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ID1311703600

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    Plenarprotokoll 13/117 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 117. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Juni 1996 Inhalt: Begrüßung des Parlamentspräsidenten der Republik Ghana, Daniel Francis Annan . 10588 C Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 9. September 1996 10549A Erweiterung der Tagesordnung 10549B Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksachen 13/4610, 13/5088, 13/5108, 13/5094, 13/5112) 10549 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 13/4814, 13/4987, 13/ 5088, 13/5108, 13/5094, 13/5112) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunftsfähigkeit durch sozialstaatliche Innovationen gewinnen zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Rentenmoratorium 1996 (Drucksachen 13/4674, 13/3737, 13/5088, 13/5108) 10549C b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz) (Drucksachen 13/4611, 13/5089, 13/5108, 13/5095) . 10549D c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksachen 13/4612, 13/5107) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Arbeitsrechtliche Reformen als Baustein zur Neugestaltung der Arbeit (Drucksachen 13/4672, 13/5107) . . . 10550A d) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Drucksachen 13/4613, 13/5074) 10550B e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Drucksachen 13/4614, 13/5072) 10550 C f) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz) (Drucksachen 13/4615, 13/5099) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das solidarische Gesundheitswesen für die Zukunft sichern (Drucksachen 13/4675, 13/5099) 10550 C g) Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Brigitte Adler sowie weiterer Abgeordneter: Rechtliche Rahmenbedingungen der Altersversorgung und Erwerbstätigkeit von Frauen (Drucksache 13/4986) 10550 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Gruppe der PDS: Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes und der arbeits- und sozialrechtliche Teil des Programms der Bundesregierung für mehr Wachstum und Beschäftigung (Drucksache 13/5086) 10551A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 10551 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10556 A Dr. Peter Struck SPD (zur GO) . 10561D, 10614B Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 10562 A Günter Verheugen SPD 10565 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10566 A Dr. Hermann Otto Sohns F.D.P. . 10568 D, 10573 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10570B Dr. Barbara Hendricks SPD 10572 D Dr. Gregor Gysi PDS 10573 B, 10580 C Michael Glos CDU/CSU . . . 10575 D, 10580 B Dr. Barbara Höll PDS 10579 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10580 A, 10597 D Rudolf Dreßler SPD 10581 A Dr. Gisela Babel F.D.P 10585 B, 10590 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10588 D Jörg Tauss SPD 10590 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 10591 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10592 C, 10598 A Margot von Renesse SPD 10597 A Petra Bläss PDS 10597 C, 10609 D Ulrike Mascher SPD 10599 C, 10603 B Christel Hanewinckel SPD 10602 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 10603A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10603 D Dr. Ruth Fuchs PDS 10605 B Herbert Lattmann CDU/CSU 10605 D Ottmar Schreiner SPD 10607 C Joachim Hörster CDU/CSU (zur GO) . 10614 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (zur GO) 10614 C Jörg van Essen F.D.P. (zur GO) 10614 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS (zur GO) . 10615 A Namentliche Abstimmungen . . 10611 A, 10616 A, 10619C, D Ergebnisse . . . 10611 B, 10617 A, 10620 A, 10623 A Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 10564 B Vizepräsident Hans-Ulrich Klose . . . 10579 D Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer . . 10603 C Zusatztagesordnungspunkt 8: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a) bis f) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 114, 130, 131, 132, 133 und 134 zu Petitionen (Drucksachen 13/5101, 13/5102, 13/5103, 13/5104, 13/5105, 13/5106) 10625 C Zusatztagesordnungspunkt 9: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Wohnsiedlung Hügelstraße in Frankfurt am Main (Drucksachen 13/4711, 13/5113) 10626 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Edwards-Wohnsiedlung in Frankfurt am Main (Drucksachen 13/4751, 13/5114) 10626 C c) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der ehemaligen US-Wohnsiedlung Platenstraße in Frankfurt am Main (Drucksachen 13/4752, 13/5115) 10626 C Nächste Sitzung 10627 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10629* A Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Hans Berger, Arne Börnsen (Ritterhude), Tilo Braune, Alfred Hartenbach, Gerd Höfer, Erwin Horn, Barbara Imhof, Hans-Ulrich Klose, Werner Labsch, Dr. Christine Lucyga, Rudolf Purps, Hermann Rappe (Hildesheim), Reinhold Robbe, Gerhard Rübenkönig, Dr. Emil Schnell und Peter Zumkley (alle SPD) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes 10629* B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 16 a bis g (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, Zweites Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz, Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz u. a.) Waltraud Lehn SPD 10629* C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Diemers (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetze im Rahmen des Programms „Für mehr Wachstum und Beschäftigung" (Tagesordnungspunkt 16) 10630* D Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Otto Regenspurger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Tagesordnungspunkt 16d) 10631 * A Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Werner Dörflinger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Tagesordnungspunkt 16f) 10631* B Anlage 7 Amtliche Mitteilungen 10631* C 117. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Juni 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt his einschließlich Antretter, Robert SPD 28.6. 96 * Behrendt, Wolfgang SPD 28. 6. 96 * Blunck, Lilo SPD 28. 6. 96 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28. 6. 96 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 28. 6. 96 Gysi, Andrea PDS 28. 6. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 28. 6. 96 Jelpke, Ulla PDS 28. 6. 96 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 28. 6. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 28. 6. 96 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 28. 6. 96 Dr. Maleuda, Günther PDS 28.6. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 28. 6. 96 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 28. 6. 96 Scharping, Rudolf SPD 28. 6. 96 Dr. Scheer, Hermann SPD 28. 6. 96 * Dr. Schwaetzer, F.D.P. 28. 6. 96 Irmgard Terborg, Margitta SPD 28. 6. 96 * Vosen, Josef SPD 28. 6. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 28. 6. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 28. 6. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Hans Berger, Arne Börnsen (Ritterhude), Tilo Braune, Alfred Hartenbach, Gerd Höfer, Erwin Horn, Barbara Imhof, Hans-Ulrich Klose, Werner Labsch, Dr. Christine Lucyga, Rudolf Purps, Hermann Rappe (Hildesheim), Reinhold Robbe, Gerhard Rübenkönig, Dr. Emil Schnell und Peter Zumkley (alle SPD) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes - Drucksachen 13/3104 und 13/4527 Nr. 2 - am 9. Mai 1996e): Wir erklären, daß wir dem Gesetzentwurf zugestimmt haben. *) Vergleiche Plenarprotokoll 13/104, Seite 9116B, C. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 16a bis g (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, Zweites Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Wachstum- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz, Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz u. a.) Waltraud Lehn (SPD): Was uns ausgerechnet der für Gesundheit zuständige Minister hier vorlegt, läßt sich auch so beschreiben: „G" wie „Gnadenlose Klientelpolitik", „I" wie „Ignoranz der Proteste Hunderttausender", „F" wie „Folgenschwere Flickschusterei" , „T" wie „Tiefschlag gegen soziale Gerechtigkeit", mit einem Wort: Gift! Dieses Gift stammt aus der Küche des Herrn Kohl. Die Zutaten wurden von der F.D.P. geliefert, zusammengeführt haben sie die Giftköche Blüm und Seehofer, und heute entscheidet sich, wer das Gift unters Volk bringen wird. Eines ist allerdings sicher: Die SPD wird es nicht sein! Der Hartnäckigkeit der SPD ist es bereits zu verdanken, daß den Sozialhilfeempfängern die Giftpille, die die Bundesregierung für sie vorgesehen hatte, erspart bleibt. Zwar ist aus ihr auch keine wohlschmeckende Medizin geworden, aber ihre toxische Wirkung konnte wenigstens neutralisiert werden. Die unsozialen und ungerechten Vorstellungen der Bundesregierung zur Sozialhilfe konnten sich im Vermittlungsausschuß nicht durchsetzen. Es ist der SPD gelungen, zwar nicht ihre gesamten Vorstellungen durchzusetzen, aber gravierende Verbesserungen gegenüber dem Gesetzentwurf der Regierungskoalition konnten erreicht werden. Mit der Verhinderung der von der Bundesregierung für 1997 vorgesehenen Nullrunde und der Verhinderung eines fünfzehnprozentigen Abstandgebotes zwischen Sozialhilfe und Nettolöhnen konnten wir einen weiteren Stein aus dem unsozialen Kürzungsmosaik der Bundesregierung herausbrechen. Heute beraten wir das zwölfte Sparpaket in der Regierungszeit Kohl. Die Verfallszeiten der Kabinettsbeschlüsse werden immer kürzer. Die Arbeitsweise wird immer hektischer, die Ergebnisse immer mangelhafter, und die Verläßlichkeit und Berechenbarkeit dieser Bundesregierung nimmt immer weiter ab. Nach einer völlig überzogenen Mißbrauchsdebatte - also nach der Phase des Giftschleuderns - kommt jetzt der Angriff auf den Sozialstaat im Kern. Einen Hauptbestandteil zum Giftpaket der Bundesregierung hat Bundesgesundheitsminister Seehofer mit dem Beitragsentlastungsgesetz geliefert. Sein Gesetzentwurf ist ein reines Leistungskürzungsgesetz. Mit seiner unsozialen Belastung des einzelnen Kranken fügt er sich aber nahtlos in das Gesamtwerk dieser Bundesregierung ein. Sie verfolgt unter dem Deckmantel des Sparens nur ein Ziel wirklich ernsthaft: den Sozialabbau. Dafür kündigt sie den überparteilichen Sozialstaat-Konsens einseitig auf. Krankheit soll nicht mehr als ein Lebensrisiko von der Solidargemeinschaft abgesichert werden. Nein, zukünftig soll es ein individuelles Schicksal sein, mit dem der einzelne nach seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten selbst fertigwerden muß. Leistungskürzungen, -ausgrenzungen und Zuzahlungen belasten schon heute vor allem schwer oder chronisch Kranke und sind sozial völlig unausgewogen. Die von Bundesgesundheitsminister Seehofer jetzt geplanten weiteren Belastungen für die Versicherten werden jeden Arbeitnehmer/jede Arbeitnehmerin teuer zu stehen kommen, übrigens die durchschnittlich verdienenden am teuersten. Was soll denn nun eigentlich passieren? Die Erhöhung der Zuzahlung bei Arzneimitteln um jeweils 1 DM schafft einen giftigen Vorgeschmack für den, der Medikamente selten braucht. Speiübel wird dem, der viele Medikamente einnehmen muß. Die lange Wirkungszeit von Gift zeigt sich im Wegfall der Zuschüsse für ein Brillengestell: Was mit Zuzahlung beginnt, endet bei dieser Bundesregierung mit Leistungsausgrenzung. In diese Kategorie fällt auch die Streichung des Zuschusses für Versicherte unter 19 Jahren für Zahnersatz - und zwar sein Leben lang. Lapidar verweisen die Gesundheitspolitiker der Koalition auf die Prophylaxe, die schließlich in der Verantwortung eines jeden selbst liege. Aber welche Verantwortung trägt eigentlich ein Kind für die Vernachlässigung der Zahngesundheit durch seine Eltern? Und wie soll man einem heute 17jährigen erklären, daß er zwar lebenslang für den 19jährigen über die solidarische Krankenversicherung zahlen soll, selber aber aus diesem Leistungsbereich niemals etwas in Anspruch nehmen kann? Das Ziel der F.D.P. und ihres Erfüllungsgehilfen Seehofer ist klar, hier geht es nicht so sehr um eine Einsparung im Gesundheitswesen, sondern dies ist der erste Schritt, den Zahnersatz langfristig ganz aus dem Leistungskatalog der GKV zu streichen. Daß dies für viele Menschen eine zahnlose Zukunft bedeutet, scheint ihn nicht zu stören. Eine besonders hohe Dosis schnellwirkender Giftbestandteile ist die vorgesehene Absenkung des Krankengeldes um 10 Prozent, die ein Einsparvolumen von jährlich zirka 2 Milliarden DM bringen soll. Hier wird der unsoziale Charakter der Streichungsorgie dieser Bundesregierung besonders deutlich. Zum einen werden ausschließlich schwerkranke Versicherte betroffen. Zum anderen wird der Leistungsanspruch willkürlich bei einer Leistung abgesenkt, bei der Mißbrauch ausgeschlossen ist - und bei der die Höhe des Anspruches erworben wurde durch die geleisteten Beitragszahlungen. Die Kürzungsvorschläge bei Kuren finden nach der Rasenmähermethode statt. Das heißt: Giftversprengen und mal sehen, wen es trifft. Bei Vorliegen einer medizinischen Indikation macht es keinen Sinn, die Kurdauer zu verkürzen, den Wiederholungsintervall zu verlängern, die Zuzahlung zu erhöhen oder eine Urlaubsanrechnung vorzunehmen. Bei der Streichliste der Gesundheitsförderung hat die Regierung inzwischen selbst den Rückzug angetreten. Trotzdem ist die Gesundheitsfürsorge damit noch nicht gerettet. Wichtige prophylaktische und begleitende Arbeit leisten nicht nur die Selbsthilfegruppen, sondern auch die betriebliche Gesundheitsförderung und die vielen Kooperationspartner der Krankenkassen, angefangen von den Sportvereinen bis zu den Volkshochschulen. Gerade die Sportvereine erfüllen - von vielen unbeachtet - in hervorragender Weise die Aufgabe der Gesundheitsförderung durch Sport. Im Jahr 1995 gab es zum Beispiel allein 4 000 ambulante Trainingsgruppen für Herzgeschädigte, in denen Patienten, die früher sechs Wochen untätig im Bett lagen, durch Sport erfolgreich rehabilitiert wurden. Wer aber die Eigenverantwortung propagiert, der darf die Voraussetzungen und die Unterstützung nicht einstellen. Bundesgesundheitsminister Seehofer beklagt finanzielle Defizite, wird nicht müde, Beitragsstabilität anzumahnen und begründet damit seine geplanten Leistungskürzungen für die Versicherten. Gleichzeitig beschließt die Bundesregierung aber rückwirkend zum 1. Januar 1995 ein Gesetz, das die ärztlichen Honorare um 840 Millionen DM anhebt. Aber damit nicht genug: Auch bei den Arzneimitteln gibt es Klientelpolitik der F.D.P. den Ton an. Auf der einen Seite wird von den Patienten eine höhere Zuzahlung für Arzneimittel verlangt, auf der anderen Seite wird die Positivliste für Arzneimittel gestrichen und zusätzlich noch die Festbetragsregelung in den Stufen I und II faktisch ausgehebelt. All das läuft auf eine Schwächung des Solidarpaktes hinaus. Dabei wäre es möglich und vor allem auch besser, Solidarität zu stärken, anstatt sie immer weiter abzubauen. Im Gegensatz dazu steht das Produkt aus der Kohl-schen Küche, das nur eine Bezeichnung verdient: Gift! „G" wie „gegen die Frauen", „gegen die Jugend", „gegen die Kranken", „gegen die Alten" und „gegen eine Zukunft der sozialen Sicherheit und des sozialen Friedens" , „I" wie „irreführend für die 6 Millionen Arbeitssuchenden, die ernsthaft auf Arbeitsplätze hoffen", „F" wie „folgenschwer für alle, die ernsthaft erkranken" , „T" wie „total versagend für eine zukünftige Weiterentwicklung des Gesundheitswesens". Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Diemers (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Gesetze im Rahmen des Programms „Für mehr Wachstum und Beschäftigung" (Tagesordnungspunkt 16) Ich stimme den Gesetzentwürfen zu, da ich die Intention und Wichtigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen und Eigenverantwortlichkeit zu stärken, ausdrücklich unterstütze. Meine Vorbehalte gegen Teile dieser Entwürfe, die verstärkt Frauen und Familien besonders nachteilig betreffen können, halte ich jedoch aufrecht. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Otto Regenspurger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Tagesordnungspunkt 16d) Ich werde nach sorgfältiger Prüfung dem Gesetzentwurf nicht zustimmen und mich der Stimme enthalten. Ich kann dem Gesetzentwurf deshalb nicht zustimmen, weil die Einschränkung der Bezügefortzahlung nach meiner Auffassung den tragenden und verfassungsfesten Grundsätzen des Berufsbeamtentums widerspricht. Das Alimentations- und das Lebenszeitprinzip bedeuten zwingend, daß Leistung und Gegenleistung sich nicht nach Zeitabschnitten sondern als Gesamtleistung gegenüberstehen. Es ist verfassungsrechtlich und politisch unzulässig, an den Bindungen des Beamten festzuhalten, die Rechtsstellung aber für frei disponibel zu erklären. Auch verstößt dieser Gesetzentwurf nach meiner Meinung gegen Artikel 3 GG. Ich werde den Gesetzentwurf allerdings auch nicht ablehnen, weil ich erst recht keine Bestrebungen unterstützen kann, die - entsprechend langfristiger Planungen von SPD und von Bündnis 90/Die Grünen - letztlich darauf hinauslaufen, das Beamtenverhältnis endgültig zu einem Arbeitnehmerverhältnis mit anderem Namen umzugestalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Werner Dörflinger (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Tagesordnungspunkt 16f) Die beiden Gesetze enthalten u. a. Vorschriften, die durch spürbare Einschnitte im Kurwesen zu einer Rückführung der Beiträge in der Rentenversicherung und in der Krankenversicherung beitragen sollen. Während ich die mit den Gesetzen angestrebten Einsparziele grundsätzlich für notwendig halte und von daher auch gesetzgeberischen Handlungsbedarf akzeptiere, befürchte ich vor dem Hintergrund der herausragenden Bedeutung des Kurwesens in meinem Wahlkreis negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere deswegen, weil alle vorgesehenen Maßnahmen zum gleichen Zeitpunkt greifen. Ich habe mich deswegen dafür eingesetzt, grundsätzlich an den Einsparmaßnahmen festzuhalten, sie aber vom Inkrafttreten her zeitlich so zu entzerren, daß den betroffenen Betrieben und Kurorten genügend Zeit bleibt, sich auf die neue Situation einzustellen und die beschäftigungspolitischen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, besonders im Reha-Bereich, wo zu den Einzelmaßnahmen die Budgetierung auf dem Stand des Jahres 1993 hinzukommt. Auch wenn ich mich mit diesen Vorschlägen nicht durchsetzen konnte, stimme ich den Gesetzen insgesamt zu, weil ich sie als Bestandteil der Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung für unverzichtbar halte. Anlage 7 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur strukturellen Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts - Drucksachen 11/3129, 13/725 Nr. 10 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1995/96 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/3016 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/3668 Nr. 1.12 Innenausschuß Drucksache 13/4514 Nr. 1.6 Drucksache 13/4514 Nr. 2.5 Rechtsausschuß Drucksache 13/218 Nr. 9 Drucksache 13/725 Nr. 50 Drucksache 13/1614 Nr. 1.3 Drucksache 13/3286 Nr. 2.1 Drucksache 13/4466 Nr. 1.1 Finanzausschuß Drucksache 13/4678 Nr. 2.49 Haushaltsausschuß Drucksache 13/4514 Nr. 2.27 Drucksache 13/4514 Nr. 2.43 Drucksache 13/4514 Nr. 2.45 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/3938 Nr. 2.33 Drucksache 13/4137 Nr. 2.29 Drucksache 13/4137 Nr. 2.50 Drucksache 13/4466 Nr. 2.9 Drucksache 13/4466 Nr. 2.11 Drucksache 13/4466 Nr. 2.13 Drucksache 13/4466 Nr. 2.14 Drucksache 13/4466 Nr. 2.15 Drucksache 13/4466 Nr. 2.16 Drucksache 13/4466 Nr. 2.17 Drucksache 13/4466 Nr. 2.19 Drucksache 13/4466 Nr. 2.23 Drucksache 13/4466 Nr. 2.25 Drucksache 13/4466 Nr. 2.27 Drucksache 13/4466 Nr. 2.34 Drucksache 13/4466 Nr. 2.35 Drucksache 13/4466 Nr. 2.41 Drucksache 13/4466 Nr. 2.43 Drucksache 13/4466 Nr. 2.62 Drucksache 13/4514 Nr. 2.48 Drucksache 13/4636 Nr. 3.2 Drucksache 13/4678 Nr. 2.24 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/3286 Nr. 2.21 Drucksache 13/3668 Nr. 2.17 Drucksache 13/3938 Nr. 1.1 Drucksache 13/3938 Nr. 2.3 Drucksache 13/3938 Nr. 2.8 Drucksache 13/3938 Nr. 2.10 Drucksache 13/4137 Nr. 2.21 Drucksache 13/4137 Nr. 2.26 Drucksache 13/4137 Nr. 2.31 Drucksache 13/4137 Nr. 2.34 Drucksache 13/4137 Nr. 2.41 Drucksache 13/4137 Nr. 2.42 Drucksache 13/4137 Nr. 2.53 Drucksache 13/4137 Nr. 2.64 Drucksache 13/4137 Nr. 2.68 Drucksache 13/4466 Nr. 2.30 Drucksache 13/4466 Nr. 2.39 Drucksache 13/4466 Nr. 2.47 Drucksache 13/4466 Nr. 2.60 Drucksache 13/4514 Nr. 2.3 Drucksache 13/4514 Nr. 2.9 Drucksache 13/4514 Nr. 2.38 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/4514 Nr. 2.15 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/4466 Nr. 2.7 Drucksache 13/4466 Nr. 2.38 Drucksache 13/4466 Nr. 2.46 Drucksache 13/4466 Nr. 2.56 Drucksache 13/4466 Nr. 2.58 Drucksache 13/4636 Nr. 2.4 Drucksache 13/4678 Nr. 2.46 Drucksache 13/4921 Nr. 2.22 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/2988 Nr. 1.25 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/614 Nr. 1.1 Drucksache 13/1442 Nr. 1.6 Drucksache 13/4137 Nr. 1.2 Drucksache 13/4466 Nr. 2.1 Drucksache 13/4466 Nr. 3.1
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    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Demokratie gehört auch, daß man viel erträgt und sich einen Klassenkämpfer anhören muß, der eigentlich sehr beschämend geredet hat. Die Kommunisten in der ehemaligen DDR haben Armut, Elend und Unfreiheit für alle bewirkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der PDS)

    Deswegen würde ich mich schämen, Herr Gysi, hier eine so klassenkämpferische Rede zu halten.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber Sie mögen doch neuerdings die Kommunisten! Die in Peking sind doch Ihre besten Freunde geworden!)

    Kommunisten wieder Macht über die deutsche Wirtschaft zu geben wäre genauso töricht, wie ausgerechnet einen Totengräber zum Geburtshelfer zu machen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zu den chinesischen Kommunisten!)

    Von Herrn Gysi bin ich aber überhaupt nicht enttäuscht, ich habe nichts anderes erwartet. Enttäuscht hat mich die Rede von Herrn Ministerpräsidenten Lafontaine. Er hat in der Sache keinerlei Vorschläge geboten. - Ich kann verstehen, verehrter Herr Fraktionsvorsitzender, daß er sich nach der Rede von Herrn Gysi erst einmal kurz erleichtern muß. - Dabei hatte ich doch sehr stark gehofft, daß Herr Lafontaine konkrete Vorschläge macht. Er hat nur Forderungen auf-

    Michael Glos
    gestellt, er hat keinerlei Finanzierungsvorschläge gemacht, er hat nur gefordert, daß wir unsere Sozialsysteme tragfähiger machen müssen. Er redet - selbstverständlich, wer will es ihm verwehren? - wie ein Ministerpräsident, der gewohnt ist, daß sein Haushalt alimentiert wird. Aber es gibt keine finanzielle Macht dieser Erde, die die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer finanziell alimentieren könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deswegen müssen wir unsere Volkswirtschaft wieder in Ordnung bringen. Noch gehört die deutsche Volkswirtschaft zu den leistungsfähigsten Volkswirtschaften in der ganzen Welt. Wir haben ein großes Potential an gut ausgebildeten, leistungsbereiten Menschen. Wir haben eine hervorragende Infrastruktur. Wir haben weltweite Handelsbeziehungen. Wir haben freien Zugang zu den Kapitalmärkten, und wir genießen vor allen Dingen noch Vertrauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wo ist Herr Lafontaine?)

    Tiefe Sorge macht mir die Tatsache, daß wir mehr als 4 Millionen Menschen in Deutschland haben, die Arbeit suchen und gerne arbeiten würden, denen aber gegenwärtig der Zugang zum Arbeitsmarkt offensichtlich verwehrt ist. Ich weiß, daß es kein Patentrezept zur Lösung dieses Problems gibt. Wir wollen, daß das gewaltige Potential unserer Volkswirtschaft, das zugedeckt ist, wieder freigesetzt wird. Wir müssen Abschied nehmen von einem aufgeblähten sozialen Versorgungssystem, einem zu hohen Staatsanteil und einem zu engmaschigen Gesetzes- und Regelwerk.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn jede dritte Mark des Volkseinkommens in den Sozialbereich fließt und die Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern insgesamt auf 40 Prozent angestiegen sind, ist dringend Zeit zum Handeln, und das tun wir im Interesse der deutschen Volkswirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Sozialstaat nimmt sich dann seine wirtschaftliche und finanzielle Grundlage, wenn er die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft gefährdet und Wildwuchs hinnimmt. Wir werden diesen Wildwuchs beschneiden; Horst Seehofer hat vorhin Beispiele gebracht. Das deutsche Volk ist in den letzten vier Jahren nicht um so viel kränker geworden, wie die Zahl der Kuren angestiegen ist. Schlemmeressen und Bauchtanzkurse - und was weiß ich noch - müssen nicht auf Kosten der Krankenkasse finanziert werden.
    Die Sicherung unseres Sozialstaates wird vor allen Dingen dann gelingen - und um diese Sicherung geht es uns -, wenn wir die Ausgaben auf das wirklich Notwendige reduzieren. Dazu brauchen wir wieder ein Gleichgewicht zwischen Solidarität und richtiger Eigenverantwortung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ludwig Erhard, dessen Regeln heute in vielen Reformländern gefragt sind und von dem viele lernen, hat vor 40 Jahren gesagt:
    Soziale Hilfe ist nur auf der Grundlage einer leistungsfähigen Wirtschaft möglich. Deshalb ist es notwendig, daß das Subsidiaritätsprinzip als eines der wichtigsten Ordnungsprinzipien für die soziale Sicherung anerkannt und daß Selbsthilfe und Eigenvorsorge so weit wie möglich Vorrang eingeräumt wird.
    Deswegen gehen die polemischen Angriffe, wie wir sie zum Beispiel gestern vom IG-Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel hören mußten, der gesagt hat, wir wollten Kapitalismus pur verwirklichen,

    (Peter Dreßen [SPD]: Der Mann hat recht!) ins Leere.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die CDU und die CSU werden sich immer den Lehren Ludwig Erhards verpflichtet fühlen, und das bedeutet Soziale Marktwirtschaft.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Wenn es denn so wäre!)

    Das bedeutet - auch wenn Sie es nicht hören wollen - Eigenverantwortung, eigene Beiträge zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes.
    Wenn man einmal für zwei Wochen krankheitsbedingter Fehlzeiten zwei Urlaubstage einbringen muß, dann bedeutet das bei über 30 Urlaubstagen beileibe keinen sozialen Kahlschlag. Das glauben Ihnen die Menschen im Land auch nicht. Neben Luxemburg ist Deutschland heute das einzige Land, in dem krankheitsbedingte Fehlzeiten genauso wie Arbeit bezahlt werden. Angesichts der Tatsache, daß wir in Deutschland ohnedies die kürzesten Arbeitszeiten und den längsten Urlaub haben, ist diese Selbstbeteiligung - um nicht mehr und nicht weniger geht es letzten Endes - durchaus zumutbar.

    (Dr. Uwe Küster [SPD]: Fällt Ihnen nichts Neues ein?)

    Unser Bundespräsident Roman Herzog hat in der letzten Woche deutlich gemacht:
    Der Standort Deutschland wird nicht durch die Globalisierung an sich bedroht. Er wäre es nur, wenn sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf den Tempowechsel nicht ausreichend und rasch genug einstellen würden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir leben nicht auf einer naturgesetzlich garantierten Insel des Wohlstandes, wenn sich weltweit um uns alles verändert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Ich möchte an dieser Stelle noch einmal Roman Herzog zitieren:
    Der Strukturwandel muß so oder so bewältigt werden. Aber je offener wir uns ihm stellen, desto mehr können wir ihn aktiv gestalten und ihm damit Nutzen für uns abgewinnen.

    Michael Glos
    Genau das wollen wir mit unserem Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer zu diesem Programm nur nein sagt, wer nur blockiert und Reformen verhindern will, wie es SPD und Grüne tun, der verpaßt die Zukunft. Mit RotGrün wäre Deutschland wie ein Maikäfer auf dem Rücken: hilflos zappelnd und sich nicht mehr fortbewegen könnend.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Herr Lafontaine hat vorhin nach Politik für die Jugend gefragt. Er hat beklagt, in dem Programm stehe nichts für die Jugend. Wenn wir wieder mehr Arbeitsplätze in Deutschland ermöglichen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wo kommen die denn bei Ihnen her?)

    dann ist das Politik für die Zukunft und Politik für die Jugend.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Diesem Ziel müssen sich nicht nur die Politiker und die Tarifpartner verpflichtet fühlen, sondern alle gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land. Mit der Ankündigung eines heißen Sommers ist keinem einzigen Arbeitslosen geholfen und kein einziger Arbeitsplatz geschaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Krampfhaftes Festhalten am Status quo gefährdet die wirtschaftliche und soziale Zukunft unseres Landes.
    Ich möchte an der Stelle einmal sagen: Ich habe es satt, wenn uns viele hochbezahlte Verbandsfunktionäre in Bonn immer nur Ratschläge geben, wie wir beim kleinen Mann bzw. bei der kleinen Frau noch mehr sparen müssen. Ich erwarte auch, daß andere, denen es leichter fällt, in unserer Gesellschaft endlich mit zupacken. Wenn es hier Verbände gibt, die fünf Tage lang einen Betriebsausflug - sicherlich mit einem kleinen Eigenbeitrag - nach Hawaii oder nach Florida machen, dann ist das nicht richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich vermisse die Gemeinschaftsleistung bei uns im Land. Die Politik ist ein Stück vorangegangen. Es ist nicht allen von uns leichtgefallen - man braucht gar nicht darum herumzureden -, als einzige Gruppe auf Diätenanpassungen zu verzichten. Wir haben es dennoch getan, weil irgendjemand in diesem Lande vorangehen muß. Und hören Sie endlich auf, überall nur Bremsklötze zu setzen!

    (Günter Verheugen [SPD]: Wer soll folgen?)

    - Herr Verheugen, an Ihrer Stelle wäre ich ganz ruhig. Unter Ihrer glorreichen Führung hat die SPD-Fraktion beschlossen, eine neue Neidsteuer einzuführen,

    (Widerspruch bei der SPD)

    die exakt da einsetzt, wo das Einkommen eines Bundestagsabgeordneten aufhört.

    (Erneuter Widerspruch bei der SPD)

    Das ist für Sie der Maßstab aller Dinge. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einer solchen Einstellung läßt sich hier in unserem Land nichts vorwärtsbringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Günter Verheugen [SPD]: Wer soll denn dem Beispiel folgen?)

    Ich will jetzt gar nicht auf den Bremer Vulkan zu sprechen kommen; das war ein beschämendes Kapitel. Eine einzige große Beschäftigungsgesellschaft

    (Zurufe von der SPD)

    mit einem größenwahnsinnigen Sozialdemokraten an der Spitze. Ich möchte vielmehr reden über die vielen guten Beispiele im Land.
    Die Betriebsräte in vielen deutschen Unternehmungen sind längst weiter als ihre Gewerkschaftszentralen. Sie schließen vor Ort flexible und maßgeschneiderte Vereinbarungen ab. Und diese aus der Betriebs- und Lebenswirklichkeit geborenen vielen kleinen Bündnisse für Arbeit helfen dem Arbeitnehmer mehr als Sprüche auf Großkundgebungen, wie sie auch zur Stunde wieder veranstaltet werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir möchten mit unserer Politik unseren Wohlstand und unsere soziale Sicherheit in Deutschland erhalten. Dazu müssen wir aber auch reformbereit sein, und wir haben Verantwortung vor den nachfolgenden Generationen.


Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Glos, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tauss?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein.
    Nach wie vor blockiert die SPD im Bundesrat entsprechende Einsparungsvorschläge. Ich denke nur einmal an das Asylbewerberleistungsgesetz. Hier könnten Milliarden eingespart werden. Wenn wir alle sparen müssen, dann müssen es auch die ausländischen Mitbürger, die aus verschiedensten Gründen hier in Deutschland leben. Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich hier verweigern.
    Sie verweigern sich auch dem nötigen Sparpaket für die Länder.

    (Zuruf von der SPD: Stuß!)

    Herr Ministerpräsident Lafontaine, hier sind Sie gefragt, hier könnten Sie einmal eine echte Führungsrolle übernehmen. Denn da gibt es doch so eine Art Arbeitsverweigerung bei den SPD-Ministerpräsidenten. Die Finanzreferenten kommen zusammen, machen Vorschläge, die Finanzminister und -senatoren ebenfalls, und dann kommt wieder ein Wink oder ein Befehl aus der SPD-Zentrale, und alles wird wieder abgeblockt. Das ist doch keine verantwortliche Poli-

    Michael Glos
    tik, die Sie hier machen, Herr Ministerpräsident Lafontaine!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich kann gut verstehen, Herr Ministerpräsident, daß Tony Blair Sie eine halbe Stunde hat warten lassen. Es war wahrscheinlich ein großer Fehler, daß er überhaupt noch gekommen ist; das kann ihm bei der Wahl in Großbritannien nur schaden.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Gestatten Sie mir, daß ich den Labour-Party-Vorsitzenden zitiere, der wie Sie der Sozialistischen Internationale angehört und Ihnen nahesteht. Sie sind ja noch die einzigen Steinzeit-Sozialisten, das heißt die, die sich nicht gewandelt haben im Hinblick auf die moderne Welt.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Tony Blair hat gesagt: Ökonomisch kann die Herausforderung in einem einzigen Wort zusammengefaßt werden; dieses Wort heißt Wettbewerbsfähigkeit. -

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wie heißt es auf englisch? Heiterkeit bei der SPD)

    Und in der Tat: Zum Maßstab unserer Entscheidungen dürfen wir nicht Neid, nicht Mißgunst und nicht Klassenkampf machen, sondern zum Maßstab unserer Entscheidungen müssen wir das machen, was die globale Welt von uns verlangt.

    (Zuruf der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    Tony Blair wollte sicher seine deutschen Genossen ermahnen, auch Sie, Frau Kollegin Fuchs. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, auf Ihre Zwischenrufe nicht mehr einzugehen. Ich habe das Protokoll meiner letzten Rede gelesen: Ihre Zwischenrufe waren eine Aneinanderreihung von Unflätigkeiten,

    (Zuruf von der SPD: Ihre Rede, Ihre Rede!)

    und das ist der Hauptgrund, warum ich nicht auf Ihre Zwischenrufe eingehe.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    Jetzt hören Sie doch einmal zu, was Tony Blair Ihnen zu sagen hat, und stellen Sie Ihren Ärger, daß Sie keine so herausragende Führungsfigur haben, zurück! - Tony Blair sagt zur SPD: „Eine politische Partei, die sich dem Wandel verweigert oder sich zu langsam wandelt, während sich die Welt um sie herum verändert, ist zum Sterben verurteilt. "

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig! Weitere Zurufe von der SPD)

    - Wissen Sie, was Gorbatschow zu Honecker gesagt hat? Er hat gesagt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. " Und wenn wir in Deutschland zu lange warten, uns zu wandeln und den modernen Entwicklungen anzupassen, dann bestraft uns die Wirklichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die Vorsitzende der bayerischen SPD, Renate Schmidt, hat in Nürnberg unlängst ihre Erfahrungen preisgegeben. Sie hat gesagt - ich zitiere -: „Wenn die dramatische Entwicklung nicht erkannt wird, wird die SPD in der Bundespolitik ein zu vernachlässigender Faktor. "

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist sie schon!)

    Frau Schmidt weiß, wovon sie spricht, weil die bayerische SPD diesen Weg bereits gegangen ist.

    (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber zurück zur Wirtschaft: Die deutsche Wirtschaft muß weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Dazu brauchen wir unternehmerischen Mut und aktive Menschen. Wir müssen den Menschen in Deutschland wieder Mut zur Leistung, zur Investition und auch zur Existenzgründung machen. Darum müssen wir unsere im internationalen Vergleich zu hohen Steuerbelastungen für die Unternehmen und auch für die Arbeitnehmer senken.
    Das, was vorhin von Herrn Lafontaine zur Vermögensteuer gesagt worden ist, war sehr billige Polemik. Es geht in allererster Linie darum, die betriebliche Vermögensteuer abzuschaffen; denn sie ist ein Investitionshindernis. Viele Unternehmungen, auch die ausländischen, investieren bei uns deshalb nicht, weil die Substanzsteuern - dazu gehört die betriebliche Vermögensteuer - einfach zu hoch sind.

    (Beifall des Abg. Uwe Lühr [F.D.P.])

    In unseren Vorschlägen ist nicht die Abschaffung der privaten Vermögensteuer vorgesehen. Wir haben sie vielmehr in die Erbschaftsteuer eingearbeitet. Da Sie das wissen, fordere ich Sie auf, in den nachfolgenden Reden bei der Wahrheit zu bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen unser Arbeitsrecht wieder straffen, um mehr Flexibilität zu schaffen, wie es in vielen Betrieben bereits der Fall ist. Vor allen Dingen müssen wir die Soziallastquote verringern. Ich fordere Sie im Interesse derer, die für mehr Arbeit demonstrieren, auf: Verweigern Sie sich nicht!
    Helmut Schmidt sagt über seine eigene Partei: „Sie führt zu viele akademische Debatten, die zuwenig mit der Wirklichkeit der Menschen zu tun haben." Ihre Behauptung, wir würden einen sozialen Kahlschlag betreiben, geht ebenso an der Wirklichkeit vorbei. Norbert Blüm hat vorhin gesagt, daß die Sozialleistungsquote von 33,4 Prozent auf 33 Prozent sinken wird. Wer da von einem sozialen Kahlschlag spricht, erzählt bewußt Horrormärchen.
    Arbeit in Deutschland muß wieder bezahlbar werden. Alle Gesetze der Koalition haben das Ziel, Arbeitsplätze in Deutschland entstehen zu lassen; denn die größte soziale Schieflage und die größte soziale Ungerechtigkeit äußert sich in Arbeitslosigkeit. Zum Kampf dagegen ist nicht nur der Staat gefordert.

    Michael Glos
    Für mich wäre es ein Skandal, wenn zum Beispiel die Wirtschaft ihre Ausbildungsplatzzusagen nicht einhielte,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    dafür aber möglicherweise in manchen großen Aktiengesellschaften Gehirnschmalz dafür verwendet würde, wie die Tantiemen für die Vorstände noch einmal erhöht werden können. Das darf nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist doch eure Politik! Weitere Zurufe von der SPD)

    - Es sind in allererster Linie die mitbestimmten Großunternehmen, bei denen die Gewerkschaftsführer mit im Aufsichtsrat sitzen und darüber bestimmen. Das ist die Wirklichkeit!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen die Steuer- und Abgabenlast insbesondere bei den leistungsabhängigen Steuern senken. Wir müssen die Ausgaben der öffentlichen Haushalte weiter reduzieren, damit die Staatsquote wieder sinkt. Wir werden bereits in der nächsten Woche in der Steuerreformkommission unsere Arbeit aufnehmen und bis Ende des Jahres entsprechende Vorschläge vorlegen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr gut!)

    Deutschland befindet sich auf dem Weg der konjunkturellen Besserung, sagt das Kieler Institut für Weltwirtschaft, aber nur dann, wenn das Programm der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung lückenlos umgesetzt wird.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, nehmen wir uns ein Beispiel an den deutschen Fußballspielern. Die deutschen Fußballspieler haben auf dem Weg zur Europameisterschaft ihr ganzes Können und ihre ganze Kraft gegeben, weil sie wußten, daß Deutschland ansonsten ausscheidet und dann auch der eigene - zugegeben: hochbezahlte - Arbeitsplatz wackelt. Fußballbeamte mit lebenslanger Arbeitsplatzgarantie allerdings wären vielleicht beim Elfmeterschießen nicht so nervös gewesen, aber sie wären schon vorher nicht ins Halbfinale eingezogen.
    Die Europameisterschaft in Sachen Wohlstand und soziale Sicherheit läßt sich nur mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung gewinnen. Alle müssen mitspielen und ihr Bestes geben, Politiker, Manager, Gewerkschaftsbosse, Arbeiter, Angestellte, Beamte, Wissenschaft und Forschung und auch die Eliten unseres Landes.

    (Zuruf von der SPD: Amigos! Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eigentor!)

    Ihre Zwischenrufe beweisen: Die SPD steht im Abseits.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Günter Verheugen [SPD]: Absteiger! Jörg Tauss [SPD]: Vom Fußball versteht er auch nichts! Weiterer Zuruf von der SPD: Auswechseln!)