Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Bevor wir mit unserer Arbeit beginnen, liebe Kolle-ginnen und Kollegen, darf ich Sie bitten, sich zu erhe-ben.
Bestürzt und fassungslos haben wir am 7. Juni diesesJahres die Nachricht erhalten, dass vier Soldaten derBundeswehr bei einem terroristischen Anschlag inKabul ihr Leben verloren haben und dass weitere29 Angehörige der Schutztruppe zum Teil schwersteVerletzungen erleiden mussten. Unser Mitgefühl gilt denFamilien der Soldaten, die nach Afghanistan gekommenwaren, um der Bevölkerung Frieden und Freiheit zubringen, auf die sie jahrzehntelang verzichten musste.Mit Freude und einem gewissen Stolz haben wir ver-folgt, wie es der Schutztruppe in kürzester Zeit gelungenist, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Dass geradedieser vertrauensvolle Umgang und die Nähe zur Bevöl-kerung zu den schlimmen Folgen geführt haben, die wirheute hier beklagen müssen, erfüllt uns umso mehr mitTrauer.Die Gefahren, die der Kampf gegen den TerrorismusgaFZtSsdRedetmit sich bringt, sind uns durch das bisher schwerste At-tentat auf die Schutztruppe noch einmal vor Augen ge-führt worden. Die getöteten Soldaten haben sich ihnenbewusst und mit großem Mut gestellt, weil sie daran mit-wirken wollten, die Zukunft Afghanistans und seinerMenschen positiv zu gestalten. Auch um ihres Anden-kens willen müssen wir unsere Anstrengungen imKampf gegen den internationalen Terrorismus fortsetzen.Der Deutsche Bundestag und die Bürgerinnen undBürger der Bundesrepublik Deutschland empfinden fürdie Hinterbliebenen der Opfer tiefes Mitgefühl. UnsereGedanken sind auch bei denjenigen, die aufgrund ihrerschweren Verletzungen noch immer behandelt werdenmüssen.Sie haben sich zu Ehren der Opfer von Ihrerhoben; ich danke Ihnen.
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moderni-
– Drucksache 15/1170 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
InnenausschussSportausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendextAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussb) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L.Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion derFDPAltersgrenze für Vertragsärzte beseitigen– Drucksache 15/940 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung des Antrags der Abgeordneten Annetten-Mauz, Andreas Storm, Dr. Wolf Bauer, Abgeordneter und der Fraktion derUen PlätzenZP 1 BeratungWidmanweitererCDU/CS
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerFür ein freiheitliches, humanes Gesundheits-wesen – Gesundheitspolitik neu denken undgestalten– Drucksache 15/1174 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
InnenausschussSportausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussZP 2 Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L.Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion derFDPMut zur Verantwortung – für ein freiheitlichesGesundheitswesen– Drucksache 15/1175 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
InnenausschussSportausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der KollegeFranz Müntefering, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beginntdie Umsetzung der Agenda 2010. Als BundeskanzlerGerhard Schröder sie am 14. März dieses Jahres hiervorstellte, haben manche ungläubig geschaut und man-che auch empört aufgeschrien.
Wir haben die drei Monate, die seitdem vergangen sind,gut genutzt. Die Analyse zu den Rahmenbedingungen istklarer geworden. Die Vorhaben sind präziser. Der Willezur Umsetzung ist eindeutig. Wir haben versprochen, dasLand zu erneuern. Das tun wir. Wir haben auch verspro-chen, das Land zusammenzuhalten. Dafür sorgen wir.
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Ich will Ihnen den Hinweis geben, dass wir hier nochor der Sommerpause die erste Lesung der Vorlage zurandwerksordnung und des Gesetzes über Arbeitneh-errechte/Zahldauer Arbeitslosengeld erleben werden.ie sollten sich um diese Themen ganz konkret küm-ern, damit Sie sich nicht wieder erst zwei Tage vor derrsten Lesung in Abwesenheit von Herrn Seehofer müh-elig zusammenraufen müssen.
ie sollten dafür sorgen, dass Sie zu eigenen Positionenommen.Unser Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz hilft,ie Qualität unseres Gesundheitswesens zu sichern undu bessern. Es sorgt für die Einsparung von Kosten imystem. Es macht die gesetzliche Krankenversicherungchlanker. Es fordert mehr Eigenverantwortung und si-hert die Substanz der Krankenversicherung dauerhaft.m all dies geht es.Das Gesundheitswesen in Deutschland ist eine Er-olgsgeschichte, die wir fortschreiben wollen. Das erfor-ert Anstrengungen. Es ist nicht billig; aber es lohntich. Gesundheit ist ein hohes Gut. Die Absicherunger Gesundheitsrisiken ist teuer; sie können vernünftigur solidarisch abgesichert werden.
enschen sorgen für Menschen, das ist der Grundge-anke der gesetzlichen Krankenversicherung, der richtigleibt und auch in Zukunft gelten wird. Die Idee der to-alen Individualisierung der Risiken – sie scheint dasiel einiger in der Opposition zu sein – führt in die Irre.
Manche fragen sich in diesen Wochen: Lohnt sichrankenversicherung? Bekomme ich das Geld, das ichingezahlt habe, wieder heraus? Das sind absurde Fra-en. Eine Krankenversicherung ist kein Sparklub. Kran-enversicherung funktioniert so, dass viele mehr einzah-en müssen, als sie herausbekommen, damit einige, diearauf angewiesen sind, mehr herausbekommen, als sieinzahlen. So funktioniert Krankenversicherung.
eder von uns kann auf sie angewiesen sein, wenn erange krank ist, lange Zeit medizinische Hilfe brauchtder teure Rehamaßnahmen in Anspruch nehmen muss.eshalb bleibt eine obligatorische gesetzliche Kranken-
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Franz Münteferingversicherung vernünftig. Wir sorgen dafür, dass das Ge-sundheitssystem auch in Zukunft solidarisch finanziertwird.Dies gilt im Übrigen auch für das Krankengeld. WasMinisterpräsident Stoiber diesbezüglich in den letztenTagen von sich gegeben hat, zeigt, dass er entweder vonder Sache keine Ahnung hat oder die Menschen wissent-lich falsch informiert.
Beides wäre schlimm.
Herr Stoiber, von dieser Stelle aus Klartext: Das Kran-kengeld wird auch in Zukunft wie bisher gezahlt. Eswird unverändert solidarisch finanziert. Niemand, derlänger krank und Mitglied der gesetzlichen Krankenver-sicherung ist, muss hier Sorge haben. Den Versiche-rungsbeitrag für das Krankengeld zahlen in Zukunft aus-schließlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,nicht mehr die Arbeitgeber. Diese Entscheidung ist unsnicht leicht gefallen; aber sie ist logisch und konsequent.Manche behaupten, damit werde die paritätische Finan-zierung erstmals durchbrochen. Das ist erkennbar falsch.Fast 40 Prozent unseres Sozialsystems sind nicht paritä-tisch beitragsfinanziert: Das gilt für die Rente, das giltfür die Pflegeversicherung, das gilt für die Zuzahlungbei Medikamenten.Wir machen den Leistungskatalog der gesetzlichenKrankenversicherung nun schmaler und nehmen allesheraus, was nicht eine originäre medizinische Sachleis-tung ist oder zum Bereich der Prävention gehört: dasKrankengeld – ich habe es soeben erwähnt –, das Mut-terschaftsgeld – es wird aus dem Steuertopf gezahlt;Stichwort: Erhöhung der Tabaksteuer – und das Sterbe-geld, das in Zukunft entfallen wird.Das Gesundheitswesen ist die größte Branche in un-serem Land überhaupt. In ihr arbeiten mehr Menschenals in jeder anderen Branche, nämlich über 4 Millionen.Das wird nicht nur so bleiben, es wird sich sogar nochsteigern. Der Dienst des Menschen am Menschen wirdin unserer Gesellschaft weiter an Bedeutung gewinnen.Es muss sich erst noch zeigen, ob unsere Gesellschaftumfassend bereit ist, diesen Dienst auch zu leisten, oderob sie sich auf Zuwanderung verlässt. Die Beantwortungdieser Frage ist für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesell-schaft und die Finanzierbarkeit unseres Sozialsystemsentscheidend. Wir fordern die Anbieter im Gesundheits-wesen mit dem Gesundheitssystemmodernisierungsge-setz zu besonderer Anstrengung heraus; aber wir achtendabei darauf, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit und Leis-tungsfähigkeit erhalten bleiben.
An einigen Stellen muss der Wettbewerb allerdingserst ausgerufen werden. Wir gehen erste sinnvolleSchritte, den Sicherstellungsauftrag aufzulockern. Wirmuten den Beteiligten und Betroffenen im Gesundheits-wesen mit der Reform einiges zu. Dabei sind wir sicher:DDaGWhsMuskKWsädtdStmlDmsgAmtrBssamwgaLSDGtIg
Das Wort Kompromiss wird in Deutschland ambivalentesehen. Es gibt faule Kompromisse – das ist richtig –,ber es gibt auch faule Kompromissunfähigkeit.
assen Sie uns offen darüber reden! Wir wollen, dass dieache gelingt. Weshalb nicht schon hier im Bundestag?as wäre für die Sache gut, aber es wäre auch für uns alsesetzgeber gut und es wäre für die demokratische Kul-ur in unserem Land gut.
ch habe keinen Zweifel: Unsere Demokratie wird dabeiewinnen.
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Franz MünteferingIch biete Ihnen, Frau Merkel, deshalb hier eine Ver-fahrensverständigung an. In unserer parlamentarischenPraxis hat sich ein System herausgebildet, bei dem es alsselbstverständlich gilt, dass über fast alle wichtigen Ge-setzentwürfe in der zweiten und dritten Lesung kontro-vers abgestimmt wird und dann in den Kulissen des Ver-mittlungsausschusses der Kompromiss gesucht wird.Wir bezweifeln ernsthaft, dass dies zwingend immer derrichtige Weg ist.
Warum legen wir als Bundestag das Gesundheitssys-temmodernisierungsgesetz in seltsamer Selbstbeschei-dung in die Hände der Länder und machen es davon ab-hängig, dass man dort nicht den Mut hat, jetzt zuhandeln, weil demnächst in Bayern oder anderswo Land-tagswahlen sind?
Der Deutsche Bundestag ist der Ort, an dem gestritten,debattiert und verhandelt werden sollte. Im Ausschuss,bei den Anhörungen und natürlich hier im Plenum kannzwischen den beteiligten Parteien, der Koalition und derOpposition, eine gemeinsame Linie gesucht werden. Wirhaben alle Voraussetzungen und auch alle Instrumente,um zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen.Wir streben die zweite und dritte Lesung desGesundheitssystemmodernisierungsgesetzes für den8. Juli an, also noch vor der Sommerpause.
Wenn es hier vorher zu einer Erfolg versprechendenKompromisssuche kommt, sind wir da flexibel. Wennnicht, lassen wir uns allerdings auch nicht aufhalten;
dann machen wir das, was wir aus eigener Kraft stem-men können, auch gegen Sie und gegen die Mehrheit imBundesrat. Die Verantwortung liegt bei Ihnen.
Ich machen Ihnen ein ehrliches Angebot. Wir strebenein gemeinsam getragenes Gesetz an. Ich biete Ihnen,Frau Merkel, an, heute hier oder in den nächsten Tagenmit uns in der Koalition ein solches Verfahren zu verein-baren. Wir können gemeinsam ein gutes Beispiel setzen.Wir sollten ebenso auch noch in diesem Jahr begin-nen, die Gedanken über die Reform der bundesstaat-lichen Ordnung, die überall – mit Recht übrigens – auf-flackern, hier in den Deutschen Bundestag zu tragen. Ichschlage im Namen meiner Fraktion vor, im Herbst diesesJahres eine umfassende Debatte zur Modernisierung derbundesstaatlichen Ordnung hier im Deutschen Bundes-tag und zusammen mit dem Bundesrat zu führen sowiedas Verfahren zur Einrichtung einer Verfassungskommis-sion zu klären. Die bundesstaatliche Ordnung ist Teil derErfolgsgeschichte Westdeutschlands von 1949 bis 1989.IgsselgEwöhEsmWrDgUlWgiMLZDke2dBzgsrwkArr
Politischer Aufbruch braucht klare Verantwortungs-trukturen, handlungsfähige Städte und Gemeinden,indeutige Zuordnung der Zuständigkeiten an die staat-ichen Ebenen, den Bundestag als starken Bundesgesetz-eber, in gleicher Weise Raum für Subsidiarität undigenverantwortung, Bürgernähe, mehr Vernetzung,eniger Hierarchie, Optimierung der Finanzströme derffentlichen Hände, mehr Mut zu Neuem, weniger Be-arrung. Wir wollen diese Themen aufgreifen. Zurrneuerung in unserem Land gehört Erneuerung derozialen Sicherungssysteme, Erneuerung der Arbeits-arktstrukturen, Erneuerungsbereitschaft aufseiten derirtschaft und des Staates und Erneuerung der Struktu-en unserer Demokratie.
as muss uns in diesem Jahrzehnt in Deutschland gelin-en. Deshalb sprechen wir von der Agenda 2010.
m erste wichtige konkrete Schritte geht es heute hier.Wir brauchen aber auch, liebe Kolleginnen und Kol-egen, eine Erneuerung der Mentalitäten, wenn wirohlstand dauerhaft sichern und soziale Gerechtigkeitewährleisten wollen. Und das wollen wir. Wir brauchenn Deutschland mehr Mut,
ut zur Gestaltung und Zuversicht in die Stärke unseresandes. Totale Sicherheit gibt es dabei nicht, aber dieukunft braucht Wandel und Wandel bringt Sicherheit.ie Zukunft ist nicht am Reißbrett und nicht im Sand-asten planbar, aber die richtige Richtung ist sehr wohlrkennbar. Diese Richtung schlagen wir mit der Agenda010 ein.
Ich bin zuversichtlich, dass es am Ende dieses Jahres,as ein anstrengendes Jahr auch für uns im Deutschenundestag sein wird – wir werden viele gemeinsame Sit-ungen haben, uns streiten und hoffentlich zu guten Er-ebnissen kommen –, in Deutschland keine große gesell-chaftliche Gruppe mehr geben wird, die nicht auf derichtigen Seite, auf der Seite der Erneuerung, stehenird. Die Koalition geht voran, Sie bekommen vielleichtnapp die Kurve.
ndere in der Gesellschaft, die sich noch ein wenig zu-ückhalten, werden auch dabei sein. Ich sage Ihnen vo-aus: Ende des Jahres ist Deutschland auf die Erneue-
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Franz Münteferingrung eingestimmt. Wir sind diejenigen, die mit ihrbegonnen haben und sie vorantreiben. Sie haben dasnicht geschafft.
Lassen Sie uns also in einen vernünftigen Wettbewerbtreten! Ich bin sicher, dass wir in diesem Jahr inDeutschland die nötigen Schritte tun. Das Gesundheits-systemmodernisierungsgesetz, das wir heute auf denWeg bringen, ist der erste wichtige und konkrete Schritt.Die Debatte und der Streit über den richtigen Weg inden vergangenen Wochen und Monaten in meiner Partei,in Ihren Parteien, in den Gewerkschaften, in den gesell-schaftlichen Gruppen waren richtig und nötig. Sie habenan vielen Stellen Klarheit geschaffen und noch einmaldeutlich gemacht, dass uns die Globalisierung, die Euro-päisierung und die demographische Entwicklung zu Ver-änderungen zwingen. Manche sagen, die Einsichtkomme sehr spät. Das ist wahr, das kann man nicht be-streiten, aber sehr spät ist nicht zu spät.
– Sie kam übrigens, Frau Merkel, auch bei Ihnen sehrspät. Sie brauchen da gar nicht zu lachen. Sie hätten es inden 90er-Jahren schon merken können; da wusste manbereits, wie die demographische Entwicklung verläuft.
Auch wenn es sehr spät ist, ist das kein Grund, sich jetztnoch den Veränderungen zu verweigern.Zu einem weiteren Vorwurf, der von Ihnen und auchvon anderen Stellen kommt, dass wir unsere Positionengegenüber dem, was wir vor einem oder vor drei Jahrengesagt haben, kann ich nur sagen: Das stimmt. Dazu be-kenne ich mich; dazu bekennen wir uns. Es wäre eineseltsame Politik, die von sich behauptete, dass sie zu kei-ner Veränderung bereit sei, auch wenn die Rahmenbe-dingungen sich verändern. Wir alle miteinander haben inden 90er-Jahren bis in die letzten Jahre hinein in derHoffnung auf eine gute Entwicklung der Konjunktur dieStrukturprobleme verdeckt. Das ist schlichtweg dieWahrheit und das müssen wir realisieren. Aber das Landkann von uns erwarten, dass wir aus der Entwicklung derletzten drei Jahre nun die Konsequenzen ziehen und be-greifen: Das Warten auf Konjunktur, das Kämpfen umKonjunktur, das zur Politik gehört, ist noch nicht die Lö-sung, sondern es werden auch Strukturveränderungennötig sein. Wir sind bereit, sie im Interesse des Landesdurchzuführen, und wir hoffen auf gute und gedeihlicheZusammenarbeit.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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ber wenn Sie nunmehr Geschichtsklitterung betreiben
nd behaupten, wir hätten bestimmte Dinge nicht er-annt, zu Zeitpunkten, als Sie noch massiv dagegen ge-ämpft haben, muss ich das in freundlicher, aber ent-chiedener Form zurückweisen.
Wir haben fünf Jahre vertan, bevor auch bei Ihnenetzt in Form eines Nachhaltigkeitsfaktors über das de-ographische Problem bei der Rentenversicherungachgedacht wird. Die Wahrheit ist: Sie hätten besser da-an getan, diesen demographischen Faktor damals nichterauszunehmen.
Wir haben das Thema Zuzahlungen in der Gesund-eitsvorsorge 1998 als ein schwieriges, aber notwendigeshema im Gesetz gehabt. Sie haben einen dramatischenahlkampf dagegen geführt. Aber unser Ansatz hat sichls richtig erwiesen; es geht kein Weg daran vorbei.Ich will jetzt nicht weiter in die Vergangenheitchauen, sondern nur sagen: Die Erkenntnisse hättenängst umgesetzt worden sein können. Millionen vonenschen könnten heute Arbeitsplätze haben und sich ininer besseren Lage befinden, wenn Sie das früher be-acht hätten.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Veränderungen inolksparteien sind immer diskussionswürdig. Es gibterschiedene Interessenlagen und Überzeugungen undamit macht es sich niemand leicht.Der Bundeskanzler hat hier am 14. März eine Regie-ungserklärung abgegeben,
uf die wir schon damals geantwortet haben, dass wir diechritte, die in die richtige Richtung gehen, selbstver-tändlich unterstützen werden. Wir haben aber bis zum5. Juni warten müssen, bis wir endlich einen Gesetzent-urf vorgelegt bekommen haben, weil nämlich die Mei-ungsbildung in Ihren Parteien notwendigerweise mitonderparteitagen abgeschlossen werden musste.
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Dr. Angela MerkelIch kann nur sagen: Wir waren immer sprechfähig,wir sind jetzt sprechfähig, wir haben ein Alternativkon-zept. –
Da können Sie lachen oder auch nicht. Aber zwischendem 14. März und dem 15. Juni sind in Deutschland10 000 Betriebe in die Insolvenz gegangen, denen hättegeholfen werden können, wenn wir mit den Gesetzesbe-ratungen weiter wären.
Sie haben heute einen ersten Gesetzentwurf aus derAgenda 2010 eingebracht, einen Gesetzentwurf, der sichmit einem Thema beschäftigt, das die Menschen in die-sem Lande unendlich berührt, weil jeder auf Gesundheitangewiesen ist, jeder um Gesundheit ringt und diesesThema mit sehr vielen Ängsten belastet ist. Deshalbkann ich Ihnen an dieser Stelle sagen: Was immer wir inden Beratungen gemeinschaftlich durchsetzen können,das wollen wir mit Ihnen gemeinschaftlich durchsetzen.
– Was heißt „wann“? Sofort nach dieser Debatte könnenunsere Gesundheitspolitiker auf Ihre Gesundheitspoliti-ker zugehen und vereinbaren, in welcher Form sie imAusschuss vorgehen wollen.Aber ich sage eines, Herr Müntefering: Ihr Satz „Wirwerden das Gesetz von Frau Schmidt in diesem Hausedurchsetzen“ ist kein Satz, der zu dem Angebot, das Siedann formal gemacht haben, passt. Das passt nicht zu-sammen.
Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie jetzt wiedernach dem von Ihnen ausgerufenen Prinzip „Mehrheit istMehrheit“ verfahren oder ob Sie in diesem Falle – ichwürde das sehr begrüßen – in eine ernsthafte Debatteeintreten – ich sage nachher, welche Grundzüge wir da-rin vertreten werden –, in der wir gemeinsam schauen,ob es Lösungen gibt.Herr Müntefering, was sich gestern aber im Gesund-heitsausschuss abgespielt hat, hat uns natürlich nicht er-mutigt. Dort ist die Positivliste, die – im Gesamtzusam-menhang gesehen – für das Gesundheitswesen vongrößter Bedeutung ist, einfach vorgezogen und abge-schlossen worden. Glauben Sie eigentlich, das sei eineEinladung zu einer konstruktiven Zusammenarbeit amnächsten Tag?
Über die allgemeinen Erklärungen in Form von Über-schriften hinaus brauchen wir von Ihren Fachleuten einklares Signal – das steht im Gegensatz zu dem, was Siegestern noch praktiziert haben –, dass sich die Umgangs-fwjswwiKmwgtuMtecDdvbdAsuddCngddabhiuzdsKQgn
Ich stimme Ihnen zu: Wir sind beim Gesundheitswe-en aufeinander angewiesen. Ich sage aber auch, dassir nicht nur aufeinander angewiesen sind, sondern dassir gleiche Zielsetzungen haben; denn auch unser Zielst ein Beitragssatz von 13 Prozent in der gesetzlichenrankenversicherung. Wir müssen es in der Praxis ge-einsam erreichen.Der Bundeskanzler hat immer wieder darauf hinge-iesen – Herr Müntefering, Sie haben eben auch davonesprochen –, dass wir mehr Effizienz in diesem Sys-em und vor allen Dingen eine langfristig angelegtend realistische Betrachtungsweise brauchen. Herrüntefering, das Allerwichtigste ist – wenn wir es nichtun, können wir immer wieder nur kürzen, sparen undinschränken –, dass wir die Einnahmeseite der gesetzli-hen Sozialversicherungen wieder in Ordnung bringen.as können wir erreichen, indem die Arbeitslosigkeit iniesem Lande abgebaut und die wirtschaftliche Lageerbessert wird.
Es ist bedauerlich, dass wir bis jetzt keines der Ar-eitsmarktgesetze im Parlament vorliegen haben undass der Prozess hinsichtlich der Zusammenlegung vonrbeitslosen- und Sozialhilfe noch nicht so weit fortge-chritten ist, wie er es sein könnte. Sie, meine Damennd Herren von der SPD und den Grünen, wissen genau,ass wir im Zuge der Umsetzung des Hartz-Konzeptesurch unsere unglaublich konstruktive Mitarbeit Herrnlement geholfen haben, sozusagen aus Unvernunft Ver-unft zu machen. Wir haben heute einen relativ gut auf-estellten Niedriglohnsektor, weil das Wahlprogrammer CDU/CSU umgesetzt wurde. Das ist die Wahrheit.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass inem von uns vorgelegten Antrag eine klare Alternativeufgezeigt ist. Diese klare Alternative macht das Pro-lem deutlich: Der Gesetzentwurf von Frau Schmidt ent-ält nach unserer festen Überzeugung zu viel Tendenzenn Richtung Zentralismus, Kassenhoheit, Einheitskassend zu wenig Tendenzen in Richtung Wettbewerb, Frei-ügigkeit und Gleichheit des Arztberufes.
Ich will das an einem Beispiel deutlich machen, überas wir ganz zu Beginn sprechen müssen und bei demich zeigen wird, ob man das Gesundheitswesen vomopf auf die Füße stellen kann. Es geht um das Themaualitätsmanagement. Wir sind auch dafür. Aber wirlauben, dass dies innerhalb der Selbstverwaltung orga-isiert werden muss.
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Dr. Angela Merkel– Sie wollen mit uns doch konstruktiv beraten. HörenSie sich also wenigstens einmal an, was unsere Überzeu-gung ist!
Wenn Sie sich so im Ausschuss verhalten, dann wird esmit der Gemeinsamkeit wohl nichts werden. Sie müssenwenigstens zuhören.
Erster Punkt. Wir halten die zentralistische Anbin-dung an das Ministerium für falsch. Aus diesem Grundesagen wir zwar Ja zum Qualitätsmanagement, aber wirwollen nicht, dass aufgrund des Drucks, der von der zen-tralen Stelle ausgeübt wird, Bedingungen für die Kassengeschaffen werden, die letztlich die Tendenz in RichtungEinheitskasse verstärken.Zweiter Punkt. Wir denken in der Tat, dass wir denArztberuf in einen freien Beruf umwandeln müssen, dasheißt, dass wir Restriktionen abbauen müssen. Wir wol-len nicht – das sage ich ganz ausdrücklich –, dass die Zu-gänge zu den verschiedenen Ärzten, also zum Hausarztund zum Facharzt, unterschiedlich geregelt werden.
Der freie Arztberuf wird in Deutschland nur erhaltenbleiben, wenn der Zugang zum Hausarzt und zum Fach-arzt in gleicher Weise geregelt ist.Meine Damen und Herren, das sind zwei ganz we-sentliche Punkte, an denen Sie die Unterschiedlichkeitder Auffassungen sehen können. Darüber müssen wirsprechen.Nun sind auch wir der Meinung, dass wir Einsparun-gen vornehmen müssen und vor allen Dingen für den Pa-tienten Anreize zu einem sparsamen Umgang mit demGesundheitswesen schaffen müssen. Dazu sage ich: Wirhaben große Vorbehalte. Wir unterstützen es nicht, dassman einzelne Leistungen herausnimmt. Warum die Seh-hilfe? Warum das nicht verschreibungspflichtige Medi-kament? Warum ausgerechnet die Fahrt zum Arzt?
Wir sagen: Lasst uns eine Selbstbeteiligung einfüh-ren! Aber lasst sie für alle in Anspruch genommenenLeistungen in gleicher Weise gelten, damit nicht bei be-stimmten Gruppen Leistungen herausgenommen werdenund bestimmte Gruppen an anderer Stelle überhauptnicht betroffen sind.
Deshalb sind wir zu der Meinung gekommen, eineSelbstbeteiligung in Höhe von 10 Prozent für jede in An-spruch genommene medizinische Leistung einzuführen,allerdings sozial gestaffelt – ich glaube, darin sind wiruns einig – bis zu einer maximalen Belastung von2 Prozent des Lohns.r–vdfaHeddkVsdWLnestsFjawzEddwpeGsWmbspac
Das hat mit blankem Lobbyismus gar nichts zu tun.
Wir sehen bei jeder Leistung eine Selbstbeteiligungon 10 Prozent vor, und zwar gedeckelt bis 2 Prozentes Einkommens. Es gibt ähnliche Regelungen; sieunktionieren. Deshalb sage ich Ihnen: Lassen Sie uns inller Ruhe die Argumente darüber austauschen!
Frau Schmidt, es hat mich sehr enttäuscht, was dieerausnahme einer bestimmten Leistung – darüber gabs bei uns in den letzten Wochen und insbesondere inen letzten Tagen eine Kontroverse – angeht: Der Bun-eskanzler hat am 14. März gesagt, im Falle des Kran-engeldes bleibe die Kostenbelastung durch eine privateersicherung für den Einzelnen beherrschbar. Die ur-prüngliche Idee in der Regierungserklärung des Bun-eskanzlers war es, das Krankengeld privat abzusichern.
ir haben damals im Hinblick auf die Frage, ob dieseeistung dafür geeignet ist oder nicht, eine andere Mei-ung gehabt. Dies war aber Ihr Ansatz. Sie haben dannine interne Diskussion geführt und dies so nicht durch-etzen können. Sie haben sich entschlossen, diese Leis-ung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu belas-en, und haben einfach bei der paritätischeninanzierung Verschiebungen vorgenommen. Das istetzt die Beschlusslage.Bitte fangen Sie nicht unter der Freude, dass Sie unsuseinander dividieren könnten, an, den Eindruck zu er-ecken, die Herausnahme einer Leistung sei Teufels-eug!
s gibt in Europa viele Länder, die gerade im Bereicher Zahnbehandlung erhebliche und gute Erfahrungenamit gemacht haben, eine Leistung herauszunehmen,eil sie damit für die Menschen Anreize schaffen, Pro-hylaxe zu betreiben und die Dinge in diesem Bereichrnsthafter zu betrachten.
Wir stehen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten imesundheitssystem vor riesigen Herausforderungen. Ichtimme Ihnen ausdrücklich zu: Dies ist im Grunde einachstumsmarkt, ein Markt, den wir so organisierenüssen, dass in unserem Land auf diesem Markt Ar-eitsplätze geschaffen werden können. Die Alterung un-erer Bevölkerung nimmt zu. Die eigentlichen demogra-hischen Herausforderungen werden von 2010 bis 2030uf uns zukommen. Wer sich den demographischen Bu-kel einmal anschaut, der weiß, welche Belastungen wir
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Dr. Angela Merkelzu tragen haben und welche Leistungen von der Politiknoch erwartet werden.
Deshalb ist es für uns wichtig – das war die Intentiondes Kompromisses in unserem Antrag –, dass wir denInstrumentenkasten der Möglichkeiten, die wir in Zu-kunft brauchen, um das Gesundheitssystem über Jahr-zehnte stabil zu halten, jetzt erproben. Deshalb sagenwir: Die Herausnahme einer Leistung halten wir für einganz wichtiges Element, um damit Erfahrungen zu sam-meln, um zu schauen, ob die privaten Versicherungenüberhaupt ihre Versprechungen einhalten, und zu lernen,ob dies in die richtige Richtung führt.
Deshalb sind wir auf der einen Seite für Eigenbeteili-gung, für mehr Effizienz im System sowie für einenfreien Arztberuf und auf der anderen Seite für die He-rausnahme einer Leistung. Das ist unser Werkzeug-kasten, mit dem wir dieses System beherrschbar machen,den Arztberuf zu einem attraktiven Beruf machen, unsder Einheitskasse entgegenstellen sowie Vielfalt und Op-tionen ermöglichen wollen.Ich glaube, dieses ernsthafte, reale und im Übrigenfür eine Opposition herausragend gegenfinanzierte Kon-zept sollte eine Gesprächsgrundlage mit Ihnen sein kön-nen. Wir werden die Probe aufs Exempel machen undsehen, ob Sie nach dem Motto „Mehrheit ist Mehrheit“oder nach dem Motto „Gute Lösungen für alle sind dasbeste Verfahren“ vorgehen. In diesem Sinne: Auf guteZusammenarbeit! An uns soll es nicht liegen.Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Krista Sager,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was wirin den letzten Tagen erlebt haben, das war schon bemer-kenswert. Sie von der Opposition hatten uns aufgefor-dert, einen Gesetzentwurf vorzulegen – damit man über-haupt weiß, worüber man verhandeln soll. Das hat dieRegierung jetzt gemacht. Frau Merkel hat auch ebenwieder berichtet, sie habe auf diesen Gesetzentwurf ge-radezu sehnsüchtig gewartet. Dann aber frage ich michdoch: Warum erleben wir eine sich zerlegende Opposi-tion, die sich in alle Richtungen auseinander dividiert?
Wenn Sie so sehnsüchtig auf unseren Entwurf gewartethaben, dann müssten Sie doch eigentlich ausreichendGelegenheit gehabt haben, sich auf unseren Gesetzent-wurf vorzubereiten.WBewthQnbSnossewvdMPmtEvguwKeSsddDa
Dass Ihnen in diesem Streit als erstes Ihr Gesund-eitsexperte abhanden kommt, ist auch nicht gerade einualitätssiegel für Ihre Politik. Herr Seehofer ist bei Ih-en schon in einer schlechteren Rolle als der arme Trou-adix bei den Galliern: Das Singen haben Sie Herrneehofer zwar nicht verboten, aber reden darf er bei Ih-en offensichtlich jedenfalls nicht.
Auch mit Ihrem Antrag heute ist Ihr Richtungsstreitffenbar bei weitem nicht überwunden. Herr Seehoferagt, bei Ihrem Antrag handele es sich um eine Privati-ierungsorgie; Herr Milbradt, CDU-Ministerpräsident,rklärt, die Privatisierungsorgie gehe ihm noch nichteit genug. Ich bin sicher, Sie müssen noch Zeit darauferwenden, das in Ihren eigenen Reihen zu klären.
Dabei gibt es durchaus Ziele in Ihrem Konzept, beienen wir übereinstimmen.
anche Dinge sind durchaus vernünftig angesprochen.atientenrechte stärken, mehr Mitwirkung, mehr Infor-ationsrechte, mehr Transparenz zugunsten der Patien-en – darin sind wir uns einig, das sind wichtige Ziele.in weiteres wichtiges Ziel ist mit Sicherheit, die Prä-ention zu stärken und Anreize für vernünftiges, vorbeu-endes Verhalten zu entwickeln. Damit rennen Sie beins offene Türen ein. Für die Grünen ist immer klar ge-esen: Die beste Gesundheitspolitik ist die, mit der manrankheiten verhindert. Erst die zweitbeste Lösung ists, Krankheiten zu bekämpfen.
ie aber haben in Ihrem Vorschlag nichts drin, was nichtchon im Regierungsentwurf enthalten ist. Im Gegenteil,er Regierungsentwurf geht in vielen Punkten weit überas hinaus, was Sie in Ihrem Antrag fordern.Ich habe festgestellt, dass sich Frau Merkel in dieserebatte schon um einen etwas anderen Ton bemüht hat,ls er in Ihrem Antrag zum Ausdruck kommt.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4207
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Krista SagerIn Ihrem Antrag sprechen Sie von „Dirigismus“, von„Staatsmedizin“.
– Dann lassen Sie uns einmal darüber reden, welchesVerständnis Sie von den Aufgaben des Staates haben.Immer dann, wenn es um den Schutz der Patienten, umdie Interessen der Bürgerinnen und Bürger, um die Be-lange der Versicherten geht, schreien Sie: Oh, nein, dasist Staatsmedizin, das ist Dirigismus. – Aber wenn es umden Schutz Ihrer Klientel geht, kann Ihnen der Dirigis-mus gar nicht weit genug gehen, da schützen Sie die ab-surdesten Dinge.
Mit Blick auf die FDP sage ich: Es ist wirklich ab-surd, dass die Partei, die den Dirigismus am meisten be-klagt und immer Wettbewerb will, jetzt die Aufrechter-haltung des Verbots für einen Apotheker, mehr als eineApotheke zu besitzen, fordert. Wenn das nicht Dirigis-mus ist, dann weiß ich nicht, was Dirigismus ist.
Die Parteien, die am lautesten nach Wettbewerbschreien, verteidigen weiterhin das Kartell der Kassen-ärztlichen Vereinigungen. Hier wollen sie auf gar keinenFall Wettbewerb einführen.
Es ist doch nicht die Aufgabe des Staates, einen Schutz-zaun um alle Kartelle der Leistungsanbieter zulasten derVersicherten zu errichten. Ihre Politik entlarvt sich alstypische Klientelpolitik.
Die Folge ist, dass Sie dort, wo es um die Finanzie-rung geht, ausschließlich den Patienten etwas abverlan-gen. Ihre Finanzierungsvorschläge – das muss man hierleider sagen – sind weitgehend nur Luftbuchungen. InIhrem Antrag steht, versicherungsfremde Leistungensollen geeigneten Finanzierungen zugeführt werden:
Wenn das keine windige Finanzpolitik ist! Ich weiß nicht,woher Sie den Mut nehmen, die Regierung zu kritisieren.Das, was Sie vorschlagen, ist windige Finanzpolitik pur.
Es war Frau Merkel wahrscheinlich schon peinlich,dass der Vorwurf in Ihrem Antrag steht, das Regierungs-paket sei sozial nicht ausgewogen. Dass sie das hiernicht mehr gesagt hat, finde ich interessant. Ich sage Ih-nen dazu: Wer 10 Prozent Eigenbeteiligung bei jedermedizinischen Leistung fordert,
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Wir werden an Leistungseinschränkungen nichtorbeikommen. Das können Sie auch unserem Entwurfntnehmen. Deswegen sollten wir die Diskussion überas, was zumutbar und gerecht ist, dringend versachli-hen. Frau Merkel hat einen Blick in die Vergangenheitetan, deshalb will auch ich das tun: Sie haben noch vorenigen Wochen mit Abscheu und Empörung auf unse-en Vorschlag reagiert, das Sterbegeld zu streichen. Jetztehen Sie den Leuten an die Zähne.
ch biete Ihnen an: Lassen Sie uns gemeinsam in alleruhe darüber nachdenken, ob wir das Geld der Kranken-ersicherungen nicht lieber für die Lebenden als für dieoten ausgeben wollen.
Es hat mich sehr empört, dass wir in den letztenochen eine Diskussion darüber erlebt haben, ob über5-Jährige noch das medizinisch Notwendige bekommenollen. Das sollten wir alle gemeinsam zurückweisen.
ass wir aber überhaupt eine solche Diskussion erleben,eigt auch, wohin die öffentliche Diskussion geht, wennir unsere Systeme jetzt nicht in Ordnung bringen. Dast die gemeinsame Aufgabe, vor der wir jetzt stehen.
Sie haben grundsätzliche Strukturentscheidungenngekündigt, diese liefern Sie aber nicht. Vor diesen Ent-cheidungen stehen wir aber.
ir sollten die Diskussion darüber auch führen; dennenn wir es nicht tun, landen wir dort, wo sich Herrilbradt heute schon befindet. Er will den Leistungskata-g immer weiter ausdünnen. Ich sage Ihnen: Aus unserericht war es richtig, dass Herr Seehofer gesagt hat: Wirüssen über die Einführung einer Bürgerversicherungprechen. – Das war ein völlig richtiger Diskussionsansatz.
Dass Sie jetzt diesen nachhaltigen Ansatz zur Sen-ung der Lohnnebenkosten einfach für tot erklären, wirdie noch einmal bitter einholen.
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4208 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Krista SagerWenn Herr Seehofer diese Diskussion nicht mehr mit Ih-nen führen kann, dann laden wir ihn herzlich ein, dieseDiskussion bei uns zu führen. Wir sind im geduldigenUmgang mit älteren querköpfigen Herren bestens geübt.
Im Umgang mit ihnen verstehen wir uns aufs Beste. Erist uns herzlich willkommen.
Frau Merkel, jetzt komme ich zu der entscheidendenFrage: Wie ist es nun mit Verhandlungen? Ich hatte denEindruck, Sie wollten Herrn Müntefering nicht richtigverstehen. Deswegen möchte ich noch einmal ausdrück-lich sagen, worum es uns geht. Es geht uns nicht darum,dass Sie Ihre Bereitschaft erklären, die Diskussion imAusschuss zu begleiten. Wir gehen davon aus, dass Siedas als Opposition tagtäglich tun; das sollte auch weiter-hin so bleiben. Es geht um etwas anderes. Es geht da-rum, ob Sie, Frau Merkel, den Mut und die Kraft habenund es sich auch zutrauen, etwas mit uns zu verhandeln,was wir dann als Ergebnis gemeinsam durchsetzen wol-len.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Gerhard Schröder?
Dazu kann ich ja gar nicht Nein sagen; das traue ich
mich gar nicht.
Verehrte Frau Fraktionsvorsitzende, gestatten Sie mir,
dass ich Ihre Bemerkung über die älteren Herren im Auf-
trag meines Innenministers entschieden zurückweise?
Herr Abgeordneter Schröder, ich bin sehr beruhigt,
dass Sie diese Äußerung nicht auf sich selbst bezogen
haben.
Frau Merkel, es geht wirklich darum: Wollen Sie mit
uns in Richtung auf ein gemeinsames Paket verhandeln?
Wenn es ein gemeinsames Paket werden soll, dann heißt
das auch, dass man es gemeinsam durchsetzt. Die An-
kündigung von Herrn Müntefering war nicht: Unabhän-
gig von dem, was verhandelt wird, werden wir machen,
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Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang
erhardt, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieeutsche Öffentlichkeit weiß seit Jahren, dass das gegen-ärtige System des Gesundheitswesens in Deutschlandicht mehr trägt. Es bedurfte daher nicht einer Ausspra-he im Bundestag. Jede deutsche Familie hat in den letz-en Jahren zur Kenntnis genommen, wie die Beiträge ge-tiegen sind und dass sich aus gut gemeinten Absichtentwas entwickelt hat, was man eigentlich vermeidenollte, nämlich eine Zweiklassenmedizin.
olange die Budgets reichten, wurde jeder sofort be-ient. Wenn sie aufgebraucht waren, konnten sich dieje-igen im Markt der Anbieter durchsetzen, die etwasehr als andere hatten.Die deutsche Öffentlichkeit hat mit Interesse beob-chtet, dass wir Politiker unterschiedlich auf die Wirk-ichkeit reagiert haben. Der Kollege Müntefering hatecht – ich will es ihm gar nicht vorhalten –, wenn eren langen Prozess seiner eigenen Partei hin zu einernnäherung an die Wirklichkeit beschreibt. Das nehmech zur Kenntnis und begrüße es auch. Aber er hätte aufiesem Weg die Diffamierung gegen die Freien Demo-raten unterlassen sollen, die schon früher gesagt haben,as notwendig ist und was getan werden muss.
Ich erinnere Sie, Herr Bundeskanzler, an die Renten-iskussion im Wahljahr 1998. Ich erinnere Sie an dieiskussion über den Zahnersatz im selben Jahr. Vorhinst von der Kollegin Merkel darauf hingewiesen worden,ass die Schweizer beim Zahnersatz eine andere Rege-ung haben. Diese beißen die Toblerone mit Zähnenurch, während mancher Deutscher, der in der GKV ver-ichert ist, dafür das Messer benutzen muss.
s ist doch nicht unsozial, wenn man Finanzierungen an-ers organisiert.
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Dr. Wolfgang GerhardtWir kennen doch alle die Geschichte des KollegenHorst Seehofer mit Lahnstein und wissen, dass das nichtgereicht hat. Wir kennen die Geschichte der ehemaligenGesundheitsministerin Fischer und wissen, dass es nichtgereicht hat. Auch die gegenwärtige Amtsinhaberinweiß, dass das Gesetz nicht reicht.Dieses Gesetz ist nichts anderes als ein erneutes inge-nieurhaftes medizinisches Stellschraubengesetz, bei dem– wie mit dem Versuch, Gebühren bei Facharztbesuchenohne Überweisung vom Hausarzt zu erheben – an klei-nen Schräubchen gedreht wird. Die Kassen auf demMarkt zu lassen bzw. – wie es die Sozialdemokraten ver-stehen – Kassen als Betreiber eigener Zentren zuzulas-sen ist nichts anderes als der Einsatz von Kapital, um an-dere vom Markt zu drängen.
Wir stehen für die Freiberuflichkeit und betonen das andieser Stelle auch.Ein Gesundheitswesen hat nicht nur medizinischeLeistungen anzubieten. Vielmehr muss ein Gesundheits-wesen in seiner Organisation auch einer freiheitlichenGesellschaft entsprechen.Ich möchte, dass deutsche Patienten, die auch Nach-frager sind, die Freiheit haben, ihren Hausarzt, ein Kran-kenhaus oder einen Facharzt aufzusuchen.
Ich möchte nicht, dass Wettbewerb durch ein Institutio-nengefüge entsteht, sondern ich möchte Wettbewerb aufder Nachfrageseite.
Wir haben einige Prinzipien zu beachten, zum Bei-spiel die Therapiefreiheit. Wir bekennen uns dazu, dassder Patient zum Arzt seines Vertrauens gehen kann. Nie-mand anders als dieser Arzt – auch kein Zentrum fürMedizin – entscheidet, welche Therapie er für angemes-sen hält.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Sie – daswissen Sie auch – die Beitragsstabilität mit diesem Ge-setz nicht garantieren können. Sie werden sie nur garan-tieren können, wenn Sie den Menschen die Wahrheit sa-gen. Die Wahrheit lautet, dass die Stabilität nur dannmöglich ist, wenn den Menschen durch Steuersenkungennetto mehr Geld im Portemonnaie bleibt und sie in dieLage versetzt werden, selbst zu entscheiden, bei wem siesich in welcher Höhe und wogegen versichern. Deshalbführt kein Weg daran vorbei, dass Sie die Wahrheit sa-gen.
Ich versichere Ihnen heute für die Freien Demokra-ten: Wir sprechen uns wieder. Es führt kein Weg daranvorbei, der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass der-jenige, der die Beitragsentwicklung längerfristig undngkimdpDbADkfttsztedhNg–wInwtfsseb
Die Frage stellt die Frau Kollegin Sager und die Ant-ort gebe ich. Darauf sollten wir uns verständigen.
Ich antworte noch einmal sehr präzise: Wir halten imnteresse des Gesundheitswesens eine Filialisierungicht für die beste Grundlage für den Anbieterwettbe-erb, sondern viele selbstständige Existenzen. Wir hal-en es im Übrigen auch mit Blick auf den Versandhandelür besser – diese Aufforderung richtet sich an die deut-chen Apotheker –, wenn sie als Anbieter Gesell-chaftsformen finden, die gleichzeitig das Rückgrat fürine gute und fachmännische Beratung in Deutschlandilden. Das ist meine Antwort auf Ihre Frage.
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Dr. Wolfgang GerhardtDie deutsche Öffentlichkeit ist weiter als manche Dis-kussionsbeiträge hier. Die Menschen wissen, dass siesich allein in der gesetzlichen Krankenversicherungmit all ihren Mechanismen, die sie seit zwei Jahrzehntenerlebt haben, nicht mehr sicher fühlen können. Sie wis-sen, dass sie ihnen bei angemessenen Beiträgen nichtmehr den größten Schutz bietet. Es wäre besser, wenndie Politik diese Erkenntnis der Bürgerinnen und Bürger,die sich mehr und mehr durchsetzt, aufgreift, sie bei derNeugestaltung des Gesundheitswesens umsetzt und denMenschen Wahlmöglichkeiten anbietet, wie wir FreienDemokraten das ernsthaft wollen.
Wir sind der Überzeugung, dass Tausende von Men-schen im Gesundheitswesen aufgrund der freien Wahlihres Arztes oder ihrer Ärztin sowie ihres Versicherungs-trägers und aufgrund ihres Vertrauensverhältnisses zumArzt den Wettbewerbsmarkt im Gesundheitswesen bes-ser nach vorne bringen als alle Stellschrauben, die eineMinisterin und eine rot-grüne Koalition erfinden.
Deshalb habe ich größte Zweifel, ob in den temporei-chen Schritten, die uns bis zum 8. Juli ohnehin bevorste-hen – man muss sich das vorstellen –,
so etwas zustande kommen kann.Rot-Grün denkt anders als wir in der Bundestagsfrak-tion der Freien Demokraten. Sie wollen ein System ret-ten, das so nicht mehr zu retten ist. Sie verhindern erneuteine Veränderung, die wir dringend brauchen. Wer diedemographische Entwicklung kennt, weiß, dass die me-dizinische Versorgung nur über mehr Elemente der pri-vaten Kapitaldeckung gesichert werden kann.
Wer die Europäisierung des Marktes kennt, weiß, dasssich ein deutscher Arzt nur behaupten und im Wettbe-werb nur bestehen kann, wenn wir ihm bei der Gegen-überstellung der Nachfragemacht gleichzeitig auch dieAnbietermacht im Wettbewerb geben.
Dieses Gesetz löst beide Punkte nicht.
Ich will Ihnen einmal einen Absatz vorlesen und Siefragen, ob Sie ihn verstehen und ob Sie wissen, was Sieder Öffentlichkeit mit einem solchen Gesetz eigentlichzumuten. In dem Gesetz steht – das ist der Ausdruck desGeistes dieses Gesetzes –:Bei der Ermittlung der oberen Preislinie des unterenPreisdrittels wird ein Arzneimittel nicht berücksich-tigt, dessen Arzneimittelabgabepreis 90 vom Hun-dert des Preises desjenigen Arzneimittels über-steigt, das als erstes Arzneimittel mit diesemWirkstoff zugelassen worden ist, es sei denn, derAnteil des nicht als erstes zugelassenen Arzneimit-GGItwbügHmhdmDsuSNlfwdnms–h
ie FDP-Fraktion kann einem solchen Weg und einemolchen Modell nicht zustimmen.
Das Wort hat die Bundesministerin für Gesundheitnd Soziale Sicherung, Ulla Schmidt.
Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit undoziale Sicherung:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!achdem Herr Gerhardt hier gesprochen hat, ist es viel-eicht noch einmal ganz nützlich, sich jenseits aller Re-ormdebatten über notwendige Reformmaßnahmen, dieir umsetzen müssen, darauf zu besinnen, dass sich daseutsche Gesundheitswesen bis heute dadurch auszeich-et, dass derjenige, der krank ist, all das erhält, was eredizinisch braucht und was aufgrund des medizini-chen Fortschritts möglich ist.
Herr Kollege Thomae, das erhält er vor allem unab-ängig von seinem Geldbeutel und von seinem Alter.
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Bundesministerin Ulla SchmidtZeigen Sie mir eine Person, der eine notwendige Ope-ration verweigert wurde! Zeigen Sie mir diejenigen, beidenen eine Transplantation oder eine andere Behandlungnicht vorgenommen wurde, nur weil sie Mitglieder dergesetzlichen Krankenkasse sind! Ich glaube, zur Sicher-heit für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande ge-hört auch,
dass wir uns bei dem, was wir hier sagen, seriös verhal-ten
und auch akzeptieren, dass uns Millionen Menschen aufdieser Welt um unser Gesundheitswesen beneiden, weilfür alle – auch für alle Kinder – der Zugang zu medizini-schen Leistungen sichergestellt ist. Wir wollen, dass dasso bleibt.
Das kann nur gelingen, wenn wir den Mut und auchdie Kraft haben, notwendige Veränderungen vorzuneh-men. Diese Veränderungen sind erforderlich, weil sichdie Welt verändert hat. Wir wissen, dass Arbeit und Wis-sen heute weltweit verfügbar sind. Die Menschen wer-den älter. Zu wenig junge Menschen wachsen nach, eswerden zu wenig Kinder geboren. Die Krankheitsbilderverändern sich. Der medizinische Fortschritt und dietechnischen Möglichkeiten wachsen rasch. Hinzu kom-men konjunkturelle Probleme, die eine Einnahmen-schwäche zur Folge haben.Deshalb: Wer den Sozialstaat bewahren will, dermuss Änderungsprozesse einleiten. Änderungsprozesseim Gesundheitswesen einzuleiten, liebe Kolleginnen undKollegen, kann nicht bedeuten, allein den Versichertenund Kranken mehr aufzubürden.
Wer nachhaltige Veränderungen einleiten will, der mussvielmehr darauf drängen, dass sich alle – ich sage aus-drücklich: alle – Akteure in diesem Gesundheitswesenbewegen, damit es uns gelingt, jeden Euro in diesemSystem wirklich zum Nutzen der Patientinnen und Pa-tienten einzusetzen.
Schauen wir uns unser Gesundheitswesen an: Gemes-sen an den Pro-Kopf-Ausgaben haben wir das dritt-teuerste Gesundheitssystem der Welt. Trotzdem sindLeistung und Qualität in der Regel nur Durchschnitt.
Das ist kein Vorwurf an einzelne Akteure oder Akteurin-nen, sondern das hat mit der Organisation des Gesund-heitswesens zu tun. Anders als andere Länder dieserWelt erlauben wir uns völlig abgeschottete Bereiche. Dereine Arzt muss nicht wissen, was eine andere Ärztin ver-ordnet hat. Menschen mit einer Chipkarte können unge-fmümKldmPWzWistifwcuubWGastrmLSPhwWmlgsLEbSv
Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir eine zuneh-ende Zahl nicht nur von schweren Erkrankungen undrankenhauseinweisungen, sondern sogar an Todesfäl-en zu verzeichnen haben, die dadurch zustande kommt,ass Arzneimittel nicht zueinander passen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage noch ein-al: Wir erlauben uns in der Arzneimittelversorgungreisunterschiede für Arzneimittel mit vergleichbaremirkstoff von mehr als 300 Prozent bei gleichem Nut-en. Das erfordert Veränderungen. Hier müssen wir deneg gemeinsam gehen und deutlich machen: Unser Zielt es, das Geld so effektiv einzusetzen, dass es den Pa-entinnen und Patienten zugute kommt und das Systemür alle bezahlbar bleibt.
Kollegin Merkel, wir wollen mit diesem Gesetzent-urf einen echten Qualitätswettbewerb in der gesetzli-hen Krankenversicherung einleiten,
nd zwar bei allen, bei den Kassen, bei den Ärztinnennd Ärzten, bei den Apothekerinnen und Apothekern,ei der Pharmaindustrie und bei den Krankenhäusern.er in einem so sensiblen Bereich wie dem deutschenesundheitswesen Wettbewerb will, der muss daraufchten, dass er solidarisch organisiert ist und Qualitäts-tandards festgelegt werden.Lassen Sie uns einmal jenseits aller ideologischen Be-achtungen schauen, welche Erfahren andere Länder ge-acht haben. Ich nenne beispielhaft die skandinavischenänder, die Niederlande und die USA.
ie haben versucht, Netzwerke der besten Köpfe ausraxis und Wissenschaft, Professoren, die an Kranken-äusern gearbeitet haben, zu bilden.Lassen Sie uns schauen, welche Qualitätsstandardsir als Grundlage des Wettbewerbs wollen.
ie können wir Patientinnen und Patienten besser infor-ieren und wie können wir – basierend auf groß ange-egten Studien – herausfinden, was beim Kampf gegenroße Volkskrankheiten wirklich hilft?Wenn wir dieses von uns geplante Institut unter die-en Gesichtspunkten betrachten, müssten wir zu einerösung kommen können, zumal dieses Institut keinentscheidungen treffen, sondern nur Empfehlungen ge-en soll. Die Entscheidungsbefugnis bleibt bei derelbstverwaltung. Jeder, der etwas von diesem Systemersteht, weiß, dass wir die Bewertung der Qualität von
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Bundesministerin Ulla Schmidtder Entscheidung über die Finanzierung trennen müssen.So wie es der Bundesausschuss bisher macht, ist es nichtoptimal.
Vor allen Dingen wird es Zeit, dass wir endlich denSchleier der Intransparenz von den Entscheidungen, dieauch in der Selbstverwaltung getroffen werden, wegrei-ßen.Mehr Qualität, mehr Effizienz, mehr Transparenz –das ist die Philosophie unseres Gesetzentwurfes. Hinzukommt: Wir wollen gut informierte Bürgerinnen undBürger. Wir sind davon überzeugt, dass nur der infor-mierte Patient und die informierte Patientin wirklich inder Lage sind, sich in diesem System gesundheitsbe-wusst und kostenbewusst zu verhalten. Das ist Eigenver-antwortung und geht über die reine Forderung nach mehrfinanzieller Eigenbeteiligung hinaus. Wir wollen denMenschen die Möglichkeit geben, selbst darüber zu ent-scheiden und daran mitzuwirken, wie das Geld, das auchdas Geld der Versicherten ist, effizient eingesetzt wird.
Man kann mit Blick auf unseren Gesetzentwurf sa-gen, dass sich da ein Motto durchzieht, das lautet: Ge-sundheit geht vor. Das bedeutet, dass der Gesetzentwurfdarauf ausgerichtet ist, die Reformen, die zum Wohle derPatientinnen und Patienten, der Bürgerinnen und Bürgernotwendig sind, auf den Weg zu bringen und sie in denMittelpunkt zu stellen. Das geschieht ohne Abstriche.Das heißt konsequenterweise: Wer das tut, muss sich ge-gen Lobbyinteressen stellen, sonst werden wir diesesZiel nicht erreichen.
Wer das will, der muss dem Sankt-Florians-Prinzipeine Absage erteilen. Eine Reform nach dem Motto „Re-formen ja, aber nicht bei mir“ funktioniert nicht mehr.
Es geht nur mit allen. Jeder muss seinen Beitrag leistenund der ganze „Koloss“ muss sich in Bewegung setzen.
– In die richtige Richtung. Wir werden noch weiter da-rüber diskutieren. Ich hoffe, dass das Angebot, im Bun-destag zu Verhandlungen zu kommen, ernst gemeint ist.
Die Schwierigkeiten bei allen Diskussionen über das Ge-sundheitswesen und auch manchmal die Schwierigkeit,zu notwendigen Entscheidungen zu kommen, haben et-was damit zu tun, dass es kaum einen Bereich gibt, indem es so widersprüchliche und manchmal schwer ver-einbare Interessen gibt. Sie wissen das alle. Auf der einenSeite ist das Interesse der Patienten und Patientinnen,dass alles getan wird, was menschenmöglich ist, damitMsViDMdZvMnsunWmrGfWsfWzwnmgAghgdAldrszshsktSknSs
er das Gesundheitswesen retten will, muss eindeutigagen, dass wir uns nicht länger erlauben können, Geldür unnütze und zweifelhafte Dinge auszugeben.
ir müssen für die Patientinnen und Patienten die medi-inische Versorgung zur Verfügung stellen, die nachge-iesenermaßen qualitätsgesichert ist. Alles andere wirdicht dazu führen, dass das Gesundheitssystem auchorgen noch die Sicherheit und Bezahlbarkeit für alleewährleistet.
us diesem Grund besteht unser Reformentwurf aus dreiroßen Blöcken. Einerseits muss das, was sich bewährtat und was die Menschen gewohnt sind, eine Kernauf-abe der Krankenversicherung sein. Dazu gehört auchie paritätische Finanzierung durch Arbeitnehmer undrbeitgeber. Die Krankenversicherung muss sich auf al-es, was medizinisch notwendig ist, konzentrieren, voner Vorsorge bis hin zur Rehabilitation.Das ist die eigentliche Aufgabe der Krankenversiche-ungen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben gemein-am die Verantwortung, die Versicherungsbeiträge zuahlen.Der zweite Punkt: Wir müssen genau prüfen, ob tat-ächlich alle Leistungen, die die Krankenversicherungeute erbringt, finanziert werden müssen und welche ge-ellschaftlich notwendig, aber nicht von den Kranken-assen zu finanzieren sind. Zum Beispiel sind alle Leis-ungen, im Zusammenhang mit Mutterschaft und mitchwangerschaft, die gesellschaftlich gewünscht sind,eine Aufgabe der Beitragszahler und Beitragszahlerin-en, sondern sollen über Steuern finanziert werden.Frau Kollegin Widmann-Mauz und Herr Kollegetorm, ich würde mich freuen, wenn Sie zu Ihren Vor-chlägen vom Februar stehen würden. Damals haben Sie
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4213
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Bundesministerin Ulla Schmidtgesagt, wir brauchten eine Erhöhung der Alkohol- undder Tabaksteuer, damit wir diese Leistungen finanzierenkönnten und damit die Forderung nach Steuerfinanzie-rung nicht leer im Raume stehe. Deshalb bitte ich Sie,das gemeinsam mit uns umzusetzen. Das ist eine weitereGemeinsamkeit.
Der dritte Punkt betrifft die Frage, was die Menschenalleine finanzieren können. Ich möchte nur eines zu demergänzen, was Frau Kollegin Merkel gesagt hat. Wir sindder Meinung, dass wir das Krankengeld aus der paritä-tischen Finanzierung herausnehmen können. Das istnichts, was medizinisch notwendig ist, sondern es isteine Lohnersatzleistung. Wenn die Arbeitgeber26 Milliarden Euro über die Lohnfortzahlung zahlen,dann können, wie wir finden, die Versicherten die rund7 Milliarden Euro – es waren 7,1 Milliarden Euro – al-leine finanzieren. Aber die Finanzierung bleibt in der ge-setzlichen Krankenversicherung, und zwar aus einemGrund, Frau Kollegin Merkel: Wir haben so die Mög-lichkeit, dass jeder Beiträge entsprechend seiner Leis-tungsfähigkeit bezahlt. Das ist der Unterschied zu demVorschlag, das ganz aus der gesetzlichen Krankenversi-cherung herauszunehmen und stattdessen privat abzusi-chern.Das Problem bei Ihrem Vorschlag zum Zahnersatzist, dass die Menschen dieselben Leistungen bekommenwie derzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung,aber zu einem Großteil wesentlich mehr dafür bezahlenmüssten. Hinzu kommt, dass heute die Familie mitversi-chert ist. Aber nach Ihrem Vorschlag müsste ein Ehe-paar, bei dem nur ein Partner verdient, zweimal Beiträgefür Zahnersatz zahlen und auch weiterhin alle Zuzahlun-gen leisten. Man muss schon darüber sprechen, was dasmit sozialer Gerechtigkeit und mit einer guten Zukunftzu tun haben soll.
Wir sagen ganz klar: Wir werden alles tun, um denStrukturwandel einzuleiten. Wir stellen den mündigenPatienten und die mündige Patientin in den Mittelpunktunserer Bemühungen. Wir stärken die Patientensouverä-nität. Wir werden die Qualität sichern. Wir verlangenaber von allen, von den Krankenkassen, von den Ärzten,von den Apothekern und Apothekerinnen und von derPharmaindustrie, dass sie sich den notwendigen Reform-prozessen nicht verschließen. Jeder muss dazu beitragen,dass die große kulturelle und zivilisatorische Errungen-schaft in unserem Lande, das Herzstück des Sozialstaa-tes, nämlich dass jeder, unabhängig vom Alter und vomPortemonnaie, die notwendigen medizinischen Leistun-gen erhält, auch in Zukunft bestehen bleibt und unserenKindern und Kindeskindern ein Stück Sicherheit in die-ser sich wandelnden Welt gibt.Vielen Dank.
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ie reden über Monate hinweg das deutsche Gesund-eitswesen schlecht. Dann zerschlagen Sie die Struktu-en, die zu Qualität und zu Patientenzufriedenheit in un-erem Land geführt haben. Jetzt wollen Sie sich als dieetterin des Systems aufspielen.Das nimmt Ihnen angesichts eines Beitragssatzes iner gesetzlichen Krankenversicherung von 14,4 Prozent,er im Winter auf 15 Prozent ansteigen wird, draußeniemand mehr ab. Das, was Sie hier abliefern, ist reinehetorik.
uch der Klamauk, den Sie heute Morgen hier vollführtaben, kann nicht darüber hinwegtäuschen.Jeder Irrtum hat drei Stufen: Auf der ersten Stufe wirdr ins Leben gerufen. Auf der zweiten will man ihn sichicht eingestehen und auf der dritten macht ihn wirklichichts mehr ungeschehen. Genauso verläuft Ihre Ge-undheitspolitik. Sie atmet den Geist der Bevormun-ung, der Bürokratie und der Ideologie. Das haben wireute Morgen wieder erfahren müssen. Sie führen unserreiheitliches Gesundheitswesen Schritt für Schritt zu-ück und steuern in ein staatlich gelenktes Bürokraten-ystem.
Die Ergebnisse Ihrer dirigistischen Eingriffe sindchon sichtbar. Die Qualität in der medizinischen Ver-orgung ist beeinträchtigt worden. Es gibt Rationierungnd Wartelisten. Sie versuchen doch, die Menschen da-über hinwegzutäuschen.
as Arzt-Patient-Verhältnis ist belastet. Die Ärzte undie Pflegekräfte sind demotiviert. Die flächendeckendeedizinische Versorgung ist gefährdet. Zu diesemchluss kommt man, wenn man sich anschaut, welcherozesse sich zurzeit in den Krankenhäusern abspielen.s gibt keine Entlastung bei den Beitragssätzen. Sie ha-en das Gesundheitswesen systematisch schlecht geredetnd damit das Vertrauen nachhaltig beschädigt, das dieenschen zu Recht in dieses funktionierende und im in-ernationalen Vergleich gut dastehende System haben.Jetzt setzen Sie den Irrweg in die Staatsmedizin fort.tatt Therapiefreiheit und den freien Zugang zum Arzticherzustellen, herrschen bei Ihnen Zwangssteuerung,evormundung und Listenmedizin. Nehmen wir einmal
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Annette Widmann-MauzIhr viel gerühmtes Hausarztmodell als Beispiel. Ich sageIhnen: Die Patienten sind mündig genug und brauchenkeine Bevormundung durch Rot-Grün.
Sie beschneiden an dieser Stelle den freien Zugang zumArzt, und zwar insbesondere für sozial Schwache. Wassollte denn Ihre Sozialrhetorik von heute Morgen?
Sie verlangen eine doppelte Zuzahlung und eine Praxis-gebühr in Höhe von 15 Euro, wenn sich Menschenselbstverantwortlich dafür entscheiden, zuerst zumFacharzt zu gehen.Dieses Modell ist ökonomisch unsinnig und medizi-nisch fragwürdig.
Es entstehen Mehrkosten durch zusätzliche Behand-lungsgebühren. Sie werden Mindereinnahmen bei denZuzahlungen haben, weil Sie die Menschen für Selbst-verständliches belohnen; denn bereits heute gehen 70 bis80 Prozent der Patienten zuerst und freiwillig zum Haus-arzt. Wir wollen den Arzt des Vertrauens und ihn als Be-rater und Coach stärken. Aber das kann doch in GottesNamen auch ein Facharzt sein. Warum soll das nichtmöglich sein? Sie wollen vielmehr – das steckt eigent-lich dahinter – die fachärztliche Versorgungsstruktur zer-schlagen.
Wenn man dann auch noch berücksichtigt, dass Sie IhrHausarztmodell mit der Öffnung der Krankenhäuser fürambulante Leistungen kombinieren wollen, dann ist völ-lig klar, was Sie wollen. Das alles wird zu Wartelistenwie im europäischen Ausland führen. Bislang kommendie Menschen, die im grenznahen Ausland wohnen, inunser Land, weil sie Wartezeiten wie bei sich zu Hausevermeiden wollen.
Statt die Selbstverwaltung zu stärken, etablieren Sieeinen staatlichen Dirigismus und wollen ihn zur Perfek-tion führen. Statt auf die Erfahrungen der Praxis zubauen, institutionalisieren Sie die Entscheidungen amgrünen Tisch. Sie etablieren realitätsferne Behörden. Ihrgeplantes Zentrum für Qualität in der Medizin ist dasbeste Beispiel dafür. Sie greifen damit außerdem direktin die Therapiefreiheit der Ärzteschaft ein. Das ist mituns nicht zu machen. Statt Bürokratie abzubauen undVerwaltungsaufwand zu minimieren, schaffen Sie stän-dig neue Kommissionen, Behörden, Institute, Arbeitsge-meinschaften und Beauftragte. Allein mit dem heute ein-gebrachten Gesetzentwurf wollen Sie eine Vielzahlneuer Einrichtungen und Institutionen etablieren. Ärzteund Pflegekräfte müssen aber wieder in die Lage ver-setzt werden, sich in ihrem Alltag mehr um die Patientenals um Formulare zu kümmern.fwfMWIrVIDdwhetiMsalagmSwmVVbPWPzkIw
Statt eine sozialverträgliche Eigenbeteiligung einzu-ühren, lassen Sie die Patienten komplett im Stich. Sieollen eine 100-prozentige Selbstbeteiligung bei Sehhil-en, Fahrtkosten und nicht verschreibungspflichtigenedikamenten. Die Menschen sollen also selbst zahlen.as ist daran gerecht?Bei den Konzepten von Rot-Grün treffen Einfalt unddeologie zusammen und wachsen sich zu sinnloser Bü-okratie und einer schlechter werdenden medizinischenersorgung aus. Die Anzahl der Stufen der Treppe derrrtümer wird immer größer.Wir haben große Herausforderungen zu meistern.as, was wir in der Gegenwart versäumen, wird man iner Zukunft nicht wieder gutmachen können. Zukunftagen heißt deshalb Zukunftsfähigkeit schaffen. Wiraben den Paradigmenwechsel mit unserem Konzeptingeleitet. Wir brauchen nämlich eine Gesundheitspoli-ik für die Menschen und wir haben klare Prinzipien fürhre Gestaltung.
In einem humanen Gesundheitswesen muss derensch im Mittelpunkt stehen. Er muss am medizini-chen Fortschritt teilnehmen und deshalb legen wir auchuf das Prinzip der Solidarität großen Wert. Wir wol-en, dass die Menschen auch in Zukunft einen Anspruchuf eine qualitativ hochwertige gesundheitliche Versor-ung, unabhängig vom Alter, vom Geschlecht, vom Fa-ilienstand und vom Einkommen, haben.
Aber
olidarität braucht Verantwortung. Nur durch verant-ortliches Handeln jedes Einzelnen kann die Solidarge-einschaft vor Überforderung geschützt werden. Dieseerantwortlichkeit gilt wirklich für alle, nicht nur fürersicherte und Patienten, sondern auch für Leistungser-ringer und für die Krankenkassen.
Wer gefordert wird, der muss auch gestalten können.atienten müssen eine aktive Rolle übernehmen können.ir wollen, dass Patienten und Versicherte als mündigeartner im Gesundheitswesen ernst genommen und nichtum bloßen Objekt degradiert werden. Wir braucheneine Klagemauer auf Bittstellerniveau, wie Sie sie mithrem Gesetz wieder errichten wollen.
Statt die Menschen ständig mehr zu bevormunden,ollen wir sie stärker beteiligen. Wir wollen Ihnen Mit-
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Annette Widmann-Mauzwirkungs- und Gestaltungsspielräume eröffnen. Das be-ginnt beim gesundheitsbewussten Verhalten und es gehtweiter über Mitsprache und Mitwirkung bei der Behand-lung, das heißt Mitbestimmung in der Selbstverwaltungder gesetzlichen Krankenversicherung. Wir wollen wegvon der Funktionärswahl bei der Sozialwahl; wir wolleneine wirkliche Versichertenwahl.
Wir brauchen mehr Wettbewerb und Transparenzbei der Qualität und bei der Wirtschaftlichkeit. Deshalbwollen wir die Möglichkeit zur Kostenerstattung in un-ser System wieder einführen. Wir wollen aber auch denAbrechnungsbeleg und wir wollen Informationen überdie Verwendung der Beitragsmittel bei den Krankenkas-sen. Das trägt zu Kostenbewusstsein in unserem Systembei und ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Dazu gehörtaber auch, dass wir die Selbstständigkeit und die Freibe-ruflichkeit in unserem Land als Garanten einer qualitativhochwertigen Versorgung für die Zukunft bewahren.Wir wollen Wirtschaftlichkeitsreserven bei den Leis-tungserbringern abfordern. Deshalb haben wir ein Mo-dell des Qualitätswettbewerbs entwickelt: Statt denvon Ihnen vorgeschlagenen Wettbewerb um einzelneÄrzte – dazu sagen alle Beteiligten, sogar die Kranken-kassen, dass sie damit überfordert sind; außerdem wirddadurch die Freiberuflichkeit infrage gestellt – wollenwir den Wettbewerb um die beste Versorgung. Wir habenein Modell entwickelt, das dem ihrigen eindeutig überle-gen ist, weil es die kollektivvertragliche Verantwortungsicherstellt, Leistungs- und Qualitätsanreize setzt undden Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch einVersorgungsangebot fördert, das die stationäre und dieambulante Versorgung kombiniert. Eine weitere Öffnungder Krankenkassen ermöglicht den Versicherten in unse-rem Land mehr Wahlmöglichkeiten, also eine bessereAuswahl zwischen verschiedenen Versorgungsstruktu-ren.Dazu gehört aber auch, dass wir die Ärzteschaft leis-tungsgerecht honorieren. Budgets führen hierbei nichtweiter. Wer eine bessere Leistung erbringt, der muss da-für auch honoriert werden und er darf dafür am Ende desJahres nicht bestraft werden.
Was Sie unter Wettbewerb verstehen, das zeigen dieAbschnitte, in denen es um die kassenartenübergreifen-den Fusionen geht. Damit ermöglichen Sie die Einheits-kasse. Am Ende wird nicht mehr, sondern weniger Wett-bewerb herauskommen.Was die Finanzierungsgrundlagen anbelangt: Es istwichtig, keine Luftschlösser zu bauen, sondern unser So-lidarsystem auf soliden finanziellen Grundlagen aufzu-bauen. Wir müssen die Lohnnebenkosten senken. DasZiel, den Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversi-cherung auf 13 Prozent zu senken, scheint unstrittig zusein. Wer meint, man könne Einsparungen in Höhe von20 Milliarden Euro – dieses Volumen ist nötig, um denBeitragssatz entsprechend zu senken – erzielen, ohnedass es jemand merkt oder ohne dass es jemand spürt,dsUolmwbstmrPdaMdskDdkaAtdtLldvbdPntgSh–cjsMnmwEDz
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4216 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Das hat eine positive Steuerungswirkung. Bei Sehhilfeneinzusparen, wie Sie es vorschlagen, hat höchstens einenegative Steuerungswirkung, zum Beispiel im Straßen-verkehr.Wir wollen international Chancengleichheit erreichen,zum Beispiel durch Senkung der Mehrwertsteuer aufArzneimittel auf den ermäßigten Satz. Es ist doch nichteinzusehen, dass in unserem Land das Mickymausheftals Grundbedarf definiert wird, aber lebensnotwendigeArzneimittel nicht unter diese Regelung fallen dürfen.
Wir wollen die versicherungsfremden Leistungen um-finanzieren. Uns liegt sehr daran, dass wir in der Beihilfeanaloge Maßnahmen treffen; da werden wir Sie an IhrenÄußerungen genau messen.
Ich frage mich: Wo sind da Ihre Vorschläge, zum Bei-spiel betreffend das Sterbegeld in der Beihilfe? Da hörtund sieht man bei Ihnen nichts. Unsere Vorschläge sindin der Beihilfe zeit- und wirkungsgleich umsetzbar. Dassorgt für soziale Gerechtigkeit. Sie haben doch genaudas Krankengeld in die private Absicherung ausgeglie-dert, weil Sie wissen, dass eine Analogie für die Beam-ten nicht herstellbar ist. Die Beamten brauchen dasKrankengeld nicht, weil sie vom Staat alimentiert wer-den. Das ist nicht soziale Gerechtigkeit.
Wir wollen, dass Sozialhilfeempfänger in unseremGesundheitswesen in Zukunft genauso behandelt werdenwie gesetzlich Krankenversicherte. Deshalb ist es rich-tig, dass wir für sie zu einer Beitragszahlung an die ge-setzliche Krankenversicherung kommen und nicht dieZweiklassenmedizin fortsetzen.
Wir streben eine solide Finanzierungsgrundlage dergesetzlichen Krankenversicherung an. Ihre rot-grünenLuftschlösser sind Schall und Rauch, vor allem dann,wenn sie aus blauem Dunst bestehen. Steuererhöhungensind bei der derzeitigen konjunkturellen Lage pures Gift.
Frau Schmidt, Sie müssen sich schon entscheiden,was Sie eigentlich wollen: Wollen Sie Prävention oderwollen Sie Geld? An Ihrem Beschluss, die Tabaksteuerin einem Dreierschritt zu erhöhen, wird doch ganz deut-lich, dass Sie den Menschen nicht das Rauchen abge-wöhnen wollen, sondern sie an höhere Steuern gewöh-nen wollen.
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Meine Damen, meine Herren, wir wollen keineroße Koalition, aber wir sind zu einer großen Koope-ation bereit, wenn es darum geht, den Einstieg in einechte Gesundheitsreform zu schaffen. Das heißt, wegon der Staatsmedizin hin zu mehr Eigenverantwortungnd Mitbestimmung der Patienten und Versicherten, wegon Bevormundung und Bürokratie hin zu mehr Freiheitnd Wettbewerb, weg vom kurzatmigen Stopfen der Fi-anzlöcher hin zu einer Konsolidierung der gesetzlichenrankenversicherung, die langfristig tragfähig ist undon den Menschen her denkt.Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender,
ündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauollegin Widmann-Mauz, Ihr Auftritt – sehen Sie mireine Bemerkung nach – mag als Selbstdarstellungsredeor dem CDU-Kreisverband Tübingen geeignet sein,ber als Auftakt zu einer großen Kooperation, wie Sie esennen, nicht. Da haben Sie, wie ich glaube, die falscheonlage gewählt.
Lassen Sie mich nur zwei Beispiele aufgreifen: Sieeden selbst da Differenzen herbei, wo wir gar keine ha-en. Für die Erhöhung der Tabaksteuer waren Sie sel-er noch bis zum Februar dieses Jahres.
ie könnten es einfach einmal begrüßen, dass wir hier ei-en richtigen Schritt machen.
uch Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängererden nach dem rot-grünen Gesetzentwurf in Zukunftuf Chipkarte behandelt. Da sind wir uns doch einig. Sa-en Sie doch einfach einmal: Das finden wir gut.
Die Tonlage der Frau Fraktionsvorsitzenden Merkelsie ist jetzt gerade leider im Gespräch – hat mir erheb-ich besser gefallen. Darauf würde ich gerne eingehen.rster Punkt. Frau Merkel hat – das habe ich mit Inte-
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Birgitt Benderresse gehört – kritisiert, dass es zu wenig Wettbewerb inunserem Vorschlag gebe. Wenn Sie, Frau Merkel undwerte Kolleginnen und Kollegen von der CDU undCSU, für Wettbewerb sind, dann haben Sie in uns guteBündnispartnerinnen und -partner. Wir wollen, dass dieKassen nicht mehr nur über den Preis konkurrieren, son-dern tatsächlich in einen Wettbewerb um die beste Versor-gungsqualität eintreten. Dazu aber brauchen die Kassendie Möglichkeit, Verträge mit den Arzneimittelherstel-lern, den Apothekern und den Ärzten abzuschließen.
Wir brauchen Regelungen, wie solch ein flexibles Ver-tragsgeschehen gehandhabt werden kann. Das bedeutet,den Wettbewerb zwischen Leistungsanbietern zu ermög-lichen.
Da aber hat die CDU bislang leider einen blinden Fleck.
Wenn Sie Wettbewerb so aufteilen wollen, dass die Pa-tienten mehr zuzahlen müssen, aber die Leistungsanbie-ter geschont werden, weil bei ihnen alles so bleibenkann, wie es ist, dann können wir nicht zusammen.
Zweiter Punkt. Frau Merkel, Sie sprachen von Quali-tätsmanagement. Das finde ich sehr interessant. Offen-sichtlich sehen auch Sie, dass wir im deutschen Gesund-heitswesen ein Qualitätsproblem haben. Diese Aussageunterscheidet sich ja wohltuend von der Redeweise derÄrztefunktionäre, die einfach sagen: Wo ist das Pro-blem? Wir sind gut, rückt uns bloß nicht auf den Pelz.
Wenn Sie also zugestehen, dass wir mit Über-, Unter-und Fehlversorgung in Deutschland ein Problem haben,dann lassen Sie uns darüber reden, wie wir Rahmenbe-dingungen für bessere Qualität setzen können. Wir brau-chen Qualitätssteigerung. Ich bin gespannt auf Ihre Vor-schläge. Es muss klar sein, dass die Politik hier einenHandlungsauftrag hat.Zum Dritten muss ich sagen: Wir müssen uns schondarüber verständigen, wie das Solidarsystem gestaltetwerden soll. Gestern habe ich gelesen und gehört, dassdie CDU für den Erhalt des Solidarsystems ist – schön.Sie sind aber auch für die Privatisierung des Zahnersat-zes. Das sehen wir anders. Man muss das nicht als Priva-tisierungsorgie bezeichnen; aber mir ist aufgefallen, dassFrau Merkel im Zusammenhang mit der Privatisierungdes Zahnersatzes von einem Pilotprojekt gesprochen hat.Außerdem habe ich vorhin im Pressespiegel gelesen,dass das Papier Ihrer Herzog-Kommission schon wiedervorschlägt, die ganze Zahnbehandlung und den Bereichder Unfälle zu privatisieren.
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ie praktisch alles aus der Krankenversicherung heraus-ehmen will – das Krankengeld, die Unfälle, die Kuren,ie Taxifahrten, die Zähne sowieso –, führt dahin, dassielleicht auf der Fassade noch Solidarsystem steht, hin-er dieser Fassade aber alles nur noch privat ist.Wir werden einen Weg, der aus dem Solidarsystemin potemkinsches Dorf macht, nicht mitgehen. Ich setzearauf, dass die CDU diesem Weg zu widerstehen weiß.
Deswegen, lieber Herr Kollege, denke ich, wir solltenetzt in Gespräche eintreten. Dann kann man die Tonlageffentlich ein bisschen senken. Es ist in unser aller Inte-esse, dass wir eine Gesundheitsreform durchführen,nd zwar schnell. Denn die Leute wollen sehen, dass wirie Lohnnebenkosten senken, dass wir mehr Qualität inieses Gesundheitswesen bringen und dass wir uns eini-en können, dass Politik handlungsfähig ist. Lassen Siens das gemeinsam beweisen.Danke schön.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Dieter Thomae,
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Seitdem Rot-Grün an der Regierung ist, habenie in diesem Bereich viele Gesetze formuliert. Die Bei-ragssätze sind gestiegen, der Überwachungsstaat isttärker geworden
nd die Versorgung ist erheblich verschlechtert worden.
Nehmen Sie das Beispiel Greifswald im letzten De-ember. Dort war das Budget erschöpft, die Patientenonnten nicht behandelt werden und die Universitätskli-ik Greifswald musste aufgrund Ihrer Budgetierungchließen.
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Dr. Dieter ThomaeDas sind die Fakten. So kann man eine Liste von einzel-nen Häusern vorlegen, in denen medizinische Leistun-gen nicht mehr erbracht werden können,
weil Sie die Budgetierung in den Vordergrund IhrerÜberlegungen stellen.Jetzt legen Sie einen Gesetzentwurf vor und glauben,damit könnten Sie den Beitragssatz stabilisieren. JederFachmann sagt heute: Mit diesen Maßnahmen ist einBeitragssatz von 13 Prozent nicht zu erreichen.
Sie müssen schon mutiger sein.Wir sagen ehrlich: Wir wollen einen Bereich, der imUmlageverfahren finanziert wird, auch in Zukunft.Aber wir wollen auch Leistungen ausgliedern, zum Bei-spiel Krankengeld, private Unfälle und den Zahnbereich,um ihn in ein Prämiensystem zu überführen. Aber imGegensatz zu Ihnen wollen wir das erst dann, wenn eineSteuerreform auf den Weg gebracht worden ist, damitdie Bürger dies mitfinanzieren können. Das ist ein him-melweiter Unterschied zu Ihren Überlegungen.
Dann reden Sie davon, ganz neue Wege gehen zuwollen. Ja, Sie gehen neue Wege:
Von Freiberuflichkeit ist in diesem Gesetz keine Redemehr. Sie wollen Gesundheitszentren, sogar von denKrankenkassen, organisieren. Sie wollen die Kranken-häuser für die ambulante Versorgung öffnen.
Sie wollen den jungen Medizinern einen Vertrag überfünf Jahre geben und diesen dann nicht verlängern.Glauben Sie, eines Ihrer Kinder würde fünf Jahre inves-tieren, um dann keinen neuen Vertrag mehr zu bekom-men?
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen einmal sehrdeutlich, was Sie machen: Sie öffnen die Krankenhäuserund wollen die Freiberuflichkeit vernichten, weil Sie dieMacht von Verdi in diesem Bereich vergrößern wollen.Das ist das Thema.
Sie wollen unser Gesundheitssystem den Systemen inanderen europäischen Staaten annähern. Ich freue mich,dass die Ministerin Vergleiche mit anderen europäischenStaaten, beispielsweise mit Holland, zieht. Holland hatein „hervorragendes“ System mit „super“ Wartezeiten.Die holländischen Patienten kommen über die Grenze zuuns. Und Sie wollen das holländische Konzept inDnGÄbgfDti–ambnsKssivGAtmGDüVpD
ie Kostenerstattung hat zwei Aspekte. Erstens. Der Pa-ient wird über Leistung und über den Preis der Leistungnformiert. Das ist sehr wichtig.
Nein, eben nicht. Er bekommt eine Patientenquittung,ber er wird nicht über den Preis der Leistungen infor-iert.
Zweitens. Die Kostenerstattung führt zu einem Wett-ewerb unter den Leistungserbringern. Es wird Gewin-er und Verlierer geben. Das ist ein himmelweiter Unter-chied zu Ihren Vorschlägen. Deswegen werden wir dieostenerstattung bekommen.Noch eine Bemerkung zum Schluss. Es ist fast schonchizophren, wenn bei der Erarbeitung dieses neuen Ge-etzes von Rot-Grün überhaupt nicht beachtet wird, wasn Europa passiert. Der Europäische Gerichtshof hator einem Monat entschieden, dass Patienten über dierenzen hinweg Leistungen im ambulanten Bereich innspruch nehmen können. Wollen Sie die deutschen Pa-ienten gegenüber Patienten aus anderen Ländern diskri-inieren? Lernen Sie aus dem Urteil des Europäischenerichtshofs! Dann bleibt uns der Weg erspart, dasseutschlands Gesundheitswesen in eine Staatsmedizinberführt wird.
Das Wort hat die Sozialministerin von Mecklenburg-orpommern, Dr. Marianne Linke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenamen und Herren Abgeordneten! Verehrte Gäste!
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Ministerin Dr. Marianne Linke
Willy Brandt hat einmal gesagt: „Eine Reform ist eineReform, wenn sie das Leben der Menschen verbessert.“Das ist eine Orientierung, mit der auch die Landesregie-rung in Schwerin übereinstimmt. Das ist ein Grundsatz,dessen Einhaltung zu gegebener Zeit und an gegebenemOrt immer wieder eingefordert werden muss. Ich denke,hier und heute ist so ein Tag und so ein Ort; denn hierund heute werden die über Jahrzehnte bewährten Grund-pfeiler des Sozialstaates infrage gestellt.Die gesetzliche Krankenversicherung stellt nichtnur das älteste Element der Sozialversicherung, sonderngeradezu ihr Kernstück dar. Geben wir hier das Prinzipder paritätischen Finanzierung zur Absicherung gegenGesundheitsrisiken und Krankheitsfolgen auf – dazu ge-hört auch der Zahnersatz –, dann höhlen wir das Solidar-modell in der Sozialversicherung insgesamt aus.
Es ist eine Gesundheitsreform erforderlich, die dasSolidarprinzip stärkt und die allen Menschen der Gesell-schaft auch weiterhin den Zugang zu einer bedarfs- undqualitätsgerechten medizinischen Versorgung ermög-licht. Der einheitliche Leistungskatalog der gesetzlichenKrankenversicherung ist zu erhalten und der sozialenFunktion des Gesundheitswesens ist Rechnung zu tra-gen. Der medizinische Fortschritt und die demographi-sche Entwicklung erfordern selbstverständlich eine Ver-besserung der Einnahmensituation der gesetzlichenKrankenversicherung.Wenn die größte Oppositionspartei im Bundestag mitdem profiliertesten Sachkenner in den eigenen Reihenüber „Privatisierungsorgien“ in Streit gerät, dann ist dasein Armutszeugnis besonderer Art.
Mit mehr als 4 Millionen Beschäftigten ist das Ge-sundheitswesen ein Jobmotor ohnegleichen. Gerade fürdie neuen Länder hat dieser eine enorme Bedeutung. DasKrankenhaus ist an vielen Standorten der größte verblie-bene Arbeitgeber. Wir in Mecklenburg-Vorpommern ha-ben eine Gesundheitswirtschaft, die noch mehr zumWohle der Menschen – auch der Menschen aus anderenBundesländern – leisten könnte.
Wir dürfen diesen Jobmotor nicht abwürgen, indemwir mit immer neuen Vorschlägen zur Belastung der so-zial Schwachen gerade diese daran hindern, das medizi-nisch Notwendige auch in Anspruch zu nehmen. Wirsollten diesen – vielleicht sogar den – Wachstumsmarktder Zukunft im Interesse der Schaffung von mehr Ar-beitsplätzen nicht durch gesetzgeberische Fehlanreize,wie zum Beispiel durch die von der Union geforderte10-prozentige Selbstbeteiligung, eingrenzen. Denn daseine sind Arbeitsplätze, die jetzt schon real vorhandensind, und das andere sind eben potenzielle Arbeitsplätze,fodnugdddzngGMkFtVimKswhwdtwIatBTVWDLFnsrzHPd
Unser Gesundheitswesen braucht eine konsequenteörderung der integrierten Versorgung. Die Kostenreibende und qualitätsbegrenzende Abschottung derersorgungsbereiche muss überwunden werden. Geraden den neuen Ländern sind in der Zeit nach der Wendeithilfe des Bundes sehr viele öffentliche Mittel in dierankenhäuser geflossen. Wir haben hier ein leistungs-tarkes Potenzial. Allein in Mecklenburg-Vorpommernurden seit 1991 1,5 Milliarden Euro in die 35 Kranken-äuser unseres Bundeslandes investiert. Dieses Kapitalollen wir noch besser nutzen und ausbauen, indem wirie Krankenhäuser zu Kompetenz- und Gesundheitszen-ren für die integrierte Versorgung entwickeln.Die PDS hat sich in den vergangenen Jahren immerieder für den Gedanken der Polikliniken eingesetzt.ch begrüße, dass die Erfahrungen der neuen Länderuch in den alten Bundesländern immer mehr Befürwor-er finden. Ich befürworte ausdrücklich die von der Frauundesministerin angesprochene Aufhebung der striktenrennung von ambulanter und stationärer medizinischerersorgung.
Wichtig ist mir, dass die Hausärzte gestärkt werden.as aber ist, wenn es die Hausärzte nicht mehr gibt?
ie schönsten Modelle nützen wenig, wenn es heißt:eider keiner zu Hause in Ueckermünde oder Grimmen. –ür den Osten ist es vor allen Dingen wichtig, in denächsten Jahren den Generationswechsel in der Ärzte-chaft zu bewältigen. Fast ein Drittel der Hausärzte er-eicht in den nächsten Jahren das Ruhestandsalter. Nichtuletzt wegen der Mehrarbeit bei deutlich geringerenonoraren fällt es in unserem Land zunehmend schwer,raxisnachfolger zu finden.
Die schnelle Ost-West-Angleichung der Vergütung isteshalb unverzichtbar. Wir brauchen sie als Signal für
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4220 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Ministerin Dr. Marianne Linke
die Nachbesetzung unserer Hausarztpraxen. Sie ist aberauch ein Gebot der Gerechtigkeit. Denn warum soll dieambulante Behandlung einer Grippe oder die Behand-lung eines allergiekranken Kindes oder die Blinddarm-OP eines Patienten aus Parchim weniger wert sein als dieeines Kasseler Bürgers?
Die paritätische Finanzierung des Krankengeldessollte nicht aufgegeben werden. Warum? – Es besteht dieGefahr, dass, sofern die durch die Streichung des Kran-kengeldes erhoffte Beitragssatzentlastung nicht eintritt,Zug um Zug weitere Eingriffe folgen. Die paritätischeFinanzierung der Leistungen in der Krankenversiche-rung ist doch für die Arbeitgeber nicht nur ein Kosten-faktor, sondern besitzt auch eine wichtige Anreizwir-kung. Die heutige hohe Bereitschaft zur betrieblichenGesundheitsförderung und Prävention wird ausgehöhlt,wenn die Parität entfällt.Meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete,das Gesundheitswesen und letztlich alle Bürger brau-chen vor allem eine grundlegende Neustrukturierung derEinnahmenseite; darüber wurde viel gesprochen. Ha-ben Sie den Mut, auch die Starken in unserer Gesell-schaft entsprechend ihrem Leistungsvermögen – imwahrsten Sinne des Wortes, aber auch im übertragenenSinne – zur Kasse zu bitten!
Mittlerweile fordern Politiker und Experten aus allenLagern die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürgermit eigenem Einkommen, die Einbeziehung von Freibe-ruflern und Beamten in die gesetzliche Krankenversiche-rung.
Die Union in Bund und Ländern sollte hier ihrem bayeri-schen Vordenker Seehofer folgen – und nicht den Lob-byisten der privaten Krankenversicherung.
Die Zeit ist reif für die Umgestaltung der gesetzlichenKrankenversicherung zu einer echten Bürgerversiche-rung. Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, die GKV ist dabeinicht als Einheitsversicherung oder Einheitskasse, son-dern als GKV in ihrer vielfältigen Ausgestaltung zu se-hen.Jahrelang haben Bundesregierungen die Beitragsbe-messungsgrenze von der gesetzlichen Krankenversiche-rung hin zur privaten Krankenversicherung so gezogen,dass gut verdienende, junge Leistungsstarke stimuliertwurden, in die private Krankenversicherung zu wech-seln. Durch diese Flucht der Besserverdienenden aus dersolidarischen GKV sind der VersichertengemeinschaftMittel in Milliardenhöhe verloren gegangen. Das darfdurch Vorschläge oder gar Vorhaben wie die 10-prozen-tdvKwBnWkAr5ehReWCKGwnSggn
Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Zöller,
DU/CSU-Fraktion.
Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Rot-Grün legt heute nun endlich einesundheitssystemmodernisierungsgesetz vor. Leiderird es seinem Namen nicht gerecht und verdient ihnicht.
taatsdirigismus, Ausweitung der Verwaltung, Zerschla-en der Freiberuflichkeit, Rationierung und Patienten-ängelung sind kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt.
Mit Genehmigung der Präsidentin darf ich die „Rhei-ische Post“ zitieren. Sie schreibt:Anders als die rot-grüne Mannschaft, die mit derBeschränkung der Arztwahl und der Einführung ei-nes Kontrollzentrums rückwärts Richtung Planwirt-schaft passt, flankt die Merkel-Mannschaft kräftignach vorn.
10 Prozent Selbstbeteiligung an den Kosten fürArznei, Arztbesuch und Krankenhaus, sozial austa-riert durch Höchstgrenzen und Kostenfreiheit fürdie Kinder – das ist ein Steilpass für echte Refor-men.
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Wolfgang ZöllerDenn nur mit mehr Eigenverantwortung kann es ge-lingen, den Patienten zum kostenbewussten Nach-frager zu machen und Wettbewerb in das Gesund-heitssystem zu bringen.Ich glaube, diesem Zitat ist nicht sehr viel hinzuzufügen.
– Herr Kollege Tauss, Lautstärke ist kein Beweis für In-telligenz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, manche Re-den und die Meldungen der Medien vermitteln den Ein-druck, als bestehe unser Vorschlag ausschließlich aus ei-nem Abkassiermodell. Wenn das so behauptet wird,dann muss man entweder unter Realitätsverlust leidenoder sein eigenes Gesetz nicht richtig kennen. Bei derFokussierung darauf werden ganz bewusst wichtigeStrukturelemente verschwiegen: Qualitätswettbewerb,Prävention, Beteiligung der Versicherten, Freiberuflich-keit und der große Bereich des Bürokratieabbaus.Aber selbst wenn man nur über die Zuzahlungen dis-kutieren würde, sind Ihre Aussagen unredlich. Wir sagenden Bürgern klar und deutlich, was wir mit Zuzahlungmeinen und wie viel diese betragen sollen. Sie dagegenüberschreiben die Zuzahlungen für den Bürger in IhremGesetz mit „Entlastung der Kassen“; letztendlich aber istes nichts anderes als eine Zuzahlung für den Bürger. Des-halb sollten wir im Umgang mit Zahlen ehrlicher sein.Bei uns werden die Bürger – das haben wir mit unse-rem Vorschlag klar gesagt – mit einer einheitlichen10-prozentigen Zuzahlung bei einer Obergrenze von ma-ximal 2 Prozent des Bruttoeinkommens und gleichzeiti-ger Zuzahlungsbefreiung von Kindern mit rund 6 Milli-arden Euro sowie durch die private Absicherung desZahnersatzes mit rund 1,75 Milliarden Euro belastet.Das entspricht einer Gesamtbelastung von rund7,75 Milliarden Euro. Gleichzeitig aber werden die Ver-sicherten bei uns entlastet: durch Senkung des Mehr-wertsteuersatzes auf Arzneimittel und Kürzung der Ver-waltungskosten.Dagegen wird in der Öffentlichkeit die Belastung derVersicherten durch das rot-grüne Reformgesetz ganz be-wusst verschwiegen. Wäre dies nicht der Fall, würdeman sehr schnell erkennen, dass Sie die Versicherten we-sentlich stärker belasten als wir.
Um das deutlich zu machen, möchte ich die Belastun-gen einmal im Einzelnen benennen: erstens Heraus-nahme des Krankengeldes aus der paritätischen Finan-zierung;
zweitens Streichung der OTC-Präparate, das heißt derArzneimittel mit schwachen Nebenwirkungen, aus demLeistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung;drittens Praxisgebühr in Höhe von 15 Euro bei direktemFldssbddSdmFfWsa1MSdnrbmPndpMllS3O2
an könnte sagen, die Steigerung von unsozial lautet
chröder-Schröpf. Darüber können wir gern diskutieren.
Herr Kollege Zöller, sind Sie bereit, zuzugestehen,
ass unsere Vorschläge nicht unsozial sind, Ihre Rech-
ung dagegen unseriös ist? Wenn Sie die Umfinanzie-
ung des Krankengeldes als Belastung der Versicherten
ei uns einrechnen – das trifft an sich auch zu –, dann
üssen Sie auch so ehrlich sein und den Preis für die
rivatisierung des Zahnersatzes nennen. Sie bedeutet ja
icht nur, dass die Versicherten ihn allein bezahlen, son-
ern sie müssen dafür wegen der Privatversicherung und
rivatärztlichen Abrechnung sogar mehr bezahlen.
Zweitens. Finden Sie es wirklich sozial, dass ein
ensch, der das ganze Jahr über gesund war und plötz-
ich ins Krankenhaus kommt – eine Krankenhausbehand-
ung hat nach den jüngsten Zahlen aus dem Jahr 2001 im
chnitt mehr als 3 000 Euro gekostet –, auf einen Schlag
00 Euro zusätzlich zu den Beiträgen zahlen muss?
Zunächst ist eines mehr als seltsam: Wir haben einebergrenze der Belastung der Versicherten vonProzent vorgesehen.
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Wolfgang ZöllerSie ist nicht höher als Ihre Obergrenze von 2 Prozent.Das heißt, auch bei uns muss der Versicherte bezüglichder einzelnen Belastungen nicht mehr als 2 Prozent zah-len. Ich halte es für unredlich, dass Sie unsere vorgese-henen Belastungen in Höhe von 7,7 Milliarden Euro alsunsozial bezeichnen, während Sie selber 10 MilliardenEuro bei den Menschen abkassieren wollen.
Herr Kollege Zöller, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Kirschner?
Gern.
Herr Kollege Zöller, wir haben nie verschwiegen
– das wird auch in unserem Gesetzentwurf deutlich –,
dass Belastungen auf die Versicherten zukommen wer-
den. Wie hoch würden aber die Belastungen ausfallen,
wenn der Arbeitgeberbeitrag eingefroren würde? Sie ha-
ben bisher nicht gesagt, in welcher Höhe Sie ihn einfrie-
ren wollen; gehen wir hier einmal von 6 bis 6,5 Prozent
aus. Sie müssen uns auch sagen, wie hoch die Belastun-
gen der Versicherten durch die Streichung des Zahner-
satzes, auf die die Kollegin Bender bereits einging, wer-
den.
Sie sagen, für jede Art von Leistung soll ein Eigen-
anteil von 10 Prozent, höchstens jedoch 5 Euro, zusätz-
lich bezahlt werden. Werden die Versicherten dadurch
nicht in viel stärkerem Maß zur Kasse gebeten als durch
unsere Regelungen? Sie sehen vor, dass jede einzelne
Leistung zusätzlich bezahlt werden muss; das müssen
Sie seriöserweise aber zu den Belastungen addieren.
Sie können davon ausgehen, dass wir das bereits ad-
diert haben. Das ist doch vollkommen klar. Deshalb ha-
ben wir auch gesagt: Die 10-prozentige Zuzahlung wird
einen Umfang von 6 Milliarden Euro ausmachen. Das ist
seriös gerechnet.
Die erste Frage betraf
– danke schön – das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags.
Wir haben erklärt, dass wir das mittelfristig durchsetzen
wollen. Ich halte das sogar für die gerechtere Lösung. In
dem Moment, in dem der Arbeitgeberbeitrag eingefroren
wird, muss die Versichertengemeinschaft insgesamt die
erhöhten Kosten zahlen. Wenn dies nicht gemacht wird,
müssen die Kranken durch erhöhte Zuzahlung die Kos-
ten allein tragen. Das Einfrieren des Arbeitgeberanteils
ist daher sozial gerechter.
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Lieber Kollege Zöller, könnten Sie den Kollegen des
eutschen Bundestages erklären, wo im Gesetzentwurf
on Rot-Grün eine soziale Begrenzung bei den Leistun-
en, die die Menschen wieder eigenverantwortlich re-
eln sollen, vorgesehen ist? Ich meine die nicht ver-
chreibungspflichtigen Arzneimittel und Sehhilfen. Wo
iegt da die Grenze für den sozialen Schutz?
Vielleicht könnten Sie auch eine Aussage dazu ma-
hen, ob sich die Verschiebung der Parität, die Rot-Grün
ur Finanzierung des Krankengeldes vorsieht, nur auf
as Krankengeld oder auf alle Leistungen in der gesetzli-
hen Krankenversicherung bezieht.
Der erste Punkt, Frau Kollegin: Es ist natürlich we-entlich unsolidarischer, ganze Leistungsbereiche her-uszunehmen. Dann bleibt den Versicherten nichts ande-es übrig, als diese Leistungen zu 100 Prozent selbst zuahlen.
Wenn Sie das nicht verstehen, dann können Sie dazuerne eine Frage stellen.
Der zweite Punkt, den Sie angesprochen haben: Daich Rot-Grün nicht einigen konnte, das Krankengeldanz aus dem Leistungskatalog herauszunehmen, wasystemgerechter gewesen wäre, hat man – ich sage esinmal so – eine Zwitterlösung gefunden, indem einfachie Parität verschoben wurde. Inwiefern ist das noch so-idarisch? Was das mit Parität zu tun hat, wenn der Ar-eitnehmer das Doppelte zahlt, müssen Sie schon erklä-en. Ich jedenfalls verstehe es nicht.
Noch ein Unterschied bei der Zuzahlung zwischen Ih-em und unserem System ist erwähnenswert. Ihr Gesetz-ntwurf enthält über 20 verschiedene Zuzahlungsrege-ungen. Gleichzeitig fällt ein großer Teil der Zuzahlungeneraus. Das heißt, Sie haben Bereiche ausgegrenzt undafür über 20 verschiedene Zuzahlungsregelungen auf-enommen. Daher bin ich der Auffassung, dass unsereinfache und übersichtliche Regelung des gesamtenKV-Bereiches für die Versicherten wesentlich transpa-
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Wolfgang Zöllerrenter ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass keiner mehrden Überblick über alle bisherigen Zuzahlungsregelun-gen im Gesetz hat. Ich bin ganz ehrlich: Auch ich habe ei-nen Spickzettel dabei. Deshalb könnten wir diesen Be-reich mit einer einfachen Regelung wesentlich sinnvollergestalten.Damit noch nicht genug. Das rot-grüne Modell beher-bergt noch weitere kostenintensive Fallgruben, die derReform jedwede Nachhaltigkeit rauben. Das Hausarzt-modell wurde angesprochen. Ich bin felsenfest davonüberzeugt: So, wie es im Gesetzentwurf angelegt ist,wird dieses Hausarztmodell zu mehr und nicht zu weni-ger Kosten führen,
wie Sie es der Bevölkerung gerne weismachen wollen.
Das Zentrum für Qualitätssicherung stellt eine neuestaatsnahe Behörde dar, die unweigerlich zu mehr Büro-kratie und damit wiederum automatisch zu Kostensteige-rungen führt. Wir brauchen doch nicht mehr Bürokratieund Verwaltung in diesem System. Wir müssen endlichgemeinsam den Mut aufbringen, die Verwaltungskostenund den Verwaltungsaufwand in diesem System dras-tisch zu reduzieren.
Es geht doch nicht an, dass allein in den letzten vier Jah-ren rund 3 800 zusätzliche Verwaltungsfachkräfte imGesundheitswesen eingestellt werden mussten und gleich-zeitig rund 15 000 Pflegekräfte entlassen wurden. Damitist eine Verschiebung erfolgt. Die Ausgaben für die Ver-waltung sind höher als die für die sinnvolle Behandlungvon Kranken. Insofern ist in diesem Bereich eine Um-steuerung notwendig. Ich bin sehr dankbar, dass in unse-rem Gesetzentwurf erstmals die Senkung der Verwal-tungskosten zwingend festgeschrieben wird.Eines kann ich Ihnen nicht ersparen. Ich habe manch-mal den Eindruck, dass die Bürokratisierung für Sie eineArt Droge bedeutet. Ich möchte das an einem Beispielbelegen. Wir haben doch – darin bin ich mir felsenfestsicher – ein gemeinsames Ziel, nämlich dass die preis-günstigsten Arzneimittel in Anspruch genommen wer-den sollen. In dem Ziel sind wir uns wohl alle einig. Un-ser Vorschlag dazu lautet, eine Zuzahlung in Höhe von10 Prozent einzuführen. Wir sind davon überzeugt, dassdies zu einer kostenbewussten Inanspruchnahme medizi-nischer Leistungen führen wird.
Dabei handelt es sich um eine sehr einfache Regelung:10 Prozent Zuzahlung, und Sie werden sehen, dass dieMenschen selber bestrebt sein werden, das preisgüns-tigste Arzneimittel zu bekommen. Das ist unser Vor-schlag: übersichtlich und einfach.Nun zu Ihrem Gegenvorschlag. Dazu darf ich einenSatz wiederholen, den der Kollege Gerhardt bereits zi-tiert hat.IaD–dDEuZs
hre Regelung sieht Folgendes vor – das muss man sichuf der Zunge zergehen lassen –:§ 129 wird wie folgt geändert: ... Bei der Ermittlungder oberen Preislinie des unteren Preisdrittels wirdein Arzneimittel nicht berücksichtigt, dessen Arz-neimittelabgabepreis 90 vom Hundert des Preisesdesjenigen Arzneimittels übersteigt, das als erstesArzneimittel mit diesem Wirkstoff zugelassen wor-den ist, es sei denn, der Anteil des nicht als ersteszugelassenen Arzneimittels an der Gesamtzahl derPackungen der zulasten der gesetzlichen Kranken-versicherung abgegebenen Arzneimittel mit glei-chem Wirkstoff,
identischer Wirkstärke und Packungsgröße und ver-gleichbarer Darreichungsform erreicht einen Anteilvon mindestens 10 vom Hundert im Zeitraum dervorangegangenen vier Quartale.as war der erste Satz.
Nein, ich verstehe das nicht, tut mir Leid. Aber das istoch auch nicht unser Gesetzentwurf, sondern Ihrer.
Der zweite Satz lautet:Ein Arzneimittel, dessen Packungsgröße abweichtvon der Packungsgröße anderer Arzneimittel mitgleichem Wirkstoff, gleicher Wirkstärke und ver-gleichbarer Darreichungsform ist preisgünstig nachSatz 1 Nr. 1, wenn sein Preis nicht höher ist als dasVielfache aus der Zahl der Einzelanwendungen inder Packung dieses Arzneimittels und den Kosten jeEinzelanwendung in der nächstgrößeren Packungzum Preis entsprechend der oberen Preislinie desunteren Preisdrittels.
Jetzt kommt der entscheidende dritte Satz:
Der Hersteller ist verpflichtet, in seinen Mitteilun-gen zur Erstellung von Preislisten jeweils anzuge-ben, ob das Arzneimittel preisgünstig nach Satz 1Nr. 1 ist.as muss vom Apotheker überprüft werden.
s muss auch von den Krankenkassen überprüft werdennd ich befürchte, dass Sie demnächst auch noch dasentrum für Qualität in der Medizin diesen Schwach-inn überprüfen lassen.
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Wolfgang ZöllerIch meine, dass der ganze Paragraph gestrichen wer-den kann. Mit unserer 10-prozentigen Zuzahlung ist dasZiel wesentlich einfacher und sinnvoller zu erreichen.
Wir wollen auch einen Großteil der rund 7 000 exis-tierenden Vorschriften streichen, nämlich die, die nichtnotwendig sind. Muss beispielsweise gesetzlich geregeltwerden, dass der sechste Zahn von hinten nur mit einerbestimmten Verblendungsform versehen werden darf? –Das kann doch nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein!Sie haben aber keine einzige Vorschrift zurückgenom-men oder gekürzt. Im Gegenteil: Sie legen uns jetzt 380neue Seiten mit neuen und zusätzlichen Vorschriften vor,durch die das Ziel, mehr Transparenz und Übersichtlich-keit herzustellen, aber nicht erreicht wird.Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Siemich noch ein weiteres Beispiel für unwirksame, unsin-nige und bürokratische Regeln von Frau MinisterinSchmidt nennen.
Gegen unseren Willen wurde gestern im Gesundheits-ausschuss die Positivliste beschlossen. Wenn wir IhrenGesetzentwurf ernst nehmen, müssen wir heute alle Me-dikamente, die eine schwache Nebenwirkung haben, ausdieser Liste wieder herausnehmen. Sie haben in IhremGesetzentwurf nämlich geschrieben, dass alle OTC-Prä-parate, also alle Arzneimittel mit schwachen Nebenwir-kungen, nicht mehr vergütet werden dürfen. Gestern ha-ben Sie aber eine Liste beschlossen, in der dieseArzneimittel noch enthalten sind.Jetzt kommt der Gipfel: Heute korrigieren Sie Ihr Ge-setz, das gestern im Ausschuss beschlossen wurde. Nunhöre ich, dass Sie schon jetzt – Sie merken, dass esSchwachsinn ist – eine Korrektur der Korrektur des Ge-setzes von gestern einführen. Sie beauftragen den Bun-desausschuss, Indikationen festzulegen, damit solche nurschwach wirksamen Medikamente entgegen der Positiv-liste bzw. Ihrer Regelung, dass OTC-Produkte nichtmehr bezahlt werden, doch wieder aufgenommen wer-den können. Es tut mir Leid: Das ist ein Wust von Büro-kratie, Behördenaufgaben und neuen Vorschriften.
Damit ist unser Gesundheitswesen nicht zu retten.Für die Union ist diese Gesetzesvorlage keine geeig-nete Grundlage für zielführende Verhandlungen. Es istauch bezeichnend: Schauen Sie sich einmal unsere zehnSeiten an. Auf unseren zehn Seiten sind mehr struktu-relle Elemente vorhanden als auf Ihren 380. Wenn wirversuchen, auf der Grundlage unserer zehn Seiten zuverhandeln, werden wir, da bin ich mir sicher, gemein-sam etwas Vernünftiges zustande bringen können.Vielen Dank.
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Dass der Ausschuss tagt und über die Dinge, die ein-
ebracht wurden, berät, ist mehr als eine Selbstverständ-
ichkeit. Es wäre sehr wünschenswert, wenn wir wenigs-
ens das als eine klare Aussage Ihrerseits heute mit auf
en Weg nehmen könnten. Nicht nur wir Parlamenta-
ierinnen und Parlamentarier, sondern auch die Men-
chen in diesem Land wollen eine klare Aussage dazu
aben, dass es einen gemeinsamen Willen der hier ver-
retenen Fraktionen gibt, zu einem Ergebnis bezüglich
er Reform des Gesundheitswesens zu kommen.
Herr Zöller, es gab heute sehr viel Trennendes und ei-
iges Einigende. Sie haben aus einer Zeitung vorgelesen.
s gibt andere Zeitungen, aus denen ich heute vorlesen
önnte. Die „Frankfurter Rundschau“ hat zum Beispiel
ehr deutlich gemacht, dass es sich bei Ihrem Vorschlag
m ein Abkassiermodell und um den Einstieg in die Pri-
atisierung des Gesundheitswesens handelt. Es wurde
o deutlich gemacht, dass es in diesem Land eigentlich
uch jeder verstehen können sollte.
Neben dem Trennenden nehme ich allerdings auch ei-
iges Einigende mit, nämlich die Tatsache, dass wir uns
ier gemeinsam darüber bewusst sind, dass wir ein leis-
ungsfähiges Gesundheitssystem haben. Im letzten Jahr
aben wir über 140 Milliarden Euro zur Versorgung der
atienten ausgegeben. Alle Versicherten haben Zugang
u den medizinisch notwendigen Leistungen.
Frau Widmann-Mauz sagte, es gebe Wartelisten bei
ns. Auf der anderen Seite erklärt sie aber, dass wir die
artelisten anderer Länder abarbeiten. Ich meine, Sie
ollten einmal zu einem Klärungsprozess kommen.
enn wir die Wartelisten anderer abarbeiten, dann be-
eutet das nämlich ganz klar, dass wir keine haben.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Zöller?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4225
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Vielleicht zum Ende hin.
Einen ganz wesentlichen Beitrag zu unserem Gesund-heitswesen leisten die Menschen, die dort arbeiten. Eswird unsere gemeinsame Aufgabe sein, darauf zu achten,dass sie mit ihrer Arbeit, die sie dort erbringen, zufriedensind und dass sie eine vernünftige wirtschaftliche Basishaben. Es kann nicht sein – wie Sie von der Union esheute vorgetragen haben und wie es auch aus Ihrem An-trag hervorgeht –, dass die durch die notwendigen Ver-änderungen entstehenden Belastungen allein von denVersicherten zu tragen sind und Sie um diejenigen, die indiesem Bereich arbeiten, einen Schutzzaun errichten undsagen, jegliche Veränderungen dort seien des Teufels.
Wir brauchen Reformen und wir müssen auf gesell-schaftliche und wirtschaftliche Veränderungen sowie aufden medizinischen Fortschritt eingehen. Wir müssendiese in unser System einbringen. Letztendlich müssenaber alle, die an diesem System partizipieren – egal inwelcher Art und Weise –, ihren Beitrag dazu leisten.Wenn ich sage, alle müssen einen Beitrag leisten,meine ich damit auch die Pharmaindustrie, die Apothe-ken, den Großhandel, die Ärzte, die Versicherten und diePatienten. Nach Gesprächen, die ich geführt habe, kannich sagen: Die meisten Menschen sind dazu bereit. Siesind bereit, diese Belastungen gemeinsam zu tragen.Frau Widmann-Mauz, auf der einen Seite sprechenSie von einer gleichmäßigen Verteilung der Lasten aufbreite Schultern; auf der anderen Seite sehe ich bei Ihnenkaum Vorschläge für strukturelle Veränderungen, nurden Vorschlag einer 10-prozentigen Zuzahlung.
Angesichts dessen frage ich mich, ob in diesem Land nurdie Patientinnen und Patienten Schultern haben und alleanderen Menschen nicht.
Mit dem Entwurf, den wir Ihnen vorgelegt haben, set-zen wir sehr konsequent eine begonnene Politik hin zumehr Prävention, mehr Qualität, Transparenz und Wirt-schaftlichkeit fort. Wir haben zu all diesen BereichenAngebote unterbreitet. Ich nenne die Patientenkarte mitder Weiterentwicklung zur Patientenakte und eine ver-stärkte Prävention. Sie wissen alle, dass es auch ein ge-sondertes Präventionsgesetz geben wird. Wir erfüllen mitunserem Entwurf also viele Anforderungen, die als sol-che auch in Ihrem Papier stehen, die Sie allerdings – weilSie sich nicht einigen konnten – nicht so weit gehend undim Detail beschreiben konnten, wie wir es getan haben.Im Mittelpunkt unseres Gesetzentwurfs steht die Ver-besserung der Versorgung der Patientinnen und Patien-ten. Ich denke, das ist auch ein gemeinsames Ziel. Wirmüssen daher unsere Strukturen an den tatsächlichenNr–aädtvzmliZtmAdserisIAzsDudeesutkvSdbDkgI
Die notwendige medizinische Versorgung muss wei-erhin solidarisch finanziert werden. Die Beiträge dafürüssen weiterhin paritätisch von Arbeitnehmern undrbeitgebern aufgebracht werden. Dabei gibt es eineneutlichen und klaren Unterschied zu Ihnen: Ihr Vor-chlag der privaten Finanzierung von Zahnersatz ist jaindeutig der Ausstieg aus der solidarischen Finanzie-ung einer medizinisch notwendigen Sachleistung. Dast beim Krankengeld nicht der Fall.
ch sage es noch einmal: Ihr Vorschlag bedeutet denusstieg aus der paritätischen Finanzierung einer medi-inischen notwendigen Leistung. Deshalb ist das mit un-erem Vorschlag zum Krankengeld nicht vergleichbar.Was aber noch schlimmer ist: Sie haben heute in derebatte und auch in Pressebeiträgen die Option eröffnetnd deutlich gemacht: Ihr Vorschlag ist der Einstieg inie private Absicherung des Krankheitsrisikos. Das isttwas, was mit uns nicht zu machen ist, auch wenn Sies unter dem netten Begriff „Paradigmenwechsel“ ver-tecken.
Ihr Vorschlag verletzt das solidarische Grundelementnserer gesetzlichen Krankenversicherung, dass Bei-räge zur Krankenversicherung entsprechend dem Ein-ommen gezahlt werden. Wer viel verdient, zahlt auchiel. Das ist Solidarität.
Sie aber beginnen letztlich mit der Zerstörung derolidarität dadurch, dass Sie eine einseitige Belastunger Versicherten herbeiführen. Ferner wollen Sie den Ar-eitgeberbeitrag zur Krankenversicherung festschreiben.amit – da hatte der Kollege Kirschner absolut Recht –oppeln Sie die Arbeitgeber von der Dynamik der Aus-abenentwicklung bei den medizinischen Leistungen ab.ch glaube, das ist ein Schritt, der nicht vertretbar ist.
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4226 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Ich spreche von dem Unterschied zwischen den medizi-nischen Leistungen und den Sozialleistungen. Wir finan-zieren demnächst auch andere soziale Leistungen wiedas Mutterschaftsgeld um. Den Vorschlag habe ich beiIhnen auch gefunden. Sie wissen nur nicht, wie Sie zuden 1,5 Milliarden Euro kommen. Das ist offensichtlichnur das Problem des Finanzministers.
Wir beschreiten auch dort den Weg der Veränderungen.Das heißt also schlicht und einfach, dass alle Lasten,die aus dem demographischen Wandel und dem medizi-nischen Fortschritt resultieren, nach Ihrem Vorschlag al-leine von den Arbeitnehmern getragen werden sollen.Auch Ihr Vorschlag, eine Selbstbeteiligung von 10 Pro-zent für alle medizinischen Leistungen einzuführen, be-lastet einseitig die Kranken.Man muss auch einmal über Zahlen reden. HerrZöller, Sie können sonst so gut rechnen. Heute hat es beiIhnen nicht so geklappt.
Ein Durchschnittsverdiener mit 2 500 Euro Monatsge-halt wird bei Ihrem Modell mit 600 Euro im Jahr zusätz-lich belastet. Ich frage Sie, ob das vernünftig ist, da nichtzu erkennen ist, dass Sie auf der anderen Seite eine Ent-lastung vornehmen. Sie setzen letzten Endes nur Ihre ge-scheiterte Politik, die Sie bis 1998 betrieben haben, fort,mit der die Kranken für ihr Kranksein bestraft wurden.Ganz besonders schlimm – das wissen Sie auch – sinddie chronisch Kranken dran. Dann werfen Sie Nebel-kerzen. Sie können unserem Entwurf entnehmen, dasswir gerade chronisch Kranke entlasten, indem diesenicht 2 Prozent, sondern nur 1 Prozent zur Finanzierungbeitragen.
Eigenverantwortung heißt bei uns – anders als beiIhnen – nicht immer nur zahlen, zahlen, zahlen, sondernbei uns hat der Patient in Zukunft die Chance zu ent-scheiden,
was er zahlt und ob er zahlt. Das hängt davon ab, wie ersich im System verhält und für welche Versorgungs-struktur er sich entscheidet.
Das ist ein Stück Freiheit.Ähnlich verhält es sich mit der von Ihnen vorgeschla-genen Kostenerstattung. Schauen Sie sich die Kranken-versicherungssysteme an, die eine Kostenerstattung ha-bebawsspslibrwlibnzVdPrsWmsvrmswwSashTd
Ich will aber auch nicht verkennen, dass wir Gemein-amkeiten haben. Diese bestehen darin, den Schwer-unkt auf die Prävention zu setzen, mehr Transparenz zuchaffen, die Patientenrechte zu verbessern und die Qua-tät zu steigern. Zu all diesen Punkten finden Sie Ange-ote in unserem Entwurf. Auch Sie haben welche. Da-über müssen wir reden. Sie müssen uns sagen, wann,ie und wo wir darüber reden. Das sind Sie uns letztend-ch schuldig.
Frau Kollegin, erfüllen Sie jetzt den heutigen Ge-
urtstagswunsch des Kollegen Zöller und lassen Sie
och eine Zwischenfrage zu?
Mache ich doch glatt.
Kollegin Schaich-Walch, können Sie mir eventuell
ustimmen, dass es, wenn der Wunsch zu gemeinsamen
erhandlungen wirklich ernst gemeint ist, logisch ist,
ass der gestern beschlossene Gesetzentwurf über die
ositivliste eigentlich in das Gesundheitsmodernisie-
ungsgesetz gehört, da Sie doch selber gesagt haben, die-
er sei eines der Kernstücke Ihrer Gesundheitsreform?
ir empfinden es schon als einen seltsamen Akt, dass
an vorher ein Kernstück herausnimmt, es damit zu-
timmungsfrei macht und dann fragt, ob darüber nicht
erhandelt werden solle.
Ich muss Sie erst einmal korrigieren. Nicht die He-ausnahme hätte den Gesetzentwurf zustimmungsfrei ge-acht, sondern die Positivliste ist bereits mit der Ge-undheitsreform im Jahre 1999 in Angriff genommenorden. Durch sehr sorgfältige Arbeit ist der Gesetzent-urf erst jetzt zum Abschluss gekommen.
ie können doch nicht den Anspruch erheben, dass wirlle Gesetzentwürfe, die jetzt noch nicht abgeschlossenind, im Rahmen der Gesundheitsstrukturreform zu ver-andeln haben.
Lassen Sie mich zum Schluss kurz noch etwas zumhema Wettbewerb sagen. Man hatte heute bei Ihren Re-en den Eindruck, Wettbewerb sei plötzlich des Teufels.
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Gudrun Schaich-WalchIch bin fest davon überzeugt, dass wir Wettbewerb brau-chen, um zu Verbesserungen zu kommen. Es wird Ihnen,glaube ich, nicht gelingen, sich an strukturellen Verände-rungen vorbeizumogeln.Einfach immer nur mehr Geld in das System zu ste-cken löst unsere Probleme letztlich nicht. Wir haben einegemeinsame Aufgabe. Es scheint, wir werden uns bei ei-nigen Punkten einigen können; bei anderen Punktenwird das kaum möglich sein. Das Ganze wird ausgespro-chen schwierig werden. Die Menschen in diesem Landhaben aber einen Anspruch darauf, dass wir zumindestden ernsthaften Versuch wagen und dass wir ihnen erklä-ren, wie es geht.Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Sie enthal-ten alle wesentlichen und notwendigen Punkte. Ihre Vor-schläge haben noch Fragmentcharakter. Wir sind gernebereit, Ihre intensive Auslegung zu den einzelnen Punk-ten entgegenzunehmen.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagenauf den Drucksachen 15/1170 und 15/940 an die in derTagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.Die Vorlagen auf Drucksachen 15/1174 und 15/1175 sol-len an dieselben Ausschüsse wie die Vorlage auf Druck-sache 15/1170 überwiesen werden. Gibt es dazu ander-weitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist dieÜberweisung so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c auf:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchfüh-rung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften überdie grenzüberschreitende Beweisaufnahme inZivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten
– Drucksache 15/1062 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Unionb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Gesetzes über die Tätigkeit europäi-scher Rechtsanwälte in Deutschland undweiterer berufsrechtlicher Vorschriften fürRechts- und Patentanwälte, Steuerberater undWirtschaftsprüfer– Drucksache 15/1072 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungtdüFsAWsddcD
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-trag vom 27. Juni 2001 zwischen der Bundes-republik Deutschland und der RepublikIndien über die Auslieferung– Drucksache 15/1073 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Menschenrechte und humanitäre HilfeEs handelt sich um Überweisungen im vereinfach-en Verfahren ohne Debatte.Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zuberweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräftean dem EU-geführten Einsatz zur Stabilisie-rung der Sicherheitslage und Verbesserung derhumanitären Situation in Bunia auf derGrundlage der Resolution 1484 desSicherheitsrats der Vereinten Nationen vom30. Mai 2003– Drucksachen 15/1168, 15/1177 –Berichterstattung:Abgeordnete Markus MeckelDr. Friedbert PflügerDr. Ludger VolmerDr. Werner Hoyerb) Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung– Drucksache 15/1177 –Berichterstattung:Abgeordnete Antje HermenauLothar MarkHerbert FrankenhauserDietrich AustermannJürgen KoppelinÜber die Beschlussempfehlung werden wir im An-chluss an die Debatte namentlich abstimmen.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keineniderspruch. Dann ist das so beschlossen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Aus-prache eröffnen kann, bitte ich diejenigen, die sich inen Gängen unterhalten, ihre Gespräche in der Lobbyes Bundestages fortzuführen. – Ich eröffne die Ausspra-he. Das Wort hat der Bundesminister der Verteidigung,r. Peter Struck.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich möchte mit einem Dank an die Fraktionendes Deutschen Bundestages beginnen. Das Kabinett hatam Freitag den Einsatz deutscher Soldaten im Zusam-menhang mit der EU-Mission im Kongo beschlossen.Sie haben heute bzw. gestern in Ihren Fraktionen bera-ten. Heute werden wir zu einer Entscheidung kommen.Ich bin sehr dankbar dafür, dass das in diesem Verfahrenmöglich war.
Angesichts der Schwierigkeit dieses Einsatzes weiß ichdas besonders zu würdigen.Meine Damen und Herren, wir haben schon in derletzten Sitzungswoche anlässlich eines anderen Debat-tenpunktes über die Situation im Kongo gesprochen. DieSituation im Kongo lässt sich mit den Worten Bürger-krieg und Ermordungen von Menschen beschreiben.1,6 Millionen Kongolesen gelten als Vertriebene undFlüchtlinge. Die meisten Toten sind Zivilisten, die unterden entsetzlichen Lebensbedingungen gelitten habenund infolge von Massakern, Plünderungen und Vertrei-bung oder an mangelnder Ernährung gestorben sind. DieSituation hat sich durch den Abzug der ugandischen Ein-heiten aus Bunia Anfang Mai nochmals verschlimmert.In den wenigen Wochen, die seitdem vergangen sind, ha-ben mehrere hundert Menschen allein in Bunia den Todgefunden. 10 000 Menschen suchen Zuflucht in interna-tionalen Einrichtungen, in denen sie nur unzureichendversorgt und geschützt werden können. Rund 25 000 Men-schen sind im Raum Bunia auf der Flucht.Alle diplomatischen Bemühungen, diesen Konfliktfriedlich zu lösen, sind bisher erfolglos geblieben. Wirstehen einmal mehr vor einer humanitären Katastrophe,vor der die zivilisierte Welt die Augen nicht verschließenkann und nicht verschließen darf.
Es war richtig, dass der Sicherheitsrat der VereintenNationen gehandelt hat und auf der Grundlage vonKapitel VII der Charta der Vereinten Nationen die Reso-lution 1484 verabschiedet hat. Darin wird die zeitlichbefristete Entsendung einer multinationalen Eingreif-truppe nach Bunia mandatiert. Die Mitgliedstaaten sindaufgerufen worden, sich personell, materiell, finanzielloder durch logistische Unterstützung an der Aufstellungdieser multinationalen Eingreiftruppe zu beteiligen.Deutschland hat diese Resolution von Anfang an unter-stützt.Um klar zu stellen, worum es jetzt geht: Unser Bei-trag, der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland undder Bundeswehr, besteht aus der Bereitstellung vonLufttransportkapazitäten von Europa bis nachEntebbe in Uganda mit C-160-Transall-Transportflug-zeugen. Wir werden vier Flüge pro Woche auf der Stre-cke Frankreich–Entebbe installieren. Des Weiteren be-steht unser Beitrag aus der Bereithaltung unsererFAAsGmbAtrAgbqgvfubrsisdddwumcdlidIgtrrnuscdeeRNsOtiüghkimbLddI
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Der Einsatz in Bunia ist schließlich die erste durch dieEuropäische Union geführte militärische Operation, dienicht auf Kräfte oder Mittel der NATO zurückgreift. DasBündnis wurde entsprechend den NATO-EU-Dauerver-einbarungen über die Diskussion und die Entscheidun-gen innerhalb der Europäischen Union informiert.Der Einsatz entspricht unserem Ziel, die Handlungs-fähigkeit der Europäischen Union in der Außen- undSicherheitspolitik fortzuentwickeln, damit Europa seineVerantwortung für die europäische und globale Sicher-heit stärker wahrnehmen kann. Das geschieht nicht inKonkurrenz zur NATO, sondern ist Ausdruck einer ver-nünftigen Lastenteilung innerhalb der euro-atlantischenStaatengemeinschaft.
Es ist sehr zu begrüßen, dass sich Frankreich bereiterklärt hat, die Funktion der Frame Nation, also der Rah-mennation, im Hinblick auf die EU-Operation Artemisim Kongo zu übernehmen. Bislang haben sich siebenweitere europäische Nationen bereit erklärt, Soldaten zudieser Eingreiftruppe beizusteuern: Österreich, Belgien,Großbritannien, Griechenland, die Niederlande, Spa-nien und Schweden. Darüber hinaus werden wahrschein-lich auf Bitten des Generalsekretärs der Vereinten Natio-nen auch einige außereuropäische Staaten Truppen fürdiese Operation stellen: voraussichtlich Brasilien, Ka-nada, Pakistan und Südafrika, das ebenfalls eine beson-dere Verantwortung auf dem afrikanischen Kontinenthat.Unser Beitrag ist begrenzt. Es ist ein Beitrag, wie wirihn leisten wollen, aber auch leisten können. Die Bundes-wehr ist heute mit einer Gesamtzahl von knapp 9 000 Sol-daten in sechs unterschiedlichen Einsätzen weltweit enga-giert. Wir sind seit vier Monaten Lead Nation beimEinsatz der ISAF in Afghanistan. Diese Funktion endetam 11. August. Dann werden wir das Kommando in Ka-bul abgeben.An dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich der Präsi-dentin für die Würdigung unserer in Afghanistan ver-storbenen Soldaten außerordentlich dankbar bin. Eswar ein schreckliches Ereignis; das muss man sich im-mer wieder vor Augen halten. Es verdeutlicht, welcheVerantwortung wir alle haben, wenn wir über solcheErsstUbbmLdwcpDssrmpSHdKzaclhcmssdmlavzknhmwiEs
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang
chäuble, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem Antrager Bundesregierung zu. Nicht alle Kolleginnen undollegen der CDU/CSU-Fraktion werden dem Antragustimmen, aber die große Mehrheit wird es tun. Wirlle, die wir zustimmen, tun dies allerdings mit erhebli-hen Bedenken. Wir haben uns die Entscheidung nichteicht gemacht. Es ist – der Bundesverteidigungsminsterat es eben ausgeführt; ich will das für uns unterstrei-hen – eine ungewöhnlich schwierige und auch proble-atische Entscheidung.Es ist nicht so, dass wir nicht der Meinung wären, esei dringend notwendig, dass sich die Völkergemein-chaft stärker in und für Afrika engagiert. Es ist nicht so,ass wir nicht schon lange der Überzeugung wären, wirüssten uns den Problemen und der trostlosen Entwick-ung im Kongo viel entschiedener zuwenden. Was wirber vermissen, ist, dass dies auf der Grundlage einesernünftigen, durchdachten und ausgewogenen Kon-epts geschieht; dessen Fehlen haben wir seit langemritisiert. Worüber wir jetzt reden, ist eine Sofortmaß-ahme zur Vermeidung – hoffentlich – einer weiterenumanitären Katastrophe. Es geht nur um ein Interims-andat und einen -auftrag. Aber eigentlich brauchenir wirklich ein Konzept.Wenn auf diesem Kontinent insgesamt und im Kongom Besonderen überhaupt die Chance auf eine besserentwicklung bestehen soll, dann dürfen wir nicht ver-chweigen, dass die Staaten in der Region, insbesondere
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Dr. Wolfgang SchäubleUganda und Ruanda, eine besondere Verantwortung ha-ben. Wir müssen, glaube ich, auf diese Staaten sehr vielmehr Druck ausüben. Es kann so nicht weitergehen. Mankann es auch nicht hinnehmen.
Man muss sich schon eine gewisse Zurückhaltungauferlegen, wenn man liest, dass die Interimsmission mitZustimmung der Regierungen dieser Länder erfolgt, daman doch weiß, dass es genau diese Regierungen sind,die selbst unmittelbar oder durch Dritte die Konflikteschüren, und dass es im Übrigen natürlich viele westli-che Länder und auch Firmen sind – auch das gehört mitin den Zusammenhang –, die letztlich entscheidend zurFinanzierung dieser Konflikte beitragen.Dennoch ist es richtig, zu versuchen, die humanitäreKatastrophe abzuwenden. Unsere Bedenken richten sichauch nicht dagegen, dass die Europäer dieses Engage-ment übernehmen. Wir halten es für richtig, dass sich dieEuropäische Union engagiert. Wir begrüßen auch, dassFrankreich bereit ist, die Führung der Mission zu über-nehmen. Aber wenn es notwendig ist, den europäischenArm der NATO zu stärken, wie der Bundesverteidigungs-minister gestern in einem Interview gesagt hat, dann wärees richtig und besser gewesen, man hätte für diesen Ein-satz der Europäer NATO-Strukturen verwendet.In den Ausschussberatungen haben wir die Argu-mente und die Gründe dafür, dass es so schwierig gewe-sen ist, das in der Kürze der Zeit zu erreichen, hin undher gewogen. Deswegen stellen wir überwiegend auchinsoweit unsere Bedenken zurück, aber mit dem Zusatz– das will ich ausdrücklich sagen –: Es sollte eine Aus-nahme sein.
Es muss klar sein, dass wir mit unserer Zustimmungheute nicht eine Entwicklung einleiten,
und zwar dahin, dass in der Zukunft ESVP-Einsätze inder Regel oder öfter ohne Verwendung von NATO-Strukturen erfolgen. Es geht nicht darum, einen NATO-Einsatz zu führen. Es geht darum – das ist auch gesagtworden –, für die ESVP keine doppelten Strukturen zuschaffen, sondern NATO-Strukturen zu nutzen.Also: Es muss eine Ausnahme bleiben und es mussklar sein: Wir wollen damit nicht eine Entwicklung fürdie Zukunft einleiten, sondern wir wollen das eigentlichmit dem ersten Mal ausdrücklich beenden. Der eine Fallsollte möglichst auch der einzige bleiben, weil wir sonsteinen zusätzlichen Spaltpilz in das Atlantische Bündnishineintragen
und weil wir als Europäer die Aufgabe in Afrika ange-sichts ihrer Dimension allein nicht bewältigen werden,sondern dafür den atlantischen Verbund mit aller Ar-beitsteilung sehr viel stärker brauchen werden. Es mussklar sein: Es ist eine gemeinsame Verantwortung.iadSwMdmEbaglsHZBediardZneedBdrtBtWBwuWdZzMlüne
Im Übrigen will ich in diesem Zusammenhang nochine Bemerkung machen, die sich nicht nur an den Bun-esverteidigungsminister, sondern insgesamt an dieundesregierung richtet: Angesichts der Vielzahl under Schwierigkeit der Einsätze und der bitteren Erfah-ungen, die wir jetzt eben in Afghanistan machen muss-en, werbe ich – das sage ich ohne jede Polemik – bei derundesregierung sehr darum, dass sie ihre Informa-ionspolitik gegenüber dem Bundestag überprüft.
ir müssen schon das Gefühl haben, dass wir von derundesregierung umfassend und vollständig unterrichteterden, wenn wir so schwierige Entscheidungen treffennd eine so große Verantwortung übernehmen müssen.ir haben etwa bei dem Einsatz in Afghanistan nichtas Gefühl, dass wir von der Bundesregierung zu jedemeitpunkt die Informationen, die sie im Einzelnen hat,ur Verfügung gestellt bekommen.
isstrauen ist eine schlechte Grundlage, wenn das Par-ament den Teil der Verantwortung, den es tragen muss,bernehmen soll. Ich wäre also dankbar, wenn es zu ei-er kritischen Überprüfung Ihrer eigenen Praxis und zuiner Verbesserung käme.
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Dr. Wolfgang SchäubleDies bringt mich im Übrigen zu einer weiteren Be-merkung: Es darf nicht sein Bewenden dabei haben, dasswir bei jeder dieser Debatten immer wieder beklagen,dass die Bundeswehr eigentlich schon längst überfor-dert ist, sie das gar nicht mehr leisten kann und manmehr tun müsse, aber die Konsequenzen ausbleiben.Man muss endlich einmal damit anfangen, die Bundes-wehr für diese zusätzlichen Inanspruchnahmen entspre-chend auszurüsten. Von Debatte zu Debatte – das gehtnun schon seit Jahren so – wird immer wieder gesagt:Das ist aber das Äußerste, was die Bundeswehr nochleisten kann. Dann kommt aber wieder etwas hinzu. Sokann es nicht weitergehen. Wir treiben auch mit der Be-reitschaft unserer Soldaten ein Stück weit Schindluder,wenn wir nicht endlich entsprechende Konsequenzenziehen.
Trotz all dieser Bedenken stimmen wir im Rahmender von mir genannten Begrenzungen und Bedingungenzu. Wir wissen, dass wir alle miteinander, verehrte Kol-leginnen und Kollegen, eine schwierige Entscheidung zutreffen haben. Wir sollten das zum Anlass nehmen, stär-ker auch unsere Rolle im Weltsicherheitsrat, Herr Bun-desaußenminister, dazu zu nutzen, dass die VereintenNationen den Worten jetzt auch Taten folgen lassen, dassMONUC ausgeführt wird und dass man sich im Sicher-heitsrat nicht nur punktuell und situativ mit Afrika be-schäftigt, sondern dass dort eine konzeptionelle Politikentwickelt wird, die der Auffassung entgegenwirkt, dassAfrika ein verlorener Kontinent sei. Afrika ist kein ver-lorener Kontinent und darf es nicht werden. Was wirdazu beitragen können, tragen wir bei. Aber die Politikmuss auch gestaltend und nicht nur reaktiv agieren.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Bundesaußenminister Joschka
Fischer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichmöchte mich bei den Mitgliedern des Hauses, die diesezugegebenermaßen schwierige Entscheidung zu treffenhaben, schon jetzt im Namen der Bundesregierung rechtherzlich bedanken. Es ist eine Entscheidung – der Bun-desverteidigungsminister wie auch der Kollege Schäublehaben darauf hingewiesen –, die alles andere als einfachist.Es geht um einen Einsatz – ich möchte das an dieserStelle nochmals unterstreichen –, bei dem das Haupt-risiko, ein nicht geringes Risiko, unsere französischenPartner zu tragen haben. Ich denke, auch dafür solltenwir dankbar sein. Es ist ein Einsatz, der vor allen Dingenzur humanitären Stabilisierung in einer Region dient,die seit vielen Jahren, nicht erst seit kurzer Zeit, Anlasszu größter Besorgnis gibt, wo wir bereits schlimmeDinge, humanitäre Katastrophen, Massenmorde bis hinzum versuchten Völkermord an den Tutsis, und – dasfnsmdthElDWsusfBKDkDndSbekMsalPttwnwbeiaagtndEsp
Kollege Schäuble, ich weiß nicht, ob wir der Heraus-orderung in Afrika mit einem Konzept gerecht werden.ei dem langen Bürgerkrieg in Angola hätte das besteonzept nicht geholfen; das wissen Sie so gut wie ich.ie Frage der Region der Großen Seen, zu der der Ost-ongo gehört, ist keine Frage eines besseren Konzeptes.ie Tragödie in Liberia, wo wir hoffen, jetzt wieder ei-en Schritt vorwärts gemacht zu haben, in Sierra Leone,ie Entwicklung von Terrorismus in weiten Teilen, dieituation in Somalia und im Südsudan, um nur einige zuenennen, oder das mutwillig herbeigeführte Desaster ininem der potenziell reichsten Länder des südlichen Afri-as, in Simbabwe, durch die dortige Regierung, durchugabe, der sich mit allen Mitteln gegenüber der Oppo-ition an der Macht halten will – all das sind meines Er-chtens keine Fragen eines Konzeptes, sondern letztend-ich Fragen eines geduldigen Ansatzes mit regionalenartnern und des Bewusstseins, dass dieser Nachbarkon-inent für uns von entscheidender Bedeutung ist.Ich möchte hier ausdrücklich einem klugen Kommen-ator von der konservativen Seite, Hans-Peter Schwarz,idersprechen, der meinte, die Situation in Afrika liegeicht in unserem Interesse. Meine Damen und Herren,enn dieser Kontinent, unser direkter Nachbarkontinent,eginnt, die furchtbare Instabilität, die dort herrscht, zuxportieren, ist das Sicherheitsinteresse der Europäerm 21. Jahrhundert direkt betroffen.
Deswegen gehört die Lösung der dortigen Konflikteus meiner Sicht eindeutig mit in die europäische Ver-ntwortung. Deutschland als einer der wichtigsten Mit-liedstaaten der Europäischen Union muss seinen Bei-rag dazu leisten.Im Bereich der Großen Seen sehen wir durchaus hoff-ungsvolle Ansätze. Sie mögen morgen schon wieder inas Gegenteil verkehrt werden; aber dort wurde einentwicklung in Gang gesetzt, in deren Rahmen auch die-er Beitrag, der jetzt durch den ESVP-Einsatz, den euro-äischen Einsatz geleistet wird, eine politische Lösung
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Bundesminister Joseph Fischervoranbringen kann, eine politische Lösung unter Ein-schluss von Ruanda und Uganda. Das sind die entschei-denden Faktoren. Aber auch die innere Demokratisie-rung, ein neuer Konsens im Kongo, wird vonentscheidender Bedeutung sein, um ein Minimum anStabilität herzustellen.Insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, dassdieser Einsatz nicht nur unter humanitären Gesichts-punkten, sondern durchaus auch unter politischen Ge-sichtspunkten eine sehr wichtige Bedeutung haben kannund haben wird.
Ich verhehle hier nicht, dass wir uns nicht ganz sicherwaren, ob es ein ESVP-Einsatz sein sollte oder eher eine„coalition of the willing“. Die Bundesregierung wäreauch bereit gewesen, eine Koalition der Willigen zu un-terstützen. Aber wir mussten zur Kenntnis nehmen, dassin den Gremien der Europäischen Union die Mehrheitanderer Meinung war, vor allen Dingen die beiden größ-ten Partner, nämlich Großbritannien und Frankreich.An dem Punkt ist es natürlich schon von entscheiden-der Bedeutung, dass wir im Konvent für Mehrheitsent-scheidungen in der Außenpolitik kämpfen. Ich sage da-bei ganz deutlich, dass der Einsatz von Soldaten keinGegenstand von Mehrheitsentscheidungen sein kann.Unsere Position ist, dass dies eine nationale Entschei-dung bleiben muss. Wenn wir aber eine politische Ent-scheidung gemeinsam treffen, dann müssen wir natürlichauch die Lasten, die sich daraus ergeben, gemeinsamschultern.Ich erinnere mich noch gut an die Kritik zu Saint-Malo, wo gefragt wurde: Warum war Deutschland da-mals nicht dabei? Bezogen auf die jetzige Situation wirdgefragt: Warum gibt es keinen NATO-Einsatz? Genaudiese Möglichkeit ist in Saint-Malo von Blair und Chiracbereits ins Auge gefasst worden. Sie können den Britenalles unterstellen, aber nicht die Intention, die NATO zuschwächen. Diese Debatte kann man daher sehr schnellbeenden, weil niemand intendiert, aus dieser Angelegen-heit den Beginn einer eigenständigen europäischen Al-ternative zum transatlantischen integrierten Militärbünd-nis abzuleiten. Zumindest entspricht diese Haltunggarantiert nicht der Position der Bundesregierung, undich wage einmal die Unterstellung, dass dies auch nichtdie Haltung Großbritanniens und anderer Partner ist.Wir müssen uns in diesem Zusammenhang in Bezugauf die zukünftige europäische Sicherheits- und Ver-teidigungspolitik und die zukünftige europäische Au-ßenpolitik auch darüber Klarheit verschaffen, dass es imdeutschen Interesse ist, nicht abseits zu stehen, wenn diebeiden anderen großen europäischen Nationen mit dabeisind und wenn diese beiden Bereiche mehr und mehrzusammengeführt werden. Es ist von entscheidender Be-deutung, dass wir auch diesen Aspekt – selbstverständ-lich unter Beachtung unserer Fähigkeiten und Möglich-keiten – berücksichtigen.Ich stimme all denen zu, die sagen, Afrika sei keinverlorener Kontinent und dürfe kein verlorener Konti-ndSmEnrzlsdusnAdrKtusekhsBMFFlDshkhdgbhabRdF
Nächster Redner ist der Kollege Günther Nolting,
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DieDP tritt dafür ein, dass die Bundesrepublik Deutsch-and ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht wird.azu steht die FDP-Fraktion auch heute. Hier unter-cheiden wir uns von den Grünen, die in der Vergangen-eit wiederholt und mit kaum zu überbietender Heftig-eit Einsätze der Bundeswehr im Ausland bekämpftaben, allen voran der heutige Außenminister.Herr Außenminister Fischer, ich kann mich sehr gutaran erinnern, dass Sie hier im Deutschen Bundestagesagt haben: Die deutschen Soldaten werden die Pro-leme nicht lösen; sie werden das Problem sein. – Wannaben Sie endlich den Mut, hier zu sagen, dass Sie sichuch in dieser Frage geirrt haben?
Die FDP-Fraktion stimmt heute mit Mehrheit einemefristeten Einsatz von Bundeswehrsoldaten imahmen der UN-Resolution 1484 zu. Es ist an der Zeit,ie Rolle der UN zu stärken. Wir sagen heute aber auch:ür die FDP gibt es keinen Automatismus der Verlänge-
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Günther Friedrich Noltingrung oder Veränderung des Mandats, wenn das jetzigeMandat Ende August ausläuft. Mit unserer heutigen Zu-stimmung erteilen wir dieser Bundesregierung keinenBlankoscheck.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hatalles unternommen, uns diese Zustimmung so schwerwie möglich zu machen. Natürlich müssen wir den Notleidenden Menschen im Kongo helfen. Übrigens nichtnur im Kongo: Herr Außenminister, was sagen Sie ei-gentlich zu den Situationen in Äthiopien, in Somalia, imSudan, in Mali, im Tschad, in Nigeria und in anderenLändern?Herr Außenminister, ich frage Sie überhaupt nichtnach einem Gesamtkonzept der Bundesregierung fürAfrika. Wo sollte denn solch ein Konzept angesichts derTatsache herkommen, dass Sie, Herr Außenminister, die-sen Kontinent erst drei Jahre nach dem Beginn IhrerAmtszeit besucht haben? Gerade Sie, der Sie als Frakti-onsvorsitzender der Grünen immer wieder mit nicht zuüberbietender Schärfe Hilfe für Afrika und die Einhal-tung der Menschenrechte angemahnt haben, tummelnsich in allen Ländern dieser Erde, nicht aber in Afrika.Das ist die bittere Realität.Ich will an dieser Stelle hinzufügen: Es war gesternein Kollege der Grünen, der die Afrikapolitik der EU ge-rügt hat und damit wohl auch die Politik des grünen Au-ßenministers. Das Ergebnis ist, dass dieser Kollege derGrünen heute offensichtlich nicht sprechen darf, wieheute überhaupt kein Parlamentarier der Grünen zu Wortkommt.
Die Regierung hat in dieser Frage keine Konzepte. Esgibt telegene Sorgenfalten und eingeübte Rhetorik. Das-selbe gilt für die Ministerin für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, Frau Wieczorek-Zeul.
Dank ihr genießen Ruanda und Uganda noch immerden Status von Schwerpunktländern im Rahmen derdeutschen Entwicklungshilfe und werden sogar als afri-kanisches Entwicklungsmodell gepriesen. Gerade in die-sen Ländern vermarkten aber die Kriegsherren aus demKongo die unter ihre Kontrolle gebrachten Rohstoffe.Gerade hier versorgen sie ihre Soldateska mit Waffenund Munition. Obwohl die Rolle dieser Länder imKongo in einem Bericht an den UN-Sicherheitsrat doku-mentiert ist, verweigert die Bundesregierung bisher dienotwendigen Konsequenzen.
Es ist schon erstaunlich, dass gerade diejenigen Mi-nister der Bundesregierung heute sehr schnell und immerhäufiger den Einsatz der Bundeswehr im Ausland for-dern, die noch vor fünf Jahren vehement gegen solcheEgBnsknkresFszMnbgwff3GFEigrhAZtldlddwmgdMS
eides ist falsch: sowohl der stetige und sofortige Rufach dem Einsatz der Bundeswehr als auch die grund-ätzliche Ablehnung von militärischen Lösungen. Streit-räfte sind Mittel der Politik. Aber zu diesem Mittel darfur gegriffen werden, wenn das politische Ziel vorherlar definiert ist und wenn dieses Ziel anders nicht er-eicht werden kann.
Der Kollege Schäuble hat darauf hingewiesen, dass esine Reihe von Fragen gibt. Warum war es der Europäi-chen Union noch vor wenigen Monaten unmöglich, dieührung des Einsatzes in Bosnien zu übernehmen, wennie jetzt bereit ist, diese ungleich schwierigere Missionu schultern? Was heißt eigentlich EU-Einsatz? Herrinister, Sie sind kurz darauf eingegangen. Aber wäreicht zumindest der Rückgriff auf NATO-Strukturenesser gewesen?
Das Mandat beschränkt sich auf Bunia. Was aber solleschehen, wenn außerhalb von Bunia Massaker verübterden? Herr Minister Struck, Herr Außenminister, ichrage Sie – ich hoffe, dass hier noch eine Klarstellung er-olgt –: Endet der Bundeswehreinsatz wirklich am1. August? Soll er möglicherweise verlängert werden?ibt es hierfür schon Anfragen von der UNO? Dieseragen sollten hier beantwortet werden.Schließlich möchte ich die Finanzierung ansprechen.s gibt immer mehr Aufträge für die Bundeswehr, abermmer weniger Geld. Warum werden dem Verteidi-ungsetat nicht endlich mehr Gelder zugestanden? Wa-um wird dieser Einsatz nicht auch aus anderen Haus-altsplänen, zum Beispiel aus dem des Auswärtigenmtes oder dem des Ministeriums für wirtschaftlicheusammenarbeit und Entwicklung, finanziert? Die Kos-en dieses Einsatzes gehen nicht zulasten der verantwort-ichen Ministerien, sondern zulasten derjenigen, die jetztie Kohlen aus dem Feuer zu holen haben.
Die konzeptlose und miserable Außen- und Entwick-ungshilfepolitik der Bundesregierung würde ebenso wieie vielen Fragen, die noch offen stehen, die Ablehnunges vorliegenden Antrages zur Beteiligung der Bundes-ehr rechtfertigen. Ich sage aber noch einmal: Wir neh-en unsere staatspolitische Verantwortung wahr. Im Ge-ensatz zu der jetzigen Regierung stellen wir uns auch iner Opposition dieser Verantwortung und werden mitehrheit zustimmen.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Andreas Weigel,PD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrKollege Schäuble, Ihre Kritik an der Informationspolitikder Bundesregierung kann ich nicht teilen.
Gerade in der Frage von Auslandseinsätzen fühle ichmich, fühlen wir uns gut informiert.
Im Verteidigungsausschuss bekommen wir, wie ichfinde, umfangreiche Informationen.
Meine Damen und Herren, Auslandseinsätze gehö-ren zum festen Aufgabenfeld der Bundeswehr. Fast istschon so etwas wie Routine festzustellen. Die Verlänge-rung von Mandaten gehört zum Alltag des DeutschenBundestages. Dann sind es Ereignisse wie der schreck-liche Terroranschlag am 7. Juni in Kabul, die uns in ent-setzlicher Weise vor Augen führen, welch hohe Gefahrund welch Risiko mit jedem Einsatz verbunden sind. Da-her muss jeder Einsatz genau auf seine Chancen und Ri-siken überprüft und bedacht werden.Es ist aber nicht nur die Sorge um unsere Soldaten,die dabei im Mittelpunkt steht; es sind immer auch undbesonders das Leid und die Not der Menschen in denKrisenregionen, die unsere Entscheidung prägen. DieNachrichten und Bilder, die uns aus Bunia erreichen,sind unfassbar. Es sind Meldungen des Schreckens unddes Grauens.Wir beraten heute den Einsatz der europäischen Ein-greiftruppe, weil sich in Ituri eine neue, eine verheerendeEntwicklung abzeichnet – eine Entwicklung, die deutli-che Parallelen zur Situation in Ruanda vor dem Genozidim Jahre 1994 zeigt. Auch 1994 hat die Weltgemein-schaft dem Morden lange zugeschaut. Sie hat sogar nochzugeschaut, als fast 1 Million Menschen systematischumgebracht wurde. Aus diesen schrecklichen Ereignis-sen kann es nur eine Lehre geben, nämlich dass so etwaswie in Ruanda nie wieder geschehen darf.
Die Vereinten Nationen haben sich mit der Resolution1484 einstimmig für ein Mandat zur Friedenssiche-rung in Bunia ausgesprochen. Es muss jetzt gelingen,erneute Massaker und gegenseitige Vernichtungsorgienan ganzen Volksgruppen zu verhindern. Kann sich dieEuropäische Union dieser Aufgabe überhaupt entziehen?Kann sie sich entziehen, wenn sie die militärische undpolitische Möglichkeit hat, dieses Mandat zu überneh-men? – Sie kann es nicht. Sie würde nicht nur die leiden-den Menschen in Ituri im Stich lassen, sie würde auchihre eigenen Grundlagen verraten.
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Auch die Entwicklungshilfe spielt dabei eine zen-rale Rolle. Auf diesem Gebiet kann die Bundesrepublikurchaus einen wichtigen Beitrag leisten. Ruanda undganda sind Länder, in denen sich die deutsche Ent-icklungshilfe mit besonderem Schwerpunkt engagiert.s gibt also partnerschaftliche Verbindungen, die für
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Andreas Weigelfriedensbildende Maßnahmen in der Region genutztwerden können.Nur wenn die Entwaffnung der Milizen gelingt undwir die Waffenlieferungen unterbinden, wird die RegionFrieden finden. Wenn es gelingt, die wirtschaftlichenund politischen Interessen innerhalb der DemokratischenRepublik Kongo und die Interessen der Nachbarländerzu einem Ausgleich zu bringen, wird es auch gelingen,einen dauerhaften Frieden zu etablieren.Es fällt mir schwer – wahrscheinlich geht es allen indiesem Raum so –, Soldaten der Bundeswehr in Einsätzezu entsenden. Auch Artemis ist nicht frei von Risiken.Wir leisten einen zugegebenermaßen kleinen Beitrag zurStabilisierung der Region. Dies tun wir gemeinsam mitunseren europäischen Freunden. Das ist der derzeit ein-zig mögliche und damit angemessene Beitrag, den wirzu leisten imstande sind.
Herr Kollege Weigel, ich gratuliere Ihnen sehr herz-
lich zu Ihrer ersten Rede hier im Deutschen Bundestag
und wünsche Ihnen persönlich und politisch alles Gute.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Ruck,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DieUnionsmitglieder des Ausschusses für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung haben gestern alsErste dem Antrag zu Artemis einstimmig zugestimmt.Wir haben dies nicht getan, weil wir die Vorarbeiten undVorlagen der Bundesregierung für sehr überzeugend hal-ten. Im Gegenteil: Auch bei uns gab es Bedenken, zumBeispiel zum Zustand der Bundeswehr, die zum Stein-bruch Ihrer Haushaltspolitik wird. Wir kamen zu demErgebnis, dass uns eigentlich keine weiteren Kapazitätenfür einen Einsatz in Afrika zur Verfügung stehen.Wir haben aber auch Bedenken zum UNO-Mandat fürBunia, das wir sowohl zeitlich als auch räumlich fürfragwürdig halten. Ferner sind wir über den Punkt derEvakuierung gestolpert, weil er uns gestern noch sehrunklar vorkam und wir befürchteten, dass er zu einemBlankoscheck für einen Einsatz auf kongolesischem Bo-den werden könnte. Darüber hinaus sind wir natürlichhinsichtlich des Umstandes unzufrieden, dass von einerkonsistenten Afrikapolitik weder in der EU noch in derrot-grünen Bundesregierung auch nur in Ansätzen dieRede sein kann. Deswegen – hier gebe ich Herrn Weigelin seiner Jungfernrede Recht – steht diese Aktion eigent-lich auf dem Kopf und der gefährliche Einsatz hängt inder Luft.
Wir haben trotzdem zugestimmt, weil wir glauben,dass uns die wachsenden humanitären Katastrophen inAewRksLUzKWusNgsBssAlenvAIBgwSsWgMmhbhnsgdINe
mgekehrt hoffen wir, dass dies vor allem für die Draht-ieher innerhalb und außerhalb des Kongos, die denonflikt im Kongo am Leben erhalten und schüren, einarnsignal darstellt.Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass wir mitnserer Politik, die darauf abzielt, die weitere Destabili-ierung Afrikas, insbesondere in Richtung Südafrika undamibia, zu stoppen, auch deutsche Interessen verfol-en. Dabei sehen wir: Wir müssen zumindest einen be-cheidenen deutschen Beitrag leisten und können dieseneitrag auch rechtfertigen.Ich möchte aber auch auf Folgendes hinweisen: Die-er Antrag ist für uns auch ein Zeugnis für die Wider-prüchlichkeit, die Schwachbrüstigkeit und teilweisebsurdität der rot-grünen Afrikapolitik insgesamt. Dastzte wirkliche Afrikakonzept stammt von 1994, alsooch aus der Zeit, als Union und FDP die Regierungs-erantwortung hatten. Seit 1998 hat sich die Lage infrika dramatisch zugespitzt.
hre Antwort darauf, Herr Außenminister, ist, dass Sieotschaften geschlossen haben und durch die Pyramidenejoggt sind. Das ist noch kein Konzept.
Ansonsten – das ist für mich ein sehr ernstes Thema –ar bei Ihnen nur freundliches Desinteresse angesagt.ie haben sich hinter den Franzosen und den Briten ver-teckt. Sie haben zum Beispiel während des Desasters inestafrika nicht eine einzige Initiative ergriffen. Unseht es nicht darum, dass Sie mit Chirac einmal überugabe gesprochen haben. Vielmehr ist es so, dass Sieit wichtigen Partnern keinen Streit um Afrika riskiertaben. Es war die Unionsfraktion, die das Thema Sim-abwe öffentlichkeitswirksam in dieses Haus gebrachtat.Auch die Afrikainitiative der G 8, Herr Außenmi-ister, hat in Wirklichkeit nur zu sehr mageren Ergebnis-en geführt. Die Idee von der afrikanischen Friedensbri-ade liegt noch weiter in der Zukunft als Utopie. Trotzes großen Engagements von Afrikapolitikern auch inhren Reihen, zum Beispiel von Uschi Eid, ist nunEPAD an einem Punkt angelangt, an dem es bei derntscheidenden Frage von Good Governance bröckelt.
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Dr. Christian RuckZu welchen grotesken Ergebnissen eine solche nichtabgestimmte, unengagierte und interessenlose Politik,wie sie auch Ludger Volmer, Ihr ehemaliger Staatsminis-ter, am 11. Juni in der „Frankfurter Rundschau“ ange-prangert hat, führt, sieht man – Kollege Nolting hat esschon angesprochen – klassischerweise im Kongo.Die Demokratische Republik Kongo kämpft um ihrÜberleben. Auch unterhalb der Schwelle der öffentli-chen Zusammenarbeit gibt es mannigfach Möglichkei-ten, den einheimischen Politikern und der Bevölkerungbei dem Versuch, ihren Staat aufzubauen, zu helfen.Aber gerade im Kongo – wir haben das in einem Antraghier im Parlament dargelegt – ist die Entwicklungs-zusammenarbeit auf Sparflamme eingestellt, während,wie schon angedeutet, ausgerechnet die Hauptdrahtzie-her des kongolesischen Desasters, nämlich Uganda undRuanda, Schwerpunktländer sind. Man muss wissen,was Schwerpunktländer sind. Schwerpunktland der Ent-wicklungszusammenarbeit in Afrika zu werden bedeu-tet, die Arbeit eines Landes diplomatisch anzuerkennen.Genau den Punkt kritisieren wir.
Ich weiß natürlich, dass die Entwicklungszusammen-arbeit in beiden Ländern leicht zurückgefahren wurde.Was nicht zurückgefahren wurde, ist die HIPC-Initia-tive. Ein Land wie Uganda wird entschuldet, obwohl esdurch die gewalttätige Ausplünderung des Nachbarstaa-tes zum größten Goldexporteur der Welt geworden ist.Das war nicht Sinn der HIPC-Initiative.
Wenn Herr Kagame aus Ruanda, der auch bei der Ent-schuldung ante portas steht, tatsächlich demnächst zuuns kommt, kann ich Sie nur auffordern, ihn darauf hin-zuweisen, dass die HIPC-Initiative eigentlich dazu die-nen soll, neue Mittel für die Armen in seinem Lande lo-ckerzumachen, und nicht dazu genutzt werden sollte, umdie Armen im Nachbarland zu massakrieren.
Deswegen ist unser Fazit: Wir tragen Ihren Antragzwar mit, aber er ist ein politisches Bruchstück. NehmenSie diese Debatte zum Anlass, Herr Außenminister,schnell eine Konzeption für die deutsche Afrikapolitikzu erarbeiten, die den Menschen in Afrika hilft, aberauch unsere Interessen definiert, die auf unsere PartnerEinfluss nehmen kann, der Entwicklungszusammen-arbeit den Rücken stärkt und auch umgesetzt werdenkann, damit wir wenigstens Anfang September wissen,welche Rolle Deutschland in Bezug auf Afrika spielenkann und soll. Denn spätestens dann wird der Kongowieder auf der Tagesordnung stehen.
Die nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.
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Wir entscheiden heute, ob und wie sich die Bundesre-ublik Deutschland daran beteiligen soll. Der vorlie-ende Antrag geht von einem befristeten Einsatz aus. Eseht um ein begrenztes Kontingent. Es geht vorwiegendm Sanitäts- und Transportaufgaben. Gegen diese Hilfeann an sich kein vernünftiger Mensch etwas haben.Der Antrag führt aber zu einer weitergehenden Frage,ie ich illustrieren will. Ein Ratgeber aus meiner Parteirängte mich dieser Tage, ohne Wenn und Aber im Bun-estag mit Nein zu stimmen. Ich wollte wissen, was eregen ein Sanitätsflugzeug nebst Personal habe. Er ant-ortete: Militär ist Militär! – Daraufhin fragte ich ihn:enn aber dasselbe Flugzeug mit demselben Personalurch das Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk ge-chickt würde? – Das wäre sicher nur ein Trick, meinter. Allerdings wirkte er nicht mehr ganz so sicher.Damit komme ich zu meinem ersten Kritikpunkt. Deru beschließende Einsatz hat einen konkreten Anlass. Eseht um Menschen im Kongo. Er hat aber auch einenbenso konkreten Hintergrund, nämlich die beschlosseneilitarisierung der Außen- und Sicherheitspolitiker EU. Dabei geht es mitnichten nur um humanitäreilfen. Im Gegenteil: Es geht auch um militärische undapitale Einflusssphären.
Ich kann beim Nachdenken über meine Entscheidungas warnende Argument nicht entkräften, dass der be-orstehende Einsatz auch dazu dient, künftige Militär-nterventionen vorzubereiten. Rot-Grün könnte zwarazu beitragen, dieses Argument zu entkräften, tut esber nicht. Sie brauchten zum Beispiel nur auf ein EU-rogramm zu drängen, das auf weltweite Entwicklungs-ilfe und Konfliktvermeidung setzt, die europäischenessourcen dafür bündelt und einer weiteren Militarisie-ung der EU entsagt.
in solches Programm gibt es aber nicht, obwohl es einirksamer Beitrag zur Stärkung der UNO wäre undünftige „Kongos“ oder „Ruandas“ vermeiden helfenönnte.Die Zweifel werden durch einen weiteren Umstandenährt. Es gibt ein UNO-Mandat für den Kongo.iele, die sich auskennen, sagen: Es ist zu schwach; esehlt an Mitteln und an Konsequenz. Nahe liegend wärelso, das Mandat personell und finanziell zu stärken.och das passiert nicht. Stattdessen wird ein zweites
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Petra PauMandat als Parallelmandat erlassen. Die EU wird er-mächtigt, militärisch selbstständig einzugreifen. Wa-rum? In dem Antrag der Bundesregierung wird als Be-gründung angeführt, dies geschehe, um das erste Mandat– das UNO-Mandat – zu stärken. Diese Umweglogik er-schließt sich mir nicht und sie nährt auch Zweifel.Zum Schluss: Ich höre auch die Kritiken aus den Rei-hen der konservativen Opposition. In der Konsequenzunterscheiden wir uns allerdings. Sie pokern um mehrMittel für die Aufrüstung der Bundeswehr und für einemilitärische Interventionstruppe der EU, die auch welt-weit agieren kann.Fazit: Wir, die PDS im Bundestag, lehnen den vorlie-genden Antrag ab.
Frau Kollegin, Ihre Zeit.
An den Bundesinnenminister gerichtet: Wenn Sie es
mit Ihrer Friedensmission ernst meinen, dann sollten Sie
nicht immer noch Flüchtlinge in den Kongo abschieben,
wie es jüngst in dieser Woche geschehen ist.
Nächster Redner ist der Kollege Ludger Volmer,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Herr Nolting, ich kann Sie beruhigen: Wenn derBundesaußenminister zum Thema Afrikapolitik ausführ-lich Stellung nimmt, dann hat er die volle Unterstützungder grünen Bundestagsfraktion.
Wir stimmen dem Antrag ohne Einschränkung und in-haltlich voll überzeugt zu.Lassen Sie mich noch einige wenige Ergänzungen zudem, was der Kollege Fischer gesagt hat, machen. HerrRuck und Herr Nolting, Sie haben gesagt, die Bundes-regierung habe keine Afrikakonzeption.
Ich will Ihnen etwas sagen: 1998, als Rot-Grün an dieRegierung kam und wir im Auswärtigen Amt gesuchthaben, wo sich dort die Afrikapolitik befindet, fandenwaPdsespsmwfstUdshSagbdzeSDidadtldKAKdt
Die Kongopolitik wurde in den letzten Jahren opera-iv umgesetzt. So war es der Druck der Europäischennion und der Bundesregierung, die damals ja die Präsi-entschaft innehatte, der mit dazu beigetragen hat, dassich Uganda und Ruanda aus dem Kongo zurückgezogenaben.
o, wie wir damals Druck ausgeübt haben, müssen wirber auch heute sowohl Museveni als auch Kagame sa-en, dass es absolut nicht akzeptabel ist, dass sich dieseeiden Länder immer noch im Kongo einmischen undort Rebellengruppen, Milizen und Warlords unterstüt-en.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne gehörts zur Afrikapolitik der Bundesregierung, regionaleicherheitsstrukturen zu unterstützen. Sie haben Recht:ie Krisenverhütungspolitik für das südliche Afrikast noch nicht effektiv genug. Dass sie überhaupt aufie Beine gekommen ist und sich entwickelt, hat aberuch etwas damit zu tun, dass die Bundesregierungiese Form afrikanischer Selbstheilungspolitik mit un-erstützt.Herr Ruck, Sie mögen viel Gutes über die Entwick-ungshilfe sagen können. Heute haben Sie aber zugestan-en, dass der fundamental politische Ansatz, der auf demairo-Gipfel zum Ausdruck kam, der eigentlich richtigensatz bezogen auf Afrika ist. In der Konsequenz diesesairo-Gipfels macht die Bundesregierung eine Politik,ie die volle Unterstützung der grünen Bundestagsfrak-ion hat.Danke.
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Nächster Redner ist der Kollege Christian Schmidt,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnenund Kollegen! Dem etwas eigenartigen Streit eines frü-heren Staatsministers im Auswärtigen Amt über dieKonzeption und die Schreibtische in seinem eigenenAmt will ich nicht beispringen. Eines will ich aber dochsagen: Offensichtlich hat er nicht alle Unterlagen durch-gesehen; denn das mir bekannte Konzept mit Bezug aufAfrika wurde 1994 von der damaligen Regierung unterAußenminister Kinkel im Auswärtigen Amt vorgelegt.Dieses hat weitgehende Wirkungen gehabt.Sehr geehrter Herr Staatsminister a. D. Volmer vonden Grünen, es hat mich schon verwundert, von denGrünen eine solche Rede zu hören. Sie war kurz und be-zogen auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit war sieverletzend. Ich erwarte, dass jemand aus dem Bundesmi-nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit – ichglaube, das gibt es noch – heute etwas dazu sagt. Wozeigt sich denn die langfristige Wirkung der Afrikapoli-tik, wenn nicht im Wesentlichen in der Entwicklungs-politik?Europa muss sich mit Afrika intensiver befassen.– Originalzitat von Ludger Volmer. Dem stimme ich zu.In diesem Zusammenhang möchte ich den Außenminis-ter oder auch den Bundeskanzler bitten, den französi-schen Staatspräsidenten bei Gelegenheit noch einmaldarauf hinzuweisen, dass es nicht sonderlich sinnvoll ist,Herrn Mugabe aus seiner Isolation zu entlassen, wennsich die Zustände in Simbabwe weiterhin so entwickeln.So viel nur dazu, wenn uns hier jemand erzählen will,mit der Afrikapolitik dieser Bundesregierung sei allesbestens.
Lassen Sie mich zu dem Beschluss kommen, über denwir heute reden. Diesen Beschluss zu fassen ist schwie-rig; das ist von allen Fraktionen dargelegt worden. HerrKollege Weigel – ich beglückwünsche Sie zu Ihrer Jung-fernrede –, Sie haben gesagt, es sei Alltag für uns, solcheBeschlüsse zu fassen. Sie haben es sicherlich so gemeint,dass wir solche Beschlüsse häufig fassen müssen. Das istso weit richtig. Es darf aber keine Routine für uns wer-den.Gerade die schlimmen Ereignisse in Afghanistan ha-ben uns gezeigt, dass die Bundesregierung und insbeson-dere das Parlament mit seiner pauschalen Genehmigungeines Antrages, der eine intensive Beschäftigung erfor-dert, eine besondere Verantwortung trägt. Dabei stelltsich die Frage, nach welchen Maßstäben man sich bei ei-nem solchen Mandat richten soll: nach den Interessenunseres Landes und den Fähigkeiten der Instrumente un-serer Politik?Lassen Sie mich mit den Fähigkeiten der Instrumenteanfangen. Hier stellt sich die Frage nach den Fähigkei-ten der Bundeswehr. Die Bundeswehr, die sich in vie-lntpiEsdrüVwwrPbnuasFnrwdentnEVFLVtusndmnrdDdBcPgnf
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4239
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Aus einer verlässlichen Politik heraus kann man dannauch qualifiziert Nein sagen.Unsere Zustimmung basiert ausschließlich auf der Er-kenntnis, dass wir im Sinne unseres Landes Verlässlich-keit im europäischen Rahmen stärker herstellen können,wenn wir jetzt dieser peripheren Aktion, die die Bundes-wehr nach Lage der Dinge nur relativ gering in An-spruch nimmt, zustimmen. Das bedeutet aber nicht eineAusdehnung unserer Zustimmung. Wir müssen ganz klarfesthalten: Eine nationale Sicherheitskonzeption heißt,Nein sagen zu können, wenn es notwendig ist. Wir müs-sen uns möglicherweise daran gewöhnen, dass solcheDebatten alltäglich sind. Die Zustimmung zur Entsen-dung der Bundeswehr ist aber nicht alltäglich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen um
die Schwierigkeiten des letzten Redners bzw. der letzten
Rednerin vor namentlichen Abstimmungen. Deshalb
bitte ich sehr herzlich, die Geräuschkulisse nach außer-
halb des Saales zu verlegen.
Ich gebe jetzt das Wort der Kollegin Petra
Ernstberger, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr ge-ehrte Kollegen Ruck und Schmidt, ich möchte mich kurzzu Ihrem Einwurf äußern, dass unsere Entwicklungs-und Außenpolitik gegenüber Afrika keine Strukturenhätten. Natürlich gibt es Strukturen. Das ist deutlich vonHerrn Volmer dargelegt worden.Wir stehen in der Region der Großen Seen vor großenHerausforderungen. Dort laufen Projekte. Wenn die ab-gsWdsgdntnmsz1unvHdbadefapjgcsedsrmMMttEUmNdEsnhb
Es ist das Ziel unseres Einsatzes, dass wir den Men-chen in ihrer fürchterlichen humanitären Lage in Buniau Hilfe kommen. Bunia ist eine Stadt, in der früher50 000 Menschen wohnten. Heute sind viele geflüchtetnd es leben nur noch 15 000 Menschen dort, denen kei-erlei Infrastruktur zur Verfügung steht und die nichtersorgt werden. Hier setzt unser Einsatz an. Deswegen,err Kollege Schmidt, fand ich es schon sehr merkwür-ig, dass Sie unseren Einsatz als peripher bezeichnet ha-en. Die Menschen in Bunia werden diesen Einsatz alslles andere als peripher bezeichnen.
Wir müssen alles Mögliche tun, damit das Morden inieser Region gestoppt wird. Der Sicherheitsrat der Ver-inten Nationen hat einen entsprechenden Beschluss ge-asst, dem die EU und die Regierungen von Kongo, Ru-nda und Uganda zugestimmt haben. Es gibt also einenolitischen Willen, die militärischen Möglichkeiten sindedoch leider sehr begrenzt.Dennoch: An der Notwendigkeit eines raschen Ein-reifens in dieser Region gibt es keinen Zweifel. Der Si-herheitsrat hat in der Resolution 1484 vom 30. Mai die-es Jahres die Voraussetzungen dafür geschaffen, bis zuiner Aufstockung der MONUC-Mission im Septemberieses Jahres eine robuste Interimstruppe in Bunia zutationieren. Sie soll zur Stabilisierung und Verbesse-ung der Sicherheitslage sowie zur Verbesserung der hu-anitären Lage in Bunia beitragen. Die Aufgabe dieserission wird es sein, die Zeit bis zur Aufstockung derONUC-Truppen zu überbrücken und das gegenwär-ige Sicherheitsvakuum zu füllen. Wir haben die Initia-ive Frankreichs im UN-Sicherheitsrat unterstützt, eineingreiftruppe für Sicherheitsaufgaben nach Kap. 7 derN-Charta vorzusehen. Ihr Mandat zielt also darauf ab,it Zustimmung der kongolesischen Regierung und derachbarstaaten in einem Übergangseinsatz Massaker aner Zivilbevölkerung zu stoppen und zu verhindern.Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee deruropäischen Union hat in der letzten Woche beschlos-en, die Operation Artemis als erstmaligen Krisenma-agementeinsatz im Rahmen der Europäischen Sicher-eits- und Verteidigungspolitik durchzuführen. Wiregrüßen daher den Beschluss und die Bereitschaft der
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4240 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Petra ErnstbergerBundesregierung, Medevac-Flugzeuge, Transportkapa-zitäten sowie Logistik in diese Region zu schicken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte in dieserMd
Diskussion noch auf einen besonderen Punkt eingehen,nämlich auf den Einsatz unserer Soldaten, der inEntebbe, Uganda, vorgesehen ist. Dieses örtlich undzeitlich begrenzte Mandat gibt unseren Bundeswehrsol-daten Schutz, soweit dies bei einem solchen Einsatzüberhaupt möglich ist. Im Kongo würden unsere Solda-ten mit Kindersoldaten konfrontiert werden, mit be-waffneten Minderjährigen, die in ihrem Leben nichts an-deres gelernt haben außer Krieg. Diese Sozialisationführt dazu – das wissen wir aus Erfahrungen –, dass siekeinerlei Respekt vor jeglichem menschlichen Leben ha-ben. Aber: Es sind Kinder. Kinder sind Opfer. Hier wer-den Kinder aber zu Tätern gemacht. Mit solch einer Situ-ation sind Soldaten der Bundeswehr bisher noch niekonfrontiert worden. Deswegen müssen wir uns dafüreinsetzen, dass die Voraussetzungen für Konfrontationenmit Kindersoldaten gar nicht erst wirksam werden kön-nen.
Aus diesem Grund muss es zuallererst unser gemein-sames Ziel und Verpflichtung für die Außen- und Ent-wicklungspolitik sein, die Entstehung von Kinderarmeenzu verhindern. Die rot-grüne Regierungskoalition hatschon in der letzten Legislaturperiode einen Antrag ein-gebracht, der sich sehr intensiv mit dieser Problematikbeschäftigt. Lassen Sie uns bitte weiter auf diesem Ge-biet arbeiten und darauf einwirken, dass rechtlicheGrundlagen geschaffen und eingehalten werden, die dieRekrutierung von Kindersoldaten unmöglich machen!
Allen Kindern auf dieser Welt muss ein Aufwachsen inmenschenwürdigen Verhältnissen ermöglicht werden.Nur so können wir verhindern, dass Kinder als Soldatenmissbraucht werden. Der heute zu beschließende Bun-deswehreinsatz wird – darauf ist schon oft hingewiesenworden – sehr schwierig und auch, glaube ich, risiko-reich sein. Aber für mich ist er ohne Alternative.
Frau Kollegin, bitte denken Sie an Ihre Redezeit.
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mpfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1168 anzu-
ehmen.
Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die
chriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
lätze einzunehmen. Sind die Plätze an den Urnen be-
etzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstim-
ung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
timme nicht abgegeben hat? – Ich glaube, alle haben
hre Stimmen abgegeben. Ich schließe die Abstimmung
nd bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
er Auszählung zu beginnen. Bis zum Vorliegen des Er-
ebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche
ch die Sitzung.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-ührern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-ung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigenusschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Be-eiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem EU-eführten Einsatz zur Stabilisierung der Sicherheitslagend Verbesserung der humanitären Situation in Bunia be-annt. Abgegebene Stimmen 478. Mit Ja haben gestimmt41, mit Nein haben gestimmt 30, Enthaltungen 7. Dieeschlussempfehlung ist angenommen.) Anlagen 2 und 3(CPetra Ernstberger :Eine Ablehnung dieses Einsatzes würde bedeuten, dieenschen im Kongo im Stich zu lassen. Deswegen wer-en wir dem vorliegenden Antrag zustimmen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4241
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 478;davonja: 441nein: 30enthalten: 7JaSPDIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Sören BartolSabine BätzingUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergHans-Werner BertlPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigGerd Friedrich BollmannWilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannMarco BülowDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannPeter DreßenDetlef DzembritzkiSiegmund EhrmannHans EichelMarga ElserGernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagLilo Friedrich
Iris GleickeGünter GloserRenate GradistanacAngelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnGabriele GronebergAchim GroßmannHans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannMichael Hartmann
NHRRDGPMGSGJWIrFEKCLBRJKJUDUHKHADWFKRAENVADHEHUDCCCEGGEDDTLCCHMUUAUCina Hauerubertus Heileinhold Hemkerolf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogetra Heßonika Heubaumabriele Hiller-Ohmtephan Hilsbergerd Höferelena Hoffmann
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ike Hovermannlaas Hübnerhristel Hummeothar Ibrüggerrunhilde Irberenate Jägerann-Peter Janssenlaus Werner Jonasohannes Kahrslrich Kasparickr. h.c. Susanne Kastnerlrich Kelberans-Peter Kemperlaus Kirschnerans-Ulrich Klosestrid Klugr. Heinz Köhleralter Kolbowritz Rudolf Körperarin Kortmannolf Kramernette Krammernst Kranzicolette Kresslolker Kröningngelika Krüger-Leißnerr. Hans-Ulrich Krügerorst Kubatschkarnst Küchlerelga Kühn-Mengelte Kumpfr. Uwe Küsterhristine Lambrechthristian Lange
hristine Lehderckhart Leweringötz-Peter Lohmannabriele Lösekrug-Möllerrika Lotzr. Christine Lucygairk Manzewskiobias Marholdothar Markaren Markshristoph Matschieilde Mattheisarkus Meckellrike Mehllrike Mertenngelika Mertensrsula Mogghristian Müller
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ietmar Nietanr. Erika Oberolger Orteleinz Paulaohannes Pflugoachim Poßlorian Pronoldr. Sascha Raabearin Rehbock-Zureicherold Reichenbachhristel Riemann-Hanewinckelalter Riestereinhold Robber. Ernst Dieter Rossmannarin Roth
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4242 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerDr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachBernward Müller
Hildegard MüllerMarieluise Beck
Volker Beck
Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerDr. Hans-Peter Friedrich
Jochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsDr. Peter GauweilerNorbert GeisRoland GewaltEberhard GiengerMichael GlosDr. Reinhard GöhnerTanja GönnerJosef GöppelPeter GötzReinhard GrindelHermann GröheMarkus GrübelManfred GrundOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtSiegfried HeliasMichael HennrichJürgen HerrmannRobert HochbaumKlaus HofbauerMartin HohmannJoachim HörsterDr. Peter JahrDr. Egon JüttnerSteffen KampeterIrmgard KarwatzkiVolker KauderGerlinde KaupaJürgen KlimkeJulia KlöcknerKristina Köhler
Norbert KönigshofenThomas KossendeyRudolf KrausGünther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Helmut LampKarl-Josef LaumannWerner LensingWalter Link
Dr. Klaus W. Lippold
Dorothee MantelStephan Mayer
Conny Mayer
Dr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelLaurenz Meyer
Doris Meyer
Maria MichalkHans MichelbachKlaus MinkelMarlene MortlerMGDMRDUSDRRDHDHCKDHFHDDAPDGCADDBUMBTJJCGAMTMAEAVAGPGAMWDEWWWBGKichaela Nollünter Nooker. Georg Nüßleinelanie Oßwaldita Pawelskir. Peter Pazioreklrich Petzoldibylle Pfeifferr. Friedbert Pflügeronald Pofallauprecht Polenzaniela Raabans Raidelr. Peter Ramsauerelmut Rauberhrista Reichard
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artmut Schauertendreas Scheuerarion Seibeinz Seiffertax StraubingerDPelga Daubürgen Koppelinraktionslose Abgeordneter. Gesine Lötzschetra PaunthaltenDU/CSUeorg Fahrenschonarko Wanderwitzgo WellenreutherDPtto Frickeoachim Günther
r. Karlheinz Guttmacherisela Piltz
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Juni 2003 4243
(C)Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-destages auf Mittwoch, den 25. Juni 2003, 13 Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.