Protokoll:
16011

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 11

  • date_rangeDatum: 19. Januar 2006

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:39 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/11 Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 712 D Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Karl Richard Schiewerling (CDU/CSU) . . . . Andrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 714 C 716 B 718 B 719 C 721 A 721 C 722 B 723 B 723 C 727 A 728 C 729 C 731 A 732 A 733 D 734 B 734 D 735 D 737 A Deutscher B Stenografisch 11. Sitz Berlin, Donnerstag, de I n h a l Benennung des Abgeordneten Carsten Müller (Braunschweig) als Schriftführer . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 10 . . . Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 16/99) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G W ( i Z E M M o S w G ( O 707 A 707 B 708 C 708 C 708 D 710 B Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines undestag er Bericht ung n 19. Januar 2006 t : esetzes zur Änderung des Gesetzes gegen ettbewerbsbeschränkungen Drucksache 16/236) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 2: rste Beratung des von den Abgeordneten atthias Berninger, Dr. Thea Dückert, argareta Wolf (Frankfurt), weiteren Abge- rdneten und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes zur Änderung des esetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Drucksache 16/365) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 724 D 725 A 725 A Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 737 B 738 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Wend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 22. Oktober 1996 zum Übereinkommen Nr. 147 der Internationalen Arbeitsorganisation über Mindestnormen auf Handelsschiffen (Drucksache 16/151) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen Nr. 180 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 22. Oktober 1996 über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe (Drucksache 16/152) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 21. Mai 2003 über die strategische Umweltprüfung zum Übereinkommen über die Umwelt- verträglichkeitsprüfung im grenzüber- schreitenden Rahmen (Vertragsgesetz zum SEA-Protokoll) (Drucksache 16/341) b) Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Undine Kurth (Quedlin- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für starke soziale und ökolo- gische Standards in der Internationa- len Finanz-Corporation (IFC) der Welt- bank (Drucksache 16/374) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 27. November 2003 zur Änderung des Europol-Übereinkommens und zur Änderung des Europol-Gesetzes (Drucksachen 16/30, 16/251) . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seeaufgabengesetzes (Drucksachen 16/35, 16/376) . . . . . . . . . . c d I Z a b c 739 A 739 D 740 B 741 B 741 B 741 B 741 C 741 D 742 A ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. April 2005 über den Beitritt der Tschechischen Re- publik, der Republik Estland, der Re- publik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Repu- blik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen von 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzu- wendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Ge- meinschaften (Viertes Beitrittsüberein- kommen zum Schuldvertragsüberein- kommen) (Drucksachen 16/41, 16/391) . . . . . . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver- trag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusam- menarbeit und die Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten (Drucksachen 16/57, 16/284) . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . . . . usatztagesordnungspunkt 9: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 16/33, 16/385) . . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. April 2005 zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit (Drucksachen 16/37, 16/381) . . . . . . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu der Zwei- ten Änderung des Übereinkommens vom 25. Februar 1991 über die Umwelt- verträglichkeitsprüfung im grenzüber- schreitenden Rahmen (Zweites Espoo- Vertragsgesetz) (Drucksachen 16/43, 16/388) . . . . . . . . . . 742 B 742 C 749 B 742 D 743 A 743 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 III Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention (Drucksachen 16/42, 16/390) . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (Drucksache 16/240) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Fritz Kuhn, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: So genannter Muslimtest in Baden-Württemberg – Ver- fassungsrechtlich problematische Gesin- nungstests beenden (Drucksache 16/356) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heribert Rech, Minister (Baden- Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heribert Rech, Minister (Baden- Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . D S C V T E e d ( B H C D K M J T a b i 743 C 743 D 744 C 745 C 747 A 747 C 748 C 749 C 749 D 750 B 751 B 752 C 753 A 754 A 754 D 755 A 756 A 758 A 758 D 758 D r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Kristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . evim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) agesordnungspunkt 8: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über ie Deutsche Nationalbibliothek (DNBG) Drucksache 16/322) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . atrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Ina Lenke, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Lage der Kommunen dokumentieren und verbessern (Drucksache 16/127) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Heidrun Bluhm, Dr. Dagmar Enkelmann und der Fraktion der LINKEN: Verbindli- ches Mitwirkungsrecht der kommu- nalen Spitzenverbände bei der Erar- beitung von Gesetzentwürfen und Verordnungen sowie im Gesetzgebungs- verfahren (Drucksache 16/358) . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit 760 B 762 A 762 C 764 A 765 A 766 A 766 C 767 A 767 C 767 D 769 B 769 D 770 A 770 D 771 D 772 D 773 B 774 B 775 B 776 C 776 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für starke und handlungsfähige Kommunen (Drucksache 16/371) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Hakki Keskin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Abriss des Palas- tes der Republik stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Christian Ströbele, Anna Lührmann, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Abrissmorato- rium für den Palast der Republik (Drucksachen 16/98, 16/60, 16/366) . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Christoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T E J W u G Z e ( i Z E U d w d G ( J R H D U J R K D T A U g s F s ( C I D 776 D 776 D 778 C 780 B 781 C 783 A 783 C 784 C 785 B 786 C 788 B 788 C 789 C 791 A 792 B 793 D 794 A 795 C 796 A 796 D 797 B 797 C 801 A agesordnungspunkt 11: rste Beratung des von den Abgeordneten osef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), olfgang Wieland, Claudia Roth (Augsburg) nd der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE RÜNEN eingebrachten Entwurfs eines weiten Gesetzes zur Änderung des Auf- nthaltsgesetzes (Altfall-Regelung) Drucksache 16/218) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: rste Beratung des von den Abgeordneten lla Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau und er Fraktion der LINKEN eingebrachten Ent- urfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung es Aufenthaltsgesetzes und anderer esetze Drucksache 16/369) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, we Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der FDP: Umfas- ende Berichterstattung des Bundes zur orschungs- und Technologiepolitik sicher- tellen Drucksache 16/266) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lse Aigner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 797 D 797 D 798 A 799 A 803 B 804 B 805 A 805 D 806 D 808 A 809 A 809 B 810 A 810 B 810 D 811 A 812 A 813 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 V René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abkommens vom 31. März 1992 zur Er- haltung der Kleinwale in der Nord- und Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Ditmar Staffelt, Petra Merkel (Berlin), Klaus Uwe Benneter und Mechthild Rawert (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Republik (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 814 A 815 A 816 B 823 D Ostsee (Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANS-Abkommensgebiets) (Drucksachen 16/38, 16/389) . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Jörg-Otto Spiller, Lothar Mark und Detlef Dzembritzki (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Republik (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . A E K ( m – – ( A E R s – – ( A E G A – – ( 816 D 817 A 818 D 819 D 820 D 821 C 822 D 823 A 823 C nlage 4 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten atrin Göring-Eckardt und Anja Hajduk beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- entlichen Abstimmung über die Anträge: Abriss des Palastes der Republik stoppen Abrissmoratorium für den Palast der Republik Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten ainer Fornahl (SPD) zur namentlichen Ab- timmung über die Anträge: Abriss des Palastes der Republik stoppen Abrissmoratorium für den Palast der Republik Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten unter Weißgerber (SPD) zur namentlichen bstimmung über die Anträge: Abriss des Palastes der Republik stoppen Abrissmoratorium für den Palast der Republik Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 824 A 824 C 824 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 707 (A) ) (B) ) 11. Sitz Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 823 (A) ) (B) ) schloss in der beschlossenen Konzeption zu vertretbaren Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A J h d s s d u v d t f F d v m z A 1 g u d H E n z Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 19.01.2006 Ernst, Klaus DIE LINKE 19.01.2006 Evers-Meyer, Karin SPD 19.01.2006 Faße, Annette SPD 19.01.2006 Flach, Ulrike FDP 19.01.2006 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 19.01.2006 Glos, Michael CDU/CSU 19.01.2006 Golze, Diana DIE LINKE 19.01.2006 Hilsberg, Stephan SPD 19.01.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 19.01.2006 Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 19.01.2006 Kauch, Michael FDP 19.01.2006 Lips, Patricia CDU/CSU 19.01.2006 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.01.2006 Müntefering, Franz SPD 19.01.2006 Raidel, Hans CDU/CSU 19.01.2006 Riemann-Hanewinckel, Christel SPD 19.01.2006 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 19.01.2006 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 19.01.2006 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 19.01.2006 Veit, Rüdiger SPD 19.01.2006 Wächter, Gerhard CDU/CSU 19.01.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Jörg-Otto Spiller, Lothar Mark und Detlef Dzembritzki (alle SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Repu- blik (Tagesordnungspunkt 15) Der Deutsche Bundestag hat sich in den vergangenen ahren mit der Thematik befasst und mit breiter Mehr- eit beschlossen, dass das Berliner Stadtschloss wie- ererrichtet und als Humboldt-Forum genutzt werden oll. Wir unterstützen dieses Anliegen. Es ist jedoch un- icher, ob es sich tatsächlich realisieren lässt und ob auf er Basis der bisherigen Planungen in absehbarer Zeit nd zu vertretbaren Kosten das Humboldt-Forum mit der orgesehenen öffentlichen Nutzung entstehen kann. Es arf jedoch weder ein überwiegend kommerziell genutz- er Bau an dieser Stelle entstehen, noch wäre eine Grün- läche auf Dauer akzeptabel. Wir stimmen darum den orderungen des Antrages auf Drucksache 16/60 zu. Mit em Ziel der Einrichtung eines Humboldt-Forums sollte or dem Abriss des Palastes der Republik so schnell wie öglich eine tragfähige Lösung mit gesicherter Finan- ierung gefunden werden. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Ditmar Staffelt, Petra Merkel (Berlin), Klaus Uwe Benneter und Mechthild Rawert (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Repu- blik (Tagesordnungspunkt 15) Ich stimme der Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/366 zu. Der Deutsche Bundestag hat sich in den ver- angenen Jahren umfassend mit der Thematik befasst nd mit breiter Mehrheit beschlossen, dass die Kubatur es Berliner Stadtschlosses wiedererrichtet und als umboldt-Forum genutzt werden soll. Ich unterstütze dieses Anliegen, verbunden mit der rwartung, dass der Deutsche Bundestag zeitnah die pla- erischen und finanziellen Voraussetzungen unter Einbe- iehung privater Investoren schafft, damit das Stadt- 824 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 (A) ) (B) ) Kosten realisiert und sodann mit der Nutzung als Humboldt-Forum unverzüglich begonnen werden kann. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt und Anja Hajduk (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Repu- blik (Tagesordnungspunkt 15) Ich enthalte mich der heutigen Abstimmung über den Antrag meiner Fraktion, weil ich für den baldigen Abriss des Palastes der Republik bin. Die grundsätzliche Ent- scheidung des Deutschen Bundestages für einen Abriss soll meines Erachtens nicht infrage gestellt werden. Ein Moratorium, das die weitere Nutzung des Palastes der Republik ermöglicht, sollte den geplanten Abriss nicht endlos hinauszögern. Experimentelle Kulturprojekte – die selbstverständlich ihre Berechtigung haben – sind aus der Berliner Kulturszene nicht wegzudenken. Alter- nativ zum maroden, vor sich hin siechenden Palast ha- ben wir aber gerade in Berlin genügend freie Räume, in denen solche Projekte stattfinden können und auch sol- len. Ich wünsche mir an dieser zentralen Stelle in der Mitte Berlins ein modernes Gebäude – und keine mor- bide DDR-Kultstätte. Aber auch die nostalgische Re- konstruktion des Stadtschlosses lehne ich ab, weil sie weder Ort noch Zeit angemessen ist. Gerade wegen sei- ner Attraktivität für internationale Berlin-Besucher sollte hier das moderne Selbstverständnis der „Berliner Republik“ sichtbar werden. In Berlin fehlt es nicht an historischen Gebäuden. Vor allem aber sind die wenigen anspruchsvollen zeitgenössischen architektonischen Entwürfe zu erfolgreichen Anziehungspunkten gewor- den, zum Beispiel die Reichstagskuppel und das Jüdi- sche Museum. Es geht hier um ein Deutschland, das sich nicht nach der Vergangenheit zurücksehnt, sondern seinen Platz in der Gegenwart gefunden hat und selbst- bewusst in die Zukunft schaut. Das rekonstruierte alte Schloss würde diese Realität nicht zum Ausdruck brin- gen und wäre deshalb ein falsches Signal – ebenso wie eine Palast-Hülle, die auch mehr Reminiszenz an die Vergangenheit demonstrieren würde anstatt die Entste- hung von etwas Neuem. Die Nutzung einer zukunftsweisenden Architektur in Berlins Mitte darf allerdings nicht allein privaten Inves- toren überlassen werden, sondern sollte in wesentlichen Teilen für eine öffentliche kulturelle Nutzung zur Verfü- gung stehen. Dafür gilt es schnell tragfähige Konzepte zu entwickeln. A g c L V n d s B r A r c l g c D s z a i e D b p h A k c r (C (D nlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rainer Fornahl (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Anträge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Repu- blik (Tagesordnungspunkt 15) Der Palast muss abgerissen werden! Denn er war Teil des Systems: Brot und Spiele als un- laubwürdiges Gegenstück zu Totalitarismus, Unterdrü- kung und Indoktrination über 40 Jahre – auch meines ebens in der DDR. Das einzig Erhaltenswerte ist die Phase der Arbeit der olkskammer vom 17. März 1990 bis zur Wiederverei- igung. Dies muss ideell und materiell organisiert wer- en. Dazu bedarf es aber der Erhaltung des architektoni- chen und städtebaulichen Fremdkörpers an dieser Stelle erlins nicht. Ich lehne die heutigen Anträge der Opposition „Ab- iss des Palastes der Republik stoppen“ gern ab. nlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gunter Weißgerber (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die An- träge: – Abriss des Palastes der Republik stoppen – Abrissmoratorium für den Palast der Repu- blik (Tagesordnungspunkt 15) Ich stehe zu meiner Biografie – der Palast muss abge- issen werden. Der Palast der Republik – er gefiel mir nie, weder ar- hitektonisch noch ideell. Betreten hatte ich ihn bis 1989 ediglich einmal, bin damals aber sofort wieder hinaus- egangen. Unter den vielen Besuchern war eine erhebli- he Anzahl von MfS-Informanten zu vermuten gewesen. as Klima bereitete mir Unbehagen. Auch gehörte die- er Bau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit u den öffentlichen Gebäuden mit dem höchsten Besatz n Mit- und Abhöreinrichtungen pro Quadratzentimeter m Arbeiter- und Bauernstaat. Besser kennen gelernt hatte ich das Gebäude nach der rsten freien Volkskammerwahl im März 1990 in der DR, genauer: den Volkskammerteil im Gebäude. Dort eschlossen wir mehrheitlich den Beitritt zur Bundesre- ublik. Das macht nur diesen Gebäudeabschnitt für mich istorisch wertvoll und erhaltenswert. Deshalb muss das ndenken an die erste und einzige frei gewählte Volks- ammer der DDR an dieser Stelle und in einem mögli- hen Neubau gewürdigt werden. Ich lehne die heutigen Anträge der Opposition „Ab- iss des Palastes der Republik stoppen“ gern ab. 11. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. Januar 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601100000

Die Sitzung ist eröffnet.
Ich begrüße Sie alle herzlich, liebe Kolleginnen und

Kollegen, und wünsche uns einen guten Tag und gute
Beratungen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Mit-
teilungen zu machen: Der Kollege Kai Wegner hat sein
Amt als Schriftführer niedergelegt. Als Nachfolger
schlägt die Fraktion der CDU/CSU den Kollegen
Carsten Müller vor. Ich gehe davon aus, dass Sie damit
einverstanden sind. – Das ist offenkundig der Fall. Da-
mit ist der Kollege Müller zum Schriftführer gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde: Aktuelle Entwicklung im Hinblick auf die
Vogelgrippe und Schutzmaßnahmen der Bundesregierung

(siehe 10. Sitzung)


ZP 2 Erste Beratung des von den Abgeordneten Matthias
Berninger, Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf (Frankfurt),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-
schränkungen
– Drucksache 16/365 –
Überweisungsvorschlag:

Redet
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin Andreae,
Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für
starke und handlungsfähige Kommunen
– Drucksache 16/371 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

ZP 4 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim
Dagdelen, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE einge-
brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes und anderer Gesetze
– Drucksache 16/369 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)


(C (D ung n 19. Januar 2006 0 Uhr Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ZP 5 Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abkommens vom 31. März 1992 zur Erhaltung der Kleinwale in der Nordund Ostsee (Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANS-Abkommensgebiets)

– Drucksache 16/38 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/389 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Cornelia Behm

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Karin
Binder, Sevim Dagdelen, Jörn Wunderlich und der Fraktion
DIE LINKE: EU-Antidiskriminierungsrichtlinien durch
einheitliches Antidiskriminierungsgesetz wirksam und
umfassend umsetzen
– Drucksache 16/370 –

Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Petitionsausschuss

ext
Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

e Debatte: Berichte über die Rolle von BND-Mit-
vor und während des Irakkrieges
berweisungen im vereinfachten Verfahren
g zu TOP 16)
ZP 7 Vereinbart
arbeitern

ZP 8 Weitere Ü

(Ergänzun Präsident Dr. Norbert Lammert a)





(A) )


(B) )

ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom
21. Mai 2003 über die strategische Umweltprüfung
zum Übereinkommen über die Umweltverträglich-
keitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

(Vertragsgesetz zum SEA-Protokoll)

– Drucksache 16/341 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute Koczy,
Thilo Hoppe, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Für starke soziale und ökologische Stan-
dards in der Internationalen Finanz-Corporation

(IFC) der Weltbank

– Drucksache 16/374 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 9 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache

(Ergänzung zu TOP 17)

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung

eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur
Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Au-
ßenwirtschaftsverordnung
– Drucksache 16/33 –

(Erste Beratung 8. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Wirtschaft und Technologie
– Drucksache 16/385 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erich G. Fritz
Dr. Ditmar Staffelt
Martin Zeil
Ulla Lötzer
Margareta Wolf (Frankfurt)


b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkom-
men vom 8. April 2005 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit
– Drucksache 16/37 –

(Erste Beratung 8. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Arbeit und Soziales
– Drucksache 16/381 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Max Straubinger

c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu der Zweiten Änderung des Übereinkommens vom
25. Februar 1991 über die Umweltverträglichkeits-

(Zweites Espoo-Vertragsgesetz)

– Drucksache 16/43 –

(Erste Beratung 8. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
– Drucksache 16/388 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Matthias Miersch
Horst Meierhofer
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

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(C (D Der TOP 10 – Änderung des Gentechnikgesetzes – oll abgesetzt werden. An seiner Stelle soll der TOP 15 Abriss des Palastes der Republik – aufgerufen werden. ußerdem ist die Beratung des TOP 14 – Berichterstat ung des Bundes zur Forschungsund Technologiepoliik – bereits heute, im Anschluss an den TOP 11, vorgeehen. Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, oweit erforderlich, abgewichen werden. Sind Sie mit iesen Vereinbarungen einverstanden? – Dazu höre ich einen Widerspruch. Dann ist auch das so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 3 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Drucksache 16/99 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für iese Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – azu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist auch das so eschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst er Kollege Franz Thönnes für die SPD-Fraktion. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Für die Regierung!)


Entschuldigung. Das hat eine gewisse Logik. Die An-
abe war insofern nur unvollständig. Das führt aber zu
iner zusätzlichen Aufmerksamkeit für die Bundesregie-
ung,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es ändert aber nichts an dem, was er sagt!)


ie man nicht in jedem Zusammenhang als gesichert un-
erstellen kann. – Bitte schön.

F
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1601100100

Schönen Dank, Herr Präsident. – Guten Morgen,

erte Kolleginnen und Kollegen! Die Praxis der Umset-
ung des Sozialgesetzbuches II, also die Zusammenfüh-
ung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit dem Ziel der
chnellen und zügigen Rückkehr in Arbeit durch Fördern
nd Fordern mit Leistungen aus einer Hand, geht jetzt in
as zweite Jahr. Schritt für Schritt ist das Sozialgesetz-
uch II nach der Reform umgesetzt worden. Aber auch
otwendige Klarstellungen und Veränderungen aufgrund
on Erfahrungen aus der Praxis und auch aufgrund von
ntscheidungen der neuen Regierungskoalition werden

etzt in Angriff genommen bzw. sind entschieden wor-
en.

Dazu gehört die mit der Übernahme der Kosten für
ie Unterkunft der Arbeitslosengeld-II-Empfänger ge-
chaffene Verlässlichkeit für die Kommunen. Mit dem
o genannten Revisionsgesetz wird geregelt, dass der






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Franz Thönnes
Bund den Kommunen in 2005 und 2006 im Rahmen der
Grundsicherung für Arbeitslose jeweils 29,1 Prozent der
Kosten für Unterkunft und Heizung zahlt.

Heute geht es um eine weitere wichtige Veränderung:
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende hat zum Ziel,
Menschen, die erwerbsfähig sind und Hilfe bei der Auf-
nahme oder bei der Beibehaltung einer Arbeit benötigen,
zu unterstützen und ihren Lebensunterhalt zu sichern,
wenn sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können.
Jetzt wird ein weiterer wichtiger Reformpunkt umge-
setzt, den die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag
verabschiedet haben. Damit wird auch deutlich, dass wir
sehr zügig und sehr schnell die notwendigen Änderun-
gen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende in An-
griff nehmen.

Bislang ist im Sozialgesetzbuch II unter Bezugnahme
auf das Referenzsystem der Sozialhilfe die Regelleistung
zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums
für West- und Ostdeutschland unterschiedlich hoch fest-
gelegt; sie beträgt für den Westen 345 Euro und für den
Osten 331 Euro. Wesentliches Ziel des vorliegenden Ge-
setzentwurfs ist es, die Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhalts in Ost und West zu vereinheitlichen
und das Ostniveau an das Westniveau anzugleichen.

Die Bundesregierung hat – das wissen Sie; ich will
das in Erinnerung rufen – im Rahmen der Änderung des
Sozialgesetzbuches II einen Ombudsrat ins Leben ge-
rufen, der sich mit der Grundsicherung für Arbeit-
suchende beschäftigt. Ihm gehören Dr. Christine
Bergmann, die ehemalige Bundesfamilienministerin,
Professor Dr. Kurt Biedenkopf, der ehemalige Minister-
präsident des Freistaates Sachsen, und Dr. Hermann
Rappe, der ehemalige Vorsitzende der IG Bergbau, Che-
mie, Energie an. Aufgabe dieses Ombudsrates ist es, die
Einführung der neuen organisatorischen und gesetzli-
chen Regelungen im Rahmen des SGB II kritisch zu be-
gleiten, Schwachstellen aufzuzeigen und Empfehlungen
zur Weiterentwicklung auszusprechen.

Mit der Angleichung der Regelleistung greifen wir
eine wesentliche Empfehlung des Ombudsrates auf. Der
Ombudsrat hat in seinem Zwischenbericht nämlich ge-
fordert, die um 14 Euro niedrigere Regelleistung in den
neuen Bundesländern auf das höhere Leistungsniveau im
Westen anzuheben. Dafür gibt es, wie ich denke, gute
Gründe. Drei zentrale Gründe möchte ich nennen:

Sicherlich gibt es Unterschiede hinsichtlich Kostenni-
veau und Konsumverhalten zwischen Ost und West. Wir
müssen aber auch feststellen, dass solche Unterschiede
in der ganzen Republik in den einzelnen Regionen beste-
hen; regionale Besonderheiten sind existent. Da es sich
bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Gegen-
satz zur Sozialhilfe um eine Leistung des Bundes han-
delt, ist es vertretbar, einen einheitlichen Wert auf West-
niveau zugrunde zu legen, um so das soziokulturelle
Existenzminimum zu sichern.

Zweitens. Wichtigstes Ziel des Sozialgesetzbuches II
ist die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Von daher
werden hohe Anforderungen an die überregionale Mobi-
lität der Menschen gestellt. Eine bundeseinheitliche Re-

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(C (D elleistung wird eher dazu beitragen, dass die Menschen ine Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet aufnehmen. Drittens. Diese neue Gleichbehandlung in West und st kann – das muss ich schlicht und einfach so sagen – it dazu beitragen, dass das SGB II eine größere Akzep anz findet. Eine solche Leistungsverbesserung führt natürlich zu usätzlichen Ausgaben. Diese werden gut 220 Millionen uro pro Jahr betragen und zulasten des Bundes gehen. eswegen haben die Koalitionsparteien im Koalitionsertrag Verabredungen getroffen, dass an anderer Stelle insparungen vorgenommen werden sollen, die vor dem intergrund dieser Regelung aber vertretbar sind. Ich glaube, dass wir uns bei den weiteren Beratungen it den Fraktionen hier im Hause darüber unterhalten üssen, welche Änderungen am Zuschnitt der Bedarfs emeinschaften bei Jugendlichen unter 25 Jahren notendig sind. Die Koalitionsparteien haben geregelt, dass ugendliche, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet aben, nun generell in die Bedarfsgemeinschaft der Elern einbezogen werden sollen. Sie sollen mit Erreichen er Volljährigkeit also nicht mehr automatisch eine eiene Bedarfsgemeinschaft bilden. Dies führt wiederum azu, dass die Jugendlichen nicht 100 Prozent der Regeleistung erhalten, sondern, da sie keinen eigenen Hausalt führen, nur 80 Prozent. Bezüglich des Erstbezuges einer Wohnung soll eine ustimmung des Leistungsträgers erforderlich sein. So ollen Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollndet haben, die Zustimmung des Leistungsträgers einolen müssen, wenn sie erstmals eine eigene Wohnung eziehen wollen. Absicht des Gesetzes ist – das will ich deutlich saen –, dass jemand, wenn er 18 Jahre alt wird, nicht auomatisch zu Hause ausziehen und eine eigene Bedarfsemeinschaft begründen kann. Wir führen Solidarität auf ie Kernzelle der Solidarität, nämlich die Familie, zuück. Hier besteht eine gegenseitige Verantwortung. chließlich ist all das, was vom Bund geleistet wird, eine anonyme sozialstaatliche Leistung, sondern hierür werden Steuergelder von den Menschen verwendet, ie Arbeit haben. Sie tragen mit ihren Steuergeldern azu bei, dass wir gesellschaftliche Solidarität für die enschen, die Arbeit suchen und vermittelt werden wol en, finanzieren können. Damit sollte aber nicht die inanzierung einer eigenen Wohnung ab dem 18. Leensjahr gewährt werden. Natürlich wird es, um das deutlich zu sagen, in dem inen oder anderen Fall Ausnahmen geben, zum Beispiel ann, wenn jemand weit entfernt vom Wohnort seiner amilie arbeitet oder ausgebildet wird. Dann wird im inzelfall darüber zu entscheiden sein. Es kann durchaus uch Fälle geben, bei denen eine eigene Wohnung notendig ist. Das sollten dann aber die Ausnahmen sein. Kurzum: Wir wollen vermeiden, dass die Zahl der edarfsgemeinschaften weiter ansteigt und dass sich Juendliche ohne eigenes oder mit einem nicht ausreichenen eigenen Einkommen die erste Wohnung über die rundsicherung für Arbeitsuchende finanzieren lassen. Parl. Staatssekretär Franz Thönnes Gleichfalls geht es darum, die im Koalitionsvertrag enthaltene Regelung umzusetzen, dass der Bund nicht mehr 78 Euro für die Bezieher von Arbeitslosengeld II in die Rentenversicherung einzahlt, sondern dass die Zahlungen auf 40 Euro gesenkt werden. Die daraus ergebenden Einsparungen werden sich ab 2007 auf ungefähr 2 Milliarden Euro belaufen. Es geht aber auch darum, dass wir an anderer Stelle eine Klarstellung bezüglich des Leistungsausschlusses für EU-Bürger, die sich erstmals zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, vornehmen wollen. Mietkautionen sollen künftig nicht mehr als Zuschuss, sondern als Darlehen gewährt werden. Damit wird vermieden, dass eine vom SGB-II-Träger gezahlte Mietkaution bei einem Umzug beim Leistungsbezieher verbleibt. Daneben wird es weitere Regelungen geben, bis hin dazu, dass vom SGB-II-Träger gewährte Darlehen dinglich, zum Beispiel im Grundbuch, abgesichert werden sollen. Ich glaube, wenn die genannten Änderungen in die Beratung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einbezogen würden, dann hätten wir ein erstes Gesamtpaket, in dem die finanzwirksamen Maßnahmen in Bezug auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende enthalten wären, und dann könnten wir im Zusammenhang mit dem IT-Verfahren zur Berechnung des Arbeitslosengeldes II sehr zügig und schnell die entsprechenden Programmierungen vornehmen, sodass die neuen Leistungen gezahlt und die Einsparmaßnahmen umgesetzt werden könnten. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Erstens. Wir übernehmen eine wichtige Empfehlung des Ombudsrates, indem wir bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Ostleistungen an die Westleistungen angleichen. Zweitens. Unerwünschte Auswirkungen werden verändert. Drittens. Es werden vertretbare Einsparungen vorgenommen, um die zusätzlichen Ausgaben an anderer Stelle zu finanzieren. Ich glaube, das alles geschieht, ohne die Zielsetzung, die mit dem SGB II an dieser Stelle verfolgt wird, zu gefährden. Ganz im Gegenteil: Die Zielgenauigkeit wird erhöht, wodurch eine größere Akzeptanz erreicht wird. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Ich erteile dem Kollegen Dirk Niebel für die FDP Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDPFraktion erkennt ausdrücklich an, dass die Bundesregierung mit dem vorgelegten Gesetzentwurf eine immer noch bestehende Mauer in den Köpfen der Menschen e i w b K b m v E m w i d g W u g s s d w l a l D t a a r w c B h t (C (D inreißen und den Unterschied zwischen Ost und West m 16. Jahr der deutschen Einheit ausgleichen möchte. Trotz der Erfahrungen aus dem letzten Herbst, als ein eithin bekannter politischer Schwermatrose aus den ayerischen Bergen versucht hat, diese Mauer in den öpfen der Menschen noch einmal künstlich aufzuauen, (Beifall bei der FDP – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist rhetorischer Schwachsinn!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601100200
Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601100300

üssen wir anerkennen, dass Deutschland seit 16 Jahren
erheiratet,


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ntschuldigung, vereint ist. – Der Kollege Ramsauer hat
ich so nervös gemacht,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Du hast ein schlechtes Gewissen!)


eil er natürlich nicht akzeptieren kann, dass es falsch
st, dass sein Landesvater im letzten Wahlkampf meinte,
er Intellekt und die Dummheit seien in Deutschland re-
ional unterschiedlich verteilt.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist eine Hetze gegen alle Süddeutschen!)


ir wissen, dass die Menschen in Nord und Süd, in Ost
nd West genetisch bedingt gleichermaßen schlau und
leichermaßen dumm sein können. Deswegen glaube ich
chon, dass es vernünftig ist, auch hierüber mal zu reden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nichtsdestotrotz wäre es natürlich gut gewesen, wenn
ich die Bundesregierung ihre eigene Antragsbegrün-
ung genauer durchgelesen hätte; denn im Gesetzent-
urf schreibt sie – ich zitiere: –

Zwar weist das Verbrauchsniveau und das private
Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutli-
che Unterschiede auf. Solche Unterschiede beste-
hen jedoch nicht nur zwischen den alten und neuen
Bundesländern; vielmehr ergeben sich innerhalb
des gesamten Bundesgebietes regionale Besonder-
heiten.

Damit kommen wir zu dem Schluss, dass es eigent-
ich vernünftiger gewesen wäre, die Regelleistungen
uch im Arbeitslosengeld II entsprechend den regiona-
en Einkommens- und Verbrauchskosten festzulegen.
ies wäre insbesondere deshalb gut gewesen, weil na-

ürlich jeder weiß, dass das Leben in Emden günstiger
ls in München und in Stuttgart vielleicht etwas teurer
ls in Pasewalk ist. Darüber hinaus vergisst die Bundes-
egierung leider, die Regelleistungen für die nicht er-
erbsfähigen Hilfeempfänger entsprechend anzuglei-

hen; denn die nicht erwerbsfähigen Hilfeempfänger im
ereich der Sozialhilfe sind in ihren Vorschlägen über-
aupt nicht berücksichtigt. Aber auch deren Lebenshal-
ungskosten sind unterschiedlich.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel
Insbesondere die Berücksichtigung der unterschiedli-
chen Lebensverhältnisse hätte in der Konsequenz zur
Folge, dass die Anreizwirkungen, die mit den Hartz-Re-
formen für die Aufnahme eines Arbeitsplatzes erhöht
werden sollten, nicht konterkariert werden; denn eines
müssen Sie sich alle vor Augen führen: Das Arbeitslo-
sengeld II wirkt faktisch wie ein Mindestlohn. Jeder, der
wirtschaftlich denken kann, hat überhaupt keinen nach-
vollziehbaren Grund, unterhalb des Mindestlohns eine
Tätigkeit anzunehmen. Deswegen ist die Unterschei-
dung nach den regionalen Besonderheiten wichtig, ohne
einen Popanz zwischen Ost und West aufzubauen. Im
16. Jahr der Einheit müssen wir endlich von diesem alten
Klassendenken zwischen Ost und West wegkommen und
akzeptieren, dass wir in unterschiedlichen Regionen der
Republik die gleichen Probleme haben. Es ist ein Ver-
dienst von Rot-Grün: Nach ihrer Regierungszeit sind die
Probleme bundesweit einheitlich groß geworden.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen eine neue Förderpolitik gestalten, die es
ermöglicht, im Osten wie im Westen notwendige struk-
turelle Veränderungen durchzuführen. Deswegen haben
wir immer Modellregionen verlangt. Die Frau Bundes-
kanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung mehr Mut zur
Freiheit gefordert und dazu aufgerufen, mehr Freiheit zu
wagen. Geben Sie den unterschiedlichen Regionen die
Freiheit, zu versuchen, ihre Probleme auf neuen Wegen
zu lösen, unabhängig von den gesamtgesetzlichen Rah-
menbedingungen, auch einmal vom Bundesrecht abwei-
chen zu können und auszuprobieren, ob in einer Region
vielleicht andere Wege besser zum Ziel führen.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen darauf hinweisen – auch das muss ein
Jahr nach dem Beginn von Hartz IV möglich sein –, dass
die Hartz-Reformen I bis IV nicht den gewünschten Er-
folg gebracht haben. Dem Bundesminister für Arbeit
und Soziales liegt ein ungefähr 2 500 Seiten dicker Be-
richt von Wirtschaftsinstituten vor, der der Öffentlichkeit
bisher nur teilweise bekannt geworden ist, mit einem of-
fenkundig verheerenden Urteil über Hartz I bis III. Das
Einzige, was wirklich funktioniert, sind die Minijobs.
Diese wollen sie jetzt auch noch teurer machen.

Wir wollten mit den Hartz-Reformen – übrigens wir
alle – Kosten sparen und die Vermittlung in Arbeit ver-
bessern. Beide Ziele sind nicht erreicht worden. Im Jahr
2005 kostet Hartz IV den Bund 25,6 Milliarden Euro
statt 14,6 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten aller
öffentlichen Kassen betrugen im letzten Jahr 44,6 Mil-
liarden Euro. Das ist alles andere als eine Erfolgsstory,
insbesondere weil die Vermittlung in Arbeit nicht ver-
bessert worden ist. Bei 18 Prozent Marktanteil der Bun-
desagentur für Arbeit kann man nun wirklich nicht von
einem echten Erfolg sprechen.

Das Einzige, was boomt, sind die 1-Euro-Jobs. Diese
sind aber nicht mehr in der Statistik enthalten. Damit
konterkarieren Sie das, was Sie im Wahlkampf gesagt
haben.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D ch zitiere den geschätzten Kollegen Pofalla aus der Frankfurter Rundschau“ vom 16. August 2005: „Wir werden eine ehrliche Statistik machen“ … Nach Ansicht der Union täusche die Regierung über das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit hinweg, weil Erwerbslose in öffentlich geförderten Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs nicht in der Statistik registriert werden. Sie wollen all das fortschreiben. Sie machen die gleihen Fehler wie die rot-grüne Bundesregierung. chwarz-Rot ist nicht besser als die rot-grüne Bundesreierung, was das Täuschen und das Manipulieren von tatistiken anbetrifft. Deswegen sind es jetzt mittlereile nicht mehr die Arbeitslosen von Rot-Grün, sonern wir reden über die Arbeitslosen der neuen Bundesegierung von Schwarz-Rot. Hier mahnen wir Lösungen n. Sie müssen zumindest im Handeln, wenn Sie es schon m Denken aufgegeben haben, zu einem wachstumsrientierten Pfad zurückkehren, einer Politik, die Wirtchaftswachstum ermöglicht. Sie müssen sich von einer ozialdemokratischen Politik abwenden, die schon zu eiten der sozialliberalen Koalition gezeigt hat, dass nvestitionsprogramme, die fremdfinanziert sind, weil an das Geld nicht hat, nicht die gewünschten Wirkun en erzielen. Stattdessen werden Sie am 27. Januar etas Neues in Deutschland erleben, nämlich eine enorme iquiditätslücke bei den Betrieben. Am 27. Januar müsen die Betriebe im Vorhinein die Sozialversicherungseiträge abführen, um die Rentenkasse zu stabilisieren. as kostet die Betriebe rund 9,8 Milliarden Euro im ahr. Auf der anderen Seite wollen Sie nach einer Ändeung dieses Gesetzentwurfs, über die im Ausschuss beraen werden soll, den Zuschuss zur Rentenversicherung ei Arbeitslosengeld-II-Empfängern um 2 Milliarden uro kürzen. Das heißt, Sie werden zur Finanzierung der entenkassen eine Umschichtung zulasten der Betriebe ornehmen und wollen das mit einem Investitionsproramm mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro ompensieren. Sie machen damit wieder genau dasselbe, as die Sozialdemokraten immer wieder getan haben: ie nehmen den Bürgern Geld weg, verwalten es in eiem teuren Verwaltungsapparat, ziehen die Verwalungskosten ab und weisen es dann vorzugsweise zweckebunden den Bürgern wieder zu. Das ist Unsinn. Die enschen wissen selber am besten, was sie mit ihrem eld machen sollen. Sie wollen, unter anderem um die Kaufkraft zu stären, das Arbeitslosengeld II in der ganzen Republik an as Westniveau angleichen. Wie ich vorhin bereits festestellt habe, wäre dies grundsätzlich anerkennenswert, enn Sie es richtig machen würden. Sie aber begleiten as Vorhaben mit einer Mehrwertsteuererhöhung. ine Mehrwertsteuererhöhung führt aber nicht zur Stärung der Kaufkraft. Im Gegenteil: Da das soziokultuelle Existenzminimum durch Arbeitslosengeld II und Dirk Niebel Sozialhilfe gewährleistet werden soll, werden Sie an dieser Stelle nachbessern müssen. Zeitgleich mit der Mehrwertsteuererhöhung werden Sie auch die Leistungen erhöhen müssen. Sie werden allerdings auf der anderen Seite Arbeitsplätze in der legalen Wirtschaft vernichten. Denn gerade in personalintensiven Bereichen – im Handwerk, in der Gastronomie und im Einzelhandel – können die höheren Kosten nicht auf die Preise abgewälzt werden. Das wird zwangsläufig zur Zunahme der Schwarzarbeit führen. In diesem Bereich wurde im letzten Jahr ein Umsatz von schätzungsweise 346 Milliarden Euro erzielt. Durch Durchschnittslöhne dividiert entspricht das fast 5 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen. Die sozialpolitische Komponente ist dabei noch nicht berücksichtigt. Sie weisen immer wieder darauf hin, dass das Vorhaben sozialpolitisch vertretbar sei, weil der ermäßigte Mehrwertsteuersatz unverändert bleibe. Das ist aber völliger Unsinn. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt für Tiernahrung, Schnittblumen, Lebensmittel und Druckerzeugnisse. Ich habe selber drei Kinder. Sie wollen mehr als den Hund füttern, selber etwas essen und die Zeitung lesen. Gerade die großen Familien werden überproportional belastet. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Insbesondere diejenigen, die von einer mehrwertsteuer-
finanzierten Beitragssenkung nichts haben, nämlich die
Arbeitslosen, Selbstständigen, Schüler, Studenten und
Rentner, werden überproportional belastet. Das ist die
Politik, die Sie im Wahlkampf als sozial gerecht bezeich-
net haben.

Die gegenwärtige Situation ist dadurch geprägt, dass
die Bundesrepublik, von Schwarzarbeit gezeichnet, ei-
nen Verlust von sozialversicherungspflichtigen Arbeits-
plätzen zu verzeichnen hat.


(Klaus Brandner [SPD]: Sie haben noch gar nicht zur Kenntnis genommen, dass die Schwarzarbeit gesenkt worden ist!)


– Sie werden bestimmt gleich selber reden, Herr
Brandner. Ich vermute, dass Ihnen in der Fraktion noch
Redezeit zugestanden wird.


(Klaus Brandner [SPD]: Sie sollen ja nur zugeben, dass die Schwarzarbeit bei Rot-Grün gesenkt worden und bei Schwarz-Gelb gestiegen ist!)


– Wenn Sie von einer Politik reden, Herr Brandner, die
dazu führt, dass der Anreiz zur Aufnahme einer legalen
Beschäftigung in Deutschland nicht mehr gegeben ist,
dann verstärken Sie diesen Effekt.

Darüber hinaus haben die gesamten Hartz-Reformen
von Hartz I bis IV gezeigt, dass die handwerklichen
Grundlagen falsch waren. Das wurde beim virtuellen
Arbeitsmarkt, bei der EDV A2LL sowie bei den unter-
schiedlichsten Problemen deutlich. Der ddp hat heute
um 3.15 Uhr gemeldet – ich zitiere –:

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(C (D Die schnelle Angleichung des Arbeitslosengeldes II im Osten an das Westniveau droht am Fehlen der entsprechenden Software zu scheitern. Sie setzen genau das fort, was Rot-Grün gemacht hat. ie machen genau denselben handwerklichen Murks, der azu führt, dass die Menschen das Vertrauen in die poliischen Entscheidungsträger verlieren. Das ist falsch. eswegen werden wir das Gesetzgebungsverfahren mit inem weiteren Antrag begleiten, der auf eine Angleihung der Leistungen entsprechend den unterschiedichen Lebenshaltungskosten in Deutschland abzielen ird. Ich hoffe, dass wir Sie im Gesetzgebungsverfahren avon überzeugen werden, dass nur dieser Weg gerecht st. Denn nur dann, wenn die Menschen entsprechend en Lebenshaltungskosten in ihrer Region ein existenzicherndes Einkommen erzielen, haben sie die Möglicheit der menschenwürdigen Teilhabe an der Gesellchaft. (Klaus Brandner [SPD]: Sie wollen die Leistungen senken, Herr Niebel! Reden Sie doch mal darüber!)


as ist der richtige Weg. Dazu wollen wir gerne unsere
and reichen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601100400

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1601100500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

eraten heute erneut eine Änderung der so genannten
artz-IV-Gesetzgebung, auf die wir uns in den Koali-

ionsverhandlungen verständigt haben. Mir ist es wich-
ig, dies auch in den Zusammenhang all der Maßnahmen
u stellen, die wir uns im Kontext der Hartz-IV-Reform
orgenommen haben. Denn das soll und wird ein Kon-
ept aus einem Guss sein. Wir wollen kein hektisches
in und Her; es soll vielmehr wohl erwogen aufeinander

ufbauen und von dem Grundsatz ausgehen, dass der
ern der Hartz-IV-Reform – die Zusammenführung von
rbeitslosen- und Sozialhilfe in einer Grundsicherung

ür Arbeitslose – mit den entsprechenden Fördermaß-
ahmen im Grundsatz richtig war. Im Kern geht es nun
arum, all das, was in der Vergangenheit politisch ent-
chieden worden ist und nicht richtig gelaufen ist, neu zu
ustieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Damit haben wir im letzten Jahr mit der Erarbeitung
es Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des
weiten Buches Sozialgesetzbuch begonnen. 2005 ha-
en wir uns an der Finanzierung der Unterkunfts- und
eizungskosten beteiligt, die den Kommunen im Rah-
en von Hartz IV entstanden sind. Das war uns wichtig.
as werden wir auch 2006 tun. Das haben wir, die
nion, vor der Wahl den Kommunen versprochen und






(A) )



(B)


Dr. Ralf Brauksiepe
nach der Wahl mit den Sozialdemokraten vereinbart. Das
haben wir im Interesse der Kommunen und der betroffe-
nen Menschen gemeinsam umgesetzt.

Wir haben uns nun die Angleichung des Regelsatzes
beim Arbeitslosengeld II in Ostdeutschland an das west-
deutsche Niveau in Höhe von 345 Euro vorgenommen.
Herr Kollege Niebel, Sie haben dieses Thema zum An-
lass für einen Rundumschlag gegen die Arbeitsmarkt-
politik im Allgemeinen und die Arbeitsmarktpolitik der
schwarz-roten Bundesregierung im Besonderen genom-
men. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass
Sie mit dem Thema, um das es heute konkret geht,
Schwierigkeiten haben.


(Dirk Niebel [FDP]: Überhaupt nicht!)


Wie Sie wissen, legen wir kein Investitionsprogramm
der klassischen Art auf. Vielmehr haben wir uns ent-
schieden, draufzulegen. Das war immer Ihre Forderung.
Wir tun mehr für Bildung und Forschung, für die Ver-
kehrsinfrastruktur und für Familien. Das wird die Inves-
titionstätigkeit in Deutschland fördern. Was ist uns dabei
vorzuwerfen? Wir tun doch das Richtige. Das ist für die
Schaffung von Arbeitsplätzen in der Tat noch wichtiger
als die arbeitsmarktpolitischen Reformmaßnahmen, die
wir zusätzlich auf den Weg bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Aber das Geld müssen Sie erst abkassieren, weil Sie es nicht haben!)


Herr Niebel, Sie haben auf die Zahl der Arbeitslosen
unter Schwarz-Rot hingewiesen. Nachdem Angela
Merkel gerade sechs Wochen Bundeskanzlerin ist, be-
haupten wir sicherlich nicht, dass auf dem Arbeitsmarkt
alles prima ist. Wenn wir aber schon über die Zahl der
Arbeitslosen unter Schwarz-Rot reden, dann sollten
wir nicht vergessen, zu erwähnen, dass es im Dezember
letzten Jahres – saisonbereinigt – 110 000 Arbeitslose
weniger gab. Das ist der stärkste Rückgang seit sechs
Jahren. Das ist sicherlich nicht nur das Verdienst unserer
Gesetzgebungsarbeit. Aber es ist ein guter Start, nach
dem Sie sich die Finger geleckt hätten. Wir jedenfalls
sind damit ganz zufrieden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir treffen nun mit der Verabschiedung des vorlie-
genden Gesetzentwurfs eine politische Entscheidung. Es
geht dabei nicht um die Korrektur handwerklicher Feh-
ler. Vielmehr ist in der Vergangenheit die Entscheidung
getroffen worden, unterschiedliche Regelsätze einzufüh-
ren. Dies war durchaus politisch begründbar. Es gibt auf-
grund von 40 Jahren real existierendem Sozialismus lei-
der auch 15 Jahre nach der deutschen Einheit viele
Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Aber
weil wir offen für notwendige Veränderungen sein wol-
len, ist ein Ombudsrat eingesetzt worden. Er war kein
Verkehrsunfall, sondern politisch gewollt. Dieser Rat ist
zu einer Empfehlung gekommen. Es gibt sicherlich viele
andere Fragen, die in diesem Zusammenhang zu disku-
tieren sind. Auch der Bundesrat hat aus seiner Sicht
durchaus bedenkenswerte Argumente angeführt. Aber
wir sind zu der politischen Entscheidung gekommen,

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(C (D ass es richtig ist, den Regelsatz in Ostdeutschland an en in Westdeutschland anzugleichen. Herr Kollege Niebel, Sie haben den Teil der Begrünung des Gesetzentwurfs zitiert, den Sie im Rahmen Iher Argumentation für sinnvoll hielten. Aber Sie haben n der Stelle aufgehört, an der darauf hingewiesen wird das hat der Herr Staatssekretär eben zu Recht ausgeührt –, dass es sich bei der hier zur Diskussion stehenen Leistung – anders als bei der Sozialhilfe – um eine eistung des Bundes handelt und dass es daher vertretar ist, einen einheitlichen Satz – in diesem Fall einen inheitlichen Wert auf Westniveau – festzulegen. Ich enke, dass dieses Vorhaben, auf das wir uns verständigt aben, vernünftig ist. Bei dem, was wir im letzten Jahr beschlossen haben nd nun einbringen, handelt es sich um Maßnahmen, die so richtig sie sind – den Bund Geld kosten. Deswegen st es richtig, dass wir alle Maßnahmen, die wir uns im ahmen von Hartz IV vorgenommen haben, im Zusamenhang sehen, und zwar auch diejenigen, bei denen es m vom Bund dringend benötigte Einsparungen geht. Der Staatssekretär hat bereits angedeutet, dass wir uns och einiges vorgenommen haben. Wir werden in den raktionen zu beraten haben, ob wir in das laufende Geetzgebungsverfahren gegebenenfalls andere Vorchläge einbringen werden, in denen es zum Beispiel um ie Erweiterung des Begriffs der Bedarfsgemeinschaft nd um den Umgang mit Personen geht, die erstmals ine eigene Wohnung beziehen wollen und einen entprechenden Antrag stellen. Der Minister hat das schon n der gestrigen Ausschusssitzung angesprochen. Ich abe die Reaktionen gesehen, die von Opposiionsparteien kamen, wenn auch nicht von Ihnen, aber on anderen. Es gibt nämlich heute noch Menschen, die s als große emanzipatorische Errungenschaft berachten, wenn der Staat jungen arbeitslosen Menschen hre erste eigene Wohnung finanziert. Ich will deutlich agen: Ich bin selbst lange genug in einem politischen ugendverband tätig gewesen. Ich sehe auch auf Seite er Sozialdemokraten die eine oder andere, die ähnliche rfahrungen gemacht hat. Mir sind solche Forderungen icht fremd und ich habe auch großes Verständnis dafür. ber wir müssen immer sehen, dass sich der Staat nicht bernehmen kann, dass er sich bei den Leistungen, um ie es geht, nicht verheben kann und dass er Prioritäten etzen muss. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben uns vorgenommen, uns um dieses Thema
m Laufe dieses Jahres zu kümmern. Wenn es um die
rage geht, ob wir es uns leisten wollen, dass der Staat

edem arbeitslosen jungen Menschen seine eigene Bude
inanziert, oder ob wir die Priorität an der Stelle setzen,
ass wir uns bei der Anrechnung von zur Altersvorsorge
ienendem Vermögen von Menschen, die nach jahrzehn-
elanger Beitragszahlung unverschuldet in Arbeitslosig-
eit gekommen sind, großzügiger zeigen, dann neige ich
azu, eher das Vermögen der Älteren zu schonen, anstatt
ungen Menschen entgegenzukommen, die sehr wohl auf
)






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
die Solidarität der Familie bauen können und deren Fa-
milien leistungsfähig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das sind die Dinge, die wir uns vorgenommen haben.
Wir werden darüber hinaus weitere Maßnahmen zu er-
greifen haben. Wir haben uns vorgenommen, Einsparun-
gen zu erreichen, indem wir die Organisation von
Hartz IV reformieren. In diesem Bereich wollen wir
1,2 Milliarden Euro einsparen. Wir werden im Laufe der
nächsten Monate entsprechende gesetzliche Maßnahmen
dazu ergreifen. Es geht also einerseits darum, handwerk-
liche Fehler, die gemacht worden sind, einvernehmlich
zu korrigieren, und es geht andererseits darum, gegebe-
nenfalls andere politische Prioritäten zu setzen. Das ma-
chen wir jetzt in diesem Bereich.

Wir haben im Übrigen auch feststellen können, dass
die Möglichkeiten, etwas zum ALG II hinzuzuverdie-
nen, was zum Teil sehr unbürokratisch möglich ist, in
beachtenswertem Maße in Anspruch genommen worden
sind. Ich sage aber auch ganz deutlich: Wir werden in
Zukunft alle Möglichkeiten nutzen müssen, Menschen
Angebote zu machen, aus der Arbeitslosigkeit herauszu-
kommen und Arbeit aufzunehmen. Da, wo es nötig ist,
müssen wir Druck machen, damit wirklich nur diejeni-
gen staatliche Leistungen in Anspruch nehmen, die
wirklich auf diese Leistungen angewiesen sind. Das ist
die andere Seite der Medaille.

Das wird auch bei der Diskussion über das Kombi-
lohnmodell eine Rolle spielen, bei dem es nicht darum
geht, das soundsovielte arbeitsmarktpolitische Instru-
ment neben andere zu setzen, sondern darum, erfolgrei-
che Ansätze, die es bisher gibt, mit diesem zu verbinden.
Wir müssen Fördern und Fordern miteinander verbin-
den. Wir müssen den Leistungsmissbrauch stärker be-
kämpfen, auch wenn uns das sicher keinen großen Bei-
fall einbringen wird. Wir müssen das tun, weil wir als
Fachpolitiker der unterschiedlichen Bereiche gemeinsam
immer im Blick haben müssen, wie sich die Kosten ent-
wickeln, wie sich der Bundeshaushalt entwickelt und
wie wir das am Ende finanziell vernünftig darstellen
können.

Dazu erfolgt heute dieser Schritt. Wir werden in den
Ausschussberatungen über all die Fragen zu sprechen
haben, die Herr Niebel angesprochen hat, zum Beispiel
was die Reduzierung des Zahlbetrags für die gesetzliche
Rentenversicherung angeht. Natürlich gibt es in dem
Bereich Interessenkonflikte. Wir müssen zu einem fairen
Ausgleich kommen. Mein Eindruck ist, dass wir da auf
einem guten Weg sind. Wir möchten alle diejenigen, die
uns auf diesem Weg konstruktiv begleiten wollen, mit-
nehmen. Ich möchte Sie aufrufen, diesen Weg zu be-
schreiten. Es geht nicht darum, alte ideologische Debat-
ten fortzuführen, sondern es geht darum, anzuerkennen,
dass sich diese Regierung entschieden hat, das arbeits-
marktpolitische Instrumentarium effizienter zu machen.
Darauf haben wir uns gemeinsam verständigt.

Wichtiger für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist in
der Tat, wie wir die Rahmenbedingungen für wirtschaft-

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(C (D iches Wachstum insgesamt setzen, und zwar in der Steurpolitik und in der Bildungsund Forschungspolitik. Da ind wir auf gutem Wege. Wir haben uns nicht nur etwas orgenommen, sondern in diesen Tagen auch etwas in en Bundestag eingebracht. Wir werden das arbeitsarktpolitisch flankieren so gut es geht. Dafür haben wir inen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Ich lade Sie alle in, dabei konstruktiv mitzumachen. Vielen Dank. Ich erteile das Wort der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, raktion Die Linke. Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Am 17. Oktoer 2003, als Hartz IV beschlossen wurde, standen eine Kollegin Petra Pau und ich mit einem Transparent or dem Bundestag, um gegen das Hartz-IV-Gesetz zu rotestieren. (Dirk Niebel [FDP]: Aber Sie hätten doch reinkommen können!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601100600
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601100700

Wir kamen auch noch hinein, keine Angst! – Auf die-
em Transparent stand: „Gegen Armutsgesetze – PDS
m Bundestag“. Wir griffen zu diesem außerparlamen-
arischen Mittel, weil hier im Haus die Abgeordneten
on SPD, CDU/CSU und den Grünen taub für unsere
rgumente waren.


(Beifall bei der LINKEN)


ie hatten den Bezug zum alltäglichen Leben der Men-
chen verloren und folgten blind Herrn Hartz und ihren
raktionsführungen. Ich erinnere daran, dass der Abge-
rdnete Hilsberg von der SPD in aller Öffentlichkeit er-
lärte, von 331 Euro könne man im Osten gut leben. An-
ere MdBs dachten gar, bei den 331 Euro handele es
ich um den Wochenbetrag. Das war auch der Anfang
om Ende der rot-grünen Bundesregierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Es zeigte sich schnell, dass wir mit unserem Protest
nd unserer Kritik am Hartz-IV-Gesetz Recht haben. Die
ffentlichen Proteste, die schlechten Wahlergebnisse von
DU/CSU und SPD und unsere guten Ergebnisse haben
ie zu einer sehr späten Einsicht gezwungen.


(Beifall bei der LINKEN)


un müssen Sie die größten Ungerechtigkeiten im Ge-
etz beseitigen.

Einer unserer zentralen Kritikpunkte in Bezug auf das
artz-IV-Gesetz war und ist die unterschiedliche Höhe
es Arbeitslosengeldes II in Ost und West: In West-
eutschland bekommen die Betroffenen 345 Euro und in
stdeutschland nur 331 Euro Arbeitslosengeld im Mo-
at. Die Bundesregierung begründete den Unterschied
on 14 Euro mit den niedrigen Lebenshaltungskosten in
en neuen Ländern. Ich habe bereits im September 2004






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
die Bundesregierung gefragt, warum sie das Ost-West-
Gefälle bei der Festlegung des Arbeitslosengeldes II be-
rücksichtigt, das Nord-Süd-Gefälle oder das Stadt-Land-
Gefälle aber nicht. Die Vertreter der Bundesregierung
konnten mir diese Frage nicht beantworten.


(Dirk Niebel [FDP]: Das wundert mich nicht!)


Offensichtlich hatten die zuständigen Beamten und
Politiker da immer noch eine Mauer im Kopf. Die Mauer
im Kopf ist aber nicht ein Privileg von Westbeamten.
Auch Frau Merkel, damals Vorsitzende der CDU/CSU-
Fraktion, hat dieser Ungleichbehandlung zugestimmt.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


An dieser Stelle möchte ich allen Demonstranten dan-
ken, die sich nicht beirren ließen und trotz Spott und
Häme in den Medien immer weiter demonstrierten.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist ein Erfolg der vielen Anti-Hartz-IV-Demonstran-
ten, dass die SPD und nun auch die CDU/CSU die For-
derung der Linkspartei nach einem einheitlichen Ar-
beitslosengeld von 345 Euro endlich umsetzen werden.


(Dirk Niebel [FDP]: Herr Ramsauer, das muss doch in Ihren Ohren klingen!)


Ich habe auf Anti-Hartz-IV-Demonstrationen immer
wieder gehört, dass die da oben sich doch nicht alles er-
lauben können. Ich sage Ihnen: Diese Empörung war ge-
rechtfertigt. Ich halte es für ein wichtiges Zeichen, dass
sich Widerstand gegen unsoziale Politik auch lohnen
kann.


(Beifall bei der LINKEN)


Diejenigen, die demonstriert haben, aber auch dieje-
nigen, die gezweifelt haben, erleben jetzt, dass Gesetze
nicht in Beton gegossen sind, sondern von Menschen ge-
macht werden und von Menschen auch wieder geändert
werden können. Jetzt müssen wir neuen Mut fassen und
noch diejenigen Dinge ändern, die unbedingt geändert
werden müssen. Die großen Sozialverbände stimmen
überein: Mindestens 420 Euro im Monat sind für ein
menschenwürdiges Leben erforderlich. Dementspre-
chend ist die Minimalforderung der Linkspartei.


(Beifall bei der LINKEN)


Natürlich kommen einige Kritiker mit dem Argu-
ment, dass es nicht sein könne, dass ein Arbeitsloser
mehr Geld bekomme als ein Wachmann oder eine Ver-
käuferin bei Schlecker. Dieser Kritik stimme ich mit
Nachdruck zu. Diese Zustände sind wirklich unhaltbar.
Aber die Lösung kann doch nur heißen, dass wir gesetz-
liche Mindestlöhne festschreiben müssen, damit Arbeit-
geber nicht weiterhin solche Hungerlöhne zahlen dürfen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe meinen Wahlkreis Berlin-Lichtenberg mit
dem Motto „Von Arbeit muss man leben können“ direkt
gewonnen. Ich kann allen Abgeordneten nur empfehlen,
dieses Motto zu beherzigen; denn alles andere wird sehr
teuer. Ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit, dass der
Kombilohn der teuerste Weg ist. Es ist doch jetzt schon

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(C (D ft so, dass die Hungerlöhne, die bei Schlecker und aneren Discountern gezahlt werden, vom Arbeitsamt aufebessert werden, damit die Menschen überhaupt genug um Leben haben. Ich sage Ihnen: Es kann doch nicht ein, dass wir mit Steuergeldern das Lohndumping reiher Ladenketten finanzieren. Frau Merkel hat im Wahlkampf immer wieder erklärt, ass eine Angleichung des Arbeitslosengeldes nicht öglich sei, da dafür das Geld im Haushalt fehle. Nun at sie offensichtlich doch die 220 Millionen Euro geunden, die für die Angleichung nötig sind. Als hausaltspolitische Sprecherin meiner Fraktion kann ich Ihen versichern, dass auch für eine Erhöhung des rbeitslosengeldes II auf 420 Euro pro Monat Geld im aushalt zu finden ist. Ich möchte an dieser Stelle auf den konkreten Text es Gesetzentwurfs der Bundesregierung eingehen. Ich inde es fast amüsant, dass in der Begründung für die ngleichung des Arbeitslosengeldes II Argumente vorebracht werden, die wir gegenüber der Bundesregieung schon bei der Beschlussfassung im Jahr 2003 voretragen haben. Sie schreiben in Ihrer Begründung, dass ie bundeseinheitliche Zahlung des Arbeitslosengeles II in Höhe von 345 Euro im Monat zur „Wahrung er Rechtseinheit“ erforderlich sei. Weiterhin schreiben ie – ich zitiere –: Hinsichtlich des Verbraucherverhaltens, der Leistungskosten und des Nettoeinkommens bestehen noch gravierende regionale Unterschiede, die sich nicht nur im Vergleich der neuen Bundesländer zu den alten Bundesländern ergeben, sondern auch innerhalb der Länder ... und auch zwischen den Ländern im Norden und im Süden des Landes. Genau das war damals meine Argumentation gegen ine unterschiedliche Behandlung in Ost und West. Ich rwähne das jedoch nicht, um den Lernprozess der Bunesregierung zu würdigen, sondern um eine ganz einfahe Forderung aufzumachen: Die Wahrung der Rechtsinheit wird als Begründung für die Angleichung des rbeitslosengeldes II in Ost und West genannt. Diese egründung ist richtig. Sie ist heute richtig und sie war uch 2005 richtig. Aus der Begründung der Bundesegierung ergibt sich, dass es ein Fehler war, das rbeitslosengeld II in Ost und West in unterschiedlicher öhe festzulegen. Demzufolge ist es logisch, dass das rbeitslosengeld II rückwirkend zum 1. Januar 2005 aneglichen werden muss. Meine Fraktion hat einen entsprechenden Antrag in en Deutschen Bundestag eingebracht. Ich gehe davon us, dass alle, die hier immer ihr hohes Rechtsbewusstein preisen, gar nicht anders können, als diesem Antrag uzustimmen. Dr. Gesine Lötzsch Gestern ist in verschiedenen Ausschüssen über die Frage der Angleichung diskutiert worden. In der gestrigen Sitzung des Haushaltsausschusses musste ich erfahren, dass die Bundesregierung ihren eigenen Gesetzentwurf, bezogen auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens, augenscheinlich überhaupt nicht gelesen oder dies bereits wieder vergessen hat. Im Gesetzentwurf ist klar und deutlich zu lesen, dass das Gesetz zum 1. Januar 2006 in Kraft treten soll. Nun gibt es angeblich technische Probleme. Mein Kollege Niebel von der FDP ist ja schon darauf eingegangen. Ich finde aber, dass die technischen Probleme die Bundesregierung nicht daran hindern dürfen, das Arbeitslosengeld II rückwirkend zum 1. Januar 2006, besser natürlich – wie es unserem Antrag entspricht – zum 1. Januar 2005 anzugleichen. Um gleich den Vorwurf abzuwehren, wir würden Geld verteilen, das nicht vorhanden ist, möchte ich Sie abschließend darauf verweisen, dass der Zuschuss für die Bundesagentur für Arbeit im Jahre 2005 um 400 Millionen Euro gesunken ist. Für die Nachzahlung 2005 brauchen wir 220 Millionen Euro, also gut die Hälfte. Die Angleichung ist ein überfälliger Akt der Gerechtigkeit. Halten Sie die Betroffenen nicht länger hin. Verzögerungen sind mit uns nicht zu machen. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Meine Fraktion unterstützt die Angleichung der Regelsätze in West und Ost. Wir fordern das seit langem. Wir haben immer deutlich gesagt, dass es sich hierbei um eine schematische Trennung handelt, die seit langem inhaltlich nicht mehr zu begründen ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht deutlich – Frau Lötzsch hat darauf hingewiesen –, dass es natürlich auch in den alten Bundesländern regional sehr differenzierte Einkommensverhältnisse gibt, es dort aber trotzdem einen einheitlichen Regelsatz gibt. Das muss für Gesamtdeutschland gelten. Das ist seit langem unsere Auffassung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Ein gemeinsamer Gesetzentwurf von Rot-Grün!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





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(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601100800
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601100900

Im Übrigen hätten wir das – das sage ich den Kolle-
gen von der CDU/CSU – seit mindestens einem halben
Jahr haben können. Das war von der rot-grünen Regie-
rung geplant; einen entsprechenden Gesetzentwurf ha-
ben wir Ihnen vorgelegt. Aber Sie waren es, die das noch
vor einem halben Jahr abgelehnt haben und nichts davon
wissen wollten.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ute Kumpf [SPD]: Man muss das ein bisschen differenzieren!)


Wir sind also für die Angleichung. Wir kritisieren
ber das von der großen Koalition gewählte Verfahren.


(Klaus Brandner [SPD]: Da ist sie aber spät aufgestanden!)


enn es den politischen Willen zu einer bundeseinheitli-
hen Regelung bei den Regelsätzen gibt, dann darf die-
er nicht nach politischem Gusto in die Tat umgesetzt
erden, sondern dann muss es ein transparentes und
achvollziehbares Verfahren dafür geben. Dieses Ver-
ahren muss auf einer aktuellen Datenbasis beruhen.
err Niebel hat schon darauf hingewiesen. Diese Daten-
asis ist die Einkommens- und Verbraucherstichprobe,
nd zwar nicht die von 1998, sondern die von 2003. Die
uswertung dieser Stichprobe liegt uns vor. Es gibt
ichts, was dagegen spräche, sie zugrunde zu legen.

Seit 1998 ist nun wirklich einiges geschehen. Ich erin-
ere nur daran, dass die Strompreise um knapp
0 Prozent gestiegen und Zuzahlungen im Gesundheits-
ereich eingeführt worden sind. Das sind Faktoren, die
ingerechnet werden müssen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich weise
arauf hin, dass die Festsetzung der Regelsätze von he-
ausragender Bedeutung ist, und zwar nicht nur für die
etroffenen – für die allemal; das, glaube ich, braucht
an nicht weiter zu betonen –, sondern auch für die so-

ialen Sicherungssysteme ganz allgemein, zum Beispiel
n Bezug auf die Festsetzung des Existenzminimums im
inkommensteuerrecht. Das ist einer der Gründe, warum
s so wichtig ist, dass diese Regelsätze inhaltlich genau
egründbar sind und dass das Bemessungsverfahren da-
ür nachvollziehbar ist. Das war sehr lange politischer
onsens in diesem Hause.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lesen bildet ja bekanntermaßen. Deswegen möchte
ch Ihnen heute Morgen einmal etwas vorlesen, und
war den Anfang eines Artikels in der „Welt“ vom
6. August 2005. Ich zitiere:

Die von CSU-Chef Edmund Stoiber ausgelöste De-
batte über die Politik für Ostdeutschland ist durch
Streit über die Angleichung des Arbeitslosengelds II
verschärft worden. Während Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) am Montag eine baldige
Anhebung des Ost-ALG an das Westniveau ankün-
digte, lehnte Unions-Kanzlerkandidatin Angela
Merkel dies als zu teuer ab.

Was ist eigentlich passiert? Seit einigen Tagen schaut
ich die Öffentlichkeit erstaunt den tosenden Kampf um
en Titel der sozial gerechtesten Regierungspartei an. So
at sich die Debatte seit damals verändert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Damit das klar ist – das will ich Ihnen hier noch einmal
ausdrücklich sagen –: Weder die CDU/CSU noch die
SPD hat sich in dieser Frage mit Ruhm bekleckert. Ge-
rade Sie von der CDU/CSU waren in der Vergangenheit
als Wackeldackel unterwegs.


(Lachen bei der CDU/CSU)


Das werden wir nicht vergessen machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel hat die Angleichung damals nicht nur
abgelehnt, sondern sie hat sogar noch einen draufgesetzt:
Sie wollte nicht nur regional unterschiedliche Sätze beim
Arbeitslosengeld II, sondern sie wollte sie auch noch
nach Alter differenzieren. So viel zum Thema Bürokra-
tieabbau, meine Damen und Herren.


(Dirk Niebel [FDP]: Aber die Grünen haben das Gesetz als Regierungspartei schon mitgemacht, oder?)


Was das für ein Aufwand gewesen wäre, können Sie sich
sicher gut vorstellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Brauksiepe, Sie waren es doch damals, der ge-
gen die Regelung, die Sie heute hier positiv bewerten,
CDU-regierte Bundesländer mobilisiert hat, um genau
das zu verhindern, was Sie heute loben. Wenn es nach
Ihnen gegangen wäre, dann wäre das Arbeitslosengeld II
angeglichen worden, aber nach unten. Dann gäbe es in
Westdeutschland jetzt monatlich 14 Euro weniger.

Wir sind für die Angleichung. Aber das, was jetzt pas-
siert, riecht nach einer neuen Form von Begrüßungs-
geld. Sie möchten gerne, dass die Wählerinnen und
Wähler im Osten vor den anstehenden Landtagswahlen
begrüßen, dass es eine große Koalition gibt. Aber ich
sage Ihnen: Das wird Ihnen vor allem vor dem Hinter-
grund dessen, was Sie in Bezug auf die jungen Erwachse-
nen unter 25 Jahren jetzt noch vorhaben, nicht gelingen.
Diese wollen Sie in die elterliche Bedarfsgemeinschaft
zurückführen, was Sie, Herr Brauksiepe, wortreich be-
gründet haben.

Ich will überhaupt nicht bestreiten – das sage ich, da-
mit das ganz klar ist –, dass es in diesem Bereich Ent-
wicklungen gegeben hat, die wir alle so nicht gewollt ha-
ben. Aber Sie schütten das Kind mit dem Bade aus. Ich
frage Sie: Ist das, was die große Koalition vertritt, wirk-
lich das Ideal der Moderne, nämlich dass junge Men-
schen, die zum Teil über Jahre schon eigenständig gelebt
haben, in das „Hotel Mama“ zurückkehren sollen, dass
sie ihre Eigenständigkeit, die wir gewollt und lange ge-
fördert haben, jetzt wieder verlieren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen an dieser Stelle differenziertere Lösun-
gen. Lassen Sie uns darüber noch einmal in Ruhe bera-
ten. Wir erkennen an, dass es ein Problem gibt. Aber wir
erkennen nicht Ihr Lösungsangebot an. Dieser Plan ist
falsch und muss verändert werden.

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(C (D Falsch finde ich im Übrigen auch die Absenkung der entenversicherungsbeiträge für ALG-II-Empfäner. Es ist nicht nur so, dass damit für die Betroffenen er bescheidene Rentenanspruch in Höhe von 4,10 Euro uf 2,90 Euro im Monat weiter abgesenkt wird. Sie entiehen damit auch den Rentenkassen Geld. Die Zeche üssen die Beitragszahler zahlen. Es ist ein erneuter erschiebebahnhof und kein Beitrag zur Absenkung der ohnnebenkosten, die sie immer versprochen haben. (Klaus Brandner [SPD]: Das ist ein Zeichen von Unkenntnis, Frau Pothmer! Das zahlen die Steuerzahler!)


Lassen Sie mich nun etwas ganz Grundsätzliches sa-
en. Die Höhe der Transferleistungen ist deshalb wich-
ig, weil es entscheidend von ihr abhängt, ob diejenigen,
ie keinen Arbeitsplatz haben, menschenwürdig leben
nd am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
ber Transferleistungen allein – unabhängig von ihrer
öhe – reichen nicht aus. Viel wichtiger ist es, Zugänge

u eröffnen: Zugänge zu Bildung, Zugänge zu Arbeit.
as Sie da zu bieten haben, ist wirklich erschreckend
ager, meine Damen und Herren von der großen Koali-

ion.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es nicht gelingt, die Gruppe derjenigen, die
ransferleistungen beanspruchen, zu verkleinern und sie
tattdessen immer weiter anwächst, dann werden die
ransferleistungen auf Dauer immer geringer werden.
eswegen brauchen wir eine riesige Kraftanstrengung

m Bereich der Bildung, insbesondere im Bereich der
rühkindlichen Bildung.

Ich sage Ihnen: Was die große Koalition in der Föde-
alismuskommission verabredet hat, ist ein gigantischer
ehler. Es ist falsch, dass sich der Bund in diesem zen-

ralen Bereich von seiner Verantwortung zurückzieht. So
erden Sie das Problem nicht lösen.

Die Familienministerin lässt sich jetzt dafür feiern,
ass sie von den Ländern und von den Kommunen ver-
angt, die elterlichen Kindergartenbeiträge auf null zu
etzen. Ich muss daher fragen: Warum hat diese Fami-
ienministerin ihre eigenen Forderungen nicht erfüllt, als
ie Familienministerin in Niedersachsen war?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie stellt Forderungen, die sie in der Vergangenheit
chon längst hätte erfüllen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist euch wohl noch nie passiert!)


iese Leichtigkeit des Seins, die Frau von der Leyen
etzt als Bundesfamilienministerin an den Tag legt, mag
ür sie selbst angenehm sein. In der Sache führt das je-
enfalls überhaupt nicht weiter.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601101000

Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit.






(A)



(B) )


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601101100

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Noch eine Bemerkung zum Kombilohn. Herr
Müntefering hat nicht nur gestern Abend, sondern auch
im Ausschuss immer wieder betont, dass es sich manch-
mal lohnt, auf die Argumente der Opposition zu hören.
Ich bitte Sie eindringlich: Wenn Sie jetzt Kombilohnmo-
delle prüfen, dann beziehen Sie bitte das von den Grünen
entwickelte Progressiv-Modell in Ihre Überlegungen mit
ein. Dieses Modell ist ein wirklicher Beitrag zur Siche-
rung von existenzsichernden Löhnen auch im Niedrig-
lohnbereich.

Meine Damen und Herren, auch wenn die Anglei-
chung der Regelsätze richtig ist, die wirkliche Gerech-
tigkeitslücke schließen Sie damit noch lange nicht. Auch
nicht die zwischen Ost und West. Sie mögen zwar die
meisten Abgeordneten hier im Hause haben. Aber die
meisten Ideen zur Lösung der Probleme haben Sie wahr-
lich nicht.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Böse Behauptung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601101200

Frau Kollegin, es wird Ihnen aufgefallen sein, dass

der gelegentlich eingeforderte Oppositionsbonus in der
Abwicklung von Parlamentsdebatten vom amtierenden
Präsidenten – jedenfalls gelegentlich – freiwillig ge-
währt wird. Es wäre dennoch ganz schön, wenn bei der
Vorbereitung von Reden als Höhepunkt vorgesehene
Bitten an die Bundesregierung noch in der vorgesehenen
Redezeit untergebracht werden könnten.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Nun hat das Wort die Kollegin Angelika Krüger-
Leißner für die SPD-Fraktion.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1601101300

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Sie können sich vorstellen, dass ich mich als Ost-
deutsche über den vorliegenden Gesetzentwurf beson-
ders freue. Wir diskutieren heute über einen ganz
positiven Gesetzentwurf. Nach den bisherigen Redebei-
trägen habe ich den Eindruck, dass das noch nicht allen
bewusst geworden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, den noch die
alte Bundesregierung eingebracht hatte. Ein besonders
wichtiges Ergebnis der Koalitionsvereinbarung war für
mich, dass die Regelleistungen beim Arbeitslosengeld II
in Ost und West auf einen einheitlichen Satz angeglichen
werden sollen. Dies ist nicht nur deswegen richtig, weil
es notwendig wurde. Dies hat auch viel mit Glaubwür-
digkeit und Übereinstimmung von Wort und Tat zu tun.

Von vornherein habe ich die Trennung der Regelleis-
tungen in ein West- und ein Ostniveau für nicht gerecht-

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(C (D ertigt gehalten. Wir alle wissen: Es gibt Unterschiede wischen den Regionen in unserem Land. Hier bestehen um Teil große Unterschiede beim Nettoeinkommen, bei en Lebenshaltungskosten und beim Verbraucherverhalen. Aber eine solche Trennungslinie existiert nicht nur wischen Ost und West. Sie verläuft auch zwischen ünchen und dem Bayerischen Wald, zwischen Hanno er und dem Emsland. Eine Ungleichgewichtung lässt ich also auch zwischen Regionen in den neuen und den lten Bundesländern feststellen. Da es hier aber um Regelsätze des Grundbedarfs geht, st eine Differenzierung nicht hinnehmbar. Die ursprüngiche Regelung zieht nur den Indikator Ost-West zur erechnung unterschiedlicher Sätze heran. Zwischen undesländern, Regionen und Städten wird nicht unter chieden. Ich weiß, dass die Forderung im Raume stand, die änder sollten über die unterschiedlichen Sätze entscheien. Das ist nicht nur sehr bürokratisch und bei einer eistung des Bundes auch äußerst problematisch. Nein, s schafft letztendlich auch nicht mehr Gerechtigkeit. Wir alle erinnern uns: Die Diskussion im vergangeen Jahr war zunächst sehr kontrovers. Das Clementinisterium stand der Angleichung lange skeptisch ge enüber. Angesichts der Mehrkosten in Höhe von 60 Millionen Euro jährlich für den Bund ist das zuächst auch verständlich. Erst durch den Zwischenbeicht mit den Empfehlungen des Ombudsrates wurde in Wandel eingeleitet. Dort heißt es wörtlich: Die dazu bisher vorgelegten Daten überzeugen den Ombudsrat nicht, denn signifikante Kaufkraftdisparitäten sind auch in den alten Ländern festzustellen, sodass ein alleiniger Ost-West-Vergleich zu einer Ungleichgewichtung führt. An dieser Stelle möchte ich den Mitgliedern des Omudsrates herzlich für ihre Arbeit danken. Wir brauchen ie auch weiter. Dieses Gremium wird uns auch in Zuunft bei der Evaluierung und gerade im Hinblick auf as Optimierungsgesetz, das wir im Juli 2006 auf den eg bringen werden, helfen. Ostdeutsche Politiker wie Matthias Platzeck und olfgang Thierse hatten von Anfang an eine Anglei hung gefordert. In meiner Partei hat sich diese Haltung mmer mehr durchgesetzt. Auch der damalige Bundesanzler Schröder hat die Richtigkeit dieser Entscheidung rkannt. Bei der Union hat in den vergangenen Monaten ein mdenken eingesetzt. Ich bin froh darüber. Die Bundesanzlerin hatte sich noch im vergangenen Jahr gegen ine Angleichung und später für eine Regionalisierung urch die Länder ausgesprochen. Aber sie hat ihre Posiion in dieser Sache geändert. Denn auch wenn das von hr vorgebrachte Kostenargument nicht aus der Welt zu chaffen ist: Die Beibehaltung der bisherigen Regel wäre ngerecht und die Regionalisierung ein bürokratisches onster. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen weieren Lösungsvorschlag. Der sachsen-anhaltinische )







(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
Ministerpräsident Böhmer schlug vor, gegenteilig zu
verfahren und die Westregelsätze auf Ostniveau zu sen-
ken. Ich gebe zu: Die Gerechtigkeitslücke zwischen Ost
und West wäre damit genauso geschlossen worden wie
mit diesem hier zu beschließenden Verfahren und statt zu
Mehrkosten wäre es zu Kostensenkungen gekommen.
Aber gerecht? Ich bitte Sie: Gerecht wäre das nicht ge-
wesen.

Wenn man die vorgeschlagene Regelung politisch be-
trachtet, dann bringt die Erhöhung der Ostsätze eine An-
näherung zwischen den alten und den neuen Ländern;
das Absinken des Westniveaus hingegen würde die Spal-
tung nur vertiefen. Der Aufschrei von Empfängern von
Arbeitslosengeld II in den alten Ländern wäre ebenso
laut wie auch verständlich. Ich denke, der Nutzen, der
sich aufgrund dieses Gesetzes für die Empfänger der
Leistung in den neuen Bundesländern ergibt, ist weit hö-
her, als es die 14 Euro im Monat erscheinen lassen. Das
Gefühl der Gleichberechtigung gerade dieser Men-
schen ist für den Erfolg von politischen Reformen von
unschätzbarem Wert. Denn auch und besonders diejeni-
gen, die nur wenig Geld zur Verfügung haben, müssen
sich von einer Reformpolitik mitgenommen fühlen, die
die sozialen Sicherungssysteme erhalten und erneuern
will. Diese Grunderkenntnis liegt diesem Gesetz zu-
grunde. Nur wenn sich bei den Bürgerinnen und Bürgern
mit geringem Einkommen das Gefühl der Gleichberech-
tigung in Ost und West durchsetzt, kommen wir der
Überwindung der Teilung ein Stück näher. Das gilt ins-
besondere für Hartz IV. Denn Ostdeutsche sind von die-
ser Leistung anteilig weit mehr betroffen als Westdeut-
sche.

Ich bin mir bewusst, dass man das Kostenargument
nicht einfach beiseite schieben kann. Diese Regierung
muss sparen und diese Regierung will sparen; das haben
wir deutlich wahrgenommen. Vor allem: Diese Regie-
rung kann aufgrund des Kräfteverhältnisses auch sparen.
Aber ich sage ebenso: Beim Sparen muss es so weit wie
möglich auch gerecht zugehen. Die Angleichung der Re-
gelsätze ist für unsere Fraktion ein besonders wichtiges
Signal. Es ist bedauerlich, dass die Angleichung nicht
zum 1. Januar 2006 erfolgen konnte. In der Gesetzesvor-
lage können wir diesen Termin noch lesen. Aber es gibt
eine Reihe von Problemen insbesondere mit der Soft-
ware. Diese muss man ernst nehmen; man kann sie nicht
lapidar zur Seite schieben, wie das eine Vorrednerin hier
getan hat. Hier hat der Minister eine Veränderung ange-
kündigt.


(Zurufe von der LINKEN)


Das entspricht auch dem, was auf der kommunalen
Ebene machbar ist. Damit muss man sich auseinander
setzen. Es sind eben alle Bescheide neu zu erstellen. Wir
müssen uns, wenn wir Gesetze formulieren, auch mit der
Umsetzungsphase beschäftigen und uns den Realitäten
stellen.

Weitere Änderungen sind geplant. Gestern hat der
Minister in der Ausschusssitzung davon berichtet und
auch Staatssekretär Thönnes hat angedeutet, dass es an-
gesichts der Fehlentwicklungen bei Bedarfsgemein-
schaften mit Jugendlichen bis 25 Jahren und bei den

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(C (D entenversicherungsbeiträgen Änderungen geben wird. as haben wir in den nächsten Wochen zu beraten; dazu ird es sicherlich auch eine Anhörung geben. Ich will abschließend eines noch einmal feststellen: ie Gerechtigkeitslücke, die die unterschiedlichen Reelsätze bedeutet haben, wird mit dem vorliegenden esetzentwurf geschlossen. Das ist für mich ein ganz ichtiger Schritt für den Erfolg, aber auch die Glaubürdigkeit dieser Bundesregierung. Es ist für mich auch in ganz klares Zeichen dafür, dass wir in Ost und West it gleichen Maßstäben messen. Und das ist gut so, iebe Kolleginnen und Kollegen. Danke. Das Wort hat nun der Kollege Karl Richard chiewerling für die CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hartz IV st gerade einmal ein Jahr in Kraft. Mit der Zusammenleung von Arbeitslosenhilfe – beitragsfinanziert und steurfinanziert – und der Sozialhilfe – nur steuerfinanziert – ind eben auch zwei unterschiedliche Sicherungssysteme usammengeführt worden. Hinter den Sicherungssysteen stehen zwei unterschiedlich arbeitende Behörden it unterschiedlichen Strukturen und Herangehenswei en. Es war ein richtiger Weg, es war ein neuer Weg und or allen Dingen war es ein mutiger Weg, der in den etzten zwölf Monaten alle Beteiligten viel Kraft gekoset hat und zwangsläufig zu neuen Erkenntnissen geführt at. Mit dem Prinzip des Forderns und Förderns sind ir auf dem richtigen Weg. Dieses Grundprinzip des GB II trägt dazu bei, dass Menschen ohne Arbeit geforert werden, ihren Lebensunterhalt möglichst rasch wieer aus eigener Kraft bestreiten zu können. Schließlich ollen wir Menschen in Arbeit bringen und sie somit us dem Bezug staatlicher Leistungen herausholen. Unser oberstes Ziel ist die Bekämpfung der Arbeitsloigkeit. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle – Staat, irtschaft und alle am wirtschaftlichen Geschehen Beeiligten sowie die Betroffenen selbst – mitarbeiten. Wir issen, dass das SGB II nicht einen einzigen sozialversi herungspflichtigen Arbeitsplatz schafft. ber das will das SGB II auch gar nicht. Das SGB II ient der Grundsicherung und darauf ist unsere Arbeit bgestellt. Das SGB II will fordern und fördern. Unter dem Geichtspunkt des Förderns ist es aus meiner Sicht sehr ärerlich, dass aufgrund der Anfangsschwierigkeiten die Karl Richard Schiewerling Mittel für Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt im vergangenen Jahr nur schleppend abgerufen wurden. Ich halte es für notwendig, dass wir entsprechende Mittel auch in den neuen Haushalt einstellen, und zwar so, dass sie vor Ort möglichst flexibel und passgenau eingesetzt werden können. Das ist ein wichtiger Teil des Gesamtkonzepts von Hartz IV. Die Lebensverhältnisse in Deutschland sind unterschiedlich. Bisher erhalten die einzelnen Personen im Westen Regelleistungen in Höhe von 345 Euro, diejenigen im Osten nur in Höhe von 331 Euro. Mit diesen unterschiedlichen Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollten die Unterschiede in der Verbrauchsstruktur und im privaten Konsumverhalten angemessen berücksichtigt werden. Richtig ist, dass es deutliche Unterschiede hinsichtlich der Lebenshaltungskosten und im privaten Konsumverhalten gibt. Diese Unterschiede gelten aber nicht nur zwischen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und den anderen Bundesländern, sondern auch innerhalb der neuen und innerhalb der alten Bundesländer in Nord und Süd, in West und Ost. Fakt ist, dass es im gesamten Bundesgebiet regionale Besonderheiten gibt. Daher halten wir es für notwendig, dem Rat des Ombudsrates zu folgen und die Regelsätze anzupassen. Wir beraten gerade den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des SGB II. Wir halten das für notwendig. Deswegen ist es gut, wenn diesem Gesetz – wie ich jetzt herausgehört habe – offensichtlich alle einvernehmlich zustimmen. Auf die Frage, ob die Anpassung der Regelsätze ausreichend ist, sage ich Ihnen: Wir müssen zunächst die Einkommensund Verbrauchsstichprobe abwarten, die vor uns liegt. Danach schauen wir weiter. Eines aber halte ich für zwingend geboten und notwendig: Das Lohnabstandsgebot muss eingehalten werden. Es muss sich lohnen, Arbeit aufzunehmen. Ich kann Beispiele nennen, in denen dies nicht eingehalten worden ist. Ich halte dies für einen wichtigen Ansatzpunkt. (Beifall bei der CDU/CSU – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Weil die Löhne zu niedrig sind!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601101400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1601101500

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Genau! Bravo!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


Neben den Regelleistungen hat der Gesetzgeber noch
den Kinderzuschlag in § 6 a Bundeskindergeldgesetz
eingeführt. Dieser soll dazu führen, dass Familien mög-
lichst nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen
sind. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass
über 90 Prozent der Anträge auf Kinderzuschlag abge-
lehnt werden. Das hängt vor allen Dingen damit zusam-
men, dass sich Leistungsgrenzen und Berechnungsme-
thoden innerhalb dieses Gesetzes widersprechen.
Hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen und der Ver-
waltungszuständigkeiten besteht dringender Klärungsbe-
darf. Es ist wenig sinnvoll, dass die für Hartz IV zustän-
dige Stelle zunächst eine überschlägige Rechnung
macht, den Leistungsbezieher anschließend zur Bundes-
kindergeldkasse oder zur Kindergeldkasse der regiona-
len Agentur für Arbeit schickt, sich diese Behörde noch
einmal damit beschäftigt, bis dann festgestellt wird, dass
der Antragsteller doch kein Geld bekommt. Diese Zu-
ordnungsschwierigkeiten zwischen den Ämtern müssen

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(C (D ufgehoben werden. Leidtragende sind die Familien. Es ützt ihnen nichts, wenn sie dadurch auf ihr Kindergeld arten müssen. Das zermürbt Bürger sowie Bearbeite innen und Bearbeiter. Hier muss Bürokratie abgebaut erden. Wir müssen auch der Frage nachgehen, was wir mit en Menschen machen, die aufgrund ihrer persönlichen oraussetzungen nicht weiter qualifizierbar sind. Es ist ine Frage der Menschenwürde, dass jeder die Möglicheit und die Aufgabe hat, mit seines eigenen Kopfes und einer eigenen Hände Arbeit den Lebensunterhalt für ich und seine Familie zu verdienen. Das ist eine der größten Herausforderungen, vor der ie Politik und wir alle in der nahen Zukunft stehen, ämlich den Menschen, die nicht beliebig qualifizierbar ind oder leichte Behinderungen haben, diese Möglicheiten zu schaffen. Das ist nicht nur eine staatliche Aufabe, hierbei sind auch die Wirtschaft und die Tarifparter gefordert. An dieser Stelle wird auch unsere iskussion um den wie auch immer zu gestaltenden ombilohn einsetzen. Das SGB II will Eigenverantwortung stärken. Es ann nicht Aufgabe des Staates sein, jungen Menschen en Auszug aus ihrem elterlichen Heim zu finanzieren. rau Pothmer, bei aller Sympathie dafür, dass die Emanipation junger Menschen unterstützt werden soll, dass unge Menschen nicht im „Hotel Mama“ bleiben – auch ch bin sehr dafür –, ist es nicht Aufgabe des Staates, das u finanzieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das letzte Jahr hat uns die Erfahrung geliefert, dass
ir die Frage klären müssen, welche Stellen für die
rundsicherung zuständig sind. Es kommt darauf an,
ass die Hilfe möglichst bürgernah erbracht wird. In
einem Wahlkreis, in unserer Region, dem Münster-

and, haben wir festgestellt, dass die optierenden Kom-
unen erfolgreich arbeiten, und zwar auch deswegen,
eil die Zuständigkeiten eindeutig geregelt sind.


(Dirk Niebel [FDP]: Dann geben Sie denen die Freiheit, das zu machen!)


ir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die
uständigkeiten im Laufe der Legislaturperiode über-
rüfen wollen. Ich halte das für notwendig.

Die anstehenden gesetzlichen Regelungen und Novel-
ierungen im SGB II müssen gut bedacht werden. Es ist
um Beispiel aufgrund der bisherigen Erfahrungen zu
lären, an welchen Stellen sich das SGB II mit anderen
eilen des Sozialgesetzbuches, zum Beispiel dem
GB III, dem SGB VIII, das alte Kinder- und Jugendhil-
egesetz, oder dem SGB XII, die alten Sozialhilfevor-
chriften, beißt. Diese Dinge müssen im neuen Gesetz-
ebungsverfahren geregelt werden. Die Novellierung
nd Optimierung des SGB II sollen natürlich zügig ge-
chehen. Aber es muss auch der Grundsatz gelten:
ründlichkeit vor Geschwindigkeit.

Ich danke Ihnen herzlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601101600

Herr Kollege Schiewerling, das war Ihre erste Rede

im Deutschen Bundestag, zu der ich Ihnen herzlich gra-
tulieren möchte, verbunden mit allen guten Wünschen
für die weitere parlamentarische Arbeit.


(Beifall)


Nun hat Andrea Nahles das Wort für die SPD-Frak-
tion.


Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601101700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor

der Wahl versprochen und jetzt eingelöst – das gilt für
uns Sozialdemokraten, was die Angleichung der Regel-
leistungen Arbeitslosengeld II an das Westniveau be-
trifft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Frau Pothmer, bei allem Frust über Ihre neue Opposi-
tionsrolle


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


sollten Sie sich doch wenigstens ein bisschen darüber
freuen, dass wir das gemeinsame Anliegen jetzt in der
neuen Koalition umsetzen können. Das wäre jedenfalls
in der Sache angemessen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tue ich, Frau Nahles!)


Aber ich verstehe, dass Sie es jetzt vielleicht nicht übers
Herz bringen, uns hier Beifall zu zollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Schön ist auch, dass Herr Niebel lernfähig ist. Das er-
lebt man ja selten. Im Oktober 2005 kann man noch in
einem „Stern“-Artikel nachlesen, dass Sie sich, für die
FDP als Generalsekretär sprechend, ausdrücklich gegen
eine Angleichung ausgesprochen haben.


(Dirk Niebel [FDP]: Gegen dieses Pauschale!)


Ich beobachte hier nun eine Bewegung in die richtige
Richtung. Ich zitiere: „Es gibt auch in Westdeutschland
genügend Regionen, die strukturell sehr teuer sind, und
welche, die strukturell sehr günstig sind …“ So kommen
Sie zu dem Schluss: Deswegen gehen wir am besten gar
keinen Schritt nach vorne.


(Dirk Niebel [FDP]: Nein! Die differenzierte Lösung!)


Wir sagen: Weil das so ist, weil es unterschiedliche
Regionen gibt, müssen wir eine bundeseinheitliche Re-
gelung schaffen, müssen wir dafür sorgen, dass es
gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland gibt.
Das haben wir mit dieser Gesetzesvorlage umgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601101800

Frau Kollegin Nahles, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Niebel?

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(C (D Selbstverständlich. Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Stimmen ie mir zu, dass das von Ihnen angeführte Zitat in keierlei Widerspruch zu meiner eben gehaltenen Rede teht, da ich, wenn ich darauf hinweisen darf, gesagt abe, dass es in Ost und West und in Nord und Süd unerschiedlich strukturierte Regionen gibt? Deswegen ollen wir eine entsprechend den Lebenshaltungskosten ifferenzierte Angleichung der Leistungen; dann würde an in teuren Regionen mehr, in günstigen Regionen eniger bekommen und alle hätten ein existenzsichernes Auskommen. Herr Niebel, ich habe das, was Sie gesagt haben, nicht ritisiert und auch auf keinen Widerspruch hingewiesen. llerdings waren Ihre Schlussfolgerungen zwei völlig nterschiedliche: Im Oktober letzten Jahres haben Sie us dem Tatbestand, den Sie auch heute wieder vorgetraen haben, die Schlussfolgerung gezogen, dass es keine ngleichung geben soll, und heute – jedenfalls habe ich as so verstanden – haben Sie die Schlussfolgerung geogen, dass es doch eine Angleichung geben soll. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Vielleicht ist er überstimmt worden!)

Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601101900
Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601102000
Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601102100

(Dirk Niebel [FDP]: Doch! Das haben Sie!)


Im Übrigen stimme ich Ihnen ausdrücklich zu: In An-
ernach, der größten Stadt meines Wahlkreises in Rhein-
and-Pfalz, kostet ein Latte Macchiato in einem Café in
ester Lage am Marktplatz 1,90 Euro. Wie wir Politiker
issen, kostet er im „Einstein“ 4 Euro, und zwar auch in
em „Einstein“, das im Westteil Berlins liegt. Natürlich
ibt es solche Unterschiede. Deswegen wollen wir eine
undeseinheitliche Regelung.


(Dirk Niebel [FDP]: Ja! Aber das ist dann doch falsch!)


n diesem Sinne kritisiere ich nur die Unterschiedlichkeit
hrer Schlussfolgerungen, aber keinesfalls Ihre Analyse;
iese teile ich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Eine bundeseinheitliche Regelung ist dann aber doch falsch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601102200

Frau Kollegin Nahles, wir sollten es mit der Offenle-

ung betriebswirtschaftlicher Kalkulationen deutscher
afés nicht zu weit treiben.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601102300

Wissen Sie, Herr Präsident: Ich glaube, der Preis dort

einhaltet 1 Euro Aufschlag für Promi-Gucken; aber
arüber müssen wir ein anderes Mal sprechen.






(A) )



(B) )


Andrea Nahles
Kommen wir zurück zum Thema: Auch das, was die
Redner der Linken heute vorgetragen haben, war sehr in-
teressant; denn das grenzte schon an Geschichtsklitte-
rung. Hier wurde der Eindruck erweckt, dass es just Ihrer
Aktivitäten und Minidemonstrationen vor dem Reichs-
tag bedurft hätte,


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Oh, oh! Jetzt reicht es aber!)


um uns auf den rechten Pfad zu führen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Niemand anderes als die
alte Bundesregierung, als Rot-Grün, hat den Ombudsrat
eingesetzt, mit dem ausdrücklichen Ziel – diesem Ziel ist
der Ombudsrat auch nachgekommen –, die Hartz-IV-Ge-
setzgebung zu begleiten und sie daraufhin zu überprü-
fen, ob Nachbesserungsbedarf besteht. In genau dem
Moment, in dem der Ombudsrat zu dem Ergebnis ge-
kommen ist, dass es sinnvoll wäre, eine Angleichung der
Leistungen durchzuführen, haben wir dieses Vorhaben
zu unserer eigenen Angelegenheit gemacht. Dafür hat es
Ihrer freundlichen Aufforderungen nicht bedurft; denn
genau das war unser Ziel: ein komplexes Gesetzge-
bungsverfahren vom Ombudsrat begleiten zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601102400

Frau Kollegin, möchten Sie Ihre Redezeit noch ein-

mal durch eine Zwischenfrage verlängern lassen?


(Rainer Brüderle [FDP]: Das verlängert Ihre Redezeit! Freuen Sie sich! Sie standen ja schließlich vier Jahre vor der Tür!)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601102500

Ich bin ja heute zum ersten Mal seit Jahren der Absti-

nenz wieder dran, deshalb würde ich eigentlich gerne
fortfahren. Aber nun gut, bitte, Uli.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601102600

Herr Kollege Maurer.


Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601102700

Liebe Frau Kollegin Nahles, liebe Andrea, – –


(Dirk Niebel [FDP]: Na, na, Herr Maurer! – Rainer Brüderle [FDP]: Ach ja! Das war ja mal ein Genosse von Ihnen! – Weitere Zurufe von der SPD: Oh, oh! – Na, na!)


– Moment mal, das ist doch nett, oder? Herr Niebel, wa-
rum empört Sie das?


(Dirk Niebel [FDP]: Ich bin mit ihr auch per du und sieze sie trotzdem ordentlich!)


– Na, dann tun Sie das.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601102800

Es wäre schon gut, wenn neben dem Austausch von

Freundlichkeiten auch die angemeldeten Fragen gestellt
würden.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601102900

Jawohl, lieber Herr Präsident. – Frau Kollegin

ahles, ich wollte eigentlich nur fragen,


(Rainer Brüderle [FDP]: Oh! Jetzt ist er ganz verlegen!)


b es für die Feststellung, dass die Einheit der Rechts-
erhältnisse diese Angleichung gebietet, der Einsetzung
ines Ombudsrats bedurfte.


(Beifall bei der LINKEN)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1601103000

Nein. In Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt es,

ass der Bund für die Herstellung gleichwertiger Le-
ensverhältnisse verantwortlich ist.


(Dirk Niebel [FDP]: „Gleichwertig“ bedeutet aber nicht unbedingt „gleich“!)


u dieser Verantwortung bekennen wir uns ausdrück-
ich. Das basiert allerdings – auch das ist festgehalten –
uf regionalen Besonderheiten, die zum Beispiel auch
ei der Berechnung der Verbrauchs- und Einkommens-
tatistik und der Rentenwerte zugrunde gelegt werden.

Wir haben an dieser Stelle zunächst einmal formal
ichtig agiert und uns dann im Interesse des übergeord-
eten Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes entsprechend
erhalten. Ich persönlich glaube, dass wir dieses Anlie-
en auch in Zukunft nicht aus den Augen verlieren dür-
en. Im Rahmen der Beratungen der Föderalismuskom-
ission hat es mehrfach Angriffe darauf gegeben: Der
und sollte seine Verantwortung für die Gleichwertig-
eit der Lebensverhältnisse immer mehr auf die Länder
erlagern. – Hier gebe ich Ihnen Recht: Das dürfen wir
icht tun. Deswegen ist das ein Auftrag, den wir hier im
arlament auf Bundesebene auch in Zukunft zur Wieder-
orlage bekommen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zu einem Punkt, der mir wichtig ist, nämlich der hier
ehrfach aufgeworfenen Frage, ob es tatsächlich einen
nterschied zwischen Sozialhilfe und Arbeitslosen-
eld II gibt. Den gibt es allerdings: Was wir hier festle-
en – das schließt auch an die Frage von Herrn Maurer
n –, ist schlicht eine Bundesleistung; ob sie einheitlich
estgelegt wird, ist dabei eine politische Entscheidung.


(Zuruf von der SPD: Herr Niebel! Zuhören!)


ie Sozialhilfe wird von den Sozialhilfeträgern festge-
egt. Das ist eine andere Ebene. Das machen auch die
änder. Insoweit ist hier aus meiner Sicht noch einmal
larzustellen, dass es nicht automatisch zu einer Verän-
erung bei der Sozialhilfe kommen muss.

Wir haben heute 14 Euro mehr für ALG-II-Bezieher
n Ostdeutschland beschlossen; das ist viel Geld für
iese Leute. Natürlich weiß ich, dass es trotz allem, was
ir an Transfer leisten, am Ende keine Alternative dazu
ibt, dass jeder und jede eine existenzsichernde Arbeit






(A) )



(B) )


Andrea Nahles
hat. Da kann ich mich mit einem Mindestlohnniveau,
wie von der FDP heute vorgeschlagen – nämlich auf der
Ebene von ALG II –, nicht anfreunden.


(Dirk Niebel [FDP]: Ich habe kein Mindestniveau vorgeschlagen! Wir sind gegen Mindestlöhne!)


Wir brauchen Mindestlöhne, die existenzsichernd sind.
Aber auf dem Niveau von ALG II sind sie es nicht. In
diesem Sinne werden wir uns auch in den Beratungen
um Kombilohn/Mindestlohn so verhalten, dass Arbeit
wieder Wert hat, dass die Leute von der Arbeit leben
können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Dirk Niebel [FDP] meldet sich zu einer Kurzintervention)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601103100

Mir ist die Freude an diesen Interventionen sehr gut

nachvollziehbar, aber es gehört zu den plausiblen Re-
geln, dass nach Abschluss einer Rede zu derselben keine
Zwischenfragen mehr gestellt werden können; was sich
mit einem gewissen Maß an Logik auch sofort er-
schließt.


(Dirk Niebel [FDP]: Aber eine Kurzintervention ist möglich, Herr Präsident!)


– Eine solche war aber bisher nicht angemeldet.


(Dirk Niebel [FDP]: Das wollte ich gerade tun mit meiner Meldung!)


– Gut, dann bekommt für eine Kurzintervention das
Wort der Kollege Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601103200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich werde mich dem

Wort „Kurzintervention“ entsprechend kurz fassen.

Ich wollte nur deutlich klarstellen: Die FDP hat zu
keinem Zeitpunkt Mindestlöhne gefordert. Wir halten
Mindestlöhne für falsch, für schädlich. Denn wenn der
Mindestlohn nicht die Kosten eines Arbeitsplatzes er-
reicht, geht das Ganze in die Schwarzarbeit. Ich habe nur
festgestellt – und das ist wissenschaftlich auch beleg-
bar –: Arbeitslosengeld II wirkt wie ein Mindestlohn:
weil es eine untere Einkommensgrenze definiert und
deswegen, wirtschaftlich nachvollziehbar, kaum einer
einen Grund hat, eine Tätigkeit aufzunehmen für ein
Entgelt, das unter diesem Mindestlohn liegt. Ich bitte
Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen.


(Andrea Nahles [SPD]: Schön, dass Sie das jetzt noch einmal gesagt haben, Herr Niebel! – Gegenruf des Abg. Rainer Brüderle [FDP]: Sie haben Herrn Niebel mit Frau Merkel verwechselt!)


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(C (D Als letzter Redner in dieser Debatte erhält nun das ort der Kollege Stefan Müller für die CDU/CSU-Frakion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir rleben heute Vormittag eine bemerkenswerte Debatte: eben dem Austausch von verschiedenen Höflichkeiten issen wir jetzt auch, wo Frau Nahles am liebsten ihren atte Macchiato trinkt. eute früh war immer wieder die Rede von Gerechtigeit. Ich darf zum Jahresanfang unabhängig vom Bera ungsgegenstand zunächst einen Wunsch äußern: dass ir mit dem Begriff „Gerechtigkeit“ ein bisschen sorg amer umgehen, als wir das in der Vergangenheit getan aben. Es gab fast keinen Reformvorschlag – von wem uch immer in diesem Hause –, bei dem nicht sofort verucht worden ist, ihn mit der Keule der sozialen Ungeechtigkeit zu diskreditieren. Ich glaube, wir täten gut aran, den Begriff „Gerechtigkeit“ als solchen nicht berzustrapazieren. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne auf eine emerkenswerte Rede hinweisen, die der Bundesfinanzinister vor kurzem vor der IHK in Frankfurt gehalten at – ich darf zitieren –: Damit wird Chancengerechtigkeit – und nicht Ergebnisgleichheit – zum Grundprinzip eines modernen Sozialstaates. Von ihr hängen die Lebensperspektiven gerade derjenigen Menschen ab, deren Startbedingungen – aus welchen Gründen auch immer – nicht so gut sind wie die anderer. ch glaube, dem ist nichts hinzuzufügen. Bei dem heute vorliegenden Gesetzentwurf geht es uch ein Stück weit um Gerechtigkeit. Natürlich spielt uch das Gerechtigkeitsempfinden der Betroffenen eine olle. Aber noch sehr viel mehr spielt eine Rolle, dass ir heute auch ein Stück innerdeutsche Einheit herstel en. Bisher haben wir die Differenz von 14 Euro beim Areitslosengeld mit geringeren Lebenshaltungskosten und inem unterschiedlichen Verbraucherverhalten in Osteutschland gerechtfertigt. Aber nicht nur zwischen Ost nd West, sondern auch zwischen einzelnen Bundeslänern, zwischen einzelnen Regionen, ja selbst zwischen tädten und Gemeinden bestehen Unterschiede. Desween hat der Ombudsrat der Politik empfohlen – das ist eute schon mehrfach ausgeführt worden –, den Regelatz Ost um 14 Euro zu erhöhen, um den bestehenden nterschied zu beseitigen. Diesem Vorschlag des Omudsrates kommen wir mit der heutigen Initiative nach. Wir sollten uns aber nichts vormachen: Durch diese nhebung werden wir die sozialen Unterschiede in un erem Land nicht ausgleichen können. Durch die Anhe Stefan Müller bung alleine schaffen wir keinen Ausgleich zwischen dem Wunsch nach einer erfüllenden Tätigkeit auf der einen und der Absicherung der täglichen Grundbedürfnisse auf der anderen Seite. Bei der ganzen Debatte um die Höhe der staatlichen Leistungen dürfen wir eines nicht aus dem Blick verlieren – das ist mir sehr wichtig –: Der Wunsch, am Arbeitsleben und am Erwerbsprozess teilzunehmen, ist nicht erfüllbar durch eine noch so hohe Unterstützung durch staatliche Leistungen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601103300

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1601103400

(Heiterkeit)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Ich bleibe dabei: Die größte soziale Ungerechtigkeit
in unserem Lande ist, wenn jemand, der arbeiten will,
nicht die Möglichkeit dazu hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen müssen wir mehr dafür tun, um den Men-
schen, die keine Arbeit haben, aber arbeiten wollen, eine
Perspektive zu geben. Natürlich ist es richtig, das Ar-
beitslosengeld im Osten anzuheben – das betone ich –,
aber es muss uns vor allem darum gehen, den Menschen,
die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die Möglichkeit
zu geben, eine Beschäftigung zu finden.

Unser aller Ziel ist es, zu mehr Beschäftigung in
Deutschland zu kommen. Mehr Beschäftigung wird es
aber nur dann geben, wenn wir die wirtschaftliche Situa-
tion in diesem Land insgesamt verbessern, vor allem
aber die wirtschaftliche Situation des Mittelstands, der
kleinen und mittleren Betriebe. Auf den Mittelstand set-
zen wir bei der Beseitigung von Arbeitslosigkeit im Üb-
rigen besonders große Hoffnungen.

Uns allen ist aber doch klar, dass wir nur mithilfe von
Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik nicht mehr Ar-
beitsplätze schaffen können. Wir brauchen mehr wirt-
schaftliche Dynamik in diesem Lande.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die große Koalition hat im Koalitionsvertrag vieles ver-
einbart, was zu mehr Wachstum und Beschäftigung füh-
ren wird. Bei der Klausurtagung des Bundeskabinetts in
Genshagen ist das konkretisiert worden; ich möchte das
nicht weiter ausführen. Es wird darüber hinaus aber wei-
tere Anstrengungen geben müssen, um die Rahmenbe-
dingungen für unternehmerisches Handeln in unserem
Land weiter zu verbessern. Ich nenne als Beispiele die
geplante Unternehmenssteuerreform oder den Abbau
von Bürokratie und von Regulierungen.

Die gesetzgeberischen Maßnahmen alleine werden
aber nicht dazu führen, dass in Deutschland mehr Ar-
beitsplätze geschaffen werden; das ist richtig. Wir kön-
nen die Schaffung von Arbeitsplätzen sozusagen nicht
per Gesetz verordnen, hier ist die Wirtschaft gefordert.
Dazu bedarf es aber einer positiven Grundstimmung und
mehr Vertrauen. Vertrauen ist nun einmal die Grundlage
für jedes wirtschaftliche Wachstum. Was wir in der Poli-
tik machen, ist das eine, was in der Wirtschaft passiert,
das andere. Ständige Nachrichten über Arbeitsplatzab-
bau in unserem Land jedenfalls verbessern nicht die
Stimmung und führen nicht zu einer Verbesserung der

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(C (D ositiven Grundstimmung. Deswegen sage ich von dieer Stelle: Die Wirtschaft ist hier in der Pflicht. Meine Damen und Herren, zu sozialer Gerechtigkeit ehört aber auch, dass wir die Solidargemeinschaft vor ngerechtfertigter Inanspruchnahme in Schutz nehen. Die Erwartungshaltung an staatliche Leistungen ist n den letzten Jahren immer weiter gestiegen, sie ist so roß wie nie zuvor. Es kann nicht sein, dass wir nach der usammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe ehr Geld ausgeben als vorher für beide Instrumente zu ammen. Ziel der Reform war es immer, erwerbsfähige ilfebedürftige bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit u unterstützen und sie nicht einfach nur zu alimentieen. Wie die ersten Erfahrungen nach der Zusammenleung von Arbeitslosenund Sozialhilfe gezeigt haben, erden weitere Korrekturen in diesem Bereich nötig ein. Ich darf kurz aus dem „Spiegel“ zitieren, der im letzen Jahr schrieb: Es ist, als hätte die Hartz-Reform das Elend ganzer Bevölkerungsgruppen offen gelegt, die bislang als ausreichend versorgt galten. In ihren Akten finden die Vermittler plötzlich erwerbsund angeblich mittellose Abiturienten, die bislang bei ihren gutverdienenden Eltern gewohnt haben. Sie finden Rechtsanwälte und Ärzte, die offenbar zu Tausenden merken, dass sie eigentlich seit Jahren am Existenzminimum knabbern. Nun mag es ja sein, dass hier sehr viel übertrieben ird. Tatsache ist aber, dass es zu einer unerwarteten nzahl von Bedarfsgemeinschaften gekommen ist. Ich laube, deswegen ist es zumutbar, dass wir die Bildung on Bedarfsgemeinschaften noch weiter überprüfen und n bestimmten Bereichen einschränken. Wir jedenfalls freuen uns auf eine konstruktive Zuammenarbeit mit den Oppositionsfraktionen. Ich bin uch davon überzeugt, dass wir ihre Vorschläge sehr erne prüfen werden. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf der Drucksache 16/99 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie amit einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 sowie den usatzpunkt 2 auf: 4 Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen – Drucksache 16/236 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Präsident Dr. Norbert Lammert Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Kultur und Medien ZP 2 Erste Beratung des von den Abgeordneten Matthias Berninger, Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen – Drucksache 16/365 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Kultur und Medien Auch hier sind nach einer interfraktionellen Vereinbarung eineinviertel Stunden für die Aussprache vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann können wir auch dies als vereinbart betrachten. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst der Kollege Oskar Lafontaine für die Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her ren! Das Kartellrecht oder das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist so etwas wie das Grundgesetz der Marktwirtschaft. Dabei hat dieses Gesetz zwei Komponenten, eine soziale und eine demokratische. Die soziale Komponente dieses Gesetzes ist die Preissteuerung. Durch das Gesetz soll verhindert werden, dass es zu Monopolpreisbildungen kommt, und soll sichergestellt werden, dass die Preise im Wettbewerb fallen, sodass die Preise aus der Sicht der Verbraucher nicht zu hoch sind. Von dieser Steuerungsfunktion des Wettbewerbsrechts ist heute nicht die Rede. Eine viel wichtigere Funktion des Wettbewerbsrechts aus der Sicht der Linken ist das Element der Machtkontrolle. Durch das Kartellrecht soll sichergestellt werden, dass eine Marktwirtschaft auch eine demokratische Marktwirtschaft ist. Deswegen wird stets darauf geachtet, dass wirtschaftliche Machtzusammenballungen die Demokratie nicht gefährden. Davon ist heute die Rede. In den letzten Jahrzehnten gab es eine ganze Welle von Fusionen. Insbesondere das letzte Jahrzehnt hat wiederum global eine Welle von Fusionen gebracht, die dazu geführt haben, dass viele Unternehmen mittlerweile eine weitaus größere Macht als demokratische Staaten haben. Das ist bekannt und unstreitig. Dennoch sollte man, wenn in unserem Parlament darüber gesprochen wird, vielleicht noch einmal daran erinnern. Machtkontrolle war beispielsweise die Position der SPD im Godesberger Programm. Es ging um die Kontrolle wirtschaftlicher Macht. Früher hat ein radikalerer Denker Deutschlands das Ganze noch schärfer formuliert, nämlich Walter Eucken. Es bereitet mir natürlich Vergnügen, hier für die Fraktion der Linken an diesen D n w M t m g m d p n g r s t e b e m K s M t I l a b d d d v i V w b „ G g e a b K t s n b s m (C (D enker des Ordoliberalismus zu erinnern. Er wollte icht die Kontrolle wirtschaftlicher Macht, sondern er ollte die Verhinderung wirtschaftlicher Macht. it dieser Position – ich sage das ohne polemischen Unerton – erhielte Walter Eucken heute wohl kaum eine ehrheitliche Zustimmung im Deutschen Bundestag, eschweige denn in unserer Gesellschaft. Es ist aber anchmal notwendig, an solche Denker, die zu Beginn er Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland die olitischen Entscheidungen mitbestimmt haben, zu erinern. Wenn es um die Verhinderung wirtschaftlicher Macht eht, dann führt die Überlegung, was denn im Kartellecht dazu geschrieben ist, natürlich sehr schnell zu der o genannten Ministererlaubnis. Einige Fälle der letzen Zeit haben deutlich gemacht, dass die Ministerrlaubnis unter diesen beiden Gesichtspunkten reformedürftig ist. Ich erinnere an den Fall Eon Ruhrgas, der in Musterbeispiel dafür ist, dass die Ministererlaubnis ittlerweile eher ein Einfallstor für Missbrauch, ja, für orruption ist. Ich benutze diesen Begriff nüchtern und achlich, aber ich benutze ihn gleichwohl. Die Ministererlaubnis sollte nicht dazu einladen, dass inister im Hinblick auf ihre spätere wirtschaftliche Tä igkeit von ihr Gebrauch machen. ch erinnere an den Fall Eon Ruhrgas, bei dem wir zum etzten Mal in größerem Umfang über diese Erlaubnis uf dem Feld der Energiewirtschaft diskutiert haben und ei dem zunächst ein Staatssekretär mit der Erledigung es Falls beauftragt worden ist. Das Unangenehme an iesem Sachverhalt ist nur, dass dieser Staatssekretär ann in ebendiesem Konzern Beschäftigung fand, der on dieser Erlaubnis betroffen war. Noch unangenehmer st, dass der zuständige Minister in diesem Konzern als orstandsmitglied beschäftigt wurde. Dies ist genau das, as ich ein Einfallstor für politische Korruption nenne. Wir können an solchen Fehlentwicklungen nicht voreigehen. Wenn Sie heute die Presse studieren und lesen Staatsanwaltschaft durchsucht E.on-Ruhrgas-Zentrale – askonzern soll mehr als 100 Kommunalpolitikern Vernügungsreisen spendiert haben“, dann sehen Sie, dass ine Demokratie stets gehalten ist, sorgfältig darauf zu chten, dass wirtschaftliche Macht nicht dazu missraucht wird, demokratische Entscheidungsgremien und örperschaften unzulässig zu beeinflussen. Gerade im Bereich der Energiewirtschaft hat die Karellbehörde in der letzten Zeit nicht nur bei der Fusion, ondern auch bei der Preisgestaltung mehrfach interveiert. Ich möchte für die Fraktion der Linken der Kartellehörde ein Kompliment dafür machen, dass sie beipielsweise in der Frage der langfristigen Lieferverträge it kommunalen Energieversorgern stets auf niedrige Oskar Lafontaine Preise für die Verbraucher achtet. Wir brauchen eine solche Kartellbehörde. Sie darf durch die Ministererlaubnis nicht unterlaufen werden. Das ist der politische Sachverhalt, von dem wir heute reden. Es geht schlicht und einfach um Fehlentwicklungen in der Volkswirtschaft und in unserer demokratischen Gesellschaft. Ich will hier nur einen Begriff ansprechen, um noch weiter zu verdeutlichen, wie sich das alles in die falsche Richtung entwickelt hat, nämlich den Begriff der Umsatzrendite. Wenn Sie sich heute mit Vertretern der Energiewirtschaft unterhalten und Sie hören, dass diese, ohne rot zu werden, sagen: „Wir zielen auf Umsatzrenditen von 15 bis 20 Prozent“, dann ist das eine völlige Fehlentwicklung unserer Volkswirtschaft. Dass man von Kapitalrenditen dieser Art reden kann, könnte man vielleicht noch verstehen. Aber dass in Quasimonopolmärkten in der Energiewirtschaft von Umsatzrenditen von 15 bis 20 Prozent geredet wird, ist ein unglaublicher Skandal, um das hier einmal in aller Deutlichkeit zu sagen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601103500




(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601103600

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sprachen vorhin von Hartz IV und den Grundbe-
trägen, von denen diese Menschen leben müssen. Dass
die Verbraucher, die zur Miete wohnen, immer größere
Schwierigkeiten haben, ihre tägliche Existenz zu gestal-
ten, hat etwas mit dem Thema zu tun, das heute hier zur
Rede steht; denn diese Umsatzrenditen bezahlen die Ver-
braucherinnen und Verbraucher.

Der zweite Fall, den ich ansprechen möchte, ist die
Konzentration im Pressewesen. Sie ist für unsere De-
mokratie vielleicht noch viel wichtiger als die reine wirt-
schaftliche Macht in anderen Wirtschaftsbereichen. Eine
freie Presse ist konstituierend für jede demokratische
Ordnung. Zu Beginn dieser Republik hat Paul Sethe
– das ist der nächste Gründervater unserer Republik, den
ich erwähnen möchte – einmal gesagt: Die Pressefreiheit
ist immer in Gefahr bei uns, die Freiheit einiger weniger
reicher Leute zu sein, ihre Meinung zu verbreiten. – Da-
her muss dieses Parlament sicherstellen, dass die Presse-
konzentration in diesem Lande nicht weiter fortschreitet.
Auch darum geht es bei der Ministererlaubnis.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wie steht es denn mit der Pressefreiheit im Saarland?)


Wenn jetzt ein großes Verlagshaus, das auf dem Pres-
semarkt ohnehin eine beherrschende Stellung hat, dabei
ist, einen größeren Anteil beim Privatfernsehen zu er-
werben, dann muss dieses Parlament aufmerksam wer-
den und sich die Frage stellen: Was kann getan werden,
damit solche Fehlentwicklungen nicht weiter Platz grei-
fen?

Es gab bereits einen Fall, in dem falsch entschieden
worden ist. Ich meine die Novelle, die die rot-grüne

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(C (D oalition im Hinblick auf Fusionsbestrebungen des oltzbrinck-Konzerns in Berlin eingebracht hat. Ich onnte es kaum glauben, als ich gelesen hatte, dass der uständige Minister die Hürde dreimal niedriger anseten wollte als sonst, um eine Pressekonzentration zu eröglichen. Ich möchte von hier aus der Bundesratsehrheit ein Kompliment machen, dass sie diese ehlentwicklung verhindert und diesen Gesetzentwurf er damaligen Regierung gestoppt hat. Es war völlig unertretbar, bei der Frage der Pressefusion die Hürde noch iedriger anzusetzen, als sie bereits jetzt ist. Ich sage aber auch, dass es nicht vertretbar wäre, die inistererlaubnis in der bisherigen Form bestehen zu assen, wenn jetzt schon wieder sowohl von Vertretern er CDU und der CSU – ich erwähne in diesem Zusamenhang Herrn Stoiber – als auch von Vertretern der PD – hier ist Herr Beck zu nennen – darüber geredet ird, dass man mit dem Haus Springer im Gespräch arüber sei, ob nicht vielleicht doch eine Möglichkeit estehe, den Konzentrationsprozess weiter zu unterstüten. Sie alle wissen, dass Politikerinnen und Politiker die ähe zu Verlagshäusern suchen, weil sie meinen, dann n der Presse besser wegzukommen. (Jörg Tauss [SPD]: Springer! Da haben Sie doch Erfahrung! Wer wird denn jeden Monat mit 5 000 Euro bezahlt?)


(Beifall bei der LINKEN)


Ach Gott, wie billig, verehrter Herr Kollege.


(Beifall bei der LINKEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die Wahrheit ist unangehm! – Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601103700

Herr Kollege Tauss, es wäre schon gut, wenn Sie sich

etzt wenigstens entschließen könnten, ob Sie telefonie-
en oder Zwischenrufe machen wollen.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601103800

Die Versuchung politisch Verantwortlicher, im Ge-

präch mit Verlagshäusern eher die Verlagskonzentration
u befürworten, ist sehr ausgeprägt. Ich war jahrzehnte-
ang immer wieder an politischen Entscheidungsprozes-
en beteiligt und kenne schließlich die Zusammenhänge.
nsofern meine ich, dass das Parlament alarmiert sein
ollte, wenn bereits in den politischen Parteien über die
inistererlaubnis gesprochen wird.

Lassen Sie mich zusammenfassend festhalten: Die
inistererlaubnis hatte vielleicht einmal ihre Begrün-

ung. Es gibt auch heute viele Gründe, die dafür spre-
hen. Ich nehme an, dass einige Verteidiger der Minister-
rlaubnis diese Gründe noch anführen werden. Aus
nserer Sicht hat sie aber in den letzten Jahren nicht
ehr ihre eigentliche Funktion erfüllt. Sie war vielmehr

in Einfallstor für die weitere Konzentration im Wirt-
chaftsbereich und sie könnte ein Einfallstor für eine
eitere Konzentration im Medienbereich sein. Deshalb
lädieren wir dafür, die Ministererlaubnis abzuschaffen,






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
damit der Wirtschaftsminister seine Ordnungsfunktion
wieder wahrnehmen kann, indem er nach unserem Ge-
setzentwurf das Recht erhält, auch dann Nein zu sagen,
wenn die Kartellbehörde eine Fusion genehmigt hat.

Es geht in diesem Zusammenhang um die soziale
Marktwirtschaft. Vor allem aber geht es um die demo-
kratische Marktwirtschaft. Die Ministererlaubnis hat
sich zu einem Instrument entwickelt, das der demokrati-
schen Marktwirtschaft entgegensteht. Deshalb sollte sie
fallen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601103900

Für die Bundesregierung hat das Wort nun der Parla-

mentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte.

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Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1601104000


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Das deutsche Wettbewerbsrecht ist gut aufgestellt.
Es ist beispielhaft in Europa und wohl auch in der Welt,
und zwar einschließlich der darin festgelegten Minister-
erlaubnis. Sie ist erst 1973 in dieses System eingefügt
worden. Damals regierten die FPD und die SPD, Herr
Lafontaine. Man empfand die Ministererlaubnis als not-
wendig.

Sie ist ein kluges Instrument, wenn man sie richtig
nutzt. Sie soll ermöglichen, dass in Fällen eines gesamt-
wirtschaftlichen Vorteils und eines übergeordneten Ge-
meinwohlinteresses eine unter sehr strenger Handha-
bung des Wettbewerbsrechts gefundene Entscheidung
geändert werden kann. Das Problem besteht nicht darin,
dies zu ermöglichen; es geht vielmehr um die Frage, ob
damit verantwortungsvoll und vernünftig umgegangen
wird.

Wir sind der Meinung, dass das deutsche Wettbe-
werbsrecht bisher trotz aller auch bedauernswerten Fehl-
entwicklungen im Einzelnen durchaus die Aufgabe
geleistet hat, Marktwirtschaft zu sichern und Machtwirt-
schaft zu vermeiden. Das ist der eigentliche Sinn dieses
Wettbewerbsrechts. Deswegen halten wir die beiden vor-
liegenden Gesetzentwürfe für nicht zielführend. Sie wür-
den unsere Möglichkeiten, auf unerwartete, schwierige,
wirtschaftspolitische Situationen intelligent und ver-
nünftig zu antworten, einengen und erschweren und des-
wegen die Standortqualität verschlechtern.

Wir wissen, dass die Ministererlaubnis auch Pro-
bleme mit sich bringt und Versuchungen bietet. Ich ma-
che aus meinem Herzen keine Mördergrube, indem ich
feststelle, dass mir die Eon-Entscheidung ausgespro-
chen problematisch erschienen ist. Dabei will ich gar
nicht zentral darauf abstellen, dass die Entscheidung
schließlich so gefallen ist. Man kann aber anhand der
Eon-Entscheidung eine Menge darüber lernen, was alles
nicht sein darf. Dazu gehört erstens, dass eine Minsterer-
laubnis nicht so früh in Aussicht gestellt werden darf


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Sehr richtig!)


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(C (D nd dass das Kartellamt seine eigentliche Aufgabe, zuächst einmal alles bis zum Letzten unter wettbewerblihen Gesichtspunkten auszuhandeln, nicht erfüllen kann. (Beifall des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD] – Ludwig Stiegler [SPD]: Haben Sie das dem Herrn Glos auch gesagt?)


an hat doch keine Gestaltungskraft mehr gegenüber
em Partner auf der anderen Seite, wenn dieser auf
hefebene bereits weiß, dass er möglicherweise alles
mgehen kann, weil er auf die Genehmigung zählen
ann. Das war der erste katastrophale Fehler im Eon-
erfahren.

Der zweite war, dass alle Handelnden mehr oder we-
iger davon ausgehen konnten, dass sie am Ende ihrer
olitischen Arbeit wieder beim Antragsteller landen
ürden.

Das sind zwei Fehler, die das Instrument der Minis-
ererlaubnis auf das Äußerste beschädigt haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie kann man das verhindern?)


eswegen kann ich verstehen, dass nun entsprechende
esetzentwürfe vorliegen. Das ist insoweit verdienst-
oll, als dass wir dadurch noch einmal Gelegenheit ha-
en, uns zu vergewissern, welchem Zweck das Instru-
ent dienen soll. So wie die Ministererlaubnis im Eon-
all angewandt wurde, war sie schädlich und Ihre
laubwürdigkeit wurde beschädigt. Das darf sich nicht
iederholen.

Es ist klug, ein solches zusätzliches Instrument zu ha-
en, vorausgesetzt, dass es richtig eingesetzt wird. In
iesem Zusammenhang lohnt es sich, auf die Nachbar-
taaten zu schauen. In Frankreich ist im Prinzip jede
reigabe eine Ministererlaubnis. In Großbritannien gibt
s die Fälle des Public Interest. Nationale Sicherheit,
asserversorgung und Zeitungen – ausgerechnet Zeitun-

en! – werden dort unter das Regiment der Minister-
rlaubnis gestellt. In den Niederlanden gibt es trotz aller
ntscheidungsmacht der Kartellbehörden die Möglich-
eit, aus Gründen des Allgemeinwohls eine Sonderge-
ehmigung zu erteilen. Wir befinden uns mit unserem
nstrument also in guter Nachbarschaft. Deshalb wollen
ir daran festhalten.

Ich möchte auf das zurückkommen, was es hier zu-
ätzlich zu beachten gilt. Es ist ausgesprochen empfeh-
enswert, dass kartellrechtlich relevante Fragen vom
undeskartellamt in Unabhängigkeit behandelt werden
nd dass sich die Politik, insbesondere die politisch Zu-
tändigen, bis zur Entscheidung heraushält.


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)


Herr Berninger, wir werden in einer offenen Gesell-
chaft nicht verhindern können, dass sich Politiker, die
it der Sache wenig zu tun haben, vorlaut äußern. Ich

alte zwar von vorlauten Äußerungen nichts, kann sie
ber weder auf Bundesebene noch auf Landesebene un-
erbinden.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
Die zuständige Behörde, das mit dem Vorgang be-
fasste Ministerium und der Wirtschaftsminister sowie
alle anderen, die mitwirken, haben sich Zurückhaltung
aufzuerlegen. Sonst kann das Bundeskartellamt sein
Potenzial bei den Verhandlungen gar nicht generieren;
sein Potenzial würde geschädigt. Das Bundeskartellamt
muss seine Entscheidungen mit Sachkompetenz und in
großer politischer Unabhängigkeit treffen können. Sonst
gewinnen wir nicht die gewünschten Erkenntnisse da-
rüber, was richtig und was falsch ist.

Wir, die wir in der Politik damit zu tun haben, haben
uns also zurückzuhalten. Das Bundeskartellamt soll in
großer politischer Unabhängigkeit und Freiheit verhan-
deln und entscheiden können, um das Beste im Sinne des
Wettbewerbs herauszuholen.

Die Linke fordert sogar zusätzlich die Möglichkeit,
selbst unbedenkliche Zusammenschlüsse zu verbieten,
und zwar aus anderen Gründen. Das hieße, die Sache auf
den Kopf zu stellen. Das wäre eine Kehrtwendung um
exakt 180 Grad. Das bedeutete eine erhebliche Belas-
tung des Standortes Deutschland. Wenn wir in einer glo-
balisierten Welt bestimmten Ministerien erlaubten, Un-
ternehmensfusionen mithilfe einer Ministererlaubnis zu
verbieten bzw. Unternehmen zu zerschlagen – darüber
darf man gar nicht nachdenken –, dann wäre das eine
gravierende Schwächung des Standortes Deutschland im
internationalen Wettbewerb und in der Sache. Davor
kann ich nur warnen.

Herr Kollege Lafontaine, Sie haben gesagt, dass
schon die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für
eine Erlaubnis eine politische Versuchung darstelle. Was
meinen Sie aber, wie groß die politische Versuchung
wäre, wenn man etwas verbieten könnte? Ich warne alle
Neugierigen vor der Einführung eines solchen Instru-
ments; denn es wäre ein Einfallstor für neue korruptive
Verhältnisse. Hier haben Sie wieder einmal nicht bis
zum Ende gedacht. Ich bedauere das nicht ausdrücklich;
aber das ist nun einmal so.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch etwas zur Praxis sagen. In über
30 Jahren gab es 18 Anträge, die dieses Thema betref-
fen. 18 Anträge! Davon sind sieben mit Ministererlaub-
nis entschieden worden, teilweise noch mit Auflagen.
Eine Konsequenz aus der angesprochenen Problematik
ist: Das Instrument der Ministererlaubnis soll es weiter-
hin geben. Aber davon sollte so selten wie möglich Ge-
brauch gemacht werden.

Das ist die nächste Empfehlung. Im Prinzip muss die
Entscheidung des Kartellamts reichen. Da ist der Sach-
verstand versammelt. Nur in seltenen Ausnahmefällen
soll es die Ministererlaubnis geben.

Wir werden deswegen an der Ministererlaubnis fest-
halten. Wir werden sie nur in den gesetzlich vorgesehe-
nen Fällen und sehr zurückhaltend anwenden. Die
Bundesregierung kann darum eine Annahme beider Ge-
setzentwürfe nicht empfehlen.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601104100

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Rainer

rüderle.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1601104200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist

chon eine erstaunliche Metamorphose, wenn die Linken
etzt zu Vorkämpfern für Walter Eucken werden. Das hat

an bei anderen politischen Diskussionen nicht erlebt.
um Schluss hat Oskar Lafontaine mit der demokrati-
chen Marktwirtschaft wieder eine Hintertür geöffnet.
er Vorschlag, eine Ministergenehmigung durch ein Mi-
isterverbot zu ersetzen, lässt den Verdacht einer gewis-
en dialektischen Kosmetik bei diesem Gesetzentwurf
ufkommen.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Zurück zur DDR-Wirtschaft!)


Zur Sache selbst. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbe-
chränkungen ist die Magna Charta der sozialen Markt-
irtschaft. Es ist die grundlegende Regelung bzw. das
rundgesetz. Wir befinden uns leider in einem Prozess,

n dem grün-rote ordnungs- und wettbewerbspoliti-
che Sünden – das ist eine ganze Liste – begangen wur-
en. Das bezieht sich nicht nur darauf, dass die grün-rote
undesregierung kurz vor der Bundestagswahl die Ent-

cheidung bezüglich Eon und Ruhrgas – da kann man
en Ausführungen von Lafontaine weitgehend zustim-
en – getroffen hat. Anschließend wurden Minister und
taatssekretär Tacke gut untergebracht.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh!)


Lieber Herr Tauss, das sind alles Unternehmen, in de-
en die paritätische Mitbestimmung gilt.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Ach was!)


s wird nicht nur der Betriebsrat von VW nach besonde-
en Regeln gepflegt, sondern offenbar auch die Kunden.
as wirft ein bezeichnendes Licht auf die Bedeutung ge-
erkschaftlicher Mitbestimmung in großen Konzernen,
err Tauss. Dass Sie bei den Reden telefonieren müssen,
eist darauf hin, dass Sie bei Peters neue Weisungen

inholen müssen.


(Heiterkeit bei der FDP)


Zurück zu den ordnungspolitischen Sünden. Ein ex-
remer Fall – auch bei Grün-Rot – war das Einzelwei-
ungsrecht in der Telekommunikation. Es hat noch keine
undesregierung gewagt, ein Einzelweisungsrecht eines
undesministers zu etablieren. Der Versuch von
lement, das Pressefusionsrecht und damit den Wettbe-
erb auszuhöhlen, ist gescheitert. Die Wettbewerbsauf-

icht wurde absichtlich von Grün-Rot zersplittert. Die
nergiewirtschaft, die Bahn und die Netzagentur wurden
icht dem Kartellamt unterstellt, sondern es wurden
onderstrukturen geschaffen. Damit wurden die Kompe-

enzen des Kartellamts systematisch geschwächt.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Rainer Brüderle
Die Ministererlaubnis war von Anfang an umstrit-
ten. Die Fusionskontrolle durch das Kartellamt sollte mit
der Ministererlaubnis kombiniert werden. Viele der Ent-
scheidungen waren umstritten. Der Gedanke ist, sich ne-
ben einer Prüfung von Zusammenschlüssen von Unter-
nehmen nach Recht und Gesetz, nach ökonomischen und
wettbewerblichen Kriterien durch ein unabhängiges Kar-
tellamt, die Möglichkeit offen zu halten, Gemeinwohlas-
pekten, die nicht rein wettbewerblichen Überlegungen
unterworfen sind, Rechnung zu tragen. Italien ist das
einzige Land, das ich kenne, das eine kartellrechtliche
Regelung ohne eine solche Kombination hat. Fast alle
anderen Länder haben ein solches Instrument. In Italien
gibt es möglicherweise andere Mechanismen, die man in
eine Bewertung einbeziehen müsste. Das will ich jetzt
aber nicht vertiefen.

Recht hat Herr Staatssekretär Schauerte mit seiner
Bemerkung – ich zitiere ihn wörtlich –, dass die Ent-
scheidung im Zusammenhang mit Eon und Ruhrgas die
Ministererlaubnis äußerst beschädigt hat. Da hat der
Herr Staatssekretär Recht. Wenn das die Erkenntnis der
Bundesregierung ist, dann kann diese Erkenntnis schon
ein Fortschritt gegenüber Grün-Rot sein. Sie hatten of-
fenbar diese Erkenntnisse damals noch nicht. Die Grü-
nen haben ihre Position geändert. Als Oppositionspartei
haben sie den Wettbewerb entdeckt. Vorher haben sie
alle die von mir zitierten Erosionsprozesse mitgemacht.


(Beifall bei der FDP – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sitzen im Glashaus! Passen Sie auf!)


Ich gebe zu, dass man auch zu der Schlussfolgerung
von Lafontaine kommen kann, nämlich so weit zu ge-
hen, die Ministererlaubnis abzuschaffen, da sie äußerst
beschädigt ist. Das Ministerverbot einzuführen halte
ich jedoch für einen dialektischen Kunstgriff. Da scheint
die alte Schule noch durch.

Auch ich kann aber nicht bestreiten, dass im Zusam-
menhang mit der Abschaffung der Ministererlaubnis der
Aspekt der Versorgungssicherheit eine Rolle spielt. Ich
halte einen Mechanismus für notwendig, der es ermög-
licht, einwirken zu können, ohne dass dies allein ökono-
misch begründet ist. Ich gebe auch zu: Mir ist noch
nichts Besseres als die Ministererlaubnis eingefallen.
Meines Erachtens bleibt nichts anderes übrig, als ver-
schärft politisch zu diskutieren, damit Erscheinungen
wie die Eon-Ruhrgas-Fusion, die einen schalen Ge-
schmack hinterlassen – am Ende finden sich alle in gut
bezahlten Positionen wieder –, öffentlich entsprechend
gebrandmarkt werden.

Der ehemalige Kanzler hat den Anstieg der Gaspreise
beklagt, obwohl man vorher eine Fusion genehmigt hat,
die einen Marktanteil von 87 Prozent ermöglicht hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Bei einer Einführung in die Grundzüge der Volkswirt-
schaftslehre an der Volkshochschule Dessau-Süd lernt
man, dass Monopolpreise höher als Wettbewerbspreise
sind. Erst ein Monopol schaffen und dann über die
Preise jammern ist zutiefst unredlich.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich warne davor, solche Schritte vorschnell zu voll-
iehen. Man sollte die Ministererlaubnis also nicht ab-
chaffen, ohne dass wir die Dinge wirklich durchdacht
aben. Ich glaube, dass es klug ist, ein Instrument zu ha-
en, das eine Korrektur aus übergeordneten Gesichts-
unkten möglich macht. Das darf nur ein seltener, gut
egründeter Ausnahmefall sein. Herr Staatssekretär
chauerte, nicht nur was die Landesebene, sondern auch
as die Bundesebene angeht, halte ich es für bedauer-

ich, dass auch Ihr Minister leichtfertig öffentliche Äu-
erungen über das Thema Ministererlaubnis gemacht
at, bevor das Kartellamt abschließend geprüft hat.


(Beifall des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


uch das ist keine Stärkung des Bewusstseins für den
ettbewerbsgedanken.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Lothar Bisky [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601104300

Nächster Redner ist der Kollege Christian Lange,

PD-Fraktion.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601104400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Ich finde es in der Tat schon sehr bemerkenswert,
ass den Gesetzentwurf der Linken/PDS ausgerechnet
in Sprecher begründet, der noch auf der Gehaltsliste
on Springer stand oder immer noch steht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ass er dann auch noch die Dreistigkeit hat, hier über
ie Kontrolle von Medienmacht zu philosophieren, das
chlägt dem Fass in der Tat den Boden aus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Diese Dreistigkeit setzt sich im Gesetzentwurf der
DS fort: Ausgerechnet sie versucht hier, sich zum
chützer des Wettbewerbs aufzuspielen. Sie kommt in
er Tat zu dem Ergebnis, § 42 GWB müsse gestrichen
erden. Die Konsequenz daraus wäre, dass dem Bun-
eskartellamt die alleinige Entscheidungsbefugnis über
nternehmensfusionen zugesprochen würde. Liest man
eiter, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus:
tattdessen soll dem Wirtschaftsminister das Recht ein-
eräumt werden, Genehmigungen des Bundeskartellam-
es zu untersagen, wenn die „marktwirtschaftliche Ord-
ung gefährdet“ sei oder ein „überragendes Interesse der
llgemeinheit“ dies rechtfertige.

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen
assen: Die bisherige Möglichkeit, eine Unternehmens-
usion durch die Ministererlaubnis zu genehmigen, bei-
pielsweise aufgrund volkswirtschaftlicher Notwendig-
eiten, soll ersetzt werden durch die Möglichkeit des
undeswirtschaftsministers, die Genehmigung des Bun-
eskartellamts zu untersagen. So viel zum Thema






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

Kontrolle. Das ist doch nichts anderes als die alte Gän-
gelwirtschaft à la DDR: Am Ende wird schon „Honni“
oder der Minister entscheiden. Dahinter steckt nichts an-
deres. Das hier als Wettbewerbsschutz darzustellen, ist
in der Tat eine besondere Dreistigkeit.

Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas Grundsätzli-
ches zum Thema Ordnungspolitik sagen. Der Ord-
nungspolitik gegenüber stehen alle interventionistischen
Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen, welche den
Marktprozess behindern. Die Marktwirtschaft – das hat
sich auch und gerade nach dem Fall der Mauer im
Jahre 1989 gezeigt – ist das überlegene Wirtschaftssys-
tem; denn es ist am besten in der Lage, Wirtschafts-
wachstum, Wohlstand und Beschäftigung zu generieren.
Die inhaltlich-programmatische Aussage des Gesetzent-
wurfs der PDS ist deshalb falsch.

Konstituierendes Element der sozialen Marktwirt-
schaft ist und bleibt nämlich der Wettbewerb. Wettbe-
werb in unserer Gesellschaftsordnung ist also ein unbe-
dingt schützenswertes Gut. Der Schutz des Wettbewerbs
ist die zentrale ordnungspolitische Aufgabe in einer
Marktwirtschaft. In Deutschland ist das Bundeskartell-
amt zusammen mit den Landeskartellbehörden für eben-
diesen Schutz des Wettbewerbs zuständig. Natürlich – da
will ich Ihnen ausdrücklich Recht geben – gibt es Situa-
tionen, in denen Unternehmen versuchen, den Leistungs-
wettbewerb durch Preisabsprachen, Kartelle, monopolis-
tische Tendenzen und Ähnliches auszuschalten oder
einzuschränken. Deshalb ist es eine hoheitliche Aufgabe,
diesen Wettbewerb zu schützen.

Wie machen wir das? Aufgrund von drei Säulen, die
im GWB normiert sind: zum Ersten die Kartellbekämp-
fung, zum Zweiten die Missbrauchsaufsicht und zum
Dritten die Fusionskontrolle. Dabei steht uns die Mono-
polkommission zur Seite. Sie hat den gesetzlichen Auf-
trag, das Funktionieren des Wettbewerbs in Deutschland
im Allgemeinen und auch in einzelnen Wirtschafts-
sektoren zu beobachten. Sie beurteilt Konzentrationsten-
denzen, würdigt die Anwendung von Vorschriften der
Fusionskontrolle und erstattet entsprechend Bericht. So
steht in § 36 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän-
kungen unmissverständlich – ich will das zitieren, weil
uns viele zuschauen und nicht genau wissen, wie unsere
Gesetzeslage ist; ich will allerdings nur den ersten Ab-
satz zitieren –:

Ein Zusammenschluss, von dem zu erwarten ist,
dass er eine marktbeherrschende Stellung begrün-
det oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu un-
tersagen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen
weisen nach, dass durch den Zusammenschluss
auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingun-
gen eintreten und dass diese Verbesserungen die
Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen.

Genau dies will die PDS jetzt verhindern, indem sie
durch Ministerentscheid die Untersagung ermöglichen
will. Damit wäre die Sache in der Tat auf den Kopf ge-
stellt. Die kartellrechtliche Entscheidung des Bundes-
kartellamtes ist übrigens ein justizähnliches Verfahren
und deshalb auch überprüfbar.

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(C (D Nun zur Ministererlaubnis. Auch die Ministereraubnis ist kein höchst persönlicher Willkürakt, in dem er Minister beim Kaffee oder beim Weißbier mal kurz ntscheidet, ob er jetzt für die Fusion oder dagegen ist. anz im Gegenteil, es gibt strenge Verfahrensregeln. s ist wichtig, dass wir uns dies in Erinnerung rufen. Zum Ersten gibt es eine ganze Reihe formeller Voaussetzungen. So sind die Untersagung des Bundeskarellamts sowie ein Antrag der am Zusammenschluss eteiligten Unternehmen Voraussetzung. Eine Ministerrlaubnis kann weder vor Abschluss der kartellbehördlihen Verfahren noch dann erteilt werden, wenn das undeskartellamt die Fusion unter Auflagen oder Bedinungen freigegeben hat. Zum Zweiten sind die inhaltlichen, die materiellen oraussetzungen zu nennen: ein öffentliches Interesse an em untersagten Zusammenschluss. Dafür nennt das Geetz zwei alternative Voraussetzungen, nämlich gesamtirtschaftliche Vorteile oder überragendes Interesse der llgemeinheit. Erforderlich ist außerdem, dass die mit dem untersagen Zusammenschlussvorhaben verbundenen wettbeerblichen Nachteile durch die Aspekte des öffentlichen nteresses aufgewogen werden. Hieraus wird gefolgert, ass die Feststellungen des Bundeskartellamtes hinsichtich der wettbewerblichen Nachteile der Erlaubnisentcheidung als gegeben anzunehmen sind und im Verhältis zum öffentlichen Interesse gewichtet werden müssen. abei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten nternehmen auf Märkten außerhalb Deutschlands zu erücksichtigen. Damit nicht genug: Weitere Punkte stehen nicht nur m Gesetz, sondern werden bei einer Ministererlaubnis uch im Einzelnen geprüft. Das ist die Stellungnahme er Monopolkommission. Das ist die öffentliche Stelungnahme der beteiligten Unternehmen. Das sind am nde natürlich Bedingungen und Auflagen. Zu guter etzt gilt in Deutschland: Auch die Ministerentscheiung ist gerichtlich anfechtbar. Auch der eben erwähnte Fall Eon Ruhrgas wurde geichtlich beurteilt. In Deutschland stehen am Ende also mmer noch rechtsstaatliche Entscheidungen. Am Ende chauen die Gerichte auch über eine solche Ministerrlaubnis. Deshalb kann man in diesem Zusammenhang icht von Korruption oder dergleichen sprechen. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


eutsche Gerichte haben gesagt, dass es auch bei
on Ruhrgas nach Recht und Gesetz gegangen ist. Un-

erlassen Sie daher bitte diesen unzulässigen Populis-
us!


(Beifall bei der SPD)


Die PDS würde mit ihrem Gesetzentwurf – Gegen-
tand sind die Abschaffung der Ministererlaubnis bei
leichzeitiger Ermächtigung des Bundeswirtschafts-
inisters, Genehmigungen des Bundeskartellamts zu

ntersagen – dem Machtmissbrauch erst Tür und Tor
ffnen.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601104500

Herr Kollege Lange, Entschuldigung. Erlauben Sie

eine Zwischenfrage des Kollegen Maurer?


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601104600

Gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601104700

Herr Maurer, bitte schön.


Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601104800

Herr Kollege Lange, nachdem Sie sich gerade über

Korruption ausgelassen haben, darf ich Sie einmal fra-
gen: Wie würden Sie es denn nennen, wenn jemand Ver-
handlungen in dem Bewusstsein führt, dass er bei dem
Unternehmen, das von seiner Entscheidung begünstigt
wird, anschließend einen so hoch dotierten Posten be-
kommt, dass es, auf die Vertragsdauer berechnet, um ei-
nen mehrfachen Millionenbetrag geht? Wir bewerten das
als politische Korruption. Wie ist bitte Ihre Bewertung?


(Beifall bei der LINKEN)



Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601104900

Mich würde interessieren, Herr Abgeordneter Maurer,

wie Sie eigentlich den Machtmissbrauch bewerten, dem
Ihr eigener Gesetzentwurf Tür und Tor öffnen würde.
Dort fordern Sie nämlich, dass ein Minister in Zukunft
die Entscheidungen des Bundeskartellamtes verhindern
kann. Wie würden Sie so etwas bezeichnen? Ist das Kon-
trolle politischer Macht oder ist es das Gegenteil?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist aber keine Antwort!)


Es ist offensichtlich das Gegenteil. Deshalb tun Sie bitte
schön nicht so, als würden Sie hier über politische Kor-
ruption wachen oder als wären Sie gar der Hüter des
Wettbewerbs; denn Sie sorgen dafür, dass das Gegenteil
von Kontrolle üblich wird, indem Sie fordern, dass der
Gusto, das Befinden des jeweiligen Ministers entschei-
det und sonst nichts.

Meine Damen und Herren, das, was wir hier von der
PDS zu erwarten haben, ist also interventionistische
Politik, die nichts mit der marktwirtschaftlichen Ord-
nung zu tun hat und deshalb aus unserer Sicht abzuleh-
nen ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105000

Herr Kollege Lange, Herr Kollege Maurer würde

gerne eine weitere Zwischenfrage stellen.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601105100

Nein, auch der Kollege Maurer muss sich daran ge-

wöhnen, dass er seine Frage stellen und ich meine Ant-
wort geben kann und damit die Sache erledigt ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das war aber keine Antwort!)


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(C (D Meine Damen und Herren, die Ministererlaubnis beält also ihre Berechtigung, vor allen Dingen wenn man ugrunde legt, dass die Bundeskartellbehörde im Sinne er Wettbewerbssicherung entscheidet, während der undeswirtschaftsminister die darüber hinausgehende erpflichtung hat, im Rahmen der Ministererlaubnis uch das überragende Interesse der Allgemeinheit im uge zu haben. Die Abschaffung der Ministererlaubnis m Sinne des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen ist deshalb nicht zielführend, auch wenn sie it ihrem Antrag zumindest dafür gesorgt hat, dass die arktwirtschaft und der Wettbewerb nicht von der aune eines Ministers abhängig gemacht werden. Es ist ber – man kann sich seine Freunde in der Opposition icht suchen – zumindest ein in sich logischer und nachollziehbarer Antrag, der stringenter ist als der der PDS. Aber auch in Richtung Grüne muss ich sagen: Die bertreibung geht zu weit, wenn durch die Möglichkeit er Ministererlaubnis eine Zunahme der Unternehmensonzentrationen befürchtet wird. Seit Einführung der usionskontrolle im Jahr 1973 wurden 18 Anträge getellt: In sieben Fällen – diese Zahl hat Herr Staatssekreär Schauerte genannt – wurde die Erlaubnis erteilt, daon in fünf Fällen mit Auflagen, in fünf Fällen wurde die rlaubnis abgelehnt und in sechs Fällen wurde der An rag zurückgenommen, insbesondere mangels hinreihender Erfolgsaussichten. In dieser Auflistung sind die iel diskutierten Übernahmeabsichten von Pro Sieben nd Sat.1 durch den Axel-Springer-Verlag nicht enthal en. Das heißt, wir müssen die Kirche auch an dieser telle im Dorf lassen. Vor allen Dingen angesichts der asse der Kartellanträge ist diese Zahl doch sehr gering. Auch im aktuellen Fall sollten wir das Kind nicht leich mit dem Bade ausschütten. Ich zumindest entehme den Meldungen vom 17. Januar dieses Jahres, ass noch nicht entschieden ist, ob der Verlag im Fall der blehnung der Fusion mit der TV-Sendergruppe durch as Bundeskartellamt eine Sondergenehmigung der undesregierung anstrebt. Deshalb stimme ich Ihnen usdrücklich zu, Herr Staatssekretär: Es ist in der Tat chädlich, jetzt über eine Ministererlaubnis zu sprechen. ber wir haben die Erwartung, dass nicht nur Sie, sonern auch Ihr Minister sich an dieser Stelle entsprechend urückhalten. Wenn das der Fall ist, hat die gesetzliche age durchaus ihren Sinn. Wenn man sich vor Augen hält, welche Positionen in en beiden Anträgen vertreten werden, dann zeigt sich, ass sie entweder übers Ziel hinausschießen oder die inge gar auf den Kopf stellen. Dem Antrag der PDS der der Grünen zu folgen, würde keine Stärkung des ettbewerbs in Deutschland bedeuten; im Gegenteil ürden die Verhältnisse eher auf den Kopf gestellt weren. Zurück in die DDR wollen wir nicht; Verhältnisse, ie wir kritisch betrachten müssen, ins Gegenteil verkehen wollen wir auch nicht. Deshalb lehnen wir beide Anräge ab. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105200

Das Wort hat jetzt der Kollege Matthias Berninger

von Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kol-
lege Brüderle hat auf eine Ministererlaubnis in der vor-
vergangenen Legislaturperiode hingewiesen, nämlich
bei der Fusion von Eon und Ruhrgas. Es ist richtig, dass
die Fusion damals unter grüner Regierungsbeteiligung
zustande kam. Ich denke, dass die Debatte aber redlicher
verlaufen würde, wenn wir uns einmal alle 18 Fälle, in
denen es um eine Ministererlaubnis ging, anschauen
und prüfen würden, welche Parteien für die jeweilige
Ministererlaubnis die Verantwortung hatten.

Wie gesagt, unter der Regierungsverantwortung von
Bündnis 90/Die Grünen war es eine. Unter der Regie-
rungsverantwortung der Union war es eine. Unter der
Regierungsverantwortung der SPD waren es sechs und
unter der Regierungsverantwortung der FDP waren es
ebenfalls sechs Ministererlaubnisse. Ich finde es daher
etwas pharisäerhaft, wenn Sie sich jetzt auf eine Minis-
tererlaubnis konzentrieren und damit nicht nur uns im
Parlament, sondern auch die Zuhörerinnen und Zuhörer
auf einen falschen Weg schicken wollen.

Ich glaube, dass die Ministererlaubnis nicht in dieses
Gesetz gehört. Ich bin nicht der Einzige, der dieser Mei-
nung ist. Jemand hat einmal gesagt, Kartelle seien
Feinde der Verbraucher. Er hat jahrelang für ein Wettbe-
werbsrecht gekämpft und hat in diesem Parlament – da-
mals noch in Bonn – das Grundgesetz der Marktwirt-
schaft gegen den Widerstand aus allen Fraktionen auf
den Weg gebracht. Es handelt sich um Ludwig Erhard.
Er hat vieles gewollt, aber mit Sicherheit nicht das Kon-
strukt einer Ministererlaubnis; denn er wusste, unter
welchem Druck dann der Wirtschaftsminister steht.

Die Macht eines Wirtschaftsministers lässt sich nicht
davon ableiten, dass dieses Unikum der Ministererlaub-
nis in seinem Verantwortungsbereich liegt. Die Macht
eines Wirtschaftsministers leitet sich nach Meinung der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen davon ab, ob er in der
Lage ist, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Insofern
halten wir es für geboten, dass die Ministererlaubnis aus
dem Kartellrecht herausgenommen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wäre absurd, in umgekehrter Weise zu verfahren,
also dem Minister die Macht zu geben, dem Kartellamt
bei der Zulassung von Fusionen die nötigen Spielräume
zu nehmen. Dazu ist schon einiges gesagt worden. Die
PDS sollte im Rahmen der Ausschussberatung darüber
nachdenken, ob es nicht besser wäre, sich auf die Strei-
chung der Ministererlaubnis zu konzentrieren. Das wäre
ordnungspolitisch der richtige Schritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Parlamentarische Staatssekretär Schauerte hat
heute Morgen hier gesagt, dass sich Politikerinnen und
Politiker zu laufenden Verfahren wie etwa der Fusion

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(C (D on Springer mit Pro Sieben/Sat 1 nicht vorlaut äußern ollen. Herr Kollege Schauerte, ich glaube, da haben Sie ich auf Glatteis begeben. Im Dezember fanden in Münhen die Medientage statt. Auch Michel Glos war anweend. Die Agenturen haben geschrieben, dass Michel los nicht gesagt habe, er sei gegen die Fusion, sondern ass er hoffe, dass diese Sache irgendwie an ihm vorbeiehe. Er hat aber auch durchblicken lassen, dass er urchaus bereit sei, darüber nachzudenken. Jedenfalls aren alle Experten der Meinung, dass der Wirtschaftsinister dem Springerkonzern einen Wink mit dem aunpfahl gegeben habe. Apropos „vorlaut äußern“: Es gibt eine Meldung, die esagt, dass Herr Söder, der CSU-Generalsekretär, das artellamt in dieser Angelegenheit ausdrücklich kriti iert habe. Herr Sinner, der Chef der Bayerischen Staatsanzlei, hat gesagt, wegen der Erhaltung der Arbeitslätze in München-Unterföhring solle man dem pringerkonzern diese Fusion erlauben. Es gibt auch ine entsprechende vorlaute Äußerung des bayerischen inisterpräsidenten. Sie alle sind Parteifreunde von ichel Glos. Das ist auch der Grund, warum ich so alariert bin. Diese Parteifreunde äußern sich nicht einfach o über die Fusion, sondern sie bauen einen subtilen ruck auf die Bundesregierung auf, mit dem dafür ge orgt werden soll, dass auch im Falle der Ablehnung urch das Kartellamt die Fusion von Springer mit Pro ieben/Sat 1 durchgeführt werden kann. Ich bin noch wegen eines anderen Punkts alarmiert. enn der für Medienpolitik zuständige Ministerpräsi ent von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, zu erkennen gibt, r könne sich eine solche Fusion vorstellen, dann wird ie Sache noch dramatischer. Denn das zeigt, dass es in er großen Koalition maßgebliche politische Akteure ibt, die eine solche Fusion wollen. Ich halte sie für alsch und auch für gefährlich und keineswegs für förerlich für den Medienstandort Deutschland. Die Sache wird noch dramatischer, da die Intendanten es öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Herr Schächter ür das ZDF – erkennen lassen, eine solche Fusion mahe Sinn; denn dies sei besser, als wenn ein ausländicher Investor in Deutschland an diesen Standort käme. ch will Ihnen dazu sagen: Dieses Bild von Marktwirtchaft leuchtet mir überhaupt nicht ein. Wir haben große orgen um die Binnenkonjunktur. Wir sind ein Land, das ie kein anderes auf dieser Welt vom Export und von of enen Märkten in anderen Ländern profitiert. Trotzdem ollen wir ausländischen Investoren den Zugang zum eutschen Markt verwehren. Das passt nicht zusammen nd das funktioniert auch nicht am Ende des Tages. Mir acht es Sorgen, wenn man versucht, mit der Suche ach nationalen Champions hier voranzukommen, woit ich wieder bei Eon und Ruhrgas bin. Gestern hat der Deutsche Mieterbund die Verbraucheinnen und Verbraucher darauf hingewiesen, dass die ietnebenkosten gerade im Bereich Energie bzw. Gas norm zugenommen haben. Ein Grund für diese Zuahme ist die allgemeine Steigerung der Energiepreise. ber ein wesentlicher Grund ist die Marktmacht im Matthias Berninger deutschen Energiesektor. Die vier größten Unternehmen haben 90 Prozent der Produktion und 70 Prozent des Absatzes im Energiesektor unter ihren Fittichen. Herr Kollege Lafontaine hat darauf hingewiesen, dass sie mit dieser Marktmacht unheimlich hohe Umsatzrenditen erwirtschaften wollen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erleben die Folgen dann in ihrer Mietnebenkostenabrechnung. Nun stellt sich Herr Böge gleichsam wie David gegen Goliath hin und sagt für das Kartellamt: Okay, wir haben die Schlacht um die Fusion verloren; aber wir erschweren es Eon und Ruhrgas, die Preise zu erhöhen. – Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass man über langfristige Lieferverträge den Wettbewerb noch weiter außer Kraft setzt. Ich hätte mir nun gewünscht, dass Bundeswirtschaftsminister Glos – er hatte dazu im Rahmen des Branchentreffens der Energiewirtschaft, einmal im Jahr vom „Handelsblatt“ veranstaltet, Gelegenheit – dem Chef des Kartellamts, nachdem er Eon und Ruhrgas mit seiner Untersagung das Leben schwer gemacht hat, den Rücken stärkt. Das hat der Mann nicht gemacht. Das alarmiert mich sehr. Ich glaube nämlich, Herr Kollege Schauerte, dass es einen Unterschied zwischen Ihren Oppositionsreden für mehr Wettbewerb und dem Masterplan gibt, der im Bundeswirtschaftsministerium zunächst angedacht wird. Das trifft für den Energiesektor zu. Wir werden gerade in diesem Frühjahr über die Liberalisierung der Gasmärkte zu diskutieren haben. Das trifft für den Telekommunikationssektor zu. Da hat die große Koalition – Stichworte: Breitband und weniger Wettbewerb im Bereich der Telekom – sogar schon schriftlich entsprechende Weichen gestellt. Das trifft für meine Begriffe für die Frage zu, wie der Börsengang der Bahn ablaufen soll. Das trifft für die Frage zu, ob man die völlige Liberalisierung im Postbereich etwa verschiebt, wie das die Post zumindest subtil erkennen lässt. Das trifft für die Frage zu, ob wir – mit der deutschen Präsidentschaft wird das ein Thema werden – eine stärkere Wettbewerbskontrolle auf dem EUBinnenmarkt wollen oder die Möglichkeiten der EUKommission, den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu kontrollieren, weiter einschränken wollen. In all diesen Fragen hat die große Koalition bisher die Weichen in Richtung weniger Wettbewerb gestellt. Auch deshalb soll unser Gesetzentwurf als eine Art Weckruf dazu dienen, uns darauf zu besinnen, dass ein funktionierender Wettbewerb im Sinne der Verbraucher ist. Ludwig Erhard – noch einmal – hat dazu gesagt, dass Kartelle immer mit geringerem Wohlstand zu bezahlen sind. Das konnten wir in der ehemaligen DDR beobachten. Das spüren zurzeit die Verbraucher, wenn sie ihre Mietnebenkosten betrachten. Das wird man im Telekommunikationssektor spüren, wenn der geringe Wettbewerb, der uns dort gelungen ist, gleichsam wieder zerstört wird, weil man im Breitbandbereich vielen Wettbewerbern die Möglichkeit, sicher zu investieren, nimmt, um der Magentatruppe eine entsprechende Marktmacht einzuräumen. Ich glaube, dass wir alle miteinander darüber nachdenken sollten, ob das die Binnen k t K D g I g k a s s I A N S w D K S d a u g r f h v t G d k d (C (D onjunktur wirklich fördern wird. Denn das alles bedeuet Kaufkraftentzug und gleichzeitig höhere Gewinne der artelle. Nun möchte ich, Herr Brüderle, zum Abschluss einen issens, den ich mit Ihnen habe, kurz ansprechen. Es eht um die Frage der Regulierung, um die Netzagentur. ch persönlich finde, dass es mit der Novelle zum Eneriewirtschaftsgesetz und mit der Einrichtung und Stärung der Bundesnetzagentur in einer relativ großen Kolition gelungen ist, neben dem Kartellamt eine zweite, tarke Institution zu etablieren, die für mehr Wettbewerb orgen wird. (Abg. Rainer Brüderle [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


ch bin der Meinung, dass Matthias Kurth eine sehr gute
rbeit leistet.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105300

Herr Kollege Berninger – –


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Man sollte sie nicht so pauschal diskreditieren, wie

ie das gemacht haben.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rainer Brüderle [FDP]: Kurzintervention!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105400

Ist das ein Antrag auf eine Kurzintervention?


(Rainer Brüderle [FDP]: Ja!)


Herr Kollege Brüderle, bitte schön.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1601105500

Herr Kollege Berninger, ich habe mich rechtzeitig

ährend Ihrer Rede zu einer Zwischenfrage gemeldet.
a diese nicht möglich war, nutze ich den Weg der
urzintervention.

Ich halte es für einen elementaren Widerspruch, wenn
ie einerseits sagen: „Wir wollen durch die Abschaffung
er Ministererlaubnis das Kartellamt stärken“, Sie aber
ndererseits verteidigen, dass es in Wettbewerbsfragen
nterschiedliche Instanzen nebeneinander gibt. Das hat
ar nichts mit der Arbeit des Herrn Kurth zu tun. Ich
espektiere diesen Mann. Aber es ist vom Prinzip her
alsch, in Wettbewerbsfragen für Teilmärkte Sonderbe-
örden einzurichten.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Die Logik verlangt – dann wäre Ihr Gesetzentwurf
iel glaubwürdiger – ein starkes und unabhängiges Kar-
ellamt. Sie wollen ja sogar so weit gehen, dass Sie keine
emeinwohlaspekte vorsehen. Aber Sie verteidigen,
ass bei der Eisenbahn, der Energie, der Telekommuni-
ation Sonderregelungen geschaffen wurden. Sie haben
ort sogar das Einzelweisungsrecht zugunsten eines






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle
Unternehmens mitgetragen. Das ist ja der eklatanteste
Verstoß gegen Wettbewerbsregeln, den es je nach dem
Krieg in Deutschland gab. Das macht die Sache nicht
glaubwürdig.

Ich will Ihnen noch eines sagen: Sie vertreten ja die
These, dass die Abschaffung der Ministererlaubnis das
Kartellamt und den Gedanken des Wettbewerbs stärkt.
Sie werden erleben, dass genau das, was Sie mitgetragen
haben, nämlich Sonderbehörden für einzelne Märkte zu
schaffen, dann noch zunehmen wird und dass die Gefahr
der Politisierung und der Besetzung von Führungsposi-
tionen des Kartellamts aufgrund von politischen Ge-
sichtspunkten ungleich höher im Vergleich dazu werden
wird, als wenn Sie als einen letzten „escape“ ein Instru-
ment haben, mit dem Gemeinwohlaspekte und andere
übergeordnete Aspekte miteinbezogen werden können.
Das ist der bessere Weg, als eine weitere Zersplitterung
und Aushöhlung des Kartellamts durch Sonderbehörden
und durch eine weitergehende Politisierung bei der Aus-
wahl von Entscheidungsträgern zu betreiben. Es gibt
viele, die parteipolitisch verdienstvoll sind und die als
Kandidaten für entsprechende Posten infrage kommen.


(Beifall bei der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Viele Liberale sind da! – Klaus Barthel [SPD]: Das ist aber eine 180-Grad-Kehre!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105600

Herr Kollege Berninger, zur Erwiderung, bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Brüderle, zunächst einmal möchte ich
darauf hinweisen, dass die Grundstruktur der Netzagen-
tur im Zuge der Liberalisierung des Telekommunika-
tionsmarktes von der FDP federführend vorangetrieben
worden ist. Das war in der fern zurückliegenden Zeit, als
Sie noch die Wirtschaftsminister in diesem Land gestellt
haben. Ich glaube, dass es eine Reihe von netzgebunde-
nen Industrien gibt, die als Monopole oder Oligopole or-
ganisiert sind. Diese netzgebundenen Industrien lassen
sich nach meinem Dafürhalten nur in eine Marktwirt-
schaft überführen, wenn man für die Details solche
Schiedsrichter hat, wie Matthias Kurth einer ist. Ich
glaube, dass das Kartellamt damit überfordert wäre, die
Zugangsregelungen bei Gas im Detail auszuhandeln, im
Detail auszuhandeln, wie der Strommarkt funktionieren
soll, oder im Detail die Wettbewerbsregeln bei der Bahn
auszuhandeln. Die Netzagentur – sie hat im Telekommu-
nikationsbereich eine Reihe von für unterschiedliche
Unternehmen unangenehmen Entscheidungen gefällt –
wird dagegen eine wichtige Rolle zu spielen haben.

Insofern glaube ich, dass es in Bezug auf den Wettbe-
werb eine vernünftige Position ist, das Kartellamt da-
durch zu stärken, dass die Ministererlaubnis, die ja ein
Druckmittel ist, wegfällt. Es gibt als Kontrollinstanz die
Gerichte; man kann beispielsweise eine Entscheidung
vor Gericht anfechten. Darüber hinaus ist es nötig, dass
wir mit der Netzagentur eine Instanz haben, die die netz-
gebundenen Industrien auf dem Weg zu mehr Wettbe-
werb, auf dem Weg in die Marktwirtschaft hilfreich un-

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(C (D erstützt, sprich: denen auf die Füße tritt, wenn sie bei etails nicht vorankommen. Dass die Gaswirtschaft es innerhalb von fünf Monaen nicht geschafft hat, das, was das Parlament mit groer Mehrheit beschlossen hat, mehr Wettbewerb auf dem assektor, in eine vernünftige, praktikable Form zu berführen, dass sie nach fünf Monaten sagt: „Tut uns eid; haben wir nicht geschafft“, ist ein weiterer Beleg afür, wie nötig diese Netzagentur ist. In der Tat würde ich Ihnen darin zustimmen, dass die eue Bundesregierung bei der Suche nach einem Nacholger für Herrn Kurth – sollte er denn wechseln – natürich eine hohe Verantwortung hat. Wir brauchen Persoen wie Herrn Kurth und Herrn Böge, die das Kreuz aben, gegen breiten Widerstand und teilweise gegen en Widerstand der veröffentlichten Meinung für Wettewerb einzustehen. Diese Verantwortung kann man ber keiner Regierung abnehmen. Vielmehr müssen sich er jeweilige Minister und das Kabinett dieser Aufgabe it Vernunft stellen. Ohne diese Personen – das stimmt ich optimistisch – würde es aber jede Regierung sehr chwer haben. Das Wort hat jetzt der Kollege Albert Rupprecht von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! err Lafontaine, Sie haben ja auf dem Parteitag der Linen mit großer Leidenschaft die Initiative zur Abschafung der Ministererlaubnis angekündigt. Sie haben weier gesagt: Die Ministererlaubnis zu verbieten, das wird in wirkliches Vergnügen. Gemessen daran war Ihre ede heute erstaunlich sachlich. Unsere Aufgabe ist es, ute und sachliche Politik zu machen und nicht Bewähres abzuschaffen, weil das für einen ein Vergnügen oder in Jux wäre. Der vorliegende Antrag der Fraktion der inken ist erstens in der Argumentation unlogisch; er ist weitens zutiefst undemokratisch und drittens dreschen ie nach außen auf die Ministererlaubnis ein, meinen in irklichkeit aber Springer. Der Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen, der estern noch kurzfristig – und, wie ich glaube, halbherig – mit ähnlicher Zielrichtung nachgeschoben wurde, st in der Sache ebenso unvernünftig. Sie haben letztendich einen Trittbrettfahrerantrag eingereicht, weil Sie als pposition wahrgenommen werden wollen und wissen, ass das Thema in den nächsten Wochen sehr intensiv ehandelt werden wird. Sie wollten zudem Lafontaine icht allein die Show abziehen lassen. Der Gesetzenturf ist unglaubwürdig: Dieselben Personen, die noch or wenigen Wochen als Kabinettsmitglieder die Minisererlaubnis verteidigt haben, wollen sie nach wenigen ochen in der Opposition streichen und abschaffen. Es gibt eine klare und bewährte Aufgabenteilung: as Bundeskartellamt auf der einen Seite prüft streng Albert Rupprecht und mit hoher fachlicher Kompetenz ausschließlich die wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen einer Fusion. Der Wirtschaftsminister auf der anderen Seite prüft hingegen, wenn ein Antrag eingereicht wird, das übergeordnete, allgemeine Interesse an einer Fusion. Wir, die demokratisch gewählten Vertreter des Volkes, haben die Aufgabe, diese Entscheidung hier im Parlament zu debattieren und die Regierung zu kontrollieren. Ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso Sie dieses demokratische Verfahren abschaffen wollen. Wer soll denn dann prüfen, ob das Interesse der Allgemeinheit, das Gemeinwohl gewahrt wird? (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist die zentrale Frage!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1601105800




(A) )


(B) )


Soll dies in Zukunft eine außen stehende Kommission
machen? Nicht eine Kommission hat letzten Endes über
Verlust und Sicherheit von Arbeitsplätzen, über die wirt-
schaftliche Gefährdung einer ganzen Region zu ent-
scheiden, sondern wir, die gewählten Vertreter des Vol-
kes, und die von uns getragene, aber auch kontrollierte
Regierung.

Die Ministererlaubnis hat sich bewährt. Das Verfah-
ren wurde 1973 eingeführt und seither nur in absoluten
Ausnahmefällen angewandt. In diesen 33 Jahren gab es
Tausende Fusionen, aber nur 18 Anträge auf eine Minis-
tererlaubnis, von denen lediglich sieben genehmigt wur-
den. Das heißt, dass im Schnitt alle fünf Jahre eine
Genehmigung erteilt wurde und diese oft nur mit erheb-
lichen Auflagen. Das Prüfverfahren ist zudem transpa-
rent und ordentlich. Eine Erlaubnis muss ausführlich be-
gründet werden. Nicht zuletzt – wie es sich in einem
Rechtsstaat gehört – kann gegen das Ergebnis auch ge-
klagt werden.

Jetzt kommen wir zum eigentlichen Kern der Angele-
genheit. Ich glaube, der Linken geht es in Wirklichkeit
gar nicht um die Ministererlaubnis, sondern um
Springer. Die wettbewerbsrechtliche Diskussion über
das Für und Wider der Fusion von Springer und Sat 1 ist
die eine Frage. Das Bundeskartellamt prüft hier mit ho-
her fachlicher Kompetenz. Das Ergebnis werden wir
voraussichtlich nächste Woche erfahren. Wer die Dis-
kussion verfolgt hat, hat gesehen, welch starke Stellung
das Kartellamt hierbei einnimmt. Ich glaube, mehr müs-
sen wir heute an dieser Stelle zu diesem Sachverhalt
nicht sagen.

Eine völlig andere Frage ist aber, ob das demokrati-
sche Verfahren der Ministererlaubnis beibehalten wer-
den soll oder nicht. Frau Jochimsen von der Linken
schrieb am 2. Januar in der Zeitung „Neues Deutsch-
land“ sinngemäß, das Instrument der Ministererlaubnis
müsse jetzt abgeschafft werden, weil es sein könne, dass
die Fusion von Springer und Sat 1 durch eine Ministerer-
laubnis genehmigt werde. Sehr geehrte Damen und Her-
ren, was ist das für eine Logik? Das ist, als wollten Sie
alle Autos verbieten, weil Ihnen das Reiseziel nicht ge-
fällt. Die Argumentation ist in sich unlogisch, schlicht-
weg irrational und vor allem zutiefst ideologisch. Der
wahre Kern ist, dass Sie über die Phase „Enteignet
Springer“ immer noch nicht hinausgekommen sind.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Bodo Ramelow [DIE LINKE])


ufwachen! Wir leben nicht mehr im Jahr 1968. Wir le-
en im Jahr 2006.

Wir von der CSU und der CDU verstehen uns ganz
indeutig in der Tradition von Ludwig Erhard. Die so-
iale Marktwirtschaft lebt von einem funktionierenden
ettbewerb, der die Bürger schützt und den Wohlstand
ehrt. Deswegen haben wir, die Unionsfraktion, uns ins-

esondere in der letzten Wahlperiode bei der Novelle des
WB intensiv engagiert und darauf gedrängt, dass die
ücken geschlossen werden.

Deswegen haben wir die Liberalisierung im Bereich
trom und Energie während der Ära Kohl ins Leben ge-
ufen und in den vergangenen Jahren nachhaltig forciert.
s ist keine Frage, dass beispielsweise auf dem Energie-
arkt noch erheblich nachgebessert werden muss. Sie
erden sehen, dass Wirtschaftsminister Glos das tun
ird. Er wird sich als wahrer Enkel von Ludwig Erhard

n den Geschichtsbüchern verewigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der LINKEN)


ie wissen ja, Ludwig Erhard war Franke. Michael Glos
st auch Franke. Die Franken saugen die soziale Markt-
irtschaft sozusagen schon mit der Muttermilch oder
it Frankenwein in sich auf.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist kein Beweis für die geografische Herkunft!)


Lassen Sie mich zusammenfassen: Das Instrument
er Ministererlaubnis hat sich bewährt. Es ist zudem ein
utiefst politisch-demokratisches Instrument. Ihr Antrag
ielt in eine andere, in eine falsche Richtung. Sie wollen
emokratische Instrumente durch Kommissionen erset-
en. Ihr Antrag ist letztlich zutiefst ideologisch moti-
iert. Sie träumen noch heute von der Zeit der außerpar-
amentarischen Opposition. Sehr geehrte Damen und
erren der Linken, Sie sind in diesem Parlament geistig
och nicht angekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der LINKEN – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Das stimmt sogar auf eine andere Art und Weise!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601105900

Das Wort hat jetzt der Kollege Jörg Tauss von der

PD-Fraktion.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Wehe, einer macht einen Zwischenruf!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601106000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

usste gar nicht, dass Ludwig Erhard in Prichsenstadt
ei Schweinfurt Verwandte hatte. Aber man lernt ja nicht
us.

Wir unterhalten uns natürlich in der Tat heute ein
tück weit über die Fusion von Springer mit Pro Sieben
nd Sat.1. Völlig ungeachtet des populistischen und






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
inhaltsleeren Charakters des Antrags der PDS ist es na-
türlich schon ein medienpolitisches und wettbewerbs-
rechtliches Thema, das jenseits von Ideologie angesie-
delt werden kann.

Lieber Kollege Brüderle, bei Ihnen wundere ich mich
immer. Ich meine, das ist bei euch Liberalen so: Jeder
kann jeden Tag etwas Neues erzählen; das kennzeichnet
die Liberalität, aber nicht unbedingt die politische Serio-
sität. Sie waren übrigens derjenige, der zu Ihrer Regie-
rungszeit die Regulierungsbehörde eingeführt hat. Zu
der Zeit gab es, wenn ich mich recht erinnere, einen
FDP-Wirtschaftsminister. Sie haben sie über Jahre hin-
weg vehement verteidigt.


(Rainer Brüderle [FDP]: Ich? Nie! Sie müssen überlegen, nicht schwadronieren!)


Ich finde, es war eine gute Entscheidung. Die Regulie-
rungsbehörde leistet gute Arbeit. Also tun Sie heute
nicht ganz so ablehnend.

Herr Kollege Berninger – ich will noch einmal auf Sie
zurückkommen – hat Recht: In Wahrheit geht es heute
um die Fusion von Springer mit Pro Sieben und Sat.1.
Hierzu wurden von Ihnen, lieber Kollege Berninger, ei-
nige Unterstellungen gemacht. Von dem, was von links
gekommen ist, möchte ich gar nicht sprechen.

Zu dem, was Kurt Beck gesagt hat, möchte ich erwi-
dern: Es ist nicht wahr, dass hier irgendetwas vorbereitet
wäre. Ich habe übrigens nicht mit Jürgen Peters telefo-
niert. Ich habe, um mich hier zu vergewissern, mit der
Staatskanzlei in Mainz telefoniert – lieber Kollege
Brüderle, das müsste Ihnen doch nahe liegen –, von der
auch noch einmal bekräftigt worden ist, dass das Verfah-
ren abgewartet werden muss. Wir sind in einem laufen-
den Verfahren. Wir haben dieses Verfahren noch nicht
abgeschlossen. Das ist die Logik des Vorgangs.

In der Sache ist sich die SPD völlig einig. Wir müssen
mit dem Koalitionspartner darüber sprechen. Wir halten
eine Ministererlaubnis, so wie sie angekündigt worden
ist, für nicht ganz unproblematisch. Das werden wir in
aller Freundschaft in der Koalition austragen. Aber in
der Tat, im Moment sind wir gar nicht die Handelnden.
Handelnder ist das Kartellamt, das jetzt zu prüfen hat, ob
eine Meinungsmacht im Medienbereich entsteht und ob
Meinungsvielfalt beeinträchtigt wird. Wir Medienpoliti-
ker in der SPD haben klar gesagt: Wir sehen diese Ge-
fahr.

Aus diesem Grunde sehen wir es auch als relativ pro-
blematisch an, dass ein Teil der Länder nun eine Diskus-
sion darüber beginnt, die Entscheidung der KEK aufzu-
heben. Ich glaube, die KEK – die Kommission zur
Wahrung der Medienvielfalt und zur Verhinderung von
Konzentrationsprozessen im Medienbereich – hat hier
eine sehr gute, interessante und abgewogene Stellung-
nahme abgegeben. Ich würde es bedauern, wenn dies
jetzt in einem landespolitischen Hickhack möglicher-
weise unterginge.

Das Problem der Medien, das Sie berechtigterweise
angesprochen haben, lieber Kollege Berninger, wird mit
Ihrem Antrag nicht gelöst. Wir werden uns wahrschein-

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(C (D ich im Bundestag im Laufe der nächsten Jahre darüber nterhalten müssen, ob wir insgesamt ein völlig neues edienkonzentrationsrecht brauchen. Das geht bis hin u den Fragen der Pressefusion, für die es in der letzten egislaturperiode keine Zeit mehr gab. Darüber müssen ir übrigens auch im europäischen Bereich reden. Wir aben eine europäische Regelung. Aber ob die im Zuammenhang mit der Übernahme von Fernsehen durch ressehäuser, wie es hier beabsichtigt ist, noch reicht, ist weifelhaft. Das ist medienpolitisch höchst problemaisch. Die Vorschläge der Linkspartei und der Grünen stelen allerdings keine Lösung dieses Problems dar. Das, as Sie vorschlagen, würde dazu führen, dass wir das nteresse der Allgemeinheit – Kollege Rupprecht hat arauf hingewiesen – nicht mehr vertreten könnten. Das st der Kern dessen, was Sie angreifen. Kollege Brüderle, da Sie mich auf meine Vergangeneit bei der IG Metall angesprochen haben, sage ich Ihen: Ich brauche mich für keine Stunde zu schämen, in er ich – zum Teil gegen Ihre Klientel – die Arbeitneherinteressen in diesem Lande vertreten habe. Ich be aure keine Stunde, in der ich mich dafür eingesetzt abe. Als es in Baden-Württemberg beispielsweise zu einer rise der Maschinenbauindustrie gekommen war und as Kartellamt Fusionen untersagte, standen übrigens uch liberale Abgeordnete bei uns auf der Matte. Es urde demonstriert, die Beschäftigten und der gesamte ittelstand sind aufgestanden und haben gesagt: Wenn iese Fusion verhindert wird, gehen in einem bedeutenen Konzern der Maschinenbauindustrie Tausende von rbeitsplätzen verloren. Damals haben wir gemeinsam eine Ministererlaubnis efordert. Aber Herr Kollege Maurer – jetzt ist er nicht ehr da – erinnert sich wenig an das, was in der Vergan enheit in Baden-Württemberg geschehen ist, und an eine eigene politische Vergangenheit schon gar nicht. as ist die Heuchelei, die ich Ihnen vorwerfe: Damals aben Sie eine Ministererlaubnis gefordert und heute tun ie so, als sei die Ministererlaubnis von Übel. Das disualifiziert Ihren Gesetzentwurf in einer Form, dass man hn nicht näher betrachten muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns mit er Frage der Medienvielfalt beschäftigen. Wir werden as Verfahren abwarten und im Falle eines ablehnenden escheids des Kartellamtes, den wir erwarten – als Soialdemokrat sage ich: wir erhoffen ihn uns auch – sehr orgfältig überlegen, wie in Zukunft zu verfahren ist. arüber werden wir dann diskutieren müssen. Diese rage ist in der gesamten Koalition zu klären und nicht ur in einem Ministerbüro. Das ist selbstverständlich; enn wir sind eine Koalition. Wir werden die Medienielfalt, die Pressefreiheit und die Meinungsvielfalt ochhalten. Von diesem Vorhaben und von nichts andeem lassen wir uns leiten, schon gar nicht von irgendwelhen ablenkenden Scheingesetzentwürfen. Ich bedanke mich. Jörg Tauss (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601106100

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

Oskar Lafontaine das Wort.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh nein! – Auch das noch!)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601106200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin

mehrfach angesprochen worden. Zunächst möchte ich
dem Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion entgegnen,
der das Wort „Vergnügen“ zitiert hat. Das Wort „Vergnü-
gen“ war nicht auf den Sachverhalt selbst gemünzt, son-
dern auf meine Aussage, dass ich mit Spannung erwarte,
wie sich die Parteien der Marktwirtschaft zu diesem
Sachverhalt äußern werden. Denn das bereitet Vergnü-
gen. Das wollte ich nur erläutern.

Zum Zweiten. Wenn ein Minister in der jetzigen
marktwirtschaftlichen Situation, in der sich die Bundes-
republik Deutschland befindet, das Recht erhalten soll,
Fusionen zu untersagen, ist das kein Rückfall in die
DDR-Wirtschaft. Er kann ja nur den Zusammenschluss
untersagen, den das Kartellamt zuvor genehmigt hat; so
steht es im Gesetzentwurf. Die Schlussfolgerung einiger
Redner, dass dies ein Rückfall in die Staatswirtschaft sei,
kann ich logisch nicht nachvollziehen. Aber vielleicht
argumentieren wir ja mit einer unterschiedlichen Logik.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh ja, das ist wahr!)


Nun zum persönlichen Teil. Mehrfach wurde darauf
hingewiesen, dass ich in der Zeit, in der ich nicht dem
Parlament angehörte und kein Regierungsamt hatte, ei-
nen Kolumnistenvertrag im Hause Springer hatte. Daran
könne man, so ein Vertreter der SPD, meine Unglaub-
würdigkeit erkennen


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


– ein besonders qualifizierter Abgeordneter der SPD
klatscht gerade sehr laut –;


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, wo war das denn? – Heiterkeit des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


denn jemand, der von einem Verlag ein Honorar empfan-
gen hat,


(Jörg Tauss [SPD]: Für eine gute Gegenleistung! 5 000 Euro im Monat!)


dürfe sich nicht mehr zum Thema Medienkonzentration
äußern.

Um die Kollegen von der SPD-Fraktion aufzuklären
– aus Zeitgründen kann ich nicht die ganze Latte der
SPD-Mitglieder aufzählen, die früher Honorare vom
Springer-Verlag bekommen haben –, erwähne ich nur
meinen Ziehvater, Willy Brandt, der dort Teile seiner
Biografie veröffentlicht hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber ohne Gegenleistung!)


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(C (D ielleicht kapiert sogar Herr Tauss, dass man Herrn randt deshalb nicht hätte verbieten können, sich zum hema Medienkonzentration zu äußern. Sie sollten sich ieber etwas mäßigen bzw. sich etwas mehr in Scham zuückhalten, Herr Tauss. Ich glaube, niemand ist so direkt angesprochen wor en, dass ich das Wort zur Erwiderung erteilen muss. ber wenn sich Herr Tauss aufgefordert fühlt, bitte chön. Gut. (Rainer Brüderle [FDP]: Jetzt schämt er sich! Tauss schämt sich!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601106300

(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)


Dann kommen wir zum nächsten Redner, dem Kolle-
en Martin Zeil von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1601106400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
inistererlaubnis ist in der Tat ein starker Eingriff in

ie Entscheidung der unabhängigen Hüter des Wettbe-
erbs. Deshalb hat sie nach dem Gesetzeszweck aus gu-

em Grunde auch absoluten Ausnahmecharakter.

Seit der Entscheidung über die Fusion von Eon und
uhrgas unter Rot-Grün, aber auch angesichts der aktu-
llen Debatte über Pro Sieben/Sat.1 stellt sich verstärkt
ie Frage nach dem richtigen Gebrauch der Ministerer-
aubnis. Eines ist ja festzustellen: In beiden Bereichen
Energiewirtschaft und Medien – haben wir in Deutsch-

and eindeutig zu wenig Wettbewerb und nicht zu viel.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Gerade das Beispiel Eon Ruhrgas zeigt zudem: Die
amalige und auch die jüngste Haltung des Kartellamts
ezüglich der marktbeherrschenden Stellung bei Gas
nd Strom ist richtig und die damalige Ministererlaubnis
ar ein Fehler. Wettbewerb war in der damaligen Regie-

ung offenbar nur eine Frage, wann wer auf welchen
osten bei den verfahrensbeteiligten Unternehmen
echselt.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Mensch, hör auf mit diesen saublöden Verleumdungen! Es gab eine gerichtliche Überprüfung!)


Herr Kollege Stiegler, auch Sie sollten erst denken und
ann reden. Sonst gibt es wieder eine Fehlleitung bei Ih-
en Gedankenblitzen.


(Beifall bei der FDP)


Es wäre gut gewesen, wenn die Grünen schon damals
n der Regierung so kritisch gewesen wären, wie sie es
etzt bei ihrem Gesetzentwurf sind. Herr Kollege
erninger, es kommt nicht auf die Anzahl der Minister-






(A) )



(B)


Martin Zeil
erlaubnisse an, sondern darauf, ob eine solche falsch war
oder richtig.


(Heiterkeit des Abg. Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir brauchen dringend eine Stärkung des Bundeskar-
tellamts als unabhängiger Instanz und keine Schwä-
chung, wie sie es wäre, wenn wir dem Vorschlag der
Fraktion der Linken folgen würden.


(Beifall bei der FDP)


Auf die inneren Widersprüche dieses Vorschlags ist ja
schon eingegangen worden. Eine Parallelprüfung im
Ministerium würde zusätzliche Kosten bedeuten. Die
Folge wäre noch mehr Bürokratie, also genau das Ge-
genteil von dem, was wir zur wirtschaftlichen Belebung
brauchen.

Wettbewerbspolitik ist das ordnungspolitische Herz-
stück einer Politik der sozialen Marktwirtschaft. Davon
ist bei der neuen Koalition aus unserer Sicht noch viel zu
wenig zu spüren. Sie will vielmehr das Sündenregister
der Vorgängerregierung auf diesem Gebiet – von Eon
Ruhrgas über die Verlängerung des Briefmonopols bis
zum Verzicht auf die Trennung von Netz und Betrieb bei
der Bahn – offenbar noch verlängern, indem sie die Tele-
kom beim Breitbandnetz vor Wettbewerb schützen will.
Wir halten dies für das Gegenteil von Wettbewerbspoli-
tik. Es ist auch das Gegenteil von Marktwirtschaft.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun haben einige Kollegen viel über Ludwig Erhard
gesprochen. Ein Kollege von der CSU hat auch schon
die Enkel von Ludwig Erhard genannt. Herr Stoiber
wollte auch auf diesem Stuhl Platz nehmen. Zum Glück
ist ihm rechtzeitig eingefallen, dass er einem Vergleich
nicht standgehalten hätte.


(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wer ausgerechnet vor einer Entscheidung des Kartellam-
tes mit der Ministererlaubnis winkt, wie dies Herr Glos
und Herr Stoiber in diesen Tagen getan haben, begeht
nicht nur eine ordnungspolitische Sünde ersten Ranges,
sondern er schwächt die unabhängigen Hüter des Wett-
bewerbs.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Lothar Bisky [DIE LINKE])


Nun ist Herrn Glos das Ministeramt ja im Zuge der
Selbstfindung seines Parteivorsitzenden auch zu seiner
eigenen Überraschung zugefallen. Aber er ist nun das
ordnungspolitische Gewissen dieser Regierung und ich
erwarte von ihm, dass er auch entsprechend agiert und
nicht so defensiv wie bei den aktuellen Auseinanderset-
zungen um die richtige Energiepolitik und die drohende
Zweckentfremdung der ERP-Mittel.

Wir Liberale glauben an das Gute im Menschen.


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])


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(C (D ir glauben deshalb auch, dass sich die ordnungspolitichen Kräfte des Ministers Glos noch entfesseln lassen. ier hätte er die Chance, dem Erbe eines Ludwig rhard, aber auch eines Graf Lambsdorff wirklich ge echt zu werden. Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Wir müssen in eutschland, aber auch in Europa wieder stärker der raft des Wettbewerbs vertrauen. So können wir mehr ür Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit tun, als dies in kurzatmiges Konjunkturprogramm jemals vermag. Herzlichen Dank. Kollege Martin Zeil, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ers en Rede im Deutschen Bundestag im Namen des Haues sehr herzlich. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Michael Fuchs von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ch eben Oskar Lafontaine zugehört habe, bin ich fast om Glauben abgefallen. Ausgerechnet er spricht von ressefreiheit! Er hat in meinen Augen nun wirklich icht das Recht, sich zu diesem Thema so zu äußern. Ich itiere aus einem Artikel der „Neuen Osnabrücker Zeiung“, der zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai 2005 erchienen ist: Als Reaktion auf die Berichterstattung einiger Journalisten über sein privates Verhalten (Bezug einer Pension und Kontakte zum Rotlichtmilieu)


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601106500

(Beifall)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601106600
der Ministerpräsident des Saarlandes, Oskar
Lafontaine, 1994 eine Änderung des Pressegesetzes
für das Saarland durch, das restriktivste Landes-
pressegesetz der Republik, um Kritik an seiner Re-
gierung zu unterbinden.

Ich denke, Sie haben nicht das Recht, in diesem Ho-
en Hause über Pressefreiheit zu sprechen, wenn Sie so
it der Presse umgehen, wie Sie es getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ch kann natürlich verstehen, dass Sie verärgert sind und
ut haben. Als Sie im Jahr 2000 versucht haben, Mit-

lied im Aufsichtsrat der „Saarbrücker Zeitung“ zu wer-
en, hat Dieter von Holtzbrinck geantwortet, einen
afontaine, der mit der Pressefreiheit so umgehe, könne
an in einem solchen Gremium nicht gebrauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

)






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601106700

Herr Kollege Fuchs, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Lafontaine?


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601106800

Die kann er gerne stellen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601106900

Bitte schön.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601107000

Herr Kollege Fuchs, wissen Sie, dass der einzige Re-

gelungsgehalt des Gesetzes, das Sie erwähnt haben, das
Gegendarstellungsrecht war mit der Maßgabe, dass die
Gegendarstellung an der Stelle erscheinen muss, an der
der Artikel, auf den sie sich bezieht, erschienen ist?
Wenn Sie das als Eingriff in die Pressefreiheit werten,
haben Sie übersehen, dass das mittlerweile in der Bun-
desrepublik allgemein geltendes Recht ist. Darüber will
ich Sie nur aufklären.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601107100

Das ist nicht der Fall. Der Ministerpräsident des Saar-

landes Müller hat 1999 kurz nach seiner Regierungs-
übernahme diesen Passus aus dem Landespressegesetz
gestrichen; das sollten Sie wissen. Ein CDU-Minister-
präsident hält etwas von Pressefreiheit, die bei Ihnen
nicht großgeschrieben wird.


(Lachen bei der LINKEN)


Lassen Sie mich zum Thema Ministererlaubnis zu-
rückkommen. Ich halte den Umgang der verschiedenen
Regierungen mit der Ministererlaubnis für sehr vernünf-
tig und sehr restriktiv. Das Bundeskartellamt hat in
159 Fällen Zusammenschlüsse untersagt. In nur sieben
Fällen wurde die Entscheidung mit einer Ministererlaub-
nis aufgehoben. Das entspricht noch nicht einmal einem
Fall pro Legislaturperiode. Eine Ministererlaubnis
wurde durchschnittlich also bei jedem 23. Fall ausge-
sprochen. Das zeigt, dass alle Wirtschaftsminister seit
1973 mit diesem Instrument sehr vorsichtig umgegangen
sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Kollege Schauerte hat eben erwähnt, dass es nur
in einem Fall ein gewisses Geschmäckle, wie man in Ba-
den sagt, gegeben hat, nämlich als die handelnden Perso-
nen anschließend in das betreffende Unternehmen ge-
wechselt sind. Das sollte man nicht machen. Wir haben
auch in anderen Zusammenhängen erlebt – das hängt al-
les mit Gas zusammen –, dass in dem einen oder anderen
Fall Personen in solche Unternehmen gewechselt sind
bzw. wechseln.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)


Grundsätzlich ist die Ministererlaubnis ein wichtiges
Instrument; denn es kann natürlich Situationen geben
– darüber sind wir uns im Klaren; Kollege Lange hatte

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(C (D as eben erwähnt –, in denen es aus übergeordneten ründen erforderlich sein mag, dass man von der Beur eilung des Kartellamtes abweicht. Das Bundeskartellamt prüft in seiner Arbeit auschließlich nach wettbewerbsrechtlichen Gedanken und at nicht die Gesamtlage in seine Überlegungen einzubeiehen. Das halte ich auch für richtig. Das Kartellamt ist a nur deswegen unabhängig, weil die übergeordneten edanken durch das Kartellamt nicht geprüft werden. ürden sie mit geprüft, dann würde der politische ruck durch uns alle auf das Kartellamt wahrscheinlich iel zu hoch werden. Deswegen halte ich die jetzige Reelung für sinnvoll. Es ist nötig, dass das Kartellamt alle erfahren so unabhängig wie irgend möglich prüft. Die Erteilung einer Ministererlaubnis wird von der ffentlichkeit sehr genau beobachtet und durch die resse begleitet. Herr Lafontaine hat hier Gott sei Dank ichts zu sagen, sodass er das nicht verhindern kann. Meine Damen und Herren, ich finde, die Legitimation er Ministererlaubnis ist auch deswegen richtig, weil sie iner gerichtlichen Überprüfung standhalten muss. Der inister wird sich schon hüten, vor Gericht eine Nieder age zu erleiden. Ich halte das für richtig. Verehrter Herr Berninger, die Fraktion der Grünen erlangt nun die Abschaffung der Ministererlaubnis. Da rage ich mich nur: Wie weltfremd sind Sie eigentlich? m Zuge der 7. GWB-Novelle im letzten Jahr wollte Ihre egierung den Rechtsschutz gegen die Ministererlaubnis ingrenzen. Nun sitzen Sie frisch in der Opposition und eden eine völlig andere Sprache. Hätten Sie Ihrem Buneswirtschaftsminister Wolfgang Clement damals geagt, dass er bei dem Verfahren Eon und Ruhrgas etwas nders hätte vorgehen können, und hätten Sie die Inhalte twas mehr kritisiert, dann wäre das sicherlich richtig ewesen. Herr Kollege Fuchs, der Kollege Berninger hat sich u einer Zwischenfrage gemeldet. Lassen Sie mich diesen Gedanken zu Ende führen. Er ann sie gleich stellen. Es war immerhin Ihr damaliger Außenminister ischer, der die finnische Regierung in Helsinki unter ruck setzte, damit der letzte übrig gebliebene Kläger egen den Eon-Ruhrgas-Deal – das war die finnische irma Fortune – seine Beschwerde zurückzieht. en haben Sie heute aber auch nicht mehr so lieb. Insoern ist das ja nun auch nicht mehr so schlimm. Herr Berninger. Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601107200
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601107300

(Rainer Brüderle [FDP]: Hört! Hört!)

Herr Kollege Fuchs, ich möchte darauf hinweisen,

ass wir zwei Legislaturperioden davor, als wir noch in






(A) )



(B) )


Matthias Berninger
der Opposition waren, bereits die Abschaffung der Mi-
nistererlaubnis gefordert hatten. Mit unserer Wettbe-
werbsposition konnten wir uns in der Koalition mit der
SPD aber nicht durchsetzen. Deswegen würde mich inte-
ressieren, wie es dazu gekommen ist, dass Sie als Teil
der Koalition nun die Reichensteuer für die Union ver-
treten. Auch das scheint mir ja ein Teil der Kompromiss-
findung gewesen zu sein. Insofern wissen Sie, wie wir
uns damals bei der Fusion von Eon und Ruhrgas gefühlt
haben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1601107400

Verehrter Herr Berninger, ich darf Ihnen nur sagen,

dass Sie im Rahmen der 7. GWB-Novelle in der letzten
Legislaturperiode genau das Gegenteil von dem gefor-
dert haben, was Sie heute fordern. Das ist ja noch eine
Qualität höher und das sollten wir nicht wegreden.

Die Fraktion der Linken verlangt nun sogar die Ab-
schaffung der Ministererlaubnis und will dann die Bun-
desregierung ermächtigen, Fusionen zu verbieten. Das
nenne ich einen Abschied von der EU-Harmonisierung.
Wir kommen dann wieder zu nationalen Alleingängen.
Sie glauben, man könne die Globalisierung zurückdre-
hen. Für mich ist Ihre Methode sozusagen ein Morgen-
thau-Plan 50 Jahre später.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Jetzt übertreiben Sie aber!)


Sie beweisen damit nur, dass Sie von weltwirtschaftli-
chen Zusammenhängen überhaupt nichts verstehen. Ich
halte es für unverantwortlich, durch solche Anträge die
Ängste der Bevölkerung zu schüren, dass die Zusam-
menschlüsse dazu führen, dass Arbeitsplätze wegbre-
chen etc. Genau das versuchen Sie damit. Ich bin dage-
gen, dass wir den alles kontrollierenden Staat mit Ihren
Methoden schaffen.

Meiner Meinung nach sind die Ministererlaubnisse
notwendig. Aus übergeordneten Gründen müssen wir
gesamtwirtschaftlich entscheiden können. Deswegen
sollte das Instrument auch so erhalten bleiben und wei-
terhin so restriktiv angewendet werden, wie das alle Mi-
nister bisher getan haben. Ich bin überzeugt davon, dass
der Bundesminister für Wirtschaft dies genauso handha-
ben wird. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601107500

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich dem Kollegen Rainer Wend von der SPD-
Fraktion das Wort.


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1601107600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss

meine Rede in zwei Teile unterteilen. Zunächst werde
ich mich mit einigen wenigen polemischen Auseinander-
setzungen beschäftigen. In einem zweiten Teil würde ich

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(C (D erne noch etwas zur sachlichen Substanz der Debatte agen. Herr Staatssekretär Schauerte, ich nehme an, Sie haen für die Regierung gesprochen. Sie haben erklärt, ass die Fusion von Eon und Ruhrgas nicht richtig geesen sei. Es überrascht mich als wirtschaftspolitischem precher der SPD-Fraktion, dass sich die Bundesregieung zu diesem Sachverhalt eine solche Meinung gebilet haben soll. Des Weiteren haben Sie erklärt, dass es nicht in Ordung ist, dass ein Ehemaliger, der mit dem Sachverhalt eschäftigt gewesen ist, eine führende Funktion bei dieem Unternehmen eingenommen hat. Dabei handelt es ich um den ehemaligen Wirtschaftsminister Müller. Ich ill mit aller Deutlichkeit sagen: Es gibt nicht den ge ingsten Anhaltspunkt dafür, dass es zu dem Zeitpunkt er Erteilung der Ministererlaubnis irgendeine Ahnung egeben hat, dass der Bundeswirtschaftsminister später, ach Ende seiner Amtszeit, bei diesem Unternehmen areiten würde. Es war vielmehr so, dass er und übrigens auch wir daon ausgingen und hofften, dass er auch in der neuen Leislaturperiode Bundeswirtschaftsminister bleiben ürde. Es gibt also nicht den geringsten Anlass, in Zwei el zu ziehen, dass die Ministererlaubnis nach Recht und esetz erfolgt ist und dass Herr Müller als Wirtschaftsinister dabei ordnungsgemäß gehandelt hat. Alles an ere weise ich hiermit ganz deutlich zurück. Das bezieht sich auch auf das, was der Kollege aurer vorgetragen hat. Er hat von politischer Korrup ion gesprochen und behauptet, dass der Bundeswirtchaftsminister zum Zeitpunkt der Ministererlaubnis geusst habe, dass er später bei dem Unternehmen rbeiten würde. Ich sage an dieser Stelle noch einmal: ies ist in der Sache schlichtweg unhaltbar. Sie sollten ich einmal Folgendes klar machen: Das ist in etwa so, err Kollege Maurer, als würde man Ihnen unterstellen, ie hätten zu dem Zeitpunkt Ihrer Mitgliedschaft in der PD bereits gewusst, dass Sie irgendwann einmal bei er PDS landen würden, und man würde danach Ihr poliisches Wirken in der SPD beurteilen. Das tun noch icht einmal wir, Herr Kollege Maurer. Ich möchte deswegen hier im Parlament deutlich mahen: Ehrenrührige Dinge über Abgeordnete oder Miniser in dieser Weise zu äußern, ohne dafür den geringsten nhaltspunkt zu haben, ist unanständig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


Ich will mich noch kurz zur Sache einlassen. Ich
laube, dass der Kollege Brüderle Recht hat,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


enn er betont, wie wichtig das Kartellrecht ist. Dies ist
in Rückgrat unserer Marktwirtschaft, das wir stärken
üssen. Ich glaube auch, dass die Entscheidungen des
artellamtes im Wesentlichen richtig waren. Ich glaube

benso, dass die Entscheidung des Kartellamtes zu Eon






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Wend
Ruhrgas richtig war; denn es beurteilt eine mögliche Fu-
sion unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten.
Gleichwohl muss es eine Ministererlaubnis geben, die
aus politischen Gesichtspunkten zu einem anderen Er-
gebnis kommen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das war in diesem Fall gegeben.

Deswegen sage ich mit aller Klarheit: Wir brauchen
ein starkes Kartellamt für den Wettbewerb. Wir brau-
chen eine Ministererlaubnis, die verantwortlich genutzt
wird, um auch anderen Interessen zur Geltung zu verhel-
fen. Diese geltende Rechtslage ist in Ordnung. Daran
müssen wir nichts ändern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601107700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/365 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der
Gesetzentwurf auf Drucksache 16/236 – Tagesordnungs-
punkt 4 – soll abweichend von der Tagesordnung an die-
selben Ausschüsse überwiesen werden. Gibt es dazu an-
derweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b so-
wie Zusatzpunkte 8 a und 8 b auf:

16 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 22. Oktober 1996 zum Überein-
kommen Nr. 147 der Internationalen
Arbeitsorganisation über Mindestnormen auf
Handelsschiffen

– Drucksache 16/151 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen Nr. 180 der Internationalen
Arbeitsorganisation vom 22. Oktober 1996
über die Arbeitszeit der Seeleute und die Be-
satzungsstärke der Schiffe

– Drucksache 16/152 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 8 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 21. Mai 2003 über die strategische
Umweltprüfung zum Übereinkommen über
die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenz-

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(C (D überschreitenden Rahmen (Vertragsgesetz zum SEA-Protokoll)


– Drucksache 16/341 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute

(Quedlinburg)

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für starke soziale und ökologische Standards
in der Internationalen Finanz-Corporation

(IFC) der Weltbank


– Drucksache 16/374 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten
erfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 d sowie
usatzpunkte 9 a bis 9 c auf. Es handelt sich um die Be-
chlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache
orgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 17 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Protokoll vom 27. November 2003 zur
Änderung des Europol-Übereinkommens und
zur Änderung des Europol-Gesetzes

– Drucksache 16/30 –


(Erste Beratung 4. Sitzung)


Beschlussempfehlung und des Berichts des In-
nenausschusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/251 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralf Göbel
Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
Wolfgang Wieland

Der Innenausschuss empfiehlt auf Drucksache 16/251,
en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
ntwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen-

timmen der Fraktion der Linken und des Bündnis-
es 90/Die Grünen angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 17 b:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Seeaufgabengeset-
zes

– Drucksache 16/35 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 16/376 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rainder Steenblock

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/376, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 17 c:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom
14. April 2005 über den Beitritt der Tschechi-
schen Republik, der Republik Estland, der
Republik Zypern, der Republik Lettland, der
Republik Litauen, der Republik Ungarn, der
Republik Malta, der Republik Polen, der
Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik zu dem Übereinkommen von 1980
über das auf vertragliche Schuldverhältnisse
anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und
dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des
Übereinkommens durch den Gerichtshof der

(Viertes Beitrittsübereinkommen zum Schuldvertragsübereinkommen)


– Drucksache 16/41 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/391 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Michael Grosse-Brömer Dirk Manzewski Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Wolfgang Neskovic Jerzy Montag Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Druckache 16/391, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, ich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – er Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 17 d: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten – Drucksache 16/57 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/284 Berichterstattung: Abgeordnete Ralf Göbel Wolfgang Gunkel Dr. Max Stadler Petra Pau Wolfgang Wieland Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/284, den Gesetzentwurf n der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenien, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist angenommen mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktionen er FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegentimmen der Fraktion Die Linke. Zusatzpunkt 9 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung – Drucksache 16/33 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)


(Erste Beratung 4. Sitzung)


(Erste Beratung 8. Sitzung)


– Drucksache 16/385 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erich G. Fritz
Dr. Ditmar Staffelt






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Martin Zeil
Ulla Lötzer
Margareta Wolf (Frankfurt)


Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/385, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Zusatzpunkt 9 b:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 8. April 2005 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und
Rumänien über Soziale Sicherheit
– Drucksache 16/37 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/381 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Max Straubinger

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt auf
Drucksache 16/381, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
einstimmig angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Zusatzpunkt 9 c:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu der Zweiten Änderung des
Übereinkommens vom 25. Februar 1991 über
die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenz-

(Zweites EspooVertragsgesetz)

– Drucksache 16/43 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/388 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Andreas Jung Dr. Matthias Miersch Lutz Heilmann Sylvia Kotting-Uhl Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/388, den Gesetzentwurf anzunehmen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 5 auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention – Drucksache 16/42 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 16/390 – Berichterstattung: Abgeordnete Ute Granold Christoph Strässer Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Sevim Dagdelen Jerzy Montag Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Parlamentarischen Staatssekretär Alfred artenbach das Wort. A Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Präsiium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Rechtschutzsystem der europäischen Konvention zum Schutz er Menschenrechte und Grundfreiheiten ist eine der rößten und besten Errungenschaften Europas nach dem weiten Weltkrieg. Rund 800 Millionen Bürgerinnen nd Bürger in 46 Europaratsstaaten sind berechtigt, ndividualbeschwerde vor dem Europäischen erichtshof für Menschenrechte zu erheben, wenn sie er Auffassung sind, dass ihr Staat sie in menschenechtswidriger Weise behandelt hat. Von diesem Rechtsehelf machen immer mehr Menschen Gebrauch, wennleich ungefähr 95 Prozent der Beschwerden zu Unrecht rhoben werden. Vorläufige Zahlen ergeben, dass beim uropäischen Gerichtshof für Menschenrechte am Ende es Jahres 2005 circa 80 000 Verfahren anhängig waren. as zeigt, dass 5 Prozent noch immer eine große Zahl Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach sind. Der Gerichtshof wird dieser Verfahrensflut nicht mehr Herr. Die Änderungen durch das Ihnen nun vorliegende Protokoll Nr. 14 sollen das bestehende Rechtsschutzsystem nicht grundlegend umgestalten, sondern verbessern. Der Gerichtshof wird damit das verfahrensrechtliche Instrumentarium und die erforderliche Flexibilität erhalten, um sich auf die Fälle konzentrieren zu können, die eine eingehende, genaue Prüfung erfordern. Ich möchte hervorheben, dass auch in Zukunft jede Person mit der Behauptung, in ihren Menschenrechten verletzt zu sein, den Gerichtshof anrufen kann. Dieses individuelle Beschwerderecht wird nicht angetastet. Aus den vorgesehenen Änderungen zur Entlastung des Gerichtshofs möchte ich drei Punkte herausgreifen. Erstens. Zukünftig können Einzelrichter anstelle des Dreierausschusses über eindeutig unzulässige Beschwerden entscheiden. Ihnen werden übrigens erfahrene Juristen der Kanzlei zur Seite gestellt. Zweitens. Die Dreierausschüsse bleiben erhalten und dürfen zukünftig über die Zulässigkeit und Begründetheit einer Beschwerde entscheiden, sofern das dem Fall zugrunde liegende Problem bereits Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofes ist. Bislang dürfen die Dreierausschüsse nur über die Unzulässigkeit von Beschwerden entscheiden. Drittens. Eine Beschwerde kann zukünftig auch dann für unzulässig erklärt werden, wenn dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, sofern nicht – das ist eine wichtige Einschränkung – die Achtung der Menschenrechte eine Prüfung der Begründetheit erfordert. Vorausgesetzt wird außerdem, dass dadurch nicht eine Rechtssache zurückgewiesen wird, die noch von keinem innerstaatlichen Gericht gebührend geprüft wurde. Unter den Fachleuten besteht Einigkeit darüber, dass das Protokoll Nr. 14 wichtige Änderungen bringen wird, die helfen werden, die enorme Arbeitsbelastung des Gerichtshofes einzudämmen. Der Gerichtshof selbst hat in den letzten Monaten viel Elan darauf verwendet, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die neuen Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung unmittelbar nach dem In-Kraft-Treten des Protokolls Nr. 14 – dieses muss von allen 46 Europaratsstaaten nicht nur unterzeichnet, sondern auch noch ratifiziert werden – zu nutzen. Der Präsident des Gerichtshofes selbst schätzt den voraussichtlichen Effizienzgewinn auf 20 bis 30 Prozent. Das wäre sicherlich ein großer Fortschritt. Aber es wird voraussichtlich nicht reichen, um das Rechtsschutzsystem der Konvention auf lange Sicht zu konsolidieren. Auch darüber besteht Einvernehmen. Die Staatsund Regierungschefs haben deswegen anlässlich des dritten Gipfels des Europarates im Mai des vergangenen Jahres in Warschau beschlossen, einen „Rat der Weisen“ einzusetzen. Dessen Aufgabe soll sein, eine umfassende Strategie zu entwickeln, mit der die in der Konvention völkerrechtlich verbürgten Menschenrechte und Grundfreiheiten auch langfristig gesichert werden können. I s D d 1 d d r d s G r B r z D t f E h s r u w – R s b d s z n h B M R s g r b e d z d d u (C (D ch denke, wir in Deutschland dürfen damit zufrieden ein, dass in diesem Rat der Weisen Frau Professor r. Jutta Limbach, die langjährige Präsidentin des Bunesverfassungsgerichtes, tätig sein wird. Wir können diesen Änderungen durch das 4. Protokoll zustimmen und darum bitten wir auch Sie, amit wir alsbald die Ratifizierung vollziehen können. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Müller-Sönksen von er FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Es ist gut und wichtig, dass sich der Deutsche Bunestag einmal zu einer so prominenten Zeit – es ist jetzt ozusagen 12 Uhr mittags – mit dem Europäischen erichtshof für Menschenrechte befasst. Dieser Ge ichtshof wird in der letzten Zeit von einer wahren eschwerdeflut überschwemmt. Das zeigt, dass das Ge icht von den Bürgern anerkannt und geschätzt wird, das eigt, dass ein Bedarf für diesen Gerichtshof besteht. as wird aber bei gleich bleibender oder, wie zu erwar en ist, sogar weiter zunehmender Antragstellung dazu ühren, dass der Gerichtshof in naher Zukunft kollabiert. in Gerichtshof, der durch Überlastung blockiert ist, ilft niemandem, am wenigstens dem Schutz der Menchenrechte in Europa. Die Gewährleistung eines effektiven Menschenechtsschutzes ist aber gerade Aufgabe des Gerichts nd es ist unsere Aufgabe, diese für das Gericht zu geährleisten. Es muss deshalb etwas geschehen. Insofern da gebe ich dem Vertreter der Bundesregierung echt – führt das 14. Protokoll zur europäischen Men chenrechtskonvention dazu, dass sich die Zustände veressern. Es ist ein wichtiger Schritt, den Gerichtshof und amit eine wesentliche Stütze des europäischen Menchenrechtsschutzsystems davor zu bewahren, ineffektiv u werden. Dies gilt umso mehr, als das Protokoll nicht ur Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens entält, sondern auch weitere wichtige Regelungen, zum eispiel zur Durchsetzung von Urteilen gegenüber den itgliedstaaten. Das Protokoll ist jedoch nur ein Schritt in die richtige ichtung. Die Experten, so auch der Gerichtshof selbst, ind einhellig der Auffassung, dass die im Protokoll voresehenen Neuerungen nur eine vorübergehende Besseung versprechen. Eine nachhaltige Lösung für die Proleme des Gerichtshofs steht nach wie vor aus. Dabei ist s wichtig, auch hier im Hause noch einmal zu erklären, ass es zwei Wege gibt, die Arbeit des Gerichtshofs effiienter zu machen. Der eine Weg ist der, der jetzt durch as Protokoll beschritten worden ist. Danach wird die erzeitige Ausstattung des Gerichtshofes beibehalten nd allein an der Beschränkung der Beschwerdemög Burkhardt Müller-Sönksen lichkeiten bzw. an der schnelleren und einfacheren Abweisung von Beschwerden angesetzt. Der andere Weg wäre gewesen, auch die Ressourcen des Gerichtshofes auszubauen und ihn mit den zur Bewältigung der gewachsenen Aufgaben notwendigen Mitteln auszustatten. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Mitgliedstaaten vor einer verantwortungsvollen Balance zwischen beiden Wegen vor allem aus Gründen der Finanzierung zurückgeschreckt sind. Das allerdings steht im Widerspruch zur Bedeutung und Unverkäuflichkeit der Menschenrechte. Noch weitergehende Vorschläge zur Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten sind glücklicherweise verworfen worden. Dazu gehörte etwa die Einführung eines Annahmeverfahrens. Danach hätte auf rechtliches Gehör kein Anspruch mehr bestanden, sondern dieses im Ermessen des Gerichtshofs gelegen. Auch der Vorschlag eines vorgeschalteten, nicht mit Richtern besetzten Organs zur Prüfung der Zulässigkeit von Beschwerden wurde verworfen. Schließlich wurde auch auf den angedachten Anwaltszwang beim Gerichtshof verzichtet. Es bleibt allerdings eine kritisch zu bewertende Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten durch das Protokoll. Es ist schon erwähnt worden: Eine Beschwerde ist danach in Zukunft nicht mehr zulässig, wenn der Betroffene keinen erheblichen Nachteil vorweisen kann. Diese Einschränkung steht im Widerspruch zur Aufgabe des Gerichtshofs, deren Wahrnehmung ja eigentlich verbessert werden soll. Das Individualbeschwerderecht war ein, wenn nicht sogar der Grundpfeiler der europäischen Menschenrechtskonvention. Es gewährleistete, dass die Menschenrechte nicht nur auf dem Papier stehen, und sicherte ihre Beachtung auch in Einzelfällen, die nicht im Licht der Medienöffentlichkeit stehen. Das ist das von uns Gewollte. Es gibt glücklicherweise im Protokoll eine Schutzklausel, die hoffentlich sicherstellen kann, dass es bei dem alten Zustand bleibt. Danach muss die Nachprüfung einer Beschwerde auch ohne einen erheblichen Nachteil erfolgen, wenn die Achtung der Menschenrechte dies erfordert. Eine Prüfung durch den Gerichtshof muss nach dieser Klausel wohl auch dann erfolgen, wenn der Beschwerde ein Sachverhalt zugrunde liegt, der für eine Vielzahl von Vorkommnissen in einem Staat repräsentativ ist. Dies ist allerspätestens der Fall, wenn der Verdacht auf ein systematisches Vorgehen in einem Staat besteht. Es darf bei den Mitgliedstaaten – das ist der präventive Gesichtspunkt dieser Regelung – nicht der Eindruck entstehen, dass von nun an kleinere Menschenrechtsverstöße belanglos sind. Das wäre fatal. Die mit der Umsetzung des Protokolls – das Gesetz zu diesem Protokoll werden wir heute ratifizieren; die FDP ist dafür – verbundene Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten kann den Effekt haben, dass der Gerichtshof tatsächlich entlastet wird. Damit würden die Kapazitäten des Gerichtshofs zum Maßstab für die Beschwerdemöglichkeiten gemacht werden. Es ginge also darum, nicht mehr Klagen zuzulassen, als Kapazitäten v i s M f s l d v a d g T w d e P B z R u n u t u d z h c g f s t e t w M W f z l G (C (D orhanden sind. Dann würde der Menschenrechtsschutz n Europa aber nicht mehr nach dem Umfang der Menchenrechtsverletzungen ausgestaltet, sondern nach den itteln, die die Mitgliedstaaten diesem Gericht zur Ver ügung stellen. Ich komme zum Schluss. Die FDP-Fraktion wird dieem Protokoll zustimmen. Aber wir müssen hier feststelen, dass das nur ein erster Schritt sein kann. Wir bitten ie Bundesregierung, ein entsprechendes Monitoring orzunehmen und uns, wie im Ausschuss besprochen, lsbald einen Bericht vorzulegen. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt die Kollegin Erika Steinbach von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Es freut mich, dass durch die Behandlung dieses agesordnungspunktes im Plenum wiederum sichtbar ird, dass es Themen gibt, bei denen große Einigkeit in iesem Hause herrscht. In Zeiten harter politischer Ausinandersetzungen zwischen den Parteien auf vielen olitikfeldern ist es ein sehr wichtiges Signal an unsere ürger, dass es auch Gemeinsamkeiten über Parteigrenen hinweg gibt. Das Thema Menschenrechte ist in aller egel ein Thema, bei dem vieles gemeinsam betrachtet nd entschieden wird. Wir beraten heute abschließend über den Entwurf eies Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 14 zur 1950 in Rom nterzeichneten europäischen Menschenrechtskonvenion. Dieser Titel ist typisch bürokratisch. Wir müssen nseren Bürgern schon erklären, was das bedeutet; denn ie Menschen im Lande können mit einer solchen gesetestechnischen Bezeichnung in aller Regel natürlich erzlich wenig anfangen. Um es verständlich auszudrüken: Es geht um den Europäischen Menschenrechtserichtshof. Die Katholische Nachrichten-Agentur titelte am Anang des Jahres: „Menschenrechtsgerichtshof wird Opfer eines Erfolges“. Opfer des eigenen Erfolges zu werden, das wäre naürlich ein sehr hartes und sehr trauriges Schicksal, das iner sehr erfolgreichen, weltweit einzigartigen Instituion wie dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof iderfahren könnte. Natürlich wird der Europäische enschenrechtsgerichtshof nicht Opfer seines Erfolges. ir wollen alles daransetzen, dass er erfolgreich und ef izient weiterarbeiten kann, um für die Menschen etwas u bewirken. Allerdings stellen wir fest: Er ist zurzeit schlicht überastet. Es ist ganz einfach Realität, dass der Europäische erichtshof für Menschenrechte, der seinen Sitz in Erika Steinbach Straßburg hat, bereits in den letzten Jahren die Grenzen seiner Arbeitskapazität weit überschritten hat. Der Menschenrechtsgerichtshof als eine Institution des Europarates ist für 800 Millionen Bürger in 46 Mitgliedstaaten zuständig. Mittlerweile sind über 80 000 Klagen anhängig, darunter mehr als 4 000 besonders wichtige Fälle. Allein im Jahre 2005 wurden 44 000 Klagen neu eingereicht, übrigens mehr als die Hälfte davon aus den Ländern Osteuropas, vor allem aus Russland, aus Polen, aus Rumänien, aber auch aus der Türkei. Dieser Andrang ist mit den derzeitigen Strukturen, mit der personellen Besetzung und den momentan geltenden Verfahrensregeln des Menschenrechtsgerichtshofs überhaupt nicht mehr zu bewältigen. Es muss ganz einfach Abhilfe geschaffen werden; denn die Überlastung des Gerichtshofes führt zu einer immer längeren Verfahrensdauer. Die Menschen warten und warten und nach ihrem Gefühl tut sich nichts in einer Frage, von der sie emotional oder existenziell betroffen sind. Das bedeutet, dass die Opfer von Menschenrechtsverletzungen am Ende glauben, sie könnten kein Recht erhalten. Allein schon dieses Gefühl dürfen wir nicht zulassen. Der Schweizer Präsident des Menschenrechtsgerichthofs, Luzius Wildhaber, geht davon aus, dass die Beschwerderate auch in Zukunft jährlich um 25 bis 30 Prozent steigen wird. Das heißt, es werden immer neue Klagen hinzukommen. Der Gerichtshof schiebt also eine stetig größer werdende Bugwelle von unerledigten Klagen vor sich her – ohne die Aussicht darauf, sie in einer vertretbaren Zeit abarbeiten zu können. Diese Zahlen verdeutlichen sehr beeindruckend – ich meine sogar: erschreckend – die Notwendigkeit einer Reform. Mit dem Protokoll Nr. 14 haben die Länder des Europarates nunmehr die Reißleine gezogen. Oberste Priorität muss sein, die Effizienz des Gerichtshofs und damit auch seine langfristige Funktionsfähigkeit deutlich zu erhöhen. Dabei darf es aber nicht zu unvertretbaren Auswirkungen auf das Beschwerderecht der Bürger kommen. Die jetzt vorliegenden Änderungsvorschläge sind im Rahmen eines sehr umfassenden Dialogs der Bundesregierung mit vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen entstanden. Mit dieser Vorgehensweise folgte die Bundesregierung dem Ministerkomitee des Europarats, der die Regierungen der Mitgliedstaaten seinerzeit ausdrücklich dazu aufgefordert hatte. Wir wollen heute von deutscher Seite aus ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen, das die langfristige Arbeitsfähigkeit des Gerichtshofes wiederherstellen kann. Die wichtigsten Punkte sind zum Teil schon angesprochen worden, aber weil das für die Menschen von wesentlicher Bedeutung ist, will ich einiges noch kurz anreißen. Erstmals soll es im Menschenrechtsgerichtshof Einzelrichter und nicht nur Kammern geben. Diese Einzelrichter sollen Beschwerden für unzulässig erklären können, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann, wenn man das sofort und deutlich erkennen kann. Die Entscheidung ist dann a A D u n E d l s k s v L K k s g d ü s l V F – z t s z l f m u u w f o k B A d V r d e k A d h a f l t a (C (D uch endgültig. Bisher waren für Entscheidungen dieser rt Kammern von drei Richtern zuständig, so genannte reierausschüsse. Die Neuregelung entlastet die Richter nd erlaubt ihnen, sich auf Fälle zu konzentrieren, die eier umfassenden Prüfung bedürfen. Dabei werden die inzelrichter durch Berichterstatter unterstützt werden, ie ihnen zuarbeiten. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch die Regeung, dass keinem Einzelrichter Beschwerden zugewieen werden dürfen, die sich gegen sein eigenes Herunftsland richten. Das ist wohl sehr vernünftig; denn es ichert die Unabhängigkeit des jeweiligen Richters und ermeidet Zielkonflikte. Er kann aus seinem eigenen and heraus dann nicht unter Druck gesetzt werden. Eine weitere Neuerung ist, dass zukünftig eine ammer von drei Richtern eine Klage für zulässig er lären kann, wenn der Inhalt der Klage bereits Gegentand einer gefestigten Rechtsprechung gewesen ist, so enannte Präzedenzfälle. Die Zulassung der Klage ist ann aber auch endgültig. Bisher war die Entscheidung ber die Begründetheit einer Klage einer Kammer von ieben Richtern vorbehalten. Auch diese Regelung entastet und basiert auf einem deutsch-schweizerischen orschlag. Sie soll die Erledigung von gleich gelagerten ällen erleichtern und am Ende auch beschleunigen. Um die Zahl der Klagen einzuschränken, wurde neben den bereits bestehenden Zulässigkeitsvorausset ungen wie der Ausschöpfung der nationalen Rechtsmitel, die auch wichtig sind, und der Beschwerdefrist von echs Monaten – eine weitere Zulässigkeitsvoraussetung eingeführt. Danach sollen Klagen dann für unzuässig erklärt werden können, wenn dem Beschwerdeührer kein erheblicher Nachteil entstanden ist. Da kann an vermuten – das ist schon angedeutet worden –, dass nter Umständen nicht ganz so verfahren wird, wie wir ns das wünschen. Die Rahmenbedingungen, die gesetzt orden sind, lassen zwar durchaus eine gesicherte und aire Verfahrensweise erwarten, aber wir müssen das bebachten. Diese Bestimmung ist gleichzeitig mit der Einschränung versehen, dass eine Beschwerde trotz fehlender eschwerdebefugnis zugelassen werden kann, wenn die chtung der Menschenrechte eine Prüfung der Begrünetheit erforderlich macht. Auch das basiert auf einem orschlag von Deutschland und der Schweiz. Neu ist schließlich auch, dass die Richter des Geichtshofes zukünftig eine neunjährige Amtszeit ohne ie Möglichkeit der Wiederwahl haben werden. Das rscheint mir vernünftig; denn es stärkt die Unabhängigeit des einzelnen Richters und verhindert die unwürdige ustragung von „Wahlkämpfen“ hinter den Kulissen, ie unweigerlich auch Auswirkungen auf das Urteilsveralten eines Richters haben könnten – nicht müssen, ber könnten. Meine Damen und Herren, so richtig all diese Reormteile sind, müssen wir uns trotzdem die Frage stelen, ob sie am Ende ausreichen. Eine tragfähige Bewerung lässt sich wohl erst nach geraumer Zeit der Praxis bgeben. Ich bin überzeugt davon, dass die jetzigen Erika Steinbach Schritte eine wesentliche Entlastung bringen, ohne die Qualität einzuschränken. Neben der angegangenen Verfahrensreform wird allerdings insbesondere die Frage der Finanzierung des Menschenrechtsgerichtshofes – auch das wurde schon angesprochen – demnächst auf der Tagesordnung stehen müssen. Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. Ich glaube, damit sind die wesentlichen Punkte ange sprochen. Ich bedanke mich. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Erste Beratung 9. Sitzung)

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1601107800




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601107900

(Beifall bei der FDP)

Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1601108000




(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601108100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1601108200

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601108300
Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1601108400


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601108500

Das Wort hat der Kollege Michael Leutert von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601108600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ei-

gentlich können wir es kurz machen, da sich alle einig
sind, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Experten des in-
ternationalen Rechts gehen ebenfalls davon aus, dass
diese Reform überfällig ist.

Das Hauptargument für die Reform ist das Effektivi-
tätskriterium. Bevor ich dazu komme, möchte ich aller-
dings die unserer Meinung nach wichtigsten Neuerungen
unterstreichen, die es uns ermöglichen, diesem Gesetz-
entwurf zuzustimmen:

Erstens wird der Zeitraum von Verfahren höchstwahr-
scheinlich auf ein zumutbares Maß begrenzt.

Zweitens kann in Zukunft die Nichtbefolgung von
Urteilen förmlich festgestellt werden.

Drittens besteht nun die Möglichkeit, Auslegungspro-
bleme, die die Befolgung von Urteilen behindern, wie-
derum Sache des Gerichtshofes werden zu lassen.

Viertens und letztens wird – das ist eine wichtige Sa-
che – die Stellung des Kommissars für Menschenrechte
mit diesem Gesetzentwurf gestärkt.

Diese deutlichen Verbesserungen lassen bei der Be-
antwortung der entscheidenden Frage, nämlich ob diese
Änderungen zu einer Stärkung oder eher zu einer
Schwächung des Menschenrechtsschutzes führen, kei-
nen großen Spielraum. Es ist evident, dass der Schutz
der Menschenrechte gestärkt wird. Wie gesagt, aus die-
sen Gründen kann die Linke dem Gesetzentwurf zustim-
men.

Allerdings gibt es in unserer Fraktion – und, wie ich
gestern im Ausschuss bemerkte, auch in anderen Frak-
tionen – Bedenken hinsichtlich der Abweisung von
Beschwerden durch Einzelrichter, insbesondere dann,

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(C (D enn dem Beschwerdeführer offensichtlich kein erhebliher Nachteil entstanden ist. Es gibt natürlich genügend rgumente, um diese Zweifel zu zerstreuen. Mit Sichereit wird die tatsächliche Rechtsprechung hier in den ächsten Jahren für Klarheit sorgen. Trotzdem müssen ir meines Erachtens mit dieser Problematik sehr um ichtig umgehen und uns den Verlauf der Reform sehr enau anschauen. Nach spätestens zwei Jahren sollte es eshalb zu einer gründlichen Evaluation der Ergebnisse ommen. Aber auch darüber herrschte gestern im Auschuss Einigkeit. Sollte die Klagewelle in den nächsten Jahren trotzem, wie bereits angesprochen wurde, weiter ansteigen, ann muss, wie auch die FDP schon gesagt hat, in einem ächsten Schritt über die Ausstattung des Gerichtsofes nachgedacht werden, sowohl was Personal als uch was Finanzmittel betrifft. Ich danke Ihnen. Das Wort hat jetzt der Kollege Jerzy Montag von ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder rniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen weren.“ „Jede festgenommene Person muss unverzüglich eiem Richter vorgeführt werden.“ Jedermann hat Anspruch darauf, dass über die Stichaltigkeit der gegen ihn erhobenen Anklage in billiger eise und öffentlich innerhalb einer angemessenen Frist on einem unabhängigen und unparteiischen Gericht ntschieden wird. Die europäische Menschenrechtskonvention spricht ine klare Sprache. In der aktuellen Diskussion ist es ichtig, diese klaren Worte noch einmal an die Adresse erjenigen auszusprechen, die glauben, Gefangene – so efährlich sie sein mögen – auf unbestimmte Zeit an unekannten Orten verwahren, ihnen eine gerichtliche Entcheidung über ihre Verhaftung vorenthalten und sie auf ine besondere Art und Weise vernehmen zu können, die ir sehr wohl als Folter ansehen können. Die europäische Menschenrechtskonvention formuiert ein unmittelbares Recht für fast 1 Milliarde Menchen. Jeder Einzelne von ihnen hat das Recht, sich ersönlich an den Europäischen Gerichtshof für Menchenrechte in Straßburg zu wenden, um diese Rechte egen seine nationale Regierung einzuklagen. Dieses echt der individuellen Beschwerde, die bei einem un bhängigen und anerkannten Gericht eingereicht werden ann, ist einer der größten Fortschritte in der Geschichte es Menschenrechtsschutzes in Europa. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601108700
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601108800






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Europa wächst auf verschiedenen Ebenen, in ver-
schiedenen Organisationsstrukturen und in verschiede-
nen Geschwindigkeiten. Im Europarat, der ältesten
europäischen Organisation, sind die europäische Men-
schenrechtskonvention und der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte entstanden. Das Europa des Europa-
rates umfasst 46 Staaten mit fast 1 Milliarde Menschen.
Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Men-
schenrechte schützen Menschenrechte in allen Mitglied-
staaten. Einige will ich nennen: Die Schweiz wurde
1991 verurteilt, den freien Kontakt zum Verteidiger zu
gewährleisten. England wurde 2005 an die Meinungs-
freiheit von Greenpeace-Aktivisten erinnert. Die Türkei
wurde 2005 verurteilt, die Todesstrafe nicht weiter zu
verhängen. In Deutschland musste 2004 erst das Bun-
desverfassungsgericht ein Oberlandesgericht lehren,
dass Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Men-
schenrechte nicht unverbindliche Äußerungen sind. Sie
sind in Deutschland im Rahmen der Bindung aller staat-
lichen Gewalt an Gesetz und Recht – Art. 20 Abs. 3
Grundgesetz – verbindlich.

Die Geschichte des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte ist eine Erfolgsgeschichte. Aber dieser
Erfolg macht aktuell Probleme. 2002 sind 30 000 Be-
schwerden in Straßburg eingegangen, über 100 pro Tag.
Die Belastung des Gerichts ist von meinen Vorredne-
rinnen und Vorrednern schon angesprochen worden.
Aufgrund dieser Belastung ist es richtig und notwendig,
dass Maßnahmen ergriffen werden, um die Funktionsfä-
higkeit des Gerichts und die Durchsetzung seiner Ent-
scheidungen zu verbessern. Die einzelnen Instrumente
dazu wie Einzelrichterentscheidungen, Dreierausschüsse
und die Durchsetzung durch das Ministerkomitee haben
die Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen
haben, bereits erwähnt.

Herr Staatssekretär Hartenbach, wir müssen uns da-
rüber im Klaren sein, dass Unzulässigkeitsentscheidun-
gen von Einzelrichtern ohne Beschwerdemöglichkeit
– davon haben Sie gesprochen – nicht unproblematisch
sind. Deswegen haben wir im Rechtsausschuss mit
Freude zur Kenntnis genommen, dass es die Bundes-
regierung auf sich genommen hat, die Situation nach In-
Kraft-Treten dieser Vorschrift zu beobachten und dem
Bundestag in einem angemessenen Zeitraum Bericht zu
erstatten.

Ich will am Schluss meine Hoffnung ausdrücken, dass
das Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutz der
Menschenrechte die dringend benötigte Abhilfe schafft.
Ich schließe mit der großen Zuversicht, dass die Bedeu-
tung der europäischen Menschenrechtskonvention und
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit
Blick auf den Schutz der Menschenrechte in Zukunft
noch wachsen wird.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt rteile ich dem Kollegen Christoph Strässer von der PD-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Auch ich beginne mit einem Zitat aus Art. 6 bs. 1 der europäischen Menschenrechtskonvention, die apidar aussagt: Jede Person hat das Recht, dass über hre Angelegenheiten – jetzt kommt das Zitat – „inneralb angemessener Frist“ vor Gericht verhandelt wird. as heißt also, Zielsetzung der Rechtsprechung des uropäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es, nnerhalb einer angemessenen Zeit Recht zu sprechen. Nun führen auch wir in Deutschland an der einen oder nderen Stelle eine Diskussion über Verfahrensdauern. ch komme aus Nordrhein-Westfalen, wo in letzter Zeit inige Entscheidungen, was Untersuchungshaft und aneres angeht, aufgehoben worden sind. Ich glaube, über ll dies muss man auch unter dem Aspekt der eigenen erpflichtung des Europäischen Gerichtshofes für Menchenrechte diskutieren, der nämlich für sich selbst eine erfahrensdauer von maximal zwei Jahren festgelegt at, und zwar ein Jahr für die Prüfung der Zulässigkeit das ist sehr interessant – und ein Jahr für die Prüfung er Begründetheit. Allein im Jahr 2004 waren allerdings eim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte indestens 2 000 Verfahren anhängig, die länger als ünf Jahre zur Debatte standen. Ich denke, es ist ganz indeutig, dass dies nicht hinnehmbar ist. Ich komme deshalb auf ein altes englisches Sprichort zu sprechen, das diesen Prozess auf den Punkt ringt. Da heißt es nämlich: Justice delayed is justice deied. ch dachte, der Kollege Gehb sei hier. Deshalb wollte ich as für ihn als Lateiner ins Deutsche übersetzen. Das eißt nämlich ganz einfach: Verzögerte Rechtsprechung st verweigerte Rechtsprechung. (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Jetzt noch einmal auf Lateinisch!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601108900
Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1601109000

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb ist es gut, richtig und vernünftig, dass in den
etzten Jahren an vielen Stellen Anstrengungen zur Ver-
esserung der Situation unternommen wurden, zum Bei-
piel auch durch die Erhöhung des Budgets. Ich möchte
chon betonen, Herr Müller-Sönksen, dass die Personal-
usstattung des Gerichtshofes im Zeitraum zwischen
002 und 2005 um 63 Prozent gestiegen ist. Anstrengun-
en kann man also denjenigen, die dort arbeiten, nicht
bsprechen.

Aber all das reicht natürlich nicht aus. Das heißt, dass
ir uns sehr intensiv Gedanken darüber machen müssen,
ie mit den Anträgen der Bürgerinnen und Bürger um-
egangen wird. Interessant ist im Übrigen – ich denke,
arüber sollte man auch auf politischer Ebene verhan-
eln –, dass mehr als 50 Prozent der vor dem Europäi-
chen Gerichtshof für Menschenrechte anhängigen Ver-






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
fahren allein aus vier Staaten kommen. Ich nenne einen
Staat, der an dieser Stelle besonders auffällig ist: Russ-
land ist allein mit 17 Prozent der Eingänge beim Europäi-
schen Gerichtshof für Menschenrechte aktiv.

Ich kann dazu eine weitere Bemerkung machen, die
das vielleicht in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Russland ist von den 46 Mitgliedstaaten des Europara-
tes das einzige Land, das das 14. Zusatzprotokoll noch
nicht unterzeichnet hat. Ich finde, dass wir der Bundesre-
gierung bei der Anbahnung neuer sachlicher Beziehun-
gen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Russland den Auftrag mitgeben sollten, vielleicht auch
einmal darauf zu dringen, dass Russland insoweit seinen
europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen gerecht
wird und diese Verträge zumindest unterzeichnet, aber
auch ratifiziert. Ich glaube, das wäre eine wichtige politi-
sche Forderung.

Wichtig ist – das ist schon angesprochen worden; des-
halb kann ich mich kurz fassen –, dass der Europarat
bzw. die Minister des Ministerkomitees eine weitere
Maßgabe beschlossen haben, nämlich die Einrichtung
des Instituts der sieben Weisen, zu dem auch Jutta
Limbach gehören wird. Diese haben im Übrigen die
Aufgabe – das ist noch nicht gesagt worden –, bis Herbst
dieses Jahres einen Vorschlag zu machen, wie an dieser
Stelle weitere Verfahrenserleichterungen durchgeführt
werden können. Ich finde, dazu gehören einige beden-
kenswerte Dinge, wie zum Beispiel die Einrichtung von
Geschäftsstellen des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte in den so genannten wichtigen Staaten.
Ich denke, auch wir sollten die Arbeit dieses Rats der
Weisen unterstützen.

Ich möchte zum Schluss sagen, dass wir alle uns
Mühe geben sollten, dass der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte, der im Zuge des Völkerrechts und
des Menschenrechtsschutzes nun wirklich eine einzigar-
tige Erscheinung ist, nicht an dem zugrunde geht, was
ihn auszeichnet, nämlich an seinem Erfolg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601109100

Zur Geschäftsordnung? – Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich spreche zur Geschäftsordnung, Herr Präsident. –
Bei der Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 17 – da
ging es um abschließende Beratungen ohne Ausspra-
che –, die wir vor einer halben Stunde durchgeführt ha-
ben, gab es ein Gesetz zu dem Protokoll zur Änderung
des Europol-Übereinkommens und zur Änderung des
Europol-Gesetzes. Meine Fraktion hat irrtümlich gegen
dieses Gesetz gestimmt. Ich möchte hier zu Protokoll ge-
ben, dass wir für dieses Gesetz stimmen, und bitte Sie,
das aufzunehmen.

Vielen Dank.

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(C (D Vielen Dank. – Wir nehmen das zu Protokoll. Wir önnen die Abstimmung jetzt nicht wiederholen; dieser agesordnungspunkt ist abgehandelt. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bunesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu em Protokoll zur Konvention zum Schutz der Menchenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des ontrollsystems der Konvention, Drucksache 16/42. er Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 16/390, en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die ustimmen wollen, sich zu erheben. – Was ist mit den rünen? – s wäre beinahe wieder passiert. Gegenstimmen? – nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf einstimig angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung – Drucksache 16/240 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär lrich Kasparick. U Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Parla ent hat im April 2005 die Bundesregierung aufgeforert, Erfahrungen aus der Privatwirtschaft bei der Effizinzsteigerung im Dienstleistungsbereich stärker zu erücksichtigen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Privatiierung der Flugverkehrskontrolle, den wir Ihnen heute orlegen, trägt dem Rechnung. Sie wissen, dass wir zu erücksichtigen haben, dass die Luftverkehre stark achsen. Sie wissen ferner, dass wir uns auf neue euroäische Entwicklungen einstellen müssen. Ihnen sind arüber hinaus die Eckwerte bekannt, die das Kabinett ereits im Dezember 2004 beschlossen hat und die die rundlage für den jetzigen Gesetzentwurf sind. Ich will ie kurz rekapitulieren: Die Gesellschaftsanteile der eutschen Flugsicherung werden zu 74,9 Prozent zum erkauf angeboten. Die Kapitalprivatisierung wird auf er Grundlage eines Beleihungsmodells realisiert. Die ivil-militärische Kooperation, die einzigartig ist, wollen ir beibehalten. Schließlich soll eine unabhängige Auf ichtsinstanz eingerichtet werden. Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick Entscheidend an dem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, ist, dass die Flugsicherheit hoheitliche Aufgabe und damit im Kontrollbereich des Bundes bleibt. Wir haben nicht vor, eine Aufgabenprivatisierung vorzunehmen. Wir wollen deshalb im öffentlich-rechtlichen Teil des Gesetzes eine Erweiterung der Möglichkeiten der Kontrolle einführen. Wir wollen eine nationale Aufsichtsbehörde einrichten, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Es wird eine umfassende Rechtsund Fachaufsicht ausüben und über ein Informationsbeschaffungsrecht, ein Weisungsrecht und ein Ersatzvornahmerecht verfügen. Das ist aber noch nicht alles. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung soll auch die Befugnis erhalten, Geschäftsführer einer Flugsicherungsorganisation abzuberufen, das heißt in die Personalpolitik einzugreifen. Als Ultima Ratio bei Konfliktfällen sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Rückübertragung der Geschäftsanteile der Flugsicherungsorganisation auf den Bund möglich ist. – Sie merken daran, dass der Bundesregierung sehr daran gelegen ist, dass der Bund seine Rechte auch in Zukunft wahrnehmen kann. Wir sind uns sicher, dass das jetzt vorgeschlagene Instrumentarium dazu beitragen wird, dass die Flugsicherung auch weiterhin nach den Vorgaben des Bundes und in seiner Verantwortung erfolgt. Es sind Übergangszeiten vorgesehen – Sie wissen das –: im Bereich der Streckenkontrolle eine Übergangszeit von 20 Jahren, im Bereich der Flugplatzkontrolle eine von 16 Jahren. In Parlamentarierzeiträumen übersetzt heißt das: Wir reden über vier Legislaturperioden. Auch die Nutzer des Systems werden Vorteile haben. Denn wir wollen dazu beitragen, dass die Gebühren und die Kosten reduziert werden können. Unser Hauptanliegen ist es, zwei zentrale Ziele zu erreichen: Zum einen streben wir einen maximalen Nutzen, eine Effizienzsteigerung an. Das entspricht dem Willen des Parlaments; so ist es in den einschlägigen Anträgen beschlossen worden. Gleichzeitig wollen wir die staatlichen Rechte und Pflichten sichern und die Kompetenzen des Bundes erhalten. Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf, den die Bundesregierung vorschlägt, unterstützend zu beraten, damit wir mit der Europäisierung unserer Flugsicherung vorankommen. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Horst Friedrich von der FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, im Wesentlichen kann man Ihnen zustimmen, in einigen Punkten gibt es aus meiner Sicht allerdings noch Diskussionsbe d w ü c f s e e b e G S a W g T d w d d I P g d O K V w c d B W r m D k t s d f S B K d n u n d F H (C (D arf. Für die größte Oppositionsfraktion will ich voregschicken, dass uns als FDP daran gelegen ist, den ber Fraktionsgrenzen hinweg – auch in unterschiedliher Rollenverteilung – herrschenden Konsens betrefend die Flugsicherung auch in dieser Beratung fortzuetzen. Dafür sind aus unserer Sicht allerdings noch inige Knackpunkte anzusprechen. Sie, liebe Kollegen von der Koalition – das ist der rste Punkt –, haben sich selbst ins Stammbuch geschrieen, europäische Regelungen ab sofort nur noch eins zu ins in deutsches Recht umzusetzen. Bereits beim ersten esetz, bei dem Sie damit anfangen könnten, weichen ie an einigen entscheidenden Stellen von dieser Regel b. Darüber wird man sicherlich nachdenken müssen. arum wird in den Single-European-Sky-Verordnunen nur die Beleihung des Unternehmens, nicht aber der echnik verlangt, wo doch in Ihrem Gesetzentwurf steht, ass auch die Technik, die verwendet wird, beliehen erden muss. Was soll das eigentlich? Wir sehen noch ein zweites großes Problem. An für ie wirtschaftliche Zukunft der Flugsicherung entscheienden Stellen verweisen Sie auf Verordnungen, deren nhalt wir noch gar nicht kennen. Eine Spielregel des arlaments lautet aber: Wenn der Gesetzgeber der Reierung eine Verordnungsermächtigung gibt, hat er auf en Inhalt keinen Einfluss mehr. Ich reklamiere für die pposition – das ist sicherlich auch im Interesse der oalitionskollegen –, erst dann abschließend über eine erordnungsermächtigung zu entscheiden, wenn wir issen, was in der Verordnung stehen soll. Aus meiner Sicht ist ein dritter Punkt deutlich zu mahen: Die Privatisierung der Flugsicherungsorganisation es Jahres 1992 ist vom Parlament gegen verschiedene edenkenträger aller Ebenen durchgesetzt worden. enn es nach den Kollegen des Verteidigungsministe iums und des Innenministeriums gegangen wäre, hätte it einer privatisierten Flugsicherungsorganisation in eutschland kein oder zumindest kein sicherer Flugverehr mehr stattfinden können. Das Gegenteil ist eingereten. Die Deutsche Flugsicherung hat bewiesen, dass ie mit weniger Personal effizienter arbeiten kann und eutliche Zuwächse in der Luftfahrt bewältigen kann. Inwiefern sich diese Leistung noch steigern lässt, ist raglich. Wenn wir im Rahmen der Funktionstrennung, die die ingle-European-Sky-Verordnungen vorschreiben, ein undesamt als Aufsichtsbehörde installieren, ohne dass larheit über die Abordnungen und Delegationen bzw. ie Bezahlung herrscht, und dieses Bundesamt auch och mit Rechten ausstatten, die es ihm ermöglichen, nmittelbar in die wirtschaftliche Tätigkeit des belieheen Unternehmens einzugreifen, erschweren wir durch ie Hintertür das, was wir durch die Privatisierung der lugsicherungsorganisation sowie die damit verbundene erauslösung aus dem Tarifrecht des öffentlichen Diens Horst Friedrich tes und aus den Behördenstrukturen geschaffen haben. Das kann aus Sicht der FDP nicht sein. Das ist ein weiteres Essential für uns, um sicherzustellen, dass wir von dem Pfad der Tugend nicht abweichen. Wir bleiben dabei, dass die ökonomische Regulierung nicht bei dem zu gründenden Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung anzusiedeln ist, sondern entweder bei der Bundesnetzagentur oder beim Kartellamt. Es kann nicht sein, dass eine Behörde, die die Konsequenzen überhaupt nicht abwägen kann, über die ökonomische Regulierung entscheidet, die für die Flugsicherung von existenzieller Bedeutung ist. Der letzte Kritikpunkt, über den wir in der Ausschussdiskussion noch abschließend beraten werden müssen, betrifft die für uns nach wie vor offene Frage, inwieweit der im Verkehrsausschuss und, soweit ich weiß, auch in diesem Parlament bestehende Konsens zur Änderung der Struktur der Gebühren der Deutschen Flugsicherung aufrechterhalten werden kann. Bisher muss die Flugsicherung nach dem Kostendeckungsprinzip arbeiten. Das bedeutet, dass die Flugsicherung dann, wenn es der Luftfahrt schlecht geht, die Gebühren erhöhen muss. Wenn es der Luftfahrt gut geht, muss die Flugsicherung die Gebühren senken. Die Möglichkeit, ein Polster zu schaffen und Rückstellungen zu bilden, damit es zu einer Gleichartigkeit der Gebühren kommt, sehe ich in diesem Bereich noch nicht gegeben. Wir werden in der parlamentarischen Beratung sicherlich noch intensiv miteinander reden müssen, vielleicht auch in einer Anhörung. Ansonsten aber, glaube ich, können wir auf diesem Weg weitermachen. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Norbert Königshofen von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung ist die fünfte zum Thema Luftverkehr in den letzten anderthalb Jahren. Das zeigt, wie wichtig der Luftverkehr für moderne Dienstleistungsgesellschaften geworden ist. Zurzeit wächst der Luftverkehr doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Auch wenn die Wachstumsraten in Deutschland und in Europa insgesamt nicht ganz so überragend sind, wird der Luftverkehr auch hierzulande immer wichtiger. Im Luftverkehr ist aber nicht nur Wachstum zu verzeichnen, er schafft auch neue Arbeitsplätze. Dies ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Das brauche ich nicht zu betonen; wir brauchen uns ja nur die anderen Branchen anzuschauen. d s m W D W o h u n m O N v m d ü r t i E s k F i s d E w l m p t d V k b T f w f s n d v e e A a (C (D Zu der Situation, dass Arbeitsplätze abgebaut werden, arf es in der Luftverkehrsbranche nicht kommen. Wir tehen hier in der Verantwortung. Wir müssen die Rahenbedingungen schaffen, damit der Luftverkehr seine achstumspotenziale entfalten kann; denn eines ist klar: er Luftverkehr wird auch in Zukunft weiter wachsen. ollen wir daran teilhaben, müssen wir unsere Stand rtqualitäten verbessern. Standortqualitäten verbessern eißt, überkommene Marktordnungen zu liberalisieren nd die europäischen Wachstumspotenziale für unsere ationale Luftverkehrswirtschaft zu nutzen. Auf diesem Gebiet haben wir trotz unseres Engageents noch „Luft nach oben“. Ich erinnere hier an die pen-Sky-Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom ovember 2002. Verschiedene EU-Staaten – auch wir – erstießen laut Urteil in bilateralen Luftverkehrsabkomen in Teilbereichen gegen die Niederlassungsfreiheit in er Europäischen Union. Nachdem erst die Skepsis berwog, ist mittlerweile klar, dass das Urteil zur Libealisierung des europäischen Luftverkehrsmarktes beigeragen hat und auch uns mehr Vorals Nachteile bringt. Weitaus mehr Vorals Nachteile haben auch die vier m April 2004 in Kraft getretenen so genannten Singleuropean-Sky-Verordnungen der Europäischen Gemeinchaft. Sie schaffen den rechtlichen Rahmen für eine ontinuierliche Liberalisierung und Harmonisierung der lugsicherung. Darüber hinaus plant die Europäische Kommission, m Herbst verbindliche Mindeststandards für Flugicherungsorganisationen einzuführen. Die DFS wird ann – wie alle Flugsicherungsorganisationen in der U – ein Jahr Zeit haben, diesen Standards gerecht zu erden. Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Neuregeung der Flugsicherung steht in unmittelbarem Zusam enhang mit den genannten europäischen Initiativen. Er asst die Flugsicherung in Deutschland an die geänderen europäischen Rahmenbedingungen an. Wir werden amit unserer Verantwortung gerecht. Wir schaffen die oraussetzungen, um Wachstumspotenziale des Luftverehrs im Hinblick auf seine Arbeit schaffende und Areit sichernde Wirkung zu nutzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601109200

(Heiterkeit)

Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1601109300




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601109400
Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1601109500

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601109600
Norbert Königshofen (CDU):
Rede ID: ID1601109700

Worum geht es konkret? Zum einen geht es um eine
rennung von Aufsichts-, Regulierungs- und Durch-

ührungsaufgaben im Bereich der Flugsicherung. Das
ar bisher nicht der Fall. Die DFS war in ihrem Bereich

ür die Einhaltung der von ihr selbst erlassenen Vor-
chriften verantwortlich. Zukünftig wird die DFS ein rei-
er Dienstleister sein, der den Anforderungen des Bun-
es- und Europarechts nachzukommen hat. Die bisher
on der DFS wahrgenommene Aufsichtsfunktion soll
iner Aufsichtsbehörde übertragen werden. Dabei geht
s darum, Interessenkonflikte zu vermeiden.

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Lösung, die
ufsichtsfunktion auf ein neu zu schaffendes Bundes-

ufsichtsamt für Flugsicherung zu übertragen, Herr






(A) )



(B) )


Norbert Königshofen
Kollege Friedrich, muss noch erörtert werden. Wir müs-
sen prüfen, ob das der Weisheit letzter Schluss ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sehr gut!)


Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der
Flugsicherung setzt nicht nur EU-Vorgaben um. Die mit
dem Gesetzentwurf eingeleitete Kapitalprivatisierung
ist durch die Single-European-Sky-Verordnungen nicht
zwingend vorgeschrieben. Sie bereitet die DFS aber viel
umfassender auf zukünftige Herausforderungen vor;
denn sie stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit
der DFS nachhaltig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die DFS wird künftig viel leichter und konsequenter am
wachsenden Luftverkehrsmarkt partizipieren und als
Dienstleister auch andere Geschäftsfelder erschließen
können, zum Beispiel indem sie sich an anderen Unter-
nehmen beteiligt. Ich denke, dass wir der DFS dadurch
im europäischen Wettbewerb einen Vorsprung verschaf-
fen. Das wird sich positiv auf den Luftverkehrsstandort
Deutschland auswirken. Auch der Bund wird unmittel-
bar von der Kapitalprivatisierung profitieren; denn die
Veräußerung von 74,9 Prozent der Anteile wird Geld in
unsere klammen Kassen spülen.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Eine Sperrminorität von 25,1 Prozent verbleibt aller-
dings beim Bund. Der Grund dafür ist einfach: Die DFS
wird in Zukunft nicht ausschließlich am Markt agieren,
sondern auch weiterhin hoheitliche Aufgaben wahrneh-
men. Das gilt nicht nur für den zivilen Bereich. Die enge
zivil-militärische Zusammenarbeit bei der Flugsicherung
hat sich in den letzten Jahren bewährt. Der vorliegende
Gesetzentwurf erfüllt alle Voraussetzungen dafür, dass
dies auch so bleiben wird.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Na ja! Das wollen wir erst einmal sehen!)


Meine Damen und Herren, der Entwurf eines Geset-
zes zur Neuregelung der Flugsicherung ist geeignet, die
Deutsche Flugsicherung für die Zukunft fit zu machen.
Er stärkt den gesamten Luftverkehrsstandort Deutsch-
land. Dass dieser Gesetzentwurf so schnell nach der
Wahl vorgelegt werden konnte, ist auch ein Verdienst der
Luftverkehrspolitiker dieses Hauses; denn er beruht auf
Anträgen und Initiativen, die CDU/CSU, SPD, FDP und
Grüne in der letzten Wahlperiode gemeinsam auf den
Weg gebracht haben. Damit ist der Gesetzentwurf auch
Ausdruck der guten Tradition in der Luftverkehrspolitik,
dass wir wichtige Themen im Interesse unseres Landes
gemeinsam angehen.

Die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagene
Richtung ist die richtige, um die DFS und den gesamten
Luftverkehrsstandort Deutschland zu stärken. Natürlich
muss noch eine Reihe von Details geprüft werden; even-
tuell ist etwas zu ergänzen oder zu verbessern. Ich bin
aber sicher, dass uns dies im Verlauf des parlamentari-
schen Verfahrens gelingen wird, sodass wir einen Ge-
setzentwurf formulieren und verabschieden können, der
für den Luftverkehr insgesamt zukunftsweisend ist.

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(C (D Danke schön. Das Wort hat jetzt die Kollegin Dorothee Menzner on der Fraktion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die Bundesregierung hat uns einen Gesetzenturf vorgelegt, mit dem sie die Flugsicherung neu reeln will. Die Europäische Union gibt uns vor, die Aufaben in diesem Bereich neu zu verteilen und Aufsicht nd Durchführung der Flugsicherung zu trennen. Künfig soll es einen einheitlichen europäischen Luftraum mit unktionalen Luftraumblöcken statt der bisherigen natioalen Lufträume geben. ir sollten aber trotz des schönen blauen Himmels über en Wolken nicht blauäugig zur Sache gehen. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601109800

(Beifall bei der LINKEN)

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601109900

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Gut so!)


Was ist das Besondere an diesem Gesetzentwurf? Ers-
ens. Die Flugsicherung soll privatisiert werden. Zwei-
ens. Die Aufsicht über die Aufsicht erhält das neu zu
ildende Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Drit-
ens. Auch an die Beaufsichtigung der Aufsicht der Auf-
icht ist gedacht. Das neue Bundesaufsichtsamt für
lugsicherung wird dem Bundesverkehrsministerium
nterstellt; von ebendiesem soll es beaufsichtigt werden.

Bei so viel Aufsicht von oben dürfen wir aber nicht
en Blick nach unten, zum Shareholder Value, sozusa-
en in die Firmenkassen, außer Acht lassen. Die Bundes-
egierung will mit ihrem Gesetzentwurf nämlich weitaus
ehr regeln, als uns durch die Vorgaben der Europäi-

chen Union abverlangt wird. Sie will gleichzeitig den
ettbewerb zwischen den Flugdienstleistern eröff-

en; denn Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist auch die Pri-
atkapitalisierung der Deutschen Flugsicherung. Wie für
lle privatisierten Dienste würde dann auch für die Deut-
che Flugsicherung gelten: Kosten sparen und/oder Er-
öse steigern. Auch in diesem Bereich würde Zeit zu
eld.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe zu be-
enken: Immer wenn es beim Umgang mit komplexen
echnischen Systemen um Prüfen und Genauigkeit und
or allem um die Sicherheit von Menschen geht, darf die
eit nicht drücken und darf der Profit nicht die Leitgröße
ein,


(Beifall bei der LINKEN)


rst recht dann nicht, wenn die Privatunternehmen im
ereich der Flugsicherung wenig Einfluss auf die Wahl
er technischen Systeme hätten, und auch deshalb nicht,
eil niemand heute wissen kann, welche Technik über-
orgen eingesetzt wird.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)







(A) )



(B) )


Dorothee Menzner
Wir halten fest: Wirtschaftlichkeit bei der Flugsiche-
rung darf nicht vor Sicherheit gehen; die Gewerkschaft
der Flugsicherung hat darauf hingewiesen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Oh Gott! Das sind die typischen Kronzeugen!)


Die Linke im Bundestag teilt die dort formulierten Be-
denken. Die Linke meint: Bei absehbar noch mehr Luft-
verkehrsbewegungen steigen die Anforderungen an die
in diesem Bereich arbeitenden Menschen und die Anfor-
derungen an das Zusammenspiel von Mensch und
Technik, und zwar sowohl bei der Flugsicherung als
auch bei der Flugfeldkontrolle. Zeit darf hier nicht Geld
sein. Die Linke lehnt die beigepackte Privatisierung der
Flugsicherung ab. Deshalb sind wir gegen diesen Ge-
setzentwurf.

Danke, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110000

Das Wort hat nun der Kollege Winfried Hermann von

der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601110100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Europäische Union hat mit dem Konzept
„Single European Sky“ und einer ganzen Reihe von Ver-
ordnungen, die seit diesem Jahr geltendes Recht sind,
auch in Deutschland eine neue Situation geschaffen.
Auch wenn man nicht genau diesen Gesetzentwurf ein-
bringen muss, so muss man doch europäisches Recht in
deutsches umsetzen. Deswegen diskutieren wir heute
über diesen Gesetzentwurf. Er geht zurück – das ist
schon gesagt worden – auf eine Initiative aller Fraktio-
nen der letzten Legislaturperiode. Wir haben uns ge-
meinsam dafür ausgesprochen, die Privatisierung fortzu-
setzen – aber nicht völlig ungesteuert, nicht einfach ins
Blaue hinein, sondern mit klaren politischen Regeln und
Vorgaben; wir haben einer simplen, platten Liberalisie-
rung also nicht das Wort geredet.

Was waren die Aufgaben? Europäischem Recht und
dem Grundgesetz muss genügt werden. Wir müssen die
Wahrung hoheitlicher Aufgaben sicherstellen. Aber
auch ökonomische Fragen waren zu berücksichtigen:
Wie kann die Deutsche Flugsicherung in einem offenen
europäischen Markt optimal positioniert und gestärkt
werden, auch um Arbeitsplätze in Deutschland zu si-
chern und zu schaffen? Schließlich, nicht zu übersehen,
wollen wir eine unabhängige staatliche Aufsichtsbe-
hörde. Diese ist notwendig. Deswegen sollten wir nicht
gegen Kontrolle anreden, Kolleginnen und Kollegen von
der Linken. Denn staatliche Hoheit kann nur über Kon-
trollmechanismen wahrgenommen werden. Das ist übri-
gens auch die Garantie für die Sicherheit.

Wir haben als Grüne dieser Privatisierung und diesem
Konzept auch deswegen zugestimmt, weil wir sicherge-
stellt wissen wollten, dass bestimmte Aufgaben weiter-
hin hoheitlich bleiben und auch durchgesetzt werden
können.

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(C (D Wie setzt der vorliegende Gesetzentwurf die Vorgaen um, die wir in unserem Antrag gemacht haben? Der und überträgt im Wesentlichen über das Rechtsinstruent der Beleihung Aufgaben an die Deutsche Flugsi herung. Die Beleihung ist ein scharfes Instrument. Sie ann befristet erteilt werden. Der Gesetzentwurf legt est, dass dann, wenn bestimmte Regeln und Bedingunen des Gesetzes nicht erfüllt werden, die Beleihung unittelbar zurückgezogen werden kann. Wir wollen die Hoheitsrechte wahren. Die Sperrminoität von 25,1 Prozent ist die Garantie dafür, dass das eue Unternehmen den Unternehmenszweck nicht belieig verändern kann. Wir wollen ausreichende Zugriffsnd Kontrollrechte, so genannte Ingerenzrechte. Das st, glaube ich, an verschiedenen Stellen in diesem Geetzentwurf sehr gut formuliert. Wir wollen eine unabängige Aufsichtsbehörde; auch das ist klar. Daher müsen diesem Gesetz auch eine Reihe von Bestimmungen n Form von Verordnungen beigegeben werden. Sie merken an meiner Argumentation: Die Grundrichung dieses Gesetzentwurfs stimmt. Das Parlament hat en Auftrag angenommen und führt ihn aus. Ich sage für meine Fraktion, lieber Kollege von der DP: Einzelne Punkte müssen wir genau prüfen. Wir üssen zum Beispiel prüfen, ob die Änderungs orschläge der Gewerkschaften und der Deutschen lugsicherung besser sind als die Regelungen im Gesetzntwurf. Wir müssen uns fragen, ob tatsächlich sichergetellt werden kann, dass der Firmensitz in Deutschland leibt, wenn sich die Firma erweitert und sich im euroäischen Raum neu engagiert, und ob das Hoheitsrecht och wahrgenommen werden kann. Es stellt sich die rage, ob dann der Mechanismus des Gesetzes noch unktioniert. Wir müssen als Parlamentarier fragen, ob es verantortbar ist, eine so weit reichende Aufgabe im Verordungswege anzugehen. ann ist das Parlament nämlich außen vor. Ich neige her dazu, entweder das Gesetz schärfer zu fassen und ichtige Elemente einer Verordnung in das Gesetz hieinzunehmen – dann hat das Parlament Einflussund ontrollmöglichkeiten – oder eine Verordnung zu ver assen, bei der das Parlament die Möglichkeit der Zutimmung hat. Diese Frage müssen wir im parlamentarichen Gesetzgebungsverfahren klären. Ich bin der einung, dass in diesem Punkt noch etwas verändert erden muss. Wir werden diesem Gesetzentwurf dann zustimmen, enn im Einzelfall konkrete Verbesserungen vorgenomen werden. Unsere Ziele sind: Stärkung der Deutschen lugsicherung im europäischen Wettbewerb, Wahrung er Hoheitsund Schutzaufgaben, Sicherstellung einer nabhängigen Kontrolle. Die Überschrift für das ganze esetz muss dabei selbstverständlich sein: Sicherheit hat berste Priorität. Dafür sorgen wir mit neuen institutioellen, organisatorischen und betrieblichen Voraussetungen. Damit erreichen wir dieses Ziel effizient. Vielen Dank. Winfried Hermann (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: Ganz genau! So ist es!)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Uwe Beckmeyer,

SPD-Fraktion.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1601110300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich bin froh, dass wir so weit gekommen sind.
Das Parlament hat sich in der letzten Legislaturperiode
mit diesem Thema schon häufiger beschäftigt und Auf-
träge formuliert, die die Bundesregierung und die Ver-
waltung angenommen haben.

Sicherheit im Luftraum ist – das will ich gerne
zugeben – eine sensible Angelegenheit. Über Deutsch-
land sind fast 7 000 Flugbewegungen pro Tag zu ver-
zeichnen. Sowohl der zivile als auch der militärische As-
pekt sind zu berücksichtigen. Alles das muss mit hoher
Präzision, gepaart mit Verantwortung bei der Privatisie-
rung und Kapitalisierung, bedacht werden.

Die Privatisierung des Kapitals in Höhe von 74,9 Pro-
zent ist ein Weg, den wir gehen können. Dabei müssen
wir den hoheitlichen Auftrag im Wege der Beleihung so
im Gesetz verankern, dass die Wahrnehmung der hoheit-
lichen Aufgaben auch weiterhin im staatlichen Einfluss-
bereich verbleibt. Der staatliche Einfluss soll über einen
solchen Beleihungsakt in die Gesellschaft hineingetra-
gen werden. Insofern bedarf es der präzisen Festlegung,
wie sie in einem solchen Gesetzentwurf vorgenommen
werden kann.

Es hat sich gezeigt, dass wir in Deutschland gut auf-
gestellt sind und dass wir uns auch im europäischen
Raum gut aufstellen. Wir haben mit dieser Gesellschaft
die Chance, über die nationalen Grenzen Deutschlands
hinauszugehen und das Aufgabengebiet auszuweiten.
Das ist eine Chance für die Deutsche Flugsicherung. Ich
glaube, dass wir auf dem richtigen Weg gehen.

Ich als Sozialdemokrat lege großen Wert darauf, dass
wir in dieser Frage im Parlament Konsens erzielen, wie
das schon in den vergangenen Legislaturperioden der
Fall gewesen ist, und dass wir in der Ausschussarbeit auf
der Grundlage dieses Gesetzentwurfs und mit den Anre-
gungen, die uns aus dem politischen, aber auch dem
wirtschaftlichen Raum erreichen, eine Lösung erzielen,
die die Gedanken und Inhalte, die heute formuliert wor-
den sind, aufnimmt. Ich bedaure, dass sich die Linke
schon jetzt festgelegt hat, ein solches Gesetz abzulehnen.
Dann ist man natürlich raus aus dem Geschäft und kann,
wenn man sagt, man wolle das grundsätzlich nicht, als
Berichterstatter kaum noch mitwirken. Ich sage an dieser
Stelle: Ich halte eine solche Position für grundlegend
falsch. Es ist zu bedauern, aber es ist halt so. Ich kann
mir darüber nicht den Kopf zerbrechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wichtig ist, dass am Ende des Tages eine runde Sache
steht, die Wirkung zeigt, die die Sicherheit sensibel re-

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(C (D elt und die das schafft, was mit einer Kapitalprivatiierung natürlich ebenfalls noch verbunden ist, nämlich ass dem Bund auch Finanzmittel zufließen. Dabei habe ch als Verkehrspolitiker selbstverständlich einen Hinteredanken, auch wenn das möglicherweise schon als Einahme im Finanzressort gebucht wird: Über das, was ort eingenommen wird, sollten wir vielleicht auch noch inmal gemeinschaftlich mit dem Finanzministerium reen, eil der Betrag nicht unerheblich und für das, was wir erkehrspolitisch in Deutschland brauchen und wollen, urchaus attraktiv ist. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Patrick Döring [FDP]: Sehr gut!)


Herzlichen Dank in diesem Sinne. Ich hoffe, dass wir
ier heute einen guten Weg einschlagen und dass wir uns
öglichst bald nach der Ausschussberatung und nach

en entsprechenden Beratungen unter den Berichterstat-
ern hier zu einer zweiten und dritten Lesung eines von

öglichst vielen Fraktionen getragenen Gesetzentwurfs
iedersehen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Patrick Döring [FDP]: Wollen wir mal sehen, wie ihr das durchsetzt!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110400

Ich schließe die Aussprache zu diesem Gesetzent-

urf.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf der Drucksache 16/240 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse sowie an den Rechtsaus-
chuss vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige
orschläge? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann ist
ie Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Künast, Fritz Kuhn, Josef Philip Winkler, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

So genannter Muslimtest in Baden-Württem-
berg – Verfassungsrechtlich problematische
Gesinnungstests beenden

– Drucksache 16/356 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine dreiviertel Stunde vorgesehen. – Ich

ehe dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
osef Winkler von der Fraktion des Bündnisses 90/Die
rünen.






(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die baden-württembergischen Einbürgerungs-
behörden führen seit Jahresbeginn auf der Grundlage ei-
nes so genannten Gesprächsleitfadens eine umfassende
und bis in die Privatsphäre reichende Gesinnungsprü-
fung von Einbürgerungsbewerbern durch. Diese Praxis
entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben im Staatsan-
gehörigkeitsgesetz und vor allen Dingen nicht dem
Grundgesetz. Daher fordern wir die Bundesregierung
mit dem vorliegenden Antrag auf, auf eine rechtmäßige
Praxis der baden-württembergischen Behörden – zum
Beispiel durch eine Klarstellung der Verwaltungsvor-
schriften des Bundes – hinzuwirken.

Die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft ist
Ausdruck eines gelungenen Prozesses der Integration in
die deutsche Gesellschaft. Voraussetzung sind zunächst
ausreichende Deutschkenntnisse. Außerdem gibt jeder
Bewerber oder jede Bewerberin ein klares Bekenntnis zu
unserer Verfassung ab und die Einbürgerungsbehörde
führt mit jedem ein Gespräch, um die Haltung zu unserer
freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu überprü-
fen. Zusätzlich erfolgt bei jedem Einbürgerungsverfah-
ren eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz.

Das alles ist also gängige Praxis in unseren Einbürge-
rungsbehörden bundesweit. Die baden-württembergi-
sche Landesregierung hält dies als einzige Landesregie-
rung nicht für ausreichend und führte zum 1. Januar
2006 einen persönlichen Gesinnungstest ein.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Igitt! Igitt!)


Dies lehnen wir ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das Innenministerium hat den baden-württembergi-
schen Einbürgerungsbehörden eine Verwaltungsvor-
schrift samt Gesprächsleitfaden für künftige Einbürge-
rungen an die Hand gegeben, die ab dem 1. Januar 2006
gilt. Pikanterweise haben es die FDP-Minister in Baden-
Württemberg trotz vollmundiger Ankündigungen von
Herrn Minister Goll in der Presse bisher nicht ge-
schafft – ich sage: leider –, die Verwaltungsvorschrift
und den entsprechenden Gesprächsleitfaden aus dem
Verkehr zu ziehen.

Laut einer Pressemitteilung des Innenministeriums
vom 14. Dezember 2005 wird mit der Verwaltungsvor-
schrift das Ziel verfolgt, bei Einbürgerungsbewerbern,
bei denen Zweifel an der Verfassungstreue bestehen
und die die Staatsangehörigkeit eines der 57 Staaten ha-
ben, die der Islamischen Konferenz angehören, oder die
muslimischen Glaubens sind – damit niemand verloren
geht –, das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen
Grundordnung zu prüfen.

Erstens. Ich betone, das ist das angebliche Ziel. Zwei-
tens werden wir sehen, was daraus noch folgt. Es wird
nämlich vom Innenministerium behauptet, dieser Ge-
sprächsleitfaden sei bei allen Einbürgerungswilligen an-

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(C (D uwenden, bei denen Zweifel an der Verfassungstreue estehe. ber Sie haben die Pressemitteilung des Innenministerims gerade von mir gehört. Daraus geht hervor, dass das nnenministerium Zweifel hat, ob das Bekenntnis von uslimen bei der Einbürgerung ihrer tatsächlichen inneen Einstellung entspricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und das mit der FDP!)


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Genau!)


Ich hoffe, wir hören gleich, dass dieses Vorhaben auf-
rund des massiven Protests der FDP in der baden-
ürttembergischen Regierung nächste Woche zurückge-

ogen wird. Das Innenministerium stellt somit alle
uslimischen Einbürgerungsbewerber unter den skan-

alösen Generalverdacht der verfassungsfeindlichen Ge-
innung und leistet keinen Beitrag zur Integration, son-
ern diskriminiert pauschal eine Gruppe allein wegen
hrer Glaubenszugehörigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Eines ist natürlich klar: Islamisten und andere Verfas-
ungsfeinde dürfen nicht eingebürgert werden; daran be-
teht überhaupt kein Zweifel und daran darf auch kein
weifel gelassen werden. Allerdings ist diese Art von
esinnungstest das falsche Instrument, weil es nicht
irksam ist, um verfassungsfeindliche Akteure aufzu-

püren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Unser Staat ist gerade keine Gesinnungsgemeinschaft.
eswegen ist dieses Verfahren verfassungswidrig. Die

ndividuelle Meinungsfreiheit ist grundrechtlich ge-
chützt. Etliche der Fragen betreffen die Intimsphäre und
en Kernbereich der privaten Lebensgestaltung. Sie zie-
en auf subjektive Befindlichkeiten und Einstellungen ab,
icht etwa auf objektive Fakten und Kenntnisse.

Viele Antworten auf die Fragen gehen den Staat über-
aupt nichts an, wie etwa die Frage, wie man es findet,
enn jemand schwul ist, wenn der Sohn schwul ist oder
enn Politiker schwul sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Und das ist auch gut so!)


Warum, Herr Minister, fragen Sie nicht auch ab, wie
in Mann reagiert, wenn sein Sohn oder seine Frau ihm
rklärt, einen dunkelhäutigen Politiker gewählt zu ha-
en? Das ist in Ihrer Vorstellung von Verfassungstole-
anz nicht vorgesehen.

Alles in allem haben wir es hier mit einer grundge-
etzwidrigen Gesinnungsüberprüfung zu tun, wie wir sie
och aus den Zeiten der berüchtigten Berufsverbote der
0er- und 80er-Jahre kennen. Ausgerechnet zur Prüfung






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
der Verfassungstreue wird ein Fragebogen gewählt, der
dem Geist und den Prinzipien der Verfassung eklatant
widerspricht. Es stellt sich deshalb – ich komme zum
Schluss – für mich schon die Frage nach der inneren
Einstellung der baden-württembergischen Landesregie-
rung zum Grundgesetz und zu unseren gemeinsamen
Werten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wir fordern die Bundesregierung auf: Machen Sie Ih-
ren Einfluss auf den baden-württembergischen Minister-
präsidenten geltend und fordern Sie ihn auf, diesen
Gesinnungstest zurückzuziehen, oder ändern Sie die
Verwaltungsvorschriften des Bundes, damit so etwas so-
fort aufhört!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110500

Das Wort hat nun der Innenminister von Baden-

Württemberg, Herr Heribert Rech.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601110600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In der Grundfrage, so denke ich, sind wir uns
alle einig: Wer Deutscher werden will, muss auf dem
Boden unser freiheitlichen demokratischen Grundord-
nung stehen und sich zu ihr bekennen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bestreitet das?)


Wer unsere Staatsangehörigkeit besitzt, ist gleichberech-
tigte Bürgerin oder gleichberechtigter Bürger unseres
Landes. Sie oder er hat alle Bürgerrechte, kann in
Deutschland wählen und gewählt werden, genießt Frei-
zügigkeit innerhalb der Europäischen Union und kann
ohne Visum in viele Länder reisen. Freiheit heißt auch,
Verantwortung zu tragen. Wer Rechte hat, hat aber auch
Pflichten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die deutsche Staatsangehörigkeit kann und darf es
eben nicht zum Nulltarif geben; denn Freiheit kann auf
Dauer nur der Staat gewährleisten, der sich selbst seiner
Grundlagen gewiss ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die bedeutendste Grundlage unseres Staatswesens ist
unsere freiheitliche demokratische Grundordnung.
Deshalb muss derjenige, der Mitglied unseres Staatsver-
bandes werden will, ein eindeutiges und unmissver-
ständliches Bekenntnis zu dieser unserer Grundordnung
ablegen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das steht ja im Gesetz!)


Was ist nun neu am Einbürgerungsverfahren in
aden-Württemberg?


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Gesinnungsfrage!)


as hat zu teilweise sehr heftigen Reaktionen geführt?
islang haben wir uns weitgehend darauf beschränkt, zu
rfragen, was der Einbürgerungsbewerber über unsere
reiheitliche demokratische Grundordnung weiß. Das
aben wir mit einem Wissenstest ermittelt. Darin fragten
ie Behörden zum Beispiel: „Wie heißt der Landrat?“
der: „Wie viele Einwohner hat Ihre Stadt?“

Erlauben Sie mir an dieser Stelle, den Vater des Hu-
anismus, Francesco Petrarca, zu zitieren:

Es ist ein großer Unterschied, ob ich etwas weiß
oder ob ich es liebe; ob ich etwas verstehe oder ob
ich nach ihm strebe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s geht uns mit unserem neuen Ansatz mehr als bisher
arum, festzustellen, ob der Einbürgerungsbewerber
ine innere Hinwendung zur Bundesrepublik Deutsch-
and und zu ihrer Verfassungsordnung vollzogen hat


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Innere Hinwendung?)


zw. ob er eine positive Einstellung zu den Werten unse-
er Verfassungsordnung besitzt, also nicht nur bestimmte

issensfragen beantworten kann.

Deswegen führen unsere Einbürgerungsbehörden seit
ahresbeginn anhand eines flexibel zu handhabenden
eitfadens ein Gespräch mit den Einbürgerungsbewer-
ern. In diesem Gespräch geht es im Kern um das Verhält-
is des Einbürgerungsbewerbers zu den Grundprinzipien
nserer Verfassung, seine Haltung zur Menschenwürde,
ur Gleichberechtigung von Mann und Frau, zum Ge-
altmonopol des Staates, zu Toleranz, Selbstbestim-
ung, Religionsfreiheit und seinem Demokratiever-

tändnis im Allgemeinen.

Ein Gespräch über unsere Verfassungsordnung – eine
echtsordnung, auf die wir wahrhaftig stolz sein können
nd die uns so viel Freiheit und so viele Rechte wie noch
ie in unserer Geschichte gebracht hat – kann doch nicht
iskriminierend sein.


(Beifall bei der CDU/CSUJörg Tauss [SPD]: Provozieren Sie keine Koalitionskrise!)


Der Punkt, zu dem ich jetzt komme, ist mir besonders
ichtig, weil es dabei massive Fehlinterpretationen und
issverständnisse gegeben hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Leider nein!)


nsere Einbürgerungsbehörden sollen im Einbürge-
ungsgespräch den Leitfaden selbstverständlich nicht nur
n Gesprächen mit Angehörigen islamischer Staaten
eranziehen.






(A) )



(B) )


Minister Heribert Rech (Baden-Württemberg)


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das steht aber in Ihrer Pressemitteilung! – Jörg Tauss [SPD]: Fragen Sie den Papst nach Homosexualität?)


Wenn entsprechende Zweifel vorliegen, dann soll das
Gespräch anhand des Leitfadens selbstverständlich auch
mit Einbürgerungsbewerbern aus anderen Staaten ge-
führt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das ergibt sich schon daraus, dass das Bekenntnis zur
freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Ein-
bürgerungsvoraussetzung ist, die für alle Bewerber glei-
chermaßen gilt. Auch bei Bewerbern aus islamischen
Ländern soll der Leitfaden keineswegs ausnahmslos auf
alle Bewerber angewendet werden. Wenn die Behörde
annehmen darf, dass sich der Bewerber zu unserer Ver-
fassung bekennt, wäre ein Gespräch anhand des Leitfa-
dens überflüssig.

Ebenso unzutreffend ist der Vorwurf, dass Muslime
durch den Einbürgerungsleitfaden diskriminiert oder
ausgegrenzt würden. Der Einbürgerungsbehörde ist die
Zugehörigkeit des Bewerbers zu einer Religion nicht be-
kannt und sie wird auch nicht erfragt. Es geht also nicht
um die Religion des Einbürgerungsbewerbers, sondern
allein um seine Haltung zur Werteordnung des Grundge-
setzes.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Da hat der Papst noch Glück gehabt!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110700

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Ekin Deligöz von der Fraktion des Bündnis-
ses 90/Die Grünen?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601110800

Ich gestatte sie am Ende meiner Rede. Ich möchte an-

gesichts der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit
diesen Gedanken zusammenhängend zu Ende bringen
können.

Ich stelle in diesem Zusammenhang mit großem
Nachdruck und aus tiefer persönlicher Überzeugung
fest: Die überwiegende Mehrzahl der bei uns lebenden
Muslime ist gesetzes- und verfassungstreu. Sie werden
– in Baden-Württemberg wie anderswo – problemlos
eingebürgert, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vor-
liegen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wofür dann dieser Bogen? – Jörg Tauss [SPD]: Also weg damit!)


Ich bin mir sicher, dass sich hieran auch in Zukunft
nichts ändern wird. Angehörige aus islamischen Staaten
werden auch in Zukunft die Mehrheit der in Deutschland
Eingebürgerten stellen.

Wir dürfen aber nicht ausblenden, dass es bei Ange-
hörigen islamischer Staaten Strömungen gibt, die nicht
mit den Werten des Grundgesetzes und unserer freiheitli-

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(C (D hen demokratischen Grundordnung im Einklang steen. (Jörg Tauss [SPD]: Das sagen die doch nicht per Fragebogen!)


er dies leugnet, verkennt die Ereignisse des 11. Sep-
ember 2001 in New York und die Anschläge in Madrid
nd London mit ihren Tausenden von Opfern.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das leugnet ja keiner! Wer leugnet das? Wir werfen Ihnen nur das Mittel vor! – Jörg Tauss [SPD]: Das schreiben die in ihren Fragebogen, dass sie die Absicht haben, den Staatspräsidenten zu ermorden?)


u den zentralen Botschaften des 11. September gehört,
ass wir die Entstehung und Verfestigung von Parallel-
esellschaften verhindern müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats des Ober-
andesgerichts Düsseldorf hat in einem Vorwort zum
trafurteil gegen Metin Kaplan die Verblüffung des Se-
ats zum Ausdruck gebracht und uns ins Stammbuch ge-
chrieben,

… dass eine Vielzahl von Zeugen …, und davon
nicht wenige mit inzwischen deutscher Staatsange-
hörigkeit, mit einer kaum zu glaubenden Unver-
blümtheit oder besser Unverfrorenheit erklärten,
dass für sie auch hier in Deutschland nicht die deut-
schen Gesetze, ja nicht einmal die deutsche Verfas-
sung, sondern das islamische Recht, die Scharia,
maßgeblich sei.


(Zurufe von CDU/CSU: Unglaublich! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja auch skandalös! Wer hat die denn eingebürgert?)


ieselben Leute räumten aber auf Befragen des Gerichts
usdrücklich ein,

… dass sie gerade wegen der Möglichkeit, ihre Re-
ligion frei und ohne Behinderung auszuüben, also
wegen der ihnen aufgrund unserer Verfassung ge-
währten Rechte und Freiheiten nach Deutschland
gekommen sind.

o weit das Zitat des Vorsitzenden Richters.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann hat die Einwanderungsbehörde falsch gearbeitet!)


Ich fasse zusammen. Ich verstehe nach wie vor nicht,
ass es im Einbürgerungsverfahren nicht möglich sein
oll, beispielsweise zu fragen, wie es der Bewerber mit
er Gleichbehandlung von Mann und Frau hält, wie er
u Bildungschancen junger Mädchen steht und wie er es
it der Toleranz gegenüber Andersgläubigen hält. Was
ir vom Einbürgerungsbewerber verlangen, ist nicht
ehr und nicht weniger als ein klares und nachvollzieh-

ares Bekenntnis zu unserer verfassungsmäßigen Ord-
ung.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Minister Heribert Rech (Baden-Württemberg)

So viel Verfassungspatriotismus darf, so viel Verfas-
sungspatriotismus muss sein.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601110900

Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Kollegin

Ekin Deligöz.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601111000

Sehr geehrter Herr Minister, eigentlich wollte ich Ih-

nen eine Zwischenfrage stellen. Dazu haben Sie mir aber
keine Gelegenheit gegeben. Deshalb mache ich nun eine
Kurzintervention. Aber Sie können ja noch erwidern.

Sind Sie nicht der Meinung, dass es ausreicht, wenn
wir den Menschen bei der Einbürgerung abverlangen,
dass sie sich eindeutig zum Grundgesetz bekennen, und
dass wir im Rahmen des letzten Staatsbürgerschaftsge-
setzes eingeführt haben, dass es bei einem Einbürge-
rungsverfahren eine Regelanfrage beim Verfassungs-
schutz gibt, durch die genau das berücksichtigt wird, was
Ihnen wichtig ist, nämlich die Erfragung bestimmter
Sachverhalte aus der Vergangenheit des Bewerbers?
Wenn Sie nicht dieser Meinung sind, dann sollten Sie es
begründen; denn das hieße, dass Sie grundsätzlich der
Meinung wären – das interessiert mich ganz beson-
ders –, dass der Verfassungsschutz die erforderlichen
Antworten nicht liefern kann. Aber dann müssten wir
dieses Instrument hinterfragen und prüfen, ob es richtig
ist, und es stellte sich die Frage, warum Sie es unbedingt
haben wollten und nun die gleichen Argumente wie da-
mals anführen.

Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich komme aus
dem Allgäu und weiß, dass es dort bestimmte Menschen
gibt, die durchaus eine andere Einstellung beispielsweise
zur Homosexualität haben als die Mitglieder meiner
Fraktion. Meinen Sie, dass diese Menschen womöglich
ausgebürgert werden müssten?


(Beifall bei der LINKEN)


Würden Sie beispielsweise manche Menschen in der
Kirche, die eine andere Position zur Homosexualität ha-
ben, ebenfalls ausbürgern? Ihre Auffassung dazu interes-
siert mich sehr.

Ein Letztes. Es stimmt, Sie polarisieren. Ich bekenne
mich dazu, dass ich Muslimin bin, und gleichzeitig bin
ich Mitglied dieses Parlaments. Ich hoffe, dass das nicht
als Outing, sondern als eine Selbstverständlichkeit ver-
standen wird. Es gibt nun einmal auch Menschen ande-
ren Glaubens in diesem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Mich stört es sehr, wenn Sie den Islam mit Fundamenta-
lismus und Gewaltbereitschaft gleichsetzen. Es gibt auf-
geklärte Muslime in diesem Land,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D uch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen. Sie dürfen ns, die aufgeklärten Muslime, nicht in einen Topf mit undamentalisten und Gewaltbereiten werfen. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Genau das hat er nicht getan!)


Lassen Sie mich doch mal zu Ende reden! – Unsere
erfassung anzuerkennen, bedeutet auch, zu tolerieren,
u respektieren und zuzulassen. Sie gilt für mich als ein-
ebürgerte Person genauso wie für Sie, einen gebürtigen
eutschen. Auch Sie müssen sich an die Verfassung hal-

en, wenn es darum geht, Gesinnung und Gedanken An-
ersgläubiger in diesem Land zu akzeptieren, zu tolerie-
en und vor allem zu respektieren. Das sollte für Sie
enauso gelten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ören Sie endlich damit auf, alle Muslime unter Gene-
alverdacht zu stellen. Das haben wir nicht verdient.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Macht er doch gar nicht!)


as empfinden wir so. Das habe ich auch vorhin wieder
o empfunden. Hören Sie endlich damit auf!


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601111100

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601111200

Denken Sie lieber darüber nach, wie wir gemeinsam

iese Gesellschaft weiterbringen können, wie wir ge-
einsam das Miteinander gestalten können, anstatt das
egeneinander und das Polarisieren zu schüren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601111300

Herr Minister.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601111400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

ollegin, die Tatsache, dass es eventuell Deutsche mit
iner problematischen Einstellung zu unseren Verfas-
ungswerten wie Toleranz gibt – im Allgäu oder anders-
o –, rechtfertigt es nicht, Ausländer mit gleicher Ein-

tellung einzubürgern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das war dünn!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601111500

Das Wort hat nun der Kollege Hartfrid Wolff von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ramatische Ereignisse des vergangenen Jahres wie






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

der Mord an Theo van Gogh in den Niederlanden oder
jüngst die Vorstadtkrawalle in Frankreich machen eines
deutlich: Die Integration von Ausländern ist eine der
wichtigsten Fragen, mit denen sich eine freiheitliche Ge-
sellschaft auseinander setzen muss. Sie ist zu wichtig,
um in Wahlkämpfen zerredet und an bierseligen Stamm-
tischen oder in multikultiverträumten Altachtundsechzi-
gerrunden erörtert zu werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Integration und die Einbürgerung von Ausländern
müssen auf einer sachbezogenen Ebene diskutiert wer-
den. Wir haben vorhin gemerkt, wie nötig das ist. § 10
des Staatsangehörigkeitsgesetzes verlangt ausdrücklich
ein Bekennen und eine Erklärung zur freiheitlich-demo-
kratischen Grundordnung. Ich kann daran nichts
Schlechtes finden. Im Gegenteil. Auch aus Sicht der
Grünen kann das Erfordernis des Bekennens zur demo-
kratischen Grundordnung so falsch nicht sein. Schließ-
lich stammt diese Regelung aus der Zeit, als die Grünen
mitregierten.


(Beifall bei der FDP)


Die Grünen haben offenbar gelegentlich Gedächtnis-
lücken, wenn sie im Bereich der Innenpolitik an ihre ei-
gene Regierungszeit zurückdenken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Das ist wohl wahr!)


In der Begründung des Antrags wird sehr deutlich, wo-
rum es den Grünen geht. Sie wollen sich mit der FDP ei-
nen Wettstreit um den Vorrang als Bürgerrechtspartei
leisten.


(Jörg Tauss [SPD]: Den haben sie gewonnen!)


Wir sind gerne bereit, der Maßstab für die Grünen zu
sein, und fühlen uns sogar geehrt.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Norbert Geis [CDU/CSU])


Der Schutz vor verfassungsfeindlichen Bestrebun-
gen und die Sicherheitsbelange der Bevölkerung ernst zu
nehmen ist Aufgabe jeder Regierung, auch der Landes-
regierung von Baden-Württemberg. Ich bin aber auch
der Meinung, dass nicht überzogen agiert werden darf.
Dementsprechend ist auch die Vorlage des Fragenkata-
logs des Innenministers von Baden-Württemberg sehr
kritikwürdig.


(Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt fängt er an, zum Thema zu reden!)


Wenn ich gerade das Bekenntnis zur Verfassungsord-
nung der Bundesrepublik einfordere, dann muss ich
mich bei meinem eigenen Tun auch an diese halten. Da
weckt der Fragenkatalog erhebliche Zweifel.


(Beifall bei der FDP)


Ich kann nicht erkennen, inwiefern bestimmte Fragen
des Katalogs einen Aufschluss über die Haltung zur frei-

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(C (D eitlich-demokratischen Grundordnung geben können. inige Fragen sind so formuliert, dass sie auch für gut ebildete Deutsche zum Teil schwer durchschaubar sind. or allem aber inhaltlich sind manche der Fragen absolut ndiskutabel, etwa weil sie sexuell diskriminierend sind der gar eine Rangordnung nach ethnischen Kriterien uggerieren. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


elbst den Fachleuten kommen Zweifel. So will das
tuttgarter Ausländeramt laut einem Bericht der „Stutt-
arter Nachrichten“ nur zehn von den 30 Fragen auch
utzen.

Das Vorgehen von Innenminister Rech ist wenig über-
eugend. Dass es ihm offensichtlich nicht um die Inte-
ration einbürgerungswilliger Ausländer geht, zeigt die
atsache, dass er den Ausländerbeauftragten Baden-
ürttembergs, seinen Kabinettskollegen Ulrich Goll,

icht beteiligt hat.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


Sie haben sich vorhin beschwert, dass es eine öffentli-
he Diskussion gab. Die Fachleute zu fragen, hätte viel-
eicht geholfen.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte festhalten, was in der Debatte klar gewor-
en ist: Die CDU hat der Integration in diesem Fall ei-
en Bärendienst erwiesen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Gelingen von Integration ist ein aktives Engage-
ent jedes einzelnen Zugewanderten bei der Eingliede-

ung in die deutsche Gesellschaft unabdingbar. Dazu ge-
ört, die deutsche Sprache zu erlernen, dazu gehört, die
rundwerte unserer Verfassung und Rechtsordnung vor-
ehaltlos zu akzeptieren und selbst zu leben. Die Gleich-
erechtigung von Mann und Frau etwa und die Freiheit
ur Gestaltung eigener Lebensentwürfe sind ein unab-
ingbarer Teil dieser Werteordnung.


(Beifall bei der FDP)


Kultur und Religion sind auf keinen Fall eine Recht-
ertigung für menschenrechtswidrige Praktiken, zu de-
en beispielsweise die Zwangsheirat gehört.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s ist wenig plausibel, derartige Werte einerseits poli-
isch laut einzufordern – wie es hier die Grünen tun –
nd zugleich die Betreffenden vor der Einbürgerung da-
ach nicht fragen zu wollen.


(Beifall bei der FDP –Jörg Tauss [SPD]: Welche Antworten erwarten Sie denn?)


Ich habe nicht das Gefühl, dass Migrantinnen und Mi-
ranten in ihrer Mehrheit damit ein großes Problem






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

haben. Ich habe vielmehr das Gefühl, dass sich sowohl
die CDU in Baden-Württemberg als auch die Grünen im
Vorfeld der Landtagswahlen damit profilieren wollen.


(Beifall bei der FDP)


Wir Liberalen werden kühlen Kopf bewahren


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie Gelegenheitsliberalist!)


und ich glaube, das ist auch besser so. Wir wollen eine
freiheitliche, eine offene Gesellschaft. Wir halten es für
richtig, das offen anzusprechen. Aber wir werden weder
kollektive Verdächtigungen noch ein Aushorchen der In-
timsphäre unbescholtener Menschen akzeptieren.


(Beifall bei der FDP)


Eine Politik einseitig zulasten von Minderheiten lehnen
wir ab.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Liberalen in BadenWürttemberg, Jesses!)


Freiheit und Sicherheit stehen stets in einem Span-
nungsverhältnis. Aber Freiheit und Sicherheit bedingen
auch einander. Die Rechtsstaatspartei FDP wird stets,
auch bei der Einbürgerung, für die Freiheit eintreten,
ohne die Sicherheit zu vernachlässigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601111600

Herr Kollege Wolff, das war Ihre erste Rede in die-

sem Haus. Ich beglückwünsche Sie dazu sehr herzlich
und wünsche Ihnen alles Gute.


(Beifall)


Das Wort hat nun der Kollege Dr. Michael Bürsch,
SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601111700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser

Gesinnungstest aus Baden-Württemberg ist eine Dop-
pelsteilvorlage für die SPD:

Zum einen können wir sehr deutlich machen, wie eine
verfehlte Umsetzung des Staatsangehörigkeitsrechts aus-
sieht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das hat Herr Rech hier noch einmal sehr deutlich bewie-
sen. Das ist aus unserer Sicht ein abschreckendes Bei-
spiel für die Anwendung des neuen Staatsangehörig-
keitsrechts. Ich sage an die Adresse unseres neuen
Koalitionspartners: Demokratie lebt auch vom Unter-
schied und ist keine Harmonieveranstaltung. Wir neh-
men uns also die Freiheit, an dieser Stelle deutlich zu
zeigen, wie verfehlt wir diesen Weg in Baden-Württem-
berg finden.

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(C (D Zum anderen ist es auch eine Steilvorlage für die PD, weil sie ihr Verständnis von Integrationspolitik och einmal verdeutlichen kann. Das, worüber wir heute eden, hat mit viel mehr zu tun als mit der Überprüfung on Gesinnung. Es hat mit dem Verständnis von Integraion zu tun. Für mich ist das, was aus dem badenürttembergischen Fragebogen hervorgeht, eher ab chreckend. Davon setzt sich die SPD deutlich ab. Ich nehme mit Freude und einer gewissen Überrachung zur Kenntnis, welche Doppelstrategie die FDP ier fährt. n Baden-Württemberg ist der Protest gegen diese Geinnungsprüfung nicht sehr laut geworden. In diesem arlament hier in Berlin klingt das schon sehr viel aners. Die Bürgerrechtspartei FDP hat sich hier wunderar artikuliert. (Ernst Burgbacher [FDP]: Sie müssen die richtigen Zeitungen lesen!)


(Beifall bei der SPD)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ganz klarer Weg!)


Was liegt uns hier vor? Ich weiß gar nicht, verehrte
olleginnen und Kollegen, ob Sie tatsächlich Gelegen-
eit hatten, sich diesen „wunderbaren“ Fragebogen ein-
al genauer anzuschauen, also selber einmal den Lack-
ustest zu machen. Da gibt es zum Beispiel die Fragen
ich stelle sie Herrn Uhl –:

Halten Sie es für einen Fortschritt, dass Männer und
Frauen in Deutschland kraft Gesetzes gleichberech-
tigt sind?


(Lachen des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hätten Sie bei bestimmten Berufen Schwierigkei-
ten, eine Frau als Autoritätsperson anzuerkennen?

Sie müssen jetzt nicht antworten,


(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Sie haben Probleme!)


ber die Frage ist schon, wie Sie unter vier Augen darauf
ntworten würden.

Herr Strobl – Sie sind aus Baden-Württemberg –, Ih-
en stelle ich folgende Frage:

Ihre Tochter bewirbt sich um eine Stelle in
Deutschland. Sie bekommt jedoch ein ablehnendes
Schreiben. Später erfahren Sie, dass eine Schwarz-
afrikanerin aus Somalia die Stelle bekommen hat.
Wie verhalten Sie sich?

Wie verhalten Sie sich als Baden-Württemberger in
ieser Frage, tolerant, weltoffen?


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Gute Frage!)


ann ist noch die Frage: Wie ist Ihre Gesinnung in die-
er Frage?






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Haben Sie Probleme mit der Antwort?)


Das Ganze ist am allerschönsten, wo es um die
Demokratie geht. Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich wäre wirklich froh und dankbar, wenn mir das je-
mand beantworten könnte. In dem Fragebogen heißt es:

Was halten Sie von folgenden Aussagen?

– „Demokratie ist die schlechteste Regierungsform,
die wir haben, aber die beste, die es gibt.“


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Wenn man Sie sieht, auf jeden Fall!)


Über diesen Satz sollte man schon ganz vertieft nach-
denken. Herr Uhl, wer belesen ist, wird entdecken, dass
dieser Satz eine verdammte Ähnlichkeit mit einem Zitat
von Churchill hat.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Genau!)


Der Satz lautet nämlich: Demokratie ist eine höchst
mangelhafte Regierungsform, aber immer noch die beste
von allen, die wir bisher probiert haben.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Was man von Ihrer Rede nicht behaupten kann!)


Da hat einer der Beamten, glaube ich, den Churchill als
Trojanisches Pferd mit hineingebracht. – Das alles ist in
diesem blödsinnigen Fragebogen enthalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Was hier stattfindet, ist nicht nur Realsatire; das ist
nicht nur Absurdistan; darin steckt erheblich mehr. Das
ist ernster, als es bei diesem Fragebogen vielleicht zu-
nächst einmal rüberkommt.

Ich sehe darin verschiedene wirklich kritikwürdige
Punkte. Das ist nur die geballte Kritik, Herr Rech; ich
habe sie mir nicht ausgedacht, auch die SPD hat sie sich
nicht ausgedacht. Es beginnt mit einem Verstoß gegen
Art. 3 Grundgesetz. Das haben Sie nicht widerlegt,
wenn Sie sagen, es werde nicht nach der Religion ge-
fragt. Damit wird eine Diskriminierung vorgenommen.
Eine Gesinnungsprüfung, werter Herr Rech, wird vom
Grundgesetz nicht gewünscht und nicht gewollt. Man
kann das zuspitzen: Wer Deutscher werden will, muss
kein Gutmensch – das ist nämlich das, was aus diesem
Fragebogen hervorgeht – sein. Es wird verlangt – daran
gibt es überhaupt keinen Zweifel –, dass sich die Men-
schen, die hier eingebürgert werden sollen und wollen,
zu den Verfassungsgrundsätzen bekennen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht im rot-grünen Gesetz zur Staatsangehörigkeit!)


– Das steht in § 10. – Die Frage ist nur, wie wir zu einer
Prüfung dessen kommen, was dieses Bekenntnis aus-
macht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Machen Sie doch einen Vorschlag, wenn Sie so schlau sind!)


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(C (D Ich sage Ihnen: Das ist keine Gesinnungsfrage. Das ann man nicht in den Hirnen der Menschen abfragen. as ist eine Frage der täglichen Praxis. Wenn Schülerinen nicht an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen, um Beispiel nicht am Sportunterricht, dann muss man arauf hinwirken, dass das anders wird. ber das kann man nicht über die Gesinnungsfrage reeln. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Genau das ist das Problem! – Dirk Niebel [FDP]: Was ist das eigentlich für ein Zustand in der großen Koalition?)


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja!)


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Aha!)


Das Instrument, das hiermit vorgelegt worden ist, ist
bsolut unpassend und es ist verfassungswidrig, weil es
us Gesinnungsfragen aufgebaut ist.

Es gibt noch eine Frage, die damit zusammenhängt.
ie steht allerdings nicht darin. Soll dann, wenn jemand
iesen Gesinnungstest nicht besteht, die Staatsangehö-
igkeit entzogen werden? Das ist ein Gegenstand, der in
inem ganz anderen Fall – da geht es um falsche Anga-
en – jetzt vor dem Verfassungsgericht anhängig ist.
ach der Anlage dieses Fragebogens würde ich nicht

inmal ausschließen, dass womöglich auch das noch ein-
ezogen ist, dass also dann, wenn dieser Fragebogen
icht ordentlich beantwortet wird, die Möglichkeit be-
teht, die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Das wäre ein
larer Verstoß gegen Art. 16 Grundgesetz.

Es ist viel gesagt und geschrieben worden. Ich kann
ur ein wenig aus diesem ganzen Bild wiedergeben – das
st wirklich durch die Bank negativ, lieber Herr Rech –:
ie Fragen offenbaren ein klischeehaftes Welt- und
enschenbild über Muslime. Sie spiegeln platte Vorur-

eile gegen Muslime wider. Sie sind von einer Misstrau-
nskultur gegen die Menschen geprägt, die zu uns kom-
en.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun zu der Frage, die auch hier schon gestellt worden
st. Wenn das denn der Verfassungs-TÜV sein sollte:
ei ehrlicher Beantwortung der Fragen dürfte heraus-
ommen, dass vermutlich viele Menschen nicht auf dem
oden unseres Grundgesetzes stehen; bei ehrlicher Be-
ntwortung würden sie die Fragen nämlich anders beant-
orten, als Herr Rech das vorgibt. Wer wirklich Verfas-

ungsfeind ist, der – da kommen wir zu den praktischen
ragen – würde bei den Antworten das sagen, was der
eneigte Fragesteller hören will, er würde lügen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601111800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Köhler von der CDU/CSU-Fraktion?






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601111900

Ja, gerne.


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1601112000

Herr Kollege Bürsch, Sie haben in Ihrem engagierten

Vortrag darauf hingewiesen, dass es auch in Deutschland
Antisemiten, Schwulenhasser –


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601112100

Abweichende Meinungen.


Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1601112200

– und Frauenfeinde gibt. Da haben Sie Recht; das ist

leider so. Aber warum, Herr Kollege, sollte dies ein
Grund sein, zusätzlich Antisemiten, Schwulenhasser und
Frauenfeinde einzubürgern?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Zurufe von der LINKEN: Buh! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sagt das denn?)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601112300

Frau Kollegin, das hebt die sehr ernste Frage, wie In-

tegration aussieht und wen wir integrieren, auf eine völ-
lig falsche Ebene.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht darum, ob wir Antisemiten oder eine der
anderen von Ihnen benannten Gruppen hier integrieren
wollen. Auch das, was der Innenminister zum Schluss
geantwortet hat, führt in eine völlig falsche Richtung.
Wir können die Gesinnung nicht überprüfen. Ich wieder-
hole, was ich gesagt habe: Es kann nicht darum gehen,
dass wir nur Gutmenschen einbürgern nach dem Motto,
dass wir hier nur den weltoffenen, toleranten, gewalt-
freien Frauenversteher wollen. Oder wer soll das bitte
schön sein?

Ich sage Ihnen: Es geht darum, dass bestimmte Krite-
rien erfüllt werden müssen. Das kann man durch An-
frage beim Verfassungsschutz klären. Man kann klären,
ob Menschen straffällig geworden sind. Wer sich hier als
Antisemit äußert oder betätigt, der macht sich strafbar.
Insofern sind das klare Kriterien.


(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das muss dann strafrechtlich verfolgt werden!)


Wer wirklich Verfassungsfeind ist, wird aber mit die-
sem Test nicht bloßgestellt. Die Praktiker – das zeigt der
Rücklauf von Ihren Ausländerbehörden; das ist Ihnen
auch schon gesagt worden – können mit dem Fragenka-
talog überhaupt nichts anfangen. Das Ganze bedeutet ei-
nen hohen bürokratischen Aufwand. Es ist nicht klar,
wie die Antworten ausgelegt werden. Das funktioniert
doch nicht nach dem einfachen Motto, dass einer, wenn
er Ja sagt, akzeptabel ist, wenn er Nein sagt, aber nicht.
Da gibt es so große Auslegungsspielräume, dass man da-
mit überhaupt nicht arbeiten kann. Es gibt keine objek-
tiven Bewertungskriterien. Das Ganze ist also eine
Übung – –

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(C (D Herr Kollege, darf ich Sie noch einmal unterbrechen. ie sind so schnell in Ihrer Rede, dass ich kaum eine atzpause finde. Der Kollege Tauss hätte gerne eine wischenfrage gestellt. (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Der Vortrag ist so unbefriedigend, dass er nicht einmal die Fragen von Tauss beantwortet!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601112400


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601112500

Bitte schön.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601112600

Lieber Herr Kollege Bürsch, nachdem sich die Union

u meinem Erstaunen so vehement in den baden-
ürttembergischen Landtagswahlkampf einmischt – um

twas anderes als um einen Landtagswahlkampfgag han-
elt es sich seitens der Union ja in Wahrheit nicht –,
ürde mich doch interessieren, wie Sie die Tatsache be-
erten, dass jenseits dieses Gags die baden-württember-
ischen Kirchen deutlich gemacht haben, dass es hier
m mehr gehen darf als um Landtagswahlkampf zuguns-
en der CDU. Die katholische und die evangelische Kir-
he haben übereinstimmend deutlich gemacht, dass dies
ein Instrument sein kann, dass es ein Instrument wäre,
as in der auch von Ihnen kritisierten Richtung zu be-
erten ist. Wie würden Sie es auch angesichts der Ge-

amtdiskussion bewerten, dass die von der Union ange-
chlagenen Töne bisher offensichtlich keinen Anklang
efunden haben, sondern ganz im Gegenteil verstanden
orden ist, dass es sich eher um eine populistische Wei-

erführung des Wahlkampfes handelt?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601112700

Herr Kollege, ich akzeptiere die Frage gerne. Sie

berfordert mich nicht. Ich gebe Ihnen gerne eine Ant-
ort auf der Grundlage dessen, was ich hier vortrage: Es
ibt eine absolut breite Ablehnung des vorgeschlagenen
eges.


(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Von der SPD!)


ie reicht über die Kirchen und die Gewerkschaften bis
n die Reihen derjenigen in der Verwaltung, die das bear-
eiten müssten. Es herrscht allgemeine Zustimmung,
ass wir natürlich prüfen müssen, wer zu uns kommt und
ass er mit unserer Verfassung konform geht. Aber der
eg, der hier gewählt wird, ist völlig falsch. Der

chlimmste Verdacht, der geäußert worden ist – das ist
eine Erfindung von uns hier in Berlin –, ist, dass das
anze nur mit Wahlkampf zu tun hat. Das erinnert an
ie Unterschriftenaktion 1999 in Hessen, die Sie alle
ennen. Die Aktion soll eine bestimmte Stimmung ge-
en Ausländer entfachen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An den Stammtischen!)


as ist aus meiner Sicht der schlimmste Verdacht. Dage-
en müssen sich die Kirchen – zu Recht – wehren.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will einmal anführen, was zu dieser Gesinnungs-
überprüfung gesagt worden ist. Maria Böhmer, Integra-
tionsbeauftragte: nicht zielführend, Max Stadler: hilflo-
ser Versuch, Birgit Homburger: inakzeptabel. Es gibt
auch entsprechende Stellungnahmen in Zeitungen, spe-
ziell in Zeitungen aus Frankfurt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sie lesen ja doch Zeitung!)


Ich möchte Ihnen gerne folgende Zitate ans Herz le-
gen. Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt:

Niemand bestreitet, dass deutschen Staatsbürgern in
spe eine Bindung an freiheitliche Werte abverlangt
werden kann – und dass es daran gelegentlich man-
gelt. Aber wer glaubt, mit einer Mischung aus
Dummheit und Diskriminierung dagegen vorgehen
zu können, den sollte man seinerseits mal nach sei-
ner „inneren Einstellung“ zum Grundgesetz fragen.

Die ebenfalls sehr objektive „Frankfurter Allgemeine
Zeitung“ schreibt:

Zweifel an der Gesinnung des Bewerbers sind nur
durch dessen nachprüfbares Verhalten in der
Schule, am Arbeitsplatz, im Alltag

– „im Alltag“, Herr Binninger –

auszuräumen, nicht durch noch so verfängliche Fra-
gen.

Herr Rech, diese ganze Aktion verdient also die Be-
wertung mangelhaft, unzulänglich. Machen Sie Schluss
damit!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Georg Brunnhuber [CDU/ CSU]: Im Gegenteil! Jetzt erst recht!)


Ich komme zu dem positiven Teil der heutigen De-
batte, nämlich zu der Frage, wie eine richtige Integra-
tionspolitik aussieht. Für diese Integrationspolitik steht
die SPD. In den letzten fünf Jahrzehnten haben wir ge-
merkt, dass Parallelgesellschaften nicht funktionieren.
Auch der Ansatz „Multikulti“ hat seine Schwächen und
hilft uns bei der Integration nicht weiter.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Also?)


Was aber noch weniger funktioniert – dafür gibt es
ebenfalls genügend Belege –, ist das Modell Assimila-
tion, also Unterordnung der Einwanderer als Geduldete
des Gaststaates.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das Wort Assimilation stammt von Herrn Schily!)


Ich erinnere an die Erkenntnis von Max Frisch: Wir rie-
fen Arbeitskräfte und es kamen Menschen. – Diese Er-
kenntnis müssen wir auch in den nächsten Jahren beach-
ten.

Wofür die SPD und ich plädieren, ist ein dritter Weg.
Die aufnehmende Gesellschaft und die Menschen, die zu

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(C (D ns kommen, müssen eine neue Gesellschaft bilden – in anada ist dies schon gelungen –, die Fähigkeiten und ompetenzen aller, die zusammenkommen, zusammen ührt. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass es eine entprechende Einstellung zu Ausländern und zu Menchen, die zu uns kommen, gibt. In 30 Ländern wurde eine Umfrage über die positiven irkungen durchgeführt, die Einwanderer auf das jewei ige Land haben. Auf die Frage „Haben Einwanderer ositive Wirkungen für unser Land?“ haben 77 Prozent n Kanada mit Ja geantwortet. Ich war im letzten Jahr it dem Innenausschuss in Kanada und kann diese Halung voll und ganz bestätigen. Die Integrationspolitik er Kanadier kommt dem Land selbst, den Menschen, ie kommen, und den Menschen, die dort leben, zugute. n den USA haben auf die Frage immerhin noch 9 Prozent mit Ja geantwortet. In Deutschland liegt der ntsprechende Anteil bedauerlicherweise bei nur 6 Prozent. Das ist eine Frage des Bewusstseins und der entalität. Das heutige Thema hat mit der Frage, wie wir Interation verstehen, und mit der Erkenntnis zu tun, dass enschen, die zu uns kommen, ein Gewinn für unser and sind und unser Leben bereichern. Dieser Ansatz uss in unsere Integrationspolitik einfließen. Integration st nach dem Verständnis der SPD ein Zweibahnprojekt nd keine Einbahnstraße. Beide Seiten bewegen sich ufeinander zu. Die Voraussetzungen, die man dafür raucht, sind Wertschätzung, Anerkennung, Akzeptanz nd Toleranz. Neben diesen Elementen sind die Beteiligungsmögichkeiten der entscheidende Punkt dafür, ob uns die Inegration gelingt. Im Rahmen einer großen Untersuhung, die von Bertelsmann durchgeführt wurde, sagt in Ausländer, der zu uns gekommen ist – das ist für ich typisch –: Warum soll ich mich integrieren, wenn ch nicht akzeptiert werde? – Das ist der Schlüssel dazu, ass wir zueinander kommen und dass Menschen hier irklich eine Heimat finden und das Grundgesetz so anehmen, wie wir das erwarten können. Teilhabe und Parizipation sind also der Schlüssel. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Ich komme zu dem Antrag der Grünen. Es ist deut-
ich geworden: Inhaltlich gibt es eine große Überein-
timmung mit dem, was die Grünen hier mit Recht kriti-
ieren. Aber, werte Freunde von den Grünen, der Weg zu
inem gemeinsamen Beschluss und zu einem Konsens
ber die Anforderungen führt darüber, dass man über
ieses Thema auch reden kann. Ich bedauere es sehr,
ass es heute eine Entscheidung geben soll und dass
ann Schluss bzw. Ende der Fahnenstange ist. Wir wären
ehr daran interessiert gewesen, darüber in den Aus-
chüssen zu diskutieren; denn für uns gilt immer noch
as strucksche Gesetz: Nichts kommt aus dem Bundes-
ag so heraus, wie es hineingekommen ist. Wir hätten
ern darüber geredet.

Unser Antrag hätte zum Beispiel so gelautet: Der
eutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
sich für eine Integrationspolitik einzusetzen, die sowohl
den Maßstäben der Verfassung wie auch dem liberalen
Verständnis von Integration im 21. Jahrhundert ent-
spricht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stellen Sie den mal nächste Woche!)


Das wäre unser Antrag gewesen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601112800

Das Wort hat nun die Kollegin Sevim Dagdelen von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601112900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Zwar ist das neue Jahr noch sehr jung,
dennoch habe ich für das Unwort des Jahres 2006 be-
reits einen Favoriten: Muslimtest.


(Beifall bei der LINKEN)


Bekanntlich werden diejenigen Begriffe zum Unwort
des Jahres gekürt, die die Menschen in ihrer Würde ver-
letzen. Die zu Jahresbeginn in Baden-Württemberg ein-
geführte Einbürgerungspraxis, der Muslimtest, hat beste
Chancen, dieses Kriterium zu erfüllen. Dieser Muslim-
test stellt nämlich eine institutionelle Diskriminierung,
eine öffentliche Demütigung und eine Stigmatisierung
von Menschen muslimischen Glaubens dar.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Migrantinnen und Migranten in Deutschland fühlen sich
durch diesen Test herabgesetzt und entwürdigt. Mit dem
Test wird allen Migrantinnen und Migranten aus musli-
mischen Ländern ein kriminelles Potenzial und man-
gelnde Integrationsbereitschaft respektive -fähigkeit un-
terstellt.

In dem Gesprächsleitfaden spiegelt sich zudem die
Vorstellung einer deutschen Leitkultur wider. Hinter
den Fragen verbirgt sich nämlich das Bild einer kulturel-
len Rückständigkeit von Muslimen. Für diejenigen, die
den ersten notwendigen Schritt in Richtung Integration
machen und die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen,
ist dies ein Schlag ins Gesicht, liebe Kolleginnen und
Kollegen der CDU und der CSU.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Fraktion Die Linke hält die bislang einmalige
Prozedur in Baden-Württemberg im Hinblick auf das
geltende Gleichheitsgebot und das Persönlichkeitsrecht
für besonders bedenklich. Es ist nicht einzusehen, wa-
rum Menschen eines bestimmten Glaubens intensiver
geprüft werden sollen als zum Beispiel einbürgerungs-
willige Christen oder Hindus. Ferner ist nicht einzuse-

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(C (D en, warum man überhaupt auf Fragen nach der Arztahl oder dem Schwimmunterricht der Tochter eingehen oll. Die Fragen bedienen lediglich die vorherrschenden essentiments gegenüber Migrantinnen und Migranten nd sind mit unserem demokratischen Verständnis und elbstverständnis überhaupt nicht vereinbar. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch wenn das Ländle Baden-Württemberg nun die
treichung einiger Fragen vornehmen und die Anwen-
ung dieser Vorschrift auf alle Einbürgerungskandidaten
ie angekündigt ausdehnen sollte, ist ein solcher Gesin-
ungstest nicht akzeptabel. Wir können nicht von Men-
chen, die sich einbürgern wollen, erwarten, das zu sein,
as wir nicht sind. Wir Deutsche sind leider nicht frei
on Sexismus, Antisemitismus und Rassismus. Wir sind
icht vorurteilsfrei gegenüber dem Geschlecht, sexueller
rientierung und Ethnien. Wir wollen das gerne sein,

ind es aber nicht. Die gesellschaftliche Realität zeigt
ilitanten Rechtsextremismus, Antisemitismus, Gewalt

egenüber Schwulen und Frauen, Homophobie und
slamphobie.

Im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswah-
en bieten dieser Fragebogen und der Ruf nach Verschär-
ung des Zuwanderungsrechts Anlass zur Sorge. Es ist
ohl kein Zufall, dass die gegenwärtige Debatte mitten

n den Wahlkampf fällt und dass Baden-Württemberg
abei auch noch eine Vorreiterrolle übernommen hat.

Ich möchte Sie hier ausdrücklich warnen: Wenn Par-
eien, Politikerinnen und Politiker bei Wählerinnen und

ählern weit verbreitete Vorurteile und ablehnende Hal-
ungen bewusst bedienen – das tut man hier –, um Wahl-
rfolge zu erzielen, fügen sie der Demokratie und dem
riedlichen Zusammenleben in der Bundesrepublik
chweren Schaden zu.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was wir brauchen, ist eine integrationsfördernde Poli-
ik, die auf den Rückgang der Einbürgerungszahlen,
esonders in Baden-Württemberg – dieser ist nämlich
eutlich stärker als im Bundesdurchschnitt –, reagiert.
as heißt für mich: Wir brauchen ein liberales Staatsbür-
erschaftsrecht, damit über 7 Millionen Menschen in
nserem Land gleiche Rechte und gleiche Chancen be-
ommen. Herr Minister Rech wie auch die Regierungs-
oalition sollten sich die Frage stellen, wie sie diesen
ückgang – Sie könnten dabei ruhig zuhören, Herr
ech –


(Beifall bei der LINKEN)


er Einbürgerungszahlen stoppen können, anstatt neue
ürden aufzubauen. Wer die Einbürgerung nicht erleich-

ert, sondern weiter erschwert, fördert die Integration
icht.

Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD,
n Ihrer Koalitionsvereinbarung halten Sie fest, dass Sie
ie Vorschriften über das Staatsangehörigkeitsrecht prä-
isieren und eine einheitliche Verwaltungspraxis in allen






(A) )



(B) )


Sevim Dagdelen
Ländern sicherstellen wollen. Jetzt haben Sie die Gele-
genheit, mit einer einheitlichen Verwaltungspraxis diese
Diskriminierung zu stoppen und auf eine rechtmäßige
Praxis hinzuwirken.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Fraktion Die Linke wird deshalb dem Antrag von
Bündnis 90/Die Grünen zustimmen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601113000

Das Wort hat nun der Kollege Clemens Binninger,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601113100

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut.
Bei der Einbürgerung stellen wir zu Recht ganz konkrete
Anforderungen.


(Beifall des Abg. Axel E. Fischer [KarlruheLand] [CDU/CSU])


Dabei ist, glaube ich, eines wichtig: Die Zuerkennung
der deutschen Staatsbürgerschaft steht am Ende einer er-
folgreichen Integration, nicht am Anfang. Alles andere
wäre der falsche Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Das sehen wir aber anders, Herr Kollege!)


Darüber, dass wir uns dabei von konkreten Wertvorstel-
lungen leiten lassen, gibt es sicherlich hier im Haus kei-
nen Streit. Es sind unsere Verfassung, die in ihr nieder-
gelegten Grundrechte und unsere Werteordnung.

Das heißt aber auch im Umkehrschluss: Wer unsere
Verfassung nicht akzeptiert, wer unsere Werteordnung
bekämpft oder negiert, der hat kein Recht darauf, deut-
scher Staatsbürger zu werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So steht es aber im Gesetz!)


Wer zum Beispiel – das sage ich jetzt besonders an die
Adresse der Grünen – die Gleichberechtigung von Mann
und Frau nicht akzeptiert, wer die freie Entfaltung der
Persönlichkeit nicht toleriert, wer den Rechtsstaat oder
das Gewaltmonopol des Staates in Zweifel zieht, der hat
keinen Anspruch darauf, deutscher Staatsbürger zu wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestreitet ja keiner!)


Wenn wir diesbezüglich Zweifel haben – nur darum geht
es doch –, müssen wir nachfragen. Das wird die große

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(C (D ehrheit der Einbürgerungswilligen nicht betreffen, eil wir bei ihnen keine Zweifel haben. Aber das entebt uns doch nicht der Pflicht, bei der Minderheit umso enauer und konkreter hinzuschauen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Methode ist falsch, Herr Kollege! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden am Thema vorbei!)


Es ist doch nicht hinnehmbar, dass wir Personen ein-
ürgern und nach der Einbürgerung erleben müssen,
ass sie sich im Umfeld von Terrorismus und Extremis-
us bewegen, wir aber nichts mehr dagegen tun können.
eribert Rech hat ja vorhin Beispiele aus dem Kaplan-
rozess zitiert. Wir müssen alles tun, um diese Dinge
orher zu verhindern.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Aber nicht mit Gesinnungstests!)


Herr Bürsch, entspannen Sie sich ein bisschen! Dazu
omme ich noch.

Es kann uns nicht gleichgültig sein, dass jemand hier
n Deutschland in einer Parallelgesellschaft lebt, dann
eutscher Staatsbürger wird und anschließend mit allen
echten und Freiheiten, die er hat, unsere Werteordnung
ekämpft. Wer hier wegsieht, gefährdet den inneren
rieden unseres Landes. Und wir sehen nicht weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es geht darum – Herr Bürsch, jetzt hören Sie einmal
urz zu –, wie man in der Praxis verfährt. Bisher werden
bstrakte Begriffe abgefragt: Stehen Sie zur freiheitlich-
emokratischen Grundordnung? – Diese Frage wird
ahrscheinlich immer mit Ja beantwortet werden. – Wie
eißt der Landrat? – Solche Fragen helfen nicht weiter.
eshalb geht Baden-Württemberg den Weg, konkrete
ragen zu Lebenssachverhalten zu stellen.

Lassen Sie mich – weil es sich um eine wirklich sehr
rnste Angelegenheit handelt – einige Dinge klarstellen,
ie die Grünen und die Linken heute Nachmittag hier,
ber auch in der Presse verbreitet haben.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Unverschämterweise!)


s beginnt schon beim Titel des Antrags der Grünen:
Muslimtest“. Im gesamten Gesprächsleitfaden, in al-
en 30 Fragen, tauchen nicht einmal die Wörter „Mus-
im“ oder „Islam“ auf. Sie erzeugen hier ein völlig fal-
ches Bild.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Fakt ist: Im gesamten Gesprächsleitfaden wird nicht
inmal konkret nach der Religion gefragt. Fakt ist: Die
nwendung dieses Gesprächsleitfadens ist in keiner
eise auf bestimmte Staaten oder Personengruppen ein-

egrenzt. Nur wenn Zweifel bestehen, wird er ange-
andt, und zwar bei allen Einbürgerungswilligen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601113200

Herr Kollege, gestatten Sie Zwischenfragen? Ich habe

drei Interessenten: der Kollege Beck von den Grünen,
Herr Winkler von den Grünen und ein Kollege von der
Fraktion Die Linke.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601113300

Frau Präsidentin, wenn Sie mir bei der Redezeit ein

bisschen entgegenkommen – ich habe nur sechs Minu-
ten –, würde ich alle Zwischenfragen zulassen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601113400

Die Redezeit ist unabhängig von der Beantwortung

von Zwischenfragen. Wir beginnen mit Herrn Beck. Er
hat sich zuerst gemeldet.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601113500

Herr Kollege Binninger, sind Sie bereit, zur Kenntnis

zu nehmen, dass einige Kommunen wie Heidelberg Un-
terlagen zu Unterrichtungen des Innenministeriums des
Landes Baden-Württemberg vorliegen haben, in denen
der Adressatenkreis dieser Maßnahme präzise beschrie-
ben wird, nämlich erstens „Muslime“ und zweitens
„Fundamentalisten und politische Extremisten“, was be-
deutet, dass man die Gruppe der Muslime gleichsetzt mit
Fundamentalisten und politischen Extremisten? Ich
finde, diese Gleichsetzung ist eine ungeheuerliche Diffa-
mierung der Glaubensgemeinschaft der Muslime in un-
serem Land. Das muss aus der Welt geschafft werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601113600

Herr Beck, ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann Ihnen die Dokumente gern zur Verfügung stellen! Die sind im Internet auffindbar!)


– Moment! Wir sollten uns über eines einig sein, näm-
lich darüber, dass wir hier über eine Verwaltungs-
vorschrift des Innenministeriums Baden-Württemberg
sprechen, welches diesen Gesprächsleitfaden an die
Ausländerbehörden gesandt hat. Das sind die entschei-
denden Dokumente – nicht irgendeine Notiz einer Aus-
länderbehörde, die Ihnen zugespielt worden ist.


(Lachen des Abg. Bodo Ramelow [DIE LINKE])


In diesen beiden Dokumenten – Verwaltungsvor-
schrift und Gesprächsleitfaden – taucht nicht einmal der
Begriff „Muslime“ auf, taucht nicht einmal die Eingren-
zung auf bestimmte Staaten auf. Vielmehr ist klarge-
stellt, dass er auf alle angewandt wird, wenn Zweifel be-
stehen. Insofern diskriminieren Sie und nicht wir!


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich leite Ihnen das entsprechende Dokument nach dieser Debatte gerne zu!)


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(C (D Herr Winkler. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601113700
Herr Kollege Binninger, Sie haben völlig Recht und

s ist völlig unstrittig, dass in dem Gesprächsleitfaden
as Wort „Muslime“ nicht auftaucht.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601113800

Das hätten Sie heute Mittag hier sagen können!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Wenn Sie mir etwas genauer zugehört und sich nicht

chon präventiv erregt hätten, wäre Ihnen aufgefallen,
ass ich eine Pressemitteilung des Innenministeriums
aden-Württemberg vom 14. Dezember 2005 zitiert
abe. In dieser Pressemitteilung des Innenministeriums
aden-Württemberg, die ich mit Briefkopf vorliegen
abe, werden einige islamische Autorinnen und Autoren
itiert. Die Pressemitteilung kulminiert in Folgendem:

Aufgrund all dieser Informationen habe das Innen-
ministerium Zweifel, ob bei Muslimen generell da-
von auszugehen sei, dass ihr Bekenntnis bei der
Einbürgerung auch ihrer tatsächlichen inneren Ein-
stellung entspreche. Diese Zweifel auszuräumen sei
das Ziel eines Gesprächs, das die Einbürgerungsbe-
hörden … mit Einbürgerungsbewerbern aus den
57 islamischen

haben Sie das Wort verstanden? –

Staaten, die der Islamischen Konferenz angehö-
ren …, anhand eines vom Innenministerium vorge-
gebenen Gesprächsleitfadens führen würden …

Eine Diskriminierung von Muslimen sehe das In-
nenministerium bei diesem Verfahren nicht.

ie Quelle ist das Innenministerium. Den Verweis auf
ie Homepage kann ich Ihnen geben. Sind Sie bereit, zu-
ugestehen, dass ich das erstens so in meiner Rede ge-
agt habe und zweitens die Ableitung relativ leicht fällt,
ass im Gesprächsleitfaden Muslime gemeint sein könn-
en?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601113900

Herr Kollege Winkler, die ausgeprägteste Eigenschaft

er Grünen scheint selektive Wahrnehmung zu sein.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn man ein Ziel verfolgt, dann nimmt man nur das
ahr, was man sehen möchte. Ich bleibe bei dem, was

ch gesagt habe. Entscheidend ist: Der Gesprächsleitfa-
en und die Verwaltungsvorschrift machen keinerlei
ingrenzungen. Angewandt wird er auf alle, hinsichtlich
erer Zweifel bestehen. Das ist ungeachtet irgendeiner
ressemeldung das Entscheidende.






(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601114000

Jetzt haben wir noch eine Zwischenfrage. Herr Kol-

lege Dr. Keskin.


Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601114100

Herr Kollege, sind Sie mit mir der Meinung – die

auch sehr viele Kritiker dieses Tests teilen –, dass das ei-
gentliche Ziel dieses Testes ist, dass viele Menschen es
nicht mehr wagen sollen, einen Antrag auf Einbürgerung
zu stellen? Das heißt, das eigentliche Ziel dieses Testes
ist, viele Menschen von der Einbürgerung fernzuhal-
ten. – Das ist das eine.

Zum anderen: Sie meinen, die Muslime unter den Ge-
neralverdacht stellen zu müssen, dass diese verfassungs-
feindlich seien bzw. nicht auf dem Boden des Grundge-
setzes stünden. Die Kritiker sagen – diese Meinung teile
ich –, dass hier Wahlpropaganda gemacht wird und die
Migrantinnen und Migranten vor den Wahlen in Baden-
Württemberg erneut instrumentalisiert werden, um für
die Initiatoren dieser Kampagne Stimmen einbuchen zu
wollen.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601114200

Herr Kollege, ich glaube, an einem Punkt bedarf es

der Klarstellung. Es gibt kein Bundesland in der Bundes-
republik Deutschland, das in seiner mehr als 50-jährigen
Geschichte so viele Menschen unterschiedlichster Her-
kunft erfolgreich integriert hat wie Baden-Württemberg.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Deshalb ist es erstaunlich, dass Sie mit einem solchen Test kommen!)


Es gibt außer Baden-Württemberg kein Bundesland, das
einen Geburtenüberschuss und einen positiven Zuwan-
derungssaldo hat. Baden-Württemberg hat von jeher im-
mer eine differenzierte Integrationspolitik betrieben: Wir
stärken jene, die unsere Grundrechte und Gesetze akzep-
tieren, aber denen, die Recht und Gesetz mit Füßen tre-
ten, wird die Grenze aufgezeigt. Das ist der entschei-
dende Unterschied.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen die anderen Bundesländer? – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Untauglicher Versuch, Herr Kollege!)


Insofern kann ich Ihnen bei Ihrer Einschätzung über-
haupt nicht zustimmen.

Ich sage an die Adresse der Linken: Da, wo Sie in der
Vergangenheit – unter anderem Namen – regiert haben,
sind Ihnen die Leute immer davongelaufen. Sie hatten
nie Fragen der Integration zu klären. Aber zu uns nach
Baden-Württemberg sind sie gekommen. Das ist der Un-
terschied zwischen Ihnen und uns.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist jetzt unter der Gürtellinie!)


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(C (D Herr Kollege, ich habe weitere Wünsche zu Zwi chenfragen, und zwar von der Kollegin Haßelmann von en Grünen und anschließend von Herrn Riegert. Gestaten Sie diese? Ja. Danach können Sie mit Ihrer Rede fortfahren. – Frau ollegin Haßelmann. Sehr geehrter Kollege, vielen Dank, dass Sie diese urze Frage zulassen. Meine Frage bezieht sich auf Ihre usführungen in Bezug auf die Grünen. Sie meinten uns nterstellen zu müssen, dass wir unter selektiver Wahrehmung litten, weil wir diesen Gesinnungstest in scharer Form ablehnen. Halten Sie es auch so mit dem neuen ntegrationsminister in Nordrhein-Westfalen, Herrn aschet von der CDU, der die gleiche Kritik, und zwar n massiver Art und Weise, vorgetragen hat wie wir Grüen? (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Forum der Türken in der CDU auch!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601114300
Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601114400
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601114500
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601114600


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601114700

Frau Kollegin, ich glaube, dass die Kritiker – es gibt

ie; das will ich nicht bestreiten – einem Trugschluss un-
erliegen, nämlich dem – auch heute Mittag wird hier
mmer wieder versucht, diesen krampfhaft zu
rzeugen –, dass dieser Gesprächsleitfaden nur für Mus-
ime sei. Das stimmt einfach nicht. Auch wenn Sie das
etzt noch zehnmal wiederholen, bleibe ich dabei: Das
timmt nicht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll geändert werden! Das habe ich auch gehört!)


enn die Kritiker des Gesprächsleitfadens das wüssten,
ürde ihre Kritik sicherlich anders ausfallen. Das ist für
ich gar keine Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601114800

Herr Kollege Riegert.


Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1601114900

Herr Kollege Binninger, sind Sie erstens in der Lage

nd bereit, mir und den anderen Mitgliedern des Hohen
auses zu erklären, was der Unterschied zwischen

inem Gesinnungstest, einem Test und einem Ge-
prächsleitfaden ist, und halten Sie zweitens baden-
ürttembergische Beamte von ihrer Grundgesinnung,

hrer demokratischen Auffassung und ihrer Ausbildung
er für geeignet, einen solchen Gesprächsleitfaden in der
raxis anzuwenden?






(A) )



(B) )


Klaus Riegert

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ja zunächst einmal um die Gesinnung der Minister! – Ute Kumpf [SPD]: Die können kein Hochdeutsch! Deswegen geht das nicht! – Heiterkeit)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601115000

Herr Kollege Riegert, was diese Diskussion heute

Nachmittag so schwierig macht, ist, dass Sie von den
Grünen und Sie von den Linken bereits mit einer festge-
legten Meinung hierher kamen, von der Sie sich, egal
wie die Fakten sind, nicht abbringen lassen.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie sind ja so flexibel!)


Den Fakt, dass die Anwendung des Gesprächsleitfa-
dens nicht auf Muslime beschränkt ist, durften Sie be-
reits zur Kenntnis nehmen. Da Sie auch kritisiert haben,
dass die Ausländerbehörden nicht mitmachen und der
Gesprächsleitfaden seinen Zweck nicht erfüllt, will ich
Ihnen zumindest sagen, dass dieser nicht etwa in einem
stillen Kämmerlein des Ministeriums erarbeitet wurde,
sondern gemeinsam mit einer anerkannten deutsch-türki-
schen Migrationsforscherin und zusammen mit den
Praktikern der Ausländerbehörden.

Nun steht den Kollegen vor Ort, die dieses Gespräch
führen müssen, ein Gesprächsleitfaden zur Verfügung,
der kein Gesinnungstest ist, sondern eine Handreichung,
deren Anwendung flexibel gehandhabt wird.


(Lachen des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Entscheidung, ob alle 30 oder nur fünf Fragen ge-
stellt werden, bleibt dem jeweiligen Sachbearbeiter vor
Ort überlassen. Möglicherweise sind in der Praxis auch
nicht alle Fragen relevant; das wird sich zeigen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dann sind die Ergebnisse ja auch sehr vergleichbar, wenn so willkürlich ist, was gefragt wird!)


Aber heute – das sollten Sie zur Kenntnis nehmen –
lassen Sie die Sachbearbeiter in den Ausländerbehörden
alleine, was die Fragen betrifft. Das führt zu einer völlig
uneinheitlichen Handhabung,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


beginnend mit der Frage nach dem Namen des Landrats
bis hin zur Frage nach der Bedeutung des technischen
Begriffs „Grundordnung“. Um diesen Zustand zu än-
dern, brauchen wir einen einheitlichen Gesprächsleitfa-
den,


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das führt doch alles andere ad absurdum!)


der flexibel angewandt werden kann, der bewusst nicht
auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion be-
schränkt ist und der nur dann angewandt wird, wenn wir
Zweifel haben, ob jemand unsere Verfassung akzeptiert
oder ob er sie ablehnt. Das kann doch nicht falsch sein.


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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch! Aber nur in der Ausführung, nicht im Zweck!)


Zum Schluss meiner Rede


(Beifall des Abg. Bodo Ramelow [DIE LINKE])


es freut mich, wenn es Ihnen gefallen hat – möchte ich
uf den Kollegen Bürsch eingehen. Es stimmt in der Tat:
ir brauchen eine Integrationspolitik, durch die die
enschen, die zu uns kommen wollen, erfolgreich und

leichberechtigt integriert werden. Im Interesse aller, die
ach Deutschland kommen, muss uns daran gelegen
ein, dafür zu sorgen, dass wir die kleine Minderheit, die
ich nicht integrieren will, nicht einfach passieren lassen.

ir alle – deutsche wie ausländische Mitbürger, die er-
olgreich integriert worden sind – sind aufgefordert, al-
es dafür zu tun, dass jemand, der unsere Verfassung
icht achtet und unsere Grundwerte ablehnt, nicht die
eutsche Staatsbürgerschaft bekommt; denn das würde
en inneren Frieden in unserem Land gefährden. Da-
über kann hier im Hause doch nicht ernsthaft gestritten
erden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber hat ja auch keiner gestritten!)


Sie, Herr Bürsch, haben gesagt, dass wir uns jetzt
ber den richtigen Weg unterhalten müssen. Der Weg,
en man in Baden-Württemberg geht, ist ein Angebot,
nd in Hessen wird man ähnlich verfahren. Wenn Sie
in besseres Angebot haben, fordere ich Sie auf, es zu
ennen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gesetz reicht völlig aus!)


Interessanterweise steht in der Verwaltungsvorschrift
um Staatsbürgerschaftsrecht, das von Rot-Grün verab-
chiedet wurde, ein Satz, der einigermaßen deutlich auf-
eigt, was getan werden muss –


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


enau das, was man in Baden-Württemberg tut –: Wenn
weifel bestehen, dass Handlungen vorgenommen wer-
en, die gegen unsere demokratische Grundordnung und
egen unsere Grundrechte gerichtet sind, soll der Bewer-
er dazu schriftlich und mündlich befragt werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


ichts anderes wird in Baden-Württemberg gemacht.
arum also empören Sie sich darüber?


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil zwar das Ziel in Ordnung ist, aber nicht die Art und Weise!)


Ich glaube, dass wir Integrationspolitik so betreiben
üssen, dass die Menschen, die unsere Werte akzeptie-

en, zu uns kommen und bei uns bleiben können und hier






(A) )



(B) )


Clemens Binninger
akzeptiert werden, dass aber diejenigen, die unsere
Werte bekämpfen wollen, hier nichts verloren haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601115100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck-
sache 16/356 mit dem Titel „So genannter Muslimtest in
Baden-Württemberg – Verfassungsrechtlich problemati-
sche Gesinnungstests beenden“. Wer stimmt für den An-
trag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen?


(Unruhe)


– Das war von unserer Seite eindeutig. Aber ich wieder-
hole gerne die Abstimmung, wenn Sie sie anzweifeln.
Wie gesagt, von unserer Seite her war es eindeutig.


(Anhaltende Unruhe)


– Gibt es Widersprüche? – Nein.

Das Präsidium hier vorne hat das Abstimmungsver-
halten zur Kenntnis genommen; wir brauchen die Ab-
stimmung nicht zu wiederholen.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wiederholen!)


– Hier vorne wird das Ergebnis von allen Seiten akzeptiert.

Der Antrag ist abgelehnt mit den Stimmen der Frak-
tion – –


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wiederholen! – Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einem Geschäftsordnungsantrag)


– Herr Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601115200

Frau Präsidentin! Das Abstimmungsergebnis war

nicht eindeutig. Ich meine, wir hatten die Mehrheit. Ich
bitte darum, auszuzählen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601115300

Gibt es Gegenrede? – Nicht der Fall.

Die Sitzungsleitung ist einstimmig der Auffassung,
dass die Abstimmung eindeutig war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inklusive FDP! Skandalös, die FDP! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wiederholen! – Gegenruf von der CDU/CSU: Macht euch doch nicht lächerlich!)


– Alle drei, die wir hier im Präsidium sitzen, haben das
so gesehen.

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(C (D (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] begibt sich zum Präsidium – Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Beck, hör doch auf!)


Der Sitzungsvorstand ist über das Ergebnis einig. Ich
itiere § 51 unserer Geschäftsordnung. Da heißt es:

Ist der Sitzungsvorstand über das Ergebnis der Ab-
stimmung nicht einig, so wird die Gegenprobe ge-
macht. Bleibt er auch nach ihr uneinig, so werden
die Stimmen gezählt. Auf Anordnung des Sitzungs-
vorstandes erfolgt die Zählung …

ier sind wir uns aber einig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe einen Antrag zur Geschäftsordnung gestellt und Sie haben festgestellt, dass es keine Gegenrede gibt! – Gegenruf des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU]: Die Geschäftsordnung gilt auch für die Grünen!)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir vom
räsidium sind uns einig. Gleichwohl ist der Geschäfts-
rdnungsantrag von Herrn Beck gestellt worden. Des-
alb lasse ich zur Sicherheit über den Geschäftsord-
ungsantrag des Kollegen Beck abstimmen, der da
autet, die Abstimmung zu wiederholen. Habe ich das
ichtig verstanden?


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wiederholen! – Gegenruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auszählen!)


Sie wollen auszählen, das heißt einen Hammelsprung.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Gegenruf des Abg. Fritz Rudolf Körper [SPD]: Nein, das geht nicht!)


Ich lasse über den Geschäftsordnungsantrag des
errn Beck abstimmen. Wer stimmt dafür? – Wer

timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die eindeutige
ehrheit ist gegen den Geschäftsordnungsantrag.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


So sind wir bei der Feststellung des vorherigen Ab-
timmungsergebnisses: Der Antrag ist abgelehnt mit den
timmen der CDU/CSU-Fraktion, den meisten Stimmen
er SPD-Fraktion und allen Stimmen der FDP-Fraktion
egen die Stimmen der Fraktionen Die Grünen und Die
inke bei Enthaltung einiger Abgeordneter der SPD-
raktion.

Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Deutsche Nationalbibliothek (DNBG)


– Drucksache 16/322 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
dazu keinen Widerspruch. Dann ist dieses so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bun-
desregierung Herr Staatsminister Bernd Neumann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1601115400


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ge-
schichte der Deutschen Bibliothek, um die es in dieser
Debatte geht, wird in den Vorlagen ausführlich beschrie-
ben. Ihre Geschichte weist über viele Jahre eine ge-
trennte Entwicklung auf. Beide Häuser wurden ehrgeizig
betrieben. Die deutsche Einheit hat sie wieder zusam-
mengeführt. Jetzt wollen wir die Deutsche Bibliothek fit
machen für das 21. Jahrhundert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetz-
entwurf über die Deutsche Nationalbibliothek aktuali-
siert und strafft das geltende Gesetz über die Deutsche
Bibliothek aus dem Jahr 1969. Wesentliche Ziele dieses
Gesetzes sind, den Sammelauftrag der Deutschen
Bibliothek auf Netzpublikationen auszuweiten und den
Namen der Bibliothek ihrer tatsächlichen Funktion ent-
sprechend in Deutsche Nationalbibliothek zu ändern.

Zum ersten Punkt. Die Bibliothek hat die in Deutsch-
land einzigartige Aufgabe, lückenlos alle deutschen und
deutschsprachigen Titel zu sammeln und an Ort und
Stelle zugänglich zu machen. Sie hat im Gegensatz zu
den anderen Bibliotheken auch das Pflichtexemplarrecht
für ganz Deutschland, das jeden Verleger verpflichtet,
von seinen Neuerscheinungen zwei Exemplare bei ihr
abzuliefern.

In den letzten Jahren hat neben den traditionellen Ver-
öffentlichungsformen die Zahl der digitalen Veröffentli-
chungen sprunghaft zugenommen. Diese Netzpublika-
tionen werden in Deutschland bisher nicht systematisch
gesammelt. Ihre Verfügbarkeit zu sichern, ist für eine
Kulturnation aber unverzichtbar. Daher muss zur Be-
wahrung und Nutzung des so genannten digitalen Kul-
turerbes der Sammelauftrag der Bibliothek auch auf in-
novative Veröffentlichungsformen ausgeweitet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dies hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme bekräf-
tigt.

Zum zweiten Punkt. Spätestens mit der Erweiterung
dieses von mir eben geschilderten Sammelauftrages, der
unstreitig ist, nimmt die Bibliothek de facto die Funktion
einer Nationalbibliothek wahr. Zukünftig soll dies auch
in ihrer Bezeichnung zum Ausdruck kommen. Mit Blick
auf die vielfältigen Aktivitäten und Funktionen der
Deutschen Bibliothek auf internationaler Ebene ist die
neue Namensgebung nicht nur angemessen, sondern
entspricht internationalem Gebrauch. Die anderen Län-
der haben auch nationale Bibliotheken.

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(C (D Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund zu der Beürchtung, der Bund vergreife sich in dieser Sache an der ompetenz der Länder. Aus Gründen der Namenswahreit und -klarheit soll also der Name „Deutsche Bibliohek“ in „Deutsche Nationalbibliothek“ geändert weren. Hieran hält die Bundesregierung entgegen der tellungnahme des Bundesrates fest. Wir haben das orgsam abgewogen. Meine Damen und Herren, in anderen Ländern verteht man die Diskussion, die wir hier führen, nicht – die bgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern nd die Achtung der Kompetenzen in Ehren! Ich konnte n einer Tageszeitung zu dieser Thematik lesen, man olle dazu einmal die Italiener fragen, die ihren kulturelen Reichtum gerade ihrer „Vielstaaterei“ verdanken und ie mit ihrer Biblioteca Nazionale in Florenz dennoch icht unglücklich sind. Die Italiener würden die Frage, ie wir uns hier stellen, nicht verstehen. Dass man beeutende Leistungen anderer Bibliotheken anerkennt natürlich ist es beeindruckend, dass die Bayerische taatsbibliothek in München die bedeutendste Samm ung von Handschriften der Welt hat, auch die Staatsibliothek Preußischer Kulturbesitz hat wichtige Sammungen nationalen Charakters –, schließt doch nicht aus, ass wir nach der Vereinigung eine Bibliothek, die eine esondere nationale Aufgabe hat, als Deutsche Nationalibliothek bezeichnen wollen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


as ist auch der Grund, weswegen wir als neue Bundes-
egierung an der Position unserer Vorgängerregierung
esthalten. Es ist nämlich richtig.

Ich habe die große Bitte an die Kolleginnen und Kol-
egen des Deutschen Bundestages, dass sie diese in den
eratungen der Ausschüsse wenn möglich übernehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601115500

Das Wort hat nun der Kollege Hans-Joachim Otto,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1601115600

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und

erren! Sehr geehrter Herr Staatsminister, im Kern,
ämlich bezogen auf die Erweiterung des Sammelauftra-
es auf alle Darstellungen und Dokumente in öffentli-
hen Netzen, können wir uns sehr schnell einigen. Das
st sinnvoll und notwendig. Das ist übrigens so sinnvoll,
ass ich mich selbstkritisch frage, warum wir nicht
chon längst darauf gekommen sind, zumal die Deutsche
ibliothek schon vor längerer Zeit damit begonnen hat,
emäß ihres digitalen Sammelauftrages zu handeln.

Ich möchte mich bei meinen kurzen Anmerkungen
ier auf zwei Punkte beschränken, die wir bei den Bera-
ungen in den zuständigen Ausschüssen dann vertiefen
üssen:






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Erstens. Ist es wirklich so, dass die Deutsche Biblio-
thek zukünftig voll umfänglich die Funktion einer Natio-
nalbibliothek erfüllt, und ist daher eine Namensände-
rung sinnvoll? Ich will das Ergebnis vorwegnehmen:
Ich habe große Zweifel. Im Gegensatz etwa zur Biblio-
thèque nationale de France in Paris oder zur Österreichi-
schen Nationalbibliothek reichen die Bestände der Deut-
schen Bibliothek nur bis zum Jahre 1913. Im Gegensatz
beispielsweise auch zu den Nationalbibliotheken in Lon-
don, Paris und Washington verfügt die Deutsche Biblio-
thek über keinerlei ausländische Literatur – von Schrift-
werken aus den deutschsprachigen Ländern Österreich
und Schweiz einmal abgesehen. Erst in einer Kombina-
tion mit den wesentlich umfangreicheren Sammlungen
etwa der Bayerischen Staatsbibliothek in München oder
der Staatsbibliothek hier in Berlin könnte man mit Mühe
von einer Nationalbibliothek sprechen.

Es wäre daher durchaus eine Verkennung der Ge-
schichte und auch der gegenwärtigen Sammlungsland-
schaft, jetzt von einer Nationalbibliothek zu sprechen,
obwohl deren historisches Gedächtnis nur bis zum
Jahre 1913 reicht. Der Bundesrat hat insoweit meines
Erachtens Recht, wenn er sagt – Zitat –: Diese Namens-
gebung löst Erwartungen aus, die sie nicht einlöst. – Ich
will konkretisieren: die sie teilweise nicht einlöst.

Lieber Bernd Neumann, über die Namenswahrheit
und die Namensklarheit müssen wir uns deswegen noch
einmal unterhalten. Ich finde, dass die Namenswahrheit
eher dafür spricht, beim bisherigen Etikett zu bleiben.
Daneben halte ich die Namensänderung auch deshalb für
politisch unklug, weil sie zwangsläufig föderalistische
Beißreflexe bei den Ländern auslöst.

Das Wort „Nationalbibliothek“ erweckt zwangsläufig
den Eindruck, als wolle man die übrigen Bibliotheken
dieses Landes dominieren. Deswegen haben beispiels-
weise die Library of Congress in Washington und die
British Library in London bewusst darauf verzichtet,
sich in Nationalbibliothek umzutaufen. Ich frage also:
Warum sollten gerade wir Deutschen bei unserer födera-
len Verfasstheit den bewährten und auch historisch be-
setzten Namen „Deutsche Bibliothek“ in den fragwürdi-
gen Namen „Nationalbibliothek“ eintauschen, zumal die
nationalbibliothekarische Funktion meines Erachtens
auch streitig ist?


(Beifall bei der FDP)


Zweitens. Dies ist nur ein kleiner Punkt, aber ich
finde, hier sollten wir Parlamentarier ein bisschen selbst-
bewusster auftreten. Ich finde es unverständlich, dass
sich im Verwaltungsrat der zukünftigen Bibliothek un-
ter den 13 Mitgliedern – allein fünf davon werden von
der Bundesregierung als ihre Vertreter benannt –


(Jörg Tauss [SPD]: Gute Leute! – Zuruf von der FDP: Unerhört!)


nicht ein einziger Vertreter dieses Parlaments befinden
soll.


(Monika Griefahn [SPD]: Da können wir nur zustimmen! Das ist ein wichtiger Punkt!)


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(C (D erade dann, wenn Sie diese Bibliothek zukünftig als ationalbibliothek bezeichnen wollen, ist es doch nur onsequent, dass auch das nationale Parlament dort verreten sein muss, zumal auch ein Informationsfluss notendig ist. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU])


Deswegen: In der Sache brauchen wir uns sicherlich
icht lange zu streiten. Das Gesetz wird von uns im Prin-
ip befürwortet. Aber das großsprecherische Etikett
Nationalbibliothek“ halte ich für politisch zumindest
nklug. Darüber hinaus möchte ich Sie von allen Frak-
ionen um Unterstützung für die Forderung bitten, dass
uch zukünftig Abgeordnete des Deutschen Bundestags
n angemessener Weise im Verwaltungsrat und in den
remien der Bibliothek vertreten sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601115700

Das Wort hat nun der Kollege Christoph Pries, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1601115800

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsminister

eumann! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-
en!

Bibliotheken sind ein Kapital, das geräuschlos un-
berechenbare Zinsen spendet.

eine andere Bibliothek in unserem Land wird durch
ieses Goethezitat besser charakterisiert als die bislang
nter dem Namen „Die Deutsche Bibliothek“ firmie-
ende Einrichtung in Frankfurt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Goethe hat Recht!)


Danke schön. – Besagtes Kapital hat sich in drei Keller-
tagen unter der Deutschen Bibliothek angesammelt. Es
tellt nicht weniger als das kulturelle Gedächtnis und Be-
usstsein unseres Landes dar. Gleichwohl: So geräusch-

os, wie Goethe sich das vorstellt, fallen die Zinsen lei-
er nicht an; denn es ist eine Auseinandersetzung
arüber entbrannt, welcher Name zukünftig Aufgabe
nd Funktion dieser Einrichtung am besten darstellt.

Die Bundesregierung strebt mit ihrem Entwurf eines
esetzes über die Deutsche Nationalbibliothek, der uns
eute vorliegt, neben einer Aufgabenerweiterung eine
mtitulierung in „Deutsche Nationalbibliothek“ an.
er Bundesrat, dessen Zustimmung nicht erforderlich

st, möchte hingegen an der bisherigen Namensnennung
esthalten. Die Ländervertretung ist der Ansicht, dass die
mbenennung mit einem Bedeutungsverlust anderer
roßer Bibliotheken einhergehen würde. Gemeint ist






(A) )



(B) )


Christoph Pries
speziell die Staatsbibliothek zu Berlin sowie die Bayeri-
sche Staatsbibliothek.

Diese Ansicht teile ich nicht. Abgesehen davon, dass
ich nicht glaube, dass eine schlichte Umbenennung die
Bedeutung anderer Einrichtungen infrage stellen würde,
halte ich die weiteren Argumente des Bundesrates auch
sachlich für nicht tragfähig. Es ist eben nicht so, dass die
neue Bezeichnung einen Anspruch erhöbe, den die Deut-
sche Bibliothek nicht erfüllen kann. Vielmehr erfüllt sie
die Ansprüche an eine Nationalbibliothek bereits seit
mehr als 90 Jahren. Der neue Name würde daher ledig-
lich der tatsächlichen Funktion entsprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Schauen wir mal!)


Alle Publikationen in und über Deutschland, alle in
Deutschland veröffentlichten ausländischen Publikatio-
nen, sämtliche deutschsprachige Literatur des Auslands
werden hier gesammelt, Herr Otto.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nur bis 1913!)


Jedes Jahr kommen acht Regalkilometer hinzu, allein
600 bis 800 Bücher täglich. Daneben wird die National-
bibliografie herausgegeben und umfangreiche Dienst-
leistungen für das gesamte nationale und internationale
Bibliothekswesen erbracht. Keine Bibliothek in
Deutschland vermag diese Aufgaben in vergleichbarer
Weise und in vergleichbarem Umfang zu leisten.

Begibt man sich ins Internet und sucht nach Hinwei-
sen auf „Die Deutsche Bibliothek“, so findet man zahl-
lose Diskussionsrunden. In den meisten Fällen geht es
dabei jedoch nicht um Auftrag, Ausstattung oder Ge-
schichte, sondern um die angeblich fehlerhafte Namens-
nennung. Die Geister scheiden sich an der Großschrei-
bung des Artikels „Die“ im Namen der Bibliothek. Da
der Erweiterungsauftrag der Bibliothek – mein Kollege
Tauss wird diesen Teil des Gesetzentwurfs noch näher
erläutern – darin besteht,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So eine schwerwiegende Aufgabe wird dem Kollegen Tauss anvertraut!)


ein Abbild des Internets zu speichern, wäre ein Teil der
neuen Aufgabe somit die Beschäftigung mit sich selbst.

Sicherlich kann eine Auseinandersetzung im Netz der
Netze, ob der Artikel „die“ groß- oder kleingeschrieben
wird, als Teil der deutschen Kultur erachtet werden. Ich
denke aber, dass diese Diskussion nunmehr geschlossen
und ein Name vergeben werden sollte, der der Bedeu-
tung des Hauses angemessen ist.

Meines Erachtens ist ein neuer Name auch der ge-
samtdeutschen Geschichte des Hauses geschuldet: 1912
in Leipzig gegründet und in Zeiten der Teilung an zwei
Standorten geführt, die nach dem Fall der Mauer fusio-
nierten. Ich kann mir keinen Namen vorstellen, der bes-
ser als „Deutsche Nationalbibliothek“ passt.

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(C (D (Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD] – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Doch, Deutsche Bibliothek!)


o viel zum Thema Namensnennung, Herr Otto.

Neben der Beibehaltung des bestehenden Namens
chlägt der Bundesrat in seiner Stellungnahme vor, zwei
ertreter der Länder in den Verwaltungsrat der Biblio-

hek zu entsenden. Auch wenn ich Verständnis für diesen
unsch habe, so ist es doch gewiss kein frommer
unsch. Über den Beirat, der den Verwaltungsrat und

ie Generaldirektorin der Bibliothek berät, können die
änder schon jetzt ihre Interessen geltend machen. Im
brigen möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei
em Objekt unserer Debatte um eine Bundeseinrichtung
andelt, deren Finanzierung somit allein dem Bund ob-
iegt.

Die Vorschläge des Bundesrates beruhen ausschließ-
ich auf reinen Länderinteressen. Sie haben lediglich ei-
en gewissen dramaturgischen Symbolwert. Die Be-
eichnung „Deutsche Nationalbibliothek“ folgt dem
ebrauch, dem internationalen Verständnis der Funktio-
en sowie den einschlägigen Definitionen einer derarti-
en Einrichtung. Ich denke deshalb, dass der Name
Deutsche Nationalbibliothek“ redlich verdient ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Katrin GöringEckardt Herr Kollege Pries, das war Ihre erste Rede in diesem aus. Herzlichen Glückwunsch! Ich wünsche Ihnen ales Gute. Nun hat das Wort die Kollegin Frau Luc Jochimsen, raktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! e Die Ausweitung des Samelauftrags der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am ain und Leipzig auf elektronische Medien ist eine notendige Zukunftsinvestition in unsere Kultur. Aber leider wird diese notwendige Zukunftsinvestiion im Haushalt des Beauftragten der Bundesregierung ür Kultur und Medien nicht zusätzlich finanziert – wie ich das für eine neue, vorher nicht zu leistende Aufgabe ehört –, sondern durch Einsparungen, wie es im Gesetzntwurf ausdrücklich heißt. 1,9 Millionen Euro allein im ahr 2007 – das ist ein beträchtlicher Anteil am Kulturtat. Deshalb möchten wir dringend wissen: Was, wo nd wer wird dabei eingespart? Welche Museen, Theater nd Musikprojekte werden einbzw. weggespart? Schon bei dem ersten Gesetzesvorhaben der neuen egierung in Sachen Kultur zeigt sich ihr Defizit in die Dr. Lukrezia Jochimsen sem Bereich, auf das wir bereits anlässlich der Regierungserklärung hingewiesen haben. Wenn Kultur eine Investition in die Zukunft darstellt, dann muss ein Kulturetat auch Mittel für wichtige Zukunftsaufgaben umfassen, statt die Finanzierung nur auf Kosten der bisher schon mager genug ausgestatteten Projekte zu ermöglichen. Wir möchten insofern gerne wissen, welche vom Bund geförderten Kultureinrichtungen wir bis hin zur Schließung gefährden, wenn wir der Modernisierung der Deutschen Bibliothek zustimmen. Einem allerdings werden wir auf gar keinen Fall zustimmen: der im Gesetzentwurf geforderten Umbenennung der Deutschen Bibliothek in Deutsche Nationalbibliothek. Was ist das für eine sinnlose Zumutung? Seit Jahrzehnten erfüllt die Deutsche Bibliothek zusammen mit der Preußischen und der Bayerischen Staatsbibliothek ihren Auftrag für das ganze Land. Deswegen heißt sie auch nicht Frankfurter oder Leipziger Bibliothek, sondern Deutsche Bibliothek. Warum soll die neue irreführende Bezeichnung eingeführt werden? Der Herr Staatsminister hat ausdrücklich festgestellt, sie sei gerade nach der Wiedervereinigung notwendig. Das kann ich nicht verstehen. Warum brauchen wir nach der Wiedervereinigung eine Deutsche Nationalbibliothek? Ich meine vielmehr, dass wir zurzeit auf gar keinen Fall nationale Bücher aus einer deutschen Nationalbibliothek brauchen. Haben Sie im Übrigen schon einmal bedacht, was die Autoren des Deutschen Exilarchivs 1933 bis 1945, welches ebenfalls von der Deutschen Bibliothek betrieben wird, zu einer solchen Umbenennung sagen würden, wenn sie etwas sagen könnten? Die Umbenennung ist ein Unding und die Hinweise auf das internationale Verständnis führen ganz und gar in die Irre. Die Namen der großen internationalen Bibliotheken unterscheiden sich entsprechend der Geschichte ihres jeweiligen Landes völlig, wie die Library of Congress oder die Bibliothèque nationale de France; die Mutter aller Bibliotheken – nicht nur, weil Karl Marx dort gelernt und gelehrt hat – nennt sich einfach und selbstbewusst British Library. Dabei kann die Deutsche Bibliothek sehr gut mithalten – wenigstens vom Namen her. Ich danke Ihnen. Das Wort hat nun die Kollegin Katrin Göring Eckardt. Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601115900

(Beifall)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601116000
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601116100




(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601116200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Zuerst einmal freue ich mich, dass die neue Bun-
desregierung – Herr Neumann hat bereits darauf hinge-
wiesen – den Entwurf der alten eins zu eins übernommen

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(C (D at. Das heißt, dass die neue Regierung doch nicht alles nders machen will, zumindest was das Bibliotheksween und die zukünftige Nationalbibliothek angeht. Frau Jochimsen, ich finde es unangebracht, wie Sie uf die geplante Umbenennung reagieren. Die Behaupung, dass man mit dem Namen „Deutsche Nationalibliothek“ nationale Bücher dorthin holen wollte, ist eit hergeholt. Das ist ein unverantwortlicher Umgang, uch mit der guten Arbeit, die diese Institution leistet. arüber sollten Sie noch einmal nachdenken. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich glaube, dass es ein sehr guter, wichtiger und über-
älliger Schritt ist, den Auftrag um die Bewahrung und
ie Nutzung des digitalen Kulturerbes zu erweitern.
ass dazu die Stärkung der Medienkompetenz älterer
enschen im digitalen Bereich gehört, ist, glaube ich,

ine Selbstverständlichkeit. Wir machen damit deutlich,
ass alle Personen Zugang zu diesem Kulturgut haben
üssen. In dieser Hinsicht gibt es für die künftige Natio-

albibliothek noch einiges zu tun.

Die Umbenennung in Deutsche Nationalbibliothek
ollten wir mit dem notwendigen Selbstbewusstsein an-
ehen, und zwar gerade vor dem Hintergrund, dass der
und diese Bundesinstitution alleine finanziert. Das
alte ich für richtig.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Dass das ausgerechnet die Grünen sagen! Eine überraschende Äußerung!)


Dass das ausgerechnet jemand von den Grünen sagt,
arüber können Sie sich noch eine Weile wundern, Herr
tto.

Ich glaube, dass mit dem Namen „Deutsche National-
ibliothek“ nicht nur das beschrieben wird, was dort ge-
acht wird, sondern dass damit auch unser Anspruch an

iese Bibliothek und an das, was wir kontrollieren wol-
en, formuliert wird. Insofern, finde ich, ist die Aufre-
ung über diesen Namen nicht angebracht.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ist der Joschka auch dieser Meinung?)


ch bin ganz sicher, dass der Einspruch, den die Länder
ormuliert haben, weniger mit Föderalismus als mit
alsch verstandenem Selbstbewusstsein zu tun hat. Es ist
icht notwendig, an dieser Stelle zu bohren. Es wird
och viele Diskussionen im Rahmen der Föderalismus-
eform geben. Dann sollte aber die Selbstgefälligkeit ein
isschen in den Hintergrund treten. Man sollte sich auf
inen Zusammenschluss unter anderem aus Deutscher
ücherei und Deutscher Bibliothek in Frankfurt am
ain verständigen und sich darüber freuen, dass wir

ann eine wunderbare Bibliothek haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der letzte Punkt, auf den ich gern eingehen möchte,
at mit der Nationalbibliothek nur mittelbar zu tun. Er
etrifft die Lage der Bibliotheken in unserem Land.






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt
Den damit verbundenen Herausforderungen müssen wir
uns in Zukunft stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man auf die Internetseite „bibliothekssterben.de“
geht, dann sieht man, dass jedes Jahr in Deutschland
Hunderte Bibliotheken zugemacht werden. Es ist fast je-
den Tag eine. Dieser Situation dürfen wir uns nicht nur
im Kulturausschuss stellen, sondern darauf müssen wir
auch im Parlament eingehen. Wir müssen uns fragen,
welche Bedeutung diese Entwicklung für die Zukunft
hat.

Ich möchte an dieser Stelle einen Zahlenvergleich an-
führen. Die erste Fußballbundesliga hatte in der Saison
2004/05 11,56 Millionen Besucher. Die Bibliotheken
hatten mehr; dort waren es 11,75 Millionen aktive Besu-
cher, also Menschen, die tatsächlich etwas ausgeliehen
haben. Sie werden sicherlich länger als 90 Minuten ge-
braucht haben, um die Bücher zu lesen oder die Filme zu
sehen, die sie ausgeliehen haben.

Ich glaube, dies zeigt sehr deutlich, welche große Be-
deutung die Bibliotheken in unserem Land nach wie vor
haben. Trotz der Schließungen gibt es mehr Nutzerinnen
und Nutzer. Wir müssen uns aber fragen, was es eigent-
lich bedeutet, dass Bibliotheken gerade in kleinen Kom-
munen zunehmend geschlossen werden, was das für
Kinder, für die Zugänge sowie für die Bildung und ins-
besondere für die kulturelle Bildung in unserem Land
bedeutet. Wir tun uns einen großen Gefallen, wenn wir
denjenigen Ländern, die laut PISA sehr viel weiter sind
als wir, nacheifern, zum Beispiel Finnland, wo jede
Schule eine Bibliothek besitzt oder wo es eine 100-pro-
zentige Verbindung zu den kommunalen Bibliotheken
gibt.

Wir sollten uns aufraffen und in den nächsten Mona-
ten im Deutschen Bundestag über ein deutsches Biblio-
theksgesetz diskutieren, und zwar in fruchtbarer Ausei-
nandersetzung mit den Bundesländern. Ich würde mich
freuen, wenn wir uns in besonderer Weise für den Aus-
bau der Partizipationsmöglichkeiten gerade von Kindern
und Jugendlichen verantwortlich zeigten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601116300

Das Wort hat nun die Kollegin Monika Grütters,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1601116400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Mag es auch kontrovers diskutiert werden, dass
wir es gleich zu Beginn der Legislaturperiode, Herr
Staatsminister Neumann, und auch noch in derselben
Plenarsitzung kulturpolitisch einerseits mit der Erweite-
rung des Sammlungsauftrages der Deutschen Bibliothek
und andererseits mit der Neudefinition des zentralen
Platzes der Republik, unseres Schlossplatzes nämlich, zu

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(C (D un haben – ich nehme das als sehr gutes Vorzeichen für ie Kulturpolitik dieser Regierung, verehrter Herr taatsminister, geht es doch in beiden Fällen um tatsäch ich grundsätzliche kulturpolitische Fragen. Herr Altanzler Schmidt hatte eine schöne Formulierung, als er agte, dass die Bibliotheken Deutschland wie ein „Netz eistiger Tankstellen“ durchziehen würden. So ist es uns llen eine vornehme Pflicht, heute über die Nationalibliothek und die Deutsche Bibliothek zu sprechen. Dabei ist die Erweiterung des Sammelauftrags der eutschen Bibliothek in Frankfurt am Main und Leipzig nstrittig und längst überfällig. Herr Otto, Sie weisen arauf hin, dass die Deutsche Bibliothek keine ausländiche Literatur sammelt. Sie ist aber das Depot des deutchen Schrifttums, sie ist die zentrale Archivbibliothek nd sie ist das nationalbibliographische Informationsentrum der Bundesrepublik Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Alle Nationalbibliotheken haben ausländische Literatur, nur die deutsche nicht!)


Ihre Vorläufer aus Leipzig und Frankfurt wurden im
uge der Wiedervereinigung zusammengeführt. Das ist
uch ein wichtiger politischer Punkt. Sie hat das Pflicht-
xemplarrecht für ganz Deutschland und sie ist mit fast
2 Millionen Einheiten darüber hinaus die größte Uni-
ersalbibliothek Deutschlands mit einem entsprechen-
en Dienstleistungsauftrag. Schon das allein steht im
ergleich zu den beiden anderen, die sich für den An-
pruch, nationale Bibliothek zu sein, vielleicht in Kon-
urrenz befinden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Monika Griefahn [SPD])


Sie haben zu Recht die „Beißreflexe“ erwähnt. Die
enne ich als Berlinerin ganz gut. Auch wir anerkennen
atürlich die Leistungen der Bayerischen und der Preu-
ischen Staatsbibliothek, die beide sehr viel älter sind.
661 wurde die Preußische Staatsbibliothek gegründet,
ie sich durch ihre Autografensammlung auszeichnet.
ir wissen, dass da Mozarts „Zauberflöte“ und
eethovens „Neunte“ liegen. In der Bayerischen Staats-
ibliothek, die bereits im 16. Jahrhundert gegründet
urde, gibt es große Handschriften- und Zeitschriftenbe-

tände. Aber eine Analogie zum Sammelauftrag der
eutschen Bibliothek lässt sich bei allem Respekt vor
er Professionalität und jeweiligen Einzigartigkeit der
ammlungstradition in Bayern und Berlin damit alleine
icht begründen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Pries [SPD])


Folgerichtig wird mit dem erweiterten Sammelauftrag
nseres Erachtens auch der Versuch unternommen, die
eutsche Bibliothek in Deutsche Nationalbibliothek um-

ubenennen, eben weil sie die einzige Bibliothek ist, die
it der vollständigen Publikation in und über Deutsch-

and sowie der Herausgabe der Nationalbibliographie
ernaufgaben erfüllt. Umso wichtiger ist es, diejenige
ibliothek, die diesen Anspruch qua Sammlungscharak-






(A) )



(B) )


Monika Grütters
ter am ehesten erfüllt, den internationalen Partnern ge-
genüber kenntlich zu machen.

Herr Otto und Frau Jochimsen, es sei mir der Hinweis
erlaubt, dass wir in Berlin sowohl eine Neue als auch
eine Alte Nationalgalerie haben, die sich in schwesterli-
cher Koexistenz sehr wohl mit den Staatsgalerien in
Stuttgart oder Bayern vertragen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gutes Beispiel!)


Unabhängig davon, dass das Gesetz über die Deut-
sche Nationalbibliothek nicht zustimmungspflichtig ist,
werden die Abgrenzungen zu den anderen ebenbürtigen
Traditionshäusern in Bayern und in Berlin und auch eine
neue Bezeichnung natürlich – Sie haben es erwähnt –
Gegenstand der parlamentarischen Beratung in den Aus-
schüssen sein. Ein Hinweis nur: Ich hoffe, dass wir von
hier aus sehr deutlich sagen können, dass Ängste der Bi-
bliotheken, der Gesetzentwurf könnte als Vorwand auch
für Mittelkürzungen herhalten, gänzlich unbegründet
sind. Es dürfte, so hoffe ich einmal mehr, sehr auf-
schlussreiche Beratungen darüber geben, Herr Otto und
Frau Jochimsen, sei es bei der Diskussion über den Pa-
last oder der über den nationalen Charakter der Deut-
schen Bibliothek, ob Schiller mit seinem Diktum Recht
hatte – ich zitiere –: „Zur Nation euch zu bilden, ihr hof-
fet es, Deutsche, vergebens.“ Deutschland, so wollen es
doch vor allem die Kulturpolitikerinnen, Frau
Jochimsen, und die Kulturpolitiker, Herr Otto, ist eben
zuallererst eine Kultur- und dann eine politische Nation.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601116500

Frau Kollegin Grütters, das war Ihre erste Rede im

Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Wir gratulieren Ihnen sehr herzlich und wünschen Ihnen
alles Gute für die weitere Arbeit.

Nun hat das Wort der Kollege Jörg Tauss, SPD-Frak-
tion.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt kommt das furiose Finale!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601116600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Auch unsererseits herzlichen Glückwunsch zu
den Reden, die die neue Kollegin und der neue Kollege
gehalten haben. Das lässt für die künftige Zusammenar-
beit, auch im Kulturausschuss, hoffen.

Ich freue mich sehr über diese erste Lesung. Sie
knüpft an die umfangreichen Vorarbeiten der alten Bun-
desregierung und an die Gespräche an, die wir dazu im
Parlament bereits geführt haben. Die Geschichte der
Deutschen Bibliothek und die aktuelle Auseinanderset-
zung sind schon hinreichend angesprochen worden.

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(C (D Ich würde gern auf den Gesichtspunkt der Netzpubliationen zu sprechen kommen. Wir haben mit diesem esetz tatsächlich Neuland betreten, und zwar dahin geend, dass wir eine Frage beantworten müssen, die sich n der digitalen Informationswelt immer drängender tellt: Wie kann in dieser sich herausbildenden globalen nformationsgesellschaft ein digitales Archiv geschafen werden und wie kann das kulturelle Gedächtnis einer esellschaft erhalten werden? Der Kollege Pries hat Goethe zitiert. Nun stellen wir ns einmal vor, dieses wunderbare Goethe-Wort, das er ns eingangs seiner Rede hier dargebracht hat, wäre per -Mail versandt worden. Ich bin mir absolut sicher: Die oftware des Computers, mit dem Goethe geschrieben ätte, wäre hoffnungslos veraltet; wir könnten diese -Mail nicht mehr lesen. Viel schlimmer ist – Bits und ytes sind flüchtig –: Hätte er es auf Diskette abgespeihert, hätte man es nach 30, 40 oder 50 Jahren nicht ehr lesen können. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Oh, wenn die Tauss-Reden verloren gehen! Das ist unvorstellbar!)


Kollege Otto, Sie sind beeindruckt, das freut mich. Ich
ill nur für das Protokoll festhalten: Kollege Otto ist be-

indruckt. – Also: Bits und Bytes sind flüchtig. Aus die-
em Grunde ist es wichtig, dass wir uns diesem Thema
uwenden.

Sie haben gefragt: Warum sind wir eigentlich nicht
chon früher darauf gekommen? Diese Frage ist natür-
ich berechtigt. Man kann sie immer wieder stellen. Ich
abe eine passende Antwort: Sie – zumindest die FDP;
ch weiß nicht, wie Sie persönlich dazu standen – waren
amals dagegen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Es gab überhaupt keinen Gesetzentwurf!)


n aller Bescheidenheit zitiere ich mich ausnahmsweise
inmal selbst. Die SPD-Fraktion hat 1996 einen Antrag
ingebracht, der folgende Worte enthielt – Zitat, Kollege
tto –:

Besondere Bedeutung kommt künftig auch den
Bibliotheken zu. Zusammen mit den Hochschulen
muss es zu ihren Aufgaben gehören, die „infor-
mationelle Kontinuität“ in der Gesellschaft zu
gewährleisten. Ansonsten könnte sich die Informa-
tionsgesellschaft – angesichts der Flüchtigkeit elek-
tronischer Informationen und rascher technischer
Veränderungen – als eine Gesellschaft von „infor-
mationellen Generationsinseln“ im Strom der Zeit
erweisen, die untereinander nicht mitteilungsfähig
sind.

aran waren Thierse und Tauss beteiligt. Wahrschein-
ich kam es deswegen zu dieser schönen Formulierung.
as ist uns schon damals eingefallen. Leider ist dieser
ntrag abgelehnt worden.

Nichtsdestotrotz sind wir heute so weit: Die Deutsche
ibliothek ist – ich glaube, das ist in diesem Hause un-

trittig – jenseits der Namensgebung die zentrale Archiv-
ibliothek in Deutschland. Sie ist das zentrale bibliogra-






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
phische Informationszentrum in Deutschland. Es ist kein
Vorwurf, festzustellen, dass sie erst seit 1913 in ihrer
Funktion als Nationalbibliothek beauftragt ist, Medien-
werke wie Bücher und Tonträger zu sammeln.

Verleger und Buchhändler haben damals ein tolles
Werk vollbracht. Ihre weit reichende Entscheidung, die
nun wirklich toll war, hat ein lückenloses „Literaturkon-
tinuum“ – so hieß es damals – ins Leben gerufen. Damit
hat man es geschafft, die Literaturversorgung in
Deutschland sicherzustellen und die Versorgung der wis-
senschaftlichen Bibliotheken mit neuer Literatur zu or-
ganisieren. Ich wiederhole: Das war ein tolles Werk.

Daraus ist in der Tat die Aufgabe der Schaffung einer
Nationalbibliothek erwachsen. Ich stimme der Kollegin
Göring-Eckardt völlig zu: Das Betonen des Nationalen
ist an dieser Stelle ähnlich positiv wie die Frankfurter
Nationalversammlung, die meiner Ansicht nach eben-
falls nicht überflüssig war. In diesem Sinne können wir
mit Stolz sagen: Hiermit haben wir etwas, was auch ein
Stück weit deutsche Nation und kulturelle Nation in
Deutschland auszeichnet.

Für digitale Publikationen – ich habe es angespro-
chen – hat es bisher an einer systematischen Erschlie-
ßung, Archivierung und Nutzbarmachung gemangelt.
Das wollen wir mit diesem Gesetzgebungsprozess korri-
gieren. Wir erinnern uns in dem Zusammenhang an die
zahlreichen Online-Magazine, auch im wissenschaftli-
chen Bereich. Wenn wir uns nicht um das kümmern, was
an Veröffentlichungen auch in digitaler Form erfolgt,
werden wir langfristig kulturell und auch wissenschaft-
lich Probleme haben.

Aus diesem Grunde finde ich gut, was wir tun, liebe
Kolleginnen und Kollegen. Wir haben damit auch eine
gewisse Vorreiterrolle. Andere Länder, Australien und
Kanada etwa, folgen in diesem Bereich. Großbritannien
hat seit 2003 eine Regelung, wie wir sie jetzt vorsehen.

Lieber Kollege Otto, über den Namen würde ich
ungern reden, aber Ihren Vorschlag, beispielsweise auf-
grund eines gemeinsamen Antrags auch über die Reprä-
sentanz des Parlaments in der Deutschen National-
bibliothek zu reden, halte ich für wichtig und interessant.
Diese Diskussion sollten wir im Gesetzgebungsverfah-
ren führen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wir sind dafür offen. Das wird, glaube ich, ein interes-
santer Gesetzgebungsprozess, der für die Kultur in
Deutschland, für das Bibliothekswesen einen wichtigen
Sprung nach vorn bedeutet.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Katrin GöringEckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601116700

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 16/322 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. ann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b sowie usatzpunkt 3 auf: 9 a)

Piltz, Dr. Max Stadler, Ina Lenke, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Lage der Kommunen dokumentieren und ver-
bessern
– Drucksache 16/127 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin
Kunert, Heidrun Bluhm, Dr. Dagmar Enkelmann
und der Fraktion der LINKEN

Verbindliches Mitwirkungsrecht der kommu-
nalen Spitzenverbände bei der Erarbeitung
von Gesetzentwürfen und Verordnungen sowie
im Gesetzgebungsverfahren
– Drucksache 16/358 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

P 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für starke und handlungsfähige Kommunen
– Drucksache 16/371 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
in Gisela Piltz, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1601116800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

er ehemalige Bundespräsident Heuss hat einmal ge-
agt: Ohne Städte ist kein Staat zu machen. Das ist das
otto, das ich mir als kommunalpolitische Sprecherin

ür diese Legislaturperiode vorgenommen habe. Das gilt
ber nicht nur für mich, sondern für meine gesamte
raktion.


(Beifall bei der FDP)


Der FDP-Fraktion ist es wichtig, mit ihrem Antrag
leich zu Beginn dieser Legislaturperiode den Blick auf






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
die Kommunen zu lenken, der dritten Säule unseres
Staates, die – das muss man einfach feststellen – in den
vergangenen Jahren in unserem Haus keine große Rolle
gespielt haben – aus unserer Sicht: leider.


(Widerspruch des Abg. Bernd Scheelen [SPD])


– Herr Scheelen, es war so. Sie als kommunalpolitischer
Sprecher Ihrer Fraktion hätten das ändern können. Sie
haben es aber leider nicht getan.


(Bernd Scheelen [SPD]: Das haben wir gemacht, in unglaublicher Weise!)


Wir hoffen auf Besserung.


(Beifall bei der FDP)


Als wir in der letzten Legislaturperiode mit Ihnen
über die Lage der Kommunen diskutieren wollten, hat
uns immerhin noch die CDU/CSU im Ausschuss unter-
stützt. Ich bin gespannt, was Sie von der CDU/CSU
heute machen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt ganz schwierig!)


Für Rot-Grün war das völlig undenkbar. Es gebe schließ-
lich bei den kommunalen Spitzenverbänden genügend
Material, hat man uns im Ausschuss gesagt. Das wäre
so, als wenn wir im Deutschen Bundestag aufgrund der
Statistiken der Arbeitgeberverbände – von mir aus auch
aufgrund der Statistiken der Gewerkschaften – über die
Arbeitslosigkeit diskutieren wollten oder wenn wir über
unsere Einstellung zur Kirchenpolitik anhand einer En-
zyklika des Papstes diskutieren wollten. So kann man
mit einem solchen Thema wirklich nicht umgehen.


(Beifall bei der FDP)


Leider sind die Kommunen für den Deutschen Bun-
destag häufig nur eines: ausführendes Organ, irgendwie
da, am Ende einer Art Nahrungskette. Vor allen Dingen
sind sie diejenigen, die bezahlen müssen, weil wir das
Konnexitätsprinzip immer noch nicht im Grundgesetz
verankert haben. Alle Fraktionen haben sich in der letz-
ten Legislaturperiode unserem Antrag verweigert. Sie
können jetzt zeigen, dass Sie es besser können.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Es ist wirklich nicht besonders schwierig, hier in Ber-
lin Verbesserungen bei der Kinderbetreuung zu verspre-
chen. Sie müssen aber auch sagen, woher das Geld kom-
men soll. Sie dürfen es nicht den Kommunen überlassen,
das zu regeln und zu bezahlen. Das ist aber leider gang
und gäbe. Da sind sich die alte und die neue Bundesre-
gierung völlig einig. Die große Koalition hat in ihrem
Koalitionsvertrag die Überschrift „Solide Basis für
Kommunalfinanzen“.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Das würden wir alle bestimmt unterschreiben. Wir sind
sehr gespannt, was da passiert. Sie können es eigentlich
nur besser machen als die rot-grüne Bundesregierung.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Frau Piltz!)


enn sehr schnell nach der Gründung einer Kommission
ur Reform der Gemeindefinanzen ist Ihnen von Rot-
rün die Luft ausgegangen. Nach dem Scheitern dieser
ommission haben Sie keinen weiteren Versuch unter-
ommen.


(Bernd Scheelen [SPD]: Weil Sie die überall blockiert haben!)


esonders dreist finde ich, dass Sie zuerst die Gewerbe-
teuerumlage erhöht und dann die Rücknahme der Er-
öhung als Gemeindefinanzreform verkauft haben. Das
uss Ihnen erst einmal jemand nachmachen.


(Beifall bei der FDP – Bernd Scheelen [SPD]: Dazu habt ihr uns doch gezwungen im Bundesrat!)


uch da hoffen wir auf Besserung.

Aber wir setzen in die große Koalition ehrlich gesagt
eine großen Hoffnungen. Denn Sie wollen über diesen
unkt sowohl im zeitlichen als auch im sachlichen Zu-
ammenhang mit der Unternehmensbesteuerung ent-
cheiden. Da das Motto Ihrer Bundesregierung ja eigent-
ich „Trippelschritte wagen“ heißen sollte, können wir
ohl lange darauf warten, dass etwas passiert.

Sie alle wissen, dass wir uns für die Abschaffung der
ewerbesteuer einsetzen.


(Beifall bei der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Problem!)


as hatte auch die CDU in ihrem letzten Wahlprogramm
tehen. Ich bin jetzt sehr gespannt – genauso wie in Be-
ug auf die Gesundheitsreform –, wie Sie das schaffen
ollen: Abschaffung auf der einen Seite, Verbreiterung

uf der anderen Seite. Das sind die beiden Pole, zwi-
chen denen sich diese Regierung bewegt. Wir sind sehr
espannt, wo Sie sich treffen: in Deutschland, am Äqua-
or oder sonst wo. Aber ich glaube, die Kommunen hät-
en wirklich eine kluge Lösung verdient.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre aber nicht die Lösung der FDP!)


In meinem Bundesland, in NRW, sind – nur damit Sie
ine Ahnung bekommen, wie schlecht es den Kommu-
en geht – 194 von 427 Städten, Kommunen und Land-
reisen in der Haushaltssicherung.


(Bernd Scheelen [SPD]: Insbesondere seit dem Regierungswechsel am 22. Mai!)


avon befinden sich 105 Städte nach einem nicht geneh-
igten Haushaltssicherungskonzept in der vorläufigen
aushaltsführung. Das heißt, sie sind faktisch pleite und

nsolvent. Was tun Sie dagegen? Wo sind Ihre Vor-
chläge?


(Bernd Scheelen [SPD]: Ich dachte, Sie regieren jetzt in Nordrhein-Westfalen!)







(A) )



(B) )


Gisela Piltz
Die Zahl hat sich seit 2002, also vor allen Dingen in der
Regierungszeit von Rot-Grün, fast verdoppelt. Die Kas-
senkredite allein in NRW betragen fast 10 Milliarden
DM, bundesweit über 23 Milliarden DM.


(Bernd Scheelen [SPD]: Euro!)


– Euro; das ist noch schlimmer. – Dadurch soll den Ge-
meinden wenigstens ein kleines bisschen Luft verschafft
werden. Die Verschuldung liegt bei 90 Milliarden DM.


(Zurufe von der SPD: Euro!)


– Euro. Ich werde es nie lernen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schlecht! – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Wir geben die Hoffnung nicht auf!)


– Das ist schön, Herr Körper. Ich bei Ihnen auch nicht;
dann sind wir uns ja einig.

Ich behaupte, es ist nicht nur aus finanzieller Sicht
eine Katastrophe, was hier passiert, sondern auch aus
gesellschaftspolitischer Sicht. Bürgerinnen und Bürger
erleben die Politik vor allen Dingen zuerst in der Ge-
meinde. Wenn dort nichts funktioniert, weil kein Geld da
ist, dann erleben sie einen schlechten Staat. Vor allen
Dingen: Wen wollen wir eigentlich noch dazu bewegen,
für ein kommunales Parlament zu kandidieren, wenn
dort nur noch der Mangel verwaltet wird? Ehrenamtlich
tätig zu sein und sich dann auch noch beschimpfen zu
lassen, das ist keine gute Kombination und das sollten
wir unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht länger zu-
muten. Auch die Kommunalpolitiker haben das aus un-
serer Sicht nicht verdient.

Genauso ist das für die Wirtschaft eine Katastrophe.
Wo keine Aufträge verteilt werden, kann kein Umsatz
gemacht werden. Deshalb gibt es viele Unterneh-
menspleiten, was wiederum keine guten Auswirkungen
auf die Konjunktur hat. Da kann auch Ihr 25-Milliarden-
Programm – diesmal Euro – überhaupt nichts nützen. Sie
sehen, ich bin lernfähig, im Gegensatz zu Ihnen. Ich bin
gespannt, was Sie gleich sagen werden; ich habe eine
Ahnung.

Wir Liberale wollen jedenfalls, dass die Kommunal-
politik wieder ein Thema im Deutschen Bundestag wird.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb brauchen wir eine Bestandsaufnahme, die im
Interesse aller und eigentlich auch eine Selbstverständ-
lichkeit sein sollte. Wir sind bereit, gemeinsam mit der
Koalition den Kommunen zu helfen. Die Bestandsauf-
nahme ist ein erster Schritt. Aber sie wäre ein wichtiges
Signal an die Kommunen. Ich hoffe, Sie enttäuschen sie
nicht direkt zu Beginn Ihrer Amtszeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Du hast mich wirklich überzeugt!)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Peter Götz, CDU/CSU raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin iltz, ich kann Sie beruhigen: Die neue Bundesregierung at ihre Arbeit erfolgreich aufgenommen. In kürzester eit wurden neue Impulse gesetzt und wichtige Weihenstellungen für mehr Wachstum und Beschäftigung eschlossen. Das ist gut – gut für die Menschen in unseem Land. Wir wollen mit den Entscheidungen, die wir getroffen aben und die wir noch treffen werden, den Menschen or Ort die Chancen und Möglichkeiten zurückgeben, hre Heimat wieder selbst zu gestalten. Das ist eine ichtige Grundlage im Koalitionsvertrag zwischen DU, CSU und SPD. Wie ein schwarz-roter Faden zieht sich eine kommualfreundliche Politik durch diese Koalitionsvereinbaung. (Beifall des Abg. Bernd Scheelen [SPD] – Zuruf von der FDP: Papier ist geduldig!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601116900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1601117000

ie Verantwortlichen in den Städten, Gemeinden und
reisen können seit langer Zeit endlich wieder optimis-

isch und zuversichtlich in die Zukunft schauen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ommunale Haushalte werden entlastet und sichern da-
it neue strukturelle Handlungsfreiheit. Vor dem Hinter-

rund der in den letzten Jahren in astronomische Höhen
estiegenen kommunalen Kassenkredite – auch Sie
atten davon gesprochen – von 5,8 Milliarden Euro im
ahr 1998 auf inzwischen 23,7 Milliarden Euro im ver-
angenen Jahr ist dies nicht nur berechtigt, sondern auch
ringend notwendig.

Die Kommunen bewerten den erst wenige Monate al-
en Koalitionsvertrag ganz überwiegend positiv. Dies hat
iele Gründe. Sie reichen von der vorgesehenen Reform
er Gemeindefinanzen über städtebauliche Anpassung
n die demographische Entwicklung bis hin zu konkre-
en Hilfestellungen beim Integrationsprozess von Mi-
ranten vor Ort, um nur einige Beispiele zu nennen.

Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, den Präsidenten
es Deutschen Städte- und Gemeindebundes zu zitieren.
r erklärt öffentlich:

Der Koalitionsvertrag enthält zahlreiche Ansätze, in
denen die Forderungen des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes aufgegriffen werden. Deshalb
wäre es falsch, eine ablehnende Generalkritik an
dem Koalitionsvertrag zu üben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Peter Götz
Sinngemäß ähnliche Äußerungen hören Sie von den Re-
präsentanten des Deutschen Städtetages und des Deut-
schen Landkreistages.

Ich will einen zweiten Punkt nennen. CDU, CSU und
SPD haben sich auf eine Föderalismusreform verstän-
digt, die künftig eine direkte Aufgabenübertragung des
Bundes auf die Kommunen ausschließt. Wir alle wissen,
dass eines der kommunalen Probleme darin begründet
ist, dass die Kommunen ständig neue Aufgaben übertra-
gen bekamen, ohne das notwendige Geld für die Erfül-
lung dieser Aufgaben zu erhalten. Wenn es uns im Rah-
men der anstehenden Änderung des Grundgesetzes
gelingt, den Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ durchzu-
setzen, dann sind die Kommunen die Gewinner dieser
Föderalismusreform.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sollten Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der
Opposition, die Kommunen tatsächlich am Herzen lie-
gen, dann lade ich Sie schon heute dazu ein, dieser not-
wendigen Grundgesetzänderung zuzustimmen.

Die jüngsten Pressemitteilungen, beispielsweise von
den Grünen, machen jedoch schnell klar, dass es ihnen
gar nicht um die Kommunen geht.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Herr Götz! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lachen selber!)


Sie scheinen sich vielmehr darauf zu konzentrieren, Ihre
eigene Politik der letzten Jahre nachträglich schönzu-
reden, übrigens nicht nur mit diesem Antrag.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein falscher Eindruck!)


Wenn Frau Sager gestern öffentlich kritisiert, dass
sich der Bund nach der Föderalismusreform bei den
Ganztagsschulen nicht mehr einmischen darf, dann
macht sie damit deutlich, dass es ihr nicht um die Stär-
kung der kommunalen Finanzautonomie, sondern um
rein zentralistische Ideologien geht.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Götz! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielleicht geht es ihr um Kinder!)


Wir wollen eine Politik, bei der die Kommunen eigen-
verantwortlich mit entscheiden können, was sie in ihrer
Stadt und in ihrer Gemeinde für richtig und für wichtig
erachten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Am Beispiel der Übernahme der Unterbringungs-
kosten für Langzeitarbeitslose wird deutlich, wer für
eine kommunalfreundliche Politik steht. Auch das nur
zur Erinnerung: Noch im Oktober vergangenen Jahres
– es ist also noch gar nicht so lange her – beschloss das
alte rot-grüne Kabinett einen Gesetzentwurf, der eine
rückwirkende und zukünftige Absenkung des Anteils

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(C (D es vereinbarten Zuschusses für Kommunen auf null orsah. CDU und CSU hatten dies eindeutig abgelehnt. nzwischen hat die neue CDU/CSU-geführte Bundesreierung zusammen mit der SPD beschlossen, dass der und für 2005 von den Kommunen keine Rückzahlunen mehr fordert. Wir sind vielmehr bereit, den Anteil an en Unterbringungskosten in Höhe von 29,1 Prozent uch im Jahr 2006 zu erstatten. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und 2007?)


n der Koalition haben wir damit sichergestellt, dass den
ommunen die zugesagte Entlastung in Höhe von
,5 Milliarden Euro tatsächlich zugute kommt. Ich finde,
ies ist ein wichtiger Beitrag zur Entlastung der dramati-
chen Situation bei den kommunalen Finanzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


brigens waren neben den Ländern die kommunalen
pitzenverbände am Zustandekommen dieser wichtigen
nd für sie positiven Entscheidung beteiligt.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver-
ände meldete daraufhin, dass die deutschen Städte, Ge-
einden und Landkreise den Koalitionsbeschluss zu den
nterkunftskosten für Langzeitarbeitslose ausdrücklich
egrüßen. Die Präsidenten des Deutschen Städtetages,
es Deutschen Landkreistages und des Deutschen
tädte- und Gemeindebundes haben am 9. Dezember des
ergangenen Jahres in Berlin übereinstimmend dazu er-
lärt – ich zitiere noch einmal –:

Es ist gut, dass sich die Haltung des Bundes in den
vergangenen zwei Monaten deutlich gewandelt hat.
Von 0 über 19 auf 29 Prozent – das ist eine Trend-
wende. Damit kommt es in 2005 zu keinen Rück-
zahlungen der Kommunen. Und für 2006 haben wir
eine Grundlage für unsere Haushaltsplanung.

eiter heißt es in der Pressemitteilung:

Der Vorschlag des Bundes, der auch von den Bun-
desländern mit herbeigeführt wurde, sei für die
Kommunen ein vertretbarer Kompromiss.

as ist, wie ich finde, ein guter Aufschlag für die von
ns angestrebte kommunalfreundliche Politik in dieser
egislaturperiode.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es steht uns gut an, heute, zu Beginn des neuen Jah-
es, das ja erst einige Wochen alt ist, sowohl der Bundes-
anzlerin als auch der Bundesregierung


(Gisela Piltz [FDP]: Die ist ja leider ein bisschen mager vertreten! Da sieht man den Stellenwert!)


m Namen der Städte, Gemeinden und Landkreise dafür
erzlich Dankeschön zu sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben den großen
erausforderungen im Bereich der Arbeitsmarkt-, So-

ial- und Wirtschaftspolitik müssen Deutschlands öffent-






(A) )



(B) )


Peter Götz
liche Finanzen wieder in Ordnung gebracht werden.
Dazu gehören auch die Kommunalfinanzen. In der Ko-
alitionsvereinbarung steht – Frau Kollegin Piltz, Sie ha-
ben das vorhin richtig zitiert –:

Die Kommunalfinanzen müssen auch zukünftig auf
einer soliden Basis stehen.

Wir alle wissen: Das ist wesentlich leichter gesagt als
getan. Wir alle im Bund, in den Ländern und in den
Kommunen sind gefordert, aktiv und konstruktiv daran
mitzuwirken.

Ein Schlüssel liegt unter anderem in der Frage, wie
die Unternehmen künftig besteuert werden und was mit
der Gewerbesteuer passieren soll. Bis zum Herbst 2006
sollen die Eckpunkte einer Unternehmensteuerreform
vorliegen. Das geht nur unter Einbindung und Berück-
sichtigung der Gewerbesteuer als wichtigste kommu-
nale Steuer. Unser Ziel ist, diese Reform zum
1. Januar 2008 in Kraft treten zu lassen. Auch hier liegt
uns sehr an einer guten, konstruktiven Zusammenarbeit
mit den Kommunen.

Wir wollen, dass die Städte, Gemeinden und Land-
kreise ihre Verwaltungshaushalte wieder ausgleichen
und aufgelaufene Kassenkredite zurückführen können.
Wir wollen, dass sie wieder aus eigener Kraft dringend
notwendige Reparaturen an Straßen, Schulen und Kin-
dergärten durchführen können. Die Kommunen müssen
wieder in der Lage sein, den Investitionsstau aufzulösen
und eigenverantwortlich Aufträge an die lokale Wirt-
schaft zu erteilen. Dadurch entstehen vor allem im Mit-
telstand und im heimischen Handwerk Wachstum und
Arbeitsplätze. Wir wollen, dass in Deutschland kommu-
nale Selbstverwaltung stattfinden kann.

Nur mit leistungsstarken Städten, Gemeinden und
Landkreisen wird dieser Staat gesund. Lassen Sie uns
gemeinsam dafür arbeiten!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601117100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Kunert,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601117200

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen

und Kollegen! Die Lage der Kommunen wurde in den
letzten Jahren im Bundestag immer wieder besprochen
und die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung
unterstrichen. Nur müssen wir heute feststellen, dass die
im Grundgesetz garantierte kommunale Selbstverwal-
tung durch die Bundespolitik zunehmend infrage gestellt
wird. Bundesregierung und Bundestag kennen die Pro-
bleme der Kommunen und dennoch wurden hier keine
Hausaufgaben gemacht.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Kommunen, die einen ausgeglichenen Haushalt auf-
weisen und ihren notwendigen Investitionsbedarf aus ei-

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(C (D ener Kraft abdecken können, gehören mittlerweile auf ine Artenschutzliste. Die Fraktion Die Linke wird dem Antrag der FDP zutimmen, weil er die Chance bietet, die bundespolitichen Rahmenbedingungen mit Blick auf die Kommuen zu überprüfen. Aber, Frau Kollegin Piltz, etwas ehr kommunalpolitische Leidenschaft hätte ich mir chon gewünscht. (Beifall bei der LINKEN – Martin Zeil [FDP]: Unterschätzen Sie unsere Leidenschaft nicht!)


enn wenn Sie die Lage der Kommunen nur anhand von
ufgabenübertragungen dokumentieren wollen, greift
ies zu kurz. Viele Gesetze des Bundes greifen in die
oheit der Kommunen ein. Angesichts der jährlich vor-

iegenden Finanzberichte der kommunalen Spitzen-
erbände haben wir bereits eine Dokumentation, in der
uf die notwendigen Konsequenzen hingewiesen wird,
enen wir uns stellen sollten.

Die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen
st gescheitert. Aber dann setzen wir eben eine neue ein,
m endlich die Gemeindefinanzreform auf den Weg zu
ringen.


(Beifall bei der LINKEN – Martin Zeil [FDP]: Dafür brauchen wir doch keine Kommission!)


ies wiederum vermissen wir im Antrag der Grünen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Kommission?)


ie Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen
aseinsvorsorge darf nicht nach Kassenlage erfolgen,

ondern ist an den Bedürfnissen der Menschen in den
ommunen auszurichten. Wer starke Kommunen will,
uss sie stark machen und dies erfordert eine solide und
lanungssicherheit bietende Politik.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen
nsere eigene Arbeit, zum Beispiel bei Gesetzgebungs-
erfahren, qualifizieren. Deshalb sind wir gut beraten,
ie kommunalen Spitzenverbände in unsere Arbeit und
ie der Bundesregierung einzubeziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


ir schlagen vor, ein Gesetz über die Mitwirkung von
ommunen erarbeiten zu lassen. Wussten in der Ver-

angenheit alle Abgeordneten in diesem Haus, wie sich
eschlossene Gesetze in den Kommunen auswirken?
ussten Sie, dass eine Kommune, nur weil sie an einer
ahnstrecke liegt, den gesamten Vermögenshaushalt ei-
es Jahres für die Umstellung des Bahnübergangs auf
lektronische Steuerung ausgeben musste? Wann wurde
ie Wirksamkeit des Altschuldenhilfe-Gesetzes analy-
iert und wie kann man den Kommunen helfen, die heute
och erhebliche Altschulden in der Wohnungswirtschaft
aben?

Als kommunale Mandatsträgerin finde ich den Vor-
chlag von Frau von der Leyen absurd, den Kommunen
eue Prioritätensetzungen vorzuschlagen, die wiederum
ulasten der Kommunen gehen sollen. In sozialpoliti-
cher Hinsicht hätte dieser Vorschlag von uns kommen






(A) )



(B) )


Katrin Kunert
können – das will ich klarstellen –; nur, Staatsaufgaben
müssen in Zukunft auch vom Staat finanziert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bund darf in Zukunft keine Politik auf Kosten
Dritter machen. Das muss ein Anspruch an unsere Arbeit
sein. Die Vorgehensweise der Bundesregierung bei der
Berechnung des Bundesanteils an den Kosten der Un-
terkunft war aus unserer Sicht unseriös und für uns in-
akzeptabel. Ich bin gespannt, worin der rot-schwarze
„Faden“ bestehen soll. Erst schreiben wir in das Gesetz
hinein, dass 29,1 Prozent der Kosten erstattet werden;
dann wird angedroht, dass wir das mal eben von den
Kommunen zurückfordern, und jetzt steht es wieder im
Gesetz. Es wird auch noch so getan, als sei das ein gro-
ßer Tag für die Kommunen.

Die Gesetzgebung in unserem Haus muss sich durch
mehr Transparenz, innovative Verfahren und Praxisnähe
auszeichnen. Wir sind der Meinung, dass wir durch ein
verbindliches Mitwirkungsrecht der kommunalen Spit-
zenverbände unsere Arbeit und die Gesetze verbessern
können. Konsultationsmechanismen nach dem Vorbild
Österreichs, besondere Anhörungsrechte, Kostenfolge-
und Gesetzesfolgeabschätzung sind zu regeln. Eine ge-
ringere Dichte in Bezug auf Standards, weniger Büro-
kratie und einfachere Verwaltungsverfahren könnten den
Kommunen die notwendigen Handlungsspielräume er-
weitern. Damit würden wir den Kommunen mehr Frei-
heit einräumen. Ein verbindliches Mitwirkungsrecht der
Spitzenverbände könnte die künftigen Gesetze, die die-
ses Haus passieren, den kommunalpolitischen TÜV be-
stehen lassen.

Ich möchte noch Anmerkungen zum Antrag der
Grünen machen, den wir natürlich unterstützen.

Erstens stimmen wir dem Antrag grundsätzlich zu.
Aber wir sollten im Ausschuss darüber reden, dass das
Konnexitätsprinzip im Grundgesetz verankert werden
muss, und über eine Gemeindefinanzreform reden. Das
fehlt in Ihrem Antrag.

Zweitens. Wir haben sicherlich ebenfalls keinen Dis-
sens, was die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer an-
geht. Nur muss ich Ihnen deutlich widersprechen: Wir
haben konkrete Vorstellungen dazu. Vielleicht sollten
wir unsere Positionspapiere austauschen, damit wir nicht
in Ihren Begründungstexten erscheinen. Wir schlagen
eine Verbreiterung der Bemessungsbasis der Gewerbe-
steuer und die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage
vor. Letzteres würde den Kommunen 5 Milliarden Euro
einbringen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie
um Zustimmung zu unserem Antrag. In den Ausschüs-
sen werden wir uns zu den anderen Anträgen politisch
geordnet verhalten. Wenn es politisch gewollt ist, kön-
nen wir die Lebensmittelpunkte der Menschen im Land
attraktiver gestalten und den kommunalen Mandatsträ-
gern wieder mehr Lust an ihrer Arbeit bereiten.

Schönen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Kollegin Kunert, das war Ihre erste Rede in die em Hohen Hause. Ich gratuliere Ihnen recht herzlich nd wünsche Ihnen persönlich und politisch alles Gute. Das Wort hat der Kollege Michael Hartmann, SPDraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Wir befassen uns wieder einmal – bei weitem icht zum ersten Mal, Frau Piltz – mit kommunalen Fraestellungen. Das ist auch gut und richtig. In der Tat ist s so – das waren ja auch die Schnittstellen in den bisheigen drei Reden; das konnte man feststellen, wenn man en Reden genau gefolgt ist –, dass die Kommunen ein ernstück der Demokratie hier in Deutschland darstel en. Das ist nicht einfach deswegen so, weil es in Art. 28 es Grundgesetzes so drinsteht. Vielmehr leisten sie im ereich der allgemeinen Daseinsvorsorge, bei den Feurwehren, auf dem Gebiet des Ehrenamtes, aber auch bei er sozialen Integration und der Integration von Migraninnen und Migranten unermesslich viel. Das bedarf eier Würdigung und Anerkennung von unserer Seite. Sie eisten – das sei nicht vergessen – im Bereich der frühindlichen Erziehung, bei Bildung und Ausbildung, die ns in dieser Wahlperiode besonders wichtig sind, Enores. Deshalb gilt der alte Satz: Ohne Kommunen ist ein Staat zu machen. Sie sind nicht bloßes Anhängsel er Länder, sondern konstitutives Element unserer Verassung. Es gibt also gute Gründe, sich in diesem Haus mit der age der Kommunen auseinander zu setzen, jetzt und in ukunft immer wieder. Frau Piltz, seien Sie versichert: ei uns besteht die Bereitschaft, notfalls Tag und Nacht ber die Kommunen zu reden. Da brauchen wir wahraftig keine Belehrung von einer Partei, die nun alles anere ist als eine Kommunalpartei. Mittlerweile liegen in einer gewissen Inflation zu dem eutigen Tagesordnungspunkt sogar drei Anträge vor. ie PDS fordert, dass wir den kommunalen Spitzenveränden ein Anhörungsrecht garantieren. Bündnis 90/Die rünen fordern, dass wir so etwas wie einen Kommunalericht erstellen. Das trifft sich mit dem Antrag der FDP. assen Sie mich zu allen drei Anträgen nur eine Bemerung machen: Wenn es in Deutschland an etwas nicht angelt, dann ist es in der Tat die Dokumentation, die tatistische Aufbereitung, die Vorlage von Zahlen, Daten nd Fakten. Da haben wir wahrhaftig genug. Dazu brauhen wir keine solchen Anträge. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601117300

(Beifall)

Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1601117400

(Beifall bei der SPD)


(Gisela Piltz [FDP]: Wir warten auf Ihre!)


s geht vielmehr darum, wie wir damit umgehen.

Frau Kollegin Piltz, ich verstehe, dass es Ihre Frak-
ion gejuckt hat, hier noch einmal fast wortgleich einen






(A) )



(B) )


Michael Hartmann (Wackernheim)

Antrag aufzulegen, den wir, wenn ich mich recht erin-
nere, im Dezember 2004 schon einmal beraten haben.
Sie wollen jetzt den Kolleginnen und Kollegen von der
Union die Frage stellen: Wie hältst du es mit dem, was
du damals gesagt hast?


(Martin Zeil [FDP]: Das ist auch sehr berechtigt!)


Das mag ein nettes parlamentarisches Spiel sein. Es mag
Ihnen auch ein gewisses Vergnügen bereiten. Wir als So-
zialdemokraten werden das sicher auch vonseiten unse-
res früheren Koalitionspartners immer wieder erleben.


(Gisela Piltz [FDP]: Sie sollten sich mit dem Thema beschäftigen und nicht mit der Erforschung unserer Motivation!)


Sie erleben es jetzt bei Ihrem Wunschkoalitionspartner.
Aber sagen Sie mir doch bitte einmal, was Sie zur Ver-
besserung der kommunalen Situation vorschlagen! Der
Antrag enthält dazu nichts, aber auch gar nichts.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es geht doch am Schluss darum – meine Damen und
Herren, da haben wir sicherlich wieder viele Schnittstel-
len –, einmal die kommunale Finanzkrise genau anzu-
schauen. Die kommunale Finanzkrise ist – die Ehrlich-
keit gebietet, dies auszusprechen – ein Teil der
Finanzkrise der öffentlichen Hand überhaupt. Wenn man
die Ebenen Bund, Land und Kommune miteinander ver-
gleicht, muss man ja sogar sagen, dass der Schulden-
stand der Kommunen relativ immer noch am geringsten
ist. Das hilft keinem Kämmerer; das weiß ich sehr wohl.
Aber das darf man lobend in Richtung Kommunen sa-
gen:


(Gisela Piltz [FDP]: Das liegt nur daran, dass die Kommunen sich nicht so sehr verschulden dürfen wie Bund und Länder!)


Die Kommunen schaffen es mit viel Kreativität, zu spa-
ren. Sie schaffen es tatsächlich, den Mangel gescheit,
klug und variabel zu verwalten.


(Beifall bei der SPD)


Im Kern geht es also erstens um die Sanierung der öf-
fentlichen Haushalte, zweitens natürlich um den Abbau
der Arbeitslosigkeit – die hohe Arbeitslosigkeit verur-
sacht das Schuldendilemma der Kommunen mit – und
drittens nach wie vor um die Reform der sozialen Siche-
rungssysteme.

Es geht übrigens auch darum – das sage ich bewusst
in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von den
Freien Demokraten –, dass wir unsere Kommunen vor
der vorgesehenen EU-Dienstleistungsrichtlinie schüt-
zen. Denn was sie an kommunalen Finanzmöglichkeiten
zerschlagen würde, ist geradezu skandalös. Vielleicht
sollten Sie sich auch damit einmal etwas intensiver be-
fassen.


(Beifall bei der SPD – Gisela Piltz [FDP]: Ich glaube, ich brauche von Ihnen keinen Rat anzunehmen!)


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(C (D Meine sehr geehrten Damen und Herren, man darf bei er ganzen Debatte übrigens auch nicht vergessen, dass ie Kernzuständigkeit für kommunale Belange nicht eim Bund liegt, sondern dass da immer auch die Länder efordert sind. Wenn wir uns in Debatten, Diskussionen nd Entschließungen damit befassen, zeigt ein Finger mmer auf die Länder, die nach unserer Verfassungsordung am Schluss für die Kommunen verantwortlich ind. Wo wir vonseiten des Bundes helfen können, da un wir das auch. Der Kollege von der Union hat das beeits ausgeführt. (Gisela Piltz [FDP]: Warum sagen Sie nicht, was Sie konkret tun wollen?)


as sehen Sie im Koalitionsvertrag.

An den Zahlen sehen Sie übrigens, dass die Gewer-
esteuer verdammt wichtig ist. Deshalb ist auch ihr Er-
alt, solange uns nichts Besseres einfällt, verdammt
ichtig. Wenn die Gewerbesteuer zerschlagen wäre,
ann wäre das Licht tatsächlich schon in allen Städten
nd Gemeinden ausgegangen, meine Damen und Herren
on der FDP.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich will das gerne anhand von Zahlen belegen; das ist
icht einfach so dahingesagt. 2004 hatten wir 56,4 Mil-
iarden Euro kommunale Steuereinnahmen; davon wa-
en 22,7 Milliarden Euro aus der Gewerbesteuer. Das
ar ein Plus von 33,2 Prozent gegenüber dem Jahr 2003.
005 hat sich das fortgesetzt. Wir hatten 58,6 Milliarden
uro kommunale Steuereinnahmen; 24,8 Milliarden
uro davon entfielen auf die Gewerbesteuer. Das war
ieder eine Steigerung, und zwar von 9,4 Prozent. 2006

rwarten wir eine weitere Steigerung der kommunalen
teuereinnahmen auf 60,7 Milliarden Euro. 26,1 Milliar-
en Euro davon entfallen auf die Gewerbesteuer. Das ist
ine erneute Steigerung um 5,3 Prozent.


(Gisela Piltz [FDP]: Aber wenn alles so toll ist, warum geht es den Kommunen dann so schlecht?)


Dazu kommen die Kosten, die der Bund für die Un-
erbringung der Langzeitarbeitslosen, an Ganztagsschul-
örderung und im Rahmen des Tagesbetreuungsausbau-
esetzes übernimmt. Der Kollege von der Union hat dies
chon ausgeführt. Also tun Sie bitte nicht so, als würde
er Bund seiner Pflicht gegenüber den Kommunen nicht
erecht werden. Das ist falsch und wider besseres Wis-
en geredet.


(Beifall bei der SPD)


Wenn allerdings die drei sich überbietenden Anträge
er Oppositionsfraktionen dazu führen, dass wir uns
das gebe ich unumwunden zu – stärker mit der Ausga-

ensituation der Kommunen befassen, dass wir uns ge-
auer ansehen, was das Explodieren der Sozialhaushalte
it all seinen Konsequenzen bedeutet, dass wir uns mit

er Frage der Kassenkredite stärker beschäftigen und
ass wir die Standards, die unsere Kommunen belasten,
tärker abbauen, dann finden Sie aufseiten der Koali-
ionsfraktionen immer offene Ansprechpartner. Insofern






(A) )



(B) )


Michael Hartmann (Wackernheim)

sehen wir Ihre heutigen Anträge als den Beginn einer
positiven Debatte über die Zukunft der Kommunen.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601117500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Andreae,

Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601117600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es ist richtig: Wir debattieren wieder über die
Situation der Kommunen und der kommunalen Haus-
halte. Das ist gut und notwendig. Der Antrag, den die
FDP vorgelegt hat, war ja quasi der Aufschlag zur heuti-
gen Debatte. Diesen Antrag haben Sie schon einmal ein-
gebracht.


(Martin Zeil [FDP]: Immer noch zeitlos gut!)


Er ist jetzt ein bisschen angepasst. Ich teile die Einschät-
zung des Kollegen Hartmann, dass es eigentlich darum
geht, das vermutlich etwas verquere Abstimmungsver-
halten der CDU/CSU noch einmal zu dokumentieren.
Das ist Ihr gutes Recht und kann tatsächlich erhellend
sein.

Ich möchte mit einer Sache noch ein bisschen aufräu-
men. Das ist die Thematik der Gewerbesteuerumlage.
Sie sagen zu Recht, die Gewerbesteuerumlage ist ge-
senkt worden und das hat dazu geführt, dass die Kom-
munen mehr Geld haben. Aber die Steigerung der Ge-
werbesteuer, so wie Sie sie jetzt gerade anhand von
Zahlen noch einmal dargestellt haben, Herr Hartmann,
hat mit der Gewerbesteuerumlage nichts zu tun.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Richtig!)


Die Steigerung der Gewerbesteuer hat damit zu tun, dass
wir steuerliche Maßnahmen vorgenommen haben, die
dazu führen, dass die Gewerbesteuer ansteigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Dautzenberg, das waren wir, das war Rot-Grün.
Es war richtig, die Gewerbesteuer im Rahmen der Ge-
meindefinanzreform zu reformieren. Wir teilen die Kri-
tik, dass die Gemeindefinanzreform nicht umfassend
war und dass es einen breiteren Arbeitsauftrag hätte ge-
ben können. Aber man muss ganz klar erkennen: Die
Gewerbesteuer steigt an. Sie ist ein Standbein der Kom-
munen. All jenen, die entweder in der Vergangenheit
oder heute immer noch munter über die Abschaffung der
Gewerbesteuer spekulieren – im Rahmen der Unterneh-
mensteuerreform wird es wieder passieren; Herr Götz,
Sie haben das angekündigt –, sage ich: Es geht um weit
über 20 Milliarden Euro. Die Körperschaftsteuer macht
das um Längen nicht aus. Diese weit über 20 Milliarden
Euro müssen kompensiert werden. Ich kann nur davor
warnen, dass bei einer möglichen Abschaffung der Ge-
werbesteuer die Kompensation so aussehen soll, dass die
Wirtschaft nicht mehr zahlen soll, dass die Bürgerinnen
und Bürger belastet werden und dass die Kommunen die

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(C (D erlierer der Unternehmensteuerreform sind. Davor ann ich nur warnen. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Zeil? Ich habe jetzt schon eine Pause dafür gemacht. Frau Kollegin, würden Sie mir zustimmen, dass Ihr rüherer Finanzexperte, Herr Metzger, völlig Recht atte, als er die Gewerbesteuer als Haupthindernis für ine echte Steuervereinfachung bezeichnet hat? (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Was? Wer ist denn Metzger? – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Ja, wer ist Metzger?)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601117700
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601117800
Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1601117900


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601118000

Da kann ich Ihnen überhaupt nicht zustimmen; denn

ch habe eine dezidiert andere Position. Ich teile Ihnen
icht nur meine, sondern auch die Position der grünen
raktion mit, wenn ich Ihnen sage, dass die Gewerbe-
teuer im Rahmen unseres Steuerpaketes für die Kom-
unen eine wichtige Steuer ist. Spekulationen über die
bschaffung der Gewerbesteuer müssen unter zwei Ge-

ichtspunkten sehr genau betrachtet werden: Verteilung
er Lasten zwischen Wirtschaft und Bürgerschaft und
wischen Stadt und Land. Insofern teile ich die Einschät-
ung, die Sie angesprochen haben, nicht. Dabei deckt
ich meine Auffassung ganz klar mit der Position der
rünen Fraktion.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nun zur Grundsteuerreform; denn in unserem Antrag
ibt es ja noch einige andere Punkte. Herr Hartmann,
enn Sie sagen, dass sich die vorliegenden Anträge in
er Frage überbieten, wer einen Kommunalbericht ein-
ordert, dann haben Sie unseren Antrag wohl nicht genau
elesen; denn uns geht es nicht um einen Kommunalbe-
icht. Die Lage der Kommunen muss nicht erneut dezi-
iert dokumentiert werden, um feststellen zu können,
elche Kommune viel und welche wenig hat. Uns geht

s vielmehr darum, dass ein umfassendes Paket ge-
chnürt wird; dieses Vorhaben haben Sie zugegebener-
aßen auch in Ihrem Koalitionsvertrag thematisiert.
ber lassen Sie Ihren Worten nun auch Taten folgen!


(Peter Götz [CDU/CSU]: Eins nach dem anderen!)


ann würde es einmal nicht dabei bleiben, dass ein
oalitionsvertrag sozusagen nur ein Verschiebungsver-

rag ist, in den man zwar schreibt, was man eigentlich
ill, diese Vorhaben dann aber auf die lange Bank

chiebt.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Das ist gerade einmal zwei Monate her!)







(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
Führen Sie eine Reform der Gewerbesteuer durch,
und zwar in dem Sinne, wie es Rot-Grün diskutiert hat,
und führen Sie eine Reform der Grundsteuer durch! Im
März 2004 war der rheinland-pfälzische Finanzminister
Mittler bei uns in der grünen Fraktion.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das ist bekannt!)


Er hat mit uns über das Grundsteuermodell diskutiert
und gesagt, dass ein entsprechender Gesetzentwurf zeit-
nah eingebracht wird. Das war im März 2004. Es ist
nicht mehr lange hin bis zum März 2006; dann sind zwei
Jahre vergangen. Unter „zeitnah“ verstehe ich, auch
wenn es nur um kleine Schritte geht, etwas anderes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Aber 2004 waren Sie in der Regierung noch mit dabei!)


Erklären Sie uns auch, wie die Übertragung des
Wohngeldes an die Kommunen ab dem Jahr 2007 gere-
gelt werden soll!


(Peter Götz [CDU/CSU]: Machen Sie bei dem Modell doch mit!)


Die Art und Weise, wie Sie darüber diskutiert haben, war
ein schlechter Einstand: Zuerst hat Herr Müntefering ge-
sagt, dass die Kommunen nur 19 Prozent bekommen,
und später hat er angedeutet, dass sie, wenn sie nicht
mitmachen, nur 15 Prozent bekommen werden.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Sie waren damals doch am Regieren! Ist Ihnen bewusst, dass Sie zu dem Zeitpunkt noch in Regierungsverantwortung waren? – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Ihr wart auch dabei, als Clement gar nichts mehr geben wollte!)


Jetzt sprechen Sie von 29,1 Prozent, wie es auch verab-
redet war. Aber Sie haben noch nicht dargelegt, wie es
im Jahr 2007 aussehen soll, haben allerdings angekün-
digt, dies zu tun. Wir sind gespannt, was Sie machen
werden.

In Genshagen haben Sie den Beschluss gefasst, dass
es für die energetische Sanierung von Kindergärten und
Schulgebäuden Kommunalkredite der KfW geben soll.
Das ist eine gute Idee. Wir haben lange über die energe-
tische Sanierung von Gebäuden diskutiert. Bringen Sie
nun einen Vorschlag ein, wie Sie sich das vorstellen!


(Abg. Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601118100

Frau Kollegin, ich lasse keine weitere Zwischenfrage

mehr zu, weil Sie Ihre Redezeit überschritten haben.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601118200

Da Sie meine Redezeit während meiner Beantwor-

tung der letzten Frage leider haben weiterlaufen lassen,
nehme ich mir jetzt noch ganz kurz das Recht, Folgendes
zu sagen: Ich möchte Sie bitten, am Ball zu bleiben.
Starke und handlungsfähige Städte sind für die Men-

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(C (D chen, für unsere Gesellschaft und für unsere Wirtschaft ichtig. Wir Grüne stehen für starke und handlungsfäige Städte und Kommunen. Wir sind gespannt, welche orschläge Sie uns in der Diskussion vorlegen werden. leiben Sie am Ball; denn Sie haben in Ihrem Koali ionsvertrag viel versprochen, aber noch nicht viel umesetzt. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Götz [CDU/CSU]: Das ist ja auch erst zwei Monate her!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601118300

Das Wort hat die Kollegin Antje Tillmann, CDU/

SU-Fraktion.


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1601118400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Liebe Frau Kollegin Piltz, es wäre ein Leichtes
ewesen, dem Antrag der FDP mit dem Titel „Lage der
ommunen dokumentieren und verbessern“ zuzustim-
en, da es für alle Probleme, die man nicht lösen will

der kann, zwei Möglichkeiten gibt: einen Arbeitskreis
inzusetzen oder die Erstellung eines Berichts zu for-
ern. In beiden Fällen hat man Monate Ruhe, weil man
rst die Ergebnisse der Arbeit der jeweiligen Gremien
bwarten muss.


(Gisela Piltz [FDP]: Ja, das müsste Ihnen dann doch gut zupass kommen!)


Leider konzentrieren Sie sich, liebe Kolleginnen und
ollegen von der FDP, in Ihrem Antrag nur auf den ers-

en Teil, nämlich auf das Dokumentieren. Vom „Verbes-
ern“ ist in Ihrem Antrag im Weiteren nicht mehr die
ede.


(Gisela Piltz [FDP]: Das kommt ja noch!)


enau das ist der Grund, warum wir Ihrem Antrag heute
icht zustimmen werden: Viele Forderungen, die Sie da-
in erheben, sind längst von der Zeit überholt.


(Gisela Piltz [FDP]: Ich denke, wir stellen keine Forderungen?)


azu werde ich gleich vortragen.

Die Debatte zeigt doch ganz deutlich: Keine der Frak-
ionen hier im Haus bestreitet, dass die Situation der
ommunen ausgesprochen schwierig ist. Wofür brau-

hen wir neue Zahlen? Die Diskussion über Hartz IV hat
eutlich gezeigt, dass wir, selbst wenn die Zahlen vorge-
egt werden, nicht davor bewahrt werden, politische Ent-
cheidungen zu treffen; denn die Diskussion über
artz IV hat gezeigt: Obwohl die Zahlen vorlagen, wa-

en beide Seiten nur damit beschäftigt, zu klären, ob es
ie richtigen Zahlen sind.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sehr wahr!)


Liebe Frau Kollegin Andreae, Sie scheinen vergessen
u haben, dass Sie zu der Regierung gehört haben,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Antje Tillmann
die den 0-Euro-Vorschlag gemacht hat, die gesagt hat,
die Kommunen kriegen 3,5 Milliarden Euro weniger als
bis dahin. Erst die neue Bundesregierung hat mit den
Kommunen vereinbart, 29,1 Prozent der Unterkunfts-
kosten zu erstatten, was 3,5 Milliarden Euro für die
Kommunen entspricht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Frau Kollegin Kunert, Sie haben gefragt, ob je-
der hier im Haus bei Gesetzentwürfen eigentlich weiß,
welche Auswirkungen die entsprechenden Gesetze auf
die Kommunen haben werden; Sie haben das Altschul-
denhilfe-Gesetz angesprochen. Ja, Frau Kollegin, jeder
könnte es wissen, wenn er die Gesetzentwürfe lesen
würde. Denn schon vor einiger Zeit haben wir einge-
führt, dass bei Gesetzesvorhaben die Auswirkungen auf
die kommunalen Finanzen berücksichtigt werden. Je-
der weiß das. Die Frage ist nur, wie wir das umsetzen.
Ich denke, diese Regierung hat gut begonnen damit, die
kommunalen Finanzen mit im Auge zu behalten. Das hat
die Debatte um Hartz IV gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601118500

Frau Kollegin, gestatten sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Scheel?


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1601118600

Ja.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die Täter zieht es zum Tatort zurück! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie war auch dabei!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601118700

Frau Kollegin, können Sie sich noch daran erinnern,

dass die gesetzgeberischen Entscheidungen im Bereich
der Einkommensteuer, im Bereich der Unternehmensbe-
steuerung insgesamt, aber auch im Bereich der Vertei-
lung der verschiedensten Steuern auf Bund, Länder und
Kommunen mit den Stimmen der von der FDP mitre-
gierten Länder im Bundesrat gemeinsam getragen wur-
den? Wie stehen Sie dazu? Sie tun ja so, als hätte die
FDP-Fraktion hier eine völlig andere Auffassung als Ihre
Minister, die ihre jeweiligen Länder damals im Bundes-
rat vertreten haben. Das ist doch gespaltene Zunge,
oder?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601118800

Frau Kollegin Scheel, Sie sprechen jetzt mit der Kol-

legin Tillmann; sie ist von der CDU/CSU-Fraktion.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601118900

Entschuldigung.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601119000

Bleibt Ihre Frage dann aufrechterhalten?

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(C (D Kein Problem! Ich würde die Frage gerne beantwor en. Die Frage bezieht sich genauso auf die CDUund SU-regierten Länder. (Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Martin Zeil [FDP]: Von den Grünen mitregierte Länder gibt es ja Gott sei Dank nicht mehr!)

Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1601119100
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601119200


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1601119300

Ich beantworte diese Frage ausgesprochen gerne, weil

ie mir die Gelegenheit gibt, klarzustellen, dass es um
ie Regierung geht, an der Sie beteiligt waren, Frau
ndreae. Sie haben eben so schön gesagt, die Gewerbe-

teuerumlage sei gesenkt worden. Aber Sie haben dabei
atürlich vergessen zu erwähnen, dass sie kurz zuvor,
001, massiv erhöht worden ist. Es war genau Ihre Kör-
erschaftsteuerreform 2001, die den Kommunen zwi-
chen 2001 und 2003 finanziell das Genick gebrochen
at.

Wenn Sie sich jetzt immer als Retter der Kommunen
arstellen und darauf verweisen, dass Sie Steuerpläne
ehabt hätten, diese aber im Bundesrat blockiert worden
eien, dann muss ich dazu sagen: Welcher Minister war
s denn, der noch im November die Verlustabschrei-
ungsgesellschaften weiter gefördert hat und damit ver-
indert hat, dass den Kommunen mehrere 100 Millionen
uro Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer zufließen?
rst die neue Regierung hat dafür gesorgt, dass Verlust-
bschreibungsgesellschaften im Einkommensteuerrecht
icht mehr möglich sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Zeil [FDP])


Liebe Kollegen, aus meiner Sicht gibt es kein Er-
enntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


rei Dinge sind es, die für die Kommunen dringend ge-
an werden sollten. Das Erste ist – Herr Götz hat es
chon kurz angesprochen – die Umsetzung der Ergeb-
isse der Föderalismuskommission. Liebe Frau Piltz,

ch kann Sie nur dringend bitten, Ihre Kollegen davon zu
berzeugen, den Ergebnissen der Föderalismusreform
uzustimmen. Denn da haben wir das Konnexitätsprin-
ip vereinbart. Nun droht Ihre Fraktion, die Ergebnisse
icht mitzutragen, wenn sie nicht mit einer Reform des
änderfinanzausgleichs verbunden werden. Dabei wis-
en Sie, dass wir den Länderfinanzausgleich nicht inner-
alb von einem Jahr sanieren können. Also lassen Sie
ns bitte den Kommunen die Sicherheit geben; das war
ine große Bitte der Vertreter der kommunalen Spitzen-
erbände in der Föderalismuskommission, in der sie
assive Mitwirkungsrechte hatten. An der Stelle können
ir tatsächlich helfen, anstatt nur Berichte zu fordern.






(A) )


)

Antje Tillmann

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin Zeil [FDP]: Wir wollen eben echte und nicht Halblösungen!)


Das Zweite, was wir dringend angehen sollten, ist die
Unternehmensteuerreform. Liebe Kollegen von den
Grünen, diese Reform steht im Koalitionsvertrag. Natür-
lich kann sie noch nicht umgesetzt sein; denn den Koali-
tionsvertrag gibt es ja erst seit zwei Monaten. Fragen Sie
uns in zwei Jahren noch einmal! Wenn wir sie bis dahin
nicht angegangen haben, dürfen Sie uns zu Recht kriti-
sieren. Aber in nur zwei Monaten ist so etwas nicht zu
machen, gerade weil zum Beispiel die Gewerbesteuer
sehr sensibel behandelt werden muss.

Ich sage an dieser Stelle als Steuerberaterin auch
ganz offen: Wenn wir Gerichte damit befassen, ob ein
Kükensortierer Gewerbetreibender oder Selbstständiger
ist – ein Gewerbetreibender zahlt Gewerbesteuer, ein
Selbstständiger nicht –, dann werden wir keine Unter-
nehmensteuerreform bekommen, die das Steuerrecht tat-
sächlich vereinfacht. Deshalb ist es mir ein großes
Anliegen, zumindest zu prüfen, ob es eine andere Mög-
lichkeit für die Kommunen gibt. Aber ich sage in Rich-
tung der Kommunen gleichzeitig: Wir haben im Koali-
tionsvertrag auch festgelegt, dass wir die Gewerbesteuer
ohne eine definitive Sicherheit für die kommunalen Fi-
nanzen – da ist das Votum der Kommunen natürlich ge-
fragt – nicht abschaffen werden.

Der dritte Punkt – da bitte ich die kommunalen Ver-
treter in unseren Reihen, aber auch die Handelnden in
den Kommunen, mitzuhelfen –: Wenn wir es nicht schaf-
fen, die Bürger in den Kommunen an der Mitgestal-
tung des kommunalen Haushaltes zu beteiligen, dann
werden sich die Kommunalvertreter immer wieder der
Forderung ausgesetzt sehen, Schwimmbäder, Turnhallen
und Sportplätze sanieren zu müssen, aber bitte nicht die
Gebühren zu erhöhen. Deswegen kommt bei der Reform
der kommunalen Steuern sehr wohl ein Modell infrage,
bei dem die Bürger Mitgestaltungsmöglichkeiten be-
kommen. Dann können sie mit entscheiden, ob sie eine
Erhöhung akzeptieren oder ob sie lieber auf eine Investi-
tion verzichten. Eine solche Beteiligung wünsche ich
mir auf kommunaler Ebene.

Die Einführung einer dritten Kammer – nur so könnte
es mit dem verbindlichen Mitbestimmungsrecht der
Kommunen funktionieren – würde nur dazu führen, dass
dieser Staat nicht mehr zu regieren ist. Das wäre auch
mit dem Ergebnis der Beratungen der Föderalismuskom-
mission nicht vereinbar, die das Ziel hatte, zu einer Ent-
flechtung zu kommen.

Diese Regierung nimmt die Anliegen der Kommunen
sehr ernst. Viele der Kollegen hier haben die kommuna-
len Interessen im Auge. Wir können die Aufgabe bewäl-
tigen, wir haben die nötigen Angaben dazu und brauchen
keinen Bericht mehr. Wir müssen nun die Punkte, die
wir angegangen sind, Schritt für Schritt umsetzen, zügig,
aber nicht übereilt. Dazu fordere ich alle auf. Dann wird
sich auch die Situation der Kommunen verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege ernd Scheelen, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Silvester und damit die jährliche Wiederholung es interessanten Stückes „Dinner for One“ auf den driten Programmen liegen noch nicht lange zurück. Die eiden Kernsätze aus diesem Stück sind allgemein beannt. Sie erinnern sich bestimmt daran, dass der Diener ames fragt: „Same procedure as last year, Miss ophie?“ Miss Sophie antwortet: „Same procedure as very year, James!“ Daran musste ich denken, Frau Piltz, als ich den Anrag der FDP gelesen habe. (Zurufe von der FDP: Das ist jetzt geschmacklos! – James, das war nichts!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601119400
Bernd Scheelen (SPD):
Rede ID: ID1601119500

in solcher Antrag liegt jedes Jahr fast zur selben Zeit in
iesem Hohen Hause vor. Wie oft wir einen solchen An-
rag schon beraten haben, lässt sich gar nicht mehr genau
eststellen. Der Kollege Hartmann hat schon darauf hin-
ewiesen, dass das im Dezember 2004 der Fall gewesen
st. Soweit ich weiß, gab es einen solchen Antrag auch
m Jahre 2003. Davor ist ein solcher wahrscheinlich
uch schon mehrfach eingebracht worden.


(Gisela Piltz [FDP]: Wenn Sie nicht in der Lage sind, das ordentlich zu recherchieren, zeigt das, wie Sie arbeiten!)


Um Sie nicht zu sehr auf die Folter zu spannen,
öchte ich Ihnen vorweg sagen: Auch dieses Mal wer-

en wir diesen Antrag ablehnen. Das gilt auch für die
nträge der Grünen


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schade!)


nd der PDS.


(Zuruf von der LINKEN: Der Linken!)


Ja, der Linken. Ich erinnere mich gut, dass die Kolle-
in Dr. Gesine Lötzsch, die in der vorderen Reihe sitzt,
n den letzten drei Jahren bei jedem Redebeitrag, den sie
ier abgegeben hat, vorher gesagt hat, sie sei Abgeord-
ete der PDS. Das hat sich mir eingeprägt. Ich bitte um
achsicht, dass ich mich noch nicht umstellen konnte.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das hat sich auch nicht geändert!)


Die FDP fordert einen Bericht zur Lage der Kommu-
en. Deren Lage bezeichnet sie als „extrem zugespitzt“.
as ist die wortgleiche Formulierung aus dem Antrag
on 2004.


(Gisela Piltz [FDP]: Die hat sich leider auch nicht verbessert!)


as zeigt, dass Sie noch nicht ausreichend gewürdigt ha-
en, was sich in der Zwischenzeit getan hat, vor allem
insichtlich der Finanzsituation der Kommunen.

(B)







(A) )



(B) )


Bernd Scheelen
Die Finanzsituation ist nach wie vor schwierig – das
wissen wir alle; darüber müssen wir uns nicht streiten –,
entspannt sich aber. Das kann man an Zahlen festma-
chen. Sie weisen in Ihrem Antrag auf die Kassenkredite
hin – damit kann man am besten Horror verbreiten –,
verschweigen aber beispielsweise die durchaus positive
Entwicklung beim Defizit. Das lag im Jahre 2003 noch
bei 8,5 Milliarden Euro, im Jahre 2004 bei 3,8 Milliar-
den Euro. Wir gehen davon aus, dass das Defizit im ver-
gangenen Jahr weiter deutlich gesenkt werden konnte
und dass die Null in der Zukunft nicht nur bloße Hoff-
nung sein wird.

Die Hauptursache dafür, dass sich die Finanzsituation
der Gemeinden durchaus positiv entwickelt, sind die
Einnahmen aus der Gewerbesteuer; die Zahlen sind
hier schon mehrfach genannt worden. Die Steigerung
der Einnahmen 2004 gegenüber 2003 liegt bei über ei-
nem Drittel, genau bei 35,7 Prozent. Das ist für die
Kommunen sehr viel Geld. Das führt dazu, dass die
Steuereinnahmen der Kommunen in dem Jahr gegenüber
2003 insgesamt um 9,4 Prozent gestiegen sind. Die Steu-
erschätzung vom November letzten Jahres geht davon
aus, dass im vergangenen Jahr ein Zuwachs von etwa
4 Prozent zu verzeichnen sein wird. Genau kann man das
erst sagen, wenn die Zahlen vorliegen. Für dieses Jahr
wird ebenfalls eine Steigerung von über 3 Prozent pro-
gnostiziert.

Dabei ist noch nicht berücksichtigt, was die Koalition
in ihrer Vereinbarung niedergelegt hat und was sie an
Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht hat. Das, was
wir Ende letzten Jahres an Subventionsabbau beschlos-
sen haben, wird den Gemeinden weitere Einnahmen in
Höhe von 1,4 Milliarden Euro bringen. Das zeigt, dass
wir in der alten Koalition auf dem richtigen Wege waren,
und das zeigt auch, dass wir in der neuen Koalition auf
dem richtigen Wege sind, um den Kommunen bei der
Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben zu helfen.


(Beifall bei der SPD – Gisela Piltz [FDP]: Würden Sie eine solche Rede auch im Krefelder Stadtrat halten?)


– Jederzeit, Frau Piltz; ich lade Sie herzlich ein.


(Gisela Piltz [FDP]: Sie würden sich trauen, diese Rede im Krefelder Stadtrat zu halten?)


– Selbstverständlich würde ich diese Rede auch in Kre-
feld in meinem Stadtrat halten, wo ich immer noch Bür-
germeister bin. Dort halte ich in jeder Rede der regieren-
den CDU vor, dass sie offensichtlich eine falsche
Wirtschaftspolitik macht; denn von den Gewerbesteuer-
mehreinnahmen kommt in Krefeld erstaunlicherweise
nichts an.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Vorsicht, wir sind doch Freunde!)


Das ist aber ein örtliches Problem, das die Mehrheit dort
zu verantworten hat. Frau Piltz, ich lade Sie herzlich
ein, zu einer Sitzung in den nächsten Monaten zu kom-
men.

Frau Kollegin Piltz, all die Berichte, die Sie hier an-
fordern – das hat der Kollege Hartmann schon zu Recht

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(C (D esagt –, gibt es schon. Ich gebe Ihnen einen kleinen ipp: Gehen Sie einfach mal ins Internet. Unter ww.bundesfinanzministerium.de gibt es den Unterunkt „Aktuelles“. Wenn Sie darauf klicken und den uchbegriff „Kommunen“ eingeben, erhalten Sie zum eispiel dieses Papier hier. Ich habe es extra für Sie chon einmal ausgedruckt und gebe es Ihnen gleich am nde der Rede, damit Sie dort hineinschauen können. (Gisela Piltz [FDP]: Dass Sie Ihre Zeit damit verschwenden, mir Nachhilfe zu geben, finde ich interessant!)


arin steht nämlich, was der Bund zugunsten der Kom-
unen bisher alles getan hat und was in Zukunft noch

uf sie zukommt.

In dem zweiten Teil Ihres Antrages befassen Sie sich
it Art. 84 Grundgesetz. Sie verlangen dort, dass die
undesregierung im Einzelnen die Aufgaben benennt,
ie sie den Kommunen nach ebendiesem Artikel aufer-
egt hat. Wir sollen darlegen, wie die finanziellen Aus-
leichszahlungen dazu aussehen.

Ich habe einmal in einer kleinen Ausgabe des Grund-
esetzes unter Art. 84 nachgeschaut; das hilft ja manch-
al. Die Überschrift lautet: „Landeseigene Verwaltung;
undesaufsicht“. Ich habe den Text aller fünf Absätze
och einmal gelesen. Das Wort „Kommunen“ kommt
arin nicht vor. Das zeigt sehr deutlich, dass im Grund-
esetz davon ausgegangen wird, dass der Staat zwei
benen hat, nämlich den Bund und die Länder. Die
ommunen sind Teile der Länder.


(Gisela Piltz [FDP]: Es ist interessant, dass Sie dafür ins Grundgesetz schauen müssen!)


Insofern sind Ihre Anträge sinnvollerweise in den
andesparlamenten einzubringen. Sie regieren ja in fünf
ändern mit. Die Berichte, die Sie hier von uns einfor-
ern, sollten Sie in diesen Landesregierungen schon mal
uf den Weg bringen. Danach können wir uns hier noch
inmal darüber unterhalten.


(Beifall bei der SPD – Gisela Piltz [FDP]: Ist Ihnen bekannt, dass die Gewerbesteuer eine Sache des Bundes ist?)


Die Fraktion Die Linke – das habe ich jetzt gelernt –


(Zurufe von der Linken: Super! – Geht doch!)


at einen Antrag eingebracht, der relativ einseitig ist. Sie
aben es tatsächlich geschafft, auf einer Seite einen An-
rag zu formulieren. In diesem Antrag verlangen Sie ein
esetzlich abgesichertes Mitwirkungsrecht der Kom-
unen. Das kann man ja wollen; das wollen auch viele.
s gibt auch viele Sympathien dafür. Dort gibt es aber
asselbe Problem wie beim Antrag der FDP: Davor steht
infach die Verfassung. Sie müssen das mit den Ländern
egeln. Wenn Sie das mit den Ländern geregelt haben,
ann kommen Sie gerne wieder mit einem solchen An-
rag. Wir können ihn hier dann durchaus positiv behan-
eln.

Ich will Ihnen sagen, was wir getan haben, als wir
998 mit dem Regieren hier anfingen. Wir haben eine
emeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung






(A) )



(B) )


Bernd Scheelen
verabschiedet. In der sind diese Mitwirkungsrechte in
den §§ 41 und 47 ziemlich exakt definiert. Darin steht
genau, wie die Kommunen vor und nach dem Beginn der
Verhandlungen über einen Gesetzentwurf zu beteiligen
sind. Das ist ziemlich genau geregelt. Das ist das, was
die Verfassung zulässt. Das haben wir bereits getan. In-
sofern erübrigt sich auch Ihr Antrag.

Der Antrag der Grünen enthält eine Menge von dem,
was im Koalitionsvertrag sowieso vorgesehen ist. Wir
werden uns über die Unternehmensteuerreform unterhal-
ten müssen. Dabei wird die Gewerbesteuer eine Rolle
spielen. Es steht aber auch ganz klar im Koalitionsver-
trag, dass die Gewerbesteuer nur dann aufgegeben wer-
den kann, wenn es einen besseren Ersatz gibt.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie ja zustimmen!)


– Nein, wir brauchen einem Antrag nicht zuzustimmen,
der nur das beschreibt, was wir sowieso machen
werden. Er enthält allerdings auch ein paar Punkte, die
wir nicht durchführen werden.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach ja? Welche?)


Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ebenfalls ab.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601119600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/127, 16/358 und 16/371 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(22. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau,
Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Hakki Keskin, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Abriss des Palastes der Republik stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Anna Lührmann, Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Abrissmoratorium für den Palast der Repu-
blik

– Drucksachen 16/98, 16/60, 16/366 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank
Wolfgang Thierse
Christoph Waitz
Dr. Lukrezia Jochimsen
Grietje Bettin

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(C (D Über die Beschlussempfehlung werden wir später naentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege olfgang Börnsen, CDU/CSU-Fraktion. Verehrte Gäste, Freunde und Genossen, (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was? Wer sind Freunde? Wer sind Genossen?)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1601119700

Ein gutes Haus braucht einen guten Platz.
Wir hatten ihn, und taten wie beschlossen.
Hier legte Liebknecht einst in heißen Tagen
das Fundament für eine bessere Welt.
Wir haben darauf gebaut und dürfen sagen:
Dies ist ein Baugrund, der uns sicher hält!

Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Mit diesen eben
itierten Sätzen begann vor 32 Jahren der Richtspruch
um Palast der Republik. Er endet beziehungsreich:

Denn hinter diesen festen Marmorsteinen,
da schlägt das ganze Herz der Republik.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


in Prachtbau, der den Sieg des Sozialismus dokumen-
ieren sollte, war hier entstanden, ein internationales
restigeprojekt mit identitätsstiftender Wirkung für die
DR-Bürger. Durch seine Modernität war es ein Stück
ebaute Westsehnsucht. Als Mann vom Bau erlauben Sie
ir die Bemerkung: Eine technische Meisterleistung.

Aber in seiner damals futuristischen Dimension in
usmaß und Kanten war hier ein architektonischer
remdkörper entstanden und er ist es bis heute geblie-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


s war eine städtebauliche Fehlentscheidung auf der his-
orisch geprägten Spreeinsel. Dieser bewusste Beschluss
er SED diente dazu, die Mitte der Stadt, das Zentrum
er Republik durch ein Symbol für sich zu sichern. Der
alast wurde Platzhalter für ein Gesellschaftsmodell.

Mit der gezielten Sprengung des Stadtschlosses
950 hatte man Berlin seiner Mitte beraubt. Ein gewach-
enes Ensemble hatte man zerstört. Doch die Vergangen-
eit lässt sich nicht wegsprengen.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Bausünden hat es in Berlin und nicht nur hier gege-
en, sondern in beiden Teilen, in Ost wie in West.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)

Doch diese Stadt und ihre Bürger haben besonders in
den letzten 16 Jahren auch mit Hilfe des Bundes ein phä-
nomenales Wiederaufbauprogramm umgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Der Reichstag, unser Parlament, ist dafür ein Paradebei-
spiel. Mit Faust und Fingerspitzengefühl ist Deutsch-
lands Hauptstadt zu einer vitalen, attraktiven und in ih-
ren Ecken auch wunderbar schmuddeligen europäischen
Metropole herangereift.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Einen Bestandsschutz für eine gesichtslose Ruine
kann es nicht geben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ja keine Ahnung!)


Die hier tagende Volkskammer war ein Scheinparlament.
Die Alibi-Abgeordneten haben sanktioniert, was die
SED-Führung diktierte. Mauer, Stacheldraht und Schieß-
befehl gehörten dazu. Dieser Teil der DDR-Geschichte
hat keine Zukunft verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Palast der Republik ist zu einem Ballast für un-
sere Republik geworden, und zwar bereits viel zu lange.
Zweimal hat unser Bundestag das Ende des Palastes be-
schlossen, wohlüberlegt, begründet und fraktionsüber-
greifend.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Grundlagen haben sich geändert!)


Wankelmütig zu werden, weil derzeit eine fragwürdige
Mehrheit anderer Auffassung ist, wäre verantwortungs-
los.

Nur die Grünen betreiben eine Wendehalspolitik.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir setzen uns mit der Realität auseinander! Haben Sie schon mal was von der Machbarkeitsstudie gehört?)


Drei Monate Opposition haben genügt, um sechs Jahre
Abrissbefürwortung infrage zu stellen. Welch peinlicher
Populismus!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dass zwei PDS-Senatoren in der Palastfrage dem Regie-
renden Bürgermeister seit Jahren in den Rücken fallen,
gehört in die gleiche Kategorie.

Der Restpalast muss weg, weil diese Ruine im Herzen
Berlins hässlich ist und diese schöne Stadt entstellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Brache nach dem Abbau bringt eine Atempause
und bietet Zeit, noch manche offenen Fragen zu klären.
Mehr bringt sie nicht. Die große leere Grünfläche wird

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(C (D ine ständige Mahnung sein, dem Zentrum Berlins wieer ein Gesicht zu geben. Das Schloss, das hier einst tand, war wegweisender Ausgangspunkt der historichen Bauten in seiner Nachbarschaft. Es sollte wieder as Zentrum des Ensembles und der Schlussstein im eltkulturerbe der Museumsinsel werden. Doch nicht allein die Fassade ist wichtig. Die Nutung als Humboldt-Forum wird diese weltweit einmaige Stadtlandschaft von Kunst, Kultur, Wissen und ommunikation kennzeichnen und ihr Profil geben. Geben wir unserer Hauptstadt mit der heutigen Entcheidung endgültig ihre Mitte wieder! Es ist ein Ort, an em auch die deutsche Einheit in Frieden und Freiheit eschichte geschrieben hat. Ihr mit einem entsprechenen Bau hier ein Denkmal zu setzen, wäre unserer Repulik würdig. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601119800

Das Wort hat der Kollege Christoph Waitz, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Christoph Waitz (FDP):
Rede ID: ID1601119900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Wieder beschäftigt sich der Deutsche Bun-
estag mit dem Abriss des Palastes der Republik. Wieder
eht es um die Frage, wie der Schlossplatz in Berlin
ünftig gestaltet werden soll. Das ist nicht nur für Berli-
er eine wichtige Frage.

Eigentlich sollte alles klar sein. Der Deutsche Bun-
estag hat vor zwei Jahren beschlossen, die jetzige Pa-
astruine abreißen zu lassen. Der Abriss ist nicht nur be-
chlossen, sondern durch den Berliner Senat auch in
uftrag gegeben worden.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor den Bundestagsberatungen!)


ie heute in den Berliner Zeitungen zu lesen ist, wird
ie Baustelle eingerichtet. Wer jetzt noch den Abriss
toppen will, braucht nach Auffassung meiner Fraktion,
er liberalen, sehr gute Gründe.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben wir!)


Das werden wir sehen.

Der Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen resultiert
us der Sorge, dass sich die bisherigen Planungen für die
ebauung des Schlossplatzes als Luftschloss erweisen
önnten. Diese Planungen und Baumaßnahmen könnten
ür den Steuerzahler teurer werden als bislang gedacht.
nsatzpunkt dieser weit verbreiteten Sorge ist eine
achbarkeitsstudie aus dem Sommer des vergangenen

ahres, die der Öffentlichkeit bislang nicht vollständig
orliegt.






(A) )



(B) )


Christoph Waitz

(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe sie! Ich kann sie Ihnen gerne geben!)


Es ist schon erstaunlich, wenn jetzt ohne vollständige
Kenntnis dieser Machbarkeitsstudie daraus eine „Un-
machbarkeitsstudie“ für die Öffentlichkeit produziert
wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Festzuhalten ist jedoch, dass sich auch bei möglichen
Problemen einer künftigen Bebauung – in wessen Ver-
antwortung auch immer – nichts an der Ausgangssitua-
tion für die Entscheidung des Bundestages geändert
hat.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Fakt ist nämlich, dass sich Berlin mit dem Palast der Re-
publik an einem zentralen Platz einen außerordentlichen
städtebaulichen Missstand leistet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dort, wo jeden Tag Tausende von Touristen flanieren,
steht eine Ruine, deren Anblick und morbider Charme
wirklich nicht als tourismusfördernd eingeschätzt wer-
den kann.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! 650 000 Besucher in den letzten zwei Jahren! – Gegenruf der Abg. Renate Blank [CDU/CSU]: Ach du lieber Gott!)


Anders sieht die Situation für die Fraktion der Linken
aus. Frau Jochimsen, Sie haben für Ihre Fraktion festge-
stellt, dass Sie den Palast der Republik nicht wiederha-
ben wollen. Ich glaube Ihnen das. Denn gerade der abge-
rissene Palast der Republik ist für die Linke eine
willkommene politische Gelegenheit, sich in den Augen
vieler Ostdeutscher wieder in eine Opferrolle zu manöv-
rieren,


(Zuruf von der Linken: Quatsch!)


durch die politisch nutzbare Solidarität geweckt wird,
weil durch scheinbar unverständige Politiker der Palast
beseitigt wird, mit dem viele Berliner und ostdeutsche
Bürger positive Erinnerungen verbinden.

Es lohnt sich aber ein Blick in die Vergangenheit und
auf den Vorgängerbau an dieser Stelle: das Stadtschloss.
Denn der Abriss des Berliner Stadtschlosses wäre nicht
nötig gewesen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Nach Auffassung der Kommunisten sollte vielmehr
sprichwörtlich ein fauler Zahn gezogen werden. Der Ab-
riss des Schlosses war ein politisches Symbol für die
Überwindung von Feudalherrschaft und Diktatur. Er war
ein Zeichen für den ganz bewussten Neuanfang eines so-
zialistischen Staates auf deutschem Boden. Der Neubau
des Palastes – Herr Börnsen hat in die gleiche Richtung

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(C (D rgumentiert – war erst recht ein politisches Zeichen; ar doch schon die Benennung des Gebäudes ein Hineis auf den Kampf um die internationale Anerkennung er DDR und den Stolz auf die erreichte Gleichbehandung mit der Bundesrepublik, die Anerkennung eines soialistischen Staates, der mit der Kontinuität deutscher eschichte nichts zu tun hatte und den keinerlei Verantortung traf: keine Verantwortung für die Teilung olens durch den Hitler-Stalin-Pakt, keine Verantwor ung für den Holocaust und keine Verantwortung für die erbrechen des Nationalsozialismus. Es war eine Verntwortung, die nach sozialistischer Auffassung die DR nicht treffen konnte, da sich Kommunisten selbst ls den eigentlichen Feind und das wichtigste Opfer des ationalsozialismus verstanden. Dieser Palast sollte die in Stein und Stahl gegossene erheißung der Ideale des Kommunismus sein. Hier gab s Einrichtungen und Ausstattungen im Überfluss, die m Rest der Republik Mangelware waren oder gar nicht xistierten. Es gab Freizeiteinrichtungen, Konzerte und iskos und sogar eine zuvorkommende Bedienung in en Gaststätten des Palastes. urz: Es war eine sozialistische Insel der Glückseligkeit, n engen Grenzen natürlich und ohne Reiseund Gedanenfreiheit. Man darf bei aller Emotionalität jedoch icht vergessen: Hier wurde bis zur Wende durch eine orbestimmte Auswahl von Delegierten der DDR-Beölkerung eine Demokratie vorgegaukelt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: So war es!)


Wir wollen, dass statt der Palastruine auf dem
chlossplatz ein Gebäude entsteht, welches die architek-

onischen Proportionen der Planungen Schinkels wie-
erherstellt. Wir wollen, dass durch die Integration der
chlossfassade in dieses Gebäude symbolisch deutlich
ird, dass dieser deutsche Staat zu seiner geschichtli-

hen Verantwortung steht, Verantwortung nicht nur für
ie großen Stunden der deutschen Geschichte, sondern
uch für Fehler und Verbrechen, die im Namen Deutsch-
ands begangen wurden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP-Fraktion wird beide Anträge ablehnen. Da-
ür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.

Ich bedanke mich für Ihre Geduld, Frau Präsidentin,
nd bei Ihnen, meine Damen und Herren, für Ihre Auf-
erksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601120000

Herr Kollege Waitz, für Sie war das die erste Rede in

iesem Hohen Hause. Ich gratuliere Ihnen im Namen al-
er Kolleginnen und Kollegen und wünsche Ihnen per-
önlich und politisch alles Gute.


(Beifall)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Thierse,
SPD-Fraktion.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601120100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Unsere heutige Debatte hat eine längere Vorgeschichte.
Diese beginnt spätestens 1950 mit dem Abriss des
Hohenzollernschlosses, um – wie die Absicht der SED-
Herrschaft war – ausreichend Platz für Demonstrationen
zu haben. Sie ging weiter über Planungen für ein sozia-
listisches Stadtzentrum und mündete im Bau des Palas-
tes der Republik, der auch – ich bitte, das nicht zu ver-
gessen – eine Kundgebungstribüne für die SED-
Herrschaften sein sollte.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Die Debatte wäre zu Ende gewesen, wenn nicht we-
gen der Asbestverseuchung der Palast bis auf sein Ske-
lett, bis auf einen Hohlkörper, hätte zurückgebaut wer-
den müssen. Erst damit entstand eine offene Situation
und damit die drängende Frage: Was machen wir mit der
kostbarsten Stelle der Stadt Berlin, ihrem historischen
Ursprungsort, was machen wir mit der Schlossinsel?

Der Bund und das Land Berlin haben zur Beantwor-
tung dieser Frage eine internationale Expertenkom-
mission eingesetzt, deren Mitglied ich war. Diese Kom-
mission hat einen Vorschlag gemacht. Dessen
wichtigster Aspekt ist eine dominant öffentliche, nicht
privatwirtschaftliche Nutzung. Ein Ort für Stadtbürger,
für die Bürger des Landes und ihre Gäste sollte entste-
hen. Diese Nutzung heißt Humboldt-Forum. Die außer-
europäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz, die wissenschafts- und kulturgeschichtli-
che Sammlung der Humboldt-Universität, die Bestände
der Landesbibliothek und eine Agora, ein Platz für öf-
fentliche Veranstaltungen, Begegnungen und Feste, soll-
ten hier vereinigt werden. Der Vorschlag für die bauliche
Gestaltung sah einen Neubau in der Kubatur des ehe-
maligen Schlosses mit drei Barockfassaden und dem
wunderbaren Schlüter-Hof vor.

Diesem Vorschlag der internationalen Kommission
hat sich der Deutsche Bundestag im Juni 2002 mit sehr
großer Mehrheit angeschlossen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Im November 2003 hat der Bundestag – wiederum mit
großer Mehrheit – diesen Beschluss bestätigt. Ich sehe
keinen wirklich überzeugenden Grund, diese Beschlüsse
aufzuheben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich sehe keinen überzeugenden Grund, dem Antrag der
Linksfraktion zu folgen, den Palast dauerhaft zu erhal-
ten. Ich sehe keinen überzeugenden Grund, dem Antrag
der Grünen zu folgen, den Palast noch ein bisschen zu
erhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Anhänger des
Palastes und Gegner unserer Beschlüsse hat es in den

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(C (D ergangenen Jahren immer gegeben, so wie jetzt auch. ie tragen nicht unwichtige Argumente vor, haben vertändliche Emotionen. Nostalgie ist nicht des Teufels. er Palast sei ein Symbol der DDR-Geschichte. Gewiss, r ist es. Er sei ein Objekt ostdeutscher Identität. Für icht wenige ist das so, für mich nicht. Ich weigere mich, hn im Nachhinein zum Objekt meiner ostdeutschen dentität machen zu lassen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


ir sollten jedenfalls in beiden Fällen ideologisch ab-
üsten.

Neuerlich heißt es, der Palast sei eine interessante Lo-
ation, gerade als skelettierter Hohlkörper sei er interes-
ant für Kunstaktivitäten. Ja, wer wird das bestreiten?
ber soll das ein ernsthaftes Argument sein, daraus ei-
en Dauerzustand im Zentrum der Stadt zu machen, an
hrer empfindsamsten Stelle?


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as Ganze sei nicht finanziert und nicht finanzierbar,
eißt es.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja auch!)


ls müsste die Finanzierung des Palastes und seiner
utzung nicht auch geregelt werden!


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wesentlich günstiger!)


Nun liegt genau zu dieser Frage eine Machbarkeits-
tudie vor. Deren Ergebnisse stehen nicht im Wider-
pruch zu den Bundestagsbeschlüssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei der CDU/CSU und der FDP)


ie Ergebnisse der Studie besagen, dass die Realisierung
es Humboldt-Forums in der Gebäudekubatur des
chlosses möglich ist.


(Anna Lührmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für 1,2 Milliarden!)


er Vorschlag heißt: Das soll ein Projekt öffentlich-
rivater Partnerschaft werden.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Auch richtig!)


ie Baukosten werden auf 670 Millionen Euro veran-
chlagt. Es kommen Finanzierungskosten hinzu. Pro
ahr würde der öffentliche Haushalt mit circa 30 Millio-
en Euro auf 30 Jahre hin belastet. Die Gutachter schla-
en einen zweistufigen Investorenwettbewerb und einen
nternationalen Architektenwettbewerb vor. Zu deren
orbereitung werden gegenwärtig die detaillierten
aumprogramme unter maßgeblicher Mitwirkung der
tiftung Preußischer Kulturbesitz erarbeitet. Die Arbeit,
ie Planungen und die Entscheidungen können also und
ie müssen weitergehen. Es soll kein Gras über das
anze wachsen. Ich bin kein Anhänger der grünen






(A) )



(B) )


Wolfgang Thierse
Wiese. Ich will keine Pause, keinen Stillstand bei diesem
großen Projekt im Zentrum unserer Hauptstadt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Mit dem Beginn des Palastrückbaus aber kann der
Blick nach vorn gerichtet werden, können ideologisierte
und emotionalisierte Konfrontationen überwunden wer-
den. Das wünsche ich mir jedenfalls, das hoffe ich. Denn
worum geht es? Nicht um das alte Schloss, wie pole-
misch-verzerrend immer wieder behauptet wird, sondern
um einen Neubau, der zugleich Geschichte vergegen-
wärtigt und der eine faszinierende Perspektive ermög-
licht. Das Humboldt-Forum im Herzen Berlins ist ein
verheißungsvolles Projekt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Wofür steht es? Der europäischen Kultur, die auf der
Museumsinsel versammelt ist und die zu präsentieren
die Idee dieser Museumsinsel gewesen ist, sollen künftig
die nicht europäischen Kulturen unmittelbar begegnen,
nicht als Folklore, sondern weg von der ehemals koloni-
alistischen Perspektive als Dialog der Kulturen, als
Dialog der Künste. Das ist das wirklich moderne Projekt,
um das es geht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau richtig!)


So etwas gibt es nirgendwo auf der Welt. So entsteht
eine der faszinierendsten Museumslandschaften über-
haupt in der Mitte der deutschen Hauptstadt. Das ist
nicht Vergangenheitsfixierung, sondern Zukunftsorien-
tierung, einer globalisierten Welt wahrlich angemessen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


In einem Bau, der an Geschichte erinnern soll, soll
zugleich ein Projekt der Zukunftsorientierung entstehen.
Darum geht es und dafür bitte ich um Ihre Unterstüt-
zung. Deshalb sollten Sie der Beschlussempfehlung des
Ausschusses folgen. Richten wir den Blick endlich nach
vorne!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601120200

Das Wort hat der Kollege Gregor Gysi, Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601120300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Geschichte der Auseinandersetzungen über
den Palast der Republik ist hier beschrieben worden. Bei
den Reden von Herrn Börnsen und Herrn Waitz ist mir
aufgefallen, dass man immer wieder versucht, Politik
über Gebäude zu machen. Das ist etwas, was ich am al-
lerwenigsten verstehe.


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(C (D (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wer hat denn das getan? – Zuruf von der CDU/ CSU: Wer hat denn den Antrag gestellt?)


Das will ich Ihnen gerade sagen. So bekloppt bin ich
icht.

Ich will Sie daran erinnern, dass die SED-Führung
as Stadtschloss loswerden wollte. Natürlich konnte sie
agen: Es wurde durch den Krieg zerstört. Aber man
ätte es auch wieder aufbauen können. Aus ideologi-
chen Gründen hat man es nicht getan.

Sie machen nichts anderes. Es fällt Ihnen nicht einmal
uf.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sie haben überhaupt nicht zugehört! Sie sind ideologisch verblendet! Nicht einmal zugehört!)


ch wiederhole: Sie machen nichts anderes. Herr
örnsen, Sie haben hier eine lange ideologische Begrün-
ung geliefert, weshalb Sie den Palast der Republik los-
erden wollen. Verstehen Sie: Das ist dieselbe Denk-
eise.


(Zurufe von der LINKEN: Richtig! – Genau!)


Jetzt schildere ich Ihnen Folgendes: Anfangs hatte ich
u diesem Palast keine rechte Beziehung.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das Unschuldslamm steht am Pult! Herr Gysi!)


ber ich habe dann festgestellt: Die jüngere Generation
at da viel Zeit verbracht.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Zuruf von der FDP: Sie waren doch auch einmal jung!)


Es tut mir Leid: Das stimmt. Wenn Sie das nicht wahr-
aben wollen, dann ist das Ihr Problem. Schauen Sie sich
inmal die Umfrage an: Eine Mehrheit im Osten will
m Augenblick diesen Palast erhalten. Dass Sie die

ahrheit nicht zur Kenntnis nehmen, ist etwas anderes.
assen Sie mich trotzdem ausreden!

Immer mehr Vertreter der jüngeren Generation teil-
en mir mit, dass sie dort in der Disko, im Café oder im
heater waren und dass sie wollen, dass der Palast ir-
endwie erhalten bleibt.


(Unruhe bei der CDU/CSU)


Hören Sie zu! – Dann habe ich mich für die Erhaltung
ingesetzt. Ich stand zum Beispiel auf dem Dach des Ge-
äudes und habe alles mögliche gemacht. Dann kam ir-
endwann der Berlinwahlkampf und ich habe mit denje-
igen Leuten gesprochen, die den Wiederaufbau des
tadtschlosses wollten, einen Verein gebildet haben etc.

Übrigens, man kann auch über das Gebäude Stadt-
chloss Negatives sagen. Was soll das? Es war weder
ie Versailles noch wie Sanssouci. Auch das muss man

inmal deutlich sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Aber davon abgesehen: Ich habe auch den Wunsch
derer verstanden, die den Wiederaufbau des Stadt-
schlosses wollten. Verstehen Sie! Da hat in mir eine Ent-
wicklung stattgefunden, die Sie noch nicht vollzogen ha-
ben.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Ja. Sie wissen ja gar nicht, welche. –


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Darauf können wir gut verzichten!)


Ich habe gesagt: Vielleicht müssen wir in diesem Fall
darauf verzichten, Sieger und Verlierer zu kreieren;
vielleicht müssen wir einen anderen Weg gehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Damals haben wir die Idee entwickelt, einerseits den
vorhandenen Kern zu erhalten und andererseits den Pa-
last nicht wieder einfach aufzubauen, sondern etwas
wieder aufzubauen, was Elemente des Schlosses inte-
griert, sodass wir uns zu beiden Teilen der Geschichte
bekennen, und das, nachdem wir vorher die öffentliche,
gemeinnützige Nutzung dieses Gebäudes in der Haupt-
stadt Deutschlands festgelegt haben.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ist das jetzt der Rückzug auf Raten?)


Was ist daran so schlimm?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wollen Sie diese Scheußlichkeit bewahren?)


Warum müssen Sie unbedingt eine große Gruppe von
Verlierern kreieren, um sich selbst vorübergehend als
Sieger zu fühlen? Das ist der falsche Ansatz.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


So kommen wir nicht weiter. Das ist der Punkt, den ich
kritisiere.

Es ginge anders; es ginge vernünftiger. Verstehen Sie!
Als ich das gesagt habe, waren zuerst auch die Palast-
anhänger sauer. Aber sie haben sich dann damit ausei-
nander gesetzt und haben gesagt: Irgendetwas ist dran.
Vielleicht müssen wir hier in Berlin und nicht nur in Ber-
lin diesbezüglich zueinander finden.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das steht aber nicht im Antrag!)


Ich will nicht die Kostengründe ansprechen. Ich stelle
nur fest: Erst war nur von Grundstücken die Rede; jetzt
lese ich etwas von 1,2 Milliarden Euro. Es wird eben al-
les immer teurer. Ich will das aber gar nicht so billig ma-
chen. Es wäre jetzt gar nicht der richtige Zeitpunkt, aus-
schließlich in diese Richtung zu argumentieren.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das steht auch nicht im Antrag!)


Die Erfahrungen besagen natürlich: Berlin ist pleite;
der Bund ist pleite; Geld haben wir nicht. Dieses große
Problem kommt noch hinzu.


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(C (D Nein, es ist umgekehrt. Wir werden zuständig, weil die tadt so pleite ist, dass nichts anderes übrig blieb. Das ist ie Wahrheit, nachdem eine große Koalition diese Stadt uiniert hatte. (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


(Zuruf von der FDP)


Ich sage Ihnen: Ich glaube, es war ein Fehler, Sieger
nd Verlierer kreieren zu wollen. Heute ist darüber be-
ichtet worden, dass es falsch war, die Fusion von Eon
nd Ruhrgas zu genehmigen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist doch völlig am Thema vorbei!)


er Bundestag hat noch die Chance, seinen Beschluss zu
evidieren. Noch besteht die Möglichkeit, zu sagen: Wir
achen es anders, wir nehmen einfach alle mit, wir ver-

angen von jedem eine Art Kompromissbereitschaft und
ir machen etwas, was ins 21. Jahrhundert gehört, et-
as, was mit der Zukunft dieser Gesellschaft und dieses
andes wirklich zu tun hat; wir bekennen uns damit zu
em einen Stück Vergangenheit Schloss und zu dem an-
eren Stück Vergangenheit Palast und machen dennoch
twas völlig Neues, etwas anderes, etwas Gemeinnützi-
es und etwas Öffentliches daraus. Haben Sie doch ein-
al die Kraft, darauf zu verzichten, Sieger und Verlierer

u kreieren!


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Aber das ist doch nicht der Antrag!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601120400

Das Wort hat die Kollegin Anna Lührmann, Bünd-

is 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601120500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir stimmen heute doch nicht über die Frage
b, ob wir ein Schloss wollen oder ob wir den Palast be-
alten wollen. Das ist heute doch gar nicht das Thema.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eute geht es vielmehr darum,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Über die Glaubwürdigkeit der Grünen zu reden!)


b wir im Herzen Berlins eine Brache, eine Grünfläche
aben wollen oder ob wir weiterhin den Rohbau des Pa-
astes der Republik kulturell zwischennutzen wollen.
as ist die Frage, über die wir heute abstimmen. Darüber

ollten wir jetzt auch reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Thierse, die Grundlagen, auf denen der Bundes-
agsbeschluss von 2002 beruht, haben sich sehr wohl
eändert. Nach Auffassung des Großteils der Mitglieder






(A) )



(B) )


Anna Lührmann
der Expertenkommission, auf die Sie sich eben berufen
haben und auf die sich auch der Beschluss berufen hat,
kommt die Machbarkeitsstudie zu dem Ergebnis, dass
bestimmte Teile, wie sie damals vorgeschlagen worden
sind, jetzt nicht realisierbar sind. Deshalb spricht sich ein
Großteil der Expertenkommission jetzt für ein Morato-
rium aus. Dem sollten wir uns hier heute anschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Alle Experten gehen heute von Kosten für die öffent-
liche Hand von bis zu 1,2 Milliarden Euro aus. Sehr ge-
ehrte Kolleginnen und Kollegen, ich frage Sie: Glauben
Sie wirklich ernsthaft daran, dass das hoch verschuldete
Land Berlin oder der Bund in naher Zukunft eine solch
enorme Summe für den Aufbau des Schlosses ausgeben
wird? Ich glaube das nicht. Deshalb ist ein Moratorium
der richtige Weg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Kraftvoll! Sehr kraftvoll!)


Sie, Herr Thierse, und auch Sie, Herr Börnsen, spre-
chen hier von Luftschlössern. Sie haben keinerlei kon-
kret realisierbare Pläne dafür anzubieten, was mit dem
Schlossplatz passieren soll.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur Luft hat der! – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gucken Sie mal auf das Expertenurteil!)


Ich wette mit Ihnen, Herr Börnsen: Wenn ich so alt bin
wie Sie, werde ich noch nicht erlebt haben, dass der
Grundstein für dieses Schloss liegt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach du lieber Gott! – Wolfgang Thierse [SPD]: Ich wette um einen Kasten Champagner! – Gegenruf des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ich mache mit! Ich will auch Champagner haben!)


– Ich wette auch gern mit Ihnen, Herr Thierse. Wir wer-
den dann zu gegebener Zeit darüber diskutieren.

Sie fragen sich vielleicht, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, warum ich als junge Hessin,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sie sehen heute ganz schön alt aus!)


die sechs Jahre alt war, als die Mauer gefallen ist, zum
Thema „Palast der Republik“ spreche.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ich finde, dass Sie heute sehr alt aussehen!)


Ich kann Ihnen hierzu ernsthaft sagen: Mit dem alten Pa-
last der Republik habe ich nicht so wahnsinnig viel zu
tun. Nur eine kurze Anmerkung: Gerade in meiner Ge-
neration gibt es viele Menschen, die wollen, dass wir die
Geschichte eben nicht auf dem Schrotthaufen entsorgen,
sondern uns damit auseinander setzen.


(Zuruf von der FDP: Deswegen wollen wir das Schloss haben!)


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(C (D as ist sehr wichtig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Die Vergangenheit – das sage ich auch an die Adresse
on Herrn Gysi – ist noch einmal ein anderes Thema.
ir geht es heute um die Gegenwart und um die Zu-

unft.


(Monika Griefahn [SPD]: Das hat Herr Thierse dargestellt!)


ch war im August zufällig im Volkspalast. Ich war von
en Möglichkeiten, die selbst eine solch unrenovierte
uine für die Kultur bietet, sehr beeindruckt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Ruine weg muss!)


enauso beeindruckt wie ich waren über eine halbe Mil-
ion Besucherinnen und Besucher sowie die Feuilletons
roßer Zeitungen, von der „New York Times“ über die
FAZ“ bis zur „taz“, also wirklich keine linksradikalen
eitungen. Diese Kultur sollte man aufrechterhalten. Ge-

ade diese lebendigen Ausstellungen lassen sich mit ei-
em sehr geringen Zuschuss aus Steuermitteln realisie-
en.

Damit ist ein zweiter Grund dafür genannt, dass ich
ier stehe. Ich stehe hier als Haushälterin meiner Frak-
ion. Für mich als Haushälterin ist die Frage: Warum
ollten wir diesen einzigartigen Palast der Kultur,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach du lieber Gott! Diese Schrottschüssel einzigartig? – Renate Blank [CDU/CSU]: Das ist eine Ruine!)


er finanzierbar ist, einem nicht finanzierbaren Konzept
ür ein Luftschloss opfern?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Geschichtslos!)


ir geht es darum, hier ein gutes kulturelles Angebot für
ie Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, für die Bür-
erinnen und Bürger in Deutschland, aber gerade auch
ür die Touristen aufrechtzuerhalten. Deshalb finde ich
s sehr wichtig, dass wir mit der Zwischennutzung wei-
ermachen können und dann in Ruhe darüber nachden-
en, wie wir den Rohbau sinnvoll in ein zukünftiges Ge-
äude integrieren können.

Ich will dazu noch anmerken: Der Rohbau ist ja nicht
ichts wert. Die Stahlträger, die da stehen, haben noch
inen Wert von über 100 Millionen Euro. Den Rohbau
u integrieren, das ist ein Konzept, das funktionieren
ürde, das ist ein Konzept, das umsetzbar ist – im Ge-
ensatz zu dem Luftschloss, das Sie vorschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich zum Schluss zusammenfassen, wo-
um es heute geht, zumal jetzt einige Kolleginnen und
ollegen, die nicht die gesamte Debatte verfolgen konn-






(A) )



(B) )


Anna Lührmann
ten, dazugestoßen sind. Wir haben heute in dieser Ab-
stimmung die Wahl zwischen einem Luftschloss, also ei-
ner leeren Grünfläche im Herzen Berlins, und einem
lebendigen Kulturpalast für Kunst und Wissenschaft.
Darüber stimmen wir heute ab. Daher bitte ich Sie: Stim-
men Sie unserem Antrag heute zu, liebe Kolleginnen
und Kollegen, und lehnen Sie die Beschlussempfehlung
des Kulturausschusses ab.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601120600

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem

Kollegen Pflüger.


(Zurufe von der FDP und vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh!)



Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1601120700

Ich freue mich über die Reaktionen. – Ich finde, dass

eine Bemerkung von Herrn Gysi hier nicht unwider-
sprochen stehen bleiben sollte, nämlich dass die Frage
des Abrisses eine Frage von Gewinnern und Verlie-
rern sei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Kollege Gysi, wenn Sie das den Leuten nicht einre-
den, gewinnen alle, wenn wir das Schloss wieder auf-
bauen. Denn eine Stadt, die sich zu ihrer Geschichte be-
kennt, ist eine gute Stadt. Das hat nichts mit Gewinnern
und Verlierern zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)


Ich glaube, Herr Kollege Gysi, dass es für jede Stadt
wichtig ist, dass sie sich zu ihrer Geschichte, in diesem
Fall zur brandenburgisch-preußischen Geschichte, be-
kennt, dass sie aber die Vergangenheit und die Moderne
zusammenführt. Mit dem Humboldt-Forum, mit der
Agora als einem Ort des geistigen Austausches tun wir
beides. Auf der Geschichte bauen wir die Zukunft auf.
Das ist gut für die Stadt. Deshalb stimmen Sie bitte an-
ders ab, als Sie es hier angekündigt haben! Nehmen Sie
zur Kenntnis, was, glaube ich, auch die große Mehrheit
der Berliner in dieser Frage will!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der letzte Punkt, Herr Kollege Gysi. Ich glaube in der
Tat nicht, dass die Aussage richtig ist, dass der Palast
der Republik zur Identität der Deutschen gehöre. Sie
haben das zwar nicht gesagt; aber man hört es immer
wieder. Ich glaube, dass der Palast der Republik für
SED-Diktatur steht. Ein Bauwerk, das Diktatur symbo-
lisiert, gehört nicht zur Identität der Deutschen. Es hat
weder mit der Identität der Deutschen noch mit einer de-
mokratischen Geschichte und Zukunft zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Kollege Gysi, Sie können antworten. Herr Kollege Pflüger, Annahme der Geschichte be eutet immer Annahme der gesamten Geschichte. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601120800
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601120900

ie bedeutet nicht, dass man sich immer jene Teile aus-
ucht, mit denen man gerade meint umgehen zu können.
eshalb war es damals ein großer Fehler, das Schloss zu

prengen. Aber es ist auch ein großer Fehler, wenn ge-
agt wird: Weg mit dem Palast! Erst das Außenministe-
ium, dann der Palast. Was machen Sie überhaupt mit
em Staatsratsgebäude? Was soll aus dem Mittelteil wer-
en? Soll das dann rübertransportiert werden?

Ich will gar nicht auf die offenen Fragen eingehen,
ondern Ihnen zwei Dinge sagen. Ich habe von der jün-
eren Generation gesprochen; da haben Sie nur gelacht.
ch habe aber erlebt, dass andere Menschen andere Vor-
tellungen mit dem Gebäude verbunden haben als ich.
etzt gibt es eine neue, gesamtdeutsche, junge, künstleri-
che Generation, die dort etwas veranstaltet, die das
erne macht. Sie hat dieses Gebäude für sich angenom-
en. Darüber können wir Ältere uns nicht einfach hin-
egsetzen, indem wir so tun, als wüssten wir immer al-

es besser, und den Jungen alles vorschreiben.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist das eine. Ich glaube, wenn wir fähig werden,
n Kompromissen zu denken – wenn wir das Gebäude
tehen lassen, aber auch etwas anbauen, was uns an das
chloss erinnert, was uns an alle Teile der deutschen Ge-
chichte erinnert, und wenn wir etwas für die Zukunft
achen –, dann haben wir eine Zukunft. Wenn wir im-
er sagen, das eine muss weg und etwas Älteres muss
ieder hin, dann gibt es doch Gewinner und Verlierer.
as ist meine Sorge.

Ich habe dazugelernt. Ich war anfangs einer von de-
en, die gesagt haben, der Palast müsse so bleiben. Als
ch aber im Berliner Wahlkampf mit vielen gesprochen
abe, die das Schloss wollten, wurde mir klar, dass ich es
ir zu einfach gemacht hatte. Ich musste hier einen an-

eren Weg gehen. Ich ärgere mich darüber, dass die
ehrheit des Bundestages den Weg, hier etwas Gesamt-

eutsches zu machen, noch nicht vollzogen hat.

Gebäude – es tut mir Leid – sind nicht ideologisch.
ir haben aus noch viel schlimmerer Zeit Gebäude, die
ir nicht deshalb abreißen werden, weil da ganz falsche
eute Mist erzählt haben.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Politikerinnen und Politiker, die auch noch Architek-
en sein wollen, sind die Letzten. Das sollten wir den
rchitekten überlassen. Da wäre ich für eine schöne
usschreibung, die wir sogar zusammen formulieren
önnten.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601121000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Renate Blank. – Vielleicht schaffen wir es, in diesen
letzten vier Minuten noch zuzuhören.


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601121100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege

Gysi, Sie haben in Ihrer Rede – ich nehme jetzt nicht Be-
zug auf Ihre Kurzintervention – kein Wort zu Ihrem An-
trag gesagt. Ziehen Sie Ihren Antrag also zurück? Stim-
men Sie nun für oder gegen einen Abriss der Ruine?
Diese Frage müssen Sie noch beantworten, nachdem Sie
mit keinem Wort darauf eingegangen sind.

Kollege Gysi, Sie unterstellen uns, Politik über dieses
Gebäude zu machen. Sie vergessen dabei, dass in diesem
Gebäude eine Politik betrieben wurde, die Menschen so-
zusagen kaputtgemacht hat; denn dort gab es die größte
Abhör- und Bespitzelungsmaschinerie der DDR. Es gibt
in diesem Zusammenhang weder Sieger noch Verlierer.
Die Linke stellt sich halt gern als Verlierer dar, um Mit-
leid zu erregen. Aber nicht mit uns!

Sie sagen, dass das Schloss 1950 bedauerlicherweise
abgerissen wurde. Kollege Gysi, vielleicht erinnern Sie
sich daran, dass Honecker im Jahre 1988 sagte, es sei ein
Fehler gewesen, dieses Schloss abzureißen. Er sagte dies
aber erst, nachdem er von Auslandsreisen zurückkehrte
– von Paris oder England –, auf denen er festgestellt
hatte, von welchem Vorteil es ist, wenn man repräsenta-
tive Gebäude hat. Der Abriss des Schlosses lässt sich
nicht mehr korrigieren. Aber der Palast muss weg.

An die Adresse der Grünen muss ich sagen, dass mich
Ihr Sinneswandel schon wundert. All die Jahre waren
Sie anderer Meinung. Jetzt plötzlich führen Sie das Ar-
gument an, der Abriss und der Wiederaufbau kosteten zu
viel Geld. Darauf kann ich Ihnen nur sagen, dass wir in
diesem Hause viel Geld für andere Dinge bereitstellen.
Daher sollte auch Geld vorhanden sein, um Berlins Mitte
wieder zu einer ansehnlichen Stätte zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auch eine zwischenzeitlich entstehende Grünfläche
wäre kein Problem; denn sie würde der Erholung dienen.

Im Grunde genommen sind wir mit dem Abriss in
Verzug. Hätte es keine Verfahrensfehler gegeben, müss-
ten wir heute nicht mehr diskutieren und der Abriss wäre
schon längst erfolgt. Sie hätten dann auch nicht
200 versprengte Demonstrierende vor der Ruine des Pa-
lastes der Republik mobilisieren müssen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können nicht zählen!)


Man hat versucht, den Palast als Kultstätte hochzu-
stilisieren. Der Versuch ist zwar legitim. Aber die Gel-
der, die dort für Kulturveranstaltungen ausgegeben wur-
den, sind alle dem Hauptstadtkulturfonds, der aus
Bundesmitteln gespeist ist, entnommen worden.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es!)


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(C (D ie Kulturveranstaltungen hätten genauso gut woanders tattfinden können. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genau!)


Sie wollen uns jetzt weismachen, dass diese Ruine
ymbolträchtig ist. Wir sind der Meinung, dass dies kei-
eswegs der Fall ist. Im Gegenteil: Durch die Palastruine
ls Solitärbau wird dem historischen Ensemble ein
chwerer Schaden zugefügt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ürde der Palast erhalten bzw. wieder aufgebaut wer-
en, wäre das Zentrum der Stadt endgültig deformiert
nd zusammenhanglos. Wir brauchen an dieser Stelle
lso dringend einen Wiederaufbau.

Ich gehe davon aus, dass die Brachfläche Anlass gibt,
uch über private Finanzierungen nachzudenken. Wir
üssen uns auch mit der Machbarkeitsstudie intensiv

useinander setzen. Man kann in diesem Zusammenhang
arüber diskutieren, wie die Nutzung ausschauen sollte.
uf jeden Fall sollte die Kubatur des Schlosses – das ist

chon ausführlich beschrieben worden – wieder aufge-
aut werden.

Es ist schon sehr verwunderlich, verehrte Kollegin
us Hessen, dass sich Westler plötzlich für diese Pa-
astruine so stark machen und sie als geschichtsträchtige
nd wertvolle Architektur bezeichnen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Hässlich ist sie!)


as ist aber nicht der Fall. Es handelt sich um eine häss-
iche Ruine,


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] sowie des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP])


ie ganz schnell abgerissen werden muss.

Aus meiner Sicht beginnt mit dem Abriss der Pa-
astruine die Zukunft der Mitte Berlins. Ich glaube, dass
s Ende dieses Monats oder Anfang nächsten Monats
ndlich so weit sein wird.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


ann diskutieren wir über die Neunutzung und nicht
ehr über einen Abriss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601121200

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem

ollegen Gregor Gysi.


(Widerspruch bei der SPD)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601121300

Es sind doch bloß wenige Sätzchen; das halten Sie

och noch aus.






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Selbstverständlich kenne ich unseren Antrag. Sie ha-
ben mich missverstanden, Frau Kollegin Blank. Ich
möchte, dass wir den Rohbau erhalten und mit Elemen-
ten des Schlosses komplettieren, um die Geschichte ins-
gesamt darzustellen.

Ein Zweites wollte ich Ihnen sagen: Es wurde immer
von irgendwelchen Nostalgikern gesprochen. Günter
Grass und Dario Fo sind gegen einen Abriss. Sie selbst
haben von Künstlerinnen und Künstlern sowie Schrift-
stellerinnen und Schriftstellern gesprochen, die sich in-
zwischen gegen einen Abriss einsetzen. Das alles wird
mehr oder weniger negiert.

Ein einziges und letztes Beispiel: Der Bundestagsprä-
sident kommt, glaube ich, aus Ihrer Fraktion. Er hat am
27. August 2005 in einem Interview in der „Berliner Zei-
tung“ erklärt:

In Deutschland krachen die Sozialsysteme, die
Maastricht-Kriterien werden gebrochen, die Bil-
dungssysteme müssen umstrukturiert werden – in
so einer Situation setzt das Land Zeichen mit einer
nostalgischen Fassade für 900 Millionen Euro.

Inzwischen sind wir bei 1,2 Milliarden Euro.

Ich finde, wenn er Recht hat, hat er Recht. Wir sollten
wirklich noch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht
eine gemeinsame Lösung finden – ich bleibe dabei –,
statt zu sagen: Irgendeiner muss gewinnen. Der Abriss
erfolgt kurz und schnell und ist falsch und nicht repara-
bel.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601121400

Frau Kollegin Blank, bitte.


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601121500

Kollege Gysi, auch wenn Sie es zum dritten, fünften

oder zehnten Mal sagen: Ihre Aussage wird dadurch
nicht besser.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen zudem: Wir brauchen dort – deswegen
der Hinweis auf die spätere Nutzung – auch privates Ka-
pital; das wollen wir gewinnen. Wir brauchen in diesem
Bereich bürgerschaftliches Engagement.

Kollege Gysi, mir ist klar, dass Sie sich in der Opposi-
tion gern als Opferlamm darstellen. Aber das wird Ihnen
in diesem Fall nicht gelingen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601121600

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für Kultur und Medien auf Drucksache 16/366.
Zu dieser Abstimmung liegen mir Erklärungen nach
§ 31 unserer Geschäftsordnung vor, und zwar von Swen
Schulz (Spandau), Jörg-Otto Spiller, Detlef Dzembritzki,
Klaus Uwe Benneter, Petra Merkel (Berlin), Dr. Ditmar
Staffelt, Gunter Weißgerber, Mechthild Rawert, Lothar

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1)

2)

(C (D ark, Rainer Fornahl, Katrin Göring-Eckardt und Anja ajduk.1)


Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
raktion Die Linke auf Drucksache 16/98 mit dem Titel
Abriss des Palastes der Republik stoppen“. Unter
uchstabe a seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
usschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/60 mit
em Titel „Abrissmoratorium für den Palast der Repu-
lik“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vereinbart,
ass über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für
ultur und Medien zu den beiden genannten Anträgen in

iner namentlichen Abstimmung abgestimmt wird. Wer
ie Anträge ablehnt, muss also mit Ja für die Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses stimmen.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
orgesehenen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an
en Urnen besetzt? Auch an der hinteren Urne? – Das ist
er Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
timme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
chließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
en und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
as Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be-
annt gegeben.2)

Wir setzen unsere Beratungen fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 sowie Zusatz-
unkt 4 auf:

11 Erste Beratung des von den Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Wolfgang
Wieland, Claudia Roth (Augsburg) und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur

(AltfallRegelung)


– Drucksache 16/218 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

P 4 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla
Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau und der Frak-
tion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Aufent-
haltsgesetzes und anderer Gesetze

– Drucksache 16/369 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Anlagen 2 bis 6
Ergebnis Seite 801 C






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, die diesem
Tagesordnungspunkt nicht folgen wollen, den Saal zu
verlassen und ihre Gespräche außerhalb des Saales fort-
zusetzen. – Sie verlängern durch Ihr Verhalten die Dauer
unserer heutigen Sitzung wesentlich. Deshalb noch ein-
mal die herzliche Aufforderung, die Gespräche außer-
halb des Saales fortzusetzen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Josef Winkler, Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wol-
len wir die inhumane Praxis der Kettenduldungen für
langjährig in Deutschland lebende Flüchtlinge endlich
beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ausländerinnen und Ausländern, die sich am
31. Dezember 2005 seit mindestens fünf Jahren rechtmä-
ßig oder geduldet in Deutschland aufhalten, kann von
den Ausländerbehörden eine Aufenthaltserlaubnis erteilt
werden; das ist Inhalt unseres Gesetzentwurfs. In Härte-
fällen, zum Beispiel bei Traumatisierten oder minderjäh-
rigen Flüchtlingen ohne Begleitung ihrer Eltern, kann
von der Fünf-Jahres-Frist abgesehen werden. Mit der Er-
teilung der Aufenthaltserlaubnis wird es insbesondere
den geduldeten Jugendlichen endlich ermöglicht, eine
Ausbildung anzutreten oder zu arbeiten. Damit ist ihnen
eine sinnvolle Zukunftsperspektive eröffnet.

Leider bietet das Zuwanderungsgesetz für die große
Gruppe der langjährig Geduldeten nicht die gewünschte
Lösung. Was fehlt, ist eine unbürokratische Regelung,
die es den Ausländerbehörden möglich macht, den Be-
troffenen einen rechtmäßigen Aufenthalt zu erlauben.
Diese Lücke würde mit dem durch uns vorgelegten Ge-
setzentwurf geschlossen.

Der kürzlich bekannt gewordene Referentenentwurf
des Bundesinnenministeriums zur Änderung des Zuwan-
derungsgesetzes enthält demgegenüber leider keine
Übergangs- oder Bleiberechtsregelung für langjährig ge-
duldete oder Asyl suchende Flüchtlinge, obwohl im
Koalitionsvertrag angekündigt war, das Zuwanderungs-
gesetz im Hinblick auf humanitäre Lösungen für Men-
schen mit einer Kettenduldung zu evaluieren, und ob-
wohl auch die Innenministerkonferenz kürzlich den
Gesetzgeber aufgefordert hat, Verbesserungsvorschläge
vorzulegen – natürlich nachdem sie sich selber nicht zu
einem besseren Vorschlag durchringen konnte.

Der Anspruch des Zuwanderungsgesetzes, die Ket-
tenduldungen abzuschaffen, kann ohne eine Bleibe-
rechtsregelung nicht erfüllt werden. Bisher konnte nur
eine Minderheit der geduldeten Flüchtlinge die auslän-

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(C (D errechtlichen Hürden auf dem Weg zu einer Aufentaltserlaubnis überspringen. Dies liegt zum einen an den orläufigen Anwendungshinweisen, die das Bundesnnenministerium – schon unter der alten Koalition – erassen hat, zum anderen aber auch an den restriktiven rlassregelungen einzelner Bundesländer und an der atsache, dass immer noch nicht alle Länder eine Härteallkommission eingerichtet haben. Bayern und Bremen um Beispiel haben es unterlassen, diese Möglichkeit zu utzen. Aber auch wenn eine Härtefallkommission xistiert – wie in Baden-Württemberg –, heißt dies noch ange nicht, dass humanitäre Fälle auch tatsächlich von ieser Kommission gelöst werden. Ich will Ihnen ein dramatisches Beispiel vortragen: ie türkisch-kurdischen Geschwister Mükrime und Ibraim Gümüs, beide Anfang 20, stehen unmittelbar vor der bschiebung, obwohl sie schon seit 18 Jahren in eutschland leben, hier einen Schulabschluss gemacht aben und arbeiten. Sie sind mit ihren Eltern als Kleininder aus der Türkei geflohen. Die Mutter und die minerjährigen Geschwister haben seit dem Jahr 2002 einen echtmäßigen Aufenthaltsstatus. Dieser gilt aber nicht ür die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen eschwister Mükrime und Ibrahim. Ein Antrag auf Aufahme in die Härtefallregelung des Zuwanderungsgesetes wurde von der baden-württembergischen Kommision am 15. November letzten Jahres abgelehnt. Nun roht den Geschwistern die Familientrennung durch die bschiebung in ein Land, an das sie nicht einmal mehr ine schwache Erinnerung haben. – Dies ist leider kein inzelfall, sondern nur die Spitze des Eisbergs. Daher ind wir der Meinung, dass keine Zeit mehr mit Warten nd weiterem Evaluieren zugebracht werden darf, dass ie Betroffenen endlich ein Bleiberecht erhalten müssen nd dass ihr Aufenthalt langfristig abgesichert werden uss. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD] und des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])


Ich komme zum Schluss. Die Innenministerkonfe-
enz, die diese Lücke durch einen Beschluss hätte
chließen können, hat sich im Dezember letzten Jahres
rneut als unfähig erwiesen, eine Lösung für die rund
50 000 geduldeten Mitbürgerinnen und Mitbürger zu
inden. Sogar einige unionsgeführte Bundesländer haben
ich einer Lösung nicht prinzipiell verschlossen. Aber
as Einstimmigkeitsprinzip der Innenministerkonferenz
at auch diesmal selbst einen Minimalkompromiss ver-
indert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie
ehr herzlich bitten, unseren Antrag zu unterstützen. Er
ient der notwendigen Integration von Menschen, die
ach jahrelanger Ungewissheit eine tragfähige Zukunfts-
erspektive in Deutschland brauchen.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Max Stadler [FDP] und der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601121700

Das Wort hat der Kollege Reinhard Grindel, CDU/

CSU-Fraktion.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1601121800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

An den Beginn unserer Debatte gehört eine Feststellung:
Wir haben im Rahmen der Beratung des neuen Zuwan-
derungsgesetzes ausführlich über eine Bleiberechtsrege-
lung diskutiert. Wir haben uns damals gemeinsam
– CDU/CSU, SPD, FDP und auch die Grünen – gegen
eine Bleiberechtsregelung entschieden. Wir haben aber
sehr wohl eine Verbesserung der Aufenthaltssituation
ausreisepflichtiger Ausländer beschlossen, die aus recht-
lichen oder tatsächlichen Gründen nicht ausreisen kön-
nen. Darüber hinaus haben wir eine Härtefallregelung
vorgesehen.

Kollege Winkler, das Zuwanderungsgesetz ist jetzt
seit einem Jahr in Kraft. Einzelne Gesetzesänderungen
wirken erst seit einigen Monaten. Deswegen ist es völlig
richtig, dass wir uns in der großen Koalition darauf ver-
ständigt haben, die Erfahrungen mit diesen beiden Maß-
nahmen des neuen Zuwanderungsgesetzes intensiv zu
untersuchen.

Die von Ihnen angesprochene Gesetzesänderung hat
damit nichts zu tun. Da geht es um die Umsetzung von
elf EU-Richtlinien.

Ich finde in Ihrer Antragsbegründung keinen einzigen
Ansatzpunkt, warum schon zum jetzigen Zeitpunkt eine
neuerliche Rechtsänderung nötig sein soll; denn es gibt
keine Lücke. In Wahrheit wollen Sie mit Ihrem Antrag
vom Zuwanderungskompromiss abrücken, den Sie mit
uns beschlossen haben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr!)


Sie sind nicht für mehr Integration, sondern für mehr Zu-
wanderung.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am Thema vorbei! Die sind ja schon da!)


Genau das wollen wir nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben das Thema Integration aufgeworfen.
Manchmal ist nicht nur interessant, was in einem Antrag
steht, sondern auch, was nicht drin steht. Sie haben als
einziges Tatbestandsmerkmal für eine Bleiberechts-
regelung einen fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland
gefordert.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen rechtmäßigen!)


Sie verlangen keine ausreichenden Deutschkenntnisse.
Sie verlangen nicht, dass die Kinder in Deutschland zur
Schule gehen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dürfen sie ja nicht!)


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(C (D ie verlangen kein bestehendes Arbeitsverhältnis und och nicht einmal ausreichenden Wohnraum. – Diese atbestandsvoraussetzungen waren zum Beispiel im orschlag des Landes Nordrhein-Westfalen enthalten, er bei der Innenministerkonferenz im Dezember 2005 rörtert wurde. Ich sage das mit Blick auf die Kollegen er FDP; denn es war Ihr Innenminister, der diesen Vorchlag unterbreitet hat. Damit zeigt sich eines ganz deutlich: Ihnen geht es icht um Integration. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die dürfen sich doch gar nicht integrieren!)


ie nehmen nicht zur Kenntnis, dass wir jetzt die Pro-
leme lösen müssen, die sich aus der mangelnden Inte-
ration vieler Ausländer ergeben, die bereits auf Dauer
n Deutschland leben. Sie wollen auch Ausländern ein
leiberecht geben, die kein Wort Deutsch können, die

hre Kinder auf eine Koranschule schicken, die noch nie-
als in Deutschland gearbeitet haben


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die dürfen doch nicht arbeiten!)


nd hier keinen ausreichenden Wohnraum haben. Das
at mit Integration nichts, aber auch gar nichts zu tun,
ondern nur mit ungesteuerter Zuwanderung, die wir
icht wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht ja noch weiter: Sie wollen sogar solchen Aus-
ändern ein Bleiberecht geben, die in Deutschland straf-
ällig geworden sind


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte?)


nd die ihren längeren Aufenthalt selbst herbeigeführt
aben, Ausländern, die sich über Jahre geweigert haben,
nsere Gesetze zu befolgen, Ausländern, die durch das
ernichten von Pässen, durch mangelnde Kooperations-
ereitschaft mit den Ausländerbehörden und durch Täu-
chung über ihre Identität ihre Abschiebung selbst verei-
elt haben und damit die Sozialkassen der Kommunen
rheblich belasten. Ich sage für die CDU/CSU: Wir wer-
en keinem Bleiberecht zustimmen, das das jahrelange
eharrliche Nichtbeachten unserer Rechtsvorschriften
uch noch prämiert. Das kann keine richtige Botschaft
es Gesetzgebers sein.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann haben Sie Ihre Koalitionsvereinbarung nicht richtig gelesen!)


Sie sprechen die Bürgerkriegsflüchtlinge an. Unsere
evölkerung hat hier in vorbildlicher Weise Solidarität
it den Menschen auf dem Balkan bewiesen. Wir haben
ehr Flüchtlingen Schutz gewährt als jedes andere Land

n Europa. Die meisten Flüchtlinge sind nach Ende der
riegshandlungen freiwillig in ihre Heimat zurückge-
ehrt und haben angefangen, unter schwierigsten Bedin-
ungen ihr Land aufzubauen. Einige Zehntausende – das
st wahr – haben durch viele Tricks über Jahre ihre






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Rückkehr verhindert. Ich finde, es ist die falsche
Botschaft, wenn Sie mit einer solchen Bleiberechtsrege-
lung denjenigen, die auf den Balkan zurückgekehrt sind
und dort ihr Land aufbauen, jetzt im Grunde genommen
sagen: Ihr seid dumm gewesen, weil ihr nur so lange den
Schutz in Deutschland in Anspruch genommen habt, wie
es nötig war, und das deutsche Recht geachtet habt. Ihr
hättet durch jahrelanges Taktieren mit euren Ausweispa-
pieren und andere Maßnahmen, die die Abschiebung
weiter verzögern, dafür sorgen können, künstlich euren
Aufenthalt in Deutschland zu verlängern. Auf diese Art
und Weise hättet ihr in Deutschland bleiben können.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was zu dem Fall mit den zwei Kindern!)


Das ist nicht die richtige Perspektive. Eine Bleibe-
rechtsregelung, wie Sie sie ausgestalten wollen, eine Re-
gelung, durch die sich die Bürgerkriegsflüchtlinge, die in
ihre Heimat zurückgekehrt sind, weil es die geltende
Rechtslage erfordert, im Nachhinein als Betrogene füh-
len müssen, kann nicht richtig sein. Dies würde auch die
Aufnahmebereitschaft der deutschen Bevölkerung
erlahmen lassen; denn sie wüsste, dass in zukünftigen
Fällen, die wir hoffentlich nicht bekommen werden,
viele Flüchtlinge bleiben werden, weil sie von dieser
Bleiberechtsregelung Gebrauch machen. Auch das ist
die falsche Perspektive.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es besteht kein Zweifel, dass mit einer umfassenden
Bleiberechtsregelung ein Sogeffekt nach Deutschland
entstünde. Das gilt erst recht für den Vorschlag der
Linkspartei, der noch nicht einmal eine Stichtagsrege-
lung enthält.

In Europa wurden bereits Erfahrungen mit Bleibe-
rechtsregelungen gemacht: In Spanien ist die Zahl der
registrierten Ausländer im Anschluss an die dortige
Legalisierungskampagne allein im Jahr 2005 um
700 000 Personen gestiegen. Die Zuwanderung nach
Spanien hat also in nur einem Jahr um 20 Prozent zuge-
nommen. – Die Legalisierungskampagne, die in Portugal
durchgeführt wurde, ist bereits nach kurzer Zeit abge-
brochen worden – darüber haben wir auch im Visa-Un-
tersuchungsausschuss gesprochen –, weil der Ansturm
von Ausländern zu groß war; denn Schlepper- und
Schleuserbanden reagieren sofort auf neue Rechtslagen.

Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, einer massi-
ven Schieflage der Sozialsysteme und großer Integrati-
onsprobleme in den Kommunen ist es unverantwortlich,
die Einführung einer Bleiberechtsregelung vorzuschla-
gen, wenn nicht die Vorbedingung, die Sicherung des ei-
genen Lebensunterhalts, erfüllt ist. Wir lehnen das ab.

Völlig abwegig ist die Einführung zusätzlicher
Härtefallregelungen, wie Sie sie vorschlagen; denn
dadurch wäre schon nach wenigen Monaten ein Bleibe-
recht möglich. Diese Regelung soll für Opfer von Ge-
walttaten gelten. Der Linkspartei reicht schon die Be-
hauptung aus, die Gewalttat sei im Ausland verübt
worden. Aus der täglichen Praxis wissen wir, dass da-
durch Schutzbehauptungen Tür und Tor geöffnet wür-

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(C (D en. Herr Kollege Winkler, das gilt auch für die so geannten Traumatisierungsfälle, über die wir schon ehrfach diskutiert haben. Zur Klarstellung: Natürlich gibt es in Ausnahmefällen raumatisierte Flüchtlinge; sie werden in aller Regel uch nicht abgeschoben. Aber die Erfahrung, die viele ommunen gerade in den letzten zwei Jahren gemacht aben, ist doch – dessen habe ich mich in meinem Wahlreis versichert –, dass sich die Kosten, die für Gesundeitsmaßnahmen ausreisepflichtiger Ausländer entstanen sind, massiv erhöht haben, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ungeheuerlich, was Sie hier machen!)


eil – indem behauptet wurde, traumatisiert zu sein und
sychologische Probleme zu haben – immer wieder ver-
ucht wurde, rechtlich wirksame Abschiebungen zu ver-
indern.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Die müssen doch Gutachten vorlegen!)


it einer solchen Härtefallregelung – das ist die Reali-
ät, die uns die Ausländerbehörden immer wieder schil-
ern –


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihre Realität! Sie leben aber offensichtlich in einer ganz anderen Realität!)


ird der Zuwanderung durch die Hintertür Tür und Tor
eöffnet und wird die Integration gefährdet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre schön,
enn wir die Erfahrungen, die wir mit dem Zuwande-

ungsgesetz gemacht haben, in Ruhe auswerten könnten.
ch will Sie daran erinnern, dass wir uns bei den Ver-
andlungen über das Zuwanderungsgesetz einig waren,
ass eine allgemeine Bleiberechtsregelung nicht sinnvoll
st. Der Kollege Beck war an all diesen Verhandlungen
eteiligt; Herr Kollege Winkler, Sie wissen das.

Auch wäre es schön, wenn den Worten der Grünen
uch Taten folgen würden. Ihr Fraktionsvorsitzender
ritz Kuhn hat vor Ihrer Klausurtagung in einem Inter-
iew in der „Welt“ erklärt, die Grünen müssten zur
enntnis nehmen, dass Ausländer, wie er sich ausge-
rückt hat, auch Stress bringen. Des Weiteren hat er ge-
agt:

Wir Grüne müssen uns diesem Streß aussetzen und
Antworten auf drängende Probleme finden, … aber
nicht naiv blauäugig.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na und? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir!)


azu sage ich: Ihr Antrag löst keine Probleme. Er trägt
icht zur Verbesserung der Integration bei, sondern
chafft mehr Stress. Er gefährdet die Integration und ist
mit Verlaub – blauäugig.
Herzlichen Dank.






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

Anke Eymer (Lübeck) Steffen Kampeter Dr. Joachim Pfeiffer Andrea Astrid Voßhoff
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)


Bernhard Kaster
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Jens Koeppen
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Norbert Königshofen

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r. Peter Ramsauer

Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Georg Fahrenschon Alois Karl Sibylle Pfeiffer Marco Wanderwitz

(Beifall bei der CDU/CS [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ che Rede! – Josef Phili NIS 90/DIE GRÜNEN]: D terirdisch!)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 567;
davon

ja: 430
nein: 119
enthalten: 18

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn

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(Heidelberg)

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r. Michael Luther
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Susanne Kastner Willy Wimmer Elisabeth Winkelmeier Becker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Rainer Arnold Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Ute Berg Petra Bierwirth Volker Blumentritt Kurt Bodewig Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Petra Ernstberger Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann Hubertus Heil Reinhold Hemker R G P G Ir F E K C B J J U D U H A D W F K R A N V D A J H U D C W G D C H M P U D U M D M D H H J J C D F D M S M G W S R D K O M A A olf Hempelmann ustav Herzog etra Hinz erd Höfer is Hoffmann rank Hofmann ike Hovermann laas Hübner hristel Humme runhilde Irber osip Juratovic ohannes Kahrs lrich Kasparick r. h. c. 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Lothar Bisky eidrun Bluhm va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Nächster Redner in dieser Debatte ist der Kollege führt. Die FDP-Bundestagsfraktion war schon damals Hartfrid Wolff, FDP-Fraktion. (Beifall bei d Hartfrid Wolff (Rems-Murr Frau Präsidentin! Liebe Ko Die Integrationsbereitschaft vo granten hängt auch von ihrer pe Deutschland ab. (Jerzy Montag [BÜNDN NEN]: Gen Wenn ein gesicherter Aufentha bei einer längeren Aufenthaltsd um Integration zu bemühen, ers ich ausdrücklich, dass das Prob von nach Deutschland eingewa thematisiert wird. (Beifall bei der FDP und DIE GRÜNEN sowie be SPD)


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(Hildesheim)


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Wolmirstedt)


(Frankfurt)





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Wenn de facto die Abschiebu
Ausländern politisch nicht meh
ser Tatsache Rechnung getrage

Die Diskussion über eine Alt
rig Geduldete wurde bereits im
Zuwanderungsgesetz in den Ja
er FDP)

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lleginnen und Kollegen!
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rsönlichen Perspektive in

IS 90/DIE GRÜ-
au!)

ltsstatus fehlt, wird selbst
auer die Motivation, sich
chwert. Deshalb begrüße
lem der Kettenduldungen
nderten Familien wieder

dem BÜNDNIS 90/
i Abgeordneten der

ng von lange geduldeten
r vertretbar ist, muss die-
n werden.

fallregelung für langjäh-
Zusammenhang mit dem
hren 2003 und 2004 ge-

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er Auffassung, dass die unbe
etroffenen durch eine vernünf
egelung verbessert werden
um Zuwanderungsgesetz ent
it der jetzt vorliegenden vergl


(Josef Philip Winkler [B GRÜNEN]: Da ir sind uns in vielen Punkten erechtigten Arbeitsmarktzug ich nicht aus ihrer ökonomi reien. Erwerbstätigkeit ist die che Unabhängigkeit. Arbeit is rationsfaktor: Arbeit ermög inanziell auf eigenen Beinen urch das Selbstwertgefühl – en, sondern auch der Familien icht soziale Kontakte und sc evölkerung. Herr Kollege Gri eresse der Gesellschaft im Gan (Beifall bei der FDP und DIE GRÜNEN sowie be SPD – Reinhard Grindel [ aber im Gesetzentwurf de halten! – Gegenruf des Winkler [BÜNDNIS 9 Richtig lesen!)

friedigende Situation der
tige und unbürokratische

muss. Der FDP-Entwurf
hielt eine Regelung, die
eichbar ist.

ÜNDNIS 90/DIE
s stimmt!)

einig: Ohne einen gleich-
ang können Zuwanderer
schen Abhängigkeit be-
Grundlage für ökonomi-
t ein entscheidender Inte-
licht den Zuwanderern,
zu stehen, sie fördert da-
nicht nur des Berufstäti-
angehörigen. Sie ermög-
hafft Akzeptanz in der
ndel, dies ist auch im In-
zen.

dem BÜNDNIS 90/
i Abgeordneten der
CDU/CSU]: Das ist
r Grünen nicht ent-
Abg. Josef Philip
0/DIE GRÜNEN]:
Sevim Dagdelen
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger-Neuling
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Dr. Hakki Keskin
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Oskar Lafontaine
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner
Kornelia Möller
Kersten Naumann
Wolfgang Neskovic
Dr. Norman Paech
Petra Pau
Bodo Ramelow

Elke Reinke
Paul Schäfer (Köln)

Volker Schneider


(Saarbrücken)

Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Gert Winkelmeier
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Hans Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)

Kai Boris Gehring
Britta Haßelmann

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(Cinfried Hermann eter Hettlich riska Hinz lrike Höfken r. Anton Hofreiter hilo Hoppe te Koczy ylvia Kotting-Uhl ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar r. Reinhard Loske nna Lührmann erzy Montag infried Nachtwei rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager lisabeth Scharfenberg hristine Scheel rmingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler Enthaltung CDU/CSU Julia Klöckner SPD Ingrid Arndt-Brauer Lothar Binding Hans Eichel Dr. Barbara Hendricks Petra Heß Lothar Ibrügger Ernst Kranz Thomas Oppermann Carsten Schneider Wolfgang Spanier Gert Weisskirchen Uta Zapf Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck Dr. Uschi Eid Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Hartfrid Wolff Deshalb ist es richtig, dass der Gesetzentwurf eine Aufenthaltserlaubnis vorsieht, die auch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglicht. Besonderer Handlungsbedarf besteht dabei, eine gesicherte Lebensperspektive für die in Deutschland aufgewachsenen Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Die diesbezügliche Härtefallregelung des vorliegenden Gesetzentwurfs begrüßen wir ausdrücklich. Es kann nicht sein, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die in Deutschland eine Schullaufbahn beginnen, diese nicht abschließen dürfen. Gerade für ausländische Kinder und Jugendliche muss in Deutschland Zugang zum Bildungssystem bestehen. (Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


(Wiesloch)





(A) )


(B) )


(Dr. Max Stadler [FDP]: Genau!)


(Beifall bei der FDP)


Die Grünen gehen mit ihrem Gesetzentwurf aber in
einigen Punkten etwas zu weit. So findet die von uns ge-
forderte Mitwirkungspflicht im Grünen-Entwurf leider
keine Berücksichtigung. Das ist bedauerlich. Denn es ist
unseres Erachtens sehr wohl relevant, dass geduldete
Ausländer die Behörden nicht täuschen oder behindern,
was ihren aufenthaltsrechtlichen Status anbelangt. Auch
haben wir in unserem Vorschlag einen seit mindestens
sechs Jahren ununterbrochenen Aufenthalt als Bedin-
gung vorgesehen gehabt. Schließlich erscheint es uns
sinnvoll, auch die Frage nach einem – auch zukünftig –
gesicherten Lebensunterhalt zu stellen. Unter den Härte-
fallbedingungen des vorliegenden Entwurfs werfen die
Punkte zwei und drei aus unserer Sicht die Frage auf, in-
wieweit sie nicht zu unpräzise sind und damit die Rege-
lung zu weit aushöhlen könnten.

Dennoch ist es uns ein ernstes Anliegen, in der Frage
der so genannten Altfälle den Tatsachen endlich ehrlich
ins Auge zu sehen. Genau deshalb stimmt die FDP-Frak-
tion dem vorliegenden Entwurf zu.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601121900

Das Wort hat der Abgeordnete Michael Bürsch von

der SPD.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601122000

Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Kollegen

Grindel ist auf eines Verlass: auf die Hartnäckigkeit sei-
ner Vorurteile und die Plattheit seiner Argumente.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei der LINKEN und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man könnte ihn sozusagen als den Erfinder der tibetani-
schen Gebetsmühle gegen angemessene Einwanderung
und Integration bezeichnen; so viel vorweg.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Es ist ein Kompliment, wenn Sie das sagen! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Nicht für Sie, Herr Grindel!)


Herr Grindel, das Thema ist ernst genug, dass man sich
hm mit der nötigen Differenziertheit und Seriosität wid-
en sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s geht in der heutigen Diskussion um die Abschaffung
o genannter Kettenduldungen und um eine Bleibe-
echtsperspektive für langjährig geduldete, in Deutsch-
and integrierte Flüchtlinge, die keinen Aufenthaltstitel
esitzen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das haben wir im Zuwanderungsgesetz gemacht! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird aber in den Ländern nicht durchgesetzt!)


Anders als Sie habe ich an den gesamten Verhandlun-
en der Vermittlungsgruppe zum Zuwanderungskompro-
iss teilgenommen. Ich kann den damaligen baden-
ürttembergischen CDU-Innenminister Schäuble und

ndere zitieren, die nachhaltig darauf hingewirkt haben,
ie Kettenduldungen abzuschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wo steht das denn? Steht das in unserem Koalitionsvertrag?)


Das war gar nicht nur eine Initiative von unserer Seite,
as kam von Praktikern: von Ihren Innenministern, die
enau gesehen haben, welches Leid, aber auch welche
nbill wir mit den Kettenduldungen verursachen.

Dafür gibt es immer noch keine Lösung, obwohl wir
n der Vergangenheit immer wieder versucht haben, Lö-
ungen für diese geduldeten Menschen zu finden. Auch
nser damaliger Bundesinnenminister Schäuble hat 1990
ine solche Initiative ergriffen und damals gab es eine
ösung. Wir wollen Menschen helfen, die hier im Lande
ind, seien es Kriegsflüchtlinge oder andere, die kein
syl erhalten haben, die aber auch nicht abgeschoben
erden. Immer wieder erhalten diese Ausländer so ge-
annte Kettenduldungen. Es sind sehr viele Menschen
avon betroffen. Sie sind wirtschaftlich und gesellschaft-
ich meist bereits eingegliedert, arbeiten täglich hart und
ind zu einer Stütze unserer heimischen Wirtschaft ge-
orden, auf die viele Arbeitgeber nicht mehr verzichten
ollen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601122100

Herr Abgeordneter Bürsch, der Abgeordnete Grindel

ürde gerne eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601122200

Wenn es, wie üblich, der Wahrheitsfindung dient,

ann werde ich Herrn Grindel gerne seine Frage beant-
orten.






(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601122300

Bitte schön, Herr Grindel.


(Jörg Tauss [SPD]: Bei ihm lohnt sich jeder Versuch, Vorurteile zu überwinden!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1601122400

Herr Kollege Bürsch, habe ich Sie gerade richtig ver-

standen, dass Sie den Eindruck erwecken wollten, dass
in unserem Koalitionsvertrag angekündigt wird, dass wir
Kettenduldungen abschaffen wollen? Meiner Erinnerung
nach steht in dem Koalitionsvertrag, dass wir das über-
prüfen wollen, was zum humanitären Aspekt der Zuwan-
derung im aktuellen Zuwanderungsgesetz steht.

Darüber hinaus möchte ich Sie, da Sie eben ausdrück-
lich auf die Beschäftigung der Menschen angespielt ha-
ben, fragen: Stimmen Sie mir zu, dass die Frage der Be-
schäftigung im Entwurf der Grünen keine Rolle spielt
– im Entwurf der Linken ist das sowieso nicht der Fall –,
dass also die Beschäftigung keine Tatbestandsvorausset-
zung ist?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601122500

Zu Ihrer ersten Frage, Herr Grindel. Ich habe ver-

sucht, deutlich zu machen, dass wir in vielen Verhand-
lungen Stunden und Tage zusammengesessen haben, um
einen Kompromiss beim Thema Zuwanderung zu fin-
den. Es hat sich dabei zwischen CDU/CSU und SPD der
Konsens ergeben, dass Kettenduldungen abgeschafft
werden müssen. Das ist in den Gesetzestext, insbeson-
dere in § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz, eingeflossen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das habe ich gesagt!)


Diese Vorstellung liegt diesem Gesetz zugrunde. Las-
sen Sie uns gemeinsam die Kettenduldung abschaffen!
Thomas Schäuble aus Baden-Württemberg war derje-
nige, der aufgrund seiner Erfahrungen am vehementes-
ten für die Abschaffung geworben hat. Wir haben in den
Koalitionsvertrag geschrieben, wir wollen evaluieren
und daraus Schlussfolgerungen ziehen. Das ist ein ganz
wesentlicher Punkt. Nach der Evaluation, der Bewer-
tung, der Analyse soll eine Änderung erfolgen. Das ist
Sinn und Zweck einer Evaluation.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu Ihrer zweiten Frage. Auf die wirtschaftlichen
Gegebenheiten, die vorliegen müssen, komme ich noch
zu sprechen. Wo Regelungen dazu untergebracht werden
müssen, darüber können wir uns mit den Grünen strei-
ten. Rein juristisch bin ich Ihrer Meinung, dass man den
für uns Sozialdemokraten essenziellen Punkt in das Ge-
setz aufnehmen muss und er nicht in die Begründung ge-
hört. In diesem Punkt werden wir, wie ich denke, sogar
einer Meinung sein.

Wir reden über viele Menschen, die wirtschaftlich
und gesellschaftlich bereits eingegliedert sind. Wir reden
nicht zuletzt über Kinder und Jugendliche, die das
Land, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nie ken-

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(C (D en gelernt haben, die Deutschland dafür sehr gut kenen, hier zur Schule gehen, hier Freundschaften gechlossen haben und hier ihren Lebensmittelpunkt aben, die, kurzum, in Deutschland gut integriert sind nd sich hier zu Hause fühlen. Ich will, so wie der Kollege Winkler, ein Beispiel ennen – die Wahrheit ist konkret –: In meinem Wahlreis gibt es eine iranische Familie mit zwei Kindern, die hne Papiere nach Deutschland gekommen ist. Der ann arbeitet und trägt zum Lebensunterhalt bei. Der ohn hat Abitur gemacht, durfte nach dem Abitur aber ichts machen: Er durfte weder studieren noch eine Ausildung machen. Er saß trotz seiner Intelligenz und all em Wissen, das er angesammelt hatte, zu Hause auf em Sofa herum. Die Tochter hat einen mittleren Schulbschluss gemacht. Sie wollte den Führerschein machen. as war auch nicht möglich. – Herr Grindel, ist das in hrem Sinne? Wollen Sie das tolerieren? Das kann doch icht Sinn der Sache sein! (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das integrationsfördernd?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601122600

Herr Abgeordneter Bürsch, Sie sind sehr gefragt.

uch der Abgeordnete Josef Winkler würde Ihnen gerne
ine Zwischenfrage stellen. Sind Sie damit einverstan-
en?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601122700

Ja.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601122800

Bitte schön, Herr Winkler.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Vielen Dank. – Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass

as, was der Kollege Grindel eben gesagt hat, dass im Ge-
etzentwurf der Grünen ein Automatismus verankert sei
nd dass zum Beispiel auch Straftätern ein Aufenthalts-
echt erteilt werden müsse, falsch ist? Wir haben vielmehr
ine Ermessensregelung im Gesetz vorgesehen, dass das
ufenthaltsrecht einem Ausländer erteilt werden kann,
er sich seit fünf Jahren rechtmäßig oder geduldet in
eutschland aufhält. Natürlich wird dem Antrag eines
traftäters beispielsweise dann nicht stattgegeben. Stim-
en Sie, Herr Bürsch, mir darüber hinaus zu, dass in

iesem Punkt ein deutlicher Unterschied zu dem Gesetz-
ntwurf der Linken besteht, in dem eine solche Ermes-
ensregelung nicht vorgesehen ist?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601122900

Herr Kollege, Sie gehen jetzt in die Feinheiten der ju-

istischen Betrachtung und Wertung. Ich stimme Ihnen
u. In der Tat: Bei Ihnen ist das als Ermessensregelung
usgelegt. Das heißt, es wird in jedem Einzelfall geprüft,
b dem Antrag stattgegeben werden kann, weil zum Bei-
piel die Verankerung in Deutschland gegeben ist und






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
weil auch der Lebensunterhalt selbst gesichert werden
kann. Genau dies ist bei der Kannregelung, die im Ent-
wurf der Grünen steht, der Fall.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann kann man das ja auch hineinschreiben!)


Der Vorschlag der Linken sieht hier eine Mussregelung
vor. Das unterscheidet die beiden Vorschläge in der Tat.
Ich stimme Ihnen also zu. Soweit mein juristischer Sach-
verstand reicht, kann ich sagen, dass Sie das richtig be-
schrieben haben.

Die SPD-Fraktion dringt darauf, für diese beschrie-
bene Personengruppe, für die Eltern, die hier integriert
sind, und für die Kinder und Jugendlichen, eine Lösung
zu finden. Das neue Aufenthaltsgesetz hat sich für die
Lösung dieser Problematik noch nicht als perfekt erwie-
sen. Wir müssen feststellen, dass das neue Aufenthalts-
gesetz zwar rechtliche Instrumentarien wie die Aufent-
haltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25
Abs. 5 Aufenthaltsgesetz zur Verfügung stellt, dass die
Lösungen, die wir im Gesetz angelegt haben, aber noch
nicht diese Wirkungen entfalten, insbesondere wohl des-
halb nicht, weil sie in der Praxis restriktiv ausgelegt wer-
den.

Im Dezember 2005 hat sich die Innenministerkonfe-
renz ja auch schon mit diesem Thema befasst. Dort ist
man aber daran gescheitert, eine nachhaltige Lösung für
diese Altfälle zu finden. Wir haben uns im Koalitions-
vertrag darauf geeinigt – darauf ist verwiesen worden –,
„das Zuwanderungsgesetz anhand der Anwendungspra-
xis“ – so ist der Wortlaut – zu evaluieren. Wir wollen
deshalb prüfen, ob eine befriedigende Lösung gerade für
das Problem der Kettenduldung gefunden werden kann,
und wir wollen uns mit der Frage beschäftigen, ob den in
Deutschland aufgewachsenen und geduldeten Kindern
durch das Zuwanderungsgesetz eine gerechte und faire
Chance geboten wird. Auf diese Gruppe müssen wir be-
sonders hinweisen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen eine Regelung, durch die wir den Großteil
dieser Altfälle endlich lösen können. Dabei geht es da-
rum, eine Lösung zu finden, mit der eine gute Abwägung
zwischen den Sicherheitsinteressen, der Steuerung von
Zuwanderung, der menschlichen Perspektive sowie den
eigenen deutschen wirtschaftlichen Interessen gelingt.
Klar ist – darauf haben Sozialdemokraten wie Herr
Wiefelspütz und andere in den letzten Wochen immer
wieder hingewiesen –, dass wir keine Bleiberechtsrege-
lung wollen, die für jeden Einzelnen ohne Ansehung der
Person eine Aufenthaltserlaubnis in Aussicht stellt.
Menschen, die durch kriminelles Verhalten, durch Dro-
gendealerei und durch Bandenkriminalität in Erschei-
nung getreten sind, müssen nicht in Deutschland bleiben,
Herr Grindel. Das ist doch Konsens. Ich glaube, da wer-
den Sie auch die Grünen nicht auf einem anderen Trip
finden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Warum schreiben sie das dann nicht in ihren Gesetzentwurf hinein?)



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(C (D Nun, wir sind ja am Anfang des Verfahrens. Ich habe eute schon an anderer Stelle darauf verwiesen, dass das trucksche Gesetz auch hier gilt: Es kommt anders aus em Bundestag heraus, als es hineingekommen ist. Wir wollen, dass die Erteilung des Bleiberechts daran nknüpft, dass die geduldeten Ausländer zu einem Minestmaß integriert sind. Das bedeutet, dass es grundsätzich nicht falsch sein kann, wenn die Ausländer den eigeen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Problematisch ist s allerdings, die Erteilung des Bleiberechts von dem orliegen einer zweijährigen sozialversicherungspflich igen Arbeit abhängig zu machen, wie es zum Beispiel ie nordrhein-westfälische Landesregierung jetzt forert. Im Übrigen – wer diesen NRW-Entwurf kennt, eiß das – ist dort die Gruppe der Kinder nicht benannt. ie ist dort leider vergessen worden. Herr Kollege Bürsch, es gibt noch eine Zwischen rage des Kollegen Keskin. Sind Sie damit einverstanen? Ja, bitte. Bitte schön, Sie haben das Wort. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege, wir issen ja, dass es bei Kettenduldungen um die Menchen geht, deren Anträge auf Aufenthalt oder Asyl zwar bgelehnt worden sind, die aber aufgrund der Genfer lüchtlingskonvention nicht abgeschoben werden könen. Sie bleiben also hier, jedoch immer nur befristet, ämlich einen Monat, zwei Monate, drei Monate usw. ind Sie mit mir der Meinung, dass die Situation dieser enschen, die auch Sie zum Teil geschildert haben, ih en keinerlei Lebensperspektive bietet, ihre Lebenssituaion massiv erschwert und sie letztendlich möglichereise dazu zwingt, illegal zu arbeiten, um etwas Geld zu erdienen? Was ist Ihrer Meinung nach die Logik dieser olitik, die dazu führt, die Menschen, die nicht abgechoben werden können, weiterhin hier zu dulden? Ich habe das vorhin dargestellt und kann insofern da auf Bezug nehmen. Ich will das aber gerne noch einmal usführen. Die Kettenduldung schafft vor allem für Kiner Unzuträglichkeiten. Deshalb habe ich das Beispiel it den Kindern aus einer iranischen Familie gewählt, ie hierher geflohen ist und nicht in den Iran zurückgechickt werden kann. Sie bleibt also hier. Inzwischen ist urch das neue Gesetz allerdings manches möglich georden. Insofern fordere ich von hier aus, dass die Länder und ie Ausländerbehörden durch das neue Zuwanderungs Dr. Michael Bürsch gesetz die Möglichkeiten des § 25 Aufenthaltsgesetz nutzen. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wer stellt denn in Schleswig-Holstein den Innenminister? Sagen Sie Herrn Stegner, dass er eine Härtefallregelung machen soll!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601123000
Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601123100
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601123200
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601123300
Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601123400

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)





(A) )


(B) )


– Das ist auf gutem Wege, Herr Kollege.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Warum tragen Sie es denn hier vor? Das ist doch albern!)


– Ich weiß, wer in Schleswig-Holstein mein nächster
Nachbar ist. Insofern habe ich über das Thema auch mit
dem schleswig-holsteinischen Innenminister Ralf
Stegner gesprochen.

Aber besonders möchte ich auf die Gruppe hinweisen,
die für die Entscheidung der Eltern gar nichts kann,
nämlich die Kinder, die hier zum großen Teil eine vor-
zügliche Ausbildung gemacht haben und denen die
Möglichkeiten genommen werden, hier, wo sie integriert
sind und wo sie am ehesten so etwas wie Heimatgefühl
empfinden können, zu leben. Das sollten wir im eigenen
Interesse ändern. Das hat mit Nächstenliebe oder Al-
truismus gar nichts zu tun. Das kommt unserem Land
zugute.

Ich habe vorhin in der Debatte über die baden-
württembergische Regelung gesagt: Integration ist ein
Gewinnspiel. Da kommen Qualitäten, Kompetenzen und
Fähigkeiten zu uns, die uns einen Gewinn bringen.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Grindel, Sie müssen hier nicht immer die negativen
Beispiele wie die Drogendealer, die Kriminellen und
diejenigen nennen, die nur von unseren Sozialhilfesyste-
men profitieren wollen. Das ist eine Diskreditierung der-
jenigen, die zu uns kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine sehr eindimensionale Betrachtung!)


Ich jedenfalls erlebe Menschen mit hervorragenden Qua-
litäten, die ich nicht nur gerne als Gast bei uns habe, son-
dern für deren Einbürgerung ich im gemeinsamen Inte-
resse werbe, weil das ein absoluter Gewinn ist.

Wir als SPD werden in den nächsten Wochen und
Monaten alles tun, um eine ausgewogene Altfallrege-
lung zu finden. Dabei werden wir nicht blauäugig vorge-
hen, sondern wir werden unsere Interessen im Auge be-
halten. Wir werden aber auch prüfen, um welche
Menschen es geht. Wir werden uns die Anwendung des
Zuwanderungsrechts anschauen. Wir können aber schon
jetzt sagen, dass es trotz des In-Kraft-Tretens des Auf-
enthaltsgesetzes Anfang letzten Jahres noch keine be-
friedigende Lösung gegeben hat. Deshalb werben wir
dafür, dass sich die Innenministerkonferenz weiter mit
diesem Thema beschäftigt; denn wir wollen dafür sor-
gen, dass es schnell – möglichst noch in diesem Jahr –
eine Bleiberechtsregelung für die gut integrierten, schon

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(C (D ange hier lebenden und geduldeten Ausländer gibt. Das st das Ziel unserer Bemühungen. Die Gesetzentwürfe von der Fraktion Bündnis 90/Die rünen und der Linken bieten so, wie sie hier vorliegen, eine Lösung. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


(Beifall bei der SPD)


er Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen – die Kolle-
innen und Kollegen mögen mir das bitte nachsehen –
st eindeutig richtig gemeint, aber er ist noch nicht gut
emacht.


(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


ch bitte darum, diese Kritik zu akzeptieren. Der Entwurf
st handwerklich nicht gut gemacht. Ich nenne hier das
eispiel, dass dort statt § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz,
ie es richtig heißen müsste, Abs. 4 steht. Ich empfehle,
iesen Entwurf noch einmal zu überprüfen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diesen Schuh ziehe ich mir an!)


Der andere Punkt ist schon genannt worden. Die Vo-
aussetzungen für ein Bleiberecht müssen in den Tatbe-
tand und nicht in die Begründung aufgenommen wer-
en. Auch ist fraglich, ob der Entwurf von Bündnis 90/
ie Grünen so, wie er heute vorliegt, wirklich zu einer
irksamen Bleiberechtsregelung führen wird. Zwar wird

n dem Entwurf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
n das Ermessen der Ausländerbehörden gestellt, was
rundsätzlich richtig ist. Aber es ist keine wirkliche Ant-
ort auf die Frage, wann wir in Einzelfällen auf die Vo-

aussetzung, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten,
erzichten können.

Zum Entwurf der Linken nur so viel: Dieser Antrag
das will ich in aller Deutlichkeit sagen – schießt weit
ber das Ziel hinaus. Es fehlt eine Stichtagsregelung, die
larstellt, dass wir nur die Altfälle lösen wollen, und es
ehlt eine Ermessensregelung, die den Behörden erlaubt,
ine Aufenthaltserlaubnis zu verweigern. An dieser
telle kommen wir wahrscheinlich nicht weiter. Im Üb-
igen verweise ich auf die Arbeit in den Ausschüssen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601123500

Schießen Sie nicht über Ihre Redezeit hinaus.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601123600

Denn wir werden dieses Thema weiter behandeln und

ch freue mich auf die kritische, wohlwollende und für-
orgliche Auseinandersetzung.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601123700

Das Wort hat die Abgeordnete Ulla Jelpke von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601123800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Tag, an dem
das Aktionsbündnis von Flüchtlingsorganisationen „Hier
geblieben!“ zu bundesweiten Aktionen aufruft. Ich
möchte Sie daran erinnern, dass das nicht das erste Mal
ist. Vielmehr kämpfen diese Gruppen seit Jahren für ein
Bleiberecht in diesem Land, nicht zuletzt im Zusammen-
hang mit dem Zuwanderungsgesetz, bei dem das Ver-
sprechen von Rot-Grün eindeutig gebrochen worden ist,
wie auch alle meine Vorredner bestätigt haben.

Wir unterstützen diesen Aktionstag ausdrücklich. Die
Fraktion Die Linke hat auch dazu aufgerufen, den
Aktionstag zu begleiten. Wir sind der Meinung, dass der
vorliegende Gesetzentwurf der Grünen ein Schritt in
die richtige Richtung ist. Denn er würde immerhin
120 000 so genannten geduldeten Menschen ein Bleibe-
recht verschaffen und damit ihre Kettenduldung been-
den. Er würde außerdem 20 000 Asylbewerberinnen und
Asylbewerbern ein Aufenthaltsrecht geben; denn wie
eben bereits festgestellt wurde, können diese Menschen
das Land nicht verlassen.

Dennoch kann ich es mir nicht verkneifen, die Grünen
zu fragen, warum sie diese Regelung erst jetzt anstreben.
Warum ist sie nicht im Rahmen des Zuwanderungsgeset-
zes in den seinerzeit geführten Debatten verabschiedet
worden?


(Beifall bei der LINKEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine schlaue Frage! – Jörg Tauss [SPD]: Sie waren ein paar Jahre nicht hier, Frau Kollegin!)


Ich erinnere mich noch sehr genau, dass damals die PDS
genau dasselbe gefordert hat, was wir heute in unserem
Gesetzentwurf fordern. Ich wundere mich sehr, dass Sie
die Rechtslage nicht geändert haben, als Sie der Regie-
rung angehörten und die Macht dazu hatten. Jetzt, wo
Sie der Opposition angehören, spielen Sie sich meines
Erachtens sehr grob auf und fordern für die Migrantin-
nen und Migranten Rechte ein, die offensichtlich gegen-
wärtig nicht durchsetzbar sind.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn in den Landesregierungen, in denen Sie mitregieren?)


Nichtsdestotrotz werden wir Ihren Gesetzentwurf unter-
stützen.

Ich denke, dass dieses Vorhaben Sie nicht gerade
glaubwürdig macht. Herr Grindel, ich frage mich, in
welchem Land Sie eigentlich leben. Sie haben – wie alle
Abgeordneten – in den vergangenen Tagen E-Mails be-
kommen, in denen Sie aufgefordert wurden, sich für ein
Bleiberecht bzw. die Abschaffung der Kettenduldung
einzusetzen. Wenn Sie diese E-Mails genau gelesen hät-
ten, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass Ihre Reaktion auf
die darin geschilderten Fallbeispiele zynisch und men-
schenverachtend ist, wie ich meine. Wenn eine Familie
14 Jahre in Deutschland lebt, aber abgeschoben werden
soll, weil sie keine Ersatzpapiere hat, und nun aus huma-
nitären Gründen im Duldungsstatus verbleibt, dann frage

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(C (D ch Sie, was noch geschehen soll, damit diese Menschen, ie in der Regel gleichzeitig einem Arbeitsverbot und oft er Residenzpflicht unterliegen, ein menschenwürdiges eben führen können. Ich möchte noch einen weiteren Fall anführen. Es eht um eine Familie aus der Türkei. Die Mutter hat eun Kinder und ist allein erziehend. Alle Kinder haben ine Ausbildung. Die Mutter ist nicht mehr arbeitsfähig. iese Familie soll auseinander gerissen werden. Die inder sollen bleiben dürfen; die Mutter soll abgeschoen werden. Was ist das für eine menschenunwürdige olitik? Gerade für diese Menschen wollen wir eine grundätzliche Klärung herbeiführen. Wir wollen keine einmaige Stichtagslösung, wie sie die Grünen vorschlagen – as wäre eine einmalige Regelung für diejenigen, die eit fünf Jahren hier leben –; (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann soll es die Härtefallkommission machen, Frau Kollegin!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ir wollen vielmehr eine Regelung, die es kontinuierlich
rmöglicht, die Kettenduldungen jedes Jahr aufs Neue
u verhindern.


(Beifall bei der LINKEN)


Eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Arbeitserlaub-
is zu verbinden – auch hierin beispielsweise gibt es
bereinstimmungen mit dem Gesetzentwurf der
rünen –, muss ein Grundrecht sein. Ein Nachweis, dass
an eine Arbeit hat oder dass man seinen Lebensunter-

alt auf andere Weise sichern kann, wie es Herr Grindel
ieder gefordert hat, darf keine Voraussetzung sein. Ich

inde, es ist zynisch, den betroffenen Menschen, denen
in Arbeitsverbot und eine Residenzpflicht auferlegt
erden, vorzuhalten, dass sie sich nicht selbst ernähren
önnen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nach einem Jahr können sie eine Arbeitserlaubnis bekommen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601123900

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601124000

Zum Schluss möchte ich an das anknüpfen, was Herr

ürsch ausgeführt hat. Ich freue mich, dass Sie einsehen,
ass Ihr Zuwanderungsgesetz unzureichend ist. Ich lade
ie ein, mit uns einen gemeinsamen Antrag im Sinne der
etroffenen zu erarbeiten.


(Beifall bei der LINKEN)


ie haben gesagt, nicht nur wegen der vielen E-Mails
üsse etwas getan werden. Darauf bin ich sehr gespannt.

ch werde Sie beim Wort nehmen.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124100

Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention dem

Kollegen Jerzy Montag.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124200

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Der Kollege Grindel

hat in seiner Rede zu diesem Tagesordnungspunkt den
durchsichtigen Versuch unternommen, die Geschichte
des Zuwanderungsgesetzes umzuschreiben. Da ich per-
sönlich dem Kompromiss zugestimmt habe – genauso
wie alle anderen Mitglieder meiner Fraktion und die
grüne Partei –, will ich an dieser Stelle sagen: Wir waren
immer für eine humane und liberale Bleiberechtsrege-
lung. Wir wollten, dass in das neue Gesetz eine Rege-
lung aufgenommen wird, die das Schicksal der Men-
schen erleichtert, die durch den Rost gefallen sind und
seit vielen Jahren in einer Kettenduldungssituation leben
müssen. Wir haben zähneknirschend dem Kompromiss
zugestimmt, damit das Zuwanderungsgesetz zumindest
als Skelett in Kraft treten kann. Es waren ausschließlich
Sie, Herr Kollege Grindel, und Ihre Fraktion, die eine
humane Verbesserung des Gesetzes verhindert haben.
Also versuchen Sie jetzt nicht, die Geschichte umzu-
schreiben und so zu tun, als ob wir gestern etwas anderes
gewollt hätten als heute. Wir waren schon immer für
eine Bleiberechtsregelung. Aber Sie und Ihre Kollegen
waren diejenigen, die uns daran gehindert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124300

Zu einer Erwiderung hat das Wort der Abgeordnete

Grindel.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1601124400

Herr Kollege Montag, ich finde, dass das Beispiel,

das der Kollege Bürsch genannt hat, eindeutig zeigt, dass
Sie auf dem falschen Weg sind. Er hat den Fall eines Ira-
ners als angeblichen Beleg dafür angeführt, dass das be-
stehende Zuwanderungsgesetz nicht ausreicht. Darauf-
hin mache ich den Zuruf, warum er diesen Fall nicht
dem zuständigen SPD-Innenminister vorträgt, damit die-
ser von der von uns gemeinsam verabschiedeten Härte-
fallregelung Gebrauch macht. Darauf erwidert Herr
Bürsch – das alles ist im Protokoll nachzulesen –: Das ist
auf einem guten Weg. – Es ist doch eine Irreführung der
Öffentlichkeit, wenn man zuerst einen Einzelfall als Bei-
spiel für das Nichtfunktionieren des Gesetzes anführt
und dann auf meinen Zuruf, warum man nicht von der
Härtefallregelung Gebrauch mache, erwidert, das sei auf
einem guten Weg. Also reicht doch das, was wir verab-
schiedet haben, ganz offensichtlich aus.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe ein anderes Beispiel genannt!)


Bei der einen Fallgestaltung im Rahmen des Aufent-
haltsrechts geht es um Personen, die aus bestimmten
Gründen – rechtlichen oder tatsächlichen –, die sie nicht
selber zu verantworten haben, nicht abgeschoben wer-
den können. Für die anderen gibt es die Härtefallrege-

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(C (D ung und die Härtefallkommissionen. Wir überprüfen, ob as alles ausreicht. Ich gebe gerne zu, dass auch ich die egelung betreffend die Kinder und Jugendliche für berprüfenswert halte. ch habe aber dazu in meiner Rede nichts gesagt, weil ch zur Kenntnis nehmen muss, dass die Innenminister ierzu sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten, und eil ich – im Gegensatz zum Kollegen Bürsch – der einung bin, dass ich als Koalitionsabgeordneter nichts azu sagen sollte, solange wir mit den Innenministern icht einer Meinung sind. Ich sage Ihnen zu: Wir werden eine vernünftige Evauation dieser Regelung des Zuwanderungsgesetzes vorehmen. Wenn wir feststellen sollten, dass Verbesserunen notwendig sind, dann wird es auch welche geben. ber ich finde es nicht in Ordnung, dass hier der Einruck erweckt wird, dass wir keine Fortschritte im Hinlick auf humanitäre Regelungen gemacht hätten. Wir aben welche gemacht. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass in einien Bundesländern noch keine Härtefallkommissionen ingerichtet worden sind. Insofern scheint es mir verrüht zu sein, festzustellen, ob das Gesetz in jedem Einelfall greift. Denn die Härtefallkommissionen, Herr ollege Ströbele, sind doch nicht eingerichtet worden, eil die Bundesländer sich wehren. Denken Sie einmal n Bremen. Bremen wird auch von einer großen Koaliion regiert. Es wird dort noch diskutiert, wie diese Härefallkommissionen besetzt werden. Das ist die Frage. ie werden doch nicht abgelehnt, sondern es wird über ie Besetzung diskutiert. Ich halte fest, Herr Kollege Montag: Es gibt Verbesseungen im Zuwanderungsgesetz. Wir müssen untersuhen, ob weitere Verbesserungen nötig sind. Ich habe ich insbesondere zu den Kindern und Jugendlichen icht geäußert, weil ich die Innenminister nicht festlegen ollte. Herzlichen Dank. Jetzt haben wir das Problem, dass die Antwort des ollegen Grindel weitere Kurzinterventionen von Kolleen, die sich angesprochen gefühlt haben (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Meinen Namen hat er genannt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124500

zw. die angesprochen worden sind, hervorgerufen hat.
ch lasse zwei dieser Meldungen zu.


(Zuruf von der CDU/CSU)


Es gab Meldungen zu Kurzinterventionen, die sich
icht auf den letzten Redebeitrag von Herrn Grindel be-
iehen. Ich gebe zunächst das Wort zu einer Kurzinter-
ention der Kollegin Krista Sager und dann dem Kolle-
en Bürsch.






(A) )



(B) )


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124600

Herr Grindel, ich kann nur hoffen, dass Sie in den

nächsten Wochen darüber nachdenken, wie es geschehen
konnte, dass Sie als Volkspartei in einem so breit aufge-
stellten Parlament, das deutlich heterogener als das Par-
lament ist, das wir in der letzten Legislaturperiode hat-
ten, hier eine Meinung vertreten, mit der Sie eindeutig
isoliert dastehen und in die Minderheit gekommen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber nicht in der Bevölkerung!)


Das hat offensichtlich auch etwas damit zu tun, dass in
allen hier vertretenen Parteien – es sind immerhin vier –
reflektiert wird, wie inzwischen die Stimmung in der
Bevölkerung ist, und zwar nicht nur in der Bevölkerung,
sondern auch in den großen christlichen Kirchen. Für ei-
nen Vertreter einer Partei, die das C im Namen trägt,
finde ich es bemerkenswert, dass Sie sich zu den war-
nenden Worten der christlichen Kirchen gerade in Bezug
auf die Familien und Kinder, die von dieser Situation be-
troffen sind, überhaupt nicht positioniert haben. Ich
finde es auch bemerkenswert, dass Sie auf der einen
Seite versuchen, wieder Anschluss an die Familiendis-
kussion zu finden und sich als modernisierte Familien-
partei zu profilieren, andererseits aber der Gesichtspunkt
des Kindeswohls in Ihrem Beitrag überhaupt keine Rolle
gespielt hat.

Eines ist doch wohl auch klar: Die Härtefallregelung
war ein reiner Kompromiss. Es war abzusehen, dass wir
mit diesem Kompromiss nicht hinkommen. Es ist doch
deutlich geworden, dass wir es hier mit mindestens
140 000 Menschen zu tun haben. Wir können mit einer
Härtefallregelung, die für Einzelfälle gemacht ist, nicht
das Problem von mindestens 140 000 Menschen in die-
sem Land lösen. Deswegen bewegen Sie sich, bitte!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124700

Herr Bürsch.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1601124800

Ich würde die Handhabung der Kurzinterventionen

übrigens nicht so bürokratisch sehen. Es soll doch immer
dafür gesorgt werden, dass wir hier etwas lebhafter dis-
kutieren.

Herr Grindel, Ihre Attacke in meine Richtung ver-
langt eine juristische Klarstellung. Sie haben nämlich
Jura studiert. Deshalb ein kleines Privatissimum: Es gibt
einen deutlichen Unterschied zwischen einer rechtlichen
Regelung und einem Härtefall. Der Härtefall zeichnet
sich dadurch aus, dass man bei ihm Gnade vor Recht er-
gehen lässt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


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(C (D as, wofür wir hier werben – das ist auch der Fall, den ch genannt habe, Herr Grindel –, ist, dass es eine rechtiche Regelung mit einem Ermessen gibt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ber ein Ermessen ist etwas, was rechtlich beurteilt
ird, bei dem es Spielräume gibt und bei dem es eine
achvollziehbarkeit im Rahmen der Rechtsweggarantie
es Art. 19 Abs. 4 gibt. Das ist der entscheidende Unter-
chied.

Insofern können Sie nicht darauf verweisen, dass es
ärtefallregelungen gibt. Sonst müssten alle diejenigen,
ie wir hier im Auge haben, nämlich 200 000 Menschen,
urch das winzige Nadelöhr einer Härtefallregelung ge-
en. Gnade vor Recht ist, wie es ist. Die Chancen sind
elativ gering. Der Härtefall ist nicht justiziabel. Sie kön-
en bei einem Härtefall auf dem Rechtsweg nicht gel-
end machen, dass das Ermessen vielleicht nicht richtig
usgeübt wurde.

Im Übrigen nehme ich wie die gesamte SPD mit
reude zur Kenntnis, dass wir uns über das Thema „Kin-
er, die hier groß geworden sind und hier integriert sind,
nd ihre Bleiberechte“ wirklich konstruktiv unterhalten
önnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601124900

Herzlichen Dank. Damit ist diese Debatte beendet.


(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Nein, das geht nicht mehr. Wie ich gesagt hatte, waren
ur diese beiden Kurzinterventionen zugelassen. Ich
eise Herrn Bürsch darauf hin, dass es nicht um Büro-
ratie geht, sondern um unsere Geschäftsordnung, die
ch an dieser Stelle außerordentlich großzügig ausgelegt
abe.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dafür danke ich!)


Ich habe keine Sorge, dass irgendeine Debatte, die die
nnenpolitikerinnen und -politiker führen, in diesem
aus nicht lebendig ist.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das hat der Wahrheitsfindung gedient, Frau Präsidentin!)


Es hat ganz sicher auch der Wahrheitsfindung gedient.

Interfraktionell wird die Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 16/218 und 16/369 an die in
er Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
en. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Umfassende Berichterstattung des Bundes zur
Forschungs- und Technologiepolitik sicherstel-
len

– Drucksache 16/266 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Die erste Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist
die Kollegin Cornelia Pieper von der FDP-Fraktion.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1601125000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Bundesregierung hat das Thema „Bildung und Inno-
vation“ zu ihrem Schwerpunktthema in dieser Legisla-
turperiode gemacht. Das ist gut so; das begrüßen wir.
Auf ihrer jüngsten Klausurtagung in Genshagen haben
Sie ein Investitionsprogramm in Höhe von 25 Milliar-
den Euro vorgeschlagen. Davon sollen rund 6 Milliar-
den Euro für Innovationen, für Forschung und Entwick-
lung eingesetzt werden. Auch das begrüßen wir. Aber
wir wollen, meine Damen und Herren von der Regie-
rungskoalition, auch Taten sehen und nicht nur Worte
hören.


(Jörg Tauss [SPD]: Ein berechtigter Anspruch! Den werden wir erfüllen! Wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft!)


Das heißt, wir müssen in diesem Haus über die haus-
haltspolitische Umsetzung debattieren und diese dann
hoffentlich auch erfolgreich abstimmen, Herr Tauss.


(Beifall bei der FDP)


Zukunftsinvestitionen sind wichtig. Ich kann die
Worte der Kanzlerin nur unterstreichen. Sie hat in ihrer
Regierungserklärung gesagt:

… Bildung und Innovation … sind mehr denn je
der Rohstoff unseres Landes … Wir müssen besser
sein als andere, und zwar immer so viel besser, wie
wir teurer sind …, weil wir unseren Wohlstand er-
halten wollen.

Recht hat sie. Doch wo stehen wir in Deutschland im
OECD-Vergleich, also im Vergleich mit den größten In-
dustrienationen? Da sind wir eben nicht Spitze. Deutsch-
land liegt mit 2,52 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
deutlich hinter Schweden, Japan und den USA zurück.
Die Forschungsausgaben sind wesentlich langsamer ge-
wachsen als in den anderen Industrienationen. Ein Bei-
spiel: Zwischen 2000 und 2002 sind sie in Deutschland
um 6 Prozent, in Schweden um 30 Prozent und in den
USA um 25 Prozent gewachsen.


(Jörg Tauss [SPD]: So mussten wir eure Fehler korrigieren!)


– Herr Tauss, es ist wichtig, dass diejenigen, die der rot-
grünen Regierungskoalition angehört haben, ihre Fehler
korrigieren.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D enn ich mir anschaue, was der Bericht zur technologichen Leistungsfähigkeit aufgezeigt hat, dann erkenne ch: Die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung ist erchreckend. etrug der Saldo 1998 noch rund minus 2,5 Mil iarden Euro, so stieg er im Jahre 1999 auf über minus Milliarden Euro und 2001 auf fast minus 7,5 Mil iarden Euro an, meine Damen und Herren von Rotrün. Da wollen wir nicht weitermachen. Ich begrüße ie Ankündigung der neuen Bundesregierung, umzukehen und einen anderen Weg zu beschreiten. Wir sind aber der Auffassung, dass das alles nur realiiert werden kann, wenn wir als Forschungspolitikerinen und Forschungspolitiker eine substanzielle, gut egründete und detaillierte Berichterstattung hier im Hoen Hause, im Bundestag, bekommen. Deswegen forern wir Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen. Der Kollege Tauss möchte eine Zwischenfrage stel en. Lassen Sie eine Zwischenfrage zu? Frau Präsidentin, nein, ich möchte keine Zwischen rage zulassen. Ich kenne Herrn Tauss. Ich weiß, dass er iese Ablenkungsmanöver liebt. Ich rede lieber zur Sahe. Daran sollte uns allen liegen, wenn wir ein Interesse n Zukunftsinvestitionen in Deutschland haben. Ich sage noch einmal: Mir liegt an diesem Thema im nteresse der strukturschwachen Regionen sehr. Hierbei enke ich insbesondere an die neuen Bundesländer. enn Sie sich einmal die Lage insgesamt in Deutsch and anschauen, stellen Sie fest, dass es bei den innovatien Produkten, die durch kleine, mittelständische Unterehmen auf den Markt kommen, einen Rückgang gibt nd dass dieser in den neuen Bundesländern, wo das Eienkapital auch nicht in dem Maße vorhanden ist, noch iel stärker ausgeprägt ist. Wir sind gefordert, die Rahenbedingungen entsprechend zu setzen. Wir als liberale Fraktion meinen: Wir brauchen nicht ur, wie es Rot-Grün damals im Bundestagsausschuss eschlossen hat und wie es später auch bestätigt wurde, as Gutachten internationaler Innovationsforscher, das s alle zwei Jahre geben soll, sondern wir brauchen auch eiterhin den Bundesbericht Forschung, der nämlich lle vier Jahre über die jeweilige Situation im deutschen orschungssystem, über seine Strukturen und über die inanzierung durch Bund und Länder berichtet hat, dait wir die Stellung Deutschlands im internationalen ergleich deutlich erkennen können. Wir brauchen daneben den Bericht zur technologi chen Leistungsfähigkeit Deutschlands, der von unabängigen Wirtschaftsinstituten erstellt worden ist, jährich, (Jörg Tauss [SPD]: Das ändert sich doch nicht jährlich!)


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na, na!)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601125100
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1601125200

(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Cornelia Pieper
weil es wichtig ist, unter dem Aspekt von Wachstum und
Beschäftigung zu bewerten, wie sich Forschung und In-
novation auch in Bezug auf neue Arbeitsplätze – das
muss das Ziel sein – auswirken. Wir alle wissen, dass die
Industrienationen, die im internationalen Vergleich mehr
in Bildung und Forschung investieren, auch ein höheres
Wirtschaftswachstum und eine niedrigere Arbeitslosig-
keit haben.

Das ist unser Ziel. Das wollen wir mit diesem Antrag
erreichen. Wir bitten Sie: Unterstützen Sie das, damit wir
wieder zu dem alten Verfahren mit der zuverlässigen Be-
richterstattung durch die Bundesregierung bzw. die unab-
hängigen Wirtschaftsinstitute zurückkommen! Stimmen
Sie unserem Antrag zu! Das wäre auch im Interesse des
Innovationsstandorts Deutschland das Beste.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601125300

Das Wort hat die Abgeordnete Ilse Aigner von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1601125400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Bundesregierung macht mit dem Verspre-
chen ernst, Forschung und Innovation in Deutschland zu
stärken.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das haben Sie auch lange genug blockiert mit der Eigenheimzulage! Vier Jahre CDU-Blockade!)


Allein dafür werden bis 2009 6 Milliarden Euro zusätz-
lich bereitgestellt. Wir können das Geld mit gutem Ge-
wissen investieren, weil uns die Erkenntnisse der Inno-
vationsforschung die Sicherheit geben, dass es Zinsen
bringen wird. Als Grundlage für einen klaren Blick brau-
chen wir eine solide Datenbasis und treffende Analy-
sen, die den Istzustand in unserem Land feststellen und
weltweite Entwicklungen aufzeigen. Ich will an dieser
Stelle unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel zitieren:
Politik beginnt mit dem Betrachten der Realität.

Derzeit stützen wir uns auf den Bundesbericht For-
schung, der die Politik von Bund und Ländern sowie die
Strukturen und Ressourcen der Wissenschaft darstellt,
allerdings nicht immer ganz neutral, und auf den Bericht
zur technologischen Leistungsfähigkeit, der im Auftrag
des BMBF erstellt wird. Wenn ich recht informiert bin,
hat die Vorarbeiten dafür unser hochgeschätzter Kollege
Professor Riesenhuber bereits in den 80er-Jahren geleis-
tet. In den 90er-Jahren wurde die Berichterstattung sys-
tematisch verbreitert. Es war 1998 eine gute Entschei-
dung des Deutschen Bundestages, sich diesen Bericht
jährlich vorlegen zu lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ja, es stimmt: Die Berichte zur technologischen Leis-
tungsfähigkeit haben uns den Spiegel vorgehalten und

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(C (D ie Augen geöffnet. Man denke nur an die zentrale Botchaft, dass Deutschland ohne Automobilindustrie icht mehr als Hightechnation einzustufen wäre! Das at, salopp ausgedrückt, ordentlich gesessen. Nichts ist aber so gut, dass es nicht noch verbessert erden könnte. Insofern sollten wir auch in der For chungsberichterstattung innovativ bleiben. Die alte undesregierung hat einen Anlauf unternommen, doch ab und gibt es Fragen. Die haben wir bereits in der letzen Legislaturperiode aufgeworfen. Die FDP hat sie nun ieder aufgegriffen. Dieser Anstoß ist wichtig. Die Zeit, in der wir im Ausschuss noch einmal inteniv über das Berichtswesen debattieren, ist gut investiert. ch bin der Bundesregierung dankbar dafür, dass auch ie Bereitschaft dazu signalisiert hat. Die Union hat urchaus schon klare Vorstellungen und Wünsche in Beug auf ein zukunftsfähiges Berichtswesen: Erstens. Wir wollen, dass die Berichterstattung einen nnovationsschub bewirkt. Dafür muss das Themenspekrum breit sein und alle wesentlichen Sektoren und Rah enbedingungen ansprechen. Innovationspolitik kann an nicht erfolgreich betreiben, wenn man sie allein auf ie Ressortzuständigkeit verengt. Zweitens. Wir wollen umfassend, verlässlich und akuell informiert sein. Das heißt für uns, dass wir Statisikberichte, Analysen und Empfehlungen sowie Inforationen über Politikmaßnahmen erhalten. Drittens. Wichtig ist, dass die Datenbasis stimmt. Die rhobenen Indikatoren müssen internationalen Standards ntsprechen, also nach den Kriterien der EUund ECD-Statistiken erhoben werden. Dann wissen wir uch, wo wir international stehen. Viertens. Die Daten müssen aktuell sein. Zumindest ie wichtigsten Kernindikatoren müssen jährlich vorgeegt werden. Fünftens. Den Bundesbericht halten wir in seiner biserigen Berichtstiefe nach wie vor für unverzichtbar. enn schließlich wollen und müssen wir wissen, was U, Bund und Länder tun. Es reicht keinesfalls, nur die rundlinien der Politik aufzuzeigen. In der Forschungsolitik muss klar sein, was in den Programmen und Proekten läuft. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Und Maschinenbau!)


Sechstens. Als Parlamentarier brauchen wir aber auch
ine unabhängige Expertise. Bisher basierten die Be-
ichte zur technologischen Leistungsfähigkeit auf Auf-
rägen des BMBF an Forschungsinstitute. Wenn man
hrlich ist, muss man zugeben, dass man allein mit der
uftragsstellung schon Politik machen kann. Deshalb
ürden wir gerne darüber diskutieren, ob die Berufung

ines Gutachtergremiums für die Erstellung der Analy-
en nicht besser wäre. Der Analyseteil muss strikt von
er Politikdarstellung abgegrenzt sein und darf nicht,
ie in den letzten Jahren geschehen,


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na!)







(A) )



(B) )


Ilse Aigner
jährlich als Kapitel im Bundesbericht Forschung auftau-
chen.

Siebtens. Mehr Gehör verschaffen würden wir der In-
novationspolitik gerade dadurch, dass wir sie mit Ge-
sichtern verbinden. Das spricht meines Erachtens für ein
Gutachtergremium zur Erstellung des Analyseteils. Den
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt-
schaftlichen Entwicklung kennt man.


(René Röspel [SPD]: Den für Umwelt auch!)


Er steht besonders für seinen Bericht und deshalb erwar-
tet die Öffentlichkeit, dass die Politik auf seine Empfeh-
lungen reagiert. Ein solches Modell sollten wir auch für
die Innovationsberichterstattung prüfen, um letztendlich
das Politikfeld, das wir als unabdingbar für die Zu-
kunftsfähigkeit unseres Landes erkannt haben, noch pro-
minenter und erfolgreicher zu machen.

In diesem Sinne freue ich mich auf eine interessante
und konstruktive Diskussion im Ausschuss.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601125500

Das Wort hat die Kollegin Petra Sitte von der Fraktion

Die Linke.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601125600

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Auf den

ersten Blick scheint dieser Antrag vor allem aus dem Ar-
beitsalltag von Abgeordneten zu erwachsen. Die FDP
will, was ich verstehen kann, zu einer von ihr als sinn-
voll erfahrenen Berichts- und Informationspraxis
zurückkehren. Es ist gesagt worden, dass der Bundesfor-
schungsbericht mit Länderteil, der dazugehörige Fakten-
bericht und der Bericht zur technologischen Leistungs-
fähigkeit Deutschlands als Studie von außen in
verschiedenen Abständen wieder vorgelegt werden sol-
len. Meine Vorrednerin hat gerade etwas zur Qualifizie-
rung dieser Berichte gesagt. Insgesamt gesehen ist das
schon der Griff zur Fernbedienung. Er hat aber seine
Berechtigung, auf der einen Seite unter dem Blickwinkel
der Informations- und Kontrollrechte des Parlaments,
auf der anderen Seite unter dem Blickwinkel, dass Tau-
sende Informationen auf der Ebene der Bundesregierung
zusammenlaufen.

Aber wer diese Monumentalstudien schon einmal ge-
lesen hat, ahnt den Riesenaufwand bei der Aufreihung
dieser Tausenden Informationen


(Beifall der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


und stöhnt, wie ich, noch nachträglich über die Lesezeit.
Ich habe die Berichte einmal auf meine Waage gelegt:
Sie wogen über 1 Kilogramm. Zumindest der Umfang
dieser Berichte ist ein Indiz dafür, dass die Forschungs-
förderungspolitik von Bund und Ländern einer dringen-
den Reform zur Effektivierung der Förder- und Vergabe-
praxis bedarf. Aber auch darüber besteht hier

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(C (D ffensichtlich in gewisser Weise, wenngleich mit unterchiedlichen Nuancen, wie mir scheint, Einigkeit. Wenn Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ehr Antragsund Managerkompetenzen statt For chungsleistungen zu Geldern verhelfen, dann sollte der ntrag, den Frau Pieper begründet hat, allemal auch An ass sein, auf Änderungen zu drängen. Es sind Berichte us der Vogelperspektive. Das merkt man deutlich, enn man sie liest und sie mit seinen Gesprächen vor rt vergleicht. Sie sind rein betrachtender Natur. Das alte ich für problematisch, weil kritische Urteilsfähigeit hier nicht herausgefordert wird und weil die Gründe ür die Prioritätensetzung nicht wirklich nachvollziehbar ind. Die Frage, was warum förderungswürdig ist, spielt in iesen Berichten wie auch in der Begründung des Antraes der FDP nur unter dem Blickwinkel der Marktfähigeit eine Rolle. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Dann müssten Sie noch zwei Kilo mehr lesen!)


as erscheint mir aber problematisch, weil es hier um
ffentliche Forschungsförderung geht. Daher sollten
uch die Interessen der Adressaten dieser Förderpolitik
tärker in den Mittelpunkt gestellt werden.

Gemeint sind einerseits die Erfahrungen von Forsche-
innen und Forschern und von Mitarbeiterinnen und Mit-
rbeitern der Wissenschaftseinrichtungen insbesondere
uch wegen ihrer Verantwortung für künftige Generatio-
en sowie die Erfahrungen dieses Kreises, da es einen
echtfertigungsdruck bei der Begründung für die Aus-
abe dieser Gelder gibt. Wir wissen alle, wie schwer es
st, Gelder für diese Bereiche gegenüber den Ansprü-
hen aus anderen Bereichen zu verteidigen.

Gemeint sind andererseits auch die vitalen Interessen
er Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und des Ge-
einwesens schlechthin, die letztlich Nutznießer dieser
orschungsleistungen sein sollten. Es geht also auch um
orschung an wesentlichen sozialen und ökonomischen
owie an wesentlichen kulturellen und ökologischen Wi-
ersprüchen dieses Landes.

Gemeint sind letztlich auch die eher explosiven Pro-
ukte des Genius. Aber als „Beipackzettel zu Risiken
nd Nebenwirkungen“ von Forschungsergebnissen sind
iese Berichte leider ungeeignet. Das heißt, sie sind un-
eeignet, um Orientierungs- und Sinndebatten auf ge-
ellschaftlicher Ebene anzustoßen.

Nun kann man durchaus sagen, das alles sollten die
erichte nicht leisten. Dann frage ich aber: Warum ei-
entlich nicht, wenn wir schon einen solchen Aufwand
etreiben? Warum sollen diese Berichte nicht an dieser
telle ansetzen, die entsprechenden Interessen berück-
ichtigen und damit an Aussagekraft gewinnen? Es ist
llemal höchste Zeit, dass mehr Transparenz bezüglich
es Umgangs mit unserem Gesellschaftsvermögen her-
estellt wird.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601125700

Das Wort hat der Kollege René Röspel von der SPD-

Fraktion.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt stell dich aber nicht mit den Berichten auf die Waage!)



René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1601125800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Keine Angst, das, was ich in der Hand halte, ist
nicht meine Rede – sie ist deutlich übersichtlicher –,
sondern der Gegenstand meiner Rede.


(Beifall der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


Der Bundesbericht Forschung erscheint in der Regel
– wenn man die besondere Situation nach einer Vertrau-
ensfrage ausnimmt – einmal in der Legislaturperiode,
also alle vier Jahre. Der Faktenbericht zum Bundesbe-
richt Forschung zur Aktualisierung der Datenlage er-
scheint alle zwei Jahre. Der Bericht über die technologi-
sche Leistungsfähigkeit Deutschlands erscheint jedes
Jahr. Dieses Berichtswesen ist historisch gewachsen.
Man muss einfach sagen, dass der Bundesbericht For-
schung mit seiner Fülle an Informationen in der Tat eine
ausgezeichnete Grundlage für den forschungspolitischen
und wissenschaftspolitischen Dialog geboten hat und
bietet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Trotzdem muss ich sagen – das ist an der einen oder
anderen Stelle schon angeklungen –: Die Attraktivität
der Berichterstattung zu Forschung und Innovation
kann weiter gesteigert werden. Damit meine ich nicht
das Volumen. Es gibt aber ein großes Potenzial, die kon-
zeptionelle Qualität, die Attraktivität, die Transparenz,
aber auch die Glaubwürdigkeit des Berichtwesens zu
steigern.

Weil allerdings die Grenze – das wurde in Teilen
schon erwähnt – zwischen der unabhängigen Aufberei-
tung von Daten und Fakten im Rahmen der Analyse und
Politikberatung einerseits und der politischen Berichter-
stattung sowohl der Bundesregierung als auch der Län-
der andererseits – für 100 Seiten sind die Länder verant-
wortlich – in der Vergangenheit schwer auszumachen
war, hat im Januar 2005 die rot-grüne Koalition eine
Veränderung dieses Berichtswesens beschlossen, was
Anlass für den Antrag der FDP geboten hat.

Die Zielsetzung war eine klare Trennung zwischen
den Fakten, Daten und Analysen auf der einen Seite und
den Darlegungen der politischen Ziele und Schwer-
punkte der Bundesregierung oder Landesregierungen auf
der anderen Seite. Wenn Sie einmal in den Bericht hi-
neinschauen, dann werden Sie erkennen, dass das eine
oder andere Land seinen Beitrag mit der Feststellung be-
ginnt, dass dieses Land eine ausgezeichnete Forschungs-
landschaft hat. Dieses ist aber kein Faktum, keine Ana-
lyse und kein Datum – diese sollten eigentlich in einem
Forschungsbericht enthalten sein –, sondern es handelt
sich um die Bewertung einer Landesregierung.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


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(C (D Nach dem Beschluss aus dem Januar 2005 sollte ab 008 alle zwei Jahre eine Begutachtung der Forschung nd Innovation in Deutschland durch international fühende Innovationsforscher, also externe Gutachter – auch as ist neu –, erstellt werden, damit diese rosa Brille icht mehr aufgesetzt wird, was in den letzten Jahrzehnen manchmal der Fall war. Innerhalb von acht Wochen ach Zuleitung dieses unabhängigen Berichtes sollte ein undesbericht Forschung und Innovation seitens der undesregierung vorgelegt werden. Darin sollten ebeniese Daten, Fakten und Analysen sowie die Forchungsund Innovationsgutachten inhaltlich bewertet nd die politischen Grundlinien der Forschungsund Inovationspolitik der Bundesregierung erläutert werden, lso eine klare Trennung zwischen Daten und politischer ewertung. Schon vor einem Jahr hat es dann einen Antrag der DU/CSU gegeben, der im Wesentlichen den Inhalt atte, es bei der alten Berichterstattung zu belassen. eute stimmen wir über einen Antrag der FDP ab, der em CDU/CSU-Antrag aus alter Zeit doch sehr ähnlich st, wenn man sich die eine oder andere Formulierung nschaut. Wir als SPD-Fraktion nehmen sehr wohl wahr, dass er Koalitionspartner zumindest in Teilen einen anderen eg einschlagen möchte, als es in unserem Modell vor esehen ist, das wir letztes Jahr beschlossen haben. Das st keine Frage, deren Klärung eines Untersuchungsauschusses bedürfte oder die eine Koalitionskrise hervorruen würde. Wir nehmen diese Stimmung auf. Wir werden dem FDP-Antrag nicht zustimmen, schlaen aber vor, dass wir in den Beratungen im Ausschuss inen möglichst breiten Konsens und Kompromiss hinichtlich der zukünftigen Berichterstattung erarbeiten. as ist kein Knackpunkt; aber unsere Anforderungen an ine Berichterstattung bleiben erhalten. Vieles habe ich ei Ihnen, Frau Aigner, wiederfinden können. Die Beichterstattung muss glaubwürdig, unabhängig, transpaent und informativ sein. Man muss deutlich unterscheien können, was Fakten, Daten und Analysen sind und as politische Bewertung oder Grundlinie ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun schaue ich auf die Uhr. Ich habe eigentlich alles
esagt, was ich sagen wollte, aber noch vier Minuten Re-
ezeit.


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU – Beifall der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


as ist mir noch nie passiert. Das hätte ich mir schon oft
n anderer Stelle gewünscht.

Erlauben Sie mir deshalb, diese vier Minuten der
annah Veit zu widmen. Das ist das kleine Töchterchen
nseres Kollegen Rüdiger Veit, das gestern das Licht der
elt erblickt hat.


(Beifall)


eine Grüße gehen an die junge Familie. Ich wünsche
er Hannah ein schönes Leben und eine friedliche Welt.






(A) )



(B) )


René Röspel
Dafür sind dann wieder wir zuständig. Die drei Minuten
mag sie genießen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601125900

Das waren genau drei Minuten und 59 Sekunden. Wir

sollten ihr vielleicht wünschen, dass sie in ihrem Leben
ein paar mehr Minuten hat, die sie genießen kann.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


Das Wort hat die Abgeordnete Priska Hinz vom
Bündnis 90/Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
finde es durchaus erstaunlich, dass die FDP durch ihren
Antrag zeigt, dass sie die Wirksamkeit der Forschungs-
förderung und sogar die Bedeutung des Innovations-
standortes Deutschland von einer Berichterstattung ab-
hängig macht – und das als Partei, die eigentlich die
Entbürokratisierung auf ihre Fahnen geschrieben hat.


(Cornelia Pieper [FDP]: Frau Kollegin, Sie haben den Antrag nicht gelesen!)


– Frau Pieper, das ist ein typischer Oppositionsantrag;
ich verstehe das gut. Man beschäftigt die Regierung
möglichst umfassend rund um die Uhr; dann kann sie an-
sonsten keinen Unfug treiben.


(Cornelia Pieper [FDP]: Wir müssen ja aufpassen, dass die nichts falsch machen!)


Dass sich Frau Aigner dem anschließt, zeigt, dass sie
die Oppositionsrolle noch nicht ganz hinter sich gelassen
hat. Vielleicht sollten Sie einmal nachfragen, wie das zu-
ständige Bundesministerium dazu steht, dass es perma-
nent Daten und Fakten sammeln und Berichte schreiben
soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Fakt ist – das hat Kollege Röspel schon gesagt –, dass
das bisherige Berichtswesen zu Forschung und Entwick-
lung optimiert und vor allen Dingen durch die internatio-
nale Begutachtung und eine verbesserte Darstellung der
Wirkung von Investitionen auf Wachstum und Beschäfti-
gung aussagekräftiger werden sollte. Das kann ebenso
wie ein Bericht der Bundesregierung, der sich darauf be-
zieht und in dem Schwerpunkte und Grundlinien deut-
lich gemacht werden, nur sinnvoll sein. Denn nur dann
kann ein Parlament auch wirklich steuern. Damit ist eine
bessere Schwerpunktsetzung möglich.

Ich möchte angesichts dieses Antrages allerdings in-
haltlich auf die Forschungsförderung und die Schwer-
punktsetzung, die unter Rot-Grün stattgefunden hat,
eingehen. Denn Frau Pieper hat gesagt: Die neue Bun-
desregierung legt jetzt großen Wert auf Forschungsför-
derung und auf Forschung und Bildung.

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(C (D Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben in den letzten eiden Wahlperioden viel aufgeholt. Wir haben nicht das ptimum von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts er eicht. Aber wir haben viel aufgeholt. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ir haben vor allen Dingen viel bei den Kürzungen
ettgemacht, die die CDU/CSU-FDP-Regierung vorher

n diesem Bereich vollzogen hatte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


chließlich haben wir durch die Schwerpunktsetzung im
ereich der Förderung von Technologien für neue
ärkte auch zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ir haben jährlich weit über 1 Milliarde Euro für Pro-
ekte in den Schlüsseltechnologien, wie zum Beispiel der
ano-, der Informations- und der Kommunikationstech-
ologien und auch der Biotechnologie, ausgegeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Erzählen Sie doch mal, was Sie bei uns nicht gefördert haben!)


ir haben in Deutschland inzwischen 350 Biotech-Un-
ernehmen; wir stehen damit in Europa an der Spitze.
as ist ein Ergebnis gerade auch der Grünen; das kann

ch Ihnen an dieser Stelle nur sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben die Forschung für Mensch und Umwelt ge-
ördert. Wir haben in die Gesundheitsforschung inves-
iert und ein neues Rahmenprogramm „Forschung für
ie Nachhaltigkeit“ aufgelegt. Was besonders wichtig
st: Wir haben in den letzten zwei Jahren den Pakt für
orschung und Innovation ins Leben gerufen, in dem

ährliche Mittelzuwächse in Höhe von 3 Prozent festge-
egt sind.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


icht zuletzt haben wir die Exzellenzinitiativen ins Le-
en gerufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesbildungsministerin Schavan erklärt jetzt
auernd, es gebe zusätzlich 6 Milliarden Euro für die
orschung. Dazu sage ich ihr, dem gesamten Bundesmi-
isterium und der CDU/CSU nur: Davon sind
,6 Milliarden originär von Rot-Grün.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir hätten die Exzellenzinitiativen schon längst, wenn
oland Koch nicht monatelang verhindert hätte, dass es
u einer Einigung zwischen Bund und Ländern kommt.






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wüssten gern, welche Schwerpunktsetzung die
Bundesforschungsministerin mit den übrigen Mitteln
vorhat. Da will ich weder auf einen jährlichen noch auf
einen zweijährlichen Bericht warten; ich möchte heute
und jetzt die Antwort darauf: Was wird eigentlich mit
den übrigen Mitteln gefördert? Bislang haben wir davon
nichts gehört, außer dass die alten Programme fortge-
führt werden. Da waren wir ja richtig gut, kann ich nur
sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es bleibt also vonseiten der Bundesforschungsminis-
terin noch viel zu tun. Vor allen Dingen soll sie endlich
klären, was sie im Bereich der Forschungsförderung ei-
gentlich noch tun kann, wenn der Kompromiss zur Föde-
ralismusreform tatsächlich umgesetzt wird. Es ist frag-
lich, ob sie dann noch für die Forschung zuständig sein
wird, die sie jetzt für sich reklamiert.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das war eine gute Rede!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601126000

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael

Kretschmer von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1601126100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der

Wissenschaftsstandort Deutschland muss sich mit den
besten der Welt messen. Wir wollen, dass unsere For-
scher ganz vorn, in der ersten Liga, mitspielen. Dafür
brauchen wir ideale Bedingungen, nicht nur für den For-
schernachwuchs, sondern für alle Bereiche. Wir sind
froh und stolz darauf, dass wir sagen können: Keine
Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland hat so klar und deutlich einen Akzent auf
Forschung, Innovation und Wissenschaft gelegt wie die
amtierende mit einem 6-Milliarden-Programm.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wie die alte und die jetzige!)


Es ist wichtig, dass man sich klar macht, wo man die
Akzente setzt. Dabei ist ein Berichtswesen, eine Kritik
des aktuellen Zustands, eine Beschreibung dessen, was
funktioniert und was nicht so gut funktioniert, richtig.
Deswegen sagen wir ganz klar: Wir brauchen ein umfas-
sendes und gutes Berichtswesen; wir brauchen gute und
unabhängige Berichte.


(Beifall der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])


Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode ge-
sagt: Wie es vorgesehen ist, so geht es nicht. Denn das
Ministerium hat in der Tat versucht, den Ausschuss und
die Forschungspolitiker etwas zu überfahren, anstatt eine
ausführliche Debatte darüber zu beginnen, was wir ha-
ben wollen bzw. was wir brauchen. Deswegen stehen wir

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(C (D uch noch zu der Kritik, die wir in der vergangenen Leislaturperiode geäußert haben. Ich will noch einmal deutlich sagen, welche Ansprühe wir an ein Berichtswesen stellen. Zunächst einmal st klar: Es ist eine große Unabhängigkeit erforderlich. s nutzt uns nichts, wenn die Beamten in den Ministe ien etwas aufschreiben. Das soll ja nach Möglichkeit ut klingen. ielmehr sollten die Berichte politikfern sein. Wir wolen ein Sachverständigengremium, das von außen auf die orschungslandschaft schaut. Wir wollen verlässliche ahlen und einen nach OECDund EU-Kriterien durcheführten Vergleich mit anderen Ländern – das hat ja die ollegin Aigner schon gesagt –, damit wir am Ende seen können, wo wir stehen. Meine Damen und Herren, wir brauchen einen regeläßigen Anlass zur Diskussion, den Zwang, sich mit en Fakten auseinander zu setzen. Deswegen setzen wir ns dafür ein, diese Berichte in regelmäßigen Abständen u bekommen. Wir brauchen eine jährliche Diskussion, atürlich in der Breite und der Quantität unterschiedlich. Heute hier im Plenum hat eine Diskussion begonnen sie wird sich im Forschungsausschuss fortsetzen –, an eren Ende wir hoffentlich ein gemeinsames Ergebnis aben, wie unser Berichtswesen aussehen soll. Das echt des Parlaments ist es, sich die Arbeitsgrundlagen u schaffen. Deswegen ist diese Diskussion richtig und innvoll. Ich hoffe, dass es uns in den nächsten Wochen elingt, im Forschungsausschuss des Bundestages einen onsens zu erzielen und am Ende zu einem Kompromiss u kommen, mit dem wir alle glücklich sind und der uns ei der Arbeit hilft. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Jörg Tauss [SPD]: Also wie bisher!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601126200

Ich schließe hiermit die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/266 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe, dass Sie
amit einverstanden sind. Dann ist die Überweisung so
eschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf.

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Abkommens
vom 31. März 1992 zur Erhaltung der Klein-

(Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANS-Abkommensgebiets)


– Drucksache 16/38 –


(Erste Beratung 8. Sitzung)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/389 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Cornelia Behm

Interfraktionell ist verabredet, eine Aussprache von
einer halben Stunde durchzuführen. – Dazu sehe ich kei-
nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Kollege
Christoph Pries von der SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1601126300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen!

Ich bin sehr froh …, dass der Konsens, der seit vie-
len Jahren beim Thema des Schutzes der Wale in
diesem Parlament herrscht, fortbesteht.

Dieser Satz stammt aus der letzten Bundestagsdebatte
zum Thema Walfang am 22. Mai 2003. Sein Urheber ist
der Kollege Matthias Berninger vom Bündnis 90/Die
Grünen. Ich schließe mich der Auffassung des damali-
gen Staatssekretärs ausdrücklich an und hoffe, dass un-
ser Konsens auch in der laufenden Legislaturperiode
fortbesteht. Die SPD-Bundestagsfraktion ist dazu bereit.

Dies gilt zum einen für den weltweiten Schutz der
Wale im Rahmen der Internationalen Walfangkommis-
sion. Seit 1986 haben alle Bundesregierungen das Verbot
des kommerziellen Walfangs aktiv unterstützt. Das wird
auch so bleiben. Die Koalition aus CDU, CSU und SPD
bekennt sich ausdrücklich zur Fortsetzung des Wal-
fangmoratoriums.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage hier ganz deutlich: Auch der Walfang zu angeb-
lichen Forschungszwecken muss beendet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unser parlamentarischer Konsens gilt aber auch für
den Schutz unserer heimischen Kleinwale in der Nord-
und Ostsee. Sie sind Gegenstand der heutigen Debatte.
Im Zentrum unserer Bemühungen steht der Erhalt des
Schweinswals, auch Kleiner Tümmler oder Braunfisch
genannt.

Der Schweinswal ist die mit Abstand häufigste Walart
in Nord- und Ostsee. Trotzdem war sie 1970 fast völlig
verschwunden. Heute gilt der Schweinswal als bedrohte
Art. Er wird durch zahlreiche internationale Abkommen

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(C (D eschützt. Die früher übliche Jagd ist seit langem verboen. Dennoch sind die Bestände des Schweinswals in ordund Ostsee akut gefährdet. Wir alle kennen die rsachen. An erster Stelle stehen die unbeabsichtigten eifänge der Fischerei. Die Tiere verfangen sich in den reibund Stellnetzen. Entweder sterben sie einen qualollen Erstickungstod oder sie ziehen sich so schwere erletzungen zu, dass sie später verenden. Es gibt aber och weitere Gründe für den dramatischen Rückgang er Bestände: die zunehmende Verschmutzung der eere, die Nahrungsknappheit durch Überfischung und ie Einengung der Lebensräume durch die zunehmende erlärmung der Meere. Was sind die Auswirkungen? Eine groß angelegte tudie kam Mitte der 90er-Jahre zu folgenden Schätzunen über die Schweinswalpopulationen in Nordund stsee: 270 000 Exemplare in der Nordsee, 36 000 im kagerrak und in der Ostsee sowie ebenfalls 6 000 Tiere in der Keltischen See zwischen Irland und rankreich. Diese Zahlen klingen zunächst beruhigend. ber der Anschein trügt. Erstens müssen wir die Bestandszahlen in Relation ur Wasserfläche der Nordund Ostsee mit knapp Million Quadratkilometer setzen. Zweitens ist die Bestandsdichte regional sehr unterchiedlich. Im Schutzgebiet für Schweinswale vor der üste Nordfrieslands werden zum Teil Bestandsdichten on bis zu sechs Tieren pro Quadratkilometer ermittelt. agegen ist die Population in der zentralen Ostsee zwi chen Darßer Schwelle und der Linie zwischen Gotland nd der litauischen Grenze auf 600 Exemplare zurückegangen. Das heißt, der Schweinswal ist dort akut vom ussterben bedroht. Zum Vergleich: Vor 100 Jahren um asste dieser Bestand noch mehrere zehntausend Tiere. Drittens sind die aktuellen Beifangquoten der Fischeei immer noch deutlich zu hoch. Um die Überlebensfäigkeit der gesamten Population nicht zu gefährden, darf ie 2 Prozent des geschätzten Bestandes nicht übersteien. Die folgenden Beispiele zeigen, dass wir dieses Ziel och nicht erreicht haben. Allein in der zentralen und üdlichen Nordsee verenden nach Schätzungen jährlich 500 Schweinswale als Beifang. Bei einem geschätzten estand von 170 000 Tieren entspricht dies einer Bei angquote von 2,6 Prozent. Das ist weit mehr, als die opulation verkraften kann. In der zentralen Ostsee ürfte die Beifangquote bei einem geschätzten Bestand on 600 Schweinswalen maximal zwei Tiere pro Jahr etragen. Zurzeit liegt sie aber mit sechs Exemplaren reimal so hoch. Vor diesem Hintergrund haben sich 1991 zahlreiche nrainerstaaten im Abkommen zum Schutz der Kleinale in der Nordund Ostsee, kurz ASCOBANS, zum rhalt der Kleinwalbestände in der Region verpflichtet. nter Federführung des damaligen Bundesumweltminis ers Klaus Töpfer war Deutschland Gründungsmitglied es Übereinkommens. Der Bundestag hat den Beitritt m 29. April 1993 einstimmig beschlossen. Im Rahmen on ASCOBANS ist es uns durch Informationsaus Christoph Pries tausch, intensive Forschung und Öffentlichkeitsarbeit gelungen, Fortschritte – wenn auch keinen Durchbruch – beim Schutz der Kleinwale in Nordund Ostsee zu erzielen. Das Sekretariat des Abkommens befindet sich in Bonn. Schon deshalb hat Deutschland eine besondere Verantwortung und eine Vorreiterrolle. Mit der heutigen Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir einen weiteren Schritt. Wir erweitern den Geltungsbereich des Abkommens auf Seegebiete westlich von Großbritannien, Frankreich, Spanien und Portugal sowie rund um Irland. Dadurch werden die Verbreitungsgebiete der heimischen Kleinwale noch besser abgedeckt. Gleichzeitig schließen wir die Lücke zum Geltungsbereich des Walschutzabkommens für das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Nach den gestrigen Beratungen im Umweltausschuss gehe ich davon aus, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf heute endgültig und einmütig verabschieden. Dies allein wird aber nicht reichen. Tatsache ist, dass zahlreiche Anrainerstaaten dem Abkommen immer noch nicht beigetreten sind. Ein Beitritt Norwegens, Estlands, Lettlands und Russlands würde den Schutz der Kleinwale verstärken. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung des Plans zur Rettung der Schweinswale in der zentralen Ostsee. Der so genannte Jastarnia-Plan wurde 2003 von den Vertragsstaaten verabschiedet. Sein Ziel ist es, in der Ostsee langfristig wieder auf 80 Prozent der natürlichen Populationsgröße zu kommen. Deshalb hat die Reduzierung der Beifangquote höchste Priorität. Der Jastarnia-Plan empfiehlt den Anrainerstaaten, den Fischereiaufwand mit Treibund Stellnetzen in der Ostsee zu reduzieren, die Entwicklung von Ersatzfangmethoden und den Einsatz von so genannten akustischen Vergrämern. In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass es gelungen ist, im Rahmen der Europäischen Union erste Erfolge bei der Umsetzung des JastarniaPlanes zu erzielen. Der Agrarund Fischereirat der EU hat auf seiner Sitzung im März 2004 folgende Beschlüsse gefasst: den Einsatz von akustischen Vergrämern in der Stellnetzfischerei, den Einsatz von unabhängigen Beobachtern auf Fangschiffen in der Schleppnetzfischerei und das Verbot von Treibnetzen in der Ostsee ab 2008. Auf dieser Grundlage werden wir in den kommenden Jahren arbeiten. Die Koalition hat vereinbart, bei der Weiterentwicklung der europäischen Fischereipolitik eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände durchzusetzen. Darüber hinaus will sich die neue Bundesregierung dafür einsetzen, die Fangtechnologien in Richtung höchstmöglicher Selektivität weiterzuentwickeln. Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade mit Blick auf den Walschutz in Nordund Ostsee ist dies eine gute Ausgangsbasis. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)





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Wie bei der Erarbeitung des Jastarnia-Planes bereits ge-
schehen, werden wir eine direkte Beteiligung der Fischer

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(C (D nd ihrer Repräsentanten gewährleisten; denn nur geeinsam mit den direkt Betroffenen werden wir unser iel erreichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mit eiem Zitat aus „Brehms Tierleben“ aus dem Jahre 1915 chließen. Es beschreibt, was zu Beginn des vorigen ahrhunderts eine ganz alltägliche Begegnung in Nordnd Ostsee war. Sobald das Schiff ausgelaufen ist, sammeln sich drei bis sechs Braunfische in einer Entfernung von zehn bis fünfzehn Metern um dasselbe und folgen ihm nun oft über eine Meile ununterbrochen nach, tauchen, schwimmen unter dem Kiel des Fahrzeuges durch, erscheinen wieder, eilen voraus, beschreiben einen Bogen und kehren von neuem zum Schiff zurück … Mit diesem Bild vor Augen sollte uns allen klar sein, orum es beim Walschutz geht. Lassen Sie uns gemein am dafür arbeiten, dass die Generationen unserer Kiner und Enkelkinder die Chance haben, so etwas wieder u erleben. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601126400

Ich erteile der Abgeordneten Angelika Brunkhorst

on der FDP-Fraktion das Wort.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1601126500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese

ebatte wird sehr harmonisch verlaufen; denn der
chutz der Wale ist ein generelles Anliegen aller Frakti-
nen des Deutschen Bundestages. Daher hat es zu die-
em Thema bereits im Jahre 2003 einen gemeinsamen
ntrag der FDP, des Bündnisses 90/Die Grünen und der
PD gegeben. Sein Titel lautete „Umfassender Schutz
er Walbestände – Verbot kommerziellen Walfangs kon-
equent durchsetzen“. Darüber hinaus hat die FDP im
ahre 2004 durch eine Kleine Anfrage mit dem Titel
Vereinbarkeit von EU-Fischereipolitik und Arten- so-
ie Tierschutz von Schweinswalbeständen in der Ost-

ee“ auf die verschiedenen Probleme hingewiesen, die
ich für die deutschen Gewässer ergeben.

Angesichts der Bedrohung der Walbestände sowohl
urch äußere Einflüsse als auch durch den kommerziel-
en Walfang wird ganz deutlich, dass diese Tierart noch
ehr geschützt werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


enn ihre Ursachen, die bereits angesprochen wurden
die Eutrophierung der Meere, der Eintrag von Schad-

toffen und die Zunahme von Unterwasserlärm –, beste-
en fort und verstärken sich. Die Überfischung – das
urde schon gesagt – führt für diese Wale auch zu Nah-

ungsknappheit.






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Angelika Brunkhorst
Kleinwale und Delphine finden leider den Tod durch
Beifang. Der unbeabsichtigte Fang von Meeressäugern
ist zum Problem geworden. Wir möchten einen nachhal-
tig betriebenen Fischfang in den deutschen Gewässern
gewähren. Deswegen muss die Industriefischerei bzw.
– wie man so schön sagt – die Gammelfischerei beendet
werden. Das ist für den Erhalt der Wale unabdingbar.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt die Fangmethoden
ab, die wahllos Meerestiere für die Verarbeitung zu
Fischöl und Fischmehl anlanden. Wir wollen eine deutli-
che Minderung des Beifangs von Meeressäugern errei-
chen. Daher sind wir der Meinung, dass die schon
beschriebenen umweltfreundlichen Fangmethoden zum
Einsatz kommen müssen.

Die Treibnetzfischerei ist in der Ostsee ab 2008 ver-
boten. Nun müssen wir darauf hinwirken, dass auf euro-
päischer Ebene eine kohärente Fischereipolitik betrieben
wird, die einerseits dazu beiträgt, dass die Fischbestände
nachhaltig bewirtschaftet werden, und die andererseits
die wirtschaftlichen Perspektiven der deutschen
Fischereiwirtschaft, die Vorreiter beim Meeresschutz
ist, erhält.


(Beifall bei der FDP)


Wie wir meinen, dient das zugleich dem Schutz der ein-
zigen in den deutschen Gewässern vorkommenden Wal-
art, dem Schweinswal. Dabei geht es aber auch um die
Glaubwürdigkeit Deutschlands im Hinblick auf seine ab-
lehnende Haltung zum kommerziellen Walfang über-
haupt.

Wir begrüßen daher nachdrücklich den vorliegenden
Gesetzentwurf zur Neufassung des ASCOBANS-
Abkommens. Die Ausdehnung des Schutzgebietes
westlich von Großbritannien, um Irland herum, sowie
westlich von Frankreich, Portugal und Spanien ist will-
kommen. Wir meinen, dass dieses in Deutschland im
Jahre 1994 in Kraft getretene internationale Abkommen
dadurch weiteren Vorschub erhält.

Wir haben uns beim ASCOBANS-Sekretariat erkun-
digt, welche Staaten tatsächlich Partner dieses Abkom-
mens sind: Mittlerweile sind es zehn Anrainerstaaten,
nämlich neben Deutschland auch Belgien, Dänemark,
Finnland, die Niederlande, Polen, Schweden, das Verei-
nigte Königreich und seit Ende letzten Jahres auch
Frankreich und Litauen. Natürlich wäre es sehr willkom-
men, wenn die von meinem Vorredner bereits genannten
Länder wie Norwegen ebenfalls beitreten würden; das
wird sich vielleicht noch ergeben.

Mit der Erweiterung des Seegebiets des
ASCOBANS-Abkommens wird auch den wissenschaft-
lichen Erkenntnissen, die vorliegen, Rechnung getragen:
auf ein ausgedehnteres Verbreitungsgebiet hinzuwirken.
Damit finden die zusammenhängenden Bestände, die
Verbreitungsgebiete und die Wanderungskorridore öko-
logisch sinnvoll Berücksichtigung. Zudem denken wir,
dass die Anknüpfung der bereits vorhandenen Schutzge-
biete im Atlantik, im Mittelmeer sowie im Schwarzen

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(C (D eer unter dem ASCOBANS-Abkommen sehr viel einacher ist. Ich möchte an dieser Stelle noch auf den 6. Umweltktionsplan der Europäischen Union hinweisen – wir aben ihn gerade im Umweltausschuss andiskutiert –, ei dem es um die Entwicklung einer Meeresschutzstraegie geht. Auch die vorliegende Mitteilung der Kom ission und der Richtlinienvorschlag gehen auf die gleihen bereits genannten äußeren Einflussfaktoren ein. ie Probleme des Fischfangs, der Umwelteinflüsse, der eeschifffahrt und der Wasserqualität sollten intensiv beaten werden. Auch unter dem Gesichtspunkt dieser EUtrategie ist das ASCOBANS-Abkommen folgerichtig. Ganz zum Schluss möchte ich daran erinnern, dass ie Erweiterung der Abkommensgrenzen nur ein Teilchritt ist. Wir können hier nicht Halt machen. Weitere innvolle und erforderliche Schutzmaßnahmen liegen in er Verantwortung Deutschlands. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601126600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ingbert Liebing

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingbert Liebing (CDU):
Rede ID: ID1601126700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Über den Gesetzentwurf zur Ausweitung
es ASCOBANS-Abkommens zum Schutz der Klein-
ale in der Nord- und Ostsee haben wir gestern bereits

m Umweltausschuss diskutiert. Wie heute schon festge-
tellt wurde, gibt es über die Fraktionsgrenzen hinweg
roße Einigkeit. Die Ausweitung des Vertragsgebietes
ibt Sinn, weil wir wissen, dass die Kleinwale sehr viel
rößere Verbreitungsgebiete haben, als das früher einmal
ermutet wurde. Und es gibt auch Sinn, die Verbindung
um Kleinwalschutz im Mittelmeer zu schaffen. Das al-
es ist gut und dient dem Schutz der Kleinwale und ei-
entlich bräuchten wir über das, was hier zur Abstim-
ung vorliegt, gar nicht groß zu diskutieren, sondern

önnten gleich abstimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Dennoch haben die Grünen diese Debatte beantragt.
inen konkreten Anlass dafür gibt es nicht, wie sie mir
ei den Ausschussberatungen gestern selbst bestätigt ha-
en. Wahrscheinlich brauchen sie diese Grundsatzde-
atte über den Walschutz, um mal wieder ein Thema zur
igenen Profilierung zu haben. Dann allerdings, meine
amen von den Grünen, verstehe ich nicht, dass die
rünen-Fraktion nur von Ihnen beiden Kolleginnen ver-

reten ist.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht immer nach Wichtigkeit!)







(A) )



(B) )


Ingbert Liebing
– Dann müssten Sie dem Thema nur geringe Bedeutung
beimessen; daran habe ich aber meine Zweifel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wir diese Debatte schon führen, dann bitte or-
dentlich, und dann müssen wir ein paar Fakten zur
Kenntnis nehmen. Vom Kollegen Pries ist bereits ausge-
führt worden, dass wir in den letzten Jahren eine Erho-
lung der Schweinswalbestände zu verzeichnen hatten.
Im Sommer werden uns die Ergebnisse einer aktuellen
Zählung der EU vorliegen, die noch weiter gehende Be-
standserholungen dokumentieren. Wir befinden uns also
auf einem guten Weg und dies ist sicherlich auch ein Er-
gebnis des ASCOBANS-Abkommens und der darin ver-
abredeten Maßnahmen.

Es ist aber auch ein Erfolg technischer Schutzmetho-
den der Fischerei, zum Beispiel des Einsatzes von Pin-
gern, von akustischer Vergrämung. Es ist gut, dass es
auch hier immer wieder Fortentwicklungen gibt. Denn
die ersten technischen Instrumente, die auf den Stellnet-
zen eingesetzt wurden, gaben ja noch permanent akusti-
sche Signale ab, was dazu führte, dass die Schweinswale
eher verwirrt wurden. Jetzt gibt es interaktive Pinger, die
nur dann Signale aussenden, wenn sich Schweinswale
nähern. Auch hier ist die Fischerei also dabei, mit eige-
ner, neuer Technik etwas Gutes für den Schutz der
Schweinswale zu tun. Auch das hat dazu geführt, dass
die Beifänge in der deutschen Nordsee deutlich reduziert
worden sind.

Auch auf der Ebene der EU ist viel erreicht worden,
um fischereirechtlich dem Walschutz in der Nord- und
Ostsee Rechnung zu tragen.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse belegen – das
sagte ich bereits –, dass die Kleinwale ein sehr viel grö-
ßeres Verbreitungsgebiet haben, als es früher angenom-
men wurde. Ihr Verbreitungsgebiet lässt sich räumlich
eben nicht eng abgrenzen. Diese falsche Annahme war
zum Beispiel Grundlage für die Ausweisung eines spezi-
ellen Walschutzgebietes in meiner Heimat direkt vor den
Inseln Sylt und Amrum. Dort sei die Kinderstube der
Schweinswale, war damals die Begründung, eine Be-
gründung, die heute aufgrund der neuen wissenschaftli-
chen Erkenntnisse so nicht mehr haltbar ist.

Das gibt mir Veranlassung, klarzustellen: Der Schutz
der Kleinwale ist richtig und wichtig. Es ist gut, dass wir
uns allesamt in diesem Hause von allen Fraktionen die-
sem Ziel verschrieben haben. Man muss den Schutz der
Schweinswale aber auch richtig betreiben. Deswegen
fordere ich Sie, meine Damen von den Grünen, auf, Ih-
ren Fraktionskollegen Rainder Steenblock nach seinen
Erinnerungen zu diesem Thema zu fragen. Als Umwelt-
minister in Schleswig-Holstein hatte er das Thema ge-
nauso falsch angefasst wie sein grüner Nachfolger Klaus
Müller, der Ihrer Fraktion in diesem Hause auch einmal
angehört hat. Fragen Sie die beiden einmal, was sie mit
ihrem Aktionismus erreicht haben! Sie haben versucht,
sich mit naturschutzrechtlichen Regelungen zu profilie-
ren, die effektiv aber überhaupt nichts gebracht haben.
Tatsächlich waren die fischereirechtlichen Wege weitaus

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(C (D rfolgversprechender. Solche Regelungen sind sicherlich chwieriger handhabbar, sind zum Schutz aber viel efektiver. Fragen Sie auch einmal Ihren Kollegen Herrn Trittin, er noch am 18. Februar vergangenen Jahres – zwei age vor der schleswig-holsteinischen Landtagswahl; da usste noch einmal Aktionismus an den Tag gelegt wer en – die neue Küstenfischereiordnung von Klaus üller groß gelobt hat. Diese Verordnung hat effektiv ber nichts gebracht oder wesentlich verändert. Sie beinaltet Vorgaben für die deutsche Fischerei, bestimmte tellnetze nicht mehr einzusetzen, die dort aber ohnehin aum noch im Einsatz waren. Die Dänen aber dürfen ort noch weiterhin mit diesen Netzen fischen. Das war urer Aktionismus, ohne in der Sache etwas zu bringen. Dies geschah acht Jahre nachdem sich der Kollege teenblock als Umweltminister in Kiel an diesem Thema bgemüht hatte. Immerhin haben Sie von den Grünen in iesen Jahren auch hier in Berlin mitregiert, waren aber uch hier nicht in der Lage, manche wohlklingenden Anündigungen in die Tat umzusetzen. Fragen Sie also ach, was daraus geworden ist! Wir haben inzwischen auf der Grundlage des SCOBANS-Abkommens, durch EU-Fischereirecht nd durch intelligente Technik sehr viel mehr für den chutz der Kleinwale erreicht als durch manch andere olitik. Der Schutz der Kleinwale ist gut, aber man muss ihn uch richtig betreiben. Mit Ihrer Alibiund Symbolpoliik, wie ich sie oft zu Hause in Schleswig-Holstein, an essen Küste Schweinswale vorkommen, erlebt habe, ereicht man das Ziel eben nicht. Das Thema ist wichtig nd eignet sich nicht für parteipolitische Profilierungen. uch die Ausdehnung des Vertragsgebietes von SCOBANS ist gut und richtig. Deswegen wird die DU/CSU-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601126800

Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter von

er Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601126900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

estern wurde ein toter Finnwal aus dem Hafenbecken
on Warnemünde gezogen; Sie haben das sicherlich ge-
auso verfolgt wie die Aktion von Greenpeace vor der
apanischen Botschaft. Nun kommen Finnwale norma-
erweise nicht in der Ostsee vor. Auch woran er verendet
st, bleibt vorerst Spekulation.

Dass es den Walen weltweit alles andere als gut geht,
as wissen wir, darüber wurde hier schon breit disku-






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
tiert. Diese Einschätzung trifft auch auf die Kleinwale in
den europäischen Gewässern zu. Das Abkommen zur
Erhaltung der Kleinwale in Nord- und Ostsee,
ASCOBANS, trägt dem seit einigen Jahren Rechnung.

Hauptgefahrenquellen für Schweinswale sind weiter-
hin Fischereinetze, insbesondere Kiemennetze, wie sie
für den Fang von Kabeljau, Lachs oder Steinbutt ver-
wendet werden. Von diesen Netzen gibt es mehr als ge-
nug. Schließlich haben die EU-Fischereiminister entge-
gen allen wissenschaftlichen Empfehlungen gerade
beschlossen, den Bestand an Kabeljau in Nord- und Ost-
see über unsinnig hohe Fangquoten weiter zu dezimie-
ren. Damit handelt die EU entgegen den Empfehlungen
des Internationalen Rates für Meeresforschung. Auch
wenn es ums Meer geht, steht Nachhaltigkeit in Europa
nur auf dem Papier. Die kurzfristigen Interessen der
Fischereiwirtschaft gehen vor. Ist es nicht grotesk, dass
im Bürokratiemoloch Europa gerade dort die Politik völ-
lig versagt, wo allein gesamteuropäisches Handeln die
Fischbestände und auch die Einkommen der Fischer
langfristig schützen müsste?

Nun haben wir für die Kleinwale das ASCOBANS-
Abkommen. Das ist dem Inhalt nach begrüßenswert,
verpflichtet völkerrechtlich allerdings zu nichts. Es wer-
den mit ihm nicht einmal Walschutzgebiete festgesetzt.
Die vorgesehene Erweiterung ist lediglich eine Erweite-
rung des Geltungsbereiches des Abkommens auf den
Westatlantik und die Irische See. Im Wesentlichen geht
es um wissenschaftliche Zusammenarbeit und um die
Erstellung von Plänen, wie der Schutz von Kleinwalen
umgesetzt werden soll.

Zur Umsetzung können unter anderem Walschutz-
zonen gehören, beispielsweise solche, die Schleswig-
Holstein eingerichtet hat. Im letzten Jahr hat das Land
auch endlich die Stellnetzfischerei in dem Gebiet verbo-
ten. Allerdings müssen die deutschen Küstenfischer mit
ansehen, wie die dänischen weiterhin fleißig Stellnetze
auslegen, in denen nach wie vor Tausende Schweinswale
grausam verenden. Herr Liebing, hier wäre die Koalition
gefragt, tätig zu werden. Sie haben das ja auch angespro-
chen.

Die Stellnetze haben zusammen eine Länge von meh-
reren Tausend Kilometern. Ein befreundeter Umwelt-
schützer hat uns von Kontrollfahrten erzählt, auf denen
Unmengen verendeter Tiere in den Netzen hingen, und
das, obwohl Dänemark zu den Unterzeichnerstaaten von
ASCOBANS gehört.

Die Norweger sind dem Abkommen gar nicht erst
beigetreten. Zuverlässige Informationen über die
Schweinswalbeifänge der norwegischen Kiemennetz-
flotte existieren praktisch leider nicht. Die Walschutzor-
ganisation WCDS schätzt die maximale Höhe solcher
Beifänge, die nicht die jeweilige Population gefährden,
auf 1 Prozent des Bestandes. Real sind es jährlich aber
schon circa 5 bis 6 Prozent. Das ist wesentlich zu viel.
Mit anderen Worten: Irgendwann werden die Schweins-
wale auch in der Nord- und Ostsee genauso wie im Mit-
telmeer an den Rand der Ausrottung getrieben.

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(C (D Wenn das verhindert werden soll, dann muss die Bunesregierung im Rahmen von ASCOBANS konsequent afür streiten, dass neben der Gebietsausdehnung auch ie anderen neun im August 2003 beschlossenen Resoutionen der 4. Vertragsstaatenkonferenz umgesetzt weren. Die Verminderung der Beifänge steht dabei an allerrster Stelle. Zudem müssen die chemischen und kustischen Verschmutzungen der Weltmeere drastisch inken. Darüber haben wir im Bundestag schon oft geprochen. Meiner Ansicht nach gehört auch das Verbot er militärischen Sonarortung dazu, die nachweislich chon vielen Walen das Leben gekostet hat. Es besteht also Handlungsbedarf. Es gibt so viel Eineit hier im Bundestag. Lassen Sie es uns angehen! Das Wort hat die Abgeordnete Cornelia Behm von der raktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! ASCOBANS ist das Deutschland unmittelbar erührende regionale Abkommen zum Schutz der Kleinale. Nun soll das Abkommensgebiet erweitert werden, um as Verbreitungsgebiet mehrerer Kleinwalarten besser bzudecken. Das ist gut und richtig. Das hat die rotrüne Regierung seinerzeit auch so gesehen und darum chon im Mai 2005 einen entsprechenden Kabinettsbechluss gefasst. Wie die jüngsten Ausschussberatungen nd auch die Debatte hier im Hause zeigen, sehen das uch alle Fraktionen des heutigen Deutschen Bundestaes so. „Warum findet dann eine Debatte im Plenum tatt?“, haben Sie mich gefragt. Ich meine, es reicht icht, dass Deutschland Schutzabkommen unterzeichnet. s muss auch alles unternehmen, um sie mit Leben zu rfüllen. Das ist der springende Punkt. Hier ist die Vorgängerregierung erfreulich aktiv geesen. Dennoch hat sich die Situation der Schweinsale, Tümmler und Delphine im Verbreitungsgebiet icht wesentlich verbessert. Im Gegenteil: Einige Arten ind im Bestand erheblich gefährdet. Die Gründe hierfür ind heute schon mehrfach genannt worden. An erster telle steht der Beifang, insbesondere in meist dänischen rundstellnetzen für Kabeljau und Steinbutt. Aber die ründe sind auch Nahrungskonkurrenz durch Fischfang, chadstoffbelastungen durch Verschmutzung der Meere, törungen durch diverse menschliche Aktivitäten in und uf dem Meer. Für die Zukunft werden noch eine ganze eihe ungeahnter Probleme durch die Erwärmung der rdatmosphäre hinzukommen. (Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Wir haben doch die Zunahme der Bestände! Daran kommen Sie doch nicht vorbei!)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601127000
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601127100

Ich rede vom Verbreitungsgebiet.

Was also ist zu tun? Die Verbesserung der Fang-
ethoden muss auf Reduzierung der Beifänge abzielen.






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Cornelia Behm

Der Überfischung der Meere muss Einhalt geboten wer-
den. Das heißt, TACs und Quoten müssen tatsächlich
einer bestandserhaltenden Fischerei dienen. Kontrollen
müssen die Einhaltung sicherstellen. Schadstoffeinträge
in die Meere müssen verhindert werden. Eine Verklap-
pung von Abfällen auf See darf es nicht mehr geben.
Einwandige Öltanker müssen stillgelegt werden. Stoff-
einträge aus der Landwirtschaft müssen und können
durch Minimierungsstrategien weiter reduziert werden.

Lärm und Störungen verursachende Nutzungen und
Unterwasseraktivitäten durch den Menschen müssen auf
das notwendige Maß beschränkt werden. Meeresschutz-
gebiete müssen ausgewiesen und vor allen Dingen von
allen anthropogenen Aktivitäten freigehalten werden.
Bei der Abwendung möglicher katastrophaler Folgen
des Klimawandels muss Deutschland weiter Antrieb und
Vordenker sein.

Leider aber ist festzustellen, dass die neue Bundesre-
gierung in Bezug auf die wichtigsten Maßnahmen, die
dem Schutz der Kleinwale dienen, längst nicht so ambi-
tionierte Ziele verfolgt, wie das unter grüner Regie-
rungsbeteiligung der Fall war. Das betrifft sowohl die

Unter dem Strich: Den schönen Worten im Abkom-
men müssen Taten folgen, sonst werden weder der
Jastarnia-Plan, das heißt der ASCOBANS-Rettungsplan
für die Schweinswale in der Ostsee, noch andere Pläne,
die die Erhaltung der Kleinwale als Teil des Naturerbes
der nordeuropäischen Meere zum Ziel haben, erfolgreich
sein.

Es sollte uns Parlamentariern ein Anliegen sein, diese
Fragen nicht allein der Regierungsdiplomatie zu überlas-
sen, sondern ein wachsames Auge auf die Umsetzung
der Pläne zu haben. Deshalb führen wir heute hier diese
Debatte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601127200

Herzlichen Dank. Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
rung des Abkommens vom 31. März 1992 zur Erhaltung
der Kleinwale in der Nord- und Ostsee auf Druck-
sache 16/38. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit empfiehlt auf Drucksache 16/389,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
Beifangproblematik als auch den Fischereiaufwand. Ich
erinnere daran, dass die 2004 von der EU beschlossenen
Maßnahmen, um Beifänge von Kleinwalen in der EU-
Fischerei drastisch zu reduzieren, wesentlich auf das
Drängen der damaligen grünen Ministerin Renate
Künast zurückgehen. Allerdings müssen Beifänge noch
immer nicht angelandet und auf die erlaubten Fangmen-
gen angerechnet werden. Das wäre tatsächlich ein wirk-
samer Anreiz zur Verminderung der Beifänge. Hier be-
steht dringend Handlungsbedarf.

Bei den Verhandlungen über TACs und Quoten im
vergangenen Dezember hat die Bundesregierung kein
Ruhmesblatt errungen. Sie hat insbesondere für den
Dorsch in der Ostsee einer weiteren Überfischung zuge-
stimmt, anstatt die bekanntermaßen höchst gefährdeten
Bestände durch ein befristetes Fangverbot zu schützen.

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em Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
en. – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich der
timme enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die-
er Gesetzentwurf mit den Stimmen des ganzen Hauses
ngenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Genießen Sie die Einsichten des heutigen Tages und
aben Sie einen schönen Abend.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 20. Januar 2006,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.