Es ist die beste soziale Leistung, wenn man den Empfängern von Sozialrente die Sicherheit dafür geben kann, daß die Kaufkraft ihrer Rente unverändert bleibt.
Es wäre ein trügerisches Spiel, die gewährten Renten auf die Gefahr hin zu erhöhen, daß der wirkliche Wert der Renten nach ihrer Kaufkraft gleichbleibt oder sogar in hohem Maße geschmälert wird. Infolgedessen muß bei allen Sozialmaßnahmen aus sozialen Gründen der Grundsatz gelten, daß sie im Rahmen dessen bleiben, was Währung und Kaufkraft des Geldes gewährleisten. Manche Forderungen, die nach dieser Richtung aufgestellt sind, scheinen mir diese Grenze nicht zu beachten.
Ich glaube, man hat z. B. bei der Forderung, die Renten auf 75 % des Arbeitseinkommens zu erhöhen, nicht an den Mehraufwand gedacht, der sich dabei ergeben würde. Geht man in dieser Frage von den durchschnittlichen Nettoeinkommen aus, dann ergibt sich bei einer Rente von 75% dieses Nettoeinkommens bei gleichmäßiger Berücksichtigung der Invaliden- und Altersrente gegenüber dem jetzigen Jahresaufwand in der gesetzlichen Rentenversicherung, der 6,5 Milliarden DM beträgt, bereits eine Erhöhung um weitere 4 Milliarden DM. Eine solche Erhöhung dürfte augenblicklich außerhalb des Bereichs des Möglichen liegen.
Wenn ich die Grenzen der Möglichkeit betone, so tue ich es gleichzeitig mit der Betonung, daß innerhalb dieser Grenzen, die ich genannt habe — Erhaltung der Währung und Kaufkraft — der gute Wille und der feste Entschluß zu einer Verbesserung unserer Sozialleistungen ungeschmälert bestehen.
Erhöht worden ist im Rahmen des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte der Ansatz für Kriegsgefangene. Ebenso sind erhöht worden die Kosten für die Suchdienste. Zu den Kriegsfolgen gehören auch die im Bundeshaushalt zum zweitenmal ausgebrachten Mittel zur Durchführung des Kriegsfolgenschlußgesetzes, das dem Hohen Hause bereits vorliegt. Es ist auf weite Sicht mit einer gleichbleibenden Belastung von jährlich 200 Millionen DM gerechnet.
Eine beträchtliche Mehrbelastung des Bundes wird auch eintreten durch die Novelle zum Bundesergänzungsgesetz, also durch die Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Ich bemerke, daß dieser Gesetzentwurf, nachdem zu den sehr zahlreichen Einwendungen des Deutschen Bundesrats nunmehr Stellung genommen werden konnte, dem Bundeskabinett dieser Tage zugegangen ist und dann nach Beratung dort dem Hohen Hause sofort vorgelegt wird. Im Bundeshaushaltsplan 1956 sind als Leistungen des Bundes hierfür 400 Millionen DM vorgesehen. Das bedeutet gegenüber dem Haushaltsplan 1955 einen Mehraufwand von 240 Millionen DM. Der Gesetzentwurf bringt bekanntlich eine erhebliche Ausdehnung des Kreises der Entschädigungsberechtigten und eine bedeutende Erhöhung der Entschädigungsleistungen. Der Gesamtaufwand für die Durchführung des Gesetzes in der Fassung der Novelle wird damit auf mindestens rund 6,5 Milliarden DM insgesamt steigen. Bis zum 1. April 1956 — der Tag ist als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle gedacht— wird voraussichtlich etwa eine Milliarde DM ausgezahlt sein. Es ist mit den Finanzministern der Länder in den Vorbesprechungen eine Einigung dahin erzielt worden, daß die im Entwurf vorgesehenen Lasten zur Hälfte auf den Bund und zur anderen Hälfte auf die Gesamtheit der Länder verteilt werden. Damit würden in den kommenden sieben Rechnungsjahren vom Bund insgesamt 2,8 Milliarden DM aufzubringen sein. Dem entspricht der Haushaltsansatz von 400 Millionen DM für das kommende Rechnungsjahr.
Hierzu tritt ein Posten von 150 Millionen DM für Leistungen auf Grund der Rechtsvorschriften über die Rückerstattung von Vermögen. In den Vorjahren waren hier nur Mittel für Darlehen an Rückerstattungsberechtigte vorgesehen. Der Haushaltsplan für das Jahr 1956 sieht erstmalig Mittel für die Erfüllung rückerstattungsrechtlicher Geldverbindlichkeiten des ehemaligen Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger vor. Der Entwurf eines solchen Gesetzes zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches ist im Bundesministerium der Finanzen bereits fertiggestellt und ist mit den Bundesressorts, den Ländern und den Verbänden der Verfolgten in Besprechungen zur Abstimmung.
Mit diesen Haushaltsansätzen, zu denen noch die vertragsmäßigen Leistungen aus dem Israelabkommen treten, hat die deutsche Bundesrepublik, Bund und Länder zusammen, eine Last von annähernd 12 Milliarden DM übernommen.
Sicher beweist dies, daß das deutsche Volk den guten Willen hat, das, was in der Zeit eines verbrecherischen Systems an Schaden angerichtet worden ist, im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit wiedergutzumachen.
In diese Betrachtungen gehört auch ein Wort über die Leistungen aus dem Sondervermögen Ausgleichsfonds. Als nach Kriegsende Millionen Deutscher aus ihrer Heimat vertrieben wurden und ohne Hab und Gut in das ausgeblutete, zusammengebrochene Gebiet der jetzigen deutschen Bundesrepublik gepreßt wurden, schien es eine fast unlösbare Aufgabe zu sein, diesen Millionen Menschen unter den gegebenen Umständen wieder ein lebenswertes Leben zu ermöglichen und ihnen die Hilfe zu geben, die zu geben der deutsche Bruder dem Deutschen verpflichtet ist. Wir dürfen
heute wohl mit Stolz bekennen, daß diese Aufgabe erfolgreicher angepackt und zum Teil schon gelöst worden ist, als es damals möglich erschien.
Wir dürfen aber auch mit Dank anerkennen, daß zum Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft und des deutschen Volkes gerade die Heimatvertriebenen mit ihrem aus der Not geborenen Arbeits- und Unternehmergeist wesentlich beigetragen haben.
Es ist erfreulich, daß die Leistungen aus dem Ausgleichsfonds an die Geschädigten seit Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes fortlaufend haben gesteigert werden können. Im Jahre des Inkrafttretens des Lastenausgleichsgesetzes, 1952, haben die Auszahlungen des Ausgleichsfonds knapp 1,5 Milliarden DM betragen. Im Jahre 1953 waren es 3,5 Milliarden DM, 1954 rund 4,2 Milliarden DM; für 1955 werden sie mit 4,4 Milliarden DM veranschlagt. Dabei sind für Kriegsschadenrenten im Wirtschafts- und Finanzplan 1955 insgesamt 1 Milliarde DM veranschlagt; es handelt sich hier vorwiegend um Unterhaltshilfe und daneben um Entschädigungsrenten. Für den Wohnungsbau für die Geschädigten sind Auszahlungen in Höhe von nahezu 1,2 Milliarden DM vorgesehen, je zur Hälfte als Wohnraumhilfe und als Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau, daneben ein kleiner Betrag aus dem Härtefonds. Ferner sollen für die landwirtschaftliche Siedlung einschließlich der Darlehen nach § 46 des Vertriebenengesetzes für 1955 280 Millionen DM, für Aufbaudarlehen zur gewerblichen Existenzgründung 302 Millionen DM ausgezahlt werden. Die Auszahlungen für Hausrathilfe sind mit 852 Millionen DM vorgesehen, die nach dem Altsparergesetz und dem Währungsausgleichsgesetz mit 260 Millionen DM. Aus dem Härtefonds sollen insbesondere die Sowjetzonenflüchtlinge berücksichtigt werden. Es stehen hierfür 150 Millionen DM zur Verfügung, zu denen der Bundeshaushalt 1955 50 Millionen DM beisteuert und 1956 voraussichtlich 70 Millionen DM.
Insgesamt kann also wohl gesagt werden, daß die Leistungen unseres Volkes für Lastenausgleich, Wiedergutmachung, Kriegsfolgenschlußgesetz, Kriegsgeschädigte und für allgemeine soziale Zwecke eine stolze Bilanz zeigen.
Es war dabei immer Ziel der Finanzpolitik der deutschen Bundesrepublik, dem deutschen Sparer, dem deutschen Rentner und all den Schichten der Bevölkerung, die, ohne große Sachwerte zu besitzen, auf Arbeitseinkommen angewiesen sind, das feste und unerschütterliche Vertrauen in die Beständigkeit der Kaufkraft des Geldes, in die Beständigkeit der Währung zu geben. Es hat nie ein Anlaß bestanden, an dieser Beständigkeit zu zweifeln. Wenn auch unser Notenumlauf seit dem Jahre 1949 stark gestiegen ist, so hat sich diese Steigerung doch in dem Rahmen dessen gehalten, was infolge der Steigerung des gesamten Volkseinkommens notwendig und nützlich gewesen ist. Eine Gefahr für die deutsche Währung besteht nicht, es sei denn, daß die Unvernunft wieder eine ungemessene Lohn- und Preisbewegung erzeugen sollte.
— Wenn die Unvernunft, habe ich gesagt, eine solche Preissteigerung zur Folge haben sollte. —
Einer zuversichtlichen Beurteilung dieses Punktes entspricht auch die Politik der Bundesregierung, insbesondere auch die Devisenpolitik. In engster Zusammenarbeit mit der BdL hat die Bundesregierung auch im abgelaufenen Hauhaltsjahr Schritt für Schritt die Devisenbeschränkungen weiter abgebaut. Sie hat alles getan, was sie aus ihrer eigenen Kraft tun konnte, um die Umtauschbarkeit der Zahlungsmittel zu erreichen.
Wir sehen heute, daß die umlaufenden Noten zu 100 °/o in Gold und Devisen gedeckt sind und die D-Mark tatsächlich voll umtauschbar in alle Währungen der Welt geworden ist.
Wir dürfen aber die Augen nicht davor verschließen, daß die letzten Schritte vielleicht auch die schwersten sind. Es besteht immer noch die Dollarlücke. Die Handelsbilanz mit dem Dollarraum ist immer noch nicht ausgeglichen. Auf außenwirtschaftlichem Gebiet ist die Bundesrepublik nicht unabhängig. Bisher hat unsere Ausfuhr einen starken Überschuß über die Einfuhr gehabt. Im dritten Vierteljahr 1955 war die Handelsbilanz ausgeglichen. Der Anteil der deutschen Ausfuhr hat sich zwar weiterhin erhöht, aber die Einfuhr ist 'so rasch gestiegen, daß der Überschuß der Ausfuhr über die Einfuhr in diesem Zeitraum verschwunden ist. Eine Gefahr würde erst dann bestehen, wenn unter dem Einfluß von Lohnerhöhungen und einer übersteigerten Nachfrage im Inland die Preise für Verbrauchs- und Investitionsgüter so steigen sollten, daß die deutsche Ausfuhr nicht mehr wettbewerbsfähig bleibt.
Die Bundesregierung tut, was in ihren Kräften steht, um eine solche Entwicklung zu verhindern.
In dem Vertrauen auf die Festigkeit der Währung hat 'die Bundesregierung auch der Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem Londoner Schuldenabkommen ergeben, ihr besonderes Augenmerk zugewandt. Durch den Beitritt weiterer Staaten zum Londoner Schuldenabkommen — es sind jetzt 25 Staaten — erweiterte sich der Umfang der Regelung der deutschen Außenschulden. Es sind jetzt bereits 90 % der vom Londoner Schuldenabkommen erfaßten deutschen Auslandsschulden geregelt. Bis zum 31. Juli 1955 wurden für Zinsen und Tilgung — in Deutsche Mark umgerechnet — über 1,7 Milliarden DM von den deutschen Schuldnern an die ausländischen Gläubiger bezahlt. Von diesem Betrag hat die öffentliche Hand etwa zwei Drittel aufgebracht.
Das Londoner Schuldenabkommen hatte vorerst die Schulden der Stadt Berlin und ihrer Versorgungsbetriebe ungeregelt gelassen. Im Benehmen mit dem Berliner Senat hat die Bundesregierung die Hauptgläubigermächte wissen lassen, daß sie jetzt den Zeitpunkt für gekommen sieht, über die Frage der Regelung auch dieser Schulden zu verhandeln.
Ein Hauptteil der inneren Schulden als Folge der Währungsumstellung sind die Ausgleichsforderungen. Im Zusammenhang mit der Währungsreform wurden diese Ausgleichsforderungen bekanntlich den Geldinstituten, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen gewährt zum Ausgleich ihrer durch andere Werte nicht gedeckten Verbindlichkeiten und zur Ausstattung mit einem gewissen Eigenkapital. Schuldner dieser Ausgleichsforderungen sind der Bund mit rund 8,5 Milliarden DM und die Länder mit rund 12 Milliarden DM. Diese Dek-
kungsmittel haben die Währungsreform erst ermöglicht und haben dazu beigetragen, wieder ein geordnetes Geld- und Kreditwesen zu schaffen. Der Gesetzgeber der Währungsreform hat eine Tilgung der Ausgleichsforderungen nicht vorgesehen. Die Bundesregierung hat nunmehr einen Gesetzentwurf über die Tilgung von Ausgleichsforderungen — mit Ausnahme derer des Zentralbanksystems und der Postverwaltung — dem Hohen Haus vorgelegt. Es handelt sich um eine Tilgungsmaßnahme größten Stils, nämlich von rund 12 Milliarden DM. Durch diesen Gesetzentwurf wird praktisch die Währungsreform zu einem gewissen Abschluß gebracht. Es ist das auch ein Beitrag zur Sicherung unserer Währung und ein weiterer Ausdruck des Willens, unser Geld- und Kreditwesen zu festigen und unsere Volkswirtschaft zu sichern.
Damit im Zusammenhang stehen auch die Maßnahmen der Bundesregierung, den Einfluß der BdL auf die deutsche Kreditpolitik dadurch zu stärken, daß ihr eine sogenannte Offenmarktpolitik ermöglicht wird. Die BdL hat etwa 5,5 Milliarden DM Ausgleichsforderungen. Nach der Ihnen bekannten Vereinbarung mit der Bundesregierung kann die BdL für Zwecke der Offenmarktpolitik hiervon bis zu 2 Milliarden DM nach ihrer Wahl in Schatzwechsel oder unverzinsliche Schatzanweisungen des Bundes, letztere mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren, umtauschen. Die BdL ist der Bundesregierung gegenüber verpflichtet, diese Schatzwechsel und Schatzanweisungen bei Fälligkeit mit Mitteln der BdL einzulösen. Um den entsprechenden Betrag lebt alsdann die Ausgleichsforderung wieder auf. Damit dies nicht durch fiskalische Erwägungen unmöglich gemacht wird, zahlt der Bund auf den Gesamtbetrag der Ausgleichsforderung von rund 5,5 Milliarden DM der BdL weiterhin 3 % Zinsen. Die BdL trägt die Zinsen für die Schatzwechsel und unverzinslichen Schatzanweisungen, die zum Teil über 3 % liegen. Die Zinsausgaben des Bundes bleiben infolgedessen im wesentlichen unverändert. Es wird jedoch durch diese Vereinbarung der Betrag geringer, bis zu dem Kassenguthaben des Bundes und des Ausgleichsfonds in Ausgleichsforderungen verzinslich angelegt werden. Für den Bund und gegebenenfalls den Ausgleichsfonds ergeben sich alsdann nicht unerhebliche Spitzenbeträge, die zinslos bleiben. Der Bund bringt dieses Opfer, um der BdL die Durchführung ihrer notenbankpolitischen Aufgaben zu ermöglichen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch über einige technische Fragen der Finanzverwaltung sprechen. Es ist in diesem Hohen Hause in den früheren Jahren häufig das Thema der Bundesbeteiligungen angeschnitten worden. Sie finden auch diesmal als Anlage zu den Vorbemerkungen des Haushaltsplans eine eingehende Darstellung der Beteiligungen des Bundes. Ich glaube, daß dieser Teil der Allgemeinen Vorbemerkungen einer besonderen Aufmerksamkeit gewiß sein kann. Er vermittelt Ihnen in besonders ausführlicher Weise ein umfassendes Bild der Entwicklung dieser Beteiligungen in den vergangenen zwölf Monaten. Die erstmalige Aufnahme konsolidierter Bilanzen der Bundeskonzerne und eine eingehende Darstellung der nicht in den Konzernen zusammengefaßten Gesellschaften bedeutet eine wesentliche Ergänzung der in den Vorbemerkungen des Vorjahrs enthaltenen Zusammenstellung. Ich glaube feststellen zu dürfen, daß damit allen berechtigten Wünschen an die Bundesregierung, die Verhältnisse der wirtschaftlichen Unternehmungen des Bundes offenzulegen, entsprochen ist, und zwar in einem Umfang, wie er bisher und anderweit nicht üblich ist.
Der Bundesfinanzminister ist häufig Angriffen ausgesetzt gewesen, als ob er sich grundsätzlich und ausnahmslos einer Privatisierung von Unternehmen des Bundes, die hierzu geeignet sind, entgegenstelle. Ich glaube, daß diese Behauptung heute nicht mehr aufrechterhalten wird. Der Bundesfinanzminister hat aber immer den Standpunkt vertreten, daß er als getreuer Sachwalter des Bundes und seines Vermögens in eine Veräußerung geeigneter Unternehmen nur dann willigen kann, wenn der dafür gebotene Preis dem vollen Wert dieser Unternehmen entspricht.
Sie haben inzwischen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages eine Reihe von Fällen behandeln können und werden sich dabei überzeugt haben, daß jeder Fall sorgsam und ernsthaft zu prüfen ist. Die Gründe sind vielfältig, weswegen der Privatisierung in Zeit und Umfang Grenzen gesetzt sind. Es schweben aussichtsreiche Verhandlungen auch derzeit in verschiedenen Fällen. Ich darf nur auf den Fall der Howaldtswerke Hamburg sowie auf die Verhandlungen über die Betriebe hinweisen, die aus dem Ufa-Vermögen ausgegliedert werden.
Ebenso wichtig wie die Verwaltung der Bundesbeteiligungen ist die Verwaltung des sonstigen Bundesvermögens, insbesondere der Bundesliegenschaften.
Wie Ihnen bekannt, werden im Bundesfinanzministerium schon seit längerer Zeit in Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof auch Überlegungen über eine Reform des Haushaltsrechts angestellt. Mitglieder des Haushaltsausschusses dieses Hohen Hauses haben zusammen mit Vertretern des Bundesfinanzministeriums im Sommer dieses Jahres das Haushaltswesen in den Vereinigten Staaten studiert. Die Kommission hat einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Reise dem Hohen Hause vorgelegt, den ich dem Hohen Hause nur zu einem ernsten und eindringlichen Studium empfehlen kann.
Am Schluß des Berichts sind die Punkte zusammengefaßt, die nach Ansicht der Kommission im Rahmen einer Reform des Haushaltsrechts behandelt werden sollen. Ich greife nur folgende Punkte heraus:
Umstellung des Rechnungsjahrs auf das Kalenderjahr,
Abschaffung des außerordentlichen Haushalts, aber Schaffung eines Kapital- oder Investitionshaushalts,
Mehrjährigkeit gewisser Ausgabeermächtigungen,
Anpassung der Vorschriften der Haushaltsordnung an die veränderten staatsrechtlichen Verhältnisse,
Fragen der Vermögensrechnung, des Rechnungsabschlusses, der Beteiligungen des Bundes usw.
Ich halte diese Fragestellung für richtig und vor allem für durchführbar. Ich weiß, daß darüber hinaus manche Kreise eine umstürzende Reform des Haushaltsrechts überhaupt erwarten. Gerade
die geleisteten Vorarbeiten haben aber gezeigt, daß die geltende Haushaltsordnung im allgemeinen zweckmäßig und auch beweglich genug ist, um sich neuen Erfordernissen und Erkenntnissen anzupassen. Den im Vorjahr bei der Debatte des Haushaltsplans geäußerten Wünschen nach einer Gliederung des Haushalts auch nach Funktionen, also nicht nur nach Ministerien usw., sind wir inzwischen nachgekommen. Ihnen liegt, meine Damen und Herren, neben dem Haushalt eine entsprechende Übersicht nach dieser Richtung vor. Es liegt der Gedanke zugrunde, die Finanzplanung, d. h. die richtige Gewichtsverteilung der einzelnen Ausgabegruppen im Rahmen eines ausgeglichenen Haushalts zu erleichtern. Das ist zweifellos eine wichtige Aufgabe. Es bedarf aber dazu wohl kaum einer völlig neuen Gliederung des Haushalts. Es genügt nach meiner Überzeugung, die sich übrigens mit der Auffassung der sachverständigen Herren Amerikafahrer deckt, den Erfordernissen der Finanzplanung durch eine besondere Übersicht neben dem Haushalt Rechnung zu tragen. Wie gesagt, liegt Ihnen ein solcher Funktionenplan, der diesen Gedanken Rechnung trägt, erstmals mit dem heutigen Haushaltsplan vor. Er ist dem Gesamtplan angeheftet, hat ein erläuterndes Vorwort und soll weiter ausgebaut werden.
Vielleicht könnte man die Vorlage solcher Übersichten neben dem Haushalt in der Haushaltsordnung gesetzlich vorschreiben.
Die Durchführung einer Reform des Haushaltsrechts setzt aber auch Übereinstimmung mit den Länderfinanzverwaltungen voraus, die bisher die Verschiebung des Etatsjahrs abgelehnt haben. Eine Zersplitterung des Haushaltsrechts würde eine gemeinsame nationale Finanzwirtschaft erschweren oder unmöglich machen.
— Wobei ich das Parlament von dieser Stelle aus
um seine begeisterte Unterstützung bitten möchte!
Damit, meine Damen und Herren, bin ich mit dem Überblick über den Bundeshaushalt 1956 zu Ende. Ich hoffe, Ihnen den Eindruck vermittelt zu haben, daß der Bundeshaushalt 1956 das ist, was ich ihn nannte: ein Bundeshaushalt, der der Sicherung des Friedens nach innen und der Sicherung des Friedens nach außen dient.
Ich habe meine Ausführungen begonnen mit einem leisen Bedauern, daß der deutsche Bundesfinanzminister nicht die Möglichkeit hat, wie der britische Schatzkanzler den Bundeshaushalt als ganzes Werk aufzustellen und als ganzes Werk dem Parlament als erstem Hörer zu unterbreiten.
Darf ich noch einen Vergleich mit dem britischen System der Haushaltspolitik führen. Für die Beratung des Haushalts und für alle Finanzvorlagen im englischen Unterhaus stehen im ganzen Jahr nur 26 Tage zur Verfügung. Es ist Übung und festes Gewohnheitsrecht, daß der Haushalt das ganze Jahr über unverändert bleibt, wenn er einmal beschlossen ist, und daß Anträge im Unterhaus, die ihn verschlechtern, sei es durch Minderung von Einnahmen, sei es durch Erhöhung von Ausgaben, nur mit besonderer Zustimmung der Regierung
gestellt werden, die j a die Verantwortung für die finanzielle Ordnung des Landes trägt.
Ich bin überzeugt, daß diesem System in England nicht etwa das Machtstreben der ja wechselnden Regierungen zugrunde liegt, sondern nur der Gedanke, daß eine Demokratie dann gesund ist, wenn sie dem Land auch die innere finanzielle Ordnung gewährleistet.
Der Deutsche Bundestag hat in den letzten Monaten mit der Änderung seiner Geschäftsordnung einen nicht unwichtigen Schritt in ähnlicher Richtung getan. Ich möchte nicht versäumen, hierfür dem Hohen Hause besonderen Dank zu sagen.
Die deutsche Bundesrepublik grenzt an die Länder jenseits des Eisernen Vorhangs. Im deutschen Volk wird der Geisteskampf zwischen Ost und West ausgefochten, staatspolitisch gesprochen der Geisteskampf zwischen dem Gedanken der Demokratie und dem System des totalitären Staates. Es ist die historische, dem deutschen Volk zugefallene Aufgabe, diesen Geisteskampf zu bestehen, nicht nur um sich, sondern um die Welt zu retten. So klein gelegentlich ein Paragraph der Geschäftsordnung erscheinen kann, so groß kann er in der Bedeutung werden, wenn er als Ausfluß des Geistes der Verantwortung gegenüber dem Ganzen, als Ausfluß des Geistes einer echten Demokratie verstanden wird.
Ich hoffe, dieser Geist, aus dem der § 96 der Geschäftsordnung nahezu einstimmig vom gesamten Deutschen Bundestag angenommen worden ist, wird dazu beitragen, dem deutschen Volk und der Welt den Beweis dafür zu erbringen, daß die deutsche Demokratie und das deutsche Parlament lebensfähig und unzerbrechlich sind.