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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag - 117. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1955 6239 117. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1955. Ergänzung der Tagesordnung 6239 D Gedenken der Opfer eines Hauseinsturzes in Frankfurt und des Deckeneinsturzes einer Fabrikhalle in Braunschweig: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6239 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 (Haushaltsgesetz 1956) (Drucksache 1900) 6240 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6240 A Weiterberatung vertagt 6255 D Unterbrechung der Sitzung . 6255 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Verfahren bei Rüstungsaufträgen (Drucksache 1862, Umdruck 497) 6255 D Schmidt (Hamburg) (SPD), Anfragender . . . ... . . 6256 A, 6261 D, 6269 C Blank, Bundesminister für Verteidigung . . 6261 B, C, D, 6267 D, 6268 A, 6269 D Mellies (SPD) 6261 C Naegel (CDU/CSU) . . . . 6264 B, 6272 A Dr. Atzenroth (FDP) . . . . 6266 A, 6268 B Vizepräsident Dr. Schmid (betr. Fragerecht) 6267 D, 6268 A Wieninger (CDU/CSU) 6268 C Oetzel (CDU/CSU) 6270 A Überweisung des Antrags Umdruck 497 an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Sonderfragen des Mittelstandes, für Fragen der europäischen Sicherheit und an den Haushaltsausschuß 6272 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (Drucksache 1905); Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 1935) . . . 6272 B Kunze (Bethel) (CDU/CSU), Berichterstatter . 6272 B Beschlußfassung 6272 C Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Achtundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Konjunkturpolitische Zollsenkung) (Drucksachen 1920, 1868) 6272 C Dr. Serres (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6275 A Kalbitzer (SPD) 6272 D Margulies (FDP) 6273 D Beschlußfassung 6274 A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schwefelsäure usw.) (Drucksachen 1930, 1869) 6274 A Dr. Löhr (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 6275 A Beschlußfassung 6274 C Nächste Sitzung 6274 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 6274 B Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Achtundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Konjunkturpolitische Zollsenkung) (Drucksache 1920) 6275 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schwefelsäure usw.) (Drucksache 1930) . 6275 A Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 31. März 1956 Mensing 1. März 1956 Dr. Starke 28. Februar 1956 Jahn (Frankfurt) 9. Januar 1956 Moll 1. Januar 1956 Peters 1. Januar 1956 Klingelhöfer 31. Dezember 1955 Neumann 21. Dezember 1955 Feldmann 17. Dezember 1955 Heiland 17. Dezember 1955 Hörauf 17. Dezember 1955 Dr. Dr. h. c. Prinz 17. Dezember 1955 zu Löwenstein Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 17. Dezember 1955 Welke 17. Dezember 1955 Dr. Luchtenberg 16. Dezember 1955 Dr. Reichstein 16. Dezember 1955 Dr. Graf (München) 15. Dezember 1955 Frau Rudoll 15. Dezember 1955 Schröter (Wilmersdorf) 15. Dezember 1955 Frau Albertz 10. Dezember 1955 Dr. Baade 10. Dezember 1955 Gedat 10. Dezember 1955 Eberhard 10. Dezember 1955 Kiesinger 10. Dezember 1955 Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Kriedemann 10. Dezember 1955 Kutschera 10. Dezember 1955 Onnen 10. Dezember 1955 Op den Orth 10. Dezember 1955 Frau Renger 10. Dezember 1955 Brandt (Berlin) 9. Dezember 1955 Gockeln 9. Dezember 1955 Dr. Horlacher 9. Dezember 1955 Keuning 9. Dezember 1955 Leibfried 9. Dezember 1955 Dr. Leverkuehn 9. Dezember 1955 Lücker 9. Dezember 1955 Dr. Menzel 9. Dezember 1955 Morgenthaler 9. Dezember 1955 Scharnberg 9. Dezember 1955 Dr.-Ing. E. h. Schuberth 9. Dezember 1955 Stahl 9. Dezember 1955 Frau Vietje 9. Dezember 1955 Wehking 9. Dezember 1955 Bauknecht 8. Dezember 1955 Dr. Jentzsch 8. Dezember 1955 Kahn-Ackermann 8. Dezember 1955 Dr. Orth 8. Dezember 1955 Frau Pitz 8. Dezember 1955 Pöhler 8. Dezember 1955 Schill (Freiburg) 8. Dezember 1955 Schmitt (Vockenhausen) 8. Dezember 1955 Schmücker 8. Dezember 1955 Dr. Welskop 8. Dezember 1955 Anlage 2 Drucksache 1930 (Vgl. S. 6274 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schwefelsäure usw.) (Drucksache 1869). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Löhr Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 7. Dezember 1955 mit dem Entwurf einer Siebenundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schwefelsäure usw.) beschäftigt und einstimmig beschlossen, dem Verordnungsentwurf laut Vorlage der Bundesregierung zuzustimmen. Bonn, den 7. Dezember 1955 Dr. Löhr Berichterstatter Anlage 3 Drucksache 1920 (Vgl. S. 6272 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Achtundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Konjunkturpolitische Zollsenkung) (Drucksache 1868). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 6. Dezember 1955 mit dem Entwurf einer Achtundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Konjunkturpolitische Zollsenkung) — Drucksache 1868 — in Gegenwart von Vertretern der beteiligten Ministerien befaßt. Es hat zunächst eine Grundsatzdebatte über die Zweckmäßigkeit von kunjunkturpolitischen Zollsenkungen stattgefunden, die erstmalig in der Weise zur Durchführung kommen sollen, daß auf bestimmten ausgewählten Gebieten — Ernährungsgüter, landwirtschaftliche Produktionsmittel, Bauwirtschaft — Zölle linear gesenkt werden. Die Vorlage sieht durchweg eine Halbierung der z. Z. geltenden Zollsätze vor. In der Aussprache hat sich der Ausschuß im Grundsatz zu der Zweckmäßigkeit einer solchen Zollsenkung bekannt. Er hat sich lediglich vorbehalten, zu prüfen, ob die Aufnahme bestimmter Positionen aus allgemeinwirtschaftlichen oder aus handelspolitischen Gründen zweckmäßig erscheint. Vor Eintritt in die Einzeldebatte ist noch die Frage des Inkrafttretens und des Endtermins der Verordnung erörtert worden. Es bestand Einmütigkeit darüber, daß eine Rückwirkung aus technischen Gründen nicht zweckmäßig sei. Aus diesem Grunde konnte der ursprünglich in der Vorlage vorgesehene Termin vom 1. Dezember d. J. nicht beibehalten werden. Der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums äußerte den dringenden Wunsch, daß die Verordnung noch rechtzeitig vor Weihnachten in Kraft treten solle. Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums gab zu bedenken, daß seinem Hause ausreichend Zeit für die Durchführung der gefaßten Beschlüsse gegeben werden müsse. Nach kurzer Aussprache beschloß der Ausschuß, den Zeitpunkt des Inkrafttretens —§ 1 der Verordnung — auf den 10. Dezember d. J. festzusetzen unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß die Verabschiedung im Plenum spätestens am Tage vorher erfolgen werde. Bezüglich des Endtermins der geplanten Zollmaßnahme entstand im Ausschuß eine Diskussion darüber, ob es zweckmäßig sei, zumindest für bestimmte Warengattungen, den Termin über den 30. Juni 1956 hinaus zu erstrecken. Hiergegen wurden regierungsseitig handelspolitische Bedenken mit Rücksicht auf die internationalen Zollgespräche zu Beginn des kommenden Jahres erhoben. Der Ausschuß beschloß daher, es insofern bei der Regierungsvorlage zu belassen. Die sehr eingehende Einzelberatung ergab, daß der Ausschuß nur in wenigen Punkten nicht in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage war. Es handelte sich dabei um die folgenden Positionen (lfd. Nummernfolge der Vorlage — Drucksache 1868 —): 1. lfd. Nr. 2 — Tarifnr. 02 02, Geflügel, nicht lebend, usw. — Hier wurden insbesondere Bedenken von landwirtschaftlicher Seite geäußert, die in einer weiteren Zollsenkung über den derzeitigen Vertragszollsatz hinaus eine Gefährdung der anlaufenden langfristigen Förderungsmaßnahmen zugunsten der deutschen Geflügelwirtschaft erblickte. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlosen, diese Position aus der Regierungsvorlage zu streichen. 2. lfd. Nr. 13 — Tarifnr. 08 12 D — Pflaumen und Zwetschgen — Hierzu wurde aus der Mitte des Ausschusses beantragt, die Vorlage der Regierung zu streichen, da in einige Gebieten Deutschlands die Erträge der Pflaumen und Zwetschgen so erheblich seien, daß der Absatz gefährdet erscheine. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, antragsgemäß zu verfahren, d. h. die Position zu streichen. 3. Aus denselben Gründen wie zu 2. wurde die lfd. Nr. 18 — Tarifnr. aus 20 05 — gestrichen. 4. lfd. Nr. 27 — Tarifnr. 31 03 D - Superphosphate (einfache, doppelte und dreifache) — Zu dieser Position wurde aus der Mitte des Ausschusses der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß die bisher vorhandene Preisstabilität durch Einfuhren aus dem Ausland in Frage gestellt werde, insbesondere könnten Einfuhren aus Holland die deutsche Erzeugung gefährden. Der Ausschuß hat sich nach längerer Beratung mit Mehrheit dieser Auffassung angeschlossen und diese Position in der Regierungsvorlage gestrichen. 5. lfd. Nr. 80 — Tarifnr. 73 27 (Rohrformstücke, usw.) B 1 — aus schmiedbarem Guß — Die Aussprache zu dieser Position ergab, daß nicht damit gerechnet werden könne, durch Einfuhren aus dem Ausland den Inlandspreis in günstiger Weise zu beeinflussen. Unter diesen Umständen war nicht anzunehmen, daß der gewünschte konjunkturpolitische Effekt zu erzielen sei. Der Ausschuß beschloß daher, diese Position zu streichen. Zu § 2 erfolgte eine längere Erörterung über die Konsequenzen, die entstehen, wenn die Verord- (Dr. Serres) nung am 30. Juni 1956 außer Kraft tritt. Die Regierung erläuterte hierzu, sie lege Wert darauf, daß sichergestellt werde, daß bei Auslaufen der vorliegenden Verordnung diejenigen Zollsätze wiederhergestellt würden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Verordnung bestanden haben. Werde keine entsprechende Bestimmung in die Verordnung aufgenommen, so entstehe eine gewisse Unsicherheit über die eintretende Rechtslage. Um diese Ungewißheit auszuschalten, habe die Regierung § 2 in die Verordnung aufgenommen. Satz 2 des § 2 gewährleiste, daß Zollsenkungen, die auf Grund anderer Verordnungen in der Zeit zwischen dem 10. Dezember 1955 und dem 30. Juni 1956 auslaufen, von der vorliegenden Verordnung in ihrer Laufzeit nicht berührt werden. In der Schlußabstimmung billigte der Ausschuß für Außenhandelsfragen einstimmig die Verordnung in der von ihm geänderten Fassung. Bonn, den 6. Dezember 1955 Dr. Serres Berichterstatter
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort.
    Die Debatte über das Haushaltsgesetz soll vereinbarungsgemäß morgen stattfinden.
    Es ist gebeten worden, Punkt 4 der Tagesordnung vorzuziehen und nach Punkt 2 zu beraten.

    (Abg. Kunze [Bethel] : Ist nicht mehr notwendig!)

    — Gut, Herr Kunze. Dann können wir die Tagesordnung so lassen, wie sie vereinbart war.
    Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
    Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Verfahren bei Rüstungsaufträgen (Drucksache 1862).


    (Vizepräsident Dr. Schmid)

    Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat der Abgeordnete Schmidt (Hamburg).
    Schmidt (Hamburg) (SPD), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erstaunliche Vorkommnis, das die Sozialdemokratie zu ihrer Großen Anfrage bewegt hat, muß Anlaß zur Erörterung der großen Sorgen geben, mit denen die Fachleute aller Fraktionen die rüstungswirtschaftliche, ich möchte sagen: Leichtfertigkeit in Bonn betrachten. Was ist passiert? Um die Handvoll Soldaten des Freiwilligengesetzes einkleiden zu können, hat man alle früheren Proklamationen über marktwirtschaftliche Beschaffung über Bord geworfen. Man hat darauf verzichtet, eine Ausschreibung zu veranstalten, und hat die Aufträge freihändig vergeben. Man hat diese Aufträge an Firmen vergeben, mit denen man schon vorher längere Zeit in Kontakt stand, an Firmen, die schon vorher bei der Entwicklung dieser Uniformen maßgebend mitgewirkt hatten. Diese Entscheidung, auf eine Ausschreibung zu verzichten und statt dessen kurzerhand eine freihändige Vergabe durchzuführen, hat man ohne eine entsprechende Beratung in dem Sechserausschuß getroffen, den das Verteidigungsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam gebildet und in dem alle strittigen Fragen und alle Fragen dieser Art entscheiden zu wollen sie sich verpflichtet haben. Statt dessen hat in diesem Falle der Herr Bundesverteidigungsminister einen lakonischen Brief an den Bundeswirtschaftsminister geschrieben: er habe sich veranlaßt gesehen, darauf zu verzichten, und der Herr Bundeswirtschaftsminister hat lakonisch zurückgeschrieben, er könne damit nicht einverstanden sein. Daraufhin hat der Herr Bundesverteidigungsminister öffentlich erklärt, es solle nicht wieder vorkommen.
    Nun ist es eine eigenartige Sache mit den öffentlichen und feierlichen Erklärungen des Verteidigungsressorts. Sie werden allmählich zweifelhaft. Das darf man, glaube ich, sagen angesichts der Historie und der Erfahrungen, die wir mit solchen Erklärungen aus dem Verteidigungsressort gemacht haben. Das fing an mit dem überraschenden Entwurf eines Freiwilligengesetzes, der offenbar auch den Verteidigungsminister selbst überrascht hat. Das ging weiter mit der Erklärung über den Grenzschutz, den man nie en bloc übernehmen wollte, und dann war es eines Tages plötzlich anders. Ich bin also außerordentlich skeptisch, ob alle die feierlichen Erklärungen, die wir über den Ablauf der Rüstungswirtschaft gehört haben, nicht vielleicht in ähnlicher Weise eines Tages plötzlich über den Haufen geworfen werden. Die Tatsache, daß man sich bereits am Anfang bei einer so kleinen Quantität — Uniformen, Stiefel, Strümpfe und Schlipse für 6000 Mann — veranlaßt sieht, die feierlichen Proklamationen über den Haufen zu werfen, muß doch wohl bedenklich stimmen.
    Was hat der Bundesverteidigungsminister bisher als Entschuldigung angeführt? Erstens — wie immer in diesen Fällen — die außenpolitische Dringlichkeit. Es sei eben, von NATO her gesehen, notwendig gewesen, endlich diese Uniformen vorzuführen. Zweitens hat er angeführt, es handle sich doch nur um so kleine Mengen, für 6000 Mann, das spiele doch keine Rolle. Dem ist zu antworten: erstens hat man ja wohl „seit Jahrenden" — wie man bei uns zu Hause in Hamburg zu sagen pflegt — gewußt, daß man irgendwann für diese Leute Uniformen brauchen würde.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Können Sie das ins Deutsche übersetzen, Herr Abgeordneter?

(Heiterkeit.)

Schmidt (Hamburg) (SPD), Anfragender: Ins Deutsche? Auf Hochdeutsch, Herr Präsident, würde das heißen: Jahre und Jahre im voraus!

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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Danke schön!

    (Anhaltende Heiterkeit.)

    Schmidt (Hamburg) (SPD), Anfragender: Man hat Jahre und Jahre im voraus gewußt, daß man diese Uniformen braucht. Man hat eben einfach geschlafen. Man hat sie einfach nicht rechtzeitig bestellt. Man hat eben einfach nicht rechtzeitig Haushaltsmittel gehabt. Und nachher hat es den Militärs auf den Nägeln gebrannt. Dann hat man sich halt über alle Regulationen hinweggesetzt.
    Der zweite Einwand, daß die Mengen so klein seien, daß es sich nicht gelohnt hätte, ist, fachmännisch betrachtet, besonders wenig relevant. Denn je kleiner eine Menge ist, die man beschaffen muß, um so eher eignet sich dieser Auftrag für eine öffentliche Ausschreibung. Bei einer Riesenmenge ist es schwierig. Deshalb zerlegt man große Auftragsquantitäten in kleinere Lose, um sie öffentlich ausschreiben zu können.
    Ich bin also gespannt, welche Begründung heute noch offenbar werden wird. Ich sagte schon, ich halte dies für einen symptomatischen Vorgang, einen Vorgang, der es notwendig macht, daß in der Öffentlichkeit, nicht nur wie bisher schon in der Presse, sondern auch hier im Parlament darüber gesprochen wird. Denn es gilt, den Grundsatz durchzusetzen: principiis obsta!
    Seit fünf Jahren, meine Damen und Herren, gibt es in der Öffentlichkeit und bei uns im Parlament eine permanente Militärdebatte, die sich zunächst mit den rein außenpolitischen Aspekten beschäftigte. In jüngerer Zeit standen dann Fragen der sogenannten inneren Führung, des inneren Gefüges im Vordergrund. Gleichzeitig hat sich das Interesse des Hohen Hauses den Fragen des Oberbefehls, des verfassungsmäßigen Einbaues usw. zugewandt. Aber eine sehr wichtige Frage ist eigentlich bei all diesen Debatten in den fünf Jahren über den gesamten Militärkomplex nicht ausreichend beleuchtet und nicht ausreichend geklärt worden, das ist die Frage der rüstungswirtschaftlichen Organisation und Methodik. Sie sehen das auch daran, daß bei der umfangreichen Diskussion hier im Hause — hinter den Kulissen, vor den Kulissen — über das zukünftige Organisationsgesetz die Frage, welche Apparatur innerhalb des Verteidigungsministeriums für die Steuerung der Aufträge, für die Steuerung der Entwicklung usw. notwendig sein wird, bisher praktisch überhaupt gar nicht aufgetaucht ist. Ein ganz wesentliches Moment, das mit jeder Aufrüstung verbunden ist, nämlich die Frage der eigentlichen materiellen Rüstung und ihrer Methodik, ist einstweilen völlig ausgeschaltet. Dabei weiß jeder von uns, daß man mit Aufrüstung eine Wirtschaft und eine Währung schädigen, ja sogar ruinieren kann, und zwar lediglich durch die Art und durch die Methode der Rüstungsfinanzierung, durch das Ausmaß und das Tempo der Organisation der Beschaffung, durch die Methode der Beschaffung.
    Das fängt mit der übermäßigen Beanspruchung öffentlicher Haushaltsmittel an und kann aufhören


    (Schmidt [Hamburg])

    mit der Aushöhlung der zivilen Güterversorgung, mit Inflation und allgemein sinkendem Lebensstandard. Es braucht zu einer Inflation in der Bundesrepublik im Augenblick keineswegs zu kommen. Aber vielerlei andere Gefahren liegen unmittelbar am Wege, z. B. die, daß es bei den einzelnen Aufträgen militärischer Art zur Verschwendung öffentlicher Mittel kommt oder aber daß die Aufträge an Firmen in einer Weise gegeben werden, daß volkswirtschaftlich unnötige Investitionen und unnötige Kapazitätserweiterungen notwendig erscheinen und vorgenommen werden; oder, wenn man das vermeiden will, daß man den anderen Fehler macht, durch zu weit gehende Streuung der Aufträge, durch zu kleine Serien, zu viele Typen und damit einen zu vielfältigen Nachschub letzten Endes wiederum eine Vergeudung öffentlicher Mittel in Kauf zu nehmen. Jeder Privatmann, der sich ein Motorrad oder ein Auto kaufen will, überlegt, wenn er sich einmal grundsätzlich zur Anschaffung entschlossen hat, sehr sorgfältig, welches Auto ihm denn nun das gemäße ist. Aber ein Auto oder ein Motorrad zu kaufen, ist ein Kinderspiel gegenüber den schwierigen Überlegungen bei der Beschaffung im großen Rahmen des militärischen Bedarfs. Denn hier kommen ganz andere Gefahren ins Spiel als für den Privatmann, der bloß ein Auto kauft, die Gefahr z. B., daß die Firmen, die durch große militärische Aufträge auch große Umsätze und große Gewinne machen, ihre Nachbarn überflügeln könnten; ferner die Gefahr einseitiger Strukturverschiebungen, Verschiebungen der Wettbewerbsverhältnisse in einer bestimmten Branche. Oder die entfernt liegende Industrie der Randgebiete könnte z. B. zugunsten zentraler Industriestandorte benachteiligt werden. Andere Fehlentwicklungsmöglichkeiten ergeben sich, wenn bestimmte Rohstoffe oder bestimmte Zulieferungsteile knapp werden, so daß zunächst einmal in den vorgelagerten Investitionsstufen produziert werden muß.
    Alle diese Probleme, die ich nur andeuten möchte, lassen sich zum Teil über den Markt einpendeln, wie man im Hause des Bundeswirtschaftsministers sagt. In der Tat, je stärker man die Rüstung marktwirtschaftlich ablaufen lassen kann, um so besser für uns alle. Aber gerade der marktwirtschaftliche Ablauf, der Versuch, die Rüstungsaufträge auf den vorhandenen zivilen Märkten unterzubringen, setzt ein sehr vorsichtiges und zunächst geringes Maß und langsames Tempo bei der Einschleusung voraus.
    Es muß die weitere Sorge hervorgehoben werden, daß die denkbaren Lieferanten einer Branche untereinander Verabredungen treffen. Sie wissen, daß die Bemühungen um das Kartellgesetz zur Zeit zwar sehr forciert werden, daß sie aber immerhin noch nicht zu einem gesetzgeberischen Abschluß gelangt sind; und es ist fraglich, ob nicht die großen Rüstungsaufträge eher anlaufen, als das Kartellgesetz in Kraft tritt. Auch der Ersatz des Preistreibereiparagraphen, der nun offenbar auch von der Regierungsmehrheit akzeptiert wird, nachdem wir uns im Sommer noch vergeblich darum bemüht hatten, ist noch nicht vollzogen.
    Darüber hinaus gibt es eine Reihe von militärischen Beschaffungssektoren, in denen von Marktpreisen im eigentlichen Sinne überhaupt nicht die Rede sein kann. Kein Mensch wird etwa die Preise, sagen wir einmal, auf dem Kraftfahrzeugsektor, beispielsweise von Opel oder Mercedes oder Volkswagen, als einen erstrebenswerten Marktpreis im landläufigen Sinne ansehen. Man braucht sich dazu nur die rund 180 % Dividende vor Augen zu halten, die eins der genannten Werke innerhalb von zwei Jahren tatsächlich ausgeschüttet hat, und dieses Werk ragt nur durch seine Bilanzehrlichkeit vor den übrigen hervor; die übrigen machen dieselben Gewinne. Wenn man angesichts solcher Gewinne die Listenpreise für diese Fahrzeuge als einen Marktpreis ansehen wollte und damit auch bereit wäre, ihn bei öffentlicher Beschaffung zu zahlen, dann allerdings müßte eine solche Haltung starker Kritik unterliegen.
    Die Streitkräfte werden sicherlich ihre Fahrzeuge nicht zu derart überhöhten Marktpreisen einkaufen wollen. Oder um von anderen militärischen Gütern zu reden: wo gibt es einen brauchbaren Marktpreis für Maschinengewehre, für Munition, für militärische Funkgeräte, für Stahlhelme, für Hubschrauber, für Schnellboote oder gar für Panzer, Kanonen oder Jagdflugzeuge. Die Beschaffungen auf all diesen Sektoren laufen doch nunmehr an, auch wenn darüber in die Öffentlichkeit bisher noch nicht viel gedrungen sein sollte. Das ist doch alles im Gange! Kein Mensch wird glauben, daß die Streitkräfte auf dem Wege eines Marktpreises zum günstigsten Einkaufspreis gelangen werden. Jedermann wird überzeugt sein, daß es hier sehr differenzierter Methoden bei der öffentlichen Auftragsvergabe bedarf, um nicht als öffentlicher Auftraggeber übers Ohr gehauen zu werden; ganz abgesehen davon, daß doch in den allermeisten Fällen zunächst einmal Entwicklungs- und Konstruktionsaufträge, Versuchsaufträge, Erprobungsaufträge gegeben werden müssen, zum Teil auch hohe Investitionen finanziert werden müssen, ehe der erste Lieferauftrag denkbar ist. — Ein weites Feld für Fehlentscheidungen von größter wirtschaftspolitischer Bedeutung!
    Wenn aber nun schon bei der Beschaffung von Schlipsen, Unterhosen und Stiefeln für ganze 6000 Mann solche Fehlentscheidungen getroffen werden, um wieviel sorgenvoller muß man dann in die Zukunft der großen militärischen Beschaffungen schauen! Aus all dem ergibt sich die Notwendigkeit, die Methoden der Vergabe, die Methoden der Preiskalkulation in aller Sorgfalt zu planen und sie öffentlich bekanntzumachen. Man braucht dazu nicht nur Offiziere, sondern vor allem erfahrene Ingenieure aus der Entwicklung sowohl wie aus der Produktion, man braucht erfahrene Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wirtschaftsverwaltung. Aber selbst wenn das Verteidigungsministerium über solche Persönlichkeiten in ausreichender Qualifikation und Zahl verfügte — und das tut es nicht, insbesondere nicht in der Spitze —, so müßten doch darüber hinaus die Wirtschaftspolitik und das Wirtschaftsressort ein entscheidendes Wort mitsprechen. Ohne Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, zu nahe zu treten, möchte ich sagen: Sie brauchen ein Mitbestimmungsrecht in dieser Frage, Sie haben es ja häufig sehr laut und sehr deutlich beansprucht. Wir sind immer bereit, dem Bundeswirtschaftsminister hier dieses Mitbestimmungsrecht einzuräumen. Wir haben nur leider beim Anfang gesehen, daß Sie davon keinen Gebrauch gemacht haben, daß Sie sich in dieser Frage, von der Sie jetzt nachher erklären, es sei bloß eine quantité négligeable, am Anfang jedenfalls haben überspielen lassen und Ihr Mitbestimmungsrecht nicht zum Tragen gebracht haben.
    Uns scheint, daß die organisatorischen Vorbereitungen des Bundeskabinetts, des Bundeswirtschafts-


    (Schmidt [Hamburg])

    3 ministers, aber insbesondere des Bundesverteidigungsministers einstweilen in jeder Beziehung unzureichend sind, obgleich die Auftragsvergabe bereits läuft. Man erkennt zwar teilweise die Gefahren. Insbesondere der Bundeswirtschaftsminister hat sehr viel dafür getan, diese Gefahren in der Öffentlichkeit klarzumachen und sie vor den Augen der Öffentlichkeit aufzuzeigen. Aber man verschwendet einen großen Teil seiner Kräfte auf einen gegenseitigen Kompetenzkampf. -Ober die sogenannten Leitsätze vom vorigen November hinaus, die auch Gegenstand unserer Großen Anfrage sind, ist institutionell kaum irgendeine Sicherung, irgendeine Apparatur geschaffen worden. Das heißt, im Augenblick sind wir mehr oder minder darauf angewiesen, ob diese Leitsätze respektiert werden, und darauf, was der Sechser-Ausschuß, der mit diesen Leitsätzen ins Leben gerufen wurde, tatsächlich leistet oder was er nicht leistet.
    Ich gebe zu, daß das Bundeswirtschaftsministerium — mir scheint, gemeinsam mit dem Finanzministerium — inzwischen etwas Weiteres geschaffen hat, nämlich die Richtlinien an die öffentlichen Auftraggeber, in denen die hier in Frage kommenden Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung, der Verordnung über Preise bei öffentlichen Aufträgen, der Verdingungsordnung usw. so zusammengefaßt sind, daß hinterher der Beschaffungsreferent tatsächlich damit arbeiten kann. Ich gebe zu, das ist ein Fortschritt gegenüber dem Sommer dieses Jahres. Auf der anderen Seite scheint es mir auch notwendig zu sein, daß die Koordinationsrichtlinien der Leitsätze nun auch hinsichtlich ihres Rechtscharakters — es handelt sich bisher nur um eine wohl mehr oder minder verbindliche oder, wie man hier sagen muß, mehr unverbindliche Abrede zwischen zwei Ministern ohne irgendeine institutionelle Qualifikation —, daß die Leitsätze in ihrer Qualifikation geändert und stärker ausgebaut werden.
    Von unserer Seite ist im Sommer bei der Haushaltsdebatte über den Wirtschaftshaushalt schon einmal gesagt worden: es besteht angesichts der Undezidiertheit dieser Leitsätze die Gefahr, daß nicht nur der Bundeswirtschaftsminister, sondern auch das Parlament bei der weiteren Entwicklung der Rüstungswirtschaft sehr schnell überspielt werden. Ich persönlich habe in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß das Militärressort offenbar das Wirtschaftsressort als Partner gar nicht mehr so voll nimmt, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Ich habe damals nicht vorausgesehen, daß der Herr Bundesverteidigungsminister so schnell ein Exempel liefern würde, um das unter Beweis zu stellen, was damals behauptet wurde.
    Ich darf noch einmal Ihren Blick auf die organisatorischen Vorbereitungen im Hause Blank selbst richten. Soweit ich es beurteilen kann, kreisen alle organisatorischen Planungen innerhalb dieses Hauses fast ausschließlich um die militärische Seite des Organisationsproblems, fast ausschließlich um die Frage der militärischen Koordination — Überordnung, Unterordnung usw. —, und wenn nicht der inzwischen eingetretene Staatssekretär, der Gott sei Dank aus dem Wirtschaftsministerium kommt, hier inzwischen schon etwas geschaffen haben sollte — was ich nicht weiß; es ist nämlich sehr viel im Verteidigungsministerium zu schaffen, und der arme Mann ist schier überfordert, wenn man bedenkt, auf welchen Gebieten er überall arbeiten soll —, dann ist der alte Zustand, den ich hier kritisiere, nach wie vor vorhanden, daß man nämlich auf dem Gebiete der Rüstungswirtschaft und ihrer Organisation im Ministerium selbst „herumtapert" und kein klares Konzept hat.
    Es ist auch kennzeichnend für die Negligierung dieses Problems, daß alle die Vorstellungsbilder der militärischen Spitzengliederung, die Vorstellungsbilder der Organisation des Verteidigungsministeriums, die hier in Bonn im Schwange sind, über die man diskutiert, nichts über die Einordnung der Rüstungsorganisation, der Rüstungsverwaltung — wenn ich mich so ausdrücken darf — in dieses Ministerium aussagen. Wenn es dabei bleiben sollte, so ist zu befürchten, daß die Rüstungsverwaltung — und alles, was dazu gehört: Beschaffung, Abnahme, Entwicklung — in kürzester Zeit der Kontrolle der politischen Leitung jenes Hauses entgleiten wird. Es ist doch heute schon so, daß die Dienststelle dieses Ministeriums, die sich mit diesen Fragen beschäftigt, nicht nur räumlich weitab in Koblenz sitzt, sondern auch geistig weit entfernt von der Leitung dieses Hauses ist und praktisch nicht geleitet wird, sondern vor sich hin arbeitet, ohne recht in Kontakt mit der politischen Leitung des Bundesverteidigungsministeriums zu stehen.
    In ähnlicher Hinsicht hat sich vor wenigen Tagen der Bundesrat beim ersten Durchgang des gegenwärtig zur Debatte stehenden Bundeshaushalts ausgedrückt, als von Koblenz die Rede war. Er hat den Bundeswirtschaftsminister aufgefordert, Stellen und einen stark fundierten Bevollmächtigten des Bundeswirtschaftsministeriums zu schaffen, der gegenüber der Dienststelle in Koblenz oder den Nachfolge-Dienststellen, die entstehen können, wirklich Einfluß hat und auf den Ablauf der täglichen Geschäfte Einfluß hat.
    Es handelt sich ja nicht nur darum, daß Grundsatzentscheidungen nur unter Mitbestimmung des Wirtschaftsministers getroffen werden dürfen, sondern es handelt sich auch darum, daß tägliche Kleinentscheidungen der Beratung durch das Wirtschaftsressort bedürfen. Denken Sie einmal daran, daß z. B. — das ist eine private Schätzung von mir — im Laufe des Kalenderjahres 1956 etwa 8000 — vielleicht sind es auch 10 000 — einzelne Aufträge aus dem Bundesverteidigungsministerium herausgehen werden. 8- bis 10 000 Aufträge! Stellen Sie sich einmal die Vielzahl von Problemen vor, die mit jedem einzelnen Auftrag zusammenhängen! Jetzt sind es aber 8000 oder womöglich 10 000 Aufträge, und bei jedem einzelnen Auftrag können nicht nur militärische Fehler gemacht werden — ich hoffe, daß das Verteidigungsministerium dafür kompetent sein wird, das zu verhindern —, es können bei jedem einzelnen Auftrag auch schwere wirtschaftspolitische Fehler gemacht werden. Nehmen wir z. B. an, es handelt sich um irgendein kleines Kraftfahrzeug oder Maschinengewehr. Da schreibt man z. B. in einem Lastenheft vor, d. h. man macht der Industrie Vorschriften, aus welchem Material diese oder jene Schraube beschaffen sein muß, welche Festigkeit dieses Teilchen haben muß, welche Bruchfestigkeit jenes Teilchen. Durch diese Vorschriften in den sogenannten Lastenheften, die für jeden einzelnen Auftrag herausgehen, kann man außerordentlich viel Unheil anrichten, wenn man die Vorschriften zu weit treibt, wenn man zu viel verlangt, wenn man Unwirtschaftliches verlangt. Das läßt sich aber rein vom Standpunkt des soldatischen Technikers


    (Schmidt [Hamburg])

    aus nicht ohne weiteres übersehen. Hier braucht man beispielsweise den Rat des industriell, wirtschaftlich erfahrenen Wirtschaftsressorts.
    Aber auch für Grundsatzüberlegungen in der Spitze des Verteidigungsministeriums braucht man die wirtschaftspolitische Erfahrung, den wirtschaftspolitischen, den rüstungswirtschaftlichen Überblick. Ich könnte mir vorstellen, daß, wenn der gegenwärtige Staatssekretär in diesem Hause nicht allein bliebe, er sich vielleicht auf dieses Gebiet konzentrieren könnte und besonders gut geeignet wäre, gerade dieses Problem zu bearbeiten, das Gebiet der Rüstungswirtschaft in dem Verteidigungsministerium unter Kontrolle zu halten, zu lenken, dafür zu sorgen, daß die Koordination mit den anderen Ministerien in Ordnung geht. Wenn es aber in der Spitze des Hauses so wie jetzt bleibt, daß sich der Staatssekretär um alles kümmern muß, dann, befürchte ich, wird das nicht ausreichen. Dem Herrn Bundesverteidigungsminister ist schon einmal in einem Privatgespräch aus Kreisen der Opposition die Anregung gegeben worden, daß es vielleicht zweckmäßig sein kann, für die ersten Anlaufjahre dieser Rüstungswirtschaft, wo es sich darum handelt, zum ersten Mal in die private Produktionssphäre, in die privaten Märkte diesen großen Umfang der militärischen Aufträge einzuschleusen, eine ähnliche Institution zu schaffen, wie sie sich die Bundesregierung früher einmal in der Person des Rohstoffberaters — ich glaube, so war die offizielle Bezeichnung — geschaffen hatte. Ich könnte mir durchaus vorstellen — von der Person des damaligen Rohstoffberaters einmal ganz abstrahiert —, daß es gut wäre, für die Anlaufzeit dieser ganzen Sache sich nicht darauf zu verlassen, daß die Generäle und Ministerialbeamten, die man nun einmal hat, die Sache schon befummeln werden, sondern daß man einen starken Mann, der etwas von der Sache versteht, der sich in der Industrie einen Namen gemacht hat, als — wie die Amerikaner sagen— Ein-Dollar-Mann oder meinetwegen auch 30 000-Dollar-Mann hereinholt und sagt: Du bekommst keinen Ministerialdirektorsrang und keinen Staatssekretärsrang; für dich genügt, daß du sowohl bei der Verwaltung als auch bei der Industrie Ansehen hast, daß jeder von dir weiß, was du leisten kannst, und daß du, gestützt auf dieses Ansehen und gestützt auf diese Autorität, die Dinge vernünftig einschleusen kannst. Ich darf das hier nur einmal zur Diskussion stellen.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf folgendes hinweisen, und damit komme ich zu einem anderen Punkt. Ich sagte eingangs schon, daß bei der Fehlleistung der Beschaffung der ersten Uniformen ein für Rüstungsaufträge ganz besonders typischer Zug in Erscheinung getreten ist, nämlich die Tatsache, daß die Aufträge an solche Firmen vergeben wurden, mit denen man bisher schon freundschaftlich auf dem Entwicklungsgebiet zusammengearbeitet hatte. Weil man das getan hatte, fühlte man sich verpflichtet, ihnen auch die ersten Aufträge zu geben. Solange es sich um so kleine Quantitäten und um Schlipse und Strümpfe handelt, ist das vielleicht unbedenklich. Wenn es sich nachher um Kraftfahrzeuge oder Panzer handelt, wird die Sache außerordentlich bedenklich. Deswegen sollte man auch unter diesem Gesichtspunkt den Anfängen wehren.

    Ich mache darauf aufmerksam, daß eine Reihe von industriellen Investitionen im Hinblick auf erwartete Aufträge schon getätigt sind, daß eine
    Reihe von Industrien bereits sehr enge Verbindungen zu bestimmten Beschaffungsreferenten in dem Koblenzer Apparat, vielleicht auch in dem Apparat des Bundeswirtschaftsministeriums hat und daß der Lobbyismus, über den wir uns hier im Parlament bisweilen beklagen, in der ganzen Rüstungssphäre rundherum um das Ministerium Blank und zum Teil auch — im Zusammenhang damit — um das Wirtschaftsministerium herum ganz besondere und eigenartige Blüten getrieben hat. Es scheint mir notwendig zu sein, daß angesichts der starken organisatorischen Vorbereitungen im Gesamtbereich der Industrie — ich denke an den Bundesverband der Deutschen Industrie und seine Rüstungsarbeitskreise — die Regierung offiziell diese vielerlei Versuche der Einflußnahme kanalisiert und auf diese Weise in den Griff und unter den Blick bekommt. Ich habe das Gefühl, daß weder der Herr Bundesverteidigungsminister noch der Herr Bundeswirtschaftsminister im Augenblick ganz übersehen, wieweit zum Teil die Einflußnahmen auf bestimmten Gebieten schon gehen.
    Ich habe schon gesagt, daß auf dem Gebiete der Kalkulation und der Preisgestaltung inzwischen durch die vereinten Anstrengungen des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums etwas geschaffen worden ist. Man hat Richtlinien erarbeitet. Es wird sich zeigen müssen, ob man damit auskommt. Im Zusammenhang damit möchte ich aber auf folgendes hinweisen. Es besteht zur Zeit ein ausgesprochener Mangel an qualifiziertem Verwaltungspersonal für die Durchführung dieser besonderen Aufgabe. Das Bundesverteidigungsministerium hat kaum Leute, die in Fragen der Preisprüfung und Preiskalkulation firm sind. Ich darf dazu in Erinnerung rufen, daß die Absicht besteht, in Zukunft bei militärischen Aufträgen nach Möglichkeit vorweg die Preise und vorweg die Gewinne zu verabreden. Man muß also vorweg prüfen, man kann sich nicht hinterher, zwei Jahre nachdem der Auftrag abgewickelt ist, lange Zeit nehmen, um noch Einzelheiten nachzuprüfen, sondern, die Richtlinien sehen ja gerade vor, daß die Abreden über Preis und Gewinn — vertraglich, bindend — vor Beginn der Produktion erfolgen sollen. Das heißt, daß man sich auf seiten der auftraggebenden Stelle vorher darüber klarwerden muß, welche Preise angemessen sind, welche Preise man zahlen kann und will.
    Ich sagte, das Verteidigungsministerium verfügt nicht über ausreichende Kräfte. Ich halte es für sehr schwierig, diese Kräfte zu beschaffen. Sie sind in Deutschland knapp geworden. Es gibt sie zum Teil noch im Bundeswirtschaftsministerium, zum Teil bei den Besatzungskostenämtern oder bei den Finanzämtern, zum Teil bei den Länderwirtschaftsministerien. Ich glaube, es ist eine Aufgabe, die besonderer Aufmerksamkeit bedarf, dieses Personal in ausreichender Quantität und Qualität herbeizuschaffen.
    Meine Damen und Herren, unsere Hoffnung und Erwartung, daß trotz des schlechten Startes die Grundlagen der rüstungswirtschaftlichen Planung und Methodik noch rechtzeitig in Ordnung gebracht werden, richten sich vor allem auf den Bundeswirtschaftsminister und auf den Bundesfinanzminister. Wir möchten an beide Minister, die sich ja für die Währung und für die Wirtschaft insgesamt mit Recht verantwortlich fühlen und das nach außen immer wieder betonen, den Appell richten, das wichtige Gebiet der militärischen Aufträge gerade wegen seiner besonderen volkswirtschaftlichen


    (Schmidt [Hamburg])

    Auswirkungen, seien sie konjunkturpolitischer Art, seien sie konjunkturpsychologischer Art, seien sie strukturpolitischer Art, nicht aus dem Auge zu lassen, sondern im Gegenteil diesem nicht zu überschätzenden Sektor der öffentlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, zu wissen, wohin diese Reise geht.
    Ich darf vielleicht im Zusammenhang damit sagen, daß es nach meinem Dafürhalten nicht angeht, wenn etwa das Verteidigungsressort, wie es vor einigen Tagen geschehen ist, mit entwaffnender Ehrlichkeit erklärt: Jawohl, zwischen unserer Finanzplanung auf der einen Seite und unserer militärischen Planung auf der anderen Seite wird wahrscheinlich eine Lücke entstehen, aber wir glauben, daß die weitere Außenhilfe der Amerikaner hier helfen wird, und im übrigen müssen wir notfalls eben von den jährlichen 9 Milliarden DM abkommen und etwas mehr in den Haushalt einsetzen.
    Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß doch gerade diese Unsicherheit über den Gesamtrahmen ganz wesentlich zu der psychologischen Überhitzung in bezug auf die Konjunkturfragen im Herbst beigetragen hat. Wenn das Verteidigungsressort gemeinsam mit dem Wirtschaftsressort der Öffentlichkeit einen Rahmenplan finanzieller Art und, was die Rüstungswirtschaft angeht, ein Rahmenprogramm materieller Art vorlegen würde, würden ja alle die übertriebenen Erwartungen — z. B. in Kreisen des Industrie- und Handelstages und in Kreisen des BDI —, die „übertriebenen Spekulationen", wie es der Herr Minister Blank genannt hat, aufhören; denen würde dann der Boden entzogen. Dann wären auch die psychologischen Einflüsse, die von dorther ausgehen, gar nicht mehr in dieser Weise wirksam. Aber die Tatsache, daß, abgesehen von den ominösen 9 Milliarden DM, von denen immer die Rede ist, der Öffentlichkeit gar keine klare Vorstellung darüber gegeben wird, welchen Umfang das Ganze annehmen wird, sowohl finanziell als auch materiell, was die einzelnen Aufträge in den einzelnen Branchen angeht, ist weitgehend mit verantwortlich für die konjunkturpsychologischen Spannungen, die wir in diesem Herbst hatten und die sich ja ganz zweifellos, wenn der Winter mit seinem saisonalen Abschwung erst vorbei ist, im April oder Mai nächsten Jahres in verstärkter Form wiederholen werden.
    Jeder von uns weiß doch, daß nun zusätzlich zu den Rüstungsausgaben die Ausgaben auf dem Gebiet des Luftschutzbaus neu hinzukommen; und dazu kommt die Ausweitung des Straßenbaus, von der jeder von uns weiß, daß man sie nicht zugunsten der Rüstung zurückdrehen darf. Infolgedessen sieht eben die Bauwirtschaft goldenen Zeiten entgegen und läßt es heute schon jeden Bauherrn spüren, daß sie das tut. Ich persönlich finde es sehr richtig, daß der Bundesfinanzminister heute morgen gesagt hat: Wir wollen auch vom Haushalt her versuchen, gerade die Bauwirtschaft und die öffentlichen Bauaufträge zu dämpfen. Das entspricht auch den Vorstellungen und Anträgen, die die sozialdemokratische Fraktion damals zur Konjunkturdebatte in Berlin vorgebracht hatte. Aber man muß darüber hinausgehen. Sie müssen ein Rahmenprogramm entwickeln und publik machen. Ich glaube, man kann sich nicht darauf verlassen, daß die Zeitungsanzeigen des Herrn Bundeswirtschaftsministers allein das Vertrauen in die Stabilität der Wirtschaftspolitik aufrechterhalten können. Herr
    Minister Erhard lächelt. Ich weiß nicht, ob Sie über meine Bemerkung lachen oder über die Bedeutung, die ich Ihren Zeitungsanzeigen beimesse.

    (Zurufe von der Mitte: Beides!)

    Messen Sie den Zeitungsanzeigen eine größere Bedeutung bei? —

    (Heiterkeit.)

    — Die Geste, die Sie soeben gemacht haben, spricht nicht gerade für ein Übermaß an Vertrauen in Ihre Zeitungsanzeigen. Gerade das habe auch ich zum Ausdruck gebracht, Herr Minister.