Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen liebe Kolle-
ginnen und Kollegen!
Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-
nungspunkt II – fort:
a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2009
– Drucksachen 16/9900, 16/9902 –
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus-
haltsausschusses zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung
Finanzplan des Bundes 2008 bis 2012
– Drucksachen 16/9901, 16/9902, 16/10426 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Carsten Schneider
Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Alexander Bonde
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Dazu rufe ich den Tagesordnungspunkt II.18 auf:
Einzelplan 09
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie
– Drucksachen 16/10409, 16/10423 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Kurt J. Rossmanith
Klaus-Peter Willsch
Volker Kröning
Ulrike Flach
Roland Claus
Anna Lührmann
Zum Einzelplan 09 liegt jeweils ein Änder
der Fraktion Die Linke sowie der Fraktion B
Die Grünen vor.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befin-en uns in Deutschland in einer handfesten Rezession;aran bestehen keine Zweifel mehr. Die Unternehmeneurteilen die Zukunftsaussichten so pessimistisch wieeit 35 Jahren nicht mehr. Außer der Bundesregierungrwartet niemand mehr ein Wirtschaftswachstum für dasommende Jahr. Es gibt sogar einige Experten, die einechrumpfung um 2 Prozent für keineswegs zu pessimis-isch halten. Auch die Bundesregierung rechnet intern si-herlich mit minus einem Prozent. Professor Rürup, Vor-itzender des Sachverständigenrats, erklärt ja auch, dassr seine ursprüngliche Prognose heute nicht mehr ab-eben, sondern nach unten revidieren würde. Nur, dieundesregierung hält unverdrossen an ihrer Wachstums-extprognose von plus 0,2 Prozent als Basis für den Bundes-haushalt fest. Das ist nicht mutig, sondern unseriös.
Wir haben gestern beim Eiertanz von Herrn Ramsauerzur Erbschaftsteuer erfahren,
dass die CDU für den Leitantrag auf ihrem Parteitag denehrbaren Kaufmann entdeckt hat. Für den Bundeshaus-rinzipien des ehrbaren Kaufmanns nicht;n anders ansetzen.
ungsantragündnis 90/halt gelten die Psonst würde ma
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Rainer BrüderleEs ist auch nur eine Frage der Zeit, bis wir die Auswir-kungen am Arbeitsmarkt feststellen müssen. Die OECDrechnet für Deutschland bis 2010 mit 700 000 Arbeitslo-sen mehr. Wer jetzt nicht entschieden handelt, versündigtsich an der Entwicklung.
Wir können nicht länger auf Impulse der Weltwirtschaftwarten. Wir können uns nicht länger auf den Export ver-lassen. Der Welthandel wird sich 2009 längst nicht mehrin dem Maße entwickeln wie bisher. Es wird eine ArtGlobalisierungspause geben.In dieser Situation muss sich auch der Exportwelt-meister auf seine eigene Nachfrage besinnen. Jetzt giltes, die Binnenkonjunktur zu stärken. Das Konjunkturpa-ket, mit dem die Bundesregierung gegensteuern will,wird dem Problem weder von der Struktur noch von derWirkung her – es wirkt viel zu langsam – gerecht. Damitwird man den Absturz 2009 nicht verringern.Herr Minister Glos, in Ihrem Ministerium herrscht be-reits Weihnachtszeit. Endlich klingeln bei Ihnen die Glo-cken. Sie erstellen fleißig Steuerwunschzettel; aber amEnde wird es wohl doch nur eine stille Nacht und keineheilige Nacht werden.
Sie haben den richtigen Vorschlag gemacht, zur Stär-kung der Wachstumskräfte Steuern zu senken. Aber inder Regierung können Sie das nicht durchsetzen. Dassdie Regierung Steuersenkungen eine Absage erteilt, isteine Bevormundung. Offenbar hält Schwarz-Rot dieSteuerzahler für dumm und den Staat für allwissend;sonst würde die Regierung den Menschen nicht vor-schreiben, in welchen Bereichen sie mehr konsumierensollen.Herr Glos, Sie haben sich in der vergangenen Wochedazu erfreulich deutlich geäußert. Auch Sie – ich zitiere –können „dieses Misstrauen gegen den mündigen Bürger“nicht verstehen. Ihre Einlassungen, die richtig sind, kannman nicht anders verstehen als ein Misstrauensvotumgegen die Politik, die die Große Koalition macht.
Wenn das die Mehrheitsmeinung Ihrer Partei, der CSU,ist, hätte sie schon längst aus der Regierung herausgehenmüssen; denn es wird das Gegenteil von dem gemacht,was Sie zu Recht reklamieren.Inzwischen hat auch die CDU das Thema Steuersen-kungen entdeckt. Sie wacht langsam auf. Heute erklärtHerr Merz im Handelsblatt: Frau Merkel darf nicht „dieLetzte auf der Welt“ sein, die merkt, dass man Steuernund Abgaben senken und Entlastungen durchführenmuss. Herr Merz hat recht. Hoffentlich sind Sie nicht dieLetzte, die das merkt. Der Einwand, die Menschen wür-den Steuer- und Abgabenentlastungen nicht zum Kon-sum nutzen, ist ökonomisch nicht haltbar. ÖkonomischeStudien belegen, dass etwa zwei Drittel des zusätzlichenEinkommens durch Steuerentlastungen in den Konsumfließen. Solange die Menschen das zusätzliche Nettoein-kommen in die Geschäfte oder auf die Bank tragen, istddansumEfntduikSabdbcSdhnzstdSseAswtintBddsMhDwli
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ir haben Gott sei Dank in der Vergangenheit unsereausaufgaben gemacht. Die Beschäftigungsschwelle istesunken. Die Zahl der Arbeitslosen liegt gegenwärtigei unter 3 Millionen. Die öffentlichen Haushalte sindaniert. Wenn ich den Gesamthaushalt insgesamt be-rachte, erkenne ich, dass wir in einer besseren Situationind als beim Bundeshaushalt. Die Bilanzstrukturen dernternehmungen sind in Ordnung gebracht worden. Dieaushaltssanierung, die natürlich immer stattfindenuss, muss im Moment eine Pause machen, damit wirm Schluss nicht in einer Situation sind, deren Sanierungehr viel teurer wird, weil wir jetzt nicht genug Gas ge-eben haben.Ich meine, so wie wir gerüstet sind, kann unser Landem Sturm trotzen. Aber wir müssen uns gemeinsam an-trengen. Wir dürfen die Lage nicht schlechterreden, alsie ist. Deswegen gibt es zum Optimismus keine Alter-
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Bundesminister Michael Glosnative. Das kann nicht heißen, dass wir die Augen vorTatsachen verschließen.
– Der Realismus ist bei uns immer noch ein Stück weitstärker ausgeprägt als bei Ihrer Fraktion.
Wenn ich mir vor Augen halte, welch rigide Forderun-gen im Hinblick auf die Umweltpolitik von den Grünentrotz der schwierigen Situation der deutschen Wirtschaftnach wie vor erhoben werden,
muss ich feststellen: Der Realismus ist bei uns und nichtbei Ihnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der ei-nen Seite ist die Lage übersichtlich, auf der anderenSeite dramatisch. Ich gebe dem Kollegen Brüderle invielen Punkten, die er angesprochen hat, recht. Andersals in früheren Konjunkturzyklen ist der private Ver-brauch während des letzten Aufschwungs nicht aus denStartlöchern gekommen.
– Wenn Sie zuhören würden, würden Sie es vielleichtverstehen.
Der reale Zuwachs betrug seit dem Jahr 2000 nur2 Prozent. Jetzt wird der Exportmotor aufgrund der in-ternationalen Finanzmarktkrise leider in den Rückwärts-gang geschaltet. Wir haben keinen Einfluss auf dieExportnachfrage. Wir können nur hoffen, dass dieMaßnahmen, die andere Länder ergreifen, unserer Ex-portwirtschaft helfen. In diesem Zusammenhang denkeich zum Beispiel an das große Investitionspaket Chinas,von dem wir uns Aufträge erhoffen, und an die Maßnah-men, die die USA eingeleitet haben.Eines können wir allerdings tun – an dieser Stelle binich mir mit vielen einig –: Wir können die Binnennach-frage durch zusätzliche Impulse stärken. Genau diesemZiel dient unser Maßnahmenpaket.
Wir erhoffen uns davon eine möglichst große Wirkungauf Investitionen und Konsum. Wir stärken also AngebotutmaGhgddsmdlar–PgkBddsssodhs–WgWwLw
utscheine mit Konsumpflicht oder eine vorüberge-ende Mehrwertsteuersatzsenkung. Berlusconi lässt so-ar Kreditkarten ausgeben, mit denen die Bürger Güteres täglichen Bedarfs kaufen können. Ich weiß nicht, obas auf Dauer der richtige Weg ist.
Ich bin der Meinung, dass wir einen engen Schulter-chluss mit der Wirtschaft, selbstverständlich aber auchit dem Finanzminister brauchen. Ohne Zustimmunges Finanzministers ist, was die Steuern betrifft, natür-ich keine Veränderung möglich. Wir haben allerdingsuch gelernt – das ist zumindest meine Lebenserfah-ung –: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Ja, notfalls auch den Steinbrück, mein lieber Freundeer.Angesichts dieser Krise müssen wir Maßnahmen er-reifen, die wir auch dann guten Gewissens vertretenönnten, wenn es keine Krise gäbe. Dazu gehört zumeispiel, Investitionen, die ohnehin geplant und notwen-ig sind, vorzuziehen; dazu sage ich Ja. Wir müssen fürie Verbraucher durch Steuer- und Abgabensenkungentrukturelle Verbesserungen herbeiführen; auch dazuage ich Ja. Zu kurzfristigen Steuergeschenken oder Ge-chenken anderer Art sage ich allerdings Nein, und das,bwohl bald Weihnachten ist.
Frau Bundeskanzlerin, Sie sind vor kurzem als „Ma-ame Non“ bezeichnet worden. In diesem Zusammen-ang würde ich mich Ihnen als „Mister No“ zur Seitetellen.
Auf diesem Gebiet möchte ich keinen Ehrendoktor.Jetzt will ich zum Ernst der Situation zurückkommen.ir müssen uns immer wieder vor Augen halten, welchroße Verantwortung wir für die Weltwirtschaft haben.ir wissen nicht, wie lange der Abwärtstrend andauernird. Wollen wir wirklich alle sechs Monate Geld imand verteilen und versuchen, dadurch die Krise zu be-ältigen?
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Bundesminister Michael GlosDeutschland leidet nicht nur aktuell, sondern auchstrukturell an einem Nachfrageproblem. Der Zugriffder Steuerprogression wirkt schon im unteren Einkom-mensbereich als Bremse, sowohl im Hinblick auf dieLeistung als auch im Hinblick auf den Konsum. Wirmüssen uns bemühen, diese Bremse zu lockern.
So können wir einen entscheidenden Beitrag dazu leis-ten, Konjunktur und Wachstum zu stärken.
Eine Entlastung der Bürger ist aber nur dann möglich,wenn wir den mittelfristigen Konsolidierungspfad nichtverlassen.
Die Menschen müssen das Vertrauen haben, dass das,was wir tun, längerfristig wirkt. Kurzfristige Maßnah-men führen hinterher immer wieder zu Steuererhöhun-gen. Das kann es auch nicht sein.
Jetzt aber nichts zu tun, kann fiskalisch genauso teuerwerden wie eine rasche und beherzte Investition inWachstum und Beschäftigung. Das ist unser Weg. Inder Vergangenheit wurde uns gezeigt, wie schnell durcheine Wirtschaftsflaute gewaltige Löcher in die öffentli-chen Finanzen gerissen werden können. Ich könnte Ih-nen jetzt das Funktionieren der automatischen Stabilisa-toren, die ja in Kraft sind, erläutern. Dadurch würde ichallerdings den Rahmen meiner Redezeit sprengen. Au-ßerdem habe ich es hier mit einem sehr kundigen Publi-kum zu tun.
Ich möchte noch ein Weiteres sagen: Wir haben unsbemüht – das macht natürlich in jeder Hinsicht sehr vielaus –, die Energiemärkte zu liberalisieren und Druckauf die Konzerne auszuüben. Ich weiß, dass es damalsschwierig war, die Novelle des Kartellgesetzes zu verab-schieden. Das wirkt aber schon jetzt. Aufgrund derBocksprünge auf den internationalen Energiemärktenwird allerdings auch die Fantasie unserer Energiekon-zerne gefordert, bei Preissenkungen genauso rasch zurHand zu sein wie bei Preiserhöhungen. Ich bedankemich beim Bundeskartellamt, dass es hart eingreift,wenn sich ein Anlass dazu bietet.Durch die gesunkenen Energiepreise ist die Infla-tionsrate, die Preissteigerungsrate, bis jetzt schon wie-der auf 1,4 Prozent zurückgegangen. Dadurch wird na-türlich auch ein ungeheures Potenzial freigesetzt. Jerascher das geht, desto mehr können sich die Bürger– damit komme ich wieder auf Weihnachten zurück – zuWeihnachten kaufen und leisten und auch weiterver-schenken. Das ist ungeheuer wichtig für die Konjunktur.mmtzsoWgdbmItdewSItwtLDhdHrglSda
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sieich ein Letztes sagen: Mit dem Haushalt – auch miteinem – leisten wir einen großen Beitrag zur Stabili-ät. Wir sind ein Muster an Sparsamkeit. Ich bin über-eugt, dass Peer Steinbrück das loben wird, wenn ereine Abschlussrede hält, weil er mich vor einem viertelder halben Jahr einmal gegenteilig hingestellt hat.
Der Haushalt des Wirtschaftsministers ist vorbildlich.ir investieren in die Zukunft und halten nicht an Ver-angenem fest. Damit schaffen wir die Voraussetzungen,ass es auch im Land gut weitergeht.Drei der Berichterstatter, die sich um den Haushaltemüht haben, kandidieren aus freien Stücken nichtehr für den Deutschen Bundestag.
ch bedauere das, allerdings in unterschiedlicher Intensi-ät; das steht mir zu. Herr Kröning, Ihr Ausscheiden be-auere ich selbstverständlich auch, aber ich möchte nochinmal einen Blick auf meinen Freund Kurt Rossmanitherfen, der seit 1980 im Bundestag ist.
päter ist er dann in den Haushaltsausschuss gekommen.ch habe damals nie gedacht, dass ich einmal als Minis-er von ihm in Bezug auf den Haushalt kontrollierterde. Er ist fast so streng, wie ich damals als Haushäl-er gewesen bin.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort erhält nun die Kollegin Frau Dr. Gesine
ötzsch, Fraktion Die Linke.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Bei seinem ersten Besuch im Haus-altsausschuss sagte Minister Glos: Lieber ein Onkel,er etwas mitbringt, als eine Tante, die Klavier spielt. –err Glos, leider haben Sie diesen flotten Spruch in Ih-em Haushalt nicht umgesetzt.Gerade von Ihnen hätten wir ein Konjunkturpro-ramm mit einem Umfang von 1 Prozent des Bruttoin-andsprodukts erwartet, wie es die EU verlangt; dennie, Herr Glos, gehören doch zu den Regierungsmitglie-ern, die wissen, dass ein solches Konjunkturprogrammuch richtig wäre.
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Dr. Gesine LötzschSie legen hier aber nur ein Progrämmchen mit einemUmfang von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktesvor, mit dem keine guten Wirkungen erzielt werden. Da-rin sind sich alle Wirtschaftsexperten einig.Sie haben es ja schon angedeutet: Die Kanzlerin undder Finanzminister haben Sie, Herr Glos, am ausge-streckten Arm verhungern lassen. Das ist für Sie persön-lich bedauerlich, für Millionen Arbeitnehmer in unseremLand aber eine Katastrophe.
Da Sie kein Geld bekommen, versuchen Sie, mit an-deren Themen ins Gespräch zu kommen. Sie wollen zumBeispiel, dass die deutsche Automobilindustrie nichtweiter durch angeblich überzogene europäische CO2-Zielwerte belastet wird. Das ist reiner Populismus undhilft auch den Autobauern kein Stück weiter; denn dieZukunft liegt nicht in Spritschleudern, sondern in um-weltfreundlichen Autos.
Als Wirtschaftsminister aus Bayern müssten Sie dochjetzt „Lederhosen und Elektroautos“ – das wäre ein pas-sender neuer Slogan – fordern, statt mit Konzepten ausden 70er-Jahren aufzuwarten.
Herr Glos, Sie könnten sich als Minister um die deut-sche Einheit verdient machen, wenn Sie eine Forderungder ostdeutschen Wirtschaft aufnehmen würden. Die ost-deutsche Wirtschaft fordert zu Recht, dass die Mittel ausdem Solidarpakt nicht so schnell absinken dürfen, wiees jetzt vorgesehen ist. Diese Forderung kann man auchohne Schwierigkeiten zusammen mit den Ländern um-setzen, da die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlagin den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, aber dieAusgaben für den Solidarpakt kontinuierlich gesunkensind.In Anbetracht der Wirtschaftskrise wäre es ein Zei-chen der wirtschaftlichen Vernunft, die dramatische De-gression aus dem Solidarpakt herauszunehmen, um dieökonomische Situation im Osten Deutschlands zu ver-bessern. Das müsste Ihnen doch eine Herzensangelegen-heit sein.
Gleichzeitig – das ist meine sehr persönliche Mei-nung – halte ich es für vernünftig, wenn man diesen Vor-schlag mit einer Absenkung des Solidaritätszuschlagsverbindet. Von diesen beiden Vorschlägen hätten Ost undWest etwas. Wir würden ein klares Signal an den Ostensenden, dass wir auch in der Krise Ostdeutschland nichtim Stich lassen, und wir würden ein Signal an die altenBundesländer senden, dass ihre Solidarität sehr hoch ge-schätzt wird, aber nicht überstrapaziert werden soll.Wir wollen ein Konjunkturprogramm, das die Men-schen entlastet, die am wenigsten Schuld an der Krisetragen, und diejenigen zur Kasse bittet, die in den letztenJmmusJedDGkMpdmhsMesdEajvsdeHWkgmbd
a, Herr Ramsauer, sie können solidarisch sein; sie sinds aber nicht. Eigentum scheint diese Menschen nurazu zu verpflichten, noch mehr Eigentum anzuhäufen.Es ist nicht die Zeit, auf noble Spenden zu warten.ie Politik hat vielmehr die Aufgabe, für sozialeerechtigkeit – das heißt vor allem für Steuergerechtig-eit – zu sorgen.
achen Sie also Schluss mit der staatlichen Reichtums-flege!Wenn Finanzminister Steinbrück darauf verweist,ass die Besserverdienenden den Großteil der Einkom-ensteuer bezahlen, vergisst er immer wieder daraufinzuweisen, dass diejenigen, die keine Einkommen-teuer zahlen, weil sie zu wenig verdienen, trotzdemehrwertsteuer, Versicherungssteuer und andere Steu-rn bezahlen müssen, die die Einkommensteuer im Ge-amtaufkommen bei weitem übersteigen. Es wäre alsoas falsche Signal, jetzt wieder über die Senkung derinkommensteuer zu sprechen, wie es die Herrschaftenuf der rechten Seite des Hauses gerne tun. Wir müssenetzt diejenigen steuerlich entlasten, die besonders harton der Krise betroffen sind. Das sind nicht die Men-chen, die hohe Einkommensteuern zahlen.
Herr Glos, es tut mir leid, aber Ihr Haushalt ist nichter Rede wert. Das Lob, das Sie von Herrn Steinbrückingefordert haben, hat meine Position bestätigt, dass Ihraushalt nicht der Rede wert ist.
enn Sie aber zu Ihrem eigentlichen Vorhaben zurück-ehren, ein Konjunkturprogramm auf den Weg zu brin-en, das diesen Namen auch verdient, dann haben Sieich und die Fraktion Die Linke als zuverlässige Ver-ündete an Ihrer Seite.Vielen Dank.
Das Wort erhält nun der Kollege Volker Kröning fürie SPD-Fraktion.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Haushaltsdebatten haben sich bei der ersten wiebei der zweiten und dritten Beratung zu allgemeinen De-batten über das jeweilige Politikfeld entwickelt. Wir ha-ben das heute wieder beispielhaft bei Herrn KollegenBrüderle erlebt.Umso mehr scheint es mir angebracht, einen Augen-blick innezuhalten und zu fragen, was sich von den gro-ßen Debatten im Haushalt widerspiegelt und welchescheinbaren Details es verdienen, festgehalten zu wer-den. Es wird sich dabei zeigen, Frau Kollegin Lötzsch,dass Ihre Bewertung dieses Einzelplans absolut danebenist.Der Regierungsentwurf zum Haushalt 2009 ist hin-länglich bekannt. Umso wichtiger ist, das festzuhalten,was sich an diesem Einzelplan, dem Haushalt für Wirt-schaft und Technologie, wie das Ressort vor drei Jahrenso schön programmatisch geschnitten und bezeichnetworden ist, geändert hat und was nicht. Ebenso wichtigist es, die Auswirkungen auf die mittelfristige Finanzpla-nung im Auge zu behalten. Ich fand es bemerkenswert,dass Herr Minister Glos doch beides erwähnt hat, näm-lich Wachstum und Konsolidierung des Staatshaushalts,auch wenn es etwas zickzackförmig geklungen hat.Die Veränderungen, die der Einzelplan 09 erfahrenhat, sind markant. Die Minderausgaben bei der Kohle in-folge der Entwicklung der Energiepreise betragen fast400 Millionen Euro, eine erfreuliche Entwicklung.
Dem stehen im Vergleich zum Regierungsentwurf Mehr-ausgaben für Mittelstand und Innovation in Höhe vonweiteren 20 Millionen Euro gegenüber, übrigens jeweilseinträchtig von Union und SPD beantragt und beschlos-sen, knapp derselbe zusätzliche Betrag für das Zinsver-billigungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbauund weitere 200 Millionen Euro für regionale Wirt-schaftsförderung in den Jahren 2009 bis 2011.Der Haushalt des BMWi, wie es in traditioneller Ge-genüberstellung zum BMF heißt, trägt damit auf beidenSeiten des Budgets auf einzigartige Weise zum Doppel-programm der Koalition bei, nämlich zu „Sparen und In-vestieren“. Als einziger Einzelplan – das wurde schonangedeutet – wird er nachhaltig gekürzt, aber auch um-strukturiert. Ich hoffe, dieser Beitrag des Wirtschaftsres-sorts zur Begrenzung der Kreditaufnahme und zum Kon-junkturpaket wird, Herr Minister Steinbrück, bei derAufstellung des Regierungsentwurfs 2010 gedankt undhonoriert werden.
Nicht nur die Quantität, sondern meines Erachtensvor allen Dingen die Qualität eines Haushalts zählt. Des-halb lassen Sie mich in wenigen Punkten die wichtigstenInnovationen zusammenfassen. Dabei komme ich zuerstauf einen Wermutstropfen zu sprechen, aber auch nur aufeinen: Ein weiterer Schritt zur Exploration des Welt-rsüErmdKldDgdaboP–rnbdJtgrLunEddwüssrvdrgg2d
s hieß damals in den Erläuterungen des Bundesministe-iums für Wirtschaft und Technologie, dass die Missionittelfristig weiterverfolgt werden solle. Neuerdings istavon überhaupt nicht mehr die Rede, lieber Freundurt. Das wäre, wenn ich jetzt zukunftsgerichtet formu-ieren darf und nicht über die Vergangenheit maulenarf, ein schwerer Fehler.
ie Aufgabe und das Thema sollten besser als bisher be-ründet und kommuniziert werden. Zu viele sehen inem Projekt noch eine Spielerei, die man im Übrigenuch schön karikieren kann, und sie verkennen die Ver-indung von Grundlagenforschung und Anwendungs-rientierung, nämlich die Kette von Entwicklung bisroduktion, also die gesamte Wertschöpfung.
Zwei einsame Beifallspender.Vor allen Dingen fehlt der Explorationsstrategie eineessortübergreifende Schwerpunktbildung. Eine Richtli-ie der Bundeskanzlerin wäre hierfür nach wie vor ange-racht. In der Weltraumpolitik muss klar sein, dass es aner Schwelle von der ersten zur zweiten Dekade diesesahrhunderts darum geht, die dritte Dekade vorzuberei-en. Ich hoffe sehr, dass dies mit den Ergebnissen der au-enblicklich zu Ende gehenden ESA-Ministerratskonfe-enz gelingt. Der Haushalt des Deutschen Zentrums füruft- und Raumfahrt, das Nationale Weltraumprogrammnd die Linie der ESA-Beiträge im Einzelplan 09 kön-en sich jedenfalls sehen lassen.
Damit bin ich bei den Hauptinnovationen iminzelplan 09. Schon im letzten Jahr habe ich auf die be-eutenden und interessanten Einrichtungen hingewiesen,ie sich im Geschäftsbereich dieses ebenso klassischenie modernen Ressorts befinden. In der Ausspracheber den Einzelplan 30 – Bildung und Forschung – warchon von der Umsetzung der sogenannten Wissen-chaftsfreiheitsinitiative die Rede, die Bundesministe-in Schavan und Bundesminister Steinbrück im Sommererabredet haben, aber leider erst nach der Aufstellunges Regierungsentwurfs. Deshalb war auch unser Spiel-aum bei den parlamentarischen Beratungen enger be-renzt, als es mir lieb gewesen wäre.Auch das die Verkehrsinvestitionen ergänzende Pro-ramm der Forschungsinvestitionen in Höhe von00 Millionen Euro verdient im Zusammenhang mitem Einzelplan 09 Erwähnung.
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Volker KröningFür dieses Ressort – ich bezeichne es gerne als unserRessort – ist dreierlei hervorzuheben. Erstens. Das Deut-sche Zentrum für Luft- und Raumfahrt erfährt eine He-raufsetzung der sogenannten Selbstbewirtschaftungsmit-tel, also jener Mittel, über die es auch über dasKalenderjahr hinweg verfügen kann. Auch da wäre mirmehr lieber gewesen. Außerdem erhält das DLR dieChance, Investitionen in Baumaßnahmen und Gerätevorzuziehen. Die Helmholtz-Gemeinschaft, der das DLRnach wie vor angehört, sollte eine Verteilung vorneh-men, die der Fairness ebenso genügt wie dem Ziel derKonjunkturstützung. Von den 65 Millionen Euro für dieHGF halte ich ein Drittel für das DLR für angemessen.Ich werde mich dafür einsetzen, dass es dazu kommt.Zweitens. Drei Ressortforschungseinrichtungen,die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, PTB, inBraunschweig, die Bundesanstalt für Materialforschungund -prüfung, BAM, in Berlin und die Bundesanstalt fürGeowissenschaften und Rohstoffe in Hannover erhalteneinen gleichberechtigten Zugang zum sogenannten ZIM,zu dem Zentralen Innovationsprogramm für den Mittel-stand, das eine Schlüsselprogrammatik des Wirtschafts-ressorts ist. Ich freue mich, dass eine Benachteiligunggegenüber anderen Forschungseinrichtungen abgewen-det werden konnte.Drittens. Bei der PTB und der BAM habe ich eine Lo-ckerung der rechtlichen Bedingungen für die Gewinnungvon wissenschaftlichem Spitzenpersonal erreicht. Ichbedanke mich für die Unterstützung, die ich dafür allent-halben bekommen habe. Beide Einrichtungen haben– das will ich bekräftigen – hervorragend bei der Evalua-tion durch den Wissenschaftsrat abgeschnitten. Ich binder Meinung, dass nicht nur Misserfolge Anlass zurNachbesserung sein sollten, sondern dass auch Erfolgebelohnt werden sollten. Das ist damit erreicht worden.Das für Innovationen im Wirtschaftressort unentbehr-liche Finanzressort verdient für zwei weitere Verständi-gungen Lob und Anerkennung; denn von der Hand-lungsfähigkeit des Staates zu sprechen, ohne dieFunktionsfähigkeit des Staatsdienstes zu sichern, wäreSelbsttäuschung. Da ist zuerst zu erwähnen, dass dasbeim Bundesumweltministerium nun dauerhaft veran-schlagte Marktanreizprogramm enorm ausgeweitet wird.Davon war in den Beratungen über den Einzelplan 16– Umwelt – die Rede. Darüber hinaus werden die Be-schäftigungsverhältnisse der mit diesem Programm be-fassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entfristet. Siegehören weiterhin zum Bundesamt für Wirtschaft undAusfuhrkontrolle in Eschborn. Ich bin entschieden dafür,auch wenn ich hier mit dem Ressort querliege, dass diesso bleibt. Das Zeugnis, das dem BAFA über die bishe-rige Erfüllung dieser Aufgabe ausgestellt worden ist,rechtfertigt allemal, es bei dieser Zuordnung der Auf-gabe zu belassen, von der Vermeidung von Umzugs- undGemeinkosten ganz zu schweigen.Noch ein Wort zu einer wichtigen Stütze der Außen-wirtschaftsförderung und des Standortmarketings fürDeutschland. Die am weitesten reichende Änderung imnachgeordneten Bereich des Wirtschaftsministeriums,das auch und gerade Handelsministerium ist und damitelGmIhvg1ervzguis–sEdtDltsPsgnnNLdudLNskezftNKsumnimsBe
Es kommt nicht alle Tage vor, dass man so etwas res-ortübergreifend und ebenenübergreifend schafft. – Dasrgebnis wird eine funktionstüchtige Gesellschaft sein,ie alle Aufgaben der Vorgängereinrichtungen effizien-er erfüllen wird als bisher. Sie stärkt die Investitioneneutschlands im Ausland und des Auslands in Deutsch-and. Sie verbessert die Rahmenbedingungen für die Ak-ivitäten der weltweit verflochtenen deutschen Wirt-chaft. „Wann, wenn nicht jetzt?“, konnte man zu diesemrojekt sagen. Ich bedanke mich, dass gerade der Wirt-chaftsausschuss seine Bedenken überwunden und mit-espielt hat.Ich habe eingangs von der mittelfristigen Finanzpla-ung gesprochen. Die Schwerpunktbildung für ein Mi-isterium für Wirtschaft und Technologie, das seinenamen verdient, sollte auch in der Zukunft weitergehen.assen Sie mich diesen Ausblick bitte noch geben. Ichenke zum Beispiel an den wichtigen Sektor „Schifffahrtnd Meerestechnik“. Im Frühjahr 2009 findet in Rostockie nächste Maritime Konferenz in einem erfolgreichenand unter einer guten Führung und nicht zufällig in derachbarschaft des Wahlkreises der Bundeskanzlerintatt. In diesem Zusammenhang eine aktuelle Bemer-ung auch, aber nicht nur zur maritimen Wirtschaft. Ichrwarte, dass Ihr Haus, Herr Minister Glos, die Umset-ung des 20-Milliarden-Euro-Programms der KfWür Unternehmen, besonders für kleine und mittlere Un-ernehmen, die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise inot geraten sind, überwacht. Dies gilt nicht nur für diefW, eine Staatsbank, sondern es gilt auch für die Ge-chäftsbanken, die wochenlang Stillstand geübt habennd die jetzt unter den sogenannten Bankenschirm kom-en, also in den Finanzmarktstabilisierungsfonds aufge-ommen werden. Ich könnte Ihnen Beispiele für nochmmer anhaltendes Zuwarten nennen, und ich hoffe, dassan sich nicht nur generell um Unternehmen kümmert,ondern dass man auch Einzelfälle abarbeitet und an dieilanzierung von Unternehmen denkt, und zwar nichtrst in der Zukunft, sondern auch in der Gegenwart.
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Volker KröningAls Haushälter und Bundesstaatsreformer wende ichmich zum Schluss an meine beiden Ressorts – das ist beijedem Haushälter so, dass er zwei Ressorts hat –, näm-lich das Fachressort und das Finanzressort. In diesemFalle sind das die Zwillingsbrüder für Stabilität undWachstum. Wir beobachten den edlen Wettstreit zwi-schen den Ministern, den Wettstreit von Stilen, den Wett-streit um Konzepte. Ich urteile darüber nicht voreilig,sondern ich setze auf Entscheidungen und Wirkungen.Umso dankbarer bin ich dem Fraktionsvorsitzenden derSPD, Dr. Struck, dem vom Bund gestellten Vorsitzendender Kommission zur Reform der Bund-Länder-Finanz-beziehungen, dass und wie er in der sogenannten Elefan-tenrunde das Ziel einer neuen Schuldenregel und einesdie Länder mitumfassenden Frühwarnsystems bekräftigthat. Mir gefiel die Formulierung auch an dieser Stelle,dass aus der Krise eine Chance erwachsen muss. DerVorschlag der Bundesregierung, auf den sich die Minis-terien von Steinbrück und Glos verständigt haben, kanneine Richtschnur für die Einigung zwischen den Koali-tionsfraktionen sein, vielleicht auch darüber hinaus. Ichhoffe es unter den veränderten Verhältnissen und denneuen Einsichten, die daraus resultieren. Dies sage ich,versehen mit einem dicken Ausrufungszeichen, auch zurDebatte über die sogenannte Nullverschuldung. Es tutmir leid, dass beide Fraktionsvorsitzenden im Momentnicht im Saal sind, aber ich darf hinzufügen: Beidenhabe ich dieses noch einmal dringend ans Herz gelegt.Der Vorschlag der Bundesregierung für eine Schul-denbremse ist nicht nur für konjunkturelle und struktu-relle Schönwetterzeiten gedacht, sondern gerade fürSchlechtwetterzeiten geeignet, ja bestimmt. Ich kann esin der Sprache der Branche, die den Deutschen dieliebste ist, ausdrücken: Ein gutes Auto braucht nicht nurein Gaspedal, sondern auch ein Bremspedal, damit seineInsassen gesund ans Ziel kommen.Danke schön.
Das Wort erhält nun die Kollegin Kerstin Andreae,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Glos, Sie müssen meine Kurzatmigkeitheute entschuldigen, aber seien Sie gewiss: Es ist nichtIhre Rede, die mir den Atem raubt. Ich fand unglaublichmüde, was Sie als Wirtschaftsminister zu diesen Haus-haltsberatungen vorgeschlagen haben.
Erst einmal zum Grundsätzlichen. Sie legen diesemHaushalt die Annahme „0,2 Prozent Wachstum“ zu-grunde, sagen aber selbst persönlich im Haushaltsaus-schuss: Eigentlich gehen wir von minus 1 Prozent aus. –Warum ist das wichtig? Wir wissen: 0,1 Prozent wenigerWachstum bedeutet Mindereinnahmen von ungefähr500 Millionen Euro. Also sprechen wir hier von mehre-ren Milliarden Euro Mindereinnahmen für das nächsteJmdlWnmFtdfgnffgwdrFnivmAKegWiulhSWdT
Jetzt möchte ich schon noch auf Ihre Rolle in denetzten Wochen eingehen. Es war wirklich erstaunlich.ir hatten einen Wirtschaftsminister, der in der Fi-anzmarktkrise durch überhaupt kein Krisenmanage-ent aufgefallen ist. Dann fällt er auf, nämlich durchorderungen nach einem milliardenschweren Konjunk-urpaket,
as aber von der Kanzlerin und vom Finanzminister so-ort wieder eingesammelt wurde.Als wir hier die erste Lesung hatten, habe ich Ihnenesagt, Herr Glos, dass Sie mit der Forderung zur Entfer-ungspauschale in Bayern ganz fürchterlich auf die Naseallen werden. Das ist auch passiert. Mich persönlichreut es, dass Sie in Bayern ein schlechtes Wahlergebnisehabt haben. Die Forderung zur Entfernungspauschalear nichts anderes als ein Wahlkampfgeplänkel. Sie re-en heute nicht mehr davon. Inhaltlich finde ich das jaichtig. Es macht aber deutlich, dass Sie populistischorderungen aufstellen und versuchen, bestimmte Maß-ahmen als Wahlgeschenk zu versprechen, und am Endest dann nichts dahinter.
Was machen Sie dann? Sie beklagen sich. In der FAZom 21. November steht – das ist aus einem Interviewit Ihnen –:„In einem Orchester bestimmt derjenige vorn amPult die Einsätze. Und die Dirigentin der Regierunghat bei der Lösung der Bankenkrise den öffentli-chen Einsatz des Wirtschaftsministeriums weniggefordert.“
bsurd!Wir brauchen keinen Wirtschaftsminister, der in derrise auf seinen Einsatz wartet, sondern wir braucheninen Wirtschaftsminister, der selbst die Initiative er-reift.
as Sie gemacht haben, reicht vielleicht für die Triangeln einem Orchester, ein bisschen „bing“, wenig Einsätze,nd das war es dann, Herr Glos.Natürlich sind wir in einer schwierigen, in einer abso-ut schwierigen wirtschaftlichen Situation – das ist über-aupt nicht schönzureden –, aber eines ist klar:chrumpfende Absatzmärkte, Unsicherheiten auf deneltmärkten, sinkende Rohstoffvorkommen, der Wan-el zur Wissensökonomie, der Klimawandel – das sindatsachen, die wir auch schon vor der Finanzkrise
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Kerstin Andreaehatten. Diesen Tatsachen hätten wir – das haben wirauch immer wieder eingefordert – schon damals mit ei-nem Strukturwandel begegnen müssen. Die Finanzkriseverstärkt die Wirtschaftskrise – absolut, massiv –, aberdass wir vor diesen weltwirtschaftlichen Herausforde-rungen stehen, wissen wir nicht erst seit ein paar Wo-chen.
Natürlich brauchen wir jetzt Maßnahmen. Zwei Stra-tegien sind gefordert. Wir brauchen kurzfristige Maß-nahmen, die schnell wirken, und wir brauchen Struktur-politik für unsere Wirtschaft, um diese zukunfts- undwettbewerbsfähig zu machen. Für uns heißt das: Kauf-kraft steigern – ja! –, aber es heißt auch: Investitionen inKlimaschutz sowie Investitionen in Bildung und Wissens-ökonomie. Das ist das grüne Investitionsprogramm. – Dasnur zu Ihrem Zuruf, dass mir nichts Neues einfällt.
– Jetzt hören Sie mal zu!Nun zu einem Vorschlag, der im Rahmen des Punktes„Kaufkraft steigern“ diskutiert wird, nämlich: Steuer-senkungen. Die FDP hat sich damit nie durchgesetzt.Friedrich Merz hat sich damit nicht durchgesetzt. Sie ha-ben damit die letzte Wahl fast verloren. Woran liegt das?Das liegt daran, dass wir im Prinzip eine sehr sensibleBevölkerung haben, was Steuergerechtigkeit angeht. DieMenschen sind da sensibel, und sie wissen genau: WennSie jetzt Steuersenkungen fordern, kommt das nicht beiden unteren 30 Prozent an, die gar keine Einkommen-steuer zahlen. – Diese mangelnde Steuergerechtigkeitvon Steuersenkungen spüren die Menschen, und deswe-gen finden Sie da keine Unterstützung.
Ein zweiter Vorschlag dazu ist, die Mehrwertsteuer zusenken. Natürlich war die Erhöhung ein Riesenfehler.Sie brauchen sich nicht zu wundern, dass wir jetzt einemangelnde Kaufkraft haben, nachdem Sie die Mehrwert-steuer um 3 Prozentpunkte erhöht haben. Wozu führt derVorschlag, die Mehrwertsteuer jetzt wieder um 1 Pro-zentpunkt zu senken? Wenn ein Radio im Geschäft150 Euro kostet, dann kostet es dadurch etwa ein Prozentweniger. Das ist keine wirkliche Kaufkraftsteigerung.
Insofern sagen wir: Nehmen Sie dieses Geld und ver-wenden Sie es für eine Erhöhung des Regelsatzes! DerRegelsatz beträgt 351 Euro. Erhöhen Sie diesen auf420 Euro! Das sind faktisch fast 70 Euro mehr für jedenHartz-IV-Empfänger. Das sind die Leute, die das Geldwieder ausgeben. Das ist sozial gerecht. Das ist sofortspürbar. Das ist effizient. Das wäre aus unserer Sicht dierichtige Maßnahme.
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Wir können uns eine Vertagung eines klaren Klima-urses nicht leisten, letztes Jahr schon nicht und heuterst recht nicht. Wenn Sie schon nicht über Umwelt-chutz und Umweltschäden reden wollen, dann redenie über Wirtschaft. Klimapolitik ist ein Konjunktur-aket ersten Ranges. Es schafft Arbeit, und zwar zu-unftsfähige Arbeitsplätze. Es fördert Innovation durcheue Technologien, sichert den Export und sichert auchie Wettbewerbsfähigkeit. Wissen Sie, was meine Sorgest? Meine Sorge ist, dass uns andere hier gerade denang ablaufen. Wir hören aus Amerika und vom UN-eneralsekretär, dass ein grüner New Deal nötig ist. Wirören von der zuständigen EU-Kommissarin:Klimaschutz und die Entwicklung energieeffizien-ter Technologien können … die Lokomotive wer-den, die uns aus der Krise zieht.Was macht die Bundesregierung? Sie unterbreitet einenfz-Steuer-Vorschlag, der zur Folge hat, dass die An-chaffung spritfressender Geländewagen mit 1 800 Euroelohnt wird und die Anschaffung eines sparsamen klei-en Autos mit 130 Euro. Das geht in die völlig falscheichtung. Das dürfen Sie nicht machen.
Sie haben in der Rede zum Wachstumspaket, Herrlos, zu diesem Kfz-Steuer-Vorschlag gesagt:… das ist eine Art symbolischer Akt, der zeigt, wiewichtig uns die Automobilindustrie ist.ir brauchen keine Symbolpolitik, sondern wir brau-hen eine klare Ausrichtung auf den Klimaschutz.
Dritter Punkt: Investitionen in Bildung und Wis-ensgesellschaft. Das ist eine Forderung, die der Sach-erständigenrat, der ja Ihr Konjunkturpaket nicht geradeositiv beurteilt hat, auch aufgestellt hat. Wir brauchen
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Kerstin AndreaeGeld für Betreuung und Geld für Bildung, aber zum Bei-spiel auch Geld, um den Kommunen zu helfen, ihreSchulen zu sanieren.
Schauen Sie sich einmal in der Landschaft um, schauenSie sich einmal an, wie die Schulen aussehen. Hier er-gäbe sich eine mehrfache Win-win-Situation: für dieKinder in den Schulen, für die Kommunen, für dasKlima und für die Wirtschaft.
Hier muss massiv mehr Geld investiert werden. Natür-lich passiert das an der einen oder anderen Stelle, aberdas reicht einfach nicht aus.
– Natürlich geht das. Sie müssten sich einmal ein paarGedanken machen, wie das funktionieren könnte, abernatürlich ist es möglich, den Kommunen hier finanziellunter die Arme zu greifen.
Es liegen Vorschläge auf dem Tisch. Diese muss mansich anschauen. Man darf sich aber nicht einfach auf denStandpunkt zurückziehen: Das funktioniert nicht; dasmachen wir nicht; deswegen lassen wir zu, dass dieSchulen immer maroder werden.
Es gibt ja noch viel mehr Vorschläge, was Sie machenkönnten. Ich höre mir diese immer gerne an und unter-stütze sie auch. Schauen Sie sich einmal an, wie wirbeim Bürokratieabbau vorankommen. Ich finde, das isteinfach zu wenig. Die Niederlande haben es geschafft,den Bürokratieabbau massiv voranzubringen und die In-formationspflichten zu senken. Wir sprechen hier nochnicht über irgendwelche politisch gesetzten Vorgaben,sondern wir sprechen hier schlicht über Informations-und Statistikpflichten. Das, was die Kanzlerin in ihrerRede gesagt, nämlich dass es hier um ein Volumen unge-fähr in Höhe des Volumens der Steuerreform gehe,stimmt, aber nur theoretisch. Wir haben nämlich nichtgenug gemacht. Wir haben dieses Volumen nicht ausge-schöpft. Wir haben die Unternehmen nicht so entlastet,wie es andere machen. Auch Österreich läuft uns in die-sem Punkt davon.Ich wünsche mir vom Wirtschaftsminister, dass erMaßnahmen, die in anderen Ländern erfolgreich waren,auch hier umsetzt. Ein sinnvoller Vorschlag, den Sie um-setzen könnten, wäre zum Beispiel, dass jeder Fach-minister einmal im Jahr hier im Plenum zu der Frage derBürokratiebelastung durch seine Gesetze Stellung neh-men muss.
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der warum Sie nicht wenigstens etwas Gleichwertigesorlegen. Sie selber sagen, eines der größten Problemeür die sogenannten weißen Flecken, also die betroffe-en Gemeinden, ist, dass es da keine Breitbandan-chlüsse gibt. Wir schlagen nun vor, sich um eine solideatenbasis und um eine zielgenaue Beratung der Ge-einden zu kümmern.
Das haben Sie aber nicht in der Weise beschlossen,ass die notwendigen Mittel etatisiert sind. Das ist dochas Problem.
ie machen große Worte, aber nichts ist dahinter. Des-egen ist das, was Sie machen, nur Show.
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Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
men.
Ich komme zum Schluss.
Mit Blick auf das Konjunkturprogramm fordere ich
Sie auf: Passen Sie auf, dass Sie nicht Maßnahmen er-
greifen, die eine neue Krise automatisch nach sich zie-
hen! Es ist falsch, in marode Unternehmen und in
marode Branchen zu investieren. Es ist richtig, den
Strukturwandel voranzutreiben und die Zukunft im Blick
zu haben. In diesem Sinne brauchen wir eine Wirt-
schaftspolitik für morgen und keinen Wirtschaftsminis-
ter von gestern. Das wäre aus unserer Sicht ein sehr sinn-
volles Konjunkturprogramm.
Vielen Dank.
Kurt Rossmanith ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren Kollegen! Alle Vorredner haben in ihren Beiträ-gen die weltweite Finanzkrise und auch die Krise, diesich daraufhin im ökonomischen Bereich einstellt, dar-gestellt. Denen kann ich natürlich nicht widersprechen.Aber ich halte es für wichtig, dass wir ein Stück Opti-mismus mit einbringen. Wir sollten uns alle gemeinsamdarum bemühen und alles daransetzen, dass aus dieserKrise eine hoffnungsvolle Zukunft erwächst. Denn jedeKrise birgt die Chance und die Hoffnung auf einen Wan-del und eine bessere Zukunft in sich. Im Chinesischensteht für „Krise“ und für „Optimismus“ das gleicheSchriftzeichen. Daran sollten wir vielleicht auch denken.Die Bundesregierung hat – getragen von der Koali-tion – Maßnahmen beschlossen und eingeleitet, um dieseKrise nicht zu einem Desaster für unser Land, das natür-lich von der Weltwirtschaft in ganz besonderem Maßeabhängt, werden zu lassen und um aus der Krise heraus-zukommen. Die Bundeskanzlerin hat gesagt, dass 2009ein schwieriges Jahr werden wird. Aber ich bin davonüberzeugt, dass wir im Jahr 2010 aufgrund der eingelei-teten und durchgeführten Maßnahmen wieder auf demWeg nach oben sein werden und dass es zu einer kräfti-gen wirtschaftlichen Erholung und damit zu sicheren Ar-beitsplätzen für die Bürgerinnen und Bürger unseresLandes kommen wird.
Natürlich sind alle Maßnahmen, die dazu dienen, unsaus der Wirtschaftskrise zu führen und nach vorne zubringen, im Zusammenhang mit der Stabilisierung desHaushaltes zu sehen. Bundesminister Glos hat ebensowwdgvw2kswSH2drWgbledKhzEfBsbgdbEUlfWdDRasncelA
s ist unser aller Aufgabe, diesen Vorsprung zu halten.nsere Wissenschaft, unsere Hochtechnologie wirdetztlich in neuer Wirtschaftskraft ihren Niederschlaginden.
ir sollten unsere jungen Menschen animieren, auch aufiesem Hochtechnologiefeld tätig zu werden.Volker Kröning hat es schon angesprochen: Unserank geht an das Deutsche Zentrum für Luft- undaumfahrt. Aber ich möchte in diesem Zusammenhanguch unsere anderen Agenturen nennen, die Bundesan-talten und Bundesämter, die sonst bei diesen Diskussio-en immer unter den Tisch fallen, und ihnen ein herzli-hes Dankeschön für die Leistung sagen, die sie hierrbringen.
Als Exportweltmeister und vom Export ganz wesent-ich getragenes Land müssen wir natürlich auch bei derußenwirtschaftsförderung entsprechende Akzente
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Kurt J. Rossmanithsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass es mit allen Beteiligtenmöglich war, ein Instrumentarium zu schaffen, wodurchdie Suche nach Geschäftsbeziehungen sowohl nach in-nen als auch nach außen gebündelt wird, sodass nichtdrei, vier oder fünf verschiedene Aktionen nebeneinan-derlaufen, sondern dass dies aus einer Hand angebotenwerden kann, wie es in manchen Bereichen schon derFall ist. Ich will hier nur als Beispiel Südamerika nen-nen: Mithilfe unserer Außenhandelskammer in SãoPaulo, Brasilien, funktioniert die Zusammenarbeit zwi-schen den Institutionen hervorragend. Wir werden dieseZusammenarbeit ausbauen. Ich bin allen dankbar, diedaran mitgewirkt haben, dass wir dies erreichen konnten.Wir werden weiterhin einen ganz wichtigen Akzentauf die Darstellung unserer wirtschaftlichen Leistungsfä-higkeit im Ausland setzen müssen. Das heißt, dass unserAuslandsmessewesen weiterhin ein wichtiger Faktor imBundesministerium für Wirtschaft und Technologie seinmuss. Ich halte das für das Instrumentarium schlechthin.Wir, also das Wirtschaftsministerium, die Bundesregie-rung und die Bundesrepublik Deutschland, müssen ge-rade unseren mittleren und kleineren Unternehmen einePlattform schaffen, damit sie auf den internationalenWeltmärkten bestehen können.Ich glaube, dass der Entwurf des Haushalts des Bun-desministers für Wirtschaft und Technologie, so wie wirihn im Haushaltsausschuss beschlossen haben und Ihnenheute vortragen, für den wir um Zustimmung bitten, dasErgebnis einer sehr guten Arbeit ist. Wir brauchen dieImpulse. Wir haben gezeigt, dass Sparsamkeit in schwie-rigen Zeiten nicht gänzlich an die Seite gerückt oder so-gar vergessen werden muss.
Herr Kollege Rossmanith!
Sehr verehrter Herr Präsident, ich komme zum
Schluss. – Ich möchte allen Dank sagen, die daran mit-
gewirkt haben. Zum einen möchte ich den Mitbericht-
erstattern danken, aber auch den Vertretern beider Häu-
ser, also den Vertretern des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie und des Finanzministe-
riums, hier insbesondere denen der Haushaltsabteilung,
aber auch denen aus allen anderen Abteilungen, die her-
vorragende Arbeit geleistet haben.
Wir legen Ihnen eine sehr gute Arbeit vor. Diese Ar-
beit sollte in der zweiten Lesung durch Ihr Ja entspre-
chend anerkannt werden.
Herzlichen Dank.
Das Wort erhält nun die Kollegin Ulrike Flach für die
FDP-Fraktion.
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Die Erkenntnis ist bei Ihnen, zumindest nach den Zei-ungsmeldungen, der erste Schritt auf dem Weg zur Bes-erung. Wir, die Liberalen, sind ganz klar mit Ihnen ei-er Meinung, dass wir eine deutlich spürbare Entlastunger Bürger brauchen. Jetzt rächt sich natürlich – das er-ennen wir als Haushälter ganz deutlich –, dass Sie inen letzten Jahren nicht vorgesorgt haben.
ie haben nicht gespart. Die FDP hat Ihnen in den letztenahren Sparvorschläge in Höhe von 40 Milliarden Euroorgelegt, und Sie haben durch die Bank alle abgelehnt.
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Ulrike FlachWären Sie unseren Sparvorschlägen gefolgt, hätten wirheute zumindest ein Fundament, um etwas anzustoßen.Wir beide, lieber Herr Rossmanith, hätten dann wirklichden Mond erobern können. Aber weil Sie nicht gesparthaben, können Sie auch keine wichtigen Investitionsvor-haben auf den Weg bringen. Aus diesem Grund ver-schwinden auch Ihre Steuersenkungsvorschläge im Ne-bel.Nun wird es eng. Ohne den entsprechend saniertenHaushalt müssen Sie ins kalte Wasser springen. Der Fi-nanzminister sagt immer gerne, man solle nicht jedenTag eine neue Sau durchs Dorf jagen. Aber ich betrachtemit Interesse, was uns die Bundesbank in diesen Tagenzu diesem Thema sagt. Wir werden in den nächsten Ta-gen damit konfrontiert werden, dass uns die Bundesbankauffordert, Steuerschecks zu verteilen. Da frage ichmich natürlich: Wie stehen Sie dazu? Heute wäre dieChance gewesen, Herr Glos, das deutlich zu machen.
Das haben Sie leider nicht getan. Das Quantum Trostsind Sie für uns heute nicht gewesen. Ich hätte mich ge-freut, wenn Sie etwas dazu gesagt hätten. Unter diesenUmständen können wir Ihrem Haushalt nicht zustim-men.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Edelgard Bulmahn,
SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenHerren und Damen! Es ist richtig, dass wir uns in einersehr schwierigen Krise befinden. Ebenso ist richtig, FrauKollegin Andreae, dass sich die Weltwirtschaft auf Tal-fahrt befindet. Niemand wird das bestreiten können. Un-ser Land, das wie kein anderes vom Exportgeschäft lebt,wird nicht darauf hoffen können, hiervon verschont zubleiben. Die Krise hat – auch das ist gesagt worden – dieRealwirtschaft erreicht. Sie hat bereits Auswirkungenauf die chemische Industrie und auf die Automobilindus-trie, und wir befürchten, dass sie auch Auswirkungen aufden Arbeitsmarkt haben wird.Ich sage dennoch – mein Kollege Stiegler hat zuRecht darauf hingewiesen –: Das Rettende wächst.
Der G-20-Gipfel, die EU, die Bundesregierung, dieUSA, China und viele andere Länder, sie alle arbeitenzusammen.
Das ist ein entscheidender Fortschritt.
Anders als in der großen Depression in den 20er-Jahren,die bis in die 30er-Jahre hineinging, gibt es heute denpolitischen Willen, die Krise gemeinsam zu meistern.DFlWtaNsekrdghMwBnsBzcEddmghkeIAwf
as ist ein unglaublicher Fortschritt, den man, liebe Fraulach, nicht zerreden darf.
Abgestimmtes Handeln – das sagt der IWF ausdrück-ich – zeigt doppelte Wirkung. Peer Steinbrück, Frank-alter Steinmeier und die Kanzlerin haben auf interna-ionaler und auf europäischer Ebene mit Erfolg auf einbgestimmtes gemeinsames Handeln gedrungen.
achdem die Wirtschaft sich globalisiert hat, ist es ange-ichts der Herausforderungen unausweichlich, auch zuiner weltweit koordinierten Wirtschaftspolitik zuommen.Wenn man sich in einer derart unsicheren und schwie-igen wirtschaftlichen Lage befindet, dann kommt esarauf an, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und zü-ig zu handeln. Die Bundesregierung und das Parlamentaben in den letzten Tagen und Wochen beides geleistet.
it dem Schirm für die Finanzwirtschaft – hier redenir über 500 Milliarden Euro: 400 Milliarden Euro anürgschaften und 100 Milliarden Euro an konkreter fi-anzieller Hilfe –, dem Konjunkturprogramm, dem Be-chäftigungssicherungsprogramm und auch mit demundeshaushalt leisten wir einen entscheidenden Beitragur Stabilisierung der Wirtschaft und damit auch zur Si-herung der Arbeitsplätze.
s kommt jetzt darauf an – das haben hier viele gefor-ert –, die Binnennachfrage zu stärken. Genau das tutie Bundesregierung
it dem Konjunkturprogramm, mit dem Beschäfti-ungssicherungsprogramm, aber auch mit diesem Haus-alt. Es kommt außerdem darauf an, die Exportfähig-eit unserer Unternehmen weiter zu stärken, weil wirxtrem exportabhängig sind. Das geht nur, wenn wir diennovationskraft unserer Unternehmen weiter stärken.uch das tun wir mit diesem Bundeshaushalt.
Liebe Frau Kollegin Andreae, wir sind uns in dem,as wir tun müssen, einig: Wir müssen die Binnennach-rage stärken; wir müssen die Exportnachfrage stärken.
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Edelgard BulmahnGenau das tun wir mit dem, was wir hier in den letztenWochen vorgelegt haben, und mit dem, worüber wirheute entscheiden werden.Die Maßnahmen, die wir hier zu ergreifen haben,müssen – das ist ein weiterer wichtiger Aspekt – kurzfris-tig Wachstumsimpulse geben, und sie müssen gleich-zeitig eine nachhaltige Wirkung haben. Deshalb habenwir uns entschlossen, bestimmte Vorschläge – etwa dieVerteilung von Konsumschecks, was wie ein Strohfeuerwirken würde, was schnell aufflammt, aber genausoschnell auch wieder erlischt – nicht aufzugreifen. Mit derdeutlichen Erhöhung der Mittel für das CO2-Gebäudesa-nierungsprogramm setzen wir genau den Schwerpunkt,den Sie hier gefordert haben. Dadurch können wir kurz-fristig Investitionen mit einer großen Wirkung – geradefür kleine und mittlere Unternehmen, für das Handwerk –in Gang setzen. Dieses Programm wollen wir im Übri-gen, liebe Frau Kollegin, ganz gezielt für die CO2-Sanie-rung von Schulgebäuden einsetzen.
Genau das wollen wir damit erreichen; denn wir sehendie Notwendigkeit und den Bedarf. Liebe KolleginAndreae, man muss schon ein bisschen genauer hin-schauen.Ich will allerdings auch ausdrücklich sagen – das er-wähne ich hier nicht zum ersten Mal –: Neben der Bun-desregierung haben auch die Länder und die Kommuneneine konjunkturpolitische Verantwortung.
Es muss schon so sein, dass wirklich alle Ebenen koordi-niert zusammenarbeiten, so wie es unsere Bundesregie-rung in den internationalen Verhandlungen zu Recht im-mer wieder eingefordert hat und zu Recht durchsetzt.Zum ersten Mal seit zwei Jahren – auch das will ich indiesem Zusammenhang sagen – haben wir überhauptdiese Handlungsmöglichkeiten. Zum ersten Mal seitzwei Jahren ist die Situation so, dass der gesamtstaatli-che Haushalt einen Überschuss ausweist. Das gibt unsdie Möglichkeit, jetzt diese Entscheidungen zu treffen.Auch das ist ein Ergebnis einer guten Regierungspolitik,wenn auch nicht allein ihr Ergebnis; das weiß ich auch.Die Wirtschaft hat dabei eine wichtige Rolle gespielt,vor allen Dingen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer; schließlich sind sie diejenigen, die Wertschöpfungbetreiben. Aber ich wiederhole: Das ist auch ein Ergeb-nis guter politischer Arbeit.
Die FDP hat wieder Steuersenkungen verlangt. Es istfast schon so, dass man bei der FDP immer weiß, waskommt.
Ich muss allerdings sagen: Steuersenkungen wären inder derzeitigen finanz- und wirtschaftspolitischen Lageeinfach verantwortungslos:Zsbpdegl1SvsDswhsfWldidHdmdguHKl
um einen würden die öffentlichen Haushalte ihre Ge-taltungsspielräume, die sie im Augenblick dringendrauchen, verlieren, und zum anderen würde das, wie ichersönlich fürchte, zu nichts anderem führen, als dassie Menschen die zusätzlichen Mittel auf das Sparkontoinzahlen würden. Darauf haben Sie selbst hingewiesen.
Ich habe den Eindruck, liebe Kolleginnen und Kolle-en von der FDP, dass Sie immer noch nichts dazuge-ernt haben, obwohl Friedrich Hebbel schon vor über50 Jahren gesagt hat:Selbst im Fall einer Revolution würden die Deut-schen sich nur Steuerfreiheit, nie Gedankenfreiheiterkämpfen.ie haben Friedrich Hebbel allerdings gründlich miss-erstanden, wenn Sie glauben, er habe das als wün-chenswert beschrieben. Es war als Kritik gemeint.
eshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP,age ich: 150 Jahre reichen doch, um dazuzulernen.
Die neoliberalen Wirtschaftskonzepte, die Sie heuteieder vorgetragen haben,
aben uns die gegenwärtige Krise eingebrockt, und sieind untauglich, uns aus dieser Krise wieder herauszu-ühren.
ir brauchen nicht weniger Staat, sondern einen hand-ungsfähigen Staat.
Wir werden die Erfolge der letzten Jahre – ich sageas ausdrücklich für die Koalitionsfraktionen; wir habennzwischen über 40 Millionen Beschäftigte – nicht wie-er leichtfertig preisgeben. Deshalb stärken wir mit demaushalt des Bundeswirtschaftsministeriums besondersie Wirtschafts- und Innovationskraft der kleinen undittleren Unternehmen. Wir stärken zudem durch dieeutliche Erhöhung der Mittel für die Gemeinschaftsauf-abe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“nd durch das Zinsverbilligungsprogramm der KfW inöhe von 20 Milliarden Euro, auf das mein Kollegeröning schon hingewiesen hat, gleichzeitig und zusätz-ich Investitionen in der Breite.
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Edelgard BulmahnWir stärken die Innovationskraft der kleinen und mitt-leren Unternehmen vor allem deshalb, weil wir wissen,dass sie das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, weil wirwissen, dass sie über 80 Prozent der Arbeitsplätze zurVerfügung stellen,
weil wir wissen, dass sie die Ausbildung tragen,
und weil wir auch wissen, dass sie wichtige Wachstums-und Fortschrittstreiber für neue Produkte, Güter undDienstleistungen sind. Daher stärken wir mit diesemHaushalt Forschung und Entwicklung, Technologieent-wicklung und Innovationen im Mittelstand.
Bei allem konjunkturpolitischen Handlungsbedarfwäre eines grundfalsch: darauf zu verzichten, die Unter-nehmen auch weiterhin für die Zukunft fit zu machenund ihre Innovationskraft zu stärken. Wir werden des-halb die Mittel für die Technologieförderungspro-gramme des BMWi für den Mittelstand von 246 Millio-nen Euro auf 323 Millionen Euro erhöhen. Mit demzentralen Innovationsprogramm „Mittelstand“ wird zu-dem – auch das ist ein wichtiger Aspekt – die Förderungder kleinen und mittleren Unternehmen schlagkräftiger,effektiver, kundenfreundlicher und klarer strukturiert.Mit dem Innovationsprogramm werden die Innovations-kraft und die Wettbewerbsfähigkeit der KMUs unter-stützt.Wir haben dabei darauf geachtet, dass auch die be-währten Prinzipien und Grundsätze beibehalten werden.Das heißt, dass die Unternehmen selbst über die Techno-logie entscheiden, dass sie selbst die Kooperations- undNetzwerkpartner auswählen und dass sie selbst über denKurs im Zusammenhang mit marktorientierten FuE-Pro-jekten entscheiden. Das ist wichtig, weil wir damit diezweite wichtige Säule der Forschungsförderung, diedes Bundesministeriums für Bildung und Forschung,sinnvoll ergänzen. In dieser Zusammenschau macht dasGanze nämlich Sinn, und dieses Zusammenspiel ist er-folgreich.
Zudem bleibt es bei der Offenheit der Technologien undBranchen.Kurz gesagt: Das Programm ist ein wichtiger Schritthin zu einer breitenwirksamen, schlagkräftigen Förde-rung in einem konsistenten Programm, das dem hohenFörderbedarf des innovativen Mittelstands in ganzDeutschland entspricht.Ich will ein weiteres Beispiel ansprechen, mit demwir die Technologieförderung der kleinen und mittlerenUnternehmen verbessern. Wir setzen nicht nur einseitigauf die Stärkung der technologischen Innovationskraft.Vielmehr wollen wir Innovationen auch für die ökologi-sedgdtgdtBwrhrwlddrdwrtnPdiePdu1edgAvkgvwsWrmrjws
enn wir wollen, dass unsere Anstrengungen im Be-eich Forschung und Entwicklung nicht ins Leere laufen,üssen wir – das ist ganz entscheidend – gute Finanzie-ungsinstrumente zur Verfügung stellen, damit sich dieseungen Unternehmen zu erfolgreichen Unternehmen ent-ickeln können. Das ist mir ein wichtiges Anliegen.
Wer die gegenwärtige Krise der Weltwirtschaft über-tehen will, der darf nicht nur daran denken, wie er die
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Edelgard Bulmahnnächsten Stunden übersteht; er muss gleichzeitig dafürsorgen, dass er aus dieser Krise gestärkt hervorgeht undfür die Märkte von morgen und übermorgen gerüstet ist.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das Wort hat nun der Kollege Roland Claus für die
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundes-wirtschaftsminister Glos hat uns alle vor zwei Monatenbei der Einbringung seines Etats, vier Tage nach demUntergang von Lehman, mit dem Satz überrascht: Wirhatten eine Krise bei der Industriekreditbank und derKfW. So fatal dieser Satz vor zwei Monaten war, so fatalwar und ist leider auch die Wirtschaftspolitik von HerrnGlos. Das Ergebnis Ihrer Wirtschaftspolitik, Herr Bun-desminister, ist, dass in diesem Land die Reichen reicherund die Armen zahlreicher werden.
Sie sind nun dabei, den Banken die Schuld zuzuschie-ben. Es muss aber ausdrücklich klargestellt werden: Wasdie Banken leisten können, hat die Politik erstens ge-wollt und zweitens zugelassen.
Das Ergebnis ist, dass die Akzeptanz der sozialen Markt-wirtschaft im Osten und im Westen erheblich sinkt.
Der frühere Generalsekretär der Christlich-Demokrati-schen Union, Heiner Geißler, hat seine Partei heute so-gar aufgerufen, gegen diesen ungezügelten Kapitalismusanzugehen.Herr Minister, Sie wären als Wirtschaftsminister ge-wissermaßen der berufene Anwalt der sogenannten Real-wirtschaft. Wenn jetzt Töne laut werden, dass am freienKapitalmarkt festgehalten werden soll, dann müssten Sieim Sinne dieser Realwirtschaft lautstark protestieren. Wirhaben Sie nicht vernommen.
Sie haben in den letzten Monaten und Jahren vielleichtviele Menschen aus der Arbeitslosenstatistik geholt, abernicht aus Armut, Zukunftsangst und Niedriglohn. Wenndie Menschen, von denen ich rede, heute diese Debatteverfolgen und feststellen, dass es dem Parlament offen-sichtlich am wichtigsten ist, demnächst auf den Mond zukommen, werden sie sich fragen: In welcher Gesell-schaft leben wir eigentlich?
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Herr Minister, ich muss Sie auch auf die Wirtschafts-örderung in den neuen Bundesländern ansprechen, dieetzt in der Krise besonders notwendig sein wird. Sieissen wie wir, dass wir es in den neuen Bundesländernor allem mit verlängerten Werkbänken zu tun haben.ie hundert größten ostdeutschen Unternehmen zusam-en erreichen nicht die Hälfte der Leistungskraft vonaimler. Das ist ein Problem, mit dem wir jetzt zu tunaben. Man weiß, dass im Osten Zeit- und Leiharbeitesonders ausgeprägt sind. Das IAB – nicht die Links-raktion, sondern das Arbeitsmarktinstitut der Bundes-gentur für Arbeit – hat unlängst ausgerechnet, dass ininem Drittel der ostdeutschen Betriebe die Zeit- undeiharbeiter, die 1-Euro-Jobber die Mehrheit der Beleg-chaften stellen. Was sind denn das für Zustände? Dasann man doch nicht hinnehmen. Das erfordert auchetzt in der Krise Handeln.
Ich hatte Ihnen gesagt, woher das stammt.Der Sachverständigenrat hat Sie in jüngster Zeit kriti-iert. Ihre Reaktion war, öffentlich darüber nachzuden-en, ob man ihn nicht auflösen könnte. Die Linke hat Ih-en Vorschläge unterbreitet, wie mit einem wirklichenonjunkturprogramm, das mehr Mittel für Bildung undissenschaft, einen Mindestlohn und höhere Leistungenür Arbeitslosengeldbezieher vorsieht, der Krise beizu-ommen ist. Wir sagen Ihnen: Wege aus der Krise sindöglich, aber nicht mit diesem Wirtschaftsetat.
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das kannhnen, Herr Glos, nicht passieren. Sie kommen nicht zupät, Sie kommen bei der Bewältigung der Krise garicht vor.
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Laurenz Meyer ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Claus, ich weiß gar nicht, warum Sie hier Kroko-dilstränen über die soziale Marktwirtschaft weinen. Dasnimmt Ihnen sowieso keiner ab. Die Wahrheit ist: UnserLand mit seiner sozialen Marktwirtschaft ist zurzeit dasLand in der ganzen Welt, in dem die Bewältigung derWirtschaftskrise bisher am besten gelingt, nicht nur inEuropa, sondern weit darüber hinaus.
Das sollten wir zu Beginn feststellen. Das sage ich auchan die FDP-Fraktion.Wir müssen eine vernünftige Analyse bei allem ma-chen, wo wir zu handeln haben. Wir haben zurzeit eineabsolut gespaltene Lage. Kleine und mittlere Unterneh-men, die in ihrem regionalwirtschaftlichen Handeln aufDeutschland angewiesen sind, sind ja von der ganzenKrise nahezu unberührt. Wir haben zurzeit die Situation,dass in den großen Unternehmen, den großen Familien-unternehmen, die bei ihren Exportanstrengungen aufSchwellenländer angewiesen sind, Probleme sprunghaftund bruchhaft auftauchen.Die Bundesagentur für Arbeit hat noch im letztenMonat verkündet, es gibt keinen Anstieg bei der Kurz-arbeit. Wir haben gestern die Zahlen bekommen. Werhätte geglaubt, dass dies möglich ist? In welchem Landwird in dieser Phase die Arbeitslosigkeit noch abge-baut? Trotzdem dürfen wir die Warnsignale, den sprung-haften Anstieg der Kurzarbeit, nicht übersehen. Des-halb müssen wir aufmerksam sein und so weiterarbeiten,wie wir bisher in der Krise gearbeitet haben. Wir müssenpräpariert sein, damit dort eingegriffen werden kann, woes notwendig ist.
Unsere Unternehmen sind richtig gut aufgestellt. Des-halb müssen wir alles tun, damit unsere Unternehmen inder Phase, in der es in der Welt wieder losgeht, ganzvorne dabei sind. Das ist unsere Aufgabe. Auf diese Auf-gabe müssen wir uns konzentrieren.In dieser Situation sage ich zur Kreditvergabe an Un-ternehmen, insbesondere an große Mittelständler, eines:Wenn die Landesbanken nicht jetzt an Stellen einsprin-gen, an denen es Probleme mit privaten Kreditinstitutengibt, haben sie ihre Existenzberechtigung in meinen Au-gen endgültig verloren.
Das ist die dringende Aufforderung. Wenn wir hier hel-fen, dann muss auch gehandelt werden. Ich bitte Sie,Herr Finanzminister und Herr Wirtschaftsminister, denDruck auf die Landesbanken, die öffentlich-rechtlichenBanken, die im Übrigen am meisten mitversagt haben,denn sie hatten auf diesem Sektor von GeldpapierenüddHgwggktPwwnWWmDekdsWshsALaphsd–ifsr
ir bekennen uns zu Industriegebieten vor Ort.
ir bekennen uns auch zu energieintensiven Unterneh-en. Es macht nämlich keinen Sinn, dass sie auseutschland abwandern und die Umweltbelastungen ininem anderen Land erhöhen.Ich habe an die Regierung, insbesondere die Bundes-anzlerin, aber auch ihre Minister, die Bitte: Es darf inieser Phase zu keinen neuen Belastungen für die deut-che Wirtschaft kommen.
ir müssen alle Maßnahmen daraufhin untersuchen, obie zu neuen Belastungen führen. Die Bundeskanzlerinat bei den Verhandlungen über das Klimapaket in Brüs-el unsere volle Rückendeckung. Es darf in Europa keineusnahmefälle geben, die dazu führen, dass in anderenändern Zugeständnisse gemacht werden, die bei unsber nicht gelten, und das zum Schaden der Arbeits-lätze in Deutschland.
Bisher waren wir in der aktuellen Krise handlungsfä-ig. Ich will hier und heute keine neuen Steuervor-chläge machen;
enn es liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch.
Frau Andreae, weil Sie gerade so schön lächeln, willch Ihnen ganz klar sagen – bei uns hat das jeder begrif-en –: Wer keine Steuern zahlt, der kann durch Steuer-enkungen auch nicht entlastet werden; das ist völligichtig.
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Laurenz Meyer
Unser Problem ist nicht, dass wir die Transferleistun-gen erhöhen müssen; hier sind wir nämlich Weltspitze.
Unser Problem ist, dass den ganz normalen Arbeitneh-mern in Deutschland, den Facharbeitern und den Bezie-hern kleiner Einkommen, die allerdings Steuern zahlen,zu wenig von ihrem Brutto übrig bleibt. Hier müssen wireingreifen.
Lieber Kollege Meyer.
Abschließend habe ich eine Bitte an die Bundesregie-
rung,
insbesondere den anwesenden Bundesfinanzminister
und Bundeswirtschaftsminister, denen ich für ihre bishe-
rige Arbeit danke.
Ich bitte im Namen der Kolleginnen und Kollegen, die
sich sehr ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt haben
– wir haben das nämlich getan –:
Herr Meyer, ich muss Sie noch einmal auf Ihre Rede-
zeit aufmerksam machen.
Ich bin bei meinem letzten Satz, Herr Präsident.
Ja.
Nutzen Sie die Zeit bis zum Jahreswechsel, um Pläne
vorzubereiten, damit die Bundesregierung auch in dem
Fall handlungsfähig ist, dass negative Entwicklungen in
anderen Ländern, in denen die wirtschaftspolitischen
Zustände sehr viel schlechter sind als bei uns, auf
Deutschland übergreifen, damit wir nicht erst dann zu
diskutieren anfangen.
Ich empfehle noch einmal, mit dem ganz Wichtigen
möglichst anzufangen, damit es am Ende nicht der ohne-
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Nun erhält als letzter Redner zu diesem Tagesord-
ungspunkt der Kollege Dr. Michael Fuchs das Wort,
benfalls für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!iese Krise ist eine Krise, die nicht nur einige Bereiche,ondern die gesamte Welt betrifft; darauf hat der Bundes-irtschaftsminister völlig zu Recht hingewiesen. In allenöglichen Regionen der Welt hat diese Krise zugeschla-en. Richtig ist auch, dass Deutschland nach wie vor amesten dran ist, weil wir eine der robustesten Volkswirt-chaften haben. Sie ist vor allen Dingen deswegen so ro-ust, weil sie auf dem Mittelstand basiert und weil es beins stabile mittelständische Unternehmen gibt, die ihreitarbeiter in einer solchen Krise nicht schnell entlas-en, sondern versuchen, ihren Mitarbeiterstamm beizu-ehalten.
eswegen bin ich optimistisch, dass wir diese Krise bes-er überstehen werden als viele andere Länder.Diese Krise hat für unsere Wirtschaft allerdings einenehr negativen Effekt: Sie ist für Deutschland vor alleningen deswegen so riskant, weil wir eine exportorien-ierte Wirtschaft haben. In den letzten Jahren ist es sout wie nie vorgekommen, dass der Export in einemirtschaftsabschwung in dem Maße zusammengebro-hen ist, wie es zurzeit geschieht. Das ist das, was mirehr viel Sorge macht, weil wir in vielen Bereichen un-erer exportorientierten Wirtschaft regelrechte Abstürzerleben.
Ich habe ein ganz klein bisschen Ahnung vom Groß-nd Außenhandel und noch einige gute Bekannte in die-em Bereich. Ich habe vor kurzem mit einigen Außen-ändlern gesprochen. Dabei hat mir zum Beispiel je-and, der im Maschinenbau tätig ist und Waren nachhina exportiert, gesagt, dass er 33 Projekte in Chinaatte, von denen 30 gecancelt und drei auf „on hold“ ge-tellt worden sind. Man kann jetzt darüber diskutieren,b die Chinesen nicht doch Verträge zu erfüllen haben,ber wenn sie nicht zahlen, dann wird allenfalls dieermes-Problematik im Wirtschaftsministerium nochramatischer werden. Vielleicht wird es auch aufgrundieses Bereichs zu erheblichen Belastungen für den Bun-eshaushalt kommen, lieber Kollege Kampeter.
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Dr. Michael FuchsDeswegen halte ich es für dringend notwendig, lieberBundeswirtschaftsminister – hierauf möchte ich meinenwesentlichen Akzent setzen –, dass wir gerade in dieserSituation beim Welthandel weiter vorankommen. Es gibtja anscheinend doch noch eine Chance – die Bundes-kanzlerin hat das angedeutet –, dass die Doha-Rundeschnell beendet werden kann. Das wäre für die export-orientierte Wirtschaft und vor allen Dingen für die Mit-telständler der Branche sehr wichtig.
Falls das aber nicht der Fall ist, dann wird es meinerMeinung nach Zeit, dass sich Europa schnell auf denamerikanischen Weg begibt. Ich gehe davon aus, dassder Protektionismus in den USA eher stärker wird, wenndie Demokraten jetzt den Präsidenten stellen. Die Ame-rikaner haben in der letzten Zeit überall in der WeltFTAs, Free Trade Agreements, abgeschlossen. Wir müs-sen darüber nachdenken, ob das auch für uns infragekommt, falls wir mit der Doha-Runde tatsächlich nichtzu einem Abschluss kommen; denn es kann nicht sein,dass wir unsere Wirtschaft noch mehr ins Hintertreffenbringen – gerade Deutschland ist hier besonders benach-teiligt – und dass die amerikanische Wirtschaft von die-sen FTAs profitiert, die eigentlich die Verursacherin die-ser Krise ist.Parallel dazu halte ich es aber für notwendig, dass wirüber alle möglichen Entlastungsmaßnahmen nachden-ken. Der Kollege Meyer hat völlig zu Recht gesagt, dasswir auf dem Sektor Umweltschutz schon sehr viel getanhaben und auch weiter tun müssen, Frau Andreae. Manmuss aber überlegen, ob wir jedes Projekt unbedingtjetzt durchführen müssen oder nicht um zwei oder dreiJahre verschieben können. Wir werden im nächsten Jahrviel weniger CO2 ausstoßen als in den Jahren zuvor. Dasist traurig, weil das daran liegt, dass unser Wirtschafts-wachstum sinkt. Das wird ein Beweis dafür sein.Parallel dazu halte ich es aber auch für nötig, perma-nent über Steuern nachzudenken.
Der Bundeswirtschaftsminister hat recht, wenn er sagt,dass auch die Steuern unter Umständen noch einmal aufden Prüfstand gestellt werden müssen.Dazu eine Anmerkung: Wir müssen die Vorausset-zungen dafür schaffen, dass die Krankenversicherungs-und Pflegeversicherungsbeiträge spätestens ab demJahre 2010 in voller Höhe absetzbar sind.
Dass uns das Bundesverfassungsgericht das aufgegebenhat, heißt ja, dass die bisherige Regelung nicht erst imJahre 2010, sondern auch schon 2009 falsch ist. Deswe-gen sollte man darüber nachdenken, das auch schon frü-her zu ermöglichen.Heute steht in der Bild-Zeitung ein interessanter Arti-kel von Herrn Barbier, dem Vorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung, nach dem Motto: Was hätte Erhard jetztgetan? – Erhard hätte in dieser Krise über Steuersenkun-gmplBemadBfEt–dltüdrhmaiebBWA
Dass das dem Präsidenten auch ohne schwere Attackener Parlamentarischen Geschäftsführer selber aufgefal-en ist, ist ein Zeichen für die gemeinsame Konzentra-ion auf diesen Bundeshaushalt.Um der Ordnung Rechnung zu tragen: Wir habenber zwei Änderungsanträge im Zusammenhang mitem Einzelplan 09 nicht abgestimmt, was eigentlich Vo-aussetzung für die Schlussabstimmung über den Haus-alt gewesen wäre. Diese rufe ich beide – wenn Sie da-it einverstanden sind – nachträglich noch einmal auf.Wer für den Änderungsantrag der Fraktion Die Linkeuf der Drucksache 16/11038 stimmen möchte, den bittech um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wernthält sich? – Damit ist dieser Änderungsantrag mitreiter Mehrheit abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktionündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 16/11071? –er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch dieserntrag ist mehrheitlich abgelehnt.
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Präsident Dr. Norbert LammertDarf ich allgemeines Einvernehmen voraussetzen,dass unter Berücksichtigung dieser nicht gänzlich über-raschenden Abstimmungsergebnisse die vorhin getrof-fene Entscheidung über den Einzelplan 09 nicht wieder-holt werden muss? – Dazu stelle ich Einvernehmen fest.Dann ist das so festgehalten.Ich rufe nun Tagesordnungspunkt II.20 auf:Einzelplan 60Allgemeine Finanzverwaltung– Drucksache 16/10422 –Berichterstattung:Abgeordnete Jochen-Konrad FrommeCarsten Schneider
Otto FrickeDr. Gesine LötzschAlexander BondeAuch hierzu gibt es Änderungsanträge, über die wirdiesmal vorab abstimmen.Wer stimmt für den Änderungsantrag der FraktionDie Linke auf der Drucksache 16/11039? – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag istabgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag der FraktionDie Linke auf Drucksache 16/11040? – Wer stimmt da-gegen? – Wer enthält sich? – Auch dieser Änderungsan-trag ist abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf der Druck-sache 16/11041? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich? – Dieser Änderungsantrag ist mit den Stimmen derübrigen Fraktionen ebenfalls abgelehnt.
– Ich bitte um Nachsicht. Beim letzten Änderungsantraggilt: bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-nen. Das hatte ich nicht gesehen.Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzel-plan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, in der Ausschuss-fassung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung –Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist derEinzelplan 60 mit den Stimmen der Koalition gegen dieStimmen der Opposition angenommen.Ich rufe nun Tagesordnungspunkt II.21 auf:Haushaltsgesetz 2009– Drucksachen 16/10424, 16/10425 –Berichterstattung:Abgeordnete Steffen KampeterCarsten Schneider
Otto FrickeDr. Gesine LötzschAlexander BondeEine Aussprache ist in der zweiten Beratung nichtvorgesehen, sodass wir gleich zur Abstimmung über dasHaushaltsgesetz 2009 in der Ausschussfassung kommenkönnen.FdrWDssmObDaKemzMüwgwmdnnKzFn
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? –ann ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.Wer stimmt für das Haushaltsgesetz 2009 in der Aus-chussfassung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältich? – Das Haushaltsgesetz ist in der Ausschussfassungit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen derpposition angenommen.Wir kommen nun zum Finanzplan des Bundes 2008is 2012 auf den Drucksachen 16/9901 und 16/9902.er Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlunguf der Drucksache 16/10426, den Finanzplan zurenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-mpfehlung? Wer stimmt dagegen? – Enthält sich je-and? – Das lassen wir jetzt auf sich beruhen. Es ist un-weifelhaft, dass die Beschlussempfehlung mit breiterehrheit angenommen ist.Dann rufe ich nun den Tagesordnungspunkt V auf:Dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2009
– Drucksachen 16/9900, 16/9902, 16/10402,16/10404 bis 16/10409, 16/10411 bis 16/10416,16/10419 bis 16/10422, 16/10423, 16/10424,16/10425 –Berichterstattung:Abgeordnete Steffen KampeterCarsten Schneider
Otto FrickeDr. Gesine LötzschAlexander BondeEs liegen insgesamt elf Entschließungsanträge vor,ber die wir nach der Schlussabstimmung abstimmenerden. Das haben wir vorhin schon einmal unfreiwilli-erweise geübt. Ich weise jetzt schon darauf hin, dassir später über das Haushaltsgesetz namentlich abstim-en werden.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-en Widerspruch; dann können wir so verfahren.Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-ächst der Kollegin Ulrike Flach für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Der Finanzminister hat mich in dieser Wocheunehmend an das Orchester auf der „Titanic“ erinnert.rei nach dem Motto, was nicht sein darf, wird auchicht sein, spielt er das alte Lied der vergangenen
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Ulrike FlachHaushaltsjahre, während sich das Schiff schon zu neigenbeginnt. Trotz der sich rapide eintrübenden wirtschaftli-chen Lage setzen Sie, Herr Steinbrück, wie immer aufdiejenigen Konjunkturprognosen, die Ihnen am bestenpassen, in diesem Jahr einfach einmal auf zu rosige Vo-raussagen, weichen Sie nicht vom Ausgabenkurs derletzten Jahre ab und bleiben Sie bei den alten Konjunk-turrezepten Ihrer Vorväter.Sie haben sich in Ihren Prognosen der wirtschaftli-chen Entwicklung jedes Jahr geirrt. Neu ist nur eines:Früher hatten Sie mehr Steuereinnahmen, weniger So-zialleistungen und bessere Konjunkturdaten als ge-schätzt, und in der Haushaltsdebatte am 11. September2007 haben Sie das sogar zum Prinzip erhoben, indemSie sagten:Gerade die Finanzpolitik muss von realistischen,eher vorsichtigen Annahmen getragen sein … Wirhaben uns am Ende der vergangenen Jahre zuguns-ten und nicht mehr zulasten der Bundesrepublikverschätzt, und dies ist für die weiteren Debattenvertrauensbildend.Jetzt haben Sie eingeräumt, dass Sie dieses Mal genauumgekehrt vorgehen, nämlich bei Wachstumszahlenzwischen plus 0,2 und minus 1 Prozent plötzlich von deroptimistischen Variante, also von plus 0,2 Prozent, aus-gehen. Das heißt, Sie sind von Ihrem Prinzip abgerückt,und wenn das andere Vorgehen früher vertrauensbildendwar, so wird dies wohl weniger Vertrauen bringen unddieses Land mit Sicherheit nicht mit Vertrauen erfüllen.
Trotz negativer Wachstumsprognosen rechnen Sienoch mit 6 Milliarden Euro mehr an Steuern als in die-sem Jahr, und dies, obwohl die Auswirkungen derFinanzkrise auf die gewinnabhängigen Steuern erst imnächsten Jahr voll durchschlagen werden. Das, lieberHerr Minister, sind Luftbuchungen.Betrachtet man das Wachstum der Ausgaben – einPlus von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr –, so un-terscheidet sich dieser Bundeshaushalt nicht von denenvergangener Jahre. Rechnet man die Umleitung einesMehrwertsteuerpunktes an die Arbeitsagentur in 2007und den Wiedereinstieg in die Postbeamtenversorgung2008 heraus, bewegt sich das jährliche Ausgabenwachs-tum ungefähr auf diesem Niveau. Seit 2005 hat sichSchwarz-Rot, statt zu sparen, Ausgaben von65 Milliarden Euro geleistet, ein Plus von 11 Prozent,und das bei circa 160 Milliarden Euro mehr an Steuer-einnahmen.Als Begründung für den Ausgabenanstieg 2009 wirdimmer vorgebracht, man dürfe nicht in den Abschwunghineinsparen. Aber wann hat diese Regierung denn ein-mal gespart? Das geschah doch nur marginal und meistzulasten der Bürger.
Nie hat es in diesen Jahren wirkliche ausgabenseitigeKonsolidierung gegeben, und das, was Sie uns als Kon-solidierung verkaufen, den Abbau der Neuverschuldung,hiMsftwbbBtzMtDhksdheBttwsEmzdcPrPdsnkdme2keh
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Wir Sozialdemokraten halten klar an unserem Kurs,den Frau Flach eben richtig beschrieben hat, fest: Inves-tieren, Reformieren, Sanieren.
Für uns gilt: Solide Finanzen sind eine Grundvorausset-zung für das Vertrauen der Öffentlichkeit in unsere Re-publik und die Volkswirtschaft unseres Landes. Das be-trifft nicht nur die hiesige Bevölkerung, sondern auchdie internationalen Investoren. Welche Schuldpapierekaufen diese denn noch weltweit? Es sind die der Bun-desrepublik Deutschland. In unsere Anleihen wird inves-tiert. Dabei zahlen wir weltweit die geringsten Zinsen.Das zeigt, dass die Investoren mit Marktwissen Ver-trauen in dieses Land und seine Leistungsfähigkeit ha-ben.
Wir tun gut daran, dieses Land nicht schlechtzureden,sondern die Potenziale und die Wachstumskräfte zu stär-ken und zu stimulieren.Von der Opposition habe ich viel Verschiedenes ge-hört. Die Linke antwortet auf eine konjunkturelle Schwä-che, insbesondere der Binnennachfrage, mit Steuererhö-hungen in Höhe von 40 Milliarden Euro. Die FDP willdie Mittel für das Elterngeld für ALG-II-Bezieher und dieWerbung von Investoren in den neuen Bundesländernstreichen, und das entgegen allen Trends und der Tatsa-che, dass sie die Nettokreditaufnahme des Bundes um10 Milliarden Euro reduzieren will. Alle vorliegendenAnträge betreffen den konsumtiven Bereich. Aber denvon uns geplanten Stimulierungsmaßnahmen – staatlicheMaßnahmen zur Infrastruktur, insbesondere zum Ver-kgaE–SaAIdsdedaedfUjstdßmIdIIIadDzwzIfm
Ich habe vorhin gesagt, dass wir diese Woche eineuntere Debatte hatten. Ich habe auch die muntere
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Carsten Schneider
Debatte vor dem Auftakt des CDU-Parteitags verfolgt.Man lernt immer dazu, wenn man erstens zuhört undsich zweitens die Entwürfe anschaut.
Ich habe mir einmal den Entwurf vom 13. Novemberzum Leitantrag angeschaut. Er enthielt einen Satz,
den ich für bemerkenswert halte: Wir wissen, dass indiesen Zeiten linke Parteien geneigt sind, die Haushalts-disziplin zugunsten von Schuldenerhöhungsprogrammenaufzugeben. Wir werden das nicht zulassen. –
In der Version des Leitantrags für den 30. November istdieser Satz gestrichen.
Ich weiß nicht, worauf ich das beziehen soll. Ob dieCDU jetzt eine linke Partei ist oder ob sich die Zeiten soschnell ändern? Es sind noch ein paar Tage bis zum Par-teitag. Wir werden das mit Aufmerksamkeit verfolgen.Ich glaube, es ist gut, dass wir als Sozialdemokratendiese Regierung mitstellen.Vielen Dank.
Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegin
Dr. Gesine Lötzsch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Diese Woche ist eine verlorene Woche imKampf gegen die Wirtschaftskrise. Die Bundesregie-rung wehrt sich mit Händen und Füßen gegen ein wirk-sames Konjunkturprogramm. Damit gefährdet sie Ar-beitsplätze von Millionen von Menschen, nicht nur inunserem Land, und das ist verantwortungslos.
China, Japan, die USA und andere europäische Staa-ten haben Konjunkturprogramme aufgelegt, nur dieBundesregierung meint, einen deutschen Sonderweg ge-hen zu können. Wenn es um den aussichtslosen Krieg inAfghanistan, wenn es um den sinnlosen Kauf von Euro-fightern geht, dann steht die Bundesregierung als atlanti-scher und europäischer Musterschüler in der erstenReihe. Da warnt die Bundesregierung mit erhobenemZeigefinger vor einem deutschen Sonderweg. Wenn esaber um die Sicherung von Millionen Arbeitsplätzengeht, dann spielt die atlantische und europäische Solida-rität keine Rolle mehr. Die Bundesregierung glaubt, alsTrittbrettfahrer der chinesischen, japanischen und ameri-kanischen Konjunkturzüge mitreisen zu können. Das istnupmtBscsBseG5sRWklnitfsCakbwdAkmdwdddeiS5GSp
Die Bundesregierung ist eine Regierung der zweieschwindigkeiten. Sie ist über Nacht in der Lage, ein00-Millarden-Euro-Paket zu schnüren. Das ist eine er-taunliche Leistung, wenn man bedenkt, dass das eineechnung mit sehr vielen explosiven Unbekannten ist.ir wissen gar nicht, welche faulen Kredite in den Ban-en schlummern und welche Risiken auf den Steuerzah-er zukommen. Wir wissen gar nicht, ob die Bankenma-ager, die staatliche Bürgschaften in Anspruch nehmen,n der Lage sind, ihre Geschäftsmodelle an die neue Si-uation anzupassen, und ob sie es überhaupt wollen.Dazu eine aktuelle Geschichte. Ein Fernsehjournalistuhr nach Österreich, besuchte dort Zweigstellen deut-cher Banken, gab sich zum Beispiel gegenüber derommerzbank als Kunsthändler und Steuerhinterzieherus. Er wollte wissen, ob Banken, die das Rettungspa-et der Bundesregierung in Anspruch nehmen, weiterereit sind, den Staat zu betrügen. Die Antwort vor Ortar: Ja, sie sind dazu bereit. – Das ist wirklich ein Skan-al!
Die Bundesregierung hat unter Anleitung von Herrnckermann sehr schnell gehandelt, hat den Banken abereine Auflagen erteilt, sondern nur vage Kannbestim-ungen vorgesehen. Wäre es nicht sinnvoll gewesen,en Banken klar zu sagen: „Wer den Staat betrügt, demird nicht geholfen“? Hätte man nicht regeln können,ass einer Bank, die den Pakt in Anspruch nimmt undabei erwischt wird, wie sie Steuerhinterziehern hilft,en Staat zu betrügen, die Bürgschaften sofort wiederntzogen werden? Wo steht das im Gesetz? Das fehlt!Wir können nur feststellen, dass die Bundesregierungn der Lage ist, im fünften Gang, sozusagen in Michael-chumacher-Geschwindigkeit, ein hochkomplexes00-Milliarden-Euro-Paket zu schnüren, um vom fünftenang sofort in den Rückwärtsgang zu schalten.Die Kanzlerin wollte dem französischen Präsidentenarkozy doch ernsthaft erklären, dass ein Konjunktur-rogramm hier eine komplizierte Angelegenheit sei,
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Dr. Gesine Lötzschweil Deutschland ein föderaler Staat sei und ein solchesProgramm mit den Ländern und den Gemeinden abge-stimmt werden müsse. Das ist eine absurde Argumenta-tion. Man weiß doch, dass auch das Bankenrettungs-paket innerhalb einer Woche mit den Ländernabgestimmt wurde.
Die Kanzlerin erklärt den Ost-Ministerpräsidentennach fast 20 Jahren deutscher Einheit, eine Angleichungder Ostrenten an die Westrenten sei so kompliziert, dassman mindestens noch zehn Jahre dafür brauche. Ichkann Ihnen sagen: Von unserer Fraktion, von der Frak-tion Die Linke, liegen im Bundestag Anträge zur Ren-tenangleichung vor. Die können wir in der nächstenWoche sofort beschließen.
Die Regierung der zwei Geschwindigkeiten ist alsokein Zufall, sondern das ist Programm. Es gibt Dinge,die für die Bundesregierung wichtig sind, die mit hoherGeschwindigkeit vorangetrieben werden, und es gibtDinge, die der Bundesregierung nicht wichtig sind, diedann schon mal ein paar Jahre liegen bleiben können.
Dazu ein Beispiel. Das Bundesverfassungsgerichtverpflichtete den Gesetzgeber, die Vermögensteuer spä-testens bis zum 31. Dezember 1996 neu zu regeln. Die-ser Termin ist seit fast zwölf Jahren verstrichen. KeinProblem! Bekanntlich dauert die Erledigung der Aufga-ben am längsten, an denen gar nicht gearbeitet wird.
Die Bundesregierung kann, wenn sie will, und inmanchen Fällen kann sie ganz gut, wenn es sich für sieselbst lohnt. An dieser Stelle wende ich mich einmal andie Sozialdemokraten, die gerade so munter dazwischen-rufen. Nur ein winziges Beispiel: Für den ehemaligenWirtschaftsstaatssekretär Ditmar Staffelt – er ist übri-gens einer der Konstrukteure der Berliner Bankgesell-schaft, die Berlin den Bankenskandal gebracht hat – hates sich gelohnt. Er ging zu EADS. EADS ist der größteAuftragnehmer des Staates in Sachen Rüstung. Ein wirk-lich lohnender Wechsel für einen Sozialdemokraten!Finanzminister Steinbrück wies in seiner Rede amDienstag alle Kritik an seiner Amtsführung zurück. Kei-ner habe wissen können, so Herr Steinbrück, dassLehman Brothers zusammenbrechen würde.
Das ist richtig. Aber Sie verschweigen, Herr Steinbrück,dass Ihre Finanzpolitik und die Finanzpolitik Ihrer Vor-gänger in den letzten Jahren darauf ausgerichtet war, denFinanzmarkt zu deregulieren.STDKesusRmIWJnMdeleaSsdwdPst2AndhgaDeh
ie haben mit Ihrer Politik dem Kasino-Kapitalismus dieüren nach Deutschland geöffnet.
as war kein dummer Zufall, sondern – lesen Sie Ihreoalitionsvereinbarung! – das war Programm, und zwarin falsches Programm.
Es wäre an der Zeit, dass die Bundesregierung die Ge-chichte der Finanz- und Wirtschaftskrise aufarbeitetnd ihre Fehler klar benennt. Doch dazu fehlt ihr wahr-cheinlich der Mut. Aber Herr Steinbrück hat in seinerede ja noch Gelegenheit dazu.Nur mal nebenbei: Von den Ostdeutschen wird drei-al am Tag die Aufarbeitung der Geschichte verlangt.ch wende mich jetzt einmal solidarisch an die CDU.enn ein jetziger CDU-Ministerpräsident in den 80er-ahren noch nicht erkannt hatte, dass 1989 die DDRicht mehr existieren würde, dann beschäftigt das dieedien mehr als das Versagen der Bundesregierung iner größten Wirtschafts- und Finanzkrise. Da läuft dochtwas falsch in diesem Land.
Meine Damen und Herren, diese Woche ist eine ver-orene Woche im Kampf gegen Demokratieabbau. Ists nicht bemerkenswert, dass die Bundesregierung auflle Probleme reflexartig mit Demokratieabbau reagiert?ei es das Recht auf Asyl, sei es das Recht auf Privat-phäre, sei es das Budgetrecht des Bundestages – alleiese Rechte wurden beschränkt, um angeblich schwer-iegende Probleme besser lösen zu können. Wir wissen,ass mit Einschränkung von Bürgerrechten kein einzigesroblem zu lösen ist.
Da wir ja in der Schlussrunde der Haushaltsdebatteind, will ich hier nur auf das Budgetrecht des Bundes-ages eingehen. Wir werden heute einen Haushalt von90 Milliarden Euro für das nächste Jahr beschließen.n diesem Haushalt hängt viel Lebenszeit der Abgeord-eten und der Mitarbeiter des Haushaltsausschusses, füreren Unterstützung – sie sitzen ja hier alle – ich micherzlich bedanken möchte.
Wir sind die Einzelpläne, die Kapitel und Titel mitroßer Sorgfalt durchgegangen. Doch der Haushalts-usschuss steckt in einer tiefen Sinnkrise.
enn das 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket wird ininem Geheimgremium von neun Abgeordneten ver-andelt. Diese neun Abgeordneten können auch nur
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Dr. Gesine Lötzschnachträglich die Entscheidung der Regierung zur Kennt-nis nehmen.
Die Opposition ist in diesem Gremium in der Minderheitund wird keine Möglichkeiten haben, in der Öffentlich-keit Alarm zu schlagen.
Wie wichtig der Regierung und den Koalitionsfraktionendieses Gremium ist, zeigt sich daran, dass es heute erst-malig zusammengetreten ist, obwohl wir alle öffentlichdarüber diskutieren und gespannt darauf sind, wann wel-che Bürgschaften an die Banken ausgegeben werden.Demokratie darf nicht nur in Zeiten der Konjunktur, siemuss auch in Zeiten der Krise funktionieren.
Meine Damen und Herren, diese Woche ist eine ver-lorene Woche im Kampf gegen die Armut. Die Krisetrifft nicht alle Menschen gleich. Auch wenn sich einigeMilliardäre verzockt und Millionen verloren haben – siewerden es verschmerzen. Die Krise trifft vor allem diehart, die an ihr am wenigsten Schuld haben. Dass zumBeispiel der Finanzminister Steinbrück die Kindergeld-erhöhung um 10 Euro pro Monat als Konjunkturpro-gramm verkauft, ist einfach nur zynisch.
Diese Erhöhung gleicht noch nicht einmal – ich habe dasschon am Dienstag ausgeführt – den Kaufkraftverlustaus, den die Familien seit der letzten Kindergelderhö-hung hinnehmen mussten. Bei Kindern von ALG-II-Empfängern kommt dieses Geld überhaupt nicht an. Dasist wirklich nicht hinnehmbar.
Die Linke hat von der Regierung Sofortmaßnahmengefordert, um die Menschen zu schützen, die besondershart von der Krise betroffen sein werden.Wir fordern erstens die Einführung eines gesetzli-chen Mindestlohns. Hier muss ich schon einmal an dieAdresse der SPD sagen: Statt wie Frau Nahles hier ges-tern die FDP dafür zu beschimpfen, dass diese angeblichdie Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verhin-dere, sollten Sie lieber einmal die Mehrheiten in diesemSaal zusammenrechnen und sich bewusst machen, dassSPD, Linke und Grüne für den gesetzlichen Mindestlohnsind. Bei aller Verehrung für die Kolleginnen und Kolle-gen von der FDP: Wir wissen, Sie sind dagegen, aber anIhnen wird ein solches Vorhaben zahlenmäßig nichtscheitern.
Von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, for-dere ich also ein bisschen mehr Ehrlichkeit.lEDskghUHWdMsvngFllfbwabKsmzumsnCmu
Zweitens fordern wir die Anhebung des Arbeits-osengeldes II auf 435 Euro, und drittens fordern wir dierhöhung des Kindergeldes auf 200 Euro. Sie, meineamen und Herren, haben alle diese ökonomisch undozialpolitisch vernünftigen Vorschläge abgelehnt.Wir als Linke lehnen diesen Haushalt ab, weil ereine Antworten auf die Finanz- und Wirtschaftskriseibt und weil er nicht im Ansatz versucht, mit der ver-ängnisvollen neoliberalen Politik zu brechen.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Steffen Kampeter für die
nionsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Die jetzt zu Ende gehende Woche war eine guteoche für unser Land, weil die handelnde Koalitioneutlich gemacht hat, dass es besser ist, nach Maß unditte zu regieren – das tut nämlich unserem Land gut –,tatt Aktionismus, Populismus und Rezessionspanik zuerbreiten.
Es war erfreulich, dass wir endlich auch einmal in ei-er Haushaltswoche sehr viel stärker als in den vergan-enen Jahren über die Grundfragen der Wirtschafts- undinanzpolitik gesprochen haben. Dabei wurde ja deut-ich, dass es das politische Handeln ist, das die Wirk-ichkeit in unserem Land wesentlich mitbestimmt. Ichordere an dieser Stelle diejenigen auf, die geglaubt ha-en, sie seien für die gesellschaftliche Realität sehr vielichtiger – das sind die Manager, die ohne Rücksichtuf gesellschaftliche Wertvorstellungen gehandelt ha-en –, ein bisschen mehr Demut zu dokumentieren. Derern unserer Gesellschaft wird durch das Politische be-timmt. Wir Abgeordneten sind verfassungsmäßig legiti-iert, den Volkswillen im parlamentarischen Handelnum Ausdruck zu bringen.
Ich möchte mich dem Dank an die Mitarbeiterinnennd Mitarbeiter des Haushaltsausschusses anschließen,öchte aber auch meinen Kollegen im Haushaltsaus-chuss danken. Stellvertretend für viele nenne ich mei-en Obmann Norbert Barthle und den Sprecher der SPDarsten Schneider.Meine Redezeit will ich dazu nutzen, einige Argu-ente, die wir in dieser Woche gehört haben, kritischnd auch selbstkritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie
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Steffen Kampeterzutreffen und ob wir aus ihnen Hinweise für unsere Poli-tik nach Maß und Mitte ableiten können.Das erste Argument, das in den unterschiedlichstenFormen vorgetragen worden ist, lautete: Es wurde zuwenig getan. – Niemand in der Großen Koalition willsich allen Ernstes in dieser krisenhaften Zeit prozyklischverhalten. Deswegen würde es mich freuen, wenn vieleauch einmal einen Blick auf das werfen würden, was tat-sächlich zur Abwehr der Krise gemacht worden ist.Erstens. Wir lassen die automatischen Stabilisato-ren wirken. Auf Deutsch gesagt: Wir nehmen in Kauf,dass sinkende Steuereinnahmen eine höhere Verschul-dung bedeuten. Es ist das Gebot der Stunde, in dieserKrise so zu handeln. Die Große Koalition tut das.
Zweitens. Wir setzen einen zielgerichteten Impuls iminvestiven Bereich sowohl über den Bundeshaushaltwie aber auch über Hebelinstrumente von Instituten wieder Kreditanstalt für Wiederaufbau. Damit erzeugen wireinen expansiven Impuls von bis zu 50 Milliarden Euro.
Drittens. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass dieZentralbanken in Europa, aber auch weltweit handeln.Sie senken die Zinsen; das wirkt expansiv. Wir habenalso auch im monetären Bereich einen starken expansi-ven Impuls. Es kann doch allen Ernstes nicht behauptetwerden, dass dies ein prozyklisches Kaputtsparen ist. Esist vielmehr eine verantwortliche und verantwortungs-volle Reaktion auf die Herausforderungen der Krise, diePolitik und Geldpolitik hier zeigen.
Das zweite Argument, das immer wieder vorgetragenwird, lautet: Wir sollten uns an anderen Ländern orien-tieren. – Dieses Argument hat mich in dieser Debatte amallerwenigsten überzeugt. Helmut Schmidt hat in einemInterview deutlich gemacht, dass in vielen Ländern dieriesigen Summen, über die wir in den Zeitungen lesenkönnen, lediglich Ausgaben für Reparaturaufwendungenund keineswegs Zukunftsausgaben sind. Wir standen inDeutschland nicht an der Spitze des Finanzkapitalismus.Die Folgen treffen uns zwar hart, aber bei weitem nichtso schlimm wie die Vereinigten Staaten oder das Verei-nigte Königreich. Das ist auch gut so.Wenn jetzt gefordert wird, wir sollten mit ähnlichenBeträgen auf eine für uns in Deutschland völlig andereSituation reagieren, dann muss man sagen, dass bei die-ser Kritik Maß und Mitte und ein gewisser Realitätssinnverloren gegangen sind. Ich bin froh und glücklich, dasswir ein dreigliedriges Bankensystem aus Volksbanken,Sparkassen und Privatbanken haben, das erheblich kri-senresistenter ist als das Bankensystem in den USA undGroßbritannien.
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Dass unter dem Deckmantel, man müsse sich an an-eren Ländern orientieren, auch viele Rattenfänger mitirtschaftspolitischen Konzepten unterwegs sind, dieicht klug sind, will ich an dieser Stelle nicht verschwei-en. Es sind diejenigen unterwegs, die der Auffassungind, man könne mit Inflation Politik machen. Das istnsinn. Dem werden wir nicht folgen.
Es sind auch welche unterwegs, die den Stabilitäts-nd Wachstumspakt infrage stellen. Wir haben auf die-Mark verzichtet und versprochen, mit dem Stabilitäts-nd Wachstumspakt die Zentralbankkultur, wie wir sieus D-Mark-Zeiten kannten, auf den Euro zu übertragen.ch weiß, dass das vielen in Europa nicht gepasst hat.ber wir werden an dem europäischen Stabilitäts- undachstumspakt und damit an der Stabilität unserer Wäh-ung festhalten. Etwas anderes ist mit uns nicht zu ma-hen.
Es sind auch viele unterwegs, die meinen, man müsseetzt die Party für die Gegenwart organisieren. Das istin brutaler Angriff auf die Interessen der nachfolgendenenerationen.
ir haben aus diesen krisenhaften Veränderungen ge-ernt, nicht dem Partygefühl von Wall-Street-Bankern zuolgen, die ohne Rücksicht auf Schulden und damit aufie nachfolgenden Generationen genau das gefordert ha-en, nämlich eine riesengroße Party zu feiern. Stattdes-en müssen wir im Sinne einer Verantwortungsgesell-chaft eine Politik nach Maß und Mitte machen, wie wirie in dieser Woche hier im Plenum vorgetragen haben.
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Steffen KampeterAuch darf ein kluges Argument, das Jürgen Stark vonder EZB in diesen Tagen vorgetragen hat, nicht in Ver-gessenheit geraten: Wer in Unsicherheit die Dämme flu-tet, wird am Ende nicht mehr Nachfrage, sondern im Er-gebnis lediglich höhere Schulden, höhere Zinsen undhöhere Inflation erhalten. – Deswegen fand ich es gut,dass der Kollege Glos, unser Wirtschaftsminister, nocheinmal deutlich gemacht hat, dass Vertrauen ein ganzwichtiger Aspekt in unserer Politik ist. Vertrauen kannman nicht kaufen, weder durch Schulden noch durch an-dere staatspolitische Maßnahmen. Vertrauen muss mansich mühsam erarbeiten. Wir haben das mit dem Finanz-marktstabilisierungsfonds gemacht. Wir sollten diesesVertrauen nicht durch einen kurzfristigen finanzpoliti-schen Aktionismus zerstören.
Kollege Kampeter, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Fricke?
Der Kollege Fricke ist mir stets eine Freude und wird
uns in dieser Debatte sicher mit einer netten Zwischen-
frage erheitern.
Das wünsche ich mir auch. – Herr Kollege Kampeter,
bei alledem, was Sie in den letzten drei oder vier Sätzen
gesagt haben, kann ich Ihnen weitestgehend zustimmen.
Dann würde ich von Ihnen als Haushälter jetzt aber gern
eine klare Absage an die Einführung von Konsumgut-
scheinen hören, ohne dass Sie darüber hinwegreden.
Können Sie uns hier und heute sagen, dass die CDU und
vielleicht auch sogar die CSU diese Konsumgutscheine
ablehnt, oder hält sie sie noch für möglich, nach dem,
was Herr Stark – Sie haben ihn gerade zitiert – gesagt
hat?
Halten Sie die Konsumgutscheine für richtig oder für
falsch?
Herr Kollege Fricke, ich stelle fest: Der Einzige, derim Deutschen Bundestag bisher Konsumgutscheine ge-fordert hat, ist der Abgeordnete Brüderle, Mitglied derFDP-Fraktion.
Ich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nichterkennen, dass die Situation in Deutschland so ist, dasswir über eine solche Maßnahme ernsthaft nachdenkensollten. Der Bundesfinanzminister hat erklärt, es gebekeine Pläne für diese Maßnahme. Dem ist nichts hinzu-zufügen.MtpGsphsvIbpDndwbgrAS2vzsndolbdirr–ofhESvjdßgVbFdza
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sondern wir wollen eine nachhaltige Politik, die Wachs-tum und Arbeitsplätze sichert und expansiv tätig wird.Wir brauchen keine Politik, die an den Ursachen vorbeidie falschen Antworten gibt und die sich dieser monetä-ren Herausforderung nicht stellt. Darin sehe ich in dennächsten Wochen und Monaten die eigentliche Aufgabein einem Verbund von Geldpolitik und Finanzpolitik.
Ich möchte für mich und die Mitglieder der Unions-fraktion die in dieser Woche geführte Debatte zusam-menfassen.
Deutschland ist für die Herausforderungen, die schwie-rig sind, gut gerüstet. Wir haben eine zentrale Stabilisie-rung der Finanzmärkte nach der Lehman-Brothers-Pleitedurchgeführt. Das war vor allen Dingen im Interesse derBürgerinnen und Bürger wichtig; denn das hat die Stabi-lisierung und die Garantie der Sparguthaben beinhaltet.Wir haben einen Arbeitsmarkt, der sich in guter Ver-fassung befindet. Es sollte nicht vergessen werden, dasswir mit unter 3 Millionen Arbeitslosen eine der bestenarbeitsmarktpolitischen Situationen seit vielen Jahrenhaben.Der Dollarkurs stützt unseren Export. Auch wenn dasnicht die einzige gute Nachricht in diesem Bereich ist, istes doch gegenüber der schwierigen Situation hinsichtlichdes Dollars vor einigen Wochen eine erhebliche Erleich-terung.Die Rohstoffpreise sinken. Die Inflation bei den Ener-giepreisen ist zumindest vorübergehend gebändigt.Ja, es ist richtig, wir stehen vor wichtigen Aufgaben,vor allen Dingen in der Geldpolitik. Aber wir habendurch das, was wir in dieser Woche beschlossen habenund beschließen werden, den Anteil geleistet, den diePolitik leisten kann und leisten sollte. Wir haben das mitMaß und Mitte und auch mit Verantwortung getan.Die soziale Marktwirtschaft hat sich bewährt. DerEtat für das Jahr 2009 ist ein guter Ausdruck der ge-meinsamen Politik der Großen Koalition. Ich empfehleihn Ihnen allen zur Zustimmung.Herzlichen Dank.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält nun
die Kollegin Anna Lührmann das Wort.
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Anna Lührmannfestgeschrieben werden. Das wäre eine große Reform,für die man die Mehrheit in Bundestag und Bundesratbraucht. Ich frage mich, wer die Kraft haben soll, einesolche Reform umzusetzen, wenn nicht eine GroßeKoalition, die diese Mehrheit hätte. Aber das schaffenSie nicht, weil das eine wirklich große Reform bedeutenwürde. Stattdessen machen Sie lauter große Gipfel imKanzleramt mit den Automobilfirmen und sonst wem.Bald ist die Legislaturperiode vorbei, und Sie haben angroßen Reformen nichts, aber auch gar nichts hinbekom-men.
Jetzt noch einmal zum konkreten Haushaltsentwurffür 2009. Es ist ganz klar, dass die Regierung aufgrundder aktuellen Entwicklung einen neuen Haushalt hättevorlegen sollen; denn die Wachstumsprognosen undauch andere Rahmenbedingungen haben sich stark ver-ändert. Stattdessen hält die Regierung weiter an ihrer Sa-lamitaktik fest, ebenso wie die Banker zu Beginn derFinanzkrise, als sie immer gesagt haben, so schlimmwerde es schon nicht kommen. Herr Steinbrück hat nochim September gesagt, dass er die Krise für ein amerika-nisches Problem halte, das mit uns nur sehr wenig zu tunhabe. In der Bereinigungssitzung letzte Woche waren Sieimmerhin so ehrlich, den Ansatz für die Schulden imnächsten Jahr zu verdoppeln. Aber das ist trotzdem nurdie halbe Wahrheit, wie ich Ihnen an drei Punkten ver-deutlichen möchte:Der erste Punkt. Sie haben ein Sondervermögen„Finanzmarkt“ geschaffen. Das ist ein Schattenhaus-halt; das heißt, es ist das Gegenteil von Transparenz undKontrollmöglichkeiten für das Parlament, weil wir jetztbei den Haushaltsberatungen für das nächste Jahr da-rüber nicht mehr beraten können.
Die Regierung sagt selber, dass sie mit Bürgschaftsaus-fällen in Höhe von 20 Milliarden Euro in den nächstenJahren rechnet. Davon ist im Haushalt nichts zu finden.Ehrlicherweise müssten Sie mindestens die Hälfte davonin den Haushalt für das nächste Jahr einstellen.
Der zweite Punkt. Sie haben die Wachstums-prognose zwar von 1,2 auf 0,2 Prozent korrigiert. Aberleider haben fast alle Wirtschaftsexperten ein Minus vorihrer aktuellen Wachstumsprognose für das nächste Jahr.Die OECD sagt minus 0,9 Prozent voraus, der IWFminus 0,8 Prozent, die Bundesbank minus 1 Prozent. Dafrage ich mich: Wo haben Sie Ihre 0,2 Prozent her? Vonwem werden Sie da eigentlich beraten? Mit der Realitäthat das wirklich nichts zu tun.
Der dritte Punkt, warum Ihr Haushaltsentwurf unehr-lich ist. Sie haben die großen Ausgabenblöcke, die mitder Konjunktur schwanken, nicht angepasst. Da sind vorallen Dingen die Arbeitslosengeld-II-Kosten zu nen-nen. Jeder geht davon aus, dass wir nächstes Jahr mehrfür das Arbeitslosengeld ausgeben müssen, weil wir lei-der mit einem wirtschaftlichen Abschwung zu rechnenhlsckdSlsflha„sjSehdwandlSddClmdsKanKcdnlkKigIe
Wenn man die Risiken, von denen ich gerade gespro-hen habe, addiert, dann kommt man auf eine Netto-reditaufnahme im nächsten Jahr von um die 40 Milliar-en Euro. Wenn Sie wirklich so ehrlich wären, Herrteinbrück, wie Sie uns gleich sicherlich wieder erzäh-en werden, dann müssten Sie das hier zugeben. Stattdes-en halten Sie weiter an Ihrer Salamitaktik fest. Dasührt zu Vertrauensverlust und ist wirklich unseriös.Viele sagen, eine Nettokreditaufnahme von 40 Mil-iarden Euro sei nicht so schlimm; im Gegenteil: Je hö-er die Verschuldung jetzt sei, umso schneller kämen wirus der Krise heraus. Gilt denn hier wirklich das MottoViel hilft viel“? Nein, die Qualität der Ausgaben ist ent-cheidend, und vor allen Dingen die lässt bei Ihrem Kon-unkturpaket zu wünschen übrig.
Dafür möchte ich nur ein Beispiel anführen: die Kfz-teuer. Wer im nächsten halben Jahr ein Auto kauft, sollin Jahr lang keine Kfz-Steuer zahlen, und zwar unab-ängig vom CO2-Ausstoß des gekauften Autos oder an-eren umweltschädlichen Gesichtspunkten. Keiner wirdegen dieser Vergünstigung ein Auto kaufen; es kostetuch so ziemlich viel Geld. Der ganze Vorschlag ist öko-omischer Unfug. Hinzu kommt: Demjenigen, der einenicken Audi-Geländewagen kauft, sollen 1 852 Euro er-assen werden, während demjenigen, der einen kleinenmart kauft, nur 135 Euro erlassen werden. Das heißt,iese Maßnahme ist auch noch sozial ungerecht. Außer-em: Man bekommt umso mehr Geld erlassen, je mehrO2 das gekaufte Auto in die Luft pustet. Das ist wirk-ich absurd und hat mit Klimaschutz überhaupt nichtsehr zu tun.
Man sieht: Die 600 Millionen Euro, die im Haushaltes nächsten Jahres für Klimaschutz vorgesehen sind,ind wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein. Ihreonjunkturpolitik ist von vorgestern. Herr Gabriel hatuf einer Klimakonferenz vorgeschlagen, dass die Ein-ahmen aus dem Emissionshandel für den Neubau vonohlekraftwerken genutzt werden. Das heißt, Sie ma-hen in der Klimaschutzpolitik zwei Schritte vor undrei zurück. Das ist wirklich das Gegenteil von einerachhaltigen Umwelt- und Wirtschaftspolitik.
Die ganze Welt redet jetzt über das, was man eigent-ich machen müsste, um aus der Finanz- und Klima-atastrophe herauszukommen: Man soll die Chance derrise nutzen. Der ökologische Umbau der Wirtschaftst notwendig, damit wir nicht weiter auf Kosten künfti-er Generationen wirtschaften. Das heißt, man muss innnovationen investieren, und das gibt der Konjunkturinen guten Impuls, den wir jetzt so dringend brauchen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20629
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Anna LührmannDie Zeitungen sind voll von dieser Idee: Ban Ki-moon,der UN-Generalsekretär, schlägt einen New Green Dealvor. Er will „zwei Krisen mit einer Klappe“ schlagen.Der Spiegel titelt: „Konzernchefs für Klimaschutz“.Selbst Obama will eine Führungsrolle für die USA. Erwill unsinnige Ausgaben, durch die das Klima verpestetwird, zugunsten nachhaltiger Ausgaben kürzen.Über die Politik der Bundesregierung heißt es in einerÜberschrift der Berliner Zeitung: „Konjunkturkrisestoppt Klimaschutz“. Sie haben die Zeichen der Zeitwirklich nicht erkannt. Die ganze Welt redet vom Klima-schutz; nur die Bundesregierung macht eine Konjunktur-politik von vorgestern.
Wir haben Ihnen in den Haushaltsberatungen eineganze Menge Vorschläge gemacht: einen Energiespar-fonds mit einem Umfang von 3 Milliarden Euro, einedeutliche Ausweitung der Gebäudesanierung, Impulsefür Elektromobilität und für mehr Verkehr auf derSchiene und den Abbau der ökologisch schädlichen Sub-ventionen wie die Befreiung des gewerblichen Flugver-kehrs von der Energiesteuer für Kerosin und anderes.Wo wir beim Thema Subventionen sind. Sie von derUnion tun immer so, als würde die Atomenergie nichtskosten und wäre außerdem noch gut, um das Klima zuschützen. Dazu will ich Ihnen Folgendes sagen: DieAtomenergie ist gefährlich; das ist sowieso klar. Wennman sich den Haushalt 2008 einmal ganz genau an-schaut, dann stellt man fest: Für die Atomenergie wurdeso viel ausgegeben, wie Sie jetzt für den Klimaschutzausgeben wollen. Für den Rückbau von kerntechnischenAnlagen hat man rund 600 Millionen Euro zur Verfü-gung gestellt. Die Gesamtsumme der in Haushalten ver-anschlagten Ausgaben für die Atomkraft beträgt 31 Mil-liarden Euro; darin sind die enormen Kosten zurSanierung der Asse, dieses „abgesoffenen“ Forschungs-endlagers, noch nicht enthalten. Es ist ganz klar: DieAtomenergie ist nicht nur gefährlich, sondern kostetauch ganz schön viel Geld, das uns jetzt fehlt, um ausder Klimakrise und aus der Finanzkrise herauszukom-men.
Für mich ist eindeutig: Die Große Koalition ist nurgroß darin, künftigen Generationen große Probleme,eine Klimakatastrophe und auch eine ganze MengeSchulden mit auf den Weg zu geben. Sie haben in gutenZeiten keine Vorsorge zur Bewältigung der Krise, diejetzt vor uns steht, getroffen. Sie machen eine Konjunk-turpolitik ohne Richtung. Es wird wirklich höchste Zeit,dass Sie abgewählt werden.Vielen Dank.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Peer
Steinbrück.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dass aus der Oppositionsriege kommt, dass wir abge-ählt werden müssten und dass das alles nichts taugt, istun wirklich nichts Überraschendes.
Ich habe in meiner Rede in der zweiten Lesung ver-ucht, Begriffe wie „Beständigkeit“ und „Stetigkeit“ufzugreifen. Die Kanzlerin hat in ihrem Redebeitragon Maß und Mitte gesprochen. Ich würde ganz gernehre Aufmerksamkeit darauf richten, in welcher großeneschwindigkeit wir es mit Themen- und Szenenwech-eln, mit Akzentveränderungen zu tun haben. Mein Ratn die Bundesregierung, an die Koalitionsfraktionen istn der Tat der gleiche, den auch Herr Kampeter gibt: diesicht dem Aktionismus zu opfern, sondern diese Stetig-eit und Beständigkeit in Zeiten, in denen es wirklichbrupte Szenenwechsel gibt, einigermaßen beizubehal-en. Ich will solche Beispiele geben.Es ist noch nicht sehr lange her, dass wir uns – wahr-cheinlich über die Fraktionsgrenzen hinaus – einig gewe-en sind, dass wir eine nachhaltige Wachstumspolitiketreiben müssen. Anders als manche Oppositionsredne-innen und -redner glaube ich, dass die Bundesregierunginen Teil der Steuermehreinnahmen im Sinne dieserachhaltigen Wachstumspolitik richtig verwandt hat,
ndem wir Forschung und Entwicklung, Infrastruktur,as Elterngeld, das BAföG und den Hochschulpaktinanziert haben.
eshalb trifft mich der Vorwurf von vielen nach demotto: „Du hättest mit allen Steuermehreinnahmen nuraushaltskonsolidierung betreiben müssen“ nicht. Derntscheidende Punkt ist vielmehr gewesen, beides zu tunnd Impulse für die Zukunft dieses Landes zu setzen.as bedeutet, dass man insbesondere in Forschung undntwicklung, in Hochschulen und in die Erziehung derinder finanziert und gleichzeitig konsolidiert. Dies istommon Sense gewesen.
Jetzt haben wir es mit einem sehr schnellen Szenen-echsel zu tun. Plötzlich sind alle der Auffassung, dass
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20630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
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Bundesminister Peer Steinbrückwir in der Rezession, in der wir stecken, nur noch demMotto folgen sollen: Viel hilft viel.
Je höher die Etatisierung ist, je mehr Geld wir in dieHand nehmen – unbenommen der Fragestellung, ob wirdarüber wirklich eine nachhaltige Wachstumspolitik be-treiben –, sind wir dabei, uns fast im Tagesrhythmus inden Summen zu übertreffen, die in die Hand genommenwerden sollen, um der weltweiten Rezession und ihrerAuswirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland ent-gegenzuwirken. Dies ist innerhalb weniger Wochen einevollständige Akzentverschiebung.Die gleiche Erfahrung mache ich mit Blick darauf,dass wir bis in die jüngsten Wochen hinein, bis in denSommer dieses Jahres vor dem Hintergrund einer sehrbedenklichen Inflationsentwicklung fast erstarrt gewe-sen sind. Inzwischen ist die Inflationsentwicklung voll-ständig nach unten gerichtet. Im Vorjahresmonatsver-gleich liegt die Inflation jetzt nur noch bei 1,4 Prozent,und plötzlich steigt das neue Gespenst einer Deflationauf. Dies ist innerhalb weniger Wochen eine Akzentver-schiebung. Erst Inflationsgefahr, und jetzt werde ich mitder Fragestellung konfrontiert, ob wir es nicht eigentlichlängst mit Maßnahmen einer Deflationsbekämpfung zutun haben müssten.Nächster Szenenwechsel. Wir haben es mit einemEuro zu tun gehabt, der noch vor einem halben Jahr invielen Gesprächen insbesondere mit der deutschen Ex-portindustrie als ausgesprochenes Hindernis für die Ex-portstrategien bezeichnet wurde. Seinerzeit sind bei ei-nem Eurokurs von 1,26 bzw. 1,27 in Dollar in eineraufsteigenden Entwicklung viele Leute in meinem Büroerschienen, weil sie meinten, dies sei ein zu starker Euro.Heute haben wir nach einem Peak von fast 1,50 wiedereinen Eurokurs von 1,25 bzw. 1,26 in einem absteigen-den Ast – wie lange diese Entwicklung andauert, weißkeiner –, und plötzlich stehen dieselben Leute vor mei-nem Schreibtisch und sagen: Wir haben einen schwä-chelnden Euro. – Dies ist eine Entwicklung innerhalbvon vier, fünf, sechs Wochen.Das Gleiche haben wir mit Blick auf die Energie-preise erlebt. Wir haben im Juli dieses Jahres beimRohöl einen durchschnittlichen Barrelpreis von 134 Dol-lar gehabt. Inzwischen ist er auf unter 50 Dollar hinun-ter. Können sich alle in diesem Hohen Haus noch an dieErregungszustände bei diesem Barrelpreis vor drei, vierMonaten erinnern?
Haben wir nicht einige Maßnahmen, wie zum Beispieldas Vorziehen der Wohngeldnovelle, vor dem Hinter-grund dieser enorm hohen Energiepreise vorgenommen?Allein das Absinken des Monatsdurchschnittspreisesvon 134 Dollar auf jetzt unter 50 Dollar ist übrigens eineErleichterung, eine Förderung für diejenigen, die konsu-mrslhdSdJmldmazsedsSmHuiNsWDwsmPldluRdcHbItrsne
nd die medialen Verstärker, die uns in genau dieseichtung treiben wollen. Sie erzeugen ein Klima, beiem wir fast den Eindruck haben, wir müssten jede Wo-he noch mehr bieten. Es gibt das Märchen vom kleinenäwelmann, der immer schreit: „Mehr, mehr!“ Und, ha-en wir den Eindruck, dass das vertrauensbildend ist?
ch glaube nicht, dass das vertrauensbildend ist.Ich rate dazu, das weiterzuverfolgen, was wir als rich-ig erkannt haben. Es bleibt dabei, dass die Konsolidie-ung der öffentlichen Haushalte ein Ziel sein muss,chon allein, weil ich am Ende dieser Legislaturperiodeicht dort enden will, wo wir angefangen haben: beiiner strukturellen Verschuldung des Bundes von
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Bundesminister Peer Steinbrück55 Milliarden Euro. Dann hätte diese Große Koalitionkeinen guten Job gemacht.
Ein anderer Vorschlag, auf den ich kurz eingehen will,ist ein großes Steuersenkungsprogramm. Herr Westerwellehat wesentliche Teile seiner Redezeit darauf verwandt.Worauf Sie nicht eingegangen sind, Herr Westerwelle,sind drei von mir nicht agitatorisch vorgetragene Hin-weise:Erstens. Ich habe versucht, Sie darauf hinzuweisen,dass die Hälfte der ungefähr 47 Millionen privatenHaushalte in Deutschland gar nicht einkommensteuer-pflichtig ist. Das heißt, eine Steuersenkung erreicht dieseMenschen gar nicht.Zweitens habe ich Sie darauf hingewiesen, dass50 Prozent derjenigen, die steuerpflichtig sind, lediglich6 Prozent des Steueraufkommens erbringen, das heißt,durch Steuererleichterungen in ihrer Konsumkraft kei-neswegs gestärkt werden.Dann habe ich Sie drittens darauf hingewiesen, dassdiejenigen, die allemal über einen finanziellen Spiel-raum verfügen und zusätzlich etwas ausgeben könnten,also die aus den höheren Einkommensetagen, die höchs-ten Sparquoten haben, die man sich vorstellen kann.
Ich würde gerne mit Ihnen in eine sachliche Debattedarüber einsteigen, welchen Konjunktureffekt eine sol-che Steuersenkung haben kann. Oder versuchen Sie le-diglich, eine Umverteilungspolitik unter dem Mantel derKonjunkturpolitik zu betreiben?
Das ist nichts anderes als Umverteilungspolitik. DieWählerklientel, die Sie erreichen wollen, was aus Sichtder FDP ja legitim sein mag, besteht vornehmlich ausdenjenigen, die ein monatliches Nettoeinkommen vonmindestens 4 000 oder 5 000 Euro haben und bei denendie Sparquote laut Statistischem Bundesamt bei 22 Pro-zent liegt. Das ist irrelevant für die Konjunkturentwick-lung und für die Konjunkturpolitik.
Vor dem Hintergrund bitte ich darum, gelegentlichmanche Argumente mit Blick auf den konjunkturstei-gernden Effekt von Steuersenkungsprogrammen endlicheinmal zu entkleiden und auf das zurückzuführen, wo-rum es geht: Das ist eine klare Umverteilungspolitik, dieArme und Reiche in Deutschland noch weiter auseinan-derziehen würde.
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Westerwelle?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
ch halte das für logisch. Diejenigen, die Steuern zahlen,
iehen übrigens den Karren in der Republik. Alles, was
ie so gerne verteilen, wird, nebenbei bemerkt, von den
teuerzahlern erst einmal erwirtschaftet.
Das war aber gar nicht mein Punkt. Da Sie sich zum
hema Steuersenkungen mit der Fraktion der Freien De-
okraten auseinandergesetzt haben, frage ich – Sie ha-
en den Beifall bemerkt –: Wie bewerten Sie die Be-
chlüsse, die mutmaßlich auf dem Bundesparteitag der
DU zum Thema Steuersenkungen in der nächsten Wo-
he gefasst werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der erste Punkt von Ihnen war keine erhellende Er-enntnis.
Er hat die Diskussion aber nicht vorangebracht.
Das Zweite ist: Jede Partei im Wettbewerb beschließtas, was sie für richtig hält.
Ja, selbstverständlich. – Ich sage Ihnen nur: Diese Vor-chläge werden an den Fakten zerschellen. Sie werdenum Beispiel daran zerschellen, dass auf dem Bildungs-ipfel, der vor kurzem stattgefunden hat, gesagt wurde,ass wir eigentlich 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktesür Bildung ausgeben müssten. 3 Prozent müssen wir fürorschung und Entwicklung ausgeben. Wir müssen dieDA-Quote erfüllen. Wir müssen 9 Milliarden Euro mitlick auf die bessere steuerliche Absetzbarkeit vonrankenversicherungsbeiträgen wegstecken. Wir müs-en unsere Zuschüsse an die Krankenversicherungen009 um 1,5 Milliarden Euro erhöhen. Ich sage Ihnen:ie normative Kraft des Faktischen wird meine Positionestätigen.
as ist meine Antwort.Da ich nicht auf einem Auge blind bin, will ich michicht nur auf das Thema Steuersenkungen kaprizieren,ondern blicke auch auf staatlich geförderte Ausga-enprogramme.
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20632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
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Bundesminister Peer Steinbrück
Die Vorstellung, man müsse einfach nur etatisieren, be-reits das hätte einen Konjunktureffekt, ist natürlich irrig.Das einzig Konjunkturfördernde ist der Mittelabfluss inkonkrete Projekte. Dieser ist begrenzt.
Das heißt, wenn mir oder Herrn Tiefensee jetzt jemandvorschlägt, die Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturum 8 Milliarden Euro zu erhöhen, dann hat das keinerleikonjunkturfördernden Effekt, wenn bis zum Ende desJahres 6 Milliarden Euro davon nicht abfließen.
Dieser Überbietungswettbewerb muss sich daran messenlassen, ob die Kommunen, die Länder und der Bunddort, wo er Träger dieser Maßnahmen ist, die Mittel imnächsten Jahr so zur Anwendungen bringen können,dass sie investitionssteigernde, arbeitsplätzeerhaltendeoder arbeitsplatzschaffende Effekte haben. Ich bitte, dieentsprechenden Maßnahmen zukünftig daran zu bemes-sen
und nicht einfach nur weiteren Vertrauensverlust in die-sem Überbietungswettbewerb zu bewirken.Ich habe auch nach allen internationalen Debatten denEindruck, dass eines der Hauptprobleme der jetzigen Re-zession kreditfinanzierte Wachstumsprogramme derVergangenheit sind. Wenn diese Analyse zutreffend ist,dann stelle ich die Frage,
warum wir diesen Fehler weiter fortsetzen sollen? Kön-nen wir darüber eine Debatte führen?
Wenn viele darauf hinweisen, dass insbesondere in denUSA, aber auch bei uns ein maßgeblicher Grund diesesHineinpumpen von Liquidität gewesen ist, kreditfinan-ziert, und zwar nicht nur in Richtung der staatlichenAusgaben, sondern bei vielen auch in Richtung der pri-vaten Verbraucher – anders ist die Situation in den USA,wo es eine negative Sparquote von minus 0,5 bis 1 Pro-zent gibt, überhaupt nicht zu erklären –, warum sollenwir dann diesen Fehler aufgrund von manchen Empfeh-lungen der wissenschaftlichen Expertise leichtfüßig wie-derholen?
Meine vorletzte Bemerkung: Wir haben die beidenPakete, wie ich sie nennen möchte – Herr Kampeter hatdarauf hingewiesen –, die die Bundesregierung verab-schiedet hat und die von Ihnen weitergetragen werden–vbdtEdiaIenIdpgeDdWPuMdgcsdAieMFAt
Ludwig Erhard hat einmal gesagt, dass 50 Prozent derirtschaft Psychologie sind. Ich glaube, dass zu diesersychologie eine Kategorie gehört, die sehr weich istnd die man nicht kaufen kann, nämlich das Vertrauen.ein Plädoyer lautet, dass im Sinne von Vertrauensbil-ung Kontinuität, Stetigkeit und Beharrlichkeit einerößere Qualität haben sollen als Aktionismus und tägli-he Tapetenwechsel in der wirtschafts- und finanzpoliti-chen Debatte, zu denen wir gelegentlich beitragen.Vielen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Otto Fricke
as Wort.
Frau Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren!ls Haushaltsausschussvorsitzender darf ich als Erstesn dieser Schlussrunde dem Kollegen Kampeter sagen,r solle für den Rest der Debatte ruhig sein.Als Zweites darf ich mich beim Sekretariat, bei denitarbeitern des Ministeriums, bei den Mitarbeitern derraktionen und nicht zuletzt bei den Mitarbeitern derbgeordnetenbüros für die harte Arbeit bedanken.
Es waren insgesamt 60 Stunden Sitzungen, 1 053 An-räge, dazwischen noch einmal eben ein Finanzmarkt-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20633
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Otto Frickestabilisierungsgesetz mit einem Volumen von 500 Mil-liarden Euro.
Warum rattere ich dies so runter? Weil wir manchmaldachten: Wann kommen wir eigentlich noch zum Nach-denken? Wann schaffen wir es, an der Stelle so zu re-agieren, wie es die Bürger von uns erwarten? HerzlichenDank. Ich hoffe, dass wir alle eine gute Arbeit geleistethaben, auch wenn wir nicht alle mit dem Ergebnis zu-frieden sind.
Zur Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.Noch kein Haushalt in dieser Legislaturperiode war vonHaushaltsklarheit und -wahrheit so weit entfernt wie die-ser Haushalt.
Er ist ein reiner Wahlkampfhaushalt. Er wird – das pro-phezeit Ihnen nicht nur meine Fraktion, sondern das pro-phezeien Ihnen auch alle anderen – höchstens bis zumSeptember nächsten Jahres gelten. Dann werden wirwieder von Ihnen hören: Wir haben uns die Zahlen undUnterlagen noch einmal ein bisschen genauer angese-hen. Es tut uns leid, aber die Nettokreditaufnahme wirdhöher ausfallen.Herr Steinbrück, das erinnert mich ein wenig an IhrenVorgänger, an Hans Eichel. Was geschah denn imJahre 2005? Die Nettokreditaufnahme sollte 22 Milliar-den Euro betragen. Gelandet ist man letztlich bei einemBetrag in Höhe von 31,2 Milliarden Euro.
Genau dasselbe droht auch Ihnen. Dabei wissen Sie esbesser, und dabei könnten Sie es wahrscheinlich auchbesser. Sie wollen aber leider nicht.Zu Ursache und Wirkung. Sie haben auch heutewieder auf die Finanzmarktkrise und auf die Ereignissedes 15. September dieses Jahres hingewiesen und dieFrage in den Raum geworfen: Wer konnte all das ahnen?Seien wir einmal ehrlich, Herr Steinbrück: Sie wussten,dass die Industrieproduktion seit mehreren Monatenrückläufig ist. Sie wussten, dass auch die Zahl der Auf-tragseingänge rückläufig ist. In jeder Diskussion mitBankern oder anderen Fachleuten, in der es um die Situa-tion in den USA ging, haben Sie gehört, dass dort etwasnicht funktioniert. Sie wussten, was bei der IKB schief-gegangen ist. Sie wussten, dass dasselbe, was bei derIKB schiefgegangen ist, auch bei anderen Bankenschiefgehen wird. Deswegen können Sie nicht sagen: Ichwar völlig überrascht. – Das ist volkswirtschaftlicherUnsinn.
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agen Sie doch, dass es auch dieses Jahr schon schlech-er wird. Sie werden aber wieder versuchen, auch das miter Endrechnung irgendwie zu verwischen, und dann ir-endein falsches Konjunkturprogramm vorlegen. Nein,o kann man das nicht stehen lassen.
Wenn die Politik Wahrheit und Ehrlichkeit vertritt,ann muss sie bereit sein, zu sagen, wo es langgeht. Sieun immer so, als sei es nicht möglich, auf der einen Seitenvestitionen in die Zukunft zu tätigen und etwas für dieorschung zu tun und sich auf der anderen Seite um ei-en vernünftigen Haushalt zu kümmern. Zum dritten Teiliner guten Haushaltspolitik – ich meine das hier –,
ämlich Anträge zu stellen und Ausgaben zu reduzie-en, können Sie wie immer sagen: Das ist nicht richtig. –ie könnten das aber tun. Sie haben doch die Fähigkeitennd die Leute dazu.Im Juli haben wir noch gedacht, dass wir diese Aus-aben brauchen. Seien wir aber ehrlich: Wir können siens im September, im Oktober und erst recht im Novem-er nicht mehr leisten. – Sie haben nicht den Mut, derevölkerung zu sagen, dass nicht mehr als das geht undass wirklich nur das geht, was in schlechten Zeitenöglich ist. Sie sagen: Wir geben weiter aus, die Steuernehmen wir später von genau den Generationen ein, fürie wir eigentlich vernünftig agieren sollten.
Ich komme zum Schluss. Wer in der Bibel liest, derird finden: Von Haushältern wird erwartet, dass sie fürerecht befunden werden. – Man kann dort auch das be-ühmte Gleichnis von den fetten und den mageren Kü-en lesen, die diese fetten Kühe übrigens auffressen.
Es ist mir völlig egal, aus welchem Teil der Bibel dasst. Sie sind für mich genau gleich wichtig, lieber Kol-ege Kalb von der CSU.
Diese Sünden der Vergangenheit werden Sie jetzt ein-olen. Das Vergessen des Grundsatzes „Spare in dereit, dann hast du in der Not“ wird sich bitterlich rächen.o endet dann die Große Koalition leider auch in deraushaltspolitik ganz klein.Herzlichen Dank.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20635
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Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege
Bartholomäus Kalb.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-ginnen und Kollegen! Ich gehöre dem Haushaltsaus-schuss nun seit etwa 20 Jahren an. Zum dritten Mal habeich in diesem Jahr erlebt, dass wir während der Haus-haltsberatungen von ganz einschneidenden, dramati-schen Veränderungen getroffen worden sind.Zum Ersten war das der Fall der Mauer am 9. No-vember 1989. Wir standen vor völlig neuen Herausfor-derungen. Niemand wusste genau, wie es weitergehenwürde. Wir haben uns dieser Herausforderung seinerzeitaber gestellt, und ich meine, wir haben diese Herausfor-derung alles in allem gut bestanden.
Ich füge hinzu: Ich empfinde es auch heute, 19 Jahrespäter, noch als Glück und Segen für unser Land, dassdie Teilung unseres Vaterlandes und unseres Kontinentesmit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl überwundenist.
Das zweite tiefgreifende Ereignis waren die An-schläge am 11. September 2001. Wir befanden uns hierin der ersten Lesung des Bundeshaushaltes 2002. Ichkann mich noch genau daran erinnern, dass wir amDienstagnachmittag die Sitzung abbrechen und die Bera-tungen aussetzen mussten, um Krisengespräche zu füh-ren. Dabei standen wir wieder vor völlig neuen Heraus-forderungen. Heute dürfen wir sagen: Auch damalswusste nicht jeder genau, welche einzelne Maßnahmeergriffen werden musste, aber die Politik und die Verant-wortlichen sind ihrer Verantwortung gerecht gewordenund haben diese Herausforderungen bewältigt.In diesem Jahr sind wir von der Wucht der internatio-nalen Finanzkrise erfasst worden, wie wir sie nie für mög-lich gehalten hätten. Wir mussten während der Haushalts-beratungen in einer unglaublichen Geschwindigkeit dasFinanzmarktstabilisierungsgesetz verabschieden, viele an-dere Maßnahmen ergreifen und jetzt auch das Programmfür mehr Wachstum und Beschäftigung auflegen.Selbstverständlich können nicht immer alle Fragen,die sich stellen, gleich präzise beantwortet werden. Da-rauf hat der Bundesfinanzminister hingewiesen. Die Ent-wicklung kann nicht zuverlässig prognostiziert werden.Niemand kann genau vorhersagen, was noch auf uns zu-kommt und welche Maßnahmen möglicherweise not-wendig werden.Aber diese drei tiefgreifenden Ereignisse haben einesgemeinsam: In dieser Situation konnten sich die Men-schen im Land auf die Politik verlassen. Die demokrati-schen Institutionen waren funktionsfähig. Regierung undParlament haben ein Höchstmaß an Verantwortungsbe-wusstsein gezeigt. Ich füge hinzu: Die Fraktionsgrenzensind weitestgehend überwunden worden. Die Parlamen-tsIdtPwcbdadgalHNsJMzBeIdKrDddsslddfErznnbb6p
Es mag ja sein, dass man in der Rückschau sagenird: Das eine oder andere hätte man noch besser ma-hen können. – Hinterher weiß man sowieso immer allesesser. Aber ich halte es lieber mit Franz Josef Strauß,er einst sinngemäß gesagt hat: Lieber ungenau richtigls exakt falsch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Bun-eswirtschaftsminister Michael Glos pflegt immer zu sa-en: Wer schnell gibt, gibt doppelt. – Das gilt geradeuch in krisenhaften Situationen.Jetzt waren schnell wirkende Maßnahmen erforder-ich; die haben wir ergriffen. Natürlich schmerzt es einenaushälter, wenn wir feststellen müssen, dass wir dieettokreditaufnahme erhöhen müssen und dass daselbstgesteckte Ziel des ausgeglichenen Haushalts imahr 2011 so nicht erreicht wird.Aber jetzt kommt es darauf an, die notwendigenaßnahmen zu ergreifen, um die Konjunktur zu stüt-en und die Beschäftigung zu sichern. Deswegen sind imundeshaushalt die Investitionen auf 27 Milliarden Eurorhöht und steuerliche Maßnahmen ergriffen worden.ch nenne nur die Verbesserungen der Abschreibungsbe-ingungen, haushaltsnahe Dienstleistungen und dasfW-Kreditprogramm. Das ist alles sehr wichtig. Ge-ade die Kreditversorgung des Mittelstands ist in dieserebatte wiederholt angesprochen worden. Ich bin sicher,ass die vorgesehene weitgehende Haftungsfreistellunger Banken sehr gut wirken wird.Den Rettungsschirm, den wir mit dem Finanzmarkt-tabilisierungsgesetz aufspannen, haben wir nicht be-chlossen, weil wir die Banker und die Banken so sehrieben, sondern weil wir den Menschen in diesem Land,er Wirtschaft und den Beschäftigten in diesem Land zuienen haben. Dafür haben wir diese Maßnahmen ergrif-en.
in funktionierendes Bankenwesen und eine funktionie-ende Kreditwirtschaft sind nun einmal eine Vorausset-ung dafür, dass die Arbeitsplätze erhalten werden kön-en, dass die Wirtschaft funktioniert und Existenzenicht in Gefahr geraten.Aber wir können alle diese Maßnahmen und Pro-leme, die sich stellen, nicht allein auf nationaler Ebeneewältigen. Wir sind ein exportorientiertes Land. Über0 Prozent unserer Industrieproduktion gehen in den Ex-ort. Das heißt, wir brauchen auch international abge-
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Bartholomäus Kalbstimmte Maßnahmen. Ich danke der Frau Bundeskanz-lerin und den Mitgliedern der Bundesregierung ganzherzlich, dass auch hierbei die wichtigsten Maßnahmenauf internationaler und europäischer Ebene eingeleitetund koordiniert wurden.Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissennoch nicht, was auf diesem Gebiet noch alles auf uns zu-kommen wird. Es ist diese Woche schon gesagt worden:Wir müssen auf Sicht fahren. Wir brauchen verschiedeneInstrumente, auch solche, die schnell helfen, aber keineInstrumente, bei deren Einsatz das Geld dann nur versi-ckert. Vielmehr brauchen wir Maßnahmen, die im Hin-blick auf die Konjunktur wirken. Daneben müssen wirnatürlich auch schon jetzt die Voraussetzungen schaffen,um strukturelle Verbesserungen in die Wege zu leiten.Dabei ist das von der CSU vorgelegte Steuerkonzeptzweifellos ein sehr gutes Instrument, das zu gegebenerZeit umgesetzt werden muss.
Wir müssen jeweils zur richtigen Zeit die richtigenMaßnahmen ergreifen. Dies sind zum einen Maßnahmenzur konjunkturellen Stützung und zum anderen Maßnah-men zur strukturellen Verbesserung. Dies muss einesnach dem anderen geschehen.Der Bundesfinanzminister hat vorhin darauf hinge-wiesen – das sollten wir gerade in dieser Debatte nichtverschweigen –, dass es neben den Problemen, die wirsehen, und den Besorgnissen, die wir haben, auch posi-tive Indikatoren gibt. Die Euro-Dollar-Relation ist be-reits angesprochen worden. Für eine Exportnation wiedie unsrige ist dies von ganz entscheidender Bedeutung.Zu den positiven Indikatoren zählt weiter, dass die Zin-sen auch für die Verbraucher ebenso wie die Preise fürÖl und Mineralstoffe gesunken sind und dass die Infla-tionsrate nicht so hoch wie befürchtet, sondern deutlichniedriger ausfällt. Das setzt ungeheure Größenordnun-gen an privater Kaufkraft frei, und dies wird positiv wir-ken. Es wird also darauf ankommen, dass wir uns nichtselber noch tiefer in die Krise hineinreden, sondern dasswir auch auf diese Indikatoren aufmerksam machen.Angst ist ohnehin immer ein ganz schlechter Ratgeber.Wir müssen darauf hinarbeiten, dass alle Privatkonsu-menten wie Marktteilnehmer wieder Vertrauen zueinanderhaben, und mithelfen, dass dieses Vertrauen geschaffenwird. Dies scheint mir im Moment das Allerwichtigste zusein, und wenn das gewährleistet wird, dann bin ich zu-versichtlich, dass wir auch diese Krise gut bewältigenkönnen, selbst wenn schwierige Herausforderungen voruns stehen.Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Hans-
Ulrich Krüger.
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Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Otto
ernhardt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! In wenigen Minuten werden wir das Haushalts-esetz 2009 verabschieden. Dieses Gesetz regelt die Ein-ahmen und die Ausgaben im kommenden Jahr, und esann dementsprechend nur auf Prognosen, Erwartungennd Erfahrungen beruhen.
Ich stimme dem Finanzminister zu, dass sich die Rah-enbedingungen noch nie in einem solchen Tempo ge-ndert haben wie in den letzten Wochen. Schauen Sieich nur die Prognosen an, wie sich das Bruttoinlands-rodukt entwickeln wird, schauen Sie sich die Progno-en über die Arbeitslosen- und Beschäftigtenzahlen an!einer kann heute genau sagen, wie das Jahr 2009 wirk-ich ablaufen wird. Wir können nur Maßnahmen ergrei-en – das hat die Bundesregierung getan, und die Großeoalition hat sie dabei unterstützt –, um die inzwischeningetretene Rezession abzuschwächen. Jeder, derlaubt, Deutschland könne eine weltweite Rezession so-usagen mit hausgemachten Instrumenten vollständig
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Otto Bernhardtauffangen, der kennt die Zusammenhänge in der globali-sierten Welt nicht. Es geht jetzt darum, die richtigenMaßnahmen zu treffen, damit die Rezession möglichstnicht so tief wird und möglichst bald überwunden wird.Es ist sicher ein tolles Ereignis gewesen, dass diesesParlament in einer Woche das größte Rettungspro-gramm, das hier je beschlossen wurde – dieses 480-Mil-liarden-Euro-Programm –, mit breiter Mehrheit – so-gar eine Oppositionspartei, die FDP, hat mitgemacht –durch dieses Haus bekommen hat. Es gibt keinen Fach-mann in Deutschland, weder in der Wirtschaft noch inder Wissenschaft, der dieses Programm nicht für richtighält. Nur, jetzt kommen die Probleme. Es gibt ein großesInteresse der Banken an diesem Programm. Es gibt sogarAnträge, aber ich verrate, glaube ich, keine Geheim-nisse, wenn ich sage: Es ist noch nicht 1 Euro von den80 Milliarden Euro Eigenkapitalhilfe geflossen. Ichweise darauf hin, dass es zurzeit ziemlich große Pro-bleme im EU-Bereich gibt, die notwendigen Genehmi-gungen zu erteilen. Es stimmt nachdenklich, wenn wirhier in einer Woche entscheiden, aber bei der EU wo-chenlange Verhandlungen anstehen. Dies könnte für dieEntwicklung gefährlich werden.
Kollege Bernhardt, ich unterbreche Sie ungern, ich
habe aber die Redezeit angehalten. Aus aktuellem An-
lass ein Hinweis an alle Kolleginnen und Kollegen: Ich
habe mich heute früh extra vergewissert. Für jedes Mit-
glied des Hauses steht ein Stuhl zur Verfügung. Ich
denke, wir sollten auch dem letzten Redner in dieser
Haushaltsdebatte so viel Respekt entgegenbringen, dass
wir ihn sitzend anhören und Gespräche, die unabdingbar
sind, außerhalb des Plenarsaals führen.
Inzwischen haben wir auch gehandelt, was die Situa-tion der Realwirtschaft betrifft, auf die sich nun die in-ternationale Finanzkrise auswirkt. Dabei stellt sich dasBild sehr unterschiedlich dar. Es gibt Bereiche wie diegesamte Autobranche, die es voll getroffen hat, und esgibt Bereiche, die davon nichts oder noch nichts merken.Dennoch haben wir ein 15-Punkte-Programm auf denWeg gebracht. Die notwendigen parlamentarischen Ent-scheidungen stehen an. Einige wichtige werden schon inder kommenden Woche behandelt.Ich finde es richtig, dass die Bundeskanzlerin erklärthat: Wir werden uns in der Regierung und in der Koali-tion schon in den ersten Januartagen wieder zusammen-setzen, die Lage analysieren und dann die Frage behan-deln: Brauchen wir weitere Instrumente? – Die Zeit istso schnelllebig. Es kann sein, dass alles das, was wir be-schlossen haben, nicht ausreicht.
–asBStwvKlzrzUwsDwFNdgBkdAmüjjrAssbzsHbaslwsdsdw
m es mit aller Deutlichkeit zu sagen: Ob das ausreicht,erden wir sehen müssen.Wir haben natürlich ein Problem – auch das ist hierchon angesprochen worden –:
ie jetzt beschlossenen Bruttolohnerhöhungen kommen,as das Netto angeht, zum Teil nur in sehr bescheidenerorm bei den Arbeitnehmern an. Das ist nun einmal so.atürlich hat der Herr Kollege Dr. Krüger recht damit,ass die Sozialabgaben im Vergleich zu den Steuern denrößeren Teil ausmachen, zumindest bei den meisten deretroffenen. Dennoch würde ich per heute Steuersen-ungen als ein weiteres Instrument, wenn die Lage esenn erfordert, nicht ausschließen.
ber wir müssen schon abwarten, wie all die Maßnah-en wirken, die wir bereits beschlossen haben. Wirberschlagen uns ja fast mit solchen Maßnahmen.
Die entscheidende Frage ist: Wie wird sich die Kon-unktur wirklich weiterentwickeln? Hierzu können wireden Tag sehr unterschiedliche Prognosen lesen. Daseicht von „große Katastrophe“ bis „halb so schlimm“.ls realistischer Optimist – so bezeichne ich mich selber –chließe ich mich dem Urteil des Präsidenten der Deut-chen Bundesbank, Professor Weber, an, der vorgesterneim Empfang der Deutschen Bundesbank hier in Berlinu diesem Thema etwa Folgendes erklärt hat: Die Deut-che Bundesbank geht davon aus, dass wir im erstenalbjahr kommenden Jahres reales Minuswachstum ha-en, dass das Bruttoinlandsprodukt zurückgeht; es gibtber eine Reihe von Zeichen, dass sich die Weltwirt-chaft und auch die Konjunktur in Europa und Deutsch-and bereits im zweiten Halbjahr kommenden Jahresieder ein Stück in die richtige Richtung bewegen. Eragte wörtlich: Die Perspektiven für eine Überwindunger Rezession könnten bereits im zweiten Halbjahr 2009tärker sein und sich durchsetzen.Wir alle hier im Parlament bestimmen ein Stück weitie öffentliche Meinung. Der Vater der sozialen Markt-irtschaft, Ludwig Erhard, wird immer wieder mit dem
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20639
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Otto BernhardtSatz zitiert: Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie. –Ich habe manchmal den Eindruck: Sie ist zu 51 ProzentPsychologie.
Deshalb warne ich vor dem Panikgerede.
Es bringt uns in keiner Weise weiter.
Wir haben gehandelt, zunächst mit einem großen Pro-gramm zur Finanzkrise. Wir haben die notwendigen Ent-scheidungen zur Krise der Realwirtschaft getroffen. Wirsollten jetzt abwarten, wie in den nächsten Wochen dieErgebnisse sind. Sie können sicher sein: Die GroßeKoalition wird, wenn erforderlich, weitere Schritte ein-leiten.Herzlichen Dank.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus-haltsgesetz 2009. Das betrifft die Drucksachen 16/9900,16/9902, 16/10402, 16/10404 bis 16/10409, 16/10411bis 16/10416, 16/10419 bis 16/10425. Es ist namentlicheAbstimmung verlangt.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise daraufhin, dass nach dieser namentlichen Abstimmung nochweitere, einfache Abstimmungen über Entschließungs-anträge folgen werden. Auch hier gilt mein eben gegebe-ner Hinweis: Für jede Kollegin und für jeden Kollegendes Hauses steht ein Stuhl zur Teilnahme an diesen Ab-stimmungen zur Verfügung. Ich bitte, diesen dann aucheinzunehmen, damit wir von hier vorne das Ergebniszweifelsfrei feststellen können.Ich bitte Sie nun, sich zu vergewissern, dass auf IhrerStimmkarte Ihr Name steht, sodass das Abstimmungs-ergebnis Ihnen dann auch entsprechend zugeordnet wer-den kann.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Schrift-führerinnen und Schriftführer an Ihrem Platz? – Das istder Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ichschließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be-kannt gegeben.Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zuden Entschließungsanträgen.Wir beginnen mit der Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck-saDULddssdssduSssdFElssduSsslEGssdFDlssdSFgss
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20640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
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Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachBernhard Kaster
Eckart von KlaedenJulia KlöcknerJens KoeppenKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykEKKDFJKDDAPckhardt Rehbergatherina Reiche
laus Riegertr. Heinz Riesenhuberranz Romerohannes Röringurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Rucklbert Rupprecht
eter RzepkaPeter Weiß
Gerald Weiß
Ingo WellenreutherKarl-Georg WellmannAnette Widmann-MauzWilly Wimmer
Elisabeth Winkelmeier-BeckerDagmar WöhrlWolfgang ZöllerWilli ZylajewMaria Eichhorn Alois Karl Dr. Peter Ramsauer Marcus WeinbergWir kommen zur Drucksacrade übersprungen habe. Wer sßungsantrag auf Drucksache 1dagegen? – Wer enthält sich?ßungsantrag ist abgelehnt.Damit kommen wir zum EDrucksache 16/11072. Wer stimdagegen? – Gibt es Enthaltungeantrag ist mit den Stimmen derFraktion, der FDP-Fraktion, deEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 526;davonja: 388nein: 138JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannOtto BernhardtClemens BinningerPeter BleserDr. Maria BöhmerJochen BorchertWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachKlaus BrähmigMichael BrandHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeMonika BrüningCajus CaesarGitta ConnemannLeo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtHDEJHDNEMRPDRHMMMMDOHGUMJBEPCRKHDDADBhe 16/11066, die ich ge-timmt für den Entschlie-6/11066? – Wer stimmt– Auch dieser Entschlie-ntschließungsantrag aufmt dafür? – Wer stimmtn? – Der Entschließungs-Unionsfraktion, der SPD-r Fraktion Die Linke ge-gaSc2bNknerbert Frankenhauserr. Hans-Peter Friedrich
rich G. Fritzochen-Konrad Frommeans-Joachim Fuchtelr. Jürgen Gehborbert Geisberhard Giengerichael Glosalf Göbeleter Götzr. Wolfgang Götzereinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grüttersr. Karl-Theodor Freiherr zuGuttenberglav Guttingolger Haibacherda Hasselfeldtda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzehristian Hirteobert Hochbaumlaus Hofbauerubert Hüpper. Peter Jahrr. Hans-Heinrich Jordanndreas Jung
r. Franz Josef Jungartholomäus KalbTDDDDADHKDPIDTSWDDFLMDPDCSDDFEHRUDBRRDen die Stimmen der Fraktionbgelehnt.Ich gebe Ihnen das von denchriftführern ermittelte Erhen Schlussabstimmung üb009 bekannt: abgegebene Sten gestimmt 388 Kolleginnein haben gestimmt 138 Koeiner hat sich enthalten. Derommen.homas Kossendeyr. Günter Kringsr. Martina Krogmannr. Hermann Kuesr. Karl Lamers
ndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertelmut Lampatharina Landgrafr. Max Lehmeraul Lehriederngbert Liebingr. Michael Lutherhomas Mahlbergtephan Mayer
olfgang Meckelburgr. Michael Meisterr. Angela Merkelriedrich Merzaurenz Meyer
aria Michalkr. h. c. Hans Michelbachhilipp Mißfelderr. Eva Möllringarsten Müller
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r. Gerd Müllerr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otteita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeiffereatrix Philipponald Pofallauprecht Polenzaniela RaabAHDHDDKGBCAInDDBUWKMBTJJECGAMMTLMHADAVAG
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20641
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20642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
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ßungsantrag der Fraktion Linke vor. Vereinbarung ist für die vorgesehen. – Ich höre ist so beschlossen. Das Wort hat die Kolle-on.e bei AbgeordnetenSU)n! Liebe Kolleginnen undhressteuergesetz kommt.nsuhEkWvWsDzdGen zeitig zugegangen –, wo wetzentwurf und über die Umdns hat es nicht gelegen, wennaben.Zu den wesentlichen Inhalteinführung einer optionalen zueit bei der Besteuerung derir führen die individuelle Borteil ein. Die Ehegatten werdunsch unterjährig nicht mehondern nach dem tatsächlicheas wird zumindest den geringu ein bisschen mehr gefühlter
entlich für uns alle führtischen Vereinen von derBerichterstattung: Sitzung des Finanzausschusses – die Umdrucke sind Ih-Dr. Gregor GysiLutz HeilmannCornelia HirschInge HögerDr. Barbara HöllUlla JelpkeDr. Lukrezia JochimsenDr. Hakki KeskinKatja KippingJan KorteKatrin KunertOskar LafontaineMichael LeutertDr. Gesine LötzschUlrich MaurerDorothée MenznerKersten NaumannWolfgang NeškovićPetra PauBodo RamelowElke ReinkePaul Schäfer
Volker Schneider
Dr. Ilja SeifertDr. Petra SitteFrank SpiethDr. Kirsten TackmannDr. Axel TroostAlexander UlrichBÜNDNIS 90/DIEGRÜNENKerstin AndreaeVolker Beck
Cornelia BehmBirgitt BenderAlexander BondeDr. Thea DückertDr. Uschi EidHans Josef FellKai GehringKatrin Göring-EckardtBWPPUDBTUSFRUMMANJKWOBIch rufe den Tagesordnungspunkt VI auf:– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-regierung eingebrachten Entwurfs eines Jahres-steuergesetzes 2009
– Drucksachen 16/10189, 16/10494 –Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-schusses
– Drucksachen 16/11055, 16/11108 –Berichterstattung:Abgeordnete Olav GuttingGabriele Frechen– Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der GeschäftsordnungESzmvdmnühhD
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20643
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Was bisher schon gängige Verwaltungspraxis war, wirdjetzt rechtlich normiert. Wir schließen Vereine, die nichtauf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ba-sieren, von der Begünstigung durch die Gemeinnützig-keit aus.Zum Thema Gemeinnützigkeit gibt es eine weitereÄnderung, die sich aus einer EU-Rechtsprechung ergibt.Wenn beispielsweise eine italienische Stiftung in derSchweiz gemeinnützig tätig ist und in Deutschland nurVermietungseinkünfte bezieht, so wäre sie nach unseremderzeitigen Recht in Deutschland als gemeinnützig anzu-erkennen. Das wollen wir nicht. Insofern ändern wir dasGesetz dahin gehend, dass wir den Begriff des Inlands-bezuges in das Gesetz einfügen, der keine Auswirkungauf inländische gemeinnützige Vereine hat, die im In-oder Ausland ihre guten Werke tun. Das ist mir ganzwichtig, noch einmal zu betonen: Wir haben eine Formu-lierung gefunden, die mit den Verbänden abgestimmt istund mit der ihre Bedenken in Gänze aufgegriffen wur-den.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine weitere Ände-rung betrifft die Aufteilung der Gewerbesteuer beiWindkraftanlagen. Maßgeblich für die Zerlegung derGewerbesteuer ist grundsätzlich der Arbeitslohn. Dasbedeutet, die Kommune, in der sich der Firmensitz be-findet, bekommt alles, und die Standortkommunen be-kommen nichts. Das werden wir ändern. Die Zerlegungwird sich künftig zu 70 Prozent am Kapital und zu30 Prozent am Arbeitslohn orientieren. Darüber hinaus– das betone ich ganz ausdrücklich – werden selbstver-ständlich freiwillige Vereinbarungen möglich sein. Siewerden genauso möglich sein, wie sie es heute auchschon sind.
Wir haben das seit dem Jahr 2003 überflüssige Organ-schaftsverbot bei Lebens- und Krankenversicherungenaufgehoben. Wir werden mit diesem Gesetz unserer Ver-pflichtung nachkommen, Leasing- und Factoringfirmenunter Aufsicht zu stellen, und sie somit gewerbesteuer-rechtlich den Banken gleichstellen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, der EuropäischeGerichtshof hat uns verurteilt, die steuerliche Berück-sichtigung der Schulgeldzahlungen auf den Raum derEU bzw. den EWR auszudehnen. In dem Entschlie-ßungsantrag der FDP-Fraktion kann man lesen, dassSchulgeldzahlungen an Privatschulen nicht abzugsfähigseien. Das ist schlichtweg falsch. 30 Prozent der Kostenfür allgemein- oder berufsbildende Schulen können bis5 000 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Das ent-spricht 16 666 Euro Schulgeld. Damit ist das Schulgeldaller inländischen Schulen und des größten Teils der eu-ropäischen Schulen abgedeckt. Die FDP will die Finan-zierung der Schulgeldzahlungen für die teuersten Privat-suEbiFsbrWwFbrzDuzakfkDWfmdnGdStw
Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege
r. Volker Wissing.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ir haben eben von Frau Kollegin Frechen gehört, wasür ein bedeutender Gesetzentwurf hier vorliegt. Ichöchte betonen, dass es sich hierbei um einen Entwurfer Regierung handelt. Dass die Bundesregierung dazuicht das Wort ergreift, zeigt, welche Bedeutung sie demesetzentwurf insgesamt beimisst.
Vor drei Tagen haben wir über die Wiedereinführunger degressiven AfA beraten. Das ist ein wichtigerchritt angesichts der wirtschaftlich schwierigen Situa-ion, in der sich unser Land befindet. Ebenso wichtig,ie die Wiedereinführung der degressiven AfA ist, so
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20644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
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Dr. Volker Wissingfalsch war es, dass Sie sie abgeschafft haben. Das habenwir gestern in einer Anhörung mit Sachverständigenwiederholt bestätigt bekommen.Das Ziel Ihres Gesetzentwurfs „Beschäftigungssiche-rung durch Wachstumsstärkung“, den wir diese Wocheberaten haben, habe ich so verstanden, dass Sie die Un-ternehmen dabei unterstützen wollen, gerade jetzt, in ei-ner schwierigen Zeit, zu investieren. Die interessanteFrage ist dann doch: Warum wollen Sie heute Investitio-nen ohne Not in Deutschland wieder erschweren?
Sie verweigern der deutschen Wirtschaft dringend er-forderliche Korrekturen der Unternehmensteuerreform,die man in dieses Jahressteuergesetz unbedingt hätte auf-nehmen müssen. Sie befreien die deutsche Wirtschaftnicht von den Fesseln der Zinsschranke. Sie befreien diedeutsche Wirtschaft nicht von den Problemen, die Siemit der Funktionsverlagerung selbst geschaffen haben.Das, was Sie mit der degressiven AfA an Erleichterun-gen einführen wollen, konterkarieren Sie mit den Ände-rungen zum Mantelkauf, die im Jahressteuergesetz 2009stehen.
Es ist schon ein bemerkenswerter Zustand der Schizo-phrenie im Bundesministerium der Finanzen: Die eineAbteilung gibt Gas, und die andere zieht die Hand-bremse an. Das zu erwartende Ergebnis ist Stillstand.Das können wir uns in einer schwierigen wirtschaftli-chen Situation in Deutschland nun weiß Gott nicht leis-ten.
Mit der Neuregelung zum Mantelkauf erschwerenSie die Rettung in Bedrängnis geratener Unternehmen.Das ist das Allerletzte, was wir uns jetzt leisten können.Im Prinzip müssen wir jedem Unternehmen dankbarsein, das bereit ist, eine Verluste produzierende Gesell-schaft zu übernehmen und Arbeitplätze zu sichern. Ge-nau darum geht es doch. Es geht um Beschäftigungssi-cherung durch Wachstumsstärkung. Sie haben dieDevise selbst vorgegeben; aber es dauert gerade einmaldrei Tage, bis Sie wieder anfangen, Beschäftigungsab-bau durch Wachstumsschwächung zu betreiben.Man fragt sich: Für wen haben Sie das Jahressteuer-gesetz 2009 eigentlich gemacht?Es mag für viele Ohren zunächst einmal gut klingen,wenn die Bundesregierung die Verjährungsfrist fürSteuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre anhebt.Das klingt nach starkem Staat und konsequentem Steuer-vollzug. Aber im Grunde genommen ist genau das Ge-genteil der Fall. Diese Bestimmung ist doch ein Hilferuf.Die Strafverfolgungsbehörden sind nicht mehr in derLage, mit den Verfahren hinterherzukommen, und an-statt die Zahl der Ermittler zu erhöhen und die Fehlan-reize im Bereich des effizienten Steuervollzugs im Rah-men der Föderalismuskommission zu beseitigen,verlängern Sie einfach die Verjährungsfristen.ddvsSsndDIsDMeuWwgrqSnmMBDdzlDnmcSs
Sie schaffen damit nicht mehr Steuerehrlichkeit, son-ern einen Trödelfreibrief für Verwaltungen. Das sindie falschen Ansätze. Sie verweigern Deutschland einereinfachtes Steuerrecht, mit dem man die Probleme lö-en könnte. Aus dem Problem eines zu kompliziertenteuerrechts machen Sie einfach ein Zeitproblem.
Was soll denn für ein Signal von dem Jahressteuerge-etz 2009 ausgehen? Von einer Entlastung der Bürgerin-en und Bürger kann nicht die Rede sein. Sie sprechenavon, Frau Frechen, dass sich die Menschen ineutschland jetzt wohler fühlen würden.
ch weiß nicht, mit welchen Leuten Sie reden. Die Men-chen in Deutschland fühlen sich nicht wohl, vor alleningen nicht angesichts des Steuerrechts, weil Sie dieenschen systematisch abkassieren und weil Sie sie mitinem viel zu komplizierten Steuerrecht drangsalierennd Wirtschaftsunternehmen lähmen.
enn Sie meinen, damit würde man sich in Deutschlandohlfühlen, irren Sie sich; das Gegenteil ist richtig.Ihr Gesetz ist jedenfalls kein Beitrag zur Beschäfti-ungssicherung durch Wachstumsstärkung. Sie erschwe-en das ohne Not. Familien, die hierher kommen, hoch-ualifizierte Leute, die ihre Kinder auf internationalechulen schicken möchten, können die Kosten, die ih-en dadurch entstehen, nicht mehr steuerlich geltendachen.
anch einer wird sich überlegen, ob er in Zukunft einenogen um die Bundesrepublik Deutschland macht.
as ist reine Ideologie. Sie opfern wichtige Interessener deutschen Wirtschaft, nämlich internationale Spit-enkräfte hierher zu bekommen, Ihrer ideologischen Po-itik.
as ist unverantwortlich. Wir können uns das wirklichicht erlauben. Diese Regelung muss so schnell wieöglich wieder aus dem deutschen Steuerrecht gestri-hen werden.
Meine Damen und Herren, das Faktorverfahren, dasie so gelobt haben, wird am Ende dazu führen, dassich ein paar Menschen ein bisschen wohler fühlen.
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Dr. Volker WissingAber das ist doch keine wirkliche Verbesserung im Steu-errecht. Sie beseitigen keine strukturellen Probleme.Wieder einmal hat die Große Koalition eine Chancevertan. Dieses Jahressteuergesetz ist erbärmlich. Es ent-hält viele Verschlechterungen; nötige Verbesserungenfür die deutsche Wirtschaft haben Sie nicht in Angriffgenommen. Dass die Bundesregierung nicht einmal ei-nen Satz dazu sagt, ist schon ein ausreichendes Signal.Sie machen wieder kein Gesetz für die Bürgerinnen undBürger. Sie machen wieder keine Verbesserungen imSteuerrecht, die unsere Wirtschaft braucht. Dieses Jah-ressteuergesetz mag der Verwaltung gefallen. Für unserLand bedeutet es keinen angemessenen Schritt nachvorne. Schade!
Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Olav
Gutting.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen!
Meine Herren! Wie das Christkind kommt alle Jahre
wieder das Jahressteuergesetz.
Auch in diesem Jahr werden mit dem Jahressteuergesetz
Maßnahmen umgesetzt, die sich im Laufe des Jahres aus
EU-rechtlichen Vorgaben, aus Gerichtsurteilen, aus An-
regungen von Verwaltungen und Verbänden ergeben ha-
ben.
Lieber Kollege Wissing, Sie fragen: Für wen habt ihr
dieses Gesetz gemacht? Darauf will ich Ihnen antworten:
Wir haben es zum Beispiel für die Ehrenamtlichen in
diesem Land gemacht. Mit diesem Jahressteuergesetz
werden wir das ehrenamtliche Engagement mit einer
Verbesserung der steuerlichen Haftungsregeln für Ver-
einsvorstände unterstützen.
Zukünftig haften für die fahrlässig zweckwidrige Ver-
wendung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen zunächst
der Verein und erst nachrangig die handelnden Personen.
Das war bisher nicht so. Künftig muss keiner, der eine
verantwortungsvolle Aufgabe in einem Verein überneh-
men will, mehr fürchten, für fehlerhafte Spendenquittun-
gen anderer persönlich zu haften.
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 soll aber auch das
bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte optionale Fak-
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und dass es – beispielsweise für den Finanzplatz Frank-furt – besonders bedauerlich ist, dass die besondereSituation dieser Schulen von Ihnen in diesem Jahressteu-ergesetz nicht anerkannt wird?Teilen Sie auch meine Auffassung, dass es in einerwirtschaftlich schwierigen Zeit unverantwortlich ist,eine Hürde für die Zuwanderung von internationalenSpitzenkräften in die Bundesrepublik Deutschland auf-zubauen? Teilen Sie darüber hinaus meine Auffassung,dass das ein Widerspruch zu dem ist, was die Bundesre-gierung diese Woche angesichts der wirtschaftlichenSchwierigkeiten, in denen sich unser Land befindet, wie-derholt verkündet hat?
Herr Kollege Dr. Wissing, wir erkennen die Wichtig-keit und die Bedeutung von Privatschulen in unseremGesamtschulsystem an. Wir schätzen sie, wir halten siefür richtig und wollen sie fördern.Wer mit einem reinen Schulgeld von über16 000 Euro im Jahr – es geht ja nur um reines Schul-geld, nicht um die zusätzlichen Ausgaben für das Mit-tagessen usw. – nicht hinkommt und bei einer Deckelungvon bis zu 5 000 Euro darüber hinaus nichts mehr abset-zen kann, ist nicht derjenige, den wir über den Sonder-ausgabenabzug unbedingt weiter steuerlich unterstützenmüssen. Ich halte die Regelung, so wie wir sie jetzt ge-funden haben, für ausreichend, für richtig. Wir werdenfast alle Privatschulen in diesem Bereich umfassend be-rücksichtigen. Mit diesen 5 000 Euro haben wir einenrichtigen Schritt gemacht.
Ich hatte gerade das Thema „Begrenzung des Vorsteu-erabzugs bei den nicht ausschließlich unternehmerischgenutzten Firmenfahrzeugen“ genannt. Ich bin froh, dasswir gerade in Anbetracht der Absatzkrise der deutschenAutomobilindustrie diesen Schritt nicht gegangen sind.Die Belastungen, die im ursprünglichen Regierungsent-wurf im Gespräch waren, sind nun definitiv vom Tisch.
Das ist eine Beruhigung für den Markt.Eine weitere Beruhigung möchte ich anfügen: Dievom Bundesfinanzministerium ins Auge gefasste Be-steuerung von Streubesitzdividenden ist ebenfalls nichtGegenstand des jetzt zu verabschiedenden Gesetzentwur-fes. Ich will betonen, dass sich die Union ausdrücklichnicht der Intention verschließt, das deutsche Steuerrechtden europarechtlichen Vorgaben zeitnah anzupassen.Aber für Schnellschüsse besteht in diesem Bereich keinAsHdcdNedUerslinEefdtwbKilmsMdlvfsDbdforeWssr
Wir wollten auch bei der Zinsschrankenregelungachbessern und den Vortrag von nichtgenutztemBITDA gestatten. Auch das ist gerade in Krisenzeitenine wichtige Möglichkeit, um Verluste steuerlich abzu-edern. Nun ist es uns leider nicht gelungen, die notwen-ige Mehrheit dafür zu beschaffen. Ich möchte aber be-onen: Hier gilt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wirerden uns weiterhin für notwendige Nachbesserungenei der Unternehmensteuerreform einsetzen.
Ein weiterer Wermutstropfen, den ich mit meineroalitionskollegin teile, ist, dass es uns nicht gelungenst, für dieses Jahressteuergesetz eine sinnvolle Gesamt-ösung bei der Pauschalbesteuerung in § 37 b Einkom-ensteuergesetz zu finden. Es ist wirklich kaum ver-tändlich, dass beispielsweise bei einer Einladung vonitarbeitern ins Stadion zu einem Fußballspiel zwar diearauf zu entrichtende Steuer vom Arbeitgeber pauscha-iert abgeführt werden kann, dieser dann aber die Sozial-ersicherungsbeiträge, die in diesem Zusammenhangällig werden, individuell berechnen muss. Eine Pau-chalierung ist hier, so meine ich, dringend angezeigt.
ie Befürchtungen, es könne in diesem Bereich zu Miss-rauch kommen, können wir ganz einfach beseitigen, in-em wir eine entsprechende Höhe der Pauschalierungestlegen. Ziel dieser Pauschalierung ist es ja nicht, keineder nur geringe Sozialversicherungsbeiträge abzufüh-en. Durch diese Pauschalierung soll vielmehr eine Ver-infachung bei der Berechnung herbeigeführt werden.
ir werden deshalb in den nächsten Monaten gemein-am noch einmal versuchen, für diese Fälle eine Pau-chalierung auch im Hinblick auf die Sozialversiche-ungsbeiträge hinzubekommen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008 20647
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Olav GuttingIch möchte nicht, dass hier der Eindruck entsteht,dass das Jahressteuergesetz 2009 ein Gesetz der verpass-ten Chancen wäre. Das ist es definitiv nicht.
Nein, es ist ein Instrument, mit dem wir, wie eingangsfür einige Bereiche beschrieben, viele wichtige Verbes-serungen und Modernisierungen im Steuerrecht umset-zen.Bei unserem Jahressteuergesetz handelt es sich wiejedes Jahr um ein sogenanntes Omnibusgesetz. DieserOmnibus verkehrt zwischenzeitlich, so kann man sagen,im Linienverkehr,
sodass alle, die dieses Jahr nicht mitgekommen sind undstehen blieben, spätestens beim nächsten Jahressteuerge-setz die Chance haben, mitzukommen.Ich darf mich abschließend bei den Mitberichterstat-terinnen und Mitberichterstattern in meiner eigenenFraktion und der Koalition sowie beim BMF für die um-fangreichen, aber letztendlich immer guten und vor al-lem zielorientierten Gespräche und die gute und ziel-orientierte Zusammenarbeit bedanken. Ich wünsche demGesetz, in diesem Fall dem Omnibus, eine gute Fahrt.
Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegen
Dr. Barbara Höll.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrGutting, den Omnibus basteln wir jedes Jahr. Ich finde,wenn man das jährlich macht, sollte man in der Lagesein, die erste Vorlage des Omnibusses so zu gestalten,dass er fahrfähig ist. Da nach der ersten Vorlage abernoch mehr als 70 Änderungsanträge kamen, kann ich nursagen: Das ist gepfuscht, das ist Murks. So sollten wirden Omnibus nicht konstruieren.
Nebenbei gesagt: Es ist ein Unding, dass Sie nicht inder Lage sind, ein solches Gesetz, bei dem klar ist, dasswir es jedes Jahr wieder debattieren werden, zu ange-messener Zeit zu behandeln und es deshalb in die Haus-haltswoche hineingedrückt wird. Das ist einfach unmög-lich und beschneidet wieder einmal das Mitspracherechtder Opposition.
Ich arbeite konstruktiv – wir Linke sind dafür be-kannt –, und deshalb möchte ich als Erstes klipp und klardnGUt1amsnrAdGeVgdbbbrdhsikebgalnIwhdküdDanaznzD
s gibt immer noch Schifffonds, die Möglichkeit dererschiebung von Aktien ins Betriebsvermögen und dieeschlossenen Auslandsfonds, also viele andere Dinge,ie man, wenn man es ernst meint, in den Omnibus ein-auen sollte. Die Verlängerung der Verjährungspflichtei Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre wurdeereits erwähnt. Das klingt zwar gut, die laxe Formulie-ung des Gesetzes bietet aber überhaupt keine Sicherheitafür, dass die Praxis der laxen Bestrafung von Steuer-interziehern tatsächlich geändert wird. Dazu muss ichagen: Machen Sie sich doch bitte intensiv an die Arbeit.Das, was Sie zum Ehegattensplitting vorschlagen,st zaghaft und mutlos. SPD-Frauen haben sehr dafür ge-ämpft; denn die Beseitigung des Ehegattensplittings istin wichtiger Schritt, insbesondere, um Frauenarmut zueseitigen. Frau Frechen sprach von „ein bisschen mehrefühlter Gerechtigkeit“. Mehr als ein Gefühl ist dasuch nicht. Die Regierung selbst sagt, dass wahrschein-ich maximal 5 Prozent der Berechtigten das Verfahrenutzen werden. Wenn das ein großartiger Einstieg in diendividualbesteuerung sein soll, dann frage ich mich,as Sie für Raumvorstellungen haben.Eine grundlegende Reform des Ehegattensplittingseißt für uns, positive Anreize für Frauen zu schaffen,amit sie sich eine Beschäftigung suchen und ihr nach-ommen, und die Bevorzugung von Ehepartnern gegen-ber alleinerziehenden oder nichtverheirateten Erziehen-en endlich abzuschaffen.
eshalb schlagen wir Ihnen in unserem Entschließungs-ntrag die Umwandlung des Ehegattensplittings vor. Dericht ausgeschöpfte steuerliche Grundfreibetrag sollteuf den Partner oder die Partnerin übertragbar sein, undwar unabhängig davon, ob sie verheiratet sind odericht. Das würde gleichzeitig die „Verpartnerten“ einbe-iehen, die Sie ebenfalls außen vor lassen. Wir sagen:as Zusammenleben mit Kindern muss zielgerichtet
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Dr. Barbara Höllgefördert werden. Etwas anderes geht nicht. Dazu brau-chen wir eine sofortige Anhebung des Kindergeldes aufmindestens 200 Euro und mittelfristig auf 250 Euro.
Das ist durch die Umwandlung des Ehegattensplittingszu finanzieren; denn das würde 9 Milliarden Euro ein-bringen.Zum Schulgeld muss ich sagen, dass die Diskussionüber die Erhöhung der Abzugsfähigkeit des Schulgeldesabsurd ist. In 90 Prozent aller Fälle ziehen Eltern, dieihre Kinder auf Privatschulen schicken, weniger als jähr-lich 1 000 Euro ab. Die Erhöhung des steuerlichenHöchstbetrages von 3 000 auf 5 000 Euro, die Sie von-seiten der Koalition in der Beratung vorgenommen ha-ben, halten wir für absolut unnötig. Dies ist weiterhineine Bevorzugung der Menschen, die viel Geld habenund viel Geld in ihre Kinder stecken.Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.Dafür ist er einfach viel zu sehr gemurkst.Ich danke Ihnen.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun
die Kollegin Christine Scheel.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Vorab eine grundsätzliche Anmerkung von meiner Seite:Wir haben es hier mit einem Gesetzentwurf von knapp150 Seiten zu tun. Die Kollegin Höll hat gerade daraufhingewiesen, dass auf den letzten Metern noch 76 Ände-rungsanträge hinzukamen. Auch die Bundesländer habenviel beigesteuert: über 100 Seiten mit Änderungsvorschlä-gen, Prüfbitten und Forderungen des Bundesrates.
Das alles dient nicht dem, was die Bevölkerung von derPolitik erwartet, nämlich eine einfache Steuergesetzge-bung.
Vielmehr müssen sich aufgrund des kleinteiligenSammelsuriums viele Gruppen in der Bevölkerung unddie gesamte Finanzverwaltung wieder auf zig neue Än-derungen einstellen. Jedes Mal, wenn ein Omnibusge-setz kommt, wird das Erzittern schon spürbar. Überall inden beratenden Berufen und auch bei den Lohnsteuerhil-fevereinen bricht dann Hektik aus, weil kurz vor Jahres-ende immer noch so viele neue Änderungen kommen,auf die man sich einstellen muss. Viele empfinden das zuRecht als eine Zumutung.
Ich möchte kurz fünf Beispiele nennen.SandPwlbKdtlf–nuhdrIlgFGrzDahRdlvvsvsrd
Zweiter Punkt. Wir haben auch erreicht – das war fürie Grünen enorm wichtig –, dass sich die Große Koali-ion bei der Gewerbesteuerzerlegung für Windkraftan-agen überhaupt bewegt hat. Ich danke Ihnen dafür auchür die Branche.
Für die Branche der regenerativen Energien danke ich.Es ist eine gute Sache, weil es auch für die Kommu-en einen Anreiz geben wird, Standorte auszuweisen,m mehr regenerative Energien anzusiedeln. Denn jetztaben auch die Standortgemeinden mehr davon, wenniese Anlagen dort installiert werden. Damit wurde einichtiger Impuls gesetzt.
ch sage noch einmal deutlich an dieser Stelle – das isteider im Finanzausschuss im Bericht verloren gegan-en –: Es wird weiter möglich sein – die Kolleginrechen von der SPD hat darauf hingewiesen; Herrutting hat es, glaube ich, auch angesprochen; wir wa-en uns da einig – individuelle Lösungen zu finden, umu einem anderen Aufteilungsverhältnis zu kommen.
as ist richtig, wichtig und sehr gut.
Dritter Punkt. Bei der neu geregelten Besteuerungusländischer Künstlerinnen und Künstler ist die bis-er ermäßigte Besteuerung von kleinen Gagen unter dieäder gekommen. Das bedauern wir sehr. Wir hattenazu Änderungsanträge eingereicht, die Sie leider abge-ehnt haben.Vierter Punkt. Es geht um die zukünftige Besteuerungon Ehepaaren. Dieses sogenannte optionale Faktor-erfahren ist nicht das, was erwartet wird. Wir wün-chen uns, dass Sie eine moderne Familienbesteuerungornehmen. Unter moderner Familienbesteuerung ver-tehen wir keine Flickschusterei, sondern eine Verände-ung des antiquierten Ehegattensplittings hin zu einer In-ividualbesteuerung.
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Fünfter Punkt. Für uns sind ethische Geldanlagenein sehr wichtiges Thema. Deswegen wollen wir, auchund gerade in Zeiten der Finanzkrise, dass ethischeGeldanlagen bei den Finanzprodukten zur Altersvor-sorge ausgewiesen werden. Denn die Leute wollen wis-sen, ob sie mit ihren Ersparnissen Kinderarbeit, Rüs-tungsindustrie und Atomkraft unterstützen. Wenn hierzugenauere Informationen vorliegen, ist dies auch im Inte-resse der Bevölkerung.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Bernd Scheelen für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Brauchen wir ein Jahressteuergesetz?
– Ja, das ist die Frage. – Natürlich brauchen wir ein Jah-ressteuergesetz, weil sich die Gesellschaft verändert,weil sich auch die Rechtsprechung verändert, weil diePolitik die Aufgabe hat, diese Veränderungen zumindestzum Teil nachzuvollziehen,
und weil die Aussage, dass ein Steuerrecht einfach undgerecht sein kann, ein Märchen ist.
Nach dem biblischen Steuersystem war von allemder Zehnte zu entrichten. Dieses Steuerrecht war alsosehr einfach. War es aber auch gerecht? Ist es gerecht,dass die Sekretärin eines Chefarztes 10 Prozent Steuernzahlt und dass der Chefarzt selbst auch nur 10 ProzentSteuern zahlt? Das ist doch völlig ungerecht.
Wenn Sie sagen: „Wir wollen, dass diejenigen, dieleistungsfähiger sind und höhere Einkommen haben,auch eine höhere Steuerlast zu tragen haben als diejeni-gen, die niedrigere Einkommen haben“, dann stimmenIhnen 99 Prozent der Menschen zu. Das allerdings be-deutet: Man darf ein Steuersystem nicht nur einfach ge-stalten, sondern man muss Regelungen finden, die nichtganz so einfach sind, wie Sie es sich vorstellen.Ich will auf das Beispiel zum Thema Windkraft, dasFrau Frechen erwähnt hat, kurz eingehen. In den mir ver-bKIBDEdlsIlgdswJsdEavdcVdtdduDsttczgFdbRke
as ist zwar nur ein kleiner, aber ein wichtiger Beitrag.s macht durchaus Sinn, dass Standortkommunen etwasavon haben, wenn sie über Windräder verfügen. Sie fal-en den Menschen aufgrund ihrer Wirkung auf die Land-chaft nicht immer nur positiv auf. Dennoch muss es imnteresse der jeweiligen Gemeinde sein, eine solche An-age bei sich anzusiedeln. Ich glaube, hier haben wir eineute Lösung gefunden.
Ich will noch kurz auf zwei Entwicklungen eingehen,ie aus Sicht der Kommunen sehr positiv zu beurteilenind:Zunächst zum steuerlichen Querverbund. Wie Sieissen, wurden wir von der Rechtsprechung der letztenahre aufgefordert, den steuerlichen Querverbund ge-etzlich zu sichern. Es geht darum, dass die Gewinne,ie kommunale Unternehmen zum Beispiel aus dernergieversorgung, aber auch aus anderen Versorgungs-rten, erzielen, mit den Verlusten der Verkehrsbetriebeerrechnet werden. Das ist seit mehreren Jahrzehnten inieser Republik eine Tradition, die nun gesetzlich gesi-hert wird. Dadurch schaffen wir Klarheit, dass dieseerrechnung rechtens ist.
Hierbei geht es um immerhin 2,5 Milliarden Euro, aufie Bund und Länder zugunsten der Kommunen verzich-en. Ich möchte an dieser Stelle positiv hervorheben,ass Bund und Länder ihrer Verantwortung gerecht wer-en
nd dieses Geld den Kommunen zur Verfügung stellen.ie Kommunen können diese Mittel verwenden, indemie beispielsweise in die öffentliche Verkehrsinfrastruk-ur, in die Anschaffung neuer Busse und Bahnen, inves-ieren.
Der zweite Punkt, auf den ich abschließend zu spre-hen kommen will, betrifft § 33 des Grundsteuergeset-es. Auch hier wurden wir von der Rechtsprechung auf-efordert, für Klarheit zu sorgen. Dabei geht es um dierage, ob aus dem Leerstand von Immobilien ein Erlasser Grundsteuer hergeleitet werden kann. Hierzu gab esisher eine gesetzliche Regelung, die jetzt durch dieechtsprechung in ihr Gegenteil verkehrt werdenönnte. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass hierine Klarstellung erfolgt.
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20650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2008
(C)
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Bernd ScheelenAuch bei diesem Thema geht es um Gerechtigkeit.Wenn wir nämlich nichts unternommen hätten, hättenwir in Kauf nehmen müssen, dass insbesondere im Ostender Republik befindliche Immobilien, die im Zuge desVereinigungsbooms zum Teil auch mit steuerlicher För-derung gebaut wurden, nun aber leer stehen, auch nochsteuerlich subventioniert werden, und zwar in Form ei-ner Ermäßigung oder eines Erlasses der Grundsteuer.Das konnten und wollten wir nicht hinnehmen.
Ich glaube, wir haben jetzt eine sinnvolle Regelunggefunden, durch die es den Kommunen erspart wird, sichdie Ausfälle, die entstanden wären – dies wäre in vielenBereichen ein zweistelliger Millionenbetrag gewesen;Berlin hat uns vorgerechnet, dass der Verlust etwa20 Millionen Euro betragen hätte, wenn wir das nicht ge-macht hätten –, bei anderen Grundstückseigentümernwiederzuholen, die das dann wieder auf ihre Mieter ab-gewälzt hätten. Das wollten wir nicht.stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent-wurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen derUnionsfraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stim-men der FDP-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion DieLinke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-nommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-entwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und derSPD-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion beiEnthaltung der Fraktion Die Linke und der FraktionBündnis 90/Die Grünen angenommen.Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-ßungsanträge:Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-tion der FDP auf Drucksache 16/11073? – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsan-Ich finde, das ist eine gute Lösung. Ich bedanke michbei allen, die daran mitgewirkt haben. Heute ist ein guterTag für die Kommunen in Deutschland.Herzlichen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuer-
gesetzes 2009. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
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S
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(D
rag ist abgelehnt.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion Die Linke auf Drucksache 16/11111? – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsan-
rag ist abgelehnt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
chluss unserer heutigen Tagesordnung.
Der Ältestenrat hat in seiner gestrigen Sitzung verein-
art, dass am kommenden Mittwoch keine Befragung
er Bundesregierung und keine Aktuelle Stunde stattfin-
en soll. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann ist das so beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 3. Dezember 2008, 19 Uhr,
in.
Die Sitzung ist geschlossen.