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ID0305902700

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    Deutscher Bundestag 59. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1959 Inhalt: Ergänzung der Tagesordnung 3215 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlebergbau (Drucksache 708) ; in Verbindung mit Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Kohlenzoll); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 813, zu 813, 826 [neu] ) Fernschreiben des Präsidenten des Bundesrates betr. Kohlenzollverordnung 3215 B Dr. Bleiß (SPD) 3215D Dr. Serres (CDU/CSU) 3218 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 3219 B, 3241 C Dr. Deist (SPD) . . . . 3227 C, 3257 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 3243 D Dr. Atzenroth (FDP) 3247 D Dr. Steinmetz (DP) 3252 C Dr .-Ing. Philipp (CDU/CSU) . . . 3253 D Deringer (CDU/CSU) 3254 C Dr. Starke (FDP) 3254 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) (Bundesrat) (Drucksachen 769, 828) — Zweite und dritte Beratung — 3258 C Nächste Sitzung 3258 D Anlagen 3259 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3215 59. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt Ms einschließlich Frau Albertz 4. 4. Dr. Baade 30. 1. Bading 30. 1. Dr. Bärsch 30.1. Bauknecht 30. 1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Frau Blohm 31. 1. von Bodelschwingh 29. 1. Diel (Horressen) 23. 2. Dr. Eckhardt 10. 2. Etzenbach 7. 2. Fuchs 30. 1. Gedat 30. 1. Gleissner (Unna) 20. 2. Graaff 15.2. Dr. Gradl 30. 1. Dr. Greve 7. 2. Dr. Gülich 31. 1. Haage 30. 1. Heinrich 31. 1. Heye 29. 1. Hufnagel 29. 1. Jacobs 31.3. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Kalbitzer 30. 1. Frau Kalinke 31. 1. Kiesinger 29. 1. Kramel 16. 2. Kraus 30. 1. Kreitmeyer 31. 1. Dr. Kreyssig 30. 1. Kriedemann 30. 1. Kühn (Bonn) 30. 1. Kahn (Köln) 30. 1. Kunst 21.4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 1. Memmel 31. 1. Dr. Menzel 15. 2. Murr 31. 1. Müser 17. 2. Nellen 31. 1. Dr. Oesterle 6. 2. Ollenhauer 29. 1. Pelster 31. 1. Pietscher 30. 1. Pütz 14. 2. Dr. Reith 31. 1. Rohde 31. 1. Scharnowski 30.1. Dr. Schmid (Frankfurt) 30. 1. Schneider (Hamburg) 2. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 2. Schoettle 30. 1. Schröder (Osterode) 30. 1. Frau Dr. Steinbiß 14. 2. Walpert 31. 1. Weimer 29. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Weinkamm 30. 1. Welslau 30. 1. Anlage 2 Umdruck 199 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlebergbau (Drucksache 708). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. in geeigneter Weise, notfalls durch Gesetz a) sicherzustellen, daß inländische Käufer zollpflichtiger Brennstoffe ihre Verträge dem Ruhrbergbau zur Ablösung anbieten können und dieser sie zu angemessenen Bedingungen ablöst. Über die Frage der Angemessenheit soll im Streitfall ein Schiedsgericht entscheiden, das aus je einem, vom Ruhrbergbau und von dem betroffenen Käufer benannten Beisitzer und einem Obmann besteht, der von den Beisitzern zu wählen, im Falle der Nichteignung vom Bundeswirtschaftsminister zu benennen ist. Der Ruhrbergbau soll verpflichtet und berechtigt sein, bei durchgehandelten Verträgen dem inländischen Käufer gleichwertige Brennstoffe aus Mitgliedstaaten der EG zu gleichen Bedingungen zu liefern; b) klarzustellen, daß bis zum 1. Juli 1959 inländische Käufer Kauf- und Frachtverträge über nach der Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 zollpflichtige Brennstoffe nicht unter Berufung auf diese Verordnung lösen können; 2. durch 'gesetzliche Regelung dafür Sorge zu tragen, daß die durch die Zollverordnung besonders betroffenen Gebiete bei der Verteilung der zollfreien Kontingente bevorzugt berücksichtigt werden. Bonn, den 29. Januar 1959 Dr. Krone und Fraktion Dr. Preiß und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Justiz auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Arndt (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. Januar 1959, Drucksache 786, Frage 24) : Wann wird - im Hinblick darauf, daß nach dem Beschluß 1 BvR 510 des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 1958 die 3260 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 Ausübung von Strafgewalt „sicher" zu den Funktionen der rechtsprechenden Gewalt gehört und daß die Bundesregierung in der amtlichen Begründung ihrer Vorlage für ein Richtergesetz die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit der Richter für die Rechtsprechung bejaht hat (Drucksache 516 S. 32) — die Bundesregierung dem Beschluß des 2. Bundestages in der 136. Sitzung vom 21. März 1956 zu Umdruck 562 (Stenographischer Bericht S. 7046 C und 7062) und dem Beschluß des 2. Bundestages in der 227. Sitzung vom 29. August 1957 zu Drucksache 3650 der 2. Wahlperiode (Stenographischer Bericht S. 13 521 C) entsprechen und dazu Stellung nehmen, ob die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung, insbesondere ein Ausüben von Strafgewalt durch Verwaltungsbehörden wie Finanzämter und Postämter, mit dem Grundgesetz vereinbar sind? Ihre Anfrage geht davon aus, daß nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 1958 — 1 BvR 510/52 — jede Ausübung von Strafgewalt durch Verwaltungsbehörden grundgesetzwidrig sei. Ich kann diesen Beschluß nicht in einem solchen Sinne auslegen, und zwar aus folgenden Gründen: Der Beschluß behandelt das Bußgeldverfahren bei Ordnungswidrigkeiten und erklärt dieses Verfahren für zulässig. Man kann dem Bundesverfassungsgericht nicht unterstellen, daß es durch eine beiläufige, nicht näher begründete Bemerkung in einem ganz anderen Verfahren sich gegen das Verwaltungsstrafverfahren ausgesprochen haben sollte, das zum traditionellen Bestand des deutschen Strafverfahrensrechts gehört. Der von Ihnen angesprochene Satz sagt nicht, daß die Ausübung aller Strafgewalt, sondern nur, daß die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit zu den Funktionen der rechtsprechenden Gewalt gehört. Schließlich muß jener Satz aber auch im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz gelesen werden. Dort erklärt das Bundesverfassungsgericht, daß es auf die allgemeinere Streitfrage. ob es eindeutig materielle Kriterien für einen Begriff der rechtsprechenden Gewalt im Sinne des Art. 92 GG gibt, nicht einzugehen brauche. Die Bundesregierung hält sich also auch nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts für berechtigt, an ihrer Auffassung festzuhalten, daß die derzeitigen Verwaltungsstrafverfahren nicht verfassungswidrig sind. Sie stimmt jedoch mit dem Bundestag darin überein, daß diese Verfahren allgemein überprüft werden sollten. Zwar hat sich die Hoffnung der Bundesregierung, das Bundesverfassungsgericht werde anläßlich einer eingelegten Verfassungsbeschwerde Gelegenheit haben, sich über die Zulässigkeit des Steuerstrafverfahrens auszusprechen, nicht erfüllt. Diese Verfassungsbeschwerde ist nämlich aus formellen Gründen verworfen worden, so daß die erwähnte Frage nicht geklärt werden konnte. Inzwischen ist die Vorbereitung einer Änderung der Vorschriften der Abgabenordnung, die sich auf das Steuerstrafverfahren beziehen, wieder aufgenommen worden. Ein künftiges Postgesetz soll nach der übereinstimmenden Meinung der Ressorts die Befugnis der Postbehörden, Kriminalstrafen zu verhängen, nicht mehr enthalten. Schäffer Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rehs (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. Januar 1959, Drucksache 786, Frage 35): Unter Bezugnahme auf die Erklärungen des Herrn Bundesernährungsministers in der Fragestunde am 27. November 1958 frage ich den Herrn Bundesernährungsminister heute, welche Beträge von den damals genannten Summen seit Inkrafttreten der beiden Gesetze bis zum 1. Dezember 1958 a) für Neusiedlungen gemäß BVFG, b) für die Übernahme bestehender Betriebe gemäß BVFG und c) für die Durchführung des SFG tatsächlich bewilligt und von den Ländern bei der Deutschen Siedlungsbank abgerufen wurden, und ob dabei die in den Haushaltsgesetzen festgelegte und sich auch aus § 2 des SFG im Zusammenhang mit § 41 des BVFG ergebende Relation der Neusiedlungsmittel von 1 : 2 bei den tatsächlich bewilligten Mitteln eingehalten wurde. Die Aufgliederung der für die Jahre 1953 bis 1958 für die Neusiedlung von Vertriebenen und Einheimischen und für die Eingliederung von Vertriebenen vom Bund bereitgestellten Mittel ist an Hand der Meldungen der Länder berechnet und von mir in der Fragestunde am 27. November 1958 bekanntgegeben worden. Für einen beliebig herausgegriffenen Zeitpunkt des laufenden Haushaltsjahres — wie hier für den 1. Dezember 1958 — liegen Unterlagen, die die Beantwortung der gestellten Frage ermöglichen, deshalb nicht vor, weil diese jeweils nur für das Ende eines Haushaltsjahres nach den Erfolgsmeldungen der Länder erstellt werden können. Die Wahrung der in den Erläuterungen zum Haushaltstitel 571 des Einzelplanes 10 vorgeschriebenen Relation wird den für die Bewilligung zuständigen Ländern bei der Zuteilung von Kontingenten jedesmal erneut zur Pflicht gemacht. Falls festgestellt wurde, daß die Relation nicht gewahrt war, so sind die jeweils notwendigen Maßnahmen ergriffen worden. Für die laufende Überwachung in dieser Richtung dienen u. a. die Meldungen der Deutschen Siedlungsbank über die bewilligten Mittel. Die in diesen Meldungen enthaltenen Zahlen sind von den Zufälligkeiten des Verfahrens und Verwaltungsablaufs abhängig und haben daher nur bedingten Aussagewert. Aber selbst wenn ich nur diese Meldungen der Deutschen Siedlungsbank zugrunde legen würde, ergibt sich aus der Halbjahresmeldung der Deutschen Siedlungsbank auf Bundesebene zusammengestellt zum 30. September 1958, daß im laufenden Haushaltsjahr für Zwecke des Bundesvertriebenengesetzes rd. 120 Mill. DM und für Zwecke des Siedlungsförderungsgesetzes rd. 40 Mill. DM bewilligt worden sind. Zu demselben Zeitpunkt (30. September) ergeben sich für die Zeit ab 1953 folgende Zahlen: für Zwecke des BVFG rd. 530 Mill. DM, für das SFG rd. 230 Mill. DM. Sollten Sie auf Grund Ihnen etwa vorliegender Unterlagen zu einem anderen Ergebnis kommen, so bin ich gern bereit, diese Unterlagen zu prüfen und dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Lübke
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ein Wertzoll hier in der Bundesrepublik? Nein. Es ist mir bekannt, daß keiner besteht.

    (Widerspruch des Abg. Dr. Burgbacher.)

    — Herr Burgbacher, Sie sprechen mich wegen meines Zivilberufs an. Ich bin gern bereit, darauf einzugehen. Ich erkläre und habe das wiederholt erklärt im Namen der deutschen Möbelindustrie, daß wir die absolute Niederlegung aller Handelsschranken einschließlich Zoll und einschließlich Kontingentierung fordern, Herr Burgbacher.

    (Abg. Dr. Burgbacher: „Fordern" ! Aber wie i s t es?!)

    — Was die Bundesregierung nach dieser Richtung tut, wissen wir nicht. Wir fordern diese Niederlegung. Ich habe diese Forderung nicht etwa nur hier erhoben. Ich bin in einem internationalen Gremium auf diesem Gebet tätig, nämlich in der Union Européenne de l'Ameublement, und habe dort gegenüber unseren ausländischen Partnern diese Erklärung für die deutsche Möbelindustrie immer wieder abgegeben. Also uns können Sie wirklich nicht als Beispiel dafür heranziehen, wenn hier ein Zoll geschaffen wird, bloß um zu verhindern, daß böse Verträge geschlossen werden. Meine Damen und Herren, das ist doch nicht richtig!
    Ich glaube in meinen zahlenmäßigen Beispielen nachgewiesen zu haben, daß die Gefahr einer weiteren Einfuhr ohne Zoll sehr gering ist, daß es sich um einige wenige Millionen Tonnen handelt, die bei unserer Gesamtförderung von 132 Millionen t kaum eine Rolle spielen, und daß man deswegen dieses schwere Geschütz nicht auffahren sollte.
    Warum nennen Sie diese Maßnahme überhaupt Zoll? Es ist ja gar kein Zoll, sondern ein echtes Embargo, ein Einfuhrverbot. Wenn man ein Embargo meint, dann soll man es auch sagen. Ich beziehe mich da auf Herrn Minister Erhard als Kronzeugen, der kürzlich bei den Beratungen über die Freihandelszone gesagt hat: Sprecht doch nicht immer von Diskriminierung! Der Schweiz ist es gleichgültig, ob das Diskriminierung heißt oder anders, sie will nur gleichberechtigt in Ein- und Ausfuhr sein! — Ebenso wollen die Amerikaner auch nur, daß sie Kohle bei uns einführen können; ob das Hindernis Embargo heißt oder Zoll, ist gleich.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Das ist ein grundsätzlicher Unterschied!)

    — Natürlich ist das ein grundsätzlicher Unterschied, Herr Fritz. Darum haben wir ja die großen Bedenken. Der Unterschied liegt darin, daß dieser Zoll bleiben wird. Außerdem wird dieser Zoll zusammen mit dem Kohle-Öl-Kartell und dem mit großer Sicherheit zu erwartenden — Herr Dr. Deist hat dieselbe Erwartung ausgesprochen — Ölzoll ein massives Kartell abgeben, so herrlich, Herr Minister Erhard, wie wir es bei den Kartellberatungen immer als finsterste Möglichkeit an die Wand gemalt haben: festgemauert in den Zöllen steht die Wirtschaft dann.
    Deswegen halten wir diesen Zoll für ein ungeeignetes Mittel, um aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten herauszukommen.
    Sie sagen immer, Sie wollten damit nur die Ablösung der Verträge erreichen. Das ist eine kurzfristige Maßnahme. Meinetwegen sollten wir zur Erreichung dieses Ziels — Herr Bucerius hat es gestern vorgeschlagen — mit dem Zoll drohen. Wir treten ja alle für eine vernünftige Ablösung der Verträge ein. Aber wir dürfen mit diesem Zoll nicht schon vollendete Tatsachen schaffen. Sie selber fordern ja, wie ich einem Entschließungsantrag entnehme, ein Gesetz. Warum sollten wir uns nicht mit dem Gesetz begnügen, Herr Bucerius? Das würde ja in Ihrer Linie liegen. In dein Gesetz können wir ganz bindend eine kurze Frist festlegen; bei der



    Dr. Atzenroth
    Verordnung haben wir sie nicht. Denn das Gesetz läuft automatisch aus, und der Bundestag müßte ein neues Gesetz beschließen, wenn man eine Verlängerung will. Wir sind gegen die Fortdauer des Zolls; wir wollen ihn nicht einmal für das nächste Jahr —da unterscheiden wir uns, Herr Burgbacher —, denn bis zum nächsten Jahr muß der größte Teil dei Schwierigkeiten beseitigt sein.
    Herr Burgbacher, wir unterscheiden uns auch etwas in der Auffassung über die Marktwirtschaft. Wir haben es hier doch mit einem Wirtschaftszweig zu tun, der nicht gern in die Marktwirtschaft hineingeht. Wenn wir den nicht immer unter Druck halten, dann wird er keine Vorkehrungen treffen, um in die Marktwirtschaft hineinzukommen.

    (Abg. Dr. Bucerius: Richtig!)

    Wenn man ihm das Gefühl gibt, daß er für absehbare Zeit durch einen Zoll geschützt ist, dann wird er in seinen Anstrengungen sicher erlahmen.
    Ich möchte noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das hier noch nicht berührt worden ist, das aber meiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang erwähnt werden muß. Wir sollten diese Lage benutzen, um eine Revision des unhaltbar gewordenen Montanvertrages zu erreichen. Nach Abschluß der EWG ist der Montanvertrag eigentlich sinnwidrig. Die EWG ist nach den Erklärungen der Bundesregierung — wir bestreiten das etwas — auf dem Prinzip der freien Marktwirtschaft aufgebaut.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dafür ist es noch zu früh!)

    --- Nein, es ist nicht zu früh. — Der Montanvertrag dagegen ist auf der Grundlage einer Mangellage bei Kohle aufgebaut und geht von der Annahme aus, daß diese Mangellage immer bleiben wird. Wir sehen nun in allen Ländern der Gemeinschaft, daß das ein Fehlschluß war. Daher müssen wir so schnell wie möglich von der Differenzierung in den wirtschaftlichen Zielsetzungen von Montanunion und EWG wegkommen, d. h. die Montanwirtschaft muß in das in der EWG verankerte System überführt werden.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Die Energiewirtschaftspolitik der EWG löst einen Teil des Problems!)

    - Nein, wir wollen den Montanvertrag sofort
    auflösen. Sie wissen ja, wie Organe sich halten und
    daß sie nur unter Zwang aufgelöst werden können.
    Aber wir müssen beim Montanvertrag noch andere, kurzfristige Lösungen finden. Es hat sich deutlich gezeigt, daß das Verbot der Preisunterschiedlichkeit — ich möchte nicht sagen: Diskriminierung — mit einer echten Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren ist. Hier muß eine Änderung sehr schnell vorgenommen werden.
    Schließlich — um es an dem italienischen Beispiel zu zeigen — müssen wir die Forderung erheben, daß einer Lieferpflicht auch eine Abnahmepflicht gegenübersteht oder daß beide verschwinden. Daß dies bisher nicht der Fall ist, hat sich an dem Beispiel Italien als verhängnisvoll gezeigt.
    Mit dem Vertrag haben wir beschlossen — und wir wollen die Mittel dafür bereitstellen —, die ganz unrentablen belgischen Zechen stillzulegen. Wir haben dafür seit Jahren Zahlungen geleistet. Aber mit der Stillegung ist noch nicht begonnen worden. Ich weiß nicht, ob die Bundesregierung hier schon initiativ geworden ist. Das wäre jedenfalls ihre Pflicht.
    Ich muß noch einmal kurz zu den sozialen Problemen zurückkommen. Wir verkennen nicht, daß die Schwierigkeiten, die sich zur Zeit ergeben, uns vor ein soziales Problem stellen. Wir werden alle Maßnahmen unterstützen, die geeignet sind, soziale Härten zu vermeiden. Wir werden keine Maßnahmen vorschlagen, die soziale Schwierigkeiten für die Bergarbeiter oder die mit ihnen verbundenen Kreise, etwa die Städte an der Ruhr, bringen könnten.
    Aber bisher ist die Lage verzerrt dargestellt worden. Der Herr Minister hat schon gesagt, daß kein Bergarbeiter entlassen worden oder arbeitslos geworden ist. Eine ganze Reihe von Bergarbeitern — ich glaube, im Jahre 1958 waren es 25 000 — sind ausgeschieden. Aber die Arbeitsplätze wurden dadurch frei, daß keine Neueinstellungen erfolgten. Im Ruhrgebiet sind Arbeitslose in nennenswertem Umfang nicht zu verzeichnen. Insofern sind die Verhältnisse zunächst, sozialpolitisch gesehen, übertrieben worden.
    Ich habe schon vorhin Herrn Dr. Deist geantwortet, daß auch durch die Feierschichten bis auf wenige Ausnahmen die Arbeitsverdienste nicht abgesunken sind. Die Arbeitsschichtleistung hat sich vielmehr teilweise beträchtlich erhöht. Wir betrachten das als ein gutes Zeichen. Ich bin überrascht, daß Herr Dr. Deist uns den Gegenvorschlag machte, die Fünf-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich einzuführen. Dann würde die Schichtleistung — so sagte er — automatisch absinken, dann würde also die Produktion sich verringern, und das sei doch sehr erwünscht.
    Aber wie können wir denn wirtschaftlich denken, wenn wir ein Absinken der Arbeitsleistung begrüßen?

    (Abg. Dr. Deist: Der Förderleistung!)

    — Gut, der Förderleistung im Bergbau; ich muß mich an die Fachausdrücke des Bergbaues gewöhnen. Ein Absinken der Förderleistung können wir doch nicht wünschen. Wenn man den Arbeitern in irgendeiner Form, sei es in einer Kurzarbeiterunterstützung oder sonstwie, einen Ausgleich bieten will oder bieten muß, dann werde ich darüber mit mir reden lassen. Aber eine geringe Förderleistung geradezu zu erstreben, weil wir im Augenblick weniger Kohle brauchen, wäre der denkbar ungeeignetste Weg. Diesen Weg sehe ich als einen sozialistischen Weg an.
    Herr Dr. Deist, Sie sind ja immer etwas verschnupft, wenn ich Sie als einen Sozialisten bezeichne.

    (Heiterkeit bei der FDP. — Abg. Dr. Deist: Das ist mir ganz neu!)

    Ich will so sagen: wenn ich Sie als einen Verfechter der Sozialisierung bezeichne.





Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Dr. Deist hat — wenn der Redner es gestattet — das Wort zu einer Zwischenfrage.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich muß mich bemühen, Herr Präsident, die Sache in die Form einer Frage zu kleiden. — Herr Kollege Atzenroth, darf ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich mich niemals geweigert hatte anzuerkennen, im Gegenteil stolz darauf bin, ein Sozialist zu sein. Ich wünsche auch nicht, daß das irgendwie in Zweifel gezogen wird.
    Aber ich möchte eine zweite Frage stellen, Herr Atzenroth, und zwar nur zur Klarlegung. Sind Sie sich bewußt, daß hier offenbar ein Mißverständnis vorliegt: ich möchte nicht die Leistung des einzelnen Mannes herabsetzen — das haben Sie offenbar verstanden —, sondern die gesamte Förderleistung, und zwar dadurch, daß mehrere Stunden in der Woche wegfallen, weil die Arbeitszeit verkürzt wird. Ich fürchte, daß hier ein Mißverständnis bei Ihnen entstanden ist, daß vielleicht berichtigt werden könnte.