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ID0305901400

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    Deutscher Bundestag 59. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1959 Inhalt: Ergänzung der Tagesordnung 3215 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlebergbau (Drucksache 708) ; in Verbindung mit Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Kohlenzoll); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 813, zu 813, 826 [neu] ) Fernschreiben des Präsidenten des Bundesrates betr. Kohlenzollverordnung 3215 B Dr. Bleiß (SPD) 3215D Dr. Serres (CDU/CSU) 3218 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 3219 B, 3241 C Dr. Deist (SPD) . . . . 3227 C, 3257 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 3243 D Dr. Atzenroth (FDP) 3247 D Dr. Steinmetz (DP) 3252 C Dr .-Ing. Philipp (CDU/CSU) . . . 3253 D Deringer (CDU/CSU) 3254 C Dr. Starke (FDP) 3254 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) (Bundesrat) (Drucksachen 769, 828) — Zweite und dritte Beratung — 3258 C Nächste Sitzung 3258 D Anlagen 3259 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 3215 59. Sitzung Bonn, den 29. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt Ms einschließlich Frau Albertz 4. 4. Dr. Baade 30. 1. Bading 30. 1. Dr. Bärsch 30.1. Bauknecht 30. 1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Frau Blohm 31. 1. von Bodelschwingh 29. 1. Diel (Horressen) 23. 2. Dr. Eckhardt 10. 2. Etzenbach 7. 2. Fuchs 30. 1. Gedat 30. 1. Gleissner (Unna) 20. 2. Graaff 15.2. Dr. Gradl 30. 1. Dr. Greve 7. 2. Dr. Gülich 31. 1. Haage 30. 1. Heinrich 31. 1. Heye 29. 1. Hufnagel 29. 1. Jacobs 31.3. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Kalbitzer 30. 1. Frau Kalinke 31. 1. Kiesinger 29. 1. Kramel 16. 2. Kraus 30. 1. Kreitmeyer 31. 1. Dr. Kreyssig 30. 1. Kriedemann 30. 1. Kühn (Bonn) 30. 1. Kahn (Köln) 30. 1. Kunst 21.4. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 1. Memmel 31. 1. Dr. Menzel 15. 2. Murr 31. 1. Müser 17. 2. Nellen 31. 1. Dr. Oesterle 6. 2. Ollenhauer 29. 1. Pelster 31. 1. Pietscher 30. 1. Pütz 14. 2. Dr. Reith 31. 1. Rohde 31. 1. Scharnowski 30.1. Dr. Schmid (Frankfurt) 30. 1. Schneider (Hamburg) 2. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 2. Schoettle 30. 1. Schröder (Osterode) 30. 1. Frau Dr. Steinbiß 14. 2. Walpert 31. 1. Weimer 29. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Weinkamm 30. 1. Welslau 30. 1. Anlage 2 Umdruck 199 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kohlebergbau (Drucksache 708). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. in geeigneter Weise, notfalls durch Gesetz a) sicherzustellen, daß inländische Käufer zollpflichtiger Brennstoffe ihre Verträge dem Ruhrbergbau zur Ablösung anbieten können und dieser sie zu angemessenen Bedingungen ablöst. Über die Frage der Angemessenheit soll im Streitfall ein Schiedsgericht entscheiden, das aus je einem, vom Ruhrbergbau und von dem betroffenen Käufer benannten Beisitzer und einem Obmann besteht, der von den Beisitzern zu wählen, im Falle der Nichteignung vom Bundeswirtschaftsminister zu benennen ist. Der Ruhrbergbau soll verpflichtet und berechtigt sein, bei durchgehandelten Verträgen dem inländischen Käufer gleichwertige Brennstoffe aus Mitgliedstaaten der EG zu gleichen Bedingungen zu liefern; b) klarzustellen, daß bis zum 1. Juli 1959 inländische Käufer Kauf- und Frachtverträge über nach der Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 zollpflichtige Brennstoffe nicht unter Berufung auf diese Verordnung lösen können; 2. durch 'gesetzliche Regelung dafür Sorge zu tragen, daß die durch die Zollverordnung besonders betroffenen Gebiete bei der Verteilung der zollfreien Kontingente bevorzugt berücksichtigt werden. Bonn, den 29. Januar 1959 Dr. Krone und Fraktion Dr. Preiß und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Justiz auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Arndt (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. Januar 1959, Drucksache 786, Frage 24) : Wann wird - im Hinblick darauf, daß nach dem Beschluß 1 BvR 510 des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 1958 die 3260 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. Januar 1959 Ausübung von Strafgewalt „sicher" zu den Funktionen der rechtsprechenden Gewalt gehört und daß die Bundesregierung in der amtlichen Begründung ihrer Vorlage für ein Richtergesetz die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit der Richter für die Rechtsprechung bejaht hat (Drucksache 516 S. 32) — die Bundesregierung dem Beschluß des 2. Bundestages in der 136. Sitzung vom 21. März 1956 zu Umdruck 562 (Stenographischer Bericht S. 7046 C und 7062) und dem Beschluß des 2. Bundestages in der 227. Sitzung vom 29. August 1957 zu Drucksache 3650 der 2. Wahlperiode (Stenographischer Bericht S. 13 521 C) entsprechen und dazu Stellung nehmen, ob die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung, insbesondere ein Ausüben von Strafgewalt durch Verwaltungsbehörden wie Finanzämter und Postämter, mit dem Grundgesetz vereinbar sind? Ihre Anfrage geht davon aus, daß nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 1958 — 1 BvR 510/52 — jede Ausübung von Strafgewalt durch Verwaltungsbehörden grundgesetzwidrig sei. Ich kann diesen Beschluß nicht in einem solchen Sinne auslegen, und zwar aus folgenden Gründen: Der Beschluß behandelt das Bußgeldverfahren bei Ordnungswidrigkeiten und erklärt dieses Verfahren für zulässig. Man kann dem Bundesverfassungsgericht nicht unterstellen, daß es durch eine beiläufige, nicht näher begründete Bemerkung in einem ganz anderen Verfahren sich gegen das Verwaltungsstrafverfahren ausgesprochen haben sollte, das zum traditionellen Bestand des deutschen Strafverfahrensrechts gehört. Der von Ihnen angesprochene Satz sagt nicht, daß die Ausübung aller Strafgewalt, sondern nur, daß die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit zu den Funktionen der rechtsprechenden Gewalt gehört. Schließlich muß jener Satz aber auch im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz gelesen werden. Dort erklärt das Bundesverfassungsgericht, daß es auf die allgemeinere Streitfrage. ob es eindeutig materielle Kriterien für einen Begriff der rechtsprechenden Gewalt im Sinne des Art. 92 GG gibt, nicht einzugehen brauche. Die Bundesregierung hält sich also auch nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts für berechtigt, an ihrer Auffassung festzuhalten, daß die derzeitigen Verwaltungsstrafverfahren nicht verfassungswidrig sind. Sie stimmt jedoch mit dem Bundestag darin überein, daß diese Verfahren allgemein überprüft werden sollten. Zwar hat sich die Hoffnung der Bundesregierung, das Bundesverfassungsgericht werde anläßlich einer eingelegten Verfassungsbeschwerde Gelegenheit haben, sich über die Zulässigkeit des Steuerstrafverfahrens auszusprechen, nicht erfüllt. Diese Verfassungsbeschwerde ist nämlich aus formellen Gründen verworfen worden, so daß die erwähnte Frage nicht geklärt werden konnte. Inzwischen ist die Vorbereitung einer Änderung der Vorschriften der Abgabenordnung, die sich auf das Steuerstrafverfahren beziehen, wieder aufgenommen worden. Ein künftiges Postgesetz soll nach der übereinstimmenden Meinung der Ressorts die Befugnis der Postbehörden, Kriminalstrafen zu verhängen, nicht mehr enthalten. Schäffer Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rehs (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. Januar 1959, Drucksache 786, Frage 35): Unter Bezugnahme auf die Erklärungen des Herrn Bundesernährungsministers in der Fragestunde am 27. November 1958 frage ich den Herrn Bundesernährungsminister heute, welche Beträge von den damals genannten Summen seit Inkrafttreten der beiden Gesetze bis zum 1. Dezember 1958 a) für Neusiedlungen gemäß BVFG, b) für die Übernahme bestehender Betriebe gemäß BVFG und c) für die Durchführung des SFG tatsächlich bewilligt und von den Ländern bei der Deutschen Siedlungsbank abgerufen wurden, und ob dabei die in den Haushaltsgesetzen festgelegte und sich auch aus § 2 des SFG im Zusammenhang mit § 41 des BVFG ergebende Relation der Neusiedlungsmittel von 1 : 2 bei den tatsächlich bewilligten Mitteln eingehalten wurde. Die Aufgliederung der für die Jahre 1953 bis 1958 für die Neusiedlung von Vertriebenen und Einheimischen und für die Eingliederung von Vertriebenen vom Bund bereitgestellten Mittel ist an Hand der Meldungen der Länder berechnet und von mir in der Fragestunde am 27. November 1958 bekanntgegeben worden. Für einen beliebig herausgegriffenen Zeitpunkt des laufenden Haushaltsjahres — wie hier für den 1. Dezember 1958 — liegen Unterlagen, die die Beantwortung der gestellten Frage ermöglichen, deshalb nicht vor, weil diese jeweils nur für das Ende eines Haushaltsjahres nach den Erfolgsmeldungen der Länder erstellt werden können. Die Wahrung der in den Erläuterungen zum Haushaltstitel 571 des Einzelplanes 10 vorgeschriebenen Relation wird den für die Bewilligung zuständigen Ländern bei der Zuteilung von Kontingenten jedesmal erneut zur Pflicht gemacht. Falls festgestellt wurde, daß die Relation nicht gewahrt war, so sind die jeweils notwendigen Maßnahmen ergriffen worden. Für die laufende Überwachung in dieser Richtung dienen u. a. die Meldungen der Deutschen Siedlungsbank über die bewilligten Mittel. Die in diesen Meldungen enthaltenen Zahlen sind von den Zufälligkeiten des Verfahrens und Verwaltungsablaufs abhängig und haben daher nur bedingten Aussagewert. Aber selbst wenn ich nur diese Meldungen der Deutschen Siedlungsbank zugrunde legen würde, ergibt sich aus der Halbjahresmeldung der Deutschen Siedlungsbank auf Bundesebene zusammengestellt zum 30. September 1958, daß im laufenden Haushaltsjahr für Zwecke des Bundesvertriebenengesetzes rd. 120 Mill. DM und für Zwecke des Siedlungsförderungsgesetzes rd. 40 Mill. DM bewilligt worden sind. Zu demselben Zeitpunkt (30. September) ergeben sich für die Zeit ab 1953 folgende Zahlen: für Zwecke des BVFG rd. 530 Mill. DM, für das SFG rd. 230 Mill. DM. Sollten Sie auf Grund Ihnen etwa vorliegender Unterlagen zu einem anderen Ergebnis kommen, so bin ich gern bereit, diese Unterlagen zu prüfen und dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Lübke
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kohlepolitik ist ein Teil der Energiepolitik, und Energiepolitik ist ein Teil der Volkswirtschafts- und der Sozialpolitik. Zweifellos kann man eine Sache nur nach der Gesamtheit und nicht nach den Details beurteilen.
    Es war deshalb folgerichtig, daß unser Bundeswirtschaftsminister mit dem von Kollegen Deist also rosarot bezeichneten Einwickelpapier begonnen und geschlossen hat. Es wäre natürlich etwas anderes, wenn wir heute im Rahmen einer Wirtschaftskrise über die Kohlekalamität sprächen. Das tun wir aber nicht. Wir sprechen vielmehr über eine partielle Erscheinung, die nur zu einem geringen Bruchteil von der Konjunktur verursacht ist. Ich bin nicht der Meinung von Kollegen Deist, daß die Konjunktur einen wesentlichen Bruchteil der Situation verursacht hat, sondern meine, daß sie einen geringen Bruchteil verursacht hat und daß die Gründe anderswo liegen. Darüber möchte ich zunächst kurz sprechen. Ich will mich so kurz wie möglich fassen.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie die Energiesituation der verschiedenen Kulturvölker betrachten und die Energiedarbietung auf Menschenkraft umrechnen, kommen Sie zu einer Formel, die man die sogenannten technischen Sklaven nennt. In der Bundesrepublik stehen etwa zehn bis elf technische



    Dr. Burgbacher
    Sklaven pro Arbeiter zur Verfügung, d. h. hinter jedem Arbeitenden stehen zehn bis elf technische Kräfte. Sie verlängern und multiplizieren seine Arbeitskraft. In den skandinavischen Ländern und in der Schweiz liegt die Anzahl bei etwa 14, in Frankreich bei 12, in den Vereinigten Staaten bei 36 und in der UdSSR bei 3 bis 5.
    Das besagt, daß wir in Europa eine gute, aber keineswegs sehr gute Position in der gesamten Energiedarbietung haben. Es besagt weiterhin, daß wir unsere Produktivität dahin bringen müssen, wo sie andere haben, und zwar zusammen mit dem sozialen Standing. Dann müssen wir immer noch mit einer Steigerung der Energienachfrage und mit der Notwendigkeit, die Energiedarbietung zu steigern, rechnen. Das ist unzweifelhaft der Trend.
    Gott sei Dank steigt die Produktivität in der Bundesrepublik noch an. Diese Steigerung der Produktivität bewirkt eine Steigerung der Nachfrage nach Energieleistung, und zwar etwa im Verhältnis 1 : 1. Man streitet darüber; aber lassen wir das fort!
    Wir dürfen damit rechnen, daß wir auch in diesem Jahr ebenso wie 1958 eine Produktivitätssteigerung von 3 oder 4 % haben werden. Wir dürfen rechnen, daß auch die Energieleistung steigt. Die Nachfrage nach Energieleistung ist auch im Jahre 1958 gestiegen. Trotzdem haben wir Vorräte an Primärenergie. Warum?
    Nun, es gibt ein Bukett von Gründen. Ich will nur die wichtigsten nennen. Leider spielt auch etwas eine Rolle, war wir gar nicht in der Hand haben; der milde Winter! 1 1/2 Grad Temperaturdifferenz im Winter machen 4 bis 6 Millionen t aus. Das -Öl ist schon genannt worden. Den Zahlen, die Herr Kollege Deist genannt hat, schließe ich mich völlig an. Es macht zwar nur 2 %aus; aber immerhin sind diese 2 % eben auch 2 bis 3 Millionen t. Dann ist der Konjunktureinbruch zu nennen, vorwiegend bei der Eisen- und Stahlindustrie, den ich mit etwa 4 Millionen t veranschlagen würde.
    Was ist es noch? Nun, da ist eine wichtige Tatsache zu nennen, die zahlenmäßig nicht zu fassen ist und die eigentlich ein sonst nützliches, notwendiges Produkt einer gesunden Wirtschaftspolitik ist, wie wir sie machen. Ich meine die Durchrationalisierung aller Produktionsvorgänge. Wir sind aus der Zeit der übergroßen Nachfrage in die Zeit des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage eingetreten: teilweise ist sogar das Angebot höher als die Nachfrage. Das bedingt die Unmöglichkeit, in den Preis auszuweichen, und dieser Zustand ist genau das, was wir wollen. Wir wollen die Preis-und Währungsstabilität, und die Währungsstabiliät können wir nur mit der Preisstabilität haben.

    (Beifall in der Mitte.)

    Bei steigenden Kosten, die z. B. durch den Lohn verursacht werden — wir sind absolut der Meinung, daß jedem Arbeitenden der ihm zustehende Anteil an der Steigerung der Produktivität durch Steigerung eines sozialen Standings auch zuteil werden muß —, muß sich der Unternehmer oder der verantwortliche Mitarbeiter etwas einfallen lassen. Das heißt, er überprüft nicht mehr die Preise, sondern die Kosten, und wenn er die Kosten überprüft, überprüft er auch die Energiekosten. Wenn er die Energiekosten überprüft, schmeißt er aus seinen Fabriken und Anlagen alle Geräte heraus, die mehr Energie als moderne Geräte verbrauchen.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Und dann kommt man mit dem Zoll?!)

    — Ich komme auf den Zoll. — Das bedeutet, daß unter Umständen trotz Steigerung der Nachfrage nach Energieleistung durch die Verbesserung des Nutzwertes, zu dem noch Verbesserungen der Wandlungswerte kommen, der Bedarf an Primärenergie zurückgeht. Wenn ein altes Kraftwerk stillgelegt wird, das mit 1 kg Kohle pro kWh fährt, und ein neues in Dienst genommen wird, das mit 0,3 kg pro kWh fährt, kann es passieren, daß trotz Steigerung der Energieleistung rückwärts gerechnet die Nachfrage nach Primärenergie vorübergehend sinkt. Warum vorübergehend? Weil man nicht dauernd mit dem gleichen Erfolg durchrationalisieren kann! Wenn Sie in der Stromerzeugung von 5 kg pro kWh auf 0,3 kWh gekommen sind, sind in dan 0,3 kWh nicht noch einmal 5 drin. Da sind nur noch 0,3 vorhanden; das ist ein Grenzwert, bei dem nur noch wenig drinsteckt. Aber wenn z. B. die Bundesbahn elektrifiziert — und sie muß eis tun —, wird der Strom aus Kohle gemacht. Man braucht jedoch für die gleiche Fahrleistung über den Strom nur noch ein Drittel der Kohlenmenge, die man vorher bei Kohlelokomotiven gebraucht hat.
    Das ist der energiepolitische Hintergrund. Die großen Zahlen beweisen, daß wir noch viel nachzuholen haben, daß wir, wenn wir mit dem hohen Standing in den modernen Ländern mit hoher Produktivität Schritt halten wollen, noch viel mehr Energiedarbietung brauchen. Einen der Hauptgründe für das Zustandekommen der Kohlenhalden sehe ich aber in dem jetzt laufenden Zeitabschnitt der betrieblichen Rationalisierung. Dies verursacht die Rückschläge, die Halden.
    Nun ist gesagt worden, wir hätten früher zufassen sollen. Gleichzeitig hat Kollege Deist sich zu der Frage des Öls geäußert. Ich habe darüber etwas andere Gedanken; aber lassen wir das einmal offen. Es wird also gesagt, wir hätten früher zugreifen sollen. Der Herr Minister hat schon erklärt, warum wir das nicht konnten. Handelspolitisch diese Sache klarzuziehen ist gar kein Vergnügen. Da stimme ich mit dem Redner der Opposition überein. Ein Zoll ist handelspolitisch nie ein Vergnügen. Es kann jedoch nicht behauptet werden, daß man mit der Einführung eines Zolls die Gesetze der Marktwirtschaft verlasse. Auch die Vereinigten Staaten haben auf Importkohle einen Zoll von 2 Dollar pro short ton — das sind rund 900 kg —, was also rund 10 DM für die Tonne entspricht, obwohl sie eigentlich keine Sorge zu haben brauchen, daß Kohle importiert wird. Warum brauchen sie — im Gegensatz zu uns — diese Sorgen nicht zu haben? Wir haben in der Bundesrepublik eine Schichtleistung von 1600 bis 1700 kg. In den Vereinigten Staaten liegt



    Dr. Burgbacher

    (Ölkartell zurück. Ich spreche zunächst von den langfristigen Überlegungen. Ein Parlament kann sich nämlich erst dann ein Urteil über eine kurzfristige Maßnahme bilden, wenn es auch die langfristige Entwicklung erkannt hat. In den Vereinigten Staaten ist die Kohle mit 20 bis 30 % lohnschwer, während in der Bundesrepublik dieser Satz bei 50 bis 60 % liegt. Die Gestehungskosten der amerikanischen Kohle liegen — frei Nordseehäfen — etwa zwischen 16 und 17,50 Dollar. Die Gestehungskosten an der Ruhr streuen zwischen 16 und 24 Dollar, allerdings mit Schwerpunkt bei 18 bis 19 Dollar. Die Zahlen mögen sich noch etwas ändern; es kommt mir auf die große Linie an. Herr Kollege Deist, in einem Punkte habe ich Sie nicht verstanden. Es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen ich Ihnen zustimmen kann. Bei mehreren Punkten muß ich Ihnen widersprechen. Ich weiß nicht, ob ich es nicht recht verstanden habe, aber ich meine, Herr Kollege Deist, Sie haben gesagt, der privatwirtschaftliche Unternehmer würde zuerst die unproduktiven Arbeitskräfte abbauen statt die produktiven; das sei privatwirtschaftlich richtig, aber volkswirtschaftlich falsch. Ich bitte um Entschuldigung: selbst wenn ich Sozialist wäre, müßte ich sagen, daß eine Wirtschaftsform, mag sie heißen, wie sie will, nur nach dem Prinzip der optimalen Wirtschaftlichkeit ihrem Volk einen hohen Standard bieten kann. (Beifall in der Mitte. — Abg Dr. Atzenroth: Mit dem Zoll machen Sie es?)

    — Sie kriegen den Zoll noch sauber serviert, lieber Herr Atzenroth. Sie haben nun schon zweimal gerufen; dreimal dürfen Sie rufen. Ich komme noch darauf.
    Wir können kurzfristige Schutzmaßnahmen nur verantworten, wenn wir alle — das Haus, die Regierung, die Unternehmer und Belegschaften an der Ruhr — entschlossen sind, uns etwas einfallen zu lassen. Mit einer mittelfristigen Planung muß versucht werden, die Gestehungskosten der Ruhrkohle so zu gestalten, daß sie auf die Dauer wettbewerbsfähig ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das Ergebnis dieser Überlegungen brauchen nicht Stillegungen, sondern das können neue Zechen sein. Wenn eine Volkswirtschaft fast 20 Millionen Erwerbstätige hat und wenn dieses Wirtschaftssystem „mit der Stange im Nebel" neue Arbeitsplätze für 6 Millionen Menschen gefunden hat,

    (Heiterkeit)

    dann kann auch die Erreichung eines solchen Zieles kein Problem sein. Meine Herren von der SPD, wir können die bestehenden Vorteile — selbst wenn sie auch durch glückliche Umstände bedingt sind — genauso gut als Beweis für die Richtigkeit unserer Anschauungen anführen, wie Sie vorhin
    I auf das Unglück — auch wenn wir es nicht verschuldet haben — hingewiesen haben. — Meine Damen und Herren, wo war ich eigentlich?

    (Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Sie lassen sich also doch aus dem Konzept bringen!)

    — Es kann kein Problem sein, 50 000 Bergarbeiter, oder wieviel es sonst sein mögen, im Laufe der Jahre, wenn es unbedingt notwendig ist, mit ihrer Zustimmung auf einen anderen nützlichen, gut dotierten Arbeitsplatz zu bringen, also eine Umbesetzung vorzunehmen. Denn darüber sind wir uns doch wohl einig, daß bei unserer ökonomischen Situation nicht einmal mit einer partiellen Arbeitslosigkeit zu rechnen ist.
    Es ist eine Tatsache, daß da und dort aus Gründen der Rationalisierung Umbesetzungen erfolgen müssen. Ich brauche hier nur auf die „automatisierten" und energitisierten Werke hinzuweisen. Da stehen z. B. an Walzstraßen nur noch 10 Leute, wo vorher 120 oder 150 gestanden haben. Lieber Herr Kollege Deist, müssen diese Werke, bevor sie rationalisieren dürfen, die Weiterbeschäftigung dieser 120 Menschen sicherstellen, oder dürfen sie rationalisieren, bevor ein anderer Arbeitsplatz für die 120 frei werdenden Leute gefunden ist? Solche Fragen, die sich aus der innerbetrieblichen Rationalisierung ergeben, müssen unabhängig vom Wirtschaftssystem gelöst werden. Wir können doch nicht eine „unproduktive Produktivität" herstellen, indem wir die Menschen Steine von einer Ecke in die andere tragen lassen und dabei meinen, damit seien diese Leute beschäftigt. Das ist in Wirklichkeit eine nutzlose Beschäftigung.

    (Beifall in der Mitte.)

    Auch im Kohlebergbau kann der richtige Weg nur der sein, der den Arbeitern bei gutem Einkommen und bei einem Minimum an Anstrengungen ein gutes Leben bietet. Ich meine das so, wie ich das mit diesen einfachen Worten gesagt habe.
    Wir sollten den Gedanken der Einführung der Fünf-Tage-Woche im Bergbau ernsthaft erörtern. Der Arbeiter, der auch heute noch die schwerste Arbeit verrichtet, sollte nicht als letzter die FünfTage-Woche bekommen. Aber die Arbeiter, die Betriebsräte, überhaupt die Belegschaften, müssen sich zusammen mit dem Unternehmer überlegen, wie das erreicht werden kann, ohne daß es zu Preiserhöhungen bei der Kohle kommt; denn solche möchten wir ja alle vermeiden. Die Zahlen, die Herr Deist genannt hat, als er dieses Problem ansprach, müssen wir in unsere Betrachtung durchaus einbeziehen. Die Förderleistung mag vorübergehend zurückgehen. Ich bin aber der Meinung, daß bei guter technischer Ausrüstung, insbesondere wenn wir alle technischen Fortschritte ausnutzen, der Förderausfall, der durch die Einführung der Fünf-TageWoche vorübergehend entsteht, recht bald ausgeglichen sein wird. Ein echter Weg zur Lösung der Probleme ist das nicht. Aber ich bin durchaus damit einverstanden, daß darüber ernsthaft gesprochen wird, nachdem die Behauptung aufgestellt worden ist, das sei ein ebenso gutes Mittel wie der Zoll.



    Dr. Burgbacher
    Als eine unausweichliche Forderung bleibt bestehen, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit hergestellt werden muß. Ich halte es allerdings für zulässig, daß die Ruhrkohle etwas teurer ist als die USA-Kohle, und zwar auch bei normalen Frachten; denn der Sicherheitsfaktor der Belieferung ist ein kalkulatorischer Posten.

    (Beifall in der Mitte.)

    Ich weiß, daß wir in bezug auf Devisen reiche Leute sind. Mit dem „wir" meine ich nicht mich und nicht Sie, sondern unsere Bundesbank. Ich weiß, daß daher Devisen nicht mehr eine so große Rolle spielen. Aber einen Naturschatz, den man besitzt, sollte man nicht ohne Not vernachlässigen. Wenn wir durch eine Konkurrenz — ich will gar nicht sagen, daß sie unlauter ist —, die auf Grund der obwaltenden Umstände zur Zeit Preise hat, die sie auf die Dauer nicht halten kann, zu Stillegungen kämen, würden wir doch ein wenig Gold ins Meer werfen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und bei der SPD.)

    Oberstes Ziel ist also die Wirtschaftlichkeit des Bergbaus. Ich will nicht emphatisch werden; aber von dieser Tribüne aus möchte ich mit großem Ernst den Verantwortlichen des Bergbaus zurufen: Wenn ihr die Zeit des Zollgesetzes nicht tatkräftig zu diesen Überlegungen nutzt, dann haben wir uns geirrt und machen es nicht noch einmal.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Atzenroth: Das wollen wir uns merken!)

    — Das können Sie sich merken, wobei die Anpassungszeit noch eine Frage ist. Ich brauche Ihnen als einem so erfahrenen Wirtschaftler doch nicht zu sagen, daß Sie nicht unter Umständen innerhalb eines Jahres eine ganze Branche umkrempeln können.

    (Sehr gut! und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun der Zoll! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht; ich komme mir vor wie ein Arzt, der einem Kranken eine bitter schmeckende Arznei verordnen muß.

    (Zuruf von der SPD: Einem verpfuschten Kranken!)

    — Ein verpfuschter Kranker — da muß ich einmal nachdenken, wie man das macht.

    (Abg. Dr. Deist: Das liegt immer am Arzt!)

    — Herr Deist, ich habe ja Verständnis dafür, daß Sie Freude darüber empfinden — nein, das will ich nicht einmal sagen, das wäre ungerecht; ich habe Verständnis dafür, daß Sie als Opposition die seltene Chance, an unserer Wirtschaftspolitik wirklich etwas kritisieren zu können, ausnutzen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Metzger.)

    — Lieber Herr Metzger, ein kluger Engländer hat einmal gesagt: Ein bißchen Unordnung ist das Lösegeld für die Freiheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Deist: Es darf nur nicht zuviel werden!)

    - Natürlich, darin sind wir einig. — Das eine dieser Medikamente ist das Kohle-Öl-Kartell, das an-
    dere ist der Zoll. Ich habe schon in Straßburg gesagt und wiederhole es hier: Das Kohle-Öl-Kartell ist eine ganz dünne Suppe und hat eine ganz anspruchsvolle Bezeichnung. Es ist nach meiner Meinung überhaupt kein Kartell. Denn daß sich jemand dazu verpflichtet, nicht zu Preisen, die de facto Dumpingpreise sind, zu verkaufen, ist eigentlich, finde ich, gar nichts Besonderes. Ich sage nicht, daß die Ölgesellschaften bewußtes Dumping betreiben; aber unter Unterstreichung und Anerkennung der von Herrn Deist genannten Ölzahlen muß man sich doch über eins klar sein: Das Öl ist in der Hand weniger, daran ist gar kein Zweifel. Das Öl ist nicht nur dem Preise nach, sondern auch der angebotenen Menge nach manipuliert. Der Kraftstoff bekommt großartige Preise, und wenn man Kraftstoff machen will, fällt zwingend Heizöl an. Jeder von Ihnen — auch ich — würde, wenn er Öldirektor wäre, sagen: Das Zeug muß weg, und ehe wir es ins Meer schütten, verkaufen wir es. Wo verkaufen wir es? Dort, wo wir es hinbringen! Und wo bringen wir es hin? Auf die liberalisierten Märkte können wir es bringen, also dorthin mit dem Zeug! Das ist eine völlig legitime marktpolitische Überlegung. Aber ob wir sie uns gefallen lassen und deshalb Zechen stillegen, das ist eine Frage an uns,

    (Abg. Dr. Deist: Sehr richtig!)

    und ich bin der Meinung, daß wir uns das nicht gefallen lassen dürfen.
    Ich will das, was ich beispielsweise in Straßburg gesagt habe, hier nicht wiederholen; aber ich möchte Ihnen doch sagen: Wenn hier Heizöl zu so sensationell niedrigen Preisen weiter angeboten würde und wenn das in weiten Teilen der Welt so geschähe, würde eines Tages der Zeitpunkt eintreten, wo die Heizölmenge die zwingend anfallende Nebenproduktmenge bei der Raffinierung des Rohöls überrollt. Dann würde das Heizöl als solches zum Kostenpreis kalkuliert, und dann sähe die Rechnung ganz anders aus. Wenn wir jetzt in dem Kohle-Öl-Kartell den Weltmarktpreis genannt haben, so haben wir damit noch nicht eine völlige Sicherheit, daß dieser Weltmarktpreis nicht auch eine Abfallkalkulation darstellt.
    Nun, meine Damen und Herren, ich bin fest überzeugt — auf Grund dessen, was ich ganz am Anfang gesagt habe —, daß es uns unmöglich ist, in einigen Jahren und in der Zukunft unsere Energienachfrage ohne 01 und ohne Importkohle noch zu decken. Das Öl deckt jetzt etwa 13 % unseres Energiebedarfs.

    (Abg. Dr. Deist: Einschließlich Benzin!)

    — Natürlich, 13 °/o der gesamten Energiebilanz, einschließlich Benzin.

    (Abg. Dr. Deist: Heizöl 6!)

    — Die Hälfte ungefähr. — In anderen Ländern hat es 30, 35 % Anteil, und in unseren sogenannten Prognosen hat es im Jahre 1965 bereits 23 % Anteil. Wir wollen also dem Öl sein Recht geben, weil wir es brauchen, aber vor allem doch dem Öl, das in Europa raffiniert wird. Wir wollen, daß in Europa Raffinerien für Öl in der Menge gebaut werden, die notwendig ist.



    Dr. Burgbacher
    Damit kommen wir zur Frage der Investitionen. Nun gehen da die Meinungen auseinander: Kontrolle oder Registrierung? Auf jeden Fall muß man eigentlich in der Energiewirtschaft über langfristige Investitionen öffentlich Bescheid wissen. Das heißt nicht Dirigismus,

    (Abg. Dr. Deist: Nein, um Gottes willen!)

    das heißt eben nur: langfristige Investitionen sollen nicht genehmigt, sie sollen aber angezeigt werden. Aber warum wollen wir die Raffinerien? Das klingt jetzt wie ein Widerspruch, es ist aber kein Widerspruch. Wenn die internationalen Ölleute in Westeuropa in Raffinerien Risensummen investiert haben, dann haben wir erstens einmal die Veredelung als volkswirtschaftlichen Vorgang auf unserem Gebiet, und wir haben zweitens die relative Sicherheit, daß im Falle irgendeiner Komplikation das notwendige Rohöl noch ankommt. Sind wir aber nur Heizölimportland, kommt das im Falle einer Zuspitzung der Lage nicht mehr an. Es kommt nur dann mit einiger Sicherheit an, wenn so viel Kapital investiert ist, daß man das Rohöl schicken muß, damit das Kapital nicht brachliegt.
    Deshalb habe ich für eventuelle künftige Überlegungen noch die Anregung an die Bundesregierung, sich zu überlegen, ob man nicht importiertes Heizöl anders behandeln sollte als in Europa raffiniertes Heizöl. — Das ist eine Anregung.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Also: Zoll!)

    Nun zur Frage des Zolls. Wir haben nicht willkürlich, Herr Deist — etwa um Sie zu ärgern —, die 5 Millionen t in den letzten 24 Stunden hineingebracht, sondern — ich spreche jetzt Ihr europäisches Herz an — wir haben sie hineingebracht aus Hochachtung vor der Hohen Behörde, die uns gestern abend die nach Art. 74 ja für eine Zollverordnung notwendige Empfehlung gegeben hat, verbunden mit der Auflage, daß wir 5 Millionen t zollfrei hereinlassen müssen und daß wir bei der Verteilung nicht diskriminieren dürfen.

    (Zuruf von der SPD: Also nicht nur Hochachtung!)

    — Auch! Auch! Bei klugen Leuten deckt sich das Notwendige immer mit dem Zweckmäßigen.

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Deist: Sehr gut! — Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun, Herr Atzenroth, wir wollen von dem Zoll keinen Penny haben. Das ist eine merkwürdige Feststellung. Die Ruhr, wenn ich es so abgekürzt sagen darf — ob Unternehmensverband, ob Verkaufsgesellschaft; Aachen natürlich auch —, die deutsche Steinkohle hat sich verpflichtet, die durchgehandelten Importverträge mit deutschen Kohleverbrauchern abzulösen und qualitätsgleiche deutsche Kohle zu den kontrahierten US-Kohlenpreisen zu liefern. In den Einzelheiten will ich meinem Freunde Deringer nicht vorgreifen. Ich lege aber Wert auf diese Feststellung.
    Die Ruhrkohle muß sich auch mit den Frachtunternehmern und den Reedern auseinandersetzen. Dabei gehen wir — das möchte ich klar sagen — von dem Grundsatz aus, daß privatrechtliche Verträge geschützt werden müssen. Auch ich bin der Meinung, daß wir der Ruhr nicht um einen Preis helfen dürfen, der zu hoch ist. Das Vertrauen in den Bestand privatrechtlicher Verträge mit Bürgern der Bundesrepublik darf nicht ernstlich gefährdet werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Atzenroth: Bloß ein bißchen!)

    Nun müssen wir noch ein Gesetz machen. Denn nach dem Zollrecht darf die Aufteilung des freien Kontingents nicht in dieser Verordnung geregelt werden. Der Entwurf dieses Gesetzes wird Ihnen, soweit ich unterrichtet bin, schnellstens vorgelegt werden. Ich hoffe, daß die erste Lesung am 18. Februar stattfindet. Wir sind nicht gehindert, in diesem Gesetz die Erfahrungen zu berücksichtigen, die wir bis zum 18. Februar mit dem Zollgesetz gemacht haben.
    Eine Preiserhöhung wegen des Zollgesetzes kommt überhaupt nicht in Frage, und zwar deshalb nicht, weil der Zoll wegen der Ablösung beim deutschen Kohleverbraucher nicht zum Zuge kommt. Die Ruhrkohle hat uns versichert, daß keine Preiserhöhung wegen der Ablösungskosten in Frage kommt. Etwa 100 Millionen DM sind dafür schon aufgewendet worden. Allerdings darf ich hier darauf hinweisen, daß die Kohle, die nach den durchgehandelten Verträgen mit deutschen Kohleverbrauchern geliefert wird, zum überwiegenden Teil teurer ist als die Ruhrkohle. Da die Ruhr bei der Ablösung natürlich nicht unter den US-Kohlenpreis zu gehen braucht, bekommt sie aus der Differenz zwischen diesen vereinbarten US-Kohlenpreisen und den Ruhrkohlenpreisen einen Beitrag zu den Ablösungskosten.
    Ich habe versucht, die Hauptursachen für die Situation, vor der wir stehen, zu schildern. Diese Situation braucht nicht von Dauer zu sein, wenn auch ganz richtig gesagt wurde, daß die Halden durch das Zollgesetz im Jahre 1959 wahrscheinlich nicht zurückgehen, sondern sogar noch etwas steigen werden.

    (Abg. Dr. Deist: Hört! Hört!)

    — Genau wissen wir das nicht. Es hat gar keinen Zweck, wir müssen die Dinge sehen, wie sie sind, und wir wollen das ganz offen und freimütig besprechen. Ich bin aber der Meinung, daß alle, die nicht nur in Demonstrationen vom Wohlergehen des Bergbaues sprechen, wenn sie es so meinen wie wir, verpflichtet sind, dem Ruhrbergbau zu helfen und, damit er die Zeit zur inneren Regeneration hat, der Vorlage uneingeschränkt ihre Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Diese Debatte, die um die Grundauffassung unserer Wirtschaftspolitik geht, hat einen etwas merkwürdigen Verlauf genommen. Der Sozialist Dr. Deist, der zwar ableugnet, daß er die Sozialisierung des



    Dr. Atzenroth
    Bergbaus erstrebt, der aber in seinen Vorschlägen praktisch doch an dieses Ziel kommen muß — automatisch kommen muß —, macht dem Bundeswirtschaftsminister Vorwürfe darüber, daß seine angeblich marktwirtschaftliche Politik bei der Kohle versagt habe. Meiner Ansicht nach, Herr Dr. Deist, sind Sie dabei dem großen Irrtum unterlegen, anzunehmen, daß die Kohlenpolitik des Herrn Bundeswirtschaftsministers Marktwirtschaft war.

    (Abg. Dr. Deist: Aha!)

    Das war doch keine Marktwirtschaft, was wir bisher betrieben haben!

    (Beifall bei der FDP.)

    Die große Fraktion der CDU unter Führung ihres Wirtschaftsministers ist immer stolz darauf, daß sie die Marktwirtschaft seit der Währungsreform betrieben habe. Sie verweist auf die großen Erfolge, die wir alle kennen. Herr Minister, Sie wissen und wir sind ebenso stolz, daß wir diese Marktwirtschaft voll und ganz mit unterstützt haben.
    Aber dann kommt die Differenz zwischen uns. Auf dem großen Gebiet unserer Wirtschaftspolitik sind eine Reihe von Gruppen übriggeblieben, die nicht in die Marktwirtschaft einbezogen sind. Dazu gehört die Kohlenwirtschaft. Sie werden sich erinnern und niemand wird uns das abstreiten können, daß wir mindestens seit 1950 die Einbeziehung auch der Kohle in die Marktwirtschaft gefordert haben; die echte Marktwirtschaft, Herr Dr. Deist, nicht das, was in den letzten zehn Jahren in der Bundesrepublik praktiziert worden ist, und ich
    empfinde einen Teil Ihrer Vorwürfe als berechtigt, aber aus der anderen Sicht.
    Wir haben praktisch eine mehr oder weniger vom Staat abhängige Kohlenwirtschaft gehabt. Unsere Vorschläge haben taube Ohren gefunden, sowohl bei Herrn Erhard als auch leider bei der Kohlenwirtschaft selber. Auch die Vertreter der Kohlenwirtschaft sind nicht so begeistert, wie es Wirtschaftler eigentlich tun sollten, auf die Vorschläge auf Einbeziehung in die Marktwirtschaft eingegangen, sondern sie haben sich sehr zurückhaltend verhalten. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, daß wir nicht zu echten marktwirtschaftlichen Verhältnissen gekommen sind. Die Kohlenwirtschaft fühlte sich als das verwöhnte Kind unserer Gesamtwirtschaft. Sie nahm in erster Linie all die vielen Vorteile in Anspruch, die bei uns verteilt worden sind. Sie war gesichert mit ihrem Absatz, sie war gesichert mit ihren Preisen, von denen sie allerdings behauptete, daß sie nicht die vollen Gestehungskosten deckten, die aber immerhin noch beträchtlich hoch waren.
    Wir sind der Meinung, daß diese Verweichlichung zum großen Teil zu den Schwierigkeiten geführt hat, in denen wir uns heute befinden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn die Kohlenwirtschaft früher in den rauhen Wind der Marktwirtschaft gekommen wäre, dann hätte sie sich selber viel schneller ,angepaßt. Dann hätten Ihnen, Herr Minister Erhard, eine Reihe von Vorwürfen, die heute von Herrn Dr. Deist vorgebracht worden sind, gar nicht vorgetragen werden
    können. Denn Sie hätten dafür gar keine Verantwortung gehabt, sondern die Kohlenwirtschaft
    selber, die Unternehmer dieses Wirtschaftszweiges.
    Leider hat natürlich der Montanunionvertrag eine unglückliche Wirkung in derselben Richtung gehabt. Sie, Herr Dr. Deist, fordern in einem Ihrer Lösungsvorschläge die Errichtung einer •zentralen Stelle. Sie nennen nicht das Wort „Lenkungsstelle"; aber es ist praktisch eine zentrale Lenkungsstelle. Was hätte denn diese Lenkungsstelle für Prognosen aufgestellt? Glauben Sie, daß diese Prognose sicherer und besser als die gewesen wären, die im Bundeswirtschaftsministerium vorgenommen worden sind?
    Wir haben von Energieplänen gehört. Auch die berühmten Drei Weisen — ich glaube, einer von ihnen sitzt auf der Regierungsbank — haben einen Energieplan für eine Zeit von über 10 Jahren aufgestellt. Ich will sogar unterstellen, daß diese Aufstellung in der Gesamtkonzeption richtig ist. Alle diese Pläne enthalten den Fehler, nur statisch zu sein und nur dasselbe Verhältnis der Energieträger — Kohle, Öl und weiße Energie — zugrunde zu legen, auch für die spätere Zeit des erhöhten Verbrauchs. Sie haben nicht mit der besonderen Vitalität der Ölindustrie gerechnet. Diese Ölindustrie war früher auf dem Plan als die Kohle und hat sich einen größeren Anteil am Markt vorweggenommen, den die Kohle später einmal wird abgeben müssen.
    Wir sind trotzdem der Meinung, daß über den Absatz unserer Kohle keine düsteren Voraussagen zu machen sind. Er wird wieder steigen. Er wird nicht wieder das alte Verhältnis gegenüber den anderen Energieträgern erreichen, aber wir werden im Grunde — bis auf gewisse Ausnahmen — die Produktion wieder absetzen können, wie das bisher der Fall gewesen ist. Die Mittel und Wege aufzuzeigen, wie wir dazu kommen, das ist Aufgabe der Unternehmer. Dazu sind sie Unternehmer in der Marktwirtschaft, und sie müssen zusehen, wie sie etwa zu dem Ziel kommen, einen größeren Anteil des Kohleabsatzes aus der einfachen Energieerzeugung — etwa zur Veredelung der Kohle — in die chemischen Industrien zu bringen oder sonstige Absatzwege neu zu erschließen.
    Die große Schwierigkeit liegt doch darin, daß wir in dem Jahr 1958 mehr Kohle gefördert haben, als wir im In- und Ausland absetzen konnten. Gegen eine solche Übererzeugung in der Wirtschaft gibt es nur zwei Auswege: entweder schafft man neue Absatzwege oder man drosselt die Produktion. Wir sollten hier nicht immer von der Stillegung der Zechen sprechen. Das ist eine völlig falsche Bezeichnung. Eine Drosselung der Produktion, wie sie in dem Jahr 1958 durchgeführt worden ist, ist keine Stillegung. Sie hat nicht dazu geführt, daß etwa wertvolles Volksgut verschleudert wurde oder daß wir Zechen zum Erliegen gebracht haben, die wir später nicht wieder in Betrieb setzen können. Es ist ein etwas langsamerer Abbau durch die Einführung von Feierschichten vorgenommen worden.



    Dr. Atzenroth
    Herr Dr. Deist, von einer Einführung von Feierschichten „in unermeßlichem Umfang", so ähnlich haben Sie gesagt, kann doch wirklich keine Rede sein. Die Zahl der Feierschichten ist doch in einer Grenze geblieben, die für die Bergarbeiter durchaus tragbar ist.