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ID1718500900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/185 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 46: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ach- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (8. GWB-ÄndG) (Drucksache 17/9852) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten der Monopolkommis- sion gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Geset- zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Die 8. GWB-Novelle aus wettbewerbs- rechtlicher Sicht (Drucksache 17/8541) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele Hiller- Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für faire Lebensmittelpreise und trans- parente Produktionsbedingungen – Ge- gen den Missbrauch von Marktmacht (Drucksachen 17/4874, 17/5824) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Presse- Grosso gesetzlich verankern (Drucksachen 17/8923, 17/9989) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im Wettbewerbsrecht verankern (Drucksache 17/9956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister  BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22195 A 22195 B 22195 B 22195 C 22195 D 22196 A 22197 A 22199 C 22201 D 22203 A 22204 C 22206 C 22207 C 22209 B 22210 A 22210 D 22212 A 22214 B 22219 A 22219 D Inhaltsverzeichnis Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22195 (A) (C) (D)(B) 185. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 Beginn: 9.15 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 22219 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Genossenschaftsgründungen erleichtern, Woh- nungsgenossenschaften stärken, bewährtes Prüfsys- tem erhalten auf Drucksache 17/9976 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aktionsplan Nanotechnologie 2015 – Drucksache 17/4485 –  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 15.06.2012 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 15.06.2012 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Bellmann, Veronika CDU/CSU 15.06.2012 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 15.06.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 15.06.2012 Bülow, Marco SPD 15.06.2012 Dyckmans, Mechthild FDP 15.06.2012 Freitag, Dagmar SPD 15.06.2012 Gabriel, Sigmar SPD 15.06.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.06.2012 Goldmann, Hans- Michael FDP 15.06.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 15.06.2012 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Kramme, Anette SPD 15.06.2012 Krellmann, Jutta DIE LINKE 15.06.2012 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 15.06.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Lemme, Steffen-Claudio SPD 15.06.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 15.06.2012 Menzner, Dorothée DIE LINKE 15.06.2012 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.06.2012 Montag, Jerzy BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Ortel, Holger SPD 15.06.2012 Otto (Frankfurt), Hans- Joachim FDP 15.06.2012 Roth (Esslingen), Karin SPD 15.06.2012 Schaaf, Anton SPD 15.06.2012 Dr. Schavan, Annette CDU/CSU 15.06.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.06.2012 Schreiner, Ottmar SPD 15.06.2012 Steinbach, Erika CDU/CSU 15.06.2012 Süßmair, Alexander DIE LINKE 15.06.2012 Wagner, Daniela BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.06.2012 Zapf, Uta SPD 15.06.2012 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 15.06.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 22220 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. Juni 2012 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/9797 Nr. A.6 Ratsdokument 9294/12 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/9475 Nr. A.20 Ratsdokument 8151/12 Drucksache 17/9475 Nr. A.21 Ratsdokument 8173/12 Drucksache 17/9647 Nr. A.16 Ratsdokument 8794/12 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/9130 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2012)0058 Drucksache 17/9130 Nr. A.12 EP P7_TA-PROV(2012)0063 Drucksache 17/9130 Nr. A.13 EP P7_TA-PROV(2012)0065 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/8227 Nr. A.45 Ratsdokument 17188/11 Drucksache 17/8227 Nr. A.46 Ratsdokument 17574/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/9647 Nr. A.22 Ratsdokument 8423/12 185. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 46, ZP 5 Wettbewerbspolitik Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ursula Lötzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rösler und Kol-

    lege Nüßlein, von Ihren großen Ankündigungen, Sie hät-
    ten etwas vorgelegt, das eine Anpassung an die Entwick-
    lung des Wettbewerbs bedeutet und der Konzentration
    tatsächlich entgegenwirkt, ist in dem Entwurf überhaupt
    nichts zu spüren. Allenfalls erfüllt der Entwurf einige
    wenige minimale Anforderungen: die Anpassung des
    deutschen Rechts an die Definition von Marktmacht in
    europäischen Bestimmungen, die Formulierung von
    Prüfkriterien, juristische Vereinfachungen, Klarstellun-
    gen und bessere Systematisierungen. Auch die Erweite-
    rungen im Hinblick auf das Kartellrechtsverfahren wer-
    den von uns begrüßt.

    Angesichts der realen Probleme mit der Marktmacht
    von Konzernen in vielen Bereichen gibt es aber eine
    massive Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
    Letztlich wiederholen Sie hier das übliche Schauspiel Ih-





    Ulla Lötzer


    (A) (C)



    (D)(B)


    rer Regierungskoalition: Die Kernprobleme und Kon-
    fliktfelder werden ausgeblendet; der Rest wird mit viel
    heißer Luft zur Reform aufgeblasen. Das haben Sie hier
    heute Morgen sehr deutlich gemacht, Herr Rösler.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Diese Auffassung finden Sie auch in zahlreichen Stel-
    lungnahmen von Verbänden, Sachverständigen und so-
    gar konservativen Juristen. Lassen Sie mich einige zen-
    trale Punkte herausgreifen.

    Unternehmen erzielen, oft jahrelang, Erlöse und Ge-
    winne durch Absprachen mit Konkurrenten und zu hohe
    Preise. Festzustellen ist: Von den bisherigen Kartellstra-
    fen und Bußgeldern geht keine abschreckende Wirkung
    aus. Die Strafen sind zu gering. Es lohnt sich, gegen das
    GWB und andere Vorschriften zu verstoßen, bis man
    auffliegt. Das wird nach Ihrem Entwurf leider so blei-
    ben.

    Das gilt insbesondere für die Benzinpreise; Herr
    Nüßlein hat eben etwas dazu gesagt. Das Bundeskartell-
    amt hat festgestellt, dass die Mineralölkonzerne den
    Benzinpreis künstlich in die Höhe treiben, ohne zu for-
    malen Preisabsprachen zu greifen. Natürlich ist ein Teil
    dieser Preiserhöhungen durch steigende Nachfrage und
    durch Spekulation entstanden oder dadurch, dass die Er-
    schließung neuer Ölfelder immer teurer wird. Dass in
    dieser Situation die Mineralölkonzerne weiter ihre Ex-
    tragewinne aufgrund ihrer Oligopolstellung draufschla-
    gen können, ist umso weniger hinzunehmen – genauso
    wenig wie Ihre Untätigkeit gegenüber der Spekulation.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Nach unzähligen Rettungsschirmen haben wir es
    heute mit Finanzmarktakteuren zu tun, die noch größer
    und damit noch systemrelevanter sind als 2007. Das Pro-
    blem des „too big to fail“ ist mithilfe der zugunsten der
    Banken mobilisierten Steuermittel und Garantien bei uns
    und in Europa noch drängender geworden statt kleiner.
    Darauf geben Sie keine Antwort. Der Entwurf ist diesbe-
    züglich ein Totalausfall.

    Ähnliches gilt für die viel diskutierte Frage der Pres-
    sefusionen. Knapp 60 Prozent aller Zeitungen werden
    von zehn großen Verlagen angeboten. Die Konzentration
    steigt von Jahr zu Jahr. Sie ist nicht das Ergebnis des
    Wettbewerbs um die besten Presseprodukte, sondern
    schlicht das Ergebnis eines Verdrängungswettbewerbs,
    in dem die finanzstärksten Verlage dominieren.

    Natürlich wissen auch wir, dass weniger Konzentra-
    tion im Medienbereich nicht Garant ist für differenzierte
    Berichterstattung, Meinungsvielfalt und demokratische
    Streitkultur. Aber ohne die Sicherung einer Vielzahl un-
    abhängiger Medien ist der Anspruch darauf überhaupt
    nicht zu erfüllen. Ohne Maßnahmen gegen die Konzen-
    tration finden viele engagierte Verlage und Journalisten,
    insbesondere bei kleineren Regionalzeitungen, erst recht
    keinen Platz mehr. Stattdessen – das haben Sie beide
    deutlich gemacht – wollen Sie die Global Player im Me-
    diengeschäft auf europäischer Ebene fördern. Das ist un-
    erträglich angesichts der Bedeutung der Medien in der
    Demokratie.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Während Sie in dem einen Bereich zu wenig regeln,
    überregulieren Sie in dem anderen, bei den Krankenkas-
    sen. Diese sollen in das Kartell- und Wettbewerbsrecht
    eingebunden und damit in Zukunft wie privatwirtschaft-
    liche Unternehmen behandelt werden. Über diesen Um-
    weg wollen Sie dem gerade von der FDP lang gehegten
    Ziel einer schrittweisen Privatisierung des Gesundheits-
    wesens näher kommen.


    (Zuruf von der LINKEN: So ist das! – Zuruf von der FDP: Blödsinn!)


    Das Bundesministerium für Wirtschaft soll Kontrollbe-
    fugnisse im öffentlich-rechtlichen Gesundheitswesen er-
    halten. Krankenkassen sind nach unserer Auffassung
    keine Unternehmen. Deshalb müssen sie aus der Novelle
    herausgenommen und von Herrn Röslers Kontrollbefug-
    nissen ausgenommen werden.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Kolleginnen und Kollegen, die skizzierten Problem-
    felder sind uns allen längst bekannt. Letztlich versagt die
    Politik seit Jahrzehnten, wenn es darum geht, die Markt-
    macht von Unternehmen konkret zu begrenzen. Herr
    Rösler, trotz GWB und Fusionskontrolle auf deutscher
    und europäischer Ebene steigt die Konzentration. Ab-
    sprachen und Preiskartelle werden immer wieder aufs
    Neue aufgedeckt. Oft werden Verfahren nur durch Aus-
    sagen von Kronzeugen und Mitbewerbern möglich; Ver-
    bote werden dann ausgesprochen und Kartellrechtsstra-
    fen verhängt. Weiter bestimmen auf vielen Märkten nur
    wenige große Unternehmen über Angebotsmengen und
    Preise. Der in Ihren Reden immer wieder beschworene
    freie Wettbewerb findet nicht oder nur eingeschränkt
    statt.

    Das Problem ist: Sie gehen nicht an den Kern des Pro-
    blems heran. Marktbeherrschende Unternehmen unter-
    liegen der Missbrauchsaufsicht. Sie gehen aber nicht das
    Grundproblem der Vermachtung der Märkte mit all ihren
    sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen an.
    Seit langem verweisen Bundeskartellamt und Monopol-
    kommission darauf, dass sich der Machtmissbrauch in
    diesen Bereichen oft nicht nachweisen lässt. Deshalb
    müsste eine Entflechtung an eine marktbeherrschende
    Stellung gebunden werden – sie darf nicht erst Instru-
    ment der Missbrauchsaufsicht sein –, und genau das tun
    Sie nicht.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Weil es um Verstöße geht!)


    Die Umsetzung Ihrer vollmundigen Ankündigung,
    Herr Rösler, ein wirkungsvolles Entflechtungsgesetz in
    diesem Sinne zu formulieren, ist schlicht ausgeblieben.
    Jetzt bleibt uns bis zur Verabschiedung des vorliegenden
    Gesetzentwurfs tatsächlich nur noch der Wettbewerb um
    einen besseren Entwurf, damit Sie, Herr Nüßlein, in den
    Debatten, in den Anhörungen und im weiteren Verfahren





    Ulla Lötzer


    (A) (C)



    (D)(B)


    von der Linken lernen können, was Wettbewerb und
    Wettbewerbsförderung in einer sozialen Marktwirtschaft
    tatsächlich sind.

    Danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Volkseigene Betriebe, Frau Kollegin! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Von der DDR Wettbewerbsrecht, ja? Anständiger Fünfjahresplan statt Wettbewerb, ja, Frau Lötzer?)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae für

Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kerstin Andreae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Eine erstaunliche Fusion von Frau Lötzer und Herrn
    Brüderle bei der Frage eines möglichen Entflechtungs-
    instruments! Ich komme noch dazu.

    Vorab vielleicht eines: Ich finde, es ist wirklich eine
    sehr intensive und sehr fachliche Debatte, in der wir uns
    mit dieser GWB-Novelle auseinandersetzen. Ich glaube,
    dass wir im Verfahren auch noch Verbesserungen errei-
    chen, weil wir alle eine unternehmerische Landschaft
    wollen, in der es Kreativität und Flexibilität gibt, weil
    wir vermachteten Strukturen entgegenwirken wollen,
    weil wir wollen, dass nicht der Stärkere, sondern der
    Bessere die Nase vorn hat und die Verbraucher profitie-
    ren.

    Herr Rösler, ich fände es wirklich passend, wenn Sie
    dieser Debatte aufmerksamer folgten, als Sie es tun.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh!)


    – Doch! Da brauchen Sie nicht „Oh!“ zu sagen. – Herr
    Rösler, Sie haben sehr viele Kollegen im Kabinett, die
    immer dann, wenn es um Debatten zu ihrem Bereich
    geht, sehr aufmerksam dabei sind, das Parlament ernst
    nehmen und im Hinblick auf die Frage: „Welche Verbes-
    serungsmöglichkeiten und Ideen gibt es noch?“ die De-
    batte wirklich aufmerksam verfolgen. Das nehme ich bei
    Ihnen leider gerade nicht wahr. Ich hatte die letzten
    40 Minuten die Möglichkeit, Sie zu beobachten. Ich
    muss sagen: Ich würde mir mehr Aufmerksamkeit von
    Ihnen wünschen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie beobachten also 40 Minuten Herrn Rösler! Das ist ja auch interessant!)


    Der Gesetzentwurf, den die Regierung hier vorgelegt
    hat, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen, die wir brau-
    chen, um den Wettbewerb als Herz der Marktwirtschaft
    zu schützen, um wirklich faire Spielregeln aufzustellen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Das Entflechtungsinstrument ist derzeit noch ein zahn-
    loser Tiger. Ich habe es gesagt: Der damalige Wirt-

    schaftsminister Brüderle hat den sinnvollen Vorschlag
    gemacht, wonach nicht der Nachweis des Missbrauchs
    durch die marktbeherrschenden Unternehmen entschei-
    dend sein sollte; vielmehr sollte allein die Tatsache, dass
    es ein marktbeherrschendes Unternehmen gibt, Anlass
    dazu geben, das Entflechtungsinstrument anzuwenden.
    Die Monopolkommission und das Kartellamt haben die-
    sen Vorschlag bekräftigt. Wider besseres Wissen ver-
    schimmelt dieser Vorschlag nun in der Schublade. Es
    wäre doch wirklich gut, wenn Sie ihn noch einmal her-
    vorholten. Was Sie jetzt praktizieren, ist ein Einknicken
    und dient weder dem Wettbewerb noch dem Markt.


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz im Gegenteil!)


    Bei der Anwendung des Entflechtungsinstruments haben
    Sie nicht den entscheidenden Schritt getan.

    Vielleicht gibt es noch Bewegung. Wir werden Ihnen
    diesen Vorschlag noch einmal unterbreiten. Wir hoffen,
    dass wir dann zumindest auf die Stimmen der FDP zäh-
    len können.


    (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Auf die FDP immer! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


    – Ich finde schon, dass Sie sich mit der Frage auseinan-
    dersetzen müssen, wie Sie dieses Entflechtungsinstru-
    ment – Sie führen immer wieder an, dass Sie wollen,
    dass es wie ein scharfes Schwert wirkt; der Minister hat
    es als Ultima Ratio bezeichnet – so anwenden, dass es
    greifen kann. Unter den jetzigen Voraussetzungen kann
    es nicht greifen; das wissen Sie im Übrigen so gut wie
    ich. Für Sie stellt sich natürlich die Frage, ob Sie hier
    nicht noch nachbessern sollten.

    Entscheidend ist, dass die verhängten Bußgelder auch
    gezahlt werden. Bisher funktioniert das ganz gut: Rund
    80 Prozent der Bußgelder, die verhängt werden, werden
    gezahlt. 2011 wurden Bußgelder in Höhe von ungefähr
    190 Millionen Euro verhängt; davon sind 162 Millionen
    Euro gezahlt worden. Nun ist Folgendes passiert: Der
    BGH hat im Jahr 2011 zwei Grundsatzentscheidungen
    gefällt. Er hat dadurch potenziellen Kartellsündern auf-
    gezeigt, wie man durch Umstrukturierungen in einem
    Unternehmen in der Lage ist, solchen Bußgeldern zu
    entgehen. Jetzt muss die entstandene gesetzliche Lücke
    geschlossen werden. Es geht zum einen um das Geld,
    das dem Bundeshaushalt nicht zufließt, zum anderen um
    die Glaubwürdigkeit des gesamten Verfahrens. Wir müs-
    sen alle Lücken schließen, die sich bei der Frage erge-
    ben, wie man Bußgelder und Kartellbescheide umgehen
    kann, damit wir als Staat deutlich machen: Uns ist es
    ernst mit Wettbewerb. Uns ist es ernst damit, vermach-
    tete Strukturen und Kartelle zu bekämpfen. Wir werden
    uns hier für den Mittelstand, für die kleinen Unterneh-
    merinnen und Unternehmer einsetzen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


    Der Schutz des Wettbewerbs ist auch Verbraucher-
    schutz. Das ist bereits erwähnt worden; wir teilen diese
    Auffassung. Der Verbraucherschutz muss daher als





    Kerstin Andreae


    (A) (C)



    (D)(B)


    Schutzzweck in das Gesetz aufgenommen werden. Es
    wäre ganz wichtig, dass Sie sich hinstellen und sagen:
    Ja, Verbraucherschutz ist Zweck des Gesetzes.


    (Beifall der Abg. Caren Lay [DIE LINKE] – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nur Frau Lay applaudiert! – Beifall der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Caren Lay [DIE LINKE])


    Die Verbraucherverbände sagen uns: Die Hürden für die
    Möglichkeiten, dem Verbraucherschutz tatsächlich nach-
    zukommen, sind nach wie vor zu hoch. Es muss nachge-
    wiesen werden, dass Absprachen getroffen worden sind.
    Ein solcher Nachweis ist nicht zu leisten. Die Gewinnab-
    schöpfungsmöglichkeit ist nach wie vor nicht gegeben.
    Wir müssen die Vorteilsabschöpfung, die man durch
    Kartellbildung hat – oft liegen die Kartellrenditen zwei-
    bis dreimal höher als die zu zahlenden Bußgelder –,
    wirklich ernst nehmen. Die Verbraucherverbände sollten
    gestärkt werden. Hier müssen wir nachbessern; sonst
    bleibt das Ganze eine Fata Morgana.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Jetzt noch ein Wort zur Frage der Ministererlaubnis
    und der Rolle des Parlaments. Es ist angesprochen wor-
    den, dass wir in der Vergangenheit mehrere Minister-
    erlaubnisse hatten. Jede zweite Ministererlaubnis ist
    übrigens gegen das Votum der Monopolkommission aus-
    gesprochen worden.


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich!)


    Ein Mal war es unter Beteiligung der Grünen, übrigens
    drei Mal unter Beteiligung der FDP. Jeder von uns hat
    also ein Päckchen zu tragen. Die Ministererlaubnis als
    Instrument muss bei der Frage nach einem überragenden
    Interesse eine Rolle spielen. Das, was wir wollen, haben
    wir in unseren Antrag geschrieben: Stärken Sie die Rolle
    des Parlaments! Die Ministererlaubnis muss erst einmal
    durch den Bundestag. Es geht nicht, dass der Wirt-
    schaftsminister allein entscheidet. Wenn Sie sich nicht
    dazu durchringen können, dass der Bundestag entschei-
    det, so sollte das ganze Kabinett über eine Ministerer-
    laubnis beschließen. Die Ministererlaubnis darf nicht al-
    lein in der Hand des Wirtschaftsministers bleiben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Also: Den Gesetzentwurf werden wir im parlamenta-
    rischen Verfahren sehr ernsthaft mit Ihnen diskutieren.
    Wir werden Ihnen Vorschläge machen. Wir haben schon
    Vorschläge in einem Antrag festgehalten. Wir finden es
    wichtig, dass hier nachgebessert wird zum Schutz des
    Wettbewerbs, den wir alle wollen, aber auch zum Schutz
    der Verbraucherinnen und Verbraucher, denen der Wett-
    bewerb nutzt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)