ich halte dies für einen symptomatischen Vorgang, einen Vorgang, der es notwendig macht, daß in der Öffentlichkeit, nicht nur wie bisher schon in der Presse, sondern auch hier im Parlament darüber gesprochen wird. Denn es gilt, den Grundsatz durchzusetzen: principiis obsta!
Seit fünf Jahren, meine Damen und Herren, gibt es in der Öffentlichkeit und bei uns im Parlament eine permanente Militärdebatte, die sich zunächst mit den rein außenpolitischen Aspekten beschäftigte. In jüngerer Zeit standen dann Fragen der sogenannten inneren Führung, des inneren Gefüges im Vordergrund. Gleichzeitig hat sich das Interesse des Hohen Hauses den Fragen des Oberbefehls, des verfassungsmäßigen Einbaues usw. zugewandt. Aber eine sehr wichtige Frage ist eigentlich bei all diesen Debatten in den fünf Jahren über den gesamten Militärkomplex nicht ausreichend beleuchtet und nicht ausreichend geklärt worden, das ist die Frage der rüstungswirtschaftlichen Organisation und Methodik. Sie sehen das auch daran, daß bei der umfangreichen Diskussion hier im Hause — hinter den Kulissen, vor den Kulissen — über das zukünftige Organisationsgesetz die Frage, welche Apparatur innerhalb des Verteidigungsministeriums für die Steuerung der Aufträge, für die Steuerung der Entwicklung usw. notwendig sein wird, bisher praktisch überhaupt gar nicht aufgetaucht ist. Ein ganz wesentliches Moment, das mit jeder Aufrüstung verbunden ist, nämlich die Frage der eigentlichen materiellen Rüstung und ihrer Methodik, ist einstweilen völlig ausgeschaltet. Dabei weiß jeder von uns, daß man mit Aufrüstung eine Wirtschaft und eine Währung schädigen, ja sogar ruinieren kann, und zwar lediglich durch die Art und durch die Methode der Rüstungsfinanzierung, durch das Ausmaß und das Tempo der Organisation der Beschaffung, durch die Methode der Beschaffung.
Das fängt mit der übermäßigen Beanspruchung öffentlicher Haushaltsmittel an und kann aufhören
mit der Aushöhlung der zivilen Güterversorgung, mit Inflation und allgemein sinkendem Lebensstandard. Es braucht zu einer Inflation in der Bundesrepublik im Augenblick keineswegs zu kommen. Aber vielerlei andere Gefahren liegen unmittelbar am Wege, z. B. die, daß es bei den einzelnen Aufträgen militärischer Art zur Verschwendung öffentlicher Mittel kommt oder aber daß die Aufträge an Firmen in einer Weise gegeben werden, daß volkswirtschaftlich unnötige Investitionen und unnötige Kapazitätserweiterungen notwendig erscheinen und vorgenommen werden; oder, wenn man das vermeiden will, daß man den anderen Fehler macht, durch zu weit gehende Streuung der Aufträge, durch zu kleine Serien, zu viele Typen und damit einen zu vielfältigen Nachschub letzten Endes wiederum eine Vergeudung öffentlicher Mittel in Kauf zu nehmen. Jeder Privatmann, der sich ein Motorrad oder ein Auto kaufen will, überlegt, wenn er sich einmal grundsätzlich zur Anschaffung entschlossen hat, sehr sorgfältig, welches Auto ihm denn nun das gemäße ist. Aber ein Auto oder ein Motorrad zu kaufen, ist ein Kinderspiel gegenüber den schwierigen Überlegungen bei der Beschaffung im großen Rahmen des militärischen Bedarfs. Denn hier kommen ganz andere Gefahren ins Spiel als für den Privatmann, der bloß ein Auto kauft, die Gefahr z. B., daß die Firmen, die durch große militärische Aufträge auch große Umsätze und große Gewinne machen, ihre Nachbarn überflügeln könnten; ferner die Gefahr einseitiger Strukturverschiebungen, Verschiebungen der Wettbewerbsverhältnisse in einer bestimmten Branche. Oder die entfernt liegende Industrie der Randgebiete könnte z. B. zugunsten zentraler Industriestandorte benachteiligt werden. Andere Fehlentwicklungsmöglichkeiten ergeben sich, wenn bestimmte Rohstoffe oder bestimmte Zulieferungsteile knapp werden, so daß zunächst einmal in den vorgelagerten Investitionsstufen produziert werden muß.
Alle diese Probleme, die ich nur andeuten möchte, lassen sich zum Teil über den Markt einpendeln, wie man im Hause des Bundeswirtschaftsministers sagt. In der Tat, je stärker man die Rüstung marktwirtschaftlich ablaufen lassen kann, um so besser für uns alle. Aber gerade der marktwirtschaftliche Ablauf, der Versuch, die Rüstungsaufträge auf den vorhandenen zivilen Märkten unterzubringen, setzt ein sehr vorsichtiges und zunächst geringes Maß und langsames Tempo bei der Einschleusung voraus.
Es muß die weitere Sorge hervorgehoben werden, daß die denkbaren Lieferanten einer Branche untereinander Verabredungen treffen. Sie wissen, daß die Bemühungen um das Kartellgesetz zur Zeit zwar sehr forciert werden, daß sie aber immerhin noch nicht zu einem gesetzgeberischen Abschluß gelangt sind; und es ist fraglich, ob nicht die großen Rüstungsaufträge eher anlaufen, als das Kartellgesetz in Kraft tritt. Auch der Ersatz des Preistreibereiparagraphen, der nun offenbar auch von der Regierungsmehrheit akzeptiert wird, nachdem wir uns im Sommer noch vergeblich darum bemüht hatten, ist noch nicht vollzogen.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von militärischen Beschaffungssektoren, in denen von Marktpreisen im eigentlichen Sinne überhaupt nicht die Rede sein kann. Kein Mensch wird etwa die Preise, sagen wir einmal, auf dem Kraftfahrzeugsektor, beispielsweise von Opel oder Mercedes oder Volkswagen, als einen erstrebenswerten Marktpreis im landläufigen Sinne ansehen. Man braucht sich dazu nur die rund 180 % Dividende vor Augen zu halten, die eins der genannten Werke innerhalb von zwei Jahren tatsächlich ausgeschüttet hat, und dieses Werk ragt nur durch seine Bilanzehrlichkeit vor den übrigen hervor; die übrigen machen dieselben Gewinne. Wenn man angesichts solcher Gewinne die Listenpreise für diese Fahrzeuge als einen Marktpreis ansehen wollte und damit auch bereit wäre, ihn bei öffentlicher Beschaffung zu zahlen, dann allerdings müßte eine solche Haltung starker Kritik unterliegen.
Die Streitkräfte werden sicherlich ihre Fahrzeuge nicht zu derart überhöhten Marktpreisen einkaufen wollen. Oder um von anderen militärischen Gütern zu reden: wo gibt es einen brauchbaren Marktpreis für Maschinengewehre, für Munition, für militärische Funkgeräte, für Stahlhelme, für Hubschrauber, für Schnellboote oder gar für Panzer, Kanonen oder Jagdflugzeuge. Die Beschaffungen auf all diesen Sektoren laufen doch nunmehr an, auch wenn darüber in die Öffentlichkeit bisher noch nicht viel gedrungen sein sollte. Das ist doch alles im Gange! Kein Mensch wird glauben, daß die Streitkräfte auf dem Wege eines Marktpreises zum günstigsten Einkaufspreis gelangen werden. Jedermann wird überzeugt sein, daß es hier sehr differenzierter Methoden bei der öffentlichen Auftragsvergabe bedarf, um nicht als öffentlicher Auftraggeber übers Ohr gehauen zu werden; ganz abgesehen davon, daß doch in den allermeisten Fällen zunächst einmal Entwicklungs- und Konstruktionsaufträge, Versuchsaufträge, Erprobungsaufträge gegeben werden müssen, zum Teil auch hohe Investitionen finanziert werden müssen, ehe der erste Lieferauftrag denkbar ist. — Ein weites Feld für Fehlentscheidungen von größter wirtschaftspolitischer Bedeutung!
Wenn aber nun schon bei der Beschaffung von Schlipsen, Unterhosen und Stiefeln für ganze 6000 Mann solche Fehlentscheidungen getroffen werden, um wieviel sorgenvoller muß man dann in die Zukunft der großen militärischen Beschaffungen schauen! Aus all dem ergibt sich die Notwendigkeit, die Methoden der Vergabe, die Methoden der Preiskalkulation in aller Sorgfalt zu planen und sie öffentlich bekanntzumachen. Man braucht dazu nicht nur Offiziere, sondern vor allem erfahrene Ingenieure aus der Entwicklung sowohl wie aus der Produktion, man braucht erfahrene Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wirtschaftsverwaltung. Aber selbst wenn das Verteidigungsministerium über solche Persönlichkeiten in ausreichender Qualifikation und Zahl verfügte — und das tut es nicht, insbesondere nicht in der Spitze —, so müßten doch darüber hinaus die Wirtschaftspolitik und das Wirtschaftsressort ein entscheidendes Wort mitsprechen. Ohne Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, zu nahe zu treten, möchte ich sagen: Sie brauchen ein Mitbestimmungsrecht in dieser Frage, Sie haben es ja häufig sehr laut und sehr deutlich beansprucht. Wir sind immer bereit, dem Bundeswirtschaftsminister hier dieses Mitbestimmungsrecht einzuräumen. Wir haben nur leider beim Anfang gesehen, daß Sie davon keinen Gebrauch gemacht haben, daß Sie sich in dieser Frage, von der Sie jetzt nachher erklären, es sei bloß eine quantité négligeable, am Anfang jedenfalls haben überspielen lassen und Ihr Mitbestimmungsrecht nicht zum Tragen gebracht haben.
Uns scheint, daß die organisatorischen Vorbereitungen des Bundeskabinetts, des Bundeswirtschafts-
3 ministers, aber insbesondere des Bundesverteidigungsministers einstweilen in jeder Beziehung unzureichend sind, obgleich die Auftragsvergabe bereits läuft. Man erkennt zwar teilweise die Gefahren. Insbesondere der Bundeswirtschaftsminister hat sehr viel dafür getan, diese Gefahren in der Öffentlichkeit klarzumachen und sie vor den Augen der Öffentlichkeit aufzuzeigen. Aber man verschwendet einen großen Teil seiner Kräfte auf einen gegenseitigen Kompetenzkampf. -Ober die sogenannten Leitsätze vom vorigen November hinaus, die auch Gegenstand unserer Großen Anfrage sind, ist institutionell kaum irgendeine Sicherung, irgendeine Apparatur geschaffen worden. Das heißt, im Augenblick sind wir mehr oder minder darauf angewiesen, ob diese Leitsätze respektiert werden, und darauf, was der Sechser-Ausschuß, der mit diesen Leitsätzen ins Leben gerufen wurde, tatsächlich leistet oder was er nicht leistet.
Ich gebe zu, daß das Bundeswirtschaftsministerium — mir scheint, gemeinsam mit dem Finanzministerium — inzwischen etwas Weiteres geschaffen hat, nämlich die Richtlinien an die öffentlichen Auftraggeber, in denen die hier in Frage kommenden Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung, der Verordnung über Preise bei öffentlichen Aufträgen, der Verdingungsordnung usw. so zusammengefaßt sind, daß hinterher der Beschaffungsreferent tatsächlich damit arbeiten kann. Ich gebe zu, das ist ein Fortschritt gegenüber dem Sommer dieses Jahres. Auf der anderen Seite scheint es mir auch notwendig zu sein, daß die Koordinationsrichtlinien der Leitsätze nun auch hinsichtlich ihres Rechtscharakters — es handelt sich bisher nur um eine wohl mehr oder minder verbindliche oder, wie man hier sagen muß, mehr unverbindliche Abrede zwischen zwei Ministern ohne irgendeine institutionelle Qualifikation —, daß die Leitsätze in ihrer Qualifikation geändert und stärker ausgebaut werden.
Von unserer Seite ist im Sommer bei der Haushaltsdebatte über den Wirtschaftshaushalt schon einmal gesagt worden: es besteht angesichts der Undezidiertheit dieser Leitsätze die Gefahr, daß nicht nur der Bundeswirtschaftsminister, sondern auch das Parlament bei der weiteren Entwicklung der Rüstungswirtschaft sehr schnell überspielt werden. Ich persönlich habe in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß das Militärressort offenbar das Wirtschaftsressort als Partner gar nicht mehr so voll nimmt, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Ich habe damals nicht vorausgesehen, daß der Herr Bundesverteidigungsminister so schnell ein Exempel liefern würde, um das unter Beweis zu stellen, was damals behauptet wurde.
Ich darf noch einmal Ihren Blick auf die organisatorischen Vorbereitungen im Hause Blank selbst richten. Soweit ich es beurteilen kann, kreisen alle organisatorischen Planungen innerhalb dieses Hauses fast ausschließlich um die militärische Seite des Organisationsproblems, fast ausschließlich um die Frage der militärischen Koordination — Überordnung, Unterordnung usw. —, und wenn nicht der inzwischen eingetretene Staatssekretär, der Gott sei Dank aus dem Wirtschaftsministerium kommt, hier inzwischen schon etwas geschaffen haben sollte — was ich nicht weiß; es ist nämlich sehr viel im Verteidigungsministerium zu schaffen, und der arme Mann ist schier überfordert, wenn man bedenkt, auf welchen Gebieten er überall arbeiten soll —, dann ist der alte Zustand, den ich hier kritisiere, nach wie vor vorhanden, daß man nämlich auf dem Gebiete der Rüstungswirtschaft und ihrer Organisation im Ministerium selbst „herumtapert" und kein klares Konzept hat.
Es ist auch kennzeichnend für die Negligierung dieses Problems, daß alle die Vorstellungsbilder der militärischen Spitzengliederung, die Vorstellungsbilder der Organisation des Verteidigungsministeriums, die hier in Bonn im Schwange sind, über die man diskutiert, nichts über die Einordnung der Rüstungsorganisation, der Rüstungsverwaltung — wenn ich mich so ausdrücken darf — in dieses Ministerium aussagen. Wenn es dabei bleiben sollte, so ist zu befürchten, daß die Rüstungsverwaltung — und alles, was dazu gehört: Beschaffung, Abnahme, Entwicklung — in kürzester Zeit der Kontrolle der politischen Leitung jenes Hauses entgleiten wird. Es ist doch heute schon so, daß die Dienststelle dieses Ministeriums, die sich mit diesen Fragen beschäftigt, nicht nur räumlich weitab in Koblenz sitzt, sondern auch geistig weit entfernt von der Leitung dieses Hauses ist und praktisch nicht geleitet wird, sondern vor sich hin arbeitet, ohne recht in Kontakt mit der politischen Leitung des Bundesverteidigungsministeriums zu stehen.
In ähnlicher Hinsicht hat sich vor wenigen Tagen der Bundesrat beim ersten Durchgang des gegenwärtig zur Debatte stehenden Bundeshaushalts ausgedrückt, als von Koblenz die Rede war. Er hat den Bundeswirtschaftsminister aufgefordert, Stellen und einen stark fundierten Bevollmächtigten des Bundeswirtschaftsministeriums zu schaffen, der gegenüber der Dienststelle in Koblenz oder den Nachfolge-Dienststellen, die entstehen können, wirklich Einfluß hat und auf den Ablauf der täglichen Geschäfte Einfluß hat.
Es handelt sich ja nicht nur darum, daß Grundsatzentscheidungen nur unter Mitbestimmung des Wirtschaftsministers getroffen werden dürfen, sondern es handelt sich auch darum, daß tägliche Kleinentscheidungen der Beratung durch das Wirtschaftsressort bedürfen. Denken Sie einmal daran, daß z. B. — das ist eine private Schätzung von mir — im Laufe des Kalenderjahres 1956 etwa 8000 — vielleicht sind es auch 10 000 — einzelne Aufträge aus dem Bundesverteidigungsministerium herausgehen werden. 8- bis 10 000 Aufträge! Stellen Sie sich einmal die Vielzahl von Problemen vor, die mit jedem einzelnen Auftrag zusammenhängen! Jetzt sind es aber 8000 oder womöglich 10 000 Aufträge, und bei jedem einzelnen Auftrag können nicht nur militärische Fehler gemacht werden — ich hoffe, daß das Verteidigungsministerium dafür kompetent sein wird, das zu verhindern —, es können bei jedem einzelnen Auftrag auch schwere wirtschaftspolitische Fehler gemacht werden. Nehmen wir z. B. an, es handelt sich um irgendein kleines Kraftfahrzeug oder Maschinengewehr. Da schreibt man z. B. in einem Lastenheft vor, d. h. man macht der Industrie Vorschriften, aus welchem Material diese oder jene Schraube beschaffen sein muß, welche Festigkeit dieses Teilchen haben muß, welche Bruchfestigkeit jenes Teilchen. Durch diese Vorschriften in den sogenannten Lastenheften, die für jeden einzelnen Auftrag herausgehen, kann man außerordentlich viel Unheil anrichten, wenn man die Vorschriften zu weit treibt, wenn man zu viel verlangt, wenn man Unwirtschaftliches verlangt. Das läßt sich aber rein vom Standpunkt des soldatischen Technikers
aus nicht ohne weiteres übersehen. Hier braucht man beispielsweise den Rat des industriell, wirtschaftlich erfahrenen Wirtschaftsressorts.
Aber auch für Grundsatzüberlegungen in der Spitze des Verteidigungsministeriums braucht man die wirtschaftspolitische Erfahrung, den wirtschaftspolitischen, den rüstungswirtschaftlichen Überblick. Ich könnte mir vorstellen, daß, wenn der gegenwärtige Staatssekretär in diesem Hause nicht allein bliebe, er sich vielleicht auf dieses Gebiet konzentrieren könnte und besonders gut geeignet wäre, gerade dieses Problem zu bearbeiten, das Gebiet der Rüstungswirtschaft in dem Verteidigungsministerium unter Kontrolle zu halten, zu lenken, dafür zu sorgen, daß die Koordination mit den anderen Ministerien in Ordnung geht. Wenn es aber in der Spitze des Hauses so wie jetzt bleibt, daß sich der Staatssekretär um alles kümmern muß, dann, befürchte ich, wird das nicht ausreichen. Dem Herrn Bundesverteidigungsminister ist schon einmal in einem Privatgespräch aus Kreisen der Opposition die Anregung gegeben worden, daß es vielleicht zweckmäßig sein kann, für die ersten Anlaufjahre dieser Rüstungswirtschaft, wo es sich darum handelt, zum ersten Mal in die private Produktionssphäre, in die privaten Märkte diesen großen Umfang der militärischen Aufträge einzuschleusen, eine ähnliche Institution zu schaffen, wie sie sich die Bundesregierung früher einmal in der Person des Rohstoffberaters — ich glaube, so war die offizielle Bezeichnung — geschaffen hatte. Ich könnte mir durchaus vorstellen — von der Person des damaligen Rohstoffberaters einmal ganz abstrahiert —, daß es gut wäre, für die Anlaufzeit dieser ganzen Sache sich nicht darauf zu verlassen, daß die Generäle und Ministerialbeamten, die man nun einmal hat, die Sache schon befummeln werden, sondern daß man einen starken Mann, der etwas von der Sache versteht, der sich in der Industrie einen Namen gemacht hat, als — wie die Amerikaner sagen— Ein-Dollar-Mann oder meinetwegen auch 30 000-Dollar-Mann hereinholt und sagt: Du bekommst keinen Ministerialdirektorsrang und keinen Staatssekretärsrang; für dich genügt, daß du sowohl bei der Verwaltung als auch bei der Industrie Ansehen hast, daß jeder von dir weiß, was du leisten kannst, und daß du, gestützt auf dieses Ansehen und gestützt auf diese Autorität, die Dinge vernünftig einschleusen kannst. Ich darf das hier nur einmal zur Diskussion stellen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf folgendes hinweisen, und damit komme ich zu einem anderen Punkt. Ich sagte eingangs schon, daß bei der Fehlleistung der Beschaffung der ersten Uniformen ein für Rüstungsaufträge ganz besonders typischer Zug in Erscheinung getreten ist, nämlich die Tatsache, daß die Aufträge an solche Firmen vergeben wurden, mit denen man bisher schon freundschaftlich auf dem Entwicklungsgebiet zusammengearbeitet hatte. Weil man das getan hatte, fühlte man sich verpflichtet, ihnen auch die ersten Aufträge zu geben. Solange es sich um so kleine Quantitäten und um Schlipse und Strümpfe handelt, ist das vielleicht unbedenklich. Wenn es sich nachher um Kraftfahrzeuge oder Panzer handelt, wird die Sache außerordentlich bedenklich. Deswegen sollte man auch unter diesem Gesichtspunkt den Anfängen wehren.
—
Ich mache darauf aufmerksam, daß eine Reihe von industriellen Investitionen im Hinblick auf erwartete Aufträge schon getätigt sind, daß eine
Reihe von Industrien bereits sehr enge Verbindungen zu bestimmten Beschaffungsreferenten in dem Koblenzer Apparat, vielleicht auch in dem Apparat des Bundeswirtschaftsministeriums hat und daß der Lobbyismus, über den wir uns hier im Parlament bisweilen beklagen, in der ganzen Rüstungssphäre rundherum um das Ministerium Blank und zum Teil auch — im Zusammenhang damit — um das Wirtschaftsministerium herum ganz besondere und eigenartige Blüten getrieben hat. Es scheint mir notwendig zu sein, daß angesichts der starken organisatorischen Vorbereitungen im Gesamtbereich der Industrie — ich denke an den Bundesverband der Deutschen Industrie und seine Rüstungsarbeitskreise — die Regierung offiziell diese vielerlei Versuche der Einflußnahme kanalisiert und auf diese Weise in den Griff und unter den Blick bekommt. Ich habe das Gefühl, daß weder der Herr Bundesverteidigungsminister noch der Herr Bundeswirtschaftsminister im Augenblick ganz übersehen, wieweit zum Teil die Einflußnahmen auf bestimmten Gebieten schon gehen.
Ich habe schon gesagt, daß auf dem Gebiete der Kalkulation und der Preisgestaltung inzwischen durch die vereinten Anstrengungen des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums etwas geschaffen worden ist. Man hat Richtlinien erarbeitet. Es wird sich zeigen müssen, ob man damit auskommt. Im Zusammenhang damit möchte ich aber auf folgendes hinweisen. Es besteht zur Zeit ein ausgesprochener Mangel an qualifiziertem Verwaltungspersonal für die Durchführung dieser besonderen Aufgabe. Das Bundesverteidigungsministerium hat kaum Leute, die in Fragen der Preisprüfung und Preiskalkulation firm sind. Ich darf dazu in Erinnerung rufen, daß die Absicht besteht, in Zukunft bei militärischen Aufträgen nach Möglichkeit vorweg die Preise und vorweg die Gewinne zu verabreden. Man muß also vorweg prüfen, man kann sich nicht hinterher, zwei Jahre nachdem der Auftrag abgewickelt ist, lange Zeit nehmen, um noch Einzelheiten nachzuprüfen, sondern, die Richtlinien sehen ja gerade vor, daß die Abreden über Preis und Gewinn — vertraglich, bindend — vor Beginn der Produktion erfolgen sollen. Das heißt, daß man sich auf seiten der auftraggebenden Stelle vorher darüber klarwerden muß, welche Preise angemessen sind, welche Preise man zahlen kann und will.
Ich sagte, das Verteidigungsministerium verfügt nicht über ausreichende Kräfte. Ich halte es für sehr schwierig, diese Kräfte zu beschaffen. Sie sind in Deutschland knapp geworden. Es gibt sie zum Teil noch im Bundeswirtschaftsministerium, zum Teil bei den Besatzungskostenämtern oder bei den Finanzämtern, zum Teil bei den Länderwirtschaftsministerien. Ich glaube, es ist eine Aufgabe, die besonderer Aufmerksamkeit bedarf, dieses Personal in ausreichender Quantität und Qualität herbeizuschaffen.
Meine Damen und Herren, unsere Hoffnung und Erwartung, daß trotz des schlechten Startes die Grundlagen der rüstungswirtschaftlichen Planung und Methodik noch rechtzeitig in Ordnung gebracht werden, richten sich vor allem auf den Bundeswirtschaftsminister und auf den Bundesfinanzminister. Wir möchten an beide Minister, die sich ja für die Währung und für die Wirtschaft insgesamt mit Recht verantwortlich fühlen und das nach außen immer wieder betonen, den Appell richten, das wichtige Gebiet der militärischen Aufträge gerade wegen seiner besonderen volkswirtschaftlichen
Auswirkungen, seien sie konjunkturpolitischer Art, seien sie konjunkturpsychologischer Art, seien sie strukturpolitischer Art, nicht aus dem Auge zu lassen, sondern im Gegenteil diesem nicht zu überschätzenden Sektor der öffentlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, zu wissen, wohin diese Reise geht.
Ich darf vielleicht im Zusammenhang damit sagen, daß es nach meinem Dafürhalten nicht angeht, wenn etwa das Verteidigungsressort, wie es vor einigen Tagen geschehen ist, mit entwaffnender Ehrlichkeit erklärt: Jawohl, zwischen unserer Finanzplanung auf der einen Seite und unserer militärischen Planung auf der anderen Seite wird wahrscheinlich eine Lücke entstehen, aber wir glauben, daß die weitere Außenhilfe der Amerikaner hier helfen wird, und im übrigen müssen wir notfalls eben von den jährlichen 9 Milliarden DM abkommen und etwas mehr in den Haushalt einsetzen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß doch gerade diese Unsicherheit über den Gesamtrahmen ganz wesentlich zu der psychologischen Überhitzung in bezug auf die Konjunkturfragen im Herbst beigetragen hat. Wenn das Verteidigungsressort gemeinsam mit dem Wirtschaftsressort der Öffentlichkeit einen Rahmenplan finanzieller Art und, was die Rüstungswirtschaft angeht, ein Rahmenprogramm materieller Art vorlegen würde, würden ja alle die übertriebenen Erwartungen — z. B. in Kreisen des Industrie- und Handelstages und in Kreisen des BDI —, die „übertriebenen Spekulationen", wie es der Herr Minister Blank genannt hat, aufhören; denen würde dann der Boden entzogen. Dann wären auch die psychologischen Einflüsse, die von dorther ausgehen, gar nicht mehr in dieser Weise wirksam. Aber die Tatsache, daß, abgesehen von den ominösen 9 Milliarden DM, von denen immer die Rede ist, der Öffentlichkeit gar keine klare Vorstellung darüber gegeben wird, welchen Umfang das Ganze annehmen wird, sowohl finanziell als auch materiell, was die einzelnen Aufträge in den einzelnen Branchen angeht, ist weitgehend mit verantwortlich für die konjunkturpsychologischen Spannungen, die wir in diesem Herbst hatten und die sich ja ganz zweifellos, wenn der Winter mit seinem saisonalen Abschwung erst vorbei ist, im April oder Mai nächsten Jahres in verstärkter Form wiederholen werden.
Jeder von uns weiß doch, daß nun zusätzlich zu den Rüstungsausgaben die Ausgaben auf dem Gebiet des Luftschutzbaus neu hinzukommen; und dazu kommt die Ausweitung des Straßenbaus, von der jeder von uns weiß, daß man sie nicht zugunsten der Rüstung zurückdrehen darf. Infolgedessen sieht eben die Bauwirtschaft goldenen Zeiten entgegen und läßt es heute schon jeden Bauherrn spüren, daß sie das tut. Ich persönlich finde es sehr richtig, daß der Bundesfinanzminister heute morgen gesagt hat: Wir wollen auch vom Haushalt her versuchen, gerade die Bauwirtschaft und die öffentlichen Bauaufträge zu dämpfen. Das entspricht auch den Vorstellungen und Anträgen, die die sozialdemokratische Fraktion damals zur Konjunkturdebatte in Berlin vorgebracht hatte. Aber man muß darüber hinausgehen. Sie müssen ein Rahmenprogramm entwickeln und publik machen. Ich glaube, man kann sich nicht darauf verlassen, daß die Zeitungsanzeigen des Herrn Bundeswirtschaftsministers allein das Vertrauen in die Stabilität der Wirtschaftspolitik aufrechterhalten können. Herr
Minister Erhard lächelt. Ich weiß nicht, ob Sie über meine Bemerkung lachen oder über die Bedeutung, die ich Ihren Zeitungsanzeigen beimesse.
Messen Sie den Zeitungsanzeigen eine größere Bedeutung bei? —
— Die Geste, die Sie soeben gemacht haben, spricht nicht gerade für ein Übermaß an Vertrauen in Ihre Zeitungsanzeigen. Gerade das habe auch ich zum Ausdruck gebracht, Herr Minister.
Herr Abgeordneter, es gehört nicht zu den Übungen des Hauses, die Gesten der Mitglieder des Hauses und der Regierung zu bewerten.
Ich füge mich selbstverständlich der Entscheidung des Präsidenten.
Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Bemerkungen. Ich habe versucht, den großen Komplex der Sorgen anzudeuten, die einen angesichts dieses ersten, kleinen, in seiner quantitativen Bedeutung wirklich nicht sehr erheblichen, in seiner qualitativen Bedeutung jedoch sehr erheblichen Vorkommnisses bewegen müssen. Ich möchte hoffen, daß die Bundesregierung, wenn nicht jetzt, so doch in absehbarer Zeit zu einer umfassenden Klarstellung gegenüber all diesen Sorgen gelangt und daß sie sich nicht darauf beschränkt, unsere Große Anfrage nur formal zu beantworten, deren einzelne Punkte ich wohl nicht näher zu begründen brauche.
Ich darf zum Schluß darauf hinweisen — und das ist Ihnen bekannt, meine Damen und Herren —, daß die deutsche Wirtschaftspresse in vielfacher Hinsicht ihre Skepsis gegenüber der rüstungswirtschaftlichen Vorbereitung zum Ausdruck bringt. Ich darf, Herr Präsident, zum Beispiel aus dem „Deutschen Volkswirt" — jetzt heißt er wohl „Der Volkswirt" — zitieren, wo in einer der letzten Nummern geschrieben wird, daß die Unklarheiten in der Organisation der Rüstungswirtschaft ein Spiegel der übereilten Wiederbewaffnung seien. Man habe den Eindruck erweckt, das bißchen Wiederbewaffnung könne quasi aus den Ärmeln geschüttelt werden.
Und nun, da die Wiederbewaffnung vor der Tür steht und nach dem politischen Willen der Mehrheit so rasch wie möglich der Kern der künftigen Macht aufgestellt werden soll, zeigt sich, daß der Glaube an grundsätzliche Vereinbarungen allein nicht genügt.
Ich habe wörtlich aus der Zeitschrift „Der Volkswirt" zitiert. Niemand wird annehmen, daß „Der Volkswirt" irgendwelche Sympathien gegenüber der Opposition hege und daß er das deshalb etwa geschrieben haben könne.
Oder ich zitiere eine andere sehr angesehene deutsche Wirtschaftszeitung, nämlich die „Deutsche Zeitung" aus Stuttgart, die wörtlich schreibt:
Spielt das Befehlen schon von der Startlinie an eine so große Rolle, daß daneben das pflichtgemäße Kontakthalten mit den zivilen Stellen als unerheblich und lästig gelten darf?
Oder ein drittes wörtliches Zitat, wenn der Herr Präsident erlaubt:
Das Bundeswirtschaftsministerium erwies sich als schwächstes Glied in der Kette, die das Aufkommen eines Gegensatzes zwischen ziviler und Rüstungswirtschaft von vornherein verhindern sollte.
Ich zitiere diese Äußerungen — und es gibt viele solche Äußerungen — nur, um darzutun, daß es wirklich notwendig ist, gegenüber der Wirtschaft, gegenüber der Öffentlichkeit schlechthin seine Vorstellungen, sein Rahmenprogramm umfassend klarzumachen.
Es ist überflüssig zu bemerken, daß gegenüber der Rüstungswirtschaft, soweit sie schon angelaufen oder geplant ist, bisher von einer parlamentarischen Kontrolle überhaupt nicht die Rede sein kann, daß keine Spur davon vorhanden ist. Ich glaube, es als eine Bestätigung für diese Auffassung nehmen zu dürfen, daß der Wirtschaftspolitische Ausschuß dieses Hohen Hauses vor wenigen Tagen einen sozialdemokratischen Antrag dem Plenum einstimmig zur Annahme empfohlen hat, der darauf hinausläuft, daß die Bundesregierung ersucht werden soll, alle diejenigen Maßnahmen unverzüglich bekanntzugeben, die sie treffen will, damit auf dem Rüstungsgebiet Ringbildungen und Preiserhöhungen verhindert werden. Die Kollegen aus der CDU oder FDP hätten diesem Antrag sicherlich nicht einstimmig zugestimmt, wenn sie nicht das Gefühl hätten, daß hier Dinge im Gange sind, gegenüber denen Maßnahmen in aller Öffentlichkeit notwendig sind. Ich glaube, daß auch das Organisationsgesetz, das der Herr Bundesverteidigungsminister zur Zeit vorbereitet und das wohl demnächst in das Kabinett gelangen wird, nicht an den Fragen der Rüstungsorganisation vorbeigehen kann.
Ich möchte zum Schluß sagen, meine Damen und Herren: Wir sollten dafür sorgen, daß diese Probleme mehr in das Licht der Öffentlichkeit gezogen werden, mögen sie auch im einzelnen kompliziert erscheinen. Wir müssen sie auch mehr als bisher in das Plenum des Parlaments und in die Ausschüsse ziehen, denn wir brauchen eine starke parlamentarische Kontrolle gerade auch über den Anlauf der Rüstungswirtschaft. Kein Mensch hier in diesem Hause weiß, ob wir später einmal sagen können: Ende gut, alles gut. Jeder von uns aber weiß, daß es eine große Gefahr bei dieser Rüstungswirtschaft gibt, die ich einmal nennen möchte: Anfang schlecht, alles schlecht!
Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat der Herr Bundesverteidigungsminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einen Satz, den mein verehrter Herr Vorredner hier gesprochen hat, sofort korrigieren, damit er nicht unwidersprochen im Raum stehenbleibt. Ich kann mich dabei auf Protokolle berufen. Herr Kollege Schmidt, ich bedanke mich zunächst, daß Sie mich für einen sehr ehrlichen Mann halten. Sie haben gesagt, ich hätte mit entwaffnender Ehrlichkeit zugegeben, es bestehe eine Lücke zwischen dem finanziellen Beitrag, wie er bei uns ausgebracht sei, und den Bedürfnissen, und ich hätte erklärt, wenn diese Lücke nicht zu überbrücken sei, müsse man mehr als die 9 Milliarden DM in den Haushalt einstellen. Hier muß Sie Ihr Erinnerungsvermögen mehr als gröblich getäuscht haben. Zunächst einmal sind diese Dinge im Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit behandelt worden. Ich betone ausdrücklich, wo ich darüber gesprochen habe, und ich erinnere an den Charakter dieses Ausschusses.
Ich habe dort erklärt — das Protokoll wird das ausweisen —, daß, wenn man den Verteidigungsbeitrag zugrunde legt, wie er jetzt im Budget steht, — —
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr!
Herr Abgeordneter Mellies!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß in der gestrigen gemeinsamen Sitzung des Haushaltsausschusses und des Sicherheitsausschusses der Referent für Haushaltsfragen in Ihrem Ministerium auch über diese Dinge gesprochen hat? Sie werden ja die besondere Eigenschaft wohl nicht auch auf den Haushaltsausschuß ausdehnen wollen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Mellies, ich habe an der gemeinsamen Sitzung dieser beiden Ausschüsse nicht teilgenommen. Ich werde feststellen, ob mein Vertreter dort eine diesbezügliche Bemerkung gemacht hat. Aber hier hat Herr Schmidt behauptet, ich hätte mit entwaffnender Ehrlichkeit — und ich habe nur in diesem Ausschuß gesprochen, wie Sie sich entsinnen werden — darauf hingewiesen, daß, wenn man den jetzigen Verteidigungsbeitrag in der Höhe, wie er ausgebracht sei, für die nächsten Jahre wieder annehme, multipliziert aus den drei Jahren plus der Summe, die uns jetzt aus diesem Haushaltsjahr zur Verfügung stehe, über die Lücke, die unzweifelhaft vorhanden sei, auf dem Wege über Außenhilfe und ähnliches zu verhandeln sei.
Ich verwahre mich gegen den Vorwurf, daß ich behauptet hätte, dann müsse man eine höhere Summe in den Etat einstellen. Ich bitte, dies an Hand des Protokolls dieser Ausschußsitzung zu prüfen.
Herr Minister, der Abgeordnete Schmidt scheint eine Frage an Sie stellen zu wollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr!
Sind Sie der Meinung, Herr Minister, daß die Äußerungen zu diesem Punkt, die Sie im Ausschuß gemacht haben, eine geheimzuhaltende Sache gewesen sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich stelle zunächst nur fest, daß Sie hier behaupten, ich hätte eine solche Äußerung getan. Dies bestreite ich entschieden. Ich bitte im Protokoll nachzulesen, was gesagt worden ist.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich mich dem Thema zuwenden. Mit der Drucksache 1862 des Deutschen Bundestages hat die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eine Große Anfrage betreffend das
Verfahren bei Rüstungsaufträgen an die Bundesregierung gerichtet. Ehe ich die in der Großen Anfrage gestellten Fragen im einzelnen beantworte, gestatten Sie mir einige allgemeine Ausführungen über die Problematik der vom Bundesverteidigungsministerium zu vergebenden Aufträge.
Grundlage für die Bedarfsdeckung der Streitkräfte sind die von den militärischen Abteilungen des Bundesverteidigungsministeriums festzulegenden Anforderungen, die nach Art des Geräts, nach Menge und Zeit unter Beachtung rein militärischer Gesichtspunkte zusammengestellt werden. Diese militärischen Bedarfsanforderungen können nicht ohne weitere Prüfung in Aufträge an die Wirtschaft umgewandelt werden. Diese Aufträge müssen sich in den allgemeinen Wirtschaftsablauf einpassen. Eine eigene, selbständige Rüstungswirtschaft wollen wir nicht wieder erstehen lassen. Alle Aufträge müssen, besonders im Zeichen der derzeitigen Vollbeschäftigung, mit den sonst an die Wirtschaft herantretenden Forderungen in Übereinstimmung gebracht werden. Die Sicherstellung des Bedarfs für die Versorgung und Ausrüstung der Streitkräfte kann also nur auf der Linie der allgemeinen Wirtschaftspolitik erfolgen.
Ich freue mich, daß der Herr Abgeordnete Schmidt soeben gesagt hat, je mehr man die Rüstungsaufträge marktwirtschaftlich ablaufen lassen könne, um so besser sei dies für uns alle. Nun, der Bundesverteidigungsminister hat schon vor Jahren, als weder er noch sonst jemand daran dachte, daß es einen Verteidigungsminister geben werde, zusammen mit dem Herrn Professor Erhard für die Durchsetzung der Grundzüge der marktwirtschaftlichen Ordnung nicht nur hier, sondern schon im Frankfurter Parlament gekämpft.
Die Sicherstellung des Bedarfs für die Versorgung und Ausrüstung der Streitkräfte kann also — so wiederhole ich noch einmal — nur auf der Linie der allgemeinen Wirtschaftspolitik erfolgen. Genauso wie der Verteidigungsminister allein zuständig und verantwortlich für alle Fragen ist, welche die Streitkräfte betreffen, so ist die Zuständigkeit des Herrn Bundesministers für Wirtschaft für alle Entscheidungen von wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Bedeutung unbestritten.
Daher sind vor über Jahresfrist mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft Vereinbarungen getroffen worden, die Ihnen, meine Damen und Herren, unter dem Begriff „Leitsätze" bekannt sind. Darin ist festgelegt worden, daß die militärischen Bedarfsanforderungen nur dann in Beschaffungsprogramme und Aufträge an die Wirtschaft umgesetzt werden können, wenn ihre wirtschaftliche Durchführbarkeit vorher von dem zuständigen Ressort geprüft ist. Dies gilt nicht nur für die gewerbliche Wirtschaft, sondern in gleicher Weise für die Ernährungs- und die Bauwirtschaft. Auch darüber liegen Absprachen mit den zuständigen Bundesressorts vor.
Die Durchführung der Beschaffung als solche ist selbstverständlich wie bei allen öffentlichen Auftraggebern eine Angelegenheit des Bedarfsträgers, also in diesem Falle des Bundesverteidigungsministers. Sie wickelt sich nach Spielregeln ab, die für die gesamte öffentliche Hand verbindlich sind, nämlich nach den Vorschriften der Verdingungsordnung für Leistungen. In den Ergänzungen des Bundesministers für Verteidigung zur Verdingungsordnung für Leistungen, die im Bundesanzeiger Nr. 124 vom 1. Juli 1955 veröffentlicht worden sind, ist nochmals besonders hervorgehoben, daß die öffentliche Ausschreibung die Regel bilden soll und daß auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft Abweichungen hiervon bei der Beschaffungsstelle des Bundesverteidigungsministeriums nur im Einvernehmen mit den Beauftragten des Herrn Bundesministers für Wirtschaft zulässig sind.
Ich möchte auch an dieser Stelle schon gleich einschalten: hier mußte also nicht von irgend jemandem Ordnung hineingebracht werden, sondern hier hat der Bundesverteidigungsminister kraft der Vollmacht, die er hat, selber dafür gesorgt, daß diese Verdingungsordnung, wie soeben geschildert, ergänzt wurde.
Dieses Verfahren soll dem Grundsatz eines möglichst umfassenden Wettbewerbs Rechnung tragen und allen an der Erteilung von Aufträgen interessierten Firmen Gelegenheit geben, Angebote abzugeben und bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen Aufträge zu erhalten. Mit diesem Verfahren ist der Herr Minister Erhard, so glaube ich, einverstanden. Bei diesem Verfahren werden auch die berechtigten Interessen des Mittelstandes einschließlich des Handwerks zu berücksichtigen sein.
Der Materialbedarf der künftigen deutschen Streitkräfte setzt sich aus mehreren tausend verschiedenen Endprodukten — um einmal die Spannweite aufzuzeigen: von der Uniformmütze bis zum Flugzeug und von der Feldflasche bis zum Panzer — zusammen, und es gibt, jedenfalls so wie die Dinge im Augenblick und noch für einige Zeit stehen, drei Versorgungsmöglichkeiten, nämlich erstens die materielle Außenhilfe der Vereinigten Staaten, zweitens die deutsche Produktion und schließlich drittens den Kauf im Ausland.
Der Bedarf an schwerem Gerät und schweren Waffen für die Erstausstattung wird in erheblichem Umfang aus der Außenhilfe gedeckt werden. Sie wissen, daß entsprechende Zusagen vorliegen. Diese werden allerdings erst realisiert werden können, wenn das Verteidigungshilfeabkommen mit den Vereinigten Staaten, das gestern von diesem Hohen Hause in zweiter und dritter Lesung verabschiedet worden ist und noch dem Bundesrat zugeleitet werden muß, in Kraft getreten sein wird. Ich hoffe, daß das rechtzeitig erfolgt.
Auf dem Inlandsmarkt wird, jedenfalls für die nächste Zeit, vornehmlich der Bedarf an folgenden Gütern gedeckt werden: Bekleidung und Ausrüstung, Verpflegung, Kraftfahrzeuge und Zubehör, Fernmeldegerät, optisches Gerät, Sanitätsgerät, Pioniergerät, Unterkunftsgerät, ABC-Schutzgerät und demnächst auch schon an leichten Waffen und bestimmten Flugzeugtypen.
Ein großer Teil dieses Bedarfs besteht aus Erzeugnissen, die sich an die derzeitigen technischen Produktionsmöglichkeiten anlehnen. Die Bundesrepublik hat zehn Jahre lang eigentliche Rüstungsgüter und insbesondere schwere Waffen nicht fertigen können. Die Produktion war verboten, die in Frage kommenden Produktionsstätten demontiert. Die Bundesrepublik wird daher bis zur Aufnahme einer eigenen Produktion diese Güter in gewissem Umfang im Ausland kaufen müssen, soweit nicht eine Lieferung aus der Außenhilfe erfolgt.
Über alle hier angesprochenen Fragen steht mein Ministerium in einem laufenden engen Kontakt mit dem Bundeswirtschaftsministerium, und es wird
keine Entscheidung getroffen, die nicht vorher abgestimmt worden wäre.
Nun darf ich mich dem 6000er-Programm zuwenden. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Durchführung des sogenannten 6000er-Programms, also die Aufstellung der im Freiwilligengesetz vorgesehenen und von diesem Hohen Hause bewilligten 6000 Soldaten, in einem bestimmten Zeitraum ablaufen soll. Sie haben dieses Gesetz ja selber terminiert. Während die ursprünglichen Planungen meines Hauses die Aufstellung von Verbänden vorsahen, war dies nach dem von diesem Hohen Hause beschlossenen Freiwilligengesetz nicht mehr möglich. Hieraus ergab sich eine neue personelle Planung, die selbstverständlich ihre Auswirkung auch auf den Materialbedarf haben muß.
Lassen Sie mich an dieser Stelle einhalten und mich einem Einwand zuwenden, den der Herr Abgeordnete Schmidt hier soeben vorgebracht hat. Er sagt, ich hätte doch seit Jahren gewußt, daß man Uniformen brauche. Ich glaube, der Herr Abgeordnete Schmidt gehört zu dem Kreis von Personen aus diesem Hohen Hause, denen ich mehrfach Uniformen vorgeführt habe, um die Meinung über eine Uniform, wie wir sie entwickeln wollten, zu ergründen. Erst als ich hinreichend sicher zu sein glaubte, daß die von uns entwickelte Uniform Ihren Beifall fände, habe ich dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen können, durch Verordnung diese Uniform zu bestimmen. Ich weiß daher, Herr Schmidt, sehr wohl seit Jahren, daß man Uniformen braucht. Aber Uniformen kann man erst bestellen, wenn der Herr Bundespräsident von seinem Recht, zu bestimmen, wie diese Uniform aussehen soll, Gebrauch gemacht hat; und das ist nicht vor Jahren geschehen, sondern erst, nachdem diese
Vorarbeiten, an denen Sie sich beteiligt haben — ich danke Ihnen dafür —, abgeschlossen waren. Sie sollten daher solche Behauptungen nicht aufstellen.
Meine Damen und Herren! Die hier im Hause anwesenden militärischen Experten werden mir bestätigen, wie schwierig eine solche Planungsumstellung ist. Erst nach Abschluß dieser von der Militärischen Abteilung meines Hauses zu leistenden Arbeit lagen die Angaben vor, welche die Festlegung der im 6000er- Programm benötigten Materialien nach Art, Menge und Zeit ermöglichten. Ich war aus diesen Gründen zu meinem eigenen Bedauern nicht in der Lage, in diesem besonderen Fall die von mir geschilderten marktwirtschaftlichen Grundsätze in dem auch von mir gewünschten Umfang zur Anwendung zu bringen. Die öffentliche Ausschreibung hätte mehr Zeit erfordert, als in diesem besonderen Fall angesichts der für die Durchführung dieses Programms gesetzten Termine zur Verfügung stand. Ich mußte daher von den in der Verdingungsordnung für Leistungen ebenfalls vorgesehenen Vergebungsarten, der beschränkten Ausschreibung und der freihändigen Vergabe, Gebrauch machen.
Wie ernst es mir mit meinem Willen in bezug auf Ausschreibungen ist, mögen Sie daraus ersehen, daß ich für die erste und einzige Garnison, die ich gegenwärtig habe und entwickle, in Andernach, allein für die 800 Brote, die wir in Zukunft in der Stadt Andernach für die Soldaten brauchen werden, nicht zu einer beschränkten oder sonstigen Ausschreibung, sondern zu einer öffentlichen Ausschreibung gegriffen habe, um jedem Bäckermeister und jedem anderen Brotproduzenten die
Möglichkeit zu geben, bei der Vergabe dieser 800 Brote beteiligt zu werden.
Nun darf ich mich präzise den einzelnen Punkten der Anfrage der SPD-Fraktion zuwenden und sie wie folgt beantworten.
Zu 1. Vor jeder Vergabe prüft die beschaffende Stelle nach den bestehenden Bestimmungen, welche Vergabeart als die zweckmäßigste erscheint. Dabei hat die öffentliche Ausschreibung die Regel zu bilden. Beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben finden nur in Abstimmung mit dem Beauftragten des Bundesministers für Wirtschaft am Sitz des Beschaffungsamtes statt. Die Gründe, weshalb von der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung abgewichen werden muß, werden jeweils aktenkundig gemacht.
Zu 2. Das bei der Beschaffung angewandte Verfahren entspricht den Grundsätzen der Verdingungsordnung für Leistungen und den ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers für Verteidigung vom 25. Juni 1955. Die Ergänzungen des Bundesministers für Verteidigung wurden im Bundesanzeiger Nr. 124 vom 1. Juli 1955 veröffentlicht.
Zu 3. Ein anderes Verfahren wird nicht zur Anwendung gebracht. Der zwischen den Bundesministern für Wirtschaft und für Verteidigung eingerichtete Arbeitsausschuß für verteidigungswirtschaftliche Fragen hat sich mit dem Vergabeverfahren für das 6000er -Programm in seinen Sitzungen am 27. Juli, am 12. September und am 25. Oktober 1955 befaßt.
Zu 4. In den angegebenen Sitzungen bestand bei dem Arbeitsausschuß Übereinstimmung darüber, daß bei dem an sich anerkannten Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung in Anbetracht des geringen Umfanges des Programms bei einzelnen Positionen eine gewisse Durchbrechung des Grundsatzes unvermeidlich sein werde. Immerhin bekannte sich der Ausschuß trotz der angeführten unvermeidlichen Einschränkungen doch dazu, folgendes festzulegen. Die Verbindungsstelle des Bundeswirtschaftsministeriums bei der Außenabteilung Koblenz des Bundesverteidigungsministeriums sollte feststellen, in welchen Fällen eine öffentliche Ausschreibung möglich ist. Das Ergebnis dieser Feststellung war ein Vorschlag der Verbindungsstelle des Bundeswirtschaftsministeriums, einen großen Teil der einzelnen Positionen dieses Beschaffungsprogramms öffentlich, einen weiteren Teil beschränkt auszuschreiben und den Rest freihändig zu vergeben. Im Oktober dieses Jahres ergaben aber die Aufstellungstermine und Pläne die Notwendigkeit, das vorgesehene Beschaffungsprogramm zu ändern und mit verkürzten Fristen durchzuführen, was eine weitere Durchbrechung des Grundsatzes der öffentlichen Ausschreibung bedeutete. In Anbetracht der außergewöhnlichen Umstände, die diese Abweichung erforderlich machten, trat ich persönlich und unmittelbar an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft heran und wies ihn darauf hin, daß mir nach Lage der Dinge nur freihändige Vergebungen möglich erschienen, wie sie auch die Verdingungsordnung für Leistungen bei besonderer Dringlichkeit vorsieht. Der Herr Bundesminister für Wirtschaft machte seine Zustimmung davon abhängig, daß am Grundsatz der öffentlichen Ausschreibungen festgehalten werde. Deshalb müsse nochmals eine Prüfung aller Positionen auf die Möglichkeit der öffentlichen Ausschreibungen stattfinden.
Da sich die jeweiligen Stellungnahmen des Sechser-Ausschusses im Rahmen der Verdingungsordnung für Leistungen und der ergänzenden Bestimmungen des Bundesministers für Verteidigung gehalten haben und andererseits Meinungsverschiedenheiten über das anzuwendende Verfahren nicht aufgetreten sind, lag keine Veranlassung vor, gemäß Ziffer 5 der zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Verteidigungsressort vereinbarten Leitsätze den Kabinettsausschuß anzuruf en.
Zu 5. Die Leitsätze werden nach wie vor für verbindlich gehalten.
Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen ja nun leicht die Bundesausschreibungsblätter vorzeigen, und Sie werden auch Gelegenheit haben, sie zu lesen. Sie werden sehen, daß es ganze Blätter voll Ausschreibungen sind, die der Bundesminister für Verteidigung hier hat bekanntmachen lassen. Der Bundesminister für Verteidigung wird immer, gerade weil er — und das sagt er von sich mit einem gewissen Stolz — mit einer der Vorkämpfer der Wirtschaftspolitik ist, die in Deutschland schließlich zu der derzeitigen Vollbeschäftigung und einer Wirtschaft geführt hat, die in der Lage ist, unser Volk zu ernähren, die Prinzipien der Marktwirtschaft unterstützen. Er bekennt sich daher zu den Prinzipien des freien Wettbewerbs und damit in diesem Falle zu den Prinzipien der öffentlichen Ausschreibung.
Soweit er in diesem Einzelfall davon abgewichen ist, hat er sich streng im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gehalten, und er wird das auch in Zukunft tun. Es wird zwischen ihm und dem Bundeswirtschaftsminister und dem eben noch als „Wächter" zitierten Bundesfinanzminister keine Differenzen geben; denn der Bundesverteidigungsminister hat nur ein Interesse — und das werden Sie vielleicht verstehen —, nämlich mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ein Höchstmaß an Verteidigungseffizienz zu erzielen, d. h. aufs Wirtschaftliche übertragen: für wenig Geld soviel wie möglich einkaufen zu können.
Meine Damen und Herren, die Große Anfrage ist beantwortet. Ich habe an Sie die Frage zu stellen, ob Sie eine Besprechung dieser Antwort wünschen. Wenn das der Fall ist, bitte ich um ein Handzeichen derer, die diese Besprechung wünschen. — Ich stelle fest, daß eine genügende Anzahl von Abgeordneten für die Besprechung der Großen Anfrage ist. Dann kommen wir zur Besprechung. Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Naegel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die letzten Worte des Herrn Verteidigungsministers möchte ich von mir aus bekräftigen und unterstreichen. Gerade die gemeinsame Arbeit in Frankfurt und Bonn zeigt, daß er sich tatsächlich immer sehr stark und ohne Rücksicht auf seine Person für die Belange der sozialen Marktwirtschaft eingesetzt hat. Wenn wir andererseits auch noch daran denken, daß sein Staatssekretär, Herr Dr. Rust, ebenfalls aus dem Wirtschaftsressort kommt, dann sollte man ja eigentlich meinen, die Koordination der Aufgaben und der Funktionen zwischen Verteidigungsressort und Wirtschaftsressort seien derart harmonisch, daß wir vom Parlament aus es kaum notwendig haben sollten, zu diesem Problem zu sprechen und unsere Besorgnis zum Ausdruck zu bringen.
Daß für die Durchführung des 6000er- Programms durch die verschiedenen Änderungen der Dispositionen und Planungen eine gewisse Zeitschwierigkeit entstanden ist, ist so eindeutig, daß wir darüber kaum zu sprechen brauchen. Es ist die Frage zu stellen, ob Herr Schmidt mit seiner Behauptung recht hat, gerade bei diesem ersten Programm wäre es höchstwahrscheinlich am leichtesten gewesen, durch öffentliche Ausschreibung den völlig freien Wettbewerb zum Zuge kommen zu lassen. Oder muß man nicht doch eher fragen, ob dieses Verfahren wirklich zu einer derartigen Verzögerung bei der Erfüllung der primitivsten Voraussetzungen für die Aufstellung der Freiwilligen geführt hätte, daß damit unser Beschluß hinsichtlich des Freiwilligengesetzes illusorisch geworden wäre? Ich glaube, wenn man die Dinge aus der Praxis des Wirtschaftslebens heraus und im Zusammenhang mit der heutigen Situation sieht, dann sollte man doch wohl ernsthaft prüfen, ob wir nun um des Buchstabens der Vereinbarungen willen — nicht des Gesetzes, denn es besteht noch kein Gesetz darüber — mit allem Nachdruck und unter Berufung auf Verletzung von staatsbürgerlichen Pflichten die öffentliche Ausschreibung allgemein fordern müßten. Auch von dem Vertreter der Opposition ist ja anerkannt worden: Das Volumen der Beschaffung ist für den gesamten Rüstungsbereich, geschweige denn gemessen am Volumen der gesamten Wirtschaft, nicht von einer so großen Bedeutung, daß man das Problem von dieser Seite her aufrollen sollte.
Nun hat man verschiedentlich davon gesprochen, daß zwischen dem Wirtschaftsressort und dem Verteidigungsressort Ende des vorigen Jahres die Leitsätze vereinbart worden sind, die nach weiteren Beratungen im Kabinett die Grundlage der Zusammenarbeit sein sollen. Ich darf zunächst feststellen, daß diese Leitsätze leider noch keinen Niederschlag in der Gesetzgebung gefunden haben. Ich sage es in aller Offenheit, daß wir in wirtschaftspolitischen Gesprächen den Wunsch geäußert haben, diese Leitsätze einem noch zu schaffenden Sicherstellungsgesetz für die Erfüllung bestimmter Aufgaben als Teil 2 anzugliedern und so die legale Grundlage für die Anwendung der Leitsätze zu schaffen. Wir haben die Beratung dieses Gesetzes durch die Änderung der Verträge und angesichts der weiteren Entwicklung leider noch nicht abschließen können. Aber die Leitsätze haben doch ihre Wirkung gehabt, auch wenn sie noch keine gesetzliche Untermauerung gefunden haben. Eine dieser Wirkungen ist sicher die Einrichtung der Verbindungsstelle des Bundeswirtschaftsministeriums bei der Beschaffungsstelle des Bundesverteidigungsministeriums in Koblenz. Eine zweite Wirkung ist die Bildung des sogenannten Sechserausschusses, dieses gemeinsamen Arbeitsausschusses des Wirtschaftsministeriums und des Bundesverteidigungministeriums, dem ja auch die zur Debatte stehende erste Beschaffung zur Begutachtung vorgelegen hat. Diesem Sechserausschuß gehören an vom Bundeswirtschaftsministerium Herr Ministerialdirektor Dr. Michel, Herr Dr. Neef, Herr Weniger und vom Bundesverteidigungsministerium Herr Ministerialdirektor Dr. Holtz, Herr Dr. Bergemann und Herr Pollex. Auch diese Einrichtung ist also eine Wirkung der Leitsätze, mögen diese auch — das darf ich noch einmal betonen — offiziell
noch nicht die Sanktionierung durch den Gesetzgeber gefunden haben.
Eine dritte Wirkung ist noch festzustellen: die Verdingungsordnung für Leistungen vom 1. Juli 1955, in der bewußt auch der Grundsatz wiederholt wird, der im Mittelpunkt der Leitsätze steht, nämlich daß die öffentliche Ausschreibung, d. h. die Beschaffung im Wege des Wettbewerbs den Vorrang vor anderen Beschaffungsmethoden haben soll.
Man kann also wohl sagen, daß die Leitsätze sich doch schon bewährt und ausgewirkt haben. Natürlich müßten wir bei ehrlicher Kritik sagen, es wäre auch uns wohler, wenn es — bei entsprechender Terminierung — möglich gewesen wäre, den ersten Schritt bei der Beschaffung für eine Wehrmacht in Gestalt der öffentlichen Ausschreibung zu tun. Daß das nicht geschehen ist, ist an sich nicht so gravierend, wohl aber eine Mahnung für uns alle, künftig sehr vorsichtig zu sein. Da stelle ich die Frage: Haben wir vom Parlament aus schon alles getan, was in dieser Richtung getan werden müßte? Ich komme bei der Beantwortung dieser Frage ehrlich zu einem Nein. Wir hätten da etwas mehr tun können, wir hätten auch etwas mehr tun müssen, um den Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung gesetzlich zu verankern und den beiden Ministerien Hilfestellung beim Aufbau und Ausbau der Organisation zu leisten. Ich glaube, diese Feststellung können wir ohne Scham treffen. Wir müssen uns nur darum bemühen, in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung etwas nachzuholen, was man vielleicht als ein kleines Versäumnis bezeichnen könnte.
Aber machen wir uns bitte auch keine Illusionen, wenn wir das Wort „parlamentarische Kontrolle" gebrauchen. An dem kleinen Beispiel der Beschaffung der Uniformen, wie es der Herr Bundesverteidigungsminister eben geschildert hat, sehen wir nun ja auch gerade keine sehr segensreiche Wirkung hinsichtlich der Erfüllung des Petitums, das uns allen ja am Herzen liegt. Denn sicherlich wäre durch eine beschleunigte Behandlung der Sache auch hier eine andere Beschaffungsmöglichkeit gewesen.
Wir sehen vom Wirtschaftspolitischen her und auch vom engeren wirtschaftlichen Denken her in der öffentlichen Ausschreibung die unzweifelhaft günstigste Einkaufsmöglichkeit. Denn es ist bekanntlich so, daß man bei der öffentlichen Ausschreibung noch immer zu einem Mittelpreis kommen kann, der der Qualität gerecht wird. Das braucht nicht immer der billigste Preis zu sein; man wird ja einen echten Qualitäts- und Preisvergleich anstellen müssen. Der Bundesrechnungshot fordert auch im Beschaffungswesen bei Bahn und Post mehr als bisher die öffentliche Ausschreibung Wir sollten überhaupt einmal daran denken, Vergleiche zwischen den Beschaffungen für diese Institutionen und für das Bundesverteidigungsministerium anzustellen.
Aber lassen Sie mich auch hier ehrlich sagen: Eine Trennung der Gewalten, eine Teilung der Aufgaben zwischen Legislative und Exekutive scheint mir auch in diesem Fall dringend notwendig zu sein. Wir könne n auch hier nur fragen: Wo liegen Aufgaben und -wo liegen Grenzen für die wirtschaftspolitische Betrachtung dieser Dinge? Möge die Gesetzgebung, in diesen Fragen Klarheit schaffen! Dann werden wir auch da zu einer Entwicklung kommen, die den berechtigten Wünschen des ganzen Hauses entspricht und auch hier den Grundsätzen der Marktwirtschaft Geltung verschafft. Es ist natürlich gefährlich, Gesetze zu machen und ihre Durchführung durch neue Gesetze zu behindern. Es ist unmöglich, auf der einen Seite ein Gesetz zu beschließen, wonach in kürzester Frist einige tausend Freiwillige aufzustellen und auszu- rüsten sind, auf der andern Seite aber Gesetze für die Beschaffung der notwendigen Ausrüstungsgegenstände nach bestimmten zeitraubenden Methoden zu fordern mit der Folge, daß die Beschaffung nicht fristgemäß erfolgen kann. Es ist ebenso unnatürlich, Leitsätze zu vereinbaren und womöglich zum Gesetz zu erheben, sie aber nachher nicht in vollem Umfang einzuhalten. Darüber brauche ich, glaube ich, hier kein Wort weiter zu verlieren.
Es scheint mir jedoch notwendig zu sein, kurz noch einige Fragen zu behandeln, die Herr Schmidt bei der Begründung der Großen Anfrage angeschnitten hat. Das Beispiel der Opel-Bilanz, Herr Schmidt, scheint mir hier nicht ganz hinzupassen. Denn Sie wissen sicherlich ganz genau, daß diese Entwicklung auf eine Nichtausschüttung von Dividenden in mehreren Jahren zurückzuführen ist. Die angesammelten Dividenden sind dann über die Ausschüttung in Kapital umgewandelt worden.
Die Anregung, die Sie ausgesprochen haben, einen Rüstungsberater für die Bundesregierung zu empfehlen — einen Rüstungsberater in Parallele zu dem früheren Rohstoffberater —, ist natürlich wert, beachtet zu werden. Nur fürchte ich, daß damit gerade das von Ihnen so sehr geforderte und von uns anerkannte Prinzip der parlamentarischen Kontrolle nicht besonders unterstrichen wird.
Es ist wohl reizvoll, entbehrt aber der letzten Konsequenz, wenn wir uns heute, bevor wir zur detaillierten Beratung der entsprechenden Gesetze kommen, in dieses Thema im einzelnen vertiefen.
Zum Schluß lassen Sie mich doch noch einen Gedanken aussprechen, der uns im wirtschaftspolitischen Gespräch schon lange beschäftigt hat. Das ist die Frage Koblenz. Hier muß endlich einmal Klarheit geschaffen werden. Wir haben schon früher einmal von einer Reihe von Mitgliedern dieses Hauses den Antrag oder den Wunsch gehört, man möge viele Aufgaben, die jetzt in Koblenz erledigt werden, an die Bundesstelle für gewerbliche Wirtschaft nach Frankfurt geben. Über diese Frage hat sich ein Streit entwickelt, der dahin geführt hat, daß man dieser Anregung nicht gefolgt ist. Vielleicht sollte man diese Frage doch heute erneut stellen im Zusammenhang mit den Problemen, die uns jetzt hier beschäftigt haben.
Ich bin davon überzeugt, daß es uns gelingen wird, in einer vernünftigen gesetzlichen Regelung die Grundlagen nicht nur dem Namen, nicht nur dem Rechte nach, sondern auch in der organisatorischen Ebene so zu gestalten, daß für die Zukunft die Möglichkeit gegeben ist, wettbewerbswirtschaftliche Grundsätze bei der Beschaffung für die gesamte Wehrmacht zur Anwendung zu bringen. Dazu ist es dann allerdings nötig, daß rechtzeitig eine Abstimmung der Termine erfolgt.
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Wir haben die Große Anfrage der SPD begrüßt, weil uns in den Fragen unserer Aufrüstung ähnliche Sorgen bedrücken. Wir haben die Pariser Verträge bejaht. Wir treten ein für eine schnelle und gute Aufrüstung, und gerade deswegen haben wir Sorgen. Die Grundsätze, die der Herr Verteidigungsminister hier heute wiederholt hat, die in diesem Hause wiederholt besprochen worden sind, die schließlich auch, zum Teil wenigstens, in Leitsätzen, leider unverbindlichen Leitsätzen, niedergelegt sind, haben immer unsere Billigung gefunden. Aber, Herr Minister, darum handelt es sich nach meiner Ansicht bei der heutigen Aussprache nicht. Es handelt sich darum, ob und wie diese Grundsätze bei dem ersten, zugegebenermaßen kleinen Anfangsprogramm durchgeführt worden sind. Und da muß man, wenn man alle Unterlagen zusammenfaßt, die an uns herangetragen worden sind, mit einem sehr klaren Nein antworten. Bei dem ersten 6000er- Programm sind die Grundsätze nur in ganz beschränktem Umfang wirklich durchgeführt worden. Das ist der Grund der Aussprache, die hier heute stattfinden soll. Wir bedauern das, Herr Minister. Wir sind mit Ihnen gleicher Meinung. Sie haben nämlich erklärt, daß Sie persönlich als Vorkämpfer der Marktwirtschaft aufgetreten sind. Wir bescheinigen Ihnen das und sind auch der Meinung, daß Sie heute noch diese Auffassung haben. Aber entscheidend ist, wie die Auffassung bei Ihren Mitarbeitern, bei dem Gros Ihrer Mitarbeiter ist. Es hat sich gezeigt, daß dort eine ganze Reihe von verschiedenen Auffassungen bestehen. Wenn z. B. einer Ihrer Referenten erklärt: Dieses Gerät habe ich entwickelt, und das muß bestellt werden — unabhängig, das muß hinzugefügt werden, von Preis und sonstigen Umständen --, dann verrät dieser Referent sicherlich nicht
eine Zustimmung zu Ihren marktwirtschaftlichen Gedanken.
In dem hier vorliegenden Fall der Beschaffung für die 6000 Mann ist als Grund für die Abweichung von den Leitsätzen im wesentlichen der Zeitdruck angegeben worden. Das ist eine allgemeine Erklärung. Wenn man unter Zeitdruck steht, wird man nicht alle Vorhaben in der gleichen Gründlichkeit und in der gleichen Form ausführen können, wie wenn man diesem Zeitdruck nicht unterläge; aber wenn man die einzelnen Aufträge konkret betrachtet, kann von einem Zeitdruck nur in ganz beschränktem Maße gesprochen werden.
Herr Minister, sind es marktwirtschaftliche Grundsätze — und ich wundere mich, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister seine Zustimmung dazu gegeben hat —, wenn man Aufträge auf die Beschaffung von Unterkunftsgerät ausgerechnet in der Zeit vor Weihnachten mit ganz kurzen Lieferfristen verteilt, einer Zeit, in der die große Masse der Wirtschaft, der Industrie überbeschäftigt ist? Es hätte doch sicherlich unserer politischen Gesamthaltung keinen Abbruch getan, wenn dieselben Aufträge in den Januar verlegt worden wären und wenn Andernach nicht am 2. Januar, sondern am 2. Februar stände! Das wäre ein marktwirtschaftlicher Gesichtspunkt gewesen, der zu befolgen gewesen wäre, der aber nicht befolgt worden ist.
-- Ich weiß nichts von Angriffen. Meine Ausführungen sind nicht Angriffe, meine Ausführungen
sind Feststellungen zu der Erklärung des Herrn
Ministers, der gesagt hat: Ich bin diesmal von den anerkannten Grundsätzen abgewichen, weil ich unter Zeitdruck gestanden habe. — Ich bestreite es, daß er hier in diesem Fall unter Zeitdruck gestanden hat. Das mag für einige Gegenstände der Fall sein; für die große Masse der zu beschaffenden Geräte bestand kein Zeitdruck. Dadurch sind natürlich die beschafften Gegenstände entweder in der Qualität schlechter oder teurer geworden.
— Ja, das wollte ich gerade sagen. Ich empfehle dem Herrn Minister, festzustellen, wie die Beschaffung erfolgt ist, wo bestellt worden ist und wie das Wunder zustande gekommen ist, daß trotz der kurzen Lieferzeiten — die von den Beteiligten, von allen Fachleuten als viel zu kurz, als unmöglich betrachtet wurden — die Lieferungen rechtzeitig erfolgt sind. Ich empfehle dem Herrn Verteidigungsminister, die Untersuchung persönlich anzustellen.
In diesem Falle wäre eine öffentliche Ausschreibung zumindest für die Geräte, deren Lieferung für den Mittelstand in Frage kommt — ich spreche alle die Kollegen an, die mit mir sich dafür einsetzen, daß bei solchen Aufträgen auch der Mittelstand stärker berücksichtigt wird —, durchaus möglich gewesen. Hier brauchte keine beschränkte Ausschreibung vorgenommen zu werden. Die öffentliche Ausschreibung hätte den Zeitdruck in keiner Weise verstärkt. Es wären natürlich mehr Angebote eingegangen und darunter wahrscheinlich auch billigere. Der Herr Verteidigungsminister sagt, bei den neuen Ausschreibungen, die herausgegangen seien, sei die Forderung nach öffentlicher Ausschreibung berücksichtigt. Das ist richtig. Aber auch hier, Herr Minister, sind wieder zu kurze Fristen vorgeschrieben worden. Je kürzer die Lieferfristen werden, desto geringer ist die Zahl der Bewerber und damit die Möglichkeit, zu einem wirklich guten Angebot zu kommen. Auch bei den neuen Ausschreibungen — Sie haben gesagt, daß Blätter von Ausschreibungen augenblicklich herausgingen — erleben wir, daß zwar nicht mit denselben kurzen Zeiten, aber doch mit Zeiten gearbeitet wird, die nicht angemessen sind, um zu einer wirklich echten Vergabe, zu einer bestmöglichen Beschaffung zu kommen, die wir doch alle gemeinsam erstreben. Wir haben das Gefühl, daß die bisherigen Regelungen nicht dazu ausreichen, das zu erreichen, was der Herr Minister hier selbst als erstrebenswert bezeichnet hat.
Ich muß dann das Amt in Koblenz in Schutz nehmen. Es ist von den Herren Schmidt und Naegel angegriffen worden. Es hat doch nur nach Weisungen gehandelt. Die kurzen Lieferfristen sind doch nicht etwa von dem Amt in Koblenz angesetzt worden, sondern die sind von Bonn aus befohlen worden. Infolgedessen kann man dieses Amt dafür nicht verantwortlich machen.
Die öffentliche Ausschreibung wird leider mitunter auch noch durch andere Dinge eingeschränkt, z. B. durch das beliebte System, das bei der Wehrmacht schon immer üblich war, daß man etwas mit dem Wort „geheim" bezeichnet. Es müßte eine unserer Hauptforderungen sein, daß die Befugnis, eine Sache als geheim zu bezeichnen, nicht der unteren Ebene, sondern nur einem qualifizierten und in einer höheren verantwortlichen Stellung stehenden Beamten zuerkannt wird. Sonst würde sich die in der Öffentlichkeit schon etwas berühmt
gewordene Methode wiederholen, daß der Uniformknopf so lange als geheim bezeichnet wird, bis die Beschaffung einsetzt.
Eine weitere Forderung, die wir erheben, ist, daß die öffentliche Ausschreibung nicht unter allen Umständen auf deutsche Firmen beschränkt wird. Das ist die gleiche Forderung, die auch Herr Minister Erhard vor längerer Zeit hier aufgestellt hat. Es darf nicht so kommen wie in einem mir bekanntgewordenen Fall, wo ein von der technischen Seite sehr befürwortetes Angebot mit der Begründung abgelehnt worden ist, es würden nur deutsche Firmen zur Angebotsabgabe zugelassen. Dabei muß ich betonen, daß von der betreffenden Firma vorher die Versicherung abgegeben worden ist, daß die Ersatzteile für das Gerät von deutschen Firmen hergestellt werden können; es stand also kein Ersatzteilmonopol im Hintergrund. Wenn wir schon innerhalb der NATO unsere Rüstung beschaffen, dann müssen wir auch die Beschaffung auf einer breiten europäischen Ebene ermöglichen, damit wir zu einer günstigen und billigen Beschaffung kommen.
Wir vermissen in den bisherigen Organisationen, die jetzt in dem Sechserausschuß, von dem hier gesprochen worden ist, ihre Zusammenfassung gefunden haben, die Möglichkeit zur aktiven Betätigung in Form eines Steuerungskopfes. Ein Sechserausschuß, der als ein Gemeinschaftsgremium tagt, wird in vielen Fällen nicht zu einer echten Entscheidung kommen. Deswegen würden wir doch eine Organisation befürworten, bei der tatsächlich ein Steuerungskopf vorhanden ist.
Auch die Verbindungsstelle des Wirtschaftsministeriums zu dem Amt in Koblenz hat ihre Mängel. Sie ist mit einem Beamten besetzt, der im Range wesentlich niedriger steht als die meisten in derselben Materie tätigen Beamten des Verteidigungsministeriums. Auch hier kann das Schwergewicht des Wirtschaftsministeriums nur dann geschaffen werden, wenn wir entweder zu ganz anderen Organisationen kommen — ich werde noch darauf kommen — oder wenn wir mindestens diese Verbindungsstelle in ihrem Gewicht ganz beträchtlich verstärken.
Herr Naegel hat erklärt, daß wir uns als Parlament fragen sollten, ob wir alles getan haben, was wir tun könnten, und er hat diese Frage etwas verneint. Ich möchte ihm darin beipflichten. Die Kontrolle über die Rüstungsbeschaffung, die jetzt vorhanden ist, ist die Kontrolle des Bundesrechnungshofes. Er kontrolliert nach allgemeinen Grundsätzen. Er hat gar nicht die Möglichkeit, zu kontrollieren, ob die wirtschaftspolitischen Richtlinien, die wir gemeinsam gegeben haben, eingehalten worden sind. Das ist weder seine Aufgabe, noch liegt es in seiner Möglichkeit. Wir sollten also tatsächlich untersuchen, ob wir auf der parlamentarischen Ebene nicht versäumt haben, noch irgend etwas zu tun. Wir sind der Meinung, daß diese ganze Frage von so großer Bedeutung ist, daß ihre Erörterung nicht mit der Behandlung der Großen Anfrage hier im Parlament heute beendet sein kann. Die anstehenden und von den verschiedensten Seiten angeschnittenen Fragen sollten in den zuständigen Ausschüssen, vor allem also im Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit und im Wirtschaftspolitischen Ausschuß, noch einmal besprochen werden. Im wesentlichen mit dem Ziel, daß in diesen Ausschüssen noch einmal eine Aussprache erfolgen kann, haben wir folgenden Antrag eingebracht:
Antrag betreffend Verfahren bei Rüstungsaufträgen.
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, in dem vorzusehen ist, daß
1. öffentliche Vergabestellen bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand, die Verteidigungsaufgaben dienen, den freien Wettbewerb durch öffentliche Ausschreibung sicherzustellen haben,
2. Ausnahmen von dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung nur zuzulassen sind, wenn die Eigenart der benötigten Leistungen oder andere wichtige Umstände eine Abweichung zwingend erforderlich machen,
3. die nach Ziffer 2 zulässigen Ausnahmen von dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung möglichst klar, notfalls durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, abgegrenzt und festgelegt werden und
4. über die freihändige Vergabe oder die bebeschränkte Ausschreibung im Einzelfall nicht durch die öffentliche Vergabestelle allein entschieden wird, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft zu beteiligen ist.
Ich habe diesen Antrag dem Herrn Präsidenten überreicht und bitte Sie, ihn den beiden von mir genannten Ausschüssen zu überweisen.
Das Wort hat der Bundesverteidigungsminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Atzenroth, darf ich gleich folgende Frage an Sie stellen. Sie haben gesagt, ein Referent — Sie meinen damit doch einen Angehörigen meines Hauses — habe erklärt: Dieses Gerät habe ich entwickelt, und deshalb muß es beschafft werden. Sie machen doch damit den Vorwurf, daß ein Mann meines Hauses, der ein Gerät entwickelt habe, nun auch versuche, daß dieses Gerät beschafft und eingeführt werde. Darf ich Sie bitten, mir den Namen dieses Angehörigen meines Hauses mitzuteilen.
Zweitens — —
— Bitte, nennen Sie ihn mir.
— Nein, nein, Herr Dr. Arndt; so war es nicht gemeint. Wir können es schriftlich machen.
Herr Minister, wir haben hier in diesem Hause nur die Übung, Fragen an die Redner zu stellen, nicht aber die Gewohnheit, Fragen von Rednern an Mitglieder des Hauses stellen zu lassen, die sich nicht auf der Rednertribüne befinden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Verzeihen Sie, Herr Präsident. Hier hat doch ein Abgeordneter in der Diskussion einen, wie ich es
auffasse, Vorwurf erhoben, und ich richtete an ihn die Bitte, mir den Namen des Mannes zu nennen, gegen den er den Vorwurf erhebt. Ich bitte um Mitteilung, Herr Präsident, ob das geschäftsordnungsmäßig zulässig ist.
Das ist s o geschäftsordnungsmäßig nicht zulässig. Aber es ist zulässig, daß sich Herr Dr. Atzenroth zum Wort meldet und nachher von dieser Tribüne aus Ihnen entweder sagt, wie der betreffende Mann heißt, oder Ihnen erklärt, daß er Ihnen den Namen des Mannes brieflich oder anders oder gar nicht mitteilen wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Danke schön.
Ein Zweites. Sie haben, Herr Dr. Atzenroth, gesagt, es sei ein Gerät — offenbar ein ausländisches — empfohlen worden, das von einer bestimmten technischen Seite sehr empfohlen worden sei. Aber es sei gesagt worden — ich muß doch auch hier annehmen: offenbar von jemandem aus meinem Hause, der damit zu tun hat —, dieses Gerät werde nicht beschafft, das sei ausländisch; wir beschafften nur deutsches. Ich darf die Bitte an Sie richten, mir auch hier den Namen und die näheren Umstände mitzuteilen.
Nun zu einem anderen Punkt, der Beschaffung von Unterkunftsgerät vor Weihnachten. Sie haben seinerzeit ein Telegramm an mich gerichtet, und wir haben Ihnen darauf einen Brief geschrieben. Dieses wenige Unterkunftsgerät war zum 2. Januar zu beschaffen, und wir standen unter Zeitdruck. Ihre daran geknüpfte Bemerkung, das wäre auch noch zum 1. Februar früh genug gewesen,
I dann wären eben die Dinge in Andernach vier Wochen später gewesen, muß ich wie folgt beantworten. Gerade am 2. Januar brauche ich die voll eingerichteten Unterkünfte in Andernach zur Aufnahme von nahezu 2000 Soldaten. Verschöbe ich das um vier Wochen, so würde ich den gesamten Aufstellungsvorgang um vier Wochen verschieben.
Was nun die Zeiten bei der öffentlichen Ausschreibung betrifft, so können wir die öffentlichen Ausschreibungen natürlich nur nach Maßgabe vorhandener Mittel vornehmen, und nach Maßgabe der bewilligten Mittel sind die Ausschreibungen erfolgt, freilich mit den Lieferfristen, wie sie dem Aufstellungsprogramm angemessen sind.
Ich darf an dieser Stelle noch bemerken: Wenn Sie mir in den beiden Fällen die entsprechenden Angaben machen, werde ich mich nicht scheuen, diese beiden Fälle hier vor dem Parlament zu behandeln und Ihnen auch mitzuteilen, wie ich sie, falls sie sich ereignet haben, geahndet habe.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Herr Minister, ich habe den Namen des Beamten — ich weiß noch nicht einmal, ob die Bezeichnung „Referent" richtig ist — hier öffentlich nicht genannt und bin auch nicht bereit, ihn hier öffentlich zu nennen. Ich werde aber Ihnen persönlich mündlich den Namen nennen. Ich werde Ihnen zu der anderen Frage die Abschrift eines Schreibens überreichen, aus dem die Erklärung, die ich hier abgegeben habe, entnommen ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Wieninger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einreicher der Großen Anfrage sind von der Sorge erfüllt, daß die Aufträge aus dem Bundesverteidigungsministerium nicht so vergeben werden, wie es den Erfordernissen der gesamten Wirtschaft entspricht. Wir haben Verständnis für die Offenbarung dieser Sorge, und wir halten dafür, daß hier die Wachsamkeit des Parlaments gerechtfertigt ist. Wir sind von ähnlichen Motiven bewegt worden. Nur haben wir nicht den Weg einer Großen Anfrage beschritten; vielmehr nahmen wir bereits im Frühjahr 1955 mit dem Bundeswirtschaftsministerium, das ja für die gesamte Wirtschaftspolitik verantwortlich Ist, und mit dem Bundesverteidigungsministerium Kontakt auf und besprachen mit diesen Stellen in einigen Sitzungen, auf welchem Wege unseren Bedenken Rechnung getragen werden könne. Somit sind wir über den Zweck dieser Großen Anfrage der SPD weit hinausgegangen, und ich glaube sagen zu dürfen, daß wir dabei zweckmäßiger verfahren sind.
Unser Anliegen ging vornehmlich dahin, eine Verteilung der Aufträge in horizontaler und vertikaler Richtung zu sichern. Erstens wollten wir erreichen, daß die mittleren und kleineren Betriebe im Gefüge der Wirtschaft gemäß ihrer Wirtschaftskraft ebenso zum Zuge kommen wie die großen Betriebe. Der zweite Teil unseres Begehrens ging dahin, daß auch auf die regionale Streuung mehr als bisher Bedacht genommen werde. Es geht nach unserer Meinung nicht an, daß die der Zentrale Bonn näher gelegenen Betriebe besser abschneiden als die sowieso schon wirtschaftlich benachteiligten Randgebiete unserer Bundesrepublik.
Was den ersten Teil unseres Anliegens betrifft, so müssen wir immer wieder, bei jeder Gelegenheit, Stellung nehmen gegen das gedankenlose und übelwollende Gerede von der geringen Leistungskraft unserer mittelständischen Wirtschaft, vor allem des Handwerks. Es ist einfach nicht wahr, daß die kleineren Betriebe schlechthin leistungsuntüchtiger sind als die großen.
Das beweist der Beschäftigungsstand dort, das beweisen die Umsatzzahlen, das beweist der wachsende Anteil an der Exportquote, das beweist die jährlich stattfindende Deutsche Handwerksmesse, die in imposanter Weise den hohen Stand des Leistungsvermögens des Handwerks darstellt.
Selbstverständlich müssen bei den mittelständischen Erzeugern andere Maßstäbe angelegt werden, als dies bei der Großwirtschaft notwendig ist. Ich gebe zu, daß es für die auftragvergebenden Stellen bequemer und leichter ist, mit Großlieferanten zu verhandeln und abzuschließen. Es wird eingeräumt, daß der Geschäftsverkehr mit kleineren Firmen mehr Mühe und Umsicht verlangt. Aber die vermehrte Umsicht ist notwendig, wenn die Behörde dem Grundsatz „Gleiches Recht für alle" Geltung verschaffen will.
Darum fordern wir, daß die Dienststellen, die Aufträge vergeben, sich der Mühe unterziehen, zu untersuchen, wo die der Kleinwirtschaft eigentümliche Leistungsfähigkeit liegt, daß beispielsweise die kleineren holzverarbeitenden Betriebe bei Lie-
ferungen von Tischen und Kästen mehr oder ausschließlich berücksichtigt werden, wenn es sich herausstellen sollte, daß sie etwa bei der Lieferung von Stühlen kalkulatorisch unterlegen sind.
Wir fordern von der Behörde eine Äußerung des guten Willens, der sich in einer verstärkten Elastizität ausdrücken müßte. Es ist klar, daß z. B. Schneidermeister, auch wenn sie sich zu Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen haben, mit der Fließbandmethode großer Kleiderfabriken nicht gut Schritt halten können und daß sie unter Umständen bei der Ausschreibung zwangsläufig unterliegen. Bei gutem Willen könnten aber auch — das mag nur als ein Beispiel von vielen Möglichkeiten genannt sein — die kleinen Existenzen gerade dieser Branche zum Zuge kommen. Da läge es auf der Hand, daran zu denken, daß jeder Angehörige der künftigen Wehrmacht für seine Ausgehuniform ein Kleidergeld erhält, um sich, wenn er will und einen kleinen Aufbetrag bezahlt, dann durch den Maßschneider eine pikfeine Uniform nach Maß machen zu lassen.
Bei unseren vorhin erwähnten Besprechungen mit den Ministerien wurden wir des guten Willens versichert. Wir haben das Vertrauen, daß wir nicht enttäuscht werden.
In bezug auf die so notwendige, bis jetzt aber noch im argen liegende regionale Streuung liegt doch die Dringlichkeit der Förderung wirtschaftlich schwacher Gebiete ohne weiteres auf der Hand. So wie jeder Vater das schwächere oder gar kranke unter seinen Kindern bevorzugt stützt, so muß doch auch der Vater Staat den schwächeren Gebieten helfend unter die Arme greifen. Wir haben in Bayern, bedingt durch klimatische Verhältnisse, durch verkehrsungünstige Lagen und insbesondere durch die Eigenschaft als Grenzland und Zonenrandgebiet, Bezirke, in denen die Arbeitslosigkeit im Winter bis zu 30 % ansteigt und im Jahresdurchschnitt nicht unter 18 % sinkt.
— Jawohl, so ist es im Bayerischen Wald und in den Gebieten von Cham, von Deggendorf und Passau, so ist es in der Rhön, im Gebiet von Hammelburg usw. Ich möchte hier nicht nur für meine engere Heimat Bayern reden; nur dort kenne ich die Verhältnisse. Mein Anliegen gilt für alle Gebiete unserer Bundesrepublik, wo noch Not und Arbeitslosigkeit herrschen. Ich kenne die Verhältnisse in einigen dieser Notgebiete, wo das Wort von der überhitzten Konjunktur nur Befremden auslöst. Die kleinen Industriebetriebe und die Handwerker dort warten voll Hoffnung darauf, daß von dem großen Kuchen der Aufträge für das Verteidigungswesen ein bescheidenes Stück für sie abfällt. Was ich von der Notwendigkeit der Elastizität und ihrer Anwendung bei der Berücksichtigung des Mittelstandes sagte, gilt in erhöhtem Maße bei der Förderung dieser wirtschaftlich zurückgebliebenen Gebiete.
Gestatten Sie mir als Beispiel noch eine kleine Anregung zu diesem Thema! Wenn jetzt umfangreiche Bauvorhaben ausgeführt werden müssen, wäre es doch ein Leichtes, daran zu denken, der notleidenden Steinindustrie im Bayerischen Wald und im Fichtelgebirge, im Spessart und im Odenwald in verstärktem Maße dadurch auf die Beine zu helfen, daß mehr als bisher Granit und Sandstein Verwendung finden. Das kostet nicht mehr als anderes Material, könnte aber die Not in verhältnismäßig großen Gebieten auf längere Dauer schlagartig mildern. Es liegt somit am guten Willen der auftragvergebenden Stellen.
Wir vertrauen also zunächst auf die uns bisher gemachten Zusagen und auf diesen guten Willen. Nach Ablauf einer relativ kurzen Zeit wird sich herausstellen, ob die bisher geltenden Bestimmungen ausreichen, den guten Willen zu praktizieren, oder aber ob es zur Erreichung dieses Zieles notwendig sein wird, daß der Bundestag diese Bestimmungen ändert.
Es sind noch zwei Redner gemeldet, der Abgeordnete Schmidt und der Abgeordnete Oetzel. Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zwei kurze Bemerkungen machen. Dabei brauche ich auf die Antwort des Herrn Bundesverteidigungsministers im ganzen nicht einzugehen, nachdem sie von seinen Koalitionsfreunden Naegel und Atzenroth durchaus in meinem Sinne schon der Kritik unterzogen worden ist. Ich lege nur Wert auf zwei Richtigstellungen.
Der Herr Bundesverteidigungsminister scheint der Meinung zu sein, ich hätte ihn bewußt falsch zitiert. Hierzu möchte ich folgendes feststellen. Der Herr Bundesverteidigungsminister hat im Sicherheitsausschuß eingeräumt, daß eine Finanzlücke entstehen könne. Er hat weiter eingeräumt, daß infolgedessen der Fall eintreten könne, daß man in Zukunft jährlich nicht mit 9 Milliarden DM im Haushalt auskomme; es stünden ja auch die 9 Milliarden DM nur für den Haushalt 1956/57 fest. — Ich möchte von mir aus noch einmal feststellen, daß ich diese seine Äußerung über das zukünftige Finanzvolumen der Rüstung niemals als eine geheime oder vertrauliche Sache anerkennen kann, ganz gleich, ob sie in diesem oder in jenem Ausschuß fällt. In einem Punkte möchte ich diesbezüglich dem Herrn Bundesverteidigungsminister recht geben: das Protokoll des Sicherheitsausschusses wird feststellen, wie es tatsächlich gewesen ist. Sie kennen es im Augenblick genau so wenig wie ich.
Dann eine zweite Klarstellung. Wir haben nicht behauptet, der Herr Bundesverteidigungsminister habe den Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten, wie er hier wörtlich gesagt hat, sondern wir haben ihm vorgehalten, daß er bei seiner Rüstungsbeschaffung vom Pfad der marktwirtschaftlichen Tugend abgewichen ist, und bei dieser Feststellung bleibe ich.
Das Wort hat der Herr Bundesverteidigungsminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Herr Schmidt von seiner ersten Feststellung, ich hätte erklärt, daß man die Summe erhöhen müsse, nunmehr abgegangen ist. Ich erkläre aber, daß ich auch nicht eingeräumt habe, daß eine höhere Summe eingestellt werden müsse. Das Protokoll wird das erweisen.
Das Wort hat nunmehr als letzter der eingeschriebenen Redner der Abgeordnete Oetzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich zu dem Negativen, das zu dieser Großen Anfrage geführt hat, nicht mehr äußern; ich möchte nur positiv einige Lehren daraus ziehen. Wir freuen uns, daß wir diese Anfrage zum Anlaß nehmen können, einmal zu den Fragen der öffentlichen Aufträge, die im Rahmen der Wiederbewaffnung und der Wiedererrichtung einer Wehrmacht anfallen, aus der mittelständischen Sicht heraus Stellung zu nehmen. Die im Haushalt festgelegten 9 Milliarden DM jährlich für Verteidigungszwecke haben seit Monaten in der Öffentlichkeit eine erhebliche Diskussion ausgelöst; denn es ist für weite Kreise unseres deutschen Volkes nicht uninteressant, in welche Kanäle diese Milliarden fließen, an wen diese öffentlichen Aufträge gehen und welche wirtschaftlichen Sektoren dadurch befruchtet werden. Die große Gruppe des gewerblichen Mittelstandes, in der über 70 % der Gesamtbevölkerung ihre Existenz finden, ist sehr stark daran interessiert, daß sie an diesen Aufträgen angemessen beteiligt wird.
Es besteht wohl in diesem Hause Einmütigkeit darüber, daß die wirtschaftlichen Aufgaben, die sich aus der Aufstellung einer neuen Wehrmacht ergeben, von der Gesamtvolkswirtschaft gelöst werden können und müssen,
ohne eine neue Rüstungswirtschaft aufzubauen. Es
müßte auch ohne große Schwierigkeiten möglich
sein, die vorhandenen nicht ausgenutzten Kapazitäten der Klein- und Mittelbetriebe sinnvoll für diesen Zweck einzusetzen. Erst dann wäre auch eine echte Wettbewerbswirtschaft möglich. Eine mittlere Schreinerei beispielsweise, mechanisch ausgerüstet, hat vielleicht fünf, sechs oder sieben Maschinen; Sie werden aber immer feststellen, daß nur ein oder höchstens zwei Maschinenschreiner daran beschäftigt sind, ein Beweis dafür, daß diese Maschinen in keiner Weise ausgelastet sind und daß sie noch ausgelastet werden können.
Ich will mich bei meinen Ausführungen nicht mit den „harten" Rüstungsgütern befassen; sie unterliegen besonderen Gesetzen und sind schließlich auch nur von einer bestimmten Industrie zu produzieren. Im Zusammenhang mit dieser Debatte interessieren uns im wesentlichen die Dinge, die mit dem Ausstattungsbedarf der Wehrmacht zusammenhängen.
Es dürfte für uns alle kein Geheimnis mehr sein, daß sich in einzelnen Wirtschaftszweigen, insonderheit in den Ballungsgebieten, eine Hochkonjunktur mit den damit zusammenhängenden Gefahren abgezeichnet hat, wogegen andererseits andere Sektoren unserer Wirtschaft, andere Gebiete, insbesondere die Grenz- und Notstandsgebiete, noch längst nicht ausgelastet sind. Es muß daher eine der. vordringlichsten Aufgaben der Bundesregierung sein, zu versuchen, durch diese Mittel, die erstmalig in die Wirtschaft hineinfließen, diese Diskrepanz auszugleichen, was auch ohne weiteres im Rahmen der Marktwirtschaft möglich ist.
Ohne einem zukünftigen Organisationsgesetz, in dem die wirtschaftlichen Institutionen ihre Verankerung finden sollen — wir sind der Ansicht, daß die wirtschaftlichen Dinge, die nun einmal mit der Wiederaufrüstung verbunden sind, in einer besonderen Ordnung zu regeln sind —, vorgreifen zu wollen — wir werden anläßlich der Beratung darauf noch zurückkommen —, bleibt uns zunächst nur übrig, zu untersuchen, inwieweit die VOL und die VOB, die bisher bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zwingend angewandt wurden und wahrscheinlich auch bis zur Einführung einer anderen Regelung noch angewandt werden, Möglichkeiten bieten, diesen von mir vorgetragenen mittelständischen Anliegen gerecht zu werden. Bei einsichtiger Handhabung dieser Vorschriften und bei gutem Willen der auftraggebenden Stellen sind die Möglichkeiten dafür absolut gegeben.
Die drei Vergabemöglichkeiten, die die VOL und die VOB vorschreiben und die auch hier schon mehrfach angesprochen worden sind, sind einmal die öffentliche Ausschreibung, die Vergabe an den wirtschaftlichsten Anbieter, zweitens die beschränkte Ausschreibung, wiederum die Vergabe an den wirtschaftlichsten Anbieter, und drittens die freie Vergabe. Jede dieser Vergabeformen hat in besonders gelagerten Fällen ihre Berechtigung und Zweckmäßigkeit. Welche von ihnen im Einzelfall angewendet werden muß, ist Sache der wirtschaftlichen Einsicht und könnte in einem Organisationsgesetz festgelegt werden.
Eins ist festzuhalten. Wenn weite Kreise der kleinen und mittleren Gewerbebetriebe, der Industrie, des Handwerks oder des Handels an diesen Aufträgen beteiligt werden sollen, dann muß bei einer öffentlichen Ausschreibung der Vergabewille frühzeitig an die Interessenten herangebracht werden. Es genügt vielleicht nicht, daß die Ausschreibung nur im Bundesanzeiger erfolgt. Vielleicht müssen wir uns darüber auseinandersetzen, ob nicht die Organisationen vorher benachrichtigt werden können, damit sich die Interessenten beteiligen können.
Aber auch bei der beschränkten Ausschreibung, bei der die Beschaffungsstelle die Anbieter aus den Lieferantenlisten auswählt, muß ausreichend Zeit für die Abgabe eines Angebots gegeben werden. Es geht nicht, wie es leider Gottes schon vorgekommen sein soll, daß die Anbieter für die Abgabe des Angebots nur einen Tag zur Verfügung haben. Man könnte dann sehr leicht auf den Gedanken kommen, daß man einige Konkurrenten ausschließen will. Immerhin halte ich diese Art der Ausschreibung für sehr gut, weil man damit die Möglichkeit der Streuung, vor allem in regionaler Beziehung, hat.
Um die kleinen Betriebe wirksam zum Zuge kommen zu lassen, muß von den Möglichkeiten, die die VOL und die VOB bieten, weitestgehend Gebrauch gemacht werden. So ist in § 9 Nr. 3 der VOL ausdrücklich bestimmt, daß zur Erhaltung eines selbständigen, leistungsfähigen Handwerks diesem Gelegenheit zu geben ist, sich um die in Betracht kommenden Leistungen zu bewerben, wenn die Art und Größe des Auftrags den Betrieben entspricht. Auch der Bundesminister für Wirtschaft hat in einem besonderen Erlaß über die Beteiligung des Handwerks an öffentlichen Aufträgen alle Bundesminister und die Wirtschaftsminister der Länder noch einmal ganz besonders darauf hingewiesen, daß das Handwerk in dieser Form in die öffentlichen Aufträge eingeschaltet werden soll.
Um die Beteiligung der kleinen Betriebe sicherzustellen, sieht § 5 der VOL vor, daß umfangreiche Leistungen, wenn es zweckmäßiger ist, schon bei der Ausschreibung nach Menge und Art in Lose aufzuteilen sind. Nehmen wir als Beispiel an, wir brauchen 5000 Schränke. Wenn diese 5000 Schränke en bloc ausgeschrieben werden, ist es selbstverständlich, daß sich die kleinen und kleinsten Betriebe darum nicht bewerben können. Wenn man sie aber in 25 Lose zu 200 Schränken aufteilt, kann sich eine ganze Reihe von Kleinbetrieben bewerben. Dann besteht die Möglichkeit, dem wirtschaftlich günstigsten Anbieter den Auftrag vielleicht nicht nur für ein Los, sondern für fünf Lose zu erteilen, und man kann, wenn man wiederum von der VOL Gebrauch macht, die nachfolgenden Anbieter in das wirtschaftlichste Angebot eintreten lassen. Dazu bieten auch § 25 der VOL und § 26 der VOB eine Handhabe. Dadurch könnte ebenfalls eine gesunde Streuung erreicht werden.
Auch umfangreiche Bauleistungen sollen möglichst in Lose aufgeteilt und nach Losen vergeben werden. § 4 Nr. 2 und 3 der VOB weist ausdrücklich darauf hin. Hier ist ferner die Bildung von Liefergenossenschaften und Arbeitsgemeinschaften vorgesehen. Leider fehlen in diesem Fall noch klare Bestimmungen im Umsatzsteuerrecht. Für diese Arbeitsgemeinschaften und Lieferungsgenossenschaften dürfen aber keine steuerlichen Nachteile entstehen. Das ist bis jetzt nicht klar.
§§ 25 der VOB bestimmt sogar, daß bei annähernd gleichwertigen Angeboten Meister und Lehrberechtigte, die Lehrlinge ausbilden, vorzuziehen sind. Man will damit den handwerklichen Nachwuchs fördern. Ebenso hat sich die Bundesregierung mehrfach dahingehend ausgesprochen, die Mittelständler, die einen Betrieb haben und als Flüchtlinge oder Sowjetzonenflüchtlinge hierher gekommen sind, besonders zu berücksichtigen. Sie sollen bei öffentlicher Vergabe selbst dann berücksichtigt werden, wenn sie geringfügig teurer sind als die anderen Anbieter. Wir halten es an sich für richtig, daß sie bevorzugt behandelt werden; es muß allerdings sichergestellt sein, daß die Bevorzugungslage von Zeit zu Zeit überprüft wird, damit der Wettbewerb wiederhergestellt wird.
Eine andere bessere Möglichkeit, die Aufträge zu streuen und vorwiegend der mittelständischen Wirtschaft zufließen zu lassen, besteht in der Dezentralisation der auftraggebenden Stellen. Man sollte den Standortverwaltungen in der Beschaffung von Lebensmitteln und kleinen Bedarfsgegenständen für ihre Einheiten weitgehend freie Hand lassen. Herr Kollege Wieninger hat vorhin das Beispiel des Kleidergeldes angeführt. Das ist schon in der Praxis bei der Polizei eines Bundeslandes durchgeführt worden und hat sich anscheinend ganz gut bewährt.
Der Mittelstand muß, solange kein Organisationsgesetz besteht, das diese Fragen besonders regelt, erwarten. daß die Regierung alles tut. um den Wünschen der mittelständischen Wirtschaft in dieser Frage entgegenzukommen. Mit Deklamationen über die Förderung des Mittelstandes ist uns nicht gedient. Hier ist eine echte Hilfe durch gerechte Verteilung der Aufträge möglich.
Auf einen Punkt muß ich bei dieser Gelegenheit noch hinweisen. Ich wende mich damit mehr an die Adresse des Bundesfinanzministers. Der Herr Minister würde der kleinen und mittelständischen
Wirtschaft einen großen Gefallen tun, wenn er seine Verwaltungen anwiese, die Abrechnungen so schnell wie möglich durchzuführen.
Unzureichende Vorleistungen, Abschlagszahlungen sowie verzögerte Abrechnungen tragen dazu bei, den kleinsten Unternehmer zum unfreiwilligen Kreditgeber des Staates zu machen.
Leider ist das in der privaten Wirtschaft sehr oft der Fall. Es sind mir auch eine Reihe von Fällen bekannt, in denen die Finanzbauämter Anlaß zu Klagen gegeben haben.
Unsere Forderung, die mittelständische Wirtschaft an den öffentlichen Aufträgen angemessen zu beteiligen, ist kein Wunsch nach Bevorzugung eines Interessentenhaufens.
Sie entspricht vielmehr einer volkswirtschaftlichen Notwendigkeit und ist der Wunsch und Wille der Mehrheit aller schaffenden deutschen Menschen.
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir können nunmehr zur Abstimmung kommen. Ich nehme an, daß eine genügende Anzahl von Abgeordneten den Antrag Dr. Atzenroth, Dr. Dehler und Fraktion unterstützt. Die Fraktion der FDP wird ihn als ganze unterstützen. Wir wissen ja, daß sie — —
— Nun, es heißt in der Geschäftsordnung: 30 anwesende Abgeordnete. Ich nehme an, von Ihrer Fraktion sind so viele Mitglieder anwesend, daß der Antrag ausreichend unterstützt wird. — Der Antrag ist Ihnen bekannt. Soll ich ihn noch einmal verlesen?
Er lautet *) :
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, in dem vorzusehen ist, daß
1. öffentliche Vergabestellen bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand, die Verteidigungsaufgaben dienen, den freien Wettbewerb durch öffentliche Ausschreibung sicherzustellen haben,
2. Ausnahmen von dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung nur zuzulassen sind, wenn die Eigenart der benötigten Leistungen oder andere wichtige Umstände eine Abweichung zwingend erforderlich machen,
3. die nach Ziffer 2 zulässigen Ausnahmen von dem Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung möglichst klar — notfalls durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung — abgegrenzt und festgelegt werden,
4. über die freihändige Vergabe oder die beschränkte Ausschreibung im Einzelfall nicht durch die öffentliche Vergabestelle allein entschieden wird, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft zu beteiligen ist.
Bonn, den 8. 12. 55. *) Umdruck 497.
Es folgt eine Reihe von Unterschriften, von denen ich glaube, daß sie alle von Mitgliedern der Fraktion der FDP stammen. Aber wirklich lesen kann ich nur den einen oder anderen Namen.
Ich lasse nunmehr über diesen Antrag abstimmen.
— Dann stellen Sie bitte diesen Antrag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, diesen Antrag dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik, dem Ausschuß für Mittelstandsfragen und dem Haushaltsausschuß zu überweisen.
Nicht auch dem Sicherheitsausschuß? Ich nehme an, daß es, nachdem sich der Herr Bundesverteidigungsminister hier zum Sprecher der Regierung gemacht hat, wohl richtig wäre, den Ausschuß, der ihm korrespondiert, mitzubeteiligen.
Welcher Ausschuß soll federführend kein?
- Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik; ist das Haus damit einverstanden?
Dann haben wir also eine Überweisung an folgende Ausschüsse: Ausschuß für Wirtschaftspolitik
— federführend —, Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit, Haushaltsausschuß und Ausschuß für Mittelstandsfragen. Kein Wider) Spruch? — Dann ist so beschlossen. Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 1935).
Der Ausschuß schlägt dem Bundestag vor, den Gesetzentwurf unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Da es sich um einen interfraktionellen Antrag handelt, alle Fraktionen beteiligt sind, nehme ich an, daß auch im Ausschuß Einmütigkeit bestanden hat. Unter diesen Umständen möchte ich dem Hause vorschlagen, auf die Entgegennahme eines mündlichen Ausschußberichts zu verzichten.
— Dann, bitte, Herr Abgeordneter Kunze; Sie haben das Wort als Berichterstatter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie brauchen keine Sorge zu haben, daß ich lange rede! Es geht mir nur um eines. Die Begründung für die einmütige Beschlußfassung des Ausschusses brauche ich in diesem Hause nicht zu geben. Es ist aber wichtig, zu wissen, daß wir mit der Annahme dieser Novelle Millionen von Altsparern, die sich aus nicht genügender Kenntnis ihrer rechtlichen Möglichkeiten bis heute nicht gemeldet haben, eine
bis auf weiteres unbegrenzte Frist zur Nachholung der Meldung geben. Es erscheint mir außerordentlich wichtig, daß Rundfunk und Presse sich
diese Drucksache ansehen und uns helfen, für eine
Verbreitung der Kenntnis dieser bedeutsamen Novelle im Interesse der Altsparer zu sorgen. Im
übrigen bitte ich dem Antrag gemäß um Annahme.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht? — Zu Art. 1? — Nicht! Zu Art. 2, — 3, — zur Einleitung und zur Überschrift? — Keine Wortmeldungen.
Dann stimmen wir ab. Wer für die Annahme ist, der möge ein Handzeichen geben. — Gegenprobe!
— Ich stelle einstimmige Annahme fest und schließe die zweite Beratung.
Ich eröffne die
dritte Beratung
und die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Dann kommen wir zur Abstimmung über das Gesetz als ganzes. Wer für die Annahme des Gesetzes ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.
Punkt 4:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Achtundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Konjunkturpolitische Zollsenkung) (Drucksachen 1920, 1868).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Serres. !)
— Sie möchten auf die mündliche Berichterstattung verzichten. Ist das Haus damit einverstanden?
— Dann werden wir ohne mündliche Berichterstattung verhandeln. Der Bericht liegt Ihnen im übrigen schriftlich vor. Ich bitte um Wortmeldungen. — Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Ich möchte der Bundesregierung zu der vorliegenden Verordnung gratulieren, weil sie es nach vielen Achs und Wehs bei der Koalition doch mit unserer Hilfe zustande gebracht hat, daß diese Verordnung nun einstimmig angenommen werden wird. Noch bei den Einzelabstimmungen — ganz abgesehen von den vorausgegangenen Pressemeldungen —hatte man den Eindruck, daß diese Verordnung nicht der Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses gewärtig sein könnte. Man hatte die — jedenfalls für mich — unverständliche Tatsache zu verzeichnen, daß z. B. der Herr Präsident des Deutschen Bauernverbandes der Zollherabsetzung für Sensen, Ackergeräte und andere Produktionsmittel für die Landwirtschaft nicht seine Zustimmung gab. Erst in der Schlußabstimmung ergab sich Einmütigkeit, die wir hoffentlich auch heute hier demonstrieren können.
s) Siehe Anlage 3.
In der Debatte über die allgemeine Zollpolitik, die in diesen Tagen wiederholt in den Ausschüssen und auch in der Presse abgelaufen ist, haben wir Sozialdemokraten zu dem allgemeinen Zollniveau der Industriezölle bemerkt, daß wir diese in Hinsicht auf die deutsche Position im Welthandel ganz allgemein für überhöht halten. Ich erwähne das deshalb hier noch einmal besonders, weil erfreulicherweise der Herr Bundeswirtschaftsminister einen Tag später im Ausschuß wörtlich dieselbe Meinung vertreten hat, nämlich die, daß die deutschen Industriezölle in der gegenwärtigen weltwirtschaftlichen Situation, in der sich die Bundesrepublik befinde, überhöht seien und ganz allgemein ein Abbau erforderlich sei. Wir betonen das nicht etwa aus billigem Opportunismus, sondern weil es hier festgehalten zu werden verdient, daß in dieser Frage die Opposition die Meinung des Wirtschaftsministers teilt im Gegensatz zu einem großen Teil der Damen und Herren aus den Koalitionsparteien.
Bei der vorliegenden Achtundvierzigsten Verordnung bleiben nur einige Schönheitsfehler zu bedauern. Sie ist etwas zu spät vorgelegt worden, um wirklich noch auf die Preise einiger besonders zu Weihnachten gängiger Artikel nachhaltig Einfluß zu haben. So werden wir leider nicht mehr in den Genuß einer Zollvergünstigung z. B. für die erhoffte Weihnachtsgans kommen.
Ich möchte, da diese Verordnung sich ja mit konjunkturpolitischen Maßnahmen befaßt, aus der Fülle der Zollpositionen, die man natürlich nicht im einzelnen abhandeln kann, nur zwei Punkte herausgreifen, weil sie auf anderen Sektoren der I Konjunkturpolitik von nachhaltigem Einfluß sein könnten. Ich meine — und darüber besteht wohl auch seitens der Bundesregierung Übereinstimmung —, daß weitere konjunkturpolitische Maßnahmen notwendig sind, einfach deswegen, weil wir die heutige Konjunktur selbstverständlich für einen möglichen Dauerzustand halten, aber es als notwendig empfinden, diesen Dauerzustand auch mit entsprechenden Maßnahmen zu sichern und zu garantieren. Da haben sich, wie gesagt, in der Unterhaltung zwei Punkte ergeben, die auf anderen Sektoren der Konjunkturpolitik von Bedeutung sein könnten. So ist z. B. die Margarine von 30 % auf 25 % zollermäßigt worden. Diese Zollermäßigung verbilligt die Margarinepreise voraussichtlich leider überhaupt nicht. Die Preise der Margarine sind besonders in ihren Spitzenqualitäten bedauerlicherweise überhöht. Aber die Tatsache der Überhöhung der Margarinepreise in den Spitzen hat ihre Ursache in etwas ganz anderem, nämlich darin, daß wir hier einem internationalen, ja, man muß sagen, einem Weltmonopol gegenüberstehen. Dieses Weltmonopol „Unilever" hat eine derartige Stärke, daß es durch eine übermäßige Reklame dem Konsumenten vorschwätzen zu können glaubt, die Spitzenqualitäten seien die einzig gesunden und die einzig guten Qualitäten. Auf diese Art, durch die übermäßige Kraft dieses Großunternehmens, ist der Margarinemarkt im Grunde aus dem Gleichgewicht gekommen. Die Preise der Spitzenqualitäten sind, wenn man Preis und Qualität miteinander vergleicht, ganz einfach überhöht. Im Rahmen der Konjunkturpolitik müssen, glaube ich, der Herr Bundeswirtschaftsminister und wir alle auf Maßnahmen sinnen, wie man diesem Monopol mit anderen Mitteln als einer kümmerlichen Zollsenkung von 5 % beikommt.
Wir haben im Laufe unserer Verhandlungen noch ein anderes Beispiel auf einem ganz anderen Sektor erleben müssen, über das die Regierung bisher auch keine ausreichende schlüssige Auskunft geben konnte. Von einem unserer Mitglieder wurde uns erklärt, daß es ein internationales Fittings-Kartell gibt. Fittings sind Rohrverbindungen. Dieses Kartell ist angeblich dazu übergegangen, die vom Ausland eingeführten Waren Deutschland zollfrei zu liefern. Da erhebt sich natürlich die Frage, ob, wenn die Zölle gesenkt werden, dieses internationale Kartell die deutsche Zollsenkung in sich verfrühstückt oder ob es diese Zollsenkung als Preissenkung in Deutschland weitergibt. Von Sachkennern wurde uns gesagt, daß dieses Kartell diese Zollsenkung in der Tat in seine eigene Tasche wirtschaftet und sie nicht in Form einer Preissenkung dem Verbraucher zugute kommen läßt. Wenn das zutrifft, dann ist dies ein zweiter Fall, auf Grund dessen das Bundeswirtschaftsministerium der Tätigkeit internationaler Kartelle auf dem deutschen Markt mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken hätte. Aus diesem einzigen Grunde sind die beiden Beispiele hier angeführt worden.
Die vorliegende Zollsenkungsverordnung wird keine gewaltigen Preiseinbrüche bringen. Dazu ist die Zahl der Positionen zu gering, und die Senkungen sind nicht umfassend genug. Aber ich glaube doch, sagen zu können, daß man zu dieser Verordnung auf Grund weitergehender Anträge der sozialdemokratischen Fraktion gekommen ist, die wir in nächster Zeit hier im Bundestag zu behandeln haben werden. Die Entscheidung über diese Anträge ist natürlich noch nicht abzusehen. Sie haben aber doch schon jetzt den einen Erfolg gehabt, daß ihr Vorliegen und die Sympathie der breiten Öffentlichkeit für diese Zollsenkungen die Mehrheit der Damen und Herren unseres Ausschusses dazu bewogen haben, zum Schluß einstimmig diesen ersten Schritt — das möchte ich betonen: diesen ersten Schritt — auf dem Wege allgemeiner Zollsenkungen im Rahmen der konjunkturpolitischen Zollsenkung zu tun. Weitere werden kommen und weitere müssen kommen. Wir akzeptieren diese Zollsenkung als den ersten Schritt im Rahmen der konjunkturpolitischen Zollsenkungen.
Das Wort hat der Abgeordnete Margulies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, warum der Herr Kollege Kalbitzer die allgemeine Freude über die einstimmige Annahme der Zollsenkungsverordnung mit etwas Seelenforschung verknüpft hat.
Wir wollen aus den Gründen, die im Ausschuß hin und her erwogen und eingehend besprochen wurden, gar kein Geheimnis machen. Wir wollten nur wegen der gebotenen Eile das Haus nicht länger als unbedingt notwendig mit den Dingen aufhalten.
Aber hier ist doch das erntemal der gute Grundsatz verlassen worden, daß die Betroffenen vorher gehört werden.
Die Gründe dafür mögen etwas für sich haben, sie
haben aber dazu geführt, daß nun im Ausschuß
eine Reihe von Bedenken, die keineswegs immer so
leicht von der Hand zu weisen waren, erörtert werden mußten.
Unter diesen Umständen ist es nicht sehr verwunderlich, daß man in eine eingehende Prüfung der einzelnen Positionen eingetreten ist. Das einstimmige Ergebnis bedeutet, daß eine Reihe von Berufsgruppen, von Industriezweigen bewußt ein Opfer auf sich nehmen müssen, um die Initiative des Herrn Bundeswirtschaftsministers, die wir als richtig anerkennen - nämlich einer etwaigen Preissteigerungsbereitschaft entgegenzuarbeiten -, durchzubringen.
Das sind die Gründe, wie wir sie im Ausschuß besprochen haben, und dem habe ich weiter nichts hinzuzufügen.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1920 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen einige Stimmen angenommen.
Ich rufe als nächsten und letzten Punkt der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts*)
des Ausschusses für Außenhandelsfragen
*) Siehe Anlage 2.
über den Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schwefelsäure usw.) (Drucksachen 1930, 1869).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Löhr. Ist das Haus damit einverstanden, daß auf mündliche Berichterstattung verzichtet wird? - Das ist der Fall. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1930. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich habe Sie darauf aufmerksam zu machen, daß Sie gebeten werden, die Drucksache 1900 zur morgigen Beratung des Haushaltsgesetzes noch einmal mitzubringen, da sie nicht noch einmal verteilt werden kann.
Damit stehen wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste, 118. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 9. Dezember 1955, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.