Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 231. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte urn Aufmerksamkeit für den Herrn Schriftführer zur Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Aumer für acht Wochen wegen Krankheit, Dr. Baade für fünf Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Frau Schroeder für vier Wochen wegen Krankheit, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer für vier Wochen wegen Krankheit, Kuhlemann für zwei Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Luchtenberg, Frau Kipp-Kaule, Rademacher, Graf von Spreti, Dr. Veit, Etzel , Dr. Becker (Hersfeld), Dr. von Golitschek, Agatz, Frau Strohbach, Reimann, Lausen, Dr. Friedensburg, Löfflad, Dirscherl.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Frau Thiele, Funcke, Dr. Miessner, Frau Dr. Steinbiß, Hilbert, Dr. Orth, Dr. Hasemann, Frau Heiler.
Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß der Urlaub, soweit er über eine Woche hinausgeht, von Ihnen genehmigt ist. — Das ist der Fall.
Ich habe nachträglich folgenden Mitgliedern des Hauses, die einen Geburtstag über 60 Jahre gefeiert haben, herzliche Glückwünsche auszusprechen: dem Herrn Abgeordneten Temmen, der am 20. September 66 Jahre alt geworden ist, dem Herrn Abgeordneten Walter, der am 22. September 67 Jahre alt geworden ist, dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Niklas, der am 24. September 65 Jahre alt geworden ist, und dem Herrn Abgeordneten Sander, der am 28. September 71 Jahre alt geworden ist.
Zur Geschäftsordnung wünscht das Wort der Abgeordnete Dr. Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß die soeben verlesene Liste der Geburtstagskinder um einen Namen ergänzen. Unser verehrter Präsident feiert heute seinen fünfzigsten Geburtstag.
Er hat es sich verbeten, daß man von dieser Stelle aus dieses Tages gedenke. Aber ich glaube nicht, daß das Haus gehalten ist, sich solchen diktatorischen Ansprüchen eines Präsidenten zu fügen.
Weil ich von dieser Annahme ausging, habe ich mir erlaubt, mich zur Geschäftsordnung zu melden, um Ihnen, Herr Präsident, die Wünsche des Hauses zu Ihrem Geburtstage auszusprechen. Möge es Ihnen vergönnt sein, von dieser Stelle aus weiter in voller Gesundheit und Kraft für unser Vaterland zu tun, was Sie bisher getan haben.
Herr Kollege Schmid, meine Damen und Herren, ich bedanke mich sehr, auch
wenn ein Prinzip, das ich immer befolgt habe, durchbrochen worden ist. Ich muß allerdings — da der „Spiegel" in den letzten Monaten wiederholt schon falsche Zahlenangaben gemacht hat -
auch die von Ihnen gebrauchte berichtigen; ich habe noch zwei Jahre vor mir, bis ich 50 Jahre alt bin.
Meine Damen und Herren, wenn wir schon Prinzipien durchbrechen, dann darf ich mir auch gestatten, des 58. Geburtstags des Herrn Kollegen Willi Richter am heutigen Tage herzlich zu gedenken.
Ich habe mitzuteilen, daß Herr Abgeordneter Dr. Nowack mir mit Schreiben vom 30.. September mitgeteilt hat, daß er, da es ihm auf die Dauer nicht zweckdienlich erscheint, die Ämter eines Bundestagsabgeordneten und eines Landesministers in einer Person zu vereinen, mit dem gestrigen Tag sein Mandat niedergelegt hat. Ich darf das hiermit — mit dem Dank für die Mitarbeit des Herrn Kollegen Nowack in unserem Kreis — bekanntgeben.
Herr Kollege Henßler befindet sich nach langer Krankheit heute wieder gesundet in unserem Kreis. Ich heiße ihn herzlich willkommen.
Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Niebergall gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, als Punkt 1 die Anfrage der SPD betreffend Landtagswahlen und den Antrag der SPD betreffend undemokratische Verhältnisse an der Saar auf die Tagesordnung zu setzen.
Die heutige Tagesordnung wurde entgegen der Festlegung im Ältestenrat und ohne Befragen aller Parteien in diesem Hause geändert. Der Bundestag muß zu diesen unerträglichen Zuständen im Saargebiet Stellung nehmen.
Der Bundestag hat ein Recht und die Pflicht, zu wissen, was Herr Adenauer hinter verschlossenen Türen über die Saar verhandelt.
Es ist bedauerlich, daß sich die Fraktionsführung der SPD dazu hergab, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen.
Wir beantragen deshalb, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen.
— Herr Dr. Müller, Sie sind j a ein oberkluger Mann! Dr. Dr.!
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir auf die Zeugnisse, die erteilt werden, nicht einzugehen brauchen.
Es ist der Antrag gestellt worden, Punkte, die nicht auf der Tagesordnung stehen, auf die Tages-
ordnung zu setzen. Das ist nur möglich, wenn nicht widersprochen wird. Darf ich fragen, — —
— Es wird von mehr als 5 Abgeordneten widersprochen.
Herr Abgeordneter Fisch zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte doch den Tatbestand feststellen. Es handelt sich nicht darum, daß eine Fraktion beantragt, eine neue Sache auf die Tagesordnung zu setzen,
sondern umgekehrt handelt es sich darum, die Tagesordnung so ablaufen zu lassen, wie sie der Ältestenrat beschlossen hat. Es gibt bis jetzt keinen Beschluß des Ältestenrates, der die ursprünglich festgesetzte Tagesordnung abändert. Die heute vorliegende gedruckte Tagesordnung ist ein Willkürakt, von dem wir noch nicht wissen, wer ihn veranlaßt hat.
Er widerspricht den Beschlüssen des Ältestenrates. Darum darf bei der Abstimmung auch nicht so vorgegangen werden, wie es der Herr Präsident soeben vorschlägt. Wir beantragen vielmehr, die Tagesordnung so, wie der Ältestenrat sie beschlossen hat, hier abzuwickeln.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat faßt überhaupt keine Beschlüsse,
sondern die Tagesordnung wird nach Verständigung mit dem Ältestenrat festgestellt. Es ist eine selbstverständliche und immer beachtete Praxis, daß, wenn große Fraktionen diesen Wunsch aussprechen und die Antragsteller sich damit einverstanden erklären, Punkte von der Tagesordnung abgesetzt werden können. Der Punkt steht, wie Sie aus der gedruckten Tagesordnung entnehmen können, nicht auf der Tagesordnung. Es müßte also ein Punkt auf die Tagesordnung gesetzt werden. Ich habe festgestellt, daß fünf Abgeordnete widersprochen haben. Damit kann der Punkt nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Ich darf darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß die nächste Fragestunde am 8. Oktober stattfinden soll. Ich bitte, für die Einreichung der Fragen den Termin Freitag, den 3. Oktober, 13 Uhr, freundlichst zur Kenntnis zu nehmen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in das Protokoll aufgenommen.
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 17. September 1952 den folgenden Gesetzen zugestimmt:
Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen;
Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern in den Rechnungsjahren 1951 und 1952;
Gesetz zur Änderung der Gesetze über die Landeszentralbanken.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 17. Juli 1952 die Kleine Anfrage Nr. 281 der Fraktion der CDU/CSU betreffend Verkehrssteuer für Personenbeförderung beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache Nr. 3647 vervielfältigt.
Er hat weiter die Kleine Anfrage Nr. 282 der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung des Besoldungsgesetzes beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache Nr. 3643 vervielfältigt.
Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 13. September 1952 über die Maßnahmen der Regierung zum Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 219. Sitzung betr. Pensionskasse Deutscher Privateisenbahnen berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache Nr. 3704 vervielfältigt.
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 16. September 1952 über den Stand der Beratungen der Vereinten Nationen über die Grundsätze für eine Musterkonvention bzw. ein Gesetz für die internationale Durchsetzung von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber unehelichen Kindern der Besatzungsangehörigen berichtet, entsprechend einem Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 206. Sitzung. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3711 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 15. September 1952 seinen Antrag auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem reichseigenen Grundstück in Wilhelmshaven an der Gökerstraße zurückgezogen. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3712 vervielfältigt.
Nachdem diese Mitteilungen erledigt sind, rufe ich Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Durchführung des Beschlusses des Bundestages vom 10. Juli 1952 wegen Viermächteverhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands .
Soll der Antrag begründet werden? — Offenbar
nicht! Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine
Aussprache zu verzichten.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Fisch.
Ich darf darauf hinweisen, daß ich das Wort zur Geschäftsordnung nach der Geschäftsordnung nach meinem Ermessen erteile. Ich habe nicht die Absicht, es in unbegrenzter Weise zu erteilen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß feststellen, daß der Zwang, wiederholt zur Geschäftsordnung zu sprechen, von Ihnen ausgeht. Wenn Sie soeben bei dem ersten Punkt, bei dem willkürlich abgesetzten Punkt der Tagesordnung,
festgestellt haben, daß das Plenum auch anders
verfahren kann, als der Ältestenrat empfohlen
hat, so möchte ich meinerseits empfehlen, jetzt bei
diesem zweiten Punkt so zu verfahren, wie Sie es
soeben beim ersten Punkt getan haben, nämlich
anders, als der Ältestenrat empfohlen hat. Der
Ältestenrat hat empfohlen, bei diesem Punkt ohne
Debatte zur Tagesordnung überzugehen und den
Antrag ohne Aussprache dem Ausschuß zu über-
weisen. Ich möchte entgegen dieser Empfehlung beantragen, daß eine Aussprache stattfindet.
Ich könnte, wenn wir uns nicht in einer Geschäftsordnungsdebatte befänden, die Frage aufwerfen, was die Fraktion der SPD veranlaßt hat, so großzügig auf eine Behandlung ihres eigenen Antrags zu verzichten. Es gäbe da wahrscheinlich sehr interessante Kombinationen. Aber, wie gesagt, im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte wird es wahrscheinlich hier nicht möglich sein, näher auf die neuen engen Kontakte zu dem amerikanischen Kommissar einzugehen.
Ich meine, daß die Frage, was zur Realisierung des Beschlusses des Bundestags vom 10. Juli in der Zwischenzeit geschehen ist, eine Frage von außerordentlicher Bedeutung ist. Es handelt sich um den seltenen Fall, daß der Bundestag einstimmig einen Beschluß angenommen hat. Wir haben zwar damals in die Sauberkeit der Motive eines Teiles dieses Hauses gewisse Zweifel gesetzt, als Sie diesem Antrag zugestimmt haben.
Wir haben auch die Meinung geäußert, daß der Herr Bundeskanzler selber und die Regierung alles tun, um eine wirkliche Durchführung dieses Beschlusses zu verhindern. Heute aber geht es darum, festzustellen, was seitdem alles entgegen dem einstimmig gefaßten Beschluß vom 10. Juli geschehen ist. Das interessiert das Volk. Das Volk möchte auch eine offene Aussprache darüber," was jetzt nach dem Besuch der Delegation der Deutschen Volkskammer hier in Bonn geschehen soll.
Es genügt nicht, in die Zeitungen zu setzen: „Ja,
der Bundestag wird sich darüber unterhalten," —
Herr Abgeordneter Fisch, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung!
— und dann wird die Debatte abgewürgt. Aus diesem Grunde, weil wir der Auffassung sind, daß es sich hierbei um Lebensfragen unseres Volkes handelt, die nicht in den abgeschlossenen Räumen des Ausschusses, sondern hier vor der Öffentlichkeit verhandelt werden müssen, beantragen wir eine Aussprache über den vorliegenden Punkt der Tagesordnung.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat Ihnen vorgeschlagen, über den Antrag abzustimmen, ohne daß eine Aussprache stattfindet. Ich habe mich vergewissert, daß die Mehrheit dieses Hauses dieser Auffassung ist und zustimmt. Es findet also keine Aussprache statt.
Meine Damen und Herren, ein Antrag auf Ausschußüberweisung ist nicht gestellt worden.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3673 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses. Der Antrag ist angenommen.
Ich darf Ihnen vorschlagen, Punkt 2 der Tagesordnung — betreffend Freigabe deutscher Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte und Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen vor unnötigen Inanspruchnahmen — zurückzustellen, da der Kollege, der die Anträge begründen soll, noch nicht hier sein kann; er wird in kurzer Zeit erscheinen.
Ich schlage Ihnen vor, zunächst Punkt 3 vorzunehmen:
Beratung des mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen betreffend Subventionen für phosphorhaltige Düngemittel (Nrn. 3609, 3415 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoffmann . — Ich sehe den Herrn Berichterstatter nicht. Sind Sie bereit, auf eine Berichterstattung zu verzichten?
Herr Abgeordneter Horlacher ist offenbar bereit, die Berichterstattung zu übernehmen. Oder wollen Sie zur Aussprache sprechen?
— Ich schlage Ihnen vor, daß wir diese Aussprache in einer Begrenzung von 40 Minuten halten. Sind Sie damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Problem, das vor uns liegt, nämlich die genügende Phorphorsäuredüngung für die Landwirtschaft, ist sehr wichtig, nicht bloß für die Landwirtschaft, sondern darüber hinaus für die Ernährung der Kulturpflanzen, für die Ernährung von Mensch und Tier. Die Ernährung der Kulturpflanzen ist das wichtigste Problem, das in unserem Dasein gelöst werden muß; denn alles hängt vom Leben dieser Pflanzen ab. Menschen und Tiere müssen mit den zu ihrer Entwicklung und zu ihrem Fortbestehen notwendigen Nährstoffen versorgt werden. Die Pflanzen entnehmen diese Nährstoffe aus dem Boden, der damit die einzige Quelle unserer Nahrung ist. Verarmt der Boden an Nährstoffen, dann kann auch die Pflanze nicht genügend wachsen. Tier und Mensch werden nicht mehr ausreichend mit Nahrungsstoffen versorgt.
Es ist eine Tragik der deutschen Landwirtschaft,
daß sie auf die Zufuhr von ausländischem Phosphorsäuredünger angewiesen ist. Das ist um so schmerzlicher, weil die Rohphosphatpreise im Ausland außerordentlich gestiegen sind. Den Böden in der Bundesrepublik fehlt immer noch genügend Phosphorsäuredünger. Ein großer Teil der Böden ist noch sehr schlecht mit Phosphorsäure versorgt. Die Phosphorsäure ist die Grunddüngung für die Landwirtschaft, insbesondere für Getreide, aber auch für Obst und Gemüse. Hinzu kommt die Wiesen- und Weidenwirtschaft, die von der genügenden Phosphorsäuredüngung abhängt. Das Thomasmehl, das wir zum Teil selber erzeugen, ist bei weitem nicht ausreichend, um alle Bedürfnisse zu decken. Deswegen sind wir auf die Zufuhr dieser Rohphosphate angewiesen.
Phosphorsäuremangel bedeutet einen Rückgang in den Erträgen; denn Phosphorsäure hat auch die Eigenschaft, die anderen Düngemittel entsprechend
zur Lösung zu bringen. Weiter hat Phosphorsäure die Eigenschaft, daß sie im Boden reichlich vorhanden sein kann. Eine Überdüngung beispielsweise führt zu keinen Schäden, im Gegensatz zum Stickstoff, wo das der Fall ist. Deswegen war es immer ein Glück, daß die Böden bei uns mit genügend Phosphorsäure angereichert waren; denn sonst hätten wir im europäischen Raum bei Kriegserscheinungen eine weitere schwere Einbuße in der Nahrungsmittelversorgung erlebt. Aber durch den Krieg sind die Mangelzustände erweitert worden, und deswegen ist es notwendig, daß die Phosphorsäuredüngung unter allen Umständen für die Landwirtschaft erhalten wird.
Wenn man ein so wichtiges Problem erörtert, dann muß man naturgemäß etwas in der Materie bewandert sein, und man muß auch die Konsequenzen daraus ziehen, die sich da ergeben. Ich konstatiere hier folgendes. Ich empfinde es agrarpolitisch als einen Mangel der Regierung, daß die Dinge der Landwirtschaft und die Linienführung der gesamten Agrarpolitik nicht einheitlich gesehen werden, daß hier eines von dem andern abhängt, und deswegen ist es auch notwendig, daß in diesen ganzen Verhältnissen nicht ein Teil einseitig betrachtet wird, nicht ein Teil bloß unter fiskalischen Gesichtspunkten gesehen wird, sondern es kann sich eine Subventionierung wie bei den phosphorhaltigen Düngemitteln sehr wohl lohnen, indem die Steigerung der Erträge dadurch fortgesetzt werden kann und wir uns im Devisenhaushalt wesentliche Beträge ersparen können. Aus all diesen Gründen ist das eine sehr entscheidende Frage.
Hinsichtlich der Bedeutung der Phosphorsäure für die Pflanzen ist festzustellen, daß sie die Jugendentwicklung und die Ausbildung der Blüten und Früchte fördert. Phosphorsäure bringt schwerere und damit keimsichere Körner. Phosphorsäure ist an der Fett- und Eiweißbildung beteiligt. Darum ist sie auch an der menschlichen Ernährung beteiligt. Der Phosphorsäuremangel beim Menschen ist eine sehr gefährliche Angelegenheit. Infolgedessen muß, wenn der Mensch richtig funktionieren soll und auch richtig denkfähig bleiben soll, in seinem Körper immer ein gewisses Minimum an Phosphorsäure vorhanden sein.
Phosphorsäure erhöht im Verein mit Kali die Halmfestigkeit. Phosphorsäure bewirkt die gleichmäßige und rechtzeitige Reife der Kulturen. Phosphorsäure erhöht die Qualität und Lagerfähigkeit der Produkte und vermindert die Lagerverluste bei Kartoffeln, Rüben, Gemüse, Obst usw. Phosphorsäure sichert besonders in schlechten und nassen oder zu trockenen Jahren die Ernte.
Sie sehen also: Sie haben hier ein Kernproblem vor sich, das nicht ernst genug genommen werden kann. Ich selbst war in Schweden. Dort legt man großes Gewicht auf dieses Problem.
Ich habe dort auch einen wissenschaftlichen Vortrag gerade über das Phosphorsäureproblem gehört, und ich bin dankbar dafür. Es schadet dem Bundestag gar nichts, wenn er sich mit dieser Frage beschäftigt.
Dazu gehört, daß die 30 Millionen Subventionen für Phosphorsäure unbedingt aufrechterhalten werden. Dabei weiß ich, daß in dem Topf der Subventionen für diesen Zweck noch 24 Millionen drin
sein sollen. Früher waren die Subventionen auf diesem Gebiet bedeutend höher. Ich darf darauf hinweisen, daß ohne Subventionen eine ganz beträchtliche Preiserhöhung eintritt, beispielsweise bei Superphosphat im Grundpreis per kg-Prozent von 41 Pf. auf 1 DM, bei Rhenania-Phosphat von 371/2 Pf. auf 85 bis 90 Pf., bei Röchling-Phosphat von 33 auf 80 bis 85 Pf. Sie sehen also hier eine ganz kolossale Verteuerung bei dem für die Landwirtschaft wichtigsten Düngemittel. und diese kann durch das billigere Thomasmehl nicht ganz ausgeglichen werden. Einmal sind die Phosphate für bestimmte Kulturen notwendig, und andererseits steht nicht genügend Thomasmehl zur Verfügung. Das Thomasmehl ist, wie gesagt, noch das billigere. Hier beträgt die Preiserhöhung 151/2 Pf.; der Preis erhöht sich von 33 auf 48,5 Pf.
Ich habe also nach Abwägung all der Verhältnisse die dringende Bitte, daß die Bundesregierung aus dem Gesamtbetrag für die Landwirtschaft die Subventionen für phosphorhaltige Düngemittel nicht herausnimmt, sondern daß sie wegen der Wichtigkeit des ganzen Problems diese Subventionen aufrechterhält, und ich wäre dankbar, wenn sich der Bundestag diesem Standpunkt anschließen wollte.
Herr Abgeordneter Hoffmann , wollen Sie als Berichterstatter sprechen?
— Herr Abgeordneter Hoffmann wünscht, den Bericht noch zu erstatten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Plenarsitzung wurde von den Herren Abgeordneten Horlacher und Genossen der Antrag eingebracht, die Subventionierung der phosphorhaltigen Düngemittel fortzusetzen. Dieser Antrag wurde dann dem Haushaltsausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ernährungsausschuß als mitberatendem Ausschuß überwiesen. Die Lage bezüglich der Phosphorsäure hat Herr Kollege Horlacher schon dargestellt. Zur Zeit werden bei uns, wenn wir den Phosphorsäurebedarf gleich hundert setzen, 63 % durch Thomasschlacke gedeckt, ungefähr 12 % durch Mischdünger, einen zweibasischen Dünger, und der Rest durch Glühphosphate und Superphosphate.
Bei der Haushaltsberatung stellte sich heraus, daß der Herr Bundesminister der Finanzen es ablehnte, die Subventionen für phosphorhaltige Düngemittel noch weiter zu gewähren. Von dem Vertreter des Bundesfinanzministeriums wurde erklärt, daß erstens eine Steigerung des Phosphorsäureverbrauchs um 7,5 % eingetreten sei, zweitens die Industrie selbst die Phosphorsäuresubventionierung ablehne und drittens das Finanzministerium nicht die notwendigen Mittel habe; deshalb lehne der Herr Finanzminister die Subventionierung ab. Der Haushaltsausschuß sah sich deshalb nicht in der Lage, dem Antrag auf Vorwegbewilligung nachzukommen. Es kam daher zu dem Beschluß des Ausschusses, die Bundesregierung zu ersuchen, zu prüfen, inwieweit die Phosphorsäuredüngemittel noch weiter subventioniert werden könnten. Klarheit wurde bei diesen Beratungen auch nicht geschaffen, weil es durch die dort gemachten Ausführungen eine ziemlich undurchsichtige Sache geworden war. Aber der Haushaltsausschuß hat
getan, was er nur tun konnte, d. h. er hat die Sache wieder an das Finanzministerium bzw. das Landwirtschaftsministerium zurückgegeben, um dort die Mittel einsetzen zu lassen, die dann vom Haushaltsausschuß vorwegzubewilligen wären. Es wäre deshalb notwendig, Herr Kollege Horlacher, daß das Bundesfinanzministerium zuerst die Mittel einsetzt und dann vom Haushaltsausschuß bewilligen läßt.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will gern darauf verzichten, eingangs meines Beitrags alles das zu sagen, was über die Bedeutung des Phosphorsäuredüngers für die Landwirtschaft und für die Volksernährung gesagt werden kann. Ich würde es dankbar begrüßen, wenn sich alle späteren Redner diesem Vorgehen anschließen, damit wir hier nicht immer wieder Selbstverständlichkeiten wiederholen.
Ich möchte andererseits auch davor warnen, daß wir hier aus irgendwelcher Bewegung heraus einen Beschluß fassen, ohne daß wir genau wissen, um was es sich eigentlich handelt. Als wir im Ernährungsausschuß zu diesem Antrag Horlacher Stellung nahmen, ist ganz klar herausgekommen, daß die Schwierigkeiten, denen sich hier die deutsche Landwirtschaft gegenübersieht, nicht aus der Tatsache stammen, daß wir nicht unseren ganzen Phosphorsäuredüngerbedarf aus der heimischen Produktion decken können, sondern einen Teil einführen müssen. Andere Länder sind in dieser Beziehung in einer noch sehr viel ungünstigeren Lage. Sie haben nicht einmal den starken Beitrag aus der heimischen Erzeugung, den wir hier dank unserer gestiegenen Stahlkapazität aus dem Thomasmehl haben. Es ist vielmehr ausdrücklich dargelegt worden, daß es sich hier gar nicht um eine Subventionierung der Landwirtschaft handelt, also eine finanzielle Leistung aus Bundesmitteln zugunsten der Landwirtschaft, sondern daß es sich hier nur um den Ausgleich einer Benachteiligung der deutschen Landwirtschaft gegenüber ausländischen Produzenten handelt. entstanden aus einer Unzulänglichkeit in der industriellen Verarbeitung. Es handelt sich hier also nicht um eine Subvention an die Landwirtschaft, sondern, ich möchte eher sagen, um eine Subvention an die deutsche Phosphorsäuredüngerindustrie, die aus Gründen, die in ihrer Produktionsweise liegen, teurer an den Markt kommt, als in anderen Ländern Phosphorsäure angeboten wird. Meine Freunde und ich
haben damals den Vorschlag gemacht: dann soll man, wenn man schon die Mittel aufwenden muß, um eine Preisverteuerung von Phosphorsäuredünger von der Landwirtschaft und damit auch über die Preise vom Verbraucher wegzuhalten, diese Mittel nur unter der Bedingung einsetzen, daß davon in einem bestimmten und verhältnismäßig eng begrenzten Zeitraum die Industrie sich in die Lage bringt, entsprechend billiger und moderner fabrizieren zu können. Leider ist dieser Vorschlag abgelehnt worden. Ich möchte aber dem Hause vorschlagen, nicht über das hinauszugehen, was hier in dem Antrag des Haushaltsausschusses gesagt ist. Dann wird die Regierung pflichtgemäß erwägen müssen, ob und. wenn ja, unter welchen Bedingungen diese Mittel aufgewendet werden. Ich kann mir kaum vorstellen, daß man beinahe wie in ein Faß ohne Boden immerhin auch noch interessante Beträge hineintut, wenn dabei nichts anderes herauskommen kann, als daß wir in jedem Jahr wieder vor der gleichen Situation stehen.
Ich habe diese Ausführungen gemacht, um Sie darauf aufmerksam zu machen, daß es hier wirklich ein Problem gibt, dem man seine Aufmerksamkeit schenken muß. Wir werden jedenfalls von unserer Seite den Arbeiten der Regierung, wenn sie sich an die Ausführung dieses Antrags heranmacht, unsere Unterstützung nicht versagen.
Das Wort hat der Abgeordnete Niebergall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können dem Bericht des Haushaltsausschusses unsere Zustimmung nicht geben. Dieser Bericht ist eine Empfehlung an die Regierung und verpflichtet zu gar nichts. Der Landwirtschaft aber muß geholfen werden. Deshalb beantragen wir, über den Text des ursprünglichen Antrags Horlacher und Genossen abzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Lampl.
Lamp! : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist gar nicht anders möglich, als daß diese geforderten Subventionen für Phosphorsäuredünger gewährt werden. Es müssen einfach Mittel und Wege gefunden werden, um diese verhältnismäßig kleinen Beträge, um die es sich handelt, aufzubringen. Ich brauche Einzelheiten nicht mehr zu erörtern; die Dinge liegen genügend klar.
Aber etwas anderes: mir wurde gesagt, das Aluminiumwerk Schwandorf in der Oberpfalz, das bekanntlich Rhenania-Phosphat erzeugt, muß Hunderte von Arbeitern entlassen, wenn die Phosphorsäuresubventionen nicht mehr gewährt werden. Ich muß hier dem Herrn Kollegen Kriedemann beipflichten, wenn er sagt, daß diese Phosphorsäuredüngersubventionierung nicht allein ein Problem der Landwirtschaft ist. Gewiß, zunächst schon; denn die Düngemittel dürfen ja nicht teurer werden. Insofern sind die Subventionen für absehbare Zeit ein Problem der Landwirtschaft. Anderseits sind diese Dinge, auf weite Sicht gesehen, doch sehr erheblich ein Problem für die Industrie, die in irgendeiner Form angehalten, meinetwegen gezwungen werden muß, gegebenenfalls durch Versagen späterer Subventionen, billigere Herstellungsverfahren einzuführen bzw. sich darauf umzustellen.
Das ist, glaube ich, noch eine Einschränkung, die zum Antrag des Haushaltsausschusses gemacht werden mußte, dem wir im übrigen zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dannemann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise können wir in Westdeutschland den Bedarf an Stickstoff, Kali und Kalk auf Grund natürlicher Vorkommen und industrieller Verwertung hundertprozentig decken. Ja, nicht nur das, sondern wir können sogar noch einen Teil exportieren. Wie wir gehört haben, ist uns diese Möglichkeit bei der Phosphorsäure leider nicht gegeben. Nach dem Gesetz des Wachstumsminimums richtet sich der Ertrag einer jeden Ernte jeweils nach dem Nährstoff, der im Minimum vorhanden ist. Das ist nun
einmal die Phosphorsäure. Vor dem Kriege war es kein Problem, die Phosphorsäure aus dem Ausland einzuführen. Es war auch kein Preisproblem. Nach dem Kriege, insbesondere in den letzten Jahren, sind aber die Preise auf dem Weltmarkt außerordentlich gestiegen. Wollte man nun nicht die Erzeuger- und damit auch die Verbraucherpreise ansteigen lassen, so mußte dieser Differenzbetrag irgendwie gezahlt werden. Wir haben infolgedessen im letzten Jahr aus Bundesmitteln einen Betrag von 33 Millionen DM bekommen. Wir stehen nun vor der Frage, ob wir diesen Betrag in der Zukunft wieder einsetzen oder ob wir der Landwirtschaft und damit der Verbraucherschaft zumuten können, für die Nahrungsmittel in Zukunft höhere Preise anzulegen. Es trifft zu, daß die Landwirtschaft im letzten Jahr allein durch andere Preisverbesserungen in der Düngemittelindustrie zusätzlich 170 Millionen DM hat aufbringen müssen. Unter diesen Umständen ist es doch ganz selbstverständlich, daß die Preise eine weitere Steigerung erfahren, wenn in Zukunft die Subvention für Phosphorsäuredüngemittel fortfällt.
Ich bin hier der gleichen Auffassung wie der Herr Kollege Kriedemann, der sehr richtig sagte, daß man aber nicht laufend Gelder in ein Faß ohne Boden hineinstecken soll. Man müßte sich ernstlich überlegen, ob unsere Industrie bei ihrer Verarbeitung mit den neuzeitlichen Methoden mitgegangen ist. Wir vom Ernährungsausschuß waren der Auffassung, daß zweifellos ganz erhebliche Anstrengungen gemacht worden sind, daß aber hier und da durchaus noch die Möglichkeit zu einem rationelleren Wirtschaften gegeben ist. Wenn schon vom Bundesfinanzminister vorübergehend Gelder zur Verfügung gestellt werden, so müssen wir auch die Forderung stellen, daß die Industrie Anstrengungen macht, um in Zukunft rationeller und damit billiger zu produzieren.
Ich möchte daher ebenfalls beantragen, daß wir uns den Beschluß des Ausschusses zu eigen machen, aber im Endergebnis dringend auf eine vorübergehende Subventionierung hinaus müssen. die nach unserer Auffassung spätestens in drei Jahren auslaufen müßte. von Jahr zu Jahr abfallend. Es wäre außerordentlich bedenklich. jetzt kurzerhand die Subventionierung zu streichen. weil im Endergebnis der Verbraucher zwangsläufig höhere Nahrungsmittelpreise zu zahlen hätte.
Das Wort hat der Abgeordnete Tobaben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es braucht zu der Frage, die hier ansteht, nicht mehr viel gesagt zu werden.
Es ist ausreichend dargelegt worden, was es bedeutet. wenn der Verbrauch an Phosphor in der deutschen Landwirtschaft zurückgeht. Ich teile die Auffassung des Herrn Abgeordneten Kriedemann, die auch von Herrn Dannemann vertreten worden ist — und das ist auch vom Ausschuß und an dieser Stelle wieder empfohlen worden —, daß in der Industrie nachgeprüft werden muß, ob die Erzeugung von Phosphor durch rationellere Methoden verbilligt werden kann. Ich bin aber doch der Ansicht, daß das nicht genügt und zu lange dauern wird und dann die schwerwiegenden Folgen eintreten werden, von denen Herr Horlacher gesprochen hat. Es bleibt uns darum kein anderer Weg
als der, daß wir den Phosphor subventionieren, bis diese Dinge durchgezogen sind.
Es wäre bestimmt richtiger, wenn die Landwirtschaft rechtzeitig in den Stand gesetzt worden wäre, ihre Aufwendungen aus dem Ertrag der eigenen Erzeugnisse zu bestreiten. Wir wissen aber, daß die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise — das sage ich hier ganz bewußt — in den letzten Zeiten bei weitem nicht so gestiegen sind wie die Aufwendungen, die die Landwirtschaft machen muß. Wenn wir jetzt die Subvention ablehnen und uns damit vertrösten, daß die Dinge auch auf einem andern Wege erreicht. werden können, wird die Folge ein geringerer Verbrauch von Phosphor sein. Welches dann die Folgen sind, haben wir, d. h. alle die, die im letzten Sommer in Hasselhorst dabeigewesen sind, außerordentlich deutlich gesehen. Die Folgen sind nicht auf die Landwirtschaft beschränkt, sondern treffen letzten Endes ebenso den Verbraucher und die Volkswirtschaft überhaupt.
Ich bin darum der Auffassung, daß wir die Angelegenheit nicht erst noch weiter dem Ausschuß überweisen, sondern in dem Sinne, wie das von Herrn Dannemann zum Ausdruck gebracht worden ist, beschließen, einer Subventionierung zuzustimmen und der Regierung zu empfehlen, die betreffenden Stellen mögen überprüfen, wo in der Industrie durch eine rationellere Arbeit der Phosphor in Zukunft der Landwirtschaft billiger zur Verfügung gestellt werden kann.
Herr Abgeordneter Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Worten des Berichterstatters des Haushaltsausschusses über diese Frage muß ich doch noch einmal das Wort ergreifen. Ich habe das nicht gewußt und bin hier von Voraussetzungen ausgegangen, die seinerzeit in dem Bericht hier im Hause über den Etat des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gebracht wurden. Dort hat es geheißen, daß der Haushaltsausschuß sich darüber einig gewesen sei, den Bundesfinanzminister aufzufordern, die entsprechenden Beträge vorzufinanzieren. Lesen Sie den Bericht nach! Ich weiß nicht mehr, wer der Berichterstatter war. Aber es stand darin. Es ist dem Hohen Hause vorgetragen worden. Die Herbeiführung der Prüfung jetzt durch die Bundesregierung genügt nicht. Ich unterscheide genau zwischen der Industrie und den Subventionen, die an die verbrauchende Landwirtschaft gegeben werden müssen. Die Rationalisierung der Industrie braucht durchaus nicht aufgehalten zu werden; die muß fortgeführt werden. Andererseits muß auch sichergestellt werden, daß nicht durch die kolossale Erhöhung — Verdoppelung bis nahezu Verdreifachung — des Preises der Phosphate ein wesentlicher Rückgang in der Düngemittelanwendung eintritt. Das ist die Frage, die vor mir steht. Deswegen handelt es sich um ein Kardinalproblem der Landwirtschaft.
Schauen Sie in die anderen Staaten hinein. Ich sage Ihnen darüber folgendes: Die deutsche Landwirtschaft ist die schlecktest subventionierte Landwirtschaft in ganz Europa. Überall hat man für die Absatz- und Produktionsfragen der Landwirtschaft mehr Verständnis als bei uns, und es sollen hier noch die letzten paar Reste weggenommen werden, die der Landwirtschaft unterstützend zur Seite
standen. Aus diesem Grunde bin ich auch dagegen, die Subventionen, die auf diesem Gebiet ehemals 70 Millionen und mehr betragen haben, restlos zu beseitigen. Deswegen habe ich einen Änderungsantrag eingebracht, der dahin geht, daß der Bundestag beschließen wolle, im Nachtragshaushalt die bisherigen Subventionen für phosphorhaltige Düngemittel fortzuführen, und ich bitte, den Ausschußantrag abzulehnen und meinem Antrag die Zustimmung zu erteilen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Antrag, den Herr Abgeordneter Niebergall gestellt hat, war nicht hinreichend von Abgeordneten in Zahl einer Fraktionsstärke unterstützt.
Jedenfalls hat Herr Abgeordneter Horlacher jetzt den gleichen Antrag gestellt.
— Das kommt so selten vor, daß man es besonders feststellen muß. — Damit muß zunächst über diesen Änderungsantrag abgestimmt werden. Herr Abgeordneter Horlacher hat den Änderungsantrag vorgetragen:
Der Bundestag wolle beschließen, im Nachtragshaushalt die bisherigen Subventionen
für phosphorhaltige Düngemittel für das
kommende Wirtschaftsjahr fortzuführen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen. Ich darf unterstellen, daß sich der zweite Antrag, der Ausschußantrag, damit erledigt.
— Herr Abgeordneter Schoettle, wenn ich mich recht erinnere, ist auf Antrag Ihrer Fraktion vom Bundesverfassungsgericht festgestellt worden, daß die Absätze 3 und 4 des § 96 der Geschäftsordnung verfassungswidrig sind.
— Das ist eine andere Frage.
Ist der Antrag des Ausschusses damit erledigt?
— Das ist der Fall. Dann ist dieser Punkt der Tagesordnung abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsdienststrafordnung ;
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung . (Erste Beratung: 164. Sitzung; zweite Beratung: 228. Sitzung.)
Sie haben die Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung auf Umdruck Nr. 654 vorliegen. Ich darf darauf hinweisen, daß durch den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 665 der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Umdruck Nr. 660, der Antrag der Abgeordneten Dr. Kleindinst und Genossen auf Umdruck Nr. 663 und, wie ich höre, auch der Antrag der Abgeordneten Kühn und Genossen auf Umdruck Nr. 664 erledigt ist. Es liegt also nur der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 665 vor.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, für die allgemeine Besprechung der dritten Beratung eine Redezeit von 60 Minuten festzusetzen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Brill!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich im Namen meiner politischen Freunde unser Bedauern darüber aussprechen, daß die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs so spät stattfindet. Wir Sozialdemokraten waren vor drei Wochen, am 10. September 1952, durchaus bereit, die dritte Lesung sofort im Anschluß an die zweite Lesung durchzuführen. Es ist für die gesamte Lage in diesem Haus bezeichnend, daß ein Einspruch der Freien Demokratischen Partei, der sich dagegen richtete, Gewerkschafts- und Beamtenvertreter als Verteidiger vor den Disziplinargerichten zuzulassen, diese Vertagung herbeigeführt hat.
Die uns heute vorgelegten Änderungsanträge versuchen, aus dieser Vertagung eine gewisse Konsequenz zu ziehen. Sie beziehen sich auf eine Anregung, die von uns in der zweiten Lesung gegeben war, und auf einige Anträge formaler Art, beispielsweise die Verschiebung der Termine, zu denen wohl nichts zu sagen ist.
Wenn man auf die zweite Lesung zurückblickt und die heute vorgelegten Anträge in diesem Zusammenhang betrachtet, muß wirklich die Frage aufgeworfen werden, wieweit überhaupt die Möglichkeit reicht, in diesem Hause sachlich zu diskutieren. Alle die Anträge, die von uns in der zweiten Lesung gestellt worden sind, waren nicht von irgendeinem parteipolitischen Gesichtspunkt geleitet. Sie wollten in ehrlicher Sachlichkeit eine Verbesserung der Vorlage herbeiführen.
Worauf haben sich diese Anträge bezogen? Sie haben sich bezogen auf eine Verbesserung der Vorschriften über die Verjährung von Dienstvergehen, auf den Zusammenhang zwischen ordentlichen und Disziplinarverfahren, auf die Wahrung des Beratungsgeheimnisses beim Disziplinargericht, auf die
Regelung der Verteidigung, auf die Heranziehung
von Beisitzern aus der Beamtenschaft selbst, auf die Anwendung des Richtergesetzes auf die ständigen Mitglieder der Disziplinargerichte, auf die Herstellung einer absoluten Rechtssicherheit in der Voruntersuchung, auf die Öffentlichkeit der Verhandlung und auf das Disziplinarverfahren gegen Richter. Ich glaube, es genügt, diese Anträge zu nennen, um zu erkennen, daß die Frage des Disziplinarrechts mit der Beratung dieser Novelle zur Reichsdienststrafordnung für die Bundesrepublik nicht abgeschlossen sein kann.
— Ich habe das im Rechtsausschuß getan, Herr Kollege.
— Der Rechtsausschuß war berufen, mitberatend tätig zu sein. Das ist geschehen.
Das Kompromiß, das jetzt in der Frage der Verteidigung vor den Disziplinargerichten vorgeschlagen ist, ist, glaube ich, in der gegenwärtigen Situation ein gangbarer Weg. Ich darf deshalb, auch wenn ich damit der Einzelberatung etwas vorgreife - es ist aber wohl nicht so wichtig, daß in der Einzelberatung dazu besonders gesprochen wird —, namens meiner Fraktion erklären, daß wir bereit sind, diesen Weg zu gehen. Wir sehen in der Zulassung von Gewerkschaftsvertretern als Verteidiger vor den Disziplinargerichten einen Fortschritt in der Verwirklichung des sozialen Prinzips. Wir werden jede Gelegenheit benutzen, um die Rechtsstellung der Gewerkschaften innerhalb des Staatsganzen auch in Einzelheiten gesetzlich zu regeln oder zu verbessern.
Auch der Vorschlag, daß in der zweiten Instanz nur Verteidiger, die die Fähigkeit zum Richteramt haben — im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes natürlich, das möchte ich besonders betonen —, und Verwaltungsrechtsräte auftreten können, wird von uns angenommen werden.
Betrachten wir das Gesetz im ganzen, meine Damen und Herren, so werden wir trotz schwerer Bedenken, die wir gegen dieses Gesetz haben, weil gewisse Züge der nationalsozialistischen Zeit in ihm anscheinend verewigt werden sollen
— gewisse, Herr Dr. Kleindinst; denken Sie bloß an die Frage der Öffentlichkeit der Verhandlungen, an den Zusammenhang zwischen ordentlichen und Disziplinarverfahren! —, dem Gesetz zustimmen. Wir sind der Aufassung, daß es erstens notwendig ist, endlich das Nazigesetz von 1937 zu beseitigen; wir sind der Auffassung, daß zweitens die Amnestieformel, die in diesem Gesetz gefunden worden ist, ein allgemeines Einverständnis erfordert, wenn der Sinn einer Amnestie verwirklicht werden soll; und wir meinen, daß der von mir genannte Fortschritt in der Rechtsstellung der Gewerkschaften wertvoll genug ist, um unsere Zustimmung zu bekommen.
Ich verzichte also auf eine Darlegung unserer Anträge in der Einzelberatung und möchte diese Erklärung zur Abstimmung gleich jetzt abgegeben haben.
Ich möchte aber die Gelegenheit benutzen, noch auf einen anderen Punkt einzugehen. Zwischen der zweiten und der dritten Lesung sind uns aus den Kreisen des Deutschen Journalistenverbandes Anregungen in bezug auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses und auf die Zeugenaussage von Journalisten und Redakteuren zugegangen. Wir möchten die Aufmerksamkeit der Herren Bundesminister der Justiz und des Innern auf diese Anregungen, die leider dem Bundestag, soweit ich habe feststellen können, nicht formell als Petition vorliegen
— sie liegen dem Bundestag nicht als Petition vor, sind nicht als solche eingegangen! —, besonders lenken. Wir sind der Auffassung, daß sie nur im großen Zusammenhang der Justizreform entschieden werden können und daß nach der Justizreform dann die Konsequenzen für das Disziplinarrecht gezogen werden müssen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Vorredners kann ich mich kurz fassen. Ich möchte nur auf zwei Gesichtspunkte eingehen.
Wir sind uns nicht bewußt, daß wir irgendwelche
nationalsozialistischen Grundsätze verewigt hätten.
Im Gegenteil! Denn erstens einmal wird es sich in der Frage, die der Herr Kollege Brill angezogen hat, nur um seltene Ausnahmefälle dann handeln, wenn das Disziplinarverfahren durchgeführt wird, nachdem die Tatbestände schon von einem strafrichterlichen Urteil völlig klargestellt sind, und zweitens haben wir ja in der Vorlage — und das war schon in der Regierungsvorlage enthalten — ausdrücklich eine Wiederaufnahme gerade in den Fällen vorgesehen, in welchen nach nationalsozialistischen Gesetzen ein Disziplinarverfahren mit einer Verurteilung beendet wurde und in welchen außerordentlich harte Strafen mit Rücksicht auf die nationalsozialistischen Gesetze und Anschauungen verhängt worden sind. Gerade diese Fälle sollen im Wege des Wiederaufnahmeverfahrens wieder in Ordnung gebracht werden.
Nun noch ganz kurz zu der Eingabe, die seitens des Deutschen Journalistenverbandes vorgelegt worden ist. Es sich darum, daß die viel erörterte und viel umstrittene Frage des Zeugnisverweigerungsrechts im Rahmen dieser Bundesdisziplinarordnung geregelt werden soll. Das haben wir nach eingehender Aussprache im Ausschuß für unmöglich gehalten. Diese Frage gehört in die Strafprozeßordnung und gegebenenfalls wegen der Zusammenhänge auch noch in das Pressegesetz. Die Strafprozeßordnung wird hier nur subsidiär, wird nur ergänzend angewandt, und es ist unmöglich, eine Frage, die von so großer prinzipieller strafprozessualer Bedeutung ist, in einem Sondergesetz zu regeln. Wir müssen sie vertagen, bis eine Änderung der Strafprozeßordnung und des Pressegesetzes dazu Anlaß gibt.
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
Meine Damen und Herren! Wir Kommunisten lehnen das vorliegende Gesetz zur Änderung der Reichsdienststrafordnung ab, weil wir grundsätzlich gegen Sondergesetze für Beamte sind, wie diese von der Regierungsmehrheit zur Durchsetzung der Regierungspolitik gefordert werden und in Gesetzen ihren Niederschlag finden, die gegen die Interessen der Beamten gerichtet sind. weil sie die Beamten durch Sondergesetze zu Staatsbürgern minderen Rechts machen. Das kommt sowohl im Personalvertretungsgesetz wie im sogenannten Treuepflichtgesetz und auch im vorliegenden Gesetz zur Änderung der Reichsdienststrafordnung zum Ausdruck.
Was diese anbetrifft, so sind wir Kommunisten der Auffassung. daß, soweit das Verhalten eines Beamten strafrechtlich zu verfolgen ist, das auf der Grundlage des Strafgesetzbuchs zu erfolgen hat und daß. soweit in Verbindung damit disziplinarische Maßnahmen erforderlich sind oder in Fällen von Disziplinarvergehen, die keine strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch darstellen, es möglich sein sollte. diese Fälle vor einer Wahlkörperschaft der betreffenden Dienststelle in Zusammenarbeit mit der Beamtenvertretung und insbesondere den Gewerkschaften und den Beamtenverbänden zu regeln. Einer Sondergerichtsbarkeit mit Bundesdisziplinaranwalt und Bundes-
disziplinargericht bedarf es unserer Meinung nach nicht. Kommt es in den Dienststellenkörperschaften zu keiner von beiden Seiten anerkannten Lösung, dann sollten die Arbeitsgerichte, bei denen Sonderkammern für Beamten- und Disziplinarsachen eingerichtet werden können, sich dieser
Fälle annehmen.
Eine solche Regelung entspricht der Regelung von Verstößen gegen Betriebsordnung und Arbeitsabkommen in der privaten Wirtschaft. Wir Kommunisten sind der Meinung, daß eine solche Regelung auch für Beamte am Platze ist, und wenden uns gegen die mit dem vorliegenden Gesetz vorgesehene Sonderregelung arbeitsrechtlicher Fragen für die Beamten.
Das sind die Gründe. die ich anzuführen habe, aus denen wir Kommunisten das vorliegende Gesetz ablehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Besprechung.
Zur Einzelberatung sind nur die Ziffern und Artikel aufzurufen, zu denen Änderungsanträge gestellt sind. Sind Sie damit einverstanden, daß ich den von den Fraktionen gestellten Antrag Umdruck Nr. 665 in seinen fünf Ziffern gemeinsam aufrufe?
Das ist der Fall. Eine Aussprache darüber wird nicht mehr gewünscht, nachdem schon in der allgemeinen Aussprache darauf Bezug genommen worden ist. Ich schließe die Besprechung zu den Ziffern 1 bis 5 des Umdrucks Nr. 665. Ich bitte die Damen und Herren, die den in diesen Ziffern gestellten Änderungsanträgen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Änderungsanträge sind angenommen.
Damit kommen wir unter Berücksichtigung dieser Änderungsanträge zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung der Reichsdienststrafordnung. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmen, sich zu erheben. — Das Gesetz ist gegen wenige Stimmen in der Schlußabstimmung angenommen.
Meine Damen und Herren, ich habe weiterhin die Aufgabe, über den Antrag des Ausschusses unter Ziffer 2, die vorliegenden Anträge zu diesem Thema für erledigt zu erklären — Seite 17 der Drucksache Nr. 3594 —, abstimmen zu lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Freigabe deutscher Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte ;
b) Beratung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU betreffend Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen vor unnötigen Inanspruchnahmen .
Herr Abgeordneter Gibbert wird die Anträge begründen. Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 15 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden. Bitte, Herr Abgeordneter Gibbert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, für meinen noch nicht anwesenden Kollegen Junglas die beiden Anträge Drucksachen Nrn. 3675 und 3636 in aller Kürze zu begründen.
Der Antrag Drucksache Nr. 3686 hat folgende Vorgeschichte: Im Land Kheinland-Pfalz sind bisher sieben Flugplätze gebaut worden. Für sie und für andere Truppenunterkünfte, Kasernen, Exerzierplätze, Depots usw. usw. sind bisher 13 000 Hektar Land zur Verfügung gestellt worden. Zusammen mit dem ehemaligen Wehrmachtbesitz sind nun 1,5 % der gesamten Landesfläche für Verteidigungszwecke zur Verfügung gestellt worden. Unter Berücksichtigung der dadurch gebrachten zweifellos großen Opfer ist dem Lande und der Landesregierung durch den französischen Landeskommissar die Zusicherung gegeben worden, daß auf den Bau von weiteren Flugplätzen verzichtet würde, daß also auch ein achter Flugplatz nicht gebaut werden sollte. Nun hat neuerdings das alliierte Hauptquartier, der Große Generalstab, den Plan eines achten Fiugplatzbaues erwogen und avisiert. Der Platz sollte in Rhein- Hessen ho Kreise Alzey oder auf dem Maifeld im Kreise Mayen gebaut werden. Gegen die en Plan hat sich sowohl die Bevölkerung wie die Landesregierung wie der Landtag ganz energisch und einmütig zur Wehr gesetzt, und zwar nicht, weil die Notwendigkeit der Verteidigungsbauten nicht erkannt würde, nicht, weil man hier vielleicht versuchen wollte, diese Opfer anderen Ländern aufzubürden, sondern weil die Methode abgelehnt wird, daß heute noch nach Sinn und Buchstabe des Besatzungsstatuts einseitige Entscheidungen der Alliierten in bezug auf deutschen Boden gefällt werden, die dann auch noch mit Gewalt effektuiert werden sollten. Im Sinne der Gemeinschaft, im Sinne der gesamteuropäischen Sicherung — das ist die Meinung — sollen Anforderungen der genannten Art mit den deutschen Dienststellen besprochen und die besten Möglichkeiten gesucht und gefunden werden.
Abgelehnt wurden diese Bestrebungen zweitens, weil die Verwendung solch hochwertigen Acker] andes zu Flugplatzbauten aus Ernährungsgründen unvertretbar ist. Beide Pläne erfassen nämlich höchstwertiges Ackerland. Bei dem Plan auf dem Maifeld zwischen Dreckenach und Moselsürsch — die Ländereien sind mir persönlich bestens bekannt — handelt es sich um Ländereien, die einen Einheitswert von 2000 DM pro Hektar haben und die wertvollste Kartoffelböden sind, aus denen insbesondere auch das Ruhrgebiet versorgt wird.
Der Widerstand der Bevölkerung, der Landesregierung und des Landtags hatte zweifellos insofern einen Erfolg, als Arbeiten zum Bau des Flugplatzes bisher nicht begonnen wurden.
Um aber ganz sicher zu gehen, ersucht der vorliegende Antrag die Bundesregierung, im selben Sinne wie die Instanzen des Landes mit den Alliierten zu verhandeln. Es darf dazu noch der Forderung Ausdruck gegeben werden, daß in allen bisherigen Fällen der Landwegnahme die Entschädigungen an die betroffenen Bauern schneller ausgezahlt werden. Wir haben den Fall, daß eine Entschädigungsfrage im Zusammenhang mit dem Flugplatzbau von Niedermendig aus der Zeit von 1945 heute noch nicht zufriedenstellend geklärt ist.
Der Antrag auf Drucksache Nr. 3675 ersucht die Bundesregierung, heute schon vorbereitende Maß-
nahmen zur Freigabe der von den Alliierten nicht mehr benötigten Liegenschaften zu treffen.
Ich bitte das Hohe Haus, den Anträgen zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu dem Antrag Stellung nehmen. In dem vom deutschen Bundestag gebilligten Freigabememorandum vom 17. August 1951 hat das Bundesministerium der Finanzen der Alliierten Hohen Kommission den Vorschlag unterbreitet, alliierte-deutsche Ausschüsse auf Landes- und Ortsebene einzusetzen, die die Möglichkeit der Freigabe von requirierten Liegenschaften prüfen sollen. Die in diesem Memorandum niedergelegten Grundsätze sind Gegenstand von Beratungen zwischen den alliierten und deutschen Sachverständigen anläßlich der Verhandlungen über den Deutschlandvertrag und seine Zusatzverträge gewesen.
Das Ergebnis dieser Besprechungen hat seinen Niederschlag in Art. 38 des Truppenvertrags gefunden. Danach sind die Streitkräfte verpflichtet, a) ihren Bedarf an Liegenschaften laufend zu überprüfen, um sicherzustellen, daß dieser Bedarf auf das Mindestmaß beschränkt bleibt, das mit dem Umfang und mit den Pflichten der Streitkräfte vereinbar ist; b) Liegenschaften, die nicht mehr benötigt werden, freizugeben; c) Liegenschaften, für die befriedigende Ersatzliegenschaften verfügbar gemacht werden, freizugeben.
Wenn auch in Art. 38 die Bildung von deutschalliierten Ausschüssen ausdrücklich vorgesehen ist, so hat jedoch schon damals anläßlich der abschließenden Beratungen zwischen dem Bundeskanzler und den Herren Hohen Kommissaren Einigkeit darüber bestanden, daß die Bildung solcher Ausschüsse zweckmäßig sei und im beiderseitigen Interesse liege. Schon aus den bisherigen Maßnahmen der Besatzungsstreitkräfte war zu entnehmen, daß diese grundsätzlich bereit sind, gemischte Ausschüsse — und zwar sowohl auf Landesebene als auch auf Ortsebene — einzurichten.
Über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit kann ich Ihnen auf Grund der mir in den letzten Tagen zugegangenen Stellungnahmen der Landesregierungen folgendes mitteilen. In den Ländern Bayern. Hessen. Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen sind alliierte-deutsche Ausschüsse auf Landesebene schon eingerichtet worden. In Bremen besteht bereits seit 1951 ein solcher Ausschuß. Dieser Ausschuß hat 103 Anträge bereits bearbeitet mit dem Ergebnis, daß die amerikanische Besatzungsmacht 93 Häuser freigegeben hat. In den Ländern Bayern und Hessen sind ebenfalls solche Ausschüsse gebildet, die zum erstenmal am 30. September oder 2. Oktober 1952 zusammentreten sollen. Im Lande RheinlandPfalz besteht eine gemischte Kommission beim Landeskommissariat, die sich mit der Freigabe requirierter Liegenschaften befaßt. Auf Grund des Ergebnisses dieser Verhandlungen konnten im letzten Vierteljahr in Rheinland-Pfalz 53 Wohnungen und 3 Gewerbebetriebe aus der Requisition freigegeben werden.
Ausschüsse auf Ortsebene: solche bestehen bereits in verschiedenen Städten und Gemeinden des Bundesgebiets. In der Regel arbeiten die zuständigen Kreis-Resident-Offiziere im Benehmen mit dem Besatzungskostenamt, den Stadtverwaltungen sowie den Vertretungen der Interessenverbände der Besatzungsgeschädigten zusammen, auch über Freigabeanträge der Besatzungsgeschädigten. Die Einrichtung solcher Ortsausschüsse hat sich in einigen Fällen bereits ausgezeichnet bewährt. So konnten z. B. in Herford in Westfalen durch entsprechende Verhandlungen über gemeinsame Nutzung von requirierten Wohngebäuden durch Angehörige der Streitkräfte und durch die Grundstückseigentümer nach Durchführung kleinerer Umbaumaßnahmen 150 bisher requirierte Wohnungen und darüber hinaus noch 17 gewerbliche Betriebe und öffentliche Einrichtungen freigegeben werden. Diese Umbaumaßnahmen hat das Bundesministerium der Finanzen entsprechend den Grundsätzen des Freigabememorandums aus Mitteln des Einzelplans XXVII finanziert. Das Bundesministerium der Finanzen hofft, daß die Arbeit dieser gemischten Ausschüsse dazu führen wird, daß in allen Fällen, in denen requirierte Objekte nicht oder nur unzureichend genutzt werden, diese unverzüglich dem Eigentümer freigegeben werden.
Da auch nach Durchführung dieser Sofortmaßnahme mit Rücksicht auf die große Zahl der im Bundesgebiet vorhandenen Streitkräfte und ihrer Angehörigen eine erhebliche Anzahl von Objekten übrigbleibt, die weiterhin benötigt werden, ist es erforderlich, ohne Zeitverlust mit den in dem Freigabe-Memorandum bereits in Aussicht gestellten Ersatzbaumaßnahmen zu beginnen. Das Bundesministerium der Finanzen hat sich deshalb entschlossen, Bundesmittel des Einzelplans XXVII im Gesamtbetrag von 75 Millionen DM für ein erstes Programm zur Errichtung von Ersatzgebäuden für die Streitkräfte zum Zwecke der Freimachung altrequirierter Gebäude zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechendes Rundschreiben wird in den nächsten Tagen bereits den Herren Finanzministern und Finanzsenatoren der Länder und dem Senat von Berlin zugehen. In dem Rundschreiben sind die Herren Landesfinanzminister gebeten worden, einen Gesamtplan über die Errichtung von Ersatzgebäuden im Rahmen der auf die einzelnen Länder entfallenden anteiligen Beträge aufzustellen. Sobald dem Bundesministerium der Finanzen die Unterlagen vorliegen. wird dieses mit den alliierten Hauptquartieren über die Durchführung der Ersatzbaumaßnahmen und die Freigabe einer entsprechenden Anzahl von altrequirierten Gebäuden verhandeln. In erster Linie soll versucht werden, Ein- und Zweifamilienhäuser freizumachen. Bei der Auswahl der Objekte soll in erster Linie auf die sozialen und die sonstigen eine vordringliche Behandlung rechtfertigenden Verhältnisse des einzelnen Eigentümers abgestellt werden.
Durch diese Ersatzbaumaßnahmen und andere geeignete Hilfsmaßnahmen hofft die Bundesregierung, in angemessener Zeit zu einer planmäßigen Freimachung der altrequirierten Wohnungen und Gewerbegebäude der privaten Hand zu gelangen. Diese Verhandlungen müssen mit den verschiedenen Hauptquartieren geführt werden. Ich habe erst vor 48 Stunden durch Herren meines Hauses Verhandlungen mit dem Chef der amerikanischen Luftwaffe in Deutschland abschließen können. Ich kann zu meiner inneren Befriedigung die Mitteilung machen, daß bei diesen Verhandlungen die in dem Memorandum vom 17. August 1951 aufgestellten Grundsätze von der Gegenseite vorbehaltlos anerkannt worden sind.
Es ist anerkannt worden, daß der wirklich nötige
Bedarf durch deutsch-amerikanische Ausschüsse
festgelegt werden soll. Es ist anerkannt worden,
daß die leerstehenden Objekte zurückgegeben werden müssen. Es ist der Grundsatz anerkannt worden, daß nunmehr im Gegensatz zu früher Deutsche
und Amerikaner in einem Hause wohnen können.
Es ist angenommen worden, daß die beschlagnahmten Objekte gegen Ersatzgestellung in angemessenem Umfang freigegeben werden. Weiter ist vereinbart worden, daß dort, wo gemischte deutschamerikanische Ausschüsse auf Landesebene oder auf Ortsebene noch nicht bestehen, solche jetzt gebildet werden sollen. Weiterhin ist von dem Chef der amerikanischen Luftwaffe in Deutschland ein Ersatzwohnungsbauprogramm für Wiesbaden, Frei-sing, Erding und andere Orte gebilligt worden, das 40 Objekte umfaßt, wobei von deutscher Seite erreicht wurde, daß je Wohnungseinheit ein Durchschnittsbetrag von 30 000 DM zugrunde gelegt wird, während bisher Beträge bis zu 80 000 DM von den alliierten Mächten gefordert worden sind.
Ich hoffe, daß diese ersten Verhandlungen, die bereits zu einem Ergebnis geführt haben, Muster und Beispiel für alle Verhandlungen sind, und ich hoffe, daß damit das deutsche Memorandum sein Ziel erreicht hat. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich den gestellten Antrag im Namen der Bundesregierung nur begrüßen.
Ich eröffne die Aussprache im Rahmen der allgemeinen Redezeit von 60 Minuten. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Brönner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den bisherigen grundsätzlichen Ausführungen zu Art. 38 der zweiten Anlage des Deutschlandvertrags und nach der sehr wohltuenden Vereinbarung, von der wir eben vom Herrn Bundesfinanzminister gehört haben, daß man endlich die notwendige Rücksicht auf die deutschen Menschen nehmen will, die sich in einer solchen Wohnungsnot befinden, darf ich trotzdem zur Unterstreichung dieser Gedankengänge noch einmal auf das bisherige Verhalten der alliierten Streitkräfte in bezug auf die Wohnungen hinweisen.
Bei der Bevölkerung hat gerade deshalb eine so starke Erbitterung eingesetzt, weil auf die Wohhungsnot in Deutschland nicht die gebührende Rücksicht genommen worden ist. Vor allem wurden drei Mißstände getadelt: einmal das lange Freistehen von Wohnungen; dann die geringe Belegung von Wohnungen und endlich die Unmöglichkeit, im eigenen Hause mit Amerikanern zusammen wohnen zu dürfen. Wochenlang stehen Wohnungen leer, und wenn sie noch länger leer gestanden haben und eine Beschwerde vom Bürgermeister kommt, dann setzt man einen Hausmeister hinein und kann erklären: das Haus ist j a belegt. Wenn dann die Amerikaner gekommen sind, um einzuziehen, hat man diesen Hausmeister herausgenommen; denn er durfte ja weder im Untergeschoß noch im Dachstock mit den Amerikanern wohnen. Man stellt jetzt den Antrag an die Gemeindebehörden, für diesen Mann eine Wohnung zu beschaffen.
Das Volk vergleicht eben die eigene Wohnungsnot mit der Art der Bewirtschaftung der Wohnungen auf der Seite der Besatzungsmächte. Besonders bedauerlich ist es, daß die amerikanischen Behörden und die amerikanische Wehrmacht es bisher abgelehnt haben, mit den Deutschen unter einem Dach zu wohnen. Gerade die Dachstockwohnungen und die Wohnungen im Untergeschoß würden von den Hauseigentümern gern benutzt, wenn sie im Hause bleiben dürften, damit sie auf das Haus und seine Einrichtungen entsprechend achten könnten. In diesem Punkte muß es unter allen Umständen in der Zukunft anders werden.
Die Wohnungspolitik der Alliierten hat in der Öffentlichkeit allerschärfste Kritik gefunden. Zahlreiche deutsche Familien sind heute noch in Bunkern, in Lagern oder zu vier, fünf und sechs Personen in einem einzigen Zimmer zusammengepreßt, ohne Bad, ohne Küche, ohne zumutbare Toilettenverhältnisse. Und dann vergleicht die Bevölkerung das, was man sich dort leistet und wie sich die Deutschen in bitterster Not befinden, und bildet sich ein entsprechendes Urteil.
Die Bemühungen der Gemeinden, eine bessere Ausnützung der Wohnungen zu erreichen und einen Teil der beschlagnahmten Wohnungen freizubekommen, scheitern meist an der unnachgiebigen Haltung der militärischen Stellen. Die Zivilverwaltung ist zumeist geneigt, entgegenzukommen. Aber sie ist nicht entscheidend, und daran scheitern dann die notwendigen Änderungen.
Ich darf nur als Beispiel die Stadt Bad Mergentheim anführen. Dort sind, neben Hotels und Pensionen, noch 30 Häuser mit rund 80 Wohnungen beschlagnahmt. Sie sind für Angehörige des Heeres und deren Familien bestimmt. Diese Wohnungen stehen leer oder sind nicht hinreichend belegt. Alle Bemühungen der Stadt hatten kaum einen Erfolg.. Diese Wohnungspolitik ist zu einem öffentlichen Ärgernis geworden.
Nun die Folgerung daraus. Wir verlangen von der Zukunft, daß die ausländischen Streitkräfte bei der Inanspruchnahme von Liegenschaften, insbesondere von Wohnungen, die notwendige Rücksicht auf die gesamte Wohnungsnot und auf die deutsche Bevölkerung nehmen. Wir sind auf dem Wege zur wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einigung Europas. Dazu dienen der Vertrag der Montan-Union, der EVG-Vertrag und die Vereinbarung mit der NATO. In Art. 38 sind die Rechte und Pflichten abgegrenzt. Wir haben die dringende Bitte, daß die Bundesregierung die vorgesehenen Ausschüsse alsbald bildet oder nachhilft, damit sie auch in den Ländern und Gemeinden gebildet werden. Ebenso dringend müssen wir die maßgebenden Stellen der Streitkräfte bitten, bei den Beratungen der Ausschüsse auf unsere Wohnungsnot zu achten. Die Haltung des deutschen Volkes gegenüber den Streitkräften wird sehr davon abhängen, ob die Streitkräfte und ihre Angehörigen ebenso bescheiden zu wohnen bereit sind wie die deutsche Bevölkerung. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß die privaten Liegenschaften, insbesondere die Wohnungen möglichst bald freigegeben werden und daß bei der Durchführung des Deutschlandvertrages auf die berechtigten Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung die notwendige Rücksicht genommen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Höcker.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit drei Jahren beschäftigen wir uns mit dem Problem, das heute nachmittag hier zur Debatte steht. Alle Bemerkungen, Wünsche und Forderungen der deutschen Bevölkerung in bezug auf die Politik der Besatzungsmächte in der Frage der Beschlagnahme von Wohnraum und sonstigem Eigentum sind bisher ergebnislos geblieben. Das einzig Positive, das wir heute nachmittag durch den Mund des Herrn Finanzministers gehört haben, ist, daß sich nunmehr die Amerikaner bereiterklärt haben, lokale Ausschüsse zu bilden, um mit den Deutschen gemeinsam eine Überprüfung dieser Angelegenheit vorzunehmen. Ich wünsche nur, daß auch die Engländer diesem Beispiel folgen möchten,
ebenso die Franzosen; dann würde zweifellos sehr viel Mißstimmung aus dem Wege geräumt werden, und das Verhältnis der Deutschen zu den Besatzungsmächten würde in eine etwas mehr freundschaftliche Atmosphäre hineinkommen.
Ich glaube, auch dem Herrn Vorredner, der eben sprach, zustimmen zu können, wenn ich sage: ich habe zu den militärischen Dienststellen auf Grund der Erfahrungen, die ich seit 1945 mit den Herrschaften gemacht habe, wenig Zutrauen, daß sie bereit sind, von dem Luxusstandard, den sie in Deutschland heute haben, abzugehen.
Meine Damen und Herren, bereits vor sieben Jahren, selbst noch nach Beendigung des Kriegszustandes, der ja offiziell im gewissen Sinne 1951 beendet sein sollte, sind die Alliierten — und ich muß sagen: unter Mißbrauch der Haager Landkriegsordnung; denn diese Haager Landkriegsordnung war auch für s i e noch maßgebend — mit ihren Familienangehörigen in deutsche Wohnungen und Privathäuser eingezogen. Obgleich sie betonte Kulturnationen sind, ließen sie sich trotz der ihnen bekannten und durch sie selbst hervorgerufenen krassen Notlage der Betroffenen in ihrem Wohnraumluxus, in dem aufreizenden Leerstehenlassen von Wohnungen und ganzen Häusern nicht stören. Wir haben gehört, daß für die Besatzungsmächte in den vergangenen Jahren für Millionenbeträge Wohnungen gebaut worden sind; aber trotz aller Proteste und trotz allen Bauens sind in den letzten Jahren seitens der Besatzungsmächte nur sehr wenige Wohnungen freigegeben worden.
Bekanntlich bezweckt die Politik der Alliierten — und dieser Wunsch wird, wie wir bei jeder Gelegenheit hören, immer wieder betont —, freundschaftliche Beziehungen zu unserem Volke aufzunehmen. Auf Grund ihrer Absicht, sich von Besatzungsmächten in Schutzmächte zu verwandeln, glaubten sich die Besatzungsgeschädigten zu der bestimmten Annahme berechtigt, daß durch den Abschluß eines Generalvertrags mit Zusatzverträgen, welche das Besatzungsstatut ja aufheben sollen, endlich ein grundlegender Wandel in der Politik der Beschlagnahme eintreten würde; denn tatsächlich ist das, was in den letzten Jahren in bezug auf diese Dinge hier geschehen ist, eine brutale Mißachtung der Menschenrechte und jeglicher Rechtsgrundsätze. Zu dieser Annahme, daß jetzt eine vernünftigere Politik getrieben werden würde, waren die Besatzungsgeschädigten um so mehr berechtigt, da die Alliierten mehrmals wissen ließen, daß sie das Memorandum des Bundesfinanzministers vom 17. August 1951 ernsthaft prüfen wollten. Der Finanzminister hat eben gesagt, daß diese Prüfungen jetzt zu einem gewissen Abschluß gekommen sind, und ich bin gern bereit, ihm zu wünschen, daß er tatsächlich in dieser Beziehung zum Ziele kommen möchte. Diese Prüfung hat bei dem Aushandeln der Verträge nahezu ein Jahr gedauert, und es konnte angenommen werden, daß sie zu einem Ende im Sinne der Besatzungsgeschädigten gebracht und im Ergebnis des Vertragswerks einen bindenden Niederschlag finden würde. Wer aber einmal den Art. 38 des Truppenvertrags, der eben schon angeführt worden ist, nachliest, der wird finden, daß er keine oder nur eine geradezu andeutungsweise geringe Lösungsmöglichkeit bietet. Dieser Vertrag bringt in seinem Art. 38 einige gänzlich unverbindliche, äußerstenfalls freundliche Worte in bezug auf die zukünftige Politik der Besatzungsmächte in dieser Frage. In Art. 37 wird das Aufrechterhalten der Beschlagnahme durch die deutsche Bundesgesetzgebung der Bundesrepublik vertraglich auferlegt. Eine weitere Auslegung des Begriffs „militärische Streitkräfte, Personal und Gefolge" legt, insbesondere im Zusammenhang mit Art. 36 unter dem Oberbegriff „Mitglieder der Streitkräfte", das Ausmaß des Bedarfs an Wohnraum völlig in die Hand der Alliierten. Nicht einmal der Raumanspruch des einzelnen Besatzungsangehörigen wird in diesen Verträgen irgendwie festgelegt. Ich könnte mir denken, daß das englische Kriegsministerium noch auf dem Standpunkt steht, den es 1938 gegenüber seinen Heeresangehörigen in den Kolonien vertreten hat, und daß dieser Wohnraumbedarf auch heute noch in der britischen Besatzungszone Geltung haben könnte, auch wenn der Generalvertrag mit diesen Klauseln abgeschlossen sein wird.
Daß die nun so lange schon — seit sieben Jahren — aus ihren Heimen und Häusern kurzerhand Herausgeworfenen maßlos enttäuscht sind, wird niemanden wundern. Ihre Erbitterung über soviel rücksichtslosen, kaltblütigen Egoismus und über solche Ausnutzung der reinen Machtposition als Militärmacht wird jedermann begreifen können. Das Geringste, was in die Verträge hätte aufgenommen werden müssen, wäre doch eine Bestimmung gewesen, welche vorschreibt, daß mit den Verhandlungen mit der Bundesregierung über einen konstruktiven Plan für Neubauten und Freigaben des altbeschlagnahmten Wohn- und Gewerberaumes sofort begonnen und daß zugleich eine Überprüfung des noch beschlagnahmten privaten Wohn- und Gewerberaumes in die Wege geleitet werde
mit dem Ziele, alles das sofort freizugeben, was irgendwie entbehrlich ist. Nur so könnten die Alliierten ihren Worten von dem Willen zu freundschaftlichen Beziehungen Glauben verschaffen, nur so wäre der Bundesregierung die schärfste Opposition eines nicht unbeachtlichen Volksteils erspart geblieben. Dieser Volksteil sind eben die in dieser Frage in schärfster Opposition zur Bundesregierung — auch in bezug auf den Generalvertrag, soweit sie diese Dinge betreffen — stehenden dreieinhalb Millionen Besatzungsgeschädigten, die heute noch unter diesen Dingen zu leiden haben.
Dafür, daß es auch eine außereuropäische Militärmacht gibt, die etwas anderes kann, habe ich ein Beispiel in einer kanadischen Militärformation. Die 27. kanadische Infanteriebrigade hat sich in dieser Beziehung beispielhaft gezeigt, als sie vor
einigen Monaten in Deutschland einrückte. Sie ließ ihre Familien und ihren Anhang zu Hause. Sie bezog keine beschlagnahmten Wohnungen, sondern nur frühere Kasernen. Die kanadische Regierung sagte ausdrücklich, sie sei entschlossen, dadurch die Freundschaft der deutschen Bevölkerung zu gewinnen.
Sie sagte: wenn die Völker Westeuropas dahin kommen, daß sie die Truppen ihrer Verbündeten zu hassen beginnen, wird die ganze nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft zusammenbrechen. Das ist die offen ausgesprochene Meinung der Regierung von Kanada. Ich wünschte nur, daß die amerikanische, die englische und die französische Regierung sich auch zu diesem Standpunkt bekennen würden. Dann würde zweifellos ein beachtenswerter Faktor in der Verständigung der Völker untereinander erreicht sein.
Ich könnte noch eine ganze Reihe von Ausführungen in bezug auf das Recht machen, wie es hier in dem Generalvertrag vorgesehen ist. Ich bin der Auffassung und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß in diesem Generalvertrag nicht die Möglichkeit gegeben wird, ein eindeutiges Verfahren auf diesem Gebiet zugunsten der Herbeiführung eines wichtigen Rechtsstandpunktes festzulegen. Die Vertragsbestimmungen über die Entschädigung von Belegungs- und dienstlichen Schäden sind völlig unbefriedigend, insbesondere auch die für Körperschäden. Weiterhin würde der Willkür alliierter Militärdienststellen die Entscheidung überlassen bleiben, ob und inwieweit für Verluste und Schäden, die durch Handlungen und Unterlassungen ihrer eigenen Streitkräfte verursacht worden sind, 3) Entschädigungen zu zahlen sind. Hierbei sollen nach dem Vertrag die Vorschriften des deutschen Rechtes von diesen Dienststellen berücksichtigt werden. Meine Damen und Herren, wer weiß, wie das Wort „berücksichtigen" ausgelegt werden kann, insbesondere wenn cs sich m solche Dinge handelt, wird zugeben, daß das eine leere Phrase ist, die in Wirklichkeit nichts bedeutet. Es müssen also nach unserer Auffassung Wege gefunden werden, diese unhaltbaren Vertragsbestimmungen abzuändern.
Gilt dies für den Vertrag und sein Inkrafttreten, so ist es schon vor dem Inkrafttreten erforderlich, daß alle einschlägigen Bestimmungen gegenüber den Alliierten im Interesse des deutschen Volkes verbessert, deutschem Rechtsempfinden angepaßt und so gefaßt werden, daß die Beseitigung der angerichteten Schäden sofort nach Freigabe in Angriff genommen werden kann und, was sehr wesentlich ist, daß wirklich ein Fortschritt in der Freigabe der beschlagnahmten Wohnungen und Häuser eintritt.
Zusammenfassend möchte ich folgendes sagen. Wenn die betreffenden Bestimmungen etwa einen Prüfstein für die Einräumung einer Gleichberechtigung abgeben sollten, welche bekanntlich nach Auffassung der Regierungsparteien durch das Vertragswerk angestrebt wird, so kann von einer solchen Gleichberechtigung und Souveränität in diesem Falle gewiß nicht gesprochen werden. In Wirklichkeit lebt das Besatzungsstatut mit anderen Worten und in anderen Formen nach wie vor fort, wie es bisher bestanden hat. Schutztruppen sind dann keine solchen, wenn sie nicht dieselben Gesetze beachten, welche sie in jedem anderen Land beachten müssen. Von Schutztruppen kann nicht gesprochen werden, wenn sie solche Vor-
rechte erzwingen, die ihnen in ihrem Heimatlande und in ihren Organisationen nicht zustehen und mit denen sie das Schutzland überfordern. Gleichberechtigung räumt den Völkern Selbstbestimmungsrecht ein. Das ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts. Dem Selbstbestimmungsrecht entspricht das deutsche Grundgesetz, das im übrigen von den Alliierten genehmigt ist. Gegen dieses Grundgesetz verstoßen aber nach meiner Auffassung die Vertragsbestimmungen, die in dem Generalvertrag und seinen Nebenverträgen stehen. Deshalb wird es Aufgabe des Bundestages und der betreffenden Ausschüsse sein, die sich mit diesem Gesetz noch in zweiter und dritter Lesung zu befassen haben, vor Inkraftsetzen des Gesetzes diese Bestimmungen zu ändern, damit sie sich dem deutschen Rechtsstandpunkt und dem Recht überhaupt nähern und damit in dieser Frage wirklich Recht wird.
Aber die Häuserbeschlagnahmung ist ja nicht das einzige. Auch Wohnungen, Fabriken und gewerbliche Räume werden davon betroffen. Vor mir liegt eine Statistik des deutschen Bäderverbandes vom 1. April 1952. Darin wird festgestellt, daß 24 Bade- und Kurorte mit insgesamt 16 949 Betten
beschlagnahmt sind, davon 15 Bäder, in denen Kureinrichtungen beansprucht werden. 3755 Betten werden durch andere als durch alliierte Stellen benutzt. Bekannt ist das Beispiel Bad Oeynhausen, das seit Jahren vollständig beschlagnahmt ist und das einen Ausfall von mehreren Millionen DM gehabt hat, ganz abgesehen von den Hunderten von Existenzèn, die wirtschaftlich an den Rand des Ruins gebracht worden sind und die Jahre gebrauchen müßten, um wieder zu einer Existenz zu kommen. Ahnliche Verhältnisse sind nach dieser Statistik in Bad Nauheim, in Tölz, Westerland, Wiesbaden, Wiessee usw. festzustellen. Auch hier trifft das zu, was ich eingangs sagte, daß eine Überbeanspruchung in einem Ausmaße stattfindet, die die deutsche Bevölkerung nicht versteht und die in keinem Verhältnis zu dem Bedarf steht, den die Alliierten tatsächlich haben dürfen.
Die Überbeanspruchung von landwirtschaftlich genutztem Gelände ist bekannt. Ich habe selbst erlebt, daß Bauernland beschlagnahmt wurde. Es wurden Sportplätze angelegt. Zwei Jahre mußte der Boden sich sacken. Ein Jahr mußte das Gras wachsen, damit man darauf Fußball spielen konnte. Drei Jahre lag das Gelände vollständig brach. Und jetzt spielen lächerliche zwanzig Mann auf einem Fußballplatz, der zur teilweisen Vernichtung einer landwirtschaftlichen Existenz geführt hat.
Meine Damen und Herren, das sind furchtbare Zustände, die geändert werden müssen. In ein vernünftiges Verhältnis zu den Alliierten kommen wir erst dann, wenn deutsches Recht tatsächlich hergestellt wird, wenn das deutsche Recht auch für die Alliierten in dieser Beziehung gilt.
Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses auf eine andere Seite der Angelegenheit lenken.
In dem Antrag Drucksache Nr. 3686 wird verlangt, die Inanspruchnahme wertvollster landwirtschaftlicher Nutzflächen zur Errichtung militärischer Anlagen möge unterbleiben. Ich darf Ihnen zu diesem
Kapitel eine Illustration aus den letzten Tagen geben. Die Alliierten beabsichtigen neuerdings, im Kreise Erbach im Odenwald auf der sogenannten Sophienhöhe und den angrenzenden Bezirken ein Munitionslager auf einer Fläche von 240 Morgen Land anzulegen. Der Weg führt an einem Krankenhaus vorbei, wenn das geschieht, was hier beabsichtigt ist. Das geschieht in unmittelbarer Nähe eines Kurheims. Das geschieht in dem dichtestbesiedelten Bezirk des Odenwalds. Das geschieht in einer Gegend, die bei einer Explosion in der allerschlimmsten Weise in Mitleidenschaft gezogen werden müßte, von Krieg und Kriegsgefahr in diesem Zusammenhang ganz zu schweigen. In der Zeit des „Dritten Reiches", das wirklich nicht als vorbildlich angesehen werden darf, hat man ein ausgedehntes Munitionslager immerhin tief im „Urwald" des Odenwalds, fernab von jeder menschlichen Siedlung, angelegt. Hier soll nun durch Maßnahmen der Alliierten ein Munitionslager in unmittelbarer Nähe des am dichtesten bevölkerten Gebietes des Odenwalds angelegt werden,
wo Städte liegen, die auf eine zwölfhundertjährige Existenz und Kultur zurückblicken, wo die Bevölkerung in einem Ausmaße bedroht wird, daß man dem nicht widerstandslos und tatenlos gegenüberstehen darf. Ich habe mich bereits mit dem Auswärtigen Amt in Verbindung gesetzt und eine vorläufige Antwort erhalten, die mich in keiner Weise befriedigt. Da Gefahr im Verzug ist, nehme ich die Gelegenheit wahr, von der Tribüne des Hohen Hauses darauf hinzuweisen, daß es unmöglich sein muß, derartig ausgedehnte Munitionslager in nächster Nähe der Wohnsitze der Bevölkerung anzulegen.
Ich danke Ihnen, wenn Sie durch die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 3686 und durch die Betonung, daß derartige Dinge unmöglich sein müssen, einer solchen Entwicklung zu begegnen versuchen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hauses auch noch ganz kurz auf eine andere Seite dieses Problems richten, das uns hier j a schon verschiedentlich beschäftigt hat. Wir sind uns ja alle darüber einig, daß auf beiden Seiten alles Interesse vorhanden ist, zu einer Normalisierung der Beziehungen zu kommen.
Was mir heute am Herzen liegt, ist nicht die Frage der Liegenschaften, sondern ein Fall, der sich augenblicklich in Goslar auswirkt, wo auf dem Territorium der alliierten Streitkräfte dreizehn Angestellte mit ihren Familien kurzfristig entlassen worden sind und nun vor dem Wohnungsamt stehen und Wohnungen verlangen in einer Stadt, die wohnungsmäßig schlechter steht als irgendeine. Wir haben in Goslar 990 Dringlichkeitsfälle und 180 Sofortfälle. Das Wohnungsamt weiß effektiv nicht, wo es mit diesen dreizehn Familien hin soll, wenn sie nicht in lagermäßige Unterbringung kommen sollen. Ich bitte den Herrn Finanzminister, doch auch dieser Seite der Frage seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, damit die Entlassungen von Bediensteten der alliierten Streitkräfte auch unter dem Gesichtspunkt der Wohnungsnot und damit
unter dem Gesichtspunkt der inneren Befriedung solcher durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene so überfüllten Städte und Orte gesehen werden.
Von der kommunistischen Gruppe haben sich zwei Herren gemeldet. Herr Abgeordneter Kohl!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Besatzungsverdrängten sind dem Kollegen Brönner zu Dank verpflichtet, daß er einmal ihre Forderungen dahin umrissen hat, es sei der Wunsch dieser Menschen und sie wären damit zufrieden, wenn sie wenigstens in Dachgeschossen und Kellern wohnen könnten. So sehen die Dinge in der Praxis nicht aus. Das Studium der empörten Eingaben und Resolutionen dieser Menschen wäre wirklich einmal zu empfehlen. Wir sind sogar der Auffassung, daß diese beiden Anträge, die hier mit Rücksicht auf die kommenden Wahlen vorgelegt sind, auch der Empörung entsprechen, die in diesen Kreisen zweifelsohne über die Politik der Bundesregierung und ihre Auswirkungen vorhanden ist. Beide Anträge — darüber soll man sich im klaren sein — verpflichten die Bundesregierung und die Alliierten zu nichts. Sie täuschen eine Souveränität vor, die die Bundesrepublik weder im gegenwärtigen Zustand des Besatzungsstatuts noch nach der Verabschiedung des Generalvertrages überhaupt besitzen wird.
Und, meine Damen und Herren, was soll es denn heißen, daß Sie plötzlich solche Anträge einbringen und damit Ihre Politik der Zweigleisigkeit beweisen, der Zweigleisigkeit, daß Sie hier eine Politik des Generalvertrags und des EVG-Vertrags befürworten und begrüßen, während Sie auf der andern Seite in den Gemeinden gegen die Auswirkungen dieser Politik Stellung nehmen? So kann man nach unserer Auffassung nicht eine ehrliche Politik gegenüber den davon betroffenen Kreisen rechtfertigen.
— Meine Damen und Herren, keine künstliche Erregung! Denken Sie an das Bundesleistungsgesetz, das Sie zu verabschieden bereit sind und das lediglich dazu geschaffen wird, die Wünsche der Alliierten entgegenzunehmen und sie unter allen Umständen zu erfüllen. Das Büro Blank hat hierin einige Erfahrungen und weiß, wie man das deutsche Volk auf diesem Sektor rechtlos macht. Mit der Hereinnahme weiterer fremder Truppen wird doch diese Angelegenheit nicht erledigt, sondern sie wird von Tag zu Tag schlimmer werden. Nehmen Sie einmal die letzte Entschließung, die beispielsweise die Stadtverordnetenversammlung in Bad Nauheim gefaßt hat, die der Bundesregierung offen den Vorwurf macht, auf diesem Gebiet noch nichts unternommen zu haben, und die sich auf einen Brief des amerikanischen Hohen Kommissars bezieht, der sagte, daß in dieser Angelegenheit mit der Bundesregierung noch nichts vereinbart worden sei. Es wäre wirklich zweckmäßig gewesen, wenn Sie sich weniger auf Art. 38 des Truppenvertrags berufen hätten, sondern denselben einmal studiert hätten, der eindeutig davon spricht, daß wegen Beendigung des Kriegszustandes völkerrechtswidrig gewordene Beschlagnahmen privaten Eigentums aufrechterhalten werden. Und wenn Sie die Eingabe der Wiesbadener Besatzungsverdrängten und die Entschließung der
Stadtverordneten von Bad Nauheim lesen, so werden Sie darin finden, daß das amerikanische Hauptquartier in Heidelberg eindeutig erklärt hat, daß es nicht daran denkt, bis jetzt beschlagnahmten Wohnraum überhaupt aufzugeben. Der Art. 38 des Truppenvertrages spricht zwar von einer Überprüfung und von einer Rückgabe der Liegenschaften an Privatpersonen. Aber diese Formulierung ist in keiner Form bindend.
Wir sind der Auffassung, daß der Antrag auf Drucksache Nr. 3686 wohl angenommen werden kann, daß hingegen der andere Antrag auf Drucksache Nr. 3675 bedenklich ist. Die Antragsteller sprechen von der Bildung von Ausschüssen. Bezeichnenderweise läßt man bei diesen Ausschüssen die Vertreter der Besatzungsgeschädigten außer acht. Deswegen sehen wir uns nicht in der Lage, diesem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Eichner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag möchte ich darauf hinweisen, daß noch immer da und dort Flugplätze beschlagnahmt sind, welche seit 1945 aufgelassen sind, d. h. nicht mehr benutzt werden. Die Bauern, denen diese Grundstücke vor dem Kriege zur Errichtung von Flugplätzen — vielleicht da und dort auch zur Errichtung von Exerzierplätzen, aber hauptsächlich von Flugplätzen — enteignet wurden, warten darauf, ihre Grundstücke zurückzubekommen. Andererseits könnte man dort auch Flüchtlinge ansiedeln. Ich möchte die Bundesregierung bitten, dahin zu wirken, daß diese Grundstücke den deutschen Eigentümern zurückgegeben werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Niebergall für den Rest der Redezeit der kommunistischen Gruppe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Offentlichkeit auf folgende Tatsache aufmerksam machen: über eine halbe Million Hektar nutzbares Land wurde seit dem 1. Januar 1950 in Westdeutschland beschlagnahmt,
allein in Rheinland-Pfalz bisher mehr als 48 000 Hektar. Weitere 52 000 Hektar stehen in den Plänen der Amerikaner. Wir erleben gerade gegenwärtig in Rheinland-Pfalz, daß man mit brutaler Gewalt in Dörfer, wie in Sembach, hineinkommt und, ohne die Bauern zu fragen, ohne auf unsere Ernährung Rücksicht zu nehmen, einfach das Land zerstört, um somit in den Besitz des Landes zu kommen. Wir erleben dasselbe nicht nur in Sembach, sondern in vielen Dörfern von RheinlandPfalz. So steht es fast in allen Kreisen, im Gebiet von Mainz, Kaiserslautern, Birkenfeld usw. Wir sind deshalb der Auffassung: Kommissionen hin und her, ob deutsche oder alliierte, mit dieser Landbeschlagnahme in Westdeutschland muß Schluß gemacht werden. Es muß Schluß damit gemacht werden, daß Deutsche ihre Hand dazu hergeben. Wir fordern von der Bundesregierung, daß man den Menschen, denen man das Land genommen hat, endlich das Geld, das sie seit Jahren guthaben, gibt, damit sie sich wenigstens wiederum eine Existenz aufbauen können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Ausschußüberweisung ist nicht beantragt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache Nr. 3686 betreffend Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen vor unnötigen Inanspruchnahmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Soweit ich sehe, einstimmig angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache Nr. 3675 betreffend Freigabe deutscher Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte. Ich bitte die Damen und
Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich bin gebeten worden, darauf hinzuweisen, daß der Unterausschuß „Kapitalmarktförderung" heute um 16 Uhr in Zimmer 03 Süd tagt.
Ich rufe den Punkt 5 der Tagesordnung auf:
a) Beratung der Grollen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Umsatz- und Verwaltungskosten der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ;
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol ;
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Geschäftsbericht der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Gesamtbegründungszeit von 40 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Gülich.
Dr. Gülich , Anfragender und Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 203. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2. April dieses Jahres habe ich den Umsatz der Monopolverwaltung für Branntwein im Geschäftsjahr 1950/51 mit rund 156 Millionen DM und die reinen Verwaltungskosten, also die Unkosten ohne Rückstellungen, Gewinn und Abschreibungen, mit rund 34,5 Millionen DM beziffert. Diesen Zahlenangaben wurde in der Sitzung nicht widersprochen, obgleich es sich ja um Faustzahlen handelt, die hätten gegenwärtig sein können. Natürlich bedeutet Schweigen von seiten der Regierungsbank keine Zustimmung; aber wir haben es doch wohl alle, die wir uns dafür interessiert haben, als ungewöhnlich empfunden, daß zwei Monate nach meinen Darlegungen in den „Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen" eine Berichtigung erschien, in der der Umsatz nach den Unterlagen der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein mit 138 Millionen DM und die reinen Verwaltungskosten mit 7,5 Millionen DM beziffert wurden. Wir hätten annehmen müssen, daß der Bundestag, in dem j a die Äußerungen gemacht worden sind, auch eine Mitteilung darüber bekommen hätte; oder daß Herr Minister Schäffer mir selber
die Mitteilung hätte zugehen lassen, so daß ich nach Prüfung der Sache dem Bundestag sofort von einem etwaigen Irrtum meinerseits Kenntnis hätte geben können. Wir wollen festhalten, daß die Monopolverwaltung zur Offenlegung verpflichtet ist. Diese Offenlegung erfolgt durch Vierteljahresausweisungen im Bundesanzeiger und jährlich durch den Geschäftsbericht, die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung. Nun habe ich am 13. September 1952 Herrn Minister Schäffer in einem fünf Seiten langen Brief das gesamte Zahlenwerk übermittelt, auf das sich meine Berechnungen stützen. Die Berechnungen stützen sich ausschließlich auf Veröffentlichungen im Deutschen Bundesanzeiger; außer diesen Veröffentlichungen gibt es keine anderen, obgleich, wie ich sagte, die Monopolverwaltung zur vollen Offenlegung verpflichtet ist. Nach diesen Veröffentlichungen habe ich einen Umsatz von 152 145 645 DM für eben dieses Geschäftsjahr errechnet, und nach dem Geschäftsbericht, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung — Drucksache Nr. 3263 —, die am 2. April noch nicht vorlagen, sondern am 21. April dem Hause verteilt wurden, errechnet sich — es ist durchaus möglich, daß innerhalb des Jahres Veränderungen vorkommen — ein Umsatz von 150 830 295 DM. Der Differenz von 152 zu 156 Millionen DM — denn ich hatte in der 203. Sitzung 156 Millionen DM angegeben — lag die Überlegung zugrunde — das ist leider in meinem Brief an Herrn Minister Schäffer nicht mit geschrieben worden, stand aber in der ursprünglichen Fassung meiner Anfrage —, daß die Monopolverwaltung für den Verkauf in kleineren Mengen Kleinverkaufszuschläge und für bestimmte Qualitäten — DAB 6-Ware — Zuschläge erhebt. Selbst wenn ich mit diesen 4 Millionen DM eine zu große Schätzung vorgenommen haben sollte, wenn nur die 152 oder die rund 151 Millionen DM, die sich nach den amtlichen Unterlagen errechnen, richtig sein sollten, bleibt eine Differenz von 13 bis 14 Millionen DM, die aufgeklärt werden muß.
Interessanterweise bringt die Zeitschrift „Der Betrieb" in ihrer Nummer 38 vom 17. September 1952 auch sehr genaue Berechnungen. Sie errechnet den Umsatz mit rund 150 Millionen DM, auch nach den Unterlagen, die amtlicherseits zur Verfügung stehen. Es handelt sich hierbei um die Ermittlung des Bruttoumsatzes auf Grund der Verkaufsmengen oder Verkaufspreise und um die Ermittlung des Bruttoumsatzes aus den Zahlen für den Umsatzaufwand.
Die Verwaltungskosten hatte ich mit 34,5 Millionen DM als Angabe des Präsidenten der Bundesmonopolverwaltung in der Sitzung des Gewerbeausschusses vom 12. Dezember 1951 angegeben. Diese Angaben werden auch in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" nicht bestritten. Richtig ist, daß der Präsident die Verwaltungskosten für das laufende Geschäftsjahr mit 34,5 Millionen DM angegeben hat, während ich bei meiner Angabe von 34,5 Millionen DM, die ich in der freien Rede nur so eingeflochten habe, von der Annahme ausgegangen war, daß die Geschäftsunkosten im laufenden Jahre von denen des Vorjahres nicht wesentlich abweichen würden. Ich habe aber ausdrücklich von Verwaltungskosten — ohne Rückstellungen, Gewinn und Abschreibungen — gesprochen. Darunter konnten nur die gesamten Verwaltungskosten, also das, was der Präsident mit Monopolunkosten bezeichnet hat, verstanden werden. Das anders zu verstehen, war im Zusammenhange meiner Rede nicht möglich. Im Geschäftsbericht, der später vorgelegt wurde und die Nr. 3263 der Drucksachen trägt, und in der Gewinn- und Verlustrechnung werden als Gehälter und Löhne, soziale Abgaben, Kosten für die Verwaltung des Monopols durch die Finanzbehörde und Verwaltungs- und Betriebskosten insgesamt 28,6 Millionen DM ausgewiesen. Die in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" genannte Zahl von 7 455 283,37 DM ist aus der Gewinn- und Verlustrechnung nicht zu ermitteln. Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung stellen insofern ein Kuriosum dar, als am Schlusse steht „Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, gez. Unterschrift gez. Unterschrift". Ich vermute aber, Herr Präsident, daß das mehr ein Versehen der Druckerei des Deutschen Bundestages ist; denn es ist wohl kaum anzunehmen, daß die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein einen Geschäftsbericht hinausgehen läßt, auf dem an mehreren Stellen steht „gez. Unterschrift gez. Unterschrift".
Rede von: Unbekanntinfo_outline
1. Auf welche Unterlagen und Berechnungen stützen sich die in den „Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen" angegebenen Zahlen
a) für den Umsatz aus Branntweinverkäufen von 138 226 058,46 DM,
b) für die reinen Verwaltungskosten von 7 455 283,37 DM, und sind diese Unterlagen veröffentlicht worden?
2. Ist die Veröffentlichung in den „Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen" mit Kenntnis und Zustimmung des Herrn Bundesministers der Finanzen erfolgt? Wenn nein, wer hat die Veröffentlichung veranlaßt und wer ist für sie verantwortlich?
Ich gestatte mir nun, nachdem ich Herrn Minister Schäffer am 13. September einen ausführlichen Brief geschrieben habe, die Anregung, daß er nicht dem Hause das gesamte umfangreiche Zahlenwerk mündlich vorträgt, sondern daß er nur die Ergebnisse mitteilt und im übrigen das Rechnungswerk zu den Akten gibt und daß wir dann im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen das gesamte Rechnungswerk nachprüfen. Ich beantrage schon jetzt die Überweisung der Großen Anfrage an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen.
Herr Präsident, ich bitte, mir zu gestatten, den unter c) aufgeführten Antrag vorwegzuziehen, damit ich dann zum Schluß zum Initiativgesetzentwurf kommen kann. Zu dem Antrag ist folgendes zu sagen. Die Monopolverwaltung ist nach den §§ 6 und 9 des Monopolgesetzes zur Rechnungslegung binnen sechs Monaten nach Schluß des Geschäftsjahres verpflichtet. Sie erinnern sich, daß dieser Bericht nicht vorgelegt wurde und daß der
Bundestag auf meinen Antrag am 10. Juli vorigen Jahres beschlossen hat, den Geschäftsbericht vorlegen zu lassen. Der vorgelegte Bericht, Nr. 2682 der Drucksachen, befriedigte nicht. Daraufhin kam unser Antrag auf Drucksache Nr. 3025, nach dem der vorgelegte Bericht verbessert werden sollte. Dieser Antrag enthielt drei Punkte, von denen im Augenblick nur der Punkt 3 interessiert. Darin hieß es, daß die wichtigsten Wertansätze des Rechnungswerkes erläutert und durch genaue Mengen-, Sorten- und Wertangaben ergänzt werden sollten. Es handelt sich also darum, daß wir wissen wollen — und wir haben ein Anrecht darauf, das zu wissen —, zu welchen verschiedenen Preisen in den verschiedenen Qualitäten der von der Monopolverwaltung übernommene Branntwein durchgeschleust, also wiederverwertet wird. Die Bundesmonopolverwaltung ist diesem Verlangen nicht nachgekommen. Sie behauptet auf Seite 2 des Geschäftsberichts, daß das nicht möglich sei.
Dies müßte aber möglich sein bei einer Verwaltung, die gesetzlich genötigt ist, nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu arbeiten, und es ist möglich nach dem Rundschreiben R 25 vom 26. Februar 1952, das ich etwa im Februar oder März dieses Jahres bei der Begründung des Antrags zitiert habe, um darauf aufmerksam zu machen, daß dem Verlangen, das wir stellen, entsprochen werden kann. Die Monopolverwaltung ist ein in öffentlicher Hand befindliches Monopolunternehmen, das keine Konkurrenzrücksichten zu nehmen braucht. Daher müssen an die Publizität höhere Anforderungen gestellt werden als an die Publizität irgendeiner Aktiengesellschaft, die befürchten muß, daß ihre Konkurrenz zu ihrem Schaden Einblick nimmt. Andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wie die Bundesbahn, die Bank deutscher Länder usw., weisen sich ja auch ordnungsgemäß aus. Es ist eigentlich auch nicht zu begreifen, daß die Bundesmonopolverwaltung, nachdem sie seit zwei Jahren immer wieder genötigt wird, sich entsprechend dem Gesetz zu verhalten, nicht schon vor zwei Jahren einmal einen wirklich tüchtigen Wirtschaftsprüfer in ihre Reihen aufgenommen hat, wie das andere Unternehmungen tun. Bedenken Sie, daß wir bei dem großen Unternehmen mit rund 150 Millionen DM Umsatz keinen Einblick in den Stellenplan haben; nur der Präsident der Monopolverwaltung steht im Bundeshaushaltsplan, alles andere wissen wir nicht, obgleich das Parlament den Anspruch darauf hat, über alle diese Dinge unterrichtet zu werden.
Ich komme dann zu Punkt 5 b der Tagesordnung, zur Begründung des Initiativgesetzentwurfs. Im Herbst vorigen Jahres habe ich von dieser Stelle aus daran erinnert, daß uns der Herr Bundesfinanzminister im Ausschuß für Finanzen und Steuern im Juli 1951 die Vorlage einer Novelle zum Branntweinmonopolgesetz für den September 1951 zugesagt hatte. Im Februar dieses Jahres habe ich noch einmal dringend darum gebeten, doch nun endlich diese Novelle vorzulegen, weil ich sonst, wie ich sagte, initiativ werden müßte. Inzwischen sind nun, nachdem wir von meiner Fraktion aus die Initiative ergriffen haben, zwei Novellen zum Branntweinmonopolgesetz beim Bundesrat eingereicht worden, die ja demnächst auch dem Bundestag zugeleitet werden.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf Drucksache Nr. 3623 soll die Neuregelung der Branntweinwirtschaft unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten vorbereitet werden. Die Grundlagen des bestehenden Branntweinmonopolgesetzes werden also durch diesen Gesetzentwurf nicht verändert, so daß der endgültigen Neuordnung der Branntweinwirtschaft nicht vorgegriffen wird. Der Gesetzentwurf soll die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein von dem Druck der nationalsozialistischen Gesetzgebung, unter dem sie zur Zeit noch arbeitet, freimachen. Wir haben den Eindruck, daß sie diesen Druck gar nicht empfindet, sondern daß sie gern noch unter den zehn verschiedenen Änderungen, die während des „Dritten Reiches" vorgenommen worden sind, arbeitet.
Der Gesetzentwurf, den wir vorlegen, sieht eine Mitwirkung der beteiligten Wirtschaft und eine Kontrolle durch die Legislative vor, die durch die Verordnung vom 13. September 1934 ausgeschaltet worden waren. Es handelt sich also um die Wiederherstellung früheren Rechts in Anpassung an die veränderten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Folgende großen Fragen werden in diesem Gesetzentwurf geregelt: 1. Die Mitwirkung der Wirtschaft durch einen Beirat, 2. die Mitwirkung der Legislative und die Kontrolle der Legislative durch einen Monopolausschuß, 3. die Preisgestaltung — § 85 des Gesetzes — und 4. die Frage der Ermächtigungen, die nach § 177 des Gesetzes in der geltenden Fassung allein dem Herrn Bundesfinanzminister zustehen.
Zu diesen Punkten darf ich im einzelnen noch etwas ausführen, um ihren Inhalt verständlich zu machen. Zunächst zu § 11. Um den Beirat — alter Fassung, nach dem Gesetz von 1918 bzw. 1920 — hat man sich j a seit dem Jahre 1918 gestritten. Dieser Beirat hat niemals wirklich befriedigend gearbeitet. Der in diesem Entwurf vorgesehene Beirat ist weder mit dem durch Verordnung vom 13. September 1934 aufgelösten Beirat noch mit dem zur Zeit bestehenden — also mit dem vor einem Jahr oder anderthalb Jahren wiedereingeführten Gewerbeausschuß — zu vergleichen. Es ist erforderlich, daß entsprechend den jetzigen tatsächlichen Verhältnissen der Branntweinwirtschaft alle Sparten der an der Herstellung und Verarbeitung von Branntwein beteiligten Gewerbezweige im Beirat vertreten sind, während im früheren Beirat neun Vertreter der Eigenbrenner waren und die verarbeitende Industrie nicht vertreten war. Der Beirat soll jetzt aus 21 Mitgliedern bestehen. Diese Zahl ist notwendig, weil die neun verschiedenen Sparten der Branntweinerzeugung, die unterschiedlich viel Alkohol unter ganz verschiedenartigen Bedingungen herstellen, im Beirat vertreten sein müssen und es angesichts der großen Bedeutung der branntweinverarbeitenden Gewerbe erforderlich ist, den Verarbeitern die gleiche Anzahl der Sitze zu geben. Hinzu sollen kommen ein Vertreter des Spiritusreinigungsgewerbes als eines Mittlers zwischen Erzeugern und Verarbeitern, ein Vertreter der Apotheken und ein Vertreter des Einzelhandels, weil diese beiden auch jetzt im Gewerbeausschuß vertreten sind. Man kann darüber reden und wird darüber reden, ob der Beirat noch wenige andere Mitglieder aufnehmen kann. Das wäre Sache der späteren Beratung. Der derart zusammengesetzte Beirat dürfte so umfassende Sachkenntnis und so große praktische Erfahrungen haben, daß durch seine Mitwirkung die Entscheidungen der Bundesmonopolverwaltung befruchtet werden können. Der zur Zeit nach § 16 bestehende Gewerbeaus-
schuß kann auf Grund seiner Zusammensetzung und seiner zu geringen Funktionen nicht befriedigend arbeiten.
Der § 11 Abs. 3 des Gesetzes sieht vor, daß Sachverständige im Beirat gehört werden können und auf Verlangen von einem Drittel der Mitglieder des Beirats gehört werden müssen. Unter „Sachverständigen" werden hier volkswirtschaftlich gebildete Kenner der Branntweinwirtschaft, des Branntweinmonopols und andere wissenschaftliche Sachverständige verstanden, die nicht der Branntweinwirtschaft angehören. Durch diese Bestimmung des Abs. 3 soll erreicht werden, daß die von den Vertretern der Alkoholwirtschaft vorgetragenen Gesichtspunkte durch gesamtvolkswirtschaftliche Gesichtspunkte ergänzt werden. Um nun sicherzustellen, daß die Wirtschaft ihre Anliegen auch von sich aus zur Sprache bringen kann, sieht der Abs. 6 vor, daß ein Drittel der Mitglieder des Beirats, also die qualifizierte Minderheit, das Recht hat, eine Sitzung des Beirats zu verlangen.
Zu § 12! Das jetzt gültige Recht sieht lediglich vor, daß der Beirat bzw. jetzt der Gewerbeausschuß vor wichtigen Entscheidungen gehört werden soll. Diese Soll-Vorschrift wird im vorliegenden Gesetzentwurf in eine Muß-Vorschrift umgewandelt. Der Gesetzentwurf stellt die durch Verordnung vom 13. September 1934 aufgehobenen Rechte des Beirats insofern wieder her, als zwingend vorgeschrieben wird, daß der Beirat vor den wichtigsten Entscheidungen gehört werden muß, nämlich vor der Festsetzung des Jahresbrennrechts, der Übernahmepreise, des Branntweinaufschlages, der Verkaufspreise und der Sortenkennzeichnung. Die Streichung dieser Vorschrift in der Verordnung vom 13. September 1934 ermöglichte der Monopolverwaltung, Entscheidungen ohne Mitwirkung der Wirtschaft zu treffen. Der frühere Beirat, der 30 Mitglieder umfaßte und in dem unter dem Vorsitz des Präsidenten der Monopolverwaltung auch Vertreter der Legislative vertreten waren — nämlich fünf Vertreter des Reichsrats, fünf Vertreter des Reichstags und drei Vertreter des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats —, hat sich nicht bewährt. Darauf im einzelnen einzugehen, erlaubt mir die Zeit nicht. Seine Wiedereinrichtung mit den alten Funktionen würde bei den gegenwärtig außerordentlich starken Interessengegensätzen innerhalb der Branntweinwirtschaft weder im Interesse der Privatwirtschaft noch in seinen Auswirkungen im Interesse des allgemeinen Steueraufkommens liegen. Durch die Bestimmung, daß der Beirat in den im Gesetz angegebenen Fällen zwingend gehört werden muß und er initiativ die Einberufung einer Sitzung mit der von ihm gewünschten Tagesordnung verlangen kann, wird aber dem Beirat faktisch eine weitgehende Mitbestimmung zugesichert.
Der Abs. 2 dieses Paragraphen sieht vor, daß die Meinung des Beirats durch Abstimmung festgestellt werden kann. Mir scheint es gerade bei den starken Interessengegensätzen innerhalb der Branntweinwirtschaft sehr wichtig zu sein, daß die Stimmen nicht nur gezählt, sondern auch gewogen werden können. Die Abstimmung soll nur namentlich erfolgen, und die namentliche Abstimmung ist im Sitzungsprotokoll zu vermerken, wodurch sichtbar gemacht wird, wie die Interessen innerhalb der Wirtschaft gelagert sind. Diese Abstimmungsart erleichtert die Stellungnahme des Monopolausschusses zu den Beschlüssen der Bundesmonopolverwaltung.
Zu § 13 — er wurde in Anlehnung an die frühere Fassung des § 14 ins Gesetz eingeführt — brauche ich hier nichts auszuführen.
Wichtig hingegen und neu ist der § 14, nach dem ein Monopolausschuß des Bundestags gegründet werden soll. Durch den Monopolausschuß als besonderen ständigen Ausschuß des Bundestags wird die parlamentarische Kontrolle der Bundesmonopolverwaltung gewährleistet. Da die Geschäftsgebarung der Monopolverwaltung durch die Verordnung vom 13. September 1934 der Kontrolle durch das Parlament entzogen und — wie schon wiederholt hier früher ausgeführt worden ist — nach dem Führerprinzip ausgerichtet wurde, erscheint es jetzt geboten, zumindest bis zur Neuordnung der Branntweinwirtschaft dem Parlament weiterreichende Kontrollrechte einzuräumen, als dies vielleicht oder wahrscheinlich nach der Neuordnung der Branntweinwirtschaft notwendig sein wird. Wie wichtig es ist, ein solches Kontrollrecht durch die Legislative ausüben zu lassen, dafür möchte ich den Herrn Bundesfinanzminister und sein Exekutivgefolge aus der Fülle der Geschehnisse, die ich heute wieder einmal freundlich verschweige, nur auf eines hinweisen:
Seit Bestehen der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein arbeitet diese nach § 65 des Branntweinmonopolgesetzes mit einem Grundpreis von 48 DM je Hektoliter, was aber nur ein fiktiver Preis ist. In Wirklichkeit wird die Übernahme, entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes, unter Zugrundelegung eines Preises von 180 DM vorgenommen. Welche Auswirkungen das auf die Übernahmepreise der verschiedenen Branntweinsorten hat, sollten sich alle Beteiligten, nicht zuletzt aber auch das Bundesfinanzministerium, das Ministerium, welches verpflichtet ist, das Gesamtinteresse zu vertreten, einmal ausrechnen. Ich will heute und hier keine Rechnungen anstellen.
Zu § 15: In Anlehnung an die Vorschriften des alten § 11 muß die Unterrichtung des Monopolausschusses erfolgen vor den Beschlüssen über die Festsetzung der Jahresbrennrechte, der Übernahmepreise, des Branntweinaufschlags, der Verkaufspreise und der Sortenkennzeichnung. Da der Monopolausschuß in der Lage sein soll, sich ein umfassendes Bild über den Geschäftsbetrieb der Monopolverwaltung zu machen, erscheint es notwendig, eine entsprechende Auskunftspflicht und die Forderung nach Erstattung eines mündlichen Berichts über den Geschäftsgang im Gesetz festzulegen.
§ 16 regelt dann das Verfahren des Monopolausschusses. Es wird manchem so vorkommen, als ob das Verfahren vielleicht ein wenig kompliziert sei oder als ob es den Geschäftsgang verlangsame. Dazu muß ich deswegen im einzelnen etwas sagen — Freund Morgenthaler schaut mich schon erwartungsvoll an —; denn über diesen Punkt des Verfahrens werden wir uns später eingehend unterhalten müssen. Wir sind uns doch darüber klar, daß der Monopolausschuß in der Lage sein muß, sich ein umfassendes Bild zu machen, und weil er das muß, soll er eben alle Unterlagen bekommen. Es ist nicht anzunehmen, daß der Bundestag mit Einzelfragen überlastet wird; denn es handelt sich bei den Beschlüssen der Bundesmonopolverwaltung, vor deren Bekanntgabe der Monopolausschuß zu unterrichten ist, um bestimmte Fragen, die normalerweise einmal im Jahr geregelt werden müssen. Es kann außerdem als sicher angenommen werden, daß die Erörterung der Probleme in dem
jetzt konstruierten Beirat und ihre Weiterbehandlung im Monopolausschuß fast immer zu einer Einigung führen werden, bei der die volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte stärker berücksichtigt werden, als das bisher der Fall war. Man kann annehmen, daß entweder ein Einspruch des Monopolausschusses nicht erfolgt oder nach erfolgtem Einspruch von der Bundesmonopolverwaltung eine neue Lösung ausgearbeitet wird. Es ist daher zu erwarten, daß sich der Bundestag nur in seltenen Ausnahmefällen mit der Entscheidung befassen wird.
Nun komme ich zu dem sehr wichtigen § 85, der die Prinzipien der Preisgestaltung festlegt. Dazu möchte ich folgendes grundsätzlich ausführen: Die Festsetzung der Zölle und Verbrauchsteuern ist ausschließlich Sache der Legislative. Es kann daher der Exekutive nicht das Recht eingeräumt werden, durch eine Heraufsetzung der Verkaufspreise, wie wir sie im vorigen Jahr zum Entsetzen der gesamten Wirtschaft, auch der gesamten Verbraucherschaft, zweimal erlebt haben, und zwar von heute auf morgen, neben der Verbrauchsteuer auf Branntwein besondere Einnahmen für den Bund zu erzielen. Dies ist nun der Punkt, in dem Herr
Minister Schäffer mutmaßlich ganz anderer Meinung sein wird als ich.
Es fehlt mir jetzt an der Zeit — denn ich habe noch sieben Minuten —, auf Grund der umfangreichen finanzwissenschaftlichen Literatur auf dieses Problem einzugehen. Das wird aber bei den Beratungen im Ausschuß geschehen; mein Material darüber ist bereits sehr groß. Ich will nur Lotz' „Finanzwissenschaft", zweite Auflage, 1931, zitieren, der sagt:
Staatspolitisch ist es nicht unwesentlich, ob die Höhe des bei Monopolorganisation zu erhebenden Steuerzuschlags dem Verwaltungsermessen überlassen bleibt oder jeweils gesetzlich, d. h. unter Mitwirkung des Parlaments, zu fixieren ist.
Außerdem, meine Damen und Herren, erinnere ich daran, daß bis zum Jahre 1933 bei Beschwerden die Entscheidung beim Reichsrat, also einem Organ der Legislative, gelegen hat. Durch das Gesetz zur Änderung des Branntweinmonopolgesetzes vom 13. September 1933 wurde zum ersten Male die Entscheidung auf den Reichsfinanzminister, also ein Organ der Exekutive, übertragen, und durch Verordnung vom 13. September 1934 wurde dann auch die Mitwirkung vom Reichstag, Reichsrat, Reichswirtschaftsrat und Branntweinwirtschaft
vollständig aufgehoben.
Fiskalisch ist der Branntwein zur Zeit mit der Branntweinsteuer nach dem Gesetz vom 21. Oktober 1948 belastet, und zwar durch eine echte Verbrauchsteuer. Darüber hinaus möchte nun der Herr Bundesfinanzminister — und Finanzminister mögen gern Einnahmen erzielen und sie müssen gern Einnahmen erzielen, sie dürfen nur nicht in die falschen Töpfe greifen — aus dem geltenden Monopolgesetz eine zusätzliche Belastung des Branntweins konstruieren, indem aus seiner Verwertung Monopolgewinne als zusätzliche Einnahmen für den Bund gezogen werden sollen. Abgesehen davon, daß der Bund seit Übernahme des Branntweinmonopols solche zusätzlichen Einnahmen tatsächlich nicht erzielt hat — denn die Bundesmonopolverwaltung hat bisher finanzmonopolartige Gewinne an die Bundeshauptkasse nicht abgeführt —, wird mit der in unserem Initiativgesetzentwurf verlangten Wiedereinführung des 1944 gestrichenen § 85 festgelegt, welche Aufwendungen durch die Verwertung des Branntweins gedeckt werden müssen und daß es nicht Aufgabe des geltenden Branntweinmonopols ist, über die Branntweinsteuer hinaus Einnahmen für den Bund zu erzielen. Für den Fall, daß Reineinnahmen erzielt werden, besteht ja der § 86 des Branntweinmonopolgesetzes, welcher sagt, ,daß diese Reineinnahmen — also nicht Gewinne — an die Bundeskasse abzuführen sind. Nach dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 gibt es eine Branntweinsteuer als Verbrauchsteuer. Zwischen dieser und dem eigentlichen Warenpreis als Verkaufspreis ist zu unterscheiden. Die Steuer ist kein Bestandteil des Verkaufspreises mehr. Die Bestimmung des § 85 über die den Verkaufspreis bestimmenden Kostenfaktoren steht daher mit der Steuer nicht mehr im Zusammenhang. Die Steuern sind bei der Bemessung des Verkaufspreises außer acht zu lassen.
Nun komme ich zu der letzten der großen Fragen, die dieses Gesetz regelt, zum § 177, der die Ermächtigungen betrifft. Nach dem zur Zeit geltenden Gesetz ist der Bundesfinanzminister allein für das Branntweinmonopol zuständig. Das hat seinen Grund darin, daß mit dem Monopolgesetz bis 1948 eine der Branntweinsteuer ähnliche Einnahme, nämlich die Hektolitereinnahme, von der Monopolverwaltung erhoben und verwaltet wurde. Die Erhebung der Hektolitereinnahme war im Branntweinmonopolgesetz und dessen Ausführungsbestimmungen geregelt. Durch das Branntweinsteuergesetz vom 21. Oktober 1948 wurde bestimmt, daß an Stelle der bisherigen Hektolitereinnahme die Branntweinsteuer tritt und daß die Branntweinsteuer und der Branntweinaufschlag Verbrauchsteuern im Sinne der Reichsabgabenordnung sind. Mit dieser gesetzlichen Regelung sind sämtliche fiskalischen Interessen des Staates am Branntwein abgedeckt. Das Branntweinmonopol ist nunmehr seiner Struktur nach ein öffentlich-rechtliches Monopol mit wirtschaftlichen Zielsetzungen, das nur wirtschafts- und agrarpolitische Belange berührt. Aus diesem Grunde müssen alle Entscheidungen in Fällen, in denen bisher dem Bundesfinanzminister allein eine Ermächtigungsbefugnis gegeben war, im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern für Wirtschaft und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten getroffen werden. Durch die Neufassung der Vorschrift des § 177 des Branntweinmonopolgesetzes werden also Ermächtigungen abgebaut und durch eine demokratische Handhabung der Entscheidung ersetzt.
Es folgt dann noch der § 181, der die Wiederzulassung von Obstbrennereien aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie betrifft; vielleicht kann man die Liste auch noch etwas erweitern. Ich möchte aber darüber hier nicht sprechen, nachdem ich im Juli vorigen Jahres von dieser Stelle aus dem Herrn Bundesfinanzminister empfohlen habe — ohne einen Antrag zu stellen —, doch den berechtigten Wünschen dieser vertriebenen Obstbrenner nachzukommen. Ich sehe aus den inzwischen beim Bundesrat eingegangenen Novellen des Herrn Bundesfinanzministers, daß er jetzt auch bereit ist, einer gesetzlichen Regelung dieser Sache zuzustimmen. Darüber brauche ich also nichts zu sagen.
Gestatten Sie mir noch ganz wenige Schlußbemerkungen. Ich habe versucht, mich bei der Begründung dieses Gesetzes so kurz wie möglich zu
fassen. Es werden ja sehr schwierige Materien geregelt, die in die gesamte Volkswirtschaft und in die öffentliche Finanzwirtschaft hineinragen. Es ist deshalb so schwierig, weil eine Neuregelung schon seit Jahrzehnten fällig und überfällig ist. Darüber haben wir früher gesprochen. Die Diskussion um das Branntweinmonopol zeigt — es ist ja in den letzten Monaten sowohl in der Fachpresse als auch in der Tagespresse sehr viel darüber geschrieben worden —, wie verschieden die Interessen innerhalb der Branntweinwirtschaft sind. Wenn aber innerhalb eines Wirtschaftszweiges die Interessengegensätze derartig scharf sind und polemisch in der Tagespresse und der Fachliteratur, dazu in zahllosen Briefen, die hin- und hergehen, vertreten werden, so zeigt dies, daß in diesem Wirtschaftszweig etwas nicht in Ordnung ist. Und in diesem Wirtschaftszweig ist sehr vieles nicht in Ordnung, weil dieser Wirtschaftszweig durch das geltende Branntweinmonopolgesetz nicht genötigt ist, sich wie andere Wirtschaftszweige zu modernisieren, umzustellen und dem technischen Fortschritt zu huldigen, wobei ich — Herr Kollege Morgenthaler macht sich Notizen — noch einmal ausdrücklich unterstreiche: es handelt sich bei mir nicht darum, ein Gegner einer Monopolbewirtschaftung des Branntweins zu sein; es handelt sich nicht darum, berechtigte sozialpolitische Belange, die Sie, Herr Morgenthaler, vertreten, zu stören, und es handelt sich nicht darum, berechtigte Maßnahmen auf dem Gebiet des Agrarschutzes zur Förderung und Erhaltung unserer Landwirtschaft zu stören. Die Schwierigkeiten liegen auf anderen Gebieten. All die neuralgischen Punkte des Branntweinmonopolgesetzes werden durch den Gesetzentwurf, den ich hier begründet habe, gar nicht berührt. Sie werden aber auch nicht durch die Gesetzentwürfe, die der Herr Bundesfinanzminister vorgelegt hat, berührt. Dieser Initiativgesetzentwurf soll einen Einblick in die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, in die gesamte Branntweinwirtschaft und Branntweinbesteuerung erlauben, der bisher nicht möglich gewesen ist. Ich habe mehrfach über das Branntweinmonopol hier gesprochen und gesagt, daß es sich nicht um eine Kritik am Monopol überhaupt, sondern an der gegenwärtigen Handhabung des Monopols handelt. Die jetzige Handhabung des Monopols ist rein fiskalisch, vernachlässigt volkswirtschaftliche Gesichtspunkte und ist wirklichkeitsfremd. Sie wirkt sich wirtschaftsschädlich aus und wird fast von der gesamten Wirtschaft als wirtschaftsfeindlich empfunden.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zu antworten auf die große Anfrage der SPD und soll wohl gleichzeitig zu den beiden Anträgen derselben Fraktion Stellung nehmen. Sie sind in der Begründung miteinander verbunden worden. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten so vorgehen, daß ich auf die Gesetzentwürfe und Anträge zunächst eine Antwort gebe — das wird in aller Kürze möglich sein — und mich dann mit der Großen Anfrage beschäftige.
Zu dem Antrag unter 5b der Tagesordnung über den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol darf ich folgendes bemerken. Der Antrag verfolgt fünf Hauptpunkte: erstens die Neugestaltung der Gewerbevertretung, zweitens die Neuschaffung eines parlamentarischen Kontrollorgans, drittens die Bindung der Verkaufspreise, viertens gemeinsame Ermächtigung für drei Bundesminister auf dem Gebiet des Branntweinmonopols und fünftens die Brennrechtsveranlagung von heimatvertriebenen Obstbrennereien. Es dürfte bekannt sein, daß die Bundesregierung inzwischen einen Gesetzentwurf, richtiger gesagt, zwei Gesetzentwürfe über Branntweinsteuer und Branntweinmonopol im Kabinett beschlossen und dem Bundesrat bereits in Vorlage gebracht hat. Mit der Verabschiedung dieser Gesetzentwürfe im Bundesrat ist längstens bis zum 10. Oktober dieses Jahres zu rechnen. Sie gehen dann dem Deutschen Bundestag zu.
Diese Gesetzentwürfe umfassen, soweit es sich um das Branntweinmonopol handelt, sämtliche Anregungen, die Gegenstand des Antrags der Fraktion der SPD sind, mit Ausnahme der Anregung zur Neuschaffung eines parlamentarischen Kontrollorgans und zu der gemeinsamen Ermächtigung für drei Bundesminister. Die letzterwähnte Ermächtigung enthalten sie deswegen nicht, weil sie nach Überzeugung der Bundesregierung gegen Art. 108 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen würde. Infolgedessen kann sie nicht im Gesetz aufgenommen werden. Die Neuschaffung eines parlamentarischen Kontrollorgans würde nach Auffassung der Bundesregierung dem Grundsatz der Gewaltenteilung widersprechen; sie ist angesichts der vorgesehenen Regelung sonstiger Art wohl auch nicht zweckmäßig, sondern überflüssig. Die übrigen Punkte sind in dem Gesetzentwurf enthalten.
Ich darf wohl annehmen, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung und der von der Fraktion der SPD eingebrachte Gesetzentwurf im Ausschuß gleichzeitig beraten werden; infolgedessen werden dort alle Gesichtspunkte noch einmal besprochen. Ich darf davon ausgehen, daß ich ermächtigt bin, auf die Einzelheiten nicht weiter einzugehen, um hier nicht eine sachliche Auseinandersetzung über alle Paragraphen des Gesetzentwurfes zu entfachen. Das muß der Natur nach Gegenstand einer Ausschußberatung sein.
Wenn ich aber etwa über die Begründungen schweige, bitte ich daraus nicht den Schluß zu ziehen, daß ich diese als richtig anerkenne. Im Gegenteil! Der Herr Kollege Gülich weiß, daß meine Auffassung vom Branntweinmonopol eine ganz andere ist als die, die er als die seine hier dargelegt hat. Es ist nicht ein Zeichen der Krankheit, wenn Gegensätze in der Öffentlichkeit debattiert werden. Es liegt in der Natur der Sache, daß das Branntweinmonopol nicht nur wirtschaftlich zu betrachten ist,
sondern daß es auch gesundheitspolizeilich eine große Aufgabe hat, die auf anderem Wege kaum gelöst werden kann,
daß es den Erzeuger, den Verbraucher und den Verarbeiter zu einem einheitlichen Organ zusammenschmelzen muß, daß es eine schwierige Aufgabe hat und den Gegenstand des Meinungsstreites bilden wird, solange es den Eigennutz des Erzeugers und den Eigennutz des Verarbeiters und des Verbrauchers gibt. Es ist Aufgabe einer staatlichen Einrichtung, aus diesen Gegensätzen ein harmonisches Gebilde, ich möchte fast dichterisch
sagen, nach dem Gesetz der Polarität aus den Gegensätzen eine Harmonie, eine Lyra, eine Leier zu schaffen. Das ist die eine Aufgabe.
Zweitens: Ich bitte, nicht anzunehmen — und es besteht auch nicht der geringste Grund, das zu tun —, daß die Branntweinmonopolverwaltung, seit sie als Bundesverwaltung besteht, irgendeinen Anlaß gegeben hätte, sie daran zu mahnen, daß sie zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet sei. Die Branntweinmonopolverwaltung besteht, wenn ich mich recht erinnere, seit dem 8. August 1951, also ungefähr eineinhalb Jahre. Sie hat ihre gesetzliche Pflicht der Rechnungslegung erfüllt. Die Geschäftsberichte sind sämtlich fristgemäß vorgelegt worden, und die Monopolverwaltung ist sehr gern bereit, ihren gesetzlichen Verpflichtungen im weitesten Rahmen nachzukommen und Anregungen auf Ausgestaltung des Geschäftsberichts zu entsprechen, selbst wenn diese Anregungen mit einer gewissen Umständlichkeit verbunden sind und vielleicht in Privatbetrieben und Privatbilanzen, weil zu umständlich, nicht durchgeführt werden.
Ich will deswegen zu dem dritten Antrag wegen der Geschäftsberichte der Bundesmonopolverwaltung in aller Kürze folgendes feststellen: Der Forderung nach einer Aufgliederung der übernommenen Branntweinmengen nach verarbeiteten Rohstoffen und Übernahmepreisen und einer Aufgliederung der von der Bundesmonopolverwaltung abgesetzten Branntweinsorten nach Verwendungszweck und Verkaufspreisen im Geschäftsbericht der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein kann entsprochen werden. Ich habe deshalb die Bundesmonopolverwaltung bereits angewiesen, ihre Buchführung, soweit es noch nicht der Fall sein sollte, entsprechend einzurichten und künftig in allen Geschäftsberichten — erstmalig im Geschäftsbericht für das Betriebsjahr 1952/53 — die
übernommenen Rohbranntweinmengen nach verarbeiteten Rohstoffen und Übernahmepreisen und die abgesetzten Branntweinsorten nach Verwendungszweck und Verkaufspreis auszuweisen. Ich muß zu dem Antrag aber bemerken, daß es technisch völlig unmöglich ist, hei den abgesetzten Branntweinsorten die auf sie entfallenden Anteile der verschiedenen Rohbranntweinsorten anzugeben, weil diese Rohbranntweinsorten, ich will einmal sagen, ihre Identität bei dem ganzen Verarbeitungsprozeß verlieren.
Ich möchte ganz kurz noch dazu bemerken, damit kein falsches Bild entsteht, daß nach gesetzlicher Vorschrift — und das geschieht auch — die Geschäftsberichte der Branntweinmonopolverwaltung gleichzeitig dem Bundestag und dem Bundesrechnungshof zugehen und der Bundestag — das ist j a alte Erfahrung und es ist auch zweckmäßig — sich den Bericht des Bundesrechnungshofes vorlegen läßt, also ihn abwartet. Es steht demnach kaum eine Verwaltung so unter Kontrolle sowohl der Öffentlichkeit wie des obersten Rechnungshofes wie die Bundesmonopolverwaltung.
Man soll auch aus der Bundesmonopol verwaltung nicht Schlüsse ziehen, als ob sie zur Gewinnerzielung vorhanden und geschaffen wäre. Der Bundesfinanzminister, der bei einem Erträgnis der Branntweinsteuer von rund 500 Millionen, wenn er den Auftrag und den Willen zur Gewinnerzielung hätte — wie es tatsächlich nicht der Fall ist —, rechnerisch mit einem sogenannten „Gewinn" — also in Anführungszeichen — von 18 Millionen DM der Bundesmonopolverwaltung abschließt, wäre ein schlechter Bundesfinanzminister, wenn er diesen gegenüber der großen Summe des Branntweinsteuererträgnisses minimalen Erfolg hätte. Die Branntweinmonopolverwaltung soll nicht mit Verlusten, sondern soll kaufmännisch arbeiten; aber sie soll nicht etwa — und das ist auch gar nicht beabsichtigt — Gewinne erzielen, die sich mit der Branntweinsteuer als solcher irgendwie vergleichen könnten. Also nicht in der Öffentlichkeit soviel über das Finanzmonopol als Gewinnmonopol sprechen! Das Finanzmonopol hat vielmehr in erster Linie die Aufgabe, die Dinge in Ordnung zu halten und zu betonen, daß nicht ein Interessent, sondern die Allgemeinheit, der Staat, das Volk Herr der Monopolverwaltung ist.
Nun darf ich zu der Großen Anfrage selbst Stellung nehmen. Der Kollege Gülich hat gewünscht, daß ich nicht viele Zahlen gebe, sondern meine Beantwortung den Akten übergebe. Herr Kollege Gülich, ich selber hätte den Wunsch, mich auf ganz wenige Feststellungen zu beschränken. Aber dann hätte nicht der Weg der Großen Anfrage gewählt werden dürfen, dann hätte der Weg der Kleinen Anfrage gewählt werden müssen. Denn dann wäre ich in der Lage gewesen, nur schriftlich zu antworten. Nach der Geschäftsordnung bin ich im Falle einer Großen Anfrage gezwungen, mündlich zu antworten. Ich muß das tun, selbst wenn ich, wie ich das sehr fürchte, das Hohe Haus mit dem Verlesen umständlicher Zahlen und Zahlenzusammenstellungen etwas langweilen muß.
Ich darf folgendes vorausschicken. Wenn bei einer Debatte im Bundestagsplenum von irgendeiner Seite, wie es das letzte Mal der Fall war, plötzlich Zahlen genannt werden, die der Bundesregierung und dem Vertreter des Bundesfinanzministeriums vorher nicht bekanntgegeben worden sind, kann man nicht gut verlangen, daß mein Vertreter aus dem Handgelenk sofort Antwort gibt, ob die Zahlen bis ins letzte richtig sind oder nicht. Im übrigen wird er in einem solchen Fall schweigen. Auch wenn er ein kluger Kopf ist, braucht sein Kopf noch lange kein Aktenschrank zu sein. Infolgedessen hat er in diesem Fall geschwiegen. Das bedeutet keine Billigung. Es ist ein Mißverständnis, wenn das, was in einem Bericht der „Finanzpolitischen Mitteilungen" über dasselbe Thema geschrieben wird, später als Berichtigung von Angaben eines Abgeordneten in diesem Hohen Hause, die vor Monaten gemacht worden sind, aufgefaßt wird. Ich bitte, daran zu denken, daß das Branntweinmonopolgesetz in der Zeit, als es als Entwurf in meinem Hause — zusammen mit den anderen Ressorts — bearbeitet wurde, natürlich Gegenstand von Meinungsäußerungen der interessierten Wirtschaftskreise gewesen ist. Dieses Thema ist ja in der Öffentlichkeit sehr wenig bekannt. Über Aufbau, Sinn und Zweck des Branntweinmonopols sind doch nur sehr wenige Kreise — das wird mir Herr Professor Gülich zugestehen — wirklich bis zum letzten unterrichtet. Wenn dann in einer Zeitung, die im allgemeinen in Wirtschaftsfragen als sachverständig gilt, kühne Behauptungen aufgestellt werden, ist das Publikum leicht geneigt, diese Angaben gläubig zu übernehmen, obwohl für den Sachkundigen nur das Interesse einer Wirtschaftsschicht oder eines Wirtschaftskreises dahintersteht. Deswegen habe
ich in diesem Falle die Finanzpolitischen Mitteilungen benützt, um wenigstens der Presse, die sich im Gegensatz zu einzelnen Zeitungen objektiv unterrichten will, objektives Material zu geben.
Die Frage des Verhältnisses zwischen den Verwaltungskosten und dem Umsatz hat dabei eine Rolle gespielt. Sie ist natürlich von den Gegnern des Monopols aufgeworfen worden. Infolgedessen mußte die Frage zahlenmäßig dargelegt werden, um — das ist der entscheidende Punkt — dem Angriff zu begegnen, der in Presseorganen erhoben worden war, daß die Verwaltungskosten zu dem Umsatz in einem ungesunden Verhältnis stünden. Deswegen mußte von der Begriffsbestimmung „Verwaltungskosten" und der Begriffsbestimmung „Umsatz" in dem relativen Verhältnis, in dem die Verwaltungskosten zum jeweiligen Umsatz stehen, ausgegangen werden. Ich darf das vorausschicken und darf dann zu den Zahlen selbst Stellung nehmen.
Der Herr Abgeordnete Professor Dr. Gülich hat in der 203. Sitzung dieses Hohen Hauses am 2. April 1952 den Umsatz der Monopolverwaltung für Branntwein im Geschäftsjahr 1950/51 mit rund 156 Millionen DM beziffert und die reinen Verwaltungskosten — ohne Rückstellungen, Gewinn und Abschreibungen — mit rund 34,5 Millionen DM angegeben. Im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 61 vom 31. Mai 1952 — Finanzpolitische Mitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen — ist unter Bezugnahme hierauf erklärt worden, aus den Unterlagen der Bundesmonopolverwaltung ergebe sich, daß im Geschäftsjahr 1950/51 der Umsatz aus Branntweinverkäufen aller Art 138 226 058 DM 46 Pfennig und die reinen Verwaltungskosten 7 455 283 DM 37 Pfennig betragen haben. Die Fraktion der SPD hat in ihrer Großen Anfrage — Bundestagsdrucksache Nr. 3620 — ausgeführt, daß die abweichenden Berechnungen des Herrn Abgeordneten sich auf die Vierteljahresausweisungen über den Branntweinabsatz, auf die Bekanntmachungen über die Verkaufspreise und auf die Anordnung über den Branntweinausfuhrpreis stützen. Aus diesen Unterlagen, auch aus dem am 21. April 1952 an die Herren Abgeordneten des Bundestages verteilten Geschäftsbericht der Bundesmonopolverwaltung für das Betriebsjahr 1950/51 sei der von der Bundesmonopolverwaltung angegebene Umsatz von 138 226 058 DM nicht zu ermitteln; das gleiche gelte für die Verwaltungskosten von 7 455 283 DM.
In der Großen Anfrage wird deshalb die Beantwortung folgender Fragen verlangt:
Erstens: Auf welche Unterlagen und Berechnungen stützen sich die in den Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministers der Finanzen angegebenen Zahlen für den Umsatz aus Branntweinverkäufen und für die reinen Verwaltungskosten?
Zweitens: Ist die Veröffentlichung im Bulletin mit Kenntnis und Zustimmung des Bundesministers der Finanzen erfolgt?
Zur ersten Frage, zu den Angaben über den Umsatz: Während der Herr Abgeordnete Dr. Gülich den Umsatz auf rund 156 Millionen DM beziffert, hat die Bundesmonopolverwaltung diesen Betrag mit 138 226 058 DM angegeben. Der Herr Abgeordnete hat die von ihm genannten Zahlen nach den Angaben der Großen Anfrage aus den Vierteljahresausweisungen über den Branntweinabsatz, aus den Bekanntmachungen über die Verkaufspreise und aus der Anordnung über den Ausfuhrpreis errechnet. Die in dieser Form durchgeführte Berechnung des Umsatzes ist an sich richtig, jedoch kann diese Berechnungsweise im Betriebsjahr 1950/51 nicht zu einem richtigen Ergebnis führen. Sie enthält Fehlerquellen, die sich aus Folgendem zwangsläufig ergeben:
a) Der regelmäßige Verkaufspreis und der allgemein ermäßigte Verkaufspreis sind im Laufe des 3. Betriebsvierteljahres, nämlich am 26. April 1951, geändert worden. Der regelmäßige Verkaufspreis wurde je Hektoliter von 240 DM auf 270 DM, der allgemein ermäßigte Verkaufspreis je Hektoliter von 80 auf 85 DM erhöht. Die Vierteljahresabsatznachweisung für das dritte Vierteljahr trennt aber nicht die Absätze von Branntwein vor und nach der Preiserhöhung.
b) Branntwein zum Essigbranntweinpreis wurde im Betriebsjahr 1950/51, je nachdem, ob Rohbranntwein oder gereinigter Branntwein abgegeben wurde, zu einem unterschiedlichen Preis berechnet; für Rohbranntwein wurden 145 DM je Hektoliter, für gereinigten Branntwein 150 DM je Hektoliter bezahlt. Die Vierteljahresabsatznachweisungen trennen aber nicht die Absätze von Rohbranntwein und von gereinigtem Branntwein zur Essigherstellung.
c) Der Ausfuhrpreis für Branntwein, je nachdem, ob der Branntwein für technische Zwecke oder für nichttechnische Zwecke abgegeben wird, ist entweder 45 DM je Hektoliter oder 80 DM je Hektoliter. Die Vierteljahresabsatznachweisungen trennen die Absätze zu dem einen oder anderen Zweck wiederum nicht.
d) Die Ausfuhrvergütung, die den Umsatzbetrag mindert, ist aus den Absatznachweisungen nicht zu entnehmen. Der Branntwein für Ausfuhrerzeugnisse wird zunächst zu dem festgesetzten inländischen Verkaufspreis je nach Verwendungszweck verkauft und erscheint als inländischer Absatz. Erst nach nachgewiesener Ausfuhr der daraus hergestellten Erzeugnisse wird die Differenz zwischen dem gezahlten Preis und dem Ausfuhrpreis erstattet.
Herr Abgeordneter Dr. Gülich hat zur Errechnung des Umsatzbetrages offenbar die Absatzmengen mit den entsprechenden Verkaufspreisen multipliziert. Dabei hat er bei dem Branntwein zum regelmäßigen Verkaufspreis und bei dem Branntwein zum allgemein ermäßigten Preis vermutlich die ab 26. April 1951 gültigen Preise für den gesamten Jahresabsatz angewendet. Legt man diese Preise zugrunde und geht man bei Essigbranntwein von einem Preis von 150 DM je Hektoliter und bei der Ausfuhr von einem Preis von 45 DM je Hektoliter aus, so ergibt sich ein Umsatzbetrag von 156 528 310 DM, der mit dem von dem Herrn Abgeordneten Professor Dr. Gülich angegebenen abgerundeten Betrag von 156 Millionen DM übereinstimmt. Dieser Betrag muß aber nach dem, was ich soeben ausgeführt habe, zu hoch sein.
Die Umsatzerträge nach den Aufzeichnungen der Verwertungsstelle der Bundesmonopolverwaltung ergeben sich aus der nachfolgenden Aufstellung.
Umsatzerträge (Warenverkäufe)
a) aus Branntweinverkäufen
durch die Vertriebsstellen
zum
Regelmäßigen Verkaufspreis 89 434 508,82 DM
Ermäßigten Verkaufspreis 5 445 730,78 DM
Besonderen ermäßigten Verkaufspreis 3 067 561,52 DM
Essigbranntweinpreis 10 611 124,54 DM
Allgemein ermäßigten Verkaufspreis 27 246 599,60 DM
Ausfuhrpreis 537 114,67 DM
Treibstoffspirituspreis:
aa) für Alkoholherstellung 1 957 440,40 DM
bb) zur Treibstoffbeimischung 52 513,30 DM
b) aus Branntweinverkäufen
an Monopolverwaltung
West-Berlin
Rohbranntwein 117 050,70 DM
Technischer Alkohol
197 682,70 DM
Vor- und Nachläufe 20 360,90 DM
c) Aus Verkäufen von Branntweinnebenprodukten
Fuselöl 63 684,02 DM
Methanol-AethanolBranntwein 5 065,60 DM
Vor- und Nachläufe 6 592,60 DM
d) Aus Verkäufen von Obstbranntwein und Trinkbranntwein
Obstbranntwein
von Langenargen 964,75 DM
Trinkbranntwein von München und
Emmendingen 10 682,27 DM
e) Umsatzerträge
Reinigung zurückgenommener
Ware 6 219,82 DM
Das ergibt zusammen 138 780 896,99 DM
Als Erlösminderung gehen ab: Ausfuhrvergütung auf im Inland verarbeitete Ware und Sonstige 554 838,53 DM,
ergibt 138 226 058 DM. Diese Aufstellung schließt also mit einem Betrag von 138 226 058 DM, die der in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" bekanntgegebenen Umsatzhöhe entspricht.
Bei der Aufstellung dieser Ubersicht sind nur die Verkäufe berücksichtigt worden, die von den Vertriebsstellen der Bundesmonopolverwaltung durchgeführt worden sind, nicht dagegen die Mengen, die unmittelbar aus der Produktion abgesetzt worden sind. Der Absatz der Vertriebsstellen mußte hier deshalb logischerweise zugrunde gelegt werden, weil Ziel der Darstellung war, das Verhältnis der reinen Verwaltungskosten zum Umsatz der Vertriebsstellen der Bundesmonopolverwaltung darzulegen. Dieses Verhältnis gestaltet sich im Prozentsatz der Verwaltungskosten ja sogar ungünstiger, wenn man von einer kleineren Umsatzmenge ausgeht, wie es in dem Aufsatz der „Finanzpolitischen Mitteilungen" korrekterweise geschehen ist. Hätte man das Verhältnis möglichst günstig frisieren wollen, dann hätte man nur den höheren Umsatz einschließlich der Mengen, die unmittelbar aus der Produktion abgesetzt werden, zu nehmen brauchen.
Wenn man ein Bild über den vollständigen Umsatz gewinnen will, wenn man also ein anderes Ziel hat und sich nicht ein Bild über das Verhältnis der Verwaltungskosten zum Umsatz, sondern über den Umsatz macht, der überhaupt der Branntweinsteuer unterliegt, dann muß man allerdings auch die verkauften Mengen berücksichtigen, die unmittelbar aus der Produktion abgesetzt worden sind, die also unmittelbare Verwaltungskosten der Bundesmonopolverwaltung nicht verursachen. Wenn diese Verkäufe dazukommen, dann ändern sich die soeben angegebenen Umsatzerträge bei folgenden Posten: Warenverkäufe zum regelmäßigen Verkaufspreis in 95 858 769 DM statt bisher rund 89 434 000 DM, Warenverkäufe zum besonderen ermäßigten Verkaufspreis in 3 067 618 DM statt, wie bisher angenommen, 3 067 561 DM, zum Essigbranntweinpreis in 10 667 224 DM statt 10 611 124 DM, zum allgemein ermäßigten Verkaufspreis in 31 948 0R5 DM statt 27 246 599 DM beim Ausfuhrpreis in 914 957 DM statt 537 114 DM und zum Treibstoffspirituspreis zur Treibstoffbeimischung in 53 757 DM statt 52 513 DM. Alle übrigen Beträge bleiben unverändert.
Der Gesamtumsatz einschließlich der unmittelbar aus der Produktion abgesetzten Verkäufe beträgt dann 149 787 048,93 DM.
Als Unterlagen für die Berechnung des Umsatzbetrages dienten die laufend im Bundesanzeiger veröffentlichten Absatznachweisungen und Preisbekanntmachungen sowie der dem Hohen Hause vorgelegte Geschäftsbericht der Bundesmonopolverwaltung für das Betriebsjahr 1950/51 nebst Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Daneben wurden die Bücher und Aufzeichnungen der Bundesmonopolverwaltung herangezogen.
Zweitens zu den Angaben über die Verwaltungskosten. Herr Abgeordneter Dr. Gülich hat die Verwaltungskosten mit rund 34,5 Millionen DM angegeben. Demgegenüber hat die Bundesmonopolverwaltung einen Betrag von lediglich 7 455 283,37 DM festgestellt. Wie der Herr Abgeordnete zu der von ihm genannten Summe gekommen ist, ist nicht dargetan. Es wird vermutet, daß diese Zahl aus einer Mitteilung des Präsidenten der Monopolverwaltung in einer Gewerbeausschußsitzung am 12. Dezember 1951 entnommen ist. In dieser Sitzung hat der Herr Präsident der Bundesmonopolverwaltung anläßlich der Erörterung der Höhe der Verkaufspreise u. a. ausgeführt, daß die Gesamtunkosten, die der Bundesmonopolverwaltung für das Geschäftsjahr 1951/52 außer den Übernahmegeldern entstehen würden, mit 34,5 Millionen DM zu veranschlagen seien. Diese gesamten Unkosten sind aber in keiner Weise identisch mit dem Begriff der „reinen Verwaltungskosten" des Monopols, der hier die Rolle spielt. Also als reine Verwaltungskosten im Sinne der Veröffentlichung der „Finanzpolitischen Mitteilungen" sind nur die personellen und sachlichen Kosten für die mit der Verwaltung des Monopols beschäftigten Beamten und Angestellten behandelt worden. Dagegen sind die gesamten Kosten des Betriebs, die sogenannten Betriebsunkosten, hier natürlich nicht enthalten. Dazu gehören also vor allem Fertigungskosten und Expeditionslöhne, sämtliche Unterhaltungskosten für
Anlagen und Einrichtungen, Frachten, Reinigungs-
und Entwässerungskosten, Vertriebsgebühren, Lagerraummieten, Ein- und Auslagerungsgebühren, Instandhaltungskosten des Faß- und Kesselwagenparks, Umsatz-, Grund- und sonstige Steuern und Abgaben etc.
Der in der Gewerbeausschußsitzung vom 12. Dezember 1951 vom Präsidenten der Bundesmonopolverwaltung genannte Betrag für die gesamten Unkosten in Höhe von 34,5 Millionen DM bezog sich außerdem, wie ausdrücklich hervorzuheben ist, auf das Geschäftsjahr 1951/52 und beruhte auf Schätzungen. Die wirklichen Werte für das Betriebsjahr 1950/51, die der Herr Abgeordnete Dr. Gülich im Auge hat, waren am 12. Dezember 1951 noch nicht bekannt, konnten auch der Bundesmonopolverwaltung noch nicht bekannt sein. Sie sind erst in der zum 1. April 1952 vorgelegten Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung für das Betriebsjahr 1950/51 ermittelt worden.
Über die Höhe der Gesamtunkosten für das Betriebsjahr 1950/51 gibt die dem Hohen Hause in der Drucksache Nr. 3263 vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung Aufschluß. Diese Rechnung schließt ab mit einem Betrag von 49 391 581 DM. In dieser Summe sind ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung der Reingewinn mit 18 656 993 DM und ein Betrag für Abschreibungen auf Anlagen von 867 383 DM, zusammen 19 524 377 DM enthalten. Bildet man die Differenz zwischen der Abschlußsumme von 49 391 581 DM und dieser Summe, so ergibt sich ein Betrag von 29 867 204 DM. Dieser Betrag von rund 30 Millionen DM stellt die gesamten Unkosten der Bundesmonopolverwaltung für das Betriebsjahr 1950/51 dar. Die reinen Verwaltungskosten von 7 455 283 DM gliedern sich wie folgt: Gehälter und Löhne 2 517 642 DM, soziale Abgaben 379 979 DM, allgemeine Verwaltungskosten — Miet- und Pachtkosten, Bürokosten, Werbekosten, Fernsprechgebühren, Fahrtkosten, Trennungsentschädigungen usw. — 946 533 DM, Kosten für die Verwaltung des Monopols durch die Finanzbehörde 3 000 000 DM, sonstige Aufwendungen 26 900 DM, außerordentliche Aufwendungen 584 227 DM, zusammen die Summe von 7 455 283 DM. Diese Kosten sind in einer Anlage*), die ich dem Hohen Hause nicht vorlesen will, noch im einzelnen erläutert. Ich bin aber bereit, sie dem Herrn Präsidenten zu übergeben mit der Bitte, sie der Drucksache als Anlage beizufügen. Die von mir genannte Summe von 7 455 283 DM stimmt mit der Zahl überein, die in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" gegeben worden ist.
Abschließend kann ich also sagen: im Betriebsjahr 1950/51 steht einem Umsatz der Bundesmonopolverwaltung von 138 226 058 DM ein reiner Verwaltungskostenbetrag von 7 455 283 DM gegenüber. Das bedeutet, daß die Bundesmonopolverwaltung mit einem Verwaltungsunkostensatz von 5,4 % gearbeitet hat.
Die zweite Frage, ob die Veröffentlichung in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" des Bundesministeriums der Finanzen mit Kenntnis und Zustimmung des Bundesministers der Finanzen erfolgt ist, ist dahin zu beantworten, daß die Veröffentlichung im Bulletin von dem zuständigen Referenten des Bundesfinanzministeriums verfaßt worden ist und der Bundesminister der Finanzen die Genehmigung zur Veröffentlichung erteilt hat.
*) Siehe Anlage 1 Seite 10600
Meine Damen und Herren, ich habe Sie mit diesen Zahlen behelligen müssen, weil ich geschäftsordnungsmäßig nur die Gelegenheit habe, mündlich zu antworten. Ich möchte grundsätzlich bemerken: ich bin gern bereit, wenn über solche Zahlen, die in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" erscheinen, irgendwelche Zweifel bestehen, jedem Abgeordneten des Hauses und jeder Fraktion des Hauses schriftlich Mitteilung zu machen. Ich glaube, daß dieser Weg der bequemere und leichtere sein wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Morgenthaler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Frauen und Männer! Lassen Sie mich aus dem trockenen Reich der Zahlen wieder in die Wirklichkeit und in die Praxis zurückkehren. Der Herr Minister hat soeben die Punkte a) und c) des Herrn Kollegen Gülich beantwortet. Soweit wir diesen Zahlen folgen konnten, können wir, glaube ich, sagen, daß die Unklarheiten, von denen der Herr Kollege Gülich gesprochen hat, behoben worden sind. Die Versicherung des Herrn Ministers, bei Unklarheiten sich persönlich an das Ministerium werden zu können, trägt ja künftigen Mißhelligkeiten volle Rechnung.
Daß das Branntweinmonopolgesetz ein sehr schwieriges Gesetz ist, haben wir schon nach diesen beiden Rednern selber feststellen können. Daß es, um mit den Worten eines genauen Kenners des Gesetzes zu sprechen, ein „Buch mit sieben Siegeln" ist, ich glaube, das ist uns allen miteinander jetzt eigentlich zum Bewußtsein gekommen. Herr Kollege Gülich hat gerade über dieses Monopol im vergangenen Jahr schon zweimal gesprochen. Ich habe das letzte Mal Veranlassung genommen, meiner Freude darüber Ausdruck zu geben, daß er besonderen Wert darauf gelegt hat, zu versichern, es sei ihm nicht darum zu tun, das Monopol als solches zu Fall zu bringen. Ich freue mich darüber; aber ich muß gleichzeitig auch sagen, wenn ich den Entwurf anschaue, dann werde ich doch etwas zurückhaltender gegenüber der Versicherung, die er hier gibt. Er befaßt sich in seinem Änderungsentwurf in der Hauptsache mit den Paragraphen des Monopolgesetzes vom Jahre 1922, die in der Hitlerzeit aufgehoben worden sind, und zwar zunächst mit dem § 4, der den sogenannten Gewerbebeirat behandelt. Auch der Herr Kollege Gülich hat in seinem Entwurf wieder den Beirat eingeschaltet. Aber wenn ich den Beirat seinen Kompetenzen nach ansehe, muß ich doch sagen, daß er eigentlich nicht mehr viel zu bedeuten hat. Auch die Zusammensetzung dieses Beirats ist eine wesentlich andere, und wenn ich mir die Herren oder die Vertreter der Verbände ansehe, werde ich das Gefühl nicht los, daß das Übergewicht dieser 21 Vertreter aus jenen Kreisen stammt, die dem Monopol nicht freund, die im innersten Herzen eigentlich Monopolgegner sind. Das Übergewicht, das hier geschaffen werden soll, wird von den anderen interessierten Kreisen, von denen, die an der Herstellung von Branntwein aus naturgegebenen Produkten arbeiten, wahrscheinlich nicht angenommen werden können. Auch der Paragraph, der vorsieht, daß der Präsident der Monopolverwaltung die Möglichkeit hat bzw. nehmen muß, auf Antrag Sachverständige beizuziehen, die nicht aus der Branntweinindustrie kommen, stimmt mich etwas nachdenklich.
Das gilt ganz besonders für die neu in seinen Entwurf aufgenommene Einsetzung eines Monopolausschusses des Bundestags. Hier werden zwei Gleise aufgebaut. Das eine ist allerdings ein ziemlich nichtssagendes Nebengleis. Aber das Gleis, auf dem der Monopolausschuß des Bundestags arbeiten soll, ist, wie er offenbar selber gefühlt hat, doch eine Einrichtung, die zu schwersten Bedenken Anlaß gibt. Er hat selber davon gesprochen, daß sie keine Erschwernis bedeuten soll. Ich möchte glauben, daß man dieser Erschwernis nicht aus dem Wege gehen kann. Die Tatsache, daß der Monopolausschuß die Möglichkeit haben soll, Einsprachen mit aufschiebender Wirkung anzubringen. zeigt ganz deutlich, daß das herrschende Moment letzten Endes der Monopolausschuß sein soll. Das kann uns wahrhaftig nicht recht sein. Auf der anderen Seite wollen wir unter keinen Umständen die Politik in die Bundesmonopolverwaltung hineingetragen haben. Drittens erhebt sich auch für den Laien die Frage — und ich bitte die Herren Juristen, das einmal klären zu lassen —, ob hier Legislative und Exekutive in Personalunion miteinander arbeiten können oder ob das den bestehend en gesetzlich en Bestimmungen widerspricht.
Über die Frage des Finanz- oder des Steuermonopols hat der Herr Finanzminister eben gesprochen. Wir werden im Ausschuß darüber noch genügend zu reden haben.
Was den § 177 betrifft, wonach die Möglichkeit bestehen soll, daß Ausnahmen vom Monopolgesetz gemacht werden, bin ich der Auffassung, daß hier die Formulierung doch eigentlich viel zu allgemein gefaßt ist. Ich möchte glauben, sehr verehrter Herr Professor Gülich, daß bei der Abfassung gerade dieses Paragraphen der Herr Professor Gülich als Finanzminister von Schleswig-Holstein Pate gestanden hat. Ich weiß sehr wohl, er ist von gewissen interessierten Kreisen Schleswig-Holsteins um die Gewährung von Brennrechtserweiterungen in einem Ausmaß umworben worden, das mit den bestehenden Monopolgesetzbestimmungen nicht in Einklang zu bringen war. Ich verstehe durchaus, daß man diese Dinge aus der Zeit heraus beurteilen muß, und aus der Zeit heraus werden wahrscheinlich manche Dinge, die da oben passiert sind, zu verstehen und vielleicht auch zu entschuldigen sein, wenn sie auch dem Gesetz widersprochen haben. Heute sind aber die Dinge wieder in geregelte Bahnen gebracht worden. Deswegen glauben wir — und der Regierungsentwurf sieht das vor —, daß bei dieser allgemeinen Formulierung nicht haltgemacht werden darf, sondern genau festgelegt werden muß, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen vom Monopolgesetz möglich sind.
Über den letzten Paragraphen — Zulassung von Obstverschlußbrennern, die aus dem Osten vertrieben worden sind — brauchen wir uns nicht zu unterhalten; darüber besteht wahrscheinlich keine Meinungsverschiedenheit.
Im ganzen gesehen meint der sehr geehrte Herr Kollege Gülich, daß das Monopolgesetz ganz nach gesamtwirtschaftlichen Grundsätzen zu handhaben sei. Damit hat er einen Begriff in die Debatte geworfen, mit dem er eigentlich zeigt, daß große Schwierigkeiten zwischen den einzelnen Sparten derer, die am Monopolgesetz interessiert sind, zu überwinden sind. Es sind heute im Gegensatz zu früher eigentlich nur noch zwei Parteien, die einander gegenüberstehen. Die eine ist die Chemie, die synthetische Herstellung von Branntwein; auf der andern Seite stehen alle diejenigen Brennereibetriebe, die ihre Erzeugnisse aus naturgegebenen Produkten herstellen. Das sind die kleinen Obstbrenner, die kleinen Abfindungsbrenner; das sind die Kornbrenner, die Kartoffelbrenner, die Weinbrenner, die Melassebrenner und alle diejenigen, die agrarwirtschaftliche Produkte verarbeiten. Hier eine Möglichkeit zu finden, auf einen Nenner zu kommen, wird nicht einfach sein; aber ich glaube, bei gutem Willen müssen wir einen Weg finden. Die Herausnahme der synthetischen Herstellung von Branntwein aus dem Bundesmonopol wird sehr schwierig sein. Sie könnte nur dann möglich sein, wenn damit nicht die Brenner, die auf der anderen Seite stehen, in irgendeiner Weise gefährdet werden.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ein großer Teil der Mitglieder dieses Hauses unter allen Umständen das Monopolgesetz erhalten will. Ich kann nicht glauben, daß es so wirklichkeitsfremd ist, wie es Herr Kollege Gülich ausgesprochen hat; denn sonst hätte es wahrscheinlich nicht so lange Zeit überdauert. Es ist eben letzten Endes auch aus sozialen Gründen heraus entstanden. Wenn man dieses Gesetz und überhaupt die Branntweingesetzgebung, die in das Jahr 1887 zurückgeht, nachprüft, versteht man, daß der Gesetzgeber gerade nach der sozialen Seite hin Rücksicht nehmen wollte. Wir müssen heute auf die 45 000 Eigenbrenner und auf die 160- oder 170 000 Stoffbesitzer, wo immer sie auch sein mögen, mit allen ihren Familienangehörigen gegenüber den wenigen Großbrennern Rücksicht nehmen, die auf der anderen Seite stehen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man, wenn man den Gesetzentwurf anschaut, das Gefühl bekommt, daß hier versucht wird, auf gesetzgeberischem Wege, schrittweise vielleicht, das Branntweinmonopolgesetz zu unterhöhlen und auf diese Art und Weise zu Fall zu bringen.
Ich glaube, sehr verehrter Herr Kollege Gülich, daß wir im Ausschuß über diese Dinge noch sehr eingehend werden beraten müssen. Es war für mich eine besondere Freude, im Juni dieses Jahres den Steuerausschuß in die kleinen Verhältnisse in meiner badischen Heimat hineinsehen zu lassen. Ich danke noch heute dem verehrten Herrn Vorsitzenden Dr. Wellhausen und auch den Mitgliedern, die mit heruntergekommen sind, für ihr Verständnis und dafür, daß sie diese Fahrt gemacht haben. So mancher hat hier kleine und kleinste Verhältnisse kennengelernt, die er sich vorher nicht hat vorstellen können. Vielleicht wird es notwendig sein, daß der Steuerausschuß in den kommenden Tagen vor der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs und desjenigen der Regierung noch mehr solche Erkundigungsfahrten macht, um damit in die wirklichen Verhältnisse Einblick zu bekommen.
Wir wünschen, daß der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Finanzen und Steuern federführend und dem Ausschuß für Landwirtschaft und Ernährung mit der Maßgabe überwiesen wird, daß er zugleich mit den beiden wohl in den nächsten Tagen hier eingehenden Novellen der Regierung beraten wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kneipp.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gülich hat mit seinen
letzten Worten erklärt, daß er keine Kritik am Branntweinmonopol selbst vornehmen wolle. Aber das, was er zuletzt gesagt hat, klang doch in eine entsprechende Kritik aus. Er wollte wohl sagen, daß für ihn die Frage einer Umgestaltung des Monopols im Augenblick noch nicht spruchreif sei. In dem Branntweinmonopol mußten sich doch viele verschiedenartige Wirtschaftszweige zusammenfinden, und es muß trotz der lebhaften Kritik, die in den letzten Monaten geherrscht hat, anerkannt werden, daß sie sich in diesem Monopol wirtschaftlich recht wohl gefühlt haben. Gewiß, die chemische Industrie, die Monopolbrennereien, wie sie im Gesetz mit Recht charakterisiert werden, sagen immer wieder: Wir kommen nicht auf unsere Kosten. Meine politischen Freunde sind die letzten, die dem Aufschwung der chemischen Industrie irgendwie entgegentreten wollen. Wenn die chemische Industrie, die in erster Linie den technischen Sprit herstellt, nachweist, daß für eine erweiterte Produktion von technischem Sprit Absatzmöglichkeiten gegeben sind, werden, glaube ich, alle bereit sein, diese Möglichkeiten in vollem Umfange auszuschöpfen. Erst kürzlich las ich, daß die Weinbrenner getagt haben und sich wiederum mit Freuden zu dem Monopol bekannt haben, auch wenn sie hinsichtlich des § 79 des Monopolgesetzes entsprechende Wünsche haben. Immer und immer wieder klingt in den Tagungen der verschiedensten Verbände durch: Setzt die Alkoholsteuer herunter, dann wird die Kritik an dem Monopol automatisch nachlassen. Aber das ist j a angesichts des großen Bedarfs der Bundesfinanzverwaltung ein frommer Wunsch.
Daß Kollege Gülich — und das hat Kollege Morgenthaler schon angesprochen — bei seinem Aufbau des Beirats, so wie er ihn sich denkt, schon die Lunte an dieses Pulverfaß „Monopolverwaltung", wenn ich so sagen darf, legen will, das sieht man bei der Zusammensetzung des Beirats nach dem Vorschlag des Kollegen Gülich. Er läßt neun Vertreter der Branntweinerzeuger in den Beirat hineinkommen. In dem Beirat waren früher die Monopolbrennereien nicht vertreten. Sie gehörten auch nicht in den Beirat hinein, denn sie waren ja Vertragsbrenner, ihre Interessen waren in dem Vertrag hinreichend geregelt. Die Bundesmonopolverwaltung schloß mit ihnen jährlich oder für eine längere Produktionszeit berechnet ab. Nun sollen diese Gruppen auch in den Beirat hineinkommen. Wenn man ihnen einen Horchposten konzediert hätte, wäre das in Ordnung gewesen. Dann wären sie entsprechend zur Geltung gekommen. Aber hier sollen sie gleich drei Sitze von neun aus der Erzeugerseite haben. Das läuft doch in eine Ungerechtigkeit aus. Denn die Holzverzuckerungsbetriebe sollen einen Sitz bekommen. Wir haben ganze zwei Holzverzuckerungsbetriebe, und zwar den Holzverzuckerungsbetrieb in Tornesch in Schleswig-Holstein und den Holzverzuckerungsbetrieb in Holzminden. Hier hat doch vielleicht, Herr Kollege Gülich, das Lokalkolorit ein bißchen mitgesprochen. Also diese beiden Holzverzuckerungsbetriebe würden praktisch einen Beisitzer in den Beirat bekommen. Die große Zahl der Obstbrenner — die Anzahl derselben hat Herr Kollege Morgenthaler vorhin angedeutet — wird auch einen Sitz bekommen, und die große Anzahl der landwirtschaftlichen Brennereien, die doch außerordentlich bedeutend sind, hat ebenfalls nur ein Mitglied in dem Ausschuß. Das kann ich nicht als gerecht ansehen. Auch die Laugenbrenner — es werden zwanzig oder dreißig, vielleicht ein oder zwei mehr, sein— haben einen
Sitz, ebenso die Synthesealkoholhersteller, deren Betriebe an Zahl noch geringer sind als die der Laugenbrenner. Das paßt doch nicht in den Rahmen des Ganzen hinein. Es muß eine Aufgabe der Beratungen des Finanz- und Steuerausschusses sein, hier nach dem Rechten zu sehen. Nun sind die Stoffbesitzer genannt worden. Ja, wenn man alle hinneinnehmen will, müßte doch praktisch auch die große Zahl von über 100 000 Stoffbesitzern im Ausschuß vertreten sein.
Ich darf mich auf diese wenigen Darlegungen beschränken. Es ist bedauerlich, daß die Regierungsvorlage, die zur Zeit im Bundesrat liegt, nicht zusammen mit der Vorlage der SPD beraten werden konnte, so daß hier ein Auseinanderreißen und ein nochmaliges Aufsatteln — sozusagen — in Kürze notwendig ist. Meine politischen Freunde werden zu Nutz und Frommen des Gesamten gern an der vernünftigen Ausgestaltung und Weitergestaltung des Branntweinmonopols mitwirken.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will keine Lunte an das Pulverfaß legen, sondern ich möchte zu den Ausführungen kurz Stellung nehmen. Herr Kollege Kneipp, so liegen die Dinge j a nun nicht, wie Sie sie dargestellt haben. Natürlich habe ich Kritik am Monopol geübt; denn wenn ich keine Kritik geübt hätte, hätte ich keinen Gesetzentwurf zur Änderung des Monopolgesetzes zu begründen brauchen. Ich habe nur gesagt, ich bin nicht ein prinzipieller Gegner des Monopols, sondern ich habe früher einmal hier gesagt, daß es für mich nicht um Grundsatz-, sondern um Zweckmäßigkeitsfragen geht. Ich habe wiederholt auf Mißstände in der Monopolverwaltung hingewiesen. Seien Sie überzeugt, wenn wir die Dinge im Ausschuß genauer betrachten, werden wohl auch Sie zu der Überzeugung kommen, daß solche Mißstände da sind, und zwar nicht geringe.
Daß ich vorgesehen habe, jede Erzeugersparte in den Beirat einzubauen,. hat doch einen ganz natürlichen Grund. Ganz ohne Rücksicht darauf, wieviel die einzelne Erzeugersparte produziert, sollte zur Vorbereitung der Neuordnung der Branntweinwirtschaft jede Sparte vertreten sein, damit der Sachverstand aus jeder Sparte gehört wird. So ergeben sich zwangsläufig diese neun, von denen drei sogenannte Monopolbrenner sind. Aber daß das sogenannte Monopolbrenner sind, ist ja auch erst ein Ergebnis des veralteten Gesetzes von 1922; daß sie nun bei den Erzeugern drei von sechs haben, du lieber Gott, darin kann doch kein Unglück liegen. Ich weiß gar nicht, warum ich fortgesetzt verdächtigt werde, hier die Interessen irgendeines Industriezweiges zu vertreten. Ich habe keinerlei derartige Interessen, Herr Kollege Morgenthaler. Es spricht aus mir auch nicht der frühere Finanzminister von Schleswig-Holstein. Ich bin 54 Jahre meines Lebens ohne Kenntnis des Branntweinmonopolgesetzes ausgekommen. Als ich mich damit befassen mußte, habe ich gefunden, daß in der Branntweinwirtschaft Mißstände sind. Wohl wußte ich, daß es eine sehr interessante und umfangreiche Literatur über die Branntweinwirtschaft gibt; aber im einzelnen hatte ich mich nicht damit befaßt. Ich habe schon einmal erklärt: Sie dürfen mir nicht Dinge zur Last legen, die ich gar nicht zu verantworten habe, sondern die das Bundesfinanzministerium zu verantworten hat.
Ich habe schon einmal gesagt, daß unter Ermessensmißbrauch des § 177 große Brennereien errichtet worden sind und unter demselben Ermessensmißbrauch am Leben gehalten werden. Eine solche besteht auch in Schleswig-Holstein. Darüber sind wir uns einig. Aber ich habe nichts damit zu tun. Ich bitte doch freundlichst, mir diese Dinge nicht zur Last zu legen. Wenn wir nur zwei Holzverzukkerungsbetriebe haben, so sind das eben doch zwei sehr wichtige Betriebe einer Sparte der Branntweinwirtschaft. Ein Holzverzuckerungsbetrieb liegt in Schleswig-Holstein. Er hat nach meiner Überzeugung, nachdem ich die Dinge sehr genau untersucht habe, ein volkswirtschaftlich wichtiges und vertretbares Anliegen. Deshalb kann ein solches Unternehmen wohl gehört werden. Ich habe früher in anderen Zusammenhängen einmal darüber gesprochen. Ich bin also der Meinung, daß jede Sparte der Erzeugung, gleichgültig wieviel Sprit sie herstellt, im Beirat vertreten sein soll.
Daraus, daß dieses Gesetz von 1918 bzw. 1922 30 Jahre gehalten hat, können Sie doch nicht den Schluß ziehen, daß es ein gutes Gesetz ist. Ich habe vor einigen Monaten einmal Aussprüche aus dem Jahre 1926 zitiert, die grauslich waren. Damals wurde die Reformbedürftigkeit wirklich schon klar erkannt. Es erben sich nun mal Gesetz und Rechte wie eine ewige Krankheit fort. Dieses Gesetz hat sich durch die Zeiten hindurch, insbesondere durch das Dritte Reich, einfach so in dem Zustand erhalten, den wir heute haben und in dem es unter gar keinen Umständen bleiben kann.
Ich bin aber überzeugt, daß wir uns, wenn wir einmal in den Ausschüssen in die sachliche Beratung eintreten, darüber verständigen werden. Ich möchte nur gerade an dieser Steile den Antrag des Kollegen Morgenthaler dahin ergänzen, daß der Initiativgesetzentwurf auch dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung überwiesen wird.
Wenn der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Gesetzentwurf mitberaten soll, muß es auch der Ausschuß für Wirtschaftspolitik tun. Herr Kollege Wellhausen, es tut mir schrecklich leid. — Es wäre mir ja auch viel lieber, wir könnten die Sache im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen abmachen; aber die Materie ist so, daß wir es nicht können.
Noch ein paar Worte an Herrn Morgenthaler. Er hat gesagt, dieser Beirat habe nicht viel zu bedeuten. Ich habe vorhin ausgeführt, daß ihm faktisch eine sehr wesentliche Mitwirkung, die einer Mitbestimmung gleichkommt, zuzuerkennen ist. Wenn Sie das Gefühl nicht loswerden, daß der Entwurf monopolfeindlich sei, ja, du lieber Gott, es handelt sich hier doch nicht um Gefühle, sondern es sind Dinge, die man sehr klar nachrechnen kann und über die man sich durch klare Aussprache und durch Einsicht wirklich eine Meinung verschaffen kann. Daß Sie die Sache hinsichtlich der Sachverständigen, die nicht der Branntweinwirtschaft angehören, nachdenklich stimmt, kann ich überhaupt nicht begreifen. Es gibt doch nichts Vernünftigeres, als wirkliche Sachverständige heranzuziehen, die keine Interessenvertreter sind.
Darauf haben wir allerdings gerade großen Wert gelegt.
— Ich weiß gar nicht, ob Sie sie kennen.
— Bitte, wollen Sie sie nennen! Ich denke an Sachverständige, welche einen wirklichen Überblick haben. Ich denke, wenn Sie wollen, an einen Mann wie Professor Schmölders. Ich könnte auch andere Volkswirtschaftler und Finanzwirtschaftler aufzählen, welche als Sachverständige auf dem Gebiet anzusprechen sind. Aber das sind ja Fragen, die wir im Ausschuß beraten sollten.
Der Kollege Morgenthaler hat Bedenken gegen den Monopolausschuß geäußert. Wir hatten aber früher die Mitwirkung der Parlamente. Diese ist durch Führerverordnungen aufgehoben worden.
— Im Beirat, ja. Der Beirat war falsch konstruiert. Ich habe das vorhin schon gesagt, konnte es aber nicht ausführlicher begründen, kann es auch jetzt nicht tun, weil die Zeit dafür nicht reicht. Ich will es im Ausschuß gern tun. Sie sehen auf meinem Platz dort einen dicken gelben Band. Das ist der erste Band von sieben Bänden; sie sind alle sieben da.
In diesen Bänden ist die gesamte Branntweingesetzgebung von 1918 bis 1933 aus den Verhandlungen und Protokollen des Deutschen Reichstages dargestellt. Sie finden dort in 138 Positionen ein chronologisches Register, ferner ein ausführliches Sachregister und ein Sprechregister. Sie werden nachher im Ausschuß sehen, wie gut Sie auf alle Fragen, die Sie in bezug auf die Vergangenheit stellen, bedient werden.
Jetzt muß ich mich den Ausführungen des Herrn
Ministers zuwenden. Zunächst ein paar Worte zum
Gesetzentwurf. Der Herr Minister Schäffer meint, die Ermächtigung verstoße gegen Art. 108 des Grundgesetzes. Das ist eine Frage, die die Juristen nachher behandeln mögen. Ich stelle aber nicht den Antrag, die Sache auch noch dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu geben.
Der Herr Minister Schäffer meint sodann, die Einrichtung eines Monopolausschusses verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Das habe ich ja gerade bestritten und ausgeführt, daß das nicht gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstößt, sondern daß diese wichtigen Angelegenheiten, wie die Festsetzung der Jahresbrennrechte, der Übernahmepreise, des Branntweinaufschlags, der Verkaufspreise, der Sortenkennzeichnung, in Zweifelsfällen früher letzten Endes von der Legis-
lative entschieden wurden. Ich will nichts anderes, als daß sie auch heute wieder von der Legislative entschieden werden, weil es sich, wie ich ausgeführt habe, um Fragen handelt, die zur Gesetzgebungskompetenz des Parlaments gehören, welches allein die Befugnis hat, Zölle und Verbrauchsteuern festzusetzen. Und das hier gehört dazu.
Der Herr Minister Schäffer machte auch Ausführungen in bezug auf den Monopolgewinn, wenn ich das hier gleich einfügen darf. Ich weiß es im Augenblick nicht mehr genau, aber ich kann die Antwort geben. Im Bundeshaushalt haben Sie ja ausdrücklich einen Monopolgewinn für dieses Jahr — erst von 25 Millionen DM und dann im Nachtrag noch von weiteren 5 Millionen DM — ausgewiesen, und Ihr Vertreter hat in der Gewerbeausschußsitzung vom 12. Dezember vorigen Jahres laut Protokoll mit Bedauern erklärt, die Preiserhöhung müsse vorgenommen werden, weil der Bundestag eben die Auflage gemacht habe. Dazu habe ich hier schon einmal gesprochen und es als ein unerhörtes Verfahren bezeichnet, in eine Bundestagsdrucksache, nämlich in den Einzelplan XXIII, ein Fußnötchen zu machen: „Die Erhöhung der Einnahmen ergibt sich aus der konjunkturellen Entwicklung der Wirtschaft", und zum anderen im Ausschuß achselzuckend zu sagen: Wir bedauern sehr, wir sind unschuldig; aber der Bundestag, der böse Bundestag, hat uns die Auflage gemacht, Monopolgewinne zu erzielen, und darum müssen wir die Preise erhöhen. Ob also die Einrichtung eines Monopolausschusses gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstößt, wäre auch noch zu untersuchen.
Ich weiß, daß die Monopolverwaltung auch andere Aufgaben hat, z. B. Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege. Aber ich weiß auch, daß die Monopolverwaltung für die öffentliche Gesundheitspflege nichts tut, während z. B. die Monopolverwaltung in der Schweiz 10 % allein für die Bekämpfung des Alkoholismus ausgibt, wie überhaupt die Schweiz eine ganz ausgezeichnet geführte Monopolverwaltung hat.
Zweitens: Zum Antrag Drucksache Nr. 3624 sagt Herr Minister Schäffer, die Branntweinmonopolverwaltung habe ihre gesetzliche Pflicht erfüllt. Nun, ich habe hier mehrfach dargelegt — sonst wären die ganzen Anträge nicht nötig gewesen —, daß sie ihre gesetzliche Pflicht eben nicht erfüllt hat. Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen — Herr Minister Schäffer hatte die Freundlichkeit, mir das schon vor 14 Tagen zu sagen —, daß er die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein angewiesen hat, diesem Antrag zu entsprechen mit Ausnahme des Nachweises über die einzelne Verwendung des Rohsprits in den Fertigerzeugnissen. Das ist eine Frage, die ich im Augenblick nicht beurteilen kann. Aber es dürfte gut sein, auch diesen Antrag dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und nur diesem Ausschuß zu überweisen. Ich stelle hiermit den Antrag, das zu tun.
Herr Schäffer sagte: „Nicht soviel in der Öffentlichkeit über das Monopol als Finanzmonopol sprechen!" Ja, ich wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, darüber zu sprechen, wenn nicht Ihre Herren, Herr Minister Schäffer, in der Öffentlichkeit darüber geschrieben hätten und wenn nicht Ihre Herren sich bemühten, darzulegen, daß dieses Alkoholmonopol ein Finanzmonopol sei. Wenn das nicht der Fall wäre, hätte ich kein Wort darüber verloren.
Nun noch einige Bemerkungen zu der Großen Anfrage. Wir wissen alle in diesem Hause, daß Herr Minister Schäffer schon wesentlich interessantere Reden gehalten hat als vorhin die bei der Beantwortung der Großen Anfrage. Aber ich will Ihnen sagen, warum wir die Form der Großen Anfrage gewählt haben. Es handelt sich um eine schwierige Materie, die man hier nicht im einzelnen behandeln kann, die man aber auch nicht in der Form der Kleinen Anfrage abtun kann. Denn wenn z. B. eine „Kleine Anfrage" nicht beantwortet worden wäre, hätten wir nach § 110 der Geschäftsordnung nur die Möglichkeit, die Frage als mündliche Frage in der Fragestunde zu wiederholen. Damit wäre gar nichts gewonnen. Wir wünschen vielmehr, daß diese Große Anfrage, die eine komplizerte, volkswirtschaftlich wichtige Materie behandelt, im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überprüft wird.
In meinem Brief vom 13. September an Herrn Minister Schäffer habe ich alle Unterlagen gegeben und habe auch auf die Fehlerquellen hingewiesen, die im Rechenwerk sein können. Einige müssen darin sein. Wenn z. B. am 26. April die Verkaufspreise erhöht werden, aber die Vierteljahresausweise für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni gehen, dann kann man beim besten Willen nichts anderes tun als die Berechnung nach dem Vierteljahresausweis für das ganze Quartal vornehmen. Das ist geschehen. Aber auf diese mögliche Fehlerquelle und auf andere mögliche Fehlerquellen habe ich in dem Brief hingewiesen. Es wird erforderlich sein, daß dieses Rechenwerk auch zu den Drucksachen des Bundestags kommt, und ich darf es dem Herrn Präsidenten überreichen mit der Bitte, es als Nachtrag zu meinen Ausführungen mit in die Bundestagsdrucksachen aufzunehmen.*)
Das Interessante bei der ganzen Frage ist doch folgendes. Herr Minister Schäffer hat selbst ausgeführt, daß sich ein Brutto-Umsatz von etwas über 156 Millionen DM tatsächlich errechne, daß also meine Angabe von rund 156 Millionen DM richtig sei. Er hat nur davon gesprochen, daß ich offensichtlich einen Umsatz aus der Produktion zugrunde gelegt hätte, während er von einem Umsatz durch die Vertriebsstellen spricht. Darunter kann ich mir nun beim besten Willen nichts vorstellen. Es ist doch ganz klar, daß ich den Umsatz zugrunde legen muß, der im Bundesanzeiger in den Vierteljahrsausweisungen veröffentlicht wird. Was soll man denn sonst einer solchen Berechnung zugrunde legen? Denn die Bundesmonopolverwaltung ist doch verpflichtet, ihre Zahlen vorzulegen.
Ich möchte dann noch fragen — das ist nur eine rhetorische Frage, auf die ich jetzt keine Antwort erwarte —, wann und wo denn nun die 138 Millionen DM ausgewiesen werden, so daß wir sie kontrollieren können. Der Umsatz als Verkaufserlös, errechnet auf Grund der Verkaufsmengen und der Verkaufspreise, muß nach meiner Meinung mit dem Gesamtumsatz aller Vertriebsstellen der Monopolverwaltung übereinstimmen. Wenn es nicht übereinstimmt, müssen in den einzelnen Vertriebsstellen Saldierungen vorgenommen sein, Saldierungen mit Unkosten, so daß Netto-Erlöse herausgekommen sind. Wenn das der Fall ist — ich konnte das bei der mündlichen Darlegung nicht genau verstehen —, bin ich der Meinung, daß das ein nicht zulässiges Verfahren ist. In der Bilanz erscheinen diese Zahlen jedenfalls nicht. Die Bilanz ist, wie
*) Siehe Anlage 2 Seite 10601
wiederholt dargelegt, nicht vollständig. Wann und wo erfahren wir nun eigentlich, wie sich diese Kosten wirklich zusammensetzen? Auch der Umsatz von 149 Millionen DM, der von Ihnen, Herr Minister Schäffer, erwähnt wurde, läßt sich nirgends errechnen.
Das gleiche gilt von dem Umsatz der Verwaltungskosten. Das scheint mir ein etwas gewagtes Spiel mit Zahlen zu sein. Ich habe hier klar gesagt, was gemeint ist. Gemeint war, daß die gesamten Verwaltungskosten, das, was der Präsident der Monopolverwaltung unter Monopolunkosten versteht, zu dem Umsatz in Beziehung gesetzt wurden. Da kam ich zu einem Prozentsatz von rund 21, nicht von 22,1, wie in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" fälschlicherweise angegeben worden ist. Ich kann nach dem Geschäftsbericht auf Drucksache Nr. 3263 rechnen, wie ich will — und ich bitte alle Bilanzkritiker, diese Rechnung auch einmal zu machen —, die '7,5 Millionen DM kommen nicht zustande! Auch die Zahlen, die Herr Minister Schäffer für Gehälter und Löhne, für soziale Abgaben, für sonstige Aufwendungen usw. gegeben hat, weichen von den Zahlen des Geschäftsberichts ab.
— Ja, sie weichen ab. Ich habe ja zugehört und gehört, daß sie abweichen. Wir werden es nach dem schriftlichen Bericht kontrollieren können. Den Geschäftsbericht habe ich vorliegen. Der Geschäftsbericht erscheint ein halbes Jahr nach Abschluß des Geschäftsjahres.
Ich bedaure, daß Herr Minister Schäffer seine Zustimmung zu dieser Veröffentlichung gegeben hat. Denn ich glaube, es ist kein gutes Verfahren, daß, wenn ein Abgeordneter hier im Plenum des Bundestags — —
Ich mache Sie auf den Ablauf der Redezeit aufmerksam.
Ich bin in einer Minute fertig.
— Ich bin sofort fertig. Gestatten Sie mir, daß ich noch einen Schlußsatz sage.
Ich halte das Verfahren für ungewöhnlich — und es dürfte nicht Schule machen —, daß auf Ausführungen, die hier im Hause gemacht werden, in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" geantwortet wird, und zwar nicht, wie Herr Minister Schäffer sagte, gelegentlich der Behandlung dieses Themas, sondern es ist nichts anderes hier behandelt worden als dieses Thema. Es fängt an: „In der 203. Sitzung des Bundestages hat der Abgeordnete Dr. Gülich die und die Angaben gemacht", diese Angaben werden hier berichtigt, und diese Berichtigung hat keinen anderen Zweck, als den Abgeordneten, der hier in der Legislative gesprochen hat, in einem Organ der Exekutive richtigzustellen. Dieses Verfahren halte ich nicht für zweckmäßig,
und es dürfte nicht Schule machen. Wir haben es ja auch schon bei anderen Gelegenheiten erlebt. Ich meine, es sollte nicht sein.
Ich weiß, daß ich heute sehr weitreichende Anregungen gegeben habe und daß es sich um eine Konzeption handelt, über die man sich sehr gründlich unterhalten muß. Die Einbringung eines Initiativgesetzentwurfs ist ja noch nicht die Annahme des Gesetzes. Aber ich glaube auch, daß die Anregungen, die ich gegeben habe, für die Beteiligten recht interessant sind und sehr gründlich studiert werden müssen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Anregung geben, im Interesse einer Rationalisierung unserer Arbeit von einer Überweisung auch noch an den Wirtschaftsausschuß Abstand zu nehmen.
Ich möchte glauben, meine Herren, daß doch jeder die Möglichkeit hat, über den Finanzausschuß oder über den Ernährungsausschuß seine wertvollen wirtschaftlichen Erfahrungen — Ernährung und Landwirtschaft sind bekanntlich auch Wirtschaft!
— zur Geltung zu bringen, und daß es nicht erforderlich ist — Herr Gülich, vielleicht können Sie sich dem anschließen —, deli Wirtschaftspolitischen Ausschuß auch noch zu bemühen.
Zur Geschäftsordnung Herr Professor Gülich.
Herr Wellhausen, ich bin ganz mit Ihnen einig;
aber dann dürfen wir den Entwurf auch nicht an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überweisen — das ist aber von Herrn Morgenthaler beantragt worden —,
sondern es gibt dann nur ein Entweder-Oder. Ich beantrage also Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und bitte Sie freundlich, Herr Morgenthaler, Ihren Antrag zurückzuziehen. Wir können j a dann — es bestehen gar keine Bedenken vom Finanzausschuß aus, und der Vorsitzende wird dem, daran zweifle ich nach unserer ganzen Praxis nicht, ohne weiteres zustimmen — zu den Beratungen andere Herren hinzuziehen. Aber es wäre im Interesse eines schnelleren Ablaufs wirklich erwünscht, wenn wir uns darauf beschränken würden, die Beratungen nur im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vorzunehmen.
Damit ist die Rednerliste erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung.
— Ja, das kann mir zu der Abstimmung zugerufen werden. — Ich komme jetzt zur Abstimmung über die einzelnen Anträge.
Zu Punkt 5 a) der Tagesordnung ist beantragt worden, die Große Anfrage dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen. Eine Anfrage kann nicht überwiesen werden; es kann nur ein Antrag überwiesen werden. Ich kann also darüber nicht abstimmen lassen.
Wir kommen dann zu Punkt 5 b) der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol. Dazu liegen zunächst einmal Anträge auf Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vor. Dem ist wohl nicht widersprochen worden. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
Weiter war beantragt, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Dieser Antrag ist zurückgezogen. Ebenfalls zurückgezogen ist der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Es bleibt also bei der Behandlung durch einen einzigen Ausschuß, den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen.
Zu Punkt 5 c) ist ebenfalls beantragt worden, diesen Antrag dem Ausschuß für Finanzen und Steuern zu überweisen. Es scheint Übereinstimmung im Hause zu bestehen; denn anderweitige Anträge sind nicht gestellt worden. Auch das kann als beschlossen gelten.
Dann kommen wir zu Punkt 6 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend
Senkung der Kaffee- und Teesteuer .
Der Ältestenrat schlägt für die Debatte eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vor. Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Günther. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag wurde in mehreren Sitzungen des Ausschusses für Finanzen eingehend beraten. Material und Unterlagen hat uns der Bundesfinanzminister weitgehend zur Verfügung gestellt, so daß sich der Ausschuß am Schluß seiner eingehenden Beratungen ein Bild über die Sachlage machen konnte.
Den Antragstellern schwebten in erster Linie soziale Momente vor, da die Kaffeesteuer wie keine andere im Vergleich zu 1938 eine besonders große Steigerung erfahren hatte. Des weiteren wurde betont, daß Kaffee kein Luxusgetränk, sondern in Wirklichkeit ein Volksgetränk sei. Andere Abgeordnete, insbesondere solche, die in den Grenzgebieten beheimatet sind, trugen moralische Bedenken vor, die in erster Linie das Schmuggelunwesen betrafen, das vor allen Dingen an der belgisch-holländischen Grenze hervortritt. Besonders wurde auch die Demoralisierung der Jugend hervorgehoben. Von den Abgeordneten wurden noch weitgehende fiskalische Bedenken und Gründe geltend gemacht und über die Höhe der möglichen Ausfälle gesprochen.
Der Bundesfinanzminister nahm in der ersten Sitzung zu der Vorlage Stellung und erklärte, daß die Haushaltslage grundsätzlich nur dann eine Steuersenkung gestatte, wenn sie nach menschlichem Ermessen keinen Steuerausfall nach sich ziehe. Er stellte in den Vordergrund, daß vor einer Steuersenkung die Schmuggelbekämpfung erfolgreich durchgeführt werden müsse, und gab an, daß ein großer Teil des illegalen Kaffees durch Besatzungsschmuggel und Besatzungseinfuhr in das
Bundesgebiet gekommen sei und daß seine Bemühungen in den Verhandlungen mit den Alliierten dahin gingen, mit den Alliierten vernünftige Rationen an Zigaretten, an Kaffee usw. auszuhandeln. Nach Überzeugung des Vertreters des Finanzministeriums kann erst eine Steuersenkung auf 3 Mark zu einem Kleinverkaufspreis führen, der annähernd dem Schwarzmarktpreis entspricht und daher eine wirksame Bekämpfung des Besatzungsschmuggels ermöglicht. Die Steuersenkung bringe jedoch einen Steuerausfall von rund 227 Millionen D-Mark mit sich, der nur durch eine Umsatzsteigerung ausgeglichen werden könne. Eine solche Absatzsteigerung sei jedoch nicht zu erreichen. Bei der vom Bundesfinanzminister für möglich gehaltenen Konsumerhöhung bleibe immerhin ein Ausfall von 193 Millionen DM übrig, der für den Haushalt nicht tragbar sei.
In der Diskussion wurde die Frage ventiliert, ob nicht durch eine andere Besteuerung oder einen anderen Erhebungsmodus der Steuern eine wesentliche Verbilligung des Kaffees erreicht werden könne, ohne daß der Bundeshaushalt in Mitleidenschaft gezogen werde. Des weiteren wurde erwogen, den Kaffee im Kleinverkauf nur in Paketen und mit Banderolen versehen zu verkaufen.
Der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums berichtete über die Beziehungen zu Brasilien, wobei zum Ausdruck kam, daß Brasilien der Bundesrepublik erhebliche Summen an Devisen schulde und nicht in der Lage sei, diese zu bezahlen. Er gab an, daß die Handelsbeziehungen zu Brasilien durch eine Kaffeesteuersenkung eine günstige Entwicklung nehmen würden.
Der Vertreter des Bundesfinanzministers ließ sich in der Hauptsache von fiskalischen Argumenten leiten. Bei den möglichen Ausfällen und Umsatzsteigerungen könne nur von Vermutungen ausgegangen werden. Es könne nicht exakt geschätzt werden, in welchem Ausmaß eine Preissenkung den Kaffeeabsatz günstig beeinflussen werde. Das Bundesfinanzministerium war aber der Auffassung, daß vor allem im Hinblick auf den Schmuggel nur eine Steuersenkung auf 3 DM in Frage kommen könnte, was aus haushaltsrechnerischen Gründen nicht möglich sei. Von Mitgliedern des Ausschusses wurde zunächst eine Senkung auf 5 DM erwogen, was einen Endpreis von etwa 25 DM pro Kilo im Kleinverkauf bedeuten würde. Der derzeitige Schmuggelpreis wird mit rund 22 DM pro Kilo angegeben. Bei den Mitgliedern des Ausschusses bestand weitgehend die Auffassung, daß eine solche Preissenkung den Großschmuggel wesentlich beeinträchtigen würde. Dies wurde allerdings von den Vertretern des Finanzministeriums und einigen Mitgliedern des Ausschusses bestritten. Der Vorschlag, die Kaffeesteuer in der Endstufe in Form eines Umsatzsteuerzuschlages zu erheben, wurde zunächst für nicht durchführbar gehalten.
Weiter meinte der Ausschuß, daß durch eine solche Preissenkung auch die im Handel mit Brasilien bestehenden Probleme in etwa gelöst werden könnten, da bei einem Kleinverkaufspreis von 22 DM eine Preisdifferenz von 3 DM — um so viel ist der Brasilkaffee billiger als die übrigen Kaffeesorten — die Käufer durchaus veranlassen könne, den billigeren Kaffee zu kaufen.
Einen weiten Raum nahm die Erörterung der
moralischen und sozialen Gesichtspunkte ein. Von
einigen Abgeordneten wurden neben den fiska-
lischen besonders die moralischen Momente in den Vordergrund gestellt, die sich vor allem beim Schmuggel bemerkbar machen. Es wurde hervorgehoben, daß in erster Linie die Jugend in den Grenzorten demoralisiert werde. In diesem Sinne hat sich auch der Grenzausschuß mit der Frage der Kaffeesteuersenkung befaßt und ist zu der Auffassung gekommen, daß eine Senkung des Kaffeezolls besonders aus diesen moralischen Gründen unbedingt notwendig sei.
Um den verständlichen Forderungen des Bundesfinanzministers entgegenzukommen, wurde eine Steuersenkung von 5 DM in Erwägung gezogen und beantragt. Vom Bundesfinanzministerium wurde angenommen, daß die Kaffeesteuer einschließlich Zoll und Umsatzausgleichsteuer dann 503 Millionen DM ausmache, was einen Ausfall von 50 Millionen DM in der Schätzung für das Etatjahr bedeuten würde. Es waren 552 Millionen DM im Etat eingesetzt. Ein Teil der Ausschußmitglieder glaubte, daß die angegebenen Verluste sich noch verringern würden.
Im Verlauf der Diskussion wurde darauf hingewiesen, daß das deutsche Preisniveau auf die Dauer dem europäischen angeglichen werden müsse. Zu diesem Hinweis kam man insbesondere durch Vergleiche mit den anderen europäischen Ländern in bezug auf die Kaffeesteuer; im Ausland sieht es in dieser Beziehung folgendermaßen aus: England hat keine Abgaben, Frankreich auf 100 Kilo Rohkaffee 19,50 DM, Italien — relativ hoch — 411,60 DM, die Schweiz 50 DM, die Benelux-Zollunion keine Abgaben, Dänemark 52 DM, Norwegen 36 DM und Schweden 64 DM. Der durchschnittliche Kleinverkaufspreis für Kaffee in Deutschland hat sich in den letzten vierzig Jahren wie folgt verändert: 1913 2,40 M je Kilo, 1930 6,83 RM je Kilo, 1938 5,14 RM je Kilo und 1951 36 DM je Kilo. Die heutigen Kleinverkaufspreise für Kaffee in den anderen europäischen Ländern sind: in Frankreich 7,•7 DM, in Belgien 7,57 DM, in den Niederlanden 4,86 DM. in der Schweiz 7,70 DM, in Italien 10,03 DM. In Deutschland dagegen beträgt der Kleinverkaufspreis, wie Sie wissen, 34 bis 38 DM.
In diesem Fragenkomplex spielt auch die Teesteuer eine Rolle. Bei der Teesteuer liegt es an und für sich ähnlich wie bei der Kaffeesteuer. Sie ist aber für den Fiskus nicht so interessant, weil sie eben kleinere Beträge ausmacht. Im Ausschuß war man der Auffassung, daß die Erhöhung der Teesteuer gegebenenfalls durch erhöhten Umsatz und Eindämmung des Schmuggels ausgeglichen wird. Auch über Einzelhandelsspannen wurde im Ausschuß gesprochen; aber es wurde im Augenblick nicht für durchführbar gehalten, diese Angelegenheit zu behandeln, und die Erledigung wurde auf eine spätere Zeit vertagt.
Am Schluß der Beratung stand die Frage zur Erörterung, ob die Kaffeesteuer auf 5 DM oder 3 DM gesenkt werden soll. Der Antrag, die Besteuerung erst beim Einzelhandel vorzunehmen und die Kaffeesteuer auf 3 DM zu senken, wurde gegen eine Stimme abgelehnt. Schon im Hinblick auf den vom Bundesfinanzminister geschätzten effektiven Ausfall von 193 Millionen DM wurde dem Antrag, die Steuer auf 5 DM zu senken, der Vorzug gegeben. Dieser Antrag wurde im Ausschuß mit 18 gegen 1 Stimme bei 3 Enthaltungen angenommen.
Der Ausschuß bittet Sie, seinen Beschlüssen Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Günther.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich als Abgeordneter eines Grenzkreises — und vor allen Dingen des Grenzkreises, wo das Schmuggelproblem am allergrößten ist, nämlich im Bezirk Aachen — einiges zu den Ausführungen, die ich namens des Ausschusses machte, hinzusetze. In keinem Gebiet in Deutschland ist im Augenblick an der Grenze in Bezug auf Schmuggel soviel los, wie gerade in diesem Gebiet an der belgischen und an der holländischen Grenze. An der holländischen Grenze ist das Problem erst seit einigen Monaten aufgetreten, weil Holland bis vor kurzem eine Rationierung des Kaffees hatte und sich erst durch die Freigabe des Kaffees dieser Schmuggel teilweise von der belgischen Grenze auch zur holländischen Grenze verlagert hat. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in der Presse, vor allen Dingen in der Aachener Presse, irgend etwas über den Schmuggel gemeldet wird, und jeden Tag werden irgendwelche Zeitungsnotizen mit dicken Überschriften von der Bevölkerung gelesen: „17jähriger Schmuggler angeschossen", „Schmuggel von Fenster zu Fenster", „An der Grenze herrscht wirklicher Krieg", „Schüsse ohne Rücksicht auf Passanten", „Ehemaliger Grenzschutzmann stach ins Wespennest", „Wie anständige Leute behandelt werden . . .", „Grenzjäger gehen zu den Schmugglern über", „Schmuggel forderte ein Menschenleben", „ ,Manöverstimmung' in der Eifel", „Man soll den Schmuggel unrentabel machen", „Am Ende des Lateins?" „Schmuggel forderte ein Menschenleben" — 21jähriger Arbeitsloser! —, „Ein schwacher Ast am grünen Holz", „Schmuggler brach zehn Meter vor der Grenze zusammen" usw.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt von Zeitungsnotizen einer einzigen Zeitung, und zwar einer bürgerlichen Zeitung, die nicht irgendwie in Sensationen macht, sondern so ist im Augenblick die Situation an der Aachener Grenze. Es ist meines Erachtens unmöglich, daß die Regierung bei diesem Preis, der zur Zeit durch Zoll und durch Steuern so hoch ist, stehenbleibt. Wir haben in Deutschland bekanntlich die Todesstrafe abgeschafft; es geht im Augenblick darum, ob die Todesstrafe wieder eingeführt werden soll. Selbst diejenigen, die Befürworter der Wiedereinführung der Todesstrafe sind, beschränken sich darauf, daß die Todesstrafe nur angewandt werden soll für ganz schwere Vergehen und da, wo man den Betreffenden sofort überführt hat. In diesem Fall hier sind unter den Opfern, die an der Grenze bei der Verfolgung des Schmuggels usw. entstehen, Jugendliche, Kinder, Erwachsene und, was noch bedauerlicher ist, in größerem Umfang Leute, die nicht am Großschmuggel beteiligt sind, sondern die dort als Grenzgänger irgendwie auf ein „Halt" nicht stehengeblieben sind, dann angeschossen wurden und unglücklich getroffen wurden.
Des weiteren ist es in der Eifel so, daß ein außerordentlich schlechtes Verhältnis zu den Zöllnern usw. besteht. Dieses Verhältnis war noch zu keiner Zeit so schlecht wie jetzt. Vor dem ersten Weltkrieg hat dort kaum ein Mensch an Schmuggel usw. gedacht. Wenn auch geschmuggelt wurde, so war er doch uninteressant. Auch bis zum Jahre 1933 passierten kaum Zusammenstöße mit den Zöllnern. Aber nach diesem Kriege und vor allen Dingen
nach 1949 ist daraus wirklich, wie einige Überschriften soeben schon besagten, ein Kleinkrieg geworden. Das Verhältnis zu den Zöllnern ist wirklich beängstigend.
Weder ich noch meine Freunde möchten die Schmuggler irgendwie verteidigen oder meinetwegen den Schmuggel an sich auch nur begünstigen. Was wir wollen, ist, daß wir der Ursache nachgehen; und diese Ursache ist einzig und allein die überhöhte Steuer. Ich werde von leitenden Herren der Finanzdirektion bestürmt, die sagen: „Sorgen Sie dafür, daß in Bonn die Sachen geändert werden! Wir wären für den Zoll und für unsere Beamten usw. heilfroh, wenn wir diese Schlachten an der Grenze nicht immer durchzuführen brauchten!"
Das Finanzministerium hat dann den Versuch gemacht, den Schmuggel energisch zu bekämpfen. Es wurde die Aktion „Martha" angesetzt. Dadurch wurden selbstverständlich eine ganze Reihe Schmuggler gefaßt; aber diese Aktion hat lange, monatelang, stattgefunden, und auch heute ist der Schmuggel bei weitem nicht beseitigt. Man kann sogar sagen: er ist noch größer geworden. Wenigstens hört man tagtäglich von neuen Verhaftungen und von neuen Verfolgungen der Schmuggler. Bei den Schmugglern handelt es sich keineswegs nur um die Jugend der Grenzgebiete, sondern alle Kreise und alle Bezirke sind daran beteiligt. Wachtmeister, Schutzleute — von Wuppertal zuletzt — sind an der Grenze beim Zigarettenschmuggel geschnappt worden. Es sind auch Zöllner dabei. Eine ganze Reihe Zöllner sind im Laufe der letzten Jahre verhaftet worden, weil man sie dabei ertappt hatte, daß sie mit den Schmugglern zum Teil gemeinsame Sache machten. Alle diese Dinge sind Tatsachen, und es ist notwendig, daß wir diese Mißstände wirklich bekämpfen. Meine Meinung geht dahin, daß man diese Frage nicht nur fiskalisch sehen darf, sondern daß man auch die moralische Seite, die mit dieser in Verbindung steht, in Erwägung ziehen muß. Ich glaube, daß gerade diese unter Umständen noch höher als das Geld zu bewerten ist.
Es kommt hinzu, daß die Kaffeesteuer ja nicht von uns eingeführt worden ist. Damals wurden wir in Frankfurt im Wirtschaftsrat gezwungen, diese Steuer einzuführen. Als dann 1948 das Änderungsgesetz für die Kaffeesteuer zur Beratung stand, hatten wir die Wahl, entweder Möglichkeiten in der Einkommensteuer zu schaffen oder die Kaffeesteuer zu ändern. Wir haben uns damals dafür entschieden, die Kaffeesteuer in dieser Höhe zu belassen. Verhältnisse, die damals dafür gegeben waren, sind heute nicht mehr in dem Maße gegeben, und es wäre meines Erachtens an der Zeit, diese Steuer zu ändern, schon im Hinblick darauf, daß das Aufkommen in diesem Jahr weit — fast um 100 Millionen DM — höher ist als im vergangenen Jahr. Der vor der Regierung veranschlagte Ausfall von 50 Millionen DM dürfte also schon durch das Mehraufkommen gedeckt sein. Wenn die Regierung trotzdem der Meinung ist, sie könne einen gewissen Verlust unter keinen Umständen ertragen, bleibt zu erwägen, ob es dann nicht noch richtiger ist, eine Steuer meinetwegen auf die Cola-Getränke, die ja auch koffeinhaltig sind, zu erheben und dadurch die Kaffeesteuer zu senken. Nun mag man den Einwand machen, die Cola-Getränke seien in der Hauptsache für den Sportler und für die breite Masse da. Bei Kaffee kann man entgegenhalten, daß er in jedem Haushalt getrunken wird. Bedauerlicherweise ist es so, daß sich heute mancher Haushalt, vor allen Dingen sozial schlecht gestellte Haushalte, keinen Kaffee leisten können, weil eben das Geld dafür nicht vorhanden ist. Insofern ist es eine Verlagerung in der gleichen Schichtung, die keine Bedeutung hat.
Ich möchte bitten, daß sich das Hohe Haus dem Antrag des Ausschusses anschließt. Der Antrag auf Senkung der Steuer auf 5 Mark kam zustande aus der Erkenntnis, daß wir haushaltstechnische Schwierigkeiten haben und dem Finanzministerium keine allzu großen Opfer zumuten sollten. Deswegen hat sich der Ausschuß fast einmütig auf die Steuersenkung auf 5 Mark geeinigt. Die moralische Seite der Sache ist ein absolut wichtiger Faktor. Ich bitte Sie deshalb, im Interesse der Grenzbevölkerung diesem Antrag zuzustimmen.
Ich brauche nur zu erwähnen, welche Kreise der Schmuggel zieht. In den nächsten Wochen werden in einem Ort an der Grenze, wahrscheinlich in Monschau, Gerichtsverhandlungen stattfinden. In einem Ort sind nicht weniger als 53 Personen, meistens Jugendliche, angeklagt. Glaubt man etwa, daß diese Jugendlichen und ihre Familienangehörigen treue Staatsbürger werden? Ich möchte diesen Personenkreis nicht in Schutz nehmen, aber die Ursache möchte ich brandmarken: Die Straffälligkeit ist nur durch die erhöhte Kaffeesteuer möglich geworden. Deswegen bitte ich, diesem Beschluß des Ausschusses zuzustimmen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Lockmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf einen Antrag der SPD hin hat der Bundestag am 12. Mai und am 2. Juni 1950 eine allseitig als notwendig erachtete Senkung der Kaffeesteuer beraten. Der Bundestag faßte den Beschluß, die Bundesregierung zu ersuchen, bis zum 1. August 1950 einen Gesetzentwurf zur Senkung der Kaffee- und Teesteuer vorzubereiten und dem Bundestag vorzulegen. Kurz bevor die Frist ablief, teilte der Stellvertreter des Herrn Bundeskanzlers dem Herrn Bundestagspräsidenten mit, daß die Regierung es für erwünscht halte, die Gesetzesvorlage vorläufig zurückzustellen. Seitdem ist bezüglich der Senkung der Kaffeesteuer nichts wieder geschehen. Daher ist es unsere eindeutige Meinung, daß die Kaffeeverbrauchssteuer aus sozialen Gründen gesenkt werden muß, und darauf beruht der neue, jetzt gestellte Antrag der SPD, dem sich der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen mit 18 Stimmen gegen eine bei drei Stimmenthaltungen angeschlossen hat.
Daß Kaffee von jeher in Deutschland kein Genußmittel und kein Luxus, sondern ein ausgesprochenes Volksgetränk war, bedarf keiner näheren Begründung. Vor dem letzten Krieg betrug der Verbrauch pro Kopf im Jahre 1938 2800 Gramm Rohkaffee. Der Rohkaffeeverbrauch pro Kopf der Bevölkerung der Bundesrepublik betrug 1950 nur 690 Gramm und ist 1951 auf 840 Gramm gestiegen. Damit liegt er immer noch unter einem Drittel des Vorkriegsverbrauchs.
Aus einer eingehenden Erhebung der Gesellschaft für Marktforschung in Hamburg ergibt sich, daß die Masse der Bevölkerung — insbesondere die große Zahl der Arbeiter, Angestellten und Beamten — nicht in der Lage ist, auch nur annähernd soviel Kaffee wie vor dem Krieg zu ver-
brauchen, und daß dies wesentlich auf die überhöhte Steuer zurückzuführen ist. Kaffee wird nämlich, von ganz geringen Ausnahmen abgesehen, nicht des Wohlgeschmacks, also des Genusses wegen, sondern deshalb anderen Getränken vorgezogen, weil die anregende Wirkung, das leistungssteigernde Stimulans Kaffee begehrt wird. Es ist nicht einzusehen, weshalb Kaffee nur auf den Tisch der wirtschaftlich bessergestellten Schichten kommen soll und nicht auch, so wie das vor dem Kriege der Fall war, von der großen Masse der minderbemittelten Schichten konsumiert werden kann. Eine Herabsetzung der Steuer würde also nicht nur einen vermehrten Verbrauch derjenigen Kreise bringen, die sich bisher schon Kaffee leisten konnten, sondern auch denjenigen die Möglichkeit geben, Kaffee zu verbrauchen, die bisher völlig vom Kaffeeverbrauch ausgeschlossen waren. Das Statistische Bundesamt hat errechnet, daß die sogenannte Indexfamilie heute etwa 122 bis 127 Minuten arbeiten muß, um einen als durchschnittlich festgestellten Kaffeekonsum zu erreichen, während 1938 derselbe Arbeitnehmer nur 221/2 bis 231/2 Minuten zu arbeiten brauchte, um die gleiche Kaffeemenge konsumieren zu können. Daß infolge der erhöhten Steuer in Deutschland 634 Minuten Arbeit erforderlich sind, um ein Pfund Kaffee kaufen zu können, wirft, glaube ich, ein Licht auf den deutschen Lebensstandard.
Hinzu kommt noch ein anderes Argument. Nach Angabe des Wirtschaftsministeriums ist das deutsche Guthaben in Brasilien auf 110 Millionen Dollar angewachsen. Ein Abbau dieses Guthabens ist nur möglich, wenn infolge größeren Inlandsverbrauchs eine größere Einfuhr von Brasilkaffee erreicht wird. Der Exportstopp nach Brasilien hingegen hat Auswirkungen auf ganz Südamerika. Dieses Argument ist um so viel schwerwiegender, als die Handelsbeziehungen mit den südamerikanischen Ländern erst wieder neu angeknüpft sind. Es ist erwiesen, daß der Kaffeehandel in Kürze nicht mehr in der Lage sein wird, die Mengen Brasilkaffee, die wir auf Grund des Handelsvertrags abzunehmen haben, aufzunehmen. Exportförderung dagegen steht in diesem Hause an erster Stelle.
Der Kaffeepreis auf dem Weltmarkt ist nach dem Urteil aller am Kaffeehandel Beteiligten um etwa das Siebeneinhalbfache gestiegen. Schon daraus geht hervor, daß wir diesen ohnehin hohen Kaffeepreis nicht durch eine unmoralisch hohe Besteuerung so erhöhen lassen sollten, daß er einfach von der breiten Schicht der Bevölkerung nicht zu tragen ist.
Der Herr Finanzminister hat nachgewiesen, daß durch die Kaffeesteuersenkung ein Steuerausfall von 160 Millionen DM entstehen würde. Selbst wenn man unterstellt, daß diese Zahl richtig sei, muß man doch gerechterweise sagen, daß durch ein Mehraufkommen an Steuern infolge erhöhten Umsatzes und durch Einsparungen bei dem bisher verstärkten Einsatz des Bundesgrenzschutzes und der Zollfahndung der Betrag von 160 Millionen DM beträchtlich vermindert werden könnte. Die Erfolge der Zollfahndung, die sicherlich zur Eindämmung des Schmuggels beigetragen haben, werden als außerordentlich gering bezeichnet; man geht im allgemeinen davon aus, daß die Aufgriffsquote nur ungefähr 5% und beim Besatzungsschmuggel nur etwa 1% beträgt. In einem großen Schmuggelprozeß im Aachener Bezirk hat sich der Vorsitzende der Strafkammer in seiner Urteilsbegründung mit scharfen Worten gegen die Auswüchse der Finanzpolitik gewandt. In einem andern Schmuggelprozeß, der den Schmuggel an der Schweizer Grenze betrifft, ist aus der Anklageschrift des Staatsanwalts zu ersehen, daß allein 174 063 DM Belohnung für die Aufdeckung des Schmuggels aus der Staatskasse gezahlt worden sind.
Noch ein besonderes Wort zum Besatzungsschmuggel. Es muß darauf hingewirkt werden, daß mit der Vermehrung der ausländischen Streitkräfte in Deutschland der Besatzungsschmuggel nicht noch mehr ansteigt. Die Mengen sollten so bemessen werden, daß sie nur dem persönlichen Bedarf dienen und nicht einen Teil der Löhnung bedeuten. Die erhöhte Zuteilung von Kaffee und sonstigen Genußmitteln führt doch dazu, daß der ausländische Soldat sich durch den Verkauf in Deutschland Deutsche Mark verschafft. Die überhöhte Kaffeesteuer in Deutschland ist von den Alliierten aus einer Morgenthau-Stimmung verhängt worden.
Wenn der Herr Finanzminister nach dem Dekkungsvorschlag fragt, möchte ich ihm ausdrücklich sagen, daß seine Zusage auf monatlich 850 Millionen DM Verteidigungskosten nicht darauf beruhen darf, daß solche überhöhten Steuern in Deutschland ewig Bestand haben werden. Denn dann geht die Rechnung unter gar keinen Umständen auf. Wenn wir nicht zu moralisch tragbaren Steuern kommen, können wir nicht erwarten, daß unsere Bürger die Steuerhinterziehung als unmoralisch empfinden.
Aus all diesen Gründen, die bestens unterstützt worden sind durch Herrn Günther, möchte ich bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für besonders erfreulich, daß der zur Beratung stehende Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen auf Grund des Antrags der SPD Drucksache Nr. 3239 die Regierung ersucht, sowohl die Kaffeesteuer als auch die Teesteuer auf 5 DM pro kg herab- und festzusetzen. Der Tee wurde aus etwas undurchsichtigen Gründen 1930 in eine ungünstige Relation zum Kaffee gebracht. Damals wurde durch eine völlig isolierte Maßnahme der Teezoll von 220 auf 350 RM je kg festgesetzt. Die Relation zum Kaffee wurde weiter verschlechtert durch die 1949 neu eingeführte Steuer, die für Kaffee auf 1000 DM je Doppelzentner und für Tee auf 1500 DM je Doppelzentner festgesetzt wurde. Durch die gleichmäßige Festsetzung von Kaffee- und Teesteuer auf 5 DM je kg würde diese Ungerechtigkeit in etwa wieder aufgehoben werden.
Die hohe Teesteuer von 15 DM je kg trifft besonders die Notstandsgebiete der Bundesrepublik, da die Teetrinker fast ausnahmslos in Notstandsgebieten zu Hause sind. Eine fühlbare Senkung der Teesteuer könnte also Teil einer Hilfeleistung für die Notstandsgebiete sein. Aus einem teueren Genußmittel von heute würde wieder das Volksgetränk werden, das nicht mehr geschmuggelt zu werden braucht.
Wenn man feststellt, daß die Belastung für 1 kg Tee 1921 80 Pfennige betrug und heute 19,17 DM beträgt, muß man sich nicht wundern, daß eine
solche unmoralische Belastung auch ein unmoralisches Verhalten hervorruft.
Mit dem heutigen Zustand ist eigentlich nur der Schmuggler zufrieden. Der Herr Finanzminister wird zugeben, daß bei einem Preisgefälle von 1 zu 3 bei Tee gegenüber Holland eine wirtschaftliche Grenzkontrolle unmöglich ist. Bei der Ausarbeitung eines Gesetzes zur Senkung der Steuern dürfte es für ihn auch von maßgebender Bedeutung sein, daß das Jahresaufkommen aus der Teesteuer nur 33,7 Millionen DM beträgt und die Senkung der Teesteuer für ihn kein großes Risiko bedeutet. Da aber zur Zeit 50 bis 60 % des verbrauchten Tees geschmuggelt werden, kann man eventuell sogar mit einem Mehraufkommen aus der Teesteuer — zusammen mit dem Teezoll — rechnen. Unwidersprochen dürfte wohl sein, daß durch die illegalen Einfuhren oftmals hochwertige Exportgüter zu Schleuderpreisen in das Ausland oder in die Ostzone wandern und daß die in die Ostzone wandernden DM-Beträge oftmals einer Verwendung zugeführt werden, die nicht im Interesse der Bundesrepublik liegt.
Der Herr Bundesfinanzminister sagte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 9. Juni zu unserem Antrag, daß bei einer Herabsetzung der Teesteuer auf 4,50 DM je Kilo Schmuggel und Schwarzmarkt empfindlich getroffen werden können. Ich meine, wir sollten diesen empfindlichen Schlag recht bald führen.
Meine Damen und Herren. wenn ich hier als Ostfriese besonders für die Senkung der Teesteuer spreche, so deshalb, weil der Tee dem Ostfriesen das Leben erst lebenswert macht.
Dem Ostfriesen bedeutet Tee mehr als dem Bayern sein Bier.
Nur, daß wir nicht so viel und so laut darüber reden wie die Bayern.
— Nein, wir trinken Tee, keinen Grog. Der Tee war und ist für den Küstenbewohner bei dem dort herrschenden naßkalten Klima immer das leistungssteigernde und anregende Getränk gewesen.
- Nein, wollen wir eben nicht! — Tee war immer das Getränk der wirtschaftlich Schwachen und das Getränk des kleinen Mannes. Ich meine, wir sollten dafür sorgen, daß er seinen schwarzen Tee nicht auch noch schwarz kaufen muß.
Zum Schluß darf ich eine Empfehlung dahingehend geben, daß mit dem erwarteten Gesetz zur Herabsetzung der Steuer gleichzeitig eine Regelung über die Rückvergütung der Steuern für die im Handel befindlichen Mengen getroffen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gründe für die Ermäßigung des Kaffeezolls und des Teezolls sind hier in großer Breite vorgetragen und auch im Ausschuß eingehend beraten worden. Ein Punkt scheint mir aber von besonderer Bedeutung zu sein. Wir haben bisher einen Entschließungsantrag hier vorliegen. Wenn der Bundestag einen solchen Entschließungsantrag annähme, so wäre damit noch nichts über das gesagt, was der Herr Bundesfinanzminister und die Bundesregierung tun. Wir haben schon zahlreiche Entschließungsanträge gefaßt, die jahrelang auf eine Realisierung haben warten lassen. Diese Realisierung wird wohl erst dann kommen, wenn wir noch etwas dazutun. Ich schätze die Stellungnahme des Bundesfinanzministers, die ich bisher nicht kenne, so ein, daß ohne eine Gesetzesinitiative von unserer Seite tatsächlich an die Senkung des Kaffee- und Teezolls kaum zu denken sein wird. Ich hoffe allerdings — eine ganz leise Hoffnung —, daß der Herr Bundesfinanzminister meine schlechte Meinung durch eine großzügige Erklärung, die er uns hier gleich über seine Arbeitsweise abgeben wird, bessert.
Eine weitere Frage, die ich vortragen möchte, ist die, ob sich im Rahmen einer kommenden europäischen Finanzwirtschaft — mit europäischen Steuern —, die uns doch demnächst bevorsteht, ein solches Steuergefälle für ein wichtiges Verbrauchsgut, wie wir es zur Zeit beim Kaffee haben, überhaupt aufrechterhalten lassen wird.
Wie wird sich ein solches Gefälle aufrechterhalten lassen, wenn die Zahl der Soldaten anderer europäischer Mächte in Deutschland noch erhöht werden würde und jeder dieser Soldaten bestimmte Mengen Kaffee an die einheimische Bevölkerung abgibt? Damit würde schon die Menge, die eingeführt wird, leicht durch einen solchen Besatzungsoder Besetzungsschmuggel, wie man besser sagt, erreicht werden.
Das entscheidende Argument scheint mir aber doch folgendes zu sein. Wenn an der deutschen Grenze im Jahre 3, 4 oder 5 Menschen erschossen, eine wesentlich größere Zahl von Menschen körperlich verletzt werden, nur weil sie Kaffee bei sich haben und auf den Halt-Ruf des Zöllners nicht stehenbleiben, dann liegt hier eine Verkennung der Rechtsgüter vor. Der Staat hat unter keinen Umständen das Recht, auf einen Menschen nur deshalb schießen zu lassen und ihn eventuell sogar zu töten, weil er dem Staat einige Zölle oder Abgaben hinterzieht. Hier stehen das Rechtsgut der staatlichen, fiskalischen Interessen, die sicher beachtenswert sein müssen, und das Rechtsgut des menschlichen Lebens einander gegenüber. Bei der Wahl zwischen diesen beiden Rechtsgütern dürfen wir nicht deshalb rücksichtslos über Menschenleben verfügen, weil wir hoffen, ein paar Mark mehr in die Finanzkasse zu kriegen.
Das ist meiner Ansicht nach der entscheidende Gesichtspunkt. Professor Ermecke, der katholische Moraltheologe in Paderborn, hat ein eingehendes Gutachten über diese Frage erstattet und kommt zu dem Schluß, daß auf keinen Fall mit Ausnahme der persönlichen Notwehr die Zollbeamten die Gesetzesübertreter töten dürfen, die zwar im Sinne des Zollgesetzes schuldig sein können, aber nicht im Sinne des rechtswidrigen Angriffs auf den Beamten. Es geschieht doch alle paar Tage, daß jemand angeschossen wird, und es geschieht leider Gottes des öftern im Jahre, daß jemand erschossen
wird. Dieses Unwesen muß ohne Rücksicht darauf, ob bei einer Senkung des Zolls etwa ein Einnahmeausfall eintritt, endlich beseitigt werden. Hier handelt es sich um eine moralische Frage im echten Sinne. Es geht darum, daß wir nicht weiterhin Menschen nur im fiskalischen Interesse einer solchen Gefahr aussetzen. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, dem Antrag zuzustimmen, wenngleich ich noch nicht weiß, ob wir damit etwas oder viel erreichen werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ewers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß meine Fraktion seit Jahren für eine fühlbare Senkung dieser beiden uns aus der Besatzungsära verbliebenen Luxussteuern eintritt, ist bekannt. Darüber, daß die Senkung ein schwerer, dornenvoller Weg ist, sind wir durch die ein wenig schnöden Antworten, die der Herr Vertreter des Bundesfinanzministers meiner Fraktionsfreundin Frau Kalinke in der vorigen Woche in der Fragestunde gegeben hat, auch unterrichtet.
Ich unterstreiche zunächst die Bedenken meines Herrn Vorredners gegen die Form dieses Antrags, der keine Gesetzesinitiative, sondern ein Ersuchen enthält. Die Bundesregierung kann mit dem Ersuchen anfangen, was sie will, insbesondere: sie kann es in den Papierkorb werfen. Das vorweg.
Wir haben nun aus den Gründen „dafür" ein großes Bukett, aus den Gründen „dagegen" den Hinweis auf die leidige Finanzlage gehört. Zu beiden, dem Für und Gegen, ein kurzes Wort von mir. Es wird gesagt, die Grenzmoral würde leiden. Nein, meine verehrten Damen und Herren, ich sage: die Volksmoral leidet!
Ich stehe nicht an zu erklären, daß, wenn nicht der Herr Bundesfinanzminister selbst, so doch jeder seiner Beamten, wenn er ein Pfund billigen Kaffee zu zehn Mark kaufen kann, es auch kauft.
Die Moral ist dermaßen gesunken, daß sich ja keiner mehr schämt, geschmuggelte Zigarren, Zigaretten, Tee und Kaffee zu kaufen. Das bedeutet, daß wir noch keine Achtung vor den Gesetzen haben. Da ich nun einmal zu den Juristen des Hauses gehöre, muß ich sauen: die Bundesregierung hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, unseren Staat in einen Rechtsstaat zu verwandeln,
indem sie keine Methoden zuläßt, die Gesetzesübertretungen zu einer nur läßlichen, aber kaum zu vermeidenden kleinen Schuld machen. Wer die Gesetze nicht befolgt, sollte mit der ganzen Strenge angefaßt werden können.
Ich sage daher offen: wenn hierdurch das Schmuggeln noch nicht gehindert wird, so geht mir die Senkung auf 5 DM zu wenig weit.
Nun zum Gegenargument: Was für eine komische Wirtschafts- und Steuerpolitik ist es eigentlich,
die ein Genußmittel — ich gebe zu: Kaffee und
Tee sind Genußmittel, sind keine Nahrungsmittel,
aber Genußmittel solcher Art, die wir als altes
Kulturvolk, seitdem sie einmal aus den Kolonien nach Europa eingeführt worden sind, also seit Jahrhunderten, kennen und in allen Schichten schätzen — mit einer Strafsteuer belegt und demgegenüber das Produkt einer amerikanischen Industrie, das hier als Genußmittel auf den Markt geworfen wird und auch irgendwie Kaffeestoff enthält, völlig steuerfrei läßt.
Ich bringe hiermit den Deckungsvorschlag ein, den Ausfall, den wir in unserem Etat erleiden, indem wir die Kaffee- und Teesteuer soweit senken, wie es nötig ist, in voller Höhe durch eine Verbrauchsteuer auf Coca-Cola wieder einzubringen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um bei dem letzten anzufangen: Die Durchführung des Vorschlags des Herrn Ewers wird nicht so furchtbar einfach sein, nicht wegen der Amerikaner, sondern wegen der Beträge, um die es sich handelt. Wenn man nun schon seit vielen Jahren — ich bin da ein Kollege vom Herrn Günther, nämlich vom Wirtschaftsrat her —die Debatten über die Kaffeesteuer gehört hat, dann hört man eigentlich nichts Neues mehr, solange die Debatte auch dauern mag. Ich mull Ihnen nun sagen, daß wir für unsere eigenen Taten ein wenig einstehen müssen — das ist nun mal so im Leben — und daß wir schließlich die Regierung sehr gedrängt haben, ein Tabaksteuerreformgesetz einzubringen. Dieses Gesetz wird uns in aller Kürze in der ersten Lesung beschäftigen. Ob die Schätzungen des Finanzministers bei der Tabaksteuer zu optimistisch und bei der Kaffeesteuer zu pessimistisch sind, das wird man wohl erst durch Erfahrung lernen müssen, und dann ist es zu spät.
Also auf gewisse Schätzungen sind wir angewiesen.
Ich habe für meine Person den Eindruck, daß wir in diesem Hause und im Finanzausschuß in aller Kürze vor der sehr schwierigen Frage stehen, wenn schon der Bundesfinanzminister gewisse Beträge für die Senkung von indirekten Steuern zur Verfügung stellen will — und das will er ja —, für welche wir uns dann entscheiden und ob nicht eine Möglichkeit — Sie werden das etwas kompromißlerisch finden — für eine Mischung, nicht für eine Kaffeemischung, sondern für eine Mischung von
einer Senkung der Tabaksteuer und einer Senkung
der Kaffeesteuer besteht. Ich habe das vorgestern dem Herrn Bundesfinanzminister gesagt; er hat es für unmöglich gehalten. Ich bin aber doch der Meinung, daß der Finanzausschuß sich alle Mühe geben müßte, mit diesem Problem zurecht zu kommen. Man kann es nicht allein vom moralischen Gesichtspunkt aus betrachten. Sonst müßten wir hier wieder einen Vortrag über Suchtgefahren halten, und dann käme wahrscheinlich der Tabak wieder schlechter weg als der Kaffee. Aber, Herr Günther, man kann das Problem auch nicht bloß vom Gesichtspunkt der Bekämpfung des Schmuggels betrachten, sondern ausschlaggebend dürfte schließlich bis zu einem gewissen Grade in der Situation, in der sich die Finanzen der Bundesrepublik befinden, das sein, was wir uns mit gutem Gewissen leisten und was wir verantworten können. Verteidigungsbeitrag usw. werden Sie natürlich sagen; ich sage es mit Ihnen,
Wir können die Dinge aber erst beurteilen, wenn die Regierung sich nun entschließt, das zu tun, was wir seit zwei Jahren verlangen: einen Entwurf über die Senkung der Kaffeesteuer vorzulegen, und nicht n ehr bezweckt unser Antrag oder der Antrag des Finanzausschusses. Damit ist ja das Gesetz noch nicht angenommen, wenn wir es erst mal verlangen. Wir sollten uns schon trotz manchen Widers und trotz mancher Gegengründe dazu entschließen, den Antrag des Finanzausschusses anzunehmen. Dabei sollte Sie vielleicht auch das Stimmenverhältnis im Finanzausschuß von 18 zu 1 bei drei Enthaltungen ein wenig beeinflussen. Das ist bestimmt kein Vorschlag, den ich mache, um mir im Finanzausschuß Arbeit zu ersparen. Ich habe Ihnen vielmehr schon gesagt, wir werden eine sehr schwere Arbeit leisten müssen, um festzustellen, was wir letzten Endes der Steuerkasse zumuten können. Ich bin auf Grund meiner langjährigen Bekanntschaft mit dem Herrn Bundesfinanzminister der Meiunng, daß das vielleicht doch etwas mehr ist, als er sich auf den ersten Blick vorstellt.
Ich möchte Sie also ermuntern, dem Beschluß des Ausschusses Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Niebes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Für und Wider haben wir jetzt ausführlich erörtert. Meine politischen Freunde und ich sind der Meinung, nachdem wir festgestellt haben, daß die Kaffee- und Teesteuer unmoralisch ist, wird sie nicht dadurch moralisch, daß man sie teilt. Sie bleibt unmoralisch, ob sie nun halbiert oder geviertelt wird. Daraus ergibt sich nur eine logische Konsequenz, nämlich die, daß sie aufgehoben wird. Man kann hier nicht mit Zahlen umgehen, die unbedingt im Haushalt benötigt werden. Wenn das Volk durch eine schlechte Steuer zur Unmoral erzogen wird, ist es verderblich, aus dieser Unmoral für die Steuerkasse einen Vorteil ziehen zu wollen. Meine politischen Freunde und ich wenden uns deshalb mit aller Schärfe gegen eine Teilung der Steuer; wir sind dafür, daß die Steuer beseitigt wird. Sie werden gar nichts erreichen, auch wenn Sie jetzt die Steuer halbieren. Solange bei Kaffee und Tee die Preisschere zwischen hüben und drüben besteht, wird für Schmuggler und Schwarzhändler immer ein Anreiz vorhanden sein. Solange Sie diese Differenz nicht ausgleichen und den Inlandspreis für Kaffee und Tee auf ein vernünftiges Maß bringen, so daß es sich nicht mehr lohnt, von drüben zu schmuggeln, werden Sie nicht erreichen, was Sie erreichen möchten. Wenn wir dann festgestellt haben, daß eine Steuer von 5 DM doch nichts hilft, werden wir uns demnächst hier wieder darüber unterhalten müssen, ob man vielleicht auf 2,50 DM gehen muß, bis wir im Laufe der Zeit langsam auf null kommen. Aber bedenken Sie, was Sie in der Zwischenzeit an der Moral des Volkes verdorben haben. Also wählen Sie zwischen der Besserung der Volksmoral und der Füllung der Steuerkasse.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich ergreife das Wort, um zunächst einmal etwas über die Zollverwaltung und über die Beamten des Zolldienstes zu sagen, nachdem hier aus dem Munde des Herrn
Kollegen Dr. Bertram Äußerungen gefallen sind, die nach meinem Dafürhalten die Tatsachen nicht richtig wiedergeben. Man muß aus den Äußerungen entnehmen, daß jetzt gewissermaßen jeden Tag an der Grenze irgendein Zwischenfall stattfindet und die Zahl der Toten sich vermehrt. Ich stelle lediglich einmal folgendes fest. In der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zur Errichtung der Bundesrepublik, in der Zeit, als die Länder die Grenzen verwalteten, hat es auf der Schmugglerseite 24 Tote und auf der Beamtenseite 2 Tote gegeben. Seit dem 7. September 1949 bis heute hat es auf der Schmugglerseite 6 Todesfälle und auf der Beamtenseite 4 Todesfälle gegeben.
Todesfälle sind auf beiden Seiten. Sie müssen infolgedessen begreifen — das wollen wir offen aussprechen —, daß der Grenzbeamte sich sehr häufig in Notwehr befindet, daß der Grenzbeamte sich sehr häufig als einzelner — —
Einen Augenblick! Es ist auf der Tribüne mitgeklatscht worden. Die Tribüne hat sich jeder Beifalls- oder Mißfallenskundgebung zu enthalten. Wenn eine solche noch einmal stattfindet, wird die Tribüne geräumt. — Ich bitte Sie, fortzufahren, Herr Minister.
Ich darf feststellen, meine Damen und Herren, daß jeder Einzelfall, der sich ereignet und der zu einem traurigen Ergebnis — Verwundung oder Tod — führt, nachgeprüft wird. Die Beamten sind angewiesen, von der Waffe nur in dringenden Fällen Gebrauch zu machen. Eine Anweisung, daß sie nie Gebrauch machen, kann den Beamten nicht gegeben werden;
und solange das besteht, besteht das Berufsrisiko des Schmugglers. Meine Damen und Herren, es handelt sich nicht um diejenigen, die ein halbes Pfund Kaffee gelegentlich bei einer Sonntagsfahrt mitnehmen; es handelt sich um diejenigen, die aus dem Schmuggel ein Gewerbe machen
und die Gelegenheit, die die Grenze bietet, dazu benutzen, um sich, sagen wir einmal, jeder ehrlichen Arbeit zu entziehen und in den Schmuggel hineinzugehen.
Meine Damen und Herren, ich stamme doch auch aus einer Gegend — aus dem Bayrischen Wald —, wo der Schmuggel jahrzehntelang daheim gewesen ist.
Das hat ja aufgehört, weil es die Schimmel nicht mehr gibt, die man früher aus Böhmen billig hat herüberbringen können. Mit der Moral hat das sehr wenig zu tun. Ich liebe meinen bayrischen Wald; aber seine Moral war genau so hochstehend in der Zeit, als geschmuggelt wurde, wie in der Zeit heute, in der nicht geschmuggelt wird. Also man soll nicht darüber klagen, daß, wenn es eine Gelegenheit gibt, Schimmel zu paschen — um bei meiner Heimat zu bleiben —, der Staat gewissermaßen die arme Bevölkerung in die Versuchung führe oder schuld daran sei, daß sie moralisch leide. Das
war damals nicht der Fall und ist heute nicht der Fall. Wer an der Grenze ehrlich sein Brot durch Arbeit verdienen will, verdient es heute noch, und wer lieber den Weg des Schmugglers geht, der geht den Weg auf Grund seiner Moral und nicht der Moral des Staates. So liegen doch die Dinge!
Ich halte es auch für falsch, wenn man in einer Romantik für den Schmuggler Stellung nimmt, genau wie ich es immer für falsch gehalten habe, wenn man in Bauernstücken, wie in meiner bayrischen Heimat, den Wilderer als den strahlenden Siegfried und den Jäger immer als den düsteren Hagen hingestellt hat. Auch das ist falsch gewesen. Deswegen sage ich: wir sollten auch im Parlament uns davor hüten, die Dinge anders zu sehen, als sie sind. Sie können von der Bundesregierung und von mir verlangen, daß ich den Beamten die Anweisung gebe, Menschenleben möglichst zu schonen; meine Herren, Sie finden meinen Beifall, wenn Sie die Anregung geben. Sie können von mir verlangen, daß ich den Beamten die Anweisung gebe, klug und vorsichtig vorzugehen und beim Schmuggel zwischen den Bagatellfällen und der verbrecherischen Handhabung zu unterscheiden; Sie haben meine volle Zustimmung. Aber Sie können nicht im Parlament und nicht vor der deutschen Öffentlichkeit in einer, sagen wir einmal, gewissen Romantik die Gefahr des Schmuggels abbiegen und verschönen, und ich würde es vor allen Dingen — mit allen Kräften auch in den Grenzdörfern, wo man es mit Moral zu tun und über die Moral der Bevölkerung zu wachen hat — für falsch halten, wenn Sie, um die Sympathie Ihrer Gemeinde zu gewinnen, den Schmuggler verherrlichen und den Staat als denjenigen hinstellen, der an allem Übel schuld sei.
— Ich weiß, an wen ich denke.
Die Hauptsache ist, daß wir uns einmal richtig miteinander verstehen. Ich habe fast das Gefühl, als ob die Debatte heute das Bild gäbe: „Die Gutwilligen sitzen hier unten, und die Böswilligen sitzen hier oben!
Es wäre doch so schön; und warum soll man denn der deutschen Frau nicht den billigen Bohnenkaffee gönnen?
Warum ist die Regierung so unwillig und so unvernünftig, das zu verweigern?"
Zunächst einmal eine Frage: Will denn die deutsche Hausfrau eine gesenkte Steuer, oder will sie einen gesenkten Preis für Kaffee? Das ist doch die Frage. Glauben Sie denn, daß eine Steuersenkung und eine Preissenkung selbstverständlich immer identisch seien? Ich erinnere an etwas. Ich habe im Jahre 1949/50, in glücklicheren Zeiten, Senkungen beim Bier durchführen können. Beim Bier lagen die Verhältnisse viel günstiger, weil es damals noch die gesetzlichen Vorschriften gegeben hat, um über die Preisbehörden auf eine Preissteigerung hemmend einzuwirken. Ich habe damals verlangt, daß die Steuersenkung für Bier nur vorgenommen wird, wenn sich die Brauereien gleichzeitig verpflichten, eine Preissenkung beim Bier durchzuführen. Das ist damals geschehen. Die Steuersenkung
besteht heute noch; der gesenkte Bierpreis besteht nicht mehr.
Also, meine Damen und Herren, selbst unter diesen, ich muß sagen: günstigeren Verhältnissen
war es nicht gelungen, durch die Steuersenkung eine dauernde Preissenkung zu erreichen.
— Wenn ich von 10 auf 5 gehe, dann sagt mir der Kaffeegroßhandel selbst — bitte, meine Damen und Herren, Sie haben die Druckschrift ebenfalls erhalten —, das sei völlig ungenügend, und der Kaffeegroßhandel sei damit gar nicht einverstanden, damit werde das Ziel nicht erreicht; entweder müßte auf 3 gesenkt werden, oder man solle es bleiben lassen! So zu lesen in den Denkschriften, die ich vom Kaffeegroßhandel erhalten habe!
Ich kann heute vielleicht ein Versprechen von den Verbänden erhalten, daß der Preis entsprechend der Steuersenkung heruntergesetzt wird. Nachdem wir aber hier freie Preisbildung erhalten haben, habe ich zunächst noch keine Garantie dafür, daß es auch dabei bleibt.
Ich mache darauf aufmerksam, daß ich schon immer einen anderen Vorschlag gemacht habe. Ich habe gesagt: bei dem jetzigen System der Preisberechnung haben wir ja den Nachteil, daß die Steuer, weil sie bereits bei der ersten Stufe, bei der Einfuhr, bezahlt wird, in den Spannen mitgerechnet wird. Ich will der deutschen Hausfrau nun eine Freude machen und hänge die Steuer hinten an.
Dann wird die Steuer zum mindesten in den Spannen, wo sie zuerst mitgerechnet wurde, verschwinden. Das heißt, ich führe eine Banderolensteuer ein. Sie ist in Berlin eingeführt, ist also nach meiner Überzeugung technisch wohl möglich, wenn auch schwierig. Ich habe von allen Wirtschaftsverbänden den heftigsten Protest und die heftigsten Vorwürfe wegen dieses Gedankens einer Banderolensteuer erhalten, die es ermöglicht hätte, der Hausfrau einen niedrigeren Kaffeepreis zu geben, ohne daß man die Steuerfrage überhaupt hätte aufzuwerfen brauchen.
— Entschuldigen Sie! Es ist nun einmal so: Im Laufe der Zeit verlangt man infolgedessen Sicherheit für eine wirtschaftliche Folge, die wir wünschen. Dagegen aber müssen wir uns sichern, daß der Staat ein Opfer bringt, ohne daß die wirtschaftliche Folge, der wirtschaftliche Vorteil für die Hausfrau, auch dauernd gesichert ist. Das ist der eine Gesichtspunkt, auf den ich hinweise.
Der zweite Gesichtspunkt ist, einen Ausgleich durch Besteuerung der Coca-Cola- und sonstigen koffeinhaltigen Getränke zu schaffen. Der Grundgedanke ist richtig. Wenn man Kaffee besteuert, dann liegt es in der Natur der Dinge, daß man auch Kaffee-Essenzen besteuert, weil sie ja im Grundstoff, im Rohstoff, das gleiche sind. Aber ich kann mich hier eines Lächelns nicht enthalten; denn dieser Vorschlag ist mir nicht neu. Über diesen Vorschlag hat sich der Bundesfinanzmini-
ster, der mit Ihnen spricht, schon früher unterhalten. Damals hat er Ihre Gegenliebe nicht gefunden.
Ich freue mich zum Beispiel — um ein anderes Thema anzuschneiden —, wenn ich lese, wie gewisse Wirtschaftskreise heute sagen, wir sollten mehr Autobahnen bauen und infolgedessen für die Autobahn eine Benutzungsgebühr verlangen. Ich erinnere mich an Vorschläge früherer Zeit. Ich warte, bis mich das Parlament dazu zwingt, diese früheren Vorschläge wieder aufzunehmen.
Aber, meine Damen und Herren, nach dieser scherzhaften Abschweifung nur eine Bemerkung: Überschätzen Sie die Dinge nicht! Ich habe damals bei der Koffeinsteuer nachgerechnet, was sie im Ertrag bringen kann. Das sind jährlich einige wenige Millionen D-Mark. Es können auch heute, obwohl dieser Absatz ständig zunimmt, nur einige wenige Millionen D-Mark sein. Wir können nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, daß die Kaffeesteuer, ob sie nun mit oder ohne unser Wollen entstanden ist, ob sie mit oder ohne unser Wollen in dieser Höhe entstanden ist, nun einmal ein Teil der Bundeseinnahmen geworden ist, und zwar ein sehr beträchtlicher Teil. Die Kaffeesteuer ist vom Jahre 1949 — in diesem Jahr machte sie 280 Millionen DM aus — von Jahr zu Jahr gestiegen bis auf heute eine halbe Milliarde.
Damit ist auch die Frage, ob der Kampf gegen den Schmuggel denn erfolgreich gewesen ist —5% oder 1% —, beantwortet. Meine Damen und Herren, die 5%, von denen man beim Schmuggel redet, sind ein Erfahrungsdurchschnitt durch Jahrzehnte, da man — von Kaffee ist dabei gar nicht die Rede — praktisch nur jeden zwanzigsten Schmuggler erwischt, also 5%. Früher hat man den geschmuggelten Kaffee mengenmäßig ungefähr auf 30 000 t geschätzt. Heute ist man im Handel der Meinung, es seien nur mehr 7 bis 8 000 t, die über die Grenze geschmuggelt würden. Meine Verwaltung ist der Meinung, daß diese Ziffer zu gering gegriffen ist. Aber selbst wenn statt 30 000 t heuer, sagen wir einmal, noch 15 000 t geschmuggelt würden, wäre der Schmuggel immerhin um die Hälfte zurückgedrängt. Sie können sich Zoll- und Steuersatz auf 15 000 t berechnen. Sie können sich berechnen, wieviel legale Händler an den 15 000 t wieder Verdienst und ihr Einkommen gewonnen haben und Umsatzsteuer bezahlen. Sie können sich infolgedessen ausrechnen, wie der Staat legal stärker und der illegale Gegner des Staates schwächer geworden ist. Also nutzlos war die Bekämpfung, die eingeführt worden ist, bestimmt nicht, auch finanziell nicht. Wenn ich die Sonderunternehmungen nehme, die in einzelnen Gegenden eingeführt worden sind, so haben die beschlagnahmten Waren allein immer das Dreifache dessen betragen, was die Gesamtkosten eines solchen Unternehmens ausmachten. Letzten Endes sind der Abschreckungszweck und der Zweck, die Staatsautorität wieder einmal zu zeigen, doch die Hauptsache.
Von diesem Gesichtspunkt aus darf ich also betonen: umsonst war es nicht. Aber der Betrag liegt nun einmal da. Selbst nach den Angaben des Kaffeegroßhandels ist bei einer Senkung auf 5 DM höchstens mit einer Konsumsteigerung von 20% zu rechnen. Das würde bedeuten, daß das Viertelpfund Kaffee, das heute 4,50 DM kostet, künftig im besten Falle auf 3,30 oder 3,50 DM heruntergeht. Auch das ist noch ein Preis, der den früheren Konsum in Deutschland unmöglich macht. Ich bitte doch nicht zu vergessen, daß der Weltmarktpreis allein gegenüber den Zeiten vor 1939 um das Sieben- und Achtfache gestiegen ist, daß also selbst bei einer niederen Steuer da, wo früher der Kaffee 11 oder 10,80 RM gekostet hat, er heute bei einer Steuer von 3 DM mit 41 DM zu bezahlen wäre. Infolgedessen ist an die früheren Verhältnisse gar nicht zu denken.
Es ist auch gar nicht daran zu denken, daß ich die Frage Brasilien damit lösen könnte. Denn im Preis sind der Costa-Rica-Kaffee — um einmal die eine Sorte zu nehmen — und der brasilianische Kaffee gleich. Wer um den gleichen Preis den Costa-Rica-Kaffee verschmäht und Brasil-Kaffee nimmt, na ja, — der weicht vom allgemeinen deutschen Geschmack etwas ab. Diese Verhältnisse sind nun einmal so. Auch die Frage Brasilien kann ich dadurch nicht lösen, weil die Konkurrenz des brasilianischen Kaffees gegenüber dem sogenannten "blauen" Kaffee, dem Costa-Rica-Kaffee, eben einfach nicht durchschlägt. Die Verhältnisse werden also bleiben, und ich würde bei einer Steuersenkung auf 3 DM, wie sie der Großhandel allein für wirksam hält, einen Ausfall von rund 200 Millionen DM in den Haushalt einzusetzen haben; bei einer Steuer von 5 DM würde ich einen Ausfall von rund 160 Millionen DM wenigstens einzusetzen haben.
Nun wird gefragt, was wird die Bundesregierung tun, wenn das Parlament diesen Antrag annimmt und die Bundesregierung ersucht, den Gesetzentwurf vorzulegen? Antwort: ich würde Ihnen einen Gesetzentwurf vorlegen. Ich kann diesen Gesetzentwurf nur gleichzeitig mit dem nächsten Haushaltsgesetz vorlegen. Sie werden in der Lage sein, gleichzeitig mit dem Haushaltsgesetz Beschluß darüber zu fassen, ob ein solcher Gesetzentwurf angenommen werden soll und ob dann der entsprechende Einnahmeposten im Haushalt zu streichen ist und ob, um die Abgleichung des Haushalts durchzuführen, ein Konsequenzgesetz anzunehmen ist, das den Ausfall wieder ausgleicht. Denn, meine Damen und Herren, ich kann es nicht genug betonen: die Meinung, daß die Finanzminister ständig über Reserven verfügten und daß es nur böser Wille sei, wenn sie sich gegen Ausgabenerhöhungen sperren, wäre grundsätzlich und in heutigen Zeiten auch bis ins Tiefste hinein sachlich völlig falsch. Ich habe neulich auf einer Pressekonferenz gesagt, der Haushalt, den ich jetzt für das Jahr 1952 vorlege, ist in seinen Grundzügen noch gesund, enthält aber keinen Pfennig Reserven.
Ich bitte mir das zu glauben, daß ich diese Überzeugung wenigstens habe, und ich bitte mir zu glauben, daß ich aus dieser Überzeugung handeln muß.
Ich habe vor wenigen Tagen einen Brief gelesen — schade, daß ich ihn nicht hier habe, den ein preußischer Ministerpräsident an den preußischen Finanzminister geschrieben hat und in dem er davon spricht, daß das deutsche Volk leider Gottes in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrzehnten zu einer solchen Unselbständigkeit geraten sei, daß es den eigentlichen Sinn der Demokratie, die Verantwortung für das Ganze, nicht zu entwickeln vermöge. Das zeige sich gerade in finanziellen Fragen. Die Verantwortung für das Ganze zeige sich darin, daß man nicht bloß das Angenehme,
nämlich die Bewilligung der Ausgaben, übernehme, sondern auch die sittliche Verantwortung dafür, um des Volksganzen willen die Finanzen in Ordnung zu halten und den Ausgleich zu finden. Der Mann, der das geschrieben hat, hat Bismarck geheißen. Der, an den er es geschrieben hat, hat Camphausen geheißen. Der Brief war im Jahre 1869 geschrieben worden.
In der Zwischenzeit sind viele neue Geldtheorien erfunden und von den Verhältnissen widerlegt worden; aber die sittliche Frage der Demokratie, die Frage des Verantwortungsbewußtseins gegenüber dem Ganzen ist so alt wie die Demokratie selbst. Sie hat in der Zeit des Perikles und des Gerbermeisters Kleon genau dieselbe Rolle gespielt wie heute.
— In der Zeit Bismarcks? Bismarck ist doch letzten Endes der Mann gewesen, der dem deutschen Volk als erster die gleichen, allgemeinen und geheimen Wahlen gegeben hat.
Irgendeinen demokratischen Zug muß er auch gehabt haben.
Aber wir wollen uns ja nicht über Bismarck unterhalten, sondern wir wollen bei der Kaffeesteuer von heute bleiben.
Meine Damen und Herren, ich möchte schließen. Wenn der Bundestag den Antrag annimmt, die Bundesregierung zu ersuchen, den Gesetzentwurf vorzulegen, dann wird die Bundesregierung — ich werde es ihr vorschlagen — Ihnen den Gesetzentwurf vorlegen, aber gleichzeitig mit dem Haushaltsgesetz für das Jahr 1953/54, damit Sie Gelegenheit haben, bei der Haushaltsaufstellung das Pro und das Kontra, die Erleichterung und die Notwendigkeit der Deckung, in einem Ganzen, in einer Verantwortung zu übernehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Dr. Bertram [Soest] : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine Verschiebung der Basis meiner Ausführungen, wenn auf einen Unterschied zwischen den sechs Todesfällen bei den Schmugglern und den vier Todesfällen hei den Zollbeamten hingewiesen wird. Die Todesfälle bei den Schmugglern und die Todesfälle bei den Zollbeamten sind auf die gleichen schlechten staatlichen Gesetze, auf die gleiche fehlerhafte Kaffeebesteuerung zurückzuführen.
Die Todesfälle bei den Zöllnern sind mindestens ebenso zu beklagen wie die Todesfälle bei den Schmugglern. Das ist doch hier gar nicht das Problem. Das Problem ist, ob der Staat das Recht hat, eine Gesetzgebung zu machen, die zur notwendigen Konsequenz hat, daß jährlich soundso viele Menschenleben dabei geopfert werden müssen,
und dieses Recht habe ich dem Staat bestritten.
Ich bitte deshalb, es als eine etwas billige Verschiebung der Basis der Debatte bezeichnen zu dürfen, wenn gesagt wird, die Zöllner hätten sich ja in Notwehr befunden. Das ist sicherlich sehr oft der Fall, und in den von mir zitierten Ausführungen des Professors Ermecke ist ja auch ausdrücklich dieser Fall der Notwehr erwähnt worden. Wenn aber auf der anderen Seite vom Beruf des Schmugglers, von einem „Gewerbe" gesprochen wird, so möchte ich doch bitten zu überlegen: sollen wir es denn weiter zulassen, daß dieser Beruf, dieses Gewerbe infolge unserer Steuergesetzgebung ein derartiges Ausmaß behalten darf oder behalten kann? Wir müssen doch alles tun, um gerade diesem Beruf, diesem Gewerbe den Boden zu entziehen.
Es ist darauf hingewiesen worden, die Preissenkung bei Kaffee komme ja nicht der Hausfrau zugute. Das ist doch eine Frage, die mit dem Bierpreis nicht zu vergleichen ist. Der Bierpreis hängt von der Preisentwicklung der Braugerste ab, und die Preisentwicklung der Braugerste hat sich ja in den letzten Jahren nach oben verschoben. Die Frage der Kaffeepreisentwicklung ist aber tatsächlich entscheidend von der Steuer abhängig. Zu 10 DM Steuer je Kilo werden noch als Handelsspanne, als Umsatzsteuer, als Erhöhung infolge des Handelsweges 8,60 DM hinzugerechnet, so daß 10 DM Steuer beim Endverbraucher insgesamt eine Belastung
von 18,60 DM je Kilo Röstkaffee ergeben. Daß also eine starke Senkung der Steuer bei dieser außerordentlichen Höhe automatisch eine starke Senkung des Verbraucherpreises mit sich bringen würde, ist selbstverständlich.
Ihre Redezeit ist abgelaufen!
Dr. Bertram [Soest] : Einen Augenblick!
Aber bitte kurz!
Dr. Bertram [Soest] : Der Finanzminister hat auf die Banderolensteuer und auf die Erhebung der Steuer beim Endverbraucher hingewiesen; das scheint tatsächlich einer der Wege zu sein, um die Kaffeesteuer ohne fiskalischen Ausfall zu senken. Wir haben diese Frage im Ausschuß eingehend behandelt. Wenn der Finanzminister uns jetzt einen neuen Gesetzentwurf zusammen mit dem Haushalt vorlegen will, so ist das für uns sehr begrüßenswert. denn wir wollen die Verantwortung tragen. Wir können auch die Verantwortung tragen, denn gerade dieses Parlament hat durch seine wiederholten Steuerbewilligungen gezeigt und es ist durch das Ausmaß des Gesamtsteueraufkommens wohl bewiesen, daß es verantwortungsvoll zu handeln versteht. Das werden wir auch bei der Vorlage, die uns das Finanzministerium heute versprochen hat, zu tun wissen.
Das Wort hat der Abgeordnete Günther.
Meine Damen und Herren! Ich bedauere, dem Herrn Finanzminister in einigen Punkten doch widersprechen zu müssen. Im Ausschuß hat der Vertreter des Finanzministeriums erklärt, daß bei einer Steuersenkung auf 5 Mark der Ausfall bei der erwarteten Verbrauchserhöhung 50 Millionen ausmacht und nicht, wie der Herr Finanzminister eben angegeben hat. 160 Millionen. Deswegen bin ich gegenüber den Zahlen, die genannt worden sind, skeptisch,
Zum zweiten: Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die moralische Schädigung viel schwerwiegender ist als die fiskalische. Bei den Nazis war ein Menschenleben nichts wert. Man hat geköpft, geköpft und nochmals geköpft.
Trotzdem sind die Delikte, derentwegen die Menschen geköpft worden sind, nicht verschwunden. Genau so ist es mit dem Schmuggel. Seit der „Aktion Martha" hat sich an der Grenze im Schmuggel nichts wesentlich geändert. Unter den Toten, die wir an der Grenze zu beklagen haben, befinden sich zu einem großen Teil Jugendliche, die ich für ihr Tun nicht voll verantwortlich machen kann; 17jährige Menschen und noch jüngere, sogar Kinder, sind umgekommen. Das sind zwar Unglücksfälle, und ich will keinesfalls die Beamten zur Rechenschaft ziehen, die sie verursacht haben. Aber es kommt doch darauf an, daß wir in bezug auf die Moral — und das ist gerade an dieser Grenze von großer Bedeutung — etwas unternehmen.
Wenn wir Europa bauen wollen, dann können wir nicht jeden einzelnen, der die Grenze überschreitet, wer weiß wie untersuchen. Dann müssen die Verhältnisse an der Grenze auf ein Niveau gebracht werden, das sich sehen lassen kann. Machen Sie mal eine Reise an die Grenze und sprechen Sie einmal mit Pastoren und anderen Erziehern, wie die über diese Dinge denken. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß auf alle Fälle eine Ordnung hergestellt werden, daß vor allem die Jugend wieder in eine feste Hand kommen muß. Weite Kreise der Jugend diesseits und jenseits der Grenze — auch in Eupen und Malmedy — sind durch dieses Preisgefälle, das heute beim Kaffee in Erscheinung tritt, in gleicher Weise verdorben. Verhältnisse, wie wir sie im Augenblick haben, hatten wir in den Jahren 1930 bis 1933 an derselben Grenze nicht. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Grenze dort mitten durch deutsches Land geht. Drüben wohnen die Verwandten, und der Anreiz und die Möglichkeit, zu den Verwandten zu gehen und die Grenze zu überschreiten, ist leicht gegeben. Vor allen Dingen ist derjenige, der auf einen Halt-Ruf wegläuft, nicht der schlimmste Verbrecher. Wenn man aber heute in Deutschland einen vielfachen Mörder noch nicht erhängen oder erschießen darf, weil wir keine Todesstrafe haben, dann muß es unmöglich gemacht werden, daß einer, der ein Vergehen begangen hat, das wir absolut bedauern, auf allzu leichtsinnige Weise durch einen Unglücksfall an der Grenze sein Leben verliert.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Auf Drucksache Nr. 3692 liegt der Antrag des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen vor. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Bromme, Ewers, Dr. Hoffmann (Lübeck), Dr. Bartram und Genossen betreffend Übernahme der Priwallfähren auf den Bund (Nrn. 3697, 3637 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 40 Minuten vor. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Bärsch.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat sich in einer seiner letzten Sitzungen mit dem Antrag Drucksache Nr. 3637 befaßt und hat dem Anliegen der Antragsteller grundsätzlich zugestimmt, nämlich die Hansestadt Lübeck von den Verpflichtungen, die sich aus der Aufrechterhaltung des Fährbetriebs am Priwall ergeben, zu entlasten.
Darf ich Ihnen kurz zur Schilderung der Lage mit einigen Strichen den Tatbestand umreißen. Bei Lübeck geht eine Landzunge in die Ostsee, und diese Landzunge ist mit Lübeck durch eine Fähre, die sogenannte Priwallfähre, verbunden. Lübeck ist Eigentümerin der Fähre und hat bis zum Jahre 1944 die Aufwendungen für den Fährbetrieb allein getragen. Erst im Jahre 1944 wurde zwischen dem Reich und der Hansestadt Lübeck ein Vertrag geschlossen, nach dem das Reich einen Teil der Aufwendungen für den Fährbetrieb übernahm, und zwar bis zu 40 000 DM 50 % und den überschießenden Betrag vollständig. Die Veranlassung für diesen Vertrag ergab sich aus der Tatsache, daß im Zuge der Aufrüstung und später des Krieges auf dem Priwall ausgedehnte militärische Anlagen errichtet wurden und infolgedessen der Fährbetrieb eine außerordentliche Belastung erfuhr. Die dadurch bedingten erhöhten Aufwendungen konnten der freien Hansestadt nicht zugemutet werden.
Nach 1945 haben sich die Verhältnisse in zweierlei Hinsicht geändert. Das Deutsche Reich ist als Kostenträger ausgefallen und die Kasernen und Wochenendhäuser sind heute nicht mehr von Soldaten und Leuten, die ihr Wochenende da verbringen wollen, bewohnt, sondern von Ostvertriebenen, deren Zug sie damals auf den Priwall geführt hat. Man kann weder sagen, daß sich die Ostvertriebenen freiwillig den Priwall als neue Heimat ausgesucht hätten noch daß die Hansestadt Lübeck sie veranlaßt habe, sich dort anzusiedeln. Diese Tatsache erklärt sich aus der damaligen Situation als eine ausgesprochene Kriegsfolge.
Die Ostvertriebenen, die jetzt auf dem Priwall wohnen, haben keine Möglichkeit, Lübeck auf dem Landwege zu erreichen, weil nämlich die Zonengrenze mitten durch den Priwall geht und die Basis dieser Landzunge sowjetzonales Gebiet ist, so daß sie, wenn sie nach Lübeck wollen, gezwungen sind, die Priwallfähre zu benutzen. Man wird aber diesen Vertriebenen schlecht zumuten können, für die Benutzung einer so lebenswichtigen Verkehrsverbindung nach Lübeck, die, wie gesagt, für sie die einzige ist, auch noch eine besondere Abgabe zu entrichten. Diesem Tatbestand hat das Ministerium Kaiser dadurch Rechnung getragen, daß es schon vor einiger Zeit Mittel zur Verfügung gestellt hat, um das beträchtliche Defizit, das sich aus dem Fährbetrieb für die Hansestadt Lübeck ergibt, mit decken zu helfen. Das jährliche Defizit der letzten Jahre hat zwischen 100- und 130 000 DM betragen.
Dazu kommt ein weiterer Gesichtspunkt. Der Priwall ist, wie gesagt, getrennt in ein Gebiet, das zur Bundesrepublik gehört, und ein anderes, das zur Ostzone gehört. Die Bewohner des Priwall sind infolgedessen einer besonders starken kommunisti-
schen Propaganda ausgesetzt, die bemüht ist, hier einen zersetzenden Einfluß auszuüben.
Der Haushaltsausschuß glaubte, daß die Mehrbelastungen, die sich für die Hansestadt Lübeck aus der Aufrechterhaltung des Fährbetriebs ergeben und die durch die Ansiedlung der Ostvertriebenen bedingt sind, als Kriegsfolgelast angesehen werden müssen und daß, weil der Bund nach dem Grundgesetz für die Kriegsfolgelasten zuständig ist, er sich hier auch in angemessener Weise an den Kosten beteiligen muß. Es bestanden lediglich Zweifel hinsichtlich der Frage, ob es möglich sei, die Priwallfähre regelrecht auf den Bund zu übernehmen, oder ob nicht vielmehr der Bund im Sinne der früheren Vereinbarung zwischen Reich und Hansestadt Lübeck sich anteilmäßig an den Aufwendungen beteiligen sollte. Der Haushaltsausschuß war nicht in der Lage, diese Zweifel in seiner Sitzung aufzuklären, und schlägt infolgedessen dem Plenum vor, es in das Ermessen der Bundesregierung zu stellen, entweder die Priwallfähre regelrecht vom Bund zu übernehmen oder den Bund lediglich im Sinne der früheren Vereinbarung zwischen Reich und freier Hansestadt Lübeck anteilmäßig an den Kosten für den Fährbetrieb zu beteiligen. Ich darf Sie bitten, der Empfehlung des Haushaltsausschusses, wie sie Ihnen auf Drucksache 3637 vorliegt, zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bromme.
Meine Damen und Herren! Nachdem sowohl der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen als auch der Haushaltsausschuß sich für eine positive Regelung des Antrags ausgesprochen haben, glaube ich, schon um Wiederholungen zu vermeiden, auf eine weitere Behandlung verzichten zu können, zumal ja auch der Bundesfinanzminister — anscheinend wegen der Geringfügigkeit des Objekts — bereits das Feld geräumt hat.
Nunmehr liegen aber wirklich keine Wortmeldungen mehr vor. Infolgedessen ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 3697. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Ausschusses zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe nun auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr (Nr. 3714 der Drucksachen).
Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, in diesem
Falle von einer Begründung und Aussprache abzusehen und eine unmittelbare Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit zu beschließen. — Dem wird nicht widersprochen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste, die 232. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 2. Oktober 1952, 13 Uhr 30.
Die 231. Sitzung ist geschlossen.