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ID1718500700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/185 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ach- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (8. GWB-ÄndG) (Drucksache 17/9852) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten der Monopolkommis- sion gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Geset- zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbs- rechtlicher Sicht (Drucksache 17/8541) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele Hiller- Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für faire Lebensmittelpreise und trans- parente Produktionsbedingungen – Ge- gen den Missbrauch von Marktmacht (Drucksachen 17/4874, 17/5824) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Presse- Grosso gesetzlich verankern (Drucksachen 17/8923, 17/9989) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im Wettbewerbsrecht verankern (Drucksache 17/9956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister  BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22195 A 22195 B 22195 B 22195 C 22195 D 22196 A 22197 A 22199 C 22201 D 22203 A 22204 C 22206 C 22207 C 22209 B 22210 A 22210 D 22212 A 22214 B 22219 A 22219 D Inhaltsverzeichnis Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22195 (A) (C) (D)(B) 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 Beginn: 9.15 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22219 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Genossenschaftsgründungen erleichtern, Woh- nungsgenossenschaften stärken, bewährtes Prüfsys- tem erhalten auf Drucksache 17/9976 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aktionsplan Nanotechnologie 2015 – Drucksache 17/4485 –  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 15.06.2012 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 15.06.2012 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 15.06.2012 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 15.06.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 15.06.2012 Bülow, Marco SPD 15.06.2012 Dyckmans, Mechthild FDP 15.06.2012 Freitag, Dagmar SPD 15.06.2012 Gabriel, Sigmar SPD 15.06.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.06.2012 Goldmann, Hans- Michael FDP 15.06.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 15.06.2012 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kramme, Anette SPD 15.06.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 15.06.2012 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 15.06.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Lemme, Steffen-Claudio SPD 15.06.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 15.06.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 15.06.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.06.2012 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Ortel, Holger SPD 15.06.2012 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 15.06.2012 Roth (Esslingen), Karin SPD 15.06.2012 Schaaf, Anton SPD 15.06.2012 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 15.06.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.06.2012 Schreiner, Ottmar SPD 15.06.2012 Steinbach, Erika CDU/CSU 15.06.2012 Süßmair, Alexander DIE LINKE 15.06.2012 Wagner, Daniela BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Zapf, Uta SPD 15.06.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 15.06.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22220 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/9797 Nr. A.6 Ratsdokument 9294/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/9475 Nr. A.20 Ratsdokument 8151/12 Drucksache 17/9475 Nr. A.21 Ratsdokument 8173/12 Drucksache 17/9647 Nr. A.16 Ratsdokument 8794/12 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/9130 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2012)0058 Drucksache 17/9130 Nr. A.12 EP P7_TA-PROV(2012)0063 Drucksache 17/9130 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2012)0065 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/8227 Nr. A.45 Ratsdokument 17188/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.46 Ratsdokument 17574/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/9647 Nr. A.22 Ratsdokument 8423/12 185. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 46, ZP 5 Wettbewerbspolitik Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Georg Nüßlein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nach

    dieser linken Fundamentalkritik,


    (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Ich komme erst noch!)


    bei der das Wenigste, was Sie gesagt haben, tatsächlich
    das GWB betraf – es waren vielmehr allgemeine politi-
    sche Themen –, wieder zur Sache zurückzukehren, ist
    eine schwierige, aber notwendige Aufgabe.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich möchte vorab betonen, dass wir sicher nicht von
    der linken Seite dieses Hauses Nachhilfe bei den The-
    men Wettbewerb und Bedeutung des Wettbewerbs brau-
    chen.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Genau von hier! – Klaus Barthel [SPD]: Von wo denn sonst?)


    Wettbewerb ist die Grundlage und der Motor unserer
    Marktwirtschaft.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Das müssen Sie uns doch nicht beibringen.


    (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Deswegen machen Sie die Krankenkassen kaputt!)


    – Dazu werde ich noch etwas sagen. Warten Sie doch
    einmal ab! Vielleicht sind Sie überrascht. Zuhören ist
    manchmal erkenntnisreicher, als dazwischenzubrüllen.


    (Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


    Ich möchte vorab deutlich sagen, um welche Dimen-
    sion es hier geht. Man muss auch der Öffentlichkeit ein-
    mal darlegen, welchen volkswirtschaftlichen Schaden
    Hardcorekartelle, also Kartelle, die durch Absprachen
    Märkte aufteilen und Absatzquoten durchsetzen, anrich-





    Dr. Georg Nüßlein


    (A) (C)



    (D)(B)


    ten. Die EU schätzt den Schaden durch solche Kartelle
    auf 12 bis 24 Milliarden Euro pro Jahr.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für die machen Sie Politik, Herr Nüßlein!)


    Man kann davon ausgehen, dass durchschnittlich 20 Pro-
    zent der Umsatzerlöse durch kartellbedingte Preiserhö-
    hungen zustande kommen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Und das GWB ist jetzt die Antwort darauf?)


    – Die Antwort darauf ist, dass wir uns darüber Gedanken
    machen müssen, wie man mit Bußen, aber auch mit
    Schadensersatzforderungen diese Schäden minimiert
    und Zusatzgewinne, die erzielt werden, abschöpft.


    (Klaus Barthel [SPD]: Und was kommt dazu? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hat nur nichts mit Ihrem Gesetz zu tun!)


    Darüber werden wir im parlamentarischen Verfahren
    noch reden.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gut, dass wir darüber geredet haben! – Klaus Barthel [SPD]: Jetzt kommt die eigentliche linke Rede! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sozialismus aus Bayern!)


    – Na ja!


    (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Jetzt ist er sprachlos!)


    – Zu solchen saudummen Zwischenrufen fällt einem
    wirklich nichts mehr ein. Ganz ehrlich.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vorwärts immer, rückwärts nimmer!)


    Jedenfalls ist dieses Gesetz schon in der jetzigen
    Form geeignet, entsprechende Rahmenbedingungen zu
    schaffen, die Fusionskontrolle voranzubringen,


    (Klaus Barthel [SPD]: Davon würden wir gerne etwas merken!)


    europäischen Vorgaben besser gerecht zu werden und
    das Kartellrecht noch effizienter durchzusetzen. Ich lade
    Sie gerne ein, im parlamentarischen Verfahren mit uns
    zusammenzuarbeiten. Konstruktiv mitzuwirken ist bes-
    ser, als hier Zwischenrufe zu machen. Dann werden wir
    sehen, was wir noch tun müssen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Darauf sind wir auch gespannt!)


    Bei den Medien haben wir die größten Marktverände-
    rungen zu verzeichnen. Über diese Veränderungen hat
    auch der Minister gesprochen. Es gibt dramatische Auf-
    lagenrückgänge. Natürlich muss sich das Kartellrecht an
    der wirtschaftlichen Realität orientieren. Man muss sich
    fragen, was sich auf dem Markt tut. Herbeibeten kann
    man die Medienvielfalt nicht. Das, was sich auf dem
    Markt abspielt, resultiert aus einer anderen medialen
    Nutzung. Das Verbraucherverhalten hat sich nun einmal

    geändert. Das moderne Kartellrecht, das wir schaffen,
    wird sich dem anpassen müssen.

    Beim Pressefusionsrecht muss es darum gehen, Fu-
    sionen zuzulassen, wo sie unumgänglich sind. Das tun
    wir dadurch, dass wir die Aufgreifschwellen bei beab-
    sichtigten Fusionen im Bereich der Presse anheben, das
    also im unteren Bereich etwas leichter machen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Also die Konzentration beschleunigen!)


    Wir tun das dadurch, dass wir die Bagatellmarktklausel
    so einführen, dass wir eine Zusammenschlusskontrolle
    bei kleinen Verlagshäusern unnötig machen, weil wir se-
    hen, dass es einen riesigen Druck gibt, sich zusammen-
    zuschließen. Das haben wir nicht gern, aber das ist eben
    so. Wir werden auch noch einmal über die Frage disku-
    tieren müssen, ob wir eine Sanierungsfusion brauchen.
    Was tut man, wenn absehbar ist, dass ein Verlag im
    Markt nicht existieren kann?

    Das Nämliche gilt beim Presse-Grosso. Herr Kollege
    Barthel, Sie haben recht; ich unterstreiche Ihre Ausfüh-
    rungen dazu vollständig. Ich kann auch keinen großen
    Dissens in diesem Hause erkennen. Wir wollen dafür
    Sorge tragen, dass Medien, Journale und Zeitungen flä-
    chendeckend verteilt werden und dass kleine Verlage die
    Chance haben, in den Markt zu kommen. Dazu ist das
    Presse-Grosso, wie wir es organisiert haben, ein gutes
    Instrument, das wir erhalten, aber auch so gestalten wol-
    len, dass es auf der einen Seite weder gerichtlich noch
    europarechtlich angegriffen werden kann,


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    dass auf der anderen Seite aber so viel Flexibilität im
    System bleibt,


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha!)


    dass beim Presse-Grosso den Tatsachen Rechnung getra-
    gen werden kann, dass die Auflagen zurückgehen und
    dass man Vertriebsstrukturen an eine solche Situation
    sinnvoll anpassen muss.


    (Klaus Barthel [SPD]: Da schauen wir mal, was Sie dazu vorlegen!)


    Die Union ist an dieser Stelle ganz klar positioniert.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein Eiertanz ist das!)


    Wir wollen das auch im Rahmen dieser GWB-Novelle
    entsprechend regeln. Glauben Sie uns: Das wird uns ge-
    lingen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Da sind wir gespannt!)


    Lassen Sie mich etwas zu den Ausführungen von
    Kollege Barthel zum Benzinmarkt anmerken. Ich gehöre
    zu denen, die sagen: Lasst uns keine falschen Erwartun-
    gen wecken. Ich glaube nicht, dass das, was wir als Ge-
    setzgeber an dieser Stelle tun können, einen Beitrag dazu
    leisten wird, dass die Benzinpreise sinken.


    (Klaus Barthel [SPD]: Das haben Sie aber eben angekündigt!)






    Dr. Georg Nüßlein


    (A) (C)



    (D)(B)


    Aber wir können doch etwas dafür tun, dass die Transpa-
    renz wächst und man genauer weiß, welche Tankstelle
    zu welchem Zeitpunkt mit welchem Benzinpreis auf
    dem Markt ist. Das wird uns, wenn man die vom Minis-
    ter vorgeschlagene Markttransparenzstelle richtig ausge-
    staltet, insbesondere dadurch gelingen, dass man die
    Endpreise über das Internet publiziert.


    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sind wirtschaftliche Güter! Was ist mit kulturellen Gütern?)


    Ansonsten müssen wir alles tun, meine Damen und
    Herren, dass die freien Tankstellen, die eigentlichen
    Wettbewerber zu den großen Ketten, die Möglichkeit ha-
    ben, weiter zu existieren.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Deshalb sind die freien Tankstellen auch gegen Ihren Vorschlag!)


    Das machen wir über die Preis-Kosten-Schere sowie
    über die Frage, wer wie beliefert wird. Dass sie von den
    großen Lieferanten nicht schlechter behandelt werden
    dürfen als eigene Tankstellen, ist ganz klar. Das wird
    auch im GWB verankert bleiben. Zudem müssen wir da-
    rauf achten, dass wir im Wege der Fusionskontrolle si-
    cherstellen, dass es nicht zu einer weiteren Konzentra-
    tion in diesem Bereich kommt. Das halte ich für sehr
    entscheidend.

    Wir werden auch die Missbrauchsaufsicht für Strom
    und Gas weiter in der verschärften Art und Weise auf-
    rechterhalten; denn auch hierbei bin ich der Auffassung,
    dass der Wettbewerb noch nicht so ist, wie wir ihn uns
    alle miteinander wünschen. Deshalb macht es Sinn, dies
    aufrechtzuerhalten.

    Ich gebe ganz offen zu, Herr Minister, dass die CSU
    beim Thema Krankenkassen ausgesprochen kritisch ist.
    Bei den Krankenkassen handelt es sich nämlich nicht um
    ganz normale Unternehmen. Die Krankenkassen unter-
    liegen unserem Sozialrecht und sind vielfach sogar zur
    Zusammenarbeit verpflichtet.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Guter Mann!)


    Das heißt, wenn man hier Eingriffe vornimmt, um den
    Wettbewerb zu sichern – unstrittig ist, dass wir den Wett-
    bewerb erhalten wollen –, muss man gleichzeitig genau
    diese Zusammenarbeitsmöglichkeiten einschränken,
    weil dieses Thema im Interesse der Patientinnen und Pa-
    tienten liegt. Man kann das nicht einfach grob über den
    Kamm des Wettbewerbsrechts scheren. Vielmehr muss
    man ganz klar sagen: Bei einer Menge Dinge dient die
    Zusammenarbeit der Gesundheit der Patientinnen und
    Patienten. Deshalb werden wir auch an dieser Stelle
    noch einmal über die Frage reden müssen, wie man es
    schafft, das eine zu sichern, nämlich den Wettbewerb,
    und das andere nicht zu verhindern, nämlich die gesund-
    heitspolitisch sinnvolle Zusammenarbeit der Kassen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Da sind wir sehr gespannt! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Kämpfen müssen wir! Kämpfen!)


    Ein anderer Markt, der mir Sorgen macht, ist der Le-
    bensmittelmarkt. Da gibt es ein hohes Maß an Konzen-
    tration. Aber ich muss ganz ehrlich zugeben, dass das
    Kind da schon in den Brunnen gefallen ist. Wir hätten
    früher darüber nachdenken müssen, welche zusätzlichen
    Fusionen man hier und da, etwa im Wege der Minister-
    erlaubnis, zulässt. Ganz offen gesagt, macht es mir
    schon Sorgen, wenn ich sehe, dass nur noch vier oder
    fünf Leute in dieser Republik, nämlich die Einkäufer der
    großen Lebensmittelkonzerne, über die Frage entschei-
    den, was ich mittags auf den Teller bekomme. Deshalb
    werbe ich immer dafür, das Verbot des Verkaufs unter
    Einstandspreis zu erhalten. Ich freue mich, dass es uns
    gelungen ist, dies in diesem Gesetz zu sichern.


    (Klaus Barthel [SPD]: Wahnsinn!)


    Denn jenseits der Frage, wie scharf dieses Schwert ist,
    ist es ein deutliches Signal, dass wir uns bestimmte Vor-
    gehensweisen – insbesondere solche mit einer ethischen
    Dimension wie etwa der Umgang mit Lebensmitteln –
    nicht gefallen lassen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Das ist der Wahnsinn!)


    Insgesamt ist diese Novelle in ihren Grundlagen, die
    der Regierungsentwurf bietet, gut. Im parlamentarischen
    Verfahren wollen wir noch an der einen oder anderen
    Stelle nachbessern.


    (Klaus Barthel [SPD]: Deutlich nachbessern!)


    Da, wo es Konsens gibt, beispielsweise beim Thema
    Presse-Grosso, lade ich Sie gerne zum Mitmachen ein.
    Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dann der Kritik
    enthielten und uns gelegentlich einmal lobten. Das wäre
    einmal etwas Neues.

    Vielen herzlichen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin

Ulla Lötzer.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ursula Lötzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rösler und Kol-

    lege Nüßlein, von Ihren großen Ankündigungen, Sie hät-
    ten etwas vorgelegt, das eine Anpassung an die Entwick-
    lung des Wettbewerbs bedeutet und der Konzentration
    tatsächlich entgegenwirkt, ist in dem Entwurf überhaupt
    nichts zu spüren. Allenfalls erfüllt der Entwurf einige
    wenige minimale Anforderungen: die Anpassung des
    deutschen Rechts an die Definition von Marktmacht in
    europäischen Bestimmungen, die Formulierung von
    Prüfkriterien, juristische Vereinfachungen, Klarstellun-
    gen und bessere Systematisierungen. Auch die Erweite-
    rungen im Hinblick auf das Kartellrechtsverfahren wer-
    den von uns begrüßt.

    Angesichts der realen Probleme mit der Marktmacht
    von Konzernen in vielen Bereichen gibt es aber eine
    massive Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
    Letztlich wiederholen Sie hier das übliche Schauspiel Ih-





    Ulla Lötzer


    (A) (C)



    (D)(B)


    rer Regierungskoalition: Die Kernprobleme und Kon-
    fliktfelder werden ausgeblendet; der Rest wird mit viel
    heißer Luft zur Reform aufgeblasen. Das haben Sie hier
    heute Morgen sehr deutlich gemacht, Herr Rösler.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Diese Auffassung finden Sie auch in zahlreichen Stel-
    lungnahmen von Verbänden, Sachverständigen und so-
    gar konservativen Juristen. Lassen Sie mich einige zen-
    trale Punkte herausgreifen.

    Unternehmen erzielen, oft jahrelang, Erlöse und Ge-
    winne durch Absprachen mit Konkurrenten und zu hohe
    Preise. Festzustellen ist: Von den bisherigen Kartellstra-
    fen und Bußgeldern geht keine abschreckende Wirkung
    aus. Die Strafen sind zu gering. Es lohnt sich, gegen das
    GWB und andere Vorschriften zu verstoßen, bis man
    auffliegt. Das wird nach Ihrem Entwurf leider so blei-
    ben.

    Das gilt insbesondere für die Benzinpreise; Herr
    Nüßlein hat eben etwas dazu gesagt. Das Bundeskartell-
    amt hat festgestellt, dass die Mineralölkonzerne den
    Benzinpreis künstlich in die Höhe treiben, ohne zu for-
    malen Preisabsprachen zu greifen. Natürlich ist ein Teil
    dieser Preiserhöhungen durch steigende Nachfrage und
    durch Spekulation entstanden oder dadurch, dass die Er-
    schließung neuer Ölfelder immer teurer wird. Dass in
    dieser Situation die Mineralölkonzerne weiter ihre Ex-
    tragewinne aufgrund ihrer Oligopolstellung draufschla-
    gen können, ist umso weniger hinzunehmen – genauso
    wenig wie Ihre Untätigkeit gegenüber der Spekulation.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Nach unzähligen Rettungsschirmen haben wir es
    heute mit Finanzmarktakteuren zu tun, die noch größer
    und damit noch systemrelevanter sind als 2007. Das Pro-
    blem des „too big to fail“ ist mithilfe der zugunsten der
    Banken mobilisierten Steuermittel und Garantien bei uns
    und in Europa noch drängender geworden statt kleiner.
    Darauf geben Sie keine Antwort. Der Entwurf ist diesbe-
    züglich ein Totalausfall.

    Ähnliches gilt für die viel diskutierte Frage der Pres-
    sefusionen. Knapp 60 Prozent aller Zeitungen werden
    von zehn großen Verlagen angeboten. Die Konzentration
    steigt von Jahr zu Jahr. Sie ist nicht das Ergebnis des
    Wettbewerbs um die besten Presseprodukte, sondern
    schlicht das Ergebnis eines Verdrängungswettbewerbs,
    in dem die finanzstärksten Verlage dominieren.

    Natürlich wissen auch wir, dass weniger Konzentra-
    tion im Medienbereich nicht Garant ist für differenzierte
    Berichterstattung, Meinungsvielfalt und demokratische
    Streitkultur. Aber ohne die Sicherung einer Vielzahl un-
    abhängiger Medien ist der Anspruch darauf überhaupt
    nicht zu erfüllen. Ohne Maßnahmen gegen die Konzen-
    tration finden viele engagierte Verlage und Journalisten,
    insbesondere bei kleineren Regionalzeitungen, erst recht
    keinen Platz mehr. Stattdessen – das haben Sie beide
    deutlich gemacht – wollen Sie die Global Player im Me-
    diengeschäft auf europäischer Ebene fördern. Das ist un-
    erträglich angesichts der Bedeutung der Medien in der
    Demokratie.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Während Sie in dem einen Bereich zu wenig regeln,
    überregulieren Sie in dem anderen, bei den Krankenkas-
    sen. Diese sollen in das Kartell- und Wettbewerbsrecht
    eingebunden und damit in Zukunft wie privatwirtschaft-
    liche Unternehmen behandelt werden. Über diesen Um-
    weg wollen Sie dem gerade von der FDP lang gehegten
    Ziel einer schrittweisen Privatisierung des Gesundheits-
    wesens näher kommen.


    (Zuruf von der LINKEN: So ist das! – Zuruf von der FDP: Blödsinn!)


    Das Bundesministerium für Wirtschaft soll Kontrollbe-
    fugnisse im öffentlich-rechtlichen Gesundheitswesen er-
    halten. Krankenkassen sind nach unserer Auffassung
    keine Unternehmen. Deshalb müssen sie aus der Novelle
    herausgenommen und von Herrn Röslers Kontrollbefug-
    nissen ausgenommen werden.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Kolleginnen und Kollegen, die skizzierten Problem-
    felder sind uns allen längst bekannt. Letztlich versagt die
    Politik seit Jahrzehnten, wenn es darum geht, die Markt-
    macht von Unternehmen konkret zu begrenzen. Herr
    Rösler, trotz GWB und Fusionskontrolle auf deutscher
    und europäischer Ebene steigt die Konzentration. Ab-
    sprachen und Preiskartelle werden immer wieder aufs
    Neue aufgedeckt. Oft werden Verfahren nur durch Aus-
    sagen von Kronzeugen und Mitbewerbern möglich; Ver-
    bote werden dann ausgesprochen und Kartellrechtsstra-
    fen verhängt. Weiter bestimmen auf vielen Märkten nur
    wenige große Unternehmen über Angebotsmengen und
    Preise. Der in Ihren Reden immer wieder beschworene
    freie Wettbewerb findet nicht oder nur eingeschränkt
    statt.

    Das Problem ist: Sie gehen nicht an den Kern des Pro-
    blems heran. Marktbeherrschende Unternehmen unter-
    liegen der Missbrauchsaufsicht. Sie gehen aber nicht das
    Grundproblem der Vermachtung der Märkte mit all ihren
    sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen an.
    Seit langem verweisen Bundeskartellamt und Monopol-
    kommission darauf, dass sich der Machtmissbrauch in
    diesen Bereichen oft nicht nachweisen lässt. Deshalb
    müsste eine Entflechtung an eine marktbeherrschende
    Stellung gebunden werden – sie darf nicht erst Instru-
    ment der Missbrauchsaufsicht sein –, und genau das tun
    Sie nicht.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Weil es um Verstöße geht!)


    Die Umsetzung Ihrer vollmundigen Ankündigung,
    Herr Rösler, ein wirkungsvolles Entflechtungsgesetz in
    diesem Sinne zu formulieren, ist schlicht ausgeblieben.
    Jetzt bleibt uns bis zur Verabschiedung des vorliegenden
    Gesetzentwurfs tatsächlich nur noch der Wettbewerb um
    einen besseren Entwurf, damit Sie, Herr Nüßlein, in den
    Debatten, in den Anhörungen und im weiteren Verfahren





    Ulla Lötzer


    (A) (C)



    (D)(B)


    von der Linken lernen können, was Wettbewerb und
    Wettbewerbsförderung in einer sozialen Marktwirtschaft
    tatsächlich sind.

    Danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Volkseigene Betriebe, Frau Kollegin! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Von der DDR Wettbewerbsrecht, ja? Anständiger Fünfjahresplan statt Wettbewerb, ja, Frau Lötzer?)