Meine Damen und Herren! Ich möchte der Bundesregierung zu der vorliegenden Verordnung gratulieren, weil sie es nach vielen Achs und Wehs bei der Koalition doch mit unserer Hilfe zustande gebracht hat, daß diese Verordnung nun einstimmig angenommen werden wird. Noch bei den Einzelabstimmungen — ganz abgesehen von den vorausgegangenen Pressemeldungen —hatte man den Eindruck, daß diese Verordnung nicht der Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses gewärtig sein könnte. Man hatte die — jedenfalls für mich — unverständliche Tatsache zu verzeichnen, daß z. B. der Herr Präsident des Deutschen Bauernverbandes der Zollherabsetzung für Sensen, Ackergeräte und andere Produktionsmittel für die Landwirtschaft nicht seine Zustimmung gab. Erst in der Schlußabstimmung ergab sich Einmütigkeit, die wir hoffentlich auch heute hier demonstrieren können.
s) Siehe Anlage 3.
In der Debatte über die allgemeine Zollpolitik, die in diesen Tagen wiederholt in den Ausschüssen und auch in der Presse abgelaufen ist, haben wir Sozialdemokraten zu dem allgemeinen Zollniveau der Industriezölle bemerkt, daß wir diese in Hinsicht auf die deutsche Position im Welthandel ganz allgemein für überhöht halten. Ich erwähne das deshalb hier noch einmal besonders, weil erfreulicherweise der Herr Bundeswirtschaftsminister einen Tag später im Ausschuß wörtlich dieselbe Meinung vertreten hat, nämlich die, daß die deutschen Industriezölle in der gegenwärtigen weltwirtschaftlichen Situation, in der sich die Bundesrepublik befinde, überhöht seien und ganz allgemein ein Abbau erforderlich sei. Wir betonen das nicht etwa aus billigem Opportunismus, sondern weil es hier festgehalten zu werden verdient, daß in dieser Frage die Opposition die Meinung des Wirtschaftsministers teilt im Gegensatz zu einem großen Teil der Damen und Herren aus den Koalitionsparteien.
Bei der vorliegenden Achtundvierzigsten Verordnung bleiben nur einige Schönheitsfehler zu bedauern. Sie ist etwas zu spät vorgelegt worden, um wirklich noch auf die Preise einiger besonders zu Weihnachten gängiger Artikel nachhaltig Einfluß zu haben. So werden wir leider nicht mehr in den Genuß einer Zollvergünstigung z. B. für die erhoffte Weihnachtsgans kommen.
Ich möchte, da diese Verordnung sich ja mit konjunkturpolitischen Maßnahmen befaßt, aus der Fülle der Zollpositionen, die man natürlich nicht im einzelnen abhandeln kann, nur zwei Punkte herausgreifen, weil sie auf anderen Sektoren der I Konjunkturpolitik von nachhaltigem Einfluß sein könnten. Ich meine — und darüber besteht wohl auch seitens der Bundesregierung Übereinstimmung —, daß weitere konjunkturpolitische Maßnahmen notwendig sind, einfach deswegen, weil wir die heutige Konjunktur selbstverständlich für einen möglichen Dauerzustand halten, aber es als notwendig empfinden, diesen Dauerzustand auch mit entsprechenden Maßnahmen zu sichern und zu garantieren. Da haben sich, wie gesagt, in der Unterhaltung zwei Punkte ergeben, die auf anderen Sektoren der Konjunkturpolitik von Bedeutung sein könnten. So ist z. B. die Margarine von 30 % auf 25 % zollermäßigt worden. Diese Zollermäßigung verbilligt die Margarinepreise voraussichtlich leider überhaupt nicht. Die Preise der Margarine sind besonders in ihren Spitzenqualitäten bedauerlicherweise überhöht. Aber die Tatsache der Überhöhung der Margarinepreise in den Spitzen hat ihre Ursache in etwas ganz anderem, nämlich darin, daß wir hier einem internationalen, ja, man muß sagen, einem Weltmonopol gegenüberstehen. Dieses Weltmonopol „Unilever" hat eine derartige Stärke, daß es durch eine übermäßige Reklame dem Konsumenten vorschwätzen zu können glaubt, die Spitzenqualitäten seien die einzig gesunden und die einzig guten Qualitäten. Auf diese Art, durch die übermäßige Kraft dieses Großunternehmens, ist der Margarinemarkt im Grunde aus dem Gleichgewicht gekommen. Die Preise der Spitzenqualitäten sind, wenn man Preis und Qualität miteinander vergleicht, ganz einfach überhöht. Im Rahmen der Konjunkturpolitik müssen, glaube ich, der Herr Bundeswirtschaftsminister und wir alle auf Maßnahmen sinnen, wie man diesem Monopol mit anderen Mitteln als einer kümmerlichen Zollsenkung von 5 % beikommt.
Wir haben im Laufe unserer Verhandlungen noch ein anderes Beispiel auf einem ganz anderen Sektor erleben müssen, über das die Regierung bisher auch keine ausreichende schlüssige Auskunft geben konnte. Von einem unserer Mitglieder wurde uns erklärt, daß es ein internationales Fittings-Kartell gibt. Fittings sind Rohrverbindungen. Dieses Kartell ist angeblich dazu übergegangen, die vom Ausland eingeführten Waren Deutschland zollfrei zu liefern. Da erhebt sich natürlich die Frage, ob, wenn die Zölle gesenkt werden, dieses internationale Kartell die deutsche Zollsenkung in sich verfrühstückt oder ob es diese Zollsenkung als Preissenkung in Deutschland weitergibt. Von Sachkennern wurde uns gesagt, daß dieses Kartell diese Zollsenkung in der Tat in seine eigene Tasche wirtschaftet und sie nicht in Form einer Preissenkung dem Verbraucher zugute kommen läßt. Wenn das zutrifft, dann ist dies ein zweiter Fall, auf Grund dessen das Bundeswirtschaftsministerium der Tätigkeit internationaler Kartelle auf dem deutschen Markt mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken hätte. Aus diesem einzigen Grunde sind die beiden Beispiele hier angeführt worden.
Die vorliegende Zollsenkungsverordnung wird keine gewaltigen Preiseinbrüche bringen. Dazu ist die Zahl der Positionen zu gering, und die Senkungen sind nicht umfassend genug. Aber ich glaube doch, sagen zu können, daß man zu dieser Verordnung auf Grund weitergehender Anträge der sozialdemokratischen Fraktion gekommen ist, die wir in nächster Zeit hier im Bundestag zu behandeln haben werden. Die Entscheidung über diese Anträge ist natürlich noch nicht abzusehen. Sie haben aber doch schon jetzt den einen Erfolg gehabt, daß ihr Vorliegen und die Sympathie der breiten Öffentlichkeit für diese Zollsenkungen die Mehrheit der Damen und Herren unseres Ausschusses dazu bewogen haben, zum Schluß einstimmig diesen ersten Schritt — das möchte ich betonen: diesen ersten Schritt — auf dem Wege allgemeiner Zollsenkungen im Rahmen der konjunkturpolitischen Zollsenkung zu tun. Weitere werden kommen und weitere müssen kommen. Wir akzeptieren diese Zollsenkung als den ersten Schritt im Rahmen der konjunkturpolitischen Zollsenkungen.