Protokoll:
17185

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 185

  • date_rangeDatum: 15. Juni 2012

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:15 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:34 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/185 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ach- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (8. GWB-ÄndG) (Drucksache 17/9852) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten der Monopolkommis- sion gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Geset- zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbs- rechtlicher Sicht (Drucksache 17/8541) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele Hiller- Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für faire Lebensmittelpreise und trans- parente Produktionsbedingungen – Ge- gen den Missbrauch von Marktmacht (Drucksachen 17/4874, 17/5824) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Presse- Grosso gesetzlich verankern (Drucksachen 17/8923, 17/9989) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im Wettbewerbsrecht verankern (Drucksache 17/9956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister  BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22195 A 22195 B 22195 B 22195 C 22195 D 22196 A 22197 A 22199 C 22201 D 22203 A 22204 C 22206 C 22207 C 22209 B 22210 A 22210 D 22212 A 22214 B 22219 A 22219 D Inhaltsverzeichnis Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22195 (A) (C) (D)(B) 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 Beginn: 9.15 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22219 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Genossenschaftsgründungen erleichtern, Woh- nungsgenossenschaften stärken, bewährtes Prüfsys- tem erhalten auf Drucksache 17/9976 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aktionsplan Nanotechnologie 2015 – Drucksache 17/4485 –  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 15.06.2012 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 15.06.2012 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 15.06.2012 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 15.06.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 15.06.2012 Bülow, Marco SPD 15.06.2012 Dyckmans, Mechthild FDP 15.06.2012 Freitag, Dagmar SPD 15.06.2012 Gabriel, Sigmar SPD 15.06.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.06.2012 Goldmann, Hans- Michael FDP 15.06.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 15.06.2012 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kramme, Anette SPD 15.06.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 15.06.2012 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 15.06.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Lemme, Steffen-Claudio SPD 15.06.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 15.06.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 15.06.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.06.2012 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Ortel, Holger SPD 15.06.2012 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 15.06.2012 Roth (Esslingen), Karin SPD 15.06.2012 Schaaf, Anton SPD 15.06.2012 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 15.06.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.06.2012 Schreiner, Ottmar SPD 15.06.2012 Steinbach, Erika CDU/CSU 15.06.2012 Süßmair, Alexander DIE LINKE 15.06.2012 Wagner, Daniela BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Zapf, Uta SPD 15.06.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 15.06.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22220 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/9797 Nr. A.6 Ratsdokument 9294/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/9475 Nr. A.20 Ratsdokument 8151/12 Drucksache 17/9475 Nr. A.21 Ratsdokument 8173/12 Drucksache 17/9647 Nr. A.16 Ratsdokument 8794/12 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/9130 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2012)0058 Drucksache 17/9130 Nr. A.12 EP P7_TA-PROV(2012)0063 Drucksache 17/9130 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2012)0065 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/8227 Nr. A.45 Ratsdokument 17188/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.46 Ratsdokument 17574/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/9647 Nr. A.22 Ratsdokument 8423/12 185. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 46, ZP 5 Wettbewerbspolitik Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Ich bitte, die Verspätung zu entschuldigen. Die Frak-
tionen von SPD und Grünen hatten noch Fraktionssit-
zungen. Jetzt können wir aber umso schneller in die Ta-
gesordnung eintreten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 46 a bis d sowie
Zusatzpunkt 5 auf:

46 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-
schränkungen (8. GWB-ÄndG)


– Drucksache 17/9852 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Sondergutachten der Monopolkommission ge-
mäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen

Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbsrechtli-
cher Sicht

– Drucksache 17/8541 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele

Hiller-Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Für faire Lebensmittelpreise und transparente
Produktionsbedingungen – Gegen den Miss-
brauch von Marktmacht

– Drucksachen 17/4874, 17/5824 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Georg Nüßlein

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Presse-Grosso gesetzlich verankern

– Drucksachen 17/8923, 17/9989 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Georg Nüßlein

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im
Wettbewerbsrecht verankern

– Drucksache 17/9956 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als ers-
tem Redner das Wort dem Bundesminister Dr. Philipp
Rösler.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
ist seit mehr als 50 Jahren gleichsam das Grundgesetz
unserer Wirtschaftsordnung. Ludwig Erhard hat das
Wettbewerbs- und Kartellrecht als einen wesentlichen
Baustein in das Fundament der sozialen Marktwirtschaft
eingefügt. Die Bedeutung des Wettbewerbs galt damals,
sie gilt allerdings natürlich auch noch heute, und zwar
gerade deshalb, weil sich die Märkte verändert haben
und sich weiter verändern werden. Es ist unser Ziel, die-
ses Grundgesetz der Wirtschaftsordnung den neuen Ge-
gebenheiten anzupassen und es weiter zu modernisieren.
Die Märkte haben sich, wie gesagt, verändert. Also müs-
sen wir auch unseren Kartellbehörden neue Instrumente
an die Hand geben. Sie brauchen schärfere Instrumente
bis hin zur Ultima Ratio der Entflechtung.

Wir brauchen auf und in diesen neuen Märkten mehr
Transparenz; auch dafür sorgt diese Novelle. Schließlich
wollen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher besser
schützen. Am Ende nützt ein gutes Wettbewerbs- und
Kartellrecht nämlich vor allem den Menschen in unse-
rem Land. Mit der Vorlage der 8. Novelle zum Gesetz
gegen Wettbewerbsbeschränkungen bekennt sich diese
Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP klar zur
Bedeutung des Wettbewerbs. Denn wir wissen: Den
Wohlstand in unserem Lande verdanken wir dem Wachs-
tum. Wachstum wird durch Wettbewerbsfähigkeit mög-
lich. Und zur Wettbewerbsfähigkeit gehört eben auch ein
gutes Wettbewerbs- und Kartellrecht. Es wird durch
diese Novelle eindeutig verbessert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es geht um drei Bereiche:

Erstens haben sich die Strukturen verändert. Es gibt
heutzutage große Konzerne, und hier wollen wir einen
besseren Einblick bekommen. Wir brauchen mehr Trans-
parenz, gerade für unsere Kartellbehörden, zum Beispiel
in den Bereichen Energie, also Strom und Gas, aber auch
im Hinblick auf die Tankstellen. Mit dem Markttranspa-
renzstellen-Gesetz schaffen wir eine gute Grundlage für
eine noch einzurichtende Markttransparenzstelle. Wir
wollen, dass die Kartellbehörden auch einen Einblick in
die vertikalen Strukturen im Bereich der Energieversor-
gung bekommen, um dann im Interesse der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher handeln zu können. Künftig
haben auch die Verbraucherschutzverbände die Möglich-
keit, gegen Kartellrechtsverstöße selber aktiv vorzuge-
hen. Die Kartellbehörden wiederum haben die Möglich-
keit der Vorteilsabschöpfung. Das nützt den Kundinnen
und Kunden und zeigt, wie sehr das Wettbewerbsrecht
auch dem Verbraucherschutz in Deutschland hilft und
dient.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der zweite Bereich, in dem sich die Märkte aus unse-
rer Sicht dramatisch geändert haben und sich noch wei-
ter ändern werden, sind die Verlage und die Medien. Wir
stellen fest, dass die klassischen Verlage mehr und mehr
das Ziel verfolgen, sich zu Medienhäusern umzubauen,

weil sie den Gegebenheiten auf den Märkten – bedingt
durch das Internet und die Globalisierung – gerecht wer-
den wollen. Das Wettbewerbsgeschehen spielt sich künf-
tig nicht mehr primär innerhalb von Kreisgrenzen, bei-
spielsweise zwischen zwei Kreiszeitungen, und auch
nicht zwischen zwei Landkreisen ab, sondern mindes-
tens national, eher aber noch europäisch oder global.

Es stellt sich so die Frage: Wie sehen die Märkte der
Zukunft aus? Wir wollen, dass auf diesen Märkten der
Zukunft künftig auch deutsche Verlage eine starke Rolle
spielen können. Dafür müssen sie die Möglichkeit be-
kommen, selber zu wachsen und sich den neuen Struktu-
ren anzupassen. Deswegen ist es richtig, dass wir die
Aufgreifschwellen auch bei Pressefusionen weiter erhö-
hen, damit unsere Unternehmen die Chance haben, zu
wachsen und damit auf den globalen Märkten weiter ak-
tiv und erfolgreich zu sein.

Auch das zeigt: Wir haben erkannt, dass es neue
Marktstrukturen gibt. Wir handeln, um unseren deut-
schen Unternehmen auf den Weltmärkten auch künftig
eine Chance geben zu können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der dritte Bereich ist das Gesundheitswesen. Eine
gute Versorgung fängt schon bei den Krankenkassen an:
flexible Angebote, wenig Bürokratie, gute Leistungen.
Wie in allen anderen Bereichen auch, ist die beste Ga-
rantie dafür eben der Wettbewerb.


(Zurufe von der LINKEN: Ja, ja!)


Deswegen müssen wir auch bei den Krankenkassen
für mehr Wettbewerb sorgen. Die Krankenkassen wer-
den sich künftig auch dem Kartellrecht unterwerfen
müssen. Es kann nicht sein, dass sich Krankenkassen
zum Beispiel bei Zusatzbeiträgen oder anderen Dingen
absprechen. Wenn sie im Sinne der Versicherten zusam-
menarbeiten wollen, dann ist das gut. Wenn sie sich aber
absprechen, dann schadet das den Patientinnen und Pa-
tienten.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt doch die Zusatzbeiträge eingeführt!)


Gleichzeitig wollen wir auch Krankenkassenfusionen
wieder der Aufsicht des Kartellamts unterstellen. Wir
wollen Vielfalt bei den Krankenhäusern und bei den
Krankenversicherungen; denn dieser Wettbewerb durch
Wahlfreiheit nützt den Patientinnen und Patienten. Das
zeigt ganz konkret, wie ein gutes Kartellrecht den Men-
schen im Alltagsleben nützt.


(Zuruf von der LINKEN: Gehen Sie mal dahin, wo die Menschen sind!)


All diese Beispiele zeigen, dass wir erkannt haben,
dass sich die Märkte verändert haben. Also muss man
auch das Wettbewerbs- und Kartellrecht entsprechend
anpassen. Wir kommen zu Verbesserungen und zu einem
modernen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
das für mehr Transparenz sorgt, schärfere Instrumente
für die Kartellrechtsbehörden bereitstellt und am Ende





Bundesminister Dr. Philipp Rösler


(A) (C)



(D)(B)


mehr Leistungen für die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher, für die Kundinnen und Kunden, ermöglicht.

Das beweist: Wettbewerb nützt zuallererst den Men-
schen, und das ist das Ziel eines gutes Wettbewerbs-
rechts.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500100

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Barthel von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1718500200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach je-

dem Lebensmittelskandal, bei jeder Preiswelle bei Strom
und Gas und bei jeder neuen Benzinpreisabzockerei kün-
digen die schwarz-gelben Minister und Abgeordnete der
Koalition verschärfte Maßnahmen an und drohen mit
dem Kartellamt und dem Wettbewerbsrecht.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wie hat das denn der Minister Clement gemacht?)


Geschehen ist bis heute nichts, lieber Kollege Hinsken.
Die Bundesregierung lässt nämlich die Unternehmen,
die sich fair verhalten, die Verbraucherinnen und Ver-
braucher und die jeweils betroffenen Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer im Regen stehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Blödsinn!)


Für einen Bundeswirtschaftsminister, der die Worte
„Wettbewerb“ und „Wachstum“ wie ein Papagei – ge-
fühlt dreimal pro Satz – vor sich hin redet,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


muss es nach den Ankündigungen im Koalitionsvertrag,
nach den vollmundigen Reden seines Amtsvorgängers,
nach all den wüsten Drohungen, als es um Tankstellen
und Steckdosen ging, anlässlich der Lebensmittelskan-
dale und anlässlich der Verarmung der Presselandschaft
doch eher peinlich sein, hier zur besten Sendezeit eine
solche Vorlage wie diese GWB-Novelle zu präsentieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Nur weil Sie es nicht verstehen!)


An dieser Stelle muss man einmal ein paar grundle-
gende Gedanken in Erinnerung bringen – Herr Rösler
hat es schon angesprochen –: Das Wettbewerbsrecht be-
steht in dieser Form seit den 50er-Jahren und stammt aus
der Denkrichtung des Ordoliberalismus,


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Wohlstand für alle!)


also einer Schule, mit der die heutige vom Neoliberalis-
mus geprägte FDP und weite Teile der Union eigentlich
nichts mehr zu tun haben wollen.


(Beifall bei der SPD – Burkhardt MüllerSönksen [FDP]: Das ist doch Unfug! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ach, hör auf!)


Diesem Wettbewerbsrecht lag doch die historische
Erfahrung zugrunde, dass ungezügelte Märkte, also Ka-
pitalismus pur, dazu neigen, den Wettbewerb als Grund-
lage der Marktwirtschaft aus sich heraus selbst abzu-
schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das war die Erfahrung aus Kaiserreich und Weimarer
Republik.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Herr Honecker hat das besser gemacht! – Widerspruch bei der LINKEN – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Hören Sie mir doch mit Honecker auf! – Gegenruf des Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Euer Mann! Genau!)


Nach dem Faschismus und der Katastrophe des Zwei-
ten Weltkriegs ging es darum, die Wirtschaft zu entflech-
ten und wirtschaftliche Übermacht zu verhindern. Dank
erfolgreicher kleinerer und mittlerer Unternehmen, dank
gesetzlicher Regelungen, dank Kartellämtern und ande-
rer Behörden stimmen wir sicher darin überein, Herr
Rösler, dass sich unser Wettbewerbsrecht bewährt hat.
Aber der Punkt ist eben: Es hat sich in der Tat viel verän-
dert.

Ich fange einmal bei den Rohstoffen an. Unsere Ver-
sorgung hängt von ganz wenigen Lieferanten auf der
Welt und von Spekulationen ab, egal ob es dabei um Me-
talle, Öl oder Lebensmittel geht. Es geht um weltweite
Marktmacht und um tatsächliche stoffliche Knappheiten.
Da fällt der Bundesregierung nichts Besseres ein, als
Hand in Hand mit den globalen Konzernen sogenannte
Rohstoffpartnerschaften einzugehen und dabei die Do-
minanz dieser Konzerne zu zementieren.

Beim letzten Glied in der Kette, zum Beispiel bei den
Tankstellen, kommen Sie dann und kontrollieren dieses
letzte Glied. Ich behaupte ja nicht, dass es dort nicht ver-
dächtige Vorgänge gibt. Aber wer allen Ernstes glaubt,
dass der Benzinpreis an der Tankstelle gemacht wird, der
glaubt auch, dass der Strom aus der Steckdose kommt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das würdet ihr noch gerne ändern, dass der Strom aus der Steckdose kommt! Das glaube ich!)


Wer dann noch glaubt, dass man dem Problem mit einer
neuen Behörde namens Markttransparenzstelle bei-
kommt, der kommt aus derselben Denkschule wie die,
die glauben, dass Betreuung von Betreuungsgeld
kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)






Klaus Barthel


(A) (C)



(D)(B)


Auch die Untersagung von Preis-Kosten-Scheren in
diesem Bereich klärt doch die entscheidende Frage
nicht, woher eigentlich der Preis kommt, den ein Öl-
konzern verlangt. Die Bundesregierung macht sich nicht
einmal die Mühe, die sogenannten dynamischen Preis-
mechanismen, wie das wissenschaftlich heißt, aufzu-
decken, die seltsamerweise besonders immer dann viel
Geld in die Kassen der Konzerne spülen, wenn die Ware
knapp ist und der Markt eigentlich dafür sprechen
würde, dass sich dann die Margen und Gewinne verrin-
gern.

Das Problem bei dieser Art von Tankstellenaktionis-
mus ist doch, dass sich Staat und Politik lächerlich ma-
chen – darüber müssen Sie sich wirklich im Klaren
sein –, wenn Sie immer so tun, als würden Sie jetzt den
großen Hammer herausholen, aber Sie in Wirklichkeit
nur mit den Fingerpuppen des Herrn Dr. Rösler spielen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Völlig außen vor in der ganzen Debatte, in dieser
Wettbewerbsperspektive bleibt der globale Finanzsektor,
die Banken und Schattenbanken. In diesem Bereich ist
die Konzentration besonders hoch, mit Folgen nicht nur
im Bereich des Bankensektors selber, sondern auch in
der Realwirtschaft. Schon jetzt, drei Jahre nach der
Krise, ist der weltweite Finanzkapitalumschlag wieder
mehr als 70-mal so hoch wie der Austausch von Waren
und Dienstleistungen. Sie müssen uns einmal erklären,
warum es in diesem hochkonzentrierten Bereich – von
einem Markt kann man hier gar nicht reden – nicht end-
lich einmal zu einer Entflechtung kommt. Da wäre Ent-
flechtung gefragt. Das wäre doch mal was für einen libe-
ralen Wirtschaftsminister, der überall von Mittelstand,
Wachstum und Eigenverantwortung redet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Beim Pressefusionsrecht – das haben Sie angespro-
chen – kommt die neoliberale Handschrift noch deutli-
cher heraus. Die Anhebung der Aufgreifschwellen soll
Fusionen im Verlagsbereich erleichtern, um mehr Wirt-
schaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu ermögli-
chen. Das ist ein Anliegen der Verlegerverbände, deren
Unterstützung die Bundesregierung natürlich an anderer
Stelle gut gebrauchen kann. Dieses Anliegen kam plötz-
lich bei einem Ihrer zahllosen Koalitions- und Versöh-
nungsgipfel Mitte März auf den Tisch, wie aus dem
Nichts.

Auch wir erkennen an, dass die bisherige Rechtslage
die Pressevielfalt nicht hinreichend sichern kann. Im Ge-
genteil: Immer mehr Menschen in immer mehr Regionen
– inzwischen sind es 60 Prozent der Landkreise – haben
nur eine Monopolregionalzeitung „zur Auswahl“. Ende
der 60er-Jahre war das erst ein Viertel und Anfang der
90er-Jahre aber immerhin schon die Hälfte der Land-
kreise. „Die Axt tobt durch den Blätterwald“, schreibt ei-
ner, der es wissen muss, der die Ökonomisierung und die
Konzentration in der Presselandschaft analysiert.

Der Zeitungsjournalist Tom Schimmeck zitiert den
damaligen Hoffnungsträger des Hauses Bertelsmann, ei-

nen gewissen Herrn Middelhoff, mit den Worten: „Wir
brauchen den Druck der Finanzmärkte“. Er beschreibt in
seinem Buch Am besten nichts Neues die Bedrohung des
Qualitätsjournalismus und der Meinungsvielfalt, die Do-
minanz des Anzeigengeschäfts und den gesteuerten
Kampagnenjournalismus. Wenn wir ehrlich sind, liebe
Kolleginnen und Kollegen auch von der Koalition, dann
wird uns zur Entkräftung dieser alarmierenden Zustands-
beschreibung relativ wenig einfallen.

Die Ursachen dieser Entwicklungen sind sicherlich
vielfältig, und die bekommen wir auch nicht allein mit
dem GWB in den Griff. Aber schlicht davor zu kapitu-
lieren und Zusammenschlüsse weiter zu erleichtern,
ohne eine Gegenstrategie zu haben oder zu wollen, das
ist doch erbärmlich.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


Sie verzichten sogar darauf, diese Entwicklung einmal
wissenschaftlich fundiert untersuchen zu lassen, wie wir
es in einem Antrag der Grünen und der SPD seit langem
fordern.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Herr Rösler hat ja nicht einmal Zeit, zuzuhören!)


Das nährt unseren Verdacht, dass Ihnen ein Schnell-
schuss zugunsten der Großverlage aus dem Gebüsch
wichtiger ist als tatsächliche Medien- und Meinungsviel-
falt in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Kollege Barthel, Sie haben das Ganze doch nicht gelesen! Sonst könnten Sie nicht so daherreden!)


Während also durch Erleichterungen im Pressefusions-
recht die Meinungs- und Medienvielfalt möglicherweise
weiter gefährdet wird, enthält der Gesetzentwurf der
Bundesregierung keinen Vorschlag zur gesetzlichen Ab-
sicherung des Presse-Grosso. Das Presse-Grosso sichert
in seiner bisherigen Konstruktion eine flächendeckende
und diskriminierungsfreie Vertriebsstruktur für Presseer-
zeugnisse


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


und schafft damit faire Wettbewerbsbedingungen zwi-
schen kleinen und großen Verlagen. Es verhindert, dass
größere Verlage einen besseren Zugang zu den Verkaufs-
stellen haben und aufgrund ihrer Macht günstigere Kon-
ditionen durchsetzen können.

Dieses seit Jahren erfolgreiche System wird jetzt auf
Druck und Klagen eines einzelnen Verlags durch Ge-
richtsurteile infrage gestellt. Deswegen fordern die Frak-
tionen von SPD und Grünen – die künftige Koalition –


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


in einem gemeinsamen Antrag, den wir heute beraten,
eine gesetzliche Verankerung des Presse-Grosso. Dies
könnte zum Beispiel durch eine Ergänzung im GWB er-
folgen, die dem Bundesverband Presse-Grosso die Mög-
lichkeit gäbe, wie bisher für alle Grossisten gemeinsam





Klaus Barthel


(A) (C)



(D)(B)


Konditionen auszuhandeln. Unser Appell an die Bundes-
regierung und alle Fraktionen lautet: Lassen Sie uns mit
der GWB-Novelle eine rechtlich saubere und europa-
rechtskonforme gesetzliche Neuregelung des Presse-
Grosso im Sinne unseres Antrags auf den Weg bringen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gäbe jetzt noch viel zu sagen. Bei der Wasserwirt-
schaft und bei den Krankenkassen lässt die Bundesregie-
rung erkennen, wohin die Reise gehen soll: Schrittweise
sollen immer mehr Bereiche der Daseinsvorsorge und
des Sozialstaats dem Wettbewerb und der Privatisierung
unterworfen werden. Sie machen das zugegebenermaßen
sehr geschickt: nach und nach. Beim Wassersektor sind
Sie jetzt einen Schritt zurückgegangen. Dafür schlagen
Sie bei den Krankenkassen voll zu. Aber dazu wird
nachher mein Kollege Lauterbach noch etwas sagen.

Im Lebensmittelbereich treibt die Billigkultur täglich
neue Blüten. Ich kann das jetzt nicht ausführen. Die Kol-
legin Drobinski-Weiß wird nachher darauf eingehen.
Aber eines ist schon jetzt erkennbar: Die GWB-Novelle
wird auch im Lebensmittelbereich den Problemen nicht
gerecht.

Letzten Endes sind wir sehr gespannt, was die Koali-
tion zum Thema Entflechtung zu sagen hat und wie Sie
begründen, dass von Ihren großen Ankündigungen
nichts übrig bleibt. Denn wir haben in der Tat das Pro-
blem, dass wir in den privatisierten und liberalisierten
Netzinfrastrukturbereichen eben nicht einen blühenden
Wettbewerb, sinkende Preise und Investitionen vorfin-
den, wie es uns in den Modellen immer angekündigt
worden ist. Stattdessen erleben wir Preistreiberei bei
Strom und Gas, schlechten Service bei der Telekom,
Lohndumpingwettbewerb bei der Post


(Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Auch bei öffentlichen Unternehmen, Herr Barthel!)


und vor allem eine erhebliche Investitionsblockade in al-
len diesen Bereichen.

Dem ist mit den Methoden, die Sie bisher vorzuwei-
sen haben, nicht beizukommen. Die Frage ist doch, wa-
rum zum Beispiel im Energiesektor eine Rendite von
9,25 Prozent brutto für Netze nicht ausreichen soll, um
Investitionen anzuziehen, sodass jetzt nach dem Staat
oder nach riesigen Milliardenbeiträgen der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher gerufen wird, um die Energie-
konzerne und Netzbetreiber zu Investitionen zu bewe-
gen.

Es gibt viele Fragen; vieles bleibt offen in diesem Be-
reich. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir das alles
nicht mit dem Wettbewerbsrecht allein regeln können.
Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass wir mit dieser
Regierung keinen großen Wurf beim Wettbewerbsrecht
hinbekommen können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500300

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1718500400

Ich glaube – ich bin bei meinem letzten Satz, Herr

Präsident –, wir sollten die Anhörungen und die Aus-
schussberatungen in den nächsten Wochen wenigstens
dazu nutzen, um bei den Punkten, bei denen es möglich
ist, Änderungen zu erzielen und dem Gesetzentwurf die
Giftzähne zu ziehen. Wir sollten an der einen oder ande-
ren Stelle nachbessern und flankierende Regelungen
schaffen, wo immer es möglich ist. Wir bitten Sie herz-
lich, dass Sie sich auf diese Diskussion einlassen; denn
das, was bisher vorliegt, ist völlig unbefriedigend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500500

Für die CDU/CSU-Fraktion erteile ich jetzt dem Kol-

legen Dr. Georg Nüßlein das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1718500600

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nach

dieser linken Fundamentalkritik,


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Ich komme erst noch!)


bei der das Wenigste, was Sie gesagt haben, tatsächlich
das GWB betraf – es waren vielmehr allgemeine politi-
sche Themen –, wieder zur Sache zurückzukehren, ist
eine schwierige, aber notwendige Aufgabe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte vorab betonen, dass wir sicher nicht von
der linken Seite dieses Hauses Nachhilfe bei den The-
men Wettbewerb und Bedeutung des Wettbewerbs brau-
chen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Genau von hier! – Klaus Barthel [SPD]: Von wo denn sonst?)


Wettbewerb ist die Grundlage und der Motor unserer
Marktwirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das müssen Sie uns doch nicht beibringen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Deswegen machen Sie die Krankenkassen kaputt!)


– Dazu werde ich noch etwas sagen. Warten Sie doch
einmal ab! Vielleicht sind Sie überrascht. Zuhören ist
manchmal erkenntnisreicher, als dazwischenzubrüllen.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Ich möchte vorab deutlich sagen, um welche Dimen-
sion es hier geht. Man muss auch der Öffentlichkeit ein-
mal darlegen, welchen volkswirtschaftlichen Schaden
Hardcorekartelle, also Kartelle, die durch Absprachen
Märkte aufteilen und Absatzquoten durchsetzen, anrich-





Dr. Georg Nüßlein


(A) (C)



(D)(B)


ten. Die EU schätzt den Schaden durch solche Kartelle
auf 12 bis 24 Milliarden Euro pro Jahr.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für die machen Sie Politik, Herr Nüßlein!)


Man kann davon ausgehen, dass durchschnittlich 20 Pro-
zent der Umsatzerlöse durch kartellbedingte Preiserhö-
hungen zustande kommen.


(Klaus Barthel [SPD]: Und das GWB ist jetzt die Antwort darauf?)


– Die Antwort darauf ist, dass wir uns darüber Gedanken
machen müssen, wie man mit Bußen, aber auch mit
Schadensersatzforderungen diese Schäden minimiert
und Zusatzgewinne, die erzielt werden, abschöpft.


(Klaus Barthel [SPD]: Und was kommt dazu? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hat nur nichts mit Ihrem Gesetz zu tun!)


Darüber werden wir im parlamentarischen Verfahren
noch reden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gut, dass wir darüber geredet haben! – Klaus Barthel [SPD]: Jetzt kommt die eigentliche linke Rede! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sozialismus aus Bayern!)


– Na ja!


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Jetzt ist er sprachlos!)


– Zu solchen saudummen Zwischenrufen fällt einem
wirklich nichts mehr ein. Ganz ehrlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vorwärts immer, rückwärts nimmer!)


Jedenfalls ist dieses Gesetz schon in der jetzigen
Form geeignet, entsprechende Rahmenbedingungen zu
schaffen, die Fusionskontrolle voranzubringen,


(Klaus Barthel [SPD]: Davon würden wir gerne etwas merken!)


europäischen Vorgaben besser gerecht zu werden und
das Kartellrecht noch effizienter durchzusetzen. Ich lade
Sie gerne ein, im parlamentarischen Verfahren mit uns
zusammenzuarbeiten. Konstruktiv mitzuwirken ist bes-
ser, als hier Zwischenrufe zu machen. Dann werden wir
sehen, was wir noch tun müssen.


(Klaus Barthel [SPD]: Darauf sind wir auch gespannt!)


Bei den Medien haben wir die größten Marktverände-
rungen zu verzeichnen. Über diese Veränderungen hat
auch der Minister gesprochen. Es gibt dramatische Auf-
lagenrückgänge. Natürlich muss sich das Kartellrecht an
der wirtschaftlichen Realität orientieren. Man muss sich
fragen, was sich auf dem Markt tut. Herbeibeten kann
man die Medienvielfalt nicht. Das, was sich auf dem
Markt abspielt, resultiert aus einer anderen medialen
Nutzung. Das Verbraucherverhalten hat sich nun einmal

geändert. Das moderne Kartellrecht, das wir schaffen,
wird sich dem anpassen müssen.

Beim Pressefusionsrecht muss es darum gehen, Fu-
sionen zuzulassen, wo sie unumgänglich sind. Das tun
wir dadurch, dass wir die Aufgreifschwellen bei beab-
sichtigten Fusionen im Bereich der Presse anheben, das
also im unteren Bereich etwas leichter machen.


(Klaus Barthel [SPD]: Also die Konzentration beschleunigen!)


Wir tun das dadurch, dass wir die Bagatellmarktklausel
so einführen, dass wir eine Zusammenschlusskontrolle
bei kleinen Verlagshäusern unnötig machen, weil wir se-
hen, dass es einen riesigen Druck gibt, sich zusammen-
zuschließen. Das haben wir nicht gern, aber das ist eben
so. Wir werden auch noch einmal über die Frage disku-
tieren müssen, ob wir eine Sanierungsfusion brauchen.
Was tut man, wenn absehbar ist, dass ein Verlag im
Markt nicht existieren kann?

Das Nämliche gilt beim Presse-Grosso. Herr Kollege
Barthel, Sie haben recht; ich unterstreiche Ihre Ausfüh-
rungen dazu vollständig. Ich kann auch keinen großen
Dissens in diesem Hause erkennen. Wir wollen dafür
Sorge tragen, dass Medien, Journale und Zeitungen flä-
chendeckend verteilt werden und dass kleine Verlage die
Chance haben, in den Markt zu kommen. Dazu ist das
Presse-Grosso, wie wir es organisiert haben, ein gutes
Instrument, das wir erhalten, aber auch so gestalten wol-
len, dass es auf der einen Seite weder gerichtlich noch
europarechtlich angegriffen werden kann,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


dass auf der anderen Seite aber so viel Flexibilität im
System bleibt,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha!)


dass beim Presse-Grosso den Tatsachen Rechnung getra-
gen werden kann, dass die Auflagen zurückgehen und
dass man Vertriebsstrukturen an eine solche Situation
sinnvoll anpassen muss.


(Klaus Barthel [SPD]: Da schauen wir mal, was Sie dazu vorlegen!)


Die Union ist an dieser Stelle ganz klar positioniert.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein Eiertanz ist das!)


Wir wollen das auch im Rahmen dieser GWB-Novelle
entsprechend regeln. Glauben Sie uns: Das wird uns ge-
lingen.


(Klaus Barthel [SPD]: Da sind wir gespannt!)


Lassen Sie mich etwas zu den Ausführungen von
Kollege Barthel zum Benzinmarkt anmerken. Ich gehöre
zu denen, die sagen: Lasst uns keine falschen Erwartun-
gen wecken. Ich glaube nicht, dass das, was wir als Ge-
setzgeber an dieser Stelle tun können, einen Beitrag dazu
leisten wird, dass die Benzinpreise sinken.


(Klaus Barthel [SPD]: Das haben Sie aber eben angekündigt!)






Dr. Georg Nüßlein


(A) (C)



(D)(B)


Aber wir können doch etwas dafür tun, dass die Transpa-
renz wächst und man genauer weiß, welche Tankstelle
zu welchem Zeitpunkt mit welchem Benzinpreis auf
dem Markt ist. Das wird uns, wenn man die vom Minis-
ter vorgeschlagene Markttransparenzstelle richtig ausge-
staltet, insbesondere dadurch gelingen, dass man die
Endpreise über das Internet publiziert.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sind wirtschaftliche Güter! Was ist mit kulturellen Gütern?)


Ansonsten müssen wir alles tun, meine Damen und
Herren, dass die freien Tankstellen, die eigentlichen
Wettbewerber zu den großen Ketten, die Möglichkeit ha-
ben, weiter zu existieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Deshalb sind die freien Tankstellen auch gegen Ihren Vorschlag!)


Das machen wir über die Preis-Kosten-Schere sowie
über die Frage, wer wie beliefert wird. Dass sie von den
großen Lieferanten nicht schlechter behandelt werden
dürfen als eigene Tankstellen, ist ganz klar. Das wird
auch im GWB verankert bleiben. Zudem müssen wir da-
rauf achten, dass wir im Wege der Fusionskontrolle si-
cherstellen, dass es nicht zu einer weiteren Konzentra-
tion in diesem Bereich kommt. Das halte ich für sehr
entscheidend.

Wir werden auch die Missbrauchsaufsicht für Strom
und Gas weiter in der verschärften Art und Weise auf-
rechterhalten; denn auch hierbei bin ich der Auffassung,
dass der Wettbewerb noch nicht so ist, wie wir ihn uns
alle miteinander wünschen. Deshalb macht es Sinn, dies
aufrechtzuerhalten.

Ich gebe ganz offen zu, Herr Minister, dass die CSU
beim Thema Krankenkassen ausgesprochen kritisch ist.
Bei den Krankenkassen handelt es sich nämlich nicht um
ganz normale Unternehmen. Die Krankenkassen unter-
liegen unserem Sozialrecht und sind vielfach sogar zur
Zusammenarbeit verpflichtet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Guter Mann!)


Das heißt, wenn man hier Eingriffe vornimmt, um den
Wettbewerb zu sichern – unstrittig ist, dass wir den Wett-
bewerb erhalten wollen –, muss man gleichzeitig genau
diese Zusammenarbeitsmöglichkeiten einschränken,
weil dieses Thema im Interesse der Patientinnen und Pa-
tienten liegt. Man kann das nicht einfach grob über den
Kamm des Wettbewerbsrechts scheren. Vielmehr muss
man ganz klar sagen: Bei einer Menge Dinge dient die
Zusammenarbeit der Gesundheit der Patientinnen und
Patienten. Deshalb werden wir auch an dieser Stelle
noch einmal über die Frage reden müssen, wie man es
schafft, das eine zu sichern, nämlich den Wettbewerb,
und das andere nicht zu verhindern, nämlich die gesund-
heitspolitisch sinnvolle Zusammenarbeit der Kassen.


(Klaus Barthel [SPD]: Da sind wir sehr gespannt! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Kämpfen müssen wir! Kämpfen!)


Ein anderer Markt, der mir Sorgen macht, ist der Le-
bensmittelmarkt. Da gibt es ein hohes Maß an Konzen-
tration. Aber ich muss ganz ehrlich zugeben, dass das
Kind da schon in den Brunnen gefallen ist. Wir hätten
früher darüber nachdenken müssen, welche zusätzlichen
Fusionen man hier und da, etwa im Wege der Minister-
erlaubnis, zulässt. Ganz offen gesagt, macht es mir
schon Sorgen, wenn ich sehe, dass nur noch vier oder
fünf Leute in dieser Republik, nämlich die Einkäufer der
großen Lebensmittelkonzerne, über die Frage entschei-
den, was ich mittags auf den Teller bekomme. Deshalb
werbe ich immer dafür, das Verbot des Verkaufs unter
Einstandspreis zu erhalten. Ich freue mich, dass es uns
gelungen ist, dies in diesem Gesetz zu sichern.


(Klaus Barthel [SPD]: Wahnsinn!)


Denn jenseits der Frage, wie scharf dieses Schwert ist,
ist es ein deutliches Signal, dass wir uns bestimmte Vor-
gehensweisen – insbesondere solche mit einer ethischen
Dimension wie etwa der Umgang mit Lebensmitteln –
nicht gefallen lassen.


(Klaus Barthel [SPD]: Das ist der Wahnsinn!)


Insgesamt ist diese Novelle in ihren Grundlagen, die
der Regierungsentwurf bietet, gut. Im parlamentarischen
Verfahren wollen wir noch an der einen oder anderen
Stelle nachbessern.


(Klaus Barthel [SPD]: Deutlich nachbessern!)


Da, wo es Konsens gibt, beispielsweise beim Thema
Presse-Grosso, lade ich Sie gerne zum Mitmachen ein.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dann der Kritik
enthielten und uns gelegentlich einmal lobten. Das wäre
einmal etwas Neues.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500700

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin

Ulla Lötzer.


(Beifall bei der LINKEN)



Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1718500800

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rösler und Kol-

lege Nüßlein, von Ihren großen Ankündigungen, Sie hät-
ten etwas vorgelegt, das eine Anpassung an die Entwick-
lung des Wettbewerbs bedeutet und der Konzentration
tatsächlich entgegenwirkt, ist in dem Entwurf überhaupt
nichts zu spüren. Allenfalls erfüllt der Entwurf einige
wenige minimale Anforderungen: die Anpassung des
deutschen Rechts an die Definition von Marktmacht in
europäischen Bestimmungen, die Formulierung von
Prüfkriterien, juristische Vereinfachungen, Klarstellun-
gen und bessere Systematisierungen. Auch die Erweite-
rungen im Hinblick auf das Kartellrechtsverfahren wer-
den von uns begrüßt.

Angesichts der realen Probleme mit der Marktmacht
von Konzernen in vielen Bereichen gibt es aber eine
massive Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Letztlich wiederholen Sie hier das übliche Schauspiel Ih-





Ulla Lötzer


(A) (C)



(D)(B)


rer Regierungskoalition: Die Kernprobleme und Kon-
fliktfelder werden ausgeblendet; der Rest wird mit viel
heißer Luft zur Reform aufgeblasen. Das haben Sie hier
heute Morgen sehr deutlich gemacht, Herr Rösler.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Auffassung finden Sie auch in zahlreichen Stel-
lungnahmen von Verbänden, Sachverständigen und so-
gar konservativen Juristen. Lassen Sie mich einige zen-
trale Punkte herausgreifen.

Unternehmen erzielen, oft jahrelang, Erlöse und Ge-
winne durch Absprachen mit Konkurrenten und zu hohe
Preise. Festzustellen ist: Von den bisherigen Kartellstra-
fen und Bußgeldern geht keine abschreckende Wirkung
aus. Die Strafen sind zu gering. Es lohnt sich, gegen das
GWB und andere Vorschriften zu verstoßen, bis man
auffliegt. Das wird nach Ihrem Entwurf leider so blei-
ben.

Das gilt insbesondere für die Benzinpreise; Herr
Nüßlein hat eben etwas dazu gesagt. Das Bundeskartell-
amt hat festgestellt, dass die Mineralölkonzerne den
Benzinpreis künstlich in die Höhe treiben, ohne zu for-
malen Preisabsprachen zu greifen. Natürlich ist ein Teil
dieser Preiserhöhungen durch steigende Nachfrage und
durch Spekulation entstanden oder dadurch, dass die Er-
schließung neuer Ölfelder immer teurer wird. Dass in
dieser Situation die Mineralölkonzerne weiter ihre Ex-
tragewinne aufgrund ihrer Oligopolstellung draufschla-
gen können, ist umso weniger hinzunehmen – genauso
wenig wie Ihre Untätigkeit gegenüber der Spekulation.


(Beifall bei der LINKEN)


Nach unzähligen Rettungsschirmen haben wir es
heute mit Finanzmarktakteuren zu tun, die noch größer
und damit noch systemrelevanter sind als 2007. Das Pro-
blem des „too big to fail“ ist mithilfe der zugunsten der
Banken mobilisierten Steuermittel und Garantien bei uns
und in Europa noch drängender geworden statt kleiner.
Darauf geben Sie keine Antwort. Der Entwurf ist diesbe-
züglich ein Totalausfall.

Ähnliches gilt für die viel diskutierte Frage der Pres-
sefusionen. Knapp 60 Prozent aller Zeitungen werden
von zehn großen Verlagen angeboten. Die Konzentration
steigt von Jahr zu Jahr. Sie ist nicht das Ergebnis des
Wettbewerbs um die besten Presseprodukte, sondern
schlicht das Ergebnis eines Verdrängungswettbewerbs,
in dem die finanzstärksten Verlage dominieren.

Natürlich wissen auch wir, dass weniger Konzentra-
tion im Medienbereich nicht Garant ist für differenzierte
Berichterstattung, Meinungsvielfalt und demokratische
Streitkultur. Aber ohne die Sicherung einer Vielzahl un-
abhängiger Medien ist der Anspruch darauf überhaupt
nicht zu erfüllen. Ohne Maßnahmen gegen die Konzen-
tration finden viele engagierte Verlage und Journalisten,
insbesondere bei kleineren Regionalzeitungen, erst recht
keinen Platz mehr. Stattdessen – das haben Sie beide
deutlich gemacht – wollen Sie die Global Player im Me-
diengeschäft auf europäischer Ebene fördern. Das ist un-
erträglich angesichts der Bedeutung der Medien in der
Demokratie.


(Beifall bei der LINKEN)


Während Sie in dem einen Bereich zu wenig regeln,
überregulieren Sie in dem anderen, bei den Krankenkas-
sen. Diese sollen in das Kartell- und Wettbewerbsrecht
eingebunden und damit in Zukunft wie privatwirtschaft-
liche Unternehmen behandelt werden. Über diesen Um-
weg wollen Sie dem gerade von der FDP lang gehegten
Ziel einer schrittweisen Privatisierung des Gesundheits-
wesens näher kommen.


(Zuruf von der LINKEN: So ist das! – Zuruf von der FDP: Blödsinn!)


Das Bundesministerium für Wirtschaft soll Kontrollbe-
fugnisse im öffentlich-rechtlichen Gesundheitswesen er-
halten. Krankenkassen sind nach unserer Auffassung
keine Unternehmen. Deshalb müssen sie aus der Novelle
herausgenommen und von Herrn Röslers Kontrollbefug-
nissen ausgenommen werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Kolleginnen und Kollegen, die skizzierten Problem-
felder sind uns allen längst bekannt. Letztlich versagt die
Politik seit Jahrzehnten, wenn es darum geht, die Markt-
macht von Unternehmen konkret zu begrenzen. Herr
Rösler, trotz GWB und Fusionskontrolle auf deutscher
und europäischer Ebene steigt die Konzentration. Ab-
sprachen und Preiskartelle werden immer wieder aufs
Neue aufgedeckt. Oft werden Verfahren nur durch Aus-
sagen von Kronzeugen und Mitbewerbern möglich; Ver-
bote werden dann ausgesprochen und Kartellrechtsstra-
fen verhängt. Weiter bestimmen auf vielen Märkten nur
wenige große Unternehmen über Angebotsmengen und
Preise. Der in Ihren Reden immer wieder beschworene
freie Wettbewerb findet nicht oder nur eingeschränkt
statt.

Das Problem ist: Sie gehen nicht an den Kern des Pro-
blems heran. Marktbeherrschende Unternehmen unter-
liegen der Missbrauchsaufsicht. Sie gehen aber nicht das
Grundproblem der Vermachtung der Märkte mit all ihren
sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen an.
Seit langem verweisen Bundeskartellamt und Monopol-
kommission darauf, dass sich der Machtmissbrauch in
diesen Bereichen oft nicht nachweisen lässt. Deshalb
müsste eine Entflechtung an eine marktbeherrschende
Stellung gebunden werden – sie darf nicht erst Instru-
ment der Missbrauchsaufsicht sein –, und genau das tun
Sie nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Weil es um Verstöße geht!)


Die Umsetzung Ihrer vollmundigen Ankündigung,
Herr Rösler, ein wirkungsvolles Entflechtungsgesetz in
diesem Sinne zu formulieren, ist schlicht ausgeblieben.
Jetzt bleibt uns bis zur Verabschiedung des vorliegenden
Gesetzentwurfs tatsächlich nur noch der Wettbewerb um
einen besseren Entwurf, damit Sie, Herr Nüßlein, in den
Debatten, in den Anhörungen und im weiteren Verfahren





Ulla Lötzer


(A) (C)



(D)(B)


von der Linken lernen können, was Wettbewerb und
Wettbewerbsförderung in einer sozialen Marktwirtschaft
tatsächlich sind.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Volkseigene Betriebe, Frau Kollegin! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Von der DDR Wettbewerbsrecht, ja? Anständiger Fünfjahresplan statt Wettbewerb, ja, Frau Lötzer?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718500900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae für

Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1718501000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eine erstaunliche Fusion von Frau Lötzer und Herrn
Brüderle bei der Frage eines möglichen Entflechtungs-
instruments! Ich komme noch dazu.

Vorab vielleicht eines: Ich finde, es ist wirklich eine
sehr intensive und sehr fachliche Debatte, in der wir uns
mit dieser GWB-Novelle auseinandersetzen. Ich glaube,
dass wir im Verfahren auch noch Verbesserungen errei-
chen, weil wir alle eine unternehmerische Landschaft
wollen, in der es Kreativität und Flexibilität gibt, weil
wir vermachteten Strukturen entgegenwirken wollen,
weil wir wollen, dass nicht der Stärkere, sondern der
Bessere die Nase vorn hat und die Verbraucher profitie-
ren.

Herr Rösler, ich fände es wirklich passend, wenn Sie
dieser Debatte aufmerksamer folgten, als Sie es tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh!)


– Doch! Da brauchen Sie nicht „Oh!“ zu sagen. – Herr
Rösler, Sie haben sehr viele Kollegen im Kabinett, die
immer dann, wenn es um Debatten zu ihrem Bereich
geht, sehr aufmerksam dabei sind, das Parlament ernst
nehmen und im Hinblick auf die Frage: „Welche Verbes-
serungsmöglichkeiten und Ideen gibt es noch?“ die De-
batte wirklich aufmerksam verfolgen. Das nehme ich bei
Ihnen leider gerade nicht wahr. Ich hatte die letzten
40 Minuten die Möglichkeit, Sie zu beobachten. Ich
muss sagen: Ich würde mir mehr Aufmerksamkeit von
Ihnen wünschen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie beobachten also 40 Minuten Herrn Rösler! Das ist ja auch interessant!)


Der Gesetzentwurf, den die Regierung hier vorgelegt
hat, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen, die wir brau-
chen, um den Wettbewerb als Herz der Marktwirtschaft
zu schützen, um wirklich faire Spielregeln aufzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das Entflechtungsinstrument ist derzeit noch ein zahn-
loser Tiger. Ich habe es gesagt: Der damalige Wirt-

schaftsminister Brüderle hat den sinnvollen Vorschlag
gemacht, wonach nicht der Nachweis des Missbrauchs
durch die marktbeherrschenden Unternehmen entschei-
dend sein sollte; vielmehr sollte allein die Tatsache, dass
es ein marktbeherrschendes Unternehmen gibt, Anlass
dazu geben, das Entflechtungsinstrument anzuwenden.
Die Monopolkommission und das Kartellamt haben die-
sen Vorschlag bekräftigt. Wider besseres Wissen ver-
schimmelt dieser Vorschlag nun in der Schublade. Es
wäre doch wirklich gut, wenn Sie ihn noch einmal her-
vorholten. Was Sie jetzt praktizieren, ist ein Einknicken
und dient weder dem Wettbewerb noch dem Markt.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz im Gegenteil!)


Bei der Anwendung des Entflechtungsinstruments haben
Sie nicht den entscheidenden Schritt getan.

Vielleicht gibt es noch Bewegung. Wir werden Ihnen
diesen Vorschlag noch einmal unterbreiten. Wir hoffen,
dass wir dann zumindest auf die Stimmen der FDP zäh-
len können.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Auf die FDP immer! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


– Ich finde schon, dass Sie sich mit der Frage auseinan-
dersetzen müssen, wie Sie dieses Entflechtungsinstru-
ment – Sie führen immer wieder an, dass Sie wollen,
dass es wie ein scharfes Schwert wirkt; der Minister hat
es als Ultima Ratio bezeichnet – so anwenden, dass es
greifen kann. Unter den jetzigen Voraussetzungen kann
es nicht greifen; das wissen Sie im Übrigen so gut wie
ich. Für Sie stellt sich natürlich die Frage, ob Sie hier
nicht noch nachbessern sollten.

Entscheidend ist, dass die verhängten Bußgelder auch
gezahlt werden. Bisher funktioniert das ganz gut: Rund
80 Prozent der Bußgelder, die verhängt werden, werden
gezahlt. 2011 wurden Bußgelder in Höhe von ungefähr
190 Millionen Euro verhängt; davon sind 162 Millionen
Euro gezahlt worden. Nun ist Folgendes passiert: Der
BGH hat im Jahr 2011 zwei Grundsatzentscheidungen
gefällt. Er hat dadurch potenziellen Kartellsündern auf-
gezeigt, wie man durch Umstrukturierungen in einem
Unternehmen in der Lage ist, solchen Bußgeldern zu
entgehen. Jetzt muss die entstandene gesetzliche Lücke
geschlossen werden. Es geht zum einen um das Geld,
das dem Bundeshaushalt nicht zufließt, zum anderen um
die Glaubwürdigkeit des gesamten Verfahrens. Wir müs-
sen alle Lücken schließen, die sich bei der Frage erge-
ben, wie man Bußgelder und Kartellbescheide umgehen
kann, damit wir als Staat deutlich machen: Uns ist es
ernst mit Wettbewerb. Uns ist es ernst damit, vermach-
tete Strukturen und Kartelle zu bekämpfen. Wir werden
uns hier für den Mittelstand, für die kleinen Unterneh-
merinnen und Unternehmer einsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Der Schutz des Wettbewerbs ist auch Verbraucher-
schutz. Das ist bereits erwähnt worden; wir teilen diese
Auffassung. Der Verbraucherschutz muss daher als





Kerstin Andreae


(A) (C)



(D)(B)


Schutzzweck in das Gesetz aufgenommen werden. Es
wäre ganz wichtig, dass Sie sich hinstellen und sagen:
Ja, Verbraucherschutz ist Zweck des Gesetzes.


(Beifall der Abg. Caren Lay [DIE LINKE] – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nur Frau Lay applaudiert! – Beifall der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Caren Lay [DIE LINKE])


Die Verbraucherverbände sagen uns: Die Hürden für die
Möglichkeiten, dem Verbraucherschutz tatsächlich nach-
zukommen, sind nach wie vor zu hoch. Es muss nachge-
wiesen werden, dass Absprachen getroffen worden sind.
Ein solcher Nachweis ist nicht zu leisten. Die Gewinnab-
schöpfungsmöglichkeit ist nach wie vor nicht gegeben.
Wir müssen die Vorteilsabschöpfung, die man durch
Kartellbildung hat – oft liegen die Kartellrenditen zwei-
bis dreimal höher als die zu zahlenden Bußgelder –,
wirklich ernst nehmen. Die Verbraucherverbände sollten
gestärkt werden. Hier müssen wir nachbessern; sonst
bleibt das Ganze eine Fata Morgana.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Jetzt noch ein Wort zur Frage der Ministererlaubnis
und der Rolle des Parlaments. Es ist angesprochen wor-
den, dass wir in der Vergangenheit mehrere Minister-
erlaubnisse hatten. Jede zweite Ministererlaubnis ist
übrigens gegen das Votum der Monopolkommission aus-
gesprochen worden.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich!)


Ein Mal war es unter Beteiligung der Grünen, übrigens
drei Mal unter Beteiligung der FDP. Jeder von uns hat
also ein Päckchen zu tragen. Die Ministererlaubnis als
Instrument muss bei der Frage nach einem überragenden
Interesse eine Rolle spielen. Das, was wir wollen, haben
wir in unseren Antrag geschrieben: Stärken Sie die Rolle
des Parlaments! Die Ministererlaubnis muss erst einmal
durch den Bundestag. Es geht nicht, dass der Wirt-
schaftsminister allein entscheidet. Wenn Sie sich nicht
dazu durchringen können, dass der Bundestag entschei-
det, so sollte das ganze Kabinett über eine Ministerer-
laubnis beschließen. Die Ministererlaubnis darf nicht al-
lein in der Hand des Wirtschaftsministers bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Also: Den Gesetzentwurf werden wir im parlamenta-
rischen Verfahren sehr ernsthaft mit Ihnen diskutieren.
Wir werden Ihnen Vorschläge machen. Wir haben schon
Vorschläge in einem Antrag festgehalten. Wir finden es
wichtig, dass hier nachgebessert wird zum Schutz des
Wettbewerbs, den wir alle wollen, aber auch zum Schutz
der Verbraucherinnen und Verbraucher, denen der Wett-
bewerb nutzt.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718501100

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Martin Lindner

von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Jetzt kommt der AntiNüßlein!)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1718501200

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Kol-

legin Andreae, das Thema, das wir hier behandeln, be-
rührt den Kernbereich liberalen Denkens. Natürlich geht
es – Kollege Barthel, Sie haben recht – um Ordolibera-
lismus. Sie konstruieren hier allerdings einen Gegensatz
zum Neoliberalismus, der einer historischen Analyse
überhaupt nicht standhält. Der Neoliberalismus, auch
Ordoliberalismus genannt, war in der Nachkriegszeit die
Antwort der klassischen Lehre auf den Laisser-faire-
Liberalismus des davorliegenden Jahrhunderts. Dieser
wurde noch vertreten von von Mises. Die Vertreter des
Ordoliberalismus – Müller-Armack, Eucken und
andere – setzten dem ein Modell – jeder kann machen,
was er will – entgegen, bei dem der Staat ein starker
Schiedsrichter, ein starker Regelgeber ist, aber kein Mit-
spieler. Das ist der Unterschied zu Ihrer Denklehre. Sie
vertreten eine Denkschule, in der der Staat durch öffent-
liche Unternehmen selbst eine starke Rolle spielt. Diese
vertreten wir nicht. Wir bekennen uns aber zu einem
starken Staat als Regulierer und Aufsichtsführenden
über die wirtschaftlichen Prozesse in diesem Lande.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dies ist in der Tat die Grundvoraussetzung, dass sich
Wettbewerb zugunsten des Verbrauchers entwickelt. Da-
rin stimme ich mit Ihnen vollständig überein. Der Libe-
ralismus und hier speziell das Wettbewerbsrecht hat die
zentrale Rolle, dem Verbraucher zu nutzen, indem er ihm
ein möglichst breites Angebot zur Verfügung stellt und
nicht den Markt auf Oligopole oder gar Monopole be-
schränkt, seien sie staatlich oder privat. Hier muss ich
sagen, dass mir das öffentliche Monopol lieber ist als das
private Monopol. Auch dies gehört zur Wahrheit.

Wir haben in Deutschland – das muss man klar be-
kennen; deswegen danke ich dem Minister für die Vor-
lage dieses Gesetzes – Entwicklungen, die durchaus
schwierig sind und einer besonderen Beobachtung be-
dürfen, so zum Beispiel im Einzelhandel. Man muss
ganz klar sehen, dass es dort eine unerfreuliche Tendenz
zu weniger dominierenden Unternehmen und herstellen-
den Unternehmen gibt, die in ihrem Bereich durchaus
eine Marktpotenz haben. Sie geraten dann in Schwierig-
keiten, wenn in den Regalen nur noch ein Miniaturanteil
angeboten wird. Dies bringt die Lebensmittelhandelsbe-
triebe in eine sehr starke Stellung. Deswegen ist es rich-
tig, dass wir hier vorgehen und ein starkes Gesetz behan-
deln.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Mutig!)


Der zweite Aspekt, den ich hier aufgreifen möchte, ist
die Entwicklung der Mineralölpreise. Dies ist ein
schwieriges Feld. Heute liegt der Preis für 1 Liter Rohöl





Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) (C)



(D)(B)


bei 49 Cent. Wenn Sie jetzt den staatlichen Anteil hinzu-
nehmen – also die Steuern: Mineralölsteuer, Ökosteuer,
Umsatzsteuer, Steuer auf die Steuer –, kommen Sie auf
etwa 90 Cent. Wenn Sie das addieren, kommt man auf
den Bereich, der in Deutschland überhaupt einer Regu-
lierung zugänglich ist; der liegt bei etwa 20 Cent. Das
betrifft die Raffinierung des Öls, den Vertrieb und die
Tankstellen. Wenn Sie von dieser Summe jetzt noch die
Positions- und Herstellungskosten abziehen, erkennen
Sie, über welchen Bereich wir hier tatsächlich diskutie-
ren.

Wenn Ihnen der Vorschlag des Ministers nicht weit
genug geht und Sie sagen: „Das reicht uns nicht“, dann
machen Sie Vorschläge.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, natürlich!)


Es gibt ja internationale Ideen, zum Beispiel das soge-
nannte westaustralische Modell, das sich bemerkenswer-
terweise schon im restlichen Australien nicht durchge-
setzt hat, weil es nichts taugt.


(Klaus Barthel [SPD]: Haben Sie doch immer abgeblockt!)


Es gibt das sogenannte österreichische Modell, ebenfalls
ein Regulierungsmodell, das aber eher zur Erhöhung der
Preise geführt hat.


(Klaus Barthel [SPD]: Das ändert doch an dem Problem nichts!)


Wenn Sie jetzt fordern, dass wir in diesem Bereich zu
Entflechtungen kommen sollen, Kollege Barthel und
Kollegin Andreae, dann müssen Sie schon sagen, was
Sie entflechten wollen und was Sie entflechten können.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! Sie haben das angekündigt!)


Entflechten können Sie ja nur die Kette zwischen Raffi-
nierung, Vertrieb und Tankstelle. Ich garantiere Ihnen:
Das wird nicht zu sinkenden, sondern zu steigenden
Preisen führen.


(Klaus Barthel [SPD]: Sie haben das immer aufgebracht! Das steht im Koalitionsvertrag!)


Deswegen ist es richtig, dass wir uns auf eine Markt-
beobachtung konzentrieren. Deswegen ist das von der
Koalition gewählte Mittel das einzig vernünftige.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das steht im Koalitionsvertrag!)


Sie aber haben keine Vorschläge, wie immer in den De-
batten, die wir hier gemeinsam führen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag! Das war nicht unsere Idee, Herr Lindner! Herr Brüderle hat den Unsinn angekündigt, Sie kriegen das nicht hin!)


Im Medienbereich haben wir eine besondere Situa-
tion, die ebenfalls unsere Aufmerksamkeit verdient.


(Klaus Barthel [SPD]: Da fällt ihm nichts mehr zu ein!)


Eine Medienkonzentration gibt es nur noch teilweise. In
den meisten Regionen Deutschlands ist der Medien-
markt im Grunde intakt. Kein Mensch kann doch be-
haupten, dass es zu wenig Verlagsprodukte gibt. Aller-
dings gibt es tatsächlich – Herr Barthel, spitzen Sie Ihre
Ohren – in einigen Bereichen der Printmedien eine Kon-
zentration; zum Beispiel dort, wo der SPD-eigene Me-
dienverlag ddvg unterwegs ist,


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Ah! Oh!)


der regelmäßig im Kommissionsbericht der KEK, der
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Me-
dienbereich, erwähnt wird.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nur weil die FDP pleite ist! Nur kein Neid! – Zurufe von der FDP: Hört! Hört!)


Deswegen mein Rat: Fangen Sie einfach einmal bei
sich an!


(Klaus Barthel [SPD]: Oje!)


Machen Sie das Ganze doch transparent. Schreiben Sie
auf jede Ihrer Publikationen oben drauf, dass sie der
SPD gehört. Dann wissen die Leser wenigstens, was da-
rin steht oder warum es darin steht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Ist transparent! Kann man alles nachlesen!)


Ich würde an Ihrer Stelle erst einmal bei mir selbst an-
fangen, bevor ich mit dem Finger auf andere zeige.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Nazis wollten uns enteignen, die Kommunisten, und Sie jetzt auch!)


– Ich will Sie doch nicht enteignen. Ich will nur, dass die
Leser wissen, wer der Urheber des ganzen Unsinns ist,
der teilweise darin steht. Nur darum geht es mir.


(Klaus Barthel [SPD]: Kann man alles nachlesen!)


Lassen Sie mich zum Schluss noch einige grundsätz-
liche Bemerkungen zum Wettbewerb in der Daseinsvor-
sorge machen.


(Klaus Barthel [SPD]: Schwacher Entlastungsangriff!)


Der Wettbewerb in der Daseinsvorsorge ist auch eine
zentrale Forderung und die Grundvoraussetzung für sin-
kende Preise. In diesem Zusammenhang mache ich Ih-
nen klar: Das, was wir fordern, ist kein Etikettenschwin-
del in dem Sinne, dass ein öffentliches Unternehmen
jetzt in eine private Rechtsform gegossen wird und das
Ganze dann als Privatisierung läuft. Vielmehr interes-
siert uns auch hier der Wettbewerb, weil auch hier nur
der Wettbewerb zu günstigen Preisen führt.

Ihre Vorgehensweise – vor allem in den Ländern unter
SPD-Verantwortung –, bei den Wasserbetrieben Minder-





Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) (C)



(D)(B)


heitsbeteiligungen an Unternehmen der Daseinsvorsorge
in private Hand zu geben, ohne Wettbewerb zu schaffen,
ist ein sozialdemokratisches Modell des Wettbewerbs;
das ist nicht unseres.


(Klaus Barthel [SPD]: Sie wollen sogar an die Kommunen heran, Herr Lindner! Sagen Sie es doch!)


Dieses Modell würde überhaupt nur Sinn machen, wenn
hier durch eine Vergabe dafür gesorgt würde, dass die öf-
fentlichen Ansprüche gedeckt werden.

Das gilt übrigens auch bei den Krankenkassen. Die
Qualität des Produkts wird durch Aufsicht und die Regu-
lierung erreicht, aber nicht durch die Tatsache, dass das
Ganze durch öffentlich Bedienstete ausgeführt wird. Das
bringt überhaupt nichts. Man merkt es aber: Jedes Mal,
wenn es um Ihre heiligen Kühe, die öffentlichen Unter-
nehmen, geht – das war auch bei der Kollegin Lötzer so –,
dann kreischen Sie auf und nennen das Ganze „Überre-
gulierung“.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist ja der Sozialstaat! Das haben Sie nicht begriffen! Daseinsvorsorge!)


– Herr Heil, das hat mit dem Sozialen doch gar nichts zu
tun. Das Soziale kommt dann ins Spiel, wenn im Rah-
men des Wettbewerbs vernünftige Leistungen zu günsti-
gen Preisen angeboten werden.


(Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Art. 20 Grundgesetz!)


Schauen Sie sich einmal Ihren Sozialstaat hier in Ber-
lin an, wo Ihre Partei dafür sorgt, dass beispielsweise im
Bereich der S-Bahn ein Monopol quasi zementiert wird!
Anstatt hier Leistungen zu vergeben und öffentlich aus-
zuschreiben, sorgen Sie dafür, dass immer wieder der-
selbe Anbieter die Leistungen anbietet, und wundern
sich, dass diese Leistungen dann eben nicht mehr ad-
äquat sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718501300

Herr Lindner, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1718501400

Ganz zum Schluss mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsi-

dent, ein Satz zum Thema Ministererlaubnis. Sie versu-
chen immer wieder, die Belange der Exekutive und die
der Legislative zu mischen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718501500

Herr Lindner, nein, Sie müssen jetzt zum Schluss

kommen, bitte.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1718501600

Das sind klassische Einzelfallentscheidungen, und

das werden sie auch bleiben.

Ich freue mich auf die Beratungen und wünsche Ihnen
ein schönes Wochenende.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718501700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elvira Drobinski-

Weiß von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1718501800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Sehr verehrte Damen und Herren! Aus Ver-
brauchersicht enthält dieser Regierungsentwurf, Herr
Minister, nur Placebos. Wirksame Mittel für den Ver-
braucher sind im Vorschlag dieser Bundesregierung
nicht enthalten; Sie täuschen das nur vor.

So wollen Sie zum Beispiel den Verbraucherverbän-
den ein Klagerecht einräumen, wie es das für Unterneh-
mensverbände schon seit der 7. GWB-Novelle gibt. Das
ist gut; denn damit greifen Sie einen Vorschlag der rot-
grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2005 wieder auf.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Damals hatten Sie das Verbandsklagerecht für Verbrau-
cherverbände im Vermittlungsverfahren wieder heraus-
geworfen. Ich hoffe nun, dass das nicht wieder passiert.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Dennoch ist das Klagerecht ein Placebo; denn wir alle
wissen inzwischen, dass die Klagebefugnis allein nicht
reicht. Der Vergleich mit dem Klagerecht der Unterneh-
mensverbände und den ähnlich gestalteten Regelungen
im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zeigt: Das
Klagerecht allein ist noch kein wirksames Mittel.

Stattdessen müssen wir erstens Anreize schaffen, so-
dass die Verbraucherverbände das Klageinstrument auch
nutzen. Wenn der Vorstand einer Verbraucherzentrale
auf der Grundlage des Regierungsentwurfs versuchen
würde, die zulasten der Verbraucher erlangten Vorteile
bei einem Unternehmen abzuschöpfen, bringt es ihn in
die Nähe einer Untreuehandlung; denn das Prozessrisiko
trägt allein seine Verbraucherzentrale. Das kann für die
Verbraucherzentrale sehr schnell zu Kosten im fünfstelli-
gen Bereich führen. Gewinnt die Verbraucherzentrale,
muss sie die abgeschöpften Unrechtsgewinne an die
Bundeskasse abführen. Warum also sollte sie klagen?

Der Bundesrat schlägt deshalb vor, ein Sondervermö-
gen zu bilden, in das die abgeschöpften Vorteile fließen
sollen. Damit könnten die Arbeit der Verbraucherzentra-
len und die Prozessrisiken finanziert werden. Wir haben
bereits vor zwei Jahren gefordert, die abgeschöpften Un-
rechtsgewinne mit demselben Ziel der Deutschen Stif-
tung Verbraucherschutz zur Verfügung zu stellen. Klar
ist: Auf gar keinen Fall dürfen die Unrechtsgewinne
beim Unternehmen verbleiben; denn Wettbewerbsver-
stöße dürfen sich nicht lohnen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Das Kaffeerösterkartell, das im Jahr 2009 vom Kar-
tellamt aufgedeckt wurde, hat bei den Verbrauchern nach
Schätzungen der Verbraucherverbände einen Schaden
von rund 4,8 Milliarden Euro verursacht. Die verhängten





Elvira Drobinski-Weiß


(A) (C)



(D)(B)


Kartellbußen betrugen dagegen nur 159,5 Millionen
Euro. Also haben sich die Preisabsprachen selbst nach
Abzug der Bußgelder doch für die Kaffeeröster gelohnt.

Zweitens müssen im parlamentarischen Verfahren die
Voraussetzungen für eine Vorteilsabschöpfung refor-
miert werden. Bisher muss den Kartellsündern Vorsatz
oder Fahrlässigkeit nachgewiesen werden. Das ist eine
so hohe rechtliche Hürde, dass es weder die Verbände
noch das Kartellamt bisher gewagt haben; Kollegin
Andreae hat bereits darauf hingewiesen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Bundes-
kartellamt macht gute Arbeit. Gerade im Konsumgüter-
bereich hat es in letzter Zeit eine Reihe von Kartellen
aufgedeckt. Auf die Ergebnisse beispielsweise der Sek-
toruntersuchung im Bereich des Lebensmitteleinzelhan-
dels sind wir schon sehr gespannt. Ich glaube, dass sich
öffentliche Rechtsdurchsetzung durch das Kartellamt
und private Rechtsdurchsetzung durch die Verbraucher-
verbände sinnvoll ergänzen können. Hinweise, die bei
den Verbraucherzentralen eingehen, sollten vom Kartell-
amt stärker genutzt werden, und dessen Arbeit kann von
den Verbraucherverbänden sinnvoll für Klagen auf Un-
rechtsgewinnabschöpfung genutzt werden.

Im Dezember 2009 hat die Bundesministerin Aigner,
die für den Verbraucherschutz zuständig ist, einen guten
Vorschlag gemacht. Ein Teil der Kartellbußgelder soll
den Verbraucherverbänden zur Finanzierung ihrer Arbeit
zufließen. Dieser Ankündigung der Ministerin sind lei-
der – wie so oft – keine Taten gefolgt. Unsere Anträge
dazu in den Haushaltsberatungen vergangener Jahre
wurden von der Koalition regelmäßig abgelehnt, obwohl
das Kartellamt gerade bei den Konsumgütern besonders
aktiv war. Der Bundesrat hat unsere Forderung in seiner
Stellungnahme aufgegriffen und gefordert, dass 20 Pro-
zent der Bußgelder zur Finanzierung der Verbraucherar-
beit verwendet werden. Ich fordere die Koalition auf,
sich diesem Vorschlag anzuschließen. Wenn Sie das tun,
Herr Nüßlein, können wir Sie dafür loben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wirtschaftspolitik sorgt für fairen Wettbewerb und
verhindert den Missbrauch von Marktmacht; das ist so-
gar schon einmal bei der FDP angeklungen. Unter einem
solchen Missbrauch leiden die Verbraucher, die Produ-
zenten, die Zulieferer, die Beschäftigten und die Um-
welt. Gute Wirtschaftspolitik richtet sich gegen unfaire
Produktionsbedingungen und intransparente Märkte.
Gerade im Lebensmittelbereich – sogar die FDP hat das
schon festgestellt – beobachten wir, welche Folgen die
Nachfragemacht weniger Lebensmittelhandelsketten
hat. Im Gesetzentwurf vermissen wir dazu Vorschläge.
So wollen wir eine Ombudsstelle einrichten, die zwi-
schen Herstellern und Handel schlichten soll. In einer
Anhörung des Verbraucherausschusses haben sich alle
Experten für eine solche Ombudsstelle ausgesprochen.
Ich bin gespannt, sehr verehrter Herr Minister, liebe Kol-
leginnen und Kollegen von der Koalition, ob Sie unseren
diesbezüglichen Vorschlag aufgreifen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718501900

Jetzt hat das Wort der Kollege Dr. Matthias Heider

von der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Matthias Heider (CDU):
Rede ID: ID1718502000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! So wie die Debatte heute
morgen verläuft, scheint es nicht zu schaden, wenn wir
uns noch einmal das Grundanliegen des GWB vor Au-
gen führen. Gerade kam die Bemerkung, dass die bayeri-
sche Sichtweise hier nicht richtig sei. „Wohlstand durch
Wettbewerb“, schreibt Ludwig Erhard


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das war ein Franke! Guter Mann!)


in seinem Buch Wohlstand für alle im Jahr 1957, genau
in dem Jahr, in dem das Gesetz gegen Wettbewerbsbe-
schränkungen von diesem Hause beschlossen worden
ist.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ludwig Erhard war ein Bayer!)


Erhards Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft auf Ba-
sis der Wettbewerbswirtschaft gilt auch heute noch.

Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es, im Interesse
aller Unternehmen, unabhängig von Größe und Rechts-
form, einen möglichst uneingeschränkt funktionierenden
Wettbewerb zu gewährleisten. Davon profitieren auch
die Verbraucher. Funktionierender Wettbewerb ist eine
wesentliche Voraussetzung für Wachstum und Beschäfti-
gung. Wettbewerb fördert Innovation, optimale Ressour-
cenverteilung und begrenzt wirtschaftliche Macht. Dass
wir nunmehr im Bundestag bereits über die achte No-
velle zum GWB beraten, zeigt, dass das Prinzip, das vor
55 Jahren Geltung erlangt hat, nach wie vor Maßstab un-
seres wirtschaftlichen Handelns ist und dass auch wett-
bewerbliche Rahmenbedingungen von Zeit zu Zeit ange-
passt werden müssen. Das tun wir, indem wir mit dieser
Novelle Fusionskontrolle, Missbrauchsaufsicht, Buß-
geldvorschriften und Kartellverfahren auf den neuesten
Stand der Rechtspraxis bringen und europakonform aus-
gestalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die achte Novelle, Herr Kollege Barthel, bringt zum
einen deutliche Verbesserungen mit sich und behält zum
anderen bewährte Instrumente und Vorschriften bei. Ich
will mich auf einige konzentrieren und durchaus am An-
fang einen technischen Aspekt nennen, nämlich den
Übergang vom Marktbeherrschungstest zum sogenann-
ten SIEC-Test im Fusionskontrollverfahren. Hiernach
wird künftig maßgeblich sein, ob ein Zusammenschluss
bereits eine „erhebliche Behinderung wirksamen Wett-
bewerbs“ darstellt. Das bislang geltende Kriterium der
Marktbeherrschung wird beibehalten. Dass die Einzel-
marktbeherrschungsschwelle auf 40 Prozent angehoben
wird, entspricht mittlerweile der wirtschaftlichen Reali-
tät. Ich halte eine Anhebung der Schwelle für die kollek-
tive Marktbeherrschung für diskussionswürdig. Das





Dr. Matthias Heider


(A) (C)



(D)(B)


sollte in unseren Ausschussberatungen Berücksichtigung
finden.

Neben der Ausgestaltung der Untersagungskriterien
sind auch die Abwägungstatbestände zu berücksichti-
gen. In diesem Zusammenhang halte ich es für sinnvoll,
weiterhin an den praxisbewährten Instrumenten der Ab-
wägungs- und Bagatellklausel sowie der Ministererlaub-
nis festzuhalten. Frau Kollegin Andreae, Ministererlaub-
nis ist exekutives Handeln. Ich glaube nicht, dass unser
Haus eine solche Entscheidung an sich ziehen sollte.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenigstens das ganze Kabinett!)


Lassen Sie uns einen Blick auf den Antrag der Grü-
nen zum Thema missbrauchsunabhängiges Entflech-
tungsinstrument werfen. Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen von den Grünen, in Ihrem Antrag zur GWB-
Novelle fordern Sie die Bundesregierung auf, als Ultima
Ratio ein Entflechtungsinstrument einzuführen, selbst
wenn überhaupt kein Missbrauch vorliegt. Sie verweisen
auf das entsprechende Sondergutachten der Monopol-
kommission, allerdings nur lückenhaft.

Dazu einige Bemerkungen. Erstens sieht die Mono-
polkommission die Implementierung einer sogenannten
objektiven Entflechtungsregel ausdrücklich nicht als
vordringliche Maßnahme an. Zweitens macht die Mono-
polkommission hinreichend deutlich, dass mit einer ob-
jektiven Entflechtung auch immer die Gefahr verbunden
ist, dass Unternehmen alleine wegen der Existenz eines
solchen Instruments Investitionen und Innovationen un-
terlassen werden, um dem Risiko einer Entflechtung zu
entgehen.


(Klaus Barthel [SPD]: Aber Sie haben das Zeug doch in den Koalitionsvertrag geschrieben!)


Ich frage Sie: Wollen Sie in der jetzigen wirtschaftlichen
Lage wirklich, dass die Investitions- und Innovationsbe-
reitschaft deutscher Unternehmen dadurch gehemmt
wird?


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr quer gedacht!)


Das fördert bzw. schützt den Wettbewerb wohl kaum.
Drittens verweist die Monopolkommission darauf, dass
Rationalisierungsvorteile zunichtegemacht und Größen-
und Verbundvorteile gefährdet werden. Diesen Nachtei-
len, so die Monopolkommission – man höre! –, könne
durch Kompensationszahlungen aus öffentlichen Mitteln
begegnet werden. Auch das scheint mir wenig markt-
konform zu sein, und unsere Haushalte sind eh schon be-
lastet genug.

Meiner Ansicht nach birgt eine nicht austarierte und
vorschnelle Ausgestaltung eines missbrauchsunabhängi-
gen Entflechtungsinstruments die Gefahr,


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Kartellverfahren, Herr Heider?)


dass wir gegen die eingangs genannten ordnungspoliti-
schen Leitbilder unserer Wirtschaft verstoßen; denn der

Anknüpfungspunkt ist gerade nicht wettbewerbsschädli-
ches Fehlverhalten. Mit den in Ihrem Antrag genannten
Maßnahmen werden auch Fälle erfasst, in denen sich er-
folgreiches Unternehmenswachstum widerspiegelt. Ich
begrüße es daher sehr, dass das Instrument der objekti-
ven Entflechtung zum jetzigen Zeitpunkt nicht in den
Regelungskatalog des GWB aufgenommen wird. Die
Abhilfemaßnahmen struktureller Art hingegen sind im
vorliegenden Gesetzentwurf enthalten.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu Unter-Ein-
standspreis-Verkäufen und dem Verbot der Preis-Kosten-
Schere sagen. Eines muss klar sein: Die wenigen kartell-
rechtlichen Mittel, die wir der Preistreiberei mancher
Oligopolisten entgegenhalten können, dürfen zum Jah-
resende nicht achtlos auslaufen. Ein alle Autofahrer be-
lastender Nachahmungswettbewerb ist an den Tankstel-
len zu beobachten. Ein afrikanisches Sprichwort sagt:
„Willst du den Preis wissen, musst du über den Markt
gehen.“ Millionen von Autofahrern fahren täglich über
diesen Markt und können die Preise sehen. Beim Blick
in den Rückspiegel sehen sie meist, dass sich die Preise
schon wieder geändert haben.


(Klaus Barthel [SPD]: Und was hilft da die Transparenzstelle, bitte? – Gegenruf des Abg. Björn Sänger [FDP]: Dass man Preisabsprachen nachweisen kann!)


Insofern begrüße ich es sehr, dass die Bundesregierung
an diesen wichtigen Verbotsmöglichkeiten festhält.

Dass die vorhandenen Instrumente auch konsequent
umgesetzt werden, Frau Lötzer, zeigt sich darin, dass das
Kartellamt vor wenigen Wochen gegen die fünf großen
Mineralölkonzerne ein Verfahren wegen des Verdachts
des Preismissbrauchs eingeleitet hat.


(Klaus Barthel [SPD]: Eben auch ohne Transparenzstelle!)


Nun wird geprüft, ob der Treibstoff unter Einstandspreis
verkauft worden ist und ob für die Belieferungen freier
Tankstellen höhere Preise verlangt worden sind als bei
den eigenen Kunden. In dem einen oder anderen Antrag
wird behauptet, dass es an einer effizienten Kartellver-
folgung fehle. Angesichts dieser Vorgänge ist mir eine
solche Aussage unverständlich.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum ist dann nichts dabei herausgekommen?)


Das heißt nicht, dass es in den Missbrauchs- und Un-
tersagensverfahren keine Verbesserungsmöglichkeiten
gibt. Im eben genannten Verfahren, Frau Kollegin
Andreae, war das Kartellamt zunächst gezwungen, den
betroffenen Unternehmen förmliche Auskunftsersuchen
zuzustellen, um überhaupt belastbare Daten zu erhalten.

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass markt-
konforme Maßnahmen und Instrumente tatsächlich wei-
terentwickelt werden müssen, um effektiv vorgehen zu
können. Dazu zählt auch die Einrichtung der Markttrans-
parenzstelle beim Bundeskartellamt, die den Handel mit
Kraftstoffen durchgängig beobachten muss, um schnel-





Dr. Matthias Heider


(A) (C)



(D)(B)


ler reagieren zu können. Ein entsprechender Regierungs-
entwurf wird bereits heute im Bundesrat beraten.

Es ist richtig: Die Preise für Kraftstoffe steigen auf
lange Sicht an. Das ist ein Ärgernis für uns Verbraucher
und eine ernste Kostenbelastung für unsere Unterneh-
men. Die Bundesregierung kann die Preise aber nicht per
Verordnung einfach ändern. Das wäre Planwirtschaft.
Das ist nicht unser Modell. Unsere Aufgabe muss es
sein, strukturelle Voraussetzungen für funktionierenden
Wettbewerb zu schaffen. Das werden wir mit dieser No-
velle angehen. Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs
droht immer. Deshalb ist es Aufgabe des Staates, den
Ordnungsrahmen für den Wettbewerb von Zeit zu Zeit
neu zu schaffen.

Zum Schluss:

Wenn ein Unternehmen auf Dauer bestehen und
fortschrittlich bleiben will, gibt es nichts Schlim-
meres, als keine Wettbewerber zu haben.

Das sagte Robert Bosch, ein deutscher Unternehmer und
Erfinder. Ihm ist zuzustimmen, auch dem Entwurf dieser
Novelle.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718502100

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin

Caren Lay.


(Beifall bei der LINKEN)



Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1718502200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In einem sind wir uns hoffentlich einig: Die Ver-
braucherinnen und Verbraucher müssen im Wettbe-
werbsrecht endlich gestärkt werden;


(Beifall bei der LINKEN)


denn die Bürgerinnen und Bürger sind die Leidtragenden
von Monopolen und Preisabsprachen. Ob bei Kaffee-,
Benzin- oder Strompreisen, die Schäden für die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher sind enorm. Die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher zahlen nach Berechnungen des
Umweltbundesamts allein 10 bis 15 Milliarden Euro im
Jahr zu viel an die Stromkonzerne. Ich finde, das kann
man so nicht hinnehmen. Das ist wertvolles Geld, das
den Bürgerinnen und Bürgern im Portemonnaie fehlt.
Das müssen wir endlich angehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit dem Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, wird
das leider nicht geändert. Dieser Gesetzentwurf ist reine
Symbolpolitik. Dieser Gesetzentwurf ist einfach nur Au-
genwischerei. Ich will Ihnen das an einigen Beispielen
erläutern:

Erstens: die angebliche Stärkung der Verbraucherver-
bände im Kartellrecht. Die Verbraucherverbände selbst
sagen, dass durch diesen Gesetzentwurf kein messbarer
Fortschritt zu erwarten ist. Das sollte Ihnen zu denken
geben. Die Möglichkeiten, die Sie den Verbraucherver-

bänden einräumen, werden nicht greifen. Wir wissen
doch, dass das in der Realität so nicht funktioniert. Die
Beweislast soll bei den Verbraucherverbänden liegen.
Die Schäden sollen sie selbst ermitteln. Das ist doch völ-
lig unrealistisch. Das ist unpraktikabel. So funktioniert
das einfach nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Eines ist für uns als Linke völlig klar: Wenn es Preis-
absprachen und Kartellverstöße gibt, zahlen die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher Milliarden Euro zu viel.
Dieses Geld aus Unrechtsgewinnen müssen die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher in vollem Umfang zurücker-
halten.


(Beifall bei der LINKEN)


Bisher stehen die Bußgelder – dieses Beispiel ist
schon genannt worden – in keinem Verhältnis zu den
Unrechtsgewinnen der Unternehmen. Beispiel Kaffee:
Geschätzt 4,8 Milliarden Euro haben die Unternehmen
aufgrund des Kaffeerösterkartells zu viel verdient. Die
Bußgelder betrugen gerade einmal 160 Millionen Euro.
Das steht in keinem Verhältnis. An diese Regelungen
müssen wir endlich heran. Wir als Linke sagen gemein-
sam mit dem vzbv: Wir wollen dieses Geld in vollem
Umfang zurückfordern.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde, dass dieses Geld nicht einfach in das Staats-
säckel wandern sollte. Es sollte, wann immer es geht,
den Verbraucherinnen und Verbrauchern individuell zu-
gutekommen. Für die Fälle, in denen das nicht möglich
ist, hat Ministerin Aigner einen durchaus interessanten
Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt: Dieses Geld aus den
Kartellstrafen soll der Verbraucherarbeit zugutekom-
men. Das wären trotz der gerade skizzierten laschen Re-
gelung in den letzten zehn Jahren immerhin 1 Milliarde
Euro gewesen. Das sind für uns Verbraucherschützer
ganz utopische Summen. Die Verbraucherministerin ist
leider ihrem Ruf als Ankündigungsministerin wieder ge-
recht geworden. Ich hätte mich gefreut, wenn sie zumin-
dest an der heutigen Debatte, in der es ja um die Ver-
braucherrechte geht, teilgenommen hätte.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ach, komm!)


Ein letztes Beispiel: die Strompreise. Sie schlagen
vor, bestehende Regelungen zu verlängern. Ich sage:
Das wird es nicht bringen; denn es hat auch schon in den
letzten Jahren nicht funktioniert. In den letzten Jahren
hat die Missbrauchsaufsicht den enormen Anstieg der
Strompreise nicht eindämmen können. In den letzten
zehn Jahren haben sich die Strompreise verdoppelt. Im
gleichen Zeitraum haben die vier Energieriesen über
100 Milliarden Euro Gewinne eingestrichen. Deswegen
sage ich hier ganz klar: Das Problem ist nicht der Miss-
brauch, sondern das Problem sind die vier großen Ener-
gieriesen, die den gesamten Markt beherrschen, die den
Verbraucherinnen und Verbrauchern das Geld aus der
Tasche ziehen und das eigene Säckel damit füllen. Das
ist der Regelfall auf dem Strommarkt. Dieses Problem
müssen wir endlich angehen.





Caren Lay


(A) (C)



(D)(B)


Wir als Linke sagen: Wir brauchen eine staatliche
Preisaufsicht. Wir wollen diese Konzerne auch entflech-
ten. Mit diesem Gesetzentwurf kommen wir bei der Ent-
flechtung keinen Schritt voran. Dieser Gesetzentwurf
dient nicht dem Verbraucherschutz, er dient bestenfalls
der Verbrauchertäuschung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh, Frau Lay!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718502300

Jetzt hat das Wort die Kollegin Birgitt Bender von

Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1718502400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem

vorliegenden Entwurf soll das Kartellrecht auf das Ver-
hältnis der Krankenkassen untereinander ausgedehnt
werden. Da stellt sich die Frage: Passen Kartellrecht und
das Sozialgesetzbuch V eigentlich zusammen? Die Ant-
wort heißt Ja, wenn es um die Vergabe öffentlicher Auf-
träge geht, etwa bei Rabattverträgen. Die Antwort heißt
auch Ja, wenn es um das Verhältnis von Krankenkassen
und Leistungserbringern geht, auch wenn Handwerk und
Krankenhäuser da noch Nachbesserungsbedarf sehen.
Die Antwort heißt vielleicht Ja, wenn es um das Verhält-
nis der Krankenkassen zu ihren Versicherten geht und
wir über Verbraucherschutz reden. Auch Krankenkassen
sind keine Heiligen. Wir hören von den Verbraucher-
schutzverbänden, dass Kassen zunehmend in der
Akquise zu Cold Calls greifen, nicht auf die Rechte der
Versicherten bei der Einführung von Zusatzbeiträgen
hinweisen oder gar versuchen – wir alle wissen, dass
dies geschieht –, unliebsame Versicherte abzuschrecken.

Die Antwort lautet aber klar Nein, wenn das Kartell-
recht auf die Beziehungen zwischen den Krankenkassen
ausgeweitet werden soll. Was steht denn im SGB V?
Krankenkassen sind zur Zusammenarbeit verpflichtet.
Gleichzeitig soll ihnen das durch das Kartellrecht nun
wieder verboten werden. So etwas nennt man politische
Schizophrenie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Klaus Barthel [SPD])


Man kann es auch anders ausdrücken: Die Regierung
fordert von den Kassen die Quadratur des Kreises. Nor-
menklarheit, Herr Minister Rösler, sieht anders aus. Die
FDP redet ja gerne von Bürokratieabbau, aber hier füh-
ren Sie sowohl bei der Aufsicht als auch bei den Rechts-
wegen Doppelzuständigkeiten ein. Die Folgen werden
ständige Abgrenzungsprobleme und ständige Rechtsun-
sicherheit sein.

Das Ergebnis lautet dann: mehr Staat statt mehr Wett-
bewerb. Denn dann muss man wieder vorschreiben, dass
die Kassen etwa bei regionalen Versorgungskonzepten
zusammenarbeiten dürfen oder gar müssen. Das sieht
auch Herr Singhammer so. Leider reden Sie heute nicht.
Das ist schade, Herr Singhammer, Sie hätten von uns
wahrscheinlich viel Beifall erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das hätte ich sehen wollen! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gefallene Helden!)


Warum nun diese Nacht-und-Nebel-Aktion zweier
FDP-Minister? Es scheint ja so, dass dem Bundeskartell-
amt die Arbeit ausgeht, weil immer mehr Zuständigkei-
ten von der EU wahrgenommen werden. Soll das jetzt
also eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zulasten der
Krankenkassen sein, oder will das Wirtschaftsministe-
rium Kontrollbefugnisse über das Gesundheitswesen er-
langen, um die Privatisierung des Gesundheitswesens
voranzutreiben, für die Sie ja nicht einmal in Ihrer Koali-
tion eine Mehrheit haben? Solch eine Politik durch die
Hintertür ist überhaupt nicht akzeptabel.

Wir brauchen spezifische Wettbewerbsregeln im So-
zialrecht. Man muss einmal über das Verhältnis zwi-
schen Kollektiv- und Selektivverträgen reden und über
die unterschiedlichen Aufsichten in Bund und Ländern.
Dort besteht Reformbedarf, aber die Regierung traut sich
nicht, dies anzugehen. Stattdessen agieren Sie hier aus
rein ideologischen Gründen an der völlig falschen Stelle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1718502500

Jetzt hat das Wort der Kollege Dr. Karl Lauterbach

von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Oh! Will der uns jetzt etwas über Wettbewerb erzählen?)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1718502600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Anwendung des Kartellrechts auf die Kran-
kenkassen


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Ist gut!)


ist ein großer Schritt in die falsche Richtung.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nein! Ganz und gar nicht!)


Ich versuche, das, bevor ich es kritisiere, zunächst ein-
mal zu erläutern, sodass wir überhaupt wissen, worüber
wir reden.

Erstens bedeutet dies, wie eben schon von Frau
Bender dargestellt, dass viele Initiativen der Kranken-
kassen, die derzeit gemeinsam durchgeführt werden,
dann nicht mehr möglich sind. Die Krankenkassen sind
dann nämlich Teilnehmer im Wettbewerb und nicht
mehr Agenten der Versicherten. Das hat zum Beispiel
zur Folge, dass Zusammenschlüsse von Krankenkassen,
in deren Rahmen sie gemeinsam Kliniken bewerten, Re-
gister zur Qualität bestimmter Eingriffe erstellen oder
die Vorbeugung organisieren, zum Beispiel die Krebs-
vorsorge durch Mammografie- und Darmkrebs-Scree-
nings, dann nicht mehr möglich sein werden, wenn nur





Dr. Karl Lauterbach


(A) (C)



(D)(B)


eine Krankenkasse nicht mitmacht. Diese kann dann
nämlich auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts gegen
den Verbund der anderen klagen. Auch die privaten
Krankenversicherungen, die nicht mitmachen dürfen,
zum Teil qua Gesetz, könnten dann klagen, weil sie ei-
nen Wettbewerbsnachteil gegenüber den gesetzlichen
Kassen haben. Das muss man zu Ende denken.

Herr Rösler – es würde sich vielleicht lohnen, eine
Sekunde zuzuhören –, Sie höhlen damit einen großen
Teil des Qualitätswettbewerbs zugunsten der Versicher-
ten aus, ohne dass irgendjemand etwas davon hat.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD] und Ulla Lötzer [DIE LINKE])


Wozu brauchen wir ein Recht, das die Qualitätskontrol-
len in unserem Gesundheitssystem und die Initiativen
der Kassen zur Vorbeugung zurückfährt und schwächt,
statt sie, was sich der Verbraucher eigentlich wünscht, zu
stärken?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens wird die Anwendung des Kartellrechts auf
die Krankenkassen darauf hinauslaufen, dass unser Ge-
sundheitssystem teurer wird. Denn das eine oder andere,
was derzeit zur Preissenkung beiträgt, wird dann schwe-
rer oder nicht mehr möglich sein. Ich denke hier zum
Beispiel an die Festbetragsregelungen für Arzneimittel.
Festbeträge sind Regelungen zugunsten der gesetzlichen
Krankenkassen. Für die privaten Krankenversicherun-
gen gelten diese Festbeträge aber nicht. Sie hätten dann
ein Klagerecht. Wenn sich eine einzelne Kasse nicht an
der Festbetragsregelung beteiligen will, dann bestünde
plötzlich die Möglichkeit, die Festbetragsregelung kom-
plett auszuhöhlen. Das hätte erhebliche Zusatzkosten zur
Folge, ohne dass der Verbraucher in irgendeiner Weise
davon profitiert.

Das Gleiche gilt übrigens auch für die Hilfsmittelvor-
gaben. Preisvorgaben für Hilfs- und Heilmittel, die der-
zeit eingehalten werden, sind freiwillige Absprachen der
Krankenkassen. Sie senken derzeit das Preisniveau unse-
rer Versorgung und sichern die Qualität, weil sie immer
mit Qualitätsvorgaben einhergehen. Auch das wäre dann
nicht mehr möglich. Somit würde das System teurer.

Auch Rabattverträge für Kassengruppen wären dann
nicht mehr möglich. Die AOK als Einzelkasse könnte
zwar noch einen Rabattvertrag abschließen, weil sie ein
Unternehmen ist. Würden sich mehrere kleine Kassen
zusammenschließen, dürften sie das aber nicht; dies
würde dann nämlich einen Verstoß gegen das Wettbe-
werbsgesetz darstellen. Man muss sich fragen: Wer hat
daran ein Interesse? Ich meine, dass das wahrscheinlich
nicht zu Ende gedacht ist; denn dadurch wird der Wett-
bewerb, den wir gemeinsam stärken wollen, geschwächt.

Drittens. Auch das EU-Kartellrecht kommt hier sofort
zum Tragen. Wo in Deutschland das deutsche Kartell-
recht gilt, gilt sozusagen im überregionalen Bereich das
EU-Kartellrecht. Das bedeutet, dass wir einen Teil unse-
rer Gesundheitspolitik nach Europa verlagern. Wer kann
daran ein Interesse haben? Wer kann zum Beispiel ein
Interesse daran haben, dass Europa eine Handhabe hat,

den Leistungskatalog, den wir den gesetzlichen Kran-
kenkassen vorgeben, auszuhöhlen?


(Klaus Barthel [SPD]: Dienstleistungsrichtlinie aus Brüssel!)


Er ist die Grundlage unseres Solidarsystems. Ist das
wirklich zu Ende gedacht? Wo ist an dieser Stelle die
CSU, die sich immer wehrt, wenn es um die Verlagerung
von Kompetenzen nach Europa geht?


(Klaus Barthel [SPD]: Herr Singhammer hat sich schon nach hinten gesetzt!)


Hierdurch würden doch die zentralen Bausteine unseres
Solidarsystems nach Europa verlagert, ohne dass wir ir-
gendetwas davon hätten.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wo ist der Widerstand der Union? Ich sehe hier nicht ei-
nen einzigen Gesundheitspolitiker von der Union. Ist
den Kollegen nicht klar, worum es hier geht? Ist ihnen
die Tragweite dieses Gesetzentwurfs nicht bewusst? Ich
kann daher nur davor warnen.

Wer profitiert überhaupt von diesem rein ideologisch
bestimmten Vorhaben? Es profitiert zum einen natürlich
wie immer die private Assekuranz, weil viele Wettbe-
werbsvorteile der gesetzlichen Krankenversicherung da-
mit zunichtegemacht werden.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


Zum anderen profitieren auch die Pharmaindustrie und
die Medikalprodukteindustrie.

Lassen wir uns aber nicht täuschen: Das ist ein ganz
klarer Gesetzentwurf gegen die Versicherten und gegen
die Patienten. Herr Rösler, einen solchen Gesetzentwurf
brauchen wir nicht, selbst wenn Sie ihn jetzt in Ihrer
neuen Funktion einbringen. Das haben wir nicht ver-
dient; das hat niemand verdient.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Ihre Rede haben wir nicht verdient!)


Ich komme zum Schluss. Sie haben eben relativ
schlicht, wenn mir diese Bemerkung gestattet ist, über
Ludwig Erhard und die soziale Marktwirtschaft gespro-
chen. Soziale Marktwirtschaft bedeutet: Es gibt einen
Bereich des Sozialen, in dem das Sozialrecht gilt, und es
gibt einen Bereich des Markts, in dem im Prinzip das
Kartellrecht gilt.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Na ja!)


Sie vermengen das hier in einer unzulässigen Art und
Weise. Das ist nicht die Art und Weise, in der Ludwig
Erhard darüber gedacht hat.

Man kann sich Gedanken darüber machen, ob Sie ah-
nungslos sind oder ob Sie versuchen, uns etwas vorzu-
machen. Ich persönlich bin mir nicht sicher, was schlim-
mer wäre.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Ihre Rede ist schlimmer, Herr Lauterbach!)






Dr. Karl Lauterbach


(A) (C)



(D)(B)


Ich kann nur alle, die hier sind, einschließlich der Kolle-
gen und Kolleginnen von der CSU, darum bitten: Ma-
chen Sie sich klar, was das bedeuten würde, und helfen
Sie uns, diesen Unsinn, diesen Murks gemeinsam zu ver-
hindern; denn das wäre ein Schritt, den wir nur schwer
zurückgehen könnten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1718502700

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Ernst

Hinsken das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – (Klaus Barthel [SPD]: Kommt jetzt „Lindner“ oder „Nüßlein“?)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1718502800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Als ich mich auf diese Debatte vorberei-
tete, habe ich mir gedacht: Sie eignet sich eigentlich
nicht für Polemik, sie sollte nicht ideologiebehaftet sein.
Ich habe auch nicht gedacht, dass sich verschiedene
Redner nur auf einzelne Bereiche beziehen und das
große Gemeinsame, das sich hier in dieser Novelle be-
findet, vergessen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Das können Sie ja jetzt tun!)


Es wäre deshalb angebracht, dass man sich, bevor
man sich hier ans Rednerpult begibt, genau darüber in-
formiert, was Inhalt des Gesetzentwurfs der Bundes-
regierung ist.


(Klaus Barthel [SPD]: Und was nicht!)


Verehrter Herr Kollege Barthel, ich schätze Sie persön-
lich sehr, nur: Heute haben Sie mich enttäuscht, weil das,
was Sie hier ausgeführt haben, ein bisschen daneben
war.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Herr Minister Rösler, das, was Sie gesagt haben, war
dagegen wohltuend.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und den LINKEN!)


Sie haben kurz und prägnant auf den Punkt gebracht,
was Inhalt dieser Novelle ist und was das insgesamt ge-
sehen bedeutet.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie scherzen!)


Es ist doch erfreulich und unbestritten: Das GWB hat
sich bewährt.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Es hat international anerkannte Maßstäbe gesetzt und
den Mittelstand unserer Republik einmal großgemacht.


(Klaus Barthel [SPD]: Das haben wir schon gesagt! Was lassen Sie davon übrig?)


Nach sieben Jahren steht wieder einmal eine GWB-No-
velle auf der Tagesordnung bei uns im Deutschen Bun-
destag. Ich möchte darauf verweisen – das darf ich mit
besonderer Genugtuung tun –: Bislang hatten wir bei den
Änderungen immer einen Konsens. Diese wurden immer
mit größter Sorgfalt, ohne Zeitdruck und unter Berück-
sichtigung des Rats Sachverständiger vorgenommen.


(Klaus Barthel [SPD]: Genau!)


Auch dieses Mal wollen wir die Sachverständigen hören.
Wir haben eine Anhörung anberaumt, die in der über-
nächsten Woche stattfinden wird, bevor wir in die zweite
und dritte Lesung hier im Deutschen Bundestag gehen
werden.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, verges-
sen wir doch eines nicht: Das GWB ist das Grundgesetz
der sozialen Marktwirtschaft unserer Republik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


Kapieren Sie das doch auch einmal und richten Sie sich
danach! Wettbewerb ist das Herzblut einer funktionie-
renden Marktwirtschaft. Unsere Wirtschaft und gerade
der Mittelstand brauchen ein klares Bekenntnis zur
Marktwirtschaft und zu freiem und fairem Leistungs-
wettbewerb.


(Klaus Barthel [SPD]: Sie braucht nicht Bekenntnisse, sondern vernünftige Regelungen!)


Wettbewerb reguliert sich doch nicht ganz von selbst.


(Klaus Barthel [SPD]: Eben! – Zuruf der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


Es gilt, zu verhindern, dass große Unternehmen ihre
Marktmacht schrankenlos ausspielen.


(Klaus Barthel [SPD]: Genau!)


Deshalb ist auch von mir heute ein klares Bekenntnis zur
Aufgabenstellung des Kartellamts zu hören, des Grals-
hüters des Wettbewerbs.


(Klaus Barthel [SPD]: Das ist unbestritten!)


Warum braucht man überhaupt das GWB? Erstens,
um die Freiheit des Wettbewerbs zu schützen, zweitens,
um den Erhalt eines marktwirtschaftlichen und wettbe-
werblichen Wirtschaftssystems für alle Teilnehmer zu
sichern, und drittens, um die individuelle Handlungsfrei-
heit der Marktteilnehmer zu gewährleisten und wirtschaft-
liche Macht zu begrenzen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Wen wollen Sie jetzt überzeugen?)


Die drei Säulen des Gesetzes sind erstens die Kartellbe-
kämpfung, zweitens die Fusionskontrolle und drittens
die Missbrauchsaufsicht.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Dann müssen Sie das doch auch tun!)






Ernst Hinsken


(A) (C)



(D)(B)


Ich sage das, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
weil viele Leute – auch diese Debatte wird über Phoenix
übertragen – uns zuhören, doch Verschiedene nicht wis-
sen, wie sie den Inhalt der Reden deuten sollen, weil sie
uns vielfach nicht mehr verstehen.


(Klaus Barthel [SPD]: Dann reden Sie doch zu den konkreten Problemen!)


Wir müssen deshalb schon auf den Kern der Sache kom-
men und darauf verweisen, was überhaupt Inhalt des Ge-
setzes ist.


(Klaus Barthel [SPD]: Eben! Dann sagen Sie es doch einmal!)


Das Kartellverbot und die Kontrolle von Unterneh-
menszusammenschlüssen


(Klaus Barthel [SPD]: Das sind doch alles nur Schlagworte, was Sie hier erzählen!)


dienen dazu, wettbewerbliche Marktstrukturen zu erhal-
ten und der Entstehung von Marktmacht entgegenzuwir-
ken,


(Klaus Barthel [SPD]: Schlagworte!)


und – ganz wichtig! – im Rahmen der Missbrauchsauf-
sicht wird überwacht, dass sich schon bestehende markt-
mächtige Unternehmen gegenüber anderen Marktteil-
nehmern fair verhalten.

Ich meine schon, hier besonders unterstreichen zu
können: Mit dieser Novelle bringen wir ein wichtiges
Vorhaben des Koalitionsvertrages auf den Weg. Wir hal-
ten Wort, wie das auch auf anderen Gebieten erkennbar
ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Vielleicht können wir jetzt einmal ins Detail gehen!)


Damit verbessern wir den Wettbewerbsrahmen in
Deutschland noch weiter. Schließlich ist die Reform des
GWB ein klares ordnungspolitisches Signal, um die
Wachstumskräfte am Standort Deutschland nachhaltig
zu stärken.


(Klaus Barthel [SPD]: Jetzt sagen Sie doch einmal etwas Konkretes!)


– Weil Sie es vorhin anscheinend nicht kapiert haben,
hole ich so umfangreich aus,


(Lachen bei der SPD und der LINKEN)


damit Sie den Zusammenhang erkennen und wissen, was
im Gesetzentwurf steht. Das soll allen, auch den Bürge-
rinnen und Bürgern, klar werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist vielleicht das Vorwort!)


Die Verbraucher sollen und werden davon profitieren.
Auch das wollen wir. Das wollen schließlich doch auch
Sie; das habe ich zumindest bis vor einer Stunde ge-
meint.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber Sie haben völlig danebengelangt, Herr Kollege
Barthel. Ich hätte mir gerade von Ihnen als Arbeiterfürer
der SPD


(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Richtungsweisenderes erwartet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Was ist denn überhaupt das Ziel? Mit der 8. GWB-
Novelle sollen die Unterschiede zwischen deutscher und
europäischer Fusionskontrolle verringert und der Hand-
lungsspielraum kleiner und mittlerer Presseunternehmen
angemessen erweitert sowie die Durchsetzungsmöglich-
keiten des Kartellrechts durch die Verbraucherverbände
gestärkt werden.

Es ist deshalb richtig, wenn die Bundesregierung aus
wettbewerbs- und mittelstandspolitischen Gründen da-
ran festhält, nicht nur marktbeherrschende, sondern auch
marktstarke Unternehmen mit sogenannter relativer
Marktmacht einer Aufsicht zu unterwerfen und die ent-
sprechenden Regelungen einfacher und verständlicher
zu gestalten. Das wollen wir, und das werden wir auch
bei den Beratungen und der Beschlussfassung im Aus-
schuss und im Plenum nachhaltig vertreten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Kommen Sie doch zur Sache!)


Des Weiteren erhalten Verbraucherverbände, die von
den Vorrednern mehrmals angesprochen wurden, die
Möglichkeit, Unternehmen wegen eines Kartellrechts-
verstoßes auf Unterlassung und auf Vorteilsabschöpfung
zugunsten der Bundeskasse für Schäden in Anspruch zu
nehmen, die eine Vielzahl von Verbrauchern betreffen.
Sammelklagen wollen wir aber nicht einführen. Auch
das sollte klar sein.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Zugleich erhalten die Kartellbehörden die Möglich-
keit, die Rückerstattung zu Unrecht erhaltener Zahlun-
gen, zum Beispiel bei überhöhten Preisen im Strombe-
reich, an die Verbraucher anzuordnen. Das ist gerade
jetzt ein Gebot der Stunde. Wir schalten, walten und han-
deln im Interesse des Bürgers. Das ist unser Anliegen.
Ich bin Ihnen deshalb, verehrte Frau Kollegin Andreae,
für das, was Sie hierzu sach- und fachgerecht ausgeführt
haben, dankbar.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist aber Adel! – Zurufe von der Linken: Oh!)


Zudem sind Fusionen vom Bundeskartellamt zukünf-
tig zu untersagen, wenn sie wirksamen Wettbewerb er-
heblich behindern. Die deutsche Fusionskontrolle legt
damit den gleichen Prüfmaßstab an wie die europäische.
Auf diese Weise wird erreicht, dass das Bundeskartell-
amt und die Europäische Kommission Fusionsvorhaben
weitgehend gleichlautend beurteilen. Wir wollen einen
gemeinsamen Weg gehen und sind uns bewusst: Ohne
die EU wird nichts laufen, und in der EU wird ohne





Ernst Hinsken


(A) (C)



(D)(B)


Deutschland nichts laufen. Wir wollen das Gemeinsame
in den Vordergrund stellen.

Wir werden gleichzeitig auch dafür sorgen, dass Be-
währtes wie zum Beispiel die Ministererlaubnis beibe-
halten wird. Bewährt hat sich auch die Überprüfbarkeit
von Minderheitsbeteiligungen durch das Bundeskartell-
amt, das heißt Beteiligungen, die keine vollständige
Kontrolle ermöglichen, aber einen für den Wettbewerb
relevanten Einfluss verschaffen. Dies ist der Europäi-
schen Kommission nicht möglich. Aber bei uns kann das
Bundeskartellamt damit vor allem im Bereich der Ener-
gieversorgung den Wettbewerb wirksamer schützen.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass die Si-
cherung der Presse- und Meinungsvielfalt in Deutsch-
land für uns alle unverzichtbar ist. Die Erhöhung der
Aufgreifschwelle für die Fusion von Zeitungs- und Zeit-
schriftenverlagen weitet die Erlaubnis für kleine und
mittlere Verlage aus, sich ohne Anmeldung beim Bun-
deskartellamt zusammenzuschließen. Dies fördert die
Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Verlage in
einem geänderten Medienumfeld und gewährleistet auch
eine vielfältige Presselandschaft in der Bundesrepublik
Deutschland, die wir sicherlich alle zusammen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Das tut sie eben nicht, wie wir sehen!)


Dagegen unterliegt die Übernahme kleiner Verlage
durch Großverlage weiterhin der Kontrolle durch das
Bundeskartellamt. Somit ist sichergestellt: Auch in Zu-
kunft findet im Pressebereich eine effektive Fusionskon-
trolle statt, die dessen Besonderheiten Rechnung trägt
und im Interesse der Pressevielfalt keine wettbewerbs-
schädliche Konzentration zulässt.

Das sind die Leitgedanken, die unser Handeln bestim-
men. Dafür werden wir eintreten. Um diese umzusetzen,
werden wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Wir
werden damit Sorge tragen, dass gerade das Wettbe-
werbsrecht für unsere Marktwirtschaft weiterhin von
großer Bedeutung bleibt und die Möglichkeit gibt,
Deutschland weiter nach vorne zu bringen. Genau das
haben wir uns ja insgesamt gesehen als großes Ziel ge-
setzt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1718502900

Nun hat der Kollege Wolfgang Börnsen für die

Unionsfraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1718503000

Frau Präsidentin! Lieber Ernst Hinsken, deine letzten

Ausführungen sind gut geeignet, um daran anzuschlie-
ßen. Als der dritte amerikanische Präsident, Thomas
Jefferson, gewählt wurde, sagte er in seiner Einführungs-
rede:

Wenn ich zu wählen hätte zwischen einem Land mit
Regierung, aber ohne Zeitungen, und einem Land
mit Zeitungen, aber ohne Regierung, dann würde
ich das Land ohne Regierung wählen.

Für ihn würde es also kein Land ohne Zeitungen geben.
Beides ist für uns jedoch unvorstellbar: ein Land ohne
Regierung und ein Land ohne Zeitungen. Wir wollen alle
gemeinsam, dass Deutschland weiter ein Zeitungszu-
kunftsland bleibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Klaus Barthel [SPD]: Die Frage ist, welche Regierung und welche Zeitung, Herr Börnsen! – Ulrich Kelber [SPD]: Dann ist in Deutschland ja alles gut! Zeitung, aber keine Regierung!)


Deshalb ist die Änderung des Gesetzes gegen Wettbe-
werbsbeschränkungen nicht nur ein wirtschaftspoliti-
sches Thema; sie hat auch eine enorme medienpolitische
Bedeutung.

Zu den medienpolitischen Zielen der Union zählen
die Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt und die
Schaffung der geeigneten Rahmenbedingungen. Wir alle
sind nicht weit weg von diesem Ziel. Die Rahmenbedin-
gungen sollen den Wettbewerb auf den nationalen
Medienmärkten ermöglichen und zur internationalen
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Medienanbieter
beitragen. Zwei Themen stehen aktuell im Blickpunkt
der Medienmärkte: die Pressefusionskontrolle und das
Presse-Grosso.

Es wird in den nächsten Tagen entschieden, ob wir
beim Grosso etwas gesetzlich regeln müssen. Es hat in
seiner Funktion und Form seit Jahrzehnten maßgeblich
zur Medienvielfalt in Deutschland beigetragen. Es ga-
rantiert Neutralität und Überallerhältlichkeit, Presse-
und Medienvielfalt überall in Deutschland und faire
Marktchancen für neue Titel. Das Grosso hat sich be-
währt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Dörmann [SPD])


Zwar hat es einen monopolartigen Charakter – den darf
man nicht verschweigen –, jedoch haben seine Vorzüge
für alle Beteiligten, Leser, Zeitungs- und Zeitschriften-
käufer und kleine Verlage, stets überwogen.

Grundlage dafür war die „Gemeinsame Erklärung“
von 2004.


(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Verdienstvolle Vermittlerin dieser Regelung war die da-
malige Kulturstaatsministerin Christina Weiss. Fortge-
führt wurde dies durch kluge Verhandlungen am runden
Tisch von Bernd Neumann, und wieder aufgenommen
wurde diese Idee der „Gemeinsamen Erklärung“ jetzt
durch Hans-Joachim Otto.


(Klaus Barthel [SPD]: Ja, aber was passiert jetzt?)






Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) (C)



(D)(B)


Wenn es doch noch irgendeinen Weg zurück zu dieser
„Gemeinsamen Erklärung“ gibt, sollten wir ihn gehen,
und zwar alle gemeinsam. Eine gesetzliche Regelung
des zentralen Verhandlungsmandats kann nur die letzte
aller Lösungen sein.


(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Abgesehen davon ist eine gesetzliche Regelung voller
Risiken; denn eine europarechtliche Prüfung wird erfol-
gen. Wenn spezielle Verantwortliche eines bedeutenden
Verlags nicht noch zur Einsicht finden, wird der Gesetz-
geber handeln.

Trotzdem halte ich es für zeitlich unpassend, dass
Rot-Grün heute hierzu ihren Antrag auf die Tagesord-
nung gesetzt hat; denn Ende April fand im Bundeswirt-
schaftsministerium ein runder Tisch zum Thema Presse-
Grosso statt.


(Klaus Barthel [SPD]: Ja, aber warum erst jetzt und warum ohne Ergebnis?)


Alle Streitpartner waren dabei, auch die Opposition. Da-
mals wurde einhellig vereinbart, sich vor der Sommer-
pause ein zweites Mal zu treffen, um eine gütliche Lö-
sung zu finden. Als Termin wurde von allen Beteiligten
auf Vorschlag von Hans-Joachim Otto der 28. Juni ak-
zeptiert und für gut befunden. Vor Abschluss der GWB-
Novelle sollte Klarheit geschaffen werden.

Warum also setzen SPD und Grüne heute ihren An-
trag gegen diese Absprache auf die Tagesordnung?


(Klaus Barthel [SPD]: Weil sonst überhaupt nichts passiert wäre! – Weiterer Zuruf des Abg. Martin Dörmann [SPD])


Ich glaube nicht – ich sage euch jetzt etwas Nettes –,
dass man so kleinkariert denkt und es darum geht, einen
möglichen Erfolg von Hans-Joachim Otto zu verhindern,
ihm die Show zu stehlen.


(Klaus Barthel [SPD]: Ohne diesen Antrag wäre doch nichts passiert! Das wissen Sie genau!)


Ich glaube auch nicht, dass man das Thema Presse-
Grosso einseitig parteipolitisch ausschlachten und als
Pluspunkt für sich verbuchen möchte. Nein, es geht den
beiden Oppositionsfraktionen um ihre Reputation und
darum, öffentlich deutlich zu machen, wie flexibel man
ist. 2004 verdammte Rot-Grün bei fast gleichem Sach-
verhalt ein Gesetz und pries die Verhandlungslösung.
Man wollte die „Gemeinsame Erklärung“. 2012, nur
acht Jahre später, verdammt man die Freiwilligkeit und
fordert nach dem Motto: „Unser Grundsatz ist, keinen
Grundsatz zu haben“, das Fallbeil des Gesetzgebers.
Auch beim Pressefusionsrecht – nimmt man die Länder-
auffassung dazu –


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Funktioniert doch nicht!)


huldigt die Opposition dem Zeitgeist und beschwört,
was eigentlich unnötig ist, alte Feindbilder.

Um die Verlage in unserer Republik zu stützen und zu
stärken, muss die Politik handeln.


(Klaus Barthel [SPD]: Sie hätten doch die Sache längst klären können!)


Die Verlage in unserer Republik – Sie kennen doch die
Wirklichkeit – fühlen sich durch die Googles und Apples
dieser Welt bedrängt. Nach ihrer Auffassung würden
diese international operierenden Multimediakonzerne
bei uns – das ist auch der Fall – weit weniger reguliert
als die deutschen Verlagshäuser. So weit die Kritik, und
sie trifft zu.

Die untersagte Übernahme von ProSiebenSat.1 durch
das Haus Springer war damals beispielhaft und hat diese
Situation gekennzeichnet. Deshalb ist der Reformansatz
der Bundesregierung beim Pressefusionsrecht richtig. Er
greift zwei medienpolitische Erfordernisse auf: Die für
Presseunternehmen bislang geltende Aufgreifschwelle
wird von 25 Millionen Euro auf 62,5 Millionen Euro he-
raufgesetzt.


(Zuruf der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Die Schwelle für den Bagatellmarkt wird entsprechend
von 750 000 Euro auf rund 1,9 Millionen Euro angeho-
ben. Verlagsbündnisse werden möglich. Die Wettbe-
werbsfähigkeit wird verbessert, aber marktbeherr-
schende Positionen werden durch das Bundeskartellamt
weiter verhindert.

Die neue Rechtsetzung wurde erleichtert, weil sich
der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der
Verband Deutscher Lokalzeitungen im Vorfeld abge-
stimmt und sich auf eine Lösung geeinigt haben. Dafür
gebührt ihnen Dank und Anerkennung.

Stark unterschiedliche Interessen auf einen gemein-
samen Nenner zu bringen – das wissen wir aus unserem
eigenen Alltag –, ist nicht immer einfach. Die Verleger
haben im vergangenen Herbst noch weitergehende Vor-
schläge vorgelegt. Diese betreffen zum Beispiel die
Nachbarschafts- und die Sanierungsfusion. Auch sie ver-
dienen es, von uns ernsthaft geprüft zu werden.

Die von der Bundesregierung jetzt geplanten Ände-
rungen sichern den Markt der Marken und die Medien-
vielfalt. Die Aufgreifschwelle ist seit 1976, also seit
36 Jahren, nicht mehr angepasst worden. Die geplante
Erhöhung wird nun zu einem Kaufkraftausgleich führen.
Die Verlage haben seit Jahren steigende Kosten. Es wird
aufwendig produziert. Die Inhalte sind im Internet nur
schwer refinanzierbar. Deshalb sind höhere Erträge not-
wendig. Das hilft der Medienvielfalt; denn kleine und re-
gionale Zeitungshäuser sollen nach unserer Auffassung
überleben und stark sein, und sie sollen die Meinungs-
vielfalt sichern.

Was nützt es uns, wenn Redaktionen zusammenge-
strichen werden und wenn ganze Zeitungen eingestellt
werden? Dann wird das Medienangebot für uns alle ge-
ringer. Die Vielfalt sinkt, die Konzentration steigt. Klug-
heit ist gefragt, nicht die reine Lehre!





Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) (C)



(D)(B)



(Beifall bei der CDU/CSU)


Noch ein Punkt ist uns wichtig: Wenn wir keine Re-
form betreiben, sitzen die Nutznießer in Kalifornien.
Wollen wir, dass sie den Reibach machen? Haben wir
nicht eine Verantwortung für die Pressesituation und die
Lage der Verlage in unserem Land? Bei uns müssen wir
für Reformen sorgen, damit unsere Verlage gestärkt wer-
den und die notwendige Freiheit bekommen. Ihnen wird
damit auch mit Blick auf die internationalen Wettbewer-
ber geholfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Kulturstaatsminister hat auf Veranlassung des
Deutschen Bundestages eine Studie zur Medienmei-
nungsvielfalt in Deutschland in Auftrag gegeben. Die
Resultate liegen nun vor. Sie zeigen unter anderem, dass
Google.de zur Meinungsbildung bei politischen Themen
bereits die am zweithäufigsten genutzte Einzelmarke ist.

Den Versuch, dieser Entwicklung entgegenzusteuern,
sollten wir unternehmen. Wir wollen damit die Verlage
stärken. Wir wollen den Journalismus in Deutschland
stärken. Wir wollen die Medienvielfalt garantieren, die
die Stellung unseres Landes als demokratisches Land si-
chert. Damit wollen wir einen Punkt für die Zukunft des
Zeitungsmarktes in Deutschland setzen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1718503100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/9852, 17/8541 und 17/9956 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Techno-
logie zum Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel
„Für faire Lebensmittelpreise und transparente Produk-
tionsbedingungen – Gegen den Missbrauch von Markt-
macht“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/5824, den Antrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/4874 abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Be-
schlussempfehlung mit den Stimmen der Unionsfraktion
und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion
Die Linke und der SPD-Fraktion bei Enthaltung der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag
der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen mit dem Titel „Presse-Grosso gesetzlich verankern“.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 17/9989, den Antrag der Fraktionen der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache
17/8923 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-

empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? Es tut mir leid; das Präsidium ist sich im Mo-
ment nicht einig bei der Feststellung des Abstimmungs-
ergebnisses.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was? Wo ist denn der Beck?)


Wir können noch die Gegenprobe machen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, sehr gut!)


Ich möchte noch einmal wissen: Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen?


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das Erste war eindeutig die Mehrheit!)


– Es gibt keine Einigkeit im Präsidium. Damit bitte ich
Sie alle, den Saal zu verlassen. Nach § 51 Abs. 2 unserer
Geschäftsordnung stellen wir nun das Abstimmungs-
ergebnis per Hammelsprung fest.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Unionsfrak-
tion und aus der FDP-Fraktion, ich weiß, es gibt am
Freitagmittag unheimlich viel zu besprechen. Trotzdem
bitte ich Sie, sich auf den Weg vor den Saal zu machen,
damit wir dann den Hammelsprung durchführen können.

Während die letzten Kolleginnen und Kollegen den
Weg aus dem Saal suchen, bitte ich die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu-
nehmen. Soweit ich das von hier erkennen kann, sind
noch nicht alle drei Abstimmungstüren ordnungsgemäß
besetzt.

Ich bitte um ein Zeichen, ob die Türen geschlossen
werden können oder ob noch Kollegen den Weg aus dem
Saal suchen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte
Sie, den Saal durch die Tür Ihrer Wahl wieder zu betre-
ten, damit wir das Abstimmungsergebnis feststellen kön-
nen. Die Abstimmung ist damit eröffnet.

Ich darf die Kolleginnen und Kollegen, welche noch
vor den Abstimmungstüren verharren, bitten, nun den
Saal zu betreten, damit wir das Abstimmungsergebnis
feststellen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde in
drei Minuten die Abstimmung beenden. Ich bitte die
Kolleginnen und Kollegen, die schon im Saal sind, mir
den Blick auf die Türen freizumachen. Es könnte ja sein,
dass noch eine Kollegin oder ein Kollege daran gehin-
dert wird, durch diese Türen zu gehen. Dann muss ich
ihr bzw. ihm natürlich zu ihrem bzw. seinem Recht ver-
helfen.

Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mir das Ergebnis mitzuteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schriftführerin-
nen und Schriftführer haben mir das Ergebnis der Ab-
stimmung mitgeteilt: 204 Kolleginnen und Kollegen ha-
ben mit Ja gestimmt, 7 haben mit Nein gestimmt, kein
Kollege und keine Kollegin hat sich enthalten.





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)


Das heißt, es haben 211 Kolleginnen und Kollegen an
der Abstimmung teilgenommen. Damit ist gleichzeitig
die Beschlussunfähigkeit des Deutschen Bundestages
festgestellt worden. Entsprechend § 45 Abs. 3 GO-BT
bin ich verpflichtet, nach Feststellung der Beschluss-
unfähigkeit die Sitzung sofort aufzuheben.

Das tue ich hiermit: Die Sitzung ist aufgehoben.

Ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen
und Geschäftsführer aller Fraktionen zu mir zur Bespre-
chung des weiteren Verfahrens.