Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die Tagesordnung ergänzt um die zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Drucksachen 769, 828).
Ich stelle das Einverständnis des Hauses fest.
Eine amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 27. Januar 1959 gemäß § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1957 zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der Bericht wird als Drucksache 829 verteilt.
Ich rufe Punkt 13 der gemeinsamen Tagesordnung auf:
a) Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlebergbau
b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Kohlenzoll) (Drucksachen 813, zu 813, 826 [neu]).
Ich darf dazu folgendes bemerken. Der Präsident des Bundesrates hat heute das folgende Fernschreiben an den Präsidenten des Bundestages gerichtet:
Die Kohlenzollverordnung wird für die Länder von großer Bedeutung sein. Ich möchte Sie daher bitten, die nach § 49 Abs. 2 des Zollgesetzes vorgesehene Stellungnahme des Bundesrates abzuwarten, ehe Sie die Beschlußfassung des Bundestages herbeiführen, damit der Bundestag die Auffassung des Bundesrates gegebenenfalls berücksichtigen kann. Der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates wird den Verordnungsentwurf am 30. Januar, das Plenum wird ihn am 6. Februar 1959 beraten.
Ich darf Sie dann darauf aufmerksam machen, daß die Bundesregierung am heutigen Tage dem Hohen Hause eine Neufassung der Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 — Kohlenzoll — zugeleitet hat. Ich habe diese neue Vierte Verordnung dem Außenhandelsausschuß überwiesen. Der Ausschuß wird das Ergebnis der Beratungen hier vortragen.
Zur Beratung des Punktes 13 schlage ich Ihnen vor, folgendermaßen zu verfahren: zuerst die Große Anfrage, Punkt 13 a, begründen zu lassen, dann die Große Anfrage durch die Bundesregierung beantworten zu lassen, hierauf die Berichterstattung zu 13 b entgegenzunehmen und dann die Aussprache über beide Punkte zu verbinden.
Würden Sie das für zweckmäßiger halten, so wie es Herr Rasner vorschlägt?
— Gut, dann verfahren wir in der Reihenfolge: Begründung der Großen Anfrage, Entgegennahme der Berichterstattung zu 13 b, Beantwortung der Großen Anfrage, Aussprache über die verbundenen Punkte.
Dann hören wir also zuerst die Begründung der Großen Anfrage unter Punkt 13 a. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte über die Kohlewirtschaftspolitik der Bundesregierung wird ausgelöst durch eine Große Anfrage, die meine Fraktion vor etwa zwei Monaten dem Hohen Hause vorgelegt hat. Wie dringend erforderlich die heutige Aussprache ist, beweist wohl besonders eindrucksvoll die Kundgebung in Bochum am letzten Sonntag, auf der 70 000 Bergarbeiter für die Erhaltung des Arbeitsplatzes demonstriert und gegen die Feierschichten protestiert haben. Der starke Besuch der Kundgebung mag viele überrascht haben. Wer aber mit den Kumpels an der Ruhr Kontakt hat, der mußte schon seit Monaten erkennen, daß die Erregung über die Einfuhrschwemme, über wachsende Halden und Feierschichten immer größer wurde. Viele auf Betriebsräte-Vollkonferenzen mit großer Mehrheit gefaßte Entschließungen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.Die Beantwortung unserer letzten Großen Anfrage zur Kohlenwirtschaftspolitik wurde von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister mit der spöttelnden Bemerkung eingeleitet, daß wir uns „alle Jahre
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Dr. Bleißwieder" über die Kohle unterhielten, mal seien es die Kohlenmengen, dann wieder sei es der Kohlenpreis. Heute geht es um den Arbeitsplatz an der Ruhr, und wir wollen uns darüber nicht unterhalten", wie damals der Bundeswirtschaftsminister meinte, sondern ernsthaft darum ringen, daß diese Arbeitsplätze gesichert bleiben. Wenn wir „alle Jahre wieder" über die Kohle sprechen müssen, immer aus anderen Motiven und aus akuten Anlässen heraus, dann ist das nach meiner Meinung doch ein Beweis dafür, daß Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, entweder nicht willens oder nicht fähig sind, die Kohlewirtschaft vernünftig zu ordnen.
Das scheint mir das Kriterium der wiederholten Debatten im Bundestag über die Kohle zu sein.Die Absatzkrise für deutsche Kohle hat sich aus drei Tatsachenbereichen heraus entwickelt: 1. aus dem Übergang der amerikanischen Wirtschaft zur Erdgasfeuerung und dem sich daraus ergebenden Exportdruck amerikanischer Kohle, 2. aus dem Niedergang der Seefrachten durch Überangebot an Laderaum und 3. aus den erheblichen Unstimmigkeiten in den Energieplänen der Bundesregierung mit den dringenden Empfehlungen an die deutsche Wirtschaft, langfristige Importverträge abzuschließen.Von einem leitenden Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums wurde vor nicht allzu langer 3 Zeit bei Verhandlungen mit Vertretern der Energiewirtschaft gesagt, daß die Fehlmenge der Kohle 1965 etwa bei 40 bis 50 Millionen Tonnen liegen würde. Das Bundeswirtschaftsministerium hat also damals den Bedarf an Kohle doch weitgehend überschätzt.Obwohl die drei Fakten, die Erdgasfeuerung in USA, der Niedergang der Seefrachten und langfristige Verträge, schon vor einem Jahr dem Wirtschaftsministerium bekannt sein mußten, hat die Bundesregierung 1958 noch für über 20 Mio t weitere Importlizenzen erteilt, so daß heute etwa 38 Millionen Tonnen ausländischer Kohle entweder unter Vertrag stehen oder lizensiert sind.Noch merkwürdiger ist es, daß bisher vom Bundeswirtschaftsministerium keine konkreten Unterlagen über Preise, über Einzelabschlüsse und über die gesamte Liefermenge zu erhalten waren. Wenn Pressemeldungen zutreffen, muß der Herr Dr. Burckhardt vom Unternehmensverband Bergbau erst nach USA reisen, um sich über die bestehenden Verträge zu informieren. Im Bundeswirtschaftsministerium hatte man bei der Lizenzerteilung einmal die Menge, einmal den Geldwert, in keinem Fall aber den Preis notiert. Wir bitten den Herrn Bundeswirtschaftsminister, uns nach Abstimmung mit dem Kohlewirtschaftsverband konkrete Unterlagen vorzulegen.Vielleicht geht diese, sagen wir einmal „Sorglosigkeit" darauf zurück, daß der Ernst der völlig veränderten Kohlesituation vom Bundeswirtschaftsministerium überhaupt nicht erkannt worden ist. ImApril 1958, als die Haldenbestände schon bei 6 Millionen t lagen und täglich um 50 000 t anwuchsen, sprach — nach Pressemeldungen — der Herr Bundeswirtschaftsminister bei einem Vergleich dieser Vorgänge von „angebrannter Milch" und meinte, daß man dafür keine Feuerwehr brauche, sondern diese erst rufen müsse, wenn der Dachstuhl brenne. Nun, meine Damen und Herren, diese angebrannte Milch und der spätere Dachstuhlbrand haben uns bisher über 100 Millionen DM Ablösungbeträge gekostet .— Es ist eine teure angebrannte Milch und ein teurer Dachstuhlbrand geworden. — Und heute, Herr Bundeswirtschaftsminister, fordern Sie Zollschutzmauern, um den weiterfressenden Brand etwas einzudämmen.Aus dieser falschen oder zweckoptimistischen Einschätzung der Lage im Frühjahr 1958 — damals standen ja die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen vor der Tür — erklären sich auch die völlig unzureichenden Maßnahmen zur Krisenbekämpfung. Es waren Maßnahmen der sogenannten leichten Hand, zu ihnen gehören die Empfehlungen an die bundeseigenen Betriebe, ihre Vorräte zu erhöhen, Empfehlungen an den Kohleverkauf, Sommerrabatte einzuräumen, Empfehlungen an die Bergwerksgesellschaften, Urlaubs- und die freien Bergmannstage vorzuziehen, und schließlich, auf den industriellen Mehrverbrauch einen 10% igen Rabatt zu gewähren. Alle diese Maßnahmen hatten lediglich eine aufschiebende, aber keine heilende Wirkung.Dagegen sind von der Bundesregierung drei wie mir scheint sehr wesentliche Schritte entweder bewußt oder unbewußt unterlassen worden. Erstens hat man es damals unterlassen, die Preise für den Hausbrand drastisch zu senken, zweitens hat man es unterlassen, die Lizenzerteilung zu stoppen, und drittens, mit den Vertragspartnern des GATT über eine Beschränkung der Importe zu verhandeln.Durch eine drastische Senkung der Hausbrandpreise wäre es vielleicht möglich gewesen, einen echten zusätzlichen Bedarf zu erschließen und eine Verminderung der Abwanderung des Hausbrands zum Heizöl zu erzielen. Aber, meine Damen und Herren, es ist schwierig, vom Bergbau eine solche vernünftige Preispolitik zu verlangen, wenn er bei seinen größten Gesellschaften auf zwei Schultern: auf der Kohleförderung und auf der Heizölerzeugung, trägt.Die Beschränkung der Lizenzen erfolgte erst im Herbst 1958 mit einer Verspätung von mindestens sechs Monaten, nachdem man vorher noch — sehr großzügig — einige Millionen Tonnen Importe lizenziert hatte. Was hat die Bundesregierung, so frage ich, damals veranlaßt, so großzügig zu sein? Beruhte diese Lizenzgewährung auf einer völligen Verkennung der Marktlage und der Entwicklungstendenzen, oder war sie eine gezielte Aktion gegen den Bergbau? Wir erwarten darauf, Herr Bundeswirtschaftsminister, eine klare Antwort; denn wir können uns erinnern, daß seinerzeit noch zwischen Bergbau und Bundesregierung ein heftiger Streit tobte.Uns interessiert in diesem Zusammenhang weiterhin sehr die Frage, ob und in welchem Umfang die bergwerkseigenen Kohlenhandelsgesellschaften an
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Dr. Bleißden Einfuhren beteiligt waren. Viele Kohlenhandelsgesellschaften sind Töchter der Bergbaubetriebe. Wir wünschen zu erfahren, wie hoch sich der Anteil dieser Kohlenhandelsgesellschaften am Import beläuft. Denn es wäre doch bezeichnend für die verfahrene Situation in der Kohlewirtschaft, wenn die Handelstochter Kohle in großer Menge importiert, während die Muttergesellschaft ihre eigene Förderung auf Halde fahren muß.Als sich herausstellte, daß die Politik der leichten Hand unzureichend und damit erfolglos war, und auch verstärkte Feierschichten den Haldenzuwachs nicht abbremsen konnten, wurden andere Vorstellungen entwickelt. Im Unternehmensverband Bergbau sprach man von einer Anpassung der Beschäftigung an die veränderte Absatzlage, und man meinte damit die Stillegung unrentabler Zechen und die Entlassung von Bergarbeitern. Am Ende dieser Aktion sollten die Belegschaften um 100 000 Mann vermindert sein. Ich möchte hierzu eines feststellen: Ein solcher Vorschlag mag vielleicht die betriebswirtschaftlich einfachste Lösung sein; arbeitsmarkt- und sozialpolitisch sind aber solche Erwägungen derart gefährlich, daß sie für jedermann, auch für den Unternehmensverband Bergbau, völlig indiskutabel sein sollten.
Wenn wir heute über Schuld und Versäumnis sprechen, dann wollen wir eines klarstellen: daß der Bergmann an dieser Entwicklung keine Schuld trägt und daß über seinen Rücken die Absatzkrise nicht abgetragen werden darf.
Zechenstillegungen scheiden also völlig aus.
Um die Jahreswende sind nun zwei weitere Vorschläge gemacht worden, und zwar der Vorschlag der Bildung eines Öl-Kohle-Kartells und der Vorschlag, ein Stahlsonderprogramm zugunsten der Bundesbahn durchzuführen.Zur Begründung des Öl-Kohle-Kartells ist gesagt worden, daß durch die Einführung von Listenpreisen für Heizöl eine Beruhigung im Kampf um den Marktanteil eintreten würde. Ich vermag das nicht einzusehen. Durch den Abschluß des Kartellvertrags wird der Ausbau der Raffinerien nicht gestoppt, sondern er läuft ungehindert weiter. Allein im laufenden Jahr sollen nach mir vorliegenden Pressenotizen etwa 2,4 Millionen Tonnen schweres Heizöl mehr erzeugt und zu Lasten der Kohle abgesetzt werden. Der Unterschied liegt nach meiner Meinung doch nur darin, daß der zusätzliche Marktanteil nicht mehr wie bisher zu Kampf- und Schleuderpreisen, sondern nunmehr zu Listenpreisen erreicht werden soll. Welche Vorteile im Kohlenabsatz sehen Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, in dem Kartellvertrag?Es ist uns im übrigen auch sehr interessant gewesen, daß die Kohlenseite, die den Vertrag unterschrieben hat — zumindest soweit es die GBAG und die Hibernia angeht — ebenfalls Großerzeuger von Heizöl sind und daß diese Betriebe auch um ihren Ölmarktanteil ringen. Man tut wohl gut daran, die Wirksamkeit dieses Kartells, soweit es sich um den Kohlenabsatz handelt, mit großer Skepsis zu beobachten.Aber lassen Sie mich jetzt im Zusammenhang mit der Kartellfrage noch eine andere Bemerkung machen. Nachdem nun also diese Kartellbindungen unter der wohlwollenden Assistenz des Bundeswirtschaftsministeriums sanktioniert worden sind, nachdem man nun die Lizenzen gestoppt hat, nachdem Zollschutzmaßnahmen gefordert werden, was bleibt dann eigentlich, abgesehen von der unterschiedlichen Rentabilität der Zechen, auf dem Kohlensektor noch von der freien Marktwirtschaft übrig?
Darüber hätten wir, Herr Bundeswirtschaftsminister, ebenfalls gerne Ihre Meinung gehört.Das Stahlsonderprogramm zugunsten der Bundesbahn sollte einen zusätzlichen Verbrauch von Stahl und damit von Kohle bringen. Man sprach damals von 180 000 t Stahl zusätzlich, was etwa einem Mehrverbrauch von 360 000 t Kohle entspricht. Das wäre vielleicht noch möglich gewesen, wenn das Programm im letzten Jahr von der Bundesbahn unverzüglich hätte abgewickelt werden können. Das ist aber nicht der Fall. Bis zum heutigen Tage sind die Verhandlungen über bestimmte Modalitäten noch nicht abgeschlossen. Das Sonderprogramm, obwohl schon seit Wochen beschlossen, ist bis heute also noch nicht in Angriff genommen.Im neuen Haushaltsjahr sind aber nun die Mittel für die Bundesbahn so knapp bemessen worden, daß das Sonderprogramm zwar durchgeführt, daß aber andere Beschaffungsprogramme dafür gekürzt werden müssen. Im Endeffekt werden also für die Bundesbahn im laufenden Jahr nur wenig mehr Mittel als 1958 zur Verfügung stehen. Man hat also den Schein zu erwecken versucht, daß ein großzügiges Stahlsonderprogramm gestartet werden sollte. Wenn man aber nachher die Realitäten prüft, dann stellt man fest, daß der angekündigte Effekt sehr gering ist.Heute liegt uns der Entwurf eines Gesetzes vor, das die importierte Kohle mit einem Zoll von 20 DM je Tonne belegt. Er soll die Importeure veranlassen, ihre Verträge und Lizenzen abzulösen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister wird den Entwurf begründen. Wenn ich jetzt schon kurz zur Zollpolitik spreche, dann nur deswegen, um an Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, eine Reihe von Fragen zu stellen, um deren exakte Beantwortung ich Sie bitte.Mit dem Zollschutz für Kohle werden nach meiner Auffassung eine Reihe von Hoffnungen verbunden und Erwartungen erweckt. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich in der letzten Woche sehr positiv ausgesprochen. Herr Dr. Burckhardt erwartet durch den Zollschutz schon für die erste Hälfte 1959 eine Verringerung der Feierschichten und für die zweite Hälfte 1959 das Ende der Feierschichten.Wie reagieren Wirtschaft und Presse darauf? Es ist interessant, daß gestern z. B. in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zunächst oben mit einer Balkenüberschrift vermerkt war: „Ende der Feierschichten erwartet", daß aber gleich darunter eine
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Dr. Bleißzweite Überschrift zu lesen war: „Erhöhung der zollfreien Kontingente."In der Tat, wir können feststellen: Gestern war noch von 4,25 Millionen Tonnen Freikontingenten die Rede. Heute, noch bevor das Gesetz verabschiedet ist, sind die Freikontingente schon auf 5 Millionen Tonnen geklettert. Wenn ich recht unterrichtet bin, hat Herr Staatssekretär Westrick im Ausschuß für Außenhandelsfragen erklärt, daß bei der jetzigen Beschäftigungslage jede importierte Tonne Kohle praktisch auf Halde gefahren werde. Wir haben nun ein Freikontingent von 5 Millionen Tonnen. Um diese Mengen müßten also die Halden weiter wachsen. Welche Chancen sehen Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, bei den Freikontingenten für eine Beseitigung der Feierschichten?Sind Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, der Meinung, daß es, abgesehen von diesen Freikontingenten, möglich sein wird, weitere Verträge abzulösen? Ist es nicht wahrscheinlich — so frage ich Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister —, daß bei dem starken Exportdruck der amerikanischen Kohle die Zollmauern übersprungen werden können? Welche Maßnahme, Herr Bundeswirtschaftsminister, haben Sie getroffen, um zusätzliche Kohleimporte aus den Partnerländern der Montanunion zu verhindern?Ich möchte weiter fragen: Sind Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, der Meinung, daß durch den Zoll die schwebenden Ablösungsverhandlungen nicht erschwert werden können, und — ich frage Sie weiter — können aus der Einführung eines Schutzzolls nicht erhebliche gesamtwirtschaftliche Nachteile entstehen?Ich stelle alle diese Fragen, um bestehende Zweifel zu klären, und ich stelle diese Fragen, weil ich auch befürchte, daß die Zollvorlage von der Bundesregierung eingebracht wurde, um entscheidende Schritte zur Bereinigung der Kohlesituation weiter zu verzögern, zu verschleppen. Wäre es nicht zweckmäßiger gewesen, Herr Bundeswirtschaftsminister, mit den Partnerländern des GATT über eine Beschränkung der Kohleimporte zu verhandeln?Das sind alles Fragen, die wir stellen, um klare Verhältnisse zu schaffen; denn man würde den Bergarbeitern einen schlechten Dienst erweisen, wenn man neue Hoffnungen weckte, die sich schon nach kurzer Zeit als Selbsttäuschung erweisen könnten.Der deutsche Bergbau befindet sich zur Zeit in einer konjunkturellen und strukturellen Krise. Das Vordringen des Heizöls läßt erwarten, daß diese Strukturverschiebungen weiter anhalten. Deshalb sind wir der Meinung, daß die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen — ein ganzes Bündel von Maßnahmen — im Endeffekt doch wirkungslos waren; sie haben die Probleme nicht gelöst.Wir halten es deshalb für besonders notwendig, weitere Schritte zu überlegen. Wir halten es für notwendig, die Arbeitszeit an die veränderten Absatzbedingungen anzupassen, und damit meinen wir die Einführung der Fünf-Tage-Woche bei vollemLohnausgleich. Nur dadurch wird sich eine wirklich fühlbare Entlastung im Kohlenabsatz ergeben. Herr Bundeswirtschaftsminister, wir erwarten von Ihnen, daß Sie zu dieser, wie uns scheint, entscheidenden Frage heute hier Stellung nehmen.Wir fragen die Bundesregierung weiter, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenkt, um eine planmäßige Entwicklung der verschiedenen Zweige der Energiewirtschaft, insbesondere des Kohlenbergbaus, der Mineralölwirtschaft und der Atomenergie zu sichern.Der Bergbau ist in einer schwierigen Situation; aber nicht genug damit, auch in der Stahlindustrie und in wichtigen Zweigen der Verbrauchsgüterindustrie zeigen sich erhebliche Schwächeerscheinungen. Bei den Werften wird über Absatzmangel geklagt. In der Siegerländer Eisenindustrie werden zur Zeit noch mehr Feierschichten verfahren als im Bergbau. Die Schwefelkiesgruben in Mengen beispielsweise haben die Entlassung von 600 Arbeitern angekündigt. Seit langer Zeit hören wir auch Klagen über einen niedrigen Auftragsbestand in der Waggon- und Lokomotivindustrie. Wir fragen Sie deshalb, Herr Bundeswirtschaftsminister, wie Sie unter diesen Umständen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung beurteilen.Die Große Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion wurde dem Hohen Hause am 5. Dezember vergangenen Jahres vorgelegt; seitdem sind zwei Monate vergangen. In der Zwischenzeit haben sich durch eine Reihe von Verhandlungen zwischen der Bundesregierung, der Industriegewerkschaft Bergbau und dem Unternehmensverband veränderte Situationen ergeben. Wir haben es deshalb für erforderlich gehalten, die Begründung für unsere Fragen teilweise zu modifizieren und den Kreis der Fragen zu erweitern.Die heutige Debatte, in der ich zur Begründung der Großen Anfrage diese Ausführungen machen durfte, wird von weiten Kreisen der Bevölkerung mit großem Interesse erwartet. Besonders interessiert sind die 600 000 Bergarbeiter, die von der wachsenden Sorge um ihren Arbeitsplatz erfüllt sind. Im Interesse dieser Menschen und gleichzeitig auch im Interesse anderer Gewerbezweige bitten wir Sie, zu unseren Fragen präzise und erschöpfend Stellung zu nehmen.
Die Große Anfrage ist begründet. Gemäß der vorhin beschlossenen Reihenfolge erfolgt jetzt die Berichterstattung zur Vierten Verordnung — Punkt 13 b der Tagesordnung —. Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Dr. Serres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegen die Drucksachen 813 und 826 vor, die sich mit der Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 befassen.Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat zunächst der Regierungsvorlage Drucksache 813 mit
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Dr. SerresMehrheit zugestimmt. Heute hat die Bundesregierung eine neue Fassung der Kohlenzollverordnung vorgelegt, die ich Ihnen mündlich vortragen möchte, da nicht genügend Zeit mehr vorhanden war, dem Hause eine Drucksache vorzulegen.Die Änderung gegenüber der bisherigen, in Drucksache 813 enthaltenen Fassung besteht darin, daß die Anmerkung zu Tarifnummer 27.01 auf Seite 2 der Drucksache eine kleine Modifizierung erfahren hat. Im letzten Absatz heißt es jetzt statt 50 % 34 %, und das Jahr 1950 wird durch das Jahr 1956 ersetzt. Der Anfang des Satzes lautet jetzt:Das Zollkontingent beträgt für das Jahr 1959 34 v. H. der nach dem Gewicht berechneten Mengen, die im Durchschnitt der Jahre 1956 bis 1958...Die veränderte Vorlage ist dem Ausschuß für Außenhandelsfragen durch den Herrn Präsidenten gemäß § 96 a der Geschäftsordnung zugeleitet worden. Der Ausschuß hat sich heute nachmittag noch mit der neuen Fassung der Vierten Verordnung befaßt.In der dem Ausschuß gegebenen Begründung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daß sie Wert darauf lege, dem Wunsch der Hohen Behörde nachzukommen, wonach das zollfreie Kontingent auf mindestens 5 Millionen t zu bemessen ist. Die soeben vorgetragene Änderung der Verordnung bewirkt, daß das Kontingent nicht mehr wie bisher rund 4,2 Millionen t, sondern daß es jetzt rund 5 Millionen t beträgt. Im Ausschuß wurde auf den Umstand hingewiesen, daß eine weitere Berücksichtigung der revierfernen Gebiete möglich ist, indem das zollfreie Kontingent höher bemessen wird.Der Ausschuß hat nach kurzer Beratung einstimmig — bei einer Reihe von Stimmenthaltungen — dieser veränderten Fassung der Kohlenzollverordnung zugestimmt und empfiehlt dem Hohen Hause, die Regierungsvorlage unverändert anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Es folgt nunmehr die Beantwortung der Großen Anfrage durch die Bundesregierung.
Das Wort hat der. Stellvertreter des Bundeskanzlers Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die einzelnen Punkte der Großen Anfrage der SPD eingehe, lassen Sie mich Ihnen einen kurzen Überblick über die jüngste Entwicklung bei der Kohle geben. Seit vielen Jahren litten wir unter einer sehr empfindlichen Mangellage, während sich jetzt zum ersten Mal das Problem des Überflusses und der Absatzkrise stellt.Das Gesamtbild unserer Konjunktur kann — bei allerdings unterschiedlichen Entwicklungen in einzelnen Zweigen — als gut bezeichnet werden. Sie wissen, wie sehr sich das Bundeswirtschaftsministerium in den letzten Wochen und Monaten mit den Sorgen und Nöten von Teilbereichen, in denen Schwierigkeiten aufgetaucht sind, auseinandergesetzt hat. Gerade diese Tatsache gibt mir das Recht, auch hier auf die beträchtlichen Fortschritte zu verweisen, die wir — im Gegensatz zu der Entwicklung in manch anderen Staaten — im Jahre 1958 erzielen konnten. So stieg beispielsweise das Bruttosozialprodukt von 209,6 Milliarden DM im Jahre 1957 auf 222 Milliarden DM 1958 an, das Volkseinkommen um 5,5 % auf 169 Milliarden DM. Bei nahezu stabilen Preisen im Laufe des vergangenen Jahres erfuhr das Masseneinkommen eine beträchtliche Steigerung von 104 Milliarden DM im Vorjahr auf jetzt ca. 112 Milliarden DM. Die industrielle Produktion konnte im Gesamtdurchschnitt um über 3 % erhöht werden, wobei einzelne Bereiche, so etwa die Investitionsgüterindustrie, wesentlich größere Fortschrittsraten verzeichnen, wie überhaupt die Zuwachsraten in den letzten Monaten wieder stärker anwachsen.Diese günstige Entwicklung findet auch ihren Niederschlag in dem Außenhandelsergebnis, wobei viele pessimistische Prognosen am Jahresanfang Lügen gestraft wurden. Der Export wuchs auf 37 Milliarden DM an, eine Entwicklung, die zu einer Ausweitung des Ausfuhrüberschusses von 4,3 Milliarden DM im Jahr 1957 auf fast 6 Milliarden DM im nun abgelaufenen Jahr führte.Unter den wenigen Sektoren, auf denen sich Schwierigkeiten abzeichnen, tritt der Steinkohlenbergbau besonders hervor. Das ist nicht nur bei uns so; auch in anderen kohleproduzierenden Ländern liegen Halden bei Erzeugern und Verbrauchern von zum Teil bedeutendem Umfang. Das soll allerdings kein Anlaß für uns sein, nicht alles zu tun, um mit unseren Schwierigkeiten bei der Kohle — die auch ich als durchaus ernst bezeichne — fertig zu werden. Ich bin sicher, daß uns das gelingen wird.Bei uns hat sich der Umschwung des Kohlenmarktes mit einer Schnelligkeit und in einem Ausmaß vollzogen, die, das kann ich wohl sagen, trotz sorgfältigster Konjunkturbeobachtung weder von der Bundesregierung noch von den beteiligten Wirtschaftskreisen vorausgesehen wurde. Im Laufe eines Jahres stiegen die Halden bei den Zechen von nahezu 0 auf über 13 Millionen t, das ist mehr als eine Monatsförderung. Dieser starke Anstieg der Halden war auch dadurch nicht aufzuhalten, daß durch Einlegung von Feierschichten ein Ausfall bei der Kohlenförderung in Höhe von 3,85 Millionen t herbeigeführt wurde; denn dieser Ausfall wurde durch ein verstärktes Ansteigen der Leistung wieder wettgemacht. Auch der Rückgang der Kohleneinfuhr reichte nicht dazu aus, die Haldenzunahme aufzuhalten. Im Jahre 1958 wurden 25 % weniger Kohle eingeführt als 1957, das sind insgesamt 5 1/2 Millionen t.Es ist das Zusammentreffen einer ganzen Reihe verschiedener Ursachen und Gründe, die zur Absatzkrise des Steinkohlenbergbaus geführt haben.In den zurückliegenden Jahren gewaltiger Anstrengungen zum Wiederaufbau und zur Expansion unserer Wirtschaft konnte der Bedarf an Energie, der insbesondere in den Jahren 1955 und 1956
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhardstürmisch anwuchs, nur dadurch gedeckt werden, daß steigende Mengen teurer ausländischer Kohle eingeführt wurden. Es war schlechterdings unmöglich, daß die inländische Kohlenförderung einer so rasch steigenden Nachfrage folgte. Nur durch die auf eine unbedingt ausreichende Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft gerichtete Energiepolitik der Bundesregierung konnten Energieversorgungsschwierigkeiten vermieden werden. Sie erinnern sich aber auch, welcher Anstrengungen es in jenen Jahren immer wieder bedurfte --- und sie waren erfolgreich —, um das allgemeine Preisniveau und die Kaufkraft der D-Mark so stabil wie möglich zu halten. Der inländische Kohlenpreis fügte sich, den an alle Wirtschaftszweige gerichteten Appellen auf Preisdisziplin folgend, in diesen Jahren in das allgemeine Bild unseres gegenüber dem Ausland niedrigeren Preisniveaus ein. Immerhin — auch das muß festgehalten werden — stieg der inländische Kohlenpreis von April 1954 bis Oktober 1957 um etwa 20 %.In jenen Jahren wurde der Hausbrand stets nahezu in vollem Umfang mit der billigeren Inlandskohle beliefert, wie es auch dem Willen dieses Hohen Hauses entsprach. Hinzu kam die Auswirkung des sogenannten Werkselbstverbrauchsrechts der Stahlindustrie, über das eine Vereinbarung mit der Hohen Behörde vorlag. Die Privilegierung dieser beiden Verbrauchergruppen führte dazu, daß für die übrigen Verbraucher nur um so weniger Inlandskohle übrigblieb. Die Industrie sowie die Elektrizitäts- und Gasversorgungsunternehmen mußten daher ständige Kürzungen ihrer Bezüge an %Ruhrkohle hinnehmen und dafür die teurere Amerikakohle beziehen. Diese langen Jahre der Sorge der Verbraucher um eine ausreichende Versorgung mit Kohle, die dann noch durch die SuezKrise verstärkt wurde, führte zu dem Bestreben hoher Einfuhr- und Vorratsdispositionen, um größere Sicherheit zu haben und den Zufälligkeiten der Frachtenentwicklung auszuweichen. So ist es zu erklären, daß zur Zeit auch bei den Verbrauchern über 12 Millionen t Kohlenvorräte lagern, während vielleicht 6 bis 7 Millionen t als normale Vorratsmenge angesehen werden können.Zu Beginn des Jahres 1958 hörte mit der Verlangsamung der Konjunktur die Nachfrage zur weiteren Erhöhung der Kohlenvorräte bei den Abnehmern fast ganz auf. Gleichzeitig traten aber auch die laufenden Rationalisierungseffekte im Kohlen- und Energieverbrauch der Wirtschaft voll in Erscheinung, die in den vergangenen Jahren durch das Ausmaß einer steigenden Energienachfrage für Verbrauchs- und Vorratszwecke überdeckt waren. Es bestanden in großem Umfange die Bindungen der Verbraucher an langfristige Kohleneinfuhrkontrakte. Andererseits trat ein gewisser Rückgang des Kohlenverbrauchs aus konjunkturellen und auch aus klimatischen Gründen ein. Die Kohlenausfuhr ging erheblich zurück. Im Inland vollzog sich ein steigender Übergang zum Heizöl.Alles dies wirkte unglücklicherweise zusammen, um in verhältnismäßig kurzer Zeit einen Absatzrückgang der inländischen Kohle von beträchtlichem Ausmaß herbeizuführen.Zu Punkt 1 der Anfrage: Welches Ergebnis haben die Besprechungen mit den Vertretern der Unternehmen und der Arbeitnehmer des Ruhrkohlenbergbaus gehabt?In den Verhandlungen, die in der letzten Zeit mit dem Unternehmensverband und der IG Bergbau geführt worden sind, hat sich Übereinstimmung in folgenden grundsätzlichen Fragen ergeben:1. Der Steinkohlenbergbau soll gesund erhalten werden und die wesentliche Grundlage unserer Energieversorgung bleiben.2. Die Beschäftigung der Bergarbeiter soll gesichert und möglichst gleichmäßig gestaltet werden.3. Im Laufe des Jahres 1958 ist zwar eine wesentliche Verringerung der effektiven Kohleneinfuhren erreicht und der Abschluß neuer Kohleneinfuhrkontrakte verhindert worden; d a diese Maßnahmen Taber nicht dazu ausreichen, eine Änderung der Lage herbeizuführen, sollen die Bemühungen zu einer Milderung des Importdrucks von Kohle verstärkt werden.Außer der Abstimmung über diese grundsätzlichen Fragen wurden auch eine Reihe von Einzelfragen besprochen. Demgemäß hat die Bundesregierung die durch unterschiedliche fiskalische Belastungen entstehenden Nachteile für die inländische Steinkohle gegenüber dem Heizöl beseitigt.Ferner soll das Heizöl veranlaßt werden, sich nicht durch Unterschreitung der Weltmarktpreise schnell besonders hohe Anteile am deutschen Markt zu erkämpfen, zumal da darin die Gefahr läge, daß nach Beendigung eine solchen Quotenkampfes die Preise dann schnell wieder heraufgehen würden; es sollen vielmehr Kohle und Öl sich in einem echten Wettbewerb um dein Markt bemühen.Durch Großaufträge der Bundesbahn soll die Beschäftigung der Stahlindustrie und damit der Kohlenverbrauch gesteigert werden.Da Steinkohle in der SBZ noch knapp ist, sollen die Lieferungen dorthin ermöglicht werden. Die Schwierigkeiten bestehen darin, daß die SBZ Bezahlungen in D-Mark ablehnt und auch nur in beschränktem Umfange solche Güter als Gegenwert liefern kann, die in der Bundesrepublik abgenommen werden. Trotzdem konnten 1 Million t Steinkohle dorthin verkauft werden; die Lieferungen sind im Gange.Gestatten Sie mir, daß ich des Zusammenhangs wegen nun zunächst die Frage 3 beantworte:Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen bzw. welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen, um die Schwierigkeiten des Kohlenbergbaus zu beheben?Die Bundesregierung ist bei ihren Überlegungen zur Behebung der Kohlenabsatzkrise stets davon ausgegangen, daß nur das Zusammenwirken zahlreicher großer und kleinerer Maßnahmen einen Erfolg versprechen kann, dies aber auch nur dann, wenn gleichzeitig der Steinkohlenbergbau selbst alle Möglichkeiten ausschöpft, um der gegenwärtigen Lage Herr zu werden.
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. ErhardDie in Gang gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung sind folgende:Der Bundesbahn wurde eine Finanzierungshilfe für Aufträge an die Stahlindustrie im Werte von 500 Millionen DM zugesagt. Zusammen mit den übrigen Aufträgen der Deutschen Bundesbahn für 1959 ist dadurch eine direkte und indirekte Auftragserteilung der Bundesbahn an die Stahlindustrie in Höhe von 850 000 t Stahl gesichert und damit auch ein erhöhter Kohlenverbrauch, der für die Produktion dieser Stahlgüter etwa 1,25 Millionen t beträgt.Im Ministerrat der Montanunion wurde auf Betreiben der Bundesregierung die Abschaffung der Schrottausgleichskasse erreicht. Von dieser Maßnahme ist im Laufe der Zeit ein Mehreinsatz von Roheisen an Stelle von Schrott in den Stahlwerken zu erwarten, der zu einem erhöhten Koksverbrauch führen wird.Die öffentlichen Bedarfsträger des Bundes wurden zu einer möglichst frühzeitigen Brennstoffbevorratung angehalten. Im gleichen Sinne wurden Empfehlungen an die Wirtschaftsminister der Länder und die für die Versorgung der Stationierungstruppen zuständigen Stellen gerichtet. Außerdem wurde auf die großen Verbrauchergruppen eingewirkt, ihre Kohlenvorräte aufrechtzuerhalten. Im großen und ganzen wurden die Kohlenbestände der Wirtschaft beibehalten und der laufende Bedarf aus der täglichen Förderung gedeckt.Bei der Hohen Behörde setzte sich die Bundesregierung mit Nachdruck und mit Erfolg dafür ein,daß den Ruhrkohlen-Verkaufgesellschaften ein weiter Rahmen für den Abschluß langfristiger Kohlenlieferverträge zugestanden wurde. Damit ist dem Bergbau die Möglichkeit gegeben, Kunden, die auf eine langfristige Sicherung ihrer Kohlenversorgung Wert legen, zu halten oder sogar zurückzugewinnen.An die SBZ wurden, wie schon erwähnt, 1 Million t Steinkohlen verkauft. Hiervon ist inzwischen bereits ein großer Teil geliefert worden. Die Lieferungen dürften im März dieses Jahres abgeschlossen sein.Die Bundesregierung hat dem Vorschlag der Hohen Behörde zugestimmt, aus Umlagemitteln eine Finanzierungshilfe zur Erleichterung der Haldenkosten in Höhe von 7 Millionen Dollar zu gewähren. Diese Hilfe kann von denjenigen Bergwerksgesellschaften in der Gemeinschaft in Anspruch genommen werden, die mehr als 35 Tagesförderungen auf Halde liegen haben.Ferner ist die Erhebung der vom Bergbau an die Hohe Behörde zu zahlenden Montanumlage in der Weise geändert worden, daß die Umlage nicht mehr je Tonne geförderter Kohle, sondern je Tonne verkaufter Kohle zu zahlen ist. Für den deutschen Steinkohlenbergbau, der bis dahin etwa 22 Millionen DM Umlage im Jahr zahlte, ergibt sich dadurch eine Entlastung in Höhe von 3 Millionen DM im Jahr. Dem Wunsch der Bundesregierung auf eine fühlbare Verringerung der Umlage oder ihre Aussetzung für eine gewisse Zeit glaubte die Hohe Behörde nicht stattgeben zu können.Ich komme nunmehr zu denjenigen Maßnahmen, bei denen das Schwergewicht liegt. Sie beziehen sich auf das Heizöl und auf die Einfuhr von Kohle aus Ländern außerhalb der Montanunion.Zwischen dem Steinkohlenbergbau und der Mineralölwirtschaft sind in den letzten Wochen zahlreiche Gespräche und Verhandlungen geführt worden, die zum Ziel hatten, den übermäßigen Druck des Heizöls auf den Kohlenmarkt nach Möglichkeit zu verringern.Zunächst wird auf Grund einer inzwischen erlassenen Verordnung des Bundesministers der Finanzen das schwere Heizöl, das in deutschen Raffinerien aus importiertem Rohöl erzeugt wird und das bisher — anders als die Kohle — umsatzsteuerfrei war, nunmehr aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit mit der Umsatzsteuer belastet.Angesichts der gegenwärtigen Schwierigkeiten auf dem Energiemarkt haben der Steinkohlenbergbau und die Mineralölwirtschaft Verhandlungen aufgenommen, um Preislisten aufzustellen, nach denen für eine Übergangszeit von zwei Jahren das schwere Heizöl nicht unter Weltmarktpreisen verkauft werden soll.Die Auseinandersetzung um die künftigen Marktanteile beim Heizöl hatte zu unnatürlichen Kampfpreisen weit unter Weltmarktniveau geführt. Dies erzeugte eine unnatürliche Wettbewerbslast für die Kohle und irreführende Vorstellungen beim Verbraucher über das langfristige Wettbewerbsverhältnis zwischen Kohle und 01. Die Beteiligten haben gemäß § 8 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Antrag gestellt, die Genehmigung für einen entsprechenden Kartellvertrag zu erhalten. Das abschließende Ergebnis steht noch aus.Das für Hausbrandzwecke verwendete leichte Heizöl ist von der Umsatzbesteuerung freigehalten worden; ebenso wird es nicht den soeben genannten Preisregulierungen unterliegen.Nachdem bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1958 wiederholt eindringliche Appelle an die Importeure von amerikanischer Kohle gerichtet worden waren, die Kohleneinfuhr einzuschränken und nach Möglichkeit eingegangene Kontraktverpflichtungen abzulösen, wurde im August 1958 eine Verkürzung der zulässigen Kontraktfristen für liberalisierte Kohleneinfuhren von 3 Jahren auf 18 Monate vorgenommen. Im September 1958 wurde dann in einem weiteren Schritt unter Inanspruchnahme des Art. XIX GATT die Genehmigungspflicht für den Abschluß neuer Verträge über die Einfuhr von Kohle aus den USA und den OEEC-Ländern, die nicht der Montanunion angehören, wieder eingeführt; Einzelgenehmigungen sind seit dieser Zeit nicht mehr erteilt worden. Hierdurch wurde die Neigung zur Ablösung alter Einfuhrverträge begünstigt. Das anfängliche Kontraktvolumen von etwa 44 Millionen t US-Kohle für einen Dreijahreszeitraum ist inzwischen durch eine Reihe von Ablösungsvorgängen auf etwa 34 Millionen t vermindert worden. Vor allem ging jedoch auch die effektive Einfuhr amerikanischer Kohle erheblich zurück. Sie beträgt im Monatsdurchschnitt des letzten Quartals
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3222 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erharddes Jahres 1958 etwa 700 000 t gegenüber 1 Million t im Monatsdurchschnitt Januar bis September 1958 und gegenüber 1,33 Millionen t im Durchschnitt des Jahres 1957. Im Jahre 1958 wurden insgesamt aus USA eingeführt 11,2 Millionen t gegenüber 15,9 Millionen t im Jahre 1957.Die Maßnahme der Anrufung des Art. XIX GATT war notwendig, um den Abschluß immer neuer Einfuhrverträge zu unterbinden. Die Bundesregierung war sich jedoch klar darüber, daß diese Maßnahme noch nicht ausreichte. Sie sah in einer verstärkten Einschränkung der Kohleneinfuhr die wirkungsvollste Möglichkeit zu einer fühlbaren Erleichterung der gegenwärtigen Absatzkrise des heimischen Steinkohlenbergbaus.Die Bundesregierung hat deshalb zunächst durch Herrn Staatssekretär Dr. Westrick in Washington Gespräche mit der amerikanischen Regierung eingeleitet, die trotz des schwierigen Gegenstandes im Geiste einer freundschaftlichen Zusammenarbeit geführt wurden. Daran schloß sich eine Reise maßgeblicher Vertreter des deutschen Steinkohlenbergbaus an, die zum Ziele hatte, das Verständnis der amerikanischen Steinkohlenproduzenten für die schwierige Lage des deutschen Steinkohlenbergbaus und die durch sie notwendigen weiteren Einschränkungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Kohleneinfuhr vorzubereiten.Nach vielen sehr schwierigen Überlegungen hat sich die Bundesregierung entschlossen, dem Bundestag vorzuschlagen, mit Wirkung vom 16. Februar 1959 die Einfuhr von Steinkohle aus nicht der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl angehörenden Ländern mit einem Zoll in Höhe von 20 DM je Tonne zu belasten. Gleichzeitig soll ein Zollkontingent festgesetzt werden, in dessen Rahmen weiterhin die Einfuhr zollfrei durchgeführt werden kann. Dieses Kontingent sollte eine Jahres-Einfuhrmenge von 4 259 000 t umfassen. Diese Menge hätte 50 % der durchschnittlichen Gesamteinfuhren aus Ländern außerhalb der Montanunion während der Jahre 1950 bis 1958 in die Bundesrepublik entsprochen. Das Kontingent sollte in Kraft treten, sobald die für seine Ausnutzung zu treffenden näheren Regelungen ergangen wären.Bei diesen Maßnahmen bedurfte es der Mitwirkung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Die Bundesregierung befand sich deshalb in ständigem Meinungsaustausch mit der Hohen Behörde und hat ebenso den Ministerrat bereits vor einiger Zeit über ihre Überlegungen unterrichtet. Inzwischen hat die Hohe Behörde gestern abend eine Entscheidung dahin getroffen, an die Bundesregierung eine Empfehlung nach Art. 74 des Montanunionvertrages wegen der von ihr beabsichtigten Zollmaßnahmen zu richten. Bis zu dieser Stunde liegt mir der Text der Empfehlung noch nicht schriftlich vor. Es ist uns aber bekannt, daß sich die Empfehlung darauf erstrecken wird, das zollfreie Kontingent nicht unter einer Menge von 5 Millionen t Steinkohle zu halten. Die Bundesregierung ist im Interesse einer weiteren fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Hohen Behörde bereit, dieser Empfehlung Folge zu leisten.Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nur durch eine solche einschneidende Maßnahme die notwendige rasche Erleichterung der Lage erreicht werden kann. Es ist damit zu rechnen, daß dadurch insbesondere die Bereitschaft zur kommerziellen Ablösung von Kohleneinfuhrverträgen wesentlich gefördert wird. In vielen Fällen dürfte es zudem in der Hand der Importeure liegen, die amerikanische Kohle langsamer abzurufen.Angesichts der bereits lautgewordenen Kritik möchte ich insbesondere eines betonen: Die Bundesregierung ist bei dem vorgeschlagenen Kohlenzoll von der begründeten Erwartung ausgegangen, daß der Bergbau in der Zeit bis zum Inkrafttreten der Zollverordnung alle Anstrengungen darauf richtet, möglichst viele Kohleneinfuhrverträge abzulösen. Wir hoffen, daß dies in großem Umfang geschieht, weil es dem Bergbau darum gehen muß, Ersatzlieferungen von Ruhrkohle an die Stelle treten zu lassen. Auf diese Weise werden Preissteigerungen für Einfuhrkohle vermieden. Im übrigen hat der Bergbau erklärt, daß er nicht die Absicht habe, seine eigenen Kohlenpreise zu erhöhen.Wir standen auch vor der Frage, einen totalen Kohleneinfuhrstopp zu erlassen, dessen Wirkung natürlich noch stärker gewesen wäre. Der Wunsch jedoch, die amerikanische Kohlenwirtschaft nicht zu hart zu treffen, wie auch die Rücksichtnahme auf unsere gesamte handelspolitische Situation und unsere sehr schwierige Stellung im GATT ließen diesen Weg eines totalen Embargos für Einfuhrkohle aus dritten Ländern nicht angezeigt erscheinen.Ich komme zu Punkt 2 der Anfrage:Ist es der Bundesregierung bekannt, daß maßgebende Unternehmerkreise an der Ruhr mit dem Gedanken spielen, der Kohlenkrise durch Stillegungen und Massenentlassungen zu begegnen?Teilt die Bundesregierung diese Auffassung, oder ist sie der Meinung, daß Stillegungen und Entlassungen keine geeigneten Mittel zur Lösung der Kohlenkrise sind und damit unter allen Umständen abzulehnen sind?Es ist das eindeutige Ziel aller von der Bundesregierung heute ergriffenen und eingeleiteten Maßnahmen — über die ich soeben im einzelnen gesprochen habe —, Massenentlassungen im Steinkohlenbergbau und Stillegungen von Zechen als Folge der gegenwärtigen Absatzkrise zu vermeiden. Dies wird auch weiterhin die Einstellung der Bundesregierung bleiben. Eine krisenhafte Entwicklung soll auf alle Fälle vermieden werden. Mir ist bekannt, daß der Ruhrbergbau in Sorge um seine künftige Entwicklung und um die Erhaltung der Zechenbelegschaften mit großem Ernst alle Wege prüft, auf denen er selbst zur Überwindung der Absatzkrise beitragen, seine Wettbewerbskraft steigern und eine Anpassung an die veränderte Marktlage finden kann.Ich brauche kaum daran zu erinnern, daß ich zu verschiedenen Gelegenheiten, so in meiner Rede vor dem Bundestag Ende November 1957, so auch bei der Einweihung der Schachtanlage Wulfen im
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. ErhardJuni 1958, an den Steinkohlenbergbau mit aller Eindringlichkeit appelliert habe, sich der großen und schwierigen Aufgaben bewußt zu sein, die sich aus den Entwicklungsstadien der Energiewirtschaft nun einmal unabwendbar ergeben. Die heutigen Schwierigkeiten sind ja nur zu einem Teil aus konjunkturellen Nachfrageschwankungen bei der Kohle zu erklären. Der Ruf des Bergbaus nach ausreichendem Schutz vor der drängenden Konkurrenz anderer Energieträger und die Gewährung dieses Schutzes durch den Staat sollen auch nicht so verstanden werden, als brauche der Steinkohlenbergbau selbst nichts weiter zu tun, da der Staat ihm die Verantwortung abnehme. Davon kann gar keine Rede sein. Die bemerkenswerten Ausführungen des Vorsitzenden des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau, Herrn Burckhardt, im Dezember vorigen Jahres in Essen sind mir eine wertvolle Bestätigung für die Erkenntnis innerhalb des Steinkohlenbergbaus, daß es jetzt voll auf eine neue unternehmerische Aktivität ankommt.Unter dieser neuen Aktivität wird ein verstärktes Ausschöpfen aller Möglichkeiten der Rationalisierung und Mechanisierung verstanden. Dabei wird auch die Möglichkeit einer Stillegung dauernd unwirtschaftlicher Betriebe und Betriebsteile in Rechnung gestellt. Die Zusammenfassung und der Austausch von Grubenfeldern und Feldesteilen bildet einen weiteren wichtigen Ansatzpunkt, wofür in vielen Fällen der Zusammenschluß von Unternehmungen Voraussetzung ist, um eine genügend breite Grundlage für die schweren bergtechnischen und finanziellen Aufgaben zu schaffen. Ich kann nur sagen, daß ich mit diesen Zielsetzungen voll einverstanden bin.Wir dürfen aber nicht verkennen, daß diese Anpassung eine ganz besonders schwierige Aufgabe ist. Sie ist viel schwieriger als in anderen Bereichen der Industrie, und zwar wegen der naturbedingten Besonderheiten des Bergbaus, so vor allem wegen des hohen Anteils der Menschen, die unter Tage unter schweren Bedingungen in der Kohlenförderung zu arbeiten haben. Um diese schwierigen sozialpolitischen und ökonomischen Probleme zu meistern, hat sich die Bundesregierung zu den vorgetragenen Maßnahmen entschlossen und dabei oft ernste wirtschaftspolitische Bedenken zurückgestellt.Wie im einzelnen eine Anpassung an die veränderten Marktverhältnisse durchzuführen ist, das muß der Verantwortung des Steinkohlenbergbaus und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Unternehmensleitungen und Gewerkschaften überlassen bleiben. Ich bin sicher, daß der Bergbau dabei im menschlichen und sachlichen Interesse auf eine möglichst gleichmäßige Beschäftigung der Bergleute sehen wird. Wenn der Bergbau auch zu Stillegungen von dauernd unwirtschaftlichen Schachtanlagen oder von Betriebsteilen übergeht, so müßte ich mit dem Bergbau eine solche Bereinigung struktureller Art angesichts des unaufhaltsamen Wettbewerbs anderer Energie in den kommenden Jahren als ein Gebot vernünftigen wirtschaftlichen Verhaltens ansehen. Aber ich möchte doch gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß dieser Prozeß sich keineswegs von heute auf morgen vollziehen und also auch keineswegs Massenentlassungen zur Folge haben kann. Diese Anpassung erfordert erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum, so daß die Unterbringung freigesetzter Bergleute auf anderen Zechen oder in anderen Industriezweigen allmählich und organisch erfolgen kann.In diesem Prozeß wird die Bundesregierung ihre Bemühungen auch im Rahmen der Montangemeinschaft geltend machen, der auf diesem Gebiet besondere Aufgaben im Gemeinschaftsvertrag zugewiesen sind. Insbesondere wird sie die Bestimmungen des Montanvertrages für sich in Anspruch nehmen, die den Einsatz von Finanzmitteln der Gemeinschaft zur Beschaffung neuer Arbeitsplätze für Bergleute ermöglichen.Im übrigen ist heute bereits eine erhebliche Verringerung der Arbeitskräfte im Steinkohlenbergbau dadurch eingetreten, daß zur Zeit neue Arbeitskräfte — abgesehen von Nachwuchskräften und Handwerkern nicht eingestellt und die natürlichen Abgänge nicht ersetzt werden. Hierdurch wird nicht nur die Anpassung der Zahl der Arbeitskräfte an die infolge Absatzmangels verminderte nutzbare Förderkapazität erleichtert, sondern es entstehen auch größere Möglichkeiten für die Umsetzung von Arbeitskräften, die als Folge von Rationalisierungsmaßnahmen erforderlich wird.Ich möchte bei dieser Gelegenheit hinzufügen, daß wir alle miteinander erkennen sollten, welche Gefahr für das Gelingen der schwierigen Aufgaben des Bergbaus darin liegt, wenn jede Überlegung und jede Maßnahme vorzeitig zum Anlaß von Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit genommen und dabei für diese oder jene Interessen umgedeutet wird. Es bedarf einer zähen, stillen und sachlichen Zusammenarbeit aller Kräfte des Steinkohlenbergbaus, um den besten Erfolg im Sinne der Belegschaft zu erzielen.Natürlich zieht die SPD und ebenso die IG Bergbau in einer Lage wie der heutigen alle Register, um dem alten Lied von der Sozialisierung des Bergbaus neuen Klang zu geben. Die Töne, die hier angeschlagen werden, und die Effekte dieser Anstrengungen sind nicht nur billig, sondern erscheinen gerade heute um so fragwürdiger, als wir am englischen Beispiel ja deutlich genug sehen können, daß ein sozialisierter Bergbau eben keineswegs mit den heutigen Problemen fertig wird.
Im Gegenteil, die Schwierigkeiten dort und ihre Auswirkungen auf die Bergarbeiter sind wesentlich größer und härter als bei uns. Die Bundesregierung bleibt bei ihrem erklärten Ziel, nicht durch Sozialisierung, sondern durch Schaffung von Eigentum auf privater Grundlage den erworbenen Wohlstand zu sichern und für die Zukunft zu erhalten.
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3224 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Frage 4 lautet:Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in Zukunft eine Kohleneinfuhrpolitik zu sichern, die den einheimischen Markt vor einer planlosen Überschwemmung mit Einfuhrkohle bewahrt?Ich habe Ihnen bereits dargelegt, welche durchaus positive Bedeutung die Rückgriffsmöglichkeiten auf amerikanische Kohleneinfuhren für uns in den vergangenen Jahren stärksten Wachstums der inländischen Energienachfrage hatten. Ich möchte auch noch einmal betonen, daß nur durch die auf den Abbau von Einfuhrhemmnissen gerichtete Energiepolitik der Bundesregierung in der Zeit der jahrelangen stürmischen Wirtschaftsexpansion alle Schwierigkeiten in der Energieversorgung vermieden werden konnten. Wir haben alle sehr schnell die sehr drückenden Mangelerscheinungen vergessen, die uns noch in den Jahren 1952, 1953 und 1954 dazu nötigten, Kohlenzuteilungen von 20 bzw. 22 Ztr. je Haushalt und Jahr vorzunehmen. Diese Zuteilungen 100% ig zu erfüllen, war häufig unmöglich. Dann ist es aber sehr bald gelungen, nicht nur den Kohlenbedarf der Bevölkerung, sondern auch den sprunghaft steigenden Bedarf der gewerblichen Wirtschaft voll zu befriedigen, die wachsenden Ansprüche an Gas und Elektrizität stets und vollständig zu decken und die volle Versorgung auch über Krisenzeiten, wie sie durch das Wort Suez gekennzeichnet werden, aufrechtzuerhalten.Das alles, meine Damen und Herren, ist ein klarer und unbestreitbarer Erfolg unserer Wirtschaftspolitik, von der die Energiepolitik ein Teil, und zwar ein mit ihr eng zusammengehöriger und von ihr gar nicht zu trennender Teil ist. Die Möglichkeit, langfristige Einfuhrverträge abzuschließen, bewahrte überdies die deutschen Verbraucher — im Gegensatz zu denjenigen vieler anderer Länder — weitgehend vor den sehr erheblichen Preissteigerungen für amerikanische Kahle, die durch die Seefrachtenhausse insbesondere vor und während der Suez-Krise ausgelöst wurden. Wenn die in den vergangenen Jahren unter dem Eindruck der damaligen Lage eingegangenen langfristigen KohleneinfuhrDispositionen sich heute als eine erhebliche Belastung erweisen, so wäre es doch falsch, etwa einzig und allein die Kohleneinfuhren für die gegenwärtigen Absatzschwierigkeiten des Steinkohlenbergbaus verantwortlich zu machen. Ich muß in diesem Zusammenhang erneut darauf hinweisen, daß diese Schwierigkeiten das Resultat eines unglücklichen Zusammenfallens zahlreicher Faktoren sind.Wenn es in der gegenwärtigen Situation darauf ankommt, die Kohleneinfuhrpolitik auf die Lösung des gegenwärtig drängenden deutschen Kohlenüberschußproblems abzustellen, so müssen die von der Bundesregierung getroffenen und noch zu ergreifenden Maßnahmen zur Einschränkung der Kohleneinfuhren als vorübergehende, vor allem sozialpolitisch begründete Notstandsmaßnahmen verstanden werden. Dadurch ändert sich nichts an der Auffassung, daß wir uns in der Bundesrepublik auf lange Sicht eine protektionistische Kohleneinfuhrpolitik nicht leisten können. Die deutsche Wirtschaft wird bei einem auf lange Sicht ständig steigenden Energiebedarf auf die Einfuhrkohle angewiesen sein. Der von ihr ausgehende Wettbewerb ist im Interesse einer möglichst wirtschaftlichen Energieversorgung wünschenswert und notwendig. Im übrigen glaube ich, daß man in der Wirtschaft selbst gerade während der letzten Monate dazugelernt hat, vielleicht manchmal sehr bitter dazugelernt hat, künftig vorsichtiger zu sein und Übersteigerungen der Einfuhrdispositionen besser zu vermeiden.In einer Ausnahmesituation wie der heutigen vorübergehenden Anpassungsmaßnahmen auf dem Gebiete der Kohleneinfuhrpolitik zu ergreifen und sich darauf einzurichten, bei einer Normalisierung der Verhältnisse die Kohleneinfuhren grundsätzlich wieder zur freien Wahl des Verbrauchers zu stellen, scheint mir auf alle Fälle vernünftiger zu sein als eine obrigkeitliche Planung der Kohleneinfuhren mit allen ihren unabsehbaren Risiken und Konsequenzen.Ich möchte schließlich darauf hinweisen, daß sich aus der Mitgliedschaft zur Montanunion auch Auswirkungen auf die Kohleneinfuhrpolitik ergeben. Der Fortfall der inneren Zollgrenzen im Gemeinsamen Markt macht den gegenwärtigen Beistand der Partnerstaaten notwendig, um Einfuhrbeschränkungen eines Mitgliedstaates wirksam werden zu lassen. Darüber hinaus fordert das Vorhandensein des Gemeinsamen Marktes von den Regierungen, bei der Gestaltung ihrer Einfuhrpolitik auf die Belange der Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen. Die Bundesregierung kann und will sich diesen Gegebenheiten nicht entziehen.Frage 5 lautet:Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um eine planmäßige Entwicklung der verschiedenen Zweige der Energiewirtschaft — insbesondere des Kohlenbergbaus, der Mineralölwirtschaft und der Atomenergie — zu sichern?Seitdem die deutsche Kohle im 01 und in der amerikanischen Kohle dauerhafte Konkurrenten erhalten hat, ist eine einheitliche Energiepolitik notwendig geworden, die auf das Zusammenwirken aller Energieträger ausgerichtet ist. Diese Notwendigkeit bedeutet aber keineswegs, daß nunmehr die Entwicklung der einzelnen Sektoren auf dem Energiegebiet staatlich geplant werden mußte. Der energiewirtschaftliche Strukturwandel, der durch das Auftreten mehrerer, in weitem Umfang austauschbarer Energieträger gekennzeichnet ist, schafft vielmehr die entscheidende Voraussetzung für eine optimale Gewährleistung unserer Energieversorgung unter dem Ordnungsprinzip des Wettbewerbs.Auf solchen Überlegungen beruht auch die Entschließung der Außenminister der Mitgliedstaaten der Montanunion vom März 1957, wodurch die Hohe Behörde beauftragt wurde, dem Ministerrat Vorschläge über Methoden zu unterbreiten, die zur Erzielung einer koordinierten Energiepolitik der sechs Mitgliedstaaten geeignet sind. Demzufolge hat der Ministerrat im Oktober 1957 mit der Hohen
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. ErhardBehörde vereinbart, daß der aus Vertretern der Hohen Behörde und der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammengesetzte Gemischte Ausschuß mit der Ausarbeitung dieser Vorschläge beauftragt wurde. Die Arbeiten dieses Ausschusses sind noch im Gange.Das Hauptaugenmerk der Bundensregierung im Hinblick auf eine gedeihliche Entwicklung der verschiedenen Energieträger gilt der Herstellung und Erhaltung eines möglichst unverfälschten Wettbewerbs auf der Grundlage der natürlichen Erzeugungs- und Verteilungsbedingungen. Wenngleich bereits eine Reihe von Maßnahmen zur Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem Energiegebiet getroffen wurden, verkenne ich nicht, daß hier noch schwierige Aufgaben vor uns liegen. Wir werden sie nach und nach lösen und dabei um so eher Erfolg haben, je mehr das Bewußtsein der veränderten Energiesituation auch im Denken der traditionellen heimischen Energieerzeuger Eingang findet und ihr Handeln bestimmt. Das geht nicht von heute auf morgen, dafür sind die Anpassungsprobleme zu groß. Die Bundesregierung sieht es als ihre Pflicht an, einen kontinuierlichen Anpassungsprozeß zu ermöglichen, der frei von Störungen ist, die zu ernsten wirtschaftlichen und sozialen Erschütterungen führen könnten. Was ich damit im Hinblick auf unseren Steinkohlenbergbau meine, habe ich bereits bei der Beantwortung der Frage 2 ausführlich dargelegt.Die Entwicklung der Mineralölindustrie in der Bundesrepublik steht im Zeichen von auf lange Sicht geplanten Erweiterungen der Raffineriekapazitäten, wobei die Dynamik in erster Linie beim Heizöl liegt. Der künftige Raffinerieausstoß wird heute zu einem Teil bereits durch die Einfuhr von Fertigprodukten vorweggenommen. Die Expansion des Heizöls, dessen Anteil an der Energieversorgung der Bundesrepublik heute noch beträchtlich unter dem Anteil an der Energieversorgung anderer Industriestaaten auch mit reichen Kohlenvorkommen liegt, kann und darf grundsätzlich nicht aufgehalten werden. Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie kommt es im Gegenteil immer stärker auf die Nutzung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts an, den das Heizöl in manchen Verwendungsrichtungen zweifellos darstellt. Auch hier gilt es aber, eine überstürzte Entwicklung zu vermeiden. Es läßt sich unschwer nachweisen, daß die gegenwärtigen Absatzschwierigkeiten des Bergbaus nur zum kleinen Teil durch das Vordringen des Heizöls verursacht sind. Andererseits läßt sich nicht wegdiskutieren, daß der Bergbau in seiner augenblicklichen schwierigen Lage durch eine heftige Konkurrenz des Öls überbelastet wird. Aus diesem Grunde habe ich mich für einen begrenzten Zeitraum mit der bereits genannten Regelung einer Ausrichtung der Preise für schweres Heizöl am Weltmarktpreis einverstanden erklärt, die jene Beruhigung schaffen soll, die für die Lösung der Anpassungsprobleme des Bergbaus erforderlich ist. Selbstverständlich soll der technische Fortschritt, der in manchen Verwendungsgebieten mit dem Verbrauch von Öl verbunden ist, nicht gehindert werden.Die Entwicklung auf dem Atomgebiet ist allgemein bereits aus dem Stadium der Forschung in den Bereich der technisch-wirtschaftlichen Nutzung eingetreten, jedoch leistet die Atomenergie in der Bundesrepublik bislang noch keinen Beitrag zur Energieversorgung. Der erste kleinere Versuchsreaktor, der in der Bundesrepublik der Elektrizitätserzeugung dienen soll, ist im Bau, und einige weitere große Atomkraftwerke befinden sich im Stadium der Projektierung. Bei diesen Anlagen handelt es sich noch um Entwicklungsprojekte, bei denen heute noch nicht endgültig gesagt werden kann, ob sie bereits zu wirtschaftlichen Bedingungen Strom erzeugen werden.Die Bundesregierung hält es nach wie vor für erforderlich, daß die technisch-wirtschaftliche Entwicklung auf dem Atomgebiet in der Bundesrepublik beschleunigt in Gang kommt. Bei der Beurteilung dieser Frage kann die derzeitige energiewirtschaftliche Situation, die weitgehend auch durch kurzfristige und vorübergehende Elemente bestimmt ist, keinen Einfluß haben. Es wäre ein völlig falscher Standpunkt, wollte man im Hinblick auf die Haldenbestände an der Ruhr die Entwicklungsarbeiten auf dem Atomgebiet abbremsen. Zwar arbeitet heute noch kein Atomkraftwerk in der Welt zu wirtschaftlichen Bedingungen, die Kostenkurve der Atomenergie weist aber bei allen technischen Neuerungen eine stark sinkende Tendenz auf. Die energiepolitische Entscheidung muß für das Atomgebiet daher trotz der derzeit gegebenen Situation dahin gehen, die mühsam in Gang gebrachte Entwicklung weiter zu fördern, um einen neuen wirtschaftlichen Energieträger zu gewinnen, der bereits in absehbarer Zeit zu einer Versorgung der deutschen Wirtschaft mit preisgünstiger Energie beitragen wird.Es kommt hinzu, daß die atomtechnische Entwicklung nicht allein unter energiewirtschaftspolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden darf. Die von ihr ausgehenden Wirkungen erstrecken sich auf weite Bereiche der gesamten industriellen Technik. Von der Nutzung der hier sich eröffnenden Möglichkeiten wird es in der Bundesrepublik wesentlich abhängen, ob die deutsche Volkswirtschaft im Wettbewerb mit anderen bestehen kann oder nicht.Die gegenwärtigen Pläne zur Förderung der atomtechnischen Entwicklung in der Bundesrepublik sind maßgeblich von diesen Überlegungen bestimmt, kurzfristige energiepolitische Erwägungen spielen dabei keine Rolle. Das vom Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft im Zusammenwirken mit der Deutschen Atomkommission aufgestellte Programm hat die Errichtung von fünf größeren Atomkraftwerken mit verschiedenartigen Reaktoren deutscher Konstruktion zum Ziel. Damit soll der deutschen Industrie die Möglichkeit gegeben werden, eigene Ideen auf dein Atomgebiet zu verwirklichen. Daneben werden Reaktoren für den Schiffsantrieb entwickelt. Außerdem werden im Rahmen bestehender internationaler Verträge zunächst ein oder zwei größere Atomkraftwerke mit Reaktoren ausländischer Konstruktion gebaut, um so bald wie möglich praktische Erfahrungen über den Bau, Betrieb und die Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken zu gewinnen.
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3226 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. ErhardDie Durchführung dieser Vorhaben soll grundsätzlich der privaten Wirtschaft überlassen bleiben, da sich auch die Atomwirtschaft in die marktwirtschaftliche Ordnung einfügen muß. Auf diese Weise wird sich die Atomenergie ohne dirigistische staatliche Planung auf sinnvolle und wirtschaftlichste Weise in die Gesamtenergiewirtschaft einordnen. Für die Anlaufzeit werden Starthilfen des Staates erforderlich sein. Die Grundsätze hierfür sind von der Bundesregierung bereits entwickelt worden. Sie sehen vor, den Investitionsträgern einen Teil eines möglicherweise bei den Erstanlagen noch entstehenden Verlustes abzunehmen, um so das heute noch bestehende übergroße Investitionsrisiko auf ein angemessenes Maß zurückzuführen.Ferner sollen zur Erleichterung der Baufinanzierung Bundesbürgschaften für aufzunehmendes Fremdkapital sowie langfristige ERP-Kredite gewährt werden.Es kann erwartet werden, daß nach Durchführung der in Aussicht genommenen Vorhaben die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind, um in größerem Stil mit dem Bau wettbewerbsfähiger Atomkraftwerke beginnen zu können. Ab 1965 etwa wird die Atomenergie dann als neuer, besonders dynamischer Energieträger an den Markt treten. Auch dann wird es sicherlich nicht zu überstürzten, das Gefüge der Energiewirtschaft störenden oder gar revolutionierenden Entwicklungen kommen, sondern es ist davon auszugehen, daß die Aufgabe der Atomenergie darin bestehen wird, in steigendem Maße einen Anteil an der laufenden3) Zuwachsrate der elektrischen Gesamtleistung einschließlich des Ersatzbedarfs zu übernehmen.Zu Punkt 6: Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich nicht nur im Kohlenbergbau, sondern auch in der Stahlindustrie und in wichtigen Zweigen der Verbrauchsgüterindustrie bedenkliche Schwächeerscheinungen zeigen?Wie beurteilt die Bundesregierung unter diesen Umständen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung? Hat sie Vorsorgegetroffen, um möglichen Verschlechterungen der Wirtschaftslage entgegenzutreten?Die Bundesregierung beschäftigt sich seit Beginn der Schwächeerscheinungen, die in der Eisen- und Stahlindustrie und in einzelnen Zweigen der Verbrauchsgüterindustrien entstanden sind, mit den damit zusammenhängenden Problemen. Sie schenkt der Entwicklung in diesen Bereichen besondere Beachtung. So wurden namentlich mit Vertretern der Textilindustrie in einer Reihe von Gesprächen Möglichkeiten erörtert, die Situation in den Branchen, in denen die Entwicklung ungünstig verläuft, zu verbessern.Ob man von einer „Verschlechterung der Wirtschaftslage" allgemein sprechen kann, scheint mir angesichts der unbestreitbaren Fakten mehr als zweifelhaft. Die Beschäftigtenziffer in der Bundesrepublik ist so hoch wie nie zuvor.Von der Seite der Zahlungsbilanz her sind wir keinesfalls zu einer restriktiven Wirtschafts- oder Handelspolitik gezwungen. Ganz im Gegenteil, unsere großen Währungsreserven sind ein besonders wichtiger Faktor für eine organische Weiterentwicklung unserer Wirtschaft.Die Preise haben eine erfreuliche Stabilität erreicht. Das Sozialprodukt zeigt gesundes Wachstum. Die gesunde Gesamtentwicklung erlaubt uns eine fühlbare Aufbesserung der Renten.Wenn dann in einzelnen Zweigen, wie in der Kohle, in Teilbereichen der Textilindustrie, ja vielleicht auch in der Eisen- und Stahlindustrie partielle Schwächeerscheinungen sichtbar werden, so verdienen sie selbstverständlich unsere ganze Aufmerksamkeit und Sorge. Aber ich möchte mit meinem Hinweis doch verhüten, daß diese Schatten uns die Sonnenseite der guten Konjunktur ganz verdunkeln.Die Absatzschwierigkeiten in den erwähnten Bereichen sind überwiegend auf vorangegangene Übersteigerungen zurückzuführen, die wiederum den Handel und die Verarbeiter zu überhöhten Lagerdispositionen veranlaßt haben. In den vergangenen Jahren habe ich häufig zum Maßhalten aufgefordert und vor diesen zu erwartenden Rückschlägen gewarnt.Auf den Konsumgütermärkten sind Wandlungen in der Struktur der Nachfrage eingetreten zugunsten der langlebigen Gebrauchsgüter wie Kraftfahrzeuge, Fernsehempfänger und elektrische Haushaltsgeräte. Außerdem nahmen die Ausgaben der Verbraucher für Urlaubsreisen und andere Dienstleistungen einen erhöhten Teil des Einkommens in Anspruch, — eine Entwicklung, die sich auch in anderen Ländern gezeigt hat und weitgehend auf die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung zurückzuführen ist. So konnte trotz des Anstiegs der Masseneinkommen um 8 % gegenüber 1957 nicht ausbleiben, daß die Nachfrage nach Textilien und Bekleidung weniger lebhaft war, zumal da wiederum mehr gespart wurde, was in einem Anstieg des Spareinlagenbestandes im Jahre 1958 um rund 23 % auf rund 36 Milliarden DM zum Ausdruck kommt. Das ist eine Entwicklung, die wir wohl alle nur begrüßen können.Soweit es in einzelnen Industrien zu Beschäftigungsrückgängen gekommen ist, sind diese von anderen Bereichen mehr als ausgeglichen worden. Dadurch hat sich die Gesamtbeschäftigung, von jahreszeitlich bedingten Schwankungen abgesehen, sogar weiter verbessert. Im Herbst des abgelaufenen Jahres erreichte die Zahl der Beschäftigten mit rund 19,4 Millionen den bisher höchsten Stand. Sie lag damit um 2 % höher als im Herbst 1957. Die Zahl der Arbeitslosen war um 11 % geringer. Von Kurzarbeit waren lediglich 0,3 % der Beschäftigten betroffen. Begünstigt durch die milde Witterung, überschritt die Beschäftigtenzahl Ende Dezember 1958 das entsprechende Vorjahresniveau um 3 %, die Zahl der Arbeitslosen war dagegen um 23 % niedriger.Trotz der Abschwächung der Weltkonjunktur, die bei der starken außenwirtschaftlichen Verflechtung der Bundesrepublik nicht ohne Einfluß auf die binnenwirtschaftliche Entwicklung bleiben konnte, hat
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erharddas gesamtwirtschaftliche Wachstum im vergangenen Jahr angehalten. Eine reale Steigerung des Sozialprodukts um rund 3% im Jahre 1958 kann unter den gegebenen Wachstumsbedingungen als ein gutes Ergebnis bezeichnet werden, das deutlich über dem internationalen Durchschnitt liegt. Die Entwicklung ist um so bemerkenswerter, als im Verlauf des Vorjahres der Preisauftrieb zum Stillstand gekommen ist.Seit dem Herbst machen sich in der Wirtschaft erneute Auftriebskräfte deutlich bemerkbar, und alle Anzeichen sprechen für eine Fortdauer der guten Konjunktur. Die bewußte Politik zur Senkung der Zinssätze, die gemeinsam von Bundesbank und Bundesregierung verfolgt wurde, hat dazu wesentlich beigetragen. In der gleichen Richtung wirkte sich der fortschreitende Abbau der Kassenreserven des Bundes aus.Die schon bisher von der Nachfrage besonders begünstigten Wirtschaftszweige wie die Bauwirtschaft und die Investitionsgüterindustrie werden voraussichtlich einen stimulierenden Einfluß auf weitere Bereiche ausüben. Auch der private Verbrauch und die öffentlichen Ausgaben werden zur Ausweitung der Nachfrage beitragen.Von der Außenwirtschaft dürften im Laufe dieses Jahres ebenfalls leichte Anregungen auf die Binnenkonjunktur ausgehen. Die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten erholt sich zunehmend, und auch in Europa sind die Voraussetzungen für eine baldige Wiederaufnahme des wirtschaftlichen Wachstums günstiger geworden.Außerdem bietet die zunehmende Ergiebigkeit des Kapitalmarktes bessere Voraussetzungen für die Verwirklichung von weiteren Investitionen. Es ist anzunehmen, daß die gesamte Investitionstätigkeit im Jahre 1959 stärker zunehmen wird als im Vorjahr. Das gilt auch vor allem für die besonders kredit- und zinsabhängigen Bauinvestitionen, aber auch für die übrigen Investitionsbereiche.Schließlich lassen auch die Lagerbewegungen auf den Konsumgütermärkten erwarten, daß sich die zum Teil überhöhten Halb- und Fertigwarenbestände, die zu einer Zurückhaltung in der Auftragserteilung führten, in absehbarer Zeit weitgehend normalisiert haben. Durch die Anpassung der Produktion an die Marktbedingungen wird sich das Marktgleichgewicht im Verlauf dieses Jahres wohl wieder annähernd einstellen. Das gilt insbesondere auch für Eisen und Stahl. Hier ist der Abbau der überhöhten Walzstahlbestände beim Handel und bei den Verarbeitern ebenfalls in vollem Gange. Da die Zunahme des inländischen Stahlverbrauchs hei der lebhaften Investitionstätigkeit nach wie vor anhält, können die Aussichten für einen Wiederanstieg der Nachfrage nach Stahlerzeugnissen zuversichtlich beurteilt werden. Auch werden sich die Maßnahmen der Bundesregierung zur Belebung des Steinkohlenabsatzes wie das Vorziehen von Aufträgen der Bundesbahn auf die Beschäftigungslage der Stahlindustrie günstig auswirken.Die Bundesregierung ist nach eingehender Prüfung der allgemeinen konjunkturellen Situation der Auffassung, daß ein anhaltendes gesamtwirtschaftliches Wachstum bei weiterer Vollbeschäftigung als gesichert angesehen werden kann. Sie befindet sich darin in Übereinstimmung mit der Ansicht der Deutschen Bundesbank und der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute. Unter diesen Umständen halte ich es zur Zeit weder für erforderlich noch für zweckmäßig, der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit über die Anregungen hinaus, die von der Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung ausgehen, durch konjunkturpolitische Maßnahmen zusätzliche Anreize zu geben. Derartige Maßnahmen würden mit hoher Wahrscheinlichkeit in den ohnehin kräftig expandierenden Zweigen unerwünschte Spannungen auslösen und die erfreulicherweise gewonnene Stabilität des Preisniveaus gefährden.
Das Haus hat die Antwort der Bundesregierung entgegengenommen. Wir schreiten nunmehr zur gemeinsamen Aussprache über die Punkte 13 a und b der Tagesordnung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Deist.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Einer der wichtigsten Industriezweige der modernen Wirtschaft ist die Verpackungsindustrie. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat die Methoden der modernen Wirtschaft angewandt und seine Darlegungen zur Wirtschaftslage innerhalb der Energiewirtschaft in hervorragender Weise eingepackt.
Er hat einen in rosarotem Papier eingewickelten Introitus
er war rosarot; der Herr Bundeswirtschaftsminister ist vorsichtiger als mancher in den Reihen seiner eigenen Partei — über die günstige Entwicklung der Wirtschaft in der letzten Zeit gegeben, und in seinem Exitus hat er diesen Faden wieder aufgenommen und seine Darlegungen in ähnlicher Färbung beendet.Das Problem ist nicht, ob wir uns in einer allgemeinen Konjunkturkrise befinden. Das hat niemand behauptet, und wir werden uns hüten, das zu behaupten. Das einzige Problem besteht darin — und darauf ist der Herr Bundeswirtschaftsminister nicht eingegangen —, ob nicht das wirtschaftliche Wachstum inzwischen so schwach geworden ist, daß zur Bewältigung der schwierigen Anpassungsprozesse, in denen wir stehen, kein genügender Spielraum mehr vorhanden ist. Aber auch das ist nicht das Thema dieses Tages, sondern das Thema dieses Tages, das bei einer Großen Anfrage durch den Inhalt einer solchen Anfrage bestimmt sein sollte, ist die Lage in der Energiewirtschaft, insbesondere im Kohlebergbau. Hier liegt zweifellos — das kann man sagen, ohne daß man übertreibt und ohne daß man zu rosenrot malt, ein entscheidender Krisenherd vor. Die Aufgabe, die der Wirtschaftspolitik gestellt ist, besteht darin, dafür zu sorgen, daß diese Herde bereinigt werden, da-3228 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, tien 29. Januar 1959Dr. Deistmit sie sich nicht in ungünstiger Weise auf die übrige Wirtschaft auswirken. Deshalb werde ich über Introitus und Exitus des Herrn Bundeswirtschaftsministers hinweggehen, zumal ich annehme, daß sie nur dem Zweck dienten, eine wenigstens vorübergehende Schönwetterperiode auszulösen.
Eine zweite Bemerkung! Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich ausführlich mit der Entwicklung der Atomenergie und der Atomkraftwerke befaßt. Auch das ist nicht das eigentliche Thema des heutigen Tages. Ich bitte ihn, zu entschuldigen, wenn ich diesem Ausflug auf ein Nebengebiet nicht folge, sondern mich mit den speziellen Problemen, die uns heute wehtun, befasse.Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat einen ausführlichen Überblick über die Maßnahmen und Verhandlungen der Bundesregierung gegeben. Man konnte danach beinahe den Eindruck einer ständigen intensiven gewaltigen Aktivität zur Behebung der Schwierigkeiten im Kohlebergbau und in der Energiewirtschaft haben. Verwunderlich ist nur, daß sich an den Schwierigkeiten im Kohlebergbau tatsächlich nichts geändert hat. Die Lösung kam dann auch ziemlich am Schluß, als der Herr Bundeswirtschaftsminister meinte, es sei mehr eine Verkettung unglücklicher Faktoren, die zu den augenblicklichen Schwierigkeiten geführt haben. Nun, glückliche Faktoren pflegen es normalerweise nicht zu sein, die Schwierigkeiten bereiten. Es ist Aufgabe der Wirtschaftspolitik, gerade mit unglücklichen Faktoren fertig zu werden.
Es ist keine Entschuldigung für die Wirtschaftspolitik, zu sagen, daß unglückliche Faktoren vorhanden gewesen seien. Wir müssen vielmehr feststellen, daß es der Bundesregierung auch nicht im mindesten gelungen ist, die unglücklichen Entwicklungen vom Kohlebergbau und von der Energiewirtschaft fernzuhalten.
Lassen Sie mich noch eine allgemeine Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers machen. Unsere Anfrage liegt einige Zeit zurück; sie ist im Dezember eingebracht worden. Mein Kollege Bleiß hat einige — wie mir scheint: wichtige — Zusatzfragen gestellt, die sich aus der Entwicklung in der Zwischenzeit ergeben haben. Ich muß sehr bedauern, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister keine Möglichkeit gefunden hat, auch nur wenigstens im Vorübergehen sein Konzept zu unterbrechen und auf die aktuellen Fragen, die heute gestellt worden sind, einzugehen.Mein Kollege Bleiß hat z. B. die nicht nur theoretische Frage gestellt: Was bleibt eigentlich von dem Konzept der Marktwirtschaft nach alledem, was in den letzten Monaten auf dem Gebiete der Kohle-und Energiewirtschaft geschehen ist, übrig? Das ist nicht nur eine theoretische Frage, sondern hier zeigt sich deutlich, daß das, was praktisch geschieht — und geschehen muß —, in einem eklatanten Widerspruch zu den vom Bundeswirtschaftsministerium ständig vertretenen Theorien und Doktrinen steht.Darauf ist es zurückzuführen, daß jede Maßnahme a) viel zu spät ergriffen wird, b) meist unzulänglich ist und infolgedessen naturnotwendig unwirksam sein muß. Das ist der Kern des Problems, vor dem wir heute stehen.Gestatten Sie mir deshalb, daß ich dazu einige Bemerkungen mache. Man kann Energiewirtschaftspolitik, man kann Kohlepolitik nicht erfolgreich betreiben, wenn man sich nicht wenigstens über die Struktur dieser Energiezweige klar ist. Man darf da nicht Prinzipien anzuwenden versuchen, die mit dieser Struktur einfach nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.Im November 1956 hatte die Koalition den Mut, hier eine Entschließung einzubringen, in der verlangt wurde, der Kohlebergbau solle nun endlich in die Marktwirtschaft eingegliedert werden. Ich weiß, daß Sie, Herr Kollege Friedensburg, bereits damals einige Bedenken hatten; aber die Entschließung entsprach jedenfalls der Auffassung der CDU/CSU-Fraktion.Im November 1957, als wir hier die letzte Kohledebatte führten, vertrat der Bundeswirtschaftsminister weiterhin diese Version. Er meinte, die von ihm geforderte Konkurrenz der Energieträger werde auf die Dauer zu einer besseren und wirtschaftlicheren Energieversorgung führen.Bereits 1958 wurde deutlich, daß auf diese Art dem Problem nicht beizukommen ist, denn es zeigten sich Anfang 1958 im Kohleabsatz die ersten Schwierigkeiten. Der Herr Bundeswirtschaftsminister tut nicht gut daran, zu behaupten, niemand habe diese Entwicklung voraussehen können. Im „Handelsblatt" vom 15. Januar 1958 ist nämlich nachzulesen, daß im Bundeswirtschaftsministerium bereits Berechnungen angestellt wurden, aus denen sich ergab, daß nach dem damaligen Stand der konjunkturellen Entwicklung für das Jahr 1958 mit einem Überangebot an Kohle in Höhe von 8 Millionen t zu rechnen sei. Wenn man diese Entwicklung einige Monate weiterverfolgt und auch die in der Eisen- und Stahlindustrie beobachtet hätte, wäre man sehr schnell zu dem Ergebnis gekommen, daß es nicht bei einem Überangebot von 8 Millionen Tonnen bleiben würde. Das war Anfang Januar 1958 im Bundeswirtschaftsministerium bekannt. Man sollte heute zur Entschuldigung der Untätigkeit in den letzten elf Monaten nicht sagen: Das konnte man alles nicht voraussehen.Am 23. Februar 1958 wurden dann die ersten Feierschichten an der Ruhr verfahren. Aber am 27. Februar meldete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung", die Bundesregierung sehe keinen Anlaß, ihre Energiepolitik zu ändern, sie sei weiterhin auf Wettbewerb zwischen den Energieträgern gerichtet.Ende April 1958 fand dann das erste Kohlegespräch des Bundeskanzlers mit der Industriegewerkschaft Bergbau statt. Es endete damit, daß der Bundeskanzler feststellte, die Lage sei ernst, die Feierschichten seien unerwünscht und es müsse mit allen Mitteln Abhilfe geschaffen werden. Der Bundeswirtsondern bei der Industrie- und Handelskammer in schaftsminister war an diesem Tage nicht in Bonn, Stuttgart, wo er an eben diesem Tage erklärte, er
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Dr. Deistwerde jede Intervention, insbesondere auf dens Einfuhrgebiet ablehnen.Tatsächlich geschah nach dieser ersten Besprechung zwischen dem Bundeskanzler und der IG- Bergbau nichts.Am 6. Juli 1958 standen die Wahlen in Nordrhein-Westfalen auf der Tagesordnung. Mit Rücksicht darauf lud am 2. Juni — vier Wochen vorher — der Bundeskanzler den Unternehmensverband Bergbau zu sich und richtete einen flammenden Appell an den Bergbau, die Feierschichten einzuschränken. Der Bundeswirtschaftsminister erhielt den Auftrag, auf die Mineralölwirtschaft einzuwirken und mit den Kohleimporteuren zu sprechen.Diese Unterhaltung hatte die bemerkenswerte Folge, daß ab Anfang Juni die Heizölpreise zu steigen anfingen. Das war die einzige Folge. Mitte Juli 1958 erreichten die Haldenbestände mit 8 Millionen Tonnen Koks und Kohle den Höchststand, der im Jahre 1932, im Tiefpunkt der Krise, erreicht worden war.Nun auf einmal zeigte sich die Schwierigkeit der Situation besonders deutlich. Herr Präsident Abs als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank verlangte eine Drosselung der Kohlenimporte. Aber die „Deutsche Zeitung" konnte über die Bundesregierung noch am 2. August vermelden, man werde weiter an der liberalen Energiewirtschaftspolitik festhalten.Am 4. August 1958 fand das zweite Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und der IG Bergbau statt. Das Ergebnis dieses Gesprächs ist der Öffentlichkeit nie recht klargeworden. Sicher ist, daß es wieder um die Heizölpreise ging. Sicher ist, daß ganz offensichtlich Vereinbarungen innerhalb der Heizölindustrie betrieben wurden und ein weiteres Ansteigen der Heizölpreise herbeigeführt wurde. Der Bundeswirtschaftsminister verkündete, als er aus dem Urlaub zurückkehrte, es handle sich um die Erhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Energiemarkt. Die „Neue Zürcher Zeitung" war etwas kritischer. Sie stellte nämlich am 29. August 1958 fest:Eine Flucht in eine Art von stillschweigendem Ölkartell mit Angebotsverminderung und Preiserhöhung als Zweck und Folge zu Lasten der Heizölverbraucher würde naturgemäß das Bild freier Marktwirtschaft nicht gerade zieren.Das ist eine sehr vorsichtige, aber deutliche Kritik der Haltung des Bunde swirtschaftsministeriurns.Am 2. September 1958 folgte dann, man kann sagen, die Sinfonie mit dem Paukenschlag. Der Bonner Kohlefriede wurde geschlossen. Es wurde verkündet, nunmehr werde der Kohlenbergbau Kundenrabatte an die Großindustrie und an die Eisen- und Stahlindustrie geben. Der Hausbrand wurde dabei vergessen. Er hatte gerade vorher eine besondere Kohlenpreiserhöhung verkraften müssen. Außerdem wurde der Stopp der Einfuhrverträge Anfang September verkündet. Der Bundeswirtschaftsminister vertrat die Auffassung, das Gespenst der Feierschichten scheine gebannt zu sein, nunmehr würden die Haldenbestände abnehmen. Es handele sich auch nur um eine vorübergehendeMaßnahme, im Winter könne man alles wieder rückgängig machen.In Wirklichkeit wurde nicht eine einzige wirksame Maßnahme getroffen. Der Lizenzstopp kam viel zu spät, nachdem inzwischen seit Anfang des Jahres über 20 Millionen Tonnen neue Importlizenzen erteilt worden waren. Zweifellos war dieser drastische Lizenzstopp nun schon nicht mehr eine schlechte Verzierung für die Marktwirtschaft, sondern war doch wohl ein heftiges Abweichen von der Marktwirtschaft. Der Effekt aber war folgender: Während die Haldenbestände am 31. August 10 Millionen t betrugen, wuchsen sie bis zum 30. September auf 13 Millionen t, was deutlich die Unwirksamkeit dieser Maßnahmen darlegt. Die Feierschichten stiegen ins Ungemessene. In Wirklichkeit geschah auch in dieser ganzen Zeit nichts.Um die Darlegungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers über die Aktivität der Bundesregierung ins rechte Licht zu setzen: Es gibt im Ruhrgebiet eine Zeitung, die der Bundesregierung nicht nur nahesteht, sondern die sich die Mühe gibt, beinahe jeden einzelnen Fußtritt von ihr
— Verzeihung, jeden einzelnen Schritt von ihr —sorgfältig mit Begeisterung zu begleiten.
— Ja, manchmal haben solche Zungenschnalzer schon ihren Hintergrund.
Es sind die „Ruhrnachrichten" — dem Herrn Bundeskanzler sicherlich nicht ganz unbekannt. Sie schrieben am 8. November 1958 über die Tätigkeit der Bundesregierung: „Mit geradezu erschütternder Langmut und Geduld läßt Bonn den Dingen ihren Lauf." Sie sprachen da von platonischen Liebeserklärungen an den Bergbau, und dann hieß es, nachdem der Bergbau gewisse Importverträge nun abgelöst habe, sei jedenfalls die Lethargie, mit der man im Bundeswirtschaftsministerium seit langem der Problematik des Bergbaus gegenüberstehe, noch unverständlicher, als sie bisher schon gewesen sei.Ich habe dieser Charakteristik der Tätigkeit der Bundesregierung kein halbes Wort hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren! Es folgten Protestkundgebungen, und es erfolgte nunmehr der massive Druck des Unternehmensverbandes Bergbau unter seinem neuen aktiven, aber sehr harten und sehr rücksichtslosen Vorsitzenden Burckhardt, den sich der Ruhrbergbau, weil er anscheinend über ähnliche Herren nicht verfügt, aus dem Aachener Revier ausleihen mußte, so daß erstmals ein Vertreter des Aachener Bergbaues Vorsitzender des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau wurde.Der Unternehmensverband unter der Führung des Herrn Burckhardt begann eine bemerkenswerte Methode zu verfolgen. Bereits Anfang November ließ er in private Gespräche, in Ver-
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Dr. Deistöffentlichungen und in Reden den Gedanken der Stillegung von Zechen und von Entlassungen einfließen. Am 13. November war er offenbar mit derselben Argumentation beim Herrn Bundeskanzler.Das schien selbst dem Herrn Bundeswirtschaftsminister etwas viel zu sein. Vor der Industrie- und Handelskammer in Augsburg äußerte er nämlich am 15. November 1958, man habe den Eindruck, daß die Regierung unter Druck gesetzt werden solle. Das war allerdings alles. Irgendeine Konsequenz wurde nicht gezogen. Im Gegenteil. Nachdem der Herr Bundeswirtschaftsminister noch am 16. September vor einem so repräsentativen Forum wie der Industrieausstellung in Berlin gemeint hatte, den Ratschlag erteilen zu sollen, der Bergbau solle doch, um die Kohlenhalden loszuwerden, „Schwarze Wochen" veranstalten, wie die Textilindustrie Weiße Wochen veranstalte,
meinte er dann in Augsburg, auch wieder in dieser beschönigenden Weise, daß bisher Feierschichten eingeführt werden mußten, sei zwar unangenehm und unbequem, bedeute jedoch für den Bergmann keine soziale Katastrophe. Im November des Jahres 1958, meine Damen und Herren!
Ich muß schon sagen: der Herr Bundeswirtschaftsminister hat damit sehr deutlich gezeigt, daß ihm die Zeichen der Zeit, der Ernst der Situation im Ruhrgebiet in diesem Augenblick in keiner Weise aufgegangen sind.
Er kann sich nicht wundern, daß seit diesem Augenblick die politische Entwicklung einfach über ihn hinweggegangen ist.In dieser Zeit, am 19. November 1958, fand dann das sogenannte große Kohlegespräch zwischen dem Bundeskanzler und der IG Bergbau statt. Es ging um Heizölverteuerung, es ging um den Kredit von 500 Millionen DM an die Bundesbahn, und es ging um die Ablösung von Importverträgen.Dem Unternehmensverband unter dem neuen Vorsitzenden schien die Situation noch nicht reif zu sein. Vor einer großen Veranstaltung des Unternehmensverbandes und der Wirtschaftsvereinigung Kohlebergbau am 10. Dezember 1958 sprach er nunmehr von der Möglichkeit einer Förderungseinschränkung von 10 bis 12 Millionen Tonnen, von einer Stillegung von 10 % der Jahresproduktion. Dort tauchte auch wieder die Möglichkeit der Entlassung von 100 000 Mann auf, und die Rationalisierung der zwanziger Jahre wurde als „beispielhafter Vorgang" dargestellt.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es lohnt sich, einige Sätze zu diesem „beispielhaften" Rationalisierungsvorgang der zwanziger Jahre zu sagen. In den Jahren 1923 bis 1925 wurden 67 Zechenanlagen stillgelegt. Die Bergarbeiterzahl wurde im Laufe von drei Jahren von 548 000 auf 367 000 reduziert; das heißt rund 187 000 Mann oder ein Drittel der Bergarbeiterschaft verloren ihre Arbeitsstätte. Das liegt allen denen, die an der Ruhr tätig sind und jene Zeit miterlebt haben, noch heute in den Knochen.
Denn das war eine brutale und rücksichtslose Rationalisierung auf dem Rücken der Bergarbeiterschaft.
Es ist höchst unklug, in einer Situation wie der heutigen ein solches Beispiel als nachahmenswert in die Debatte zu werfen.
— Nun, Herr Burckhardt muß wissen, was er tut, wenn er solche Reden hält. Als Erfolg dieser Reden erhielten wir am 12. Dezember die ersten Meldungen über das Kohlekartell. Der Bundeswirtschaftsminister meinte zwar, hier würde noch der Weg für den Wettbewerb in der Energiewirtschaft erhalten. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb dagegen von einer schweren Hypothek auf der Marktwirtschaft.Der wirtschaftliche Druck des Unternehmensverbandes wurde weitergeführt. Es ist sehr bezeichnend, daß in den Beratungen des Außenhandelsausschusses als einzige Begründung für die Einführung des Kohlenzolls angegeben werden konnte: Er mußte eingeführt werden, weil der Kohlenbergbau seine finanzielle Beteiligung an der Ablösung der Einfuhrverträge vom Erlaß des Kohlezolls abhängig machte.Meine Damen und Herren, das sind Methoden massiven wirtschaftlichen Druckes, denen sich die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen entgegen der ganzen Konzeption des Bundeswirtschaftsministers gebeugt hat. Lassen Sie es mich hier ganz deutlich aussprechen: das ist der Weg von der freien Marktwirtschaft zur völligen Kartellierung der Kohle- und Ölwirtschaft, wie sie kein anderes Land kennt, und zu einer Hochschutzzollmauer — in Höhe von etwa 50 bis 60 % — gegen Einfuhrkohle, eine Schutzmauer, wie sie kein anderes Land kennt.
Meine Damen und Herren, das ist immer der Ausweg einer freien Marktwirtschaft, wenn sie am Ende ihres Lateins angelangt ist.
Die Politik der freien Marktwirtschaft des Herrn Bundeskanzlers ist im Kohlenbergbau zweifellos am Ende ihres Lateins.
Das ist die Ursache dafür, daß hier letzten Endes die mächtigen Gruppen innerhalb der Energiewirtschaft das Übergewicht gewonnen und die Bundesregierung gezwungen haben, die wichtigen Entscheidungen über die Energiewirtschaftspolitik in die Zuständigkeit eines großen Kohle-Öl-Kartells zu geben, das durch einen Hochschutzzoll
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Dr. Deistgegen Außeneinwirkungen weitgehend abgesichert ist. Das ist das Ende der marktwirtschaftlichen Periode auf dem Gebiete der Energiewirtschaft.Aber nun das zentrale Problem: Was ist eigentlich mit den Maßnahmen, die die Bundesregierung ergriffen hat, sachlich erreicht worden? Schließlich geht es uns allen ja nicht nur um die Auseinandersetzung über die Politik der Bundesregierung, sondern letzten Endes geht es uns allen darum, daß die Schwierigkeiten im Kohlenbergbau gemeistert werden.
Das Problem des Kohlenbergbaues besteht darin, daß er einen recht starken Absatzrückgang zu verzeichnen hat. Dieser Rückgang des Bedarfs ist ganz überwiegend durch die Konjunkturentwicklung, insbesondere in der Eisen- und Stahlindustrie, bedingt. Es handelt sich um einen konjunkturellen Rückschlag, der aber sicher durch gewisse strukturelle Erscheinungen auf dem Gebiete der Mineralölindustrie verschärft wurde.Frage: Wie kann diesem Rückgang begegnet werden? Es gibt drei Möglichkeiten, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Die eine Möglichkeit besteht darin, den Verbrauch, die Nachfrage nach Kohle, zu heben, eine zweite Möglichkeit darin, das Angebot aus der Einfuhr zu senken, und eine dritte Möglichkeit darin, das Angebot aus der eigenen Förderung zu senken. Wenn man sachlich zur Lage des Kohlenbergbaus Stellung nehmen will, muß man sich, glaube ich, in erster Linie mit diesen drei Fragenkomplexen befassen.Ich will jetzt wiederum nicht von der allgemeinen Konjunkturbelebung sprechen. Ich will nicht davon sprechen, daß es in diesem Jahr wiederum nicht gelungen ist, durch eine durchgängige Arbeit in der Bauwirtschaft gerade im Winter eine bessere Beschäftigung der Bauindustrie, der Baustoffindustrie und damit auch des Kohlenbergbaus herbeizuführen, sondern ich will mich mit den Möglichkeiten befassen, die Lage des Kohlenbergbaus durch öffentliche Aufträge zu erleichtern.Ich habe mich sehr gewundert, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister ungeachtet der Darlegungen meines Freundes Bleiß einfach wieder behauptet hat, bei der Auftragserteilung durch die Bundesbahn handle es sich um einen zusätzlichen Auftrag von 500 Millionen DM, ohne sich auch nur im mindesten mit der Argumentation meines Freundes Bleiß auseinanderzusetzen, daß es sich, weil die Investitionen vorher, Mitte 1958, im Hinblick auf die konjunkturellen Schwierigkeiten gedrosselt worden waren, gar nicht in diesem Umfang um eine zusätzliche Investitionsspritze handelt und daß infolgedessen die Auswirkung auf den Kohlenbergbau denkbar gering ist. Diese Bundesbahnaktion ist eine völlig unzulängliche Maßnahme. Es kommt hinzu, daß sich die Bundesregierung auf all den übrigen Gebieten der öffentlichen Unternehmenstätigkeit und der öffentlichen Auftragstätigkeit nicht dazu aufraffen kann, wirklich ein Beschäftigungs-, ein Auftragsprogramm zu entwerfen und durchzuführen, das gezielt zu einer größeren Beschäftigung in der Eisen-und Stahlindustrie und im Kohlenbergbau führen könnte. Es erscheint mir höchst bedauerlich, daß die Notwendigkeit dieses Schritts, der für sich allein das Problem nicht lösen kann, der aber eine wesentliche Erleichterung bringen könnte, von der Bundesregierung so wenig eingesehen wird.Offenbar soll auch das Kohle-Öl-Kartell dazu dienen, die Nachfrage anzuregen, indem der Verbrauch von Heizöl gedrosselt wird. Nun, meine Damen und Herren, dieses Kohle-Öl-Kartell, dessen Einführung ein Erfolg des Drucks des Unternehmensverbandes Bergbau ist, sollte man einer etwas kritischeren Untersuchung unterziehen. Das KohleÖl-Kartell soll sich nur auf schweres Heizöl beziehen. Das ist also das Heizöl, das an den industriellen Sektor geliefert wird. Es ist auch richtig, das leichte Heizöl tut dem Kohlenbergbau im Augenblick nicht weh. Die Haldenzugänge an Hausbrand-kohle halten sich in einem sehr bescheidenen, jedenfalls keineswegs beängstigenden Rahmen.Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie kann bei der augenblicklichen Situation ein Kohle-Öl-Kartell zur Beseitigung der Haldenbestände und der Feierschichten wirken? Ich glaube, es bedarf keiner Betonung, daß derjenige; der sich eine Apparatur für Heizöl eingerichtet hat, insbesondere die große Anzahl von mittleren und kleineren Unternehmungen, die Heizöl vor allem für industrielle Zwecke verwenden, auch bei einer geringen Preiserhöhung nicht etwa die Heizölapparatur wieder herausreißt. Davon kann keine Rede sein. Weniger verbraucht wird also nicht.Es ist auch gut, sich einmal die Größenordnungen zu vergegenwärtigen. Im Jahre 1958 ist der Heizölverbrauch im industriellen Sektor insgesamt um etwa 1,3 Millionen t gestiegen. Das macht umgerechnet etwa 1,8 Millionen t Steinkohle aus, knapp 2 Millionen t Steinkohle, bei einem gesamten Energieverbrauch in der Bundesrepublik von 180 Millionen t Steinkohleeinheiten eine Steigerung des Verbrauchs von schwerem und mittlerem Heizöl um etwa 1 %.
Meine Damen und Herren, niemand erzähle uns, daß das eine irgendwie entscheidende Angelegenheit sei, die die kurzfristige Entwicklung des Kohleverbrauchs auch nur irgendwie wesentlich beeinträchtigen könnte.
Das heißt, dieses Kohle-Öl-Kartell bringt keine Erleichterung für die augenblickliche Situation, die durch Haldenzugänge und Feierschichten gekennzeichnet ist.Anders ist die langfristige Entwicklung zu beurteilen. Sicherlich ist die Entwicklung der Mineralölwirtschaft auf lange Sicht ein entscheidendes Problem auch für den Kohlenbergbau. Denn das wird eine schwere, eine sehr leistungsfähige und — wie ich hinzufügen möchte — eine moderne Konkurrenz. Aber es fragt sich sehr, ob eine vernünftige Entwicklung, die diesem Charakter des Mine-
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Dr. Deistralöls und Heizöls Rechnung trägt, auf lange Sicht durch die Schaffung eines privaten Kohle-Öl-Kartells gesichert werden kann, das jedenfalls zunächst nur zu Preiserhöhungen ohne jede Rücksicht auf den Verbraucher führt.Solche Kartelle haben doch zwei Gefahren in sich. Wenn sie funktionieren, führen sie zu einer Verfestigung der Situation, nicht zu einer Auflokkerung, d. h. sie haben die Tendenz, zu bleiben. Außerdem führen sie zu Strukturveränderungen, die nur unerwünscht sein können, weil sie nämlich mit der gewünschten fortschrittlichen Entwicklung nicht in Übereinstimmung stehen. Hier wird der Kohle- und der Ölwirtschaft auf lange Sicht die Möglichkeit gegeben, ihre Interessen auf Kosten der Verbraucher auszugleichen, ohne daß der Verbraucher und ohne daß die öffentliche Hand einen Einfluß auf diese für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung so entscheidende Entwicklung der Energiewirtschaft nehmen kann.
— Ich will sogar Konkurrenz zwischen Heizöl und Kohle. Sie werden sich wundern! Ich werde das nachher noch darzulegen mich bemühen. Herr Atzenroth, ich habe den Eindruck, Sie sollten das, was wir über unsere Politik sagen, eigentlich wissen, darum sollten Sie gelegentlich die Veröffentlichungen der Sozialdemokratie durchlesen. Dann würden Sie nämlich erfahren können, daß wir dort, wo Wettbewerb in der Wirtschaft heute möglich ist, ihn einführen und ihn schützen möchten. Wir geben uns aber nicht der Illusion hin, dort, wo die Voraussetzungen für einen Wettbewerb überhaupt nicht mehr gegeben sind, die Verhältnisse dadurch ändern zu können, daß wir so tun, als ob wir Wettbewerb einführen, in Wirklichkeit aber einigen mächtigen, marktbeherrschenden Unternehmungen die Entscheidungen in die Hand spielen.
Das zweite Problem, das zur Erörterung steht, ist die Senkung der Einfuhr. Hier handelt es sich um ein wichtiges und entscheidendes Problem. Man braucht nur zwei Zahlen zu kennen. Die Halden an der Ruhr haben im Jahre 1958 um 14,5 Millionen Tonnen zugenommen. Die Einfuhr an Kohle betrug im gleichen Jahre 16,2 Millionen Tonnen. Da zeigt sich sehr deutlich der enge Zusammenhang zwischen der Einfuhr und der Entwicklung der Haldenbestände und der Feierschichten. Wenn man diese Entwicklung sieht, mutet einen die Einfuhrpolitik — wenn ich das mal so nennen darf — der Bundesregierung geradezu wie eine Groteske an.Ende 1957 war zu spüren, daß wir Schwierigkeiten im Absatz bekamen. Ich sagte: im Februar 1958 waren die ersten Feierschichten. Und was geschah? In den Monaten Februar und März, in den Monaten, in denen die Entwicklung deutlich an der Zunahme der Feierschichten abzulesen war, wurden für 17 Millionen Tonnen Kohle neue Einfuhrlizenzen gegeben.
Vor dem Lizenzstopp in der Zeit vom 2. bis 6. September wurden noch einmal für 2,4 Millionen Tonnen Einfuhrlizenzen gemeldet. In der Zeit von Februar bis September, in der Zeit, in der die Feierschichten und die Haldenbestände zunahmen, wurden neue Einfuhrlizenzen in Höhe von rund 24 Millionen Tonnen vorgelegt.
Wenn man dieser Entwicklung im Februar begegnet wäre, dann hätten wir heute statt mit Einfuhrverträgen über 35 Millionen Tonnen mit Einfuhrverträgen über 10 bis 15 Millionen Tonnen zu rechnen. Hier wird die Verantwortung der Bundesregierung und das erschütternde Versagen in der Einfuhrpolitik deutlich.Meine Damen und Herren, es kommt ein Zweites hinzu. Im Oktober 1958 sind diese Fragen im Ministerrat der Montan-Union besprochen worden. Die Bundesregierung wurde gefragt, wie hoch denn nun eigentlich die Einfuhren an Kohle effektiv seien. Die Bundesregierung hat damals mitgeteilt, sie sei nur über die Lizenzerteilung für die Kaufverträge unterrichtet; über die Charterverträge wisse sie nicht Bescheid, sie habe auch keine rechtliche Handhabe, Näheres zu erfahren.Inzwischen sind drei Monate vergangen, und bis heute hat die Bundesregierung keine Zeit gefunden, sich eine genauere Übersicht über die Struktur der Einfuhr und dessen, was an Einfuhrverträgen schwebt, zu beschaffen.
Auch das ist einfach nicht zu verantworten von einer Bundesregierung, die in Anspruch nimmt, daß sie sich ihrer Verantwortung gegenüber der deutschen Bevölkerung bewußt ist.Wir wissen nur eines: Der Bundeswirtschaftsminister hat im Außenhandelsausschuß mitgeteilt, daß die erteilten Lizenzen global insgesamt etwa 36 Millionen Tonnen ausmachen, daß das Gros davon nach USA vergeben ist und daß 60 bis 70 % hiervon auch wieder von den Zechen-Handelsgesellschaften abgeschlossen worden sind.
Das heißt, daß sich die Kohle auch heute wieder auf ihrem eigenen Sektor durch ihre Zechen-Handelsgesellschaften eine ruinöse Konkurrenz bereitet.
Wir wissen seit der Reise einiger Vertreter des Unternehmensverbandes nach den USA, daß von den 36 Millionen Tonnen etwa 15 bis 18 Millionen Tonnen bis zum Verbraucher durchgehandelt sind. Über die anderen 20 Millionen Tonnen ist einfach nichts festzustellen. Die Bundesregierung hat gestern im Handelspolitischen Ausschuß auf die Frage keine erschöpfende Antwort geben können. Sie weiß nicht, inwieweit hier Luftaufträge bestehen, wie weit die Lizenzen überhaupt in Anspruch genommen worden sind und inwieweit wirklich verbindliche Verträge mit den Importeuren abgeschlossen worden sind. Wie will man bei einer völligen Unkenntnis über die Fakten dann überhaupt Einfuhrpolitik betreiben?
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Dr. DeistWenn die Bundesregierung zwölf Monate versäumt, Kohlepolitik zu betreiben, dann bleibt es nicht aus, daß sie, nachdem sie so spät kommt, zu drastischen Maßnahmen greifen muß, und die müssen sehr ungünstige und unerwünschte Folgen haben. Der Herr Bundeswirtschaftsminister weiß theoretisch ganz genau, daß zu den wichtigen Erkenntnissen der modernen Konjunkturwissenschaft der Grundsatz gehört: Man kann Schwierigkeiten in der Wirtschaft um so leichter begegnen, je früher man ihnen begegnet. Er weiß ganz genau, daß er heute die Kosten dafür zu bezahlen hat, daß er, jedenfalls auf dem Gebiet der Einfuhrpolitik, 11 bis 12 Monate gewartet hat.
Dann kommt die Verordnung über den Kohlenzoll auf uns zu, die uns nunmehr innerhalb von 24 Stunden in einer veränderten Fassung vorgelegt worden ist. Mit einem solchen Kohlenzoll übernimmt doch die Bundesregierung eine gewisse wirtschaftspolitische Verantwortung. Wie wollen Sie eigentlich diese Verantwortung übernehmen, wenn Sie den Tatbestand, auf den dieser Kohlenzoll wirkt, überhaupt nicht kennen? Gestern noch waren es 4,25 Millionen Tonnen, die kontingentsfrei hereingelassen werden sollen, davon 3,5 Millionen Tonnen USA-Kohle. Wußte die Bundesregierung eigentlich nicht, daß die fünf großen Küstenstädte an der Nord-und Ostsee, Kiel, Lübeck, Hamburg, Bremen und Emden, bereits für 4 Millionen Tonnen Kohle für 1959 fest abgeschlossen haben und daß das Gebiete sind, die in traditioneller Weise immer Auslands-1) kohle eingeführt haben und von diesen Einfuhrverträgen einfach nicht herunterkommen können? Wußte die Bundesregierung nicht, daß in Bayern, in Baden-Württemberg und Hessen zahlreiche Kraftwerke — nicht aus Übermut, sondern weil der Kohlebergbau nicht in der Lage und nicht bereit war, sie mit Kohlen zu beliefern — langfristige ernsthafte Einfuhrverträge abgeschlossen haben, so daß man insgesamt mit einem Einfuhrvolumen von etwa 8 bis 9 Millionen Tonnen rechnen muß? Weiß die Bundesregierung, daß die Ablösungskosten zwischen 25 und 35 Mark betragen? Meinen Sie wirklich, daß es eine gute Sache ist, 300 oder 500 Millionen DM für 10 oder 15 Millionen Tonnen einfach als Kosten für eine fehlgeleitete Kohlepolitik hinauszuwerfen?Die Bundesregierung weiß, daß durch den Kohle-zoll die Einfuhr mit diesen 4,25 oder 5 Millionen t nicht einfach abgeschnitten werden kann, sondern daß mehr eingeführt werden muß. Sie weiß also, daß darauf der Kohlezoll gezahlt werden muß. Meint sie wirklich, daß sie darüber hinweg kann und sagen kann: „Ich hoffe, daß keine Preiserhöhungen kommen", obwohl sie genau wissen muß, daß die Bezieher zum großen Teil diese zusätzliche Belastung von 20 DM Zoll einfach nicht tragen können, sondern weitergeben müssen? Hat man sich überlegt, daß es bei den Kraftwerken, insbesondere soweit es Gaswerke sind, die Neigung, auf 01 umzuschalten, durch diese Kohlezollpolitik noch größer wird, als sie vorher schon gewesen ist?!
Wer eine solche Wirtschaftspolitik treibt, ist vergleichbar einem Blinden, der mit der Stange im Nebel herumfuhrwerkt.
Wenn man sich ansieht, was die Bundesregierung gestern im Außenhandelsausschuß an Auskünften gegeben hat, dann kommt man zu dem ganz eindeutigen Ergebnis: die Einfuhren werden wesentlich über den 4,25, ja, über 5 Millionen t liegen. Es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, daß sich daraus nicht unwesentliche Preiserhöhungen ergeben. Der Herr Bundeswirtschaftsminister oder sein Vertreter hat eindeutig gesagt, daß damit die Haldenzugänge nicht beseitigt werden, sondern die Zunahme an Halden nur verlangsamt werden wird.
Sehen Sie, das ist das Ergebnis dieser groß angekündigten Kohlezollaktion.Heute wird uns plötzlich eine neue Berechnung vorgelegt, wonach es statt 4,25 Millionen auf einmal 5 Millionen t sind. Von den 5 Millionen t sind präterpropter 4,1 Millionen t USA-Kohle. Daß die Konsequenzen bei 4,1 Millionen t nicht wesentlich anders sind als bei 3,5 Millionen t, brauche ich wohl nach den Zahlenangaben, die ich eben gemacht habe, nicht besonders zu sagen. Aber das ist doch ein Zeichen dafür, was für Kurzschlußreaktionen kurz vor Toresschluß, kurz vor dieser Debatte erfolgen, die mit vernünftiger Wirtschaftspolitik einfach nicht mehr zu vereinbaren sind.
Man hat nicht einmal Zeit gefunden, mit der Hohen Behörde, die bereit war und bereit ist, der Bundesregierung Rückenstützung für diesen Kohle-zoll zu geben, rechtzeitig Fühlung zu nehmen, sondern hat erst nachträglich den Frieden mit dieser Umwandlung von 4,25 auf 5 Millionen t einigermaßen wiederhergestellt, nachdem die Hohe Behörde sehr deutlich ihren Unwillen über dieses abrupte, ohne sie und gegen den Vertrag erfolgte Vorgehen zum Ausdruck gebracht hat.Gestern noch hat der Herr Bundeskanzler an den Herrn Bürgermeister Engelhardt in Hamburg ein dringendes Telegramm geschickt, worin er sagte, eine Erhöhung der 4,25 Millionen t sei völlig unvertretbar, weil sie den Erfolg der Maßnahme in Frage stelle.
Ist das nun heute ganz anders? Wer informiert eigentlich den Bundeskanzler, und wer macht hier eigentlich große Wirtschaftspolitik?
Der Effekt ist nach dem Ergebnis dieser Sitzungen jedenfalls, daß wir weiter eine Einfuhr von 8 bis 9 Millionen t haben — auch das ist in dem Außenhandelsausschuß ziemlich klar geworden — und daß der Zoll zu nicht unwesentlichen Preiserhöhungen führen muß.
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3234 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. DeistMeine Damen und Herren, diese Überlegungen werden bestätigt durch die Prognose der Montanunion für das Jahr 1959. In dieser Prognose, die mit dem deutschen Bergbau abgestimmt ist — der deutsche Bergbau wollte 5 Millionen t mehr Förderung veranschlagt haben, als nachher veranschlagt worden ist —, kommt man zu dem Ergebnis, daß bei 6 Millionen t Einfuhren die Haldenzugänge im Jahre 1959 4 Millionen t betragen werden, ohne daß die Feierschichten gegenüber dem Jahr 1958 erhöht zu werden brauchten.
Der Kohlenzoll wird also zwar far den Kohlenbergbau eine gewisse Entlastung bringen; es wird möglich sein, einen Teil der Einfuhren damit fernzuhalten. Aber die Haldenzugänge werden nicht gestoppt, sie werden nur verlangsamt werden. Das eigentliche Problem wird damit nur zu einem Teil bereinigt, eine Lösung der Schwierigkeiten im Kohlenbergbau ist damit nicht verbunden.Aber ein Zweites! Dieser Kohlenzoll bringt unsere ganzen Außenhandelsbeziehungen in Unordnung und kostet uns einen ungeheuren Vertrauensverlust in der übrigen Welt.
Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg war es wohl, der uns gerade offiziell mitgeteilt hat, daß bei den Howaldtwerken die erste Annullierung von Aufträgen angekündigt worden ist mit Rücksicht auf den Kohlenzoll und daß, wenn es zu dieser Annullierung kommt, das Arbeitslosigkeit für 3 000B) Menschen für ein Jahr bedeutet. Das ist die Folge einer solchen Politik. Außerdem ruinieren Sie völlig den inneren Kohlenmarkt, der bereits jetzt durch die Ankündigung des Kohlezolls total durcheinandergeraten ist.Ich bestreite nicht, daß die Bundesregierung, nachdem sie 12 Monate gewartet hat, heute vielleicht keinen anderen Ausweg mehr hat, um eine kleine Erleichterung in der durch die wachsenden Kohlenhalden gekennzeichneten Situation zu schaffen. Aber dieser unglückliche Kohlenzoll ist ein Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung bzw. das Ergebnis ihres Verzichts auf eine wirksame Kohlepolitik. Sie mag die Verantwortung dafür allein übernehmen; wir werden sie ihr nicht abnehmen. — Das zum Problem der Einfuhr.Das dritte Problem ist das der Senkung der Förderung. Bis zum 18. Januar dieses Jahres sind im Kohlenbergbau 3 Millionen Feierschichten verfahren worden. Dadurch hätte eigentlich die Förderung um etwa 4,2 Millionen t abnehmen müssen. Darüber hinaus ist die Belegschaftsstärke im Laufe eines Jahres um 21 000 Mann gesunken, d. h. um 4 %. Die Förderung ist bis zum Oktober 1958 angestiegen; dann ist sie bis Dezember im Vergleich zum Vorjahr um 500 000 t abgesunken, d. h. praktisch gleichgeblieben.Es ist wichtig, sich zu überlegen, woran das eigentlich liegt. Von diesen 21 000 Mann, die vom Kohlenbergbau abgekehrt sind, entfallen 20 200 Mann auf Schichtlöhner über und unter Tage und ganze 800 Mann auf die Gedingelöhner, also diejenigen, die die Kohle vor Ort herausholen. Was hat hier der Bergbau praktisch gemacht? Er hat die Arbeitskräfte, die man als unproduktive Arbeitskräfte zu bezeichnen pflegt, entlassen. Damit hat er seine Förderung gehalten und seine Ertragslage verbessert. Das heißt: Beibehaltung der Förderung, Verbesserung der Kostenlage zu Lasten der Arbeitnehmer, die die Kosten durch Entlassungen und Feierschichten zu tragen haben.
— Aber doch keine Spiegelfechtereien, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Kohlenbergbau anfängt, Feierschichten zu machen, und wenn er hier und da seine Belegschaften durchsiebt und dabei gewisse Entlassungen vornimmt, so wirkt das auf die anderen, die noch jung sind und wechseln können, so, daß sie sich beschleunigt nach einem anderen Arbeitsplatz umsehen. Man wird doch nicht in den Jahren 1956/57 320 000 DM für Bergarbeiterprämien ausgegeben haben, mit denen Bergarbeiter herangezogen werden sollten, um dann durch eine solche Wirtschaftspolitik diese Arbeitskräfte dem Bergbau wieder verlorengehen zu lassen!
Damit will ich sagen, diese Methode der Belegschaftspolitik hat dazu geführt, daß die Förderung nicht abgesunken, sondern völlig gleichgeblieben ist — mit einigen bemerkenswerten Folgen —, weil nämlich Feierschichten und Entlassungen — auch sie sind ja dabei; die 21 000 Mann sind nicht alle freiwillig abgekehrt — einen solchen psychologischen Druck im Bergbau ausüben, daß die persönliche Arbeitskraft zum Teil übersteigert wird. Die IG Bergbau hat in ihrer Denkschrift nachgewiesen, daß diese Entwicklung zu höheren Unfallziffern im Bergbau geführt hat.
Wir wissen, welches soziale Klima durch diese Methode der Kohlepolitik an der Ruhr in der Zwischenzeit geschaffen worden ist.Das Problem für den Kohlebergbau besteht nicht darin, die Förderung einzuschränken. Tatsächlich ist nicht damit zu rechnen, daß der Kohleverbrauch auf lange Sicht absinkt. Auf lange Sicht werden wir auch in Deutschland etwa die gleichen Kohlenmengen benötigen, wenn nicht noch mehr als in der Vergangenheit.Darum ist eine Stillegung von Unternehmungen eine unerwünschte, unzweckmäßige, ja, gefährliche Maßnahme, weil sie nämlich unter Umständen Fördermöglichkeiten nimmt, die wir in einem bis zwei Jahren bei stärkerem Wirtschaftsaufschwung wieder benötigen. Darum bin ich dem Herrn Bundeswirtschaftsminister dankbar. Wir werden die Bundesregierung beim Wort nehmen, daß sie, wie sie ausdrücklich erklärt hat, Stillegungen in diesem Sinne ablehne.Auf das Problem der langfristigen Anpassung werde ich noch besonders eingehen. Das ist ein ganz anderes Problem.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3235
Dr. DeistUnser Problem liegt darin, daß wir den Schwierigkeiten im Kohlebergbau allein mit der Einfuhrdrosselung nicht beikommen. Die Methode der Feierschichten, der Entlassungen führt eher zur Fördersteigerung als zur Fördersenkung. Wir stehen wirklich vor der entscheidenden Frage: gibt es keine Methode, eine kurzfristige Fördersenkung herbeizuführen, die uns nicht auf lange Sicht mit einem Abfall der Förderung belastet? Das ist ein ernstes Problem, das wir auch ernst behandeln sollten.Die Industriegewerkschaft Bergbau hat vorgeschlagen — und nun hören Sie sich wenigstens die Argumentation dazu einmal an , die Lösung über eine Arbeitszeitverkürzung durch Einführung der Fünf-Tage-Woche bei einer täglichen Arbeitszeit von 7 1/2 Stunden herbeizuführen.
— Ich habe die Industriegewerkschaft Bergbau vor allem zitiert, weil sie diese Forderung in den Vordergrund gestellt hat und weil diese Forderung mit den Auffassungen der Sozialdemokratie übereinstimmt.
Aber, Herr Kollege Friedensburg, ich hatte gerade gebeten, einmal die Argumentation anzuhören.Wir wissen natürlich, daß ein solcher Lösungsversuch mit Problemen behaftet ist. Darum meine ich, wir sollten versuchen, die Probleme einmal in Ruhe zu diskutieren. Das möchte ich wenigstens versuchen.Zunächst einmal muß man zur Kenntnis nehmen, daß die vielbeleumdeten Länder Großbritannien und Frankreich mit ihrem „fürchterlichen" nationalisierten Kohlebergbau — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das heute in bewegten Worten geschildert — seit langer Zeit die Fünf-Tage-Woche eingeführt haben. In Großbritannien wird fünf Tage à 7,5 Stunden, d. h. 37,5 Stunden in der Woche, unter Tage gearbeitet, in Frankreich fünf Tage à 7,75 Stunden, das sind 38,7 Stunden in der Woche, unter Tage, bei uns in Deutschland sechs Tage mit 43 1/2 Stunden. Wir sind also sozial erheblich im Rückstand. Daß wir etwa wettbewerbsmäßig benachteiligt würden, wenn wir in gleicher Weise wie diese fortschrittlichen Länder zur FünfTage-Woche übergingen, wird wohl niemand ernsthaft behaupten können.
— Lassen Sie mich einmal zu Ende argumentieren!Die Feierschichten und Entlassungen führen zur Fördersteigerung. Globale Arbeitszeitverkürzungen geben uns in dieser Situation eine seltene Chance. Sie führen nämlich in der Regel zunächst einmal zu einem Abfall der Förderung. Auf längere Sicht aber wird dieser Ausfall erfahrungsgemäß durch Anpassung im Betriebe, Rationalisierungsmaßnahmen und dergleichen wieder aufgeholt. Das ist eine alte Erfahrungstatsache, die wir auch mit früheren Arbeitszeitverkürzungen im Bergbau gemacht haben. Sie können sich darüber sowohl beiUnternehmer- als auch bei Arbeitnehmerorganisationen im Kohlebergbau erkundigen. Wir haben hier also eine einzigartige Chance, mit einer fortschrittlichen Maßnahme eine sofortige wesentliche Senkung der Förderung herbeizuführen, mit der Chance, den Förderausfall mit steigender Besserung der Wirtschaftslage ohne größere Schwierigkeiten wieder wettzumachen.
— Meine Damen und Herren, ich kann nicht drei Gedankengänge auf einmal vortragen. Es folgt jetzt der dritte.
Das Problem besteht natürlich darin: Wer soll das bezahlen? Ich habe gar nicht die Absicht, um dieses Problem herumzugehen.
— Was der Steuerzahler an Milliardenbeträgen in den vergangenen Jahren in den Kohlebergbau hineingesteckt hat, hat uns der Bundeswirtschaftsminister im November des Jahres 1957 ausgezeichnet vorgerechnet.
Aber ich möchte das Problem in Ruhe behandeln, weil auch wir uns bewußt sind, daß solche Probleme nicht einfach im Handgalopp gelöst werden können, sondern daß man sie schon ernsthaft diskutieren muß.Man muß, glaube ich, von zweierlei ausgehen. Wenn in der augenblicklichen Konjunktursituation die Frage aufgeworfen wird, wie dem Kohlebergbau geholfen werden soll, brauchen wir einmal eine Fördersenkung, und zweitens können wir ungeachtet der rosaroten Brille, die der Herr Bundeswirtschaftsminister gelegentlich aufsetzt, nicht übersehen, daß eine stärkere Senkung der Kaufkraft insbesondere in einem solchen massierten Industriegebiet wie dem Ruhrgebiet einfach nicht tragbar ist.Ich stimme dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zu, daß das Bild der Wirtschaft sehr ungleichmäßig ist, daß wir Industriezweige mit einem sehr guten Produktivitäts- und Produktionsfortschritt haben. Immerhin sind etwa 30 % der Industrieproduktion im Zustand der Stagnation oder sogar in einem ausgesprochenen Schwächezustand. Das Wesentliche an dieser Situation aber ist, daß der private Verbrauch insgesamt nur noch sehr schwach ansteigt. Das ist eine Tatsache, die, glaube ich, unbestritten ist. Das heißt, in dieser Situation können wir nicht vertragen, daß im Ruhrgebiet über Lohneinbußen in der Stahlindustrie und im Kohlenbergbau — und in diesen Industriezweigen ist die Masse der Arbeiterschaft des Ruhrgebiets beschäftigt — die Kaufkraft und damit die private Nachfrage verringert wird.Darum muß aus konjunkturpolitischen Gründen— nicht nur aus sozialpolitischen Gründen — dieser Lohnausgleich durchgeführt werden. Das ist eine unerbittliche Konsequenz, und um die kommt man nicht herum, indem man sagt, der Steuerzahler usw. usw. Die Frage ist natürlich, wie solche Kosten in vernünftiger Weise aufgebracht werden sollen.
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3236 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. Deist Die Höhe des Betrags, den ein solcher Lohnausgleich ausmacht, ist umstritten. Ein Teil der Angaben liegt mit 360 Millionen ziemlich niedrig, es gibt aber auch Angaben, die bei 600 und mehr Millionen liegen. Ich will einmal von einer im oberen Drittel liegenden Zahl von 5- bis 600 Millionen ausgehen. Sie dürfte etwa zutreffend sein, jedenfalls wird keine höherliegende Zahl anzunehmen sein.Es gibt im Kohlebergbau zahlreiche gut rentierende Bergbauunternehmungen, die in der Lage sind, diesen Lohnausgleich zu zahlen. Ich gehe einmal davon aus, daß es vielleicht die Hälfte von diesen 5- bis 600 Millionen DM sind — d. h. 250 bis 300 Millionen DM —, die aufgebracht werden müßten.Nun sollte man sich zunächst die Größenordnung von 250 bis 300 Millionen DM ansehen. Ich will vom Grünen Plan gar nicht sprechen; dann kommen wir in uferlose Vorstellungen. Aber die Bundesregierung hat zugunsten des Bergbaus die Knappschaftsbeiträge der Unternehmer bis zum 31. März 1958 übernommen. Das waren jährlich 220 Millionen kleine D-Mark. Dann zahlen der Bund und die Länder für den Kohlebergbau die Bergarbeiterprämie; das sind präterpropter im Jahre 160 Millionen DM. Die Ablösung der Haldenbestände kostet volkswirtschaftlich — wer das bezahlt, ist letzten Endes ziemlich gleichgültig; möglicherweise wird dieser Betrag über hohe Kohlenpreise dem Verbraucher aufgelastet werden — zwischen 300 und 500 Millionen kleine Deutsche Mark. Die Finanzierung der Haldenbestände kostet nach den Angaben des Bergbaues je Tonne pro Jahr etwa 17 DM. Bei einer Jahreslagerung dieser Haldenbestände in Höhe von 13 Millionen t macht das einen Betrag von 220 Millionen DM aus, den uns diese Kohlenpolitik kostet. Ich möchte damit nur sagen, daß die 250 bis 300 Millionen Lohnausgleich eine Größenordnung sind, die gar nicht so sehr außerhalb dessen liegt, was Sie sonst gern bereit sind, in anderer Weise zu bewilligen.Eine solch gezielte Unterstützung, ein solch gezielter Ausgleich des Lohnausgleichs bei den Unternehmen, die nicht in der Lage sind, ihn zu tragen, hat auch seine Vorteile. Wir alle wissen — obwohl das ein schwieriges Problem ist —, daß der Kohlebergbau sich in den nächsten Jahrzehnten den veränderten Verhältnissen anpassen muß. Wenn sich nach ein bis zwei Jahren herausstellt, daß ein Teil der Unternehmungen auch bei besserer Konjunktur nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft den Lohn für diese in allen anderen Ländern übliche Fünf-Tage-Woche zu tragen, dann muß man sich die betreffenden Unternehmungen als erste daraufhin ansehen, ob sie nicht im Rahmen des Strukturanpassungsprozesses in die Veränderungsmaßnahmen einbezogen werden müssen. Wir sollten wenigstens darüber wachen, daß diejenigen, die aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden, diese Stütze auch notwendig haben, was leider bei der bisherigen Subvention nicht der Fall ist. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Fünf-Tage-Woche mit Lohnausgleich und Übernahme der Ausgleichskosten durch den Bund bei den Unternehmungen, die nicht in der Lage sind, den Lohnausgleich zu tragen, eine durchaus zweckmäßige, vernünftige, sozialpolitisch notwendige und konjunkturpolitisch außerordentlich erwünschte Maßnahme.Ich komme zu dem Ergebnis: es gibt drei wirksame zentrale Maßnahmen. Einzelmaßnahmen genügen nicht. Zu der Drosselung der Einfuhr, die die Probleme nicht allein lösen kann, muß eine planmäßige umfangreiche öffentliche Auftragspolitik und eine Arbeitszeitverkürzung durch Einführung der Fünf-Tage-Woche mit entsprechendem Lohnausgleich kommen. Wenn sich die Bundesregierung nicht zu solchen oder ähnlichen grundsätzlichen Maßnahmen entschließen kann, sondern sich mit dem Herumkurieren an den Symptomen wie in der Vergangenheit begnügt, dann ist das der Verzicht auf eine Kohlewirtschaftspolitik, die wirklich Erfolg verspricht.Ich glaube, wir sollten uns in einer Situation wie der heutigen nicht nur mit der aktuellen Lage befassen. Mein Freund Bleiß hat bereits dargelegt, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister im vorigen Jahr noch so unvorsichtig war, zu sagen, eine solche Debatte käme alle Jahre wieder. Ja, sie kommt alle Jahre wieder, auch in diesem Jahre wieder, weil sich nämlich zeigt, daß mit den bisherigen Methoden im Bergbau die Probleme der Kohlewirtschaft einfach nicht gelöst werden können. Auch heute wird uns wieder nur eine unzulängliche Teilmaßnahme vorgeschlagen. Darum sollten wir ernsthaft prüfen, ob nicht Vorkehrungen getroffen werden müssen, die solche Störungen und Gefahren entweder ausschalten oder ihre Überwindung leichter machen, als das in den vergangenen Jahren mit dem bisherigen Instrumentarium und mit den bisherigen Methoden möglich war.Der Kohlebergbau bekommt von vier Seiten Störungsfeuer und kommt dadurch in Gefahren. Die eine Störung kommt von der Binnenkonjunktur. Der Bergbau kann sich, da er langfristig geplant und geführt werden muß, den Schwankungen von Binnenkonjunkturen nicht ausreichend anpassen. Er muß darum zum Beispiel eine Vorrätepolitik treiben und in Zeiten konjunkturellen Abschwungs die geförderte Kohle lagern.Diese Vorratspolitik kostet Geld. Sie scheitert vielfach daran, daß eine sinnvolle Bevorratung wegen der vielen divergierenden Interessen der verschiedenen Bergbauunternehmungen nicht möglich ist.Ein zweites Problem ist die Fördereinschränkung durch Umschichtung unter Tage. Es besteht schon in gewissem Umfange die Möglichkeit, Leute vor Ort in der Aus- und Vorrichtung zu beschäftigen und damit eine sinnvolle vorbereitende Arbeit für die Zukunft zu leisten, zur gleichen Zeit damit die Förderung zu senken, nur ist das vom Einzelbetrieb aus etwas schwierig; denn das bedeutet erhöhte Kosten. Darum wird diese vernünftige Maßnahme im Kohlebergbau heute einfach nicht ergriffen. Wenn schließlich Einschränkungen notwendig sind, müßten sie im gesamten Kohlebergbau gleichmäßig durchgeführt werden. Darum haben wir das
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3237
Dr. Deistgroße Gerede vom Beschäftigungsausgleich. In Wirklichkeit lagen die Verhältnisse so: Bis zum 8. Januar 1955 haben im Ruhrgebiet drei Zechen je 20 Feierschichten verfahren, 13 Zechen dagegen keine einzige. Da sehen Sie, meine Damen und Herren, die Folgen der Zersplitterung des deutschen Kohlebergbaus. Hier werden die Feierschichten nicht etwa nach der volkswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit, etwa im Hinblick auf die Kohlelager oder die Flözverhältnisse, nach der jeweiligen Situation des einzelnen privaten Unternehmens eingelegt.Wenn schließlich eine Arbeitszeitverkürzung vorgenommen werden muß, so ist der notwendige Lohnausgleich deshalb schwierig, weil wir Unternehmungen mit guter und Unternehmungen mit schlechter Ertragslage haben. Wenn wir eine große Kohle-Organisation hätten, die einen Ausgleich durchführen könnte, wäre dieses Problem sehr viel einfacher zu lösen. Aber so, wie die Verhältnisse heute liegen, geht das nicht. Und deshalb kann der Kohlebergbau mit den Konjunkturproblemen einfach nicht fertig werden.Ein weiteres Problem ist der Einfluß der Kohleeinfuhr. Der Preis der Einfuhrkohle wird im wesentlichen von den Frachten der USA-Kohle bestimmt. Der Preis für Kokskohle beträgt in Deutschland heute ungefähr 65 DM. Die Fracht für USA-Kohle von den Vereinigten Staaten bis zum holländischen Hafen Rotterdam betrug im Dezember 1956 63 DM, war also ungefähr so hoch, wie der Preis der deutschen Kohle. Im Februar 1958 betrug die Fracht 12,50 DM! Der Preis je t USA-Kohle betrug daher in Rotterdam im Dezember 1956 insgesamt 115 DM, während die einheimische Kohle 60 DM kostete. Im Februar 1958 dagegen kostete die USA-Kohle infolge der niedrigeren Fracht 55 DM je t, d. h. nur noch etwa die Hälfte von vor anderthalb Jahren, während der Preis für einheimische Kohle 63 DM betrug. Derartige Preisdifferenzen am Weltmarkt haben einen Einfluß auf den einheimischen Kohlenmarkt, der eine planmäßige Führung des deutschen Kohlebergbaus unmöglich macht.In Großbritannien und Frankreich hat man eine Methode gefunden, diese Einflüsse auszuschalten. In Zeiten der hohen Preise für Einfuhrkohle nahm man eine Herabschleusung auf den Inlandspreis vor. Wir haben uns dagegen in Deutschland in den Jahren 1955 und 1956 den Luxus von zwei Preisen geleistet. Die Folge war: unsere Verbraucher mußten nicht nur für die USA-Kohle den hohen Einfuhrpreis zahlen, sondern vielfach auch für die gute billige deutsche Kohle. Darum braucht man für den Kohlebergbau ein Instrument, mit dem man erstens die Einfuhr mengenmäßig steuern und zweitens Überpreise abfangen und Unterpreise ausgleichen kann. Großbritannien und Frankreich haben sich ein solches zentrales Einfuhrinstrument geschaffen; sie waren in der Lage, die unerwünschten Einflüsse des Weltmarkts auszuschalten. Wir sind dazu nicht in der Lage.Ein weiteres Kapitel stellt der ruinöse Konkurrenzkampf mit der Mineralölwirtschaft dar. Die deutsche Mineralölwirtschaft wird im wesentlichen von jenen drei bekannten internationalen Konzernen beherrscht, die auch die Hauptträger des Kohle-Ö1Kartells sind. Der Bundeswirtschaftsminister ist von uns einmal aufgefordert worden, einen Überblick über die Ertrags- und Kostenlage der Mineralölverarbeitung zu geben.Das war seinerzeit nicht möglich. Der Minister meinte, man könne ja nicht in den Büchern herumschnüffeln, sondern müsse schon das hinnehmen, was geboten werde. Wir mußten leider auf den Ölberater des Herrn Ibn Saud, Herrn Osman Halik, warten, der einmal in die Kostenverhältnisse der Mineralölwirtschaft hineingeleuchtet hat. Wer will, kann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" das Ergebnis dieser Untersuchungen nachlesen. Dieser Einblick in die Ertragslage, in die Gewinnmöglichkeiten der Mineralölwirtschaft gibt uns eine Vorstellung davon, über welche Machtposition die Mineralölwirtschaft einerseits gegenüber dem Kohlenbergbau, andererseits aber auch gegenüber einer solchen Bundesregierung, wie wir sie in Deutschland haben, verfügt.
Da wird festgestellt — und die Zahlen sind kaum zu bestreiten —: Die Produktionskosten des Erdöls betragen in Saudi-Arabien 9 DM. Der Verkaufspreis im Persischen Golf ist 45 DM. Verdienst 36 DM, davon 50 % Saudi-Arabien, 50 % die Ölgesellschaften, also je 18 DM. Die Frachtkosten betragen etwa 20 bis 30 DM, an denen wiederum etwa 5 DM verdient werden. So beträgt der Einstandspreis für die Raffinerien der internationalen Mineralölgesellschaften in der Bundesrepublik etwa 65 bis 75 DM. Der Verkaufspreis für Rohöl in Hamburg an Fremde, ohne Zoll, Steuer und sonstige fiskalische Belastungen, liegt jedoch zwischen 95 und 100 DM. Das ist ein zusätzlicher Gewinn von 25 bis 30 DM, den die internationalen Mineralölgesellschaften anderen, die ihr Mineralöl brauchen, abnehmen. Das sind insgesamt bis hierhin 48 bis 53 DM Gewinn. Und dann lassen Sie sich nur noch sagen, daß der Weltmarktpreis für Benzin bei 130 DM liegt, der Benzinpreis ab Raffinerie in der Bundesrepublik, wieder ohne Zoll, Steuer, Provision und dergleichen, dagegen zwischen 200 und 240 DM. So ergibt sich insgesamt — das ist kaum zu bestreiten und gut nachzurechnen — bei einem Gesamtpreis von 200 bis 240 DM ein Gewinn von 115 bis 150 DM. Das ist für diese internationalen Ölgesellschaften, die über das Mineralöl von der Erdölbohrung über die Ölraffinierung bis zur Tankstelle verfügen, eine Gewinnspanne von insgesamt mehr als 504)/o. Darum verlangt jetzt Saudi-Arabien eine Verdreifachung seiner Tantieme, und man kann es ihm beinahe nicht übelnehmen, daß es das tut.Daß diese Zahlen stimmen, mögen Sie im übrigen daraus ersehen, daß nach der gleichen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Großabnehmer in Deutschland bei einem Raffinerie-Abgabepreis, wieder ohne fiskalische Belastung, von etwa 30 bis 32 DM je 100 Liter bis zu 20,50 DM Rabatt erhalten.Das alles beweist sehr deutlich, welche Gewinnspannen hier vorliegen. Wenn man das weiß, dann wird einem auch klar, welche Bedeutung ein solcher Industriezweig für die deutsche Wirtschaft und ins-
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3238 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. Deistl besondere für die Kohlenwirtschaft hat. Ihre gewaltige finanzielle Stärke wirkt sich natürlich in der Preispolitik und in der Investitionspolitik der Mineralölwirtschaft aus.Die Preispolitik: Für leichtes Heizöl hatten wir z. B. Mitte 1957 einen Preis von 201 DM, im Mai 1958 von 136 DM; im Dezember 1958 war er mit Hilfe der Bundesregierung wieder auf 155 DM angestiegen. Der Benzinpreis ist nun nicht etwa zum Ausgleich dafür gesunken, sondern er ist selbstverständlich gleich hoch geblieben. Eine Konsequenz ergibt sich aber zwingend: Einer solchen Preisentwicklung für leichtes Heizöl kann ein planmäßig betriebener Kohlebergbau nicht schutzlos ausgeliefert werden.Noch schwieriger liegen die Dinge bei der Investitionspolitik. Mitte 1957 hatte die Mineralölwirtschaft in dem Energiekreis beim Bundeswirtschaftsministerium angegeben, man werde insgesamt Investitionen durchführen, die für 1965 einen Rohöldurchsatz von 30 Millionen t Rohöl ermöglichten. Ende 1958 waren daraus bereits 53 Millionen t Rohöldurchsatz geworden. Ich weiß, daß dieses Wort der Mineralölindustrie etwas zu schnell über die Zunge gelaufen war und daß sie versucht hat, es nachher zurückzurufen, und es nunmehr nicht ganz wahrhaben will. Aber auf jede Anfrage wird geantwortet, daß die Mineralölindustrie in der Lage sein wird, 1965 jede Menge Heizöl zu liefern, die verlangt wird.Sehen Sie, meine Damen und Herren, das kann eine Mineralölindustrie machen, die über derartig gewaltige Finanzquellen auf Grund ihrer Gewinnmöglichkeiten vom Persischen Golf bis zur Tankstelle verfügt.Auch diese Art von Konkurrenz ist für den Kohlebergbau ein unmöglicher Zustand, dem abgeholfen werden muß.Nun lassen Sie mich etwas sagen zu dem entscheidenden Problem des Kohlebergbaus. Das ist der notwendige Anpassungsprozeß. Es besteht — und ich möchte das auch für meine Freunde sagen — kein Streit darüber, daß eine Wirtschaft, die Wert auf eine fortschrittliche Entwicklung und damit auf eine Steigerung ihrer Produktivität legt, fortschrittliche, moderne Methoden und Stoffe und damit auch moderne Energieträger nicht ungebührlich zurückdrängen kann, sondern ihnen die ihnen im Rahmen einer fortschrittlichen Entwicklung zukommende Bedeutung einräumen muß; ganz abgesehen davon, daß diese Entwicklung mit Gewalt nicht verhindert werden kann.Und nun sind wir in der glücklichen Lage, feststellen zu können, daß in Deutschland auch bei stärkster Steigerung der Mineralölförderung und der Mineralölverarbeitung auf lange Sicht mindestens die gleiche Menge Kohle gebraucht wird wie heute. Das heißt: das Problem besteht nicht darin, Kohle abzuschalten, Schächte stillzulegen, den Kohlebergbau einzuengen; das Problem besteht allein darin, die Qualität der Kohle zu heben, rentablere Verwendungsmöglichkeiten zu finden und den Preis günstiger zu gestalten als bisher. Denn der Konkurrenzvorsprung der anderen Energieträger liegt darin, daß sie preisgünstiger, daß sie wirtschaftlicher, daß sie rentabler zu verwerten sind.Das ist also keine Frage von Stillegungen, sondern die Frage eines langfristigen Anpassungsprozesses. Es ist aber auch eine Frage einer pfleglichen Behandlung der Bergarbeiterschaft, die auch in Zukunft gleiche Förderung leisten soll und sich diesen ständigen Veränderungen laufend anpassen muß.Das läßt sich nur in einem langfristig gesteuerten Prozeß vollziehen, wenn man nicht unnötige wirtschaftliche Schäden und untragbare soziale Schwierigkeiten in Kauf nehmen will.Dazu gehört das Auslaufen nicht nur von einigen Grenzbetrieben, sondern auf lange Sicht wahrscheinlich einer größeren Anzahl von Unternehmungen mit ungünstigerer Kostenlage; dazu gehört eine ständige Verbesserung und Rationalisierung der modernen Anlagen; dazu gehört das Abteufen neuer moderner Schachtanlagen im Norden des Reviers, wo günstigere Kohle vorhanden ist.Das ist ein schwieriger Prozeß. Er erfordert gewaltige Investitionsmittel, die der Kohlebergbau wiederum aus eigener Kraft einfach nicht aufbringen kann.Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat heute sehr schön gesagt: Diese Entwicklung muß der Verantwortung des Bergbaues überlassen werden. -Das ist gar zu billig. Diese Verantwortung kann der Kohlebergbau, so wie er heute gebaut ist, einfach nicht tragen. Hier muß schon eine vernünftige Wirtschaftspolitik für eine entsprechende Ordnung, für entsprechende Investitionen und für entsprechende Maßnahmen sorgen. Wenn der Kohlebergbau gegenüber Konjunkturkrisen krisenfester gemacht werden soll, wenn er gegen Störungen vom Weltmarkt geschützt werden muß, wenn er zum Kampf mit der Mineralölwirtschaft gerüstet )sein muß, wenn er sich einem gewaltigen Anpassungsprozeß unterziehen muß, dann kann eigentlich kein vernünftiger Mensch mehr behaupten, der Kohlebergbau in seiner heutigen organisatorischen Verfassung könne diese Probleme aus eigener Kraft lösen.Darüber helfen auch die etwas sehr allgemeinen und im übrigen großenteils unzutreffenden Bemerkungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers über den nationalisierten Kohlebergbau in Großbritannien und in Frankreich nicht hinweg.Meine Damen und Herren, es gibt einen recht klugen Mann im Ruhrgebiet, den Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Dortmund, Hern Dr. Utermann, dem gelegentlich auch etwas einfällt. Es würde dem Bundeswirtschaftsministerium nichts schaden, wenn es sich die Einfälle des Herrn Dr. Utermann gelegentlich etwas zunutze machte. Herr Dr. Utermann hat vor kurzem folgendes geschrieben — ich pflege loyal und vollständig zu zitieren —:Es ist zwar nicht einzusehen, wieso ein Wechsel der Eigentumsverhältnisse die Lösung der anstehenden Probleme erleichtern könnte,
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3239
Dr. Deistund dann kommt es:doch ist die Behauptung der Sozialisten schwer zu widerlegen, daß die Methoden, nach denen bisher gearbeitet worden ist, zu höchst unbefriedigenden Ergebnissen geführt haben.
Zu dem ersten Punkt der Behauptung des Herrn Dr. Utermann werde ich später Stellung nehmen. Aber die bisherigen unzulänglichen Methoden! Zunächst versuchte die Bundesregierung zusammen mit der Hohen Behörde, den Kohlenbergbau der freien Marktwirtschaft einzugliedern, einen freien Preis und einen freien Wettbewerb herbeizuführen. Das Ergebnis ist ein deutlich sichtbares Fiasko; weder die Hohe Behörde noch die Bundesregierung denkt heute noch ernsthaft daran, einen wirklich freien Wettbewerb herbeizuführen.Dann versuchten es beide gemeinsam mit einem Pseudowettbewerb, indem drei Kohleverkaufsgesellschaften statt eines Kartells errichtet wurden. Man tat so, als wenn nun ein wilder Wettbewerb zwischen drei Kohlegesellschaften entstehen würde. Nichts davon ist eingetreten. Und die Hohe Behörde hat vor kurzem offen eingestanden, daß dieses Experiment mißlungen sei, daß es keinen freien Wettbewerb gebe und daß diese Konstruktion der drei Verkaufsgesellschaften nicht weiter genehmigt werde. Und jetzt sind wir beim KohleÖl-Kartell und beim Kohleschutzzoll in Höhe von etwa 50 % gelandet.Alle diese Versuche der Lösung auf der Grundlage privatwirtschaftlicher Vorstellungen des freien Wettbewerbs sind bis heute fehlgeschlagen. Privatwirtschaftlich ist das Problem einfach nicht zu lösen. Ich erwähnte das Problem der Fördersenkung. Ein privater Betrieb entschließt sich schwer dazu, seine Leute in einer kritischen Situation unproduktiv zu beschäftigen; denn damit verschlechtert er seine Ertragslage. Darum beschäftigt er sie produktiv, d. h. er steigert die Förderung. Das ist privatwirtschaftlich sicher richtig, volkswirtschaftlich, wie Sie mir zugeben werden, grober Unfug!Ein Zweites. Wenn Entlassungen vorgenommen werden, dann sollte man auch die Kräfte entlassen, die produktiv, also unter oder vor Ort arbeiten, damit man die Förderung senkt. Das ist privatwirtschaftlich nicht recht rentabel; denn die anderen Entlassungen bringen Kostenvorteile. Darum handelt der Unternehmer privatwirtschaftlich richtig, wenn er nur die unproduktiven Kräfte entläßt; denn er bessert dadurch seine Ertragslage. Volkswirtschaftlich aber treibt er Unfug; er steigert nämlich die Förderung in einer Zeit, in der sie gesenkt werden müßte.Mit der Kohleeinfuhr ist es genauso. Wir haben bis zum Ende des Jahres 1956/57 sehr teure Kohle aus den USA eingeführt. Das haben auch die Zechenhandelsgesellschaften getan. Nachdem die Frachten gesunken waren und billige Einfuhrkohle zu haben war, gingen die privatwirtschaftlichen Überlegungen dieser Zechenhandelsgesellschaften dahin, jetzt auch die Chance billiger Einfuhren zu nutzen und damit wenigstens einen Teil der Verluste aus der teuren Einfuhr auszugleichen. Privatwirtschaftlich durchaus richtig, nur volkswirtschaftlich grober Unfug; denn die Zechenhandelsgesellschaften machten damit ihrem eigenen Kohlenbergbau zusätzlich Konkurrenz.Dann die Gefahr der Konkurrenz des Mineralöls, dieser heftige, ruinöse Preiskampf auf dem Heizölsektor! Was taten die Kohlenhandelsgesellschaften? Sie sahen, daß ein Teil des Energiemarktes an das Mineralöl verlorengeht. Sie überlegten privatwirtschaftlich richtig: Wir müssen doch auch einen Teil davon haben; wenn wir schon einen Teil des Kohlenhandels verlieren, dann möchten wir wenigstens am Heizölhandel beteiligt werden. — Privatwirtschaftlich richtig, nur volkswirtschaftlich grober Unfug; denn mit den niedrigen Heizölpreisen, die sie selbst herbeiführten, machten sie der eigenen Kohle heftige Konkurrenz. So können Sie das durch die Bank weiterverfolgen.Und dann schließlich die Methode der Subventionierung, die wir in Deutschland heute anwenden! Ich erwähnte bereits die Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers vom November 1957 über die Milliardenbeträge, die dem Kohlenbergbau aus öffentlicher Hand oder mit öffentlicher Hilfe zufließen. Nun, das tun nicht nur wir, das tun auch andere Länder. Da ist das eine Land weder schlechter noch besser als das andere. Offenbar muß man bei der Situation des Kohlenbergbaus bereit sein, auch öffentliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Aber was machen wir? Wir geben Steuererleichterungen, wir geben Subventionen über Bergarbeiterprämien, wir geben Investitionshilfen, wir übernehmen Kosten der Sozialversicherung. Alle diese Vergünstigungen auf Kosten des Steuerzahlers werden nicht nur den Unternehmungen zugewendet, die eine ungünstige Ertragslage haben, damit sie ihre Belegschaften weiter halten können, sondern sie fließen in gleicher Weise den Unternehmungen zu, die über eine gute Ertragslage verfügen, so daß diese gute Ertragslage aus öffentlichen Mitteln noch verbessert wird und höhere Dividenden gezahlt werden können als schon ohnedies.Hinter diesem Vorgang verbirgt sich zweierlei. Zunächst einmal hat die Bundesregierung der sozialen Marktwirtschaft unter Führung des Bundeskanzlers Adenauer und mit einer Mehrheit, die hier in der CDU vor uns sitzt, in den vergangenen Jahren die Verluste des Kohlenbergbaus restlos sozialisiert. Diese Verluste sind weg; die hat die Bundesregierung dem Bergbau bereits durch all diese Unterstützungen und Subventionen abgenommen, weil man nämlich untragbare Verluste im Kohlenbergbau auf die Dauer nicht durchhalten kann. Mit der Sozialisierung der Verluste haben wir in Zukunft nichts mehr zu tun.Aber die Bundesregierung hat ein weiteres gemacht. Sie hat die Unterstützungen so gewährt, daß darin eine ungeheuerliche Vergeudung öffentlicher Mittel zugunsten bereits heute rentabler Unternehmungen zu sehen ist.
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3240 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. DeistDas ist auch ein Einwand gegen jede Art globaler Subventionspolitik bei einem privatwirtschaftlichen Kohlenbergbau. All diese Gründe sind es, die in Großbritannien und in Frankreich dazu geführt haben, daß der Kohlebergbau nationalisiert wurde. Damit wurde dem Kohlenbergbau eine Ordnung gegeben, in der nicht nach privatwirtschaftlichen, volkswirtschaftlich unerwünschten Gesichtspunkten, sondern nach gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten gehandelt werden kann. Diese Länder haben bewiesen, Herr Bundeswirtschaftsminister, nicht daß es in diesen Ländern gar keine Krisen und Schwierigkeiten gibt — das wäre zuviel verlangt —, aber daß man mit den Krisen und Schwierigkeiten mit Hilfe eines einheitlich auf der Grundlage öffentlichen Eigentums geordneten Bergbaus wesentlich besser fertig werden kann, als das bei uns in Deutschland mit einem privatwirtschaftlich geordneten Bergbau möglich ist.Ich will Ihnen dazu einige Zahlenbeispiele nennen.
Herr Abgeordneter Dr. Deist, darf ich Sie bitten, etwas darauf zu achten, daß Sie bereits anderthalb Stunden gesprochen haben.
Ich bitte um Entschuldigung, ich habe das übersehen; ich bewege mich aber auf den Schluß zu und werde mich bemühen, mich kurz zu fassen.
Ich darf, da sich der Herr Bundeswirtschaftsminister ja mit einigen allgemeinen Bemerkungen bemüht hat, hier einige Zahlen nennen. In Frankreich sind im nationalisierten Kohlenbergbau im Jahre 1958 von der Förderung insgesamt 2 % auf Halde gegangen. In Großbritannien sind von der Förderung des Jahres 1958 4 % auf Halde gegangen.
— Auf die Zechenhalde.
— Welche Halden meinen Sie?
— Bei den Verbrauchern? Sie wissen, daß wir in Deutschland nicht mal genaue Angaben über die Verbraucherbestände haben. Es handelt sich doch entscheidend darum, wieviel, abgesehen von der Lagerbewegung bei Verarbeitung und Verbrauch -das Problem gilt in jeder Industrie —, von der Förderung auf der Zeche auf Halde geht. — Na, wir können darüber noch sprechen.
Von der laufenden Förderung sind in Frankreich 2 %, in Großbritannien 4,5 % und in der Bundesrepublik 10 % auf Halde gegangen.
— Wir sprechen von den Auswirkungen der derzeitigen Krise, nicht von der Kohlevorratspolitik überhaupt. Denn man kann sehr wohl eine Kohlevorratspolitik betreiben, indem man bei Konjunkturrückgang besser als in Deutschland da vorsorgt,
daß man im Aufschwung Kohlevorräte hat. Das Problem, ob man in der Krise mit den Haldenzugängen fertig wird, ist allein daran zu messen, in welchem Umfang die Haldenbestände in der Krise zugenommen haben.
Aber das zweite Problem ist das der Kohleimporte. Die Kohleimporte sind in Frankreich im Laufe des Jahres 1958 um 60 % zurückgegangen; man hat dort nämlich bereits im Januar 1958 mit der Drosselung der Kohleimporte begonnen. In Großbritannien wurden die Kohleimporte im April 1958 eingestellt; die Kohleimporte gingen infolgedessen im Jahre 1958 um 75 % zurück. Wir haben im Februar/ März die größten Importe vorgelegt, und infolgedessen sind bei uns die Importe nur um 28 % zurückgegangen. Großbritannien hatte das coal-board. Frankreich hatte den nationalisierten Kohlebergbau und eine nationale Einfuhrorganisation. Wir hatten private Handelsgesellschaften, die nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten Einfuhrpolitik betrieben.
Dann zu den Feierschichten! Frankreich hat im Jahre 1958 keine Feierschichten verfahren. In Großbritannien hat es 1958 keine Feierschichten gegeben. Bei uns in der Bundesrepublik wurden 3 Millionen Feierschichten verfahren. Jetzt erzählen Sie mir noch, daß man mit den Krisenproblemen des Jahres 1958 mit dem nationalisierten Kohlenbergbau in Großbritannien und Frankreich nicht besser fertiggeworden sei, als bei uns mit privatwirtschaftlichen, die im Kohlenbergbau längst überholt sind, der Fall war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das also sind die Probleme des Kohlenbergbaues. Kein Mensch verlangt, daß Sie heute zustimmen. Sie sollten sich aber einmal die Probleme überlegen, die dahinterstecken. Vielleicht kann Ihnen der Kollege Burgbacher etwas helfen. Ich weiß, er ist ein Gegner der Verstaatlichung der Energiewirtschaft. Ich will ihm gar nichts unterstellen, was ihm nicht liegt. Aber er könnte Ihnen einiges über die Fakten, die die nationalisierte Energiewirtschaft in Großbritannien und in Frankreich geschaffen hat, und über die Erfolge der Energiepolitik in diesen Ländern sagen, wie er das, glaube ich, an anderer Stelle bereits getan hat. Da könnten Sie sich sachlich unterrichten, wie hervorragend eine solche vorbildliche Ordnung der Energiewirtschaft — im Gegensatz zu uns in Deutschland — wirkt.
Hier hilft eben nur eine Ordnung des Kohlenbergbaues, die eine einheitliche Führung sichert, die eine planmäßige Entwicklung des Kohlenbergbaues zuläßt und die vor allen Dingen sicherstellt, daß volkswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden können. Das ist nur bei einer Führung unter öffentlicher Verantwortung möglich. Darum verlangen wir auch für Deutschland die Überführung des Kohlebergbaus in Gemeineigentum.
Die zweite Forderung, die wir stellen, betrifft im Hinblick auf die Probleme der Kohleeinfuhr die einheitliche Steuerung der Einfuhr von Kohle aus dritten Ländern, um eine mengenmäßige und preismä-
Dr. Deist
ßige Steuerung zu sichern. Denn auf andere Weise kann der unglückliche Einfluß vom Weltmarkt, der von keiner Seite zu beherrschen ist, nicht ausgeschaltet werden.
Einige Worte zur Mineralölwirtschaft, und damit kommen Sie zu Ihrem Recht, Herr Kollege Atzenroth. Wir halten es für völlig falsch, daß man zwei solche Industriezweige, die in Konkurrenz miteinander stehen, wie den Kohlebergbau und die Mineralölwirtschaft, gewissermaßen in einer societas leonina zusammenschließt, wobei den beiden Partnern gestattet wird, ihre Interessen auf dem Rücken der Verbraucher auszugleichen.
Das ist das Gefährlichste, das es gibt. Wir wissen, daß die Mineralölwirtschaft eine fortschrittliche Energiequelle ist. Man muß ihr ihren Bewegungsraum geben. Wir wissen, wie sie ihre Macht gebraucht; ich habe das vorhin dargestellt. Hier sollte eine ganz straffe und ganz scharfe Investitionskontrolle vorgenommen werden, damit im Rahmen einer langfristigen fortschrittlichen Investitionsplanung die Mineralölwirtschaft nicht jederzeit jede Planung mit ihrer Finanzkraft über den Haufen werfen kann. Hier müßte eine sehr, sehr straffe Kartell- und Preispolitik geführt werden, um einen ruinösen Mißbrauch ihrer Marktstellung zu verhindern.
Die Bundesregierung müßte sich endlich dazu aufraffen, eine Energiewirtschaftsplanung durchzuführen, die auf lange Sicht wenigstens Anhaltspunkte für die Entwicklung der verschiedenen Zweige der Energiewirtschaft gibt. Was bisher der Energiekreis beim Herrn Bundeswirtschaftsminister auf diesem Gebiet geleistet hat, reicht als Grundlage für die Politik einer verantwortlichen Bundesregierung nicht aus. Wenn ich recht unterrichtet bin, haben Sie jetzt sogar auf Prognosen verzichtet, weil Sie mit Ihren Prognosen allzusehr in Schwierigkeiten geraten seien, obwohl das eigentlich noch nicht einmal richtig ist. Insgesamt sind nämlich die Prognosen über die Entwicklung der Energiewirtschaft bis zum Jahre 1965, auch die des Bundeswirtschaftsministeriums, gar nicht so falsch gewesen. Herr Kollege Burgbacher wird das bestätigen können. Aber wir brauchen etwas anderes. Da die Abteufung eines Kohleschachtes 10 bis 15 Jahre dauert und die Förderung 50 bis 60 Jahre, muß schon jeder Unternehmer planen. Und er kann dies nur, wenn eine planmäßige Wirtschaftspolitik die Voraussetzungen dafür schafft. Wir kommen ohne die Entwicklung einer einheitlichen Energiewirtschaftspolitik nicht aus, und die Bundesregierung sollte sich endlich dazu aufraffen. Sonst wird das Schicksal der verschiedenen Zweige der Energiewirtschaft wie bisher dem Zufall, den Unbilden der Konjunktur oder dem Machtwillen so starker Gruppen wie der Mineralölwirtschaft ausgeliefert.
Schließlich sollte sich die Bundesregierung bewußt werden, daß man zur Führung einer solchen Energiepolitik eine zentrale Energiewirtschaftsstelle braucht. Ich will jetzt nicht darüber rätseln, wer das sein soll. Aber diese Stelle muß verantwortlich für die Energiewirtschaftspolitik und damit auch dem Bundestag verantwortlich sein, damit das Durcheinander und Gegeneinander, das heute auf dem Energiesektor herrscht, endlich einmal aufhört. Natürlich wäre die gegebene Stelle das Bundeswirtschaftsministerium. Nur kann einem allmählich zweifelhaft werden, ob dieses Bundeswirtschaftsministerium bei seiner personellen Besetzung und seiner Struktur wirklich Energiewirtschaftspolitik betreiben könnte.
Ohne eine Lösung dieser Probleme, ohne eine wirklich grundsätzliche Entscheidung werden wir zu keiner vernünftigen Entwicklung der deutschen Energiewirtschaft kommen können. Dazu muß sich die Bundesregierung aufraffen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht vor, eine lange Rede zu halten. Nach mir werden sicher noch andere Redner zu der gleichen Sache sprechen. Aber ich möchte doch einige Dinge richtigstellen. Ich weiß nicht, ob Sie das Gefühl haben, daß Ihnen Herr Deist hier ein klares Konzept geboten habe,
wie wir aus der kohlenpolitischen Misere des Augenblicks herauskommen könnten. Das ist doch die Frage,
und auf diese Frage haben Sie überhaupt keine Antwort gegeben.
Im Gegenteil, Sie haben sich ganz bewußt um die einzig mögliche Fragestellung dieses Tages herumgedrückt.
Es ist sehr liebenswürdig, Herr Deist, daß Sie sich Ihren Kopf über meine Marktwirtschaft zerbrechen wollen, aber ich verzichte auf Ihre Assistenz. Sie sagen, ich sähe alles mit der rosaroten Brille. Wer hat denn die Dinge in den letzten zehn Jahren richtiger gesehen, Sie oder ich?
— Ich komme noch darauf.Im übrigen stelle ich fest: Es sind an der Ruhr keine Entlassungen erfolgt, sondern es sind lediglich die Bergarbeiter, die im Zuge des natürlichen Prozesses abgewandert sind, mit Ausnahme der neuangesetzten Lehrlinge, nicht mehr ersetzt worden. In den letzten zehn Jahren sind an der Ruhr, und zwar mit erheblichem Aufwand, insgesamt 11/2Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Millionen Menschen angesetzt worden, von denen 200 000 bei der Kohle geblieben sind. Ich glaube, wir können uns darüber freuen — und da ist sicher Herr Deist mit mir einer Meinung —, wenn im Zuge einer ganz natürlichen Abschmelzung zusammen mit der Rationalisierung des Kohlenbergbaus eine bessere Anpassung von Bedarf und Deckung erfolgt.Im übrigen haben Sie ja selbst dem Abschluß von langen Kontrakten zugestimmt. Es ist noch gar nicht so lange her, da haben Sie, Herr Deist, gesagt, daß die Leute im Bett liegen müßten, weil sie sonst frören, und wegen Kohlenmangels nicht herauskämen. Da waren wir alle für lange Kontrakte; ja, auch die IG Bergbau war der Meinung, daß lange Kontrakte notwendig seien. Ich erinnere mich noch sehr gut der Zeit der Suez-Krise, als wir ob der langen Kontrakte sehr glücklich waren und man bei der Hohen Behörde sogar einmal den Versuch unternahm, die von uns durchgeführten langen Kontrakte, weil sie seinerzeit billiger und lukrativer waren, über den ganzen Bereich der Montanunion zu erstrecken. Daß das auch einmal eine Kehrseite haben kann, ist selbstverständlich.Aber nicht das will ich sagen. — Jetzt wird es so dargestellt, als ob es ein Versäumnis der Bundesregierung gewesen sei, daß sie nicht schon frühzeitig einen Einfuhrstopp oder mindestens einen Stopp für weitere Kontraktabschlüsse verfügt habe. Lassen Sie mich zuerst noch das sagen: ich glaube, man kann dem Wirtschaftsministerium keinen Vorwurf machen, wenn es genau am 8. Januar 1958 mahnend darauf hingewiesen hat, daß nach seiner Überzeugung im Jahre 1958 8 Millionen Tonnen Kohle zuviel vorhanden sein würden. Wir haben das nicht zu unserem Vergnügen gesagt, sondern um den Verbraucher dazu zu bewegen, sich auf diese Prognose einzustellen. Daß dann nachher im Februar Kontrakte über rund 5 Millionen Tonnen abgeschlossen worden sind und im März gar über rund 12 Millionen Tonnen, hat nicht in der Absicht dieser Prognose gelegen; das können Sie wohl glauben. Wir haben nicht etwa aus wahlpolitischen Gründen eingegriffen, sondern weil wir die gefährliche Entwicklung haben kommen sehen. Wenn Sie die Ziffern der Abschlüsse vom April, Mai, Juni betrachten, dann finden Sie, daß wir diese dank unserer Einflußnahme von 12 Millionen Tonnen auf 500 000 und auf 400 000 Tonnen in den kommenden Monaten heruntergedrückt haben.Aber nun zum verspäteten Stopp! Sie meinten, daß dieser Zoll vielleicht handelspolitisches Porzellan zerschlägt, daß wir damit an Vertrauen verlieren und handelspolitische Nachteile erleiden. Sie können überzeugt sein, daß wir uns das nicht leicht gemacht haben. Nicht umsonst verhandeln wir jetzt seit über 2 1/2 Monaten vor allen Dingen mit der amerikanischen Regierung, die es in erster Linie angeht, welchen Weg wir am zweckmäßigsten wählen sollten, um insbesondere auch rein „atmosphärisch" -und das geht ja weit über das Handelspolitische hinaus nichts zu gefährden. Wenn wir etwa im Frühjahr 1958, als die Kohlenhalden erst mählich im Entstehen waren, sofort eingegriffen hätten — das war ein Zeitpunkt, da in Amerika alles voll war von dem Gespräch über die recession, als der amerikanische Kongreß vor der Frage stand, sich handelspolitisch unter Umständen völlig neu zu orientieren, als wir befürchten mußten, daß eine protektionistische Welle in Amerika hochkomme, bzw. die Verlängerung der Reciprocal Trade Agreement Act gar nicht gesichert sei , wenn wir also bei den ersten schwachen Krisenerscheinungen in Deutschland diese drastischen Maßnahmen verfügt hätten, dann hätten wir allerdings alles zerschlagen.
Wie sind wir denn in die Krise der 30er Jahre hereingeschlittert? Weil jedes Land bei einer ersten Störung im nationalen Bereich sofort die Schleusen herabgelassen hat und damit die Weltwirtschaft zerlegt und atomisiert worden ist. Das allerdings glaubten wir nicht verantworten zu können.Als wir im September den Kontraktstopp verfügten, waren wir sorgfältig darauf bedacht, uns vorher auch politisch abzusichern, jedenfalls so pfleglich wie möglich zu operieren. Und seit zehn Wochen tun wir das auch hinsichtlich der Einfuhrbeschränkungen. Staatssekretär Westrick ist eigens nach den Vereinigten Staaten gefahren und hat mit der amerikanischen Regierung verhandelt. Die Unternehmer haben mit ihren dortigen Partnern in der Kohlewirtschaft verhandelt. Wir haben der IG Bergbau nahegelegt, sie möge doch den Führer der amerikanischen Kohlengewerkschaften, John Lewis, in die Bundesrepublik einladen, damit er auch im Ruhrgebiet an Ort und Stelle sieht, was da vor sich geht, um unsere Maßnahmen zu begreifen. Die IG Bergbau hat das leider abgelehnt.
— Wir haben ja auch nicht die amerikanischen Unternehmer eingeladen, sondern wir haben es denen überlassen, die es angeht. Jeder hat seinen Partner. Wir haben mit der amerikanischen Regierung verhandelt, die deutschen Kohleunternehmer mit den amerikanischen. Und es wäre eigentlich adäquat gewesen, wenn die IG Bergbau mit den amerikanischen Partnern gesprochen hätte.
Es ist also innerlich nicht wahrhaftig, wenn man der Öffentlichkeit heute sagt, wir hätten das, was wir im Januar verfügt hätten, schon im vorigen Jahr tun können.
Dann hätten wir nämlich handelspolitische Nachteile von größtem Ausmaß erlitten.Einige Worte zumKohle-Öl-Kartell! Das Öl hat sich nicht dazu gedrängt, sondern es war nicht zuletzt die Forderung der Kohle, und zwar der Unternehmer und der Gewerkschaften in gleichem Maße, nicht länger von einer Konkurrenz erdrückt zu werden, die Deutschland zum Tummelplatz von Positionskämpfen gemacht hat. Wenn wir jetzt in Deutschland einen Preis für schweres Heizöl installieren, der nicht an
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Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhardden Kohlepreis, sondern — wie in England — an den Weltmarktpreis gebunden ist, so mögen Sie das als eine Todsünde gegen die Marktwirtschaft betrachten; — dann sündige ich eben mal!
Im übrigen ist es auch nicht so, daß wir nicht wüßten, was bei der Kohle los ist. Ich kann Ihnen genau sagen: Wir haben am Stichtag 26. Januar Kontrakte über 35,1 Millionen t gehabt. Auch wenn wir glaubten, daß darin Luft ist — und ich bin voll davon überzeugt, daß Luft darin ist —, so kann das doch nicht nachgewiesen werden, und Sie können es auch nicht. Denn die Unternehmer auf amerikanischer und deutscher Seite, die sich unter dem Tisch backletters zugeschoben haben, melden Ihnen das bestimmt nicht. Aber jetzt bekommen wir das durch den Kohlenzoll heraus. Denn niemand auf deutscher Seite wird mehr daran interessiert sein, auf solchen fragwürdigen Verträgen zu bestehen.
Gerade die handelspolitische Verantwortung hat uns zu einem sehr vorsichtigen und überlegten, Ihnen vielleicht zu langsam erscheinenden Vorgehen gezwungen. Die Reaktion auf die jetzige Maßnahme zeigt ja schon, daß wir alles daransetzen müssen, um in der Welt Verständnis für unser Vorgehen zu finden. Glauben Sie, daß das bei Haldenbeständen von 5 bis 6 Millionen Tonnen möglich gewesen wäre?!
— Wieso? Sie hätten schon seinerzeit die Einfuhren drosseln und abstoppen müssen. Es hat doch keinen Sinn, darum herumzureden. Wenn Sie schon überhaupt der Meinung sind, Herr Deist — und ich bin mit Ihnen der Meinung —, daß wir auf die Dauer ausländische Kohle brauchen, dann sollten Sie eine Maßnahme wie den Zoll unter gar keinen Umständen ablehnen. Denn Sie werden doch mindestens einsehen — und das haben Sie auch zugegeben —, daß der Zoll, selbst wenn mit ihm die Halden nicht von heute auf morgen abschmelzen, immerhin ein Mittel ist, um die Einfuhr wesentlich zu beschränken.Wir haben den Zoll — da machen wir aus unserem Herzen gar keine Mördergrube — nicht etwa deshalb festgesetzt, um dem Finanzminister eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen, sondern um den Anreiz zur Ablösung der Verträge nach kaufmännisch-wirtschaftlichen Grundsätzen in honoriger Weise zu fördern. Die Kohle hat sich ausdrücklich bereit erklärt, diesen Weg zu gehen. Wir werden darüber noch weitere Verhandlungen führen.Sie können überzeugt sein — und das ist die allgemeine Auffassung; ich glaube, sogar Herr Gutermuth hat in Essen etwas Derartiges gesagt —, daß mit diesem Kohlenzoll immerhin eine Verminderung der Kohlenimporte im Jahre 1959 gegenüber dem Vorjahr von 8 Millionen Tonnen erwartet werden kann. Der Meinung bin ich auch. Und trotzdem wollen Sie den Kohlenzoll ablehnen! Warum wollen Sie ihn eigentlich nicht? Gerade wenn wir morgen wieder die Kohle brauchen, dann ist die Chance, durch eine Verkürzung der Importe wieder zu einem Gleichgewicht zu gelangen und auch allmählich an die Halden heranzukommen, nur größer.Sie haben auf den englischen Bergbau verwiesen. ich war gerade in London, als von einem Tag auf den anderen 36 Zechen geschlossen wurden.
In letzter Zeit sind, glaube ich, wieder 6 oder 7 geschlossen worden.
— In England!
— Ganz bestimmt! Ich möchte einmal wissen, was Sie sagen würden, wenn bei uns der in unternehmerischer Verantwortung stehende Bergbau diesen Weg ginge.
Sie haben wirklich keinen Grund, sich das als Vorbild zu nehmen. Mehr möchte ich zu diesem Punkt nicht sagen, um den anderen Rednern nicht vorzugreifen.Ich will nur noch das eine erklären: Sie haben nicht e i n Argument vorgebracht, das Ihnen das moralische Recht vor dem deutschen Kumpel geben könnte, die Zollvorlage abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Burgbacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kohlepolitik ist ein Teil der Energiepolitik, und Energiepolitik ist ein Teil der Volkswirtschafts- und der Sozialpolitik. Zweifellos kann man eine Sache nur nach der Gesamtheit und nicht nach den Details beurteilen.Es war deshalb folgerichtig, daß unser Bundeswirtschaftsminister mit dem von Kollegen Deist also rosarot bezeichneten Einwickelpapier begonnen und geschlossen hat. Es wäre natürlich etwas anderes, wenn wir heute im Rahmen einer Wirtschaftskrise über die Kohlekalamität sprächen. Das tun wir aber nicht. Wir sprechen vielmehr über eine partielle Erscheinung, die nur zu einem geringen Bruchteil von der Konjunktur verursacht ist. Ich bin nicht der Meinung von Kollegen Deist, daß die Konjunktur einen wesentlichen Bruchteil der Situation verursacht hat, sondern meine, daß sie einen geringen Bruchteil verursacht hat und daß die Gründe anderswo liegen. Darüber möchte ich zunächst kurz sprechen. Ich will mich so kurz wie möglich fassen.Meine Damen und Herren, wenn Sie die Energiesituation der verschiedenen Kulturvölker betrachten und die Energiedarbietung auf Menschenkraft umrechnen, kommen Sie zu einer Formel, die man die sogenannten technischen Sklaven nennt. In der Bundesrepublik stehen etwa zehn bis elf technische
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3244 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. Burgbacher Sklaven pro Arbeiter zur Verfügung, d. h. hinter jedem Arbeitenden stehen zehn bis elf technische Kräfte. Sie verlängern und multiplizieren seine Arbeitskraft. In den skandinavischen Ländern und in der Schweiz liegt die Anzahl bei etwa 14, in Frankreich bei 12, in den Vereinigten Staaten bei 36 und in der UdSSR bei 3 bis 5.Das besagt, daß wir in Europa eine gute, aber keineswegs sehr gute Position in der gesamten Energiedarbietung haben. Es besagt weiterhin, daß wir unsere Produktivität dahin bringen müssen, wo sie andere haben, und zwar zusammen mit dem sozialen Standing. Dann müssen wir immer noch mit einer Steigerung der Energienachfrage und mit der Notwendigkeit, die Energiedarbietung zu steigern, rechnen. Das ist unzweifelhaft der Trend.Gott sei Dank steigt die Produktivität in der Bundesrepublik noch an. Diese Steigerung der Produktivität bewirkt eine Steigerung der Nachfrage nach Energieleistung, und zwar etwa im Verhältnis 1 : 1. Man streitet darüber; aber lassen wir das fort!Wir dürfen damit rechnen, daß wir auch in diesem Jahr ebenso wie 1958 eine Produktivitätssteigerung von 3 oder 4 % haben werden. Wir dürfen rechnen, daß auch die Energieleistung steigt. Die Nachfrage nach Energieleistung ist auch im Jahre 1958 gestiegen. Trotzdem haben wir Vorräte an Primärenergie. Warum?Nun, es gibt ein Bukett von Gründen. Ich will nur die wichtigsten nennen. Leider spielt auch etwas eine Rolle, war wir gar nicht in der Hand haben; der milde Winter! 1 1/2 Grad Temperaturdifferenz im Winter machen 4 bis 6 Millionen t aus. Das -Öl ist schon genannt worden. Den Zahlen, die Herr Kollege Deist genannt hat, schließe ich mich völlig an. Es macht zwar nur 2 %aus; aber immerhin sind diese 2 % eben auch 2 bis 3 Millionen t. Dann ist der Konjunktureinbruch zu nennen, vorwiegend bei der Eisen- und Stahlindustrie, den ich mit etwa 4 Millionen t veranschlagen würde.Was ist es noch? Nun, da ist eine wichtige Tatsache zu nennen, die zahlenmäßig nicht zu fassen ist und die eigentlich ein sonst nützliches, notwendiges Produkt einer gesunden Wirtschaftspolitik ist, wie wir sie machen. Ich meine die Durchrationalisierung aller Produktionsvorgänge. Wir sind aus der Zeit der übergroßen Nachfrage in die Zeit des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage eingetreten: teilweise ist sogar das Angebot höher als die Nachfrage. Das bedingt die Unmöglichkeit, in den Preis auszuweichen, und dieser Zustand ist genau das, was wir wollen. Wir wollen die Preis-und Währungsstabilität, und die Währungsstabiliät können wir nur mit der Preisstabilität haben.
Bei steigenden Kosten, die z. B. durch den Lohn verursacht werden — wir sind absolut der Meinung, daß jedem Arbeitenden der ihm zustehende Anteil an der Steigerung der Produktivität durch Steigerung eines sozialen Standings auch zuteil werden muß —, muß sich der Unternehmer oder der verantwortliche Mitarbeiter etwas einfallen lassen. Das heißt, er überprüft nicht mehr die Preise, sondern die Kosten, und wenn er die Kosten überprüft, überprüft er auch die Energiekosten. Wenn er die Energiekosten überprüft, schmeißt er aus seinen Fabriken und Anlagen alle Geräte heraus, die mehr Energie als moderne Geräte verbrauchen.
— Ich komme auf den Zoll. — Das bedeutet, daß unter Umständen trotz Steigerung der Nachfrage nach Energieleistung durch die Verbesserung des Nutzwertes, zu dem noch Verbesserungen der Wandlungswerte kommen, der Bedarf an Primärenergie zurückgeht. Wenn ein altes Kraftwerk stillgelegt wird, das mit 1 kg Kohle pro kWh fährt, und ein neues in Dienst genommen wird, das mit 0,3 kg pro kWh fährt, kann es passieren, daß trotz Steigerung der Energieleistung rückwärts gerechnet die Nachfrage nach Primärenergie vorübergehend sinkt. Warum vorübergehend? Weil man nicht dauernd mit dem gleichen Erfolg durchrationalisieren kann! Wenn Sie in der Stromerzeugung von 5 kg pro kWh auf 0,3 kWh gekommen sind, sind in dan 0,3 kWh nicht noch einmal 5 drin. Da sind nur noch 0,3 vorhanden; das ist ein Grenzwert, bei dem nur noch wenig drinsteckt. Aber wenn z. B. die Bundesbahn elektrifiziert — und sie muß eis tun —, wird der Strom aus Kohle gemacht. Man braucht jedoch für die gleiche Fahrleistung über den Strom nur noch ein Drittel der Kohlenmenge, die man vorher bei Kohlelokomotiven gebraucht hat.Das ist der energiepolitische Hintergrund. Die großen Zahlen beweisen, daß wir noch viel nachzuholen haben, daß wir, wenn wir mit dem hohen Standing in den modernen Ländern mit hoher Produktivität Schritt halten wollen, noch viel mehr Energiedarbietung brauchen. Einen der Hauptgründe für das Zustandekommen der Kohlenhalden sehe ich aber in dem jetzt laufenden Zeitabschnitt der betrieblichen Rationalisierung. Dies verursacht die Rückschläge, die Halden.Nun ist gesagt worden, wir hätten früher zufassen sollen. Gleichzeitig hat Kollege Deist sich zu der Frage des Öls geäußert. Ich habe darüber etwas andere Gedanken; aber lassen wir das einmal offen. Es wird also gesagt, wir hätten früher zugreifen sollen. Der Herr Minister hat schon erklärt, warum wir das nicht konnten. Handelspolitisch diese Sache klarzuziehen ist gar kein Vergnügen. Da stimme ich mit dem Redner der Opposition überein. Ein Zoll ist handelspolitisch nie ein Vergnügen. Es kann jedoch nicht behauptet werden, daß man mit der Einführung eines Zolls die Gesetze der Marktwirtschaft verlasse. Auch die Vereinigten Staaten haben auf Importkohle einen Zoll von 2 Dollar pro short ton — das sind rund 900 kg —, was also rund 10 DM für die Tonne entspricht, obwohl sie eigentlich keine Sorge zu haben brauchen, daß Kohle importiert wird. Warum brauchen sie — im Gegensatz zu uns — diese Sorgen nicht zu haben? Wir haben in der Bundesrepublik eine Schichtleistung von 1600 bis 1700 kg. In den Vereinigten Staaten liegt
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3245
Dr. Burgbacher
— Sie kriegen den Zoll noch sauber serviert, lieber Herr Atzenroth. Sie haben nun schon zweimal gerufen; dreimal dürfen Sie rufen. Ich komme noch darauf.Wir können kurzfristige Schutzmaßnahmen nur verantworten, wenn wir alle — das Haus, die Regierung, die Unternehmer und Belegschaften an der Ruhr — entschlossen sind, uns etwas einfallen zu lassen. Mit einer mittelfristigen Planung muß versucht werden, die Gestehungskosten der Ruhrkohle so zu gestalten, daß sie auf die Dauer wettbewerbsfähig ist.
Das Ergebnis dieser Überlegungen brauchen nicht Stillegungen, sondern das können neue Zechen sein. Wenn eine Volkswirtschaft fast 20 Millionen Erwerbstätige hat und wenn dieses Wirtschaftssystem „mit der Stange im Nebel" neue Arbeitsplätze für 6 Millionen Menschen gefunden hat,
dann kann auch die Erreichung eines solchen Zieles kein Problem sein. Meine Herren von der SPD, wir können die bestehenden Vorteile — selbst wenn sie auch durch glückliche Umstände bedingt sind — genauso gut als Beweis für die Richtigkeit unserer Anschauungen anführen, wie Sie vorhinI auf das Unglück — auch wenn wir es nicht verschuldet haben — hingewiesen haben. — Meine Damen und Herren, wo war ich eigentlich?
— Es kann kein Problem sein, 50 000 Bergarbeiter, oder wieviel es sonst sein mögen, im Laufe der Jahre, wenn es unbedingt notwendig ist, mit ihrer Zustimmung auf einen anderen nützlichen, gut dotierten Arbeitsplatz zu bringen, also eine Umbesetzung vorzunehmen. Denn darüber sind wir uns doch wohl einig, daß bei unserer ökonomischen Situation nicht einmal mit einer partiellen Arbeitslosigkeit zu rechnen ist.Es ist eine Tatsache, daß da und dort aus Gründen der Rationalisierung Umbesetzungen erfolgen müssen. Ich brauche hier nur auf die „automatisierten" und energitisierten Werke hinzuweisen. Da stehen z. B. an Walzstraßen nur noch 10 Leute, wo vorher 120 oder 150 gestanden haben. Lieber Herr Kollege Deist, müssen diese Werke, bevor sie rationalisieren dürfen, die Weiterbeschäftigung dieser 120 Menschen sicherstellen, oder dürfen sie rationalisieren, bevor ein anderer Arbeitsplatz für die 120 frei werdenden Leute gefunden ist? Solche Fragen, die sich aus der innerbetrieblichen Rationalisierung ergeben, müssen unabhängig vom Wirtschaftssystem gelöst werden. Wir können doch nicht eine „unproduktive Produktivität" herstellen, indem wir die Menschen Steine von einer Ecke in die andere tragen lassen und dabei meinen, damit seien diese Leute beschäftigt. Das ist in Wirklichkeit eine nutzlose Beschäftigung.
Auch im Kohlebergbau kann der richtige Weg nur der sein, der den Arbeitern bei gutem Einkommen und bei einem Minimum an Anstrengungen ein gutes Leben bietet. Ich meine das so, wie ich das mit diesen einfachen Worten gesagt habe.Wir sollten den Gedanken der Einführung der Fünf-Tage-Woche im Bergbau ernsthaft erörtern. Der Arbeiter, der auch heute noch die schwerste Arbeit verrichtet, sollte nicht als letzter die FünfTage-Woche bekommen. Aber die Arbeiter, die Betriebsräte, überhaupt die Belegschaften, müssen sich zusammen mit dem Unternehmer überlegen, wie das erreicht werden kann, ohne daß es zu Preiserhöhungen bei der Kohle kommt; denn solche möchten wir ja alle vermeiden. Die Zahlen, die Herr Deist genannt hat, als er dieses Problem ansprach, müssen wir in unsere Betrachtung durchaus einbeziehen. Die Förderleistung mag vorübergehend zurückgehen. Ich bin aber der Meinung, daß bei guter technischer Ausrüstung, insbesondere wenn wir alle technischen Fortschritte ausnutzen, der Förderausfall, der durch die Einführung der Fünf-TageWoche vorübergehend entsteht, recht bald ausgeglichen sein wird. Ein echter Weg zur Lösung der Probleme ist das nicht. Aber ich bin durchaus damit einverstanden, daß darüber ernsthaft gesprochen wird, nachdem die Behauptung aufgestellt worden ist, das sei ein ebenso gutes Mittel wie der Zoll.
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3246 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. BurgbacherAls eine unausweichliche Forderung bleibt bestehen, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit hergestellt werden muß. Ich halte es allerdings für zulässig, daß die Ruhrkohle etwas teurer ist als die USA-Kohle, und zwar auch bei normalen Frachten; denn der Sicherheitsfaktor der Belieferung ist ein kalkulatorischer Posten.
Ich weiß, daß wir in bezug auf Devisen reiche Leute sind. Mit dem „wir" meine ich nicht mich und nicht Sie, sondern unsere Bundesbank. Ich weiß, daß daher Devisen nicht mehr eine so große Rolle spielen. Aber einen Naturschatz, den man besitzt, sollte man nicht ohne Not vernachlässigen. Wenn wir durch eine Konkurrenz — ich will gar nicht sagen, daß sie unlauter ist —, die auf Grund der obwaltenden Umstände zur Zeit Preise hat, die sie auf die Dauer nicht halten kann, zu Stillegungen kämen, würden wir doch ein wenig Gold ins Meer werfen.
Oberstes Ziel ist also die Wirtschaftlichkeit des Bergbaus. Ich will nicht emphatisch werden; aber von dieser Tribüne aus möchte ich mit großem Ernst den Verantwortlichen des Bergbaus zurufen: Wenn ihr die Zeit des Zollgesetzes nicht tatkräftig zu diesen Überlegungen nutzt, dann haben wir uns geirrt und machen es nicht noch einmal.
— Das können Sie sich merken, wobei die Anpassungszeit noch eine Frage ist. Ich brauche Ihnen als einem so erfahrenen Wirtschaftler doch nicht zu sagen, daß Sie nicht unter Umständen innerhalb eines Jahres eine ganze Branche umkrempeln können.
Nun der Zoll! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht; ich komme mir vor wie ein Arzt, der einem Kranken eine bitter schmeckende Arznei verordnen muß.
— Ein verpfuschter Kranker — da muß ich einmal nachdenken, wie man das macht.
— Herr Deist, ich habe ja Verständnis dafür, daß Sie Freude darüber empfinden — nein, das will ich nicht einmal sagen, das wäre ungerecht; ich habe Verständnis dafür, daß Sie als Opposition die seltene Chance, an unserer Wirtschaftspolitik wirklich etwas kritisieren zu können, ausnutzen.
— Lieber Herr Metzger, ein kluger Engländer hat einmal gesagt: Ein bißchen Unordnung ist das Lösegeld für die Freiheit.
- Natürlich, darin sind wir einig. — Das eine dieser Medikamente ist das Kohle-Öl-Kartell, das an-dere ist der Zoll. Ich habe schon in Straßburg gesagt und wiederhole es hier: Das Kohle-Öl-Kartell ist eine ganz dünne Suppe und hat eine ganz anspruchsvolle Bezeichnung. Es ist nach meiner Meinung überhaupt kein Kartell. Denn daß sich jemand dazu verpflichtet, nicht zu Preisen, die de facto Dumpingpreise sind, zu verkaufen, ist eigentlich, finde ich, gar nichts Besonderes. Ich sage nicht, daß die Ölgesellschaften bewußtes Dumping betreiben; aber unter Unterstreichung und Anerkennung der von Herrn Deist genannten Ölzahlen muß man sich doch über eins klar sein: Das Öl ist in der Hand weniger, daran ist gar kein Zweifel. Das Öl ist nicht nur dem Preise nach, sondern auch der angebotenen Menge nach manipuliert. Der Kraftstoff bekommt großartige Preise, und wenn man Kraftstoff machen will, fällt zwingend Heizöl an. Jeder von Ihnen — auch ich — würde, wenn er Öldirektor wäre, sagen: Das Zeug muß weg, und ehe wir es ins Meer schütten, verkaufen wir es. Wo verkaufen wir es? Dort, wo wir es hinbringen! Und wo bringen wir es hin? Auf die liberalisierten Märkte können wir es bringen, also dorthin mit dem Zeug! Das ist eine völlig legitime marktpolitische Überlegung. Aber ob wir sie uns gefallen lassen und deshalb Zechen stillegen, das ist eine Frage an uns,
und ich bin der Meinung, daß wir uns das nicht gefallen lassen dürfen.Ich will das, was ich beispielsweise in Straßburg gesagt habe, hier nicht wiederholen; aber ich möchte Ihnen doch sagen: Wenn hier Heizöl zu so sensationell niedrigen Preisen weiter angeboten würde und wenn das in weiten Teilen der Welt so geschähe, würde eines Tages der Zeitpunkt eintreten, wo die Heizölmenge die zwingend anfallende Nebenproduktmenge bei der Raffinierung des Rohöls überrollt. Dann würde das Heizöl als solches zum Kostenpreis kalkuliert, und dann sähe die Rechnung ganz anders aus. Wenn wir jetzt in dem Kohle-Öl-Kartell den Weltmarktpreis genannt haben, so haben wir damit noch nicht eine völlige Sicherheit, daß dieser Weltmarktpreis nicht auch eine Abfallkalkulation darstellt.Nun, meine Damen und Herren, ich bin fest überzeugt — auf Grund dessen, was ich ganz am Anfang gesagt habe —, daß es uns unmöglich ist, in einigen Jahren und in der Zukunft unsere Energienachfrage ohne 01 und ohne Importkohle noch zu decken. Das Öl deckt jetzt etwa 13 % unseres Energiebedarfs.
— Natürlich, 13 °/o der gesamten Energiebilanz, einschließlich Benzin.
— Die Hälfte ungefähr. — In anderen Ländern hat es 30, 35 % Anteil, und in unseren sogenannten Prognosen hat es im Jahre 1965 bereits 23 % Anteil. Wir wollen also dem Öl sein Recht geben, weil wir es brauchen, aber vor allem doch dem Öl, das in Europa raffiniert wird. Wir wollen, daß in Europa Raffinerien für Öl in der Menge gebaut werden, die notwendig ist.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3247
Dr. BurgbacherDamit kommen wir zur Frage der Investitionen. Nun gehen da die Meinungen auseinander: Kontrolle oder Registrierung? Auf jeden Fall muß man eigentlich in der Energiewirtschaft über langfristige Investitionen öffentlich Bescheid wissen. Das heißt nicht Dirigismus,
das heißt eben nur: langfristige Investitionen sollen nicht genehmigt, sie sollen aber angezeigt werden. Aber warum wollen wir die Raffinerien? Das klingt jetzt wie ein Widerspruch, es ist aber kein Widerspruch. Wenn die internationalen Ölleute in Westeuropa in Raffinerien Risensummen investiert haben, dann haben wir erstens einmal die Veredelung als volkswirtschaftlichen Vorgang auf unserem Gebiet, und wir haben zweitens die relative Sicherheit, daß im Falle irgendeiner Komplikation das notwendige Rohöl noch ankommt. Sind wir aber nur Heizölimportland, kommt das im Falle einer Zuspitzung der Lage nicht mehr an. Es kommt nur dann mit einiger Sicherheit an, wenn so viel Kapital investiert ist, daß man das Rohöl schicken muß, damit das Kapital nicht brachliegt.Deshalb habe ich für eventuelle künftige Überlegungen noch die Anregung an die Bundesregierung, sich zu überlegen, ob man nicht importiertes Heizöl anders behandeln sollte als in Europa raffiniertes Heizöl. — Das ist eine Anregung.
Nun zur Frage des Zolls. Wir haben nicht willkürlich, Herr Deist — etwa um Sie zu ärgern —, die 5 Millionen t in den letzten 24 Stunden hineingebracht, sondern — ich spreche jetzt Ihr europäisches Herz an — wir haben sie hineingebracht aus Hochachtung vor der Hohen Behörde, die uns gestern abend die nach Art. 74 ja für eine Zollverordnung notwendige Empfehlung gegeben hat, verbunden mit der Auflage, daß wir 5 Millionen t zollfrei hereinlassen müssen und daß wir bei der Verteilung nicht diskriminieren dürfen.
— Auch! Auch! Bei klugen Leuten deckt sich das Notwendige immer mit dem Zweckmäßigen.
Nun, Herr Atzenroth, wir wollen von dem Zoll keinen Penny haben. Das ist eine merkwürdige Feststellung. Die Ruhr, wenn ich es so abgekürzt sagen darf — ob Unternehmensverband, ob Verkaufsgesellschaft; Aachen natürlich auch —, die deutsche Steinkohle hat sich verpflichtet, die durchgehandelten Importverträge mit deutschen Kohleverbrauchern abzulösen und qualitätsgleiche deutsche Kohle zu den kontrahierten US-Kohlenpreisen zu liefern. In den Einzelheiten will ich meinem Freunde Deringer nicht vorgreifen. Ich lege aber Wert auf diese Feststellung.Die Ruhrkohle muß sich auch mit den Frachtunternehmern und den Reedern auseinandersetzen. Dabei gehen wir — das möchte ich klar sagen — von dem Grundsatz aus, daß privatrechtliche Verträge geschützt werden müssen. Auch ich bin der Meinung, daß wir der Ruhr nicht um einen Preis helfen dürfen, der zu hoch ist. Das Vertrauen in den Bestand privatrechtlicher Verträge mit Bürgern der Bundesrepublik darf nicht ernstlich gefährdet werden.
Nun müssen wir noch ein Gesetz machen. Denn nach dem Zollrecht darf die Aufteilung des freien Kontingents nicht in dieser Verordnung geregelt werden. Der Entwurf dieses Gesetzes wird Ihnen, soweit ich unterrichtet bin, schnellstens vorgelegt werden. Ich hoffe, daß die erste Lesung am 18. Februar stattfindet. Wir sind nicht gehindert, in diesem Gesetz die Erfahrungen zu berücksichtigen, die wir bis zum 18. Februar mit dem Zollgesetz gemacht haben.Eine Preiserhöhung wegen des Zollgesetzes kommt überhaupt nicht in Frage, und zwar deshalb nicht, weil der Zoll wegen der Ablösung beim deutschen Kohleverbraucher nicht zum Zuge kommt. Die Ruhrkohle hat uns versichert, daß keine Preiserhöhung wegen der Ablösungskosten in Frage kommt. Etwa 100 Millionen DM sind dafür schon aufgewendet worden. Allerdings darf ich hier darauf hinweisen, daß die Kohle, die nach den durchgehandelten Verträgen mit deutschen Kohleverbrauchern geliefert wird, zum überwiegenden Teil teurer ist als die Ruhrkohle. Da die Ruhr bei der Ablösung natürlich nicht unter den US-Kohlenpreis zu gehen braucht, bekommt sie aus der Differenz zwischen diesen vereinbarten US-Kohlenpreisen und den Ruhrkohlenpreisen einen Beitrag zu den Ablösungskosten.Ich habe versucht, die Hauptursachen für die Situation, vor der wir stehen, zu schildern. Diese Situation braucht nicht von Dauer zu sein, wenn auch ganz richtig gesagt wurde, daß die Halden durch das Zollgesetz im Jahre 1959 wahrscheinlich nicht zurückgehen, sondern sogar noch etwas steigen werden.
— Genau wissen wir das nicht. Es hat gar keinen Zweck, wir müssen die Dinge sehen, wie sie sind, und wir wollen das ganz offen und freimütig besprechen. Ich bin aber der Meinung, daß alle, die nicht nur in Demonstrationen vom Wohlergehen des Bergbaues sprechen, wenn sie es so meinen wie wir, verpflichtet sind, dem Ruhrbergbau zu helfen und, damit er die Zeit zur inneren Regeneration hat, der Vorlage uneingeschränkt ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Diese Debatte, die um die Grundauffassung unserer Wirtschaftspolitik geht, hat einen etwas merkwürdigen Verlauf genommen. Der Sozialist Dr. Deist, der zwar ableugnet, daß er die Sozialisierung des
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3248 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. AtzenrothBergbaus erstrebt, der aber in seinen Vorschlägen praktisch doch an dieses Ziel kommen muß — automatisch kommen muß —, macht dem Bundeswirtschaftsminister Vorwürfe darüber, daß seine angeblich marktwirtschaftliche Politik bei der Kohle versagt habe. Meiner Ansicht nach, Herr Dr. Deist, sind Sie dabei dem großen Irrtum unterlegen, anzunehmen, daß die Kohlenpolitik des Herrn Bundeswirtschaftsministers Marktwirtschaft war.
Das war doch keine Marktwirtschaft, was wir bisher betrieben haben!
Die große Fraktion der CDU unter Führung ihres Wirtschaftsministers ist immer stolz darauf, daß sie die Marktwirtschaft seit der Währungsreform betrieben habe. Sie verweist auf die großen Erfolge, die wir alle kennen. Herr Minister, Sie wissen und wir sind ebenso stolz, daß wir diese Marktwirtschaft voll und ganz mit unterstützt haben.Aber dann kommt die Differenz zwischen uns. Auf dem großen Gebiet unserer Wirtschaftspolitik sind eine Reihe von Gruppen übriggeblieben, die nicht in die Marktwirtschaft einbezogen sind. Dazu gehört die Kohlenwirtschaft. Sie werden sich erinnern und niemand wird uns das abstreiten können, daß wir mindestens seit 1950 die Einbeziehung auch der Kohle in die Marktwirtschaft gefordert haben; die echte Marktwirtschaft, Herr Dr. Deist, nicht das, was in den letzten zehn Jahren in der Bundesrepublik praktiziert worden ist, und ich empfinde einen Teil Ihrer Vorwürfe als berechtigt, aber aus der anderen Sicht.Wir haben praktisch eine mehr oder weniger vom Staat abhängige Kohlenwirtschaft gehabt. Unsere Vorschläge haben taube Ohren gefunden, sowohl bei Herrn Erhard als auch leider bei der Kohlenwirtschaft selber. Auch die Vertreter der Kohlenwirtschaft sind nicht so begeistert, wie es Wirtschaftler eigentlich tun sollten, auf die Vorschläge auf Einbeziehung in die Marktwirtschaft eingegangen, sondern sie haben sich sehr zurückhaltend verhalten. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, daß wir nicht zu echten marktwirtschaftlichen Verhältnissen gekommen sind. Die Kohlenwirtschaft fühlte sich als das verwöhnte Kind unserer Gesamtwirtschaft. Sie nahm in erster Linie all die vielen Vorteile in Anspruch, die bei uns verteilt worden sind. Sie war gesichert mit ihrem Absatz, sie war gesichert mit ihren Preisen, von denen sie allerdings behauptete, daß sie nicht die vollen Gestehungskosten deckten, die aber immerhin noch beträchtlich hoch waren.Wir sind der Meinung, daß diese Verweichlichung zum großen Teil zu den Schwierigkeiten geführt hat, in denen wir uns heute befinden.
Wenn die Kohlenwirtschaft früher in den rauhen Wind der Marktwirtschaft gekommen wäre, dann hätte sie sich selber viel schneller ,angepaßt. Dann hätten Ihnen, Herr Minister Erhard, eine Reihe von Vorwürfen, die heute von Herrn Dr. Deist vorgebracht worden sind, gar nicht vorgetragen werdenkönnen. Denn Sie hätten dafür gar keine Verantwortung gehabt, sondern die Kohlenwirtschaftselber, die Unternehmer dieses Wirtschaftszweiges.Leider hat natürlich der Montanunionvertrag eine unglückliche Wirkung in derselben Richtung gehabt. Sie, Herr Dr. Deist, fordern in einem Ihrer Lösungsvorschläge die Errichtung einer •zentralen Stelle. Sie nennen nicht das Wort „Lenkungsstelle"; aber es ist praktisch eine zentrale Lenkungsstelle. Was hätte denn diese Lenkungsstelle für Prognosen aufgestellt? Glauben Sie, daß diese Prognose sicherer und besser als die gewesen wären, die im Bundeswirtschaftsministerium vorgenommen worden sind?Wir haben von Energieplänen gehört. Auch die berühmten Drei Weisen — ich glaube, einer von ihnen sitzt auf der Regierungsbank — haben einen Energieplan für eine Zeit von über 10 Jahren aufgestellt. Ich will sogar unterstellen, daß diese Aufstellung in der Gesamtkonzeption richtig ist. Alle diese Pläne enthalten den Fehler, nur statisch zu sein und nur dasselbe Verhältnis der Energieträger — Kohle, Öl und weiße Energie — zugrunde zu legen, auch für die spätere Zeit des erhöhten Verbrauchs. Sie haben nicht mit der besonderen Vitalität der Ölindustrie gerechnet. Diese Ölindustrie war früher auf dem Plan als die Kohle und hat sich einen größeren Anteil am Markt vorweggenommen, den die Kohle später einmal wird abgeben müssen.Wir sind trotzdem der Meinung, daß über den Absatz unserer Kohle keine düsteren Voraussagen zu machen sind. Er wird wieder steigen. Er wird nicht wieder das alte Verhältnis gegenüber den anderen Energieträgern erreichen, aber wir werden im Grunde — bis auf gewisse Ausnahmen — die Produktion wieder absetzen können, wie das bisher der Fall gewesen ist. Die Mittel und Wege aufzuzeigen, wie wir dazu kommen, das ist Aufgabe der Unternehmer. Dazu sind sie Unternehmer in der Marktwirtschaft, und sie müssen zusehen, wie sie etwa zu dem Ziel kommen, einen größeren Anteil des Kohleabsatzes aus der einfachen Energieerzeugung — etwa zur Veredelung der Kohle — in die chemischen Industrien zu bringen oder sonstige Absatzwege neu zu erschließen.Die große Schwierigkeit liegt doch darin, daß wir in dem Jahr 1958 mehr Kohle gefördert haben, als wir im In- und Ausland absetzen konnten. Gegen eine solche Übererzeugung in der Wirtschaft gibt es nur zwei Auswege: entweder schafft man neue Absatzwege oder man drosselt die Produktion. Wir sollten hier nicht immer von der Stillegung der Zechen sprechen. Das ist eine völlig falsche Bezeichnung. Eine Drosselung der Produktion, wie sie in dem Jahr 1958 durchgeführt worden ist, ist keine Stillegung. Sie hat nicht dazu geführt, daß etwa wertvolles Volksgut verschleudert wurde oder daß wir Zechen zum Erliegen gebracht haben, die wir später nicht wieder in Betrieb setzen können. Es ist ein etwas langsamerer Abbau durch die Einführung von Feierschichten vorgenommen worden.
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Dr. AtzenrothHerr Dr. Deist, von einer Einführung von Feierschichten „in unermeßlichem Umfang", so ähnlich haben Sie gesagt, kann doch wirklich keine Rede sein. Die Zahl der Feierschichten ist doch in einer Grenze geblieben, die für die Bergarbeiter durchaus tragbar ist.
Herr Abgeordneter Atzenroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Jawohl.
Herr Kollege Atzenroth, ist Ihnen bekannt, daß in der laufenden Woche die Hälfte aller Zechenanlagen wieder Feierschichten verfährt? Und meinen Sie wirklich, daß man diese Angelegenheit so bagatellisieren darf?
Herr Dr. Deist, ich bagatellisiere diese Angelegenheit nicht. Aber ich stelle folgendes fest. Das Durchschnittseinkommen der Kohlenbergarbeiter unter Tage hat sich in dem ganzen Jahr 1958 nicht wesentlich verändert. Es ist um die 600-Mark-Grenze herum geblieben. Vielleicht ist es auf 590 DM abgesunken. 617 DM war, glaube ich, der höchste Durchschnitt. Wenn es auf einen Durchschnitt von 590 DM abgesunken ist, ist das noch keine sozialpolitische Katastrophe. Davon kann man wirklich nicht sprechen. — Ich will Ihnen noch, bevor Sie die Frage stellen, sagen, wodurch das gekommen ist: selbstverständlich durch eine erhöhte Schichtleistung. Sie wissen ja selber, daß die Schichtleistung in dem Jahre 1958 wieder den Stand erreicht hat, der schon früher einmal im deutschen Bergbau zu verzeichnen war und der bei manchen anderen unserer ausländischen Konkurrenten auch heute zu verzeichnen ist.
Herr Kollege Atzenroth, sind Sie der Meinung, daß man eine solche Durchschnittsbetrachtung anstellen darf? Wissen Sie nicht, daß es an der Ruhr eine ganze Menge Bergarbeiter gibt, die durch die Feierschichten mit ihrem Einkommen unter dem Fürsorgerichtsatz liegen?
Herr Dr. Deist, Sie wollen doch nicht behaupten, daß es Bergarbeiter an der Ruhr gibt, deren Einkommen unter dem Fürsorgerichtsatz liegt? Das ist doch nicht richtig!
- Aber das liegt doch dann nicht an der Zahl der Feierschichten!
— Es ist völlig unmöglich, daß es in Deutschland einen Bergarbeiter gibt, der nur wegen der Feierschichten mit seinem Lohn unter den Fürsorgerichtsatz kommt. Daß es einen solchen Fall gibt, müßten Sie erst beweisen! Es mag vielleicht den einen oder anderen Bergmann geben, der aus anderen Gründen in dieses unglückliche Schicksal geraten ist — den bedaure ich genauso wie Sie —, aber
das hat mit der Einlegung von Feierschichten nicht das geringste zu tun.
Außer der Konkurrenz des Heizöls wird als Grund für die großen Schwierigkeiten die hohe Einfuhr von insbesondere amerikanischer Kohle angegeben, und dagegen wird der Schutz des Staates gefordert. Das ist wohl das Hauptproblem, das uns heute beschäftigt. Ich habe schon gesagt, daß die Einfuhr amerikanischer Kohle — dieser vorübergehende Zustand, Herr Burgbacher — nicht die Hauptursache unserer Schwierigkeiten ist. In der Ausschußsitzung, an der auch Sie teilgenommen haben, hat Herr Dr. Westrick erklärt, daß auch dann, wenn wir keine Tonne Kohle einführten, sich die Halden um keine Tonne verringern würden. Das Ausmaß der amerikanischen Importe fällt nicht so ins Gewicht, daß wir auf diese Weise das ganze Problem lösen müßten. Darüber sind wir uns wohl einig. Außerdem haben wir ein Einfuhrverbot. Wir haben seit dem September 1958 praktisch schon das Embargo eingeführt, das wir offiziell nicht zugeben wollen.
Herr Burgbacher, ich habe Sie wiederholt in der Frage des Zolls angesprochen: Jetzt will man die vorübergehende Schwierigkeit — um eine solche handelt es sich, denn es kommen ja keine neuen Verträge, sondern es geht nur um die Zeit der Abwicklung der bestehenden Verträge — durch das massive Mittel des Zolls beseitigen, das man geradezu mit einem Holzhammer vergleichen könnte. Zu dem Zoll mit all seinen Wirkungen, nicht nur auf das Ausland, sondern auch auf die übrige deutsche Wirtschaft, wird mein Kollege Dr. Starke noch sehr detaillierte Ausführungen machen. Wir hätten uns noch über dieses Mittel Gedanken gemacht, wenn es sich wirklich nur um eine kurzfristige Maßnahme handelte. Aber, Herr Minister Erhard, Sie haben in der gestrigen Sitzung auf die Frage, ob Sie der Meinung sind, daß die in der Zollvorlage enthaltene Begrenzung auf den 31. Dezember 1959 auch eingehalten wird, klar und deutlich mit Nein geantwortet.
— Vielleicht nicht in der Höhe, aber ein Zoll wird auch danach noch bestehenbleiben.
Wir wollen doch einmal die Zahlen sprechen lassen. Sie sind in der Debatte sehr verschoben wor- den. Aber es scheint eindeutig festzustehen, daß am 1. Januar 1959 Einfuhrverträge über 36 Millionen t Steinkohle vorlagen. Darüber hinaus sind keine weiteren Unterlagen vorhanden. Immerhin läßt sich aber aus der Angabe des Herrn Staatssekretärs Westrick entnehmen, daß 70% von den 36 Millionen t von Zechen-Handelsgesellschaften beantragt und diesen Zechen-Handelsgesellschaften übergeben worden sind; denn woher hätte er sonst die Zahl von 70 %! Ob es 66 2/3 oder 70% sind, ist nicht entscheidend. Wir können also sagen: von den 36 Millionen scheiden 25 Millionen 70 %— ohne weiteres aus; denn die Kohlenwirtschaft muß diese Verträge selbst verkraften. Das ist doch das wenigste, was wir von ihr verlangen können: daß
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Dr. Atzenroth
sie die Abwicklung dieser von ihr selbst getätigten Verträge selber und ohne Hilfe des Staates durchführt.
Was verbleibt dann? 36 weniger 25 Millionen sind noch ganze 11 Millionen als Verträge. Davon, so behaupten Sie immer, seien ein Teil sogenannte unechte Verträge. Ich will aber unterstellen, sie seien alle echt bzw. sie würden alle echt gemacht in der kurzen Zeit, die noch zur Verfügung steht. Es geht nicht immer, Herr Minister; ich weiß das. Denn sie müssen ja auch einen deutschen Abnehmer finden. Jetzt finden sie den deutschen Abnehmer wahrscheinlich nicht mehr. Aber das spricht alles für meine Rechnung, da es sich um weniger als 11 Millionen t handeln wird. Um die Einfuhr von 11 Millionen t zu verhindern, soll der Zoll geschaffen werden. Selbst wenn diese 11 Millionen t ohne Zoll eingeführt würden, würde sich die Einfuhr sicherlich auf eine längere Zeit, mindestens auf zwei Jahre, verteilen. Was bleibt dann pro Jahr? 5,5 Millionen t. Sie führen nach Ihrem Zollgesetz 5 Millionen t ein. Es wäre eine Milchmädchenrechnung, zu sagen: 5,5 minus 5; denn es sind nicht dieselben Abnehmer. Das gebe ich ohne weiteres zu. Der Unterschied zwischen dem, was Sie nach Ihrem Zollgesetz selber einführen wollen und müssen, und dem, was hier noch abzuwickeln ist, beträgt ja nur noch 2, 3, vielleicht 4 Millionen t.
Herr Abgeordneter Atzenroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Atzenroth, glauben Sie nicht, daß die Hauptbedeutung der Zollverordnung darin liegt, daß sie nicht nur für die Zeit, während der sie gilt, sondern überhaupt für alle Zukunft alle veranlaßt, bei Kohleverträgen mit der Bundesrepublik vorsichtiger zu sein als in der Vergangenheit?
Lieber Herr Burgbacher, es ist ein schlechtes Zeichen, wenn Sie zur Mahnung an vertragschließende Kaufleute einen so massiven Zoll in der Bundesrepublik verfügen müssen. Für mich ist das ein schlechtes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.
Herr Kollege Atzenroth, ist Ihnen bekannt, daß auch für die Möbelindustrie ein Wertzoll besteht?
Ein Wertzoll hier in der Bundesrepublik? Nein. Es ist mir bekannt, daß keiner besteht.
— Herr Burgbacher, Sie sprechen mich wegen meines Zivilberufs an. Ich bin gern bereit, darauf einzugehen. Ich erkläre und habe das wiederholt erklärt im Namen der deutschen Möbelindustrie, daß wir die absolute Niederlegung aller Handelsschranken einschließlich Zoll und einschließlich Kontingentierung fordern, Herr Burgbacher.
— Was die Bundesregierung nach dieser Richtung tut, wissen wir nicht. Wir fordern diese Niederlegung. Ich habe diese Forderung nicht etwa nur hier erhoben. Ich bin in einem internationalen Gremium auf diesem Gebet tätig, nämlich in der Union Européenne de l'Ameublement, und habe dort gegenüber unseren ausländischen Partnern diese Erklärung für die deutsche Möbelindustrie immer wieder abgegeben. Also uns können Sie wirklich nicht als Beispiel dafür heranziehen, wenn hier ein Zoll geschaffen wird, bloß um zu verhindern, daß böse Verträge geschlossen werden. Meine Damen und Herren, das ist doch nicht richtig!Ich glaube in meinen zahlenmäßigen Beispielen nachgewiesen zu haben, daß die Gefahr einer weiteren Einfuhr ohne Zoll sehr gering ist, daß es sich um einige wenige Millionen Tonnen handelt, die bei unserer Gesamtförderung von 132 Millionen t kaum eine Rolle spielen, und daß man deswegen dieses schwere Geschütz nicht auffahren sollte.Warum nennen Sie diese Maßnahme überhaupt Zoll? Es ist ja gar kein Zoll, sondern ein echtes Embargo, ein Einfuhrverbot. Wenn man ein Embargo meint, dann soll man es auch sagen. Ich beziehe mich da auf Herrn Minister Erhard als Kronzeugen, der kürzlich bei den Beratungen über die Freihandelszone gesagt hat: Sprecht doch nicht immer von Diskriminierung! Der Schweiz ist es gleichgültig, ob das Diskriminierung heißt oder anders, sie will nur gleichberechtigt in Ein- und Ausfuhr sein! — Ebenso wollen die Amerikaner auch nur, daß sie Kohle bei uns einführen können; ob das Hindernis Embargo heißt oder Zoll, ist gleich.
— Natürlich ist das ein grundsätzlicher Unterschied, Herr Fritz. Darum haben wir ja die großen Bedenken. Der Unterschied liegt darin, daß dieser Zoll bleiben wird. Außerdem wird dieser Zoll zusammen mit dem Kohle-Öl-Kartell und dem mit großer Sicherheit zu erwartenden — Herr Dr. Deist hat dieselbe Erwartung ausgesprochen — Ölzoll ein massives Kartell abgeben, so herrlich, Herr Minister Erhard, wie wir es bei den Kartellberatungen immer als finsterste Möglichkeit an die Wand gemalt haben: festgemauert in den Zöllen steht die Wirtschaft dann.Deswegen halten wir diesen Zoll für ein ungeeignetes Mittel, um aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten herauszukommen.Sie sagen immer, Sie wollten damit nur die Ablösung der Verträge erreichen. Das ist eine kurzfristige Maßnahme. Meinetwegen sollten wir zur Erreichung dieses Ziels — Herr Bucerius hat es gestern vorgeschlagen — mit dem Zoll drohen. Wir treten ja alle für eine vernünftige Ablösung der Verträge ein. Aber wir dürfen mit diesem Zoll nicht schon vollendete Tatsachen schaffen. Sie selber fordern ja, wie ich einem Entschließungsantrag entnehme, ein Gesetz. Warum sollten wir uns nicht mit dem Gesetz begnügen, Herr Bucerius? Das würde ja in Ihrer Linie liegen. In dein Gesetz können wir ganz bindend eine kurze Frist festlegen; bei der
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Dr. AtzenrothVerordnung haben wir sie nicht. Denn das Gesetz läuft automatisch aus, und der Bundestag müßte ein neues Gesetz beschließen, wenn man eine Verlängerung will. Wir sind gegen die Fortdauer des Zolls; wir wollen ihn nicht einmal für das nächste Jahr —da unterscheiden wir uns, Herr Burgbacher —, denn bis zum nächsten Jahr muß der größte Teil dei Schwierigkeiten beseitigt sein.Herr Burgbacher, wir unterscheiden uns auch etwas in der Auffassung über die Marktwirtschaft. Wir haben es hier doch mit einem Wirtschaftszweig zu tun, der nicht gern in die Marktwirtschaft hineingeht. Wenn wir den nicht immer unter Druck halten, dann wird er keine Vorkehrungen treffen, um in die Marktwirtschaft hineinzukommen.
Wenn man ihm das Gefühl gibt, daß er für absehbare Zeit durch einen Zoll geschützt ist, dann wird er in seinen Anstrengungen sicher erlahmen.Ich möchte noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das hier noch nicht berührt worden ist, das aber meiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang erwähnt werden muß. Wir sollten diese Lage benutzen, um eine Revision des unhaltbar gewordenen Montanvertrages zu erreichen. Nach Abschluß der EWG ist der Montanvertrag eigentlich sinnwidrig. Die EWG ist nach den Erklärungen der Bundesregierung — wir bestreiten das etwas — auf dem Prinzip der freien Marktwirtschaft aufgebaut.
--- Nein, es ist nicht zu früh. — Der Montanvertrag dagegen ist auf der Grundlage einer Mangellage bei Kohle aufgebaut und geht von der Annahme aus, daß diese Mangellage immer bleiben wird. Wir sehen nun in allen Ländern der Gemeinschaft, daß das ein Fehlschluß war. Daher müssen wir so schnell wie möglich von der Differenzierung in den wirtschaftlichen Zielsetzungen von Montanunion und EWG wegkommen, d. h. die Montanwirtschaft muß in das in der EWG verankerte System überführt werden.
- Nein, wir wollen den Montanvertrag sofortauflösen. Sie wissen ja, wie Organe sich halten unddaß sie nur unter Zwang aufgelöst werden können.Aber wir müssen beim Montanvertrag noch andere, kurzfristige Lösungen finden. Es hat sich deutlich gezeigt, daß das Verbot der Preisunterschiedlichkeit — ich möchte nicht sagen: Diskriminierung — mit einer echten Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren ist. Hier muß eine Änderung sehr schnell vorgenommen werden.Schließlich — um es an dem italienischen Beispiel zu zeigen — müssen wir die Forderung erheben, daß einer Lieferpflicht auch eine Abnahmepflicht gegenübersteht oder daß beide verschwinden. Daß dies bisher nicht der Fall ist, hat sich an dem Beispiel Italien als verhängnisvoll gezeigt.Mit dem Vertrag haben wir beschlossen — und wir wollen die Mittel dafür bereitstellen —, die ganz unrentablen belgischen Zechen stillzulegen. Wir haben dafür seit Jahren Zahlungen geleistet. Aber mit der Stillegung ist noch nicht begonnen worden. Ich weiß nicht, ob die Bundesregierung hier schon initiativ geworden ist. Das wäre jedenfalls ihre Pflicht.Ich muß noch einmal kurz zu den sozialen Problemen zurückkommen. Wir verkennen nicht, daß die Schwierigkeiten, die sich zur Zeit ergeben, uns vor ein soziales Problem stellen. Wir werden alle Maßnahmen unterstützen, die geeignet sind, soziale Härten zu vermeiden. Wir werden keine Maßnahmen vorschlagen, die soziale Schwierigkeiten für die Bergarbeiter oder die mit ihnen verbundenen Kreise, etwa die Städte an der Ruhr, bringen könnten.Aber bisher ist die Lage verzerrt dargestellt worden. Der Herr Minister hat schon gesagt, daß kein Bergarbeiter entlassen worden oder arbeitslos geworden ist. Eine ganze Reihe von Bergarbeitern — ich glaube, im Jahre 1958 waren es 25 000 — sind ausgeschieden. Aber die Arbeitsplätze wurden dadurch frei, daß keine Neueinstellungen erfolgten. Im Ruhrgebiet sind Arbeitslose in nennenswertem Umfang nicht zu verzeichnen. Insofern sind die Verhältnisse zunächst, sozialpolitisch gesehen, übertrieben worden.Ich habe schon vorhin Herrn Dr. Deist geantwortet, daß auch durch die Feierschichten bis auf wenige Ausnahmen die Arbeitsverdienste nicht abgesunken sind. Die Arbeitsschichtleistung hat sich vielmehr teilweise beträchtlich erhöht. Wir betrachten das als ein gutes Zeichen. Ich bin überrascht, daß Herr Dr. Deist uns den Gegenvorschlag machte, die Fünf-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich einzuführen. Dann würde die Schichtleistung — so sagte er — automatisch absinken, dann würde also die Produktion sich verringern, und das sei doch sehr erwünscht.Aber wie können wir denn wirtschaftlich denken, wenn wir ein Absinken der Arbeitsleistung begrüßen?
— Gut, der Förderleistung im Bergbau; ich muß mich an die Fachausdrücke des Bergbaues gewöhnen. Ein Absinken der Förderleistung können wir doch nicht wünschen. Wenn man den Arbeitern in irgendeiner Form, sei es in einer Kurzarbeiterunterstützung oder sonstwie, einen Ausgleich bieten will oder bieten muß, dann werde ich darüber mit mir reden lassen. Aber eine geringe Förderleistung geradezu zu erstreben, weil wir im Augenblick weniger Kohle brauchen, wäre der denkbar ungeeignetste Weg. Diesen Weg sehe ich als einen sozialistischen Weg an.Herr Dr. Deist, Sie sind ja immer etwas verschnupft, wenn ich Sie als einen Sozialisten bezeichne.
Ich will so sagen: wenn ich Sie als einen Verfechter der Sozialisierung bezeichne.
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3252 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Herr Abgeordneter Dr. Deist hat — wenn der Redner es gestattet — das Wort zu einer Zwischenfrage.
Ich muß mich bemühen, Herr Präsident, die Sache in die Form einer Frage zu kleiden. — Herr Kollege Atzenroth, darf ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich mich niemals geweigert hatte anzuerkennen, im Gegenteil stolz darauf bin, ein Sozialist zu sein. Ich wünsche auch nicht, daß das irgendwie in Zweifel gezogen wird.
Aber ich möchte eine zweite Frage stellen, Herr Atzenroth, und zwar nur zur Klarlegung. Sind Sie sich bewußt, daß hier offenbar ein Mißverständnis vorliegt: ich möchte nicht die Leistung des einzelnen Mannes herabsetzen — das haben Sie offenbar verstanden —, sondern die gesamte Förderleistung, und zwar dadurch, daß mehrere Stunden in der Woche wegfallen, weil die Arbeitszeit verkürzt wird. Ich fürchte, daß hier ein Mißverständnis bei Ihnen entstanden ist, daß vielleicht berichtigt werden könnte.
Herr Dr. Deist, ich gebe zu, das ist tatsächlich ein Mißverständnis; denn ich habe Sie vorhin so verstanden: Die Schichtleistung des Arbeiters würde sinken, und das wäre ja ganz gut. — Dann aber liefe doch Ihr ganzes System auf nichts anderes hinaus als darauf: Feierschichten, die bezahlt werden!
Etwas anderes ist es doch nicht: bezahlte Feierschichten.
Herr Dr. Deist, jetzt kommen wir zu einer Verschiedenheit in unseren Auffassungen. Wenn die soziale Lage des Bergarbeiters durch das Ausmaß der Feierschichten gefährdet erscheint, dann bin ich wohl für eine Bezahlung dieser Schichten, aber nicht aus der Kohle, sondern auf dem Wege einer echten Arbeitslosenunterstützung. Dann muß ich das Kurzarbeiterunterstützung nennen oder einen ähnlichen Ausdruck verwenden. Diese Unterstützung darf aber nicht in den Kohlepreis eingehen. Die Bezahlung nichtgeleisteter Arbeitsstunden müßte in den Kohlepreis eingehen! Darin sehe ich die große Gefahr für die Verbraucher. Bei aller Bereitschaft, für den Bergarbeiter einzutreten, dürfen wir doch nicht die große Masse unseres Volkes außer acht lassen, die als Verbraucher auftritt.
Herr Abgeordneter Deist zu einer Zwischenfrage! Ich bitte Sie aber, zu versuchen, bei der Formulierung der Frage noch etwas größere Fortschritte zu machen.
Ich werde mich kurz fassen. Herr Kollege Atzenroth, war Ihnen entgangen, daß meine Begründung war: Feierschichten, auch wenn bezahlt, führen zur Fördersteigerung, während eine Arbeitszeitverkürzung zunächst einmal zum Absinken der Förderung führt, also zu dem, was wir heute brauchen? Darin liegt der wesentliche Unterschied.
Das sehe ich nicht ein. Das ist doch kein Unterschied! Herr Dr. Deist, da sprechen wir mit verschiedenen Zungen, und das scheint ja nun öfter vorzukommen. Vielleicht liegt darin der Unterschied unserer wirtschaftlichen Auffassung begründet.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal zusammenfassen und für meine Fraktion erklären, daß wir alle Maßnahmen unterstützen, die sich im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung halten. — Ich glaube, daß den Herrn Minister das interessieren wird: daß wir alle Maßnahmen unterstützen, die sich im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung halten, als deren Exponent Sie immer gelten. Den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Weg eines Prohibitivzolls — das ist er ja doch — halten wir für falsch und verhängnisvoll. Da können wir unsere Zustimmung nicht geben. Wir müssen vielmehr fordern: Erhard, bleib' bei deiner Marktwirtschaft!
Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Dr. Steinmetz.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich wirklich kurz fassen und mich auch nicht um das Problem herumdrücken. Ich will darum gleich sagen: Wir stimmen, wenn auch schweren Herzens, diesem Kohlenzoll zu, weil wir, obgleich wir seine Nachteile sehen, doch erkennen, daß er letzten Endes zu einer Einfuhrverminderung führen wird und uns vor allen Dingen von den Importverträgen frei machen wird. Ich glaube, das ist doch eines der entscheidenden Probleme. Wir hoffen allerdings, daß bei der Kontingentierung auf die besonderen Gegebenheiten der Länder, besonders des norddeutschen Raumes, Rücksicht genommen wird.Ich habe aber den Eindruck, es ist hier sehr viel gesprochen worden; es ist von einem Kohlenzoll und von einem Kohle-Öl-Kartell usw. gesprochen worden. Das sind aber alles nur kurzfristige Maßnahmen, um einer Krise zu begegnen. Hier handelt es sich jedoch eigentlich nicht nur um eine Kohlenkrise, sondern um etwas viel Tieferliegendes, um ein Kohleproblem. Es handelt sich darum — wie der Kollege Deist gesagt hat , die Kohle billiger zu produzieren und an den Mann zu bringen, um ihr damit ihr Dasein gegenüber den Konkurrenten zu sichern. Darum müssen wir untersuchen, welche Gründe bisher verhindert haben, die Kohle preisgünstig an den Mann zu bringen.In erster Linie war daran schuld, daß der Kohlebergbau die erforderlichen Investitionen nicht in dem Maße durchführen konnte, wie das notwendig gewesen wäre. Er hat dafür gewisse mildernde Umstände: der Kohlepreis war lange Zeit gebunden, und der Bergbau konnte seine Investitionen nicht wie die übrige industrielle Wirtschaft über den Preis finanzieren. Ich denke hierbei gar nicht so sehr an die allgemeinen Investitionen Sie sind zum Teil durchgeführt worden, wenn es sich dabei auch mehr um Erweiterungsinvestitionen handelte.
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Dr. SteinmetzIm Bergbau kommt es jedoch darauf an, dort neue Gruben zu bauen, wo man auf kostengünstige Flöze kommt. Dann erst kann man bei guter technischer Einrichtung und starker Rationalisierung wirklich preisgünstig liefern.
-- Das gehört alles dazu. In erster Linie gehört aber dazu, daß man von nicht kostengünstigen Kohlenlagern auf kostengünstige abgeht und dort Investitionen vornimmt. Das kostet natürlich sehr viel Geld und dauert sehr lange Zeit; es handelt sich hier um ein typisch langfristiges Hilfsmittel.Das Zweite habe ich schon erwähnt: wir müssen von den kostenungünstigen Zechen wegkommen. Mit ihrem großen zusätzlichen Kostenaufwand verursachen sie letzten Endes die Erhöhung der Durchschnittskosten.Als wichtiger Grund ist hier auch die Eigentumsform angeführt worden. Für mich ist bei der Frage nach der kostengünstigsten Lieferung die Eigentumsform unbedeutend. Ich wüßte nicht — meine Freunde sind derselben Meinung —, warum wir zu einer billigeren Produktion gelangen sollten, wenn die Zeche staatswirtschaftlich anstatt privatwirtschaftlich betrieben wird; ich glaube, das würde gar nichts nützen. Die Gründe, die hier angeführt worden sind — Rationalisierungs-Investitionen, Übergehen in kostengünstigere Flöze —, werden in der privatwirtschaftlichen Zeche genauso berücksichtigt wie in der staatswirtschaftlichen Zeche. Aus meiner langen Praxis habe ich den Eindruck gewonnen, daß die privatwirtschaftliche Führung in solchen Dingen sogar noch etwas beweglicher ist als die staatswirtschaftliche. Die Eigentumsform können wir hier wohl völlig ausklammern.Es ist hier vorgeschlagen worden, die Krise durch Einführung der Fünf-Tage-Woche zu beheben; dabei soll allerdings ein voller Lohnausgleich gewährt werden. Das ist aber nicht mehr der Weg, Herr Kollege Deist, den Sie gehen wollten, nämlich der Weg, kostengünstiger zu liefern. Denn wenn weniger gearbeitet und ein Lohnausgleich gewährt wird, dann wird teurer produziert, und infolgedessen liefert man wieder kostenungünstiger. Hier ist Ihr Weg etwas sehr unklar geworden. Im übrigen bin ich der Meinung, daß solche Überlegungen mit wirtschaftlichem Denken — das ist auch ein Wort von Herrn Deist, das er vorhin Herrn Minister Erhard gesagt hat — eigentlich gar nichts mehr zu tun haben.Was müssen wir tun? Wir müssen investieren, wir müssen auf neue Gruben kommen, die kostengünstig liegen, und wir müssen von den Grenzzechen abgehen, die kostenungünstig liegen. Wir alle und ganz besonders die Unternehmer und die Gewerkschaften haben noch eine andere Verpflichtung: Wir müssen dafür sorgen, daß die Preisforderungen der Unternehmer maßvoll bleiben und daß die Lohnforderungen und die betrieblichen Sozialleistungen in einem richtigen Verhältnis zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten stehen. Das ist eine sehr wichtige Voraussetzung, die wir schaffen müssen.Der Bergbau hat hier eine ganz besondere Verantwortung: seine Löhne liegen an der Spitze der Lohnskala, mit Recht; denn die Arbeit des Bergmanns ist die gefährlichste und schwerste, und wir haben ihm für seine aufopferungsvolle Arbeit zu danken. Aber, wenn wir hier ein Zugeständnis machen und diese indirekte Lohnerhöhung hinnehmen, besteht die Gefahr, daß andere Branchen nachziehen. Das hat die Erfahrung gezeigt. Wir bekommen dann also auch in anderen Branchen Lohnerhöhungen. Der Arbeitnehmer, ganz egal, ob Lohnoder Gehaltsempfänger, wird dann sehr bald das Empfinden haben, daß die Lohn- und Gehaltserhöhung durch die Preissteigerung, die zur Zeit ja auf Lohnerhöhungen in mehreren Sparten automatisch folgen würde, wieder ,wettgemacht ist, so daß er praktisch keinen oder nur einen geringen Vorteil hat. Die übrigen, die an feste Einnahmen gebunden sind, z. B. die Rentner und die Sparer, haben einen echten Verlust.Meine Damen und Herren, wir können an die Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Bergbaus nur die dringende Bitte richten, in ihren Forderungen Maß zu halten. Das deutsche Kohleproblem kann letzten Endes nur auf der wirtschaftlichen Ebene gelöst werden; sonst kommen wir in die Gefahr, daß sich die Kohlekrise verewigt, und in die noch größere Gefahr, daß wir uns eines Tages in diesem Hause über weitere Krisen in der deutschen Wirtschaft unterhalten müssen.
Das Wort hat der Abgeordnete Philipp.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Sie angesichts der vorgerückten Stunde nicht mit langen Ausführungen aufhalten, sehe mich aber doch zu ein paar kurzen Bemerkungen genötigt, um einiges von dem zu korrigieren, was der Herr Kollege Deist vorgetragen hat.Ich darf zunächst feststellen, daß heute, wie Herr Kollege Deist bereits mit Recht zum Ausdruck gebracht hat, in der Leitung des Bergbaus in der Person des Herrn Burckhardt ein Mann von besonderer Zielstrebigkeit steht, der deshalb auch des Dankes der Bergarbeiter gewiß sein kann.Es ist vom Bergbau als von einem „kranken Mann" gesprochen worden. Man meinte sogar, es sei vielleicht ein „verpfuschter Kranker". Nicht Sie, Herr Deist, haben das gesagt, aber andere. Ich möchte demgegenüber sagen, daß der Bergbau an sich durchaus gesund ist, daß er sich aber in einer Atmosphäre befindet, in der Bazillen sind. Es ist nur notwendig, den an sich gesunden Körper in frische, reine Luft zu bringen.Ich glaube feststellen zu können, daß die Bergbauleitung den Appell, den wir an sie gerichtet haben, nämlich die Zeit zu nutzen, durchaus verstanden hat. Es wird, meine ich, eine Katharsis vor sich gehen. Der Bergbau wird die Zeichen der Zeit erkennen.
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3254 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr.-Ing. PhilippNun darf ich zu einer weiteren Bemerkung von Ihnen kommen, Herr Kollege Deist. Sie sprechen von der Unfallhäufigkeit. Ich kann mich da nicht mit Ihrer Argumentation einverstanden erklären, die Sie sich aus der Denkschrift der IG Bergbau zu eigen gemacht haben. Ich habe bereits vor acht Tagen anläßlich der Beratung des Unfallversicherungsgesetzes dargelegt, welches die tatsächlichen Verhältnisse sind. Herr Deist, da ist in der Auslegung der Statistik ein Schönheitsfehler unterlaufen.
Ich kann nachweisen, daß die Zahl der Unfälle weder im ersten Halbjahr noch im zweiten Halbjahr 1958 gestiegen ist. Es trifft nicht zu, daß sich die Unfälle um 55 % gesteigert haben. Ich muß das mit allem Nachdruck hervorheben, damit niemand den Eindruck bekommt, daß es im Bergbau drunter und drüber gehe. In Wirklichkeit ist die Zahl der Unfälle zurückgegangen. Infolge des berühmten Gesetzes über die Fortzahlung des Lohnes im Krankheitsfall werden jetzt die Unfälle schon vom ersten Tage an statistisch erfaßt. Dadurch kann der Eindruck entstehen, die Zahl der Unfälle sei gestiegen. Ich bitte doch, Herr Kollege Deist, sich von mir überzeugen zu lassen, daß es insofern nicht richtig ist, ein Ansteigen der Unfälle zu behaupten.Zweitens ist hier zum Ausdruck gebracht worden, daß die Subventionierung in besonderem Maße betrieben worden sei. Man verweist auf den deutschen Bergbau und meint, bei Bergbauzweigen anderer Länder sei durch die Subventionierung eine besondere Entwicklung des Bergbaues und der Leistung zu verzeichnen gewesen. Ich kann Ihnen aber auch Beispiele oder zum mindesten ein Beispiel nennen, bei dem sich herausgestellt hat, daß gerade der sozialisierte Bergbau Fehlinvestitionen vorgenommen hat — wenn ich so sagen darf. Ich verweise auf die Zeche Barbara an der Saar, die im Jahre 1954 wieder in Betrieb genommen und mit einem Kostenaufwand von etwa 90 Millionen DM bis jetzt betrieben worden ist, aber nunmehr, weil sie unrentabel ist, stillgelegt werden muß. Ich meine, diese Dinge muß man doch sehen, und man sollte nicht einseitig auf gewisse Zustände in anderen Bergbauzweigen oder in anderen Gegenden hinweisen.Ich meine also, daß man verschiedene Dinge doch anders sehen kann, und darf zusammenfassend sagen, daß der Bergbau sicher die Zeit nutzen wird. Ich glaube, auch die Kumpel im Bergbau werden dem Bundestag dankbar sein, wenn er diese Gesetzesvorlage beschließt, wie ich auch glaube, daß diese Vorlage zu einer Verringerung der Feierschichten beitragen und eine spürbare Erleichterung bringen wird. Angesichts der beschränkten Redezeit darf ich damit schließen, indem ich Sie nochmals bitte, der Vorlage zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Starke. — Herr Abgeordneter Dr. Starke, bitte sprechen Sie!
--- Aber meine Herren, — der eine möchte nach dem anderen sprechen. Herr Deringer, dann sprechen Sie jetzt bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich die Absicht, einiges zu der Kohlenzollverordnung vom Standpunkt der industriellen Energieverbraucher aus zu sagen. Nachdem wir verabredet haben, uns kurz zu fassen, darf ich mich darauf beschränken, die Entschließung, die wir Ihnen vorgelegt haben, zu begründen.
Sie wissen, und es ist ja wohl kein Geheimnis, daß auch bei uns eine ganze Reihe Bedenken gegen die Verordnung bestanden haben. Wir haben nun versucht, diese Bedenken durch die Entschließung auszuräumen.
Unser erstes Bedenken war, wie sichergestellt werden kann, daß tatsächlich, wie es der Ruhrbergbau zugesagt hat, die Verträge abgelöst werden. Wir haben deshalb in der Entschließung die Regierung gebeten, dies in irgendeiner Form, notfalls durch Gesetz, sicherzustellen. Sollten sich im Einzelfall über die Ablösung Streitigkeiten ergeben, so ist dafür ein Schiedsverfahren vorzusehen.
Das zweite Bedenken wurde von den Reedern geäußert, die in ihren Verträgen häufig Klauseln haben, wonach die Käufer in bestimmten Fällen, bei Government interference oder in ähnlichen Fällen, von dem Vertrag zurücktreten können. Es ist zwar in der bisherigen Rechtsprechung nicht klar, ob die Einführung eines Zolles eine solche Government interference ist und demnach ein Recht zum Rücktritt gibt; um aber allen Unsicherheiten vorzubeugen, bitten wir in der Entschließung die Regierung, auch diesen Punkt, notfalls durch Gesetz, klarzustellen.
Schließlich bitten wir, daß bei der Verteilung des zollfreien Kontingents, das ja inzwischen auf 5 Millionen t erhöht worden ist, diejenigen Gebiete bevorzugt berücksichtigt werden, die von der neuen Regelung besonders betroffen werden. Das gilt insbesondere natürlich für die Küstengebiete und für die süddeutschen Gebiete.
Im Einvernehmen mit der Fraktion der SPD — ich nehme an, auch mit den anderen Fraktionen, obwohl wir es jetzt noch nicht haben absprechen können — darf ich Sie bitten, diese Entschließung dem Außenhandelsausschuß — federführend — und dem Wirtschaftsausschuß — mitberatend — zu überweisen.
Herr Abgeordneter Dr. Starke!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedaure die Verwirrung, die ich in die Rednerordnung bringen mußte. Aber, Herr Präsident, es war ganz gut so, weil ja vor mir eine Entschließung begründet wurde. Ich kann nun auch dazu gleich etwas sagen.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3255
Herr Abgeordneter, wenn die Präsidenten sich ablösen, müssen sie sich auch erst wieder in den Lauf der Debatte hineinstudieren, und das ist mühsam.
Deshalb wollte ich es auch sagen. — Meine Damen und Herren! Wir haben vorhin von einem Kollegen von der Deutschen Partei gehört, daß die Deutsche Partei schweren Herzens dieser Zollverordnung zustimmen will. Mein Kollege Atzenroth hat Ihnen vorhin schon vorgetragen, daß unsere Bedenken so stark sind, daß wir der Verordnung nicht zustimmen können.
Wir möchten allerdings sagen, daß wir nach einer vorläufigen Prüfung der Ausschußüberweisung des Antrages der Fraktionen der CDU/CSU und der Deutschen Partei zustimmen, falls das Haus der Zollverordnung zustimmt.
Ich möchte — weil es so vereinbart ist, so kurz wie irgend möglich — noch einmal zu dieser Zollverordnung sprechen. Ich habe mit meinem Kollegen Atzenroth verabredet, daß ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen noch einmal ganz konkret sage, warum wir — nach unserer Überzeugung und nach immer erneuter Prüfung — diese Zollverordnung jetzt nicht für notwendig halten. Wir haben noch anstehende Verträge — was amtlich feststeht ---über 36 Millionen t. Davon sind, ebenfalls amtlich feststehend, Verträge über 25 Millionen t — das mögen runde Zahlen sein — von den Handelsgesellschaften des Bergbaues abgeschlossen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese 25 Millionen f sind doch eine Sache des Bergbaues in sich. Denn auch in diesem Gesetz, das Sie jetzt schon vorschlagen, um die Folgen dieses Zolls zu mildern, sehen Sie doch nur etwas vor für die 11 Millionen t, die dann noch übrigbleiben.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Sind Sie sich darüber klar, daß von den 25 Millionen t fast keine Einfuhren des Jahres 1959 sind, so daß für das Jahr 1959 die ganzen 10 Millionen t auf uns zukommen würden?
Herr Bucerius, das hat damit gar nichts zu tun. Ich sprach nur davon: Verträge über 36 Millionen t liegen insgesamt vor, davon entfallen 25 Millionen t auf die Handelsgesellschaften des Bergbaues. Um diese Ablösung brauchen wir uns nicht zu kümmern. Sogar der Herr Bundeswirtschaftsminister hat diesen Zoll als notwendig bezeichnet, wenn man von den Verträgen loskommen will, aber doch nicht von den 25 Millionen t; denn das macht ja der Bergbau in sich. Also bleiben wenn wir das recht verstehen — 11 Millionen t. Die Verträge über diese 11 Millionen t sind unzweifelhaft nicht nur auf e i n Jahr abgeschlossen,
sondern, wie wir wissen, auf zwei Jahre verteilt.
— Herr Bucerius, diese Zahl — „9 in diesem" — höre ich zum erstenmal. Sie ist im Ausschuß nicht erörtert worden. Vielleicht liegt es ein wenig an der Eile, mit der das Ganze durch das Haus gepeitscht wird, daß wir über so wesentliche Tatsachen nichts wissen. Sie werden es mir nicht übelnehmen, wenn ich in einer so ernsten Situation — zumal ich nur ein paar Minuten zu sprechen habe— es nicht ohne weiteres als amtlich nehme, daß von diesen 11 Millionen t 9 Millionen t auf das Jahr 1959 kommen.
Ich gehe davon aus, daß sie sich etwas mehr nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung verteilen, und dann handelt es sich eben um 11 Millionen in zwei Jahren; wobei ich Ihnen gern zugebe, daß der größere Teil dieser 11 Millionen in diesem Jahr 1959 liegen mag. Aber Sie haben ja selber auf Grund der Intervention der Montanunion und auf Grund der Reaktion, die Sie mit Ihrer Zollverordnung in diesem Hause gefunden haben, das Zollkontingent erhöht. Es wird jetzt 5 Millionen t oder etwas über 5 Millionen t betragen. Worum dreht es sich denn? In diesen beiden Jahren, um die es dann geht, ist dann mit etwa 5,5 Millionen t mal 2 das Zollkontingent so groß wie alles, was überhaupt an Einfuhrverträgen übrig bleibt. Neue Einfuhrverträge dürfen nicht geschlossen werden. Dann hat dieser Zoll nach diesen eindeutigen Zahlen einen anderen Sinn als den, ein Kampfinstrument gegen diese Verträge zu sein; dieser Zoll hat einen anderen Sinn, den wir noch nicht kennen, den allerdings Herr Kollege Burgbacher dahin umschrieben hat, daß er nun eine Maßnahme sein soll, in deren Schutz sich etwas vollziehen soll.Zunächst ist ein Einfuhrstopp in dem Sinne verhängt worden, daß keine neuen Verträge abgeschlossen werden können. Jetzt kommt der Zoll. Bisher stellen wir fest, daß man ohne diesen Zoll auskommen kann, um das Problem zu lösen. Auf der anderen Seite hat der Herr Bundeswirtschaftsminister selbst ausgeführt, daß nicht nur die Einfuhr, sondern daß eine Fülle von Momenten an den großen Haldenbeständen schuld sei, die wir jetzt haben.Ich will jetzt nicht darauf eingehen, welche Lasten und Unbeweglichkeiten der Bergbau in den vergangenen Jahren zu tragen hatte und auch jetzt noch durch den Montanvertrag zu tragen hat. Ich will das hier nur andeuten, da ich mich auf Grund der Vereinbarungen über die Redezeit kurz fassen muß. Fest steht aber auch, daß der Bergbau in diesem Jahr allerlei versucht hat. Er hat nämlich der Fluktuation entsprechend keine neuen Leute eingestellt, so daß es nicht zu Massenentlassungen
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3256 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. Starkekam. Aber es sind 21 000, die heute weniger arbeiten. Darüber hinaus wurde eine gewisse Zahl von Feierschichten gefahren. Der Förderausfall dadurch beträgt rund 4 Millionen t. Trotzdem haben wir — und das bitte ich einmal festzuhalten — im Jahre 1958 genauso wie im Jahre 1957 eine Förderung von rund 132 Millionen t gehabt.Wir stehen auf dem Standpunkt, daß der Bergbau bei seinen vorsorglichen Maßnahmen — keine Neueinstellungen, Feierschichten — durch die Steigerung der Förderung pro Kopf überrannt worden ist.Von einem Kollegen der CDU/CSU ist übrigens hier soeben gesagt worden, es treffe nicht zu, daß die Unfallziffern bei der Mehrforderung pro Kopf in dem Ausmaß gestiegen seien, wie es vorhin von Herrn Kollegen Deist gesagt worden ist.Nun bedenken Sie bitte einmal, in welche Situation wir kommen, wenn wir einen solchen Zoll einführen! Auch Herr Dr. Deist hat davon gesprochen, welche Reaktionen dieser Zoll im Ausland hervorrufen wird. Hier handelt es sich eben nicht um einen Zoll, der die Einfuhr vermindern soll, sondern um einen prohibitiven Zoll, um einen Zoll, der mit der Absicht eingeführt wird, keine Tonne Kohle mehr hereinkommen zu lassen, auch wenn das später einmal wieder nötig ist, wie gesagt wurde.Wir Freien Demokraten haben einmal gesagt, zum Schutz der Marktwirtschaft dürfen immer nur marktkonforme Maßnahmen getroffen werden. Bei diesem Zoll, durch den die Einfuhrkohle gegenüber dem Weltmarktpreis beinahe um 50 % verteuert wird, handelt es sich nicht mehr um eine marktkonforme Maßnahme, sondern um ein Embargo, um ein Einfuhrverbot, das durch das Wort Zoll verbrämt wird. Das ist der Grund, dessentwegen wir eine so große Abneigung dagegen haben, diesem Zoll näherzutreten. Diese Abneigung haben wir um so mehr, als wir sehen, daß er für die Ablösung der Einfuhrverpflichtungen keine unbedingte Notwendigkeit ist.Wir müssen doch, wenn wir solchen Problemen wie denen, vor denen wir jetzt stehen, durch einen Prohibitivzoll begegnen wollen, auch einmal an die Folgen in anderen Bereichen denken. Bei aller Hochachtung, die wir vor dem deutschen Bergbau, den dort beschäftigten Menschen und den Unternehmern haben: es gibt in Deutschland noch viele andere Wirtschaftszweige. Denken Sie bitte einmal an das Gebiet, aus dem ich komme, an Bayern. Denken Sie bitte einmal daran, was es bedeutet, wenn es in Orten an der Zonengrenze, etwa in Hof, Tausende von Kurzarbeitern gibt. Bevor das woanders auftritt, wird dort schon mit einem Prohibitivzoll gearbeitet, während man hier sagt: Liberalisierungskodex, OEEC, EWG oder GATT.Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir gehen hier einen Weg — glauben Sie mir es, es ist uns eine Herzensangelegenheit, das hier auszuführen —, der nicht unsozial ist. Denn diese Politik der Marktwirtschaft, die wir heute hier verteidigen, wenn wir gegen diesen Zoll sind, hat zu Erfolgen geführt, das wissen wir. Das sind nicht Zufallserfolge, sondern das sind Erfolge einer bewußten Politik. Wir möchten Ihnen sagen: Sie werden in diesem Haus noch oft vor die Tatsache gestellt werden, daß Ihnen etwas unter dem Hinweis unterbreitet wird, es sei einmalig und etwas Besonderes, während es in Wirklichkeit nur ein Schritt ab von dem Wege ist, den man bisher gegangen ist, und zwar mit Erfolg gegangen ist. Das ist der tiefere Grund für unsere Haltung.Warum hat man denn eigentlich bei diesem Zoll erst bei den Beratungen hier, so eilig sie waren, all die Fehler gesehen, sie darin stecken? Warum hat man dann erst berücksichtigt — lassen Sie mich einmal die Zahlen nennen! —, wie es in einem Gebiet wie Ostbayern aussieht? Es geht jetzt z. B. um eine Menge von 30 000 t tschechischer Steinkohle. Diese tschechische Steinkohle verdrängt keine Ruhrkohle; es ist Spezialkohle. Derjenige, der sie bezieht, ist entweder gezwungen, den Zoll zu zahlen oder seine Feuerungsanlagen umzubauen. Man hat sich nicht gescheut, in dem ersten Entwurf dieses Kontingent auf 12 000 t herunterzusetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt ähnliche Beispiele. Lassen Sie mich das hier aussprechen; ich habe es gestern angekündigt. Wir haben durch Verhandlungen mit Polen für die oberschlesische Kohle, die in dem Gebiet immer zuständig war, für März einen Preis von 6 bis 8 DM weniger erreicht. Der dann auf uns entfallende Preis hätte die Einfuhr von Kohle in der doppelten Höhe ermöglicht. Dieser Kohlenpreis hätte das Industriegebiet bei uns etwa auf die Höhe des Ruhrkohlenpreises von Aschaffenburg gebracht. Das war unser Ziel bei all der Arbeit, und darüber haben wir gestern bei der Debatte über die Zonenrandgebiete gesprochen. Über all das geht dieser Zoll hinweg, den wir aus allgemeinen Gründen für schädlich und bei der besonderen, konkreten Situation nicht für notwendig halten.Ich habe mich verpflichtet, ganz kurz zu sprechen, und ich habe es getan. Nach langen und tiefgründigen Überlegungen und nicht leichten Herzens ist in uns die Überzeugung gewachsen, daß wir ein gutes Werk im Sinne derer tun, die hinter der Wirtschaftspolitik des Bundeswirtschaftsministers stehen, wenn wir Ihnen sagen: Beschließen Sie nicht eilig aus einer Situation heraus, die nicht Anlaß dazu gibt! Denn — vergessen Sie das nicht! — auch die Opposition auf der linken Seite des Hauses hat Ihnen gesagt, daß man diesen Zoll für die konkrete Situation nicht braucht. Wenn sie das sagt und wir von den Freien Demokraten es sagen, bezüglich denen noch nie ein Zweifel bestand, daß sie die marktwirtschaftliche Politik unterstützen, dann sollte das zu der Überlegung Anlaß geben, ob man diesen Zoll übereilt mit der Mehrheit des Hauses wirklich beschließen sollte.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Deist.
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Nachdem der Herr Präsident und das Hohe Haus mir gegenüber so großzügig bei der Zuteilung der Redezeit waren, will ich mich im Schlußwort ganz kurz fassen. Ich darf mich daher auf einige Bemerkungen beschränken.Der Herr Bundeswirtschaftsminister meinte, wir hätten keine Vorschläge für die Beseitigung der augenblicklichen Krisenerscheinungen vorgetragen. Da das absolut unzutreffend ist, muß ich darauf hinweisen, daß wir drei entscheidende Vorschläge gemacht haben: a) eine umfangreiche, gezielte und geplante öffentliche Auftragsvergabe zur Hebung der Nachfrage nach Kohle, b) eine Einschränkung der Einfuhr und c) eine Fördersenkung durch Arbeitszeitverkürzung auf fünf Tage. Das war unser Programm. Sie können der Meinung sein, es sei kein wirksames. Aber daß wir keine Vorschläge zur aktuellen Lage gemacht hätten, Herr Bundeswirtschaftsminister, können Sie mit Fug und Recht nicht behaupten.Eine zweite Bemerkung. Herr Bundeswirtschaftsminister, es handelte sich nicht darum, ob wir langfristige Verträge für gut gehalten haben oder nicht. Sicherlich sind längerfristige Verträge gut. Ob sie gleich drei Jahre oder 18 Monate gelten sollten, sei dahingestellt. Der Streit geht einzig darum, daß die Bundesregierung in der Zeit vom Februar, als die Krisenzeichen deutlich zu erkennen waren, bis zum September 1958 keinerlei Maßnahmen getroffen hat, um diese übertriebenen, exaltierten Einfuhrverträge zu verhindern.
— Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben sie selber genannt: im Februar/ März 17 Millionen Tonnen; das hat es früher nie gegeben. Bei einer Einfuhr von 12 bis 18 Millionen Tonnen im Jahr entfallen auf den Monat I bis 1,5 Millionen Tonnen.Hier bestand die Aufgabe, mit dem Lizenzsystem, wie Sie es viel zu spät im November gemacht haben, rechtzeitig dafür zu sorgen, daß ein solches plötzliches, unsinniges Anschwellen der Einfuhrverträge verhindert wird. Darum handelt es sich und darum hätten Sie 15 oder vielleicht noch mehr Millionen Tonnen an laufenden Einfuhrverträgen, Lizenzen und was weiß ich einsparen können. Nur darum handelt es sich. Daß eine solche Politik möglich ist, hat die Praxis des Kohlenbergbaues und der Regierung in Frankreich und Großbritannien bewiesen, die eine solche Steuerung der Einfuhr vorgenommen haben.Daraus, meine Damen und Herren, resultiert unsere Stellungnahme zum Kohlezoll. Derr Herr Bundeswirtschaftsminister hat gemeint, wir könnten ihn nicht auffordern, den Kohlezoll nicht durchzuführen. Und Herr Burgbacher hat hinzugefügt, vor den Kumpels an der Ruhr habe jeder es zu verantworten, wenn er die Verminderung der Halden-situation durch eine Ablehnung des Kohlezolls auf sich nehme. Nun, das ist nicht das Problem.Wir Sozialdemokraten haben stets wirksame Maßnahmen zur Drosselung der Einfuhren gefordert. Wir sagen Ihnen sogar, Herr Bundeswirtschaftsminister: wahrscheinlich bleibt Ihnen heute, nachdem Sie 11 Monate haben verstreichen lassen, nichts anderes übrig, als diese harte Maßnahme zu ergreifen, weil Sie auf andere Weise nichts tun können, um das Haldenproblem zu erleichtern. Wir werden Sie nicht hindern, diese Maßnahme zu treffen, denn auch wir wünschen eine Verminderung der Halden. Nur, meine Damen und Herren, wenn Ihre Versäumnisse in den letzten 11 Monaten zu einer solch unerwünschten und bedenklichen Maßnahme führen, dann müssen Sie schon selber die Verantwortung übernehmen; wir werden sie Ihnen nicht abnehmen.
Das haben wir erklärt, und dabei bleiben wir.Herr Burgbacher, genauso wie wir unsere Stellungnahme gegenüber dem Kohlezoll selbstverständlich vor den Kumpels an der Ruhr zu verantworten haben, so wird die CDU auch ihre Stellungnahme zu einer Verkürzung der Arbeitszeit und einer dadurch möglichen Senkung der Förderung vor den Kumpels an der Ruhr verantworten müssen.
Eine dritte Bemerkung! Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat als Gegenargument die großen Stillegungen im englischen Bergbau angeführt und hat von der Stillegung von 36 Grubenanlagen gesprochen. Zunächst, meine Damen und Herren: ein nationalisierter Kohlenbergbau, ein öffentlich geordneter Kohlenbergbau ist ein Instrument, mit dem man besser den Dingen beikommen kann als mit dem Instrument, das bei uns in Deutschland zur Verfügung steht. Ob man dieses Instrument nutzt, hängt von dem ab, der darüber verfügt. Sie wissen, wir haben das Instrument der öffentlichen Unternehmungen, mit denen wir sehr viel Auftragspolitik machen können. Wir bedauern sehr, daß die Bundesregierung dieses Instrument, obwohl es ihr zur Verfügung steht, nicht nutzt. Die britische Regierung ist eine Regierung, die nach ihrer politischen Haltung der der Bundesregierung nicht ganz fern-steht. Sie pflegt solche Instrumente auch nicht so zu nutzen, wie wir das für zweckmäßig halten.
— Warten Sie ab, ich komme auch noch zu dem zweiten; ich bin ja gar nicht so. — Das ist konservative Politik, die da betrieben wird. Trotzdem sollten Sie die Tatsache, wenn Sie sie schon vorbringen, richtig darstellen. Hier handelt es sich um eine Maßnahme im Rahmen eines langfristigen Anpassungsprozesses. Die 36 Zechenanlagen, von denen Sie gesprochen haben, sind alles Zechenanlagen, die im Laufe der nächsten fünf Jahre sowieso der Erschöpfung zugehen. Das sind also solche, die im Laufe der Anpassung sowieso — —
— Nun lassen Sie mich einmal reden! Diese Zechenanlagen haben zusammen eine Belegschaft von 12 000 Mann, es handelt sich also um Grübchen mit einer Belegschaft von je etwa 300 Mann. Auch das muß man wissen, wenn von 36 Zechenanlagen gesprochen wird.
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3258 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959
Dr. DeistEin Drittes. Es ist Vorsorge getroffen, daß von den 12 000 Mann zwei Drittel innerhalb des Kohlenbergbaus umgesetzt werden, so daß allein 4000 betroffen werden.
— Ich will Ihnen damit nur sagen, daß das eine sehr gezielte und geplante Anpassungsmaßnahme ist, die sicher in normalen Zeiten sehr erwünscht ist — ob man sie gerade im Augenblick trifft, ist eine Sache für sich. Und ich habe auch kein Hehl aus unserer Meinung gemacht, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß auch wir eine langfristige planmäßige Anpassung des Kohlebergbaus an die veränderte Struktur des Energiemarktes für notwendig halten. Insofern besteht kein Unterschied. Deshalb ist Ihr englisches Beispiel kein schlüssiges Argument gegen das Funktionieren des nationalisierten Kohlebergbaus in Großbritannien.Herr Kollege Burgbacher meinte, wenn der Bergbau die Zeit des Kohlezolls nicht nutze, um die Rationalisierung und Modernisierung des Kohlebergbaus ernsthaft in Angriff zu nehmen — ich verlange nicht: durchzuführen —, dann hätten Sie sich geirrt, und dann: nie wieder Zoll! Wir werden uns das vormerken, wenn wir am 31. Dezember 1959 --
— Na, da sind wir einig; wir merken beide vor, Herr Kollege Burgbacher.Im übrigen möchte ich sagen, daß es mir eine Freude war, diese Diskussion mit Ihnen, Herr Kollege Burgbacher, zu führen. Ich habe es nicht nötig, mich sehr lange mit Ihnen auseinanderzusetzen. Ich hatte das Gefühl, daß die Auseinandersetzung über Ihre Ausführungen eher mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister geführt werden müßte als mit mir.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Es ist vorgesehen, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und DP Umdruck 199 an den Außenhandelsausschuß — federführend — und an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß — mitberatend — zu überweisen. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ferner liegt eine interfraktionelle Vereinbarung
vor, die Abstimmung über den Mündlichen Bericht Drucksache 826 — Kohlenzoll — auf morgen genau 9 Uhr zu vertagen. — Das Haus ist damit einverstanden. In der Erwartung, daß das Haus morgen sehr viel attraktiver besetzt ist als jetzt, vertagen wir also die Abstimmung bis morgen früh 9 Uhr.
Die Tagesordnung ist heute nachmittag um einen Punkt ergänzt worden. Ich rufe auf die
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Drucksachen 769, 828).
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — 3 — sowie Einleitung und Überschrift. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wer den aufgerufenen Paragraphen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -- Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Dritte Beratung. Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich nehme an, daß die Herren, die sitzen geblieben sind, sich an der Abstimmung nicht beteiligen wollen.
— Natürlich, die Berliner; aber es sind auch NichtBerliner sitzen geblieben; ich nehme an, daß das auf die Ermüdung zurückzuführen ist. — Dennoch stelle ich fest, daß das Wasserhaushaltsgesetz einstimmig angenommen worden ist.
Damit sind wir am Schluß der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen früh 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.