Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Sitzung ist eröffnet.
Der Ältestenrat hat in seiner gestrigen Sitzung vereinbart, daß in der Haushaltswoche keine Befragung der Bundesregierung, keine Fragestunden und keine Aktuellen Stunden stattfinden.
Sind Sie mit dieser Abweichung von der Geschäftsordnung einverstanden? - Ich sehe, das ist der Fall. Dann verfahren wir so.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um drei Beschlußempfehlungen des Haushaltsausschusses zur Einwilligung in Veräußerungen gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung, die Ihnen auf Drucksachen 13/5113, 13/5114 und 13/5115 vorliegen, zu erweitern. Die Zusatzpunkte werden ohne Aussprache am Ende der Tagesordnung aufgerufen.
Sind Sie auch damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.
Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 16 a bis 16g sowie Zusatzpunkt 7:
16. a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung
- Drucksache 13/4610 -
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
- Drucksachen 13/4814, 13/4987 -
aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)
- Drucksachen 13/5088, 13/5108 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Mascher
bb) Berichte des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksachen 13/5094, 13/5112 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Konstanze Wegner Hans-Joachim Fuchtel
Dietrich Austermann
Antje Hermenau
Ina Albowitz
- Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer , Marieluise Beck (Bremen), Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zukunftsfähigkeit durch sozialstaatliche Innovationen gewinnen
- zu dem Antrag der Gruppe der PDS Rentenmoratorium 1996
- Drucksachen 13/4674, 13/3737, 13/ 5088, 13/5108 -
Berichterstattung: Abgeordnete Ulrike Mascher
b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes
- Drucksache 13/4611 -
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- Drucksachen 13/5089, 13/5108 -
Berichterstattung: Abgeordnete Ulrike Mascher
bb) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 13/5095 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Konstanze Wegner Hans-Joachim Fuchtel
Dietrich Austermann
Antje Hermenau
Ina Albowitz
c) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung
- Drucksache 13/4612 -
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- Drucksache 13/5107 -
Berichterstattung: Abgeordneter Peter Dreßen
- Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- zu dem Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck , Annelie Buntenbach, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Arbeitsrechtliche Reformen als Baustein zur Neugestaltung der Arbeit
- Drucksachen 13/4672, 13/5107 -
Berichterstattung: Abgeordneter Peter Dreßen
d) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit
- Drucksache 13/4613 -
Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses
- Drucksache 13/5074 -
Berichterstattung: Abgeordnete Meinrad Belle
Fritz Rudolf Körper Rezzo Schlauch
Dr. Max Stadler Ulla Jelpke
e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von § 22 des Bundessozialhilfegesetzes
- Drucksache 13/4614 -
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit
- Drucksache 13/5072 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Dieter Thomae
f) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung
- Drucksache 13/4615 -
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit
- Drucksache 13/5099 -
Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Martin Pfaff
- Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Das solidarische Gesundheitswesen für die Zukunft sichern
- Drucksachen 13/4675, 13/5099 -
Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Martin Pfaff
g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Schmidt , Brigitte Adler, Gila Altmann (Aurich) sowie weiterer Abgeordneter
Rechtliche Rahmenbedingung der Altersversorgung und Erwerbstätigkeit von Frauen
- Drucksache 13/4986 -
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
ZP7 Beratung des Antrags der Gruppe der PDS
Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes und der Arbeits- und sozialrechtliche Teil des Programms der Bundesregierung für mehr Wachstum und Beschäftigung
- Drucksache 13/5086 -
Es liegen drei Entschließungsanträge der Fraktion der SPD, ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und sechs Entschließungsanträge der Gruppe der PDS vor. Die Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. haben zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz einen Änderungsantrag eingebracht.
Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an die Aussprache, etwa gegen 14 Uhr, vier namentliche Abstimmungen durchführen werden.
Außerdem hat die Gruppe der PDS beantragt, zu einem ihrer Entschließungsanträge namentliche Abstimmung durchzuführen. Nach § 52 unserer Geschäftsordnung kann eine namentliche Abstimmung nur von einer Fraktion oder von anwesenden fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangt werden. Ob der Antrag der PDS die notwendige Unterstützung findet, werde ich unmittelbar vor der Abstimmung über den Entschließungsantrag feststellen.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die gemeinsame Aussprache vier Stunden vorgesehen. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Wir verfahren so.
Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Dr. Norbert Blüm.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In unserem Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung geht es um die Umkehr der Fahrtrichtung: einstellen statt entlassen.
Der Sinn und Zweck aller Anstrengungen ist die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Dazu sind notwendig: Unternehmer, die etwas unternehmen; Arbeitgeber, die Arbeit geben; Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände mit Augenmaß und Verantwortung. Dazu ist auch der Staat notwendig. Wir machen uns nicht aus dem Staub.
Wir stellen uns mit dem Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung drei große Ziele: Erstens. Kosten entlasten. Zweitens.
Investitionsbremsen wegschlagen. Drittens. Hemmschwellen für Einstellungen beseitigen.
Wir leben nicht auf einer Insel der Seligen, unberührt von allen Veränderungen und Stürmen in der Welt.
Im Geleitzug der Entwicklung waren wir Vorhut. Wenn wir uns nicht anstrengen, laufen wir Gefahr, Nachhut zu werden.
Meine Damen und Herren, sparen ohne Anstrengungen gibt es nicht. Reduzierung der Einnahmen ohne Reduzierung der Ausgaben gibt es auch nicht. Das gibt es bestenfalls in der sozialdemokratischen Rechenmaschine.
Die Pflicht zum Sparen ist jedoch nicht nur Zurücknahme. Sie ist auch ein Zwang zur Kreativität, zur Neugestaltung. Die Ratio knapper Ressourcen ist sparsamer Mittelverbrauch, ohne Verwendungsziele aufzugeben. Diese Ratio gilt in der Umweltpolitik: mit weniger Benzin mehr Kilometer fahren. Wir bewundern das Sparauto. Aber diese Ratio gilt auch für den Sozialstaat: ein höchstmöglicher Erfolg bei geringstmöglichem Mitteleinsatz. Mit weniger Kosten mehr Arbeitsplätze schaffen, das ist die erste Pflicht unseres Sozialstaats. Keine Sozialleistung, mag sie noch so hoch sein, ist so gut wie selbstverdienter Lohn.
Arbeitslosigkeit ist die größte Ungerechtigkeit. Deshalb ist unsere Anstrengung eine Anstrengung für Gerechtigkeit. Darum geht es.
Durch diese Anstrengung werden die Kosten der Arbeitsplätze bis zum Jahre 2000 um insgesamt 75 Milliarden DM entlastet. Das ist Nachschub für neue Arbeitsplätze.
Wir sparen für Arbeitsplätze. Aber wir sparen nicht nur für Arbeitsplätze, wir sparen auch für die Millionen von Arbeitnehmern,
die Sie offenbar als Beitragszahler ganz vergessen haben. Wir sparen für 35 Millionen Beitragszahler in der Rentenversicherung, 27 Millionen Beitragszahler in der Arbeitslosenversicherung, 51 Millionen Beitragszahler in der Krankenversicherung. Wir sparen nicht für Millionäre. Wir sparen für Millionen von Beitragszahlern.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen in den Gewerkschaften, denkt nicht nur an diejenigen, die Sozialleistungen erhalten, denkt auch an diejenigen, die Sozialleistungen bezahlen! Sie sind auch eure Mitglieder.
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Beitragszahlern und Arbeitsplätzen. Je mehr Arbeitsplätze, um so mehr Beitragszahler. Je mehr Beitragszahler, um so niedriger die Beiträge. Arbeit schaffen und Beitrag entlasten, das sind nicht zwei Paar Schuhe, das sind zwei Schienen in einem Gleis.
Das Ziel all dessen - ich wiederhole es - ist: Für die Arbeitslosen Arbeit und für die jungen Menschen Lehrplätze. Unsere Kinder und Enkel sollen nicht die Schulden ihrer Eltern und Großeltern bezahlen müssen.
Dafür sparen wir: für die Arbeitslosen, für die Lehrlinge, für unsere Kinder und unsere Enkel. Deshalb Entlastung!
- Ich will das Entlastungsprogramm darstellen. Hören Sie es sich doch an!
Zur Rentenversicherung. Der Hauptsatz über allem heißt: Keine laufende Rente wird gekürzt. Liebe Rentnerinnen und Rentner, dieses Programm betrifft nicht Sie.
Keine laufende Rente wird gekürzt. Die Rentenversicherung wird allerdings nicht vom lieben Gott bezahlt. Sie muß bezahlbar bleiben. Die Menschen werden Gott sei Dank immer älter. Wir freuen uns darüber: Sie, ich, wir alle. Aber die Antwort kann nicht sein, früher in die Rente einzutreten. Das hält keine Rentenversicherung der Welt aus. Selbst das beste Rentenversicherungssytem der Welt, nämlich unseres, hält das nicht aus.
Wenn wir noch die Rentenlaufzeiten von 1960 hätten, dann hätten wir 12 Prozent Beitrag, und alle Sorgen wären passé. Also: Wir müssen die Altersgrenzen anheben. Damit haben wir beim Stopp der Frühverrentung begonnen. Damit Sie es nicht vergessen: Sie haben bei der Anhebung der Altersgrenzen mitgestimmt.
Die Altersgrenzen von Männern und Frauen sollen nicht mehr unterschiedlich sein, sondern gleich. Da haben Sie mitgestimmt. Das war 1989: gleiche Altersgrenze für Männer und Frauen.
Wir beginnen mit der Anhebung der Altersgrenze für Frauen drei Jahre später als ursprünglich vorgesehen. Das ist auch ein verstärkter Vertrauensschutz. Wir werden das Ziel - 65 Jahre als Regelaltersgrenze - bei den Männern 2002 und bei den Frauen 2005 erreicht haben. Wer früher in Rente gehen will, muß einen Rentenabschlag in Kauf nehmen. Die Gesamtsumme der Rente verändert sich im Durchschnitt nicht, sondern sie wird nur auf mehr Jahre verteilt.
Man muß sich mit der Behauptung auseinandersetzen, das gehe auf Kosten der Arbeitsplätze der Jüngeren. Diese Behauptung ist Ausdruck eines starren Denkens, eines statischen Denkens. Kürzere Arbeitszeiten führen doch nicht in jedem Fall zu mehr Arbeitsplätzen. Die Japaner arbeiten ein Drittel mehr; deshalb haben sie doch nicht ein Drittel weniger Arbeitsplätze.
Das ist eine Philosophie: je kürzer die Spielzeit, um so mehr Tore. Das wäre ungefähr so, als ob die deutsche Mannschaft nach 60 Minuten das Spielfeld verläßt und sich darüber wundert, daß sie in den verbleibenden 30 Minuten mehr Tore einheimst, als sie in den 60 Minuten zuvor geschossen hat. Das ist doch ganz banal.
Je teurer die Arbeit, um so kleiner das Volumen. Je kürzer die Lebensarbeitszeit, um so höher die Beiträge. Je höher die Beiträge, um so teurer die Arbeit, um so geringer das Volumen für Arbeit.
Was wir brauchen, ist gar nicht dieses Mehr oder Weniger. Sie denken immer nur in diesen Alternativen. Intelligente Lösungen für eine dynamische Arbeitsverteilung, flexible Arbeitszeiten, humane Arbeitsorganisation und Einfallsreichtum sind gefragt. Ihr einziger Einfall ist immer nur: mehr oder weniger.
Wir reduzieren die beitragsfreien Ausbildungszeiten, die bisher mit sieben Jahren angerechnet werden, auf künftig nur noch drei Jahre. Wollen Sie verteidigen, daß ein Maurer, der mit 15 Jahren auf den Bau geht, die Ausbildungszeiten des Bauingenieurs, der mit 30 Jahren kommt, bezahlt? Halten Sie das für gerecht? Der eine arbeitet doch 45 Jahre!
Die Fremdrenten müssen neu geordnet werden. Die Zeiten haben sich geändert. Wir stärken in beiden Fällen die Beitragsbezogenheit der Rente. Das ist die Fahrtrichtung für jede Rentenreform.
Das gilt auch für die Entlastung im Bereich der Rehabilitation. Die Ausgaben für Rehabilitation in der Rentenversicherung sind von 6,5 Milliarden DM im Jahr 1991 auf 9,8 Milliarden DM im Jahr 1995 gestiegen - also um 3,3 Milliarden DM in vier Jahren. Ist jemand in diesem Hohen Hause, der behauptet, der Gesundheitszustand der Deutschen habe sich in diesen vier Jahren im selben Maße verschlechtert, wie die Rehabilitationskosten gestiegen sind? Glaubt das wirklich jemand?
Wir gehen lediglich auf den Stand von 1993 zurück. War 1993 ein rehabilitationsfreies Jahr? Ist es eine Zumutung, mal innezuhalten und auf einen Stand zurückzugehen, der drei Jahre - nicht etwa 100 Jahre - zurückliegt? Sie erklären den Sozialstaat
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
dadurch für gefährdet. Der war 1993 stabil; er ist auch 1996 stabil.
Die Kosten sind aus dem Ruder gelaufen. Wir wollen eine Verkürzung der Regelkurdauer. Der Mindestabstand zwischen den Kuren soll von drei auf vier Jahre erhöht werden. Es wird geschätzt, daß sich allein auf Grund der Veränderung des Mindestabstands zwischen zwei Kuren ein Sparvolumen von 12 Prozent ergibt. Meine Damen und Herren, wenn schon ein zusätzliches Jahr zwischen zwei Kuren einen so hohen Spareffekt auslöst, ist davon auszugehen, daß es eine große Zahl von Mitbürgerinnen und Mitbürgern gibt, die alle drei Jahre in Kur gehen wie in einen Pflichturlaub. Dazu kann ich sagen: Dafür ist die Sozialversicherung nicht vorgesehen.
Das medizinisch Notwendige wird getan. Wer Hilfe braucht, bekommt sie. Wer eine längere Kur als die Regelkur braucht, bekommt sie. Wer eine Kur in kürzeren Abständen als vorgesehen braucht, bekommt sie. Anschlußheilbehandlungen für Kranke im Anschluß an die Erkankung bleiben erhalten. Mütterkuren bleiben völlig unverändert. Berufliche Rehabilitation für Schwerbehinderte bleibt Pflichtleistung. Wer der Hilfe bedarf, bekommt Hilfe.
Wir rechnen zwei Tage Urlaub auf die Kurwoche an. Meine Frage: Ist das unzumutbar? Zwei Tage Urlaub auf eine Kurwoche - während der Kur erwirbt man sogar noch einen Urlaubsanspruch von drei Tagen. Denken Sie doch bitte daran: Vier Wochen Kur, vierzehn Tage Nachkur, sechs Wochen Urlaub, vielleicht noch Bildungsurlaub, tarifliche Freizeiten: Wer arbeitet denn? Für diejenigen, die monatelang weg sind, müssen andere mitarbeiten. Wird das ganz vergessen?
Liebe Gewerkschafter, es geht auch um die, die die Arbeit für andere mitmachen. Da kann man doch ein Stückchen Urlaub anrechnen.
Was der einzelne für seine Gesundheit tut, ist seine Sache; je mehr, um so besser. Aber nicht alles, was gesundheitlich wünschbar ist, muß auf Krankenschein geschehen. Nicht alles, was gesundheitlich wünschbar ist, kann von der Rentenversicherung bezahlt werden. Das privat Wünschbare und das sozialpolitisch Machbare, das ist ein Unterschied.
Wir sind nicht für das privat Wünschbare zuständig. Wir sind zuständig für das solidarisch Notwendige, für das, was realisierbar und finanzierbar ist. Wer es anders macht, gefährdet die Hilfe für diejenigen, die der Hilfe bedürfen.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich möchte das im Zusammenhang ausführen.
Wir wollen die Lohnfortzahlung um 20 Prozent absenken.
Auch hier kann ein Urlaubstag eingesetzt werden, um die Absenkung auszugleichen. Das ist für mich nicht nur eine Geldfrage, das ist eher eine Grundsatzfrage. Es geht nicht nur um Geld, es geht darum, ob Einkommen ohne Arbeit genausohoch sein soll wie Einkommen aus Arbeit. Soll Lohnersatz so hoch sein wie Lohn? Das können Sie nicht wollen, wenn Arbeit sich lohnen soll und wenn wir die Versuchung abstellen wollen, daß man ohne Arbeit genausoviel Lohn erhält wie mit Arbeit. Das kann nicht richtig sein.
Für die ersten vier Wochen entfällt die Lohnfortzahlung, weil sie ein Einstellungshemmnis ist. Es gibt Tarifverträge, nach denen man die Arbeit noch nicht angetreten haben muß und trotzdem bereits einen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat. Es ist ein Einstellungshemmnis, wenn der kleine Unternehmer befürchten muß, nach einem Tag Arbeit schon sechs Wochen Lohnfortzahlung leisten zu müssen. Bleibt doch praktisch und weniger ideologisch! Das ist meine Empfehlung.
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten bleiben draußen. Das ist auch ganz selbstverständlich; das ist Haftpflicht, das ist Entschädigung. Es wäre auch gar nichts gewonnen, denn die Absenkung müßte dann durch die Berufsgenossenschaft gezahlt werden.
Wir erwarten, daß die Tarifpartner Folgerungen ziehen, und wir bestehen darauf, daß auch bei den Beamten - hier sind wir zuständig - entsprechende Regelungen getroffen werden.
Beim Kündigungsschutz geht es um das gleiche. Meine Damen und Herren, betrachten Sie die Sache doch einmal von zwei Seiten: Nicht jede Schutzmauer ist für alle Schutz, und manche Schutzmauer ist eine Sperrmauer für die, die draußen sind.
Daß der Kündigungsschutz in kleinen Betrieben anders behandelt wird als in großen, das war bisher schon so, und es hat niemand gesagt, die Grenze von fünf Arbeitnehmern sei Willkür. Wir heben die Schwelle auf zehn Arbeitnehmer an, gewähren einen Vertrauensschutz für diejenigen, die jetzt noch Kündigungsschutz haben, aber ihn dann nicht mehr hätten. Ich denke, hier ist wirklich die Frage: Was hat jemand vom Kündigungsschutz, der arbeitslos ist? Der hat vom Kündigungsschutz überhaupt nichts.
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
Um überhaupt in den Genuß des Schutzes zu kommen, muß er erst einmal reinkommen.
Es bricht doch nicht die Willkür aus. Es geht um Sozialauswahl, die in kleinen Betrieben sowieso einen beschränkten Umfang hat. Es geht auch damm, die Kriterien für die Sozialauswahl berechenbarer zu machen, verläßlicher zu machen. Wenn Sozialauswahl vereinbart ist, geht es damm, daß die Sozialkriterien vom Gericht nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden. Es sind Abmachungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Entsprechende Regelungen gelten für Betriebe ohne Betriebsrat. Warum hegen Sie denn so ein Mißtrauen gegen den Betriebsrat, wenn das Gericht Vereinbarungen nicht bewertet, sondern nur die grobe Fehlerhaftigkeit untersucht?
Der befristete Arbeitsvertrag wird einfacher. Den haben Sie einmal madig gemacht.
Herr Kollege Dreßler, entsinnen Sie sich noch Ihrer Reden? Heute schlägt ihn der DGB vor; heute praktiziert ihn die IG Metall. Sie sind noch gar nicht aufgewacht. Die haben Sie längst überholt. Ihre Parolen müssen Sie alle einsammeln. Sehen Sie sich vor, daß Sie in zehn Jahren nicht auch Ihre Rede von heute einsammeln müssen.
Bei der Insolvenzordnung geht es darum, daß das, was für 1999 beschlossen wurde, vorgezogen wird, daß ein Insolvenzverwalter auch kündigen kann, wenn dadurch die Übergabe von Betrieben oder Betriebsteilen erleichtert wird. Was haben Sie denn davon, wenn er erst anfängt, wenn die Firma zusammengebrochen ist? Mit nichts können Sie nichts sanieren. Sie können nicht Lösungen suchen, wo keine Lösungen mehr sind. Es geht darum zu retten, was zu retten ist. Das ist im Interesse der Arbeitnehmer.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, unser Programm ist konkret und handfest. Es handelt sich nicht um ideologische Wolken. Durch die Maßnahmen zur Entlastung sinkt die Soziallastquote im nächsten Jahr von 33,4 Prozent auf 33,0 Prozent;
0,4! Um 0,4 Prozentpunkte sinkt die Soziallastquote. Kollege Klaus Zwickel, jede dritte Mark in unserem Staat wird nach wie vor für Soziales ausgegeben. Das gibt es fast auf der ganzen Welt nicht mehr. Jede dritte Mark wird für Soziales ausgegeben, und da stellst du, Klaus Zwickel, dich hin und sagst: Kapitalismus pur. - Wir sind und bleiben ein Sozialstaat.
300 000 sind auf die Barrikaden im Hofgarten geschickt worden. Wenn sie herunterkommen und feststellen, daß weiterhin Rente gezahlt wird, daß weiterhin die Arbeitslosenversicherung funktioniert, die Unfallversicherung und die Krankenversicherung hilft, dann wird es Ihnen so gehen wie im Streit um den bekannten § 116 AFG. Damals haben Sie behauptet, Streik sei gar nicht mehr möglich. Heute gibt es ganze Demonstrationszüge. Es wird weitergestreikt, und es wird weiterhin den Sozialstaat geben, allerdings einen bezahlbaren.
Wir retten den Sozialstaat. Wir retten ihn, wir ruinieren ihn nicht. Wer Besitzstände tabuisiert, der gefährdet den Sozialstaat. Wer nichts verändert, verliert alles.
Sozialstaat kaputt? Sehen Sie, in drei Tagen, am Montag, tritt die zweite Stufe der Pflegeversicherung in Kraft. Sie umfaßt trotz der schweren Zeiten 31 Milliarden DM. Der Bund spart 25 Milliarden DM. Es gibt eine neue Leistung für die, die der Hilfe bedürfen. Deshalb sage ich Ihnen: Seien Sie vorsichtig. - Karl Schiller hat Ihnen einst zugerufen: Genossen, laßt die Tassen im Schrank! - Ich rufe Ihnen zu: Genossen, laßt die Kirche im Dorf. Schlagt nicht alles zusammen. .
Originalton Oskar Lafontaine, gestern in der „Woche":
An einem harten Sparkurs führt kein Weg vorbei.
Lieber Kollege Oskar Lafontaine, wo sind die konkreten Vorschläge? - Heiße Luft!
Wo sind denn die Sparvorschläge der SPD? Dreimal angekündigt, dreimal ausgefallen! Sie sind mit Ihren Sparvorschlägen dreimal angelaufen und haben dreimal abgebrochen. Sie kommen mir vor wie ein Reckturner, der in der Halle auf die Matte geht, sich unter der Stange die Hände mit Magnesia bestreicht, sich zum Publikum, das eine große Kür erwartet, verneigt und wieder hinausgeht.
Wo sind die konkreten Vorschläge, die die Ministerpräsidenten in Krickenbeck groß angekündigt haben? Ein paar Tage später in Merseburg waren schon wieder die Knie weich. Von Krickenbeck nach Knieweg, das ist die Schleimspur der SPD.
„Wie kommen wir an das Geld der Leute?",
das ist die erste Frage, die der SPD beim Stichwort „Standort" einfällt. „Wie kommen wir an das Geld der Leute?", das ist das erste, was der SPD bei der Frage der Rentensicherheit einfällt. „Wie kommen
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
wir an das Geld der Leute?", das ist das erste, was der SPD einfällt, wenn es darum geht, Schulden abzubauen.
Einnahmeverbesserungen sind keine Sparvorschläge, und Umfinanzierungen sind es auch nicht. Bei Lichte betrachtet, gibt es bei Ihnen eigentlich nur Einnahmeverbesserungen und Umfinanzierungen.
Ich sage: Ja, das Steuersystem muß gerechter werden. Umgehungsstraßen für Steuerpflichtige müssen gesperrt werden. Ich sage auch ja zur Umfinanzierung. Ja, wir müssen umfinanzieren, wir müssen von beitragsbezogenen Leistungen zu steuerfinanzierten Leistungen kommen. Aber erst muß einmal gespart werden. Umfinanzierung ist keine Entlastung. Wenn sich die Bordkante eines Schiffes der Wasseroberfläche nähert, dann können Sie nicht die Lasten unter Deck verrücken oder den Container verschieben, sondern dann müssen Sie entlasten. Umfinanzierung ersetzt nicht Entlastung.
- Doch! Ich sage Ihnen: Es sind alles Einnahmeverbesserungen und Umfinanzierungen. Das ist das sozialpolitische Programm der SPD. Das sozialpolitische Programm der F.D.P. und der CDU ist ein handfestes. Das sozialpolitische Programm der SPD ist ein FKK-Programm: folgenlos, konzeptionslos und konfus - FKK!
In Europa dämmert es doch schon längst. Selbst die Sozialdemokraten in Europa haben gemerkt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wim Kok, Gewerkschaftsvorsitzender, Regierungschef in den Niederlanden: zwei Karenztage, Absenkung der Lohnfortzahlung um 30 Prozent. Schweden, Musterland der SPD: Absenkung der Lohnfortzahlung auf 75 Prozent und ein zusätzlicher Karenztag. In Finnland, auch Sozialdemokraten: Arbeitslosengelddynamisierung für drei Jahre ausgesetzt.
Meine Damen und Herren, die SPD in Deutschland ist der letzte Betonklotz in der Sozialistischen Internationale.
„Völker, hört die Signale! "
Liebe Genossen, ihr hört doch gar nicht mehr die Völker. Ihr wißt doch gar nicht mehr, wie es in Europa und auf der Welt zugeht.
SPD, die Nachhut der Sozialistischen Internationale - früher der Spähtrupp, heute der Spättrupp. Sie hinken hinter der Entwicklung her.
Die SPD sollte einmal ein Stellengesuch veröffentlichen: Sie sucht einen Tony Blair. Sie sucht einen Mann oder eine Frau mit Mut zu neuen Ideen,
nicht wohnhaft in der Toskana; die ist zu schön und zu lieblich für harte Vorschläge.
Meine Damen und Herren, es geht in dieser Debatte nicht nur um Mark und Pfennig, nicht nur um Statistik und Quoten. Es geht auch um einen Richtungsstreit. Kein Selbst versorgt sich selbst. Wir brauchen Solidarität. Ich bin ein Vertreter der alten Solidarität.
Aber es geht auch nicht ohne Selbstverantwortung, eine neue Selbstverantwortung. Solidarität hat nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten zu tun.
Es geht um eine Kultur von Risikobereitschaft und Selbständigkeit. Das ist nicht nur etwas für Unternehmer, das ist auch etwas für Arbeitnehmer. Selbständigkeit, Selbstbestimmung, seine Arbeit selber organisieren, mit anderen Arbeitszeiten selbst bestimmen - das ist auch ein Stück Selbständigkeit. Selbständigkeit ist nicht auf Unternehmer beschränkt.
Unser Standort hängt nicht nur mit Rohstoffen und Kapital zusammen. Er hängt mit motivierten Arbeitnehmern, mit Qualifikation zusammen. Leistungsfreude und Leistungsbereitschaft sind ein Produktionsfaktor.
Es gilt, einen Weg zu finden zwischen egoistischem Individualismus, in dem niemand mehr an andere denkt, und dem alten Kollektivismus, der alles von anderen verlangt. Es geht um eine neue Balance von Selbstverantwortung und Solidarität.
Es gibt viele Probleme, viele!
Aber wir haben viel zu viele Problembeschreiber und viel zu wenige Problembearbeiter.
„Pessimist" ist ja eine neue Berufsbezeichnung. Manche Funktionäre spielen Titanic im Trockendock, und manche haben dabei noch ein hohes Kapitänsgehalt. Aber es gibt Gott sei Dank auch viele mutige Unternehmer in unserem Land, tüchtige Hand-
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
werksmeister, fleißige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Die laden wir zum Bündnis ein. Wir brauchen die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften - allein schaffen die es nicht, allein schaffen wir es nicht -, mit den Arbeitgebern - allein schaffen die es nicht, allein schaffen wir es nicht -; wir packen es nur, wenn alle zusammenstehen. Wir packen die Probleme an. Wir packen es!
Das Wort hat der Ministerpräsident des Saarlandes, Oskar Lafontaine.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Wochen haben hier in Bonn 350 000 Menschen demonstriert, für Arbeit und für soziale Gerechtigkeit. Auch heute protestieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überall im Lande gegen das Kürzungspaket der Bundesregierung.
Und was haben sie vorhin erlebt? Da steht der Bundesarbeitsminister hier und rufend flammend in den Saal: „Völker, höret die Signale!"
Hunderttausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern protestieren gegen die Politik der sozialen Ungerechtigkeit, in klassischer Tradition der Arbeiterbewegung, und Sie stehen hier und rufen: „Völker, höret die Signale! " Dabei schauen Sie zur Opposition. Sie hätten in die andere Richtung schauen müssen, Herr Bundesarbeitsminister. Sie haben doch Wasser in den Ohren gegenüber dem, was dieser Tage in Deutschland auf der Straße passiert.
Im Gegensatz zu Ihnen haben die Menschen erkannt, worum es geht. Es geht um den sozialen Frieden unseres Landes. Es geht um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Es geht um die Stabilität unserer Demokratie. Deshalb stehen wir mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und mit all den Menschen, die in diesen Tagen gegen die Politik der sozialen Ungerechtigkeit protestieren, Seite an Seite.
Das ist nicht der sogenannte Druck der Straße. Das sind keine „Berufsnörgler", wie Sie sagen. Der Protest kommt aus der Mitte der Gesellschaft. Wer diesen Widerstand der Menschen diffamiert, der zeigt
nur, daß er die soziale Wirklichkeit in Deutschland nicht kennt.
Die beiden christlichen Kirchen haben in einem gemeinsamen Papier die soziale Lage in Deutschland beschrieben. Sie stellen fest, daß es einen tiefen Riß gibt in unserem Lande und eine Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Benachteiligte.
Die Kirchen haben recht.
Noch nie gab es so viele Arbeitslose in diesem Land und soviel Armut. Noch nie hat der Staat die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so sehr belastet wie jetzt, und noch nie gab es soviel soziale Ungerechtigkeit.
Wir wollen nicht, daß unsere Gesellschaft immer ungerechter wird. Wir wollen nicht, daß der soziale Friede zerstört wird. Deshalb trifft das Kürzungspaket der Bundesregierung auf unseren Widerstand und auf den Widerstand der Mehrheit in unserer Gesellschaft.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind verbittert darüber, daß die Bundesregierung das „Bündnis für Arbeit" zurückgewiesen hat.
Mit einer moderaten Lohnpolitik haben die Gewerkschaften gezeigt, daß sie sich ihrer beschäftigungspolitischen Verantwortung bewußt sind. Deshalb verdienen die Gewerkschaften unseren Dank und unsere solidarische Unterstützung.
Verehrter Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben ja recht, wenn Sie von hier aus noch einmal das „Bündnis für Arbeit" beschwören und erklären, ohne die Gewerkschaften gehe es nicht. Aber was war denn das für eine Politik, bis zu den letzten Landtagswahlen die Gewerkschaften zu mißbrauchen und ihnen dann in die ausgestreckte Hand zu spukken? Das haben Sie getan.
Es darf sich niemand darüber wundern, daß die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Kampfansage angenommen haben und jetzt Widerstand leisten. Die Bundesregierung trägt die Verantwortung dafür, daß sich das soziale Klima in Deutschland besorgniserregend verschärft hat. Wir fordern die Bundesregierung auf: Beenden Sie Ihre Politik der sozialen Ungerechtigkeit, stoppen Sie Ihre Pläne zum Abbau der Arbeitnehmerrechte. Diejenigen, die auf die
Ministerpräsident Oskar Lafontaine
Straße gegangen sind, sind nicht jene, die nicht einsehen würden, daß angesichts der Explosion der Staatsverschuldung gespart werden muß. Behaupten Sie doch nicht solch falsche Dinge. Nur, die Menschen haben ein genaues Gefühl für soziale Gerechtigkeit.
Sie wollen eines nicht, daß immer nur bei den sozial Schwachen gekürzt wird, während bei denen, die Vermögen oder hohe Einkommen haben, immer nur draufgesattelt wird. Dies wollen die Menschen in unserem Lande nicht.
Verehrter Herr Bundesarbeitsminister, wenn Sie hier gefragt haben: „Wo sind denn die Sparvorschläge der Länder der SPD?", dann muß ich Sie fragen: Wo leben Sie eigentlich? In welchem Lande leben Sie eigentlich?
Haben Sie eigentlich bei all Ihren Auftritten überhaupt noch die Möglichkeit, sich vor Ort einmal anzusehen, was derzeit in den Gemeinden und in den Ländern auf Grund Ihrer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik alles geschieht?
Die Sozialhaushalte der Gemeinden explodieren, sie müssen Büchereien schließen, sie müssen kulturelle Einrichtungen schließen, sie müssen Schwimmbäder schließen, sie müssen den Bau von Kindertagesstätten hinausschieben usw. Und da steht der Bundesarbeitsminister hier und fragt: Wo wird denn gespart? Wo sind denn Ihre Sparvorschläge? - Die Länder müssen die Haushalte zurückfahren, sie müssen bei der Polizei kürzen, bei den Krankenhäusern kürzen, bei den Finanzämtern kürzen, leider auch bei Schulen und Universitäten. Und da steht hier wirklich jemand wie ein Kasper und fragt: Wo wird denn gespart? - Reden Sie doch nicht einen solchen Unsinn!
Ich kann Ihnen sagen, was die Menschen in diesem Lande verärgert.
Ich kann die Frage zurückgeben: Wo sind denn Ihre Sparvorschläge für die Vermögenden und Wohlhabenden dieser Gesellschaft? Wo sind sie denn?
Ihre Wirtschaftspolitik ist erkennbar eine Wirtschaftspolitik, die darauf setzt, daß man den Vermögenden und Einkommensstarken weiterhin Geschenke geben und bei den Sozialhilfeempfängern, bei den Rentnern und denjenigen, die keine Arbeit haben, kürzen soll.
Sie meinen, diese Wirtschaftspolitik gehe auf. Sie haben diese Politik jetzt seit 14 Jahren versucht, und das Ergebnis ist immer höhere Arbeitslosigkeit, immer höhere Staatsverschuldung, immer höhere Steuer- und Abgabenlast. Wann begreifen Sie endlich, daß Ihre verfehlte Wirtschaftspolitik die Grundlage für die Krise der Staatsfinanzen geschaffen hat?
Die Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Fabriken und Verwaltungen, die vielen Selbständigen in Mittelstand und Handwerk, das sind die eigentlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft. Ihrer Arbeit und ihrer Einsatzbereitschaft verdanken wir unseren Wohlstand. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, daß diese Menschen durch Steuern und Abgaben immer stärker belastet werden. Im Gegenteil: Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Steuer- und Abgabenbelastung der breiten Mehrheit unseres Volkes endlich spürbar gesenkt wird.
Selbstverständlich müssen Wirtschaftlichkeit und Zielgenauigkeit des Sozialstaates verbessert werden. Der Mißbrauch sozialer Leistungen muß bekämpft werden, aber genauso Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug.
Wir wollen eine Modernisierung des Sozialstaates. Aber eine Zerstörung der sozialen Grundlagen unserer Gesellschaft kommt mit uns nicht in Frage.
Die Menschen brauchen soziale Sicherheit; denn Sicherheit schafft Freiheit. Deshalb sagen wir: Die soziale Sicherheit in unserem Lande darf nicht aufgekündigt werden.
Meine Damen und Herren, die soziale Sicherheit ist teuer geworden, sagen Sie. Wir sagen nicht: „Die soziale Sicherheit ist teuer geworden" , sondern wir sagen: Die hohe Arbeitslosigkeit ist es, die die finanziellen Grundlagen unseres Staates untergräbt.
Ministerpräsident Oskar Lafontaine
Mit über 150 Milliarden DM pro Jahr belastet die Arbeitslosigkeit die öffentlichen Kassen. Das ist weit mehr, als alle Sparpakete je hereinbringen können. Deshalb appelliere ich an Sie: Begreifen Sie das doch endlich! Wenn es nicht gelingt, die Arbeitslosigkeit abzubauen, dann können Sie noch so viel kürzen und noch so viel streichen, die Arbeitslosigkeit wird immer weiter ansteigen, und die Staatsschulden wer- den immer weiter explodieren.
Mit dem Sparaktionismus der Bundesregierung sind die Probleme unseres Landes nicht zu lösen. Der Schlüssel zur Sanierung der Staatsfinanzen und zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme liegt nun einmal in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen, das muß in den Mittelpunkt der Politik gestellt werden.
Wir sind überzeugt: Dieses Kürzungspaket schafft keine neuen Arbeitsplätze.
Schon heute fehlen in ganz Deutschland über 6 Millionen Arbeitsplätze. Die Sachverständigen sagen, daß die Arbeitslosigkeit mit Ihrer Politik weiter ansteigen wird. Sie liegt heute um 360 000 höher als vor einem Jahr, und für das nächste Jahr - das ist das Zeugnis, das Ihnen die Sachverständigen ausstellen - gehen die Sachverständigen davon aus, daß die Arbeitslosenzahl um weitere 300 000 ansteigen wird. Das heißt, niemand glaubt daran, daß Ihr Paket zum Abbau der Arbeitslosigkeit führen wird.
Wir dürfen uns mit der hohen Arbeitslosigkeit nicht abfinden. Die Menschen wollen arbeiten. Sie haben einen Anspruch darauf, daß dafür die politischen Voraussetzungen geschaffen werden.
Mit einer Verschlechterung des Kündigungsschutzes und mit Eingriffen bei der Lohnfortzahlung werden keine Arbeitsplätze geschaffen. Im Gegenteil: Diese Maßnahmen schaden der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes.
Der Abbau des Kündigungsschutzes bedeutet, daß Millionen Arbeitnehmer nach Belieben geheuert und gefeuert werden können. Das verunsichert die Arbeitnehmer und verschlechtert das Betriebsklima.
Das gleiche gilt für die Kürzung der Lohnfortzahlung. Das wichtigste Kapital der Unternehmen, vor allem im Mittelstand und im Handwerk, sind gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Von ihrem beruflichen Einsatz, von ihrer Motivation hängt es ab, ob ein Unternehmen Erfolg hat oder nicht. Wer durch Eingriffe beim Kündigungsschutz und bei der Lohnfortzahlung die Belegschaften verunsichert und das Betriebsklima verschlechtert, belastet die Leistungsbereitschaft und die Motivation der Beschäftigten. Das müssen Sie endlich begreifen.
Deshalb liegt es im gemeinsamen Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, daß wir die Bundesregierung auffordern: Unterlassen Sie den geplanten Abbau der Arbeitnehmerschutzrechte. Zerstören Sie nicht die Partnerschaft in den Betrieben.
Meine Damen und Herren, von dem Kürzungspaket der Bundesregierung sind die Frauen ganz besonders betroffen.
Die vorzeitige Anhebung der Altersgrenze bedeutet für die Frauen, die ab 1940 geboren sind, eine erhebliche Verschlechterung ihrer Altersversorgung. Wegen der niedrigen Frauenrenten werden viele die geplanten Rentenkürzungen nicht verkraften. Die Durchschnittsrente der Frauen im Westen liegt derzeit bei 800 DM. Ich sage das noch einmal - vielleicht wissen Sie das nicht -: Die Durchschnittsrenten der Frauen im Westen liegen derzeit bei 800 DM. Bei denen, die zukünftig in das Rentenalter eintreten, wird die Rente etwas höher liegen, bei 1 000 oder 1 200 DM.
Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, was es heißt, mit einer Kürzung von etwa 18 Prozent zu drohen? Wissen Sie, wohin wir gekommen sind? Wir sind während Ihrer Regierungszeit dahin gekommen, daß diejenigen, die kleine Renten haben, die Sozialhilfe beziehen, die Arbeitslosenhilfe beziehen, als Besitzstandswahrer diffamiert werden, während die Vermögenden und Reichen dieser Gesellschaft zu Leistungsträgern werden, die offensichtlich keinen Besitz verteidigen.
Ihre Planungen zwingen viele Frauen, länger zu arbeiten. Das wirft ihre Lebensplanung durcheinander. Aber manchmal möchte man verzweifelt fragen: Begreifen Sie überhaupt noch, was das für die einzelnen Menschen bedeutet, die davon betroffen sind?
Auch wenn die Bundesregierung ihre falsche Entscheidung wohl auch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nachträglich um drei Jahre verschoben hat, so ist hier ein erheblicher Vertrauensschaden entstanden.
Mit der einseitigen Aufkündigung des Rentenkompromisses von 1992 hat die Bundesregierung das
Ministerpräsident Oskar Lafontaine
Vertrauen in die Sicherheit der Renten beschädigt. Mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Älteren trägt sie Verantwortung dafür, daß viele Jugendliche keine Chance auf einen Arbeitsplatz erhalten.
Auch bei der geplanten Verschlechterung des Kündigungsschutzes werden die Frauen die Hauptleidtragenden sein. In Friseursalons, Arzt- und Rechtsanwaltspraxen und in vielen anderen Dienstleistungsbetrieben arbeiten zum großen Teil Frauen. Für viele von ihnen soll jetzt das Prinzip des Heuerns und Feuerns Alltagserfahrung werden.
Auch die geplanten Kürzungen bei der Arbeitsförderung gehen vor allem zu Lasten der Frauen in Ostdeutschland. Dort sind 650 000 Frauen arbeitslos gemeldet. Das ist eine Quote von fast 20 Prozent. Meine Damen und Herren von der Koalition, begreifen Sie endlich: Ihre Politik ist zutiefst frauenfeindlich.
Gestern hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß zahlreiche Mütter bei der Festsetzung ihrer Renten verfassungswidrig benachteiligt worden sind.
Ihre Kindererziehungszeiten wurden nicht ausreichend anerkannt. Es paßt ins Bild dieser frauenfeindlichen Politik, daß man das Bundesverfassungsgericht braucht, um die Benachteiligung der Frauen zu korrigieren.
Der Vorgang in seiner ganzen Tragweite ist Ihnen offensichtlich gar nicht klar. Zum dritten Mal sagt das Bundesverfassungsgericht, daß Ihre Politik gegen die soziale Gerechtigkeit in unserem Lande verstößt. Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen gesagt, daß Sie die Familien benachteiligen. Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen gesagt, daß Sie nicht wissen, wie hoch das Existenzminimum ist, das steuerfrei bleiben muß, damit sich die Menschen ernähren können. Nun sagt Ihnen das Bundesverfassungsgericht, daß Sie die Frauen in nicht zulässiger Weise benachteiligen. Welch ein Urteil über Ihre Politik!
Wie die Bundesregierung die Familien mit Kindern behandelt, ist unverantwortlich. Sie wollen den Familien die notwendige Erhöhung des Kindergeldes verweigern, und gleichzeitig wollen Sie den Vermögensmillionären die Vermögensteuer erlassen.
- Daß die F.D.P. dabei schreit, ist verständlich. Aber es gibt noch mehr als 5 Prozent in dieser Gesellschaft. Es gibt noch 95 Prozent, die das ganz anders sehen als Sie.
Dieses Kürzungspaket hat eine schwere soziale Schieflage. Wir werden diese familienfeindliche Politik nicht zulassen.
Wir werden sicherstellen, daß Familien mit Kindern zu ihrem Recht kommen. Wir werden dafür sorgen, daß das Kindergeld wie versprochen und vereinbart zum 1. Januar nächsten Jahres auf 220 DM pro Monat erhöht wird.
Mit der Politik der Bundesregierung ist die Beschäftigungskrise nicht zu überwinden. Die Arbeitslosigkeit steigt Jahr für Jahr; dennoch sind Sie nicht bereit, Ihre Wirtschaftspolitik zu korrigieren.
Dieser Bundesregierung geht es vor allem um die Interessen von Vermögensmillionären und denen, die hohe Einkommen beziehen.
Um die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung geht es Ihnen nicht. Arbeitnehmer und Familien, Rentner und Arbeitslose, Frauen und Jugendliche geraten bei dieser Bundesregierung immer mehr unter die Räder.
Die Bundesregierung behauptet, ihr Kürzungspaket sei zur Sicherung des Standortes Deutschland notwendig. Wir sagen dagegen: Es gibt keinen Zwang, die soziale Sicherheit und die soziale Gerechtigkeit der Globalisierung zu opfern.
Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung folgt einer Irrlehre. Mit dieser Politik wird eine verhängnisvolle Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Wenn in allen Staaten die Reallöhne und die Steuern immer weiter nach unten gehen, wird auch die Binnennachfrage immer weiter geschwächt.
Die Folge sind Rezession, höhere Arbeitslosigkeit und steigende Staatsverschuldung.
Ministerpräsident Oskar Lafontaine
Wenn die sozialen Leistungen und der Umweltschutz in allen Staaten immer weiter zurückgeführt werden, dann untergräbt dieser realwirtschaftliche Abwertungswettlauf auch die sozialen und ökologischen Grundlagen der Industriestaaten.
Bei diesem Abwertungswettlauf der Nationalstaaten kann keiner gewinnen. Am Ende werden alle Länder verlieren. Insbesondere verlieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie haben nicht die hohe Mobilität des Kapitals, sie können ihren Arbeitsplatz und ihren Wohnort nicht einfach von heute auf morgen in ein anderes Land verlegen. Deshalb begrüßen wir die Verabschiedung der Entsenderichtlinien auf europäischer Ebene und sagen noch einmal: Es muß etwas für die Bauarbeiter in unserem Land geschehen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten. Es muß endlich etwas geschehen!
Auf den Einwand der F.D.P., es fänden Verstöße gegen marktwirtschaftliche Prinzipien statt, erwidere ich: Ich wünschte mir, Sie hier einmal durch polnische oder portugiesische Abgeordnete, die für 600 DM arbeiten, zu ersetzen, damit Ihr Hirn etwas in Bewegung käme.
Auf all die marktwirtschaftlichen Argumente, die Sie hier anführen, entgegnen wir Ihnen: Menschen sind keine Ware. Sie können Menschen nicht nach den platten Kategorien ökonomischer Rationalität behandeln.
Die konservative Standortpolitik hat auf die Globalisierung der Märkte mit einer Renationalisierung der Politik reagiert. Kohl sagte schon mehrfach: „Beschäftigungspolitik machen wir zu Hause." Was ist das eigentlich für eine Logik, jeden Tag die Globalisierung zu beschwören und dann zu sagen: „Beschäftigungspolitik machen wir zu Hause"? Wer die Gesetzmäßigkeiten der internationalen wirtschaftlichen Tätigkeit so sehr verkannt hat, der kann die Probleme der Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht lösen.
Natürlich müssen wir auch in Deutschland die Weichen für mehr Wachstum und Beschäftigung stellen. Wir brauchen Steuersenkungen für Arbeitnehmer und Familien. So können wir die Kaufkraft verbessern und die Binnenkonjunktur in Gang bringen.
Wir brauchen eine sofortige Senkung der Lohnnebenkosten.
Dadurch entlasten wir alle Arbeitnehmer und alle Betriebe. Das schafft vor allem im Mittelstand und im Handwerk neue Arbeitsplätze. Außerdem brauchen wir eine moderne Innovationspolitik.
Wir brauchen größere Anstrengungen im Bereich von Forschung und Entwicklung, von Bildung und Wissenschaft.
Denn die Schlüsselbegriffe der Zukunft heißen Innovation, technischer Fortschritt und Qualifikation.
Wir haben schon öfters darauf hingewiesen, daß die Forschungsausgaben der Industrie zurückgehen und auch die Forschungsausgaben des Bundes immer weiter zurückgefallen sind. Ich kann hier nur den Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft zitieren: Wenn man schon vom schlanken Staat redet, meine Damen und Herren, dann muß man bei dieser verordneten Schlankheitskur ja nicht beim Hirn beginnen.
In dem gesamten Gesetzespaket der Bundesregierung, das sinnigerweise Paket zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung heißt, kommt die Jugend überhaupt nicht vor.
In einer Zeit, in der Hunderttausende junger Menschen ohne Arbeits- und Ausbildungsplatz sind, ist das ein einmaliger Vorgang. Die Jugend kommt in ihrem ganzen Paket überhaupt nicht vor.
Die Jugend ist die Zukunft unseres Landes. Deshalb ist es unverantwortlich, daß die Bundesregierung Jugendlichen keine Perspektive für Arbeit und Qualifikation bietet. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist Zeichen eines schwerwiegenden Versagens der Bundesregierung.
Ich möchte auch ein Wort an die Vertreter der Wirtschaft richten. Wer täglich über den Standort Deutschland klagt, aber selbst nicht bereit ist, in die Ausbildung junger Menschen zu investieren, der macht sich für uns total unglaubwürdig.
Ministerpräsident Oskar Lafontaine
Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in den neuen Ländern ist es auch unverständlich, daß das Paket der Bundesregierung wenig darüber aussagt, wie es mit dem Aufbau Ost weitergehen kann. Ein besonderes Problem sind die sogenannten Altschulden der Städte und Gemeinden. Wenn wir dazu beitragen, daß die ostdeutschen Gemeinden keine Investitionen mehr für ihre Bürger und in die Wirtschaft tätigen, machen wir uns einer Fehlentscheidung schuldig. Wir brauchen endlich eine Lösung dieser Frage. Deshalb bedauern wir Ihre Entscheidung vom gestrigen Tage. Machen Sie endlich den Weg für die Entschuldung der ostdeutschen Gemeinden frei, damit sie wieder investieren können.
Ich will noch ein anderes Thema ansprechen, das für die gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes von größter Bedeutung ist. Sie sprachen von Motivation. Wir plädieren für eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Gewinn und am Kapital der Unternehmen. Die großen Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands haben es doch vorgemacht. Beispielhaft nenne ich Philip Rosenthal und Reinhard Mohn. Die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivvermögen ist eine gesellschaftliche Reform, die wir jetzt endlich in Angriff nehmen müssen.
Meine Damen und Herren, gesellschaftlicher Konsens und Soziale Marktwirtschaft sind die Grundlagen für die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und für die Stabilität unserer Demokratie. Deshalb stellen wir uns jedem Versuch entgegen, der Marktwirtschaft ihre soziale Verantwortung zu nehmen. Wir fordern .die Koalition zur Umkehr auf. Wer das Soziale in unserem Staat in Frage stellt, der stellt auch Freiheit und Demokratie in Frage.
Noch einmal sagen wir Ihnen: Die Hunderttausende, die jetzt auf die Straße gehen, verschließen sich nicht der Notwendigkeit, in Zeiten explodierender Staatsverschuldung auch Kürzungsmaßnahmen hinzunehmen. Ich habe Ihnen gesagt, wie es in den Gemeinden und Ländern Tag für Tag aussieht. Was die Menschen aber wollen, ist, daß die soziale Gerechtigkeit in unserem Lande beachtet wird; denn sie war, ist und bleibt die Grundlage einer stabilen Demokratie in Deutschland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Augenblick einen ungeklärten Streit über die Rednerabfolge. Die Bundesregierung teilt mit, daß in der heutigen Debatte des Deutschen Bundestages Bundesminister Blüm für die Bundesregierung gesprochen hat. Nachdem also Bundesregierung und Bundesrat nach Art. 43 Abs. 2 GG das Wort hatten, kämen nun die Fraktionen in der Reihenfolge CDU/CSU, SPD usw. zum Zuge. Das ist die eine Auffassung.
Die andere Auffassung ist, daß die normale Debattenabfolge in der zweiten und dritten Lesung gilt. Ich bitte um Verständnis dafür, daß wir kurz die Sitzung unterbrechen, um diesen Sachverhalt zu klären.
Ich habe eine weitere Wortmeldung; Bundesminister Seehofer hat um das Wort gebeten. Dann gehe ich nach § 43 der Geschäftsordnung vor. Wir bleiben bei der ersten Rechtsauffassung. Es redet jetzt der Bundesminister Seehofer.
- Entschuldigen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem Grundgesetz hat die Bundesregierung wie der Bundesrat jederzeit Rederecht. Davon machen sie jetzt Gebrauch.
- Ich stelle noch einmal fest, daß nach dem Regelverfahren, wenn wir in der Ordnung des heutigen Morgens bleiben - das war Ihre Position - die Bundesregierung wie der Bundesrat jederzeit Rederecht hat.
- Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, damit wir fortfahren können.
- Nein, das ist nicht eine Geschäftsordnung der CDU, sondern die Geschäftsordnung dieses Hauses, an die ich mich halte.
- Herr Struck, zur Geschäftsordnung.
Frau Präsidentin! Ich will hier nur feststellen, daß die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung ein ganz mieses Spiel spielen.
Wir haben eine ganz normale Debatte. Es geht in der zweiten und dritten Lesung immer nach der Stärke der Fraktionen. Wenn der Koalition plötzlich zu spät eingefallen ist, daß der Herr Schäuble deshalb jetzt
Dr. Peter Struck
nicht reden darf, nachdem ein Vertreter der SPD gesprochen hat, ist das ihre Schuld, nicht unsere.
- Wir haben überhaupt keine Angst, vor überhaupt niemandem - damit das einmal klar ist.
Aber ich kann auf eine Rede von Herrn Schäuble ganz gut verzichten.
Ich will hier nur feststellen, Frau Präsidentin, um Ihnen und uns die Arbeit zu erleichtern: Normalerweise müßte man eine solche Angelegenheit schon im Ältestenrat grundsätzlich klären. Ich beantrage das jetzt nicht. Wir werden uns Herrn Seehofer anhören, und dann geht es in der Debatte weiter.
Gut. Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade von Herrn Lafontaine eine sehr laute Rede gehört,
und die hat mich an Johann Wolfgang von Goethe erinnert, der einmal gesagt hat: „Durch die Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt. "
Lieber Herr Ministerpräsident, ich möchte mit der Bemerkung beginnen, daß gestern abend mit allen Stimmen der SPD die seit über einem Jahr so heftig umstrittene Sozialhilfereform beschlossen worden ist.
Ich muß dies etwas breiter ausführen, weil es schon wichtig ist, daß die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, was Sie jetzt gerade gesagt haben und wie Sie sich tatsächlich verhalten.
Mit den Stimmen der Sozialdemokraten ist gestern die Kürzung der Sozialhilfe um 25 Prozent beschlossen worden, wenn zumutbare Arbeit abgelehnt wird.
Mit den Stimmen der Sozialdemokraten ist gestern beschlossen worden, daß ältere Menschen über 65 Jahre künftig nicht mehr automatisch einen 20prozentigen Mehrbedarfszuschlag bei der Sozialhilfe erhalten.
Es war die Forderung der Sozialdemokraten im Vermittlungsausschuß, daß künftig im ambulanten Bereich Behinderte nicht mehr so uneingeschränkt gefördert werden wie in der Vergangenheit.
Es war die Forderung der Sozialdemokraten im Vermittlungsausschuß - wie Sie es gestern auch hier beschlossen haben -, daß die Pflegesätze in Behinderteneinrichtungen, in Altenheimen, in Altenpflegeheimen stärker budgetiert und gedrosselt werden, als von der Regierungskoalition vorgeschlagen.
Meine Damen und Herren, es war die Forderung der Sozialdemokraten im Vermittlungsausschuß - gestern mit allen Stimmen der SPD hier beschlossen -, daß die Ausgaben in der Jugendhilfe beschränkt, gedeckelt werden sollen.
Das hatte die Koalition überhaupt nicht vorgesehen.
Meine Damen und Herren, ich kritisiere nicht, daß man spart. Man kann hier aber nicht ständig von sozialen Ungerechtigkeiten sprechen und sie dann, wenn die Entlastungen in den Sozialhaushalten einem selbst in den Ländern nützen, klammheimlich abends im Deutschen Bundestag beschließen.
Ihre Partei, Herr Lafontaine, die auch heute wieder zu Demonstrationen und zum Widerstand gegen dieses Sparpaket aufgewiegelt hat
- ich stelle das fest -, hat hier, im Deutschen Bundestag, Kürzungen bei der Sozialhilfe bei Ablehnung zumutbarer Arbeit, Kürzungen bei der Behindertenhilfe, Kürzungen bei der Jugendhilfe, Kürzungen bei den Behindertenwerkstätten sowie bei Altenheimen und Altenpflegeheimen mit beschlossen. Es ist eine Unverfrorenheit, eine Doppelzüngigkeit, daß Sie der Öffentlichkeit das Gegenteil vormachen.
Das ist ein scheinheiliges Spiel: Wenn es um die Entlastung der Länderhaushalte geht, wenn gespart wird, dann ist es soziale Gerechtigkeit und ein Gebot der Stunde. Wenn das gleiche von der Regierungskoalition in Bonn vorgeschlagen wird, dann ist es Sozialraub und sozialer Kahlschlag. - Wir müssen Schluß machen mit dieser Scheinheiligkeit.
Vor einem Jahr hat der Kollege Dreßler hier erklärt: Ziehen Sie dieses Sozialhilfegesetz zurück! Er hat in der „Ärzte-Zeitung" gefordert: Zunächst einmal muß die Sozialhilfe um 10 Prozent erhöht werden, um dem Nachholbedarf der vergangenen Jahre gerecht zu werden. Das war im Januar 1995.
Wenige Monate später war die Einsichtsfähigkeit schon ein Stück gestiegen. Er blieb noch immer bei der Forderung: Ziehen Sie das Gesetz zurück!, erklärte aber in der „Berliner Zeitung": Die Sozialhilfe muß um 4 Prozent erhöht werden.
Es gab verschiedene Bundestagsdiskussionen. Da war von „Grausamkeiten" und „Gruselkatalog",
Bundesminister Horst Seehofer
vom „Rückfall in die Steinzeit" die Rede. Jetzt haben die Sozialdemokraten genau dieses Gesetz der Koalition, das sie mit diesen Attributen über ein Jahr lang bekämpft haben, mit beschlossen. Sie haben sogar noch Verschärfungen der Sparbemühungen durchgesetzt.
Ich kritisiere nicht diese Verschärfungen. Ich kritisiere nur diese Doppelzüngigkeit.
Meine Damen und Herren, warum dieser eineinhalbjähriger Kampf der Sozialdemokraten gegen dieses Sozialhilfegesetz, um es jetzt mit zu beschließen? Eineinhalb Jahre lang haben Sie von Ihrem Weg der Utopie zur Realität gebraucht. Eine Schildkröte legt beim Stabhochsprung ein höheres Tempo an den Tag als die Sozialdemokraten bei ihrem Weg von der Utopie zur Realität.
Das, Herr Ministerpräsident, ist die Realität. Zwischen Ihrem Reden und Ihrem Handeln liegen Lichtjahre. Deshalb habe ich das Zitat von Goethe an Sie gerichtet: Sie gehen nicht wahrhaft und wahrhaftig mit der Wahrheit um. Das werfe ich Ihnen vor.
Meine Damen und Herren, wir müssen die verhängnisvolle Spirale durchbrechen, daß steigende Sozialausgaben zu steigenden Beiträgen führen, steigende Beiträge zu höherer Arbeitslosigkeit, höhere Arbeitslosigkeit zu höheren Sozialbelastungen und höhere Sozialbelastungen wiederum zu steigenden Beiträgen.
Die Quelle unserer Sozialsysteme ist noch immer eine funktionierende Volkswirtschaft. Deshalb geht es jetzt in allererster Linie damm, daß wir wieder ein Gleichgewicht zwischen sozialen Ansprüchen und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit herstellen.
Wir werden diese hohen Sozialstandards in der Bundesrepublik Deutschland für die Zukunft nur erhalten, wenn es uns gelingt, die Balance zwischen volkswirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialen Ansprüchen wiederherzustellen.
Deshalb dient diese Sparaktion neben dem Ziel, mehr Beschäftigung zu schaffen, im sozialen Bereich in erster Linie dazu, daß die großen Lebensrisiken auch künftig auf hohem Niveau solidarisch abgesichert werden können.
Das ist das Ziel der Sparaktion, nämlich die sozialen Sicherungssysteme zukunftssicher zu machen.
In weiten Bereichen, Herr Lafontaine, haben die sozialen Sicherungssysteme nicht zu wenig Einnahmen, sondern zu hohe Ausgaben. Unsere Sozialsysteme wären nicht an der Grenze der Finanzierbarkeit, wenn sie sich darauf beschränken würden, Bedürftigen unter die Arme zu greifen. Das Kernproblem unserer Sozialsysteme ist gerade auch im Bereich des Gesundheitswesens und der gesetzlichen Krankenversicherung, daß die Krankenversicherung zwar solidarisch finanziert wird, in weiten Bereichen aber unsolidarisch in Anspruch genommen wird. Es geht darum, diese unsolidarische Inanspruchnahme zurückzuschneiden.
Es gibt eine ganze Reihe von Beispielen, wo man verändern kann, ohne die solidarische Hilfe für Bedürftige, Kranke, Schwache und Pflegebedürftige zurückzuschrauben. Es ist geradezu ein Treppenwitz der Geschichte, meine Damen und Herren, daß hier von einer Politik gegen Schwache, Kranke und Behinderte gesprochen wird, und das kurz vor dem Zeitpunkt, zu dem trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Juli die fünfte Säule unseres sozialen Sicherungssystems in Kraft gesetzt wird, nämlich die gesetzliche Pflegeversicherung, die Kranken, Behinderten und Pflegebedürftigen in der Größenordnung von 32 Milliarden DM unter die Anne greift. Das ist wirklich solidarische Hilfe, meine Damen und Herren.
Ich sprach von unsolidarischer Inanspruchnahme, beispielsweise der Krankenversicherung. Glaubt denn jemand im Ernst, meine Damen und Herren, daß die Steigerung der Kurausgaben in der Krankenversicherung in den letzten drei Jahren um 50 Prozent medizinisch indiziert ist?
Ich kenne Menschen, die alle zwei Jahre auf Kur gehen. Ich kenne aber auch Menschen, die noch nie in ihrem Leben auf Kur waren. Deshalb müssen wir die Kurinanspruchnahme wieder auf die medizinischen Notwendigkeiten zurückführen, weil das sonst ungerecht ist.
Für den Bestand der Kureinrichtungen und der Kurorte brauchen wir nicht 50 Prozent Steigerung, es reichen auch 5 Prozent.
Ist es nicht unsolidarisch, meine Damen und Herren, wenn die Fahrtkosten in der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten Jahren um mehr als 40 Prozent gestiegen sind? Das ist Ausdruck eines zunehmenden Egoismus, eines Abbaus der Solidarität in unserer Gesellschaft. Vielfach wird nicht mehr die Frage gestellt, ob der Sohn oder die Tochter die Mutter vom Krankenhaus nach Hause fahren kann, sondern es wird sofort nach dem Krankentransportwagen oder nach dem Taxi gerufen. Wir brauchen
Bundesminister Horst Seehofer
wieder ein Stück mehr Solidarität, mehr Eigenverantwortung auf diesem Sektor.
Ist es denn richtig, meine Damen und Herren, wenn für jede Störung des Wohlbefindens und für jede Zerrung beim Freizeitsport am Wochenende am Montag zur Erhöhung des Wohlbefindens durch Massagen die gesetzliche Krankenversicherung eintritt? Dafür ist doch eine Zwangsversicherung nicht da.
Eine solidarische Versicherung ist auch nicht dazu da, Kochkurse, Yogaübungen, Fußreflexmassagen und ähnliches zu finanzieren. Die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht für die Sportförderung und zur Finanzierung des Freizeitparks in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich.
Wir wollen, daß die Sozialversicherung wieder auf das Fundament der christlichen Soziallehre zurückgeführt wird - diese Identität fehlt Ihnen -, nämlich Menschen zu helfen, wo sich Menschen zwar helfen wollen, aber nicht helfen können, insbesondere Behinderte, Pflegebedürftige und kranke Menschen.
Ich kann den Begriff „Heuchler" absolut nicht stehenlassen und muß dafür einen Ordnungsruf erteilen. Das geht nicht.
Solidarität ist auf hohem Niveau dauerhaft nur machbar, wenn Eigenverantwortung hinzutritt. Solidarität und Eigenverantwortung sind ein Geschwisterpaar. Wir müssen den Menschen sagen: Wir können eine Nierentransplantation, eine Herzoperation, eine aufwendige ärztliche Diagnostik auch künftig solidarisch nur dann finanzieren, wenn wir bei der Gesundheitsvorsorge, beim gesunden Leben und in vielen Bagatellbereichen des Sozialsystems wieder mehr Eigenverantwortung mobilisieren und realisieren. Beides gehört zusammen.
Es gibt unzählige Beispiele in den Nachbarländern und auch in Übersee: Wenn man glaubt, das Glück des Menschen durch eine Rundumversorgung realisieren zu können, wenn man glaubt, jeden Schritt und Tritt in einem Sozialstaat durch einen Funktionär im Sinne eines Vormunds gestalten zu müssen, dann führt dies letzten Endes dazu, daß alle Menschen gleich werden, aber alle gleich arm, und daß man dann die Spitzenmedizin, den medizinischen Fortschritt und den hohen sozialen Standard nicht mehr finanzieren kann. Das wollen wir in der Bundesrepublik Deutschland nicht.
Ich möchte, daß eine Nierentransplantation, ein Krankenhausaufenthalt einem Sozialhilfeempfänger genauso bezahlt wird wie einem gutverdienenden Mitbürger in unserem Lande.
Aber das werden wir nur durchhalten, wenn nicht jedes Aspirin und jede Massage über die gesetzliche Krankenversicherung finanziert wird.
Mich stören so manche Widerstände aus manchen Verbänden in den letzten Monaten wenig. Politiker und Politikerinnen haben den Auftrag von ihren Wählern, nicht egoistischen Verbandsinteressen hinterherzulaufen, sondern das Gemeinwohl des gesamten Staates und unserer sozialen Sicherungssysteme im Auge zu haben.
Zum Gemeinwohl gehört, daß Sparen auch im Interesse der Arbeitnehmer ist. Ich komme aus einem Wahlkreis mit einem großen Automobilkonzern. Die Gespräche dort mit den Arbeitnehmern zeigen mir immer: Sie klagen über die hohe Abgabenlast.
- Die Frage der Abgabenlast kann man nicht mit den schönen Parolen und nichtssagenden Aussagen des saarländischen Ministerpräsidenten beantworten.
Abgaben kann man nur zurückführen, wenn man unter Beachtung des sozialen Gebots die Ausgaben zurückschneidet. Wir geben dafür ein Beispiel in der gesetzlichen Krankenversicherung wie in der Rentenversicherung und in anderen Bereichen. Wir sparen in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Volumen von 7,5 Milliarden DM nicht für irgendeinen Minister oder für einen öffentlichen Haushalt, vielmehr geben wir die 7,5 Milliarden DM auf Heller und Pfennig in Beitragssenkungen an die Beitragszahler zurück. Das ist eine realistische Beitragspolitik.
Wir sparen für die Arbeitnehmer, weil ständig steigende Abgaben auch Leistungsbereitschaft zerstören und Gift für die Arbeitsplätze sind.
Es muß uns doch alle nachdenklich machen, wenn die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren um ein Vielfaches mehr im Ausland in Arbeitsplätze investiert, als umgekehrt ausländische Investoren in Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland investieren. Das hat viele Ursachen. Eine Ursache liegt in der hohen Lohnnebenkostenbelastung. Wenn wir wollen, daß deutsche Firmen wieder mehr in Deutschland in Arbeitsplätze investieren, müssen wir eine gemeinsame Kraftanstrengung unternehmen, daß die hohe Lohnnebenkostenbelastung in der Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt wird.
Meine Damen und Herren, ich sagte, die Quelle unseres Sozialstandards ist eine leistungsfähige
Bundesminister Horst Seehofer
Volkswirtschaft. Mein Vater war Bauarbeiter. Ich werde nie seine ganz einfache Botschaft an uns Kinder vergessen: Je besser es der Firma geht, in der ich arbeite, um so besser geht es uns.
Deshalb ist die beste Sozialpolitik noch immer eine gute Wirtschaftspolitik. Sie dient den Arbeitnehmern und den kleinen Leuten.
Wir müssen den Menschen auch immer wieder sagen: Auf Dauer kann man ein erstklassiges Sozialsystem nicht erhalten, wenn nicht auch unsere Wirtschaft erstklassig bleibt.
Deshalb muß es unsere gemeinsame Kraftanstrengung sein dazu dient auch die Stabilisierung und die teilweise Reduzierung der Lohnnebenkosten -, daß unsere Volkswirtschaft erstklassig bleibt, weil dies die Grundvoraussetzung dafür ist, daß auch unsere Sozialsysteme in der Zukunft erstklassig bleiben können. Das ist unser Auftrag, und dafür kämpfen wir.
Meine persönliche Erfahrung aus der Diskussion mit der Bevölkerung ist, daß in der Bevölkerung die Sensibilität für das Notwendige weitaus stärker ausgeprägt ist als bei vielen Funktionären, die sich an dieser Diskussion beteiligen.
Deshalb bin ich ziemlich sicher, daß wir eine große Unterstützung für das Durchsetzen der Sparpakete - und wir werden sie durchsetzen - in der Bevölkerung haben. Diese Unterstützung wird noch wachsen, wenn die Bevölkerung merkt, daß diese politischen Entscheidungen auch die wirtschaftlichen Auftriebskräfte in unserer Republik stärken werden. Das ist auch ein zentrales Ziel, das man immer wieder nennen muß.
Lieber Herr Lafontaine, Sie haben heute so gut wie nichts Neues gesagt. Sie haben hier die Rede gehalten, die Sie auf der Demonstration halten wollten.
Ich fordere Sie auf, Herr Lafontaine: Nehmen Sie nicht so häufig an Demonstrationen teil! Halten Sie hier nicht Ihre Reden, die Sie auf Demonstrationen nicht halten durften oder wollten! Nein, setzen Sie sich endlich auf Ihren Hosenboden und legen hier Alternativen vor, über die man konkret reden kann!
Das Wort zu einer Kurzintervention auf die Rede des Bundesministers hat der Kollege Günter Verheugen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister Seehofer hat soeben der SPD-Fraktion vorgeworfen, sie habe Menschen „aufgewiegelt", gegen diese Regierung zu demonstrieren.
Dieser Begriff „aufgewiegelt" stammt aus der Zeit des deutschen Obrigkeitsstaats. Er offenbart genau das obrigkeitsstaatliche Denken dieser Bundesregierung.
Die Menschen in diesem Land müssen nicht aufgewiegelt werden, denn sie haben ein feineres Gespür als Sie für das, was gerecht und was nicht gerecht ist. Sie haben mehr für den sozialen und demokratischen Charakter dieses Staates getan als Sie mit Ihrem ganzen Wust von Gesetzen, die Sie heute hier verabschieden wollen.
Sie empfinden es als eine Anmaßung, wenn die Regierten sich zu dem äußern, was die Regierenden ihnen zumuten. Sie denken, Sie können den Karren an die Wand fahren, und das Volk hat das Maul zu halten.
Das Volk denkt aber gar nicht daran, das Maul zu halten. Wir halten das für richtig und ermutigen die Menschen, von ihren Grundrechten in diesem Land Gebrauch zu machen. Wer in diesem Zusammenhang von „aufwiegeln" spricht, der hat überhaupt nicht begriffen, wovon eine Demokratie lebt.
Eine Demokratie lebt nämlich davon, daß die Menschen bereit sind, sich für ihre eigenen Interessen und die des Gemeinwesens einzusetzen und zum Beispiel eine 16stündige Bahnfahrt aus entferntesten Teilen der Republik hier nach Bonn und wieder zurück auf sich zu nehmen.
Während Sie mit Ihren Dienstwagen der S-Klasse durch die Gegend gefahren werden, müssen die Menschen, denen Sie die Einsparungen zumuten, Nachtfahrten auf sich nehmen, um sich äußern zu können.
Und dann reden Sie vom „Druck der Straße"! Das ist eine Verachtung gegenüber den Menschen, für die Sie Politik machen müssen. Wir weisen diesen Vorwurf zurück, und wir ermutigen die Menschen in
Günter Verheugen
diesem Land, offen und mutig ihre Meinung zu dem zu sagen, was die Regierung ihnen antun will.
Eine Erwiderung wird nicht gewünscht.
Somit hat die Kollegin Kerstin Müller das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich Ihre Vorlage im Vergleich zur ersten ansieht, dann steht sie in einem merkwürdigen Kontrast zu der Selbstzufriedenheit, die Sie, Herr Blüm, und Sie, Herr Seehofer, heute und in den letzten Tagen noch einmal demonstriert haben. Offenbar, Herr Schäuble, hat Sie der „Druck der Straße", wie Sie den Protest der vergangenen Wochen genannt haben, mehr beeindruckt, als Sie wahrhaben wollen.
Meine Damen und Herren von der Koalition, statt hier von „Aufgewiegelten" zu reden, geben Sie doch zu: Sie haben die sogenannte Straße ganz schön unterschätzt. Jetzt sind Sie erst einmal ein Stück zurückgerudert.
Anhebung des Rentenzugangsalters für Frauen ja, aber statt schon in 1997 erst drei Jahre später. Aufweichung des Kündigungsschutzes ja, aber überwiegend erst drei Jahre später. Kürzung bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, aber nicht bei Betriebsunfällen und Berufskrankheiten, sehr wohl aber für Schwangere. Herr Schäuble und Frau Nolte, der Schutz des ungeborenen Lebens spielt für Sie wohl nur dann eine Rolle, wenn es darum geht, die Frauen unter Druck zu setzen und zu maßregeln, wie beim § 218. Aber wenn es um konkrete Hilfe für Familien mit Kindern geht, dann versagen Sie.
Ihnen liegt heute ein Gruppenantrag von Abgeordneten meiner Fraktion und der SPD vor. Wir fordern Sie auf: Nehmen Sie wenigstens die Schwangeren von der Kürzung der Lohnfortzahlung aus! Was haben Sie hier schon alles über den Schutz der Familie und des ungeborenen Lebens erzählt! Und nun werden Schwangere unter Druck gesetzt, auch krank am Arbeitsplatz zu erscheinen, weil sie sonst 20 Prozent weniger Lohn erhalten. Wenn Sie das heute beschließen, wenn Sie den Gruppenantrag ablehnen, dann will ich von Ihnen in diesem Hause kein Wort mehr über Lebensschutz hören. Dieses Recht haben Sie dann moralisch verspielt.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie wollten mit Ihren Korrekturen dem Protest die Spitze nehmen. Mehr als Kosmetik ist dabei leider nicht herausgekommen. Denn Sie haben eines nicht getan: Sie haben die Marschrichtung nicht verändert. Ihre Vorschläge sind immer noch zutiefst sozial ungerecht. Pauschale Entlastungen der Unternehmen und Besserverdienenden erkaufen Sie mit Kürzungen bei den sozial Schwachen. Und vor allem: Sie schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz mehr.
Was wir brauchen, sind Antworten auf die zentralen Probleme der Zukunft. Darum geht es: um neue Konzepte gegen Arbeitslosigkeit, um die Zukunftsfähigkeit des Sozialstaates und um die Chancen der kommenden Generationen.
Die 350 000 Menschen, die am vorletzten Samstag im Bonner Hofgarten versammelt waren, haben das, glaube ich, verstanden, Sie aber, meine Damen und Herren von der Koalition, offensichtlich nicht. Im Gegenteil.
Den Kommentar des Herrn Bundeskanzlers - der heute ja nicht da ist -
zu dieser eindrucksvollen Demonstration möchte ich hier noch einmal in Gänze vortragen. Der Bundeskanzler erklärte:
Bedenkenträger und Berufsnörgler sind nun genug gehört worden. Wer nichts anderes im Sinn hat als die Verteidigung seiner Besitzstände und nur auf Interessengruppen schaut, verspielt die Zukunft Deutschlands.
- Da klatschen Sie auch noch! - Herr Schäuble, Herr Kohl, von wem sprechen Sie eigentlich? Wissen Sie wirklich nicht, wer da demonstriert hat? Ich war dabei. Ich habe weder Berufsnörgler noch Besitzstandswahrer getroffen. Diese Menschen waren auch nicht aufgewiegelt, Herr Seehofer, sondern das sind Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, Menschen, die Reformen wollen und die bereit sind, Veränderungen mitzutragen. Die diffamieren Sie.
Im Bonner Hofgarten hat die Mitte dieser Gesellschaft demonstriert. Ich glaube nicht, daß das bißchen Kosmetik die Wut der Menschen beruhigen wird.
Was diese Menschen so empört, was sie dazu gebracht hat, auf die Straße zu gehen, ist die Tatsache, daß die Lasten so ungerecht verteilt sind. Kürzen und umverteilen - das ist Ihre Botschaft. Das haben diese Menschen sehr wohl verstanden, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen.
Um noch mal auf den unsäglichen Spruch des Kanzlers zurückzukommen: Wer sind denn die Besitzstandswahrer in dieser Republik? Etwa die Sozialhilfeempfänger, die Arbeitslosen, die Behinderten oder die Familien mit Kindern? Sie, meine Damen
Kerstin Müller
und Herren von der Bundesregierung, Sie sind doch die eigentlichen Besitzstandswahrer!
Seit dreizehn Jahren das gleiche Lied: Sie begünstigen Unternehmensgewinne; die haben sich seit 1981 mehr als verdreifacht. Die Steuern auf diese Gewinne sind drastisch gesunken. Die Belastung der Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dagegen stieg im gleichen Zeitraum immens. Die Nettoeinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sinken schon seit Jahren. Da reden Sie von Besitzstandswahrern? Herr Schäuble, der Wegfall der Vermögensteuer ist nichts anderes als Besitzstandsausbau für die Vermögenden.
Ich sage es noch einmal: Die Besitzstandswahrer sitzen auf der Regierungsbank - die F.D.P., die verläßlich die Besitzstände der Reichen und Spitzenverdiener bewahrt;
die Union, die stur an längst überholten Strukturen in Wirtschaft und Verwaltung festhält. Gestern haben wir das wieder diskutiert. Beide bilden eine Koalition zum Schaden von Ökonomie und Ökologie.
Meine Damen und Herren, Sie klagen, der Wirtschaftsstandort Deutschland sei gefährdet. Ich glaube, es geht um etwas anderes - aber davon reden Sie nicht -: Es geht um den Lebensstandort Deutschland, um die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft. Was wir brauchen, wenn wir die Zukunft sichern wollen, ist eine umfassende Modernisierung: eine Modernisierung der Wirtschaft, die endlich umweltgerecht produziert; eine Modernisierung des Sozialstaates, der nach Bedarf und nicht mit der Gießkanne verteilt; eine Modernisierung der Arbeitswelt, die Überstunden abbaut und Teilzeit fördert, und eine Modernisierung der Steuerpolitik, die Steuergerechtigkeit durch radikale Steuervereinfachung schafft.
Ihre Antwort auf die 4 Millionen Arbeitslosen ist aber zutiefst rückwärtsgewandt: unten kürzen, oben verteilen - aus meiner Sicht keine Spur von Reformen.
Und Sie, meine Damen und Herren von der F.D.P., gehen noch ein Stück weiter. Sie setzen aus meiner Sicht auf eine ganz konsequente Amerikanisierung unserer Verhältnisse. Ich frage Sie: Wie wird dieses Land aussehen, wenn Sie die Staatsquote von jetzt 50 Prozent auf 33 Prozent senken, wie Sie es in Ihrem Grundsatzprogramm festgeschrieben haben? Da geht es nicht mehr um 25 Milliarden DM - wie in der heutigen Debatte -; es geht um 17 Prozent des Bruttosozialproduktes, um etwa 500 Milliarden DM.
Sagen Sie den Menschen doch einmal ehrlich, was es heißt, 500 Milliarden DM zu sparen, Herr Westerwelle.
Konkret kann das nur bedeuten: keine Krankenhausbehandlung für ärmere Leute mehr, weg mit staatlichen Hochschulen, keine Betreuung für Drogenabhängige mehr, keine Kulturförderung mehr. Herr Westerwelle, in Ihrem Yuppie-Paradies möchte ich nicht leben.
Was Sie chic verpackt vorschlagen, ist nichts als ein Aufguß der frühen 80er Jahre. Das ist Thatcherismus; und die Folgen können Sie in England studieren.
Sie gehen konsequent den Weg der Entsolidarisierung. Das Sparpaket ist der erste Schritt. Dabei setzen Sie auch auf eine Entsolidarisierung zwischen West und Ost, zwischen den alten und den neuen Ländern. Sie nennen das Normalisierung der Verhältnisse auch im Osten. Ich nenne das Betrug. Zuerst haben Sie im Osten blühende Landschaften versprochen und sind damit auf Wählerfang gegangen. Jetzt stehen Sie vor einer Wüste und lassen die Menschen verdursten.
Im Osten ist die Arbeitslosigkeit mit 16,2 Prozent fast doppelt so hoch wie im Westen. Viele, vor allem mittelständische Betriebe, stehen vor dem Aus. In dieser Situation den Solidaritätszuschlag zu senken - das ist zutiefst unsolidarisch.
Hinzu kommen noch die massiven Kürzungen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Von 17 Milliarden DM Gesamteinsparung der Bundesanstalt für Arbeit bis zum Jahr 2000 sollen 12 Milliarden DM aus den neuen Ländern kommen. Weit über die Hälfte Ihrer Kürzungen legen Sie also den neuen Ländern auf. Das wird die Arbeitslosigkeit noch einmal drastisch erhöhen - und nicht nur das.
Anders als in den alten Ländern beruht ein erheblicher Teil der öffentlichen Dienstleistungen und der sozialen Betreuung in den neuen Bundesländern auf Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Ohne diese Hilfen wird sich der Lebensstandort Ost noch einmal dramatisch verschlechtern. Diese Bedrohung wird im Osten erkannt. Ein auffällig großer Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Bonner Demonstration kam aus den neuen Ländern - über die Hälfte.
Kerstin Müller
Ich finde, das ist ein ermutigendes Zeichen von gewachsenem Selbstvertrauen und geschwundenen Illusionen über diese Regierung. Das läßt hoffen, auch für die Zukunft im Osten.
Wer die Zukunft sichern will, muß ökologisch umsteuern - in Ost und West. Wir müssen Forschung und Technologieförderung umstellen. Wir müssen Abschied nehmen von den Dinosauriertechnologien wie Atomkraft und Transrapid. - Herr Schäuble schüttelt den Kopf.
Eine Fülle von Arbeitsplätzen wird neu entstehen, wenn wir endlich massiv die neuen ressourcenschonenden Technologien fördern. Ich nenne als Beispiel die Windkraft - darüber haben wir hier diskutiert -: 10 000 Arbeitsplätze sind allein in dieser Branche. in den letzten fünf Jahren entstanden, und zwar trotz aller Steine, die man ihr in den Weg gelegt hat. In der ganzen Atomindustrie arbeiten gerade einmal 16 000 Personen, und die Potentiale bei der Windenergie sind bei weitem nicht ausgeschöpft.
Die Zukunft liegt in umweltschonenden Technologien. Wir brauchen eine ökologische Steuerreform. Nur damit läßt sich der ökologisch-soziale Strukturwandel einleiten. Nur so können wir viele neue Arbeitsplätze schaffen, und zwar zukunftsfähige.
Wer die Zukunft sichern will, muß neue Wege gehen. Wir müssen den Sozialstaat umbauen - Herr Seehofer, da gebe ich Ihnen recht -, aber wir dürfen ihn nicht zerschlagen. 37 verschiedene Behörden sind heute für 153 verschiedene staatliche Finanzhilfen zuständig, übrigens alle unter der Regierungspartei F.D.P. entstanden. Wir müssen dieses System vereinfachen, und wir müssen es konsequent am Bedarf orientieren.
Warum, frage ich Sie, Herr Seehofer, erhält auch derjenige Kindergeld, der selbst ein hohes Einkommen hat? Warum zum Beispiel die Mitglieder der Bundesregierung oder die Mitglieder des Bundestages? Diese Menschen brauchen doch nun wirklich keine Sozialleistungen mehr. Um es klar zu sagen: Eine Verschiebung der Kindergelderhöhung kommt für uns nicht in Frage. Aber streichen wir doch gemeinsam das Kindergeld für die hohen Einkommen, und erhöhen wir es für die niedrigen! Das wäre sozial gerechtes Sparen.
Genau dasselbe gilt für Ihre Pflegeversicherung. Sie ist ordnungspolitisch völlig verfehlt, ein Erbenschutzprogramm. Wir müssen aber heute ganz konsequent soziale Leistungen an den Bedarf binden. Das ist die Herausforderung, und die haben Sie auch bei der Pflegeversicherung wieder verpaßt.
Genauso konsequent müssen wir an den neuen Generationenvertrag zur Alterssicherung herangehen. Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag, der aber die ganze Gesellschaft einbezieht, auch die Beamten, die Selbständigen und die Abgeordneten. Auch die Einwanderer - der Bundespräsident hat es angesprochen - können dazu beitragen, die Renten der Zukunft zu sichern.
Aber statt an einer solidarischen Lösung zu arbeiten, was schwer genug ist, beschäftigen Sie sich und uns mit zutiefst ungerechten Einzelkürzungen. Gerade das ist nach meiner Ansicht der größte Schaden, den die Koalition gegenwärtig anrichtet. Sie binden diese Gesellschaft in Abwehrkämpfen gegen Ihre Umverteilungspolitik. Das schafft Desorientierung. Das lenkt ab von den Zukunftsaufgaben. Das gefährdet unsere Zukunft. Denn an keinem einzigen Punkt geht von Ihnen eine Initiative aus, die aus der Krise herausführt, die nach vorne weist und die eine Perspektive für die Zukunft eröffnet.
Frau Müller, kommen Sie bitte zum Ende.
Viel bessere Chancen, uns auf solche Perspektiven zu verständigen, sehen wir in den Protestbewegungen gegen Ihre Politik. Wir müssen und wir werden die Denkblockaden überwinden, die von dieser Koalition ausgehen. Da bin ich mir sicher.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der F.D.P., Dr. Hermann Otto Solms.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu Ihnen, Herr Verheugen: Das Demonstrationsrecht und die freie Meinungsäußerung sind zwei der Grundrechte unserer Verfassung. Kein Mensch bestreitet das. Natürlich darf in Deutschland jeder demonstrieren und seine Meinung äußern,
aber - -
Aber Sie haben mehr zu tun, als nur Ihre Meinung zu äußern: Sie sitzen im Deutschen Bundestag, und Sie stellen eine große Zahl der Ministerpräsidenten in der Bundesrepublik Deutschland. Da reicht es nicht, nur zu reden. Sie müssen handeln, und zwar
Dr. Hermann Otto Solms
mithandeln, damit die finanzielle Basis unseres Gesamtstaates wieder gesichert wird.
Den Streikenden ist auch zu sagen: Natürlich dürft ihr streiken und eure Interessen vertreten. Die Sparzwänge aber, die wir in der Bundesrepublik haben, könnt ihr nicht wegstreiken. Sie sind nun einmal da. Sie lassen sich errechnen, und daran kommt niemand vorbei.
Das Programm für Wachstum und Beschäftigung ist ja nur Teil einer Gesamtstrategie zur Erneuerung der Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland.
Aber es ist ein zentraler Ansatz. Wer den Vorwurf erhebt, das sei ein Sparpaket, hat das nicht verstanden. Natürlich gehört Sparen dazu. Aber es gehören auch - das ist noch wichtiger - strukturelle, dauerhaft wirkende Veränderungen dazu. Das ist in dem Paket enthalten, beispielsweise durch die Änderung der Lohnfortzahlung oder des Kündigungsschutzes.
Das wird beispielsweise aber auch durch die Unternehmenssteuerreform verwirklicht, die Sie seit Jahren blockieren; diese wird in diesem Jahr hoffentlich vollendet. Das wird des weiteren durch den Haushalt 1997 und die mittelfristige Finanzplanung vollzogen, die auch zu Korrekturen an den Strukturen führen werden. Das soll - das ist besonders wichtig - durch die grundlegende Reform des Einkommensteuersystems und der Rentenversicherung verwirklicht werden.
Wer an diese Aufgaben nicht herangeht, wer dazu zu feige ist, der läßt eben die Entwicklung laufen. Meine Damen und Herren, wer auf der Bremse steht, hat selten ein Rennen gewonnen. Das wird Ihnen auch so gehen.
Sie werden weiterhin im Bremserhäuschen sitzen bleiben.
Es gibt halt Binsenwahrheiten in der Volkswirtschaft.
Am Sparen kommt man nicht vorbei, weil die Verschuldung die nachfolgenden Generationen überlastet.
Die Schulden von heute, Herr Fischer, sind die Steuern von morgen. Deswegen müssen Sie jetzt sparen.
Die Abgaben und Steuern müssen jetzt gesenkt werden; denn das ist die Voraussetzung für Wachstum und für mehr Arbeitsplätze.
Es geht ja nur um eines: Es geht darum, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, und um nichts anderes.
Es gibt keine sozialere Politik - das habe ich hier schon häufig gesagt - als eine Politik, die den Menschen, die Arbeit haben wollen,
hilft, Arbeit zu bekommen,
die die Menschen in die Lage versetzt, ihr Leben aus eigener Arbeit zu bestreiten und zu finanzieren, damit sie nicht abhängig sind von den Wohltaten staatlicher Organisationen.
- Schulden, das ist ein wichtiges Thema.
- Sie - genauso wie der Herr Lafontaine - tun so, als wäre 1989/90 nicht ein epochemachendes Ereignis eingetreten.
1989 waren wir beim Bund mit der Staatsverschuldung nahezu auf Null. Wir hatten einen sehr hohen Beschäftigungsgrad; wir hatten 3 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Dann kam die deutsche Einheit und als Folgewirkung der deutschen Einheit die Globalisierung der Märkte mit all ihren Belastungen. Das kann man nun nicht wegreden.
Der Herr Ministerpräsident Lafontaine hat in dieser Woche - ich hoffe, Sie haben es gelesen, Herr Fischer - einen interessanten Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschrieben mit der Überschrift: „Standortwettbewerb kann nicht die Lösung sein."
Dr. Hermann Otto Solms
Ich habe den Artikel zweimal durchgelesen; denn ich wollte genau herausfinden, was er damit eigentlich meint.
Die Quintessenz ist ganz einfach: Wir dürfen überhaupt nichts ändern; denn die Globalisierung der Märkte und ihre Folgen liegen in der Verantwortung der anderen Länder; diese müssen sich anpassen.
Wir sollen unsere Standards erhalten. Wir sollen überhaupt nichts ändern. Die anderen Länder müssen sich ändern; die machen es falsch, wir machen alles richtig. Das ist die Lehre von Herrn Lafontaine.
Deswegen hat mich die Rede heute auch nicht verwundert: Es kam im Rahmen seiner Verantwortung als Ministerpräsident kein einziger konkreter Beitrag dazu, wie wir die Probleme lösen können, wie wir zu mehr Arbeitsplätzen kommen. Das war ein höchst interessanter Beitrag.
Wenn ich mir ansehe, wie die Finanzsituation im Saarland ist, kann ich nur sagen: Schließen Sie die Augen! Es ist grauenhaft; eine so schlechte Finanzsituation gibt es kaum in einem anderen Bundesland.
Übrigens sieht es in den Bundesländern allgemein noch viel schlechter als beim Bund aus. Die Bundesländer werden sich der Gesamtverantwortung nicht entziehen können. Das werden Sie im Herbst hier erleben.
Das haben Sie gestern abend schon erlebt; der Bundesgesundheitsminister hat ja an den Beitrag der Sozialdemokraten zum Beschluß über die Sozialhilfereform erinnert.
.
Herr Solms, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Fischer?
Bitte schön.
Herr Kollege Sohns, Sie sprechen zu Recht den notwendigen Strukturwandel im Zusammenhang mit der Globalisierung an. Ist die F.D.P. denn bereit, zur Modernisierung unseres Staatswesens endlich die notwendige grundgesetzliche Voraussetzung mitzubeschließen, so daß wir als Gesetzgeber die Möglichkeit haben, die Schaffung eines modernen öffentlichen Dienstes - ich sehe darin eines der Hauptstandorterfordernisse - in Angriff zu nehmen? Werden Sie der Grundgesetzänderung, die wir hier eingebracht haben, zustimmen?
Mit einer Grundgesetzänderung ist nichts geändert.
Geändert haben wir diese Woche die Bedingungen des Dienstrechtes, und dem haben Sie bedauerlicherweise nicht zugestimmt; denn das bringt genau die Fortschritte, die wir brauchen.
Deswegen brauchen wir uns - das sage ich für die F.D.P. ganz dezidiert - vom bewährten Berufsbeamtentum überhaupt nicht zu verabschieden. Das wird und muß es in der Bundesrepublik weiterhin geben.
Aber ich wollte noch einmal auf meine Rede zurückkommen. Das Saarland und einige andere Länder bekommen Sonderergänzungszuweisungen des Bundes. Wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung und der zentralen Verwaltung erhalten einige Länder jedes Jahr SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen, darunter das Saarland 153 Millionen DM und Schleswig-Holstein beispielsweise 164 Millionen DM.
Ich finde schon interessant, mit welcher Frechheit der Ministerpräsident des Saarlandes hier auftritt, obwohl er weiß, daß sein Gehalt und das Gehalt seines Kabinetts vom Bund bezahlt werden.
Es ist nur dem bargeldlosen Zahlungsverkehr zu danken, daß der Ministerpräsident des Saarlandes mit seinem Finanzminister nicht jeden Monat nach Bonn kommen muß, um vom Bundesfinanzminister seine Gehaltsschecks in Empfang zu nehmen.
Wenn wir darauf zurückommen würden, würde er sich vielleicht etwas anständiger benehmen und uns auch etwas dankbarer sein.
- Dankbar dafür, daß der Bund mit seinen Finanzhilfen das Saarland leben läßt. So ist es doch. Das war einer der zentralen Verhandlungspunkte beim Solidarpakt, daß nämlich genau diese SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen zugunsten des Saarlandes und von Bremen beschlossen worden sind. Genau das war damals das Interesse.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einmal auf das Programm für Wachstum und Beschäftigung zurückkommen. Hier sind strukturelle
Dr. Hermann Otto Solms
Elemente enthalten, die von Ihnen besonders bestritten werden. Ich will als erstes die Änderung bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nennen. Was genau wird denn hier beschlossen? Es geht um die Senkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle auf 80 Prozent, allerdings ausgleichbar durch die Hingabe von Urlaubstagen.
Das heißt, in einem Land wie der Bundesrepublik, wo mit die höchsten Urlaubsansprüche bestehen, müssen für sechs Wochen Krankheit ganze sechs Urlaubstage hingegeben werden. Das ist doch wirklich zumutbar. Aber dabei haben Sie ganz vergessen, daß der Kranke während seiner sechswöchigen Abwesenheit wieder Urlaubsansprüche erdient; und zwar dreieinhalb Tage, so daß er netto tatsächlich nur zweieinhalb Urlaubstage für diese sechs Wochen Abwesenheit zur Verfügung stellen muß.
Uns geht es in Wirklichkeit gar nicht um die Minderung der Bezahlung. Es geht ganz schlicht und einfach darum: Es muß immer ein Anreiz bestehen, daß man für Arbeit mehr bekommt als für Nichtarbeit.
Der Bundesarbeitsminister hatte darauf hingewiesen. Was wir uns davon versprechen - die Beispiele in Schweden, in den Niederlanden und in Dänemark haben das ja erwiesen -, ist, daß sich daraus eine Verhaltensänderung ergibt mit der Folge, daß die durchschnittlichen Fehlzeiten zurückgehen und damit eine deutliche Entlastung bei den Lohnzusatzkosten erfolgt, Herr Lafontaine, die Sie ja auch erreichen wollen.
Ergänzend dazu ist zu sagen: Die Gewerkschaften führen an, sie hätten dafür den längsten Streik in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Das stimmt -1956/57 in Schleswig-Holstein. Das Ergebnis dieses Streiks könnte ich auch heute sehr gut verantworten: drei Karenztage und 90 Prozent der Bezahlung - also kaum ein Unterschied zu dem, was heute in der Diskussion ist. Und damals gab es durchschnittlich nur 15 Urlaubstage.
Also haben wir heute eine viel großzügigere Regelung als damals.
Herr Solms, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Grießhaber?
Nein. - Eine weitere Bemerkung zum Thema Lohnfortzahlung: Wir haben beschlossen, daß die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle auch die Beamten treffen soll. Das ist auch richtig so; das müssen wir tun.
Das heißt natürlich, daß auch der Manteltarifvertrag im öffentlichen Dienst nach endgültiger Verabschiedung des Gesetzes unverzüglich gekündigt werden muß. Dazu sind wir bereit. Ich sage für die F.D.P. ganz deutlich: Auf Dauer darf es im öffentlichen
Dienst selbstverständlich keine Schlechterbehandlung weder der einen noch der anderen Seite geben.
Langfristig müssen die Beamten - das ist für uns wichtig - so behandelt werden wie die Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst.
Schließlich noch ein Wort zum Kündigungsschutz. Die Anhebung des Schwellenwertes beim Kündigungsschutz hat nur ein Ziel: ein Einstellungshemmnis bei kleinen Unternehmen zu beseitigen. Deswegen war es auch richtig, für die Beschäftigten, die heute den Kündigungsschutz genießen, eine längerfristige Übergangsregelung zu schaffen, damit nicht der Eindruck entsteht, die Absicht sei, Entlassungen zu erleichtern.
- Ich will Sie trösten, Frau Fuchs: In den Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern ist die Kündigungsrate extrem niedrig.
In den Betrieben mit weniger als fünf Mitarbeitern, für die schon heute diese Regelung nicht gilt, ist die Rate am niedrigsten.
In den letzten Jahren, in denen die Großbetriebe Beschäftigung abgebaut haben, war gerade bei den kleinen Betrieben ein deutlicher Beschäftigungszuwachs festzustellen.
Wenn wir mehr Beschäftigung wollen, müssen wir dort ansetzen und denen helfen, die in der Lage sind, Beschäftigung anzubieten. Wo denn sonst? Wir leben doch nicht im Himmel!
Gestern hatte die „Süddeutsche Zeitung" einen wirklich interessanten Leitartikel, verfaßt von Helmut Maier-Mannhart.
Am liebsten würde ich Ihnen den ganzen Artikel vorlesen; aber soviel Redezeit habe ich hier nicht. Ich empfehle ihn Ihrer Kenntnis.
- Frau Fuchs, lesen Sie den Artikel im Gesamtzusammenhang. Dann werden Sie feststellen, daß er zu dem Ergebnis kommt: Es muß natürlich gespart werden, es müssen Änderungen vorgenommen werden.
Dr. Hermann Otto Solms
Selbstverständlich kann man über die soziale Ausgewogenheit diskutieren, Dazu brauche ich aber Ihre Gegenvorschläge, die Sie bis heute nicht vorgelegt haben.
- Bezüglich der Vermögensteuer hat meine Kollegin Gisela Frick in der letzten Woche Ihrer Seite ein Privatissimum gratis gegeben, eine Ausbildungsstunde.
Das, was sie hier vorgetragen hat, ist in dieser Woche bei der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuß von allen Experten bestätigt worden.
Lassen Sie doch diese ideologische Diskussion; die hilft keinem Menschen weiter.
Meine Damen und Herren, ich muß zum Schluß kommen.
Ich will daran erinnern: Diese Gesetze werden jetzt im Deutschen Bundestag verabschiedet. Dann kommt die Sommerpause. Sie haben acht Wochen Zeit,
sich zu überlegen, wie Sie sich im Bundesrat auf diese Fragen einstellen wollen.
Ich sage Ihnen schon jetzt: Ersparen Sie sich die Blamage des letzten Jahres. Im letzten Jahr haben Sie hier im Bundestag groß getönt, und im Vermittlungsausschuß ist alles wieder eingesammelt worden. Ihre Vertreter aus der Bundestagsfraktion sind kaum zu Wort gekommen.
In diesem Jahr wird es nicht viel anders sein. Zum Schluß wird man sich einigen.
- Kennen Sie ein Gremium in Bonn, das verschwiegen wäre?
Keine Dialoge bitte.
Das steht doch am nächsten Tag in jeder Zeitung. Sie brauchen mich gar nicht danach zu fragen.
Ich kann Ihnen viele Zeitungszitate nennen, wo das steht. Das ist unter Ihrem Niveau, Herr Dreßler. Das wissen Sie doch genauso wie ich.
Entscheidend ist: Der Bundesrat muß sich seiner Verantwortung stellen, und wir sind gemeinsam für den Gesamtstaat verantwortlich.
Der Bundesrat ist schließlich eine gesetzgebende Körperschaft des Bundes. Er hat auch Landesinteressen zu vertreten; aber er hat das Gemeinwohl mit zu vertreten.
Darüber haben wir zu streiten, darüber haben wir auch Entscheidungen zu fällen. Und zu diesen Entscheidungen fordere ich Sie auf. Ich bin wirklich neugierig, wie in der Sommerpause die einzelnen Meinungen wieder durch die Presse laufen werden.
Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention zur Rede von Herrn Dr. Solms hat Dr. Barbara Hendricks.
Herr Kollege Sohns, im Gegensatz zu Ihnen habe ich an den beiden Tagen an der Anhörung des Finanzausschusses teilgenommen. Am ersten Vormittag dieser zweitägigen Anhörung ist über die Bindungswirkung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom Juni des vergangenen Jahres gesprochen worden.
Es ist klar, das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, daß die bisherigen unterschiedlichen Bewertungen des Vermögens, insbesondere des Grundvermögens, nicht verfassungsgemäß sind. Das hätte jeder von uns auch vorher wissen können. Der Bundesfinanzminister hätte schon vor Jahren einen Gesetzentwurf vorlegen können, und wir hätten gar nicht auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil warten müssen. Aber so ist die Bundesregierung.
Doch darüber hinaus finden sich die Aussagen zwar im Spruch des Bundesverfassungsgerichts, sind aber jedenfalls nicht Teil des Tenors. Es ist von mehreren Experten - im Gegensatz zu Ihrer Behauptung - gesagt worden, das sei ein Obiter dictum, also etwas darüber hinaus noch Mitgeteiltes, was keinerlei Bindungswirkung für den Gesetzgeber entfaltet.
Dr. Barbara Hendricks
Nun kann man natürlich aus ideologischen Gründen, so wie Sie, durchaus begründen, daß man für die Abschaffung der Vermögensteuer ist. Sie tun das ja auch ideologisch. Sie können das meinetwegen aus Ihrer Sicht auch ökonomisch begründen.
Ihre ökonomische Sichtweise ist ja nicht die Sichtweise der ganzen Republik. Aber Sie können es jedenfalls nicht mit dem Verfassungsgerichtsurteil begründen.
Zur Entgegnung Herr Dr. Solms.
Das Urteil des Bundesverfassungsrichts kommt zu sehr eindeutigen Aussagen.
Ich will die in der Kürze der Zeit jetzt nicht wiederholen. Die Konsequenz dieser Aussagen ist jedenfalls, daß schlußendlich nur noch die Besitzer mittlerer Vermögen und die Bezieher mittlerer Einkommen Vermögensteuer bezahlen müßten. Das kann weder Ihr noch unser Interesse sein, denn die Bezieher von mittleren Einkommen sind ja gerade diejenigen, die den Leistungsprozeß in der Bundesrepublik am meisten befördern.
Es ist nun einmal so, daß ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verpflichtend ist. Für mich jedenfalls und für die F.D.P.-Fraktion ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verpflichtend. Und die Kollegin Frau Professor Gisela Frick, die ja Steuerrechtlerin ist, hat letzte Woche dieses Urteil sehr sachverständig interpretiert. Das war eine Lehrstunde für viele, die sich im Steuerrecht nicht so auskennen.
Die Konsequenz ist ganz einfach: Wir lehnen es ab, die Bezieher mittlerer Einkommen dadurch zusätzlich zu Lasteseln der Nation zu machen.
Das Wort hat jetzt Dr. Gregor Gysi.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Blüm, Sie haben davon gesprochen, daß hier eine Veränderung der Fahrtrichtung beschlossen werden soll. Das sehe ich auch so. Aber die Richtung soll plötzlich nach rückwärts gehen. Und das halten wir einfach für den falschen Weg. Man kann die Bundesrepublik
Deutschland auch nach vorne verändern, wenn man will.
Und eines muß ich zu Ihrer Rede auch sagen: Wissen Sie, es gibt viele sozial Betroffene in dieser Gesellschaft, die jetzt vor den Fernsehern sitzen und erleben, was mit ihnen geschieht. Und Sie halten hier von Anfang bis Ende eine Büttenrede, in der Sie die sozial Schwachen in dieser Gesellschaft auch noch verspotten. Das haben die nicht verdient!
Sie verunglimpfen natürlich auch die Demonstrantinnen und Demonstranten und die Proteste der Gewerkschaften. Es gibt aber zum Glück viele, die an ihrer Seite stehen. Sie sagen immer, Sie beugten sich nicht dem „Druck der Straße", es imponierten Ihnen weder Streikaktionen noch Demonstrationen. Aber wenn die Arbeitgeberpräsidenten einmal eine kleine Pressekonferenz geben, dann zucken Sie sofort zurück und machen alles, was sie Ihnen auftragen. Das ist die Realität der Politik dieser Koalition.
Ihr Programm, das einen völlig falschen Namen trägt, ist in Wirklichkeit verfassungswidrig, arbeitnehmerinnen- und arbeitnehmerfeindlich, frauenfeindlich, kinder- und familienunfreundlich, gegen den Osten Deutschlands gerichtet, sozial grob ungerecht und in höchstem Maße unchristlich.
Ich will einmal etwas zur Verfassungswidrigkeit Ihres Programms sagen: Mit Ihren Beschlüssen, die Sie hier zur Abstimmung stellen, untergraben Sie weiter Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes und damit den Konsens bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, den Sozialstaatskompromiß, den Sie gerade nach der deutschen Einheit Schritt für Schritt beseitigen wollen, weil Sie glauben, ihn im Rahmen einer Systemauseinandersetzung nicht mehr nötig zu haben. Dagegen müssen sich die Gewerkschaften wehren, wenn sie ihrer Funktion gerecht werden wollen.
Sie verletzen aber auch Art. 3 des Grundgesetzes, nämlich den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Erklären Sie doch einmal Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in einem Unternehmen mit 10 Beschäftigten, weshalb sie eine völlig andere Rechtsstellung haben sollen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Unternehmen mit vielleicht 12, 13 oder 15 Beschäftigten. Das verstößt gegen Art. 3 des Grundgesetzes. Auch den Unternehmerinnen und Unternehmern können Sie nicht erklären, weshalb sie bei 10 Beschäftigten ganz andere Pflichten haben als bei 11 Beschäftigten. Nicht ein-
Dr. Gregor Gysi
mal diese einfachen Verfassungsregeln können Sie mit Ihren gesetzlichen Vorschlägen einhalten.
Sie verletzen auch die Chancengleichheit für Frauen; denn gerade diese Maßnahmen werden in erster Linie Frauen betreffen, weil sie in Unternehmen mit wenig Beschäftigten tätig sind. Damit verletzen Sie erneut Art. 3 des Grundgesetzes. Sie verletzen auch Art. 9 des Grundgesetzes, der die Tarifautonomie sichert, und Sie verletzen das Gebot zur Angleichung der Lebensverhältnisse; denn mit Ihren Maßnahmen entscheiden Sie, 140 000 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Osten Deutschlands zu streichen. Das sind immerhin Hilfsarbeitsplätze, die dort geschaffen worden sind. Damit verarmen Sie diese Region und werden Ihren entsprechenden Pflichten aus dem Grundgesetz nicht gerecht.
Das, was Sie an Arbeitnehmerfeindlichkeit zum Ausdruck bringen, ist in jeder Hinsicht ein starkes Stück. Da argumentieren Sie bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in einer Art und Weise, als ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Deutschlands permanent krankfeiern würden. Seit wann richtet man geltendes Recht an einem möglichen Mißbrauch aus? Geltendes Recht muß an den Interessen der wirklich Bedürftigen ausgerichtet sein. Sie aber nehmen allen Kranken 20 Prozent von ihrem Lohn.
Gerade die, die besonders lange erkrankt sind, die besonders schwer erkrankt sind, werden das zu spüren bekommen. Meine Kollegin Müller hat schon darauf hingewiesen.
Ihr ganzes Gebabbel zum Schutz des ungeborenen Lebens können Sie ab heute vergessen. Wer einer Schwangeren nicht einmal 100 Prozent Lohnfortzahlung bei Krankheit gewährt und wer darüber hinaus noch eine weitere Einschränkung vornimmt, die ich Ihnen gleich sagen werde und die Ihre Frauenfeindlichkeit besonders unterstreicht, sollte hier nie wieder mit diesem Argument kommen.
Sie haben geregelt, daß Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten wenigstens für drei Jahre Vertrauensschutz haben, wenn sie jetzt schon Arbeitsverträge in der Hand haben. Das verstößt übrigens auch wieder gegen Art. 3 des Grundgesetzes, weil Sie dann in den gleichen Unternehmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Rechten bekommen, je nachdem wann sie den Arbeitsvertrag abgeschlossen haben. Davon aber ganz abgesehen, Sie waren nicht einmal bereit, eine Ausnahme zu konzedieren: bei der Erziehungszeit. Wenn jetzt eine Frau ein Kind zur Welt bringt und danach drei Jahre Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt, dann hat sie den Vertrauensschutz verwirkt. Sie kommt zurück und kann sofort gefeuert werden. Das ist die frauenfeindliche Politik, die Sie hier betreiben.
Zu Ihren abenteuerlichen Regelungen zum Zahnersatz und zum Brillengestell - ich habe Ihnen das schon einmal gesagt -: Die nächste Generation bekommt von den gesetzlichen Krankenkassen bei Zahnersatz keine einzige Mark Zuschuß mehr. Sie wissen, daß Leistungen auf diesem Gebiet immer teurer werden, aber Sie regulieren die Preise auf diesem Gebiet nicht. Das heißt, Sie machen Armut wieder sichtbar über Zahnlosigkeit. Und offensichtlich vertreten Sie auch noch die Meinung, daß die Ärmeren in dieser Gesellschaft nicht zu lesen brauchen.
Das wird gerade Familien in hohem Maße betreffen.
Im übrigen: Ihre Maßnahmen zur Kostensenkung bei Kuren und ähnlichem treffen in besonderem Maße den Osten Deutschlands. Die meisten neuen Bundesländer leben heute zu einem großen Teil von Kuren und Touristik. Indem Sie dort die Mittel kürzen, bauen Sie direkt Arbeitsplätze ab und nehmen den neuen Bundesländern entsprechende Chancen. Auch das ist eine Wahrheit, zu der Sie sich bekennen sollten.
Das Ganze ist sozial grob ungerecht. Sie tun so, als ob diese Bundesrepublik Deutschland nur noch von den Lohnabhängigen und Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhifeempfänger zu bezahlen wäre. Sie tasten nie die Besitzstände der Vermögenden, der Besserverdienenden und der Reichen an. Solange Sie das nicht tun, bleiben Sie in höchstem Maße unglaubwürdig.
Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht zuwenig Geld, es wird nur von den Falschen nicht geholt und höchst ungerecht verteilt. Das ist das Problem.
- Ach wissen Sie, Prinz Sohns, eines muß ich Ihnen sagen: Adel verpflichtet, zumindest zum Edelmut. Davon war in Ihrer Rede nicht im geringsten etwas zu spüren.
Die Vermögen in Deutschland vermehren sich explosionsartig. Das private Geldvermögen hat sich seit 1980 auf 3 500 Milliarden DM verdreifacht. Die Hälfte des Vermögens teilt sich eine dünne Schicht von 10 Prozent der Bevölkerung. 50 Prozent der Bevölkerung müssen sich 2,5 Prozent des Vermögens teilen. Die Zahl der Vermögensmillionäre hat sich seit 1980 knapp vervierfacht. 5 Prozent der westdeutschen Haushalte besitzen über 30 Prozent des Geld-
Dr. Gregor Gysi
vermögens. 25 Prozent verfügen über kein Vermögen, mehr als 2,3 Millionen Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner und Heiminsassen müssen ständig von Sozialhilfe leben.
Ich sage Ihnen: Greifen Sie Besitzstände an, gehen Sie zu den 10 Prozent in der Bevölkerung, die über das meiste Vermögen verfügen! An diese Besitzstände hat sich diese Regierung noch nie - und sei es wegen einer einzigen Mark - herangetraut.
Seit 15 Jahren steigen auch die Gewinne der großen Unternehmen. Sie stiegen um 115 Prozent, während die Löhne real so gut wie überhaupt nicht gestiegen sind. Auch das ist eine Tatsache. Ich rede hier nicht vom Mittelstand, von dem Sie immer sprechen, den Sie aber in Wirklichkeit gar nicht fördern. Der zahlt ehrlich seine Steuern.
Aber die Banken verdoppeln ihre Gewinne und zahlen weniger Steuern. Die Großkonzerne zahlen ihre Steuern woanders. Wann machen Sie etwas dagegen? Sie reden vom Sozialmißbrauch der Sozialhilfeempfänger und lassen sich Milliarden bei den Banken und Großkonzernen durch die Lappen gehen, ohne irgend etwas dagegen zu unternehmen.
Natürlich sind Maßnahmen erforderlich, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und vorhandene zu erhalten. Welche Maßnahmen könnten das sein? - Ein ganz anderes Reformprogramm! Darin würde es um Arbeitszeitverkürzung gehen, es würde darum gehen, Lohnnebenkosten nicht länger nach der Zahl der Beschäftigten und der Bruttolohnsumme zu berechnen, sondern nach Umsatz und Gewinn.
Es würde darum gehen, Finanz- und Spekulationsgeschäfte hoch zu besteuern, Produktion geringer. Die kleinen und mittleren Unternehmen könnten unterstützt werden. Es ginge endlich wieder darum, den Binnenmarkt, die Nachfrage zu stärken. Dafür müßten Sie die Kaufkraft erhöhen. Wenn Sie die Kaufkraft wieder um Milliarden reduzieren, heißt das: Produktions- und Dienstleistungsrückgang und weiterer Arbeitsplatzabbau.
Ihr Programm ist ein Programm gegen Beschäftigung.
Sie müssen den Mut haben, an die über 700 Milliarden DM frei vagabundierendes Kapital heranzugehen. Hier fehlt Ihnen jede Courage, das zu tun. Sie müßten Möglichkeiten zu einer gerechten Besteuerung von Unternehmen finden. Sie müßten zu einer Vermögensteuer kommen, die man auch wirklich so nennen kann, doch Sie schaffen sie ab. Sie müßten zu einer gerechten Erbschaftsteuer kommen und eine Quellensteuer gegen Steuer- und Kapitalflucht einführen. All das wäre möglich, wenn Sie wollten.
Natürlich kann man auch einsparen. Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Sie könnten endlich bei der Rüstung und der Bürokratie einsparen ebenso beim Transrapid. Sie könnten auch bei Protzbauten in Berlin einsparen.
Sie könnten bei den überflüssigen Geheimdiensten und bei Subventionen einsparen. Ich kann Ihnen noch viele weitere Beispiele nennen. Sie könnten die Ökologie vorantreiben, es gäbe viele Möglichkeiten, die Bundesrepublik Deutschland zu verändern. Aber Sie nutzen diese alle nicht. Tun Sie nicht so, als ob Ihre Politik der Einsparung zu Lasten der Lohnabhängigen und sozial Schwachen alternativlos wäre. Das ist sie nicht.
Ich sage Ihnen: Wenn wir schon sparen, dann sollten wir uns am besten diese Regierung sparen.
Das Wort hat der Kollege Michael Glos, CDU/CSU.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Demokratie gehört auch, daß man viel erträgt und sich einen Klassenkämpfer anhören muß, der eigentlich sehr beschämend geredet hat. Die Kommunisten in der ehemaligen DDR haben Armut, Elend und Unfreiheit für alle bewirkt.
Deswegen würde ich mich schämen, Herr Gysi, hier eine so klassenkämpferische Rede zu halten.
Kommunisten wieder Macht über die deutsche Wirtschaft zu geben wäre genauso töricht, wie ausgerechnet einen Totengräber zum Geburtshelfer zu machen.
Von Herrn Gysi bin ich aber überhaupt nicht enttäuscht, ich habe nichts anderes erwartet. Enttäuscht hat mich die Rede von Herrn Ministerpräsidenten Lafontaine. Er hat in der Sache keinerlei Vorschläge geboten. - Ich kann verstehen, verehrter Herr Fraktionsvorsitzender, daß er sich nach der Rede von Herrn Gysi erst einmal kurz erleichtern muß. - Dabei hatte ich doch sehr stark gehofft, daß Herr Lafontaine konkrete Vorschläge macht. Er hat nur Forderungen auf-
Michael Glos
gestellt, er hat keinerlei Finanzierungsvorschläge gemacht, er hat nur gefordert, daß wir unsere Sozialsysteme tragfähiger machen müssen. Er redet - selbstverständlich, wer will es ihm verwehren? - wie ein Ministerpräsident, der gewohnt ist, daß sein Haushalt alimentiert wird. Aber es gibt keine finanzielle Macht dieser Erde, die die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer finanziell alimentieren könnte.
Deswegen müssen wir unsere Volkswirtschaft wieder in Ordnung bringen. Noch gehört die deutsche Volkswirtschaft zu den leistungsfähigsten Volkswirtschaften in der ganzen Welt. Wir haben ein großes Potential an gut ausgebildeten, leistungsbereiten Menschen. Wir haben eine hervorragende Infrastruktur. Wir haben weltweite Handelsbeziehungen. Wir haben freien Zugang zu den Kapitalmärkten, und wir genießen vor allen Dingen noch Vertrauen.
Tiefe Sorge macht mir die Tatsache, daß wir mehr als 4 Millionen Menschen in Deutschland haben, die Arbeit suchen und gerne arbeiten würden, denen aber gegenwärtig der Zugang zum Arbeitsmarkt offensichtlich verwehrt ist. Ich weiß, daß es kein Patentrezept zur Lösung dieses Problems gibt. Wir wollen, daß das gewaltige Potential unserer Volkswirtschaft, das zugedeckt ist, wieder freigesetzt wird. Wir müssen Abschied nehmen von einem aufgeblähten sozialen Versorgungssystem, einem zu hohen Staatsanteil und einem zu engmaschigen Gesetzes- und Regelwerk.
Wenn jede dritte Mark des Volkseinkommens in den Sozialbereich fließt und die Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern insgesamt auf 40 Prozent angestiegen sind, ist dringend Zeit zum Handeln, und das tun wir im Interesse der deutschen Volkswirtschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Sozialstaat nimmt sich dann seine wirtschaftliche und finanzielle Grundlage, wenn er die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft gefährdet und Wildwuchs hinnimmt. Wir werden diesen Wildwuchs beschneiden; Horst Seehofer hat vorhin Beispiele gebracht. Das deutsche Volk ist in den letzten vier Jahren nicht um so viel kränker geworden, wie die Zahl der Kuren angestiegen ist. Schlemmeressen und Bauchtanzkurse - und was weiß ich noch - müssen nicht auf Kosten der Krankenkasse finanziert werden.
Die Sicherung unseres Sozialstaates wird vor allen Dingen dann gelingen - und um diese Sicherung geht es uns -, wenn wir die Ausgaben auf das wirklich Notwendige reduzieren. Dazu brauchen wir wieder ein Gleichgewicht zwischen Solidarität und richtiger Eigenverantwortung.
Ludwig Erhard, dessen Regeln heute in vielen Reformländern gefragt sind und von dem viele lernen, hat vor 40 Jahren gesagt:
Soziale Hilfe ist nur auf der Grundlage einer leistungsfähigen Wirtschaft möglich. Deshalb ist es notwendig, daß das Subsidiaritätsprinzip als eines der wichtigsten Ordnungsprinzipien für die soziale Sicherung anerkannt und daß Selbsthilfe und Eigenvorsorge so weit wie möglich Vorrang eingeräumt wird.
Deswegen gehen die polemischen Angriffe, wie wir sie zum Beispiel gestern vom IG-Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel hören mußten, der gesagt hat, wir wollten Kapitalismus pur verwirklichen,
ins Leere.
Die CDU und die CSU werden sich immer den Lehren Ludwig Erhards verpflichtet fühlen, und das bedeutet Soziale Marktwirtschaft.
Das bedeutet - auch wenn Sie es nicht hören wollen - Eigenverantwortung, eigene Beiträge zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes.
Wenn man einmal für zwei Wochen krankheitsbedingter Fehlzeiten zwei Urlaubstage einbringen muß, dann bedeutet das bei über 30 Urlaubstagen beileibe keinen sozialen Kahlschlag. Das glauben Ihnen die Menschen im Land auch nicht. Neben Luxemburg ist Deutschland heute das einzige Land, in dem krankheitsbedingte Fehlzeiten genauso wie Arbeit bezahlt werden. Angesichts der Tatsache, daß wir in Deutschland ohnedies die kürzesten Arbeitszeiten und den längsten Urlaub haben, ist diese Selbstbeteiligung - um nicht mehr und nicht weniger geht es letzten Endes - durchaus zumutbar.
Unser Bundespräsident Roman Herzog hat in der letzten Woche deutlich gemacht:
Der Standort Deutschland wird nicht durch die Globalisierung an sich bedroht. Er wäre es nur, wenn sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf den Tempowechsel nicht ausreichend und rasch genug einstellen würden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir leben nicht auf einer naturgesetzlich garantierten Insel des Wohlstandes, wenn sich weltweit um uns alles verändert.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal Roman Herzog zitieren:
Der Strukturwandel muß so oder so bewältigt werden. Aber je offener wir uns ihm stellen, desto mehr können wir ihn aktiv gestalten und ihm damit Nutzen für uns abgewinnen.
Michael Glos
Genau das wollen wir mit unserem Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Wer zu diesem Programm nur nein sagt, wer nur blockiert und Reformen verhindern will, wie es SPD und Grüne tun, der verpaßt die Zukunft. Mit RotGrün wäre Deutschland wie ein Maikäfer auf dem Rücken: hilflos zappelnd und sich nicht mehr fortbewegen könnend.
Herr Lafontaine hat vorhin nach Politik für die Jugend gefragt. Er hat beklagt, in dem Programm stehe nichts für die Jugend. Wenn wir wieder mehr Arbeitsplätze in Deutschland ermöglichen,
dann ist das Politik für die Zukunft und Politik für die Jugend.
Diesem Ziel müssen sich nicht nur die Politiker und die Tarifpartner verpflichtet fühlen, sondern alle gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land. Mit der Ankündigung eines heißen Sommers ist keinem einzigen Arbeitslosen geholfen und kein einziger Arbeitsplatz geschaffen.
Krampfhaftes Festhalten am Status quo gefährdet die wirtschaftliche und soziale Zukunft unseres Landes.
Ich möchte an der Stelle einmal sagen: Ich habe es satt, wenn uns viele hochbezahlte Verbandsfunktionäre in Bonn immer nur Ratschläge geben, wie wir beim kleinen Mann bzw. bei der kleinen Frau noch mehr sparen müssen. Ich erwarte auch, daß andere, denen es leichter fällt, in unserer Gesellschaft endlich mit zupacken. Wenn es hier Verbände gibt, die fünf Tage lang einen Betriebsausflug - sicherlich mit einem kleinen Eigenbeitrag - nach Hawaii oder nach Florida machen, dann ist das nicht richtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich vermisse die Gemeinschaftsleistung bei uns im Land. Die Politik ist ein Stück vorangegangen. Es ist nicht allen von uns leichtgefallen - man braucht gar nicht darum herumzureden -, als einzige Gruppe auf Diätenanpassungen zu verzichten. Wir haben es dennoch getan, weil irgendjemand in diesem Lande vorangehen muß. Und hören Sie endlich auf, überall nur Bremsklötze zu setzen!
- Herr Verheugen, an Ihrer Stelle wäre ich ganz ruhig. Unter Ihrer glorreichen Führung hat die SPD-Fraktion beschlossen, eine neue Neidsteuer einzuführen,
die exakt da einsetzt, wo das Einkommen eines Bundestagsabgeordneten aufhört.
Das ist für Sie der Maßstab aller Dinge. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einer solchen Einstellung läßt sich hier in unserem Land nichts vorwärtsbringen.
Ich will jetzt gar nicht auf den Bremer Vulkan zu sprechen kommen; das war ein beschämendes Kapitel. Eine einzige große Beschäftigungsgesellschaft
mit einem größenwahnsinnigen Sozialdemokraten an der Spitze. Ich möchte vielmehr reden über die vielen guten Beispiele im Land.
Die Betriebsräte in vielen deutschen Unternehmungen sind längst weiter als ihre Gewerkschaftszentralen. Sie schließen vor Ort flexible und maßgeschneiderte Vereinbarungen ab. Und diese aus der Betriebs- und Lebenswirklichkeit geborenen vielen kleinen Bündnisse für Arbeit helfen dem Arbeitnehmer mehr als Sprüche auf Großkundgebungen, wie sie auch zur Stunde wieder veranstaltet werden.
Wir möchten mit unserer Politik unseren Wohlstand und unsere soziale Sicherheit in Deutschland erhalten. Dazu müssen wir aber auch reformbereit sein, und wir haben Verantwortung vor den nachfolgenden Generationen.
Herr Kollege Glos, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tauss?
Nein.
Nach wie vor blockiert die SPD im Bundesrat entsprechende Einsparungsvorschläge. Ich denke nur einmal an das Asylbewerberleistungsgesetz. Hier könnten Milliarden eingespart werden. Wenn wir alle sparen müssen, dann müssen es auch die ausländischen Mitbürger, die aus verschiedensten Gründen hier in Deutschland leben. Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich hier verweigern.
Sie verweigern sich auch dem nötigen Sparpaket für die Länder.
Herr Ministerpräsident Lafontaine, hier sind Sie gefragt, hier könnten Sie einmal eine echte Führungsrolle übernehmen. Denn da gibt es doch so eine Art Arbeitsverweigerung bei den SPD-Ministerpräsidenten. Die Finanzreferenten kommen zusammen, machen Vorschläge, die Finanzminister und -senatoren ebenfalls, und dann kommt wieder ein Wink oder ein Befehl aus der SPD-Zentrale, und alles wird wieder abgeblockt. Das ist doch keine verantwortliche Poli-
Michael Glos
tik, die Sie hier machen, Herr Ministerpräsident Lafontaine!
Ich kann gut verstehen, Herr Ministerpräsident, daß Tony Blair Sie eine halbe Stunde hat warten lassen. Es war wahrscheinlich ein großer Fehler, daß er überhaupt noch gekommen ist; das kann ihm bei der Wahl in Großbritannien nur schaden.
Gestatten Sie mir, daß ich den Labour-Party-Vorsitzenden zitiere, der wie Sie der Sozialistischen Internationale angehört und Ihnen nahesteht. Sie sind ja noch die einzigen Steinzeit-Sozialisten, das heißt die, die sich nicht gewandelt haben im Hinblick auf die moderne Welt.
Tony Blair hat gesagt: Ökonomisch kann die Herausforderung in einem einzigen Wort zusammengefaßt werden; dieses Wort heißt Wettbewerbsfähigkeit. -
Und in der Tat: Zum Maßstab unserer Entscheidungen dürfen wir nicht Neid, nicht Mißgunst und nicht Klassenkampf machen, sondern zum Maßstab unserer Entscheidungen müssen wir das machen, was die globale Welt von uns verlangt.
Tony Blair wollte sicher seine deutschen Genossen ermahnen, auch Sie, Frau Kollegin Fuchs. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, auf Ihre Zwischenrufe nicht mehr einzugehen. Ich habe das Protokoll meiner letzten Rede gelesen: Ihre Zwischenrufe waren eine Aneinanderreihung von Unflätigkeiten,
und das ist der Hauptgrund, warum ich nicht auf Ihre Zwischenrufe eingehe.
Jetzt hören Sie doch einmal zu, was Tony Blair Ihnen zu sagen hat, und stellen Sie Ihren Ärger, daß Sie keine so herausragende Führungsfigur haben, zurück! - Tony Blair sagt zur SPD: „Eine politische Partei, die sich dem Wandel verweigert oder sich zu langsam wandelt, während sich die Welt um sie herum verändert, ist zum Sterben verurteilt. "
- Wissen Sie, was Gorbatschow zu Honecker gesagt hat? Er hat gesagt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. " Und wenn wir in Deutschland zu lange warten, uns zu wandeln und den modernen Entwicklungen anzupassen, dann bestraft uns die Wirklichkeit.
Die Vorsitzende der bayerischen SPD, Renate Schmidt, hat in Nürnberg unlängst ihre Erfahrungen preisgegeben. Sie hat gesagt - ich zitiere -: „Wenn die dramatische Entwicklung nicht erkannt wird, wird die SPD in der Bundespolitik ein zu vernachlässigender Faktor. "
Frau Schmidt weiß, wovon sie spricht, weil die bayerische SPD diesen Weg bereits gegangen ist.
Aber zurück zur Wirtschaft: Die deutsche Wirtschaft muß weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Dazu brauchen wir unternehmerischen Mut und aktive Menschen. Wir müssen den Menschen in Deutschland wieder Mut zur Leistung, zur Investition und auch zur Existenzgründung machen. Darum müssen wir unsere im internationalen Vergleich zu hohen Steuerbelastungen für die Unternehmen und auch für die Arbeitnehmer senken.
Das, was vorhin von Herrn Lafontaine zur Vermögensteuer gesagt worden ist, war sehr billige Polemik. Es geht in allererster Linie darum, die betriebliche Vermögensteuer abzuschaffen; denn sie ist ein Investitionshindernis. Viele Unternehmungen, auch die ausländischen, investieren bei uns deshalb nicht, weil die Substanzsteuern - dazu gehört die betriebliche Vermögensteuer - einfach zu hoch sind.
In unseren Vorschlägen ist nicht die Abschaffung der privaten Vermögensteuer vorgesehen. Wir haben sie vielmehr in die Erbschaftsteuer eingearbeitet. Da Sie das wissen, fordere ich Sie auf, in den nachfolgenden Reden bei der Wahrheit zu bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen unser Arbeitsrecht wieder straffen, um mehr Flexibilität zu schaffen, wie es in vielen Betrieben bereits der Fall ist. Vor allen Dingen müssen wir die Soziallastquote verringern. Ich fordere Sie im Interesse derer, die für mehr Arbeit demonstrieren, auf: Verweigern Sie sich nicht!
Helmut Schmidt sagt über seine eigene Partei: „Sie führt zu viele akademische Debatten, die zuwenig mit der Wirklichkeit der Menschen zu tun haben." Ihre Behauptung, wir würden einen sozialen Kahlschlag betreiben, geht ebenso an der Wirklichkeit vorbei. Norbert Blüm hat vorhin gesagt, daß die Sozialleistungsquote von 33,4 Prozent auf 33 Prozent sinken wird. Wer da von einem sozialen Kahlschlag spricht, erzählt bewußt Horrormärchen.
Arbeit in Deutschland muß wieder bezahlbar werden. Alle Gesetze der Koalition haben das Ziel, Arbeitsplätze in Deutschland entstehen zu lassen; denn die größte soziale Schieflage und die größte soziale Ungerechtigkeit äußert sich in Arbeitslosigkeit. Zum Kampf dagegen ist nicht nur der Staat gefordert.
Michael Glos
Für mich wäre es ein Skandal, wenn zum Beispiel die Wirtschaft ihre Ausbildungsplatzzusagen nicht einhielte,
dafür aber möglicherweise in manchen großen Aktiengesellschaften Gehirnschmalz dafür verwendet würde, wie die Tantiemen für die Vorstände noch einmal erhöht werden können. Das darf nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- Es sind in allererster Linie die mitbestimmten Großunternehmen, bei denen die Gewerkschaftsführer mit im Aufsichtsrat sitzen und darüber bestimmen. Das ist die Wirklichkeit!
Wir müssen die Steuer- und Abgabenlast insbesondere bei den leistungsabhängigen Steuern senken. Wir müssen die Ausgaben der öffentlichen Haushalte weiter reduzieren, damit die Staatsquote wieder sinkt. Wir werden bereits in der nächsten Woche in der Steuerreformkommission unsere Arbeit aufnehmen und bis Ende des Jahres entsprechende Vorschläge vorlegen.
Deutschland befindet sich auf dem Weg der konjunkturellen Besserung, sagt das Kieler Institut für Weltwirtschaft, aber nur dann, wenn das Programm der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung lückenlos umgesetzt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nehmen wir uns ein Beispiel an den deutschen Fußballspielern. Die deutschen Fußballspieler haben auf dem Weg zur Europameisterschaft ihr ganzes Können und ihre ganze Kraft gegeben, weil sie wußten, daß Deutschland ansonsten ausscheidet und dann auch der eigene - zugegeben: hochbezahlte - Arbeitsplatz wackelt. Fußballbeamte mit lebenslanger Arbeitsplatzgarantie allerdings wären vielleicht beim Elfmeterschießen nicht so nervös gewesen, aber sie wären schon vorher nicht ins Halbfinale eingezogen.
Die Europameisterschaft in Sachen Wohlstand und soziale Sicherheit läßt sich nur mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung gewinnen. Alle müssen mitspielen und ihr Bestes geben, Politiker, Manager, Gewerkschaftsbosse, Arbeiter, Angestellte, Beamte, Wissenschaft und Forschung und auch die Eliten unseres Landes.
Ihre Zwischenrufe beweisen: Die SPD steht im Abseits.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt die Kollegin Dr. Höll. Ich bitte sie, wie auch andere, die sich zu Kurzinterventionen melden, jeweils den Redner zu benennen, auf den sich die Intervention bezieht.
Herr Präsident, ich beziehe mich auf den Redner eben, Herrn Glos, der wieder vom Wildwuchs gesprochen hat, gerade im Sozialversicherungssystem, und sich dabei ausdrücklich auf Herrn Minister Seehofer bezogen hat.
Ich habe vorhin einen Ordnungsruf erhalten, laut Geschäftsordnung zu Recht. Aber ich bleibe bei meiner Meinung.
Ich nenne hier nur zwei Beispiele, als erstes die Transportmöglichkeiten und die mangelnde Solidarität von Kindern mit ihren vielleicht kranken Eltern. Wenn diese Kinder Sozialhilfeempfänger sind, müssen sie möglicherweise ihr Auto verkaufen, weil das ja Vermögen darstellt. Sind diese Kinder in Lohn und Brot, wird ihnen der Arbeitgeber etwas husten, wenn sie öfter eine Freistellung für den Transport ihrer Eltern wollen. Das ist Heuchelei.
Ein zweites Beispiel: Ich wußte noch nicht, daß Sie, sowohl Herr Glos als auch Herr Seehofer, auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat sind. Soll der Arzt am Montag fragen - das wird doch nur der Kassenarzt machen können -, ob man sich die Verletzung bei einem gemütlichen Waldspaziergang zugezogen hat - der Fuß ist umgeknickt -, beim Tollen mit seinen Kindern oder auf dem Golfplatz? Letzteres betrifft dann nicht den Kassenarzt, sondern den Privatarzt, und der fragt nicht.
Ein drittes Beispiel: die Vorschläge für Brillen und Zahnersatz. Sie sind beide Väter. Sie müßten wissen, wie oft Brillen bei Kindern kaputtgehen. Gerade bei Kindern macht es etwas aus, ob man eine Zuzahlung erhält oder nicht. Die Qualität der Zahnsubstanz hängt nicht nur vom Putzen ab.
Wir hatten gestern und vorgestern eine Anhörung im Finanzausschuß. Sowohl der Familienbund der Deutschen Katholiken als auch der Deutsche Familienverband als auch die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen haben auf die Familienfeindlichkeit hingewiesen. Wir haben hier schon vom Krankheitsfall bei Schwangerschaft und von der Kürzung der Lohnfortzahlung gehört. Genauso ist es bei der im Zusammenhang mit dem § 218 erst neu eingeführten Freistellung im Krankheitsfall der Kinder. Auch dort kürzen Sie. Diese Begleitmaßnahme, die die Wahlfreiheit für ein Kind eigentlich fördern sollte, wirkt damit kontraproduktiv.
Deshalb, denke ich, war mein Zwischenruf vorhin voll berechtigt.
Dafür, verehrte Kollegin Dr. Höll, rufe ich Sie zum zweitenmal zur Ordnung und weise Sie ausdrücklich darauf hin, daß
Vizepräsident Hans-Ulrich Klose
ein dritter Ordnungsruf nach der Geschäftsordnung Konsequenzen hat.
Jetzt hat das Wort zu einer Kurzintervention die Kollegin Rita Grießhaber.
Der Herr Kollege Glos hat am Schluß seiner Rede alle aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten und ihr Bestes zu geben. Er hat bezeichnenderweise lauter Männer genannt. Die Frauen kamen in seiner Rede nicht vor, obwohl die Frauen durch die Kürzungsmaßnahmen beträchtlich betroffen sind.
Ich finde es auch bezeichnend, Herr Kollege Glos, wenn Sie davon sprechen, daß wir ein Gleichgewicht von Solidarität und Eigenverantwortung herstellen müssen. Seit wann, frage ich Sie, fallen die Schwangerschaft und die Familiengründung nicht mehr unter die solidarischen Aufgaben in dieser Gesellschaft?
Seit wann ist das nur noch die Eigenverantwortung der Frau? Seit wann sind 20 Prozent Lohnkürzung im Krankheitsfall für eine Schwangere ein individuelles Risiko, und warum müssen Sie das einführen und sich dabei auf die Soziale Marktwirtschaft von Ludwig Erhard berufen?
Wie kommen Sie überhaupt zu einer solchen Haltung? Wie kann eine CSU/CDU so weit sinken, daß Sie auf dieser Ebene nicht mehr zur sozialen Verantwortung stehen, sondern den Leuten Eigenverantwortung zuschieben? Sie reden davon, daß die SPD akademische Debatten führe. Ich frage Sie: Sind Sie so weit vom realen Leben entfernt, daß Sie nicht mehr wissen, wie es in einer Schwangerschaft zugeht? Da kann man eben wegen einer Grippe nicht zu Hause bleiben, da ist man eben stärker gefährdet, wenn irgend etwas ist. Zu sagen, dann gehen denen für zwei Wochen halt zwei, drei Tage Urlaub flöten, und das können doch alle tragen, ist ein Zynismus sondergleichen.
Herr Kollege Glos, bitte. Um ganz fair zu sein: Sie haben übrigens sechs Minuten, denn es waren zwei Kurzinterventionen, die sich auf Sie bezogen haben.
- So ist das.
Ich mache es ganz kurz. Ich will die Debatte nicht aufhalten. Ausführlich wird Herr Kollege Geißler antworten.
Die Selbstbeteiligung bei der Lohnfortzahlung, die für alle gilt, kann im Fall der Schwangerschaft höchstens dazu führen, daß der Urlaubsanspruch, der in den arbeitsfreien Zeiten vor und nach der Geburt eines Kindes entsteht, verbraucht wird, nicht mehr und nicht weniger.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Dr. Gysi.
Herr Glos, Sie haben am Anfang Ihrer Rede darauf hingewiesen, daß Sie von mir nichts anderes erwartet hätten und daß in der DDR ein Zustand der gleichen Armut und des gleichen Elends geherrscht habe.
- Ich gebe zunächst nur wieder, was Sie gesagt haben. Sie bestätigen das.
Erstens. Was mich in Ihrer Rede an die DDR erinnerte, war zum Beispiel der politische Mißbrauch des Sports. Ich weiß, daß man den Sport für sich vereinnahmt hat.
Zweitens. Sie beleidigen in Wirklichkeit doch gar nicht mich, Herr Glos, sondern Millionen von Menschen, die in der DDR gearbeitet haben und sich dabei auch Soziales und Kulturelles geschaffen haben. Denen sagen Sie, daß sie sich nichts geschaffen haben. Das ist das Problem Ihrer Aussage.
Drittens. Ihr früherer Parteivorsitzender hatte wesentlich bessere Beziehungen zu Herrn Honecker als ich. Ich bin ihm nie begegnet.
Aber eines sage ich Ihnen: Gerade wenn Sie die DDR so negativ bewerten, sollten Sie sich schämen, daß Sie in so vielen Feldern bereits unter DDR-Niveau gegangen sind. In zwei Bereichen geschieht dies jetzt wieder.
- Selbstverständlich. - Immerhin gab es in der DDR eine Lohnfortzahlung von 90 Prozent. Sie gehen jetzt auf 80 Prozent herunter. Das Rentenalter für Frauen war auf 60 Jahre festgelegt, und Sie steigern das Rentenalter auf 65 Jahre. Das Rentenalter für Frauen betrug 1889 70 Jahre, 1913 65 Jahre, 1949 in der DDR 60 Jahre, 1957 in der BRD 60 Jahre,
und jetzt fallen Sie auf das Niveau von 1913 zurück,
nämlich auf das Alter von 65 Jahren. Ihr Problem ist
nicht der Vergleich mit der DDR, sondern der Rück-
Dr. Gregor Gysi
fall in den Anfang des Jahrhunderts, in das Jahr 1913.
Herr Kollege Glos.
Das, was Herr Gysi im Ergebnis fordert, die Wiederherstellung der DDR, lehne ich ab.
Das Wort hat der Kollege Rudolf Dreßler, SPD.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 15. Juni dieses Jahres habe ich mit über 350 000 Menschen unseres Landes ein Verfassungsrecht wahrgenommen. Ich habe demonstriert.
Weil ein Bundesminister der Regierung Kohl dieses Verfassungsrecht heute morgen diskreditiert hat, will ich vor dem Deutschen Bundestag klarstellen, daß ich stolz darauf bin, in einem Land zu leben, das mir dieses Recht auf Demonstration per Verfassung zugesteht.
Ich will vor dem Deutschen Bundestag klarstellen: Ich schäme mich, daß diese Bundesregierung so weit heruntergekommen ist, dieses Verfassungsrecht durch einen Bundesminister im Deutschen Bundestag in Zweifel zu ziehen und zu diskreditieren.
Zweitens. Mein Parteivorsitzender, Oskar Lafontaine, hat heute morgen von diesem Pult aus erklärt, diese Regierung habe ein Programm vorgelegt, in dem nichts, aber auch gar nichts für die Jugend enthalten ist. Dieses ist wahr. Oskar Lafontaine, ich darf den Analogieschluß ziehen: Gut, daß nichts darin steht; denn wenn etwas darin stehen würde, wären es nur Kürzungen.
Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzessammelsurium soll ein Beitrag zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und zur Stärkung des Standortes Deutschland im internationalen Wettbewerb geleistet werden - so behaupten es jedenfalls die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen.
Die Diagnose der Bundesregierung, die diesen Gesetzentwürfen zugrunde liegt, ist durchaus richtig: Die ausufernde Massenarbeitslosigkeit ist unser Problem Numero 1 und muß endlich bekämpft werden. Die öffentlichen Haushalte sind in Unordnung und müssen konsolidiert werden. Der sich ständig verschärfende internationale Wettbewerb verlangt nach einer Stärkung der Wettbewerbskraft Deutschlands auf dem Weltmarkt.
Die Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. regiert dieses Land seit 14 Jahren. Angesichts der festgestellten schwerwiegenden Defizite, die unbestrittenermaßen bekämpft werden müssen, drängt sich zwangsläufig die Frage auf, was die seit 14 Jahren regierenden drei Parteien auf der rechten Seite des Hauses und die Regierung mit diesen nationalen politischen Defiziten eigentlich zu tun haben.
Es gibt zwei Möglichkeiten für die Beantwortung dieser Frage. Variante 1. Die seit 14 Jahren regierende Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. hat mit den Problemen, die bekämpft werden müssen, nichts zu tun. Das ist jedenfalls der Eindruck, den die Regierung verbreiten möchte. Die logische Schlußfolgerung daraus lautet: Es hat in den vergangenen 14 Jahren keine Politik gegeben, weder eine richtige noch eine falsche, sondern schlicht nur ein Nichts, eine Art politische Geistesabwesenheit.
Nur eine Regierung, die nicht da war, kann für sich reklamieren, für den Zustand des Landes, das sie regieren sollte, nicht verantwortlich zu sein. Eine solche Regierung ist allerdings überflüssig.
Herr Kohl, Herr Waigel, Herr Blüm und Herr Seehofer, nachdem Sie für den Zustand des Landes, das Sie regieren, nicht verantwortlich sein wollen, müssen Sie abwesend gewesen sein. Erklären Sie uns bitte, wo Sie waren und wie eine so schwierige Lage entstehen konnte.
Variante 2. Die seit 14 Jahren regierende Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. hat mit den Problemen, die bekämpft werden müssen, etwas zu tun, und zwar ursächlich.
Sie und Ihre doktrinäre, angebotsorientierte Wirtschaftspolitik sind der maßgebliche Mitverursacher der Probleme von heute.
Damit wären wir bei der Wahrheit: Die Ursachen für die schwierige Lage, in der sich unser Land befindet, haben ihre Heimat am Kabinettstisch der Regierung Kohl und der dort formulierten Politik. Ich frage:
Rudolf Dreßler
Wenn an Hand der vorliegenden Gesetze diese Regierung jetzt die Botschaften „Massenarbeitslosigkeit bekämpfen", „Haushalt konsolidieren", „Wettbewerb stärken" verkündet, verleitet das nicht angesichts der politischen Ergebnisse der vergangenen 14 Jahre jeden vernünftigen Menschen zu der Hoffnung „Aha, die Regierung hat es begriffen; sie ändert ihre Politik; sie geht auf Gegenkurs"? - Weit gefehlt! Die Hoffnung trügt. Ein Blick in die Gesetzentwürfe belegt: Diese Regierung hat nichts begriffen. Sie setzt ihre Politik fort. Schlimmer noch, sie intensiviert sie: Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit durch Fortsetzung einer Politik, die diese Massenarbeitslosigkeit maßgeblich mit hervorgerufen hat; Konsolidierung der öffentlichen Haushalte durch Fortsetzung einer Politik, die diese Haushalte erst in Unordnung gebracht hat.
Der DGB-Chef Dieter Schulte schrieb gestern an alle Mitglieder dieses Hauses einen Brief. Ich darf aus diesem Brief zitieren: Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung habe mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen beschlossen,
das Verzichtsverbot des Tarifvertragsgesetzes im Hinblick auf Urlaubstarifverträge nicht anzuwenden. Damit wird ein massiver und prinzipieller Eingriff in Tarifverträge gesetzlich ermöglicht.
Nun fordert er uns, meine Damen und Herren - mich, Sie, uns alle -, auf, unsere Zustimmung zu verweigern, um auf diese Weise den Herrn Bundeskanzler mit seiner Zusage vom 26. April 1996 zu bestätigen - Zitat Helmut Kohl -:
Es wird nicht in bestehende Tarifverträge eingegriffen. Für über 80 Prozent der Arbeitnehmer ist die Lohnfortzahlung tarifvertraglich geregelt. Wir achten und respektieren die Tarifautonomie.
Daher sage ich: Wenn Sie, F.D.P. und CDU/CSU, es heute wagen, dies zu beschließen, dann dokumentieren Sie vor dem deutschen Volk einen glasklaren, schriftlich vorgelegten Wortbruch Ihres eigenen Kanzlers. Ich muß Ihnen sagen: Schämen Sie sich!
Vor wenigen Tagen fragte mich ein Bürger: Die von der Regierung geplante Verlängerung der Lebensarbeitszeit bringt doch bei Massenarbeitslosigkeit nicht weniger, sondern noch mehr Arbeitslose. Der Wegfall des Kündigungsschutzes für über 12 Millionen Menschen erleichtert doch nicht die Neueinstellung, sondern die Entlassung von Beschäftigten. Wissen die von der Regierung das denn nicht? - Ich habe ihm geantwortet: Sie wissen es nicht nur. Ich bin sicher, sie nehmen es bewußt in Kauf, und manche wollen es sogar.
Letzteren, die es sogar wollen, geht es gar nicht um die Lösung der ökonomischen und finanzwirtschaftlichen Probleme unseres Landes. Sie benutzen vielmehr diese Probleme, um unsere Gesellschaft entscheidend in ihrem Sinne zu verändern. Sie wollen
weg von der Sozialen Marktwirtschaft und hin zu dem, was man früher Kapitalismus nannte.
Ich habe von dieser Aussage nichts zurückzunehmen, sondern kann die heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetze sogar als Beleg anführen, meine Damen und Herren.
Daß eine Gesellschaft - die deutsche, wie auch jede andere - nicht nur aus Starken und Leistungsfähigen bestehen kann, ist doch eine Binsenweisheit. Es ist Aufgabe humaner und verantwortlicher Politik, jenen Mittelweg herauszufinden, der einerseits die Starken und Leistungsfähigen fördert und andererseits die weniger Leistungsfähigen und Starken einbezieht und sie am ökonomischen Fortschritt teilhaben läßt. Das nennt man übrigens sozialen Konsens. Von diesem sozialen Konsens hat sich die Regierung, haben sich die Regierungsfraktionen verabschiedet. Die heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetze belegen das in fast jedem einzelnen Paragraphen.
Niemand bestreitet die ökonomischen Probleme unseres Landes. Niemand bestreitet, daß zu deren Lösung eine gemeinsame Kraftanstrengung notwendig ist. Es kann auch niemand allen Ernstes bestreiten, daß die Menschen zu dieser Kraftanstrengung bereit sind. Sie wissen, daß dies nicht ohne Einschränkungen für sie selbst vonstatten gehen kann. Auch dazu sind sie bereit. Was sie so erzürnt, ist die empörende Ungleichgewichtigkeit, mit der diese Kraftanstrengung nach Meinung der Regierung über die Bühne gebracht werden soll. Während sich die oberen Etagen unserer Gesellschaft bei dieser Operation in ihre Logen zurückziehen dürfen, sollen bei den unteren Etagen die Einsparungen fällig werden. Für die einen die Vermögensteuer abschaffen und bei den anderen die gesetzliche Erhöhung des Kindergeldes streichen, das treibt die Menschen in den Widerstand gegen diese Gesetze und die Politik der Regierung. Und sie haben recht, meine Damen und Herren.
Die Politik von CDU/CSU und F.D.P. verzichtet gewollt auf das, was man in der Außen- und Verteidigungspolitik Burden-sharing nennen würde: die gerechte Lastenverteilung. Der Satz „Jeder trage des anderen Last" ist übrigens kein frommer Sonntagsspruch, sondern praktische Politikanleitung, erst recht sollte er es für eine Partei sein, die sich mit einem C im Namen schmückt, aber für die Politik dieser Koalition ist dies folgenlos.
Wohin eine Gesellschaft kommt, die auf die Anwendung dieser Grundsätze verzichtet, kann man zum Beispiel in den Vereinigten Staaten besichtigen. Der amerikanische Sozialwissenschaftler Norman Birnbaum von der Georgetown-Universität hat das wie folgt beschrieben: Die wachsende Ungleichheit zwischen Reichen und Armen sei gar nicht einmal das auffallendste Merkmal der US-Gesellschaft.
Rudolf Dreßler
Sondern: die scheußliche Atmosphäre des Sozialdarwinismus, der panische Kampf aller, die sich schwach fühlen, gegen die noch Schwächeren. Amerikaner begreifen sich selbst gern als individualistisch und frei. In der Grundschule sozialer Beziehungen, dem Arbeitsmarkt, sind die Amerikaner indes desorientiert, unterwürfig und ängstlich. Sie akzeptieren das Diktat des Kapitals als Naturgesetz.
Treffender kann man nicht beschreiben, was uns droht, wenn diese Politik der Kohl-Regierung fortgesetzt wird.
Über die Einzelheiten jedes Gesetzes, das wir heute beraten, kann man mit Fug und Recht streiten. Das ist nichts besonderes, was besorgt machen könnte. Besorgnis erregen muß vielmehr die Grundrichtung dieser Gesetzgebung: Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft soll verändert, ihre Substanz zu einer Art Resultat von ökonomischen Prozessen reduziert werden - nach dem Motto: Wenn die ökonomische Lage es gebietet, müssen wir die Struktur der Gesellschaft verändern.
Die Sozialdemokraten werden diesen Wechsel der Grundrichtung nicht mitmachen. Menschen und Gesellschaft haben sich nicht den Bedürfnissen der Ökonomie anzupassen. Für uns gilt weiter das Credo der Sozialen Marktwirtschaft: Die Ökonomie hat den Bedürfnissen von Menschen und Gesellschaft zu dienen.
Die heute zur Beratung anstehenden Gesetze provozieren nicht nur die Frage nach der Grundrichtung unseres Landes, nach dem Gewicht, das der Ökonomie im Gesamtkontext unserer Gesellschaft zukommt, oder nach der Notwendigkeit, ein vermeintliches Primat des Ökonomischen vor allen anderen Problembereichen akzeptieren zu müssen. Diese Gesetze provozieren auch die Frage, ob wir die gesellschaftspolitische Verpflichtung der Ökonomie und des Ökonomischen mittlerweile preisgegeben haben.
Wer die Gesetzentwürfe der Koalition bewertet, der kommt zu der Auffassung, daß diese Verpflichtung in Wahrheit verneint wird. CDU/CSU und F.D.P. tun mit ihrem Kürzungspaket so, als werde man dieser Verpflichtung dadurch gerecht, daß man der wohlhabenderen Seite unserer Gesellschaft nur die Möglichkeit zu schaffen brauche, noch wohlhabender zu werden; der Rest stelle sich dann von ganz alleine ein.
Sollten Sie es vergessen haben: Die gerechte Teilhabe aller an der nationalen Wohlfahrt stellt sich nie von alleine ein. Sie muß gewollt und politisch herbeigeführt werden. Ich frage die Koalition: Wollen Sie diese Teilhabe aller noch?
Ein Ja auf diese Frage wäre mit Ihrem Kürzungspaket nämlich unvereinbar. Ein Ja auf diese Frage verlangt vielmehr die unverzügliche politische Beerdigung der heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetze.
Die Koalition will die kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten in der Rentenversicherung beheben. Das ist durchaus löblich, selbst wenn jeder weiß, daß die Politik dieser Regierung diese Finanzschwierigkeiten erst heraufbeschworen hat. Aber warum beseitigen Sie nicht die Ursachen dieser Schwierigkeiten - etwa indem Sie endlich die beitragsungedeckten Leistungen sachgerecht, das heißt aus Steuermitteln und nicht über Beitragsgroschen finanzieren?
Statt dessen verscherbeln Sie unter anderem Tausende Wohnungen der Rentenversicherung und überlassen so über kurz oder lang die dort wohnenden Sozialmieter dem freien Markt. So sieht die Antwort von CDU/CSU und F.D.P. auf die Frage nach der sozialen Teilhabe aus.
Warum mißbrauchen Sie diese kurzfristigen Schwierigkeiten in der Rentenversicherung, setzen eine Kommission ein, die nur ein einziges Ziel hat: die Erarbeitung einer neuen Rentenformel mit der Absicht einer Rentenkürzung?
Eine vom Bundesarbeitsminister als Reform verkaufte Neuordnung des Arbeitsförderungsgesetzes, das heute noch nicht zur Beratung ansteht, gehört genau in diesen Zusammenhang. Diese sogenannte Reform macht aus dem Arbeitsförderungsgesetz eine politische Ruine. Auch hier gilt: Soziale Teilhabe für alle? Pustekuchen - so haben die Christdemokraten das nicht gemeint.
Das alles zusammen macht deutlich: Es geht mit dieser Gesetzgebung nicht um Einzelfragen. Es geht um die Grundrichtung, es geht um die soziale Dimension dieser Republik.
Diese Regierung - ausgezogen um geistige Führung geltend zu machen und die geistig-moralische Wende zu praktizieren - glänzt heute durch beinahe bedingungslose Anpassung an einen ebenso wertfreien wie inhumanen ökonomischen Zeitgeist.
Wirtschaftlich-finanzieller Erfolg ist alles; soziales und mitmenschliches Engagement gelten nichts. Das ist das bisherige gesellschaftspolitische Ergebnis von 14 Jahren Helmut Kohl.
Rudolf Dreßler
Nehmen Sie als weiteres Beispiel das Gesundheitswesen. Der zuständige Minister hat heute morgen hier gesprochen. Er hat über dieses Gesetz kein Wort verloren. Er hat sich über den Vermittlungsausschuß ausgelassen, wo wir ihm die Nullrunde gegen Sozialhilfeempfänger abgehandelt haben. Das hat er heute verschwiegen, meine Damen und Herren.
Auch hier liegt unter dem Titel Beitragsentlastungsgesetz ein Vorhaben vor, das genau der gleichen Philosophie folgt:
Den Menschen wird eingeredet, es werde ein bißchen gespart, aber eigentlich ändere sich am Leistungsbestand nichts. In Wirklichkeit aber bedeutet das im einzelnen: Erhöhung der Zuzahlungen bei Arzneimitteln mit 700 Millionen DM, Wegfall des Kassenanteils bei Brillenfassungen mit 300 Millionen DM, lebenslange Abschaffung des Zahnersatzes bei heute Jugendlichen mit 425 Millionen DM, Beschneidung der stationären Kuren mit 860 Millionen DM, Kürzung des Krankengeldes mit 1 850 Millionen DM, Einschränkung der Gesundheitsförderung mit 1 200 Millionen DM. Fast 5,5 Milliarden DM werden gespart, gekürzt, allerdings bei den Krankenkassen. Die gleiche Summe zahlen statt dessen dann die Kranken direkt, oder es werden ihnen die entsprechenden Leistungen gekürzt. Soll das gerechte Teilhabe sein? Jeder weiß: Das ist bloßes Abkassieren, meine Damen und Herren, und sonst überhaupt nichts.
Nun höre ich in diesen Debatten im Hause - heute morgen auch wieder - das Gebrabbele der Koalition und ihrer Minister: Nur Kritik der SPD, aber keine politische Alternative.
Wie die Bundesregierung seit geraumer Zeit den Eindruck erwecken möchte, sie habe mit der Politik der letzten 14 Jahre nichts zu tun, und sich abwesend stellt, so stellen sich die Koalitionsfraktionen, was die sozialdemokratischen Alternativen betrifft, blind und taub zugleich.
Was die Alternative zur Gesundheitspolitik der Koalition angeht, so frage ich Sie: Haben Sie noch nie etwas vom SPD-Entwurf eines Zweiten Gesundheitsstrukturgesetzes gehört?
- Er sagt gerade nein.
Wenn ich das richtig verstehe, wollen Sie in wenigen
Stunden in diesem Hause in zweiter Lesung diese Alternative ablehnen. Wie aber kann man eine Alternative im Parlament ablehnen und gleichzeitig behaupten, es gebe keine?
Was die sozialdemokratische Alternative in der Arbeitsmarktpolitik angeht: Haben Sie noch nie etwas vom SPD-Entwurf eines Arbeits- und Strukturförderungsgesetzes gehört? Das ist ein Gesetzentwurf, der im Gegensatz zur Politik Ihrer Regierung die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik nicht zerstört, sondern sie auf eine neue, solide Basis stellt.
Was die politische Gesamtkonzeption angeht: Haben Sie noch nie etwas vom SPD-Programm mit dem Titel „Zukunft sichern, Zusammenhalt stärken" gehört?
Allerdings, meine Damen und Herren: Was die Verlängerung der Lebensarbeitszeit angeht oder den Wegfall des Kündigungsschutzes oder die Kürzung der Lohnfortzahlung, um nur drei Beispiele zu nennen,
dazu gibt es keine sozialdemokratische Alternative.
In der Abteilung „Soziale Grobheiten" gibt es keinen politischen Ideenwettbewerb zwischen Ihnen und uns. Da sagen wir schlicht und einfach nein. Wir lehnen das ab, meine Damen und Herren.
Wenn Sie und Ihre Regierung mit Ihrem Ruf nach Alternativen glauben oder geglaubt haben sollten, wir würden dazu welche vorlegen, dann räumen wir Ihnen gerne ein: Bei sozialen Grobheiten ist diese Regierung alternativlos. Ich versichere Ihnen: Das wird auch so bleiben.
Geben Sie sich keinen Illusionen hin, wenn es um die Verwirklichung Ihres Kürzungspaketes geht. Das steht noch lange nicht im Bundesgesetzblatt. Ein sozialdemokratisches Nein in der heutigen Schlußabstimmung ist für uns nicht nur eine Frage der gesellschaftspolitischen Pflicht. Es ist für uns auch eine Sache des sozialen Anstandes.
Sie haben heute morgen bereits erklärt und wollen noch erklären, was Sie alles an Korrekturen angeboten haben, zum Beispiel die Lebensarbeitszeitverlängerung für Frauen statt vom 1. Januar 1997 erst ab dem Jahr 2000,
Rudolf Dreßler
keine Kündigungsschutzstreichung für Schwerbehinderte. Diese Art von Politik erinnert mich an die Fabel von der dreiköpfigen Räuberbande.
Diese geht so, meine Damen und Herren: Eine dreiköpfige Räuberbande überfällt eine friedliebende Familie
- ja, Familie - und droht ihr mit vorgehaltenen Waffen, erstens die Herausgabe aller Wertpapiere, zweitens des gesamten Familienschmucks und drittens allen Bargeldes zu verlangen. Dann sagt der eine dieser drei Räuber, man wolle mal nicht so sein, man komme von der CDU und habe heute seinen sozialen Tag: Die Wertpapiere könne man behalten, aber der Familienschmuck und das Bargeld müßten auf den Tisch. Dann sagt der zweite Räuber, man komme von der CSU und sei noch sozialer: Auch den Familienschmuck könne man behalten, aber das Bargeld müsse herausgerückt werden.
Was wird diese friedliebende Familie nun tun? Sie wird sich im Gefühl tiefster Dankbarkeit dafür, noch einmal von dem Schlimmsten davongekommen zu sein, geradezu liebevoll von ihrem Bargeld trennen. Nach dieser Masche machen Kohl, Waigel, Blüm, Seehofer und diese Koalition Sozialpolitik.
Da sage ich Ihnen: nicht mit uns!
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Gisela Babel, F.D.P.
- Ich bitte um ein bißchen mehr Ruhe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dreßler, ich anerkenne, daß Sie uns mit Ihrer Rede unterhalten haben. Ich erkenne auch an, daß Sie in einigen Sätzen Ihrer Rede so das Gefühl erweckt haben, es könnte sein, daß Sie über die Misere, in der wir uns befinden, vielleicht wirklich nachdenken. Aber Sie haben
- ebenso wie der Ministerpräsident Lafontaine - nicht den Eindruck erweckt, daß Ihnen etwas Gescheites einfällt.
Ich habe mittlerweile den Eindruck, daß es in dem linken Lager dieses Hauses einen edlen Wettbewerb gibt, und zwar einen Wettbewerb darum, wer am schärfsten, am unbarmherzigsten und am brutalsten der Regierung ihre Missetaten vorwirft. Sie nehmen aber nicht den Wettbewerb darum auf, was für die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft der richtige Weg ist.
Der Bundestag berät und beschließt die Gesetze, die das Programm für mehr Beschäftigung und mehr Wachstum umsetzen sollen. Das ist sicherlich nicht der Schlußpunkt. Es kommen ja noch Beratungen im Bundesrat. Es ist sicherlich auch nicht der Schluß der heftigen Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit. Aber wir haben ein wichtiges Etappenziel erreicht.
Ich möchte an dieser Stelle auch einmal den Beamten aus dem BMA, den Mitarbeitern in den Ministerien und im Ausschußsekretariat für die ungewöhnliche Arbeitsleistung danken, die dieses Paket ihnen abgefordert hat.
Das vorgelegte Gesetzeswerk stellt einen gewaltigen politischen Kraftakt der Bundesregierung und der Koalition dar. Es setzt Zeichen,
Zeichen für die richtige Einsicht und die Bereitschaft zu entschlossenem Handeln. Diese Gesetze liefern den Beweis, daß wir in Deutschland fähig sind, auch steinige Wege zu beschreiten, wenn sie zum Ziel führen. Das Ziel will ich beschreiben: Es geht um die Sicherung des Standortes Deutschland,
den Erhalt der Produktion in Deutschland, um bessere Bedingungen für Investitionen, die Sicherung vorhandener Arbeitsplätze und die Verbesserung der Rückkehrchancen von Arbeitslosen in das Arbeitsleben.
Ich betone nachhaltig: Es geht nicht um Demontage des Sozialgefüges. Es geht nicht um Ausgrenzung,
um Schmälerung, um Ausplünderung, um all das, was die Opposition an Anschuldigungen sturzbachartig über uns ausschüttet.
Ich lasse mir und meiner Fraktion das Ethos an den vorgelegten Gesetzen und der damit verbundenen Politik nicht absprechen. Deutschland ist Sozialstaat und bleibt Sozialstaat. Es geht darum, daß wir in den Sozialversicherungen vorsichtig Einsparungen vornehmen
und daß wir im Arbeitsrecht vorsichtig Lockerungen vornehmen, im ersten Fall um Kosten zu senken, im zweiten Fall, um Hemmnisse zu beseitigen.
Wenn alle, die in der Wirtschaft tätig sind und Verantwortung für ihre Beschäftigten tragen, sowie die Sachverständigen in der Wissenschaft immer wieder anmahnen, daß es nachhaltige, daß es wirksame Maßnahmen in dieser Richtung geben müsse, dann war es auch richtig, daß die Politik dem jetzt Folge leistet: Senkung der Lohnnebenkosten, Sanierung
Dr. Gisela Babel
der Rentenversicherung und die Lockerung im Arbeitsrecht.
Wir alle wissen - meistens beklagen wir sogar auch gemeinsam -, daß die Lohnzusatzkosten in der Summe kontinuierlich ansteigen. Einsparungen dienen dazu, diesen Anstieg zu bremsen und mittelfristig Kosten zu senken.
Die SPD stellt meistens sogar diese Krise in Abrede. Schon in der Diagnose driftet sie ins Ungefähre. Sie können doch nicht im Ernst wegdebattieren, wegdemonstrieren oder auch nur wegstreiken, daß die deutschen Arbeitskosten in der Industrie im internationalen Vergleich am höchsten sind. Sie können auch nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, daß Arbeitgeber Arbeitsplätze hier abbauen und ins Ausland exportieren.
Es muß Ihnen zu denken geben: Wenn sich Firmen wie Viessmann in Hessen mit ihrer Belegschaft einigen, daß länger gearbeitet wird, ist dies doch ein Zeichen dafür, daß die Arbeitsplätze hier in Deutschland auch erhalten werden können, wenn sich die Rahmenbedingungen verbessern.
Aber, meine Damen und Herren, die IG Metall klagt dagegen. Will sie lieber den Export von Arbeitsplätzen?
Zur Kostenentlastung tragen wir als Gesetzgeber bei, wenn wir versuchen, die sozialen Sicherungssysteme zu sanieren.
Nun mag man über den Weg zur Einsparung vor allem in der Rentenversicherung streiten. Die Koalition hat sich entschieden, auf der Ausgabenseite zu sparen. Die Anerkennung von Ausbildungszeiten wird verringert, die Leistungen im Rahmen des Fremdrentengesetzes an Aussiedler werden begrenzt, dem explosionsartigen Ausgabenzuwachs bei der Rehabilitation schieben wir einen Riegel vor.
Weitgehend rückgängig gemacht hat die Koalition die Veränderung bei der Altersgrenze der Frauen. Bis zum Jahre 2000, vorher 2001, können Frauen nach wie vor mit 60 Jahren in Rente gehen. Das ist eine Folge des Vertrauensschutzes, den wir - ich sage das auch selbstkritisch - von Anfang an ernster hätten nehmen müssen.
Für die Betroffenen sind die Maßnahmen einschneidend und zum Teil schmerzhaft. Sie betreffen übrigens ausschließlich Arbeitnehmer, die noch nicht in Rente sind. Über die Möglichkeiten, bei den heutigen Renten zu sparen, kann erst entschieden werden, wenn die Rentenkommission die langfristigen Sanierungsvorschläge erarbeitet. Ich sage es aber an dieser Stelle offen: Wenn in Deutschland gespart werden muß, dann kann sich das nicht nur auf Erwerbstätige und ihre Familien beschränken, meine Damen und Herren.
Über eines müssen sich alle Politiker einig sein: Die Rentenversicherung ist ein schwerer Tanker, der sich nicht in kurzer Zeit in andere Richtungen lenken läßt.
Das Vertrauen in die Rentenversicherung ist fast gleichbedeutend mit dem Vertrauen in den Staat.
Deshalb sind bei allen Korrekturen längere Zeiträume und vosichtiges Manövrieren zu beachten.
Was hat die SPD in diesem Feld entgegenzusetzen? Ihre Bemühungen um echte Alternativen wirken hilflos. Im Grunde wird das Zauberwort von den versicherungsfremden Leistungen bemüht, die der Bund finanzieren soll. Fremdrenten, Auffüllbeträge und Kosten der Wiedergutmachung von DDR-Unrecht sollen vom Bund getragen werden. Finanziert werden soll das Ganze von einem Aktionsprogramm gegen Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung.
Nun bin ich durchaus dafür, daß wir soziale Leistungen korrekt finanzieren und Wirtschaftsverbrechen wirksam bekämpft werden.
Aber das ist doch kein Mittel für eine Sozialreform. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, daß wir die Reform wollen, daß wir einsparen wollen, daß wir das System neuen gesellschaftlichen Verhältnissen anpassen und modernisieren wollen. Sie wollen alles so lassen, wie es ist, und neue Geldquellen suchen.
Gestern war es die Ökosteuer, heute ist es das Aktionsprogramm gegen Wirtschaftskriminalität, morgen wird es ein Sonderopfer aller Arbeitnehmer sein, deren Verdienst das eines Gewerkschaftssekretärs übersteigt. Ihre Vorschläge sind teuer, beliebig, willkürlich und konzeptionslos.
Meine Damen und Herren, ich komme zu den Einsparungen in der Krankenversicherung. Die Beitragssätze für die Krankenversicherung werden zum 1. Januar 1997 um 0,4 Beitragspunkte gesenkt. Dies ist eine sehr eindrucksvolle Maßnahme, aus liberaler Sicht nicht ganz bedenkenfrei, weil wir immer noch gerne auf die Sparaktionen der Selbstverwaltung setzen würden. Aber auch hier drängt die Zeit und zwingt der Kostenanstieg zu raschem und energischem Handeln.
Dr. Gisela Babel
Eines ist sicher und wurde immer von uns Liberalen betont: Die Krankenversicherung kann nicht mehr alles bezahlen, was wünschenswert ist. Sie muß sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das Wesentliche ist die Behandlung kranker Menschen.
Bestimmt ist eine allgemeine Gesundheitsförderung sinnvoll. Joggen und Aerobic tun sicherlich gut, und die Aufklärung über richtige Ernährung ist wichtig. Aber die Aufgabe einer von Arbeitgebern und Arbeitnehmern solidarisch finanzierten Krankenversicherung ist das alles nicht, muß es auch nicht sein.
Es erscheint wirklich vertretbar, daß die Eigenverantwortung hier wieder zu ihrem Recht kommt. Dem einzelnen müssen wieder die Sorgen für den Erhalt der Gesundheit anvertraut werden.
In dieselbe Richtung gehen auch die Vorschläge, den Zuschuß zum Brillengestell und zum Zahnersatz für junge Leute zu streichen. Das ist vernünftig und zumutbar,
aber wahrscheinlich noch nicht genug. Wir brauchen weitere strukturelle Änderungen. Diese strukturellen Änderungen werden durch die Blockade von SPD und Grünen schon in ersten Ansätzen zerstört. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, auch Sie können nicht wollen, daß wir sehenden Auges eines Tages nur noch vor der Alternative stehen: Wollen wir Gesundheitsvorsorge, Streßbewältigung und Jazztanz finanzieren - oder den Bypass und die Organtransplantation?
Frau Kollegin Dr. Babel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kirschner?
Nein.
Ich komme zu den Änderungen im Arbeitsrecht, die außerordentlich umstritten sind. Daß die Lockerung des Kündigungsschutzes zu mehr Arbeitsplätzen führt, wurde in den Ausschüssen völlig in Abrede gestellt. Das Gesetz sieht vor, daß der Schwellenwert von Betrieben mit fünf Beschäftigten, wo der betriebliche Kündigungsschutz nicht gilt, auf zehn Beschäftigte heraufgesetzt wird.
- Ja, Vollzeitbeschäftigte. - Es sieht weiter vor, daß beim betrieblichen Kündigungsschutz die Voraussetzungen für die Sozialauswahl präziser und klarer gefaßt werden.
Zunächst einmal zum Schwellenwert: Die Hoffnung ist, daß den kleinen Betrieben ein Anreiz gegeben wird, neue Kräfte einzustellen. Was hat die Neueinstellung mit dem Kündigungsschutz zu tun? Darauf antworte ich mit der Gegenfrage: Warum bewältigen auch heute viele Betriebe ihre Mehrarbeit eher durch Leistung von Überstunden - wofür sie Zuschläge in Höhe von 25 Prozent zahlen müssen - als mit Neueinstellungen? Ich will es Ihnen sagen: Der Arbeitgeber kann in guten Zeiten leicht Arbeitskräfte einstellen, in schlechten Zeiten wird die Trennung von einem Mitarbeiter infolge weit verbreiteter Rechtsunsicherheit aber zu einem völlig unkalkulierbaren Risiko.
Deswegen verzichtet ein Arbeitgeber lieber von vornherein auf Neueinstellungen und versucht, mit der vorhandenen Belegschaft irgendwie zurechtzukommen.
Das Arbeits- und Kündigungsschutzrecht ist damit ein Schutzraum für die geworden, die einen Arbeitsplatz haben. Kündigungen sind in der Regel nur gegen Abfindungen zu haben. Der Schutzzaun ist so hoch, daß er für die außenstehenden Arbeitslosen gar nicht mehr überwindbar ist.
Zu dieser Rechtslage hat auch die Rechtsprechung beigetragen.
Wenn wir das Risiko, das in dieser Hinsicht bei einer Neueinstellung besteht, mindern, dann fördern wir die Bereitschaft zur Neueinstellung. Das ist der eigentliche Sinn dafür, daß wir diese Schwelle heraufgesetzt haben und diese Regelung nur für Betriebe mit mindestens zehn Beschäftigten gelten soll.
Die zweite Neuerung im Arbeitsrecht ist die Veränderung bei der Sozialauswahl. In Zukunft gibt es drei Kriterien: das Alter, die Dauer der Beschäftigung im Betrieb und das Vorliegen von Unterhaltspflichten. Das alles soll dazu dienen, daß wir diesen Ablaßhandel, den es heute bei Kündigungen gibt, beseitigen. Dieser Ablaßhandel ist nicht zuletzt durch die Rechtsprechung entwickelt worden. Diese Rechtsprechung hat mit dazu geführt, daß es durch die Arbeitsgerichtsbarkeit einen handfesten Standortnachteil in Deutschland gibt.
- Ich sage Ihnen jetzt einmal etwas Unglaubliches:
In der Anhörung hat der Oberste Gerichtspräsident des Arbeitsgerichts als Sachverständiger, geladen von der SPD, gesagt, daß ihn diese Veränderungen überhaupt nicht beeindrucken, daß er sich das Recht nehme, nach wie vor alles zu überprüfen, daß er
Dr. Gisela Babel
allenfalls bereit sei, kollektive Maßnahmen von einer Prüfung auszunehmen.
So, meine Damen und Herren, auf diese Herausforderung haben wir meiner Ansicht nach völlig zu Recht mit einem Änderungsantrag geantwortet, der auch bei Betrieben ohne Betriebsrat Vereinbarungen, die hier mit der Belegschaft getroffen sind, in der gleichen Weise wie diese Überprüfungsanmaßung der Gerichte schützen wird.
Auch hier darf man nicht mehr alles überprüfen. Es geht um den Rechtsstaat, und der Rechtsstaat besteht darin, daß ein Unternehmer und auch ein Arbeitnehmer weiß, woran er ist.
Und darum muß es klare Vorschriften geben. Es darf nicht jeder Kündigungsprozeß zu einem unkalkulierbaren Abenteuer werden, meine Damen und Herren.
Frau Kollegin Dr. Babel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen von Larcher?
Nein.
Meine Damen und Herren, zur Lohnfortzahlung. Eines muß man ja bei der SPD feststellen: Sie haben ja zu vielen Vorschlägen immer einen vielstimmigen Chor, und hinsichtlich der Lohnfortzahlung habe ich überrascht, aber auch etwas erfreut gehört, daß der Ministerpräsident aus Hessen - sonst gar nicht berühmt für eine besonders besonnene Einstellung zu sozialen Fragen - gemeint hat, man könnte bei der Lohnfortzahlung in der Tat etwas verändern. Das zeigt mir nur, daß sich auch hier, auf dieser Seite, etwas verändern wird, meine Damen und Herren.
Wir folgen dem Grundsatz, daß für Arbeit mehr bezahlt wird als für Nichtarbeit. Dieser Grundsatz ist richtig. Wir wenden ihn bei allen Lohnersatzleistungen an, und es ist richtig, ihn auch bei der Lohnfortzahlung anzuwenden.
Ich glaube auch, daß Arbeitnehmer, die nach kurzer Zeit ihre Arbeit wieder aufnehmen können, eine klare Perspektive für ihr Leben haben und daß dies auch sozialpolitisch korrekt und zumutbar ist. Die Arbeitgeber werden hierdurch schnell und deutlich von Kosten entlastet, allerdings müssen die Tarifpartner die gesetzlichen Möglichkeiten auch nutzen und in die Praxis umsetzen. Viele Tarifverträge müßten entsprechend geändert werden.
Aber ich sage noch einmal: Das ist aus Respekt vor der Tarifautonomie vom Gesetzgeber vorgesehen. Der Vorwurf, wir griffen ein, ist sicher nicht berechtigt. Aber ich sage auch deutlich: Wir beobachten die Entwicklung sehr genau und wollen diese Eingriffe nicht. Aber wenn sich nichts ändert und es zu diesen Kostenentlastungen nicht kommt, dann wird die Diskussion über die Grenzen der Tarifautonomie in unserem Staat noch einmal aufbrechen; da bin ich ganz sicher.
Die Opposition lehnt das Beschäftigungspaket ab. Sie teilt nicht die Einschätzung der Lage, in der wir uns befinden, nicht die Einsicht in die Notwendigkeit zu handeln, sie lehnt die Richtung ab, in die diese Gesetze zielen. Sie hat aber nichts entgegenzusetzen. Das einzige, was sie zustandegebracht hat, sind der Schulterschluß mit den Gewerkschaften und ein Demonstrationszug von 350 000 Menschen. Der wird aber wohl eher von Arbeitsplatzbesitzern als von Arbeitslosen besucht worden sein, meine Damen und Herren.
Die Koalition ist gewillt, aktiv für vier Millionen Arbeitslose zu handeln, und dazu gehören mehr unternehmerische Freiheit und die Möglichkeit, Kosten zu senken.
Das ist soziale Marktwirtschaft: Chancen zu verbessern für diejenigen, die heute keine haben.
Die F.D.P. wird den Gesetzentwürfen zustimmen. Vielen Dank.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf der Zuschauertribüne hat der Parlamentspräsident der Republik Ghana, Daniel Francis Annan, Platz genommen. Ich heiße ihn hier herzlich willkommen.
Herr Präsident, wir freuen uns, daß Sie da sind.
Ich erteile jetzt das Wort der Kollegin Andrea Fischer, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Babel, Sie haben gesagt, wir könnten die ökonomische Situation, die Entwicklung der Arbeitskosten nicht wegdemonstrieren. Sie können es sich aber auch nicht so leicht machen, indem Sie dann als Gegenargument eine Art ökonomische Naturgesetzlichkeit postulieren, von der Sie behaupten, man könne darauf nur in einer einzigen Weise, nämlich in der Art der Bundesregierung, reagieren. Das bestreiten wir. Wir bestreiten nie die ökonomischen Fakten, wir bestreiten die Art und Weise, wie die Bundesregierung mit dem hier vorliegenden Paket darauf reagiert und reagieren will.
Es ist doch so, daß Sie lange Zeit einfach gewartet haben, was passiert, daß Sie zwar immer bedeutungsschwer gesagt haben, die Lage sei ja so ernst, man müsse etwas tun, aber jetzt plötzlich geraten Sie in Panik und peitschen ein Gesetzespaket im Eiltempo durch das Parlament, daß es jede parlamenta-
Andrea Fischer
rische Regel verletzt, daß Sie selber nicht mehr wissen, was Sie tun. Deswegen haben wir heute Probleme mit der dritten Lesung. Sie haben in diesem Verfahren zum Teil selber den Überblick verloren.
Bloß daß Sie panisch werden, rechtfertigt noch keine Entmachtung des Parlaments. Sie haben inzwischen so wenig Respekt vor diesem Sozialstaat, daß Sie vergessen, daß er ein ganz kompliziertes Räderwerk ist. Wenn Sie an einem Rad drehen, dann wirkt sich das auch über sechs weitere Räder aus. Das wissen Sie genauso gut wie wir. Trotzdem drehen Sie hier dran, da dran und dort dran, und vermutlich werden wir erst im Laufe des nächsten Jahres, wenn die ganzen Gesetze in Kraft getreten sind, merken, was Sie alles angerichtet haben.
Zu Ihrer panikartigen Reaktion will ich ein Beispiel zur Rentenversicherung nennen. Da gehen Sie seit Jahr und Tag verantwortungslos mit den Finanzen der Rentenversicherung um. Nun bekommen Sie Angst, weil es politisch immer brisanter wird. Mit jedem auch nur kleinen Prozentpunkt Beitragssatzerhöhung wird Ihnen angst und bange. Also denken Sie sich: Jetzt gehen wir an das Tafelsilber. Sie zwingen die Rentenversicherung zum Verkauf. Jeder kann Ihnen sagen, daß der Wohnungsmarkt im Keller ist wie nur was. Jeder kann Ihnen sagen, daß der Wohnungsbestand der Rentenversicherung sogar eher zur Stabilisierung des Beitragssatzes beiträgt. Weil dort Bedenken sind, haben Sie sich gedacht: Pfeifen wir auf die Selbstverwaltung und setzen einen Staatskommissar ein, denn im Herbst nächsten Jahres wollen wir jede Mark für die Rentenversicherung haben.
Gleichzeitig aber nehmen Sie kaltlächelnd hin, daß die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle für die Rentenversicherung mindestens - vorsichtig gerechnet und geschätzt - 500 Millionen DM Beitragsausfall bedeuten wird. Ich kann nur sagen: Das ist wirklich durchdachte Sparpolitik Chapeau, meine Damen und Herren. Dafür bekommen Sie den großen Ludwig-Erhard-Preis.
Deswegen bin ich so wenig beeindruckt von diesen langatmigen ökonomischen Argumentationsketten. Zu Ihrem Paket kann man in strategischer Hinsicht nur eines sagen, daß Sie nämlich darauf geachtet haben, durch die Klippen von politisch mächtigem Protest und Unwissenheit über die Runden zu kommen.
Sie haben heute betont, Sie greifen nicht in laufende Rentenanwartschaften ein. Ja, das haben Sie sich wohl überlegt. Sie haben nämlich gedacht, die anderen, die es später trifft, werden es nicht merken.
Und das, was Sie mit den Aussiedlerrenten machen - das sollte man schon deutlich sagen -, ist eine 40prozentige Kürzung ihrer Rentenansprüche. Das heißt, Sie haben die Kampagnen gegen die Aussiedler, die gelaufen sind, nicht nur billigend in Kauf genommen, nein, Sie haben sie sogar als den politischen Boden genommen, hier heranzugehen. Sie machen aus den Aussiedlern weitere Sozialhilfeempfänger, weil Sie deren Renten senken. Das wird garantiert nicht zur Befriedung des Zusammenlebens in den Gemeinden beitragen.
Eine der Gruppen, die nicht auf Anhieb sieht, wie sie durch diese Reform betroffen ist, sind Menschen, die in ihrem Erwerbsleben lange krank oder lange arbeitslos sind. Denen haben Sie in diesem Paket die Rentenansprüche so gut wie auf nichts gekürzt. Wie tief soll eigentlich das Niveau bei der Absicherung von Arbeitslosigkeit noch sinken? Erst machen Sie Leistungskürzungen während der Zeit von Krankheit und Arbeitslosigkeit, und dann geben Sie den Leuten noch einen Tritt, wenn sie alt geworden sind, und sorgen dafür, daß sie deswegen Renten unter dem Sozialhilfeniveau bekommen.
Das wollen Sie uns als eine notwendige Reform des Sozialstaats verkaufen? Sie sind es doch, die an der Arbeitslosigkeit gescheitert sind. Aber Ihre einzige Antwort darauf ist, immer schlechtere Lohnersatzleistungen zu machen.
Da ist es geradezu grotesk, wenn Minister Seehofer heute morgen sagt, sein Ziel und das Ziel der Bundesregierung für die Reform des Sozialstaates sei es - ich zitiere, „die großen Lebensrisiken auf hohem Niveau abzusichern" . Ist die Arbeitslosigkeit kein großes Lebensrisiko? Was meinen Sie eigentlich mit hohem Niveau?
Sie machen doch etwas ganz anderes. Sie schicken permanent die demoralisierende Botschaft an die Arbeitslosen: Ihr seid uns zu teuer.
Herr Minister Seehofer, auch wenn die Sozialdemokratie zugestimmt hat, so ändert es nichts daran, daß der Entwurf des Bundessozialhilfegesetzes falsch ist, weil er falsch angelegt ist und weil er die Behinderten dramatisch diskriminieren wird.
Natürlich ist es schwierig, weil der Sozialstaat genau dann halten muß, wenn er in eine Krise gerät; denn dann werden die Aufgaben immer größer. So wie Sie darauf reagieren, entkleiden Sie unsere ganzen Sozialsysteme ihres eigentlichen, nämlich solidarischen Sinns.
Viele Details - auf zwei habe ich hingewiesen - sind in der öffentlichen Debatte untergegangen wegen des starken Stücks der vorzeitigen Anhebung der Altersgrenzen für Frauen in der Rentenversicherung, das Sie sich geleistet haben. Es ist ein ziemlich starkes Stück, nach wenigen Jahren die eigene Reform überhaupt nicht mehr ernst zu nehmen und so zu tun, als hätte man bei der Rentenreform 1992 die Frage, wie der Vertrauensschutz und Übergangsbestimmungen zu beachten sind, nicht bereits diskutiert.
Andrea Fischer
Haben Sie gehofft, das ginge gut, das würde keiner merken? Oder wollten Sie ausprobieren, wie weit Sie gehen können? Oder haben Sie sich gedacht, wir binden die Kraft der Frauen und der Opposition an diese zentrale Frage, damit sie für alles andere keine Kraft mehr haben und nicht entsprechend kämpfen können? So haben Sie die Lebensplanung von Frauen zum Spielball der Politik gemacht.
Nach meinem Eindruck gehen Sie mit der Lebensplanung der Jungen auch nicht wesentlich sorgfältiger um. Sie besetzen eine Kommission mit wirklich illustren Fachleuten und Wissenschaftlern. Da kann man nicht meckern. Aber noch bevor sich diese Kornmission das erste Mal trifft, brüskieren Sie diese Kommission, indem Sie bereits Weichenstellungen vornehmen. Die Kommissionsmitglieder werden vor vollendete Tatsachen gestellt, und vieles, was im rentenrechtlichen Teil des Sparpakets enthalten ist, führt weit in die Zukunft.
Bevor die Mitglieder der Kommission die Chance haben, sich kennenzulernen, reduzieren Sie deren Arbeitsauftrag und engen den Handlungsspielraum der Kommission ein. Das erscheinen mir nicht die Arbeitsbedingungen einer Kommission zu sein, die die Möglichkeit haben soll, eine wohlausgewogene Rentenreform für die Zukunft zu machen.
Bei Ihnen ist unsere Zukunft ganz offenkundig nicht in guten Händen.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Jörg Tauss.
Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf den Beitrag der Frau Kollegin Babel, die hier geäußert hat, daß die Tatsache, daß ein deutsches Gericht darüber entscheidet, ob ein Vertrag nach Recht und Gesetz beendet wird und ob es dafür eine Abfindung gibt, ein Standortnachteil für Deutschland sei. Ich halte eine solche Beurteilung der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit für derart ungeheuerlich, daß ich sie an dieser Stelle nicht unwidersprochen im Saal stehenlassen kann.
Im übrigen, Frau Babel, stehen ein paar Kenntnislücken im Mittelpunkt Ihrer Ausführungen.
- Viele, ich kann es bestätigen.
Pro Jahr der Beschäftigung bekommt ein Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis - durch ein Arbeitsgericht festgestellt - eine Abfindung in Höhe eines halben Monatsgehalts, und das in der Regel, wenn noch Geld da ist.
Ein deutscher Manager bekommt im Schnitt bei seinem Ausscheiden aus dem Betrieb 170 Prozent seines Jahresgehalts als Abfindung, ein amerikanischer Manager übrigens nur 90 Prozent.
Wenn Sie über Standortnachteile reden, dann sollten wir auch darüber reden, warum deutsche Manager so teuer sind. Darüber reden Sie aber nicht. Das paßt in die gesamte Linie Ihrer Argumentation.
Sie haben die Betriebsräte gelobt. Es ist geradezu unglaublich, daß Sie parallel dazu den Betriebsräten, von denen Sie sagen, sie hätten eigentlich mehr Verantwortung als viele hier im Saal - das ist nur eine Unterstellung - die Möglichkeiten nehmen, mit den Arbeitgebern einen Interessenausgleich abzuschließen, weil auch das Bestandteil Ihres Paketes ist.
Sie verlagern Auseinandersetzungen in die Betriebe, und parallel dazu nehmen Sie den Menschen vor dem Arbeitsgericht das Recht und den Betriebsräten das Instrument. Das ist der Marsch in den anderen Staat. Es wäre interessant, wenn Herr Blüm und Herr Geißler, von denen ich annehme, daß sie nicht ganz so verkommen sind wie Teile der Liberalen, klare Positionen beziehen würden. Das wäre die Antwort, die Sie hier geben müßten.
Statt dessen machen Sie den Marsch in die Systemänderung mit, die Frau Babel vorgetragen hat.
Frau Kollegin, wollen Sie erwidern?
Herr Kollege, ich will das noch einmal deutlich sagen: Daß ein oberster Richter für die Arbeitsgerichtsangelegenheiten, die streitig entschieden werden, in eine Anhörung kommt und mit seinen Äußerungen zu dem, was sich der Gesetzgeber vorgenommen hat, um Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen - alle hatten immerhin anerkannt, daß es daran in Deutschland mangelt -, dem vorgesehenen Zweck entgegen handeln will, ist ein schockierender Vorschlag.
Sie müssen überlegen, daß er in allen Gerichtsstreitigkeiten von vornherein befangen ist, weil er ankündigt, sich über das Gesetz hinwegzusetzen.
Das Wort hat jetzt überwiegend die Kollegin Dr. Babel.
Ich habe das, was er gesagt hat, ja vorgetragen. Ich habe es natürlich nicht wörtlich für diese Debatte auswendig gelernt, so gut war es nämlich nicht. Ich weiß nur, daß er klar zum Ausdruck gebracht hat, er stehe der Eingrenzung der sozialen Kriterien durch den Gesetzgeber, die den
Dr. Gisela Babel
Sinn hat, die Kündigungsschutzprozesse zu verringern und die Rechtssicherheit zu erhöhen, mit vielen Zweifeln gegenüber, weil die Gerichte nach wie vor alles überprüfen würden.
- Moment, es ist doch ein Unterschied, ob ein Gesetzgeber den Versuch macht, präzise Voraussetzungen mit dem Ziel in ein Gesetz zu schreiben, Rechtssicherheit zu erreichen, oder ob ein Richter dem entgegensetzt, das würde man doch nicht erreichen, denn die Prozesse würden weitergehen. Ich finde diese Diskussion im Ausschuß völlig unmöglich. Darauf möchte ich hinweisen.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Heidi Knake-Werner, PDS.
Bitte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe es nicht gern, wenn quer durch den Plenarsaal gerufen wird. Dann ist keine Verhandlungsatmosphäre mehr vorhanden.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Knake-Werner.
Ja, danke schön. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesarbeitsminister sagte heute morgen, diese Regierung spare nicht für die Millionäre, sondern für Millionen. Ich will Ihnen ein Beispiel dafür geben, daß einige von den Millionen das aber ganz anders sehen. Die Beschäftigten der Magdeburger Armaturenwerke halten es zum Beispiel für einen Skandal, daß sie für eine falsche und verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik dieser Regierung die Zeche zahlen müssen.
Sie finden es grob ungerecht, daß die Gewinne der Konzerne, Banken und Versicherungen ständig anwachsen, ihnen aber tief in die Tasche gegriffen wird. Sie nennen die Politik der Bundesregierung - was sie in Wahrheit auch ist -, einen Raubzug an Beschäftigten, Arbeitslosen, Frauen, Familien und alten Menschen.
Die Magdeburger Armaturenwerke werden zum 31.12.96 geschlossen. Sie sind ein Beispiel von vielen, ein Beispiel für die düsteren Prognosen des DIW von dieser Woche, wonach das bißchen Wirtschaftswachstum gänzlich zum Stillstand kommt und der Aufholprozeß im Osten ferner denn je ist.
Das ist das traurige Ergebnis Ihrer Politik.
In den vorliegenden Gesetzen geht es vorrangig nicht um Sparen, auch wenn Sie Haushaltsentlastungen von ansehnlichen 25 Milliarden versprechen. Sie stellen die Weichen in eine andere Republik und ersparen sich die Fürsorge für die sozial Schwächsten in diesem Land. Daß es Ihnen um eine andere Republik geht, beweist nichts besser als der massive Angriff auf die soziale Rechtsordnung: Verschlechterung des Kündigungsschutzes, Einschränkung der Lohnfortzahlung, Schlechterstellung der Betriebsräte beim Interessenausgleich, Eingriffe in das Tarifvertragsgesetz und in die Tarifautonomie. Ich bitte Sie, mir zu sagen, wofür denn mit diesen Eingriffen eigentlich gespart wird.
Das Schlimmste aber ist, daß Sie hier ein Gesetzespaket durchpeitschen werden, dessen Auswirkungen auf Millionen Menschen der Großteil Ihrer Fraktion überhaupt nicht übersehen kann. Im Ausschuß ist das mehr als deutlich geworden. Nach dem Motto „Augen zu und durch" schieben Sie alle Bedenken der Sachverständigen beiseite, kürzen, streichen und beschneiden, was das Zeug hält. Oder kennen Sie heute schon die Folgen der Verkürzung der Anrechnungszeiten für Ausbildungsjahre oder der Streichung von Anrechnungszeiten bei Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug? Wird die Entlastung der Rentenkassen womöglich ein teures Luftschloß, weil gleichzeitig Armut und Sozialhilfebezug ausgeweitet werden müssen? Oder was wird Ihrer Meinung nach passieren, wenn künftig berufliche Rehabilitation nur noch nach Zweckmäßigkeitserwägungen bewilligt wird? Tausende lernbehinderte Jugendliche betrügen Sie um ihre Zukunft.
Daß Ihr Programm für mehr Beschäftigung stehen soll, ist allerdings nun wirklich der blanke Hohn. Sie vernichten Arbeitsplätze mit diesem Programm. Allein die angekündigte Streichung des Bundeszuschusses an die Bundesanstalt für Arbeit und die Angleichung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Ostdeutschland an Westniveau setzen 250 000 Arbeitsplätze aufs Spiel. Das sind Arbeitsplätze in Regionen, für die sie teilweise das einzige Mittel darstellen, um überhaupt noch überleben zu können. Haben Sie sich das eigentlich überhaupt schon einmal klargemacht? Auch die Kürzung von Kuren, die Einschnitte bei der Gesundheitsförderung und die Reduzierung der Reha-Maßnahmen werden Zehntausende von Arbeitsplätzen aufs Spiel setzen, insbesondere Frauenarbeitsplätze. Auch das ist Ihnen von den Sachverständigen vorgerechnet worden.
Aber auch mittelbar vernichten Sie Arbeitsplätze: Indem Sie die Lohnfortzahlung kürzen, die Arbeitslosenhilfe kürzen und das Krankengeld kürzen, vernichten Sie Kaufkraft. Was heißt das denn anderes,
Dr. Heidi Knake-Werner
als daß die Menschen bei Restaurant- und Kinobesuchen, bei Kleidung, bei Reisen usw. sparen müssen? Das Forsa-Institut hat in dieser Woche deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das Arbeitsplätze kostet.
Sie bleiben den Beweis dafür schuldig, wie Sie mit der Einschränkung vom Kündigungsschutz und bei der Lohnfortzahlung Arbeitsplätze schaffen wollen.
Beschäftigungseffekte - das ist in der Anhörung deutlich geworden - sind durch diese Maßnahmen nicht quantifizierbar. Ihre empirische Basis ist etwa so seriös, wie Herr Minister Seehofer es hier heute morgen demonstriert hat: Er kenne Leute. Wahrscheinlich kennt er auch Leute, die sich mit Kochkursen und Bauchtanz im Freizeitpark vergnügen, natürlich aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Das ist Stammtischniveau.
Triefender Zynismus und Menschenverachtung sind der Impuls Ihrer Politik. Ihr ganzes Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung entpuppt sich bei genauer Draufsicht als ein Programm sozialer Ungerechtigkeiten. Der vielgeschmähte Druck der Straße, den Sie hier immer wieder bemühen, hat wenigstens dazu geführt, daß Ihr ursprüngliches Vorhaben, das Frauenrentenalter schon 1997 schrittweise auf 65 Jahre anzuheben, ein Stück zurückgenommen werden mußte. Eine Verschlechterung gegenüber der bestehenden Regelung bleibt es allemal.
Das einzige, was Sie mit Ihrem Programm bewirken werden, ist eine Beschäftigung der Arbeitsgerichte. Auch das ist heute deutlich erwiesen. Frau Babel, wenn Sie das als Überprüfungsanmaßung bezeichnen, dann wundere ich mich allerdings schon ein bißchen über Ihr Verständnis von Gewaltenteilung.
Nein, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können die Demonstration der 350 000 noch so häufig als „Druck der Straße" bezeichnen, und der Kollege Hintze kann die gestrige Aktion von 250 000 Arbeitnehmern in den Betrieben „in höchstem Maße unverantwortlich" nennen. Anders ist Ihnen offenbar nicht klarzumachen, daß sich zwar nicht die Fahrtrichtung, Herr Minister Blüm, aber die Stimmung im Lande verändert hat, nämlich nachdrücklich gegen Sie.
Es sind nicht alleine die Gewerkschaften und ihre Millionen Mitglieder, Sie haben auch die großen Sozialverbände gegen sich, die Ärzteschaft kritisiert Sie, Arbeitsrechtler und Sachverständige mahnen Sie. Den schärfsten Protest allerdings ernten Sie von den Kirchen. Was muß eigentlich noch geschehen, damit Sie endlich aufhören, die Mehrheit hier im Plenum zu einer Mehrheit für Ihren Angriff auf den Sozialstaat umzudeuten?
Ich habe bei der Demonstration in Bonn auf dem TShirt einer Demonstrantin einen Spruch gelesen, der noch nie so wahr wie heute war: „Wer Kohl wählt, den bestraft das Leben".
Das Wort hat der Kollege Dr. Heiner Geißler, CDU/CSU.
- Alles der Reihe nach.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Oskar Lafontaine hat bei einer Diskussion in der eigenen Fraktion vor einiger Zeit - ich glaube, es war Mitte April - zu seinen Parteifreundinnen und Parteifreunden gesagt:
Hängt meine Worte doch nicht so hoch!
Ich finde, das sollte man heute vor allem tun nach dem, was wir gehört haben, und einmal auf die wirklichen Probleme zu sprechen kommen. Wir sollten uns doch vielleicht einmal darüber einig sein:
Heute arbeiten in Westdeutschland über 2 Millionen Menschen mehr als noch vor zwölf Jahren. Da sind wir uns einig: über 2 Millionen. Trotzdem haben wir vier Millionen Arbeitslose. Woher kommt es? Wir haben zwei Millionen Aussiedler. Ich habe es das letzte Mal schon gesagt: Fast alle haben Arbeit bekommen. Wir haben Flüchtlinge. Ich beklage dies überhaupt nicht, sondern wir sind in der Mitte Europas und können nach diesem Umbruch die geschichtlichen Folgen dessen, was hier passiert ist - es war eine Revolution -, nicht einfach von uns abwenden.
Über zwei Millionen Frauen, die vor zwölf oder vor 15 Jahren noch nicht auf dem Arbeitsmarkt waren, fragen zusätzlich nach Arbeit nach - top-qualifiziert, ausgebildet. Das ist die Situation.
Nun, finde ich, kommt noch etwas ganz anderes hinzu: Wir haben seit 15 Jahren jedes Jahr ein steigendes Bruttosozialprodukt. Dieses wird erwirtschaftet bei einem immer geringeren Aufwand an Arbeitszeit; das ist auch wahr. Gleichzeitig steigt aber die Nachfrage, wie ich es gerade nachgewiesen habe.
Herr Kollege Lafontaine, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind, einmal kurz umrissen, die Probleme - einmal ganz abgesehen von den Umbrüchen im Politischen und im Ökonomischen.
Dr. Heiner Geißler
Der Computer - ich wiederhole, was ich das letzte Mal gesagt hatte - hat unsere Arbeitswelt so radikal verändert wie die Elektrizität oder die Dampfmaschine und der mechanische Webstuhl. Dies hat zu der Veränderung in der Arbeitswelt geführt.
Darauf, auf diese vollkommen veränderte Situation - jetzt bringe ich nur noch das Stichwort „Globalisierung der Märkte" - müssen wir hier eine Antwort geben. Darum geht es und nicht um die Auseinandersetzung, wie wir sie bisher von der Opposition gehört haben; das muß ich nun wirklich sagen.
Was die Demonstration anbelangt - Sie haben daran teilgenommen, Herr Dreßler hat daran teilgenommen, ich habe nicht daran teilgenommen, aber ich habe einige aus meinem Wahlkreis hinterher gefragt, was sie nun eigentlich von dieser Demonstration mitgebracht haben.
Ich habe mir sehr genau die Rede von Herrn Schulte angesehen und was auch sonst bei dieser Demonstration - 350 000 Leute - gesagt worden ist. Zu den Problemen, wie ich sie gerade umrissen habe - und niemand wird ehrlicherweise bestreiten, daß das die eigentliche Problembeschreibung ist -, zu diesen Problemen ist auf dieser Demonstration kein einziges Wort gesagt worden.
Und jetzt sage ich Ihnen folgendes: Das haben die Leute auch gemerkt, das haben die Leute gespürt. Die sind da eine Stunde, anderthalb Stunden dabeigewesen. Und so dumm sind sie nun auch nicht, für wie manche in der politischen Klasse hier in Bonn die Leute halten,
daß sie nicht begreifen, daß wir in einer veränderten, und zwar grundsätzlich veränderten Situation etwas tun müssen, daß gehandelt werden muß.
Und das haben die auch gesagt: „Jetzt sind wir zurückgekommen, ja, was tun wir jetzt, was machen wir jetzt?" - Die Antwort haben diese Menschen bei der Demonstration und auch heute bei Ihren Ausführungen nicht bekommen. Das ist die Wahrheit!
Wir - weder die Politik insgesamt noch die Regierung, noch die Sozialdemokraten -, wir können keine Arbeitsplätze schaffen, aber wir haben die Möglichkeit und auch die Verpflichtung - das ist die Aufgabe bei vier Millionen Arbeitslosen -, denen - und es sind halt nun einmal die Unternehmen und nicht wir -, die Arbeitsplätze schaffen können, die neue Arbeitskräfte einstellen können, zu helfen, daß
sie es leichter können als bisher. Das ist unsere Aufgabe und nichts anderes.
Herr Kollege Dr. Geißler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nichts anderes, nichts anderes wollen wir mit diesem Beschäftigungsprogramm erreichen.
Jetzt bringe ich einmal folgendes Beispiel. Ich habe mit den Leuten, die von der Demonstration zurückgekommen sind, gesprochen. Ich gehe anschließend in das DGB-Zelt, da steht ein Betriebsrat von Gummi-Mayer aus meinem Wahlkreis; mit dem setze ich die Diskussion fort. Ich habe denen, als sie mich gefragt haben: „Was machen wir nun?", folgendes geantwortet. Ich nehme einmal das Beispiel „kleine Betriebe". Wie sieht bei denen die Situation aus? 20 krankheitsbedingte Fehltage, 30 Urlaubstage im Schnitt bei den Industriearbeitern. Dann kommen noch einmal 12 Feiertage hinzu. Das macht insgesamt 62 Tage, für die Lohn gezahlt werden muß, an denen aber nicht gearbeitet wird.
Das juckt BASF, Thyssen, Daimler-Benz und andere überhaupt nicht. Für die eine Million oder die zwei Millionen kleinen und mittleren Betriebe aber ist das ein Problem; das wissen Sie selber. Diesen wollen wir erleichtern, mehr Leute einstellen zu können.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, muß der Kündigungsschutz präzisiert werden. Nur aus diesem Grund heben wir den Schwellenwert, natürlich mit Vertrauensschutz - das muß ich hinzufügen -, an. Frau Babel, wir haben darüber miteinander geredet. Diese Regelung soll nicht dazu dienen, Entlassungen zu erleichtern, sondern dazu, Einstellungen zu erleichtern.
Die Einstellung von Arbeitskräften darf heute für kleine Betriebe nicht durch unnötige Arbeitsgerichtsprozesse und durch in der Regel zu hohe Abfindungen zu einem unkalkulierbaren Risiko werden, wenn es 4 Millionen Arbeitslose gibt.
Das versteht jedermann. Ich habe niemanden getroffen, weder einen Betriebsrat noch einen Arbeitnehmer, der das nicht verstanden hat, als ich mit ihm darüber geredet habe. Die Leute haben das eingesehen.
Wir alle wollen etwas für die Arbeitslosen tun und Arbeitsplätze schaffen. Ich weiß aber nicht, ob diese Demonstration letztendlich nicht doch eine Fehlentscheidung gewesen ist. Die Leute haben zwar große Worte und Ankündigungen, auch Angriffe gehört,
Dr. Heiner Geißler
letztendlich aber keine Lösungen für die Probleme erfahren, die sie selber hautnah spüren.
Was machen wir? Wir sollten einmal über das Dienstleistungsarbeitsverhältnis reden, das zentraler Bestandteil dieses Pakets ist. Wir führen Dienstleistungsarbeitsverhältnisse in Privathaushalten ein, was lange Zeit umstritten war.
Bernhard Jagoda, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, hat gesagt: Bei 32 Millionen Haushalten ergibt dies mehrere hunderttausend neue Arbeitsplätze, und zwar nicht 590-DM-Jobs, sondern sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse.
Zu den befristeten Arbeitsverträgen. Wir beklagen die Überstunden. Wenn wir die Möglichkeit der befristeten Arbeitsverträge erleichtern, allerdings in gewissen Grenzen - dreimal auf zwei Jahre befristete Arbeitsverträge -, dann bietet dies auch den größeren Betrieben die Chance, Überstunden abzubauen und dafür neue Leute einzustellen.
Zu den Schwellenwerten habe ich schon etwas gesagt. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ist der Meinung: Wenn der Schwellenwert angehoben wird, also die Einstellungshemmnisse beseitigt bzw. gelockert werden, können in 40 Prozent der Handwerksbetriebe neue Leute eingestellt werden. Das würde eine Größenordnung von ungefähr 400 000 bis 500 000 neuen Arbeitsplätzen ausmachen. Das wollen wir mit diesem Beschäftigungsprogramm erreichen.
Hier geht es nicht um Sozialabbau, sondern um mehr Beschäftigung. Es geht um die Leute, die im Moment keine Arbeit haben.
Zu den Existenzgründungen. Würden sich nur 5 Prozent mehr selbständig machen, als es heute der Fall ist, dann hätten wir allein in Westdeutschland 1,5 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze. Zudem suchen 700 000 mittelständische Unternehmen in den nächsten zehn Jahren einen Nachfolger.
Nun konnten wir gestern in der Zeitung lesen: Der Ford-Chef Alex Trotman hat eine Pressekonferenz gegeben. Dort hat er gesagt, daß in Europa 490 000 Ford Fiesta vom Band rollen: 175 000 in Niehl, noch einmal 175 000 in Dagenham, in England, und noch einmal 140 000 im spanischen Valencia. Er sagt:
Während die Arbeiterstunde am Rhein mit 60 DM zu Buche schlage, liege sie in Dagenham bei 31 DM und in Spanien sogar unter 30 DM.
Allerdings
- so fügt er hinzu -
liege man bei der Qualität und Produktivität an der Spitze: Für die Montage des Fiesta benötigten die Kölner Autowerker 22, die englischen Kollegen 27 und die Spanier sogar 29 Stunden.
Wir wollen - das ist Sinn des Programms - doch nicht Löhne wie in Spanien oder wie in England, sondern wir wollen mit verminderten Lohnzusatzkosten - das ist das Problem, nicht die Löhne - und der größeren Produktivität unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe international erhalten.
Das ist das Ziel: die Produktivität nutzen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit dadurch verbessern, daß wir mit den Lohnzusatzkosten heruntergehen, und zwar ohne daß es zu einem sozialen Kahlschlag kommt.
Ich muß schon sagen: Sie haben eine Argumentation, daß man fast verzweifeln kann. Herr Kollege Dreßler, ich muß Sie jetzt direkt ansprechen: Frage des sozialen Anstands. Gerhard Schröder, Ihr Kollege, SPD-Ministerpräsident in Niedersachsen, fordert tiefe Einschnitte ins soziale Netz. Gestern hat Oskar Lafontaine dasselbe in der „Woche" erklärt. Ich kann Rudolf Scharping zitieren, der vor der Bundestagsfraktion gesagt hat:
Auch die SPD sieht die Notwendigkeit, soziale Haushalte langfristig zu konsolidieren. Es ist richtig: Arbeit muß sich stärker lohnen als Leben aus einem sozialen Transfer.
Und dann fügt er hinzu:
Dazu gehört beispielsweise, daß es auch Einschnitte geben muß.
Jetzt frage ich Sie: Wie und wo? Sagen Sie doch endlich einmal, wo Sie Ihre sozialen Einschnitte machen wollen!
Herr Kollege Dr. Geißler, gestatten Sie eine Zwischenfrage - -
Nein.
Gilt das generell?
Nein.
Sagen Sie, wo Sie Ihre sozialen Einschnitte machen wollen! Uns beschimpfen und die Antwort verweigern ist ein Stück politischer Feigheit,
was nur dazu führt, daß Sie inzwischen auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland die Glaubwürdigkeit verloren haben.
Friedhelm Farthmann, der Ex-Vorsitzende der NRW-Landtagsfraktion, sagt - und er weiß, wovon er redet -:
Dr. Heiner Geißler
Inzwischen hat die SPD einen Tiefstand erreicht, wie ich ihn in meiner 40jährigen Parteizugehörigkeit noch nicht erlebt habe.
Ich könnte das Zitat fortsetzen.
Das hat etwas damit zu tun, daß Sie hier große Worte finden und uns maßlos angreifen, ohne daß Sie auch nur die geringste glaubhafte Alternative vorlegen. Das geht auf Sie selber zurück.
Über das Beispiel der Lohnfortzahlung und der 20prozentigen Selbstbeteiligung kann man sicher nicht jubilieren. Kein Mensch freut sich darüber. Aber bei 60 bis 62 Milliarden DM Lohnfortzahlungskosten bringt es immerhin eine Erleichterung von 12 Milliarden DM für die Betriebe.
Nun gibt es aber die Möglichkeit der Verrechnung mit dem Urlaub. Ein Industriearbeiter hat bei uns im Durchschnitt 30 Urlaubstage. Er kann sich für fünf Krankheitstage einen Urlaubstag anrechnen lassen. Selbst wenn jemand sechs Wochen krank ist, hat er, wenn er die Urlaubstage anrechnen läßt, immer noch 24 Urlaubstage. In Großbritannien gibt es im Durchschnitt 25, in der Schweiz 24, in Griechenland und auch in Portugal 22, in Belgien 20, in den USA 12 Urlaubstage. Selbst bei sechs Wochen Krankheit und Anrechnung von Urlaubstagen haben unsere Arbeitnehmer immer noch vier Urlaubstage mehr als die Belgier, genausoviel wie die Schweizer und 14 Tage mehr als die Amerikaner. In einer solchen Situation vom Plattmachen des Sozialstaats zu reden, Genossen, da habt ihr nicht mehr alle Tassen im Schrank! Kein Mensch glaubt Ihnen das!
Was sich hier abspielt, hat in der deutschen Geschichte schon des öfteren eine Rolle gespielt: Rationalismus und Irrationalismus. Der Irrationalismus hat in Deutschland politisch immer eine große Rolle gespielt, und die Deutschen sind des öfteren lieber auf der Emo-Schiene abgefahren, als daß sie eine wirkliche Problemsituation auch einmal rational und diskursiv erörtert hätten. Die Lohnfortzahlung ist halt ein Symbolthema geworden, jenseits von Gut und Böse und jenseits von dem, was wir machen müssen.
Beim Sozialstaat ist es inzwischen offenbar genauso wie beim Nationalstaat: Wenn die Fahne fliegt, ist der Verstand in der Trompete. Das haben wir bei dieser Diskussion erlebt.
- Wenn die Fahne fliegt, ist der Verstand in der Trompete - ein ukrainisches Sprichwort. Daran habe ich denken müssen, als ich heute morgen Ihre Reden gehört habe.
Da ist mit rationaler Überlegung überhaupt nichts mehr zu machen.
Ich sage in aller Ruhe: Die SPD ist durchaus zu Recht eine Partei, die sich auf soziale Verantwortung berufen kann, und sie ist eine Partei der Arbeiterbewegung. Ich kann das alles verstehen. Die Gewerkschaften und auch die Kirchen haben eben andere Aufgaben. Aber ich finde, die SPD, die Gewerkschaften und auch die Kirchen sollten nicht mit Halbwahrheiten Ängste schüren.
Denn eine halbe Wahrheit ist schlimmer als eine ganze Lüge. Es ist eben nicht in Ordnung, wenn der DGB-Vorsitzende von einem Katalog sozialer Grausamkeiten, von Ausgrenzung der Schwachen, Kranken und Behinderten, von Betrug an Frauen und was da sonst noch alles gesagt wird, redet. Ich weiß, daß die Kirchen nicht so sind, aber ich muß es hier sagen. Wenn bei dieser Demonstration davon geredet wird, die Kinder der Armen brauchen auch Spielplätze und drei Mahlzeiten am Tag, und an Kuren für Mütter darf nicht gespart werden, dann wird doch unterstellt, die Koalition wolle Spielplätze wegnehmen, und wir wollten Kinder verhungern lassen. Hier werden doch Ängste geschürt, die völlig unbegründet sind.
Ich finde es auch nicht richtig, wenn vom DGB-Vorsitzenden gesagt wird: Vor fast 15 Jahren sind auf diesem Platz in der bis heute größten Kundgebung der Bundesrepublik Hunderttausende zusammengekommen, um für den Frieden zu demonstrieren. Damals ging es um den äußeren Frieden. - Das ist heute so falsch wie damals. Sie haben immer gegen das Falsche demonstriert, damals gegen die NATO und heute gegen jeden sozialen und ökonomischen Verstand.
Außerdem ist es auch ungerecht. Es findet kein Kahlschlag statt. Ein Vergleich mit anderen Industrieländern beim Arbeitslosengeld, der Sozialhilfe, der Lohnfortzahlung, dem Krankengeld und der Rentenversicherung zeigt dies. Dies gilt auch nach Wirksamwerden unserer Maßnahmen. Es kann gar nicht anders sein. Für Sozialleistungen werden 1,1 Billionen DM aufgewendet. Da sparen wir jetzt 25 Milliarden DM. Vergleichen Sie dies mit Großbritannien, Schweden, Italien, den Niederlanden, den USA! Solche Vergleiche gibt es. Wenn das, was wir bei uns machen, das wäre, was Sie sagen, ein sozialer Kahlschlag, dann müßte es in diesen Ländern eine reine Wüstenei geben.
Wir gehören nicht zu denen, die Tony Blair angebetet haben. Tony Blair, der Sozialistenführer, ist beim Bundesverband der Deutschen Industrie gefeiert worden. Aber vieles, was Tony Blair sagt, wird ein vernünftiger Christlicher Demokrat oder ein Christlicher Sozialer mit Sicherheit auch nicht akzeptieren. Nach dem, was er gesagt hat, und nach dem Jubel, den er erfahren hat, fällt mir ein Sprichwort ein: daß
Dr. Heiner Geißler
die Berühmtheit manches Zeitgenossen unmittelbar mit der Dummheit seiner Bewunderer zusammenhängt.
Ob Sie dazugehören, steht auf einem anderen Blatt Papier. Wir haben damit nichts zu tun, damit wir uns hier richtig verstehen.
Es hat auch etwas mit Psychologie zu tun. 50 Prozent des wirtschaftlichen Wachstums sind Psychologie. Mit „shareholder value" und Vergleichen mit den Vereinigten Staaten hat die Christlich Demokratische Union und will die CDU nichts zu tun haben. Daimler-Benz-Chef Schrempp hat laut „Spiegel" gesagt, bis 2000 werde Daimler-Benz in Deutschland keinen Pfennig Ertragsteuern bezahlen, „von uns bekommt ihr nichts mehr". Ich weiß nicht, ob er es gesagt hat. Aber wenn er es gesagt hat, muß man dies auch in Verbindung mit der Aussage sehen, daß Hiobsbotschaften am Arbeitsmarkt als Siegesmeldungen an der Wall Street gelten. Für die Christlich Demokratische Union sage ich: Dies alles sind moralische Bankrotterklärungen. Damit haben wir nichts zu tun.
Auch mit diesen Leuten wollen wir nichts zu tun haben.
Die Globalisierung der Märkte ist eine Tatsache. Aber die mißbräuchliche Nutzung der Globalisierung der Märkte produziert nicht nur hohe Dividenden, sondern gleichzeitig eine Globalisierung der Arbeitslosigkeit und eine Globalisierung der Armut und des Elends. Das muß jeder wissen, der diesen Dingen unkritisch gegenübersteht. Da kann einmal der Faden reißen. Wir dürfen nicht die Fehler, die im Zusammenhang mit der alten sozialen Frage gemacht wurden, wiederholen. Heute besteht global eine neue soziale Frage. Wir dürfen nicht so versagen, wie es vor 150 Jahren die Manchester-Fabrikanten getan haben. Die Folge ist das Kommunistische Manifest gewesen: Ein Gespenst geht um in Europa! Es hat dann 140 Jahre gedauert - weil die Verantwortlichen damals nicht begriffen hatten, um was es ging -, bis die letzten Fetzen dieses Gespenstes verscheucht worden sind. Im Zusammenhang mit der neuen globalen sozialen und ökologischen Frage dürfen wir diesen Fehler nicht noch einmal begehen.
Die soziale Marktwirtschaft wird nicht in Frage gestellt. In Zeiten großer Herausforderungen muß sich die soziale Gerechtigkeit aber erst eigentlich bewähren. Die Solidarität muß denen gelten, die die Hilfe besonders brauchen. Das sind heute die vier Millionen Arbeitslosen. Es stehen nicht diejenigen im Vordergrund, die einen Arbeitsplatz haben und die vielleicht zu Recht beklagen, daß sie geringere Einkommenszuwächse erhalten. Vielmehr stehen die Arbeitslosen im Mittelpunkt unserer Solidarität. Dazu bekennen wir uns.
Für ein deutsch-deutsches Thema - das sage ich allen: Arbeitgebern und Gewerkschaften -, auf das ich jetzt eingehen will, gibt es ein altes Zitat von Erich Kästner, das wir uns gemeinsam zu Gemüte führen sollten.
- Ich habe keine Rede gehalten, die Sie aufregen müßte.
- Nein, das habe ich nicht getan!
Erich Kästner hat einmal gesagt: „Wer das Schöne im Leben vergißt, wird böse. Wer das Schlechte im Leben vergißt, wird dumm" . Es gibt in unserem Land viele, auch im Westen, die uns das Schöne vergessen machen wollen. Das Gute, daß wir in Freiheit einen Sozialstaat aufbauen konnten, wie es ihn bis auf den heutigen Tag - auch nach Verabschiedung dieses Beschäftigungsprogramms - in keinem anderen Industrieland der Welt gibt, wollen viele vergessen machen.
Dadurch sollen die Leute bösartig werden.
Es gibt aber auch Leute, und das sage ich in Richtung PDS, die wollen vergessen machen, was zum Beispiel in Ostdeutschland vor sechs Jahren der Fall gewesen ist: Die Leute waren eingesperrt und wurden bespitzelt; der soziale und wirtschaftliche Standard war niedrig. Das war nicht die Schuld der Menschen; sie waren ordentlich und fleißig, aber sie lebten im falschen System. Indem man diese Tatsachen vergessen macht, will man die Menschen verdummen.
Wir, die Christlich Demokratische Union, beteiligen uns nicht daran, die Leute verrückt zu machen und unbegründete Ängste in ihnen zu schüren.
Wir beteiligen uns nicht daran, die Menschen bösartig zu machen.
Wir beteiligen uns auch nicht daran, die Menschen
zu verdummen. Wir wollen vielmehr Entscheidungen
treffen, damit den Menschen geholfen wird, einen
Dr. Heiner Geißler
Arbeitsplatz zu bekommen, und damit der Sozialstaat auf Dauer gesichert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt mehrere Anmeldungen zu einer Kurzintervention vorliegen. Herr Kollege Geißler, ich denke, daß Sie anschließend zusammenhängend darauf antworten können, wenn Sie wollen.
Zunächst die Kollegin Margot von Renesse.
Herr Kollege Dr. Geißler, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede beklagt bzw. kritisch angemerkt, daß die Demonstranten und Demonstrantinnen in Bonn nur Fragen, aber keine Antworten haben. Wer ist in dieser Gesellschaft eigentlich für Antworten zuständig? - Ich meine, daß es doch wohl die Mehrheit dieses Hauses in ganz besonderer Weise ist.
Die erste Möglichkeit, Antworten im Konsens zu finden, was diesem Sozialstaat angesichts unbestreitbar großer Probleme wohl anstünde, nämlich im Konsens mit dem DGB, der Ihnen die Hand ausgestreckt hat, haben Sie kaltherzig ausgeschlagen.
Sie können sich freuen, daß manche Menschen Fragen gestellt und an Ihre Tür geklopft, manchmal dagegengeschlagen haben, zum Beispiel die Frauen. Denn ohne dieses Engagement der vielen Frauen von Bad Segeberg bis Passau wären Sie glatt im Begriff gewesen, im Jahre 1997 verfassungswidrige Antworten zu finden. Sie haben sich gerade eben erspart, daß Ihnen im Jahre 1998 - im Wahljahr - eine entsprechende Entscheidung des Verfassungsgerichts auf den Tisch geblättert worden wäre.
Sie hatten nicht einmal die Absicht und haben nicht einmal die Chance genutzt - ich rede jetzt nicht von den vielen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Grausamkeiten -, in der Verfassung Antworten, zumindest Parameter für Antworten, zu finden. Sie lobten Ihre Entscheidung in Sachen Lohnfortzahlung mit der Begründung, daß hier eine Entlastung der Betriebe stattfinde. Sie als ehemaliger Familienminister und Mitstreiter in Sachen § 218 haben aber kein Wort darüber verloren, daß die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in bezug auf den § 218 gerade für schwangere Frauen eine besondere Schutzpflicht des Staates anmahnen. Das ist in dem Antrag, den wir als Frauen gestellt haben, nicht zitiert worden. Das Verfassungsgericht mahnt diese Schutzpflicht ausdrücklich sogar in Zeiten knapper Kassen an. Weder den Konsens noch die Verfassung haben Sie bei Ihren Antworten berücksichtigt. Das wird zum Schaden dieser Republik sein.
Ebenfalls zur Kurzintervention hat die Kollegin Petra Bläss das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Geißler, ich melde mich deshalb zu Wort, weil Sie es fertiggebracht haben, den Protest zehntausender Frauen in diesem Land zu ignorieren und vor allem für unberechtigt zu erklären. Hiermit ignorieren Sie vollständig das Engagement des Deutschen Frauenrates, der die Interessen von immerhin elf Millionen Frauen in diesem Lande vertritt, der zur letzten, abschließenden Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung die Abgeordneten noch einmal darauf aufmerksam gemacht hat, daß vor allem die Änderungen im Kündigungsschutzrecht einseitig zu Lasten von Frauen gehen. Ich möchte nur darauf verweisen, daß 85 Prozent der Frauen in Betrieben arbeiten, in denen die Arbeitgeber jetzt im Prinzip nach dem Motto „heuern und feuern" tätig sein können.
Was die Kriterien der Sozialauswahl betrifft: Sie sind zutiefst frauenfeindlich, wenn zum Beispiel bei der Betriebszugehörigkeit Zeiten des Erziehungsurlaubs nicht mitgerechnet werden.
Ich empfinde es als einen absoluten Hohn, die Unterhaltspflicht vielleicht auch noch als besonders frauenfreundlich darzustellen, wie es die Frauenministerin Nolte neulich im Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend getan hat.
Herr Geißler, ich frage Sie weiterhin: Halten Sie die Regelungen im Entgeltfortzahlungsgesetz für besonders frauenfreundlich vor dem Hintergrund, daß Frauen bekanntlich noch immer 30 Prozent weniger in diesem Land verdienen und Frauen im Westen dieses Landes nachweislich mehrheitlich teilzeitbeschäftigt sind?
Außerdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, Sie zu fragen, wie Sie zu der Behauptung kommen, daß für die Anhebung des Rentenalters für Frauen ursprünglich das Jahr 1997 vorgesehen war. Wir sollten hier auf eine genaue Sprachregelung achten. Denn der Konsens, der 1989 gefunden worden ist, ist eindeutig verletzt worden.
Zur Kurzintervention hat die Kollegin Rita Grießhaber das Wort.
Herr Kollege Geißler, Sie haben uns ganz eindrücklich geschildert, wie sehr Ihnen daran liegt, durch Ihre Sparmaßnahmen für die arbeitslosen Menschen in diesem Lande Arbeitsplätze zu schaffen.
Rita Grießhaber
Sie haben ein ganz wichtiges Thema ausgespart; das ist schon bezeichnend. Für mich wirft das die große Frage auf: Wo bleibt die soziale Sicht der CDU in der Frage der Lohnfortzahlung für die Schwangeren? Sie haben kein Wort zu diesem Thema verloren. Sie ducken sich weg und halten es für nicht der Rede wert.
Ich will Sie fragen: Welche Arbeitsplätze, wie viele Arbeitsplätze, glauben Sie, schaffen Sie dadurch, daß Sie den kranken schwangeren Frauen die Lohnfortzahlung um 20 Prozent kürzen? Wo wollen Sie damit Arbeitsplätze schaffen? Wo sehen Sie in dieser Maßnahme die soziale Ausgewogenheit?
Herr Kollege Geißler, wollen Sie antworten?
Ich habe die Punkte, die die Frauen betreffen, nicht absichtlich weggelassen.
- Das ist so. Sie wollen von mir eine Antwort haben. Sie wissen, wie es am Rednerpult ist. Ich habe gewußt, daß Sie bei der Frage intervenieren; also sage ich jetzt etwas dazu.
Der Protest der Frauen - im übrigen gab es auch Protest der Frauen in der Union -
ist natürlich überhaupt nicht spurlos an uns vorübergegangen.
- Entschuldigung, wir haben etwas gemacht, was ich im übrigen von Anfang an etwas bezweifelt habe. Das ist der Hauptpunkt gewesen. Alle anderen Punkte sind nicht von so entscheidender Bedeutung, was die Frauen anbelangt.
Die bisherige Regelung war, die Altersgrenze für Frauen ab 2001 bis 2012 heraufzusetzen. Da kann der Gesetzgeber nicht herkommen und am 1. Mai sagen: Wir beginnen damit schon am 1. Januar 1997. Deswegen haben wir den Beginn der Heraufsetzung der Altersgrenze für Frauen auf das Jahr 2000 verschoben. Das ist eine erste klare Reaktion und auch Entscheidung auf Grund der Diskussion, die wir mit unseren eigenen Frauen, aber auch mit dem Frauenrat und den übrigen Frauenverbänden geführt haben.
Es ist übrigens richtig, daß wir am Anfang gesagt haben: Wir müssen über den einen oder anderen Punkt diskutieren. Das hat Wolfgang Schäuble gesagt; ich habe es hier vor drei Wochen gesagt. Wir waren bereit, über die Punkte zu debattieren. Wir haben die Konsequenzen gezogen - im übrigen auch beim Kündigungsschutz. Das ist zunächst einmal meine Antwort.
Nicht 80 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit fünf bis zehn Beschäftigten sind Frauen, sondern genau 52 Prozent. Ich möchte Sie da korrigieren. Man darf nicht immer übertreiben. Die Debatten sind immer durch lauter Übertreibungen gekennzeichnet. Es sind 52 Prozent!
Wir wissen ganz genau, daß wir bei diesen Betrieben, bei den kleinen und auch bei den mittleren Betrieben, die geringste Fluktuation haben - auch bei Frauen. Wir haben auch bei diesen kleinen und mittleren Betrieben die Möglichkeit, wieder mehr Arbeitsplätze für Frauen zu schaffen, vor allem auch deswegen, weil Teilzeitbeschäftigte beim Schwellenwert nur noch anteilig berücksichtigt werden. In besonderer Weise werden Einstellungshemmnisse für Frauen beseitigt, weil die Frauen zu 80 Prozent Teilzeitbeschäftigte sind. Deswegen ist dies ein Gesichtspunkt, den Sie bei der Frage mit berücksichtigen müssen.
Ich komme jetzt zu der schwierigen Frage der Lohnfortzahlung bei schwangerschaftsbedingten Krankheiten. Wir haben uns die Beantwortung dieser Frage nicht leichtgemacht. Wir haben in der Fraktion ungefähr anderthalb bis zwei Stunden darüber debattiert. Im Grunde genommen waren sich alle einig, daß das ein Problem ist.
Es ist aber auch richtig: Wenn wir bei schwangerschaftsbedingten Krankheiten eine Ausnahme machen - -
Dabei unterstelle ich einmal, daß wir eine 20prozentige Reduzierung vornehmen. Wenn wir es für richtig hielten, schwangerschaftsbedingte Krankheiten der Frauen aus dieser Kürzung der Lohnfortzahlung herauszunehmen: Was sagen wir dann zu Krebskranken, zu Leuten, die wirklich schwer krank sind?
Das ist der erste Punkt.
- Lassen Sie das doch!
- Es ist wirklich schlimm.
- Die Reaktion ist schlimm, das muß ich wirklich sagen.
Ich versuche, Ihnen hier darzulegen, aus welchen Gründen die Unionsfraktion, durchaus in Kenntnis der Problematik, gesagt hat, wir lassen es dabei. Sie können es billigen oder nicht billigen.
Es kommt hinzu - das war der entscheidende Gesichtspunkt -: Die Frauen können wie alle anderen,
Dr. Heiner Geißler
die krank geworden sind, die Kürzung ihres Lohnes, die 20prozentige Selbstbeteiligung, vermeiden, indem sie sich Urlaubstage anrechnen lassen.
Urlaubstage entstehen bis zum letzten Tag des Mutterschaftsurlaubes. Infolgedessen werden sie nicht schlechter behandelt als andere Kranke. Das sind die Gründe gewesen.
Erlauben Sie mir zum Schluß noch einen polemischen Satz:
Wenn von Ihnen, was schwangere Frauen anbelangt - -
Herr Kollege Geißler, ich muß Sie bitten, zum Schluß zu kommen. Auf eine Kurzintervention - -
Frau Präsidentin, es waren drei!
Es waren drei Kurzinterventionen, und Sie können darauf zusammen antworten. Daß man neun Minuten auf eine Kurzintervention antworten kann
- ja, auch auf drei -, halte ich persönlich aber für nicht mit der Geschäftsordnung vereinbar,
und ich werde das prüfen.
Ich bitte Sie, jetzt Ruhe zu bewahren. Sie kommen in Ruhe mit Ihrer Antwort zum Ende, und die Kollegen sind entsprechend ruhig, damit wir die Antwort auch hören.
Ich bedanke mich, Frau Präsidentin. Ich komme auch sofort zum Schluß.
Die Christlich Demokratische Union hat, gerade was Familien und Kinder anbelangt, als erste Partei - Sie haben zum Schluß mitgemacht - die Anerkennung von Erziehungsjahren durchgeführt. Jetzt ist dies durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergänzt worden. Wir müssen noch darüber diskutieren, welche Auswirkungen das hat. Wir haben seit 1991 die Anerkennung von Erziehungsjahren, für jedes Kind drei Jahre. Die Arbeit in der Erziehung ist grundsätzlich gleichwertig mit der Arbeit im Büro, in der Fabrik. Wir haben einen Erziehungsurlaub, einen Kündigungsschutz von drei Jahren für Frauen, die ein Kind in der Zeit auf die Welt bringen, in der sie arbeiten, und das Erziehungsgeld haben wir eingeführt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das bleibt erhalten, und das wollen wir auch ausbauen. Wir müssen die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ziehen. Die Frage der schwangerschaftsbedingten Krankheiten kann man so oder so beurteilen. Die grundlegenden Entscheidungen, die einer Revolution in der Frauenpolitik gleichkommen, sind getroffen worden durch das Erziehungsurlaubsgesetz, den Kündigungsschutz für berufstätige Frauen, die Anerkennung von Erziehungsjahren. Das sind Gesetze, die nicht Sie gemacht haben, sondern die Christlich Demokratische Union!
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ulrike Mascher.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist sicher richtig, Herr Geißler, sich zu fragen, wie sich die Kürzung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auswirkt, wie sich die 30prozentige Kürzung beim Krankengeld nicht nur bei den Schwangeren auswirkt, sondern wie sie sich bei Krebskranken und bei chronisch Kranken auswirkt. Die Antwort kann ich Ihnen geben: Sie wirkt sich in ausgesprochen inhumaner Weise aus.
Ich finde es unverantwortlich, daß Sie, wenn Sie diese Kürzungen schon vornehmen, diese besonders betroffenen Gruppen genauso unter das Fallbeil Ihrer Kürzungen legen wie die anderen.
Wenn Sie hier die moralische Bankrotterklärung von Unternehmern wie Schrempp beklagen, dann ist das doch nur das Ergebnis der geistig-moralischen Wende des gesellschaftlichen Klimas, das diese Regierung aus CDU, CSU und F.D.P. zu verantworten hat,
genauso zu verantworten hat wie die 4 Millionen Arbeitslosen, die das Ergebnis Ihrer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik sind.
Jetzt legen Sie Gesetze zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung vor. Was für ein anspruchsvoller Titel! Im Sprachgebrauch der Kollegen von der Regierungskoalition heißen sie allerdings nur Spargesetze. So sind sie ja wohl auch gemeint. Zutreffender müßten sie „Gesetze zur Anhebung der Altersgrenze, zur Verschlechterung des Kündigungsschutzes, zur Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und zur Ver-
Ulrike Mascher
schleuderung des Wohnungsbestandes der Rentenversicherung " heißen.
Die 350 000 Teilnehmer der großen Demonstration hier in Bonn, die vielen Arbeitnehmer, die Frauen und die Rentner und Rentnerinnen, die sich gestern und heute an den Protestaktionen der Gewerkschaften beteiligt haben und beteiligen, haben alle begriffen: Die Gesetze, die heute beschlossen werden sollen, greifen tief in ihre Lebensplanung ein. Sie verändern, nein, sie verschlechtern ihre Rechte am Arbeitsplatz und bedeuten einen Griff in die Taschen aller. Denn wer wird im Laufe des Jahres nicht krank, wer braucht nicht eine Brille oder Zahnersatz, und wer schafft es nicht mehr, bis 65 zu arbeiten, und muß dann mit einer dauerhaft gekürzten Rente leben? Das sind sehr viele Menschen unserer Gesellschaft.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Rönsch?
Nein, ich habe mit meiner Rede gerade erst begonnen.
Es beunruhigt die Menschen, es macht ihnen angst, wenn der Finanzminister die volle Besteuerung der Renten fordert, der Gesundheitsminister den Krankenversicherungsbeitrag für die Rentner verdoppeln will und der Arbeitsminister ankündigt, ab 1. Januar 1997 werde für die Frauen, die dann 60 Jahre alt sind, das Rentenalter heraufgesetzt. Entweder länger arbeiten oder weniger Rente heißt da die Parole. Der Vorsitzende der F.D.P. und sein famoser Generalsekretär reden jetzt von einer neuen Rentenformel mit demographischer Komponente und Arbeitsmarktfaktoren. Sagen Sie es doch wenigstens im Klartext, Frau Dr. Babel: Sie wollen das Rentenniveau senken.
Sie wollen die Renten von der wirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln, oder - wie es Jürgen Forster in der „Süddeutschen Zeitung" gestern formulierte -: Die Rentner sollen ärmer werden. Das ist Ihr Programm.
Nun behauptet die Regierung, es gehe um Beschäftigung und Wachstum. Aber wo ist in diesem Gesetzespaket ein Konzept für Wachstum und Beschäftigung, ein Konzept für die Strukturprobleme der Wirtschaft, insbesondere im Osten? Jedenfalls waren die Ergebnisse der Expertenanhörung nicht sehr ermutigend, was die Beschäftigungseffekte dieser Gesetze angeht.
Die Vertreter der wirtschaftswissenschaftlichen Institute - Herr Hirche, vielleicht hören Sie einmal zu - haben in unterschiedlichen Formulierungen darauf hingewiesen, daß es zum Beispiel für die Verschlechterung des Kündigungsschutzes eigentlich keine „saubere empirische Basis" gibt, um „Beschäftigungseffekte zu lokalisieren und zu quantifizieren". Im Klartext heißt das: Niemand weiß genau, ob es überhaupt etwas nutzt.
Der Vertreter des Instituts der Deutschen Wirtschaft - kein sozialdemokratisches Institut - hat deshalb auch freundlicherweise vorgeschlagen, die Auswirkungen der Kündigungsvorschriften zunächst in einem Test zu überprüfen. Wenn keine Beschäftigungseffekte einträten, könne man das Gesetz ja wieder ändern.
Glauben Sie von der CDU/CSU und der F.D.P. denn wirklich, daß sich die Betroffenen so abspeisen lassen: Die Wirkungen des Gesetzes sollen durch eine wissenschaftliche Untersuchung im Jahre 2000 überprüft werden? - Der geforderte Test spielt sich doch nicht im Labor ab, sondern dieser Test betrifft etwa 3,5 Millionen Beschäftigte, die dann als schlecht abgesicherte Arbeitnehmer in Kleinbetrieben zu den Verlierern in einem neuen Zweiklassenarbeitsrecht gehören. Das ist auch ein Ergebnis der Anhörung.
Der bescheidene Vertrauensschutz, den Sie nachträglich eingeführt haben, läuft für eine besonders schützenswerte Gruppe, nämlich die Mütter, die nach dem Erziehungsurlaub wieder in den Betrieb zurückkommen, ins Leere.
Ist das das Ergebnis Ihrer „familienfreundlichen" Politik? Wollen Sie wirklich sagen, daß das eine Politik ist, die das Eigenschaftswort „christlich" verdient?
Frau Dr. Babel, Sie haben ja sehr nachdrücklich auf Äußerungen des Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen. Aber Sie haben vergessen, zu sagen, daß sowohl dieser Arbeitsgerichtspräsident als auch Herr Professor Landau ganz nachdrücklich ein Arbeitsgesetzbuch eingefordert haben, zu dem die Bundesregierung durch den Einigungsvertrag verpflichtet ist - Herr Dr. Schäuble wird das wissen; denn er hat ihn ja ausgehandelt und unterschrieben -, ein Arbeitsgesetzbuch, durch das endlich das zersplitterte Richterrecht zusammengefaßt und kodifiziert werden soll und durch das dann den kleinen Betrieben wirklich geholfen werden soll, auch im Prozeß Rechtsklarheit zu haben. Da ist die Regierung seit 1990 gefordert, aber es ist nichts geschehen.
Ulrike Mascher
Noch alarmierender waren die Ergebnisse bei den juristischen Sachverständigen: erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken wegen der mittelbaren Benachteiligung von Frauen durch die Verengung der Sozialauswahl auf nur drei Kriterien, die besonders Frauen benachteiligen, und der Benachteiligung von Frauen durch den Abbau des Kündigungsschutzes in Betrieben bis zu zehn Beschäftigten. Jetzt können es bei der Berücksichtigung der Teilzeitarbeit auch Betriebe mit 20 Frauen in Teilzeitarbeit sein. Wenn das ein Fortschritt ist, Herr Geißler, dann kann ich nur gratulieren.
Die Tatsache, daß es trotz einer ganzen Reihe erfolgreicher betrieblicher Modelle den Gewerkschaften nicht möglich war, mit den Arbeitgebern Vereinbarungen zu treffen, um Fehltage wegen Krankheit zu reduzieren, läßt nur einen Schluß zu: Es geht nicht vorrangig um Kostenreduzierung und um ökonomische Vernunft; denn die würde für vorsorgenden Gesundheitsschutz im Betrieb, für wirksamen Arbeitsschutz sprechen, für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um weniger Fehltage zu haben, wie erfolgreiche praktische Beispiele zeigen, etwa bei Opel. Das konnte man gestern im Fernsehen sehr gut nachvollziehen. Nein, es geht Ihnen darum, endlich den Einstieg zu finden, um die Löhne bei Krankheit zu kürzen, um das Krankengeld zu kürzen und um die Rehabilitationsmaßnahmen einzuschränken.
Wie bei allen Kürzungsgesetzen, die wir heute auf dem Tisch haben, fragt die Regierungskoalition auch hier nicht mehr, ob die Mittel, also die Kürzungen der Leistungen bei Krankheit, in irgendeiner Weise das Ziel „mehr Beschäftigung, mehr Wachstum" wirklich erreichen.
Die gleiche Frage nach der Zweckmäßigkeit, nach der ökonomischen Vernunft, stellt sich, wenn durch die geplante Kürzung der Ausgaben für Rehabilitation um 2,7 Milliarden DM nach Angaben der Bundesversicherungsanstalt 18 000 bis 19 000 Arbeitsplätze getroffen werden. Es werden dabei viele kleine Einrichtungen in strukturschwachen Gebieten sein, wo kaum Ersatz für diese Arbeitsplätze geschaffen werden kann. Beschäftigungsförderung, wie es das Gesetz verspricht? Fehlanzeige, kann ich dazu nur sagen.
Angesichts der massenhaften Proteste, angesichts von bitteren Vorwürfen - ich erinnere nur an die Rede der Bischöfin Jepsen, an die Rede der Vorsitzenden des Deutschen Frauenrates, Frau Jalowy, die aus der katholischen Frauenarbeit kommt, auf der großen Demonstration hier in Bonn - und angesichts des verfassungsrechtlichen Debakels, das alle Sachverständigen der Regierungskoalition vorhergesagt haben, haben die CDU/CSU und die F.D.P. jetzt in der Tat ein klein wenig nachgegeben bei der sofortigen brutalen Anhebung der Rentenaltersgrenze für Frauen.
Ich freue mich für die betroffenen Frauen. Ich glaube, alle Fraktionen, auch die, die das Gesetz ablehnen, sind froh, daß drei Jahrgänge von Frauen nun aus diesem brutalen Kürzungsprozeß herausgenommen worden sind.
Aber nach wie vor, Herr Geißler, sind die Frauen, die ab 1940 geboren wurden, betroffen, weil nach wie vor anders als bei der Rentenreform 1992 die Anhebung in nur fünf Jahren durchgezogen wird. Frauen sind wegen ihrer oft lückenhaften Rentenbiographie besonders benachteiligt, wenn die Anrechnungszeiten für eine längere, qualifizierte Ausbildung gekürzt und außerdem niedriger bewertet werden. Es trifft gerade die Frauen, die Ende der 50er Jahre endlich eine qualifizierte und längere Ausbildung für sich erkämpft haben.
Ganz zielgerichtet sollen Frauen durch eine Regelung getroffen werden, die, obwohl arbeitslos, keine Leistungen der Arbeitslosenhilfe erhalten, weil ihr Ehemann noch genug zum Lebensunterhalt verdient. Vielleicht wird auch er ja morgen arbeitslos. Diese Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug werden nur noch als Anrechnungszeiten ohne Werte berücksichtigt und wirken sich nicht mehr positiv auf die rentenrechtliche Gesamtbewertung aus.
Frauen werden in Zukunft noch häufiger ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie gerade in Branchen arbeiten, wo besonders viele Kleinbetriebe jetzt vom Kündigungsschutz „befreit" werden, also in den Gesundheitsberufen, in vielen Anwaltspraxen, in Beratungsfirmen, in kleinen Einzelhandelsgeschäften, in kleinen Filialbetrieben und im Gaststättenbereich. Die verengte Sozialauswahl drängt sie aber auch in den großen Betrieben bei betriebsbedingten Kündigungen an den Rand.
Sind die Frauen während der Schwangerschaft häufiger krank, müssen sie eine Kürzung ihres Einkommens um 20 Prozent hinnehmen, pflegen sie ein krankes Kind und bekommen keine bezahlte Freistellung, erhalten sie ein um 30 Prozent gegenüber ihrem Einkommen gekürztes Krankengeld. Aber sie können natürlich Tage ihres Urlaubs dafür einsetzen, die sie aber eigentlich während der Schulferien mit ihrem Kind verbringen wollten.
Dann sagt Herr Geißler, das alles ist nicht von besonderer Bedeutung.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hanewinckel?
Ja, bitte.
Frau Kollegin Mascher, teilen Sie meine Befürchtung, daß nicht nur die Kürzungsgesetze, die wir jetzt auf dem Tisch haben, Frauen in einem ganz erheblichen Maße weiter benachteiligen werden, sondern daß auch die Gesetze, die noch im parlamentarischen Gang sind, Frauen in einem Maße betreffen werden, daß man schon von sozialer Ausgrenzung sprechen kann? Ich denke an das Arbeitsförderungs-Reformgesetz, in dem vorgesehen ist, daß die Mutterschutzzeiten in Zukunft nicht mehr als Vorversicherungszeit für die Zahlung des Arbeitslosengeldes anerkannt werden. Das heißt im Klartext, daß Frauen, die aus dem Mutterschutz heraus arbeitslos werden, mit weniger Geld dastehen bzw. mit gar keiner Arbeitslosenunterstützung rechnen können.
Frau Hanewinckel, ich kann dem nur zustimmen. Ich fürchte, bei genauerer Prüfung und nach sorgfältiger Anhörung von Sachverständigen zu diesem Arbeitsförderungs -Reformgesetz - man muß „Reform" ja in Anführungszeichen setzen - werden wir noch einige Verschlechterungen für die Frauen finden.
Ich frage mich nur: Sieht so die praktische Familienpolitik, sieht so die praktische Frauenpolitik der Familien- und Frauenministerin Nolte aus?
Das alles rechtfertigen CDU, CSU und F.D.P. mit einem frommen Augenaufschlag und mit dem Argument, man wolle keine neuen Beschäftigungshemmnisse für Frauen aufbauen. Ich denke, das ist ein sehr billiges Ausweichmanöver und hilft den Frauen in einer schwierigen sozialen Notlage wirklich nicht weiter.
Außerdem muß man feststellen, daß die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die ja trotz allen Einwendungen von Herrn Geißler immer noch geplant ist, viel größere Barrieren für junge Frauen bietet, endlich eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen.
Meine Kollegin Ulla Schmidt hat eine Initiative gestartet, um die unverhältnismäßige Belastung von Frauen durch die Leistungskürzungen bei der Rentenversicherung und durch die Verschlechterung des Kündigungsschutzes aufzufangen. Viele Frauen aus dem Bundestag haben diesen Antrag unterschrieben. Es fehlt noch die Unterstützung der Frauenministerin, es fehlt vor allem die Unterstützung durch die Vorsitzende der Frauenunion.
Frau Professor Süssmuth, wir und viele Frauen in diesem Lande erwarten von Ihnen, daß auf Ihre vielen
Erklärungen im Interesse von Frauen nun endlich
einmal auch eine praktische Unterstützung dieser Fraueninitiative folgt.
Das Bundesverfassungsgericht hat ja gestern wieder einmal dem Gesetzgeber, vor allen Dingen der Mehrheit in diesem Bundestag, eine schallende Ohrfeige erteilt. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, daß im Juni 1991 hier eine gemeinsame Erklärung beschlossen worden ist, in der genau diese additive Anrechnung der Kindererziehungszeiten gefordert worden ist, und zwar noch für die letzte Legislaturperiode. Aber Bundesregierung und Koalitionsfraktionen sind untätig geblieben.
Ich kann nur hoffen, daß wir die anderen Punkte dieser gemeinsamen Erklärung, nämlich eine wirksame Bekämpfung der Altersarmut von Frauen, den Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung von Frauen, nicht erst in Angriff nehmen, wenn das Bundesverfassungsgericht wieder einmal die Richtlinie der Sozialpolitik in diesem Lande bestimmt.
Ich denke, es ist unsere Aufgabe, endlich die notwendigen Konzepte vorzulegen. Die SPD wird dazu ihre Hausaufgaben machen.
Die SPD wird weiterhin die solidarische Rentenversicherung verteidigen und weiterentwickeln. Wir werden weiter für unseren Sozialstaat kämpfen; denn die Menschen in unserem Land brauchen den Sozialstaat. In Richtung der F.D.P. sage ich: Er ist kein Spielzeug, und er ist kein Testfall, der für die Gefälligkeitspolitik dieser Regierung beliebig zur Verfügung steht.
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist vorbei.
Frau Präsidentin, ich bitte Sie nur noch darum, als Berichterstatterin eine mündliche Berichtigung zur Beschlußempfehlung auf Drucksache 13/5088 abgeben zu dürfen. Denn in der Eile, in der diese Berichte erstellt werden mußten, ist ein kleiner Fehler unterlaufen. Darf ich das vorlesen?
Das ist in Ordnung.
In unserer Beschlußempfehlung auf Drucksache 13/5088 muß die Regelung zum Inkrafttreten korrigiert werden, um sie an Änderungen in Art. 3 anzupassen. - Jeder weiß, wovon ich rede.
Ulrike Mascher
Art. 10 Abs. 2 bleibt also nicht unverändert, sondern muß lauten:
Artikel 3 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 Buchstabe b, Nr. 4, Artikel 4 Nr. 1 Buchstabe b und c, Nr. 2 und 3 treten mit Wirkung vom 7. Mai 1996 in Kraft.
Ich bedanke mich.
Zu einer Kurzintervention die Kollegin Rönsch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch die Kollegin Mascher sprach wieder von den massiven Protesten. Heute morgen wurde uns von Frau Kollegin Zapf ein Teil dieser Proteste in Form von Unterschriftenlisten der IG Metall Offenbach auf den Tisch gelegt. Da Offenbach in meiner Region liegt, interessiert mich, wie so etwas zustande kommt.
Deshalb habe ich einige Namen und Anschriften herausgesucht und die Leute angerufen.
Ich fragte ganz einfach: „Sie haben da etwas unterschrieben. Gegen was protestieren Sie denn?" Heute morgen wurde mir von einem Ehepaar gesagt: „Wir waren zum Blutspenden. So ganz richtig wissen wir eigentlich nicht, warum wir unterschrieben haben. "
Ein Mann sagte mir: „Die Renten sollen gekürzt werden. Ich bin Rentner. Deshalb habe ich unterschrieben. Hier steht: Hiermit protestieren wir auch im Namen von Millionen Arbeitslosen, Rentnerinnen und Rentnern, Sozialhilfeempfängern usw. Abzugeben war das Ganze bei der IG Metall." In zwei anderen Fällen waren die Kinder am Telefon; die Eltern waren bei der Arbeit. In einem anderen Fall war die Frau am Telefon; da war der Mann bei Arbeit.
Auf diese Weise kommen solche Unterschriftenlisten zustande. Damit ist der Wert zunichte gemacht.
Zur Antwort die Kollegin Mascher.
Frau Rönsch, ich finde es bemerkenswert, wie Sie mit großer Energie und mit großem Eifer versuchen, das Engagement von
Frauen und auch von Männern, die sich gegen diese Spargesetze wenden, zu diffamieren.
Ich denke, das, was Sie hier versuchen, ist eine ganz üble Methode, Menschen in Mißkredit zu bringen.
Ich sage es jetzt einfach einmal: Ich halte das für eine getürkte Behauptung, die Sie aufstellen.
Ich hätte das Telefongespräch gerne einmal mitgehört, das Sie angeblich geführt haben.
Herr Kollege Gilges, ich habe selbst gehört, daß Sie nicht nur den Ausdruck „Lüge", sondern auch „Lügnerin" gebraucht haben. Das ist ein Ausdruck, den wir im parlamentarischen Gebrauch rügen.
- Das habe ich gemacht.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Monika Knoche.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Herr Geißler, ich habe vorhin mit Aufmerksamkeit Ihren lusziven Darlegungen über Mutterschaft gelauscht. Ich nehme an, Sie wollten sagen: Schwangere Frauen sind gleichberechtigt, sofern sie Männer sind.
Heute vormittag hat Herr Minister Seehofer den Zweck des Beitragsentlastungsgesetzes erläutert. Er sprach da von den Segnungen der Spitzenmedizin. Er streicht aber in der Basisversorgung Prävention. Das ist eine gesundheitspolitische Bankrotterklärung.
Beifall bei der PDS)
Monika Knoche
Wir bekommen immer mehr umwelt- und armutsbedingte chronische Erkrankungen. Wir brauchen lebensbegleitende Rehabilitation, und Sie sehen die Zukunft der Medizin in High-Tech. Ich sehe, Sie haben die Grundfragen der Gesundheitsversorgung für die Zukunft nicht begriffen.
Es soll doch bitte niemand glauben, diese aktuellen Kürzungen seien etwas Einmaliges. Diese Regierung hat doch erst angefangen. Das Beitragsentlastungsgesetz - man möchte kaum ein Wort darüber verlieren - ist ökonomisch unsinnig und gesundheitspolitisch unerträglich. Es gibt daran überhaupt nichts zu verbessern. Die CDU/CSU hat heute deutlich gesagt, daß sie überhaupt keine Bedenken mehr hat, die Sozialstaatsprinzipien sukzessive preiszugeben. Da darf man auch die Rolle der F.D.P. nicht überhöhen; da haben Sie einen Konsens.
Wenn es um sinnvolles Sparen ginge, hätten wir eine andere Diskussion. Aber hier geht es um etwas Größeres. Es geht um das Gesellschaftsverständnis. Systematisch sollen tief verwurzelte gesellschaftliche Werte gekappt werden. Seit Jahren werden immer weitere Bevölkerungskreise mit der Mißbrauchsdebatte gegängelt. Dahinter steht ein Konzept: Erst waren es die Asylsuchenden, jetzt ist man bei Kranken, schwangeren Frauen und Jugendlichen angelangt.
An ihnen wird vorexerziert, was man mit Selbstverantwortung meint: Wer seinen Mann nicht mehr voll steht, hat nichts zu lachen. Es ist nicht zufällig, daß Ihnen beinahe das Müttergenesungswerk unter die Räder gekommen wäre.
Es ist auch nicht zufällig, daß Ihnen die wertvolle Präventionsarbeit von Frauengesundheitszentren gar nicht ins Visier kommt.
Aber wir hören schon neue Töne: Die Arbeitgeber fordern, Mutterschaftsleistungen, Haushaltshilfen bei Krankheit, Abtreibungskosten und Fruchtbarkeitsbehandlungen aus dem Leistungskatalog zu streichen. Die Frauenfeindlichkeit schreitet fort. Wir werden hier noch harte Auseinandersetzungen zu führen haben.
Dieser Modernismus ist von seinen Grundzügen her nicht frauengerecht. Er kann es auch nicht sein. Denn dieser Modernismus, den Sie in unserer Gesellschaft durchzupeitschen vorhaben, ist nicht von den Gedanken der Emanzipation getragen.
Ich will hier noch einmal deutlich sagen: Wir lassen
uns die vielen zivilisatorischen Errungenschaften der
Frauen- und der Gewerkschaftsbewegung gemeinsam, die heute Recht sind, nicht von Ihnen nehmen.
Nein, meine Herren und Damen, wir Grünen stellen uns heute nicht zum x-tenmal hier hin und argumentieren, wie zukunftsweisend das Gesundheitswesen reformiert werden kann. Das Beitragsentlastungsgesetz steht unter dem Titel „Wachstum und Beschäftigung". Ich frage: Meinen Sie, Herr Seehofer, ernsthaft, daß junge Leute eher einen Arbeitsplatz finden, wenn Sie ihnen den Zahnersatz streichen? Meinen Sie, Sie könnten mit dem Griff in die Taschen chronisch kranker Menschen wachstumsfördernd wirken? Ich weiß nicht, wem Sie diesen Unsinn, diesen wirklichen Blödsinn vorrechnen wollen, daß Kürzungen bei Reha und Prävention und der Wegfall von Kassenbrillen zu mehr Arbeitsplätzen führen. Es ist doch einfach grotesk, was heute hier vorgestellt worden ist.
Noch ein anderes Wort: In Deutschland werden nur 67 Prozent aller Gesundheitsausgaben paritätisch finanziert. Die Selbstbeteiligung liegt bereits bei 12 Prozent. Ich frage Sie: Wohin wollen Sie eigentlich den Ausstieg aus der beitragshälftigen Finanzierung noch treiben? Wenn Sie die Lohnfortzahlungen kürzen, dann sparen Sie nicht das, was Sie im Gesetz vorgeben. Sie werden mindestens 500 Millionen DM weniger Einnahmen haben.
Es sind also eine Menge Luftbuchungen vorgelegt worden.
Eines ist gewiß: Sie könnten - Stand: jetzt - von heute auf morgen 3 Milliarden DM Kassenausgaben sofort einsparen, wenn Sie aufhören würden, die Pharmaindustrie aus Versicherungsgeldern zu subventionieren.
Aber dazu sind Sie zu feige. Sie greifen lieber den Kranken in die Taschen. Sie haben mit der Pharmaindustrie Ihren Frieden gemacht, wir brauchen dieses Thema nicht weiter anzusprechen.
Die F.D.P. nennt die Auszehrung der Krankenversicherungsleistungen Verschlankung des Leistungskatalogs und macht nichts anderes, als immer mehr Kreise den Privatkassen zuzuführen. Wenn Sie meinen, junge Menschen, die sich nicht wehren können, dafür zu benutzen zu können, über sie die Selbstverschuldungsideologie ins System einzuführen, wenn Sie meinen, Sie könnten künftige Generationen finanziell dafür haftbar machen, daß sie in eine Familie mit schlechten sozialen Chancen hineingeboren
Monika Knoche
werden, dann ist das Sozialdarwinismus. Eine andere Begrifflichkeit gibt es dafür nicht.
Wenn man so agiert, dann zerstört man den Gemeinschaftssinn der Menschen und den inneren Zusammenhalt. Das ist wichtig, und deshalb haben wir Grüne uns diesen Dingen auch verschrieben. Wir Grüne empfinden die Pflicht, die Kultur des Sozialen zu verteidigen, weil sie ein Wert an sich in einer zivilen Gesellschaft ist. Um diese Diskussion muß es auch hier gehen.
Wer die Sicherheit nicht mehr hat, im Falle von Krankheit und Bedürftigkeit den Leistungsstarken voll gleichgestellt zu sein, der ist auch nicht frei. Deshalb geht es hier um das bürgerrechtliche Grundverständnis, es geht um Freiheit und Demokratie.
Danke.
Zunächst rufe ich den Kollegen Gilges wegen der Wiederholung des Ausdruckes „Lügnerin" zur Ordnung.
Ich erteile jetzt der Kollegin Dr. Ruth Fuchs das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Beitragsentlastungsgesetz schafft weder Wachstum noch Beschäftigung. Im Gegenteil: Es bremst sie sogar in einem geradezu klassischen Bereich sozialer und humaner Dienstleistungen, der vernünftigerweise expandieren müßte. Außerdem bringt es um so schlimmere, bisher unvorstellbare Leistungseinschränkungen für die Versicherten, und es greift tief in die Substanz der GKVs ein.
Die Sachverständigenanhörung des Gesundheitsausschusses hat eindeutig bestätigt, daß das mit dem Gesetzentwurf vorgesehene sogenannte Einsparvolumen in Wirklichkeit kaum zur Hälfte erbracht werden kann. Der Rest erweist sich als reine Luftbuchung, ist insofern Ausdruck einer auch sachlich völlig unsoliden Regierungsarbeit.
Bedenkt man, daß sich die finanzielle Lage der Krankenkassen 1996 ohnehin defizitär entwickelt und daß sie 1997 mit zusätzlichen Ausgaben konfrontiert sein werden, dann zeichnet sich - bleibt es bei diesem Gesetzesvorhaben - für den Jahreswechsel 1996/97 ein geradezu aberwitziges Szenario ab.
Nach verordneter Senkung der Beitragssätze um 0,4 Prozent werden die Kassen zum Ausgleich ihrer Negativbilanz sofort wieder handeln müssen. Sie haben dann allerdings nur noch die Wahl zwischen verschiedenen Übeln: entweder deutliche Erhöhung der Beiträge, und zwar weit über die gerade gesenkten Prozentpunkte hinaus, oder weitere drastische Belastungen der Versicherten in Form neuer Zuzahlungen bzw. Leistungsausgrenzungen.
Kommt auch die dritte Stufe der Gesundheitsreform durch, dann dürfen sie das alles erstmals in eigener Verantwortung tun und auf diese Weise die ihnen zugesprochene Vorfahrt für die Selbstverwaltung wahrnehmen. Die Regierung ist dann fein raus.
Es ist dieses überaus explosive Gemisch aus der dritten Stufe der Gesundheitsreform und dem vorliegenden Beitragsentlastungsgesetz, aus dem sich jetzt neue, noch weitaus stärkere Gefahren für den sozialen und solidarischen Charakter der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben.
Die entscheidenden Aufgaben, die im Gesundheitswesen anstehen, liegen dagegen weit außerhalb des politischen Willens dieser Regierung. Natürlich kann und muß effektiver gearbeitet werden. Dafür gibt es bekanntlich enorme Wirtschaftlichkeitsreserven. Sie befinden sich allerdings nicht auf seiten der Versicherten.
Gebot der Stunde sind nicht zusätzliche Belastungen für Kranke, Altere und Behinderte, sondern Stärkung der Solidargemeinschaft der Versicherten, nicht weitere Milliardengeschenke für die Pharmaindustrie, sondern rationellere Arzneimittelversorgung, nicht systemwidriger Wettbewerb der Krankenkassen, sondern kooperative Betriebsformen, mehr Integration und vernünftige Finanzierungsysteme in Ambulanz und Krankenhaus, nicht hektischer Wechsel zwischen Überadministration und Deregulierung, sondern die Wahrnehmung einer klar definierten Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung.
Das vorliegende Gesetz gehört deshalb - ebenso wie das Gesamtpaket - ersatzlos gestrichen.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herbert Lattmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema, das uns an diesem Vormittag beschäftigt, gehört zweifellos zu den zentralen Themen der Bundesrepublik, wenn es nicht das zentrale Thema überhaupt ist. Bei der Behandlung eines solchen Themas, das die Menschen mehr bewegt als fast alles andere, kann man erwarten, daß Vorschläge vorgelegt werden, diese Vorschläge gewertet, gewichtet und natürlich auch hart kritisiert und dann entschieden werden. Was wir hier heute morgen erleben, ist etwas anders verlaufen. Die Regierung hat Vorschläge vorgelegt - es müßte verwundern, wenn es darüber
Herbert Lattmann
nicht harte Auseinandersetzungen gäbe -, aber es hat hier keine Auseinandersetzung, bzw. nur in wenigen Punkten, in der Sache gegeben. Stattgefunden hat der Versuch, die Dinge falsch darzustellen, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen und Menschen zu diffamieren.
Manches, was von der linken Seite des Hauses gesagt worden ist, und manche hier gebrachte Vokabel ist von einer Qualität, für die man sich nur schämen kann.
Manche Reden, die von der linken Seite gehalten worden sind, wären vielleicht als Grußwort für das Jahrestreffen der politischen Brandstifter geeignet, aber mit Sicherheit nicht für eine Debatte des Deutschen Bundestages.
Nun mag das ja - das ist schon angesprochen worden - damit zusammenhängen, daß es mit den eigenen Alternativen nicht so weit her ist. All das ist hier schon gewürdigt worden; ich will darauf nicht weiter eingehen. Aber wie immer, wenn die eigenen Alternativen nicht ausreichen und damit auch die Argumente nicht, wird versucht, durch Diffamierung Andersdenkender und anderer Positionen das eigene Defizit zu überdecken.
Die Diskussion hat dafür ja verschiedene Beispiele geliefert.
Nun ist kritisiert worden, wir hätten das Recht der Demonstranten bestritten, ihre Meinung in öffentlichen Kundgebungen zum Ausdruck zu bringen. Das ist natürlich völliger Unsinn. Kein Mensch in diesem Hause wird vernünftigerweise auf die Idee kommen, das Recht auf Demonstration zu bestreiten. Kritisiert haben wir - das muß ja noch möglich sein -, daß die zu dieser Demonstration eingeladenen Menschen, die natürlich nicht in allen Fragen - das kann ja nicht verwundern - Detailkompetenz besitzen können, mit falschen Informationen und mit Diffamierungen dorthin getrieben worden sind.
Als Kollegin Rönsch deutlich machte, wie sich das im einzelnen abspielt, nachdem sie Menschen angerufen und gefragt hatte, warum sie denn dorthin gefahren seien, was dahinter stehe und was ihre Motive seien, und die Ergebnisse hier vortrug,
wurde das als mieser Stil dargestellt. Wenn man also die Wahrheit hinterfragt, ist das ein mieser Stil. Besser kann man nicht kennzeichnen, worum es Ihnen geht.
Herr Lafontaine hat hier vorgetragen - das ist ja Ihr Standardsatz; das gehört einfach zum Einmaleins der sozialdemokratischen Vortragsweise -, wir hätten bei den sozial Schwachen gekürzt und bei den Reichen draufgesattelt.
Ich wäre dankbar, wenn einmal etwas genauer definiert werden könnte, was denn in Ihrem Verständnis die Reichen sind, damit wir uns einmal darüber einig werden könnten, worüber wir hier eigentlich streiten. Von Ihrem Fraktionsvorsitzenden wissen wir, daß er schon die Facharbeiter für die Besserverdienenden hält. Vielleicht kann einmal jemand anderes eine Definition dessen liefern, um was es hier geht.
Nur eines geht mit Sicherheit nicht: auf der einen Seite, wie es Herr Lafontaine mit seinen Zahlenangaben hier dargestellt hat, Facharbeiter zu den Besserverdienenden zu rechnen und anschließend hier zu klagen, daß der Facharbeiter und der Mittelstand übermäßig belastet würden. Entweder ist die Belastung in diesem Bereich gegeben - diese Belastung abzubauen ist ja eines unserer wichtigsten Anliegen -, dann muß man das akzeptieren, oder sie ist nicht gegeben; dann dürfen Sie solche Reden hier nicht führen. Aber diese Belastung zu beklagen und unsere Bemühungen, sie abzubauen, als eine Entlastung der Reichen zu diffamieren, das ist weder seriös noch für eine sachliche Lösung geeignet.
Es ist ja überhaupt festzustellen, daß Sie hier mit sehr merkwürdigen Maßstäben an die Dinge herangehen. Sie haben das Thema Lohnfortzahlung kritisch begleitet. Das ist ja auch in Ordnung; aber Sie haben das in einer Weise getan, als liefen wir hier als sozialpolitische Monster durch die Landschaft.
- Ja, ja, ich weiß, daß Ihr Diffamierungspotential noch nicht ausgeschöpft ist. Das beunruhigt mich aber nicht weiter.
Nur, wenn das, was wir hier bei der Lohnfortzahlung machen, so schlimm wäre, wie Sie es beschreiben, dann erklären Sie diesem Haus und der deutschen Öffentlichkeit einmal, warum manches, was viel weiter geht, unter Sozialdemokraten in Holland, in Schweden, in Finnland und in anderen Ländern akzeptiert wird. Sind auch Ihre Parteifreunde in anderen Ländern sozialpolitische Monster? Das müssen Sie hier einmal erklären, weil das nämlich alles andere als überzeugend ist.
Wenn ich mir im übrigen ansehe - Herr Kollege Seehofer hat es schon beschrieben -, was Sie gestern mitbeschlossen haben oder was von Ihnen geführte Landesregierungen in eigener Verantwortung den Menschen zumuten - Niedersachsen: Kürzung bei der Sozialhilfe, bei der Krankenhausfinanzierung, bei den Behinderteneinrichtungen, bei den Pflegeeinrichtungen -, dann frage ich mich, wie Sie, die Sie
Herbert Lattmann
das alles zu verantworten haben, eigentlich dazu kommen, uns hier zu kritisieren, daß wir uns darüber Gedanken machen, wo wir die notwendigen Entlastungen durchführen können.
Nein, Sie machen das immer nach der gleichen Melodie: Es werden die Probleme beschrieben - meistens sogar zutreffend. -, die Ursachen werden benannt - das ist oft auch noch richtig -, und dann betreiben Sie eine Diffamierung eines jeden Lösungsansatzes.
Das geht folgendermaßen: Sie stellen fest, daß jemand friert, die Ursache ist klar - es ist kalt -, und wenn er sich einen Mantel umhängt oder heizt, dann heißt es nicht: „Er zieht sich warm an", sondern: „Er verschleiert die nackten Tatsachen. "
Nach dieser Methode machen Sie das auch bei diesem Thema: Sie beklagen mit uns gemeinsam die hohe Arbeitslosigkeit und ihre sozialen Folgen. Bei der Beschreibung sind wir auch noch ziemlich dicht beieinander: Die viel zu hohe Kostenbelastung der Arbeitsplätze in Deutschland ist eine der Hauptursachen, wenn nicht die Hauptursache. Aber alles, was wir tun, um diese Belastung abzubauen, wird dann von Ihnen als Sozialabbau diffamiert.
Da Sie Argumenten aus unseren Reihen nur begrenzt zugänglich sind, möchte ich Ihnen folgendes Zitat vorhalten:
Sie
- die Gewerkschaften -
wissen doch, daß die Sozialversicherungsbeiträge noch nie so hoch waren und die Kassen gleichzeitig so leer sind. Sie wissen doch, daß Arbeitnehmern nach all den Abzügen immer weniger Kaufkraft übrigbleibt und daß Unternehmen Arbeitsplätze aus dem Hochlohn- und Hochsteuerland Deutschland ins Ausland verlagern. Da kann man doch nicht so tun, als ließen sich all diese Übel dadurch kurieren, daß man einigen Reichen über die ohnehin starke Steuerprogression hinaus noch einige Mark mehr abknöpft. Wer soll solchen Milchmädchenrechnungen Glauben schenken?
Das ist ein Zitat aus der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", einer wichtigen Zeitung in der Norddeutschen Tiefebene. An dem Verlag ist die SPD mit 30 Prozent beteiligt. Das sage ich, damit der politische Hintergrund einmal klar ist.
Wenn es richtig ist - das wird ja von den Fachkompetenten, zu denen übrigens auch Mitglieder der Opposition gehören, nicht bestritten -, daß wir an diesen Bereich der zu hohen Kostenbelastung herangehen müssen, dann müssen wir eine Antwort darauf geben, was das im einzelnen bedeutet. Dann kann man nicht bei jeder Einzelmaßnahme beklagen, daß das ungerecht ist, und fragen: Wo bleiben denn hier die neuen Arbeitsplätze?
Wenn die Kostenbelastung insgesamt zu hoch ist, dann gibt es nur eine Antwort, nämlich diese Belastung abzubauen und dafür zu sorgen, daß die Menschen, die etwas schaffen wollen in Deutschland, dafür zukünftig mehr Spielraum bekommen, und daß im übrigen die redlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die all dies auf ihren Schultern oft mitzutragen haben, endlich in einer Form entlastet werden, wie sie dies verdienen.
Darauf verweigern Sie bisher jede Antwort, und deshalb sind Sie weder zukunfts- noch regierungsfähig. Im übrigen bin ich ganz froh, daß vor der deutschen Öffentlichkeit in dieser Debatte einmal mehr deutlich geworden ist: Eine wirklich brauchbare, überzeugende, handhabbare Alternative zu den Vorschlägen der Koalition gibt es nicht.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ottmar Schreiner.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Geißler hat in der heutigen Debatte zum zweitenmal die Frage gestellt, wer hier eigentlich noch alle Tassen im Schrank hat. Ich will erneut, ähnlich wie in der letzten Woche, versuchen, diese Frage zu klären.
Der Kollege Geißler hat behauptet, diejenigen, die sagen, es handele sich um sozialen Kahlschlag, hätten nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich will dem Kollegen Geißler nun mitteilen, daß es in Deutschland eine ganze Fülle von Personengruppen gibt, bei denen sich die Gesetze, die heute zur Verabschiedung anstehen, als kompletter sozialer Kahlschlag auswirken.
Ich will Ihnen dazu zwei Beispiele nennen; ich könnte die Zahl der Beispiele erweitern: Wenn ein Arbeitnehmer, der über 40 Jahre schwer gearbeitet hat, mit Mitte 50 arbeitslos wird, anschließend in den Bezug des gekürzten Arbeitslosengeldes gerät, danach jährliche Kürzungen der Arbeitslosenhilfe erfährt, später - weil es überhaupt keine Alternative mehr gibt - mit 60 in Rente wegen Arbeitslosigkeit geht, 18prozentige Abschläge von der Rente für den Rest seines Lebens hinnehmen muß, dann hat dieser Arbeitnehmer nach jahrzehntelanger schwerer Arbeit mit seiner Frau zusammen, die vier Kinder großgezogen hat, im Ergebnis Ihrer Gesetze eine Monatsrente, die unterhalb der Sozialhilfe liegt.
Wenn diese Familie, dieses Ehepaar Ihre Gesetze als sozialen Kahlschlag empfindet, wer hat hier noch alle Tassen im Schrank - dieses Ehepaar oder der Kollege Geißler?
Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen; wie gesagt, ich könnte die Zahl der Beispiele erweitern. Sie
Ottmar Schreiner
wissen, daß aus Gründen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr viele Frauen freiwillig auf Teilzeit gehen. Sie wissen, daß Frauen in Deutschland bei vergleichbarer Tätigkeit in der Regel immer noch 30 Prozent weniger Einkommen haben als Männer. Wenn diesen Frauen bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 20 Prozent weggenommen werden, sitzen sehr viele dieser Frauen im Krankheitsfall in der Sozialhilfe.
Wenn diese Frauen das Gefühl haben, hier handele es sich um politischen Kahlschlag, wer hat hier noch alle Tassen im Schrank - diese Frauen oder der Kollege Geißler?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ähnlich demagogisch - Herr Geißler, Sie sind ein Meister im Verbreiten von Halbwahrheiten - sind Ihre Äußerungen zu den Lohnnebenkosten oder der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge. Sie selbst waren es, der vor wenigen Monaten noch, als die F.D.P. aus wahltaktischen Gründen die Absenkung des Solidarzuschlages gefordert hatte, öffentlich vorgeschlagen hat, alternativ zur Absenkung des Solidarzuschlages diejenigen Teile bei den Lohnnebenkosten abzusenken, die Sie seit 1991 zur Finanzierung der deutschen Einheit mißbrauchen.
Sie selbst waren es, der sich in dieser Frage jahrelang den Vorschlägen der SPD zur Absenkung der Lohnnebenkosten und zu einer gerechteren Finanzierung der deutschen Einheit angeschlossen hat? Davon wollen Sie jetzt anscheinend nichts mehr wissen. Sie verbreiten Halbwahrheiten. Sie demagogisieren hier nur noch herum.
Nächster Punkt. Der Kollege Geißler hat zu Recht auf die Globalisierung, auf die völlig neuen Herausforderungen im ökonomisch-sozialen Bereich hingewiesen. Was ich Ihnen vorhalte, ist, daß Sie die neue Zauberformel der Globalisierung schamlos und einseitig mißbrauchen, um Löhne zu drücken, Sozialstandards zu reduzieren und die Arbeitnehmer insgesamt öffentlich zu diffamieren. Das ist bei Ihnen die eigentliche Funktion der Globalisierung.
Unbestritten ist, daß wir eine weltweite rasche Zunahme der wirtschaftlichen Verflechtung zu verzeichnen haben. Das Entscheidende aber ist: Wenn sich die Antwort der hochentwickelten Industriestaaten auf die Globalisierung in einem aggressiven Wettlauf um immer niedrigere soziale und ökologische Standards erschöpft; dann setzen sie eine Abwärtsspirale in Gang, die die Fundamente unserer Gesellschaft zerstört,
weil soziale Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt nach allem Konsens der letzten Jahrzehnte unabdingbare Voraussetzungen für eine stabile Demokratie sind.
Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Diese Formulierung im Grundgesetzes war die Antwort der Mütter und Väter unserer Verfassung. Das war breiter gesellschaftlicher Konsens zu Beginn unserer Republik.
Die Antwort der Verfassung auf die totalitäre Barbarei der Nazis lautete: Rechtsstaat. Dies war gleichzeitig die Antwort auf die verhängnisvolle ökonomisch-soziale Abwärtsspirale der späten 20er und frühen 30er Jahre, die in 6 Millionen Arbeitslosen im Jahr 1932 gemündet hatte. Diese 6 Millionen Arbeitslosen waren der soziale Anfang vom politischen Ende der Weimarer Demokratie.
Das, was Sie jetzt machen, ist in einem einzigen Punkt damit vergleichbar. Sie wiederholen die verhängnisvollen Fehler der frühen 30er Jahre. Sie sparen, kürzen und kürzen. Sie kürzen ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer und der sozial schwachen Einkommensbezieher.
Das ist konjunkturpolitisch die falscheste Antwort, die eine Bundesregierung in der gegenwärtigen Phase geben kann. Diejenigen, deren Kaufkraft als Nachfrage auf den Märkten gebraucht wird, werden geschröpft; denen, die viel haben, schenken Sie Milliarden hinzu.
Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Sätze zu dem sagen, was die Bundesregierung als zentrale Zielvorgabe formuliert hat. Sie hat gesagt, bis zum Jahr 2000 die Arbeitslosigkeit halbieren zu wollen. Deshalb wurden diese Gesetze vorgelegt.
Meine Damen und Herren, ich habe Sie in den letzten Monaten wiederholt gefragt: Welches sind die Eckpunkte der Bundesregierung, um die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren zu halbieren? Bis zur Stunde sind Sie mir jede Antwort schuldig geblieben. Ich könnte Ihnen den Nachweis bringen, daß Sie überall da, wo Handlungsbedarf besteht, so
Ottmar Schreiner
handeln, daß die Arbeitslosigkeit weiter in die Höhe getrieben wird.
Das will ich Ihnen an wenigen Beispielen deutlich machen.
Ihre Gesetze werden die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren nicht reduzieren, sondern weiter in die Höhe treiben. Allein die vorgezogene Erhöhung der Lebensarbeitszeit wird nach unseren Überlegungen zu einer zusätzlichen Arbeitslosigkeit von rund einer halben Million führen.
Vor wenigen Tagen hat der Präsident des BDI, Herr Henkel, auf die Frage nach der Halbierung gesagt: Die Industrie kann sich glücklich schätzen, wenn sie ihren Beschäftigungsstand in den nächsten zwei Jahren halten kann. Neue Jobs können nur im Bereich der Dienstleistungen geschaffen werden.
Wenn man sich den Bereich der Dienstleistungen anschaut, dann machen Sie in Ihren Gesetzen genau das Gegenteil dessen, was nötig wäre: Sie privilegieren die Hochverdienenden, und der Bundesfinanzminister finanziert aus seinem Etat die Privatangestellten. Beschäftigungspolitisch werden Sie damit überhaupt nichts gewinnen.
Schauen Sie sich die Erfahrungen der letzten Jahre an: 1991, als die sogenannte steuerliche Förderung bei der Einstellung von Privatangestellten eingerichtet worden ist, ging die Regierung von einem Arbeitsplatzzuwachs von 100 000 aus. Tatsächlich haben wir seit 1991 eher Verluste bei den Festangestellten im Bereich der häuslichen Dienstleistungen. Das heißt, beschäftigungspolitisch ist damit überhaupt nichts gewonnen worden. Das einzige, was Sie real betreiben: Sie unterstützen die Vermögenden, die Hochverdienenden, indem Sie ihnen in Zukunft ihre Butler und ihre Kammerzofen auch noch aus dem Etat des Bundesfinanzministers bezahlen.
Die SPD wird Sie in absehbarer Zeit mit einem eigenen Konzept konfrontieren, von dem wir der festen Überzeugung sind, daß es dem wirklichen Bedarf im Rahmen der häuslichen Dienstleistungen gerecht wird und tatsächlich einen ernsthaften Beschäftigungseffekt zusätzlich leisten kann.
In der gestrigen Debatte um die Frage: Wie gehen wir mit Lohndumping in Deutschland um? hat die sozialpolitische Sprecherin der F.D.P.-Fraktion gesagt, die Regierung befinde sich in einer Sackgasse. Wir haben Ihnen schon vor einem Jahr, als Sie Ihren Gesetzentwurf zusammenzimmerten, gesagt, daß daraus niemals etwas werden kann, weil diejenigen Kräfte, die Sie zur Umsetzung brauchen, schon damals gesagt haben, daß sie diesen Gesetzen nicht zustimmen werden.
Der Präsident der Deutschen Bauindustrie hat vorgestern gesagt: Wenn es bei der Untätigkeit der Bundesregierung bleibt, werden in diesem Jahr 1996 6 000 mittelständische Bauunternehmen in Konkurs gehen und in den nächsten Jahren 300 000 weitere Bauarbeitnehmer in Deutschland ihren Arbeitsplatz verlieren.
Die Bundesregierung aber tut nichts.
Sie sieht tatenlos zu, wie sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland in einer ganzen Reihe von Feldern weiter aufbaut. Die Bundesregierung ist neben der britischen Regierung die einzige Regierung in Europa, die sich gegen eine europäische Beschäftigungsinitiative strikt wehrt, ja die sich sogar strikt dagegen wehrt, daß in den Maastricht-Vertrag europäische Beschäftigungsziele aufgenommen werden.
Die Bundesregierung hat mit der Vorlage eines neuen Gesetzes zur Arbeitsförderung dazu beigetragen, daß in den nächsten Jahren nach Schätzungen aller Experten 250 000 Menschen zusätzlich in Arbeitslosigkeit geraten werden, weil sie die vorhandenen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik vor allem zu Lasten Ostdeutschlands weiter reduziert.
Zu all diesen Fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen klare Alternativen der SPD als Gesetzesanträge oder als Initiativanträge im deutschen Parlament vor.
- Zu all diesen Fragen liegen Gesetzesinitiativen der SPD im Parlament vor. Sie sollten vielleicht etwas weniger Zeit in Kneipen verbringen und etwas mehr Aktenstudium betreiben, dann könnten Sie sich sachkundig machen über das, was die SPD im Parlament eingebracht hat.
Lassen Sie mich zum Schluß zusammenfassen: Die vorliegenden Gesetzentwürfe sind sozialpolitisch unanständig, weil sie kleine und mittlere Einkommen, Arbeitnehmereinkommen einseitig belasten. Sie sind konjunkturpolitisch völlig verfehlt, weil die Kaufkraft dort abgeschöpft wird, wo sie sich bei einer labilen Konjunktur als Nachfrage auf dem Binnenmarkt am ehesten äußern könnte. Und sie sind beschäftigungspolitisch völlig falsch, weil sie die Arbeitslosigkeit nicht senken, sondern dazu beitragen, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland in der nächsten Zeit steigen wird.
Meine Damen und Herren, mit diesen Gesetzentwürfen zieht die Koalition den Karren, den sie in den letzten Jahren in den Sumpf gefahren hat, nicht aus dem Dreck heraus, sondern sie schiebt den Karren noch tiefer und noch weiter in den Sumpf hinein.
Das Wort hat die Kollegin Petra Bläss.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf Herrn Kollegen Geißler
Petra Bläss
zurückkommen, weil mich dermaßen wütend gemacht hat, wie Sie mit den protestierenden Frauen umgegangen sind.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, darauf aufmerksam zu machen, daß heute vor Beginn dieser Beratungen der Deutsche Frauenrat, der bekanntlich die Interessen von 11 Millionen Frauen dieses Landes vertritt, der Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth Wäschekörbe mit 170 000 Unterschriften von Frauen aus allen Bundesländern, von unterschiedlichsten Betroffenenverbänden und von Gewerkschaften übergeben hat. Frau Kollegin Rönsch, wenn ich jetzt Ihr Gesicht sehe, finde ich es einfach schamlos, wie man mit solchen Protesten der Betroffenen umgeht.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, zu einem ganz heißen Eisen Stellung zu nehmen, nämlich zu der von Ihnen - ich hoffe, nicht, aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist es doch wohl zu befürchten - zu beschließenden Erhöhung des Renteneintrittsalters für Frauen. Trotz der Rücknahme des ursprünglichen Vorhabens kommt es eindeutig zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters für Frauen. Ich habe bereits deutlich gemacht, daß der ursprüngliche Konsens der Rentenreform von 1989 von Ihnen zurückgenommen worden ist. Der letzte Ausgleich, den Frauen für vielfältige Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt hatten, wird abgeschafft.
Die Lebensarbeitszeit von Frauen soll verlängert werden, und das in einer arbeitsmarktpolitischen Situation, in der klar ist, daß Frauen ab 60 absolut chancenlos sind.
Ich finde es, meine Damen und Herren von der Koalition, ein wirklich starkes Stück, daß Sie die Anhebung ab dem Jahr 2000 nicht als das verkaufen, was sie wirklich ist, nämlich ein Vorziehen und eine Verschlechterung der bisherigen Rechtslage.
- Wenn Sie mit solchen Argumenten nichts anfangen können: Gerade diese Argumente sollten Sie sich vor Ihrem Abstimmungsverhalten noch einmal ganz, ganz deutlich überlegen.
Ich möchte auch darauf zu sprechen kommen, was die Neuregelungen im Kündigungsschutzgesetz für Frauen bedeuten. Es ist eben nicht so, daß Frauen davon profitieren, weil, Herr Kollege Geißler, wie ich schon vorhin gesagt habe, 85 Prozent aller Frauen in den kleinen und mittelständischen Betrieben tätig sind. Sie werden dann mit dem Prinzip Heuern und Feuern konfrontiert sein.
Ich muß ehrlich sagen: Als Frau, die aus den neuen Bundesländern kommt, weiß ich diesbezüglich, wovon ich rede.
Gleiches gilt für die Entgeltfortzahlung. Ich möchte deshalb an Sie appellieren, daß Sie den kurzfristig eingebrachten Antrag des Bündnisses 90/Die Grünen und der SPD unterstützen und zumindest schwangeren Frauen das sogenannte Privileg, das überhaupt keines mehr ist, einer 100prozentigen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall belassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, ich halte es für eine wirkliche substantielle Neuheit in diesem Parlament, daß sich fraktions- und parteiübergreifend Frauen zusammengeschlossen haben, um zumindest einige Punkte aus diesem schlimmen Sparpaket herauszunehmen. Deshalb appelliere ich noch einmal ausdrücklich an Sie, dem zur namentlichen Abstimmung stehenden fraktionsübergreifenden Antrag von Frauen der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und der PDS, das Renteneintrittsalter für Frauen so zu belassen, wie es ursprünglich festgelegt war, und auch den Kündigungsschutz für Frauen so zu belassen, wie er jetzt ist, zuzustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin Waltraud Lehn hat gebeten, ihre Rede zu Protokoll geben zu können.*) Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall.
Ich schließe damit die Aussprache.
Bevor wir in die Abstimmung eintreten, bitte ich für einige Hinweise zum Abstimmungsverlauf um Ihre Aufmerksamkeit. Wir sind nämlich nicht nur am Ende einer sehr lebhaften Debatte und einer sehr langen Arbeitswoche, sondern auch am Anfang einer sehr komplizierten Abstimmung. Ich bitte Sie, mir dabei zu helfen.
Zuerst stimmen wir namentlich über den Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt , Brigitte Adler sowie weiterer Abgeordneter zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Altersversorgung und Erwerbstätigkeit von Frauen ab. Das ist der Tagesordnungspunkt 16 g. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses dieser namentlichen Abstimmung folgen zahlreiche einfache Abstimmungen und eine namentliche Abstimmung über einen Änderungsantrag. Weitere einfache Abstimmungen schließen sich an. Darauf folgen nochmals zwei namentliche Schlußabstimmungen. Danach sind weitere einfache Abstimmungen durchzuführen. - Sie sehen, das wechselt dauernd.
Sie können sehr zur Beschleunigung des Abstimmungsverfahrens beitragen, wenn Sie nach den
*) Anlage 3
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
namentlichen Abstimmungen wieder Ihre Plätze einnehmen. Erst dann können wir nämlich die einfachen Abstimmungen durchführen, weil ich das sonst nicht übersehen kann.
Bitte kontrollieren Sie noch einmal, ob die von Ihnen zu verwendenden Abstimmungskarten wirklich Ihren Namen tragen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt , Brigitte Adler, Gila Altmann (Aurich) sowie weiterer Abgeordneter zu rechtlichen Rahmenbedingungen der Altersversorgung und Erwerbstätigkeit von Frauen, Drucksache 13/4986. Die Fraktion der SPD verlangt namentliche Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das scheint der Fall zu sein. Ich eröffne damit die Abstimmung. -
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist der Fall. -
Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Bitte nehmen Sie jetzt wieder Ihre Plätze ein, damit wir nach Bekanntgabe des Ergebnisses unverzüglich mit den einfachen Abstimmungen fortfahren können.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses unterbreche ich die Sitzung.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gruppenantrag zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Altersversorgung und Erwerbstätigkeit von Frauen auf Drucksache 13/ 4986 bekannt. Abgegebene Stimmen: 639. Mit Ja haben gestimmt: 311. Mit Nein haben gestimmt: 327. Enthaltungen: eine.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 639 davon
ja: 311
nein: 327
enthalten: 1
Ja
SPD
Brigitte Adler Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Klaus Barthel
Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Hans Berger
Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Rudolf Bindig
Arne Börnsen Anni Brandt-Elsweier
Tilo Braune
Dr. Eberhard Brecht Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Hans Martin Bury Hans Büttner
Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter Conradi
Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann
Karl Diller
Dr. Marliese Dobberthien Peter Dreßen
Rudolf Dreßler Freimut Duve
Ludwig Eich
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger Annette Faße
Elke Ferner
Lothar Fischer Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski Dagmar Freitag Anke Fuchs Katrin Fuchs (Verl) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Norbert Gansel Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Dr. Peter Glotz Uwe Göllner
Günter Graf Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck
Achim Großmann Karl Hermann Haack
Hans Joachim Hacker
Klaus Hagemann Manfred Hampel Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Dr. Liesel Hartenstein
Klaus Hasenfratz
Dr. Ingomar Hauchler Dieter Heistermann Reinhold Hemker Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Uwe Hiksch
Reinhold Hiller Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann Lothar Ibrügger Barbara Imhof
Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger
Jann-Peter Janssen Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung Sabine Kaspereit Susanne Kastner
Ernst Kastning
Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose
Dr. Hans-Hinrich Knaape Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart Kuhlwein Konrad Kunick Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster Werner Labsch Brigitte Lange Detlev von Larcher Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard Klaus Lohmann Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß Winfried Mante Dorle Marx
Ulrike Mascher Christoph Matschie Ingrid Matthäus-Maier Heide Mattischeck Markus Meckel
Ulrike Mehl
Herbert Meißner Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer Ursula Mogg
Siegmar Mosdorf
Michael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese Doris Odendahl Günter Oesinghaus Leyla Onur
Manfred Opel Adolf Ostertag Kurt Palis
Albrecht Papenroth Dr. Willfried Penner Dr. Martin Pfaff Georg Pfannenstein Dr. Eckhart Pick Joachim Poll
Rudolf Purps
Karin Rehbock-Zureich Margot von Renesse
Renate Rennebach Otto Reschke Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter Günter Rixe
Gerhard Rübenkönig
Dr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Dieter Schanz
Bernd Scheelen Siegfried Scheffler Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten Günter Schluckebier
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Horst Schmidbauer
Ulla Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt
Dr. Emil Schnell Walter Schöler Ottmar Schreiner Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz
Volkmar Schultz (Köln)
Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Lisa Seuster
Horst Sielaff
Johannes Singer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge
Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto Spiller Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler
Dr. Peter Struck Joachim Tappe Jörg Tauss
Dr. Bodo Teichmann
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried Vergin
Günter Verheugen
Ute Vogt
Karsten D. Voigt Hans Georg Wagner
Hans Wallow
Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen Jochen Welt
Hildegard Wester Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Norbert Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz
Berthold Wittich
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf Heidi Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Gila Altmann Elisabeth Altmann
Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Angelika Beer
Matthias Berninger Annelie Buntenbach Franziska Eichstädt-Bohlig Andrea Fischer Joseph Fischer (Frankfurt) Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Antje Hermenau Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt Dr. Manuel Kiper Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke
Vera Lengsfeld
Dr. Helmut Lippelt Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Christa Nickels
Egbert Nitsch Cem Özdemir
Gerd Poppe
Simone Probst
Dr. Jürgen Rochlitz Halo Saibold
Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch
Albert Schmidt Wolfgang Schmitt
Ursula Schönberger Waltraud Schoppe Werner Schulz Marina Steindor Christian Sterzing Manfred Such
Dr. Antje Vollmer Ludger Volmer
Helmut Wilhelm Margareta Wolf (Frankfurt)
PDS
Wolfgang Bierstedt Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Ludwig Elm
Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. Ruth Fuchs Dr. Gregor Gysi Hanns-Peter Hartmann
Dr. Uwe-Jens Heuer
Dr. Barbara Höll Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Köhne
Rolf Kutzmutz Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth
Manfred Müller Rosei Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen Warnick
Dr. Winfried Wolf
Gerhard Zwerenz
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Peter Altmaier
Anneliese Augustin Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter Basten
Dr. Wolf Bauer
Brigitte Baumeister Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank
Dr. Heribert Blens Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig
Rudolf Braun Paul Breuer
Monika Brudlewsky Georg Brunnhuber Hartmut Büttner
Dankward Buwitt
Manfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel Hubert Deittert
Gertrud Dempwolf Albert Deß
Renate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjürgen Doss Dr. Alfred Dregger Maria Eichhorn
Wolfgang Engelmann Rainer Eppelmann Heinz Dieter Eßmann Horst Eylmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Jochen Feilcke
Dr. Karl H. Fell
Ulf Fink
Dirk Fischer Klaus Francke (Hamburg) Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler Michael Glos
Wilma Glücklich Dr. Reinhard Göhner Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer Joachim Gres
Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred Grund
Horst Günther Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein
Gottfried Haschke
Gerda Hasselfeldt
Otto Hauser Hansgeorg Hauser
Helmut Heiderich Manfred Heise
Dr. Renate Hellwig Peter Hintze
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Peter Jacoby
Susanne Jaffke
Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer Jork
Michael Jung Ulrich Junghanns
Dr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard Karwatzki Volker Kauder
Peter Keller
Eckart von Klaeden Dr. Bernd Klaußner Hans Klein Ulrich Klinkert
Hans-Ulrich Köhler
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Manfred Koslowski Thomas Kossendey Rudolf Kraus
Wolfgang Krause Andreas Krautscheid Arnulf Kriedner Heinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul Krüger Reiner Krziskewitz
Dr. Hermann Kues Werner Kuhn
Dr. Karl A. Lamers Karl Lamers
Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp
Armin Laschet
Herbert Lattmann Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann Werner Lensing Christian Lenzer Peter Letzgus
Vizeoräsidentin Dr. Antje Vollmer
Editha Limbach Walter Link Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven
Sigrun Löwisch
Heinrich Lummer Dr. Michael Luther Dr. Dietrich Mahlo Erwin Marschewski Günter Marten
Dr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz
Rudolf Meyer Hans Michelbach Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Elmar Müller Engelbert Nelle
Bernd Neumann Johannes Nitsch
Claudia Nolte
Dr. Rolf Olderog Friedhelm Ost
Eduard Oswald Norbert Otto Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch Ulrich Petzold
Anton Pfeifer
Angelika Pfeiffer Dr. Gero Pfennig
Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp
Dr. Winfried Pinger Ronald Pofalla
Dr. Hermann Pohler Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff
Dr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner Dieter Pützhofen Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer Rolf Rau
Helmut Rauber
Peter Harald Rauen Otto Regenspurger
Christa Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Roland Richter
Roland Richwien Dr. Norbert Rieder
Dr. Erich Riedl Klaus Riegert
Franz Romer
Hannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth
Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Roland Sauer Ortrun Schätzle
Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte
Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard Scheu Norbert Schindler Dietmar Schlee Ulrich Schmalz Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Michael von Schmude
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff
Dr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer
Wilfried Seibel Heinz-Georg Seiffert
Rudolf Seiters Johannes Selle Bernd Siebert Jürgen Sikora
Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Dr. Gerhard Stoltenberg Andreas Storm
Max Straubinger Matthäus Strebl Michael Stübgen Egon Susset
Dr. Rita Süssmuth Michael Teiser
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Klaus Töpfer Gottfried Tröger
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall Wolfgang Vogt
Dr. Horst Waffenschmidt Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen Warnke
Kersten Wetzel
Hans-Otto Wilhelm Gert Willner
Bernd Wilz
Willy Wimmer Matthias Wissmann Simon Wittmann
Dagmar Wöhrl
Michael Wonneberger Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach Cornelia Yzer
Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller
F.D.P.
Ina Albowitz
Dr. Gisela Babel Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van Essen
Dr. Olaf Feldmann Gisela Frick
Paul K. Friedhoff Horst Friedrich
Rainer Funke Hans-Dietrich Genscher Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Burkhard Hirsch Birgit Homburger
Der Antrag ist damit abgelehnt.
Wir kommen jetzt zu einfachen Abstimmungen, zunächst zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung. Das sind die Drucksachen 13/4610 und 13/5088 Buchstabe a.
Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. auf Drucksache 13/5140 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung mit der vorgetragenen Berichtigung und der soeben beschlossenen Änderung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden.
Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. haben fristgerecht beantragt, trotz Annahme des Änderungsantrages in zweiter Beratung unmittelbar in die dritte Beratung einzutreten. Dazu wird das Wort zur Geschäftsordnung gewünscht. Ich erteile es zunächst dem Kollegen Hörster.
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Detlef Kleinert Roland Kohn
Jürgen Koppelin
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Dr. Otto Graf Lambsdorff Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Uwe Lühr
Jürgen W. Möllemann Günther Friedrich Nolting Dr. Rainer Ortleb
Lisa Peters
Dr. Klaus Röhl
Helmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Weng
Dr. Guido Westerwelle
Enthalten
SPD
Erika Simm
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir stellen den Antrag, von der Frist gemäß § 84 der Geschäftsordnung des Bundestages abzuweichen und das Gesetz in dritter Lesung gleich im Anschluß an die zweite Lesung zu beraten, weil das, was wir eben in zweiter Lesung geändert haben, eine reine verfahrenstechnische Vorschrift war,
die mit dem materiellen Gehalt des Gesetzes nichts zu tun hat.
Wenn bei den Beratungen im Fachausschuß die Meinungsverschiedenheit über die Frage, wie Art. 9 unter dem Gesichtspunkt der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes zu bewerten ist, hätte ausgeräumt werden können, hätten wir das bereits im Fachausschuß regeln können, und die Situation wäre jetzt nicht so entstanden.
Nun haben wir aber, was das Vermittlungsverfahren und die Behandlung der gesamten Vorgänge im Bundesrat betrifft, eine Vereinbarung getroffen, wie die Dinge zeitlich zu behandeln sind. Es wäre deswegen sachdienlich, wenn auf die Fristeinrede in dieser Sache verzichtet werden könnte, damit wir ohne eine zusätzliche Sitzung des Bundestages, die anderenfalls erforderlich wird, das Gesetz in dritter Lesung verabschieden können und der Bundesrat sich fristgemäß in seiner Sitzung am 19. Juli mit dem Gesamtpaket beschäftigen kann.
Ich weiß, daß es für die Sozialdemokraten, wenn sie dabei mitmachen, mitnichten eine Zustimmung zu dem von uns vorgelegten Gesetzespaket bedeutet. Es ist lediglich eine arbeitsökonomisch vernünftige Verfahrensweise,
von der ich meine, daß die Sozialdemokraten ihr im Interesse des gesamten Parlaments folgen sollten.
Ebenfalls zur Geschäftsordnung der Kollege Struck.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Vorgang zeigt, daß unsere Vermutung richtig war: Man kann den Koalitionsfraktionen und der Regierung in diesen Fällen überhaupt kein Wort mehr glauben.
Wir werden uns nicht darauf einlassen, daß holterdiepolter aus einem Gesetz ein Artikel nach dem Motto herausgestrichen wird: Das ist nur eine Formalie.
Vielleicht gibt es noch viele andere Schlampereien in diesem Gesetz. Deshalb werden wir jede Frist ausschöpfen und verweigern uns einer sofortigen Beratung.
Auch zur Geschäftsordnung der Kollege Schulz.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es scheint zur Regel zu werden, daß Sie sich überhaupt nicht mehr an Regeln halten wollen.
Wir hatten den Fall gestern schon. Sie haben sich offenbar vorgenommen, neben der Kürzung einiger sozialstaatlicher Regelungen gleich die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mit über Bord zu werfen.
Wenn wir uns eins hätten sparen können, dann eine Sondersitzung, die durch diese Art und Weise entsteht.
Durch dieses Tempo, mit dem Sie die Sparmaßnahmen durch das Parlament jagen wollen, entstehen doch diese Fehler. Das wird nicht der letzte sein, den wir heute hier aufgespürt haben.
Sie hätten sich das sparen können, aber offenbar ist Ihnen einiges nicht teuer genug, wenn es darum geht, diese Sparmaßnahmen durchzusetzen.
Zur Geschäftsordnung der Kollege van Essen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den Antrag der Koalitionsfraktionen.
Es handelt sich um eine völlig unbedeutende Vorschrift, die ein Verwaltungsverfahren regelt und die deshalb in diesem Gesetz ohne Probleme gestrichen werden kann. Es handelt sich nicht um die Fragen, die wirklich in der politischen Auseinandersetzung stehen.
Deshalb sind wir der Auffassung, daß sehr wohl jetzt sofort abgestimmt werden kann. Wir alle haben den ganzen Vormittag darüber diskutiert, daß gespart werden muß.
Jörg van Essen
Ich denke, wir alle sind in der Verantwortung, alle Veranstaltungen zu vermeiden - ohne die Rechte der Opposition in irgendeiner Weise einzuschränken -,
die Geld kosten. Deshalb möchten wir ganz selbstverständlich, daß heute über dieses Paket abgestimmt wird.
Herzlichen Dank.
Auch zur Geschäftsordnung die Kollegin Enkelmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin seit 1990 in diesem Parlament,
und ich habe weiß Gott schon vieles in diesem Haus erlebt. Aber das, was zu diesem sogenannten Sparprogramm, dem Programm der sozialen Grausamkeiten, veranstaltet wird, das schlägt dem Faß den Boden aus.
Dieses Programm soll hier in einem Affentempo durchgezockt werden. Nun ist bedauerlicherweise eine Panne passiert, für die offenkundig ein hochbezahlter Regierungsbeamter verantwortlich ist. Ich frage mich - wir haben heute schon eine ähnliche Debatte gehabt -, wie die Regierung mit diesem Parlament umgeht. Wozu braucht diese Regierung eigentlich noch das Parlament? Als demokratisches Aushängeschild oder wozu?
Sie behaupten, gründlich beraten zu haben. Das Ergebnis liegt jetzt auf dem Tisch. Ich denke, es wird höchste Zeit, daß die Regierung dafür zur Verantwortung gezogen wird. Ein erster Schritt könnte sein, daß die Koalition die Kosten für die Sondersitzung übernimmt, die ansonsten der Steuerzahler zu tragen hat.
Darüber hinaus meine ich, daß die Regierung bei der nächsten Wahl die Quittung kriegen sollte, die sie dafür verdient hat. Ich hoffe sehr, daß die Gewerkschaften und die betroffenen Verbände die verbleibende Zeit sehr gut nutzen.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Geschäftsordnungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. Ich weise darauf hin, daß zur Annahme des Antrags zur Abkürzung der Fristen für den Eintritt in die dritte Beratung nach § 84 Buchstabe b der Geschäftsordnung zwei Drittel der anwesenden Mitglieder des Bundestages zustimmen müssen.
Wer stimmt für den Geschäftsordnungsantrag der Koalitionsfraktionen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Geschäftsordnungsantrag hat die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht und ist damit abgelehnt.
Die dritte Beratung kann also heute nicht erfolgen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, Drucksache 13/ 5088 Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Gesetzentwurf auf Drucksachen 13/4814 und 13/4987 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der übrigen Mitglieder des Hauses angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Gewinnung der Zukunftsfähigkeit durch sozialstaatliche Innovationen, Drucksache 13/5088 Buchstabe c. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4674 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen, PDS und einigen Abgeordneten der SPD bei Enthaltung der Mehrheit der SPD angenommen worden.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Gruppe der PDS „Rentenmoratorium 1996", Drucksache 13/5088 Buchstabe c. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/3737 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und PDS angenommen worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes, Drucksachen 13/4611 und 13/5089. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition in zweiter Beratung angenommen worden.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dritte Beratung
und Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen - mit einer Ausnahme - gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und PDS und eine Stimme aus der F.D.P. angenommen.
Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Gesetzentwurf zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung, Drucksache 13/4612. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt auf Drucksache 13/5107, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.
Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Brigitte Adler, Gila Altmann, Gerd Andres und weiterer Abgeordneter auf Drucksache 13/5144 vor, über den wir zuerst abstimmen. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen verlangen namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das scheint nicht der Fall zu sein.
Ich schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben. *) Erst dann können wir mit der Abstimmung in zweiter Beratung dieses Gesetzentwurfs fortfahren.
Bitte nehmen Sie trotzdem jetzt wieder Ihre Plätze ein, damit wir die Beratung mit anderen Abstimmungen fortsetzen können. So können wir Zeit sparen; Sie wollen ja alle nach Hause.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Arbeitsrechtliche Reformen als Baustein zur Neugestaltung der Arbeit" , Drucksache 13/5107. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4672 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist angenommen worden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und PDS sowie die Stimme des Kollegen Hirsch bei Enthaltung der Fraktion der SPD.
- Das war wohl ein Mißverständnis. Auch der Kollege Hirsch hat zugestimmt.
Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt in seiner Beschlußempfehlung auf Drucksache 13/5107 die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung
') Ergebnis 10617 A
ist angenommen worden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/ Die Grünen bei Enthaltung der SPD und der PDS.
Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Gesetzentwurf zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit, Drucksachen 13/4613 und 13/5074. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen worden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition und des Kollegen Hirsch bei einer Enthaltung aus der CDU/CSU.
Dritte Beratung
und Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit demselben Stimmenverhältnis - also auch mit einer Enthaltung aus der CDU/CSU - angenommen worden.
Wir kommen zu dem von den Fraktionen der CDU/ CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf zur Änderung von § 22 des Bundessozialhilfegesetzes. Durch die gestrige Annahme der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zur Reform des Sozialhilferechts ist dieser Gesetzentwurf für erledigt erklärt. Eine weitere Abstimmung darüber erübrigt sich deshalb.
Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Zukunftssicherung des solidarischen Gesundheitswesens, Drucksache 13/5099. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/4675 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden.
Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Gesetzentwurf zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung; das sind die Drucksachen 13/4615 und 13/5099. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition in zweiter Beratung angenommen worden.
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Brigitte Adler, Gila Altmann, Gerd Andres und weiterer Abgeordneter zum Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz, Drucksache 13/ 5144, bekannt. Abgegebene Stimmen: 640. Mit Ja haben gestimmt: 310. Mit Nein haben gestimmt: 325. Enthaltungen: fünf. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 640 davon
ja: 310
nein: 325
enthalten: 5
Ja
SPD
Brigitte Adler
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Klaus Barthel
Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt
Hans Berger
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher Rudolf Bindig
Arne Börnsen Anni Brandt-Elsweier
Tilo Braune
Dr. Eberhard Brecht
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Hans Martin Bury
Hans Büttner Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter Conradi
Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann
Karl Diller
Dr. Marliese Dobberthien Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Freimut Duve
Ludwig Eich
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Emstberger
Annette Faße
Elke Ferner
Lothar Fischer Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Dagmar Freitag
Anke Fuchs
Katrin Fuchs
Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Norbert Gansel
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Dr. Peter Glotz
Uwe Göllner
Günter Graf Dieter Grasedieck
Achim Großmann
Karl Hermann Haack
Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach
Dr. Liesel Hartenstein
Klaus Hasenfratz
Dr. Ingomar Hauchler
Dieter Heistermann Reinhold Hemker Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Uwe Hiksch
Reinhold Hiller Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger
Jann-Peter Janssen Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung Sabine Kaspereit Susanne Kastner
Ernst Kastning Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose
Dr. Hans-Hinrich Knaape Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart Kuhlwein Konrad Kunick Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster Werner Labsch Brigitte Lange Detlev von Larcher Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard Klaus Lohmann Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß Winfried Mante Dorle Marx
Ulrike Mascher Christoph Matschie Ingrid Matthäus-Maier Heide Mattischeck Markus Meckel
Ulrike Mehl
Herbert Meißner Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer Ursula Mogg
Siegmar Mosdorf
Michael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese Doris Odendahl
Günter Oesinghaus Leyla Onur
Manfred Opel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth Dr. Willfried Penner Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Rudolf Purps
Karin Rehbock-Zureich Margot von Renesse Renate Rennebach Otto Reschke
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter Günter Rixe
Reinhold Robbe
Gerhard Rübenkönig Dr. Hansjörg Schäfer Dieter Schanz
Bernd Scheelen
Siegfried Scheffler Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Günter Schluckebier Horst Schmidbauer
Ulla Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz (Everswinkel)
Volkmar Schultz Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Lisa Seuster
Horst Sielaff
Johannes Singer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge
Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto Spiller
Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler
Dr. Peter Struck
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Dr. Bodo Teichmann Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried Vergin
Günter Verheugen
Karsten D. Voigt Hans Georg Wagner
Hans Wallow
Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen Jochen Welt
Hildegard Wester Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Norbert Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz
Berthold Wittich
Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf Heidi Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Gila Altmann Elisabeth Altmann
Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Angelika Beer
Matthias Berninger Annelie Buntenbach Franziska Eichstädt-Bohlig Andrea Fischer Joseph Fischer (Frankfurt) Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Antje Hermenau Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt Dr. Manuel Kiper Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke
Vera Lengsfeld
Dr. Helmut Lippelt Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Christa Nickels
Egbert Nitsch Cem Özdemir
Gerd Poppe
Simone Probst
Dr. Jürgen Rochlitz Halo Saibold
Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch
Albert Schmidt Wolfgang Schmitt
Ursula Schönberger Waltraud Schoppe Werner Schulz Marina Steindor Christian Sterzing Manfred Such
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Dr. Antje Vollmer
Ludger Volmer
Helmut Wilhelm Margareta Wolf (Frankfurt)
F.D.P.
Dr. Burkhard Hirsch
PDS
Wolfgang Bierstedt Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Ludwig Elm
Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. Ruth Fuchs Dr. Gregor Gysi Hanns-Peter Hartmann
Dr. Uwe-Jens Heuer
Dr. Barbara Höll Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Köhne
Rolf Kutzmutz Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth
Manfred Müller Rosel Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen Warnick
Dr. Winfried Wolf
Gerhard Zwerenz
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Peter Altmaier
Anneliese Augustin Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter Basten
Dr. Wolf Bauer
Brigitte Baumeister Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank
Dr. Heribert Blens Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig
Rudolf Braun Paul Breuer
Monika Brudlewsky Georg Brunnhuber Hartmut Büttner
Dankward Buwitt
Manfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Gertrud Dempwolf Albert Deß
Renate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjürgen Doss Dr. Alfred Dregger Maria Eichhorn Wolfgang Engelmann
Rainer Eppelmann Heinz Dieter Eßmann
Horst Eylmann Anke Eymer
Ilse Falk
Jochen Feilcke Dr. Karl H. Fell Ulf Fink
Dirk Fischer Klaus Francke (Hamburg) Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler Michael Glos
Wilma Glücklich
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer Joachim Gres Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred Grund
Horst Günther Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
Gerda Hasselfeldt
Otto Hauser Hansgeorg Hauser
Helmut Heiderich Manfred Heise
Dr. Renate Hellwig Peter Hintze
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim Hörster
Hubert Hüppe Peter Jacoby
Susanne Jaffke Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer Jork
Michael Jung Ulrich Junghanns
Dr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard Karwatzki Volker Kauder
Peter Keller
Eckart von Klaeden Dr. Bernd Klaußner Hans Klein
Ulrich Klinkert Hans-Ulrich Köhler
Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Manfred Koslowski
Thomas Kossendey Rudolf Kraus
Wolfgang Krause Andreas Krautscheid
Arnulf Kriedner Heinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul Krüger
Reiner Krziskewitz Dr. Hermann Kues Werner Kuhn
Dr. Karl A. Lamers
Karl Lamers
Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp Armin Laschet Herbert Lattmann Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann
Werner Lensing Christian Lenzer Peter Letzgus Editha Limbach
Walter Link Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven Sigrun Löwisch Heinrich Lummer Dr. Michael Luther Dr. Dietrich Mahlo Erwin Marschewski Günter Marten
Dr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg
Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz
Rudolf Meyer
Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller
Elmar Müller Engelbert Nelle
Bernd Neumann Johannes Nitsch
Claudia Nolte Dr. Rolf Olderog Friedhelm Ost Eduard Oswald
Norbert Otto
Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch
Ulrich Petzold Anton Pfeifer Angelika Pfeiffer Dr. Gero Pfennig
Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp
Dr. Winfried Pinger Ronald Pofalla
Dr. Hermann Pohler Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff
Dr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner Dieter Pützhofen Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer Rolf Rau
Helmut Rauber
Peter Harald Rauen Otto Regenspurger
Christa Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik Roland Richter
Roland Richwien Dr. Norbert Rieder
Dr. Erich Riedl Klaus Riegert
Franz Romer
Hannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith Adolf Roth Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers Roland Sauer Ortrun Schätzle
Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard Scheu
Norbert Schindler Dietmar Schlee
Ulrich Schmalz
Bernd Schmidbauer Christian Schmidt Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Michael von Schmude Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff Dr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling
Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer
Wilfried Seibel
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Heinz-Georg Seiffert
Rudolf Seiters Johannes Selle Bernd Siebert Jürgen Sikora
Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Dr. Gerhard Stoltenberg Andreas Storm
Max Straubinger Matthäus Strebl Michael Stübgen Egon Susset
Dr. Rita Süssmuth Michael Teiser
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Klaus Töpfer Gottfried Tröger
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall Wolfgang Vogt
Dr. Horst Waffenschmidt Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen Warnke
Kersten Wetzel
Hans-Otto Wilhelm Gert Willner
Bernd Wilz
Willy Wimmer Matthias Wissmann
Simon Wittmann
Dagmar Wöhrl Michael Wonneberger
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach Cornelia Yzer Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller
F.D.P.
Ina Albowitz
Dr. Gisela Babel
Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van Essen
Ich weise darauf hin, daß zu diesem Tagesordnungspunkt Erklärungen zur Abstimmung von der Kollegin Diemers *) und den Kollegen Dörflinger * * ) und Regenspurger * * *) vorliegen.
Dritte Beratung
und Schlußabstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes auf Drucksachen 13/4612 und 13/5107. Die Fraktion der SPD verlangt wiederum namentliche Abstimmung. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
*) Anlage 4
**) Anlage 5
***) Anlage 6
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall.
Ich schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben.*) -
Wir setzen jetzt, wenn Ruhe eingekehrt ist, die Abstimmungen fort.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir treten jetzt in die nächste namentliche Abstimmung ein.
- Können sich die Mitglieder der PDS und natürlich auch andere Mitglieder des Hauses hinsetzen?Wir kommen zurdritten Beratungund Schlußabstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Beitragsentlastungsgesetzes, Drucksachen 13/ 4615 und 13/5099. Auch hier verlangt die SPD namentliche Abstimmung. Ich frage, ob alle Urnen besetzt sind. - Das ist der Fall.Ich eröffne die Abstimmung. -Meine Kolleginnen und Kollegen, es häufen sich die Fragen, ob dies die letzte namentliche Abstimmung sei. Dazu muß ich sagen: Erstens kann man das nie wissen, weil immer noch Anträge gestellt werden können, und zweitens gibt es auch sonst noch interessante Abstimmungen. Ich würde also nicht empfehlen, den Raum zu verlassen.Darf ich fragen, ob noch ein Mitglied des Hauses anwesend ist, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat. - Ich möchte die Kollegen mit einigem Nachdruck bitten, das zu tun.Ist tatsächlich noch irgend jemand im Raum, der seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis gebe ich später bekannt * *). Ich bedanke mich bei den Schriftführerinnen und Schriftführern für ihre Tätigkeit in dieser Hektik.Darf ich Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen. - Es tut mir leid, die Abstimmung ist geschlossen.Darf ich auch die Kollegen von der SPD-Fraktion und vom Bündnis 90/Die Grünen bitten, ihre Plätze einzunehmen.*) Seite 10620A **) Seite 10623 ADr. Olaf FeldmannGisela Frick Paul K. FriedhoffHorst Friedrich Rainer FunkeHans-Dietrich GenscherDr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Helmut HaussmannUlrich Heinrich Walter Hirche Birgit HomburgerDr. Werner HoyerUlrich IrmerDetlef Kleinert Roland KohnJürgen KoppelinDr.-Ing. Karl-Hans Laermam Dr. Otto Graf LambsdorffUwe LührJürgen W. Möllemann Günther Friedrich NoltingDr. Rainer OrtlebLisa Peters Dr. Klaus RöhlHelmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkDr. Wolfgang Weng
Dr. Guido WesterwelleEnthaltenSPDAngelika Graf Gudrun Schaich-Walch Erika SimmUte Vogt
F.D.P.Sabine LeutheusserSchnarrenbergerVizepräsident Dr. Burkhard HirschIch gebe zunächst das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., Entwurf eines arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung , Drucksachen 13/ 4612 und 13/5107, bekannt. Abgegebene Stimmen: 639, mit Ja haben gestimmt: 325, mit Nein haben gestimmt: 314, keine Enthaltung. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 639 davonja: 326nein: 313JaCDU/CSUUlrich AdamPeter AltmaierAnneliese Augustin Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter BastenDr. Wolf BauerBrigitte Baumeister Meinrad BelleDr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor Blank Renate BlankDr. Heribert Blens Peter BleserDr. Norbert Blüm Friedrich BohlDr. Maria Böhmer Jochen BorchertWolfgang Börnsen Wolfgang BosbachDr. Wolfgang Bötsch Klaus BrähmigRudolf Braun Paul BreuerMonika Brudlewsky Georg Brunnhuber Hartmut Büttner
Dankward BuwittManfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel Hubert DeittertGertrud Dempwolf Albert DeßRenate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjürgen Doss Dr. Alfred Dregger Maria EichhornWolfgang Engelmann Rainer Eppelmann Heinz Dieter EßmannHorst Eylmann Anke Eymer Ilse FalkJochen Feilcke Dr. Karl H. Fell Ulf FinkDirk Fischer Klaus Francke (Hamburg) Herbert FrankenhauserDr. Gerhard FriedrichErich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger Norbert GeisDr. Heiner Geißler Michael Glos Wilma GlücklichDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerJoachim Gres Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred GrundHorst Günther Carl-Detlev Freiherr vonHammersteinGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtOtto Hauser Hansgeorg Hauser
Helmut Heiderich Manfred HeiseDr. Renate HellwigPeter HintzeJosef HollerithDr. Karl-Heinz Hornhues Joachim HörsterHubert Hüppe Peter Jacoby Susanne Jaffke Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer JorkMichael Jung Ulrich JunghannsDr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus KalbSteffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard KarwatzkiVolker Kauder Peter KellerEckart von Klaeden Dr. Bernd Klaußner Hans Klein Ulrich KlinkertHans-Ulrich Köhler
Manfred KolbeNorbert Königshofen Eva-Maria KorsHartmut Koschyk Manfred Koslowski Thomas Kossendey Rudolf KrausWolfgang Krause Andreas Krautscheid Arnulf KriednerHeinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul Krüger Reiner KrziskewitzDr. Hermann Kues Werner KuhnDr. Karl A. Lamers
Karl LamersDr. Norbert Lammert Helmut LampArmin LaschetHerbert Lattmann Dr. Paul LaufsKarl-Josef Laumann Werner Lensing Christian Lenzer Peter LetzgusEditha Limbach Walter Link Eduard LintnerDr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven
Sigrun LöwischHeinrich Lummer Dr. Michael Luther Dr. Dietrich Mahlo Erwin Marschewski Günter MartenDr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich MerzRudolf Meyer Hans Michelbach Meinolf MichelsDr. Gerd MüllerElmar Müller Engelbert NelleBernd Neumann Johannes NitschClaudia NolteDr. Rolf Olderog Friedhelm OstEduard Oswald Norbert Otto Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch Ulrich PetzoldAnton PfeiferAngelika Pfeiffer Dr. Gero PfennigDr. Friedbert Pflüger Beatrix PhilippDr. Winfried Pinger Ronald PofallaDr. Hermann Pohler Ruprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner Dieter Pützhofen Thomas RachelHans RaidelDr. Peter Ramsauer Rolf RauHelmut RauberPeter Harald Rauen Otto RegenspurgerChrista Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz Erika ReinhardtHans-Peter Repnik Roland RichterRoland Richwien Dr. Norbert RiederDr. Erich Riedl Klaus RiegertFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith Adolf Roth Norbert RöttgenDr. Christian Ruck Volker RüheDr. Jürgen Rüttgers Roland Sauer Ortrun SchätzleDr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard ScheuNorbert Schindler Dietmar SchleeUlrich SchmalzBernd Schmidbauer Christian Schmidt Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Michael von Schmude Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr vonSchorlemerDr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff Dr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian SchwarzSchillingWilhelm Josef Sebastian Horst SeehoferWilfried SeibelHeinz-Georg Seiffert Rudolf SeitersVizepräsident Dr. Burkhard HirschJohannes Selle Bernd SiebertJürgen SikoraJohannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika SteinbachDr. Wolfgang Freiherr vonStettenDr. Gerhard Stoltenberg Andreas StormMax Straubinger Matthäus Strebl Michael Stübgen Egon SussetDr. Rita Süssmuth Michael TeiserDr. Susanne TiemannDr. Klaus Töpfer Gottfried TrögerDr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall Wolfgang Vogt
Dr. Horst Waffenschmidt Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen WarnkeKersten WetzelHans-Otto Wilhelm Gert WillnerBernd WilzWilly Wimmer Matthias Wissmann Simon Wittmann
Dagmar Wöhrl Michael Wonneberger
Elke WülfingPeter Kurt Würzbach Cornelia YzerWolfgang Zeitlmann Wolfgang ZöllerF.D.P.Ina AlbowitzDr. Gisela Babel Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van EssenDr. Olaf Feldmann Gisela FrickPaul K. Friedhoff Horst Friedrich Rainer FunkeHans-Dietrich GenscherDr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Helmut Haussmann Ulrich HeinrichWalter HircheBirgit Homburger Dr. Werner Hoyer Ulrich IrmerDetlef Kleinert Roland KohnJürgen KoppelinDr.-Ing. Karl-Hans Laermann Dr. Otto Graf Lambsdorff Sabine LeutheusserSchnarrenberger Uwe LührJürgen W. Möllemann Günther Friedrich Nolting Dr. Rainer OrtlebLisa PetersDr. Klaus RöhlHelmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Carl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkDr. Wolfgang Weng
Dr. Guido WesterwelleNeinSPDBrigitte AdlerHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettKlaus BarthelIngrid Becker-Inglau Wolfgang BehrendtHans BergerHans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Rudolf BindigArne Börnsen Anni Brandt-ElsweierTilo BrauneDr. Eberhard Brecht Edelgard BulmahnUrsula BurchardtHans Martin BuryHans Büttner Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter ConradiDr. Herta Däubler-Gmelin Christel DeichmannKarl DillerDr. Marliese Dobberthien Peter DreßenRudolf DreßlerFreimut DuveLudwig EichPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeElke FernerLothar Fischer Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiDagmar FreitagAnke Fuchs
Katrin Fuchs
Arne FuhrmannMonika Ganseforth Norbert GanselKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserDr. Peter GlotzUwe GöllnerGünter Graf Angelika Graf (Rosenheim) Dieter GrasedieckAchim Großmann Karl Hermann Haack
Hans-Joachim HackerKlaus Hagemann Manfred Hampel Christel HanewinckelAlfred Hartenbach Dr. Liesel HartensteinKlaus HasenfratzDr. Ingomar HauchlerDieter Heistermann Reinhold Hemker Rolf HempelmannDr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Uwe HikschReinhold Hiller Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid HolzhüterEike Hovermann Lothar Ibrügger Barbara ImhofBrunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate JägerJann-Peter Janssen Ilse JanzDr. Uwe JensVolker Jung Sabine Kaspereit Susanne KastnerErnst Kastning Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich KloseDr. Hans-Hinrich Knaape Walter KolbowFritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart Kuhlwein Konrad Kunick Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster Werner Labsch Brigitte LangeDetlev von Larcher Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus LennartzDr. Elke Leonhard Klaus Lohmann Christa LörcherErika LotzDr. Christine Lucyga Dieter Maaß Winfried Mante Dorle MarxUlrike Mascher Christoph Matschie Ingrid Matthäus-Maier Heide Mattischeck Markus MeckelUlrike MehlHerbert Meißner Angelika MertensDr. Jürgen Meyer Ursula MoggSiegmar MosdorfMichael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith NiehuisDr. Rolf NieseDoris OdendahlGünter Oesinghaus Leyla OnurManfred OpelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht Papenroth Dr. Willfried Penner Dr. Martin PfaffGeorg Pfannenstein Dr. Eckhart PickJoachim PoßRudolf PurpsKarin Rehbock-Zureich Margot von Renesse Renate Rennebach Otto ReschkeBernd ReuterDr. Edelhert Richter Günter RixeReinhold RobbeGerhard Rübenkönig Dr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Dieter SchanzBernd ScheelenSiegfried Scheffler Horst SchildOtto SchilyDieter SchlotenGünter Schluckebier Horst Schmidbauer
Ulla Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt Dr. Emil SchnellWalter SchölerOttmar SchreinerGisela SchröterDr. Mathias Schubert Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz (Everswinkel)Volkmar Schultz Ilse SchumannDr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalLisa SeusterHorst SielaffErika SimmJohannes SingerDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland SorgeWolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto SpillerAntje-Marie Steen Ludwig StieglerVizepräsident Dr. Burkhard HirschDr. Peter Struck Joachim TappeJörg TaussDr. Bodo Teichmann Jella TeuchnerDr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser Franz ThönnesUta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried VerginGünter Verheugen Ute Vogt
Karsten D. Voigt Hans Georg WagnerHans WallowDr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit Gunter WeißgerberGert Weisskirchen Jochen WeltHildegard Wester Lydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Norbert Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter WiefelspützBerthold WittichDr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf Heidi WrightUta ZapfDr. Christoph Zöpel Peter ZumkleyBÜNDNIS 90 / DIE GRÜNENGila Altmann Elisabeth Altmann
Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Angelika Beer
Matthias Berninger Annelie Buntenbach Franziska Eichstädt-Bohlig Andrea Fischer Joseph Fischer (Frankfurt) Rita GrießhaberGerald HäfnerAntje Hermenau Kristin HeyneUlrike HöfkenDr. Manuel Kiper Monika KnocheDr. Angelika Köster-Loßack Steffi LemkeVera LengsfeldDr. Helmut Lippelt Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Christa NickelsEgbert Nitsch Cem ÖzdemirGerd PoppeSimone ProbstDr. Jürgen Rochlitz Halo SaiboldChristine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo SchlauchAlbert Schmidt Wolfgang Schmitt
Ursula Schönberger Waltraud Schoppe
Werner Schulz Marina Steindor Christian Sterzing Manfred SuchDr. Antje Vollmer Ludger VolmerHelmut Wilhelm Margareta Wolf (Frankfurt)F.D.P.Dr. Burkhard HirschPDSWolfgang Bierstedt Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-Schröter Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Ludwig ElmDr. Dagmar EnkelmannDr. Ruth Fuchs Dr. Gregor Gysi Hanns-Peter HartmannDr. Uwe-Jens HeuerDr. Barbara Höll Gerhard JüttemannDr. Heidi Knake-Werner Rolf KöhneRolf Kutzmutz Dr. Christa Luft Heidemarie LüthManfred Müller Rosei NeuhäuserDr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen WarnickDr. Winfried WolfGerhard ZwerenzWir treten in die Abstimmung über den von der Gruppe der PDS eingebrachten Antrag zum Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes ein, in Drucksache 13/5086. Wer diesem Antrag zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Gruppe der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.
Eine Zustimmung von Bündnis 90/Die Grünen. Das ändert aber nichts am Ergebnis.Eine Abstimmung über die Entschließungsanträge zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, Tagesordnungspunkt 16a, kann heute nicht erfolgen, da die dritte Beratung und Schlußabstimmung wegen der Annahme des Änderungsantrages und der Fristeinrede nicht durchgeführt wurden.Wir kommen damit zu den Entschließungsanträgen zum Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz, Tagesordnungspunkt 16c.Wir beginnen mit der Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/5122. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt worden ist.Wir treten in die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/5123 ein. Wer für diesen Entschließungsantrag der Gruppe der PDS stimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Antrag mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Gruppe der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt wordenist.Wir kommen nun zu den Entschließungsanträgen zum Beitragsentlastungsgesetz, Tagesordnungspunkt 16f.Abstimmung über den Entschließungsantrag der SPD auf Drucksache 13/5124. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß der Antrag mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen bei Stimmenthaltung der Gruppe der PDS abgelehnt worden ist.Wir treten in die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 13/5127 ein. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen des übrigen Hauses abgelehnt worden ist.Dann treten wir in die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/5128 ein. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen! - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Gruppe der PDS und der Fraktion Bündnis 90/DieVizepräsident Dr. Burkhard HirschGrünen bei Stimmenthaltung in der Fraktion der SPD abgelehnt worden ist.Dann stimmen wir über den Entschließungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/5129 ab. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen! - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Gruppe der PDS und einer Stimme aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltungen im übrigen abgelehnt worden ist.Jetzt gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. - Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung -, Drucksachen 13/4615, 13/5099, bekannt. Abgegebene Stimmen: 638. Mit Ja haben gestimmt 326, mit Nein 312; keine Enthaltung.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 638 davonja: 326nein: 312JaCDU/CSUUlrich AdamPeter AltmaierAnneliese Augustin Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter BastenDr. Wolf BauerBrigitte Baumeister Meinrad BelleDr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor Blank Renate BlankDr. Heribert Blens Peter BleserDr. Norbert Blüm Friedrich BohlDr. Maria Böhmer Jochen BorchertWolfgang Börnsen Dr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigRudolf Braun Paul BreuerMonika Brudlewsky Georg Brunnhuber Hartmut Büttner
Dankward BuwittManfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel Hubert DeittertGertrud DempwolfAlbert DeßRenate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjürgen Doss Dr. Alfred Dregger Maria EichhornWolfgang Engelmann Rainer Eppelmann Heinz Dieter EßmannHorst Eylmann Anke EymerIlse FalkJochen Feilcke Dr. Karl H. Fell Ulf FinkDirk Fischer Klaus Francke (Hamburg) Herbert FrankenhauserDr. Gerhard FriedrichErich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger Norbert GeisDr. Heiner Geißler Michael GlosWilma GlücklichDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang Götzer Joachim Gres Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred GrundHorst Günther Carl-Detlev Freiherr vonHammersteinGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtOtto Hauser Hansgeorg Hauser
Helmut Heiderich Manfred Heise
Dr. Renate Hellwig Peter HintzeJosef Hollerith Dr. Karl-Heinz Hornhues Joachim HörsterHubert Hüppe Peter JacobySusanne Jaffke Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer JorkMichael Jung Ulrich JunghannsDr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus KalbSteffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard KarwatzkiVolker Kauder Peter KellerEckart von KlaedenDr. Bernd KlaußnerHans Klein Ulrich Klinkert Hans-Ulrich Köhler
Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Manfred Koslowski Thomas Kossendey
Rudolf KrausWolfgang Krause Andreas Krautscheid Arnulf Kriedner Heinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul KrügerReiner KrziskewitzDr. Hermann Kues Werner KuhnDr. Karl A. Lamers
Karl Lamers
Dr. Norbert Lammert Helmut LampArmin Laschet Herbert Lattmann Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Werner Lensing Christian Lenzer Peter Letzgus Editha LimbachWalter Link Eduard LintnerDr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven Sigrun Löwisch Heinrich Lummer Dr. Michael Luther
Dr. Dietrich Mahlo Erwin MarschewskiGünter Marten Dr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg Rudolf Meinl
Dr. Michael MeisterDr. Angela Merkel Friedrich MerzRudolf Meyer Hans Michelbach Meinolf MichelsDr. Gerd MüllerElmar Müller Engelbert NelleBernd Neumann Johannes NitschClaudia NolteDr. Rolf OlderogFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch Ulrich PetzoldAnton PfeiferAngelika Pfeiffer Dr. Gero PfennigDr. Friedbert Pflüger Beatrix PhilippDr. Winfried Pinger Ronald PofallaDr. Hermann Pohler Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner Dieter Pützhofen Thomas RachelHans RaidelDr. Peter Ramsauer Rolf RauHelmut RauberPeter Harald Rauen Otto RegenspurgerChrista Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz Erika ReinhardtHans-Peter Repnik Roland RichterRoland Richwien Dr. Norbert RiederDr. Erich Riedl Klaus RiegertFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith Adolf Roth Norbert RöttgenDr. Christian Ruck Volker RüheDr. Jürgen Rüttgers Roland Sauer Ortrun SchätzleDr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard ScheuNorbert Schindler Dietmar SchleeUlrich SchmalzBernd Schmidbauer Christian Schmidt Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Vizepräsident Dr. Burkhard HirschMichael von SchmudeBirgit Schnieber-JastramDr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr vonSchorlemerDr. Erika Schuchardt Wolfgang SchulhoffDr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian SchwarzSchillingWilhelm Josef Sebastian Horst SeehoferWilfried Seibel Heinz-Georg SeiffertRudolf Seiters Johannes Selle Bernd Siebert Jürgen SikoraJohannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika SteinbachDr. Wolfgang Freiherr vonStettenDr. Gerhard Stoltenberg Andreas StormMax Straubinger Matthäus Strebl Michael Stübgen Egon SussetDr. Rita Süssmuth Michael TeiserDr. Susanne TiemannDr. Klaus Töpfer Gottfried TrögerDr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall Wolfgang Vogt
Dr. Horst Waffenschmidt Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen WarnkeKersten WetzelHans-Otto Wilhelm Gert WillnerBernd WilzWilly Wimmer Matthias WissmannSimon Wittmann
Dagmar Wöhrl Michael Wonneberger
Elke WülfingPeter Kurt Würzbach Cornelia Yzer Wolfgang Zeitlmann Wolfgang ZöllerF.D.P.Ina AlbowitzDr. Gisela Babel Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van EssenDr. Olaf Feldmann Gisela FrickPaul K. FriedhoffHorst FriedrichRainer FunkeHans-Dietrich Genscher Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Helmut Haussmann Ulrich HeinrichWalter HircheDr. Burkhard HirschBirgit HomburgerDr. Werner HoyerUlrich IrmerDetlef Kleinert Roland KohnJürgen KoppelinDr.-Ing. Karl-Hans Laermann Dr. Otto Graf Lambsdorff Sabine LeutheusserSchnarrenbergerUwe LührJürgen W. Möllemann Günther Friedrich Nolting Dr. Rainer OrtlebLisa PetersDr. Klaus RöhlHelmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkDr. Wolfgang Weng
Dr. Guido WesterwelleNeinCDU/CSUWolfgang BosbachSPDBrigitte AdlerHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettKlaus BarthelIngrid Becker-Inglau Wolfgang BehrendtHans BergerHans-Werner BertlFriedhelm Julius Beucher Rudolf BindigArne Börnsen Anni Brandt-ElsweierTilo BrauneDr. Eberhard Brecht Edelgard BulmahnUrsula BurchardtHans Martin BuryHans Büttner Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter ConradiDr. Herta Däubler-Gmelin Christel DeichmannKarl DillerDr. Marliese DobberthienPeter DreßenRudolf Dreßler Freimut DuveLudwig EichPeter EndersGernot ErlerPetra Ernstberger Annette FaßeElke FernerLothar Fischer Gabriele FograscherIris FollakNorbert Formanski Dagmar Freitag Anke Fuchs Katrin Fuchs (Verl) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Norbert Gansel Konrad GilgesIris GleickeGünter Gloser Dr. Peter Glotz Uwe GöllnerGünter Graf Angelika Graf (Rosenheim) Dieter GrasedieckAchim Großmann Karl Hermann Haack
Hans-Joachim HackerKlaus Hagemann Manfred Hampel Christel HanewinckelAlfred Hartenbach Dr. Liesel HartensteinKlaus HasenfratzDr. Ingomar HauchlerDieter Heistermann Reinhold Hemker Rolf HempelmannDr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Uwe HikschReinhold Hiller Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid HolzhüterEike Hovermann Lothar Ibrügger Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate JägerJann-Peter Janssen Ilse JanzDr. Uwe JensVolker Jung Sabine Kaspereit Susanne KastnerErnst Kastning Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich KloseDr. Hans-Hinrich Knaape Walter KolbowFritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart KuhlweinKonrad Kunick Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster Werner Labsch Brigitte Lange Detlev von LarcherWaltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke LeonhardKlaus Lohmann Christa LörcherErika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß Winfried Mante Dorle MarxUlrike Mascher Christoph MatschieIngrid Matthäus-Maier Heide MattischeckMarkus Meckel Ulrike MehlHerbert Meißner Angelika MertensDr. Jürgen Meyer Ursula MoggSiegmar MosdorfMichael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith NiehuisDr. Rolf Niese Doris Odendahl Günter OesinghausLeyla OnurManfred Opel Adolf Ostertag Kurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin Pfaff Georg PfannensteinDr. Eckhart Pick Joachim PoßRudolf PurpsKarin Rehbock-Zureich Margot von RenesseRenate RennebachOtto Reschke Bernd Reuter Dr. Edelbert RichterGünter RixeReinhold Robbe Gerhard RübenkönigDr. Hansjörg Schäfer Gudrun Schaich-Walch Dieter SchanzBernd Scheelen Siegfried SchefflerHorst SchildOtto SchilyDieter Schloten Günter SchluckebierHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Dr. Emil Schnell Walter Schöler Ottmar SchreinerVizepräsident Dr. Burkhard HirschGisela SchröterDr. Mathias Schubert Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz
Volkmar Schultz (Köln)
Ilse SchumannDr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst SchwanholdRolf Schwanitz Bodo Seidenthal Lisa SeusterHorst SielaffErika SimmJohannes SingerDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto Spiller Antje-Marie SteenLudwig Stiegler Dr. Peter Struck Joachim Tappe Jörg TaussDr. Bodo TeichmannJella TeuchnerDr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser Franz ThönnesUta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried VerginGünter VerheugenUte Vogt
Karsten D. Voigt Hans Georg WagnerHans WallowDr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit Gunter WeißgerberGert Weisskirchen Jochen WeltHildegard Wester Lydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Norbert Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter WiefelspützBerthold WittichDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Heidi Wright Uta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90 / DIE GRÜNENGila Altmann Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)Marieluise Beck Volker Beck (Köln) Matthias Berninger Annelie Buntenbach Franziska Eichstädt-Bohlig Andrea Fischer (Berlin) Joseph Fischer (Frankfurt) Rita GrießhaberGerald Häfner Antje Hermenau Kristin Heyne Ulrike Höfken Dr. Manuel Kiper Monika KnocheDr. Angelika Köster-Loßack Steffi LemkeVera LengsfeldDr. Helmut Lippelt Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Christa NickelsEgbert Nitsch Cem ÖzdemirGerd PoppeSimone ProbstDr. Jürgen Rochlitz Halo SaiboldChristine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo SchlauchAlbert Schmidt Wolfgang Schmitt
Ursula Schönberger Waltraud Schoppe
Werner Schulz Marina Steindor Christian Sterzing Manfred SuchDr. Antje Vollmer Ludger VolmerHelmut Wilhelm Margareta Wolf (Frankfurt)PDSWolfgang Bierstedt Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-Schröter Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Ludwig ElmDr. Dagmar EnkelmannDr. Ruth Fuchs Dr. Gregor Gysi Hanns-Peter HartmannDr. Uwe-Jens HeuerDr. Barbara Höll Gerhard JüttemannDr. Heidi Knake-Werner Rolf KöhneRolf Kutzmutz Dr. Christa Luft Heidemarie LüthManfred Müller Rosel NeuhäuserDr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen WarnickDr. Winfried WolfGerhard ZwerenzDer Gesetzentwurf ist damit angenommen.
Dann rufe ich den Zusatzpunkt 8 auf:Weitere abschließende Beratungen ohne AusspracheEs handelt sich um die Beschlußfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.Wir kommen zu den Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses, zunächst zu Zusatzpunkt 8 a:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 114 zu Petitionen- Drucksache 13/5101 –Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß die Sammelübersicht 114 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der SPD bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der Gruppe der PDS angenommen worden ist.Wir kommen zu Zusatzpunkt 8 b:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 130 zu Petitionen- Drucksache 13/5102 –Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß die Sammelübersicht mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltungen im übrigen angenommen worden ist.Wir kommen zu Zusatzpunkt 8 c:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 131 zu Petitionen- Drucksache 13/5103 -Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß die Sammelübersicht mit derselben Stimmenmehrheit angenommen worden ist.
Metadaten/Kopzeile:
10626 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Juni 1996
Vizepräsident Dr. Burkhard HirschWir kommen zu Zusatzpunkt 8 d:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 132 zu Petitionen - Drucksache 13/5104 -Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß die Sammelübersicht mit derselben Stimmenmehrheit angenommen worden ist.Wir kommen zu Zusatzpunkt 8 e:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 133 zu Petitionen - Drucksache 13/5105 -Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß auch diese Sammelübersicht mit derselben Stimmenmehrheit angenommen worden ist.Wir kommen zu Zusatzpunkt 8 f:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses
Sammelübersicht 134 zu Petitionen - Drucksache 13/5106 -Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann stelle ich fest, daß die Sammelübersicht bei Stimmenthaltungen aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Gruppe der PDS angenommen worden ist.Ich rufe nun den Zusatzpunkt 9 a bis c auf.Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprachea) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der FinanzenEinwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Wohnsiedlung Hügelstraße in Frankfurt am Main- Drucksachen 13/4711, 13/5113 -Berichterstattung:Abgeordnete Karl DillerSusanne JaffkeOswald MetzgerDr. Wolfgang Weng
b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der FinanzenEinwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Edwards-Wohnsiedlung in Frankfurt am Main- Drucksachen 13/4751, 13/5114 -Berichterstattung:Abgeordnete Karl DillerSusanne JaffkeOswald MetzgerDr. Wolfgang Weng
c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der FinanzenEinwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Wohnsiedlung Platenstraße in Frankfurt am Main- Drucksachen 13/4752, 13/5115 -Berichterstattung:Abgeordnete Karl Diller Susanne JaffkeOswald MetzgerDr. Wolf Weng
Es handelt sich um die Beschlußfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.Es liegen drei Beschlußempfehlungen des Haushaltsausschusses zur Veräußerung bundeseigener Liegenschaften ehemaliger US-Wohnsiedlungen in Frankfurt am Main vor. Wer für diese drei Beschlußempfehlungen stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß diese Beschlußempfehlungen einstimmig angenommen worden sind.Die Ergebnisse aller namentlichen Abstimmungen sind bereits bekanntgegeben worden.Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung.Vizepräsident Dr. Burkhard HirschAuf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. berufe ich den Deutschen Bundestag gemäß Art. 39 Abs. 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 21 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung auf Dienstag, den 9. Juli 1996, 12 Uhr ein.Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schwierige Wochen hinter uns. Trotz mancher persönlichen Härten bin ich ganz sicher, daß keiner von Ihnen wirklich persönlich gemeint war, wenn wir uns manchmal von Emotionen haben hinreißen lassen, wie das nicht anders sein kann, wenn man politisch engagiert ist.Ich möchte Ihnen danken und wünsche Ihnen bis zum 9. Juli eine angemessene Erholung.Ich schließe die Sitzung.