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ID1718501100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/185 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ach- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (8. GWB-ÄndG) (Drucksache 17/9852) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten der Monopolkommis- sion gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Geset- zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbs- rechtlicher Sicht (Drucksache 17/8541) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele Hiller- Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für faire Lebensmittelpreise und trans- parente Produktionsbedingungen – Ge- gen den Missbrauch von Marktmacht (Drucksachen 17/4874, 17/5824) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Presse- Grosso gesetzlich verankern (Drucksachen 17/8923, 17/9989) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im Wettbewerbsrecht verankern (Drucksache 17/9956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister  BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22195 A 22195 B 22195 B 22195 C 22195 D 22196 A 22197 A 22199 C 22201 D 22203 A 22204 C 22206 C 22207 C 22209 B 22210 A 22210 D 22212 A 22214 B 22219 A 22219 D Inhaltsverzeichnis Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22195 (A) (C) (D)(B) 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 Beginn: 9.15 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22219 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Genossenschaftsgründungen erleichtern, Woh- nungsgenossenschaften stärken, bewährtes Prüfsys- tem erhalten auf Drucksache 17/9976 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aktionsplan Nanotechnologie 2015 – Drucksache 17/4485 –  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 15.06.2012 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 15.06.2012 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 15.06.2012 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 15.06.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 15.06.2012 Bülow, Marco SPD 15.06.2012 Dyckmans, Mechthild FDP 15.06.2012 Freitag, Dagmar SPD 15.06.2012 Gabriel, Sigmar SPD 15.06.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.06.2012 Goldmann, Hans- Michael FDP 15.06.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 15.06.2012 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kramme, Anette SPD 15.06.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 15.06.2012 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 15.06.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Lemme, Steffen-Claudio SPD 15.06.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 15.06.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 15.06.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.06.2012 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Ortel, Holger SPD 15.06.2012 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 15.06.2012 Roth (Esslingen), Karin SPD 15.06.2012 Schaaf, Anton SPD 15.06.2012 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 15.06.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.06.2012 Schreiner, Ottmar SPD 15.06.2012 Steinbach, Erika CDU/CSU 15.06.2012 Süßmair, Alexander DIE LINKE 15.06.2012 Wagner, Daniela BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Zapf, Uta SPD 15.06.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 15.06.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22220 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/9797 Nr. A.6 Ratsdokument 9294/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/9475 Nr. A.20 Ratsdokument 8151/12 Drucksache 17/9475 Nr. A.21 Ratsdokument 8173/12 Drucksache 17/9647 Nr. A.16 Ratsdokument 8794/12 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/9130 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2012)0058 Drucksache 17/9130 Nr. A.12 EP P7_TA-PROV(2012)0063 Drucksache 17/9130 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2012)0065 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/8227 Nr. A.45 Ratsdokument 17188/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.46 Ratsdokument 17574/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/9647 Nr. A.22 Ratsdokument 8423/12 185. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 46, ZP 5 Wettbewerbspolitik Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kerstin Andreae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Eine erstaunliche Fusion von Frau Lötzer und Herrn
    Brüderle bei der Frage eines möglichen Entflechtungs-
    instruments! Ich komme noch dazu.

    Vorab vielleicht eines: Ich finde, es ist wirklich eine
    sehr intensive und sehr fachliche Debatte, in der wir uns
    mit dieser GWB-Novelle auseinandersetzen. Ich glaube,
    dass wir im Verfahren auch noch Verbesserungen errei-
    chen, weil wir alle eine unternehmerische Landschaft
    wollen, in der es Kreativität und Flexibilität gibt, weil
    wir vermachteten Strukturen entgegenwirken wollen,
    weil wir wollen, dass nicht der Stärkere, sondern der
    Bessere die Nase vorn hat und die Verbraucher profitie-
    ren.

    Herr Rösler, ich fände es wirklich passend, wenn Sie
    dieser Debatte aufmerksamer folgten, als Sie es tun.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh!)


    – Doch! Da brauchen Sie nicht „Oh!“ zu sagen. – Herr
    Rösler, Sie haben sehr viele Kollegen im Kabinett, die
    immer dann, wenn es um Debatten zu ihrem Bereich
    geht, sehr aufmerksam dabei sind, das Parlament ernst
    nehmen und im Hinblick auf die Frage: „Welche Verbes-
    serungsmöglichkeiten und Ideen gibt es noch?“ die De-
    batte wirklich aufmerksam verfolgen. Das nehme ich bei
    Ihnen leider gerade nicht wahr. Ich hatte die letzten
    40 Minuten die Möglichkeit, Sie zu beobachten. Ich
    muss sagen: Ich würde mir mehr Aufmerksamkeit von
    Ihnen wünschen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie beobachten also 40 Minuten Herrn Rösler! Das ist ja auch interessant!)


    Der Gesetzentwurf, den die Regierung hier vorgelegt
    hat, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen, die wir brau-
    chen, um den Wettbewerb als Herz der Marktwirtschaft
    zu schützen, um wirklich faire Spielregeln aufzustellen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das Entflechtungsinstrument ist derzeit noch ein zahn-
    loser Tiger. Ich habe es gesagt: Der damalige Wirt-

    schaftsminister Brüderle hat den sinnvollen Vorschlag
    gemacht, wonach nicht der Nachweis des Missbrauchs
    durch die marktbeherrschenden Unternehmen entschei-
    dend sein sollte; vielmehr sollte allein die Tatsache, dass
    es ein marktbeherrschendes Unternehmen gibt, Anlass
    dazu geben, das Entflechtungsinstrument anzuwenden.
    Die Monopolkommission und das Kartellamt haben die-
    sen Vorschlag bekräftigt. Wider besseres Wissen ver-
    schimmelt dieser Vorschlag nun in der Schublade. Es
    wäre doch wirklich gut, wenn Sie ihn noch einmal her-
    vorholten. Was Sie jetzt praktizieren, ist ein Einknicken
    und dient weder dem Wettbewerb noch dem Markt.


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz im Gegenteil!)


    Bei der Anwendung des Entflechtungsinstruments haben
    Sie nicht den entscheidenden Schritt getan.

    Vielleicht gibt es noch Bewegung. Wir werden Ihnen
    diesen Vorschlag noch einmal unterbreiten. Wir hoffen,
    dass wir dann zumindest auf die Stimmen der FDP zäh-
    len können.


    (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Auf die FDP immer! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


    – Ich finde schon, dass Sie sich mit der Frage auseinan-
    dersetzen müssen, wie Sie dieses Entflechtungsinstru-
    ment – Sie führen immer wieder an, dass Sie wollen,
    dass es wie ein scharfes Schwert wirkt; der Minister hat
    es als Ultima Ratio bezeichnet – so anwenden, dass es
    greifen kann. Unter den jetzigen Voraussetzungen kann
    es nicht greifen; das wissen Sie im Übrigen so gut wie
    ich. Für Sie stellt sich natürlich die Frage, ob Sie hier
    nicht noch nachbessern sollten.

    Entscheidend ist, dass die verhängten Bußgelder auch
    gezahlt werden. Bisher funktioniert das ganz gut: Rund
    80 Prozent der Bußgelder, die verhängt werden, werden
    gezahlt. 2011 wurden Bußgelder in Höhe von ungefähr
    190 Millionen Euro verhängt; davon sind 162 Millionen
    Euro gezahlt worden. Nun ist Folgendes passiert: Der
    BGH hat im Jahr 2011 zwei Grundsatzentscheidungen
    gefällt. Er hat dadurch potenziellen Kartellsündern auf-
    gezeigt, wie man durch Umstrukturierungen in einem
    Unternehmen in der Lage ist, solchen Bußgeldern zu
    entgehen. Jetzt muss die entstandene gesetzliche Lücke
    geschlossen werden. Es geht zum einen um das Geld,
    das dem Bundeshaushalt nicht zufließt, zum anderen um
    die Glaubwürdigkeit des gesamten Verfahrens. Wir müs-
    sen alle Lücken schließen, die sich bei der Frage erge-
    ben, wie man Bußgelder und Kartellbescheide umgehen
    kann, damit wir als Staat deutlich machen: Uns ist es
    ernst mit Wettbewerb. Uns ist es ernst damit, vermach-
    tete Strukturen und Kartelle zu bekämpfen. Wir werden
    uns hier für den Mittelstand, für die kleinen Unterneh-
    merinnen und Unternehmer einsetzen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


    Der Schutz des Wettbewerbs ist auch Verbraucher-
    schutz. Das ist bereits erwähnt worden; wir teilen diese
    Auffassung. Der Verbraucherschutz muss daher als





    Kerstin Andreae


    (A) (C)



    (D)(B)


    Schutzzweck in das Gesetz aufgenommen werden. Es
    wäre ganz wichtig, dass Sie sich hinstellen und sagen:
    Ja, Verbraucherschutz ist Zweck des Gesetzes.


    (Beifall der Abg. Caren Lay [DIE LINKE] – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nur Frau Lay applaudiert! – Beifall der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Caren Lay [DIE LINKE])


    Die Verbraucherverbände sagen uns: Die Hürden für die
    Möglichkeiten, dem Verbraucherschutz tatsächlich nach-
    zukommen, sind nach wie vor zu hoch. Es muss nachge-
    wiesen werden, dass Absprachen getroffen worden sind.
    Ein solcher Nachweis ist nicht zu leisten. Die Gewinnab-
    schöpfungsmöglichkeit ist nach wie vor nicht gegeben.
    Wir müssen die Vorteilsabschöpfung, die man durch
    Kartellbildung hat – oft liegen die Kartellrenditen zwei-
    bis dreimal höher als die zu zahlenden Bußgelder –,
    wirklich ernst nehmen. Die Verbraucherverbände sollten
    gestärkt werden. Hier müssen wir nachbessern; sonst
    bleibt das Ganze eine Fata Morgana.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Jetzt noch ein Wort zur Frage der Ministererlaubnis
    und der Rolle des Parlaments. Es ist angesprochen wor-
    den, dass wir in der Vergangenheit mehrere Minister-
    erlaubnisse hatten. Jede zweite Ministererlaubnis ist
    übrigens gegen das Votum der Monopolkommission aus-
    gesprochen worden.


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich!)


    Ein Mal war es unter Beteiligung der Grünen, übrigens
    drei Mal unter Beteiligung der FDP. Jeder von uns hat
    also ein Päckchen zu tragen. Die Ministererlaubnis als
    Instrument muss bei der Frage nach einem überragenden
    Interesse eine Rolle spielen. Das, was wir wollen, haben
    wir in unseren Antrag geschrieben: Stärken Sie die Rolle
    des Parlaments! Die Ministererlaubnis muss erst einmal
    durch den Bundestag. Es geht nicht, dass der Wirt-
    schaftsminister allein entscheidet. Wenn Sie sich nicht
    dazu durchringen können, dass der Bundestag entschei-
    det, so sollte das ganze Kabinett über eine Ministerer-
    laubnis beschließen. Die Ministererlaubnis darf nicht al-
    lein in der Hand des Wirtschaftsministers bleiben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Also: Den Gesetzentwurf werden wir im parlamenta-
    rischen Verfahren sehr ernsthaft mit Ihnen diskutieren.
    Wir werden Ihnen Vorschläge machen. Wir haben schon
    Vorschläge in einem Antrag festgehalten. Wir finden es
    wichtig, dass hier nachgebessert wird zum Schutz des
    Wettbewerbs, den wir alle wollen, aber auch zum Schutz
    der Verbraucherinnen und Verbraucher, denen der Wett-
    bewerb nutzt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Martin Lindner

von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Jetzt kommt der AntiNüßlein!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Lindner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Kol-

    legin Andreae, das Thema, das wir hier behandeln, be-
    rührt den Kernbereich liberalen Denkens. Natürlich geht
    es – Kollege Barthel, Sie haben recht – um Ordolibera-
    lismus. Sie konstruieren hier allerdings einen Gegensatz
    zum Neoliberalismus, der einer historischen Analyse
    überhaupt nicht standhält. Der Neoliberalismus, auch
    Ordoliberalismus genannt, war in der Nachkriegszeit die
    Antwort der klassischen Lehre auf den Laisser-faire-
    Liberalismus des davorliegenden Jahrhunderts. Dieser
    wurde noch vertreten von von Mises. Die Vertreter des
    Ordoliberalismus – Müller-Armack, Eucken und
    andere – setzten dem ein Modell – jeder kann machen,
    was er will – entgegen, bei dem der Staat ein starker
    Schiedsrichter, ein starker Regelgeber ist, aber kein Mit-
    spieler. Das ist der Unterschied zu Ihrer Denklehre. Sie
    vertreten eine Denkschule, in der der Staat durch öffent-
    liche Unternehmen selbst eine starke Rolle spielt. Diese
    vertreten wir nicht. Wir bekennen uns aber zu einem
    starken Staat als Regulierer und Aufsichtsführenden
    über die wirtschaftlichen Prozesse in diesem Lande.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Dies ist in der Tat die Grundvoraussetzung, dass sich
    Wettbewerb zugunsten des Verbrauchers entwickelt. Da-
    rin stimme ich mit Ihnen vollständig überein. Der Libe-
    ralismus und hier speziell das Wettbewerbsrecht hat die
    zentrale Rolle, dem Verbraucher zu nutzen, indem er ihm
    ein möglichst breites Angebot zur Verfügung stellt und
    nicht den Markt auf Oligopole oder gar Monopole be-
    schränkt, seien sie staatlich oder privat. Hier muss ich
    sagen, dass mir das öffentliche Monopol lieber ist als das
    private Monopol. Auch dies gehört zur Wahrheit.

    Wir haben in Deutschland – das muss man klar be-
    kennen; deswegen danke ich dem Minister für die Vor-
    lage dieses Gesetzes – Entwicklungen, die durchaus
    schwierig sind und einer besonderen Beobachtung be-
    dürfen, so zum Beispiel im Einzelhandel. Man muss
    ganz klar sehen, dass es dort eine unerfreuliche Tendenz
    zu weniger dominierenden Unternehmen und herstellen-
    den Unternehmen gibt, die in ihrem Bereich durchaus
    eine Marktpotenz haben. Sie geraten dann in Schwierig-
    keiten, wenn in den Regalen nur noch ein Miniaturanteil
    angeboten wird. Dies bringt die Lebensmittelhandelsbe-
    triebe in eine sehr starke Stellung. Deswegen ist es rich-
    tig, dass wir hier vorgehen und ein starkes Gesetz behan-
    deln.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Mutig!)


    Der zweite Aspekt, den ich hier aufgreifen möchte, ist
    die Entwicklung der Mineralölpreise. Dies ist ein
    schwieriges Feld. Heute liegt der Preis für 1 Liter Rohöl





    Dr. Martin Lindner (Berlin)



    (A) (C)



    (D)(B)


    bei 49 Cent. Wenn Sie jetzt den staatlichen Anteil hinzu-
    nehmen – also die Steuern: Mineralölsteuer, Ökosteuer,
    Umsatzsteuer, Steuer auf die Steuer –, kommen Sie auf
    etwa 90 Cent. Wenn Sie das addieren, kommt man auf
    den Bereich, der in Deutschland überhaupt einer Regu-
    lierung zugänglich ist; der liegt bei etwa 20 Cent. Das
    betrifft die Raffinierung des Öls, den Vertrieb und die
    Tankstellen. Wenn Sie von dieser Summe jetzt noch die
    Positions- und Herstellungskosten abziehen, erkennen
    Sie, über welchen Bereich wir hier tatsächlich diskutie-
    ren.

    Wenn Ihnen der Vorschlag des Ministers nicht weit
    genug geht und Sie sagen: „Das reicht uns nicht“, dann
    machen Sie Vorschläge.


    (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, natürlich!)


    Es gibt ja internationale Ideen, zum Beispiel das soge-
    nannte westaustralische Modell, das sich bemerkenswer-
    terweise schon im restlichen Australien nicht durchge-
    setzt hat, weil es nichts taugt.


    (Klaus Barthel [SPD]: Haben Sie doch immer abgeblockt!)


    Es gibt das sogenannte österreichische Modell, ebenfalls
    ein Regulierungsmodell, das aber eher zur Erhöhung der
    Preise geführt hat.


    (Klaus Barthel [SPD]: Das ändert doch an dem Problem nichts!)


    Wenn Sie jetzt fordern, dass wir in diesem Bereich zu
    Entflechtungen kommen sollen, Kollege Barthel und
    Kollegin Andreae, dann müssen Sie schon sagen, was
    Sie entflechten wollen und was Sie entflechten können.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! Sie haben das angekündigt!)


    Entflechten können Sie ja nur die Kette zwischen Raffi-
    nierung, Vertrieb und Tankstelle. Ich garantiere Ihnen:
    Das wird nicht zu sinkenden, sondern zu steigenden
    Preisen führen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Sie haben das immer aufgebracht! Das steht im Koalitionsvertrag!)


    Deswegen ist es richtig, dass wir uns auf eine Markt-
    beobachtung konzentrieren. Deswegen ist das von der
    Koalition gewählte Mittel das einzig vernünftige.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das steht im Koalitionsvertrag!)


    Sie aber haben keine Vorschläge, wie immer in den De-
    batten, die wir hier gemeinsam führen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag! Das war nicht unsere Idee, Herr Lindner! Herr Brüderle hat den Unsinn angekündigt, Sie kriegen das nicht hin!)


    Im Medienbereich haben wir eine besondere Situa-
    tion, die ebenfalls unsere Aufmerksamkeit verdient.


    (Klaus Barthel [SPD]: Da fällt ihm nichts mehr zu ein!)


    Eine Medienkonzentration gibt es nur noch teilweise. In
    den meisten Regionen Deutschlands ist der Medien-
    markt im Grunde intakt. Kein Mensch kann doch be-
    haupten, dass es zu wenig Verlagsprodukte gibt. Aller-
    dings gibt es tatsächlich – Herr Barthel, spitzen Sie Ihre
    Ohren – in einigen Bereichen der Printmedien eine Kon-
    zentration; zum Beispiel dort, wo der SPD-eigene Me-
    dienverlag ddvg unterwegs ist,


    (Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Ah! Oh!)


    der regelmäßig im Kommissionsbericht der KEK, der
    Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Me-
    dienbereich, erwähnt wird.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nur weil die FDP pleite ist! Nur kein Neid! – Zurufe von der FDP: Hört! Hört!)


    Deswegen mein Rat: Fangen Sie einfach einmal bei
    sich an!


    (Klaus Barthel [SPD]: Oje!)


    Machen Sie das Ganze doch transparent. Schreiben Sie
    auf jede Ihrer Publikationen oben drauf, dass sie der
    SPD gehört. Dann wissen die Leser wenigstens, was da-
    rin steht oder warum es darin steht.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Ist transparent! Kann man alles nachlesen!)


    Ich würde an Ihrer Stelle erst einmal bei mir selbst an-
    fangen, bevor ich mit dem Finger auf andere zeige.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Nazis wollten uns enteignen, die Kommunisten, und Sie jetzt auch!)


    – Ich will Sie doch nicht enteignen. Ich will nur, dass die
    Leser wissen, wer der Urheber des ganzen Unsinns ist,
    der teilweise darin steht. Nur darum geht es mir.


    (Klaus Barthel [SPD]: Kann man alles nachlesen!)


    Lassen Sie mich zum Schluss noch einige grundsätz-
    liche Bemerkungen zum Wettbewerb in der Daseinsvor-
    sorge machen.


    (Klaus Barthel [SPD]: Schwacher Entlastungsangriff!)


    Der Wettbewerb in der Daseinsvorsorge ist auch eine
    zentrale Forderung und die Grundvoraussetzung für sin-
    kende Preise. In diesem Zusammenhang mache ich Ih-
    nen klar: Das, was wir fordern, ist kein Etikettenschwin-
    del in dem Sinne, dass ein öffentliches Unternehmen
    jetzt in eine private Rechtsform gegossen wird und das
    Ganze dann als Privatisierung läuft. Vielmehr interes-
    siert uns auch hier der Wettbewerb, weil auch hier nur
    der Wettbewerb zu günstigen Preisen führt.

    Ihre Vorgehensweise – vor allem in den Ländern unter
    SPD-Verantwortung –, bei den Wasserbetrieben Minder-





    Dr. Martin Lindner (Berlin)



    (A) (C)



    (D)(B)


    heitsbeteiligungen an Unternehmen der Daseinsvorsorge
    in private Hand zu geben, ohne Wettbewerb zu schaffen,
    ist ein sozialdemokratisches Modell des Wettbewerbs;
    das ist nicht unseres.


    (Klaus Barthel [SPD]: Sie wollen sogar an die Kommunen heran, Herr Lindner! Sagen Sie es doch!)


    Dieses Modell würde überhaupt nur Sinn machen, wenn
    hier durch eine Vergabe dafür gesorgt würde, dass die öf-
    fentlichen Ansprüche gedeckt werden.

    Das gilt übrigens auch bei den Krankenkassen. Die
    Qualität des Produkts wird durch Aufsicht und die Regu-
    lierung erreicht, aber nicht durch die Tatsache, dass das
    Ganze durch öffentlich Bedienstete ausgeführt wird. Das
    bringt überhaupt nichts. Man merkt es aber: Jedes Mal,
    wenn es um Ihre heiligen Kühe, die öffentlichen Unter-
    nehmen, geht – das war auch bei der Kollegin Lötzer so –,
    dann kreischen Sie auf und nennen das Ganze „Überre-
    gulierung“.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist ja der Sozialstaat! Das haben Sie nicht begriffen! Daseinsvorsorge!)


    – Herr Heil, das hat mit dem Sozialen doch gar nichts zu
    tun. Das Soziale kommt dann ins Spiel, wenn im Rah-
    men des Wettbewerbs vernünftige Leistungen zu günsti-
    gen Preisen angeboten werden.


    (Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Art. 20 Grundgesetz!)


    Schauen Sie sich einmal Ihren Sozialstaat hier in Ber-
    lin an, wo Ihre Partei dafür sorgt, dass beispielsweise im
    Bereich der S-Bahn ein Monopol quasi zementiert wird!
    Anstatt hier Leistungen zu vergeben und öffentlich aus-
    zuschreiben, sorgen Sie dafür, dass immer wieder der-
    selbe Anbieter die Leistungen anbietet, und wundern
    sich, dass diese Leistungen dann eben nicht mehr ad-
    äquat sind.