Protokoll:
17102

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 102

  • date_rangeDatum: 7. April 2011

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:43 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/102 der Bundesregierung (Drucksache 17/4243) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Carola Reimann, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gesundheitsforschung an den Bedar- fen der Patientinnen und Patienten ausrich- ten – Rahmenprogramm Gesundheitsfor- schung der Bundesregierung überarbeiten (Drucksache 17/5364) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Caren Marks, Petra Crone, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Entgelt- gleichheit zwischen Männern und Frauen gesetzlich durchsetzen (Drucksache 17/5038) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ 11624 D 11624 D 11625 A 11643 D 11645 A 11645 A 11646 B 11648 B 11649 B Deutscher B Stenografisch 102. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Wahl der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt in den Gemeinsamen Ausschuss . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Petra Müller (Aachen) in den Stiftungsrat der Bundesstif- tung Baukultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 19 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Begrüßung des Präsidenten der Hellenischen Republik, Herrn Philippos Petsalnikos . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenprogramm Gesundheitsforschung D K M D U D E B F M R 11623 A 11623 B 11623 B 11624 C 11624 C 11636 A René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . 11626 D 11628 D undestag er Bericht ung en 7. April 2011 t : r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . berhard Gienger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ichael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . udolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11630 B 11631 C 11632 D 11634 B 11636 C 11637 C 11638 C 11639 C 11640 D 11641 D 11642 D DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewa Klamt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 11650 B 11651 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung des Austauschs von strafregisterrechtlichen Daten zwi- schen den Mitgliedstaaten der Europäi- schen Union und zur Änderung regis- terrechtlicher Vorschriften (Drucksache 17/5224) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes ge- gen den Handel mit illegal eingeschlage- nem Holz (Holzhandels-Sicherungs-Ge- setz – HolzSiG) (Drucksache 17/5261) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/ 43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Ver- einfachung der Bedingungen für die in- nergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern (Drucksache 17/5262) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garan- tie-Agentur (Drucksache 17/5263) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 1. Dezem- ber 2009 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Repu- blik Pakistan über die Förderung und f) Z A L o tr m tu te (D T a b T B s ri b 2 (D B U B K T R P W 11653 A 11655 B 11656 A 11656 D 11657 C 11658 D 11660 A 11661 C 11662 D 11664 A 11665 B 11666 D 11667 A 11667 A 11667 B den gegenseitigen Schutz von Kapital- anlagen (Drucksache 17/5264) . . . . . . . . . . . . . . . Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung gewerberechtlicher Vorschriften (Drucksache 17/5312) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ntrag der Abgeordneten Martin Dörmann, ars Klingbeil, Garrelt Duin, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der SPD: Netzneu- alität im Internet gewährleisten – Diskri- inierungsfreiheit, Transparenzverpflich- ngen und Sicherung von Mindestqualitä- n gesetzlich regeln rucksache 17/5367) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 32: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu den Streitverfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvC 4/10, 2 BvC 6/10, 2 BvC 8/10 (Drucksache 17/5398) . . . . . . . . . . . . . . . ) – h) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 242, 243, 244, 245, 246, 247 und 248 zu Petitionen (Drucksachen 17/5211, 17/5212, 17/5213, 17/5214, 17/5215, 17/5216, 17/5217) . . . agesordnungspunkt 5: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Kultur und Medien zu der Unter- chtung durch die Deutsche Welle: Aufga- enplanung der Deutschen Welle 2010 bis 013 rucksachen 17/1289, 17/1485 Nr. 3, 17/5260) ernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . urkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . athrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . abea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . atrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . 11667 B 11667 B 11667 C 11667 C 11667 D 11668 C 11668 D 11670 A 11671 C 11672 C 11673 C 11674 C 11675 D 11676 C 11677 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 III Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einführung eines verpflichtenden Lob- byistenregisters (Drucksache 17/2096) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Michael Hartmann (Wackernheim), Sören Bartol, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Mehr Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung – Bericht des Bundesrechnungshofes voll- ständig umsetzen (Drucksache 17/5230) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa- renz schaffen – Verbindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten ein- führen (Drucksache 17/2486) . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Behrens (Börde) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die Fortentwicklung des Emissionshandels (Drucksache 17/5296) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . D A R F T A F A D A (D B P A J M U T – – D K O T D V T a 11678 B 11678 B 11678 C 11678 C 11679 C 11681 A 11682 C 11682 D 11683 C 11684 A 11685 C 11687 A 11687 C 11688 B 11689 B 11690 D 11691 A 11692 A 11693 A 11694 C r. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ranz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, ritz Kuhn, Katrin Göring-Eckardt, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN: Integration Älterer in den rbeitsmarkt verbessern rucksache 17/5235) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . atthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksachen 17/4981, 17/5355) . . . . . . . Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Straßenver- kehrsgesetzes (Drucksachen 17/2766, 17/5355) . . . . . . . r. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . liver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Martin Dörmann, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Garrelt Duin, weiterer Abgeordneter und der Frak- 11695 C 11696 D 11697 D 11698 C 11698 D 11699 C 11699 D 11700 C 11701 D 11703 B 11705 A 11706 A 11706 B 11707 A 11707 B 11707 B 11708 B 11709 D 11710 D 11711 C 11712 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 tion der SPD: Verbraucherschutz in der Telekommunikation umfassend stärken (Drucksache 17/4875) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Telekommunikationsmarkt verbrauchergerecht regulieren (Drucksache 17/5376) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- ausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Unlautere Telefonwerbung effektiv verhindern – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unerlaubte Telefonwerbung wirksam bekämpfen (Drucksachen 17/3041, 17/3060, 17/3587) . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäische Betriebsräte-Gesetzes – Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte (2. EBRG- ÄndG) (Drucksachen 17/4808, 17/5399) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Ottmar Schreiner, Anette Kramme, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wirkungsvolle Sanktionen zur Stär- D J G J B M T A W P F p g M (D E D K D U D F G T E e Ä n (D in Z E In (K ti b r (D 11713 D 11713 D 11714 A 11714 B 11715 D 11717 A 11717 D 11718 C 11719 B 11719 D 11721 B 11722 B kung von Europäischen Betriebsräten umsetzen (Drucksachen 17/5184, 17/5399) . . . . . . . r. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . osip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . utta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Elvira Drobinski- eiß, Gabriele Hiller-Ohm, Dr. Wilhelm riesmeier, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD: Für faire Lebensmittel- reise und transparente Produktionsbedin- ungen – Gegen den Missbrauch von arktmacht rucksache 17/4874) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . lrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des § 522 der Zivilprozessord- ung rucksachen 17/5334, 17/5388) . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: rste Beratung des von den Abgeordneten grid Hönlinger, Jerzy Montag, Volker Beck öln), weiteren Abgeordneten und der Frak- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- ung des § 522 der Zivilprozessordnung rucksache 17/5363) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11722 B 11722 C 11723 C 11723 D 11725 B 11726 C 11727 B 11728 B 11729 C 11729 D 11730 C 11732 C 11733 B 11734 C 11734 D 11735 B 11736 A 11737 A 11737 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 V Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ergebnisoffene Prüfung der Fallpauscha- len in Krankenhäusern (Drucksache 17/5119) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Lothar Riebsamen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Lars Lindemann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- ausschusses zu der Verordnung der Bundesre- gierung: Verordnung über die Erhebung der Beiträge zum Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute (Restrukturierungsfonds- Verordnung – RStruktFV) (Drucksachen 17/4977, 17/5122 Nr. 2, 17/5401, 17/5405) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Daniela Wagner, Stephan Kühn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Klimaschutz in der Stadt (Drucksache 17/5368) . . . . . . . . . . . . . . . . . . B P S P E V T E e Ä u (D F P S D D M T E b k (D A C J H J T A K te L z (D F K D 11737 B 11738 A 11739 C 11742 A 11742 D 11743 C 11743 D 11744 A 11745 A 11746 B 11747 B 11747 D 11748 C 11749 A 11749 B 11750 B 11752 A 11753 A 11754 A 11754 D 11755 A 11757 A ettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . olkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . agesordnungspunkt 17: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Bundesversorgungsgesetzes nd anderer Vorschriften rucksache 17/5311) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ilvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: rste Beratung des vom Bundesrat einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stär- ung der Täterverantwortung rucksache 17/1466) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nsgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Karin Binder, Dr. irsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, wei- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Lehren aus dem Dioxin-Skandal iehen – Ursachen bekämpfen rucksache 17/5377) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . erstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . 11757 A 11758 B 11759 C 11760 B 11762 B 11763 B 11764 A 11766 A 11766 A 11766 C 11767 B 11767 D 11768 B 11769 B 11769 D 11770 A 11771 A 11772 A 11772 B 11773 A 11773 D 11774 A 11775 A 11776 A VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Monika Lazar, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Frauenquote bei Gre- mienbesetzungen durch das Bundesminis- terium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung konsequent einhalten (Drucksache 17/5257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Schnieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ökosysteme schützen, Artenvielfalt erhal- ten – Kormoranmanagement einführen (Drucksache 17/5378) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Holger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Umfassende Entschädigung für Radar- strahlenopfer der Bundeswehr, der ehema- ligen NVA und ziviler Einrichtungen (Drucksache 17/5233) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ausgleich für Radargeschädigte der B r (D in Z A K n G R d (D K F U B In A T A K d P (D A W G U W T A K o fü A (D G W G U W 11776 D 11778 B 11779 A 11779 A 11780 A 11780 C 11781 C 11782 A 11782 C 11782 D 11783 C 11784 C 11785 C 11787 B 11788 B undeswehr und der ehemaligen NVA vo- anbringen rucksache 17/5365) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Agnes Malczak, atja Keul, Tom Koenigs, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Umfassende Entschädigung für adarstrahlenopfer der Bundeswehr und er ehemaligen NVA rucksache 17/5373) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arin Strenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . llrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . urkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . ge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . gnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan orte, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und er Fraktion DIE LINKE: Abzug deutscher olizisten aus Afghanistan rucksache 17/4879) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan orte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Ein- hrung einer Kennzeichnungspflicht für ngehörige der Bundespolizei rucksache 17/4682) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . olfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11788 B 11788 C 11788 C 11789 D 11790 D 11791 C 11792 A 11792 D 11793 B 11793 C 11794 C 11795 D 11796 C 11797 C 11798 A 11798 B 11799 A 11799 D 11800 C 11801 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 VII Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Sören Bartol, Bärbel Bas, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Hans-Joachim Hacker, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Herzog, Lars Klingbeil, Angelika Krüger-Leißner, Caren Marks, Ullrich Meßmer, Florian Pronold, Mechthild Rawert, Ulla Schmidt (Aachen) und Rolf Schwanitz (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- nes Siebten Gesetzes zur Änderung des Stra- ßenverkehrsgesetzes (Tagesordnungspunkt 9) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäische Betriebsräte-Gesetzes – Um- setzung der Richtlinie 2009/38/EG über Euro- päische Betriebsräte (2. EBRG-ÄndG) (Ta- gesordnungspunkt 11 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11802 C 11802 C 11803 A 11803 B 11804 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 11623 (A) ) )(B) 102. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Berichtigung 101. Sitzung, Seite 11604 (C), erster Absatz, die Inter- netadresse lautet: „http://grs.de/content/erlaeuterungen- zum-Stresstest“. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 11803 (A) ) )(B) Hacker, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Prüfungsfahrten einzuführen, zugestimmt hätte. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sabine Bätzing- Lichtenthäler, Sören Bartol, Bärbel Bas, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, Elvira Drobinski- Weiß, Petra Ernstberger, Hans-Joachim ru s is b d e M ti d d 9 F F n A re d lu a u B e s re L g W b im s d d s k s g K g p k u V V E Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.04.2011 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 07.04.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 07.04.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 07.04.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 07.04.2011 Golze, Diana DIE LINKE 07.04.2011 Griese, Kerstin SPD 07.04.2011 Hermann, Winfried BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.04.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.04.2011 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.04.2011 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 07.04.2011 Lange (Backnang), Christian SPD 07.04.2011 Liebich, Stefan DIE LINKE 07.04.2011 Lips, Patricia CDU/CSU 07.04.2011 Ludwig, Daniela CDU/CSU 07.04.2011 Petermann, Jens DIE LINKE 07.04.2011 Steinke, Kersten DIE LINKE 07.04.2011 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.04.2011 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Herzog, Lars Klingbeil, Angelika Krüger- Leißner, Caren Marks, Ullrich Meßmer, Florian Pronold, Mechthild Rawert, Ulla Schmidt (Aachen) und Rolf Schwanitz (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsge- setzes (Tagesordnungspunkt 9) Wir stimmen dem Gesetzentwurf der Bundesregie- ng und des Bundesrates zu, obwohl noch nicht ab- chließend von der Europäischen Kommission geklärt t, ob die vorgeschlagenen Regelungen mit den Vorga- en des europäischen Rechts vereinbar sind. Bereits in er Vergangenheit hat es intensive Diskussionen über ine deutsche Sonderregelung im Fahrerlaubnisrecht für itglieder von Freiwilligen Feuerwehren und Organisa- onen des Katastrophenschutzes gegeben. In einer Stellungnahme vom 12. Dezember 2008 hat ie Europäische Kommission in diesem Zusammenhang eutlich gemacht, dass auf der Grundlage der Richtlinie 1/439/EWG (2. EG-Führerscheinrichtlinie) für das ahren eines Fahrzeuges über 3,5 Tonnen zwingend eine ahrerlaubnis der Klasse C1 zu erwerben ist. Darüber hi- aus hat sie festgestellt, dass auch nicht aufgrund von rt. 4 Abs. 5 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG (3. Füh- rscheinrichtlinie) des Europäischen Parlaments und es Rates vom 20. Dezember 2006 eine Ausnahmerege- ng für Freiwillige Feuerwehren, die nach Landesrecht nerkannten Rettungsdienste, das Technische Hilfswerk nd den Katastrophenschutz möglich ist. Diese Bedenken hat die Bundesregierung nun ohne egründung – und ohne das abschließende Prüfungs- rgebnis der Europäischen Kommission zu kennen – bei- eitegeschoben. Die SPD-Bundestagsfraktion hat be- its in der Parlamentarischen Aussprache zur ersten esung des Gesetzentwurfs die Regierungskoalition auf- efordert, das Ergebnis der Überprüfung abzuwarten. ir sind der Überzeugung, dass der deutsche Gesetzge- er eine Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes nur Einklang mit dem europäischen Recht beschließen ollte. Das sind wir den vielen ehrenamtlichen Helfern in en Freiwilligen Feuerwehren, den Rettungsdiensten, em Technischen Hilfswerk und dem Katastrophen- chutz schuldig. Ansonsten entsteht eine rechtlich un- lare Situation, die für Unsicherheit bei den Betroffenen orgt. Die Bundesregierung muss aus diesem Grund ge- ebenenfalls erneut gesetzgeberisch reagieren, wenn die ommission bei ihrer noch laufenden Prüfung zum Er- ebnis kommt, dass der vorliegende Entwurf mit euro- äischem Recht nicht vereinbar ist. Außerdem wäre es ein wichtiger Beitrag zur Ver- ehrssicherheit gewesen, wenn die Regierungskoalition nserer Forderung im federführenden Ausschuss für erkehr, Bau und Stadtentwicklung, bundeseinheitliche orgaben zur Einweisung sowie den obligatorischen insatz von staatlich anerkannten Prüfenden bei den 11804 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 (A) (C) )(B) Die Zustimmung zum sogenannten Feuerwehrführer- schein ist dennoch richtig, weil die Neuregelung eine kostengünstige und unbürokratische Lösung ist. Ohne diese Erleichterung für die Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdienste und technischen Hilfsdienste würden durch den Generationenwechsel bei den Ehrenamtlichen künftig zu wenige Inhaber der Fahrerlaubnisklasse C1 zur Verfügung stehen, um die Einsatzbereitschaft im Sinne der Sicherheit unserer Gesellschaft zu gewährleis- ten. derungen sind wichtig, aber die nachfolgenden Regelun- gen fehlen. Erstens. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und das Gesetz zu präzisieren, ist die Aufnahme eines aus- drücklichen Zugangs- und Zutrittsrechtes zu den jeweili- gen nationalen Betrieben für Mitglieder Europäischer Betriebsräte im EBRG notwendig. Damit wird geklärt, wie die vorgesehene Unterrichtung der örtlichen Arbeit- nehmervertretung durch den Europäischen Betriebsrat in Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäische Betriebsräte- Gesetzes – Umsetzung der Richtlinie 2009/38/ EG über Europäische Betriebsräte (2. EBRG- ÄndG) (Tagesordnungspunkt 11 a) Viele Unternehmen in der Europäischen Union sind grenzüberschreitend aktiv und global vernetzt. Sie ope- rieren und entscheiden über Staatsgrenzen hinweg. Die Transnationalisierung in der Unternehmenswelt nimmt weiter zu. Die 1994 in der Richtlinie für die Gründung Europäischer Betriebsräte (94/45/EG) geschaffene Mög- lichkeit einer europaweiten und grenzüberschreitenden Arbeitnehmervertretung war deshalb ein wichtiger Schritt und ein Kernstück des Europäischen Sozialmo- dells. Mittlerweile existieren europaweit über 900 Euro- päische Betriebsräte, rund 160 davon in Deutschland. Die Richtlinie von 1994 war jedoch mangelhaft und an einigen Stellen revisionsbedürftig. Die zum 5. Juni 2009 verabschiedete Neufassung der Richtlinie erfüllt jetzt die Minimalanforderungen an eine Anpassung an die veränderte Unternehmenssituation in Europa. Zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie in nationales Recht ist Deutschland bis zum 5. Juni 2011 verpflichtet. Der vorliegende Gesetzentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes, EBRG, übernimmt viele notwendige und begrüßenswerte Korrekturen aus der EU-Richtlinie. Dem Gesetzgeber bleiben jedoch über die expliziten Umsetzungsverpflich- tungen hinaus nationale Spielräume, die zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte genutzt werden sollten. Der vor- liegende Gesetzentwurf lässt diesen Spielraum an vielen Stellen ungenutzt. Deshalb enthalte ich mich bei diesem Gesetzentwurf der Stimme. Die aus der Richtlinie übernommenen Än- d w h z D d n in v 1 s R li d B te fü B h te d u g d ru e s g K S w re L p m (D er Praxis erfolgen soll. Zweitens. Das EBRG muss dahin gehend geändert erden, dass die vorgesehenen Sanktionen bei Zuwider- andlungen wirksam, abschreckend und im Verhältnis ur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sind. ies sieht die Richtlinie in Erwägungsgrund 36 vor, der ie Mitgliedstaaten verpflichtet, abschreckende Sanktio- en zu verankern. Insbesondere die Bußgeldvorschriften § 45 EBRG müssen angepasst werden. Die dort orgesehene Geldbuße mit einer Obergrenze von 5 000 Euro ist für multinationale Konzerne weder ab- chreckend noch wirksam und sollte daher im Sinne der ichtlinie deutlich erhöht werden. Drittens. Maßnahmen, die gesetzeswidrig ohne Betei- gung des Europäischen Betriebsrates beschlossen wur- en, dürfen nicht umgesetzt werden. Dem Europäischen etriebsrat ist daher ein Anspruch auf Unterlassung be- iligungswidriger Maßnahmen einzuräumen. Viertens. In § 1 Abs. 2 EBRG muss die Voraussetzung r Unterrichtungen und Anhörungen der Europäischen etriebsräte konkretisiert werden, um die Rechtssicher- eit zu erhöhen. „Grenzüberschreitende Angelegenhei- n“ liegen dann vor, wenn die zentrale Leitung Entschei- ungen trifft, die Auswirkungen auf Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer in Unternehmen oder Unternehmens- ruppen in anderen Mitgliedstaaten haben. Fünftens. § 31 EBRG sollte ersatzlos gestrichen wer- en. Die Einschränkung der Unternchtungs- und Anhö- ngsrechte in Tendenzunternehmen ist weder sachlich rforderlich, noch ist sie im Rahmen der nationalen Um- etzung der Europäischen Betriebsräterichtlinie zwin- end notwendig. Sechstens. In § 38 EBRG sollte ein exemplarischer atalog von Themen aufgenommen werden, die in chulungen des Europäischen Betriebsrats behandelt erden können. Dieser muss insbesondere „interkultu- lle Kommunikation“, „Arbeitsbeziehungen in den ändern der Europäischen Union“, „Umgang der Euro- äischen Betriebsrats-Mitglieder mit Managementinfor- ationen“ und Sprachschulungen umfassen. 102. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 7. April 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich zu unserer 102. Plenarsitzung.

Ich habe vor Eintritt in die Tagesordnung zwei Mittei-
lungen über Umbesetzungen zu machen. Die Fraktion
der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass der Kollege Dr. Hans-
Peter Friedrich aus dem Gemeinsamen Ausschuss aus-
scheidet. Als seine Nachfolgerin wird die Kollegin
Gerda Hasselfeldt vorgeschlagen.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sehr gute Wahl!)


Ich könnte mir vorstellen, dass es dazu Einverständnis
gibt.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Das ist offensichtlich der Fall. Damit ist die Kollegin
Hasselfeldt in den Gemeinsamen Ausschuss gewählt.

Der Kollege Joachim Günther ist aus dem Stiftungs-
rat der Bundesstiftung Baukultur ausgeschieden. Die
Fraktion der FDP schlägt an seiner Stelle die Kollegin
Petra Müller vor. Sind Sie auch damit einverstanden?


(Heiterkeit bei der FDP)


Z

Redet
– Wir halten den spontanen Jubel im Protokoll fest. Da-
mit ist die Kollegin Müller zum Mitglied des Stiftungs-
rates der Bundesstiftung Baukultur gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-
geführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der
SPD:

Gründe des Bundeswirtschaftsministers ge-
gen ein Verbot von Klonfleisch

(siehe 101. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordn
Röspel, Dr. Carola Reimann, Dr. Er
Rossmann, weiterer Abgeordneter und
tion der SPD

(C (D ung en 7. April 2011 0 Uhr Gesundheitsforschung an den Bedarfen der Patientinnen und Patienten ausrichten – Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung überarbeiten – Drucksache 17/5364 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Sportausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss P 3 Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Ergänzung zu TOP 31 Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin Dörmann, Lars Klingbeil, Garrelt Duin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Netzneutralität im Internet gewährleisten – Diskriminierungsfreiheit, Transparenzverpflichtungen und Sicherung von Mindestqualitäten gesetzlich regeln ext – Drucksache 17/5367 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer rdneter und der Fraktion DIE LINKE tere Telefonwerbung effektiv verhineten René nst Dieter der Frak Abgeo Unlau dern Präsident Dr. Norbert Lammert )





(A) )

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Maisch, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Unerlaubte Telefonwerbung wirksam be-
kämpfen

– Drucksachen 17/3041, 17/3060, 17/3587 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg
Marianne Schieder (Schwandorf)

Stephan Thomae
Halina Wawzyniak
Ingrid Hönlinger

ZP 5 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid
Hönlinger, Jerzy Montag, Volker Beck (Köln),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des § 522 der
Zivilprozessordnung

– Drucksache 17/5363 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Dr. h. c. Gernot
Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Ausgleich für Radargeschädigte der Bundes-
wehr und der ehemaligen NVA voranbringen

– Drucksache 17/5365 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Haushaltsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Agnes
Malczak, Katja Keul, Tom Koenigs, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Umfassende Entschädigung für Radarstrah-
lenopfer der Bundeswehr und der ehemaligen
NVA

– Drucksache 17/5373 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Haushaltsausschuss

ZP 8 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Deutschland im VN-Sicherheitsrat – Impulse
für Frieden und Abrüstung

– Drucksache 17/4863 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)


Z

w

s
m

s

(7 le d D s d Z (C (D Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss P 9 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Tschernobyl mahnt – Für eine zukunftssichere Energieversorgung ohne Atomkraft und eine lebendige europäische Erinnerungskultur – Drucksache 17/5366 – Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soeit erforderlich, abgewichen werden. Der Tagesordnungspunkt 19 wird abgesetzt. Schließlich mache ich auf eine nachträgliche Auschussüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste auferksam: Der am 24. März 2011 überwiesene nachfolgende Geetzentwurf soll zusätzlich dem Finanzausschuss . Ausschuss)

s (11. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen wer-
en:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Vereinfachung des Austauschs von Informa-
tionen und Erkenntnissen zwischen den Straf-
verfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union

– Drucksache 17/5096 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
as ist offensichtlich der Fall. Dann ist das so beschlos-

en.

Ich rufe nun unseren Tagesordnungspunkt 3 sowie
en Zusatzpunkt 2 auf:

3 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der
Bundesregierung

– Drucksache 17/4243 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten René
Röspel, Dr. Carola Reimann, Dr. Ernst Dieter
Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Gesundheitsforschung an den Bedarfen der
Patientinnen und Patienten ausrichten – Rah-





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

menprogramm Gesundheitsforschung der
Bundesregierung überarbeiten

– Drucksache 17/5364 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Bundesministerin Frau Dr. Schavan.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Rahmen-
programm Gesundheitsforschung der Bundesregierung
ist ein Schwergewicht bei den Rahmenprogrammen für
die kommenden Jahre. Dies ist aus gutem Grund so.
Denn die demografische Entwicklung in Deutschland
– 2050 wird bereits jeder dritte Bürger älter als 65 sein –
macht eine Konzentration auf damit verbundene Verän-
derungen notwendig; diese müssen in der Gesundheits-
versorgung, im Gesundheitssystem und vorausgehend in
der Gesundheitsforschung vorgenommen werden. Des-
halb ist das neue Rahmenprogramm für die kommenden
acht Jahre von neuen Schwerpunkten, struktureller Wei-
terentwicklung und Internationalisierung geprägt. Das
sind die drei zentralen Merkmale des neuen Rahmenpro-
gramms. Seitens des BMBF werden bis zum Jahre 2014
rund 6 Milliarden Euro investiert werden.

Wenn ich von Schwergewicht spreche, dann hat das
natürlich auch mit der herausragenden Kompetenz und
dem herausragenden Potenzial in der Gesundheitsfor-
schung zu tun, die in unseren großen Forschungsorgani-
sationen stecken. Ich denke nur an die Institute der
Helmholtz-Gemeinschaft, aber auch – das ist die ent-
scheidende strukturelle Weiterentwicklung – an das, was
an zahlreichen Universitätsinstituten in Deutschland
schon geleistet wird. Deshalb ist in meinen Augen die
größte Veränderung – übrigens auch die größte Verände-
rung in der Gesundheitsforschung, die es in Deutschland
bislang überhaupt gegeben hat – die Gründung von na-
tionalen Gesundheitsforschungszentren. Dies ist eine
neue Art der Zusammenarbeit zwischen universitärer
und außeruniversitärer Forschung und führt, damit ver-
bunden, zu einer größeren Nähe zu den Erkenntnissen,
die in der Forschung gewonnen werden, was den Patien-
ten zugutekommt. Der Grundgedanke ist: Die Erkennt-
nisse müssen schneller und wirksamer zum Patienten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


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(C (D In den vergangenen Jahren sind viele Analysen durcheführt worden, in denen immer wieder darauf hingeiesen wurde, dass die Trennung der Hochschulmedizin on den Forschungsinstituten den Weg erschwert. Es raucht eine Bündelung der Kräfte, es braucht Verbinungen, und es braucht, damit zusammenhängend, höere Investitionen in die Hochschulmedizin. Das Rahenprogramm ist übrigens auch ein großer Beitrag des undes – und somit Konsequenz aus der Entscheidung es Parlamentes – zur finanziellen Unterstützung der ochschulmedizin. Es ist Zeit, dass das große Potenzial, as in unseren Universitäten vorhanden ist, finanziell ntsprechend unterstützt wird. Das Rahmenprogramm esundheitsforschung wird hierfür in den nächsten Jahn die Voraussetzungen schaffen. Im April dieses Jahres wird die Auswahl der Standrte stattfinden. Ich werde schon Ende dieses Monats die eutschlandkarte präsentieren können, die Ihnen zeigen ird, an wie vielen Standorten wir in Zukunft mit sehr iel intensiverer Forschung im Bereich der Gesundheit nd mit der Verwirklichung der Schwerpunkte, die in iesem Programm enthalten sind, rechnen können. Ich nenne drei zentrale Schwerpunkte. Erstens: die individualisierte Medizin. Dazu sind erebliche weitere Forschungsanstrengungen notwendig. ies ist aber auch eine große Herausforderung für die ersorgungssysteme. Zweitens: die Präventionsund Ernährungsforschung, uch die Versorgungsforschung, die insgesamt eine Verindung zwischen der Forschung, unserem Gesundheitsystem und der Gesundheitsversorgung herstellt. Es geht abei um mehr individuelle Zugangswege und eine besere Versorgung vor allem der multimorbiden Patienten. Drittens: das Aktionsfeld internationale Kooperation it dem Schwerpunkt bei vernachlässigten Krankheiten der, anders gesagt, Volkskrankheiten in den Entwickngsländern. Wir haben über diese Themen sowohl im Fachauschuss für Bildung und Forschung als auch im Gesundeitsausschuss und im Ausschuss für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung diskutiert. Ich messe em Aktionsfeld internationale Kooperation eine herausgende Bedeutung bei. Die Gesundheitsforschung muss den nächsten Jahren angesichts der Möglichkeiten, die ir in Deutschland haben, aber auch angesichts der öglichkeiten, die wir auf europäischer Ebene haben, och stärker genutzt werden, um internationale Verantortung wahrzunehmen. Sie ist ein wichtiges Aktionsld der internationalen Verantwortung, auch in der inrnationalen Entwicklungszusammenarbeit. Meine Damen und Herren, ich werde nicht auf weire Einzelheiten eingehen; denn das Rahmenprogramm esundheitsforschung liegt Ihnen vor. Ich will auf den ntrag der SPD eingehen, der heute in diesem Hause ingebracht worden ist. Mich hat dieser Antrag insofern erwundert, als er die Tatsachen im Hinblick auf das Bundesministerin Dr. Annette Schavan )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Rahmenprogramm Gesundheitsforschung an vielen Stel-
len ins Gegenteil verkehrt.

Erstens. Wenn Sie davon reden, dass dieses Rahmen-
programm allgemein gehalten ist, dann muss ich Ihnen
sagen – wir haben ausdrücklich und ausführlich darüber
diskutiert –: Wir legen bewusst ein Rahmenprogramm
vor, das in den nächsten acht Jahren Entwicklungen
möglich macht. Wir legen bewusst ein Programm vor,
das die Richtung vorgibt, basierend auf dem, worüber
wir mit dem Gesundheitsforschungsrat diskutiert haben.
Wir legen Schwerpunkte fest. Jeder von Ihnen weiß,
dass es einer Verwechslung von Äpfeln mit Birnen
gleicht, wenn man ein Rahmenprogramm mit konkreten
Förderausschreibungen verwechselt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Sie schreiben, die verstärkte Zusammenar-
beit von Wissenschaft und Wirtschaft – es ist auch die
Rede von einer Stärkung der Gesundheitswirtschaft – sei
das Leitmotiv dieses Rahmenprogramms. Wir haben
lange darüber diskutiert. Wenn in diesem Rahmenpro-
gramm von Translation und Wissenstransfer die Rede ist
– und zwar auf der Basis der Zentren, die wir in den letz-
ten Jahren schon aufgebaut haben –, dann geht es eben
nicht um verkaufbare Produkte, sondern es geht um neue
Therapien, um neue Leitlinien für Diagnose und Thera-
pie, um unmittelbare Verbesserungen für die Patienten.

Nachdem wir so viel darüber diskutiert haben, lieber
Herr Röspel, kann ich, wenn ich jetzt Ihren Antrag lese,
nur davon ausgehen, dass Sie nicht wahrnehmen wollen,
dass vieles von dem, was in dieses Rahmenprogramm
aufgenommen worden ist, gerade aus den gemeinsamen
Diskussionen, die wir geführt haben, resultiert. Ich finde
das bedauerlich; denn der Bereich der Gesundheitsfor-
schung wäre wunderbar geeignet, um auch einmal ge-
meinsam die Richtung für die nächsten Jahre vorzuge-
ben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das war jetzt die Abteilung Attacke!)


– Das ist wahr. – Ganz abgesehen davon hielte ich es,
wenn die Gesundheitswirtschaft und die damit verbun-
dene Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen dieses
Parlament und diese Bundesregierung gleichgültig las-
sen würden, für eine komische Grundeinstellung.

Das Leitmotiv ist klar – dabei können wir auch gut
auf Entwicklungen der letzten Jahre aufbauen –: Wir
wollen die Wege zum Patienten verkürzen. Wir wollen,
dass das, was die Gesundheitsforschung an neuen Ansät-
zen und individualisierter Medizin ermöglicht, in dem
gesamten System der Gesundheitsversorgung wirklich
Platz greift und wirkt. Aber wir wollen auch, dass sich
die Gesundheitswirtschaft in Deutschland gut entwi-
ckeln kann,


(René Röspel [SPD]: Das wollen wir auch, gar keine Frage!)


weil sie eine Wachstumsbranche schlechthin ist, weil sie
gerade vor dem Hintergrund der demografischen Ent-
wicklung und vor dem Hintergrund von hochqualifizier-

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(C (D n Arbeitsplätzen, die in dieser Branche geschaffen erden, von großer Bedeutung ist. Sie schreiben, es gebe Defizite bei der Ausbildung linischer Forscher. Sie wissen aber, dass die genannten efizite mit diversen Förderschwerpunkten ganz gezielt ngegangen werden, zum Beispiel in den Klinischen tudienzentren oder in den Integrierten Forschungsund ehandlungszentren. Sie sprechen davon, dass wir uns zu wenig mit der geundheitsökonomischen Dimension des ganzen Themas eschäftigen. Sie wissen aber, dass längst Zentren der esundheitsökonomischen Forschung eingerichtet weren. Ich nenne diese wenigen Punkte aus Ihrem Antrag, eil ich der Meinung bin, dass wir in der Frage der Ge undheitsforschung einschließlich der damit verbundeen Schwerpunkte und strukturellen Verbindungen und eränderungen möglichst viel Zusammenarbeit brauhen – auch zwischen Bund und Ländern. Deshalb wünche ich mir für die gute Umsetzung dieses Schwergeichtes unserer Forschungsstrategie eine gute erbindung zu den Ländern und einen möglichst weitgeenden parteiübergreifenden Konsens; denn wir reden ber ein Forschungsfeld, das zutiefst mit humaner Enticklung in unserer Gesellschaft, exzellenter Forschung nd neuen Verbindungen zwischen der Forschung, dem esundheitssystem und der Gesundheitsversorgung zu ammenhängt. Das Potenzial war noch nie so groß. Die nanziellen Investitionen waren noch nie mit so vielen öglichkeiten verbunden, und die Strukturen, die wir uf den Weg bringen, sind die Konsequenz aus dem, was vielen Analysen über das Gesundheitssystem und die esundheitsforschung in Deutschland zutage getreten t. Deshalb geht mein Dank auch an diejenigen, mit deen dieses Programm aufseiten des Parlaments diskutiert erden konnte. Ich bitte um Unterstützung für die Um etzung in den nächsten acht Jahren. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege René Röspel für die PD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Im Oktober 2007 ist die „Roadmap für das Geundheitsforschungsprogramm der Bundesregierung“ ubliziert worden, herausgegeben vom Gesundheitsforchungsrat des BMBF. Das ist ein Rat, der mit hochkarägen deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftrn besetzt ist. Er hat sich im Beratungsprozess mit über 00 Beteiligten getroffen – leider waren darunter keine atientenvertreter und keine Vertreter der Komplemenrmedizin; dazu werde ich gleich kurz noch etwas sagen – nd einige Jahre diskutiert. Er hatte die Aufgabenstelng, zu beraten, welche aussichtsreichen Forschungsemen im Bereich der Gesundheit zu identifizieren sind René Röspel )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200100

(Beifall bei der SPD)

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1710200200




(A) )

und der Bundesregierung sozusagen mit auf den Weg ge-
geben werden können, um ein Gesundheitsforschungs-
programm zu erarbeiten und zu beschließen.

Dieses haben wir im Oktober 2007 auf den Tisch be-
kommen, und ich muss sagen: Es ist ein richtiges
Schwergewicht – 120 Seiten vollgepackt mit Informatio-
nen, wissenschaftlichen Arbeiten, Handlungsoptionen
und Vorschlägen. Wir waren damals, als wir darüber dis-
kutiert haben, sehr zufrieden damit und haben gesagt: Es
wird spannend, was für ein Gesundheitsforschungspro-
gramm aus den Vorschlägen der beteiligten Wissen-
schaftler entstehen wird.

Knapp anderthalb Jahre später haben wir nachgefragt.
Im Januar 2009 bekamen wir die Antwort: Im April/Mai
wird es eine Kabinettsbefassung mit dem Gesundheits-
forschungsprogramm geben. Ein weiteres Jahr später, im
Februar 2010, haben wir noch einmal nachgefragt, wann
das Gesundheitsforschungsprogramm vorliegen wird. Es
wurde dann eine ähnliche Antwort gegeben: Kabinetts-
befassung im April/Mai.

Ende 2010 flatterte eine Hochglanzbroschüre des
BMBF in unsere Büros – übrigens ohne vorherige Dis-
kussion; ich weiß nicht, in welchen parlamentarischen
Zirkeln das vorher besprochen worden ist –, auf der
stand: „Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der
Bundesregierung“.


(Ulla Burchardt [SPD]: So viel zum Thema Gemeinsamkeit!)


Das Deckblatt ist übrigens im seit 2005 üblichen CDU-
Orange gehalten. Wir waren sehr gespannt, was in die-
sem Rahmenprogramm steht. Es sind 48 Seiten; es müs-
sen ja auch nicht wieder 120 Seiten sein. Aber wenn man
hineinschaut, dann findet man erst einmal eine ganze
Reihe von Hochglanzfotos. Sehr interessant! Zieht man
sie ab, bleiben von den 48 Seiten 30 Seiten Text.


(Ulla Burchardt [SPD]: Das ist schön! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immerhin!)


Auch das ist okay.

Wenn man sich diesen Text dann aber ansieht – das ist
alles andere als ein Schwergewicht, Frau Schavan, das
ist ein wirkliches Leichtgewicht –, dann ist die Enttäu-
schung sehr groß,


(Beifall bei der SPD)


und zwar aus zwei Gründen. Der erste Grund ist ein in-
haltlicher: Bei der Erarbeitung des Gesundheitsfor-
schungsrahmenprogramms haben Sie die wissenschaft-
lichen Chancen nicht genutzt;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


sie finden sich im Gesundheitsforschungsprogramm
nicht wieder. Sie haben die Arbeit der deutschen Wissen-
schaft schlicht und einfach nicht genutzt.

Der zweite Punkt, der mich fast ärgert, ist: Sie haben
nicht die Möglichkeit genutzt, mit dem Gesundheitsfor-
schungsprogramm ein gesellschaftliches und politisches
Zeichen mit einer entsprechenden Dimension zu setzen.

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(C (D enn man das Programm liest, dann erhält man in der at den Eindruck, dass die Gesundheitsforschung in dieem Programm dazu dienen soll, möglichst schnell wirtchaftlich verwertbare Produkte zu generieren. Sie nenen das: Erkenntnisse „an den Patienten bringen“. Das ieht sich wie ein roter Faden durch dieses Programm. m das visuell deutlich zu machen, habe ich rote Zettel ingelegt. Überall dort, wo sich ein roter Zettel befindet, ird die Wirtschaft betont. Das darf man machen, aber s dient nicht der Gesundheitsforschung. Wir als SPD haben eine andere Auffassung, Frau chavan. Gesundheitsforschung soll nicht der Wirtschaft ienen, sondern den Menschen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie hingegen – das haben wir auch in Ihrem Redebeitrag
erade wieder gehört – zäumen das Pferd von der ande-
n Seite auf. Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt.
ie Frage ist: Wie können wir den Menschen dienen,
nd wie kann man vom Menschen her darüber nachden-
en, welche Gesundheitsforschung betrieben werden
uss?


(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Sie haben doch keinen Exklusivvertrag!)


ann ergeben sich auch noch andere Fragen: Was müs-
en wir machen, damit die Menschen gesund bleiben?
as müssen wir in der Forschung tun, damit Kranke
ieder gesund werden?

Vor dem Hintergrund dieser Sichtweise ergeben sich
ieder andere Fragen: Wie sehen die Lebensbedingun-
en von Menschen aus? Wie schaffen wir Arbeitsplätze
nd Situationen, mit denen es gelingt, dass Menschen
esund bleiben? Wie schaffen wir entsprechende Le-
ensbedingungen? Welche Ernährungsforschung und
ersorgungsforschung betreiben wir? Wie gehen wir mit
ranken um?

Das sind die Fragen, die sich ergeben, wenn man vom
enschen her denkt, und das finden wir in dem Gesund-

eitsforschungsprogramm leider nicht.

Ihre Antworten sind anders. Zum Teil sind sie nicht
orhanden; die Bereiche Arbeits- und Dienstleistungs-
rschung gibt es nicht. Es gibt aber ein Kapitel über
ersorgungsforschung, Ernährungs- und Präventionsfor-
chung. Wie sehen hier Ihre Antworten aus? Sie können
ich hier nicht darauf zurückziehen, dass das nur ein gro-
er Überblick ist. Es muss mehr sein als nur Textbei-
äge.

Ich habe alles mit Spannung gelesen. Auf Seite 33
chreiben Sie:

Die Bedeutung der gesundheitsökonomischen For-
schung hat in den vergangenen Jahren erheblich zu-
genommen. Der Bedarf an fundierten wissenschaft-
lichen Erkenntnissen … wird immer dringlicher.
Forschung kann hierfür konsistente Entscheidungs-
grundlagen schaffen.

Das ist alles richtig. Jetzt warten wir auf die Vor-
chläge. Was aber kommt? Nichts. Es folgt das nächste





René Röspel


(A) )


)(B)

Kapitel: „Förderung des wissenschaftlichen Nachwuch-
ses“. Darin verweisen Sie darauf, dass mehr Lehrstühle
für Versorgungsforschung geschaffen werden müssen.
Das ist Länderaufgabe. Wo ist die Verantwortung des
Bundes?

Welche Vorschläge bieten Sie zur Gesundheitsfor-
schung für die Menschen?


(Ulla Burchardt [SPD]: Keine!)


Das Programm ist eine inhaltliche Enttäuschung für uns.
Sie machen keine Gesundheitsforschung, sondern
Krankheitenerforschung. Das greift zu kurz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich will ein aktuelles Beispiel nennen. Einige Kolle-
gen haben gestern an einer Veranstaltung zur Komple-
mentärmedizin teilgenommen, bei der es auch um Natur-
heilkunde und alternative medizinische Verfahren ging.
90 Prozent der Menschen, die auf diese Weise behandelt
werden, sind sehr zufrieden. Das spielt also gesellschaft-
lich eine Rolle.

In der „Roadmap Gesundheitsforschung“ von 2007
wird die Komplementärmedizin im Kapitel „Krebser-
krankungen“ berücksichtigt. Es wird ernsthaft vorge-
schlagen, sich damit zu befassen. In dem vermeintlichen
Schwergewicht Gesundheitsforschungsprogramm findet
sich kein Wort dazu. Man findet nicht einmal das Wort
„Behinderung“. Aber zu einem Gesundheitsforschungs-
programm gehört, wie ich finde, auch Gesundheitsfor-
schung für Menschen mit Behinderung.

Das alles ist sehr enttäuschend. Sie hatten drei Jahre
Zeit für das Gesundheitsforschungsprogramm, die Sie
nicht genutzt haben. Wir als SPD hatten drei Wochen
Zeit, als wir erfuhren, dass die Debatte sehr schnell auf
die Tagesordnung gesetzt wird. Wir haben einen Antrag
erarbeitet. Er mag nicht vollständig oder auch verbesse-
rungswürdig sein; aber wir sagen ausdrücklich: Wir wol-
len Gesundheitsforschung, die von den Bedarfen der
Menschen ausgeht.


(Beifall bei der SPD)


Damit stehen wir nicht alleine. Das Institut für Qualität
und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sieht das
genauso. Die Frage ist: Was hat der Patient davon? Das
gilt auch für die Forschung.

Wir wollen einen Aktionsplan Präventions- und Er-
nährungsforschung. Sie kündigen ihn seit Jahren an. Wir
sagen: Legen Sie ihn endlich vor!

Wir wollen die Stärkung der Patientenautonomie, und
wir wollen die klinische Forschung stärken. Was Sie
eben an bereits existierenden Maßnahmen aufgeführt ha-
ben, Frau Schavan, ist doch auf eine Initiative der SPD
zur Förderung nicht kommerzieller und klinischer For-
schung zurückzuführen, die wir in guter Zusammenar-
beit, Herr Kretschmer, gemeinsam in der Großen Koali-
tion auf den Weg gebracht haben. Sonst wäre nichts
passiert.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Da waren Ihre Anträge noch qualitätsvoll!)


Wir wollen auch Gender- und Kinderaspekte einbe-
iehen. Das sind nur einige Beispiele aus unserem An-
ag.

Sie wollen in den nächsten fünf Jahren 5,5 Milliarden
uro einsetzen. Auch darauf sind wir sehr gespannt. Wo
ind eigentlich neue Mittel? Denn Sie zählen For-
chungsmittel dazu, die längst bewilligt sind. Entschei-
end ist aber nicht das Geld oder die Höhe der Summe,
ondern die Frage: Was nutzt letzten Endes den Men-
chen? Dafür ist die Forschung da.

Das Gesundheitsforschungsprogramm erfüllt diesen
nspruch nicht. Bedienen Sie sich gerne aus unserem
ntrag. Das tut den Menschen im Lande sicherlich gut.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200300

Ich erteile dem Kollegen Dr. Peter Röhlinger für die

DU/CSU-Fraktion, Entschuldigung: für die FDP-Frak-
on, das Wort.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das kann heutzutage schon mal passieren, Herr Präsident!)


Mögliche Fraktionswechsel sollten schon subjektive
dividuelle Entscheidungen bleiben. Sie werden nicht

urch das Präsidium veranlasst. – Bitte schön, Herr Kol-
ge.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1710200400

Herr Präsident, ich freue mich, dass wir in dieser

öhlichen Stunde auch ein fröhliches Wort übrig haben.

Ich begrüße Sie herzlich, Frau Ministerin, meine sehr
erehrten Damen und Herren. Ich widme mich im Fol-
enden dem von Ihnen genannten tatsächlichen Schwer-
ewicht. Ich empfinde es als Veterinärmediziner und
ürger, der 40 Jahre lang das Gesundheitswesen der
DR kennengelernt hat, auch persönlich als eine große
reude, dass wir nun die Chance haben, der Spitze der
uropäischen medizinischen Forschung zu zeigen: Wir
ind hier und wollen unseren Beitrag leisten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich gehe davon aus, dass das Rahmenprogramm Ge-
undheitsforschung der Bundesregierung die strategi-
che Ausrichtung der medizinischen Forschung für die
ommenden Jahre darstellt. Es bildet die Grundlage für
ie Finanzierung medizinischer Forschung an Hoch-
chulen, Universitätskliniken, außeruniversitären For-
chungseinrichtungen und in Unternehmen.

Die Bundesregierung ist einer der wichtigsten Ak-
ure auf dem Gebiet der Gesundheitsforschung, denn





Dr. Peter Röhlinger


(A) )


)(B)

sie finanziert anteilig Wissenschaftsorganisationen wie
die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft,
die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesell-
schaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft.


(René Röspel [SPD]: Nicht die Bundesregierung hat das getan, sondern der Bundestag!)


Sie unterhält Ressortforschungseinrichtungen, und sie
fördert medizinische Forschungsprojekte. Daraus er-
wachsen Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei wird hoffent-
lich ein Großteil dessen, was Sie, Herr Röspel, angespro-
chen haben, integriert werden.


(René Röspel [SPD]: Wir hoffen immer, gerade in diesem Fall!)


Wir haben als Parlamentarier Zeit, das zu kontrollieren
und gegebenenfalls zu ergänzen.

Dieses Programm setzt für die institutionelle Förde-
rung und für die Projektförderung des BMBF einen ge-
meinsamen Rahmen und richtet beide Förderarten neu
aus. Das Ziel ist, dass Forschungsergebnisse in Zukunft
schneller aus der Grundlagenforschung und der klini-
schen Forschung in die medizinische Regelversorgung
und damit zu den Patienten kommen. Dieser Prozess, der
in der Vergangenheit manchmal Jahrzehnte gedauert hat,
soll durch neue Strukturen und neue Formen der Zusam-
menarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
lern beschleunigt werden. Dafür sind – die Zahlen haben
wir zum Teil schon gehört – für das Jahr 2011 insgesamt
mehr als 1 Milliarde Euro in den Haushalt eingestellt, für
den Zeitraum 2011 bis 2014 über 5,5 Milliarden Euro.


(René Röspel [SPD]: Keine neuen Mittel, oder?)


Die Laufzeit ist auf acht Jahre angelegt. Auf der Veran-
staltung, die wir gestern gemeinsam besucht haben, hatte
ich den Eindruck, dass wir überfraktionell, gerade was
die Komplementärmedizin angeht, durchaus überein-
stimmende Ansichten haben.

Die Tatsache, dass die Laufzeit auf acht Jahre ange-
legt ist, gibt uns die Möglichkeit, nicht im Raster von
vier Jahren denken zu müssen, sondern in längeren Zeit-
räumen. Das sind wir den Bürgern schuldig, und dieser
Zeithorizont macht uns Abgeordneten Hoffnung, in den
nächsten Jahren etwas mehr Kraft zu investieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Patienten stehen – so geht es aus dem Text her-
vor – im Mittelpunkt. Partner der Regierung sind in ers-
ter Linie die Forschungseinrichtungen. Aber wir haben
auch – darin unterscheiden wir uns vielleicht, Herr
Röspel – ein ungestörtes Verhältnis zu den Unternehmen
als Partner bei der Lösung außerordentlich komplizierter
Vorhaben. Im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung
sind sechs Aktionsfelder definiert. Ich möchte an dieser
Stelle nur auf einige eingehen, die mir besonders interes-
sant erscheinen.

Zunächst geht es um die Erforschung von Volks-
krankheiten. Diese Forschung wird gebündelt. Es wer-
den sechs deutsche Zentren der Gesundheitsforschung
gegründet. Diese Zentren sind so aufgestellt, dass eine

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(C (D eue Qualität der Zusammenarbeit in der Wissenschaft ntstehen kann; das muss auch so sein. Erstmals werden ier universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen it ihren jeweils besten Forscherinnen und Forschern leichberechtigt und gemeinsam wissenschaftliche Fraestellungen definieren und bearbeiten. Bei den Vorgeprächen zum Wissenschaftsfreiheitsgesetz ist mir ans erz gelegt worden: Wir brauchen nicht mehr Geld, sonern neue Strukturen. Wir brauchen Kooperation, auch it den Unternehmen. as ist ein neuer Aspekt, der sich in diesem Rahmenproramm wiederfindet. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Errankungen, zum Beispiel Parkinson, Demenz und Alzeimer, und das Deutsche Zentrum für Diabetesforchung sind bereits gegründet. (René Röspel [SPD]: Aber die Forschung hat es vorher schon gegeben!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ier weitere Zentren werden eingerichtet, zu Herz-
reislauf-Erkrankungen, zu Krebs, zu Infektions- und zu
ungenkrankheiten. Hier werden sicherlich – darüber
ind wir uns alle einig – die Kliniken und Einrichtungen
it großem Interesse dabei sein. Sie werden sich fragen:
ind wir dabei, oder gehören wir zu den Einrichtungen,
ie aus diesen oder jenen Gründen nicht einbezogen
erden? – Da können wir uns auf schwierige Diskussio-
en gefasst machen. Frau Ministerin, Sie plädierten für
ine gute Zusammenarbeit mit den Ländern. Ich sehe da
urchaus Spannungsfelder. Aber auch dafür sind wir da.
onst würden das andere schon längst gemacht haben.

Beim Aktionsfeld 2 geht es um die Forschungshe-
usforderung. Das Stichwort heißt individualisierte Me-

izin. Dieses Aktionsfeld ist der ganzheitlichen Behand-
ng gewidmet; denn durch die großen Fortschritte der
edizinischen Forschung in den vergangenen Jahren ist

as Verständnis der grundlegenden Krankheitsmechanis-
en inzwischen stark gewachsen. Dabei ist deutlich ge-
orden, dass individuelle Unterschiede, zum Beispiel
lter, Geschlecht, sozialer Hintergrund und genetische
isposition, eine große Rolle spielen. Die Erforschung
ieser Aspekte muss forciert werden, um Diagnose und
herapie künftig stärker als heute auch auf individuelle
edürfnisse und Voraussetzungen einzelner Menschen
der einzelner Gruppen von Menschen auszurichten.

Mir sagen die Chefs in Heidelberg und an anderen
rten: Wenn die Patienten künftig mit ihrem Chip zum
rzt oder in die Klinik kommen und eine Fülle von In-
rmationen mitbringen, dann kann der Mediziner Kos-
n auf dem einen oder anderen Gebiet vermeiden, weil

r sehr speziell reagieren und auf die Anwendung von
iesem oder jenem Diagnostikum oder Therapeutikum
erzichten kann.


(René Röspel [SPD]: Die elektronische Gesundheitskarte hat nichts mit individualisierter Medizin zu tun!)


Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung von
iagnostika und Therapeutika und spannt in der Förde-





Dr. Peter Röhlinger


(A) )


)(B)

rung den Bogen entlang des Innovationsprozesses von
der lebenswissenschaftlichen Grundlagenforschung über
die präklinische und klinisch-patientenorientierte For-
schung bis zur Marktreife. Der Übergang von einer Stufe
des Innovationsprozesses zur nächsten wird erleichtert.
Die Erforschung seltener Krankheiten wird ebenso be-
sonders intensiv gefördert.

Die Präventions- und die Ernährungsforschung lie-
fern Erkenntnisse über den Einfluss von Ernährung und
Bewegung. Das betrifft speziell unsere Berufsgruppe;


(René Röspel [SPD]: Dazu brauchen wir kein Gesundheitsforschungsrahmenprogramm!)


denn die Bewegungsarmut betrifft uns alle, die wir hier
sitzen.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200500

Herr Kollege.


Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1710200600

Man sieht, das Ministerium denkt auch an uns, ob-

wohl man sagt: Der brave Mann denkt an sich selbst zu-
letzt. – In diesem Fall haben Sie, Frau Ministerin, auch
dieses Tabu gebrochen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200700

Herr Kollege, wenn Sie gelegentlich an die Redezeit

dächten, würde uns das auch wieder mehr Bewegung am
Rednerpult ermöglichen.


(Heiterkeit)



Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1710200800

Ich nähere mich dem Ende.


(Heiterkeit)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710200900

Das wollen wir nicht hoffen, aber die Redezeit geht

zu Ende, Herr Kollege Röhlinger.


(Heiterkeit)



Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1710201000

Ich möchte zum Schluss auf die neuen Strukturen in

der internationalen Kooperation und auf die Zusammen-
arbeit mit dem BMZ verweisen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710201100

Ich erteile nun das Wort der Kollegin Petra Sitte für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710201200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sich um

die Gesundheit der Bevölkerung zu sorgen, gehört wohl

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(C (D u den höchsten Ansprüchen einer Gesellschaft. Diese ufgabe bedarf, soll sie auch nur annähernd gerecht für ie Menschen erfüllt werden, eines zutiefst solidarischen nsatzes. Herr Röspel hat schon gesagt, dass von den enschen aus gedacht werden soll. ür diesen Ansatz bedeutet das, dass das Gesundheitsrschungsprogramm nicht mehr nur in den Grenzen von ationalstaaten verfolgt werden kann, und für diesen nsatz bedeutet das, dass die Grenzen zwischen fachissenschaftlichen Disziplinen überschritten werden üssen. Was heißt das jetzt aus der Sicht der Linken? Ein moernes Gesundheitsforschungsprogramm muss zwangsufig seinen Horizont erweitern. Deshalb ist uns besoners wichtig, dass soziale, kulturelle, soziologische, emografische, aber auch ökologische Faktoren einzueziehen sind, weil auch diese die Gesundheit maßgebch beeinflussen. Im Zentrum des Gesundheitsforschungsprogramms ollen nun so große Volkskrankheiten wie Krebs, Herzreislauf-, Stoffwechsel-, Infektions-, Lungenoder neudegenerative Erkrankungen stehen. Der Anstieg bei iesen Erkrankungen und die Dramatik ihres Verlaufs erden, wie zwischenzeitlich belegt, eindeutig auch urch unsere Lebensweise geprägt. Daher müssen in euer Qualität auch Präventionsund Versorgungsforchung in das Konzept integriert werden. Die Linke hat an ieser Stelle wiederholt kritisiert, dass Gesundheitsforchung in dieser Bundesregierung viel zu sehr auf Pharaentwicklung, Biotechnologie und Medizintechnik ver ngt ist. Tatsächlich hätte die Bundesregierung längst weiter ein können. Herr Röspel hat es schon zu Recht gesagt: merhin lagen mit dem damaligen als – neudeutsch – Roadmap für die Gesundheitsforschung“ bezeichneten onzept der schwarz-roten Koalition von 2007 viele eutlich konkretere Vorschläge auf dem Tisch. Aber ofnsichtlich ist die schwarz-gelbe Gemeinschaftspraxis pfer entschlossen, ihre konzeptionelle Blutarmut ohne te Helferzellen zu überstehen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der SPD: Da hat er recht!)


(Beifall bei der LINKEN)


Also muss das Parlament die konkrete strukturelle
nd finanzielle Umsetzung der angekündigten Initiativen
ontrollieren und mit eigenen Vorschlägen bereichern.
ir erwarten von der Bundesregierung, dass sie uns be-
its in den Haushaltsberatungen Auskunft darüber gibt,
welchem Verhältnis die einzelnen Aktionsfelder zu-

inander stehen und wie sie jeweils finanziell unterlegt
erden.

Die Erforschung großer Volkskrankheiten ist wahrlich
ine Mammutaufgabe, an die sich hohe Erwartungen
nüpfen. Das alles ist nicht ohne verlässliche Strukturen,
hne neue bundesweite Vernetzungen und Kooperatio-
en zu schaffen. Also macht die Bildung von Zentren für





Dr. Petra Sitte


(A) )


)(B)

Gesundheitsforschung unter dem Dach der starken
Helmholtz-Gemeinschaft durchaus Sinn. Wenn jedoch
die Universitätsklinika auf Augenhöhe mitwirken sollen,
dann müssen sich Bund und Länder darüber verständi-
gen, wie der chronischen Unterfinanzierung der Univer-
sitätsmedizin begegnet werden kann.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ansonsten können die Klinika ihre Chance, endlich wie-
der stärker in öffentlich geförderte, nicht kommerzielle
Forschung einzusteigen, kaum befriedigend wahrneh-
men. Insofern hatten Sie in Ihrer Rede recht. Das Ganze
muss jetzt aber auch verbindlich festgehalten werden.

Eine unabhängige klinische Forschung kann dem
Wissen über Therapien entscheidende Impulse geben;
das wissen wir. Mithin wird die Möglichkeit, eigene For-
schungsvorhaben zu verfolgen, auch für wissenschaftli-
chen Nachwuchs attraktiv. Deshalb betrachte ich es als
Fortschritt, dass Nachwuchsfragen in jedem Themenge-
biet des Programms eine Rolle spielen. Allerdings müs-
sen Sie jetzt nachlegen und verlässliche Perspektiven
konzipieren.

Gesundheitsprobleme können, wie ich schon ein-
gangs gesagt habe, nicht mehr nationalstaatlich gelöst
werden; sie tragen globalen Charakter. Wer heute meint,
dass die wohlhabenden Staaten von den Krankheiten der
sogenannten armen Länder verschont bleiben, verkennt
den Ernst der Lage. Die Linke sagt: Wir tragen eine hohe
Verantwortung dafür, dass Krankheiten, die mit Armut
einhergehen, wie HIV, Malaria, Tbc oder tropische
Krankheiten, ausgerottet werden können.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Pharmaindustrie ihrerseits ignoriert nämlich er-
fahrungsgemäß die dramatischen Folgen, weil in den ar-
men Ländern auf sie keine kaufkräftigen Kunden war-
ten. Es ist eine Bankrotterklärung der reichen Staaten,
dass die Millenniumsziele der Vereinten Nationen nicht
erreicht worden sind.

Nicht genug damit, dass so viele Menschen wie nie
hungern, nämlich über 1 Milliarde: Nein, sie sind infol-
gedessen auch noch dramatisch geschwächt und fast
wehrlos gegen Krankheiten. So stehen wir weltweit vor
verschärften armutsbedingten medizinischen Großpro-
blemen und damit einhergehenden gesellschaftlichen
Konflikten. Krasses Beispiel etwa sind multiresistente
Tuberkulosekeime, die sich in den Staaten der ehemaligen
Sowjetunion entwickelt haben und die sich nunmehr über
ganz Europa ausbreiten.

Deutschland bezeichnet sich immer wieder gern als
„Apotheke der Welt“. Angesichts dessen, was ich gerade
gesagt habe, kann ich nur feststellen: Dieser Satz ist
falsch. Wenn überhaupt, dann sind wir Apotheke höchs-
tens für den reicheren Teil der Welt. Unter den Förderna-
tionen findet sich Deutschland als eines der reichsten
Länder nämlich nur auf Platz 20. Das ist völlig inakzep-
tabel!


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ediglich 20 Millionen Euro für sogenannte Produktenticklungspartnerschaften zwischen Industrie und For chern stehen beispielsweise 800 Millionen Euro gegenber, die im Rahmen der Pharmainitiative in den letzten ahren ausgegeben wurden. Das müssen wir ändern. Meine Damen und Herren, das Gesundheitsforchungsprogramm bietet uns durchaus auch auf diesem eld eine Chance, die hohe Kompetenz wissenschaftliher Einrichtungen tatsächlich in den Dienst dieser Geellschaft wie auch der Weltgemeinschaft zu stellen. Paken wir es endlich an! Danke schön. Das Wort erhält nun die Kollegin Krista Sager vom ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun esregierung hat in ihrem nationalen Rahmenprogramm ur Gesundheitsforschung die Präventionsforschung, die ersorgungsforschung und auch die globale Herausforerung mit einem Schwerpunkt auf vernachlässigte und rmutsbedingte Krankheiten aufgegriffen und zu eigeen Aktionsfeldern gemacht. Das bewerten wir erst einal durchaus positiv. Ich sage aber auch: Wenn man sich ie finanzielle Gewichtung anschaut, kann man in der at nur von allerersten Schritten sprechen. Da müssen it Sicherheit weitere Schritte folgen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710201300
Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710201400

Die Bedeutung der Präventionsforschung wird beson-
ers durch den demografischen Wandel unterstrichen.
ir müssen junge Menschen vor Erkrankung schützen,
ir müssen ältere Menschen länger gesund und aktiv er-
alten. Ein wichtiges Thema für die Präventionsfor-
chung ist aber auch die soziale Spaltung im Präven-
onsbereich. Prävention darf nicht nur die gebildete
ittelschicht erreichen, sondern sie muss auch Kinder

us armen Familien und Menschen, für die gesunde Er-
ährung nicht alltäglich ist, erreichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


eswegen muss die interdisziplinäre und kooperative
räventionsforschung ganz besonders verstärkt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In einer alternden Gesellschaft gibt es aber auch immer
ehr Menschen mit chronischen Erkrankungen, deren
eid gemildert und deren Lebensqualität erhalten werden
uss. Gesundheitsforschung muss deswegen auf die Er-
rschung chronischer Erkrankungen einen Schwerpunkt
gen. Auch die Schmerz- und die Pflegeforschung müs-

en verstärkt werden. Frau Schavan, ich finde, dass in





Krista Sager


(A) )


)(B)

einem nationalen Gesundheitsforschungsprogramm die
Pflegewissenschaften einen sehr viel stärkeren Stellen-
wert brauchen, als das in Ihrem Programm der Fall ist,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


und zwar nicht nur hinsichtlich der wissenschaftlichen
Erkenntnisse, sondern auch, was die akademische Pro-
fessionalisierung des Fachkräftepotenzials angeht.

Die Stärkung der Versorgungsforschung war – gerade
vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller Möglichkei-
ten – für uns immer ein besonders wichtiges Anliegen.
Der medizinische Fortschritt muss auch bei denen an-
kommen, die es am nötigsten haben und bei denen er am
meisten bewirkt – nicht nur bei denen, die es sich leisten
können. Deswegen ist gerade die Stärkung der Versor-
gungsforschung unter dem Gesichtspunkt von Gerechtig-
keit, aber auch unter dem Gesichtspunkt von Qualität und
Effizienz für uns Grüne ein ganz besonderes Anliegen.

Männer und Frauen werden in unserem System unter-
schiedlich unterversorgt und überversorgt. Man muss
sich da nur die Herzkrankheiten und die psychischen
Krankheiten anschauen. Zum Teil kommen Medika-
mente auf den Markt, die nur an männlichen Probanden
getestet worden sind. Deswegen muss die Bundesregie-
rung dafür sorgen, dass genderspezifische Aspekte in die
Gesundheitsforschung systematischer integriert werden,
als das in der Vergangenheit der Fall war.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir begrüßen – auch Frau Sitte hat das angespro-
chen –, dass die Bundesregierung jetzt mehr gegen ar-
mutsbedingte Krankheiten tun will. Das ist in der Tat
nicht nur ein Thema, das Solidarität und globale Verant-
wortung betrifft, es hat auch etwas mit Selbstschutz zu
tun. Resistente Formen der Tuberkulose können auch
ganz schnell bei uns ankommen.

Bei den geförderten Produktentwicklungspartnerschaf-
ten muss jetzt dafür gesorgt werden, dass die Kriterien für
Lizenzierung und Erfolg transparent entwickelt werden.
Unsere Entwicklungspolitiker werden ganz besonders
darauf achten, dass dabei in Zukunft in Zusammenarbeit
mit den NGOs Fortschritte erzielt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der größte Teil der Mittel aus diesem Rahmenpro-
gramm geht in die Deutschen Zentren der Gesundheits-
forschung. Ich sage ausdrücklich: Fokussierung auf die
großen Volkskrankheiten und Bündelung von Kräften
und Ressourcen zur Erforschung der großen Volkskrank-
heiten finden wir im Prinzip richtig. Zur Erreichung des
Ziels der schnelleren Translation, also der schnelleren
Überführung der medizinischen Forschungsergebnisse
in die klinische Praxis bzw. in die Patientenbehandlung,
müssen aber eigentlich die Universitätskliniken ins Zen-
trum gerückt werden. Warum? Die medizinische For-
schung braucht unbedingt die Nähe zu den Patientinnen
und Patienten. Sie braucht die Nähe zur klinischen Er-

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(C (D hrung. Sie braucht die Überprüfung ihrer eigenen Erartung in der klinischen Praxis. Sie braucht aber auch ie Nähe zum ärztlichen Nachwuchs; denn wir müssen erade die jungen Ärzte auch für die medizinische Forchung und für die Kooperation mit der medizinischen orschung interessieren und gewinnen. Das heißt, wenn an Translation als Ziel ernst nimmt, dann müssen erzstück und Schnittstelle der Deutschen Zentren eientlich die Universitätskliniken sein. Was ist aber passiert? Wir sind wieder von den Beonderheiten der föderalen Forschungsförderung eingeolt worden. 90 Prozent der Mittel sollen vom Bund ommen. Also wurden, um die Länder im Boot zu haln, die Helmholtz-Zentren in die Mitte gerückt; sie wuren als Partner gesetzt. Sie mussten sich im Gegensatz u den Universitäten dazu keinem qualitativen Wettbeerb stellen. Sie sind von vornherein privilegiert, weil ie Geförderte und Förderer zugleich sind. Es ist kein under, dass der Verband der Universitätskliniken, der edizinische Fakultätentag und die Hochschulrektoren onferenz protestiert haben. Durch ihren Protest und urch ihren Druck gibt es jetzt verschiedene Zentrenmoelle und eine Entwicklung in Richtung einer Netzwerktruktur. Damit sind aber nicht alle Probleme und Ängste beeitigt. Werden die Helmholtz-Zentren forschende junge rzte, Publikationen und Drittmitteleinwerbung aus den niversitätskliniken und aus den Unis zu sich herüber iehen? Werden die Länder Komplementärmittel, die sie tzt brauchen, bei der Grundfinanzierung der Uniklinien abziehen? Das alles sind offene Fragen. Die Frage Wird es Kooperation auf Augenhöhe geben?“ ist bisher icht beantwortet. Ich finde es nicht unproblematisch, so viel Geld auf auer in eine Struktur hineinzustecken, die bisher noch o wenig erprobt ist. Wir brauchen ganz dringend nicht ur eine Evaluation der Ergebnisse, sondern beizeiten uch eine Evaluation der Strukturen sowie der Folgen nd Risiken dieser Strukturen, bevor wir auf Dauer so iel Geld in diese stecken. Das ist eine Sache, zu der ich on Ihnen, Frau Schavan, eine Zusage erwarte, und das rwarten auch die Universitätskliniken von Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Michael Kretschmer [CDU/CSU])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710201500

Der Kollege Michael Kretschmer erhält als Nächster

as Wort für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1710201600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Über 5,5 Milliarden Euro, nahezu 6 Milliarden
uro, wird der Bund zwischen 2011 und 2014 für die
esundheitsforschung ausgeben. Über nicht weniger
eld sprechen wir heute. Das ist ein gewaltiger Kraftakt.
as macht klar, welche Bedeutung wir der Medizin und





Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

der Gesundheitsforschung beimessen. Es ist nicht weni-
ger als knapp die Hälfte des Geldes, das das Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung jährlich als Etat
zur Verfügung hat. Es ist ein gewaltiger Kraftakt und,
wie ich finde, ein deutliches Zeichen in die richtige
Richtung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es reicht in diesem Zusammenhang nicht, über Geld
zu sprechen; wir müssen auch über Strukturen und über
Qualität sprechen. Ganz wichtig ist, auch im Hinblick
auf das 8. Forschungsrahmenprogramm und andere Dis-
kussionen, die derzeit laufen: In der Forschung muss es
zuallererst um Exzellenz gehen. Es ist alles nichts ohne
Exzellenz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Erkenntnis hatte vor Jahren auch schon eine an-
dere Bundesforschungsministerin. Sie hatte festgestellt,
dass Deutschland bei der klinischen Forschung weit zu-
rück lag, und deswegen versucht, mit Zentren für klini-
sche Studien und ähnlichen Dingen die Qualität zu he-
ben. Vieles davon ist gut gelungen. Deswegen empfinde
ich nicht alle Reden, die wir heute gehört haben, als ziel-
führend. Wir können nämlich gemeinsam auf das stolz
sein, was wir auf den Weg gebracht haben.

Wir haben heute gehört, das Programm sei zu nahe an
der Umsetzung, zu nahe an den Unternehmen, die später
die Medikamente herstellen. Das ist erstens falsch, und
zweitens widerspricht der Vorwurf dem, was die SPD,
als sie in der Regierung war, einmal selber mit vorange-
trieben hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Nichts gegen Gesundheitswirtschaft!)


Translation ist ein ganz zentrales Thema in der Ge-
sundheitsforschung. Was nutzt es uns, wenn wir im La-
bor, im Forschungsinstitut die größten Dinge erforschen
und Fortschritte erzielen, wenn die Ergebnisse nicht um-
gesetzt werden, nicht zum Patienten kommen? Es ist
richtig, so wie es hier angelegt ist: Translation, also die
Überführung des Wissens in die klinische Anwendung,
muss zentrales Thema eines jeden Gesundheitsfor-
schungsprogramms sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie die Menschen fragen, was Allensbach und
andere Forschungseinrichtungen ab und an machen, was
sie sich von der Forschung am meisten wünschen und
was die wichtigsten Themen sind, dann wird das Thema
Gesundheit genannt. Der Grund ist ihre Sorge um die
schweren Krankheiten Demenz oder Krebs. Deswegen
glaube ich, dass wir mit diesem Programm vollkommen
richtig liegen. Die großen Volkskrankheiten und die Seu-
chen der Gegenwart gehen wir an. Wir versuchen, dies
in Zusammenarbeit mit den Deutschen Zentren der Ge-
sundheitsforschung mit einer neuen Struktur zu bewälti-
gen.

Dabei hat das Parlament einen deutlichen eigenen
Akzent gesetzt, indem es neben den Zentren für Krebs,

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(C (D iabetes, Neurodegeneration und Infektion zwei weitere inheiten errichten will. Die Abgeordneten des Deutchen Bundestags haben gesagt: Wir wollen, dass die Errankungen von Herz und Kreislauf sowie der Lunge uch in diesen Zentren ein Thema sind. Jetzt ist dies auf em Weg. Ich finde, die Kritik ist an den Haaren herbeiezogen, und sie ist auch ein bisschen verletzend. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist eine der größten eutschen Wissenschaftsorganisationen. Sie hat eine roße Exzellenz und ist international anerkannt. Wir haen sie damit beauftragt, diese Deutschen Zentren zu oranisieren. Natürlich gibt es einen Wettbewerb bei den rojekten, die in den Deutschen Zentren verfolgt weren. Dabei muss sich auch eine Gruppe, die in der Helmoltz-Gemeinschaft mitarbeitet, im Rahmen dieses Wettewerbs bewerben. So ist es auch passiert. Wir haben im brigen eine große Gemeinsamkeit zwischen Klinikern nd außeruniversitären Forschern. Man sollte nicht veruchen, diese durch eine kleinteilige Diskussion in dieem Bereich kaputtzumachen. Ich will die Frage aufwerfen, wie es sich mit den Bunesländern, denen die Kliniken gehören, der Hochschuledizin und der außeruniversitären Forschung verhält. h glaube, wir haben auch hier in den vergangenen Jahn deutliche Maßnahmen ergriffen, um zu helfen. Ich in aber nach wie vor der Meinung, dass wir die Univeritätskliniken nicht übernehmen sollten. Das würde völg an der Sache vorbeigehen. (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat auch niemand gewollt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben die für Forschung und Entwicklung zur
erfügung stehenden Mittel deutlich erhöht. Wir haben
ersucht, mit den Zentren für klinische Forschung die
ualität zu erhöhen. Dies ist uns in großen Teilen gelun-
en. Zuletzt haben wir in der Frage von Programmpau-
chalen und der Overheadfinanzierung – es werden in
ukunft 20 Prozent sein – dafür gesorgt, dass diejenigen,
ie wirklich gut sind und sich im Wettbewerb bewähren,
m Ende keine Probleme bekommen, weil dies zulasten
rer Gemeinkostenfinanzierung geht. Nein, meine Da-
en und Herren, wir haben die Strukturen geändert. Wir

aben dies so gemacht, dass Wettbewerb stattfindet und
ass am Ende wirklich die Besten erfolgreich sein kön-
en, sodass es am Ende in Gänze zu einer Erhöhung von
xzellenz und Qualität kommt. Ich glaube, der Weg ist
chtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Die besten Forscher haben nicht unbedingt die Lösungen für die Patienten!)


Es ist die Frage angesprochen worden, ob alle The-
en richtig bearbeitet worden sind und ob man sich

icht noch mehr vorstellen könnte. Man kann sich im-
er mehr vorstellen. Aber auch die Mittel der Bundesre-

ublik Deutschland und dieses Ministeriums, das einen
ohen Etat hat, sind begrenzt. Deswegen ist erstens die
onzentration auf die großen Volkskrankheiten wichtig.
weitens kommen eine Missionsorientierung und eine





Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

Methodenorientierung hinzu. Ich denke, es ist ein großer
Schritt, dass wir Qualität in der Breite und Vergleichbar-
keit organisieren und neben der klinischen Studie die
präklinische Phase und am Ende auch die Markteinfüh-
rung mit bedenken. Das heißt, vom Menschen her zu
denken. Das heißt, den Patienten in den Mittelpunkt zu
stellen. Ich finde die Kritik, die hier geäußert worden ist,
völlig falsch. Sie ist in der Sache absolut daneben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Kollege Röspel hat einen Antrag angesprochen,
den wir in der vergangenen Legislaturperiode gemein-
sam gefertigt haben. Ich finde, das ist ein großartiges
Werk.


(René Röspel [SPD]: Gute Zusammenarbeit, Herr Kretschmer!)


– Es gab eine gute Zusammenarbeit und kluge Ideen. –
Vieles von dem realisieren wir jetzt, weil die frühere Ge-
sundheitsministerin Ulla Schmidt die Ideen einfach nicht
umgesetzt hat. Das gehört zur Wahrheit dazu.


(Zuruf von der FDP: Genau, das gehört auch zur Wahrheit!)


Ich glaube, mit dem jetzigen Gesundheitsminister haben
wir jemanden, der die Dinge mit uns gemeinsam voran-
bringen will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Der sitzt ja nicht mal da!)


Ich finde, die Ministerin hat vollkommen recht, wenn
sie sagt, dieses Thema sollte zu Gemeinsamkeit führen.
Wir sollten gemeinsam für die Gesundheit in diesem
Land arbeiten. Die Menschen haben so große Hoffnun-
gen, und wir können in diesem Bereich wirklich so viel
gemeinsam bewegen: Lassen Sie uns nicht über Kleinig-
keiten reden und parteitaktisch das Ganze betrachten,
sondern stellen wir den Menschen in den Mittelpunkt
und tun wir etwas für die Gesundheit in diesem Land!


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben gemeinsam die Möglichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710201700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Carola

Reimann für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1710201800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wohl kaum ein Bereich ist so komplex und solch
starken Veränderungen unterworfen wie unser Gesund-
heitssystem. Die aus dem demografischen Wandel, der
hier schon angesprochen worden ist, resultierende Not-
wendigkeit der Versorgung älterer und multimorbider
Patientinnen und Patienten erfordert fortlaufend Anpas-
sungen und in vielen Bereichen auch mutige Struktur-
reformen.

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(C (D Auch wenn unser Gesundheitssystem zweifelsohne u einem der besten der Welt gehört, stehen wir doch vor roßen Herausforderungen, denen wir uns auch stellen üssen. Vieles in unserem System ist nach wie vor zu nkoordiniert, zu intransparent und viel zu wenig am Paenten orientiert. as führt im Übrigen nicht nur zu unnötigen zusätzlichen osten, sondern hat auch Einfluss auf die Qualität der ersorgung von Millionen von Versicherten. Allein im ereich der Versorgung sind noch ganz viele Fragen uneklärt: Wie überwinden wir das isolierte Nebeneinander erschiedener Institutionen? Wie schaffen wir eine stärere Patientenorientierung bei den Versorgungsabläun? Wie entwickeln wir neue Versorgungsformen, und ie beschleunigen wir deren Einführung dann in der raxis? Angesichts der demografischen Entwicklung und der ielen offenen Fragen nicht nur im Bereich der Versorung, sondern auch in anderen Teilbereichen des Geundheitssystems bedarf es eines breit aufgestellten, gut ernetzten Gesundheitsforschungsbereichs in Deutschnd. Grundsätzlich begrüßen wir es daher sehr, dass ich die Bundesregierung dieses Themas annimmt. Wirft man nun aber einen Blick in das von Ihnen vorelegte Rahmenprogramm Gesundheitsforschung, so tellt man leider fest, dass es der herausragenden Bedeung der Gesundheitsforschung und damit dem selbst ge tellten Anspruch nicht gerecht wird. er gehofft hat, dass die ständigen Verschiebungen und berarbeitungen letztlich genutzt wurden, um hier ein rogramm mit Substanz vorzulegen, der wurde entuscht. r Papier bleibt in überwiegenden Teilen abstrakt, vage, nbestimmt. Weitgehend richtigen Problemdarstellunen folgen leider keine konkreten Lösungsansätze, keine laren konkreten Maßnahmen und auch keine konkreten orschungsprojekte. Besonders enttäuschend finde ich, dass das Rahmenrogramm einem Hauptproblem der Gesundheitsforchung, nämlich der nach wie vor viel zu geringen Paentenorientierung, viel zu wenig Beachtung schenkt. uch der Kollege Röspel hat das schon ausgeführt. Das nde ich sehr bedauerlich. Kolleginnen und Kollegen, damit hier kein Zweifel ufkommt: Wir brauchen eine starke Gesundheitswirtchaft im Bereich der Pharmaindustrie genauso wie in er Medizintechnik und der Telemedizin. ffentlich geförderte Gesundheitsforschung muss sich ber immer an den Hilfebedürftigen und an den Kranken rientieren. Dr. Carola Reimann )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(René Röspel [SPD]: So ist das!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der LINKEN)

Die Fragen, die im Rahmenprogramm gestellt werden
müssen, dürfen nicht lauten: „Wie können wir der phar-
mazeutischen Industrie am besten helfen?“, oder: „Wie
können wir wissenschaftliche Erkenntnisse schneller
ökonomisch verwerten?“, sondern die Fragen müssen
lauten: „Was hat der Patient davon?“, und: „Wie können
wir mit den neuen Erkenntnissen Patienten besser, um-
fassender und systematischer versorgen?“. Das muss der
Leitgedanke eines Gesundheitsforschungsprogramms
sein.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Ministerin, wären Sie diesem Gedanken gefolgt
– Sie haben heute Morgen noch einmal betont, dass Sie
den Weg zum Patienten kürzer machen wollen –, dann
hätten Sie sich stärker mit der Gesundheitsforschung und
den eingangs gestellten Fragen befasst. Gesundheitsfor-
schung und Versorgungsforschung sind enthalten, aber
deren Anteil ist eigentlich marginal. Die gegenwärtige
Gesundheitsforschung konzentriert sich schwerpunkt-
mäßig immer noch zu sehr an medizinischen Produkten;
viel zu wenig sind die Prozesse, die Behandlungsketten
und die Abläufe bei der Therapie des Patienten im Blick.
Dazu, wie Sie diesem Problem konkret begegnen wol-
len, findet sich im Papier gar nichts.


(Beifall bei der SPD)


Ebenso wenig befasst sich das Programm mit der
Frage der Stärkung der Patientenautonomie in einem im-
mer komplexer werdenden Gesundheitssystem. Bei ei-
ner gleichzeitig älter werdenden Gesellschaft ist das eine
der ganz großen Herausforderungen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sehr richtig!)


Wirtschaftsminister – Pardon! – Gesundheitsminister
Rösler


(Heiterkeit bei der SPD – René Röspel [SPD]: Das weiß man in diesen Zeiten nie!)


– da hat die Berichterstattung der vergangenen Tage Wir-
kung gezeigt – spricht ja gerne vom mündigen, eigenver-
antwortlichen Patienten. Bislang beschränkte sich das bei
Schwarz-Gelb allerdings auf finanzielle Eigenverantwor-
tung in Form von Zusatzbeiträgen und Kostenerstattun-
gen. Wenn Sie es mit dem mündigen Patienten wirklich
ernst meinen würden, dann würden sich in diesem Pro-
gramm Möglichkeiten zur Stärkung der Patientenautono-
mie wiederfinden. Aber auch hier leider Fehlanzeige.

Eines der sechs Aktionsfelder im Rahmenprogramm
Gesundheitsforschung befasst sich mit Präventions- und
Ernährungsforschung. Das ist ohne Frage zu begrüßen;
denn gerade im Zusammenhang mit der demografischen
Entwicklung und der Zunahme chronischer Erkrankun-
gen wird die Bedeutung der Prävention weiter zuneh-
men. Doch auch hier geht das Rahmenprogramm nicht
über Altbekanntes und Bewährtes hinaus.


(René Röspel [SPD]: Ja!)


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(C (D eit Jahren diskutieren wir im Rahmen des von uns imer wieder geforderten Präventionsgesetzes über die rientierung an den Lebensverhältnissen. (Beifall der Abg. Dr. Martina Bunge [DIE LINKE])


islang werden mit gängigen Präventionsangeboten ge-
au diejenigen nicht erreicht, die wir aber vor allem er-
ichen müssen. Lieber Kollege Röhlinger, damit sind

icht sich schlecht ernährende und bewegungsarme Ab-
eordnete gemeint,


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Peter Röhlinger [FDP]: Aber auch!)


ondern Menschen mit niedrigem Einkommen, mit nied-
gem Bildungsstand und Migrationshintergrund.


(Dr. Peter Röhlinger [FDP]: Ach so!)


ll diese Menschen haben schlechtere Gesundheitschan-
en in unserem Land.

Die Erforschung und Bekämpfung ungleicher Ge-
undheitschancen in Deutschland gehört mit zu den
rößten Herausforderungen, vor denen wir in der Ge-
undheitsversorgung stehen.


(Beifall bei der SPD)


uch hier schweigt die Bundesregierung; denn dazu fin-
et sich nichts im Rahmenprogramm Gesundheitsfor-
chung. Allein das zeigt schon, dass dieses Programm
on der Versorgungsrealität weit entfernt ist und sich
icht an dem Bedarf der Betroffenen orientiert. Hier
üssen Sie dringend nachbessern, wenn Sie den Kampf

egen ungleiche Gesundheitschancen in unserem Land
irklich ernst nehmen.

Das von Ihnen vorgelegte Rahmenprogramm ist ein
apier der schönen Worte, ein Papier des kleinsten ge-
einsamen Nenners, auf den sich BMBF und BMG ge-
de noch haben einigen können. Es bleibt deutlich – auch

as wurde hier schon angesprochen – hinter der bereits
007 vorgelegten Roadmap zurück, die wesentlich klarer,
onkreter und substanzieller war. Da wurde im Zusam-
enhang mit der Definition des Begriffs „Gesundheits-
rschung“ sehr klar ausgeführt:

Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen für
das ärztliche Handeln nutzbar gemacht werden und
– umgekehrt – Beobachtungen und Fragen aus der
Versorgungspraxis in die Grundlagenforschung ein-
gebracht werden.

a wurde also an prominenter Stelle die Frage angespro-
hen, was Gesundheitsforschung eigentlich leisten soll.
as vermisse ich jetzt.

Dass das, was hier jetzt vorgelegt wurde, etwas mager
t, müssen Sie inzwischen wohl selbst gemerkt haben.
enn man sich anstatt der Hochglanzbroschüre die ent-

prechende Bundestagsdrucksache ansieht, dann erkennt
an, dass nach 18 Seiten schöner Worte und Situations-

eschreibung darauf hingewiesen wird, dass das Pro-
ramm in den kommenden Jahren natürlich ausgefüllt





Dr. Carola Reimann


(A) )


)(B)

und konkretisiert werden muss. Ja, in der Tat, hier muss
noch einiges ausgefüllt, konkretisiert und überarbeitet
werden, damit Ihr Programm der Bedeutung der Ge-
sundheitsforschung und der Versorgungsrealität gerecht
wird.

Wenn Sie Ideen brauchen, dann empfehle ich die Lek-
türe unseres Antrags.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710201900

Frau Kollegin!


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1710202000

Ich komme zum Schluss. – Er zeigt, welche Impulse

für eine bessere Gesundheitsforschung im Sinne der Pa-
tientinnen und Patienten gegeben werden müssen. Wir
wollen, dass das Programm die Versorgungsrealität auf-
greift und Projekte für die Versorgung entwickelt. Erst
dann ist es wirklich ein Gesundheitsforschungspro-
gramm, von dem auch Patientinnen und Patienten profi-
tieren, und nicht einfach nur ein Programm, das den Titel
tragen könnte: Grundlagenforschung in der Medizin un-
ter besonderer Berücksichtigung von Volkskrankheiten.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710202100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Ehrentri-

büne hat der Parlamentspräsident der Hellenischen
Republik, Herr Philippos Petsalnikos, mit seiner Dele-
gation Platz genommen.


(Beifall)


Ich begrüße Sie, Herr Präsident, herzlich im Namen
aller Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundes-
tages, von denen Sie einige bei Ihren Gesprächen gestern
bereits kennengelernt haben.

Es ist uns, Herr Präsident, eine große Freude, dass Sie
und Ihre Delegation gerade in diesen Tagen Deutschland
besuchen. Ihr offizieller Besuch in Berlin findet auf den
Tag genau 70 Jahre nach dem Einmarsch von Truppen
der damaligen deutschen Wehrmacht in Griechenland
statt, die am 6. April 1941, von Bulgarien kommend, die
griechische Grenze überschritten haben. Wir sind uns
sehr bewusst, dass die darauf folgenden vier Jahre der
deutschen Besatzung Griechenlands in Ihrem Volk tiefe
Wunden hinterlassen haben. Umso dankbarer sind wir
dafür, dass seit dieser Zeit so viele Griechen – unbescha-
det des persönlichen Leids, das sie erfahren haben –
Deutschen versöhnlich entgegengekommen sind und da-
mit die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass
wir die traditionell gute, enge freundschaftliche Verbin-
dung zwischen unseren Ländern haben wiederherstellen
können. Seien Sie uns ganz herzlich willkommen.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich will gerne hinzufügen, dass wir im Deutschen
Bundestag – übrigens auch aus eigenem Interesse – mit
besonderer Intensität, aber auch mit hohem Respekt die
beachtlichen politischen und ökonomischen Kraftan-

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(C (D trengungen verfolgen, die Sie zur Stabilisierung des riechischen Staatshaushalts und zur Verbesserung der ettbewerbsfähigkeit Ihrer Volkswirtschaft in den ver angenen Monaten unternommen haben. Wir wünschen nen dafür viel Erfolg. Die Debatte wird fortgesetzt mit Ulrike Flach, die für ie FDP-Fraktion das Wort erhält. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das eute vorliegende Rahmenprogramm Gesundheitsforchung baut – das wissen wir alle – auf Programmen der ergangenheit auf. Aber es arbeitet mit einem Volumen on 5,5 Milliarden Euro, einer Summe, die, Frau Minisrin, in der Vergangenheit noch nie in Forschung und novation hineingegeben worden ist. Ich bin froh und lücklich, dass die Koalition die Kraft gehabt hat, dies uch haushalterisch umzusetzen. Aber es ist mehr als ein Forschungsprogramm. Die nsätze dieses Programms gehen nicht nur fiskalisch ber die Ansätze der Vergangenheit hinaus, sondern mit nen werden heute neben den Gesundheitszentren vor llem mit den Bereichen Versorgungsforschung und inividualisierte Medizin auch neue, sehr patientenorienerte Wege beschritten. Wir wollen, liebe Kollegen, blüende Forschungslandschaften; denn wir wissen, dass ie Zukunft unseres Hightechlandes natürlich von Innoation abhängt. Aber wir wollen diese Innovationen uch ganz bewusst aus Sicht der Patienten. Zu Recht weist zum Beispiel der Leiter des Instituts r Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswe en, Professor Windeler, darauf hin – das möchte ich den ollegen von der SPD an dieser Stelle einfach einmal s Stammbuch schreiben –: In Deutschland stehen Grundlagenforschung, klinische Forschung und Versorgungsforschung in einem Missverhältnis. … Aber diejenigen, die Innovationen entwickeln, kümmern sich zu wenig darum, wie sie in der Versorgung untergebracht werden können. So Windeler über die Vergangenheit unter Ulla chmidt und eine SPD-betonte Gesundheitspolitik. Innovationen an sich seien kein medizinischer Wert, betonte er. Als wir Ende des letzten Jahres das neue Arzneimitlgesetz auf den Weg brachten, sind wir genau diesem edanken gefolgt. Entscheidend ist der medizinische utzen von Arzneimitteln, und damit lautet die zentrale rage, die natürlich auch den heutigen Tag mit Blick auf ie Gesundheitsforschung bestimmt: Was hat der Patient on dem, was wir hier machen? Deswegen sind vergleichende Studien so wichtig. icht alles, was als Innovation identifiziert wurde, hat Ulrike Flach )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1710202200

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf von der SPD)





(A) )

auch Platz in der Versorgung. Wir brauchen empirisch
gesicherte Daten darüber, welche Innovationen in der
Diagnose, der Therapie und in der Medizintechnik die
Versorgung der Menschen verbessern. Wir haben be-
grenzte Ressourcen – das wissen wir alle –, und wir wol-
len Erkenntnisse darüber gewinnen, wo eine hohe Brei-
tenwirkung erzielt wird.

Ein typisches Beispiel – auch das für die Kollegen
von der SPD – sind zum Beispiel die sogenannten Di-
sease-Management-Programme oder die integrierte Ver-
sorgung, bei denen wir bis heute nicht wissen, ob die
einstmals damit verbundenen Hoffnungen sich wirklich
erfüllt haben. Hier haben wir sehr viel Geld ausgegeben;
aber nach wie vor ist die Frage nicht geklärt, ob die Pa-
tienten von den in den Programmen festgelegten Quali-
tätszielen wirklich profitieren. Der gute Wille allein,
liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht eben nicht. Nur
eine konsequente Forschung wird zeigen, ob für den Pa-
tienten etwas dabei herauskommt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das betrifft auch das zweite Aktionsfeld des Pro-
gramms, auf das ich an dieser Stelle ganz besonders Be-
zug nehmen möchte: die individualisierte Medizin. Das
ist ein Gebiet, welches vor allem dadurch gekennzeich-
net ist, dass es zwischen großen Visionen und noch grö-
ßeren Bedenken immer hin und her schwankt.

Individualisierung als neues Leitbild der Medizin? –
Das ist eine Frage, die uns in den nächsten Jahren immer
wieder umtreiben wird, in der Forschung und in der Ge-
sundheitspolitik. Sind Effektivitätssteigerungen zu er-
warten, oder wird die biologisch orientierte Medizin un-
bezahlbar bleiben? Wie hoch ist der tatsächliche Nutzen
für die oft schwerkranken Patienten? Schon heute kön-
nen wir je nach Krankheit höchst unterschiedliche Kos-
tenentwicklungen erkennen, wie etwa bei Arzneikosten
für zielgerichtete Therapien bei Brust-, Darm- oder Lun-
genkrebs: einerseits horrende Kosten für individuelle
Profile, andererseits Preise für Gentests und ganze Ge-
nomanalysen im freien Fall.

Zwischen 400 und 700 Wirkstoffe, die man zur maß-
geschneiderten Therapie rechnen darf, sind inzwischen
in unterschiedlichen Phasen der Entwicklung. Was aber
fehlt, sind zum Beispiel standardisierte Gewebeproben
und Biobanken. Studienergebnisse sind damit oft nicht
mehr reproduzierbar. Der G-BA hat zu Recht darauf ver-
wiesen, dass vor einer Erstattungsfähigkeit durch die
Kassen die individualisierte Medizin zuerst von der Dia-
gnose bis zur Behandlung eindeutig ihren Nutzen zeigen
muss.

Für uns heißt das: Das ist der treibende Grund für Ge-
sundheitsforschungsprogramme. Das müssen wir absi-
chern. Dafür müssen wir sorgen; denn die Menschen in
diesem Lande haben einen Anspruch darauf, dass neue
Methoden in der Medizin forschungsmäßig unterlegt
und dann in der Praxis umgesetzt werden. Die Debatte,
ob die Wirtschaft profitiert oder nicht, ist eine völlig vir-
tuelle. Es geht darum, dass wir forschen, damit die Men-
schen in diesem Lande in eine gesunde Zukunft gehen;

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(C (D eine Zukunft, in der sie alles nutzen können, was öglich ist, und das zu einem vernünftigen Preis. Ich age Ihnen ganz offen, Frau Ministerin: Ich bin als Hausaltspolitikerin und als Gesundheitspolitikerin froh, dass ir heute diesen Weg mit diesem Programm gehen könen. Herzlichen Dank. Das Wort erhält jetzt die Kollegin Martina Bunge für ie Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! h unterstreiche für die Linksfraktion ebenfalls, dass ie, verehrte Frau Ministerin Schavan, in dem vorgelegn Rahmenprogramm viele wichtige Punkte benennen. enn man aber genauer hinschaut, ist die Einschätzung icht mehr ganz so schmeichelhaft. Herr Kretschmer, as sind unseres Erachtens nicht nur Kleinigkeiten. Ihr Ausgangspunkt ist – und das wiederholen Sie geetsmühlenartig –, dass Demografie und medizinischer ortschritt große Herausforderungen sind, uns aber auch or massive Probleme stellen. Das ist eingängig und lingt beim ersten Hinhören logisch; ich sage aber: Man ann damit ganz schön darüber blenden, wie differeniert die Prozesse dahinter sind. Tatsächlich werden die enschen älter, und der Anteil der Älteren in der Gesell chaft wird sich erhöhen. Wissenschaftliche Studien zeien aber: Weder muss die Wirtschaftskraft aufgrund der lternden Gesellschaft sinken, noch müssen die Gesundeitskosten deshalb in die Höhe schießen. Unseres Erchtens pflegen Sie diesen Mythos, um Ihre unsoziale olitik begründen zu können. eit Jahrzehnten betragen die Gesundheitskosten ziemch konstant 10 bis 11 Prozent des Bruttoinlandsproukts. Das ist der wahre Maßstab. Wir stellen immer wieder fest, dass sich die sogeannten Prognosen nicht bewahrheiten. Ich möchte eien Artikel aus dem Spiegel von 1975 zitieren. In dieem Artikel ging es um die Frage, was, wenn es so eiterginge wie damals, im Jahr 2000 sein würde. Dort teht, dass die Westdeutschen dann das ganze Jahr hinurch nur für den Gesundheitsdienst arbeiten müssten. iese Situation ist nicht eingetreten. Das sind Horrorszearien. Wir lehnen es ab, solche Horrorszenarien zu verreiten, und wir werden nicht müde, dieses unwissenchaftliche Herangehen abzulehnen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710202300

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710202400

(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung scheint nicht wirklich zu glau-
en, dass die alternde Gesellschaft ein Problem darstellt.
ergeblich habe ich ein Aktionsfeld gesucht, in dem
an sich explizit mit den Folgen des demografischen





Dr. Martina Bunge


(A) )


)(B)

Wandels für die Gesundheitsforschung auseinandersetzt.
Das Wort „Alter“ taucht in Ihrem Programm 7-mal auf,
das Wort „Wirtschaft“ hingegen 62-mal; das wurde von-
seiten der SPD auch schon angesprochen.

Wohlgemerkt: Wir reden hier über das Rahmenpro-
gramm für die Gesundheitsforschung für die kommen-
den acht Jahre. Daher ist ein langfristiges Denken wich-
tig. Folgerichtig schreiben Sie im Abspann auch, dass es
jetzt darauf ankommt, „diesen Rahmen auszufüllen und
weiter zu konkretisieren.“ Dort steht, dass „heute noch
nicht absehbare Herausforderungen“ einzubeziehen
sind.

Ich sage Ihnen ehrlich: Ich hätte mich gefreut, wenn
Sie heute Bekanntes und bereits Erforschtes stärker ein-
bezogen hätten. So hingegen beruht Ihr Ansatz für die
Prävention auf altbackenen Konzepten. Verhaltensprä-
vention ist überholt. Wenn Minister Rösler das nicht mit-
bekommen hat, obwohl dies schon seit vielen Jahren be-
kannt ist – als die Ergebnisse veröffentlicht wurden, war
er noch in der Grundschule –, ist das die eine Sache.
Aber Sie, Frau Ministerin Schavan, hätten das doch mit-
bekommen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


Längst wird der Paradigmenwechsel in Richtung Ver-
hältnisprävention eingefordert. Frau Ministerin, Sie ge-
ben den Ton an. Ich denke, im Bereich der Forschung
können Sie die Stoßrichtung bestimmen. Das haben wir
vermisst.

In Ihrem Programm ist kein einziges Wort über den
Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Ge-
sundheit zu finden. Wir wissen, dass maßgeblich soziale
Faktoren wie Bildung, Wohn- und Arbeitsverhältnisse,
Einkommen und sozialer Status den Gesundheitszu-
stand, ja, sogar die Lebenserwartung beeinflussen. Als
Herausforderungen im Bereich Vorsorge nennen Sie
aber nur die Präventions- und die Ernährungsforschung.
Das ist zwar ein anderer Ansatz als bisher, greift unseres
Erachtens aber viel zu kurz.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir müssen erforschen, was uns gesund erhält, über
welche Ressourcen wir verfügen müssen, um gesund zu
bleiben. In diesem Zusammenhang spielen die sozialen
Faktoren die Hauptrolle. Der Ansatz der Stärkung der
Ressourcen ist im Kinder- und Jugendalter und im Er-
werbsalter wichtig, er ist für Menschen mit Behinderung
und für Menschen im Ruhestand wichtig, also für alle.

Es gibt viele wissenschaftliche Erkenntnisse. In man-
chen Bereichen ist es erforderlich, endlich einmal Stu-
dien in Auftrag zu geben, zum Beispiel bei der schon er-
wähnten Komplementärmedizin, die Potenziale hat.
Diese sind aber nicht für alle nachvollziehbar ausgewie-
sen. Vor allen Dingen brauchen wir Umsetzungsstrate-
gien. Das sind die Aufgaben von heute, die erledigt wer-
den müssen, damit sich das Wohlbefinden in der
alternden Gesellschaft tatsächlich und maßgeblich ver-
bessert.

Nebenbei bemerkt, würden wir uns dadurch auch an
die Definition des Begriffs „Gesundheit“ der Weltge-

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(C (D undheitsorganisation halten, nach der Gesundheit nicht ur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen ist, ondern der Zustand eines vollkommenen körperlichen, eistigen und sozialen Wohlbefindens. Es geht also nicht nur darum, das Rahmenprogramm esundheitsforschung der Bundesregierung umzusetzen nd zu konkretisieren. Frau Kollegin. Es gibt Änderungsund Ergänzungsbedarf. Ich denke, iese Aufgabe müsste bald in Angriff genommen weren. Danke schön. Nächster Redner ist der Kollege Eberhard Gienger für ie CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir aben heute schon sehr viel über Gesundheit und das esundheitsforschungsprogramm gehört. Ich möchte ich bezüglich des Programms besonders auf das Akonsfeld von Präventionsund Ernährungsforschung onzentrieren, weil mir dieses Thema als Forschungsnd als Sportpolitiker natürlich am Herzen liegt. Eine ichtige Aufgabe der medizinischen Forschung sehen ir im Bereich der großen Volkskrankheiten; das ist eute schon mehrfach erwähnt worden. Schon heute leien Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes, an erz-Kreislauf-Erkrankungen, an Krebs, an neurodegeerativen Erkrankungen, an Arteriosklerose oder auch n Störungen des Stoffwechsels. In den nächsten Jahrzehnten wird die Häufigkeit dieer Erkrankungen aufgrund der steigenden Lebenserwarng noch zunehmen. Die steigende Anzahl älterer Men chen hat auch eine Zunahme von Demenzerkrankungen nd demzufolge Pflegebedürftigkeit zur Folge. Neben er Suche nach Therapie und Heilung gewinnen somit ie Pflege und die Versorgungsforschung rasant an Beeutung. Da viele Volkskrankheiten durch einen angeassten Lebensstil gelindert oder vielleicht sogar verhinert werden können, werden Prävention und richtige rnährung zu wichtigen Instrumenten unseres Gesundeitssystems. Alle Teile des Körpers, die eine Funktion haben, werden gesund, wohlentwickelt und altern langsamer, sofern sie mit Maß gebraucht und in Arbeiten geübt werden, an die man gewohnt ist. Wenn sie aber nicht benutzt werden und träge sind, neigen sie zur Krankheit, wachsen fehlerhaft und altern schnell. Eberhard Gienger )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710202500
Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710202600

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710202700

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eberhard Gienger (CDU):
Rede ID: ID1710202800




(A) )

So hat das Hippokrates vor ungefähr zweieinhalbtau-
send Jahren ausgedrückt. Was vor zweieinhalbtausend
Jahren bereits bekannt war, hat in den industrialisierten
Gesellschaften längst zu einem Wandel geführt, und
zwar zu einem Wandel unseres Krankheitspanoramas.
Die neuen Leiden in unserer modernen Gesellschaft
heißen also Zivilisations- oder Volkskrankheiten. Sie
betreffen offensichtlich trotz guter medizinischer Ver-
sorgung einen zunehmend größeren Teil unserer Bevöl-
kerung.

Studien des Robert Koch-Institutes haben ergeben,
dass ungefähr ein Viertel der deutschen Bevölkerung an
Herz-Kreislauf-Problemen und ungefähr genauso viele
an Rückenschmerzen leiden. Der technologisch-gesell-
schaftliche Wandel führt also zu einem Bewegungsman-
gel und einem einseitigen Bewegungsverhalten. Diese
Faktoren begünstigen natürlich die Entwicklung der be-
reits erwähnten Krankheiten. Viele Kinder leiden eben-
falls an solchen Erkrankungen. Die Tendenz ist steigend.

Ein gesundheitsgerechtes Bewegungsverhalten wirkt
also der Entwicklung dieser Krankheitsbilder entgegen
und stellt einen Schutzfaktor für die Gesundheit dar. Da-
her kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu.
Zum einen soll sie die Lebensqualität der Menschen in
allen Lebensbereichen verbessern, zum anderen führt sie
zu einem erhofften Nebeneffekt, nämlich der Senkung
der Ausgaben für die Behandlung von chronischen
Krankheiten. Dies darf erwähnt werden, ohne den Vor-
wurf hören zu müssen, dass es in unserem Programm nur
um einen ökonomischen Nutzen gehe.

Von besonderer Bedeutung ist, dass ein sehr großer
Teil der Erkrankungen kaum schicksalhaft ist, sondern
weitestgehend verhaltensbedingt. Beispielsweise sind
extremes Übergewicht und die daraus resultierenden
Folgeerkrankungen nicht allein durch Lebensumstände
bedingt und nur in seltenen Fällen durch organische De-
fekte hervorgerufen, sondern sie sind auch das Ergebnis
fehlender körperlicher Aktivität. Das heißt, dass das
Auftreten und der Verlauf chronischer Krankheiten in
hohem Maße durch persönliches Verhalten sowie durch
Fehlanreize und gesundheitliche Belastungen aus dem
sozialen und physischen Umfeld verursacht werden.

Überzeugende Beweise stützen die Hypothese, dass
Inaktivität das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einer
Anzahl von chronischen Krankheiten erhöht. Die stich-
haltigsten Beweise für diese Kausalzusammenhänge
existieren für Koronararterienerkrankungen, Hyperto-
nie, Dickdarmkrebs, Fettleibigkeit und nicht zuletzt auch
Diabetes mellitus. Ein körperlich aktiver Lebensstil ver-
ringert allerdings die Wahrscheinlichkeit der Mortalität
und erhöht die Lebenserwartung.

Da durch ein Mehr an Bewegung nicht alle Krankhei-
ten verhindert werden können, ist die Einrichtung der
Gesundheitsforschungszentren der richtige Weg. Damit
wird im Kampf gegen die Volkskrankheiten ein neuer
Weg beschritten. Ich finde, unsere Ministerin hat dies in
überzeugender Weise dargestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D s werden auch neue Ansätze und Wege zur Prävention esucht, die dazu beitragen, dass diese Krankheiten erst ar nicht entstehen können. Unter dem Dach der nationalen Präventionsstrategie ntwickelt das BMBF einen Aktionsplan, der die Forchungsförderung zu allen für Präventionsund Ernähngsfragen relevanten Ansätzen – von der Epigenetik is hin zur Epidemiologie – zusammenführt und interisziplinär verknüpft. Wenn wir uns im Jahr 2018 mit er nächsten Auflage des Rahmenprogramms Gesundeitsforschung befassen werden, dann wird schon zu erennen sein, dass wir viele unserer ambitionierten Ziele rreicht haben. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, lieber René Röspel nd Kollegen, dass gerade das Thema „Präventionsund rnährungsforschung“ ein guter erster Schritt auf einem emeinsamen Weg ist. Ich kann mir auch sehr gut vortellen, dass die SPD und die anderen Oppositionsparien zur Ausgestaltung dieses Rahmenprogramms beiagen können. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Wenn wir helfen können, machen wir das gerne!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710202900

Das Wort erhält nun die Kollegin Birgitt Bender für

ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710203000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

err Gienger, alles, was Sie zum Zusammenhang zwi-
chen Bewegung, Ernährung und Volkskrankheiten sa-
en, ist richtig. Was ich bei der Union aber immer wie-
er vermisse, ist die Erkenntnis, dass es beim Thema
rävention auch und gerade um soziale Fragen geht.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


s nützt doch nichts, wenn Sie joggen oder ich mit ei-
em Streetstepper in den Bundestag fahre. Es geht da-
m, dass man sich in die Stadtteile begibt, in denen

iele Kinder morgens kein Frühstück bekommen und
icht zu Fuß zur Kita gebracht werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


amit muss man sich befassen. Wenn man sich mit dem
hema Forschung beschäftigt, sollte es auch um die
rage gehen, wie man diese Leute erreicht. Natürlich
üssen wir dies auch in der Gesundheitspolitik umset-

en. Auch der Gesundheitsminister redet ja von Eigen-
erantwortung, meint damit aber nur, dass die Leute
ehr zahlen sollen. Er spricht aber nicht von Empower-
ent und der Befassung mit den unteren sozialen
chichten.


(Ulrike Flach [FDP]: Na, na, na!)


as ist bei Ihnen leider immer noch nicht eingepreist.
ielleicht ist dies eine Gelegenheit, das zu ändern.





Birgitt Bender


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Frau Ministerin Schavan, Sie haben vorhin davon ge-
sprochen, dass Sie sich beim Rahmenprogramm Ge-
sundheitsforschung Gemeinsamkeit wünschen. Ich will
ausdrücklich begrüßen, dass – nach jahrelangem Drän-
gen der Grünen – nun endlich ein Aktionsfeld Versor-
gungsforschung integriert ist. Was Sie dazu an Prosa
schreiben, findet teilweise auch unsere Zustimmung, so
etwa die Aussage, dass in Bezug auf Psychotherapie,
Ergo- und Logopädie geforscht werden muss. Das ist
richtig. Aber insgesamt sehe ich in diesem Programm
sehr viel Produktorientierung. Da geht es um Arzneimit-
tel, Diagnostik und Medizinprodukte. Was praktisch völ-
lig fehlt, ist der Blick auf Verfahren des Gesamten. Das
Wort „Gesundheitssystemforschung“ kommt nicht ein-
mal vor. Ich sehe überhaupt nicht, dass es hier entspre-
chende Ansätze gibt. Aber wir brauchen einen Blick auf
das Gesamte, darauf, was den Menschen nützt und sie
am Ende gesünder macht. Darauf werden wir achten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Stattdessen sehen wir im Haushalt 2011, dass das
BMBF mit gut 5 Millionen Euro ein Projekt zur Ma-
gnetresonanztomografie fördert. Brauchen wir aus ge-
sundheitspolitischer Sicht ein solches Projekt? Deutsch-
land ist Weltmeister bei der MRT-Diagnostik. Im
Jahre 2009 wurde sie bei fast 6 Millionen Personen an-
gewendet. Anders gesagt: Jeder 15. Bürger wurde inner-
halb eines Jahres in die Röhre geschoben. Kassen und
Wissenschaft stellen die therapeutische Notwendigkeit
in vielen Fällen infrage. Was wir im Bereich der Versor-
gungsforschung brauchen, ist die Beantwortung der
Frage, wann eine MRT-Untersuchung sinnvoll ist und
wann nicht. Daran, dass dies bei Ihnen geschieht, habe
ich Zweifel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nach dem, was Sie, Frau Flach, vorhin gesagt haben,
müssten Sie daran eigentlich interessiert sein. Denn im-
merhin – das begrüße ich sehr – haben Sie betont, dass
nicht alles, was neu ist, den Menschen nützt und dass wir
mehr Verfahren brauchen, mit denen der Nutzen über-
prüft werden kann.

Was ich in diesem Rahmenplan auch vermisse, ist die
Komplementärmedizin, also die alternativen Heilweisen,
die die klassischen Verfahren ergänzen können. Dazu
braucht es Forschung, aber wir sehen davon so gut wie
nichts.


(René Röspel [SPD]: Gar nichts!)


Es hat ein Vierteljahr gedauert, bevor mir das BMBF
überhaupt mitteilen konnte, wie viele Fördermittel denn
dafür in den letzten fünf Jahren geflossen sind. Es waren
zusammengerechnet gerade einmal 1,2 Millionen Euro.
Im Gegensatz dazu fördert in den USA das National In-
stitute of Health die komplementärmedizinische For-
schung jährlich mit mindestens 120 Millionen Dollar.
Ich finde, daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen und
Geld zur Erforschung der Komplementärmedizin in die

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(C (D and nehmen. Frau Ministerin, es geht übrigens nicht ur, wie Sie im Ausschuss angedeutet haben, um die chiesische Medizin. Die ist auch ein Ansatz. Aber wir solln auch etwa die Homöopathie und die Anthroposophie den Blick nehmen, die Heilweisen mit deutschen urzeln. Auch diese haben hier einen ganz hohen Stelnwert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Stattdessen ist leider viel von Genetik die Rede. Im-
erhin habe ich da die kritischen Anmerkungen von Frau
lach gehört. Ich will aber auch darauf hinweisen, dass
ehr nebulös bleibt, was Sie da eigentlich erforschen wol-
n. Ich erinnere daran, dass jüngst noch Geld in ein Pro-
kt geflossen ist – inzwischen ist es eingestellt –, in dem

s um die Forschung an geistig behinderten Kindern, um
emdnützige Forschung ging. Das ist etwas, was als me-
izinische Untersuchung gar nicht zulässig wäre. Als
orschung haben Sie es aber zunächst unterstützt. Da
ann ich nur sagen: Hier ist überfällig, dass der Schutz
on Probanden, Datenschutz und Transparenz in der For-
chung gewährleistet werden. Frau Ministerin, da haben
ie noch Hausaufgaben zu machen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. René Röspel [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710203100

Das Wort erhält nun der Kollege Florian Hahn für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1710203200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Alle Menschen wünschen sich ein langes und vor al-
m gesundes Leben. Auch wenn wir uns zu vielen An-
ssen wie zum Geburtstag oder zum neuen Jahr
egenseitig Gesundheit wünschen, spielt gesundheitsbe-
usstes Leben und Verhalten im Alltag oftmals keine

usreichende Rolle. Spätestens jedoch, wenn man im Be-
annten- oder Familienkreis mit schwerer Krankheit
onfrontiert wird, erkennt man auf ganz persönliche
eise, welchen enorm hohen Stellenwert ein unbe-

chwertes und gesundes Leben einnimmt.

Aus diesem Grund stellt die Gesundheitsforschung ei-
en der wichtigsten Bereiche für uns alle dar. Das Ziel
es Gesundheitsforschungsprogramms der Bundesregie-
ng ist es, dass alle Menschen schnell von den For-

chungsergebnissen profitieren können.

In der Gesundheitsforschung werden neue oder bes-
ere Diagnoseverfahren und Therapien entwickelt, um
ranken Menschen effektiver zu helfen. Für uns als
hristlich-liberale Koalition steht dabei der erkrankte
ensch mit seinen Nöten im Mittelpunkt, dem wir Hand
Hand mit der Wissenschaft helfen wollen.

Was uns die Patienten und deren Gesundheit wert
ind, das zeigen auch die enormen finanziellen Mittel,
ie hierfür aufgewendet werden: Fast 6 Milliarden Euro





Florian Hahn


(A) )


)(B)

werden insgesamt zur Verfügung gestellt. Es handelt
sich damit um das größte Förderungsprogramm für Ge-
sundheitsforschung in der Geschichte der Bundesrepu-
blik Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Schwerpunkte beim Gesundheitsförderungspro-
gramm setzen wir bei der Erforschung von Volkskrank-
heiten sowie der Gesundheitswirtschaft. Doch auch die
individualisierte Medizin und die globale Zusammenar-
beit sind wichtige Themen des Programms. Wir wollen
die Fähigkeiten der Wissenschaft bündeln und Transla-
tion beschleunigen. Dazu werden sechs deutsche Gesund-
heitszentren geschaffen. Letztes Jahr wurde beispiels-
weise mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung
in München-Oberschleißheim bereits das zweite eröffnet.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710203300

Herr Kollege Hahn, darf Ihnen der Kollege Röspel

eine Zwischenfrage stellen?


Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1710203400

Nein.


(René Röspel [SPD]: Schade!)


Das kann er danach machen. – Allein in Deutschland
sind rund 8 Millionen Menschen von der Zuckerkrank-
heit betroffen, fast genauso viele Personen haben einen
bislang unerkannten Diabetes oder ein hohes Erkran-
kungsrisiko. Es ist daher wichtig und notwendig, dass
wir mit dem Zentrum neue Perspektiven für Prävention,
Therapie und Diagnose des Diabetes schaffen. Durch die
Kooperation mit Pharmaunternehmen können so For-
schungsergebnisse schneller in die Praxis übertragen
werden. Wir bringen die Forschung quasi „ans Bett der
Patienten“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einer glo-
balisierten Welt dürfen nicht nur Wirtschaftsaktivitäten
global betrachtet werden, sondern ganz besonders auch
die Gesundheitsforschung. In diesem Zusammenhang ist
es mir wichtig, auf die vernachlässigten Krankheiten hin-
zuweisen, mit denen wir uns in dem Programm ebenfalls
beschäftigen. Sie erzeugen in den Entwicklungsländern
großes Leid und sind für den Tod vieler Menschen verant-
wortlich. Leider war die staatliche Forschungsförderung
lange Zeit auf Krankheiten beschränkt, die hauptsächlich
unsere Bürger im eigenen Land betreffen. Vor diesem
Hintergrund stellen wir uns mit dem Gesundheitsfor-
schungsprogramm neu auf. Wir machen nicht an den na-
tionalen Grenzen halt, sondern helfen auch den Men-
schen in anderen Teilen der Welt. Dazu sind wir allein
schon durch unser christliches Menschenbild verpflich-
tet.

Noch in diesem Jahr wird die Fördermaßnahme für
Produktionspartnerschaften anlaufen. Dabei handelt es
sich um internationale Non-Profit-Organisationen, deren
Aufgabe es ist, Medikamente gegen vernachlässigte
Krankheiten zu günstigen Preisen auf den Markt zu brin-
gen.

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(C (D Ich möchte Ihnen nun ein aktuelles Beispiel dafür ennen, wie die Förderung direkt dort ankommt, wo sie enötigt wird. Eines von 100 Kindern leidet an einem ngeborenen Herzfehler. Viele von ihnen müssen rasch periert werden. Der sogenannte RepliCardio ist ein eues Instrument zur Herstellung eines Herzmodells und ilft den Ärzten bei der Entscheidung, ob und wie opeert werden kann. Dieses Verfahren wurde vom Kompenznetz Angeborene Herzfehler in Kooperation mit dem eutschen Krebsforschungszentrum entwickelt und vom MBF gefördert. Das individuelle Herzmodell kann insesondere dazu beigetragen, die Dauer der Operationen rastisch zu verkürzen. Oft entscheiden Minuten daber, ob der Eingriff erfolgreich abgeschlossen werden ann oder ob es zu irreparablen Spätfolgen kommt. Wie wichtig und weitsichtig die Überlegungen inneralb des Forschungsförderungsprogramms sind, kann an darüber hinaus an der Alzheimerforschung erken en. Rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland sind erzeit von der unheilbaren Krankheit betroffen. Statistien gehen davon aus, dass es im Jahr 2050 rund 3 Millionen enschen sein werden. Mit dem Alois Alzheimer Research enter, in dem die Ludwig-Maximilians-Universität ünchen, die Technische Universität München, das Zen um für Neurodegenerative Erkrankungen und das Instit für Schlaganfallund Demenzforschung integriert ind, ist ein weiterer Leuchtturm in der Forschungslandchaft geschaffen worden. Insgesamt stellt das neue Förderungsprogramm einen eilenstein in der Gesundheitsforschung dar. Wir sor en mit dem enormen Mitteleinsatz von fast 6 Milliaren Euro dafür, dass Innovationen schneller bei den Paenten im Alltag ankommen. Wir lassen der Forschung ber auch genug Spielraum, um innovativ arbeiten zu önnen; denn das größte Innovationshemmnis – das wisen wir – ist unter anderem die Bürokratie. Die Ändengswünsche und der Antrag der SPD sind gerade auch eshalb abzulehnen. Herzlichen Dank. Das Wort erhält nun der Kollege Michael Gerdes für ie SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kol ge René Röspel und meine Kollegin Carola Reimann aben die Sicht der SPD-Fraktion auf das Rahmenproramm der Bundesregierung bereits deutlich gemacht. ir sehen große Lücken im Gesundheitsforschungspro ramm, besonders mit Blick auf sozialpolitische Fragen. or allem fehlt uns Sozialdemokraten der Blickwinkel er Patientinnen und Patienten. Mir persönlich fehlt uch der Blickwinkel der Beschäftigten im Gesundheitsesen. Im Rahmenprogramm finde ich keinen Hinweis arauf. Michael Gerdes )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710203500

(Beifall bei der SPD)

Michael Gerdes (SPD):
Rede ID: ID1710203600

(Beifall bei der SPD)





(A) )

Frau Ministerin Schavan, Sie räumen der Gesundheits-
wirtschaft eine äußerst prominente Stellung ein und be-
gründen dies mit dem Wachstumspotenzial der Branche.
Mit moderner Medizintechnik und innovativen Medika-
menten kann man offensichtlich viel Geld verdienen. Da-
gegen habe ich im Grundsatz nichts einzuwenden. Ich
habe aber ein Problem damit, wenn die wirtschaftlichen
Interessen von Forschung fast wichtiger erscheinen als
der medizinische Fortschritt und die Gesundheit der Men-
schen in diesem Land.


(Beifall bei der SPD)


Ganz deutlich wird diese Auffassung der schwarz-
gelben Regierung auf Seite 4 der Unterrichtung. Dort
steht schwarz auf weiß:

Des Weiteren soll die Gesundheitsforschung auf
eine wirtschaftliche Verwertbarkeit ihrer Erkennt-
nisse hinarbeiten … schon in der Grundlagenfor-
schung und der präklinischen Forschung.

Aus meiner Sicht darf nicht nur erforscht werden, wie
wir neue Technologien schneller oder besser implemen-
tieren und vermarkten können; vielmehr muss es darum
gehen, welche gesundheitlichen Vorteile die Menschen
daraus ziehen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Mensch und seine Gesundheit gehören an die erste
Stelle, nicht der mögliche Profit.

Ich füge ausdrücklich hinzu: Ich freue mich über jede
Branche, die wirtschaftlich erfolgreich ist. Aber wir soll-
ten auch darüber diskutieren, für wen Arbeitsplätze in
der Gesundheitswirtschaft entstehen, welche Anforde-
rungen die Beschäftigten erfüllen müssen, wie sich Be-
rufsbilder verändern und unter welchen Bedingungen
heute und in Zukunft gearbeitet werden muss.

Gibt es Ideen, wie die Arbeitsbelastung von Ärzten
und Pflegepersonal gesenkt werden kann? Was muss
eine Pflegerin künftig können? Wie schafft sie es, in ei-
ner alternden Gesellschaft immer mehr Patienten zu ver-
sorgen? Wie kann sie Familie und Beruf vereinbaren?

Insbesondere im Bereich der Pflege- und Dienstleis-
tungsforschung sehe ich Lücken in dem Programm von
Ministerin Schavan.


(Beifall bei der SPD)


Die Pflegebranche braucht wissenschaftlich fundierte
Antworten auf den steigenden Pflegebedarf.

Ich habe kürzlich Praxistage in der Seniorenpflege
und im Krankenhaus durchgeführt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wir alle!)


– Wir alle, jawohl. – Dabei ist wahrscheinlich uns allen
aufgefallen, dass die Ärzte und Pfleger eine sehr gute
Arbeit leisten. Aber sie alle bewegen sich am Rande der
Leistungsgrenze. Hohe Fallzahlen und viel Dokumentie-
rung rauben ihnen in vielen Fällen die Zeit für die Pa-
tienten. Diese Probleme müssen erforscht werden.

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(C (D urzum: Ihrem Programm fehlt das Aktionsfeld, das ich den Fragen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher widmet. Gesundheitsforschung muss sich auch ganz konkret it den Bedürfnissen der Patienten auseinandersetzen. aben wir überhaupt genügend Erkenntnisse darüber, as sich Patienten wünschen bzw. welche Anforderunen sie an das Gesundheitssystem stellen? Finden sich atienten in einem System zurecht, das immer kompleer wird und ständig neue Behandlungsmethoden herorbringt? Wer heute gesund werden will, braucht im weifel einen Case-Manager, der durch das System hrt, um medizinische und soziale Dienstleistungen op mal zu koordinieren. Von Patientenautonomie ist da icht mehr viel zu spüren. Auf diese Systemfragen müssen wir Antworten finen. An dieser Stelle sind mir die Ausführungen der undesregierung zu abstrakt. Das Aktionsfeld der Ver orgungsforschung muss dringend erweitert werden. enn ohne Verbesserungen im System nützt uns die erlgreichste Forschung nichts. Neue und verbesserte Gete machen keinen Sinn, wenn der Patient nicht weiß, b er die richtige Therapie bekommt oder wie er den chtigen Weg durch das Gesundheitslabyrinth findet. Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, steht das iesjährige Wissenschaftsjahr unter dem Motto „Forchung für unsere Gesundheit“. Das BMBF ruft die Bürerinnen und Bürger zum Dialog auf und fragt nach den rwartungen an die Gesundheitsforschung. Diese Hengehensweise wünsche ich mir auch für das vorlie ende Rahmenprogramm: Erforschen Sie nicht in erster inie die Wirtschaftlichkeit der Medizin, ondern orientieren Sie sich an den Bedürfnissen der enschen! Lassen Sie sich nicht davon leiten, was der Gesundeitsindustrie hilft, sondern orientieren Sie sich daran, as für die Beschäftigten gut ist und was die Patienten esund macht. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])


(Beifall bei der SPD)


(René Röspel [SPD]: Sehr gut!)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710203700

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Rudolf Henke für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1710203800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

erehrte Damen und Herren! Opposition ist ein schwie-
ges Tun. Ich glaube, es ist doppelt schwierig, wenn
an an einem Teil der Vorbereitungen für das Gesund-

eitsforschungsprogramm teilgenommen hat, damals so-





Rudolf Henke


(A) )


)(B)

gar in einer gemeinsamen Koalition mit der CDU/CSU-
Fraktion in der ersten Regierung Merkel,


(René Röspel [SPD]: Das ist nie parlamentarisch diskutiert worden!)


und jetzt erlebt, dass in der zweiten Regierung Merkel
ein großer Teil eigener Forderungen umgesetzt wird.
Deswegen findet sich auch in dem von Ihnen vorgeleg-
ten Antrag an sehr vielen Stellen ein Lob. Sie machen
sogar Vorschläge, was alles der Deutsche Bundestag an
dem Programm begrüßen soll. In mehreren Spiegelstri-
chen wird das ausgeführt. Trotzdem müssen Sie hier ir-
gendwie Nöligkeit verbreiten,


(Widerspruch bei der SPD)


– doch –, damit der Eindruck entsteht, als wäre alles kri-
tisch zu bewerten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie setzen darauf, dass die Menschen das Programm
nicht gelesen haben, und tragen dann in Ihrem Antrag
Dinge vor, die im Programm bereits enthalten sind, und
tun so, als wären Sie die einzigen Erfinder dieser Punkte.

Ein plastisches Beispiel dafür ist das, was gerade ge-
schehen ist. Sie haben behauptet, im Programm befinde
sich kein Hinweis auf die Verbesserung der Situation der
Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Liebe
Kollegen, Sie sollten sich vergegenwärtigen, dass auf
der Grundlage des Haushalts der Bundesregierung


(Michael Gerdes [SPD]: Sie finden es jetzt auch nicht!)


– ich wollte darauf eigentlich nicht an dieser Stelle, son-
dern zu einem späteren Zeitpunkt eingehen – das Wis-
senschaftsfeld Versorgungsforschung allein im Jahr
2010 mit einer Ausschreibung in Höhe von 54 Millionen
Euro für die Entwicklung zukunftsfähiger Lösungen für
das Gesundheitssystem bedacht worden ist. Ich bin be-
reit, darüber zu diskutieren, ob das reicht und ob zum
Beispiel die DFG das im Rahmen ihrer Förderung hin-
reichend ergänzt. Wenn sie das nicht täte, müsste man
noch einmal über die Summe diskutieren. Aber Sie tun
so, als geschähe hier nichts, und wollen die Leute für
dumm verkaufen. Das ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie sagen außerdem, das alles sei wirtschaftskonzen-
triert. Das ist es nicht. Frau Bunges Zählerei mit dem
Wortzählautomaten nutzt dabei nichts.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das macht es sehr deutlich!)


Was ist denn das für ein Niveau? Das ist ja kleinstes Pe-
pita: Worte zählen durch ihre Bedeutung, nicht durch
ihre Zahl.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich zitiere Seite 4 der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung:

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(C (D Primäres Ziel der Gesundheitsforschung ist es, Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten weiter zu steigern. as ist das primäre Ziel, um das es geht. Die Frage, ob ie Wirtschaft dabei mitwirkt, ist eine Frage des Instruentes. Wir wären doch töricht und dumm, wenn wir icht bereit wären, die Produktivkraft der Wirtschaft um Wohle der Patientinnen und Patienten zu nutzen. eswegen sage ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolleen: Lassen Sie die Tassen im Schrank! Ich zitiere aus dem gemeinsamen Vorwort von Frau chavan und Herrn Rösler zum Rahmenprogramm Geundheitsforschung: Aus der Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entstehen die Ansätze, die bei entsprechender Weiterentwicklung und erfolgreicher Übertragung in die medizinische Praxis den Menschen in unserem Land ein beschwerdefreies, selbstbestimmtes und langes Leben ermöglichen. as ist die Zielsetzung. Sie versuchen jetzt, es umzuünzen und einen Teil des Publikums mit den bei der PD und den Linken üblichen und weitverbreiteten Resentiments über die schwarz-gelbe Koalition zu bedieen. Das ist der Ansatz, den Sie praktizieren. Das ist icht in Ordnung. Dagegen wehren wir uns. In einer Zeit, in der um die finanzielle Stabilität gengen werden muss, ist es ein deutliches Zeichen des undes, für die Gesundheitsforschung in den Jahren 011 bis 2014 mehr als 5,5 Milliarden Euro allein aus em Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und orschung vorzusehen. Herr Kollege Henke, Sie lassen doch jetzt sicherlich erne den Kollegen Röspel, der vorhin mit seiner Worteldung nicht zum Zuge gekommen ist, zu Wort komen. Ja, sehr gerne. Vielen Dank, Herr Henke, dass das möglich ist. – Die ahl 5,5 Milliarden Euro auf fünf Jahre wird ständig herorgehoben. Sie schreiben im Gesundheitsforschungsrogramm, dass sich diese 5,5 Milliarden Euro auf fünf ahre aus den Geldern für die institutionelle Förderung, rojektförderung und dem Bundesanteil an der DFGörderung, jeweils bezogen auf die Gesundheitsforchung, zusammensetzen. Es handelt sich also um nichts nderes als die Aufzählung dessen, was in den letzten ahren bereits gemacht bzw. etatisiert worden ist. Desalb lautet meine konkrete Frage: Sie suggerieren ,5 Milliarden Euro. Wie viele Mittel werden wirklich usätzlich bzw. neu bereitgestellt? )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710203900
Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1710204000
René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1710204100




(A) )


Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1710204200

Lieber Herr Kollege Röspel, diese Frage werden Sie

sich doch schon beantwortet haben, als Sie den Bundestag
aufgefordert haben, zu begrüßen, dass sich die Bundesre-
gierung im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung für
eine Stärkung der krankheitsbezogenen Projektforschung
bzw. Projektförderung ausspricht. Das haben Sie an die
erste Stelle gesetzt. Ob Sie dieses Geld jetzt zusätzlich ha-
ben oder ob Sie dieses Geld bloß ausgeben oder in den
Haushalt schreiben


(René Röspel [SPD]: Ist das neu?)


oder ob Sie dieses Geld in dieses Programm stecken: Der
entscheidende Punkt ist doch, dass es zur Verfügung
steht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen des Abg. René Röspel [SPD])


Der entscheidende Punkt ist, dass es genutzt werden
kann.


(René Röspel [SPD]: Also, Sie wissen es nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)


Dann – das verstehe ich gar nicht – sagen Sie, Frau
Reimann und andere aus Ihrer Gruppe, das sei alles zu
abstrakt und zu unbestimmt. – Ja, klar, es kommen jetzt
Ausschreibungen. An diesen Ausschreibungen nimmt
natürlich die Wissenschaftsgemeinde teil. Da gibt es
Projektträger, die diese Ausschreibungen betreiben. Was
hätten Sie denn gern? Wenn ich mir Ihren Katalog von
Forderungen zur Konkretisierung ansehe, dann habe ich
das Gefühl, Sie wollen schon die 200 000 Adressen und
Geburtsdaten derer wissen, die dann in der Bevölke-
rungskohorte erfasst sein sollen. Das möchten Sie wahr-
scheinlich offenlegen.


(Widerspruch des Abg. René Röspel [SPD])


Ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie hier davon träu-
men, einen wissenschaftlichen Fünf- oder Zehnjahres-
plan vorgelegt zu bekommen. Das ist aber ein falsches
planwirtschaftliches Verständnis des Wissenschaftspro-
zesses auch in der Gesundheitsforschung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, lei-
der findet man zurzeit in meinem Heimatland Nord-
rhein-Westfalen, wo eine schwarz-gelbe Koalition


(René Röspel [SPD]: Abgewählt worden ist!)


dadurch für eine große Stimulation der wissenschaftli-
chen Entwicklung gesorgt hat, dass sie ein Hochschul-
freiheitsgesetz verabschiedet hat, eine aus Ihrer Partei
stammende Philosophie, die diese neu geschaffene
Hochschulautonomie wieder in eine Welt zurückführen
will, in der der Staat den Wissenschaftsprozess steuert.
Genau diesen Anspruch, nämlich die Steuerung des Wis-
senschaftsprozesses durch den Staat, atmet Ihr Antrag.


(René Röspel [SPD]: Das steht doch im Programm der Bundesregierung, oder nicht?)


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(C (D Da haben wir lieber mehr Vertrauen in die Wissenchaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus der Motivaon des Gesundheitsforschungsprogramms die Beiträge isten werden, die dann Patientinnen und Patienten zum ohl gereichen. Deswegen bin ich sehr dafür, über man hes zu diskutieren. Ich finde es zum Beispiel falsch – – Nein, „zum Beispiel“ nicht mehr. Nicht mehr? – Also: Ich finde es etwa falsch, dass zur ertung individualisierter Medizin in diesem Programm teht – Zitat –: Erste Schritte auf dem Weg zur individualisierten Medizin sind das Verständnis grundlegender Krankheitsmechanismen und die Identifizierung molekularer Schaltstellen für die Ausprägung einer Erkrankung. as halte ich für falsch. Nein, erste Annäherung an individualisierte Medizin t, dass der Arzt dem Patienten begegnet, ihn nach seien Beschwerden befragt, sich ihm so weit nähert, dass ine körperliche Befunderhebung stattfindet, und er ann ein individuelles diagnostisches und therapeutiches Konzept daraus macht. Das findet seit Hippokrates tatt. eswegen ist das, was im Programm steht, nicht die rste Annäherung an individualisierte Medizin. Indiviualisierte Medizin ist mehr als bloß molekulargenetisch egründete Medizin. Deswegen, liebe Kolleginnen und ollegen – Herr Kollege! – ist mein Satz, mit dem ich dann gern enden möchte: ieses Gesundheitsforschungsprogramm als Ganzes immt den Menschen in den Blick und dient einer indiviualisierten Medizin in allen Ausprägungen des Menscheins. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 17/4243 und 17/5364 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ind die Überweisungen so beschlossen. Präsident Dr. Norbert Lammert )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710204300

(Lachen bei der SPD)

Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1710204400

(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710204500
Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1710204600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710204700




(A) )

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Christel
Humme, Caren Marks, Petra Crone, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD

Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen
gesetzlich durchsetzen

– Drucksache 17/5038 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind auch
für diese Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
Caren Marks für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1710204800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Schon auf dem ersten Internationalen Frauentag 1911
forderten Frauen gleiche Rechte. Sie kämpften für ihr
Wahlrecht, aber auch für bessere Bezahlung und für gute
Arbeit. Was hat sich in 100 Jahren getan? Das Wahlrecht
für Frauen wurde 1918 durchgesetzt. Die formalrechtli-
che Gleichstellung mit den Männern wurde 1949 im
Grundgesetz verankert. Unser Recht hier in Deutschland
sowie das EU-Recht verbieten Diskriminierung auf-
grund des Geschlechts auch beim Lohn. So weit zum
geltenden Recht.

Doch wie sieht die Arbeitswirklichkeit von Frauen in
diesem Land aus? Trotz guter Bildungsabschlüsse haben
Frauen nach wie vor schlechtere Chancen in der Arbeits-
welt, haben seltener Führungspositionen inne, und sie er-
halten deutlich weniger Lohn als Männer. Zur Durchset-
zung von gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige
Arbeit fordern wir, die SPD-Bundestagsfraktion, in un-
serem Antrag die Bundesregierung auf, einen Gesetzent-
wurf zur Herstellung von Entgeltgleichheit vorzulegen.


(Beifall bei der SPD)


Denn eines ist klar: Frauen haben mehr verdient als un-
verbindliche Sonntagsreden der Frauenministerin und
der Arbeitsministerin sowie der Kanzlerin.

Traurig, aber wahr: Erwerbstätige Frauen erhalten in
unserem Land nach wie vor im Schnitt 23 Prozent weni-
ger Lohn als Männer. Damit liegen wir deutlich über
dem Durchschnitt in der Europäischen Union mit
18 Prozent Lohndifferenz. Wir haben hier im Deutschen
Bundestag mehr als nur ein Mal über die wirklichen Ur-
sachen der Entgeltungleichheit zwischen Männern und
Frauen diskutiert. So haben Frauen vor allem aufgrund
fehlender Kinderbetreuungsangebote längere Erwerbs-
unterbrechungen, und sie sind auch deswegen vermehrt
in Teilzeitarbeit beschäftigt. Mit knapp 70 Prozent stel-

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(C (D n Frauen die große Mehrheit der Beschäftigten im iedriglohnsektor dar. Der von uns seit langem zu Recht eforderte gesetzliche Mindestlohn würde also einen ichtigen Beitrag zu mehr Lohngerechtigkeit für Frauen unserem Land leisten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Doch selbst wenn alles gleich ist – Qualifikation, Tä-
gkeit, Alter, Betrieb –, liegt der Durchschnittslohn von
rauen bei etwa 8 bis 12 Prozent unter dem der Männer.
ies ist nichts anderes als Diskriminierung von Frauen
unserem Land.


(Beifall bei der SPD)


Wenn sowohl von der Frauenministerin als auch von
er Kanzlerin so kluge Sprüche wie „Frauen müssten
eim Gehalt einfach nur besser verhandeln“ zu hören
ind, so ist das erstens zynisch und zweitens lebens-
emd. Wie gut, dass weder Frau Schröder noch Frau
erkel ihr Gehalt bisher wirklich verhandeln mussten.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Statt die Verantwortung bei den Frauen einseitig ab-
uladen, sollte diese Bundesregierung ihr Nichthandeln
ls Gesetzgeber infrage stellen. Es helfen keine Appelle
n die Freiwilligkeit von Unternehmen; der Gesetzgeber
t bei der Beseitigung der Entgeltungleichheit klar ge-
rdert. Vielleicht sollte die Bundesregierung wieder

inmal einen Blick in unser gutes Grundgesetz werfen.
o heißt es in Art. 3 Abs. 2:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichbe-
rechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf
die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Da müsste doch auch bei dieser schwarz-gelben Bun-
esregierung etwas klingeln. Wenn es erwartungsgemäß
ei der Frauenministerin nicht klingelt, so vielleicht
eim Finanzminister; denn laut EU-Kommissarin
eding würde die Beseitigung der Lohnunterschiede das
ruttoinlandsprodukt um rund 30 Prozent steigern. Das
lingt doch auch für einen Finanzminister durchaus inte-
ssant.

Die Lohndiskriminierung von Frauen werden wir nur
it einem Gesetz beseitigen können. Die Erfahrung hat

ezeigt, dass die Verantwortlichen aus eigenem Antrieb
icht tätig werden. Also müssen die Arbeitgeber durch
in Gesetz verbindlich dazu aufgefordert und gegebenen-
lls auch gezwungen werden, Entgeltgleichheit herzu-

tellen. Ein solches Gesetz muss folgende Kernelemente
nthalten: Es muss zuerst einmal Transparenz über die
ntlohnung in den Betrieben hergestellt werden. Die Ge-
eimniskrämerei hinsichtlich der Bezahlung in den Be-
ieben ist zu beenden; denn sie begünstigt vor allem
ohndiskriminierung mit den entsprechenden Auswir-
ungen.


(Beifall bei der SPD)






Caren Marks


(A) )


)(B)

Also müssen die Arbeitgeber verpflichtet werden, Ent-
geltberichte zu erstellen. Diese sind von einer staatlichen
Behörde entsprechend zu prüfen. Datenschutz ist natür-
lich zu gewährleisten. Wird Entgeltungleichheit festge-
stellt, muss das Gesetz einen Prozess zur Beseitigung der
Lohndifferenz einleiten und natürlich auch festlegen.
Auch muss es wirksame Instrumente der Kontrolle und
Durchsetzbarkeit enthalten.

Mit dem Gesetz wollen wir, die SPD-Bundestagsfrak-
tion, die Unternehmen zum Tätigwerden verpflichten.
Dabei wollen wir auch die Rolle der Gewerkschaften
und Betriebsräte stärken. Weigert sich der Arbeitgeber,
für Transparenz und Entgeltgleichheit zu sorgen, so ist
auch der Klageweg, der im Gesetz zu regeln ist, ein not-
wendiger Schritt. Die Verbandsklage wird hier unum-
gänglich sein.

Da zu erwarten ist, dass diese Bundesregierung – auch
gerade leider diese Frauenministerin; schade, dass sie
nach wie vor dieser Debatte nicht beiwohnt – gesetzge-
berisch wohl nicht handeln wird, kündige ich Ihnen an:
Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, werden ein Entgelt-
gleichheitsgesetz vorlegen. Denn wo sich Schwarz-Gelb
vor der Wirtschaft wegduckt, werden wir handeln und
die Lohndiskriminierung von Frauen endlich wirksam
gesetzlich bekämpfen.


(Beifall bei der SPD)


Worthülsen und leere Versprechungen à la Merkel,
Schröder und von der Leyen haben Gleichstellungspoli-
tik in diesem Land noch nie vorangebracht. Frauen ha-
ben endlich mehr verdient.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710204900

Die Kollegin Nadine Schön hat das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Am 25. März war der diesjährige Equal Pay
Day. Der Durchschnittsmann hätte am 25. März anfan-
gen können, zu arbeiten, und hätte am Ende des Jahres
das gleiche Geld auf dem Konto wie die Durchschnitts-
frau, die seit Beginn des Jahres gearbeitet hat.


(Zurufe: Lauter!)


Das kann ja wohl nicht wahr sein.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205000

Einen kleinen Moment, Frau Kollegin, wir müssen

erst einmal sehen, dass der Ton verstärkt wird, damit Sie
nicht schreien müssen. Die Techniker werden sich da-
rum kümmern. Auch das ist eine Frage der Gleichbe-
rechtigung.


(Beifall im ganzen Hause – Rita Pawelski [CDU/CSU]: Sehr gut!)


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(C (D Nadine Schön Ich hoffe aber nicht, dass wir auch die Empfindlich eit beim Mikro gesetzlich regeln müssen. Das klappt ohl auch so. – In Deutschland beträgt die Entgeltunleichheit 23 Prozent. Das ist eine Zahl, die wir nicht innehmen dürfen. Es lohnt sich, sich die Ursachen der ntgeltungleichheit anzuschauen; denn das Thema ist ehr komplex. Die erste Ursache ist der Grad der Qualifikation von rauen. Glücklicherweise sind die jungen Frauen heute der Regel genauso gut qualifiziert wie die Männer; ber noch gibt es Unterschiede. Und niedrigere Qualifiation führt selbstverständlich zu niedrigeren Löhnen. roblematisch ist auch die Art der Qualifikation, die Befswahl. Mädchen entscheiden sich häufig für schlecht ezahlte Dienstleistungsberufe. Zu selten wählen sie chnische und mathematisch-naturwissenschaftliche usbildungsgänge und Studienfächer. Aber genau die ssen relativ hohe Löhne erwarten. Die Konsequenz: ir haben zwar viele sehr gut ausgebildete Frauen mit Schnitt besseren Abschlüssen als die Männer. Im eldbeutel macht sich das aber leider fast nie bemerkar. Ein weiterer Grund ist die Position im Unternehmen. ir wissen: Nur selten besetzen Frauen die hohen, gut ezahlten Positionen; nur selten sind Frauen in Führungsositionen. Die Folgen sind: wenig Führungspositionen, eringer Gehaltsdurchschnitt, hohe Entgeltungleichheit. ieser Zusammenhang ist einfach nachzuvollziehen. Ein weiterer Grund für die Lohnlücke liegt im Leensverlauf vieler Frauen: Schwangerschaft, Erzieungszeit und Pflegezeiten. Bei Frauen findet man mehr rüche im beruflichen Lebensverlauf und mehr Ererbsunterbrechungen. Das verhindert eine Karriere und in kontinuierliches Aufsteigen in höhere Gehaltsklasen. Besonders verantwortlich für den Einkommensknick t die hohe Teilzeitquote. Frauen arbeiten überdurch chnittlich oft – etwa zu 35 Prozent – in einem Teilzeitb, bei den Männern sind es gerade einmal 5 Prozent. ntsprechend geringer ist das Einkommen bei Frauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Gründe – Art nd Grad der Qualifikation, Position, Erwerbsunterbrehungen und vor allem die hohe Teilzeitquote – sind die arten Faktoren, die erwiesenermaßen zum großen Teil ur Entgeltungleichheit beitragen. Ich sage das deshalb o ausführlich, weil die Zahl von 23 Prozent oft so unerlärlich hoch erscheint. Rechnet man diese Faktoren heraus, so gelangt man u einer Lohnlücke von 6 bis 10 Prozent. Das ist wesentch weniger als die genannten 23 Prozent, aber natürlich mer noch 6 bis 10 Prozent zu viel. Versucht man, diese 6 bis 10 Prozent zu erklären, ann wird es noch schwieriger; denn dann kommt man den subjektiven Bereich. Zwei Gründe kann man aus Nadine Schön )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )

machen. Erstens müssen wir feststellen: Es ist sicher
eine Mentalitätsfrage. Studien haben ergeben – das hat
nicht die Ministerin erfunden, liebe Kollegin Marks –,
dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen bescheidener
sind als ihre männlichen Kollegen. Wir fordern weniger
und bekommen deshalb auch weniger. Das ist wohl eine
falsche Bescheidenheit. Hier sind wir Frauen selbst ge-
fragt, etwas zu ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Okay!)


Ich glaube allerdings nicht, dass das der entscheidende
Grund für die Lücke von 6 bis 10 Prozent ist.

Den zweiten Grund


(Caren Marks [SPD]: Schlechte Frauensolidarität!)


halte ich für viel wesentlicher, und das ist schlicht und
einfach Diskriminierung, nämlich Diskriminierung, die
sich darin äußert, dass Frauen weniger zugetraut wird,
dass eine mögliche Schwangerschaft schon beim Berufs-
einstieg mit eingepreist wird und Frauen deshalb trotz
gleicher Qualifikation schlechter bezahlt werden. Das
gibt es, und das muss genannt werden, und das, liebe
Kolleginnen und Kollegen, ist der eigentliche Skandal.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Insgesamt kann man festhalten: Die Ursachen der
Entgeltungleichheit sind sehr unterschiedlich, aber hin-
nehmbar ist die Lohnlücke von 23 Prozent deswegen
noch nicht. Wir müssen uns fragen: Welche Schlussfol-
gerungen ziehen wir daraus? Was tun wir? Die SPD hat
sich in ihrem Antrag dafür entschieden, die vermeint-
liche Allzweckwaffe auszupacken, nämlich die staatli-
che Regulierung.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wenn alles andere nichts nützt!)


Da soll es gesetzliche Fristen, eine neue Entgeltgleich-
heitskommission und ein Verbandsklagerecht für Anti-
diskriminierungsverbände geben. In Anbetracht der vie-
len verschiedenen Ursachen, die wir ausgemacht haben,
meine ich, dass Sie bei diesen Forderungen zu staats-
gläubig und vor allen Dingen zu undifferenziert sind.
Wirksamer erscheinen mir von den Ursachen hergelei-
tete Gegenmaßnahmen. Wir müssen bei einem so kom-
plexen Thema doch an die Wurzeln, an die Ursachen des
Übels, und genau das tun wir,


(Beifall bei der CDU/CSU)


zum Beispiel mit Maßnahmen gegen das eingeschränkte
Berufswahlverhalten. Von wegen: Die Mädchen interes-
sieren sich nicht für Technik! Schauen Sie sich all die
MINT-Initiativen, den Girls’ Day, Roberta an! Es ge-
lingt, mehr Frauen für technisch geprägte Berufe zu inte-
ressieren, und der Frauenanteil in diesen Berufen steigt.


(Mechthild Rawert [SPD]: Langsam!)


Was ist aber mit denen, die nach wie vor kein Inte-
resse an solchen Berufen haben? Wollen wir hinnehmen,
dass alle anderen dann halt schlecht bezahlt werden, weil

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(C (D ie leider Gottes einen frauenspezifischen und damit aumatisch schlechter bezahlten Beruf gewählt haben? ein! Wir müssen uns fragen: Muss die Bezahlung in iesen Berufen zwingend so schlecht sein? Liebe Kolleinnen und Kollegen, den Lohn bestimmen bei uns in eutschland die Tarifparteien. eshalb appelliere ich an die Tarifparteien: (Caren Marks [SPD]: Alles wieder nur Appelle! Wie lange wollen wir denn noch warten?)


(Christel Humme [SPD]: Nein, nicht nur!)


ehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Bewerten Sie
auenspezifische Berufe in den Lohnrunden besser!
orgen Sie dafür, dass es auch in diesen Branchen bran-
henspezifische Mindestlöhne gibt! Man kann nicht im-
er nur mit dem Finger auf andere zeigen und nach der
olitik schreien. Hier haben auch die Tarifparteien Ver-
ntwortung, und die müssen sie auch wahrnehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber auch die Politik kann einiges tun. Wir müssen
eiter daran arbeiten, die Vereinbarkeit von Familie und
eruf zu verbessern. Wir sind hier auf dem richtigen
eg.


(Caren Marks [SPD]: In hundert Jahren wird es passen!)


er Ausbau der Betreuungsinfrastruktur, der Rechtsan-
pruch auf einen Kitaplatz, das Elterngeld mit den Part-
ermonaten, die Familienpflegezeit, die Initiativen zur
milienbewussten Arbeitszeit und die Programme zum
iedereinstieg – all das trägt dazu bei, dass beide Part-

er – ich betone: beide Partner – Beruf und Familie ver-
inbaren können. Alles das sind Schritte zu einer konti-
uierlichen Erwerbsbiografie auch von Frauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist aber auch klar – ich denke, das muss uns allen
ewusst sein –: Ganz ohne Unterbrechungen wird es
icht gehen. Gerade weil das so ist, weil wir immer Brü-
he im Lebensverlauf und immer Auszeiten haben wer-
en, ist es wichtig, dass wir das nicht immer als Nachteil
ehen. Solche Unterbrechungen sind doch positiv zu be-
erten. Sie bringen neue Erfahrungen und neue Kompe-
nzen mit sich. Deshalb kann ich nur an die Unterneh-
en appellieren: Nutzen Sie diese Kompetenzen und

erücksichtigen Sie diese auch in der Gehaltsstruktur!
rmutigen Sie auch die Männer, sich auf solche Auszei-
n, beispielsweise bei der Elternzeit oder bei der Pflege-

eit, einzulassen! Denn Lebenskompetenz ist doch auch
Unternehmen oft viel wichtiger als dröges Fachwis-

en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiteres Thema für Politik und Wirtschaft glei-
hermaßen: Sorgen wir endlich dafür, dass mehr Frauen
Führungspositionen kommen! Die Debatte über Wege

orthin führen wir derzeit.





Nadine Schön (St. Wendel)



(A) )


)(B)

Schließlich müssen wir gemeinsam auch dafür sorgen,
dass tatsächliche Diskriminierung aufgedeckt wird. Auch
das liegt letztlich im Interesse der Unternehmen selbst;
die Kollegin hat darauf hingewiesen. Mit Logib-D gibt es
ein Instrument, das die entsprechende Transparenz in ei-
nem Betrieb herstellt. Mehrere Hundert Unternehmen
haben schon daran teilgenommen. So kann man echte
Diskriminierung erkennen und wirksam bekämpfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, es lohnt
sich, die Ursachen der Entgeltungleichheit genauer unter
die Lupe zu nehmen; denn nur dann gelangen wir zu ei-
ner differenzierten Sicht der Dinge und zu differenzier-
ten Lösungen. Es sind viele kleine Stellschrauben, mit
denen wir die Rahmenbedingungen für ein verbessertes
Einkommen von Frauen beeinflussen können; hier kön-
nen wir intelligent und mit vielen kleinen Schraubenzie-
hern arbeiten. Den Vorschlaghammer staatlicher Regu-
lierung brauchen wir dazu nicht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Ich dachte, Sie wären weiter! Schade eigentlich!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205100

Das Wort hat die Kollegin Sabine Zimmermann für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710205200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Schön, ich
muss Ihnen sagen: Seit 100 Jahren warten die Frauen auf
gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und kämpfen dafür.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Vor allem früher im ZK! Da waren nur alte Männer!)


Wie lange wollen Sie noch an die Wirtschaft appellieren,
damit das endlich Wahrheit wird? Das ist mir aus Ihrem
Vortrag weiß Gott nicht klargeworden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Frau Bundeskanzlerin hat zum Internationalen
Frauentag eine Videobotschaft versandt. Sie plauderte
ein wenig über ihre Kindheitserinnerungen in der DDR
und darüber, welche Blumen sie am 8. März ihrer Mutti
schenkte. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koali-
tion, kennen Sie die Lieblingsblumen Ihrer Kanzlerin?
Ich helfe Ihnen ein wenig, weil Sie mich so anschauen.
Es sind Freesien. Ich denke, es wäre besser gewesen,
wenn die Kanzlerin in der Videobotschaft ein wenig wei-
ter zurück in die Geschichte geblickt und die Begründe-
rinnen des Frauentages und ihre Motive benannt hätte.

Es waren nämlich die Arbeiterbewegung und ihre
Vorkämpferinnen, allen voran Clara Zetkin. Als im Au-
gust 1910 in Kopenhagen die II. Internationale Sozialis-
tische Frauenkonferenz beschloss, einen internationalen
Frauentag durchzuführen, stellte sie zugleich klar – ich
zitiere –:

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(C (D Es muss auch erkannt werden, dass der Weg zur Gleichstellung der Frau mit dem Manne nur durch die ökonomische Gleichstellung der Frau geschehen kann. h denke, nur das ist der richtige Weg, nicht Appelle an ie Wirtschaft. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mehr als 100 Jahre danach ist diese Forderung so ak-
ell wie damals. Frauen erhalten 23 Prozent weniger
ohn als Männer. Die Verdienstunterschiede in Deutsch-
nd sind so groß wie nie und wie nirgendwo sonst in
uropa. Und: Sie sind über die letzten Jahre noch ge-
achsen. Das ist ungerecht. Ich denke, es ist wichtig,
ass man als Antwort darauf auch gesetzliche und staat-
che Regelungen schafft.

70 Prozent aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor
ind Frauen. Das kommt nicht allein daher, dass Frauen
ft Teilzeit arbeiten. Nein, rund 7,3 Millionen Frauen ar-
eiten Vollzeit. Von ihnen erhalten aber 2,5 Millionen
rauen einen Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle.
h frage Sie: Ist das gerecht? Das heißt, jede dritte Voll-

eit arbeitende Frau ist davon betroffen. Meine Damen
nd Herren der Koalition, lassen Sie sich diese Zahl bitte
och einmal auf der Zunge zergehen: Jede dritte Vollzeit
rbeitende Frau arbeitet im Niedriglohnbereich. Das ist
in Skandal.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist klar: Wir brauchen in Deutschland endlich
inen gesetzlichen Mindestlohn.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ie wehren sich dagegen. Der Skandal ist, dass der ge-
etzliche Mindestlohn in Deutschland nicht eingeführt
ird. In Europa gibt es in 20 von 27 Ländern einen ge-

etzlichen Mindestlohn. Das kann doch nicht schlecht
ein.


(Beifall bei der LINKEN)


as wäre ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Natürlich reicht der Mindestlohn nicht aus. Schaut
an sich die Ursachen für die ungleiche Bezahlung von
rauen und Männern an, dann wird schnell deutlich: Es
eht um eine direkte Diskriminierung, wenn Frauen am
leichen Arbeitsplatz in eine niedrigere Lohn- bzw. Ge-
altsgruppe eingestuft werden als Männer. Um die rie-
ige Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu ver-
ngern, ist aber mehr nötig. In den traditionellen
rauenbranchen wie dem Einzelhandel oder auch dem
riseurhandwerk wird deutlich schlechter bezahlt. Hinzu
ommt der hohe Anteil von Frauen in Teilzeit und Mini-
bs. Zu zwei Dritteln sind die Lohnunterschiede aus

iesen genannten Gründen zu erklären.

Aber statt dieses Problem anzugehen, hat Ihre Ar-
eitsmarktpolitik der letzten Jahre uns in Deutschland in
ine Situation gebracht, in der sich dieses Problem noch





Sabine Zimmermann


(A) )


)(B)

mehr verschärft hat: Mit den Hartz-Gesetzen wurden
prekäre Beschäftigungsverhältnisse gefördert und der
Niedriglohnsektor weiter ausgebaut. Vor allem die typi-
schen Frauenbranchen sind davon betroffen. Deshalb ist
zu befürchten: Wenn es nicht zu einem Kurswechsel
kommt, wird sich diese Ungleichbehandlung mit der
steigenden Frauenerwerbstätigkeit weiter verfestigen
oder sogar verstärken. Bei diesem Punkt, meine Damen
und Herren von der SPD, hat Ihr Antrag leider eine Leer-
stelle.

Die Linke fordert: Ein Entgeltgleichheitsgesetz, das
seinem Namen gerecht wird, muss das Problem der pre-
kären, niedrig entlohnten und unfreiwilligen Teilzeitar-
beit angehen. Das ist der richtige Weg.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der SPD)


Die Wirtschaftsjournalistin Julia Dingwort-Nusseck
– sie war von 1976 bis 1988 Präsidentin der Landeszen-
tralbank Niedersachsen; sie ist also nicht dem linken
Spektrum zuzuordnen – befürchtete zu Recht:

Wenn es in dem bisherigen Tempo weitergeht, wer-
den wir im Jahre 2230 den Zustand der Gleichbe-
rechtigung von Mann und Frau erreicht haben.

Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass diese
düstere Prognose nicht wahr wird.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205300

Die Kollegin Sibylle Laurischk hat jetzt das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1710205400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Das Einkommen von Frauen liegt in Deutschland
im Schnitt um fast ein Viertel unter dem der Männer. Zu-
dem ist die Lohnlücke in Deutschland im Vergleich zu un-
seren europäischen Nachbarn deutlich höher. Sowohl aus
Art. 3 Grundgesetz als auch aus dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz folgt ein Verbot der Lohndis-
kriminierung. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz ver-
pflichtet uns, dagegen etwas zu tun.

Im Koalitionsvertrag haben wir uns zur Umsetzung
des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verpflich-
tet. Die Umsetzung dieses Ziels ist auf einem guten Weg.
Dabei wollen wir aber keine gesetzlichen Regelungen zur
Überwindung der Entgeltungleichheit schaffen, wie es
die SPD in ihrem Antrag fordert. Wir als FDP setzen auf
Selbstverpflichtung und sind der Meinung, dass Selbst-
verpflichtungen letztendlich auch eine sehr viel nachhal-
tigere Möglichkeit darstellen,


(Caren Marks [SPD]: Da haben Sie es schon weit gebracht! Endlich was Neues!)


solche Ungleichbehandlungen zu beseitigen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


ie bürokratischen Vorschläge der SPD würden Kosten
erursachen und die Wirtschaft erneut belasten.


(Caren Marks [SPD]: Was Sie sagen, ist ein Tritt für die Frauen!)


Zu dem Argument der Linken, dass eine gesetzliche
egelung, die es in 20 Ländern in Europa gibt, ein Plus
arstelle, kann ich nur sagen:


(Christel Humme [SPD]: Was ist denn das für eine Denke?)


ie deutsche Wirtschaft ist gerade deshalb leistungsfä-
ig, weil sie solche Verpflichtungen nicht zu tragen hat.


(Caren Marks [SPD]: Weil sie Frauen diskriminiert! Jawohl! Unglaublich!)


ir werden uns dafür einsetzen, dass das nicht kommt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205500

Frau Laurischk, möchten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Beck zulassen?


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1710205600

Nein, ich möchte fortfahren.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie hoch ist denn eigentlich Ihre Frauenquote mit der Selbstverpflichtung in BadenWürttemberg? 0 Prozent im eigenen Lager, und dann von Selbstverpflichtung reden!)


Wir sind dabei, das zu ändern; das wissen Sie. Das
rauchen wir in diesem Zusammenhang nicht zu disku-
eren.

Wir haben allerdings zu klären, auf welche Ursachen
ie noch immer bestehende Ungleichbehandlung zu-
ckzuführen ist. Das liegt im Wesentlichen an folgen-

en Punkten:

Typische Frauenberufe werden trotz individueller
ohnverhandlungen schlechter bewertet und vergütet als
lassische Männerberufe. Hier wäre natürlich auch von-
eiten der Gewerkschaften im Rahmen der Tarifautono-
ie noch einiges zu tun.

Frauen sind in bestimmten Berufen, Branchen und auf
öheren Stufen der Karriereleiter unterrepräsentiert.

Vor allem ist trotz höherer und besserer Schulab-
chlüsse und einer fachlich hervorragenden Ausbildung
as Arbeitszeitvolumen bei Frauen geringer als bei Män-
ern. Familienbedingte Unterbrechung der Erwerbstätig-
eit ist ein weiterer Faktor. Die hohe Anzahl von Teilzeit
rbeitenden Frauen und von Frauen in niedrig bezahlten
nd gering qualifizierten Arbeitsverhältnissen trägt nach
ie vor zum Fortbestehen der Lohndiskriminierung von
rauen bei.

Die Überwindung der Rollensterotype bei Ausbil-
ung und Beschäftigung sowie ein modernes Rollenver-
tändnis gerade der Männer würden einen erheblichen





Sibylle Laurischk


(A) )


)(B)

Beitrag zur Überwindung der Entgeltdiskriminierung
leisten.

Auffällig in Bezug auf das unterschiedliche Lohnge-
füge zwischen Männern und Frauen ist, dass ein deutli-
ches Gefälle zwischen West- und Ostdeutschland be-
steht. Frauen, die in Ostdeutschland arbeiten, verdienen
zwar ebenfalls weniger als ihre männlichen Kollegen,
aber die Lohnlücke ist dort deutlich geringer als im Wes-
ten. Dies wird wohl mit der besseren Kinderbetreuungs-
infrastruktur zusammenhängen. Deswegen ist für uns
der Ausbau der Kinderbetreuung mit dem Ziel, bis 2013
für bundesweit durchschnittlich 35 Prozent der unter
dreijährigen Kinder Betreuungsplätze zu haben, eine der
wesentlichen Maßnahmen, die wir zur Überwindung des
Gender Pay Gap verfolgen.


(Beifall bei der FDP)


Ein weiteres wichtiges Instrument zur Beseitigung
der Lohnlücke ist die Einführung des Logib-D-Verfah-
rens. Dies eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, in ei-
nem freiwilligen Selbsttest zu untersuchen, inwieweit
Entgeltgleichheit im Unternehmen sichergestellt ist. Die-
ses Verfahren wurde gut angenommen. Es ist ein Instru-
ment, das im Rahmen der Selbstverpflichtung, auf die
wir setzen, Wirkung zeigt.

Darüber hinaus haben wir zur Bekämpfung des Gen-
der Pay Gap das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor
Familie“ zur Durchsetzung einer familienbewussten Per-
sonalpolitik und das Aktionsprogramm „Perspektive
Wiedereinstieg“ auf den Weg gebracht, welches Frauen
nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung die
Reintegration ins Berufsleben erleichtert.

Die Überwindung der Lücke zwischen den Löhnen
von Frauen und Männern ist ein wichtiges gleichstel-
lungspolitisches Signal. Dafür ist ein Umdenken in der
Gesellschaft genauso erforderlich wie das Aufbrechen
von Rollenbildern und das Selbstverständnis eines mo-
dernen Familienbildes.

Wir haben in diesem Jahr den 100. Internationalen
Frauentag gefeiert. Ich verweise nochmals darauf, dass
unser Grundgesetz in Art. 3 Abs. 2 ausführt:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

Meine Damen und Herren, daran arbeiten wir.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh! – Caren Marks [SPD]: Ihre Rede war ein Tritt gegen die Frauen in unserem Land! Schade! Schade!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205700

Monika Lazar hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die

Grünen.


Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche und gleich-

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(C (D ertige Arbeit“ begleitet uns schon lange. Wir finden sie den Römischen Verträgen von 1957, und Art. 3 Abs. 2 es Grundgesetzes haben Sie gerade angesprochen, zu echt. Sie haben ja das Zitat gebracht, in dem steht, dass ich der Staat dafür einsetzen soll. Er hat also eine entprechende Verpflichtung. Von daher gebe ich den Hineis, dass wir nicht allein auf Freiwilligkeit setzen solln. Wir als Gesetzgeber, im Parlament, haben durchaus ie Aufgabe, entsprechende Rahmenbedingungen zu seten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])


s gibt ferner das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
ir könnten also der Meinung sein, wir hätten genug
esetze. Aber wir kennen die Zahlen: Seit Jahren beträgt
er durchschnittliche Lohnunterschied 23 Prozent. Da-
it sind wir im EU-Vergleich auf einem hinteren Platz.
s gibt keinerlei Anzeichen, dass wir uns von dort weg-
ewegen.

Wir wissen – das wurde schon ausgeführt –: Es handelt
ich hierbei um eine komplexe Materie. Beim Gender Pay
ap kommt einiges zusammen: die hohe Teilzeitquote
ei Frauen, die häufigeren und längeren Erwerbsunter-
rechungen wegen der Erziehung der Kinder oder der
flege von Angehörigen, die geringere räumliche Mobi-
tät von Frauen. Dazu gehört aber auch die sogenannte
ertikale Polarisation auf dem Arbeitsmarkt. Das bedeu-
t nichts anderes, als dass Frauen in Führungspositionen
nterrepräsentiert sind und selbst dort dramatisch weni-
er verdienen als ihre männlichen Kollegen.

Natürlich ist es immer noch so, dass junge Frauen und
ädchen schlecht bezahlte Berufe wählen und sich auf

eutlich weniger Berufe und Branchen als Männer kon-
entrieren. Nun könnten wir, wie es Ministerin Schröder
erne macht, sagen: Selber schuld! Die jungen Frauen
önnen ja Maschinenbau studieren und den Beruf in den
ordergrund stellen. – Aber so einfach ist das nicht. Wir
rauchen durchaus vieles: bessere Kinderbetreuung,
ehr Männer, die ihre Vaterrolle auch zeitlich stärker

usfüllen,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


exible Arbeitszeiten gerade für Eltern und selbstver-
tändlich eine andere Arbeitskultur. Ich denke, darin sind
ir uns im ganzen Hause einig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber das ist nicht alles. Der verschieden hohe Lohn-
nterschied in Ost- und Westdeutschland wurde schon
ngesprochen. In Westdeutschland beträgt er 25 Prozent,
Ostdeutschland 6 Prozent. Das liegt unter anderem da-
n, dass die ostdeutschen Männer weniger verdienen.
s gibt sicherlich auch einige westdeutsche Männer, die
eniger verdienen würden. Der geringere Unterschied
Osten ist aber nicht nur der besseren Kinderbetreuung

eschuldet. Es ist nämlich auch so, dass die große Mehr-
eit der ostdeutschen Frauen wirtschaftlich für sich
elbst verantwortlich ist; das ist für sie eine Selbstver-





Monika Lazar


(A) )


)(B)

ständlichkeit. Die Hausfrauenehe spielt keine Rolle
mehr; es gibt sie nur zu einem geringen Prozentsatz. Bei
knapp drei Vierteln aller Paare in Ostdeutschland sind
beide Partner erwerbstätig. Auch der Anteil der Teilzeit-
arbeit ist wesentlich geringer als in Westdeutschland.
Die Frauen im Osten sind also aufgrund ihrer Ausbil-
dung hochqualifiziert, und sie wollen mehr und auch
eher Vollzeit arbeiten.

Interessant ist auch, dass es einen Unterschied zwi-
schen Stadt und Land gibt. In ländlichen Regionen ist
die Lohnlücke um fast 10 Prozent größer als in der Stadt.
Auch wenn die Ursachen noch nicht ausreichend er-
forscht sind – entsprechende Forschungen laufen –, gibt
es einige Auffälligkeiten: Die Frauen auf dem Land neh-
men noch häufiger Minijobs an, sind häufiger Hinzuver-
dienerinnen, und die Vereinbarkeit von Familie und Be-
ruf ist wegen der größeren räumlichen Entfernungen
meistens noch schwieriger zu bewerkstelligen.

Zu den Führungspositionen – das habe ich vorhin
schon angesprochen – gibt es eine aktuelle Studie vom
WSI, nach der der Lohnunterschied 18 bis 24 Prozent
beträgt. Er ist also kein bisschen geringer, obwohl die
Frauen sicherlich genauso qualifiziert sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir
sind uns in vielem einig, was Ihren Antrag und auch die
Eckpunkte betrifft, die Sie jetzt für ein Entgeltgleich-
heitsgesetz vorlegen. Viele dieser Forderungen finden
Sie auch in unserem Antrag „Frauen verdienen mehr“,
den wir im März hier im Plenum diskutiert haben. Auch
wir wollen den Ausbau der Verbandsklage. Ich denke,
das ist wirklich ganz wichtig. Wir wollen die Tarifpar-
teien zu einer diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung
verpflichten. Wir brauchen endlich Transparenz bei den
Entgelten. Wir möchten auch erreichen, dass sich die
Beschäftigten über ihr Arbeitsentgelt und dessen Zusam-
mensetzung austauschen dürfen. Ich denke, das ist sehr
wichtig. Klauseln in Arbeitsverträgen, die das verbieten,
sind nicht rechtmäßig.

Notwendig ist in diesem Zusammenhang selbstver-
ständlich auch ein flächendeckender Mindestlohn. Dass
Frauen einen Anteil von knapp 70 Prozent an den Nied-
riglohnbeschäftigten haben, hat die Kollegin bereits aus-
geführt.

Neben den gesetzlichen Regelungen für die Entgelt-
gleichheit brauchen wir dringend ein Gleichstellungsge-
setz für die Privatwirtschaft. Ich denke, da sind wir auch
sehr nahe beieinander.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Equal Pay Day war in diesem Jahr der 25. März.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es an diesem Tag
mehr als nur warme Worte geben würde, warme Worte,
wie sie unter anderem in der lauen Pressemitteilung der
Ministerin Schröder standen. Ich würde mich freuen,
wenn wir da gemeinsam vorankommen, damit es mehr
gibt als nur warme Worte oder Selbstverpflichtungen.
Ich denke, wir sollten auch unserem Anspruch als Ge-
setzgeber gerecht werden und die Rahmenbedingungen
vorgeben. Deshalb lade ich die Koalitionsfraktionen

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(C (D erzlich dazu ein, mit uns gemeinsam den Weg zu geen, nicht nur auf Freiwilligkeit zu setzen, sondern den ahmen selber vorzugeben. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710205900

Ewa Klamt hat jetzt für die CDU/CSU-Fraktion das

ort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Ewa Klamt (CDU):
Rede ID: ID1710206000

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

gen! Gleichberechtigung ist keine sich selbst erfül-
nde Prophezeiung. Sie muss – immer noch – in unserer
esellschaft ausgebaut und gelebt werden. Frauen mei-
er Generation können bei diesem Thema aufgrund
ngjähriger Erfahrungen mitreden. Wir wissen, was wir
ier einfordern wollen.

Die existierende Lohnungleichheit in Deutschland ist
ine der ungelösten Herausforderungen. Die entschei-
ende Frage ist: Was sind die Ursachen der Lohnlücke,
nd wie können wir sie bekämpfen? Wir wissen, dass die
nterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen
rei Kernursachen hat: Erstens. Frauen sind in bestimm-
n Berufszweigen und Branchen unterrepräsentiert.
weitens. Qualifikationen, die Frauen in das Erwerbsle-
en einbringen, werden häufig schlechter bewertet. Drit-
ns. Frauen steigen öfter und länger aus dem Erwerbsle-
en aus.

Wir wissen zum Beispiel, dass Frauen aus circa
50 Ausbildungsberufen im Wesentlichen nur zehn aus
em Dienstleistungs- und Sozialbereich auswählen.

Die Wahl der Studiengänge zeigt ein ähnliches Bild:
änner fokussieren sich auf die technisch-naturwissen-

chaftlichen Zweige, Frauen wählen vermehrt sprach-
der sozialwissenschaftliche Studiengänge. Frauen und
änner gehen also bereits zu Beginn ihrer beruflichen

aufbahn unterschiedliche Wege; sie richten ihre Be-
fswahl nach unterschiedlichen Kriterien aus. Das Pro-

lem ist jedoch, dass jeder Einzelne individuell entschei-
et. Wir als Gesetzgeber können vom Kindergarten bis
in zur allgemeinen schulischen Bildung versuchen,
rauen frühzeitig für technische oder naturwissenschaft-
che Berufe zu begeistern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


eshalb sind die Programme des Familienministeriums
ie „Komm, mach MINT“, der Girls’ Day, aber auch

Neue Wege für Jungs“ der richtige Ansatz, das Berufs-
ahlspektrum von jungen Frauen und Männern zu er-
eitern.

Der zweite Aspekt ist die Tatsache, dass nach wie vor
rauen und ihre Qualifikationen im Berufsleben schlech-
r bewertet werden.





Ewa Klamt


(A) )


)(B)


(Caren Marks [SPD]: Das werden Sie auch bei gleicher Qualifikation!)


So sehen Unternehmen Frauen häufig als Unsicherheits-
faktor, da sie dem Arbeitgeber durch Elternzeit und Er-
ziehungspausen nur bedingt zur Verfügung stehen. Ihre
Tätigkeit wird, bewusst oder unbewusst, nach dem Aus-
fallrisiko bewertet. Entscheidend ist daher in den Betrie-
ben ein Bewusstseinswandel dahin gehend,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


das Potenzial und die Fähigkeiten von Frauen besser zu
nutzen. Der Fachkräftemangel und der demografische
Wandel zeigen vielen Unternehmen bereits heute die
richtige Weichenstellung auf. Wer dringend benötigte
Fachkräfte haben und halten möchte, muss das Potenzial
von Frauen nutzen. Gleiche Bezahlung für gleiche Ar-
beit wird darüber entscheiden, wer zukünftig in diesem
Land über genügend Fachkräfte verfügt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der dritte Aspekt ist die familienbedingte Unterbre-
chung der Erwerbstätigkeit. Es sind nach wie vor mehr-
heitlich junge Frauen, die sich der Kindererziehung wid-
men und dafür ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen. Nach
ihrer Rückkehr ins Berufsleben reduzieren sie verstärkt
ihre Stundenzahl; sie nehmen besonders häufig Teilzeit-
modelle in Anspruch. Statistiken und Studien belegen,
dass insbesondere in Deutschland die Erwerbsunterbre-
chung ein maßgeblicher Faktor der ungleichen Entloh-
nung ist. Insofern trifft der Satz des SPD-Antrages zu,
dass es Aufgabe der Politik ist, Prozesse in Gang zu
setzen und bei der Überwindung typischer Blockaden zu
helfen. Das von der CDU vorgeschlagene „audit beruf-
undfamilie“ ist ein richtiger Ansatz. Die Politik zeigt
hier den Unternehmen Lösungswege auf. So kann sich
ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel entfalten.
Unternehmen mit einem großen Frauenanteil nehmen
dies heute in hohem Maße an. Sie verzichten schon aus
ökonomischen Gründen nicht mehr auf gut ausgebildete
Frauen. Fakt ist: Wir sind keine Erziehungsdiktatur.
Auch wenn wir uns wünschen, dass sich mehr Männer in
Familienarbeit und Kinderbetreuung einbringen, bleibt
die Entscheidung, welcher Partner sich der Kindererzie-
hung widmet, eine individuelle Entscheidung.


(Mechthild Rawert [SPD]: Beide!)


Die Hoheit über die Kinderbetten zu erlangen, wie es der
ehemalige Arbeitsminister Olaf Scholz verlangte, ist
nicht Ziel unserer CDU/CSU-Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Für mich sind alle drei geschilderten Problembereiche
komplex miteinander verknüpft. Klar ist, dass wir die
Ungleichheit in der Entlohnung ursachengerecht ange-
hen müssen. Fest steht auch, dass gesellschaftlicher
Wandel nicht per Gesetz verordnet werden kann. Aber
mit dem Ausbau der Kinderbetreuung, dem Rechtsan-
spruch auf einen Kitaplatz, dem Projekt „Perspektive
Wiedereinstieg“ und dem Elterngeld für beide Eltern-
teile hat die CDU die Weichen richtig gestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Der Unterschied in der Lohnlücke zwischen Deutschnd Ost und Deutschland West zeigt eines: Die Rahenbedingungen von Kinderbetreuung und Vereinbar eit von Familie und Beruf sind entscheidend; eine ollegin hat das bereits genannt. Weil in Ostdeutschland 1 Prozent der Frauen nach einer Kinderpause in eine ollzeitbeschäftigung zurückkehren, beträgt der Lohnnterschied zwischen Frauen und Männern hier nur Prozent, während er im Westen bei 24 Prozent liegt. as zeigt, dass ein gut ausgebautes Kinderbetreuungs ystem die Rückkehr in die Vollbeschäftigung ermögcht und für mehr Entgeltgleichheit sorgt. Der Antrag, den die SPD heute vorlegt, wird keiner er genannten Herausforderungen gerecht. Ihre Fordengen, von denen ich nur einige wenige zitieren öchte, sehen folgendermaßen aus: … die Unternehmen werden aufgefordert, einer behördlichen Stelle anonymisierte, geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte betriebliche Entgeltdaten in Form eines betrieblichen Entgeltberichts in regelmäßigen Abständen vorzulegen; ich zitiere weiter – die behördliche Stelle prüft den Entgeltbericht auf Verdachtsmomente, die auf eine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung hinweisen. Das Ergebnis ist betriebsöffentlich zugänglich zu machen; (Christel Humme [SPD]: Das sind gute Vorschläge! – Caren Marks [SPD]: Sie sollten mehr aus unserem Antrag vorlesen!)


die Unternehmen stellen sicher, dass bei der Erstel-
lung des Berichts Betriebs- und Personalräte,
Gleichstellungsbeauftragte und Beschäftigte sowie
Tarifvertragsparteien einbezogen werden.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Bürokratie pur! – Christel Humme [SPD]: Was haben Sie gegen Mitbestimmung?)


Liebe Frau Humme, wenn ich mir vorstelle, was das an
ürokratischem Aufwand für die rund 3,4 Millionen
leinen und mittleren Unternehmen sowie für die Selbst-
tändigen bedeutet, stellt sich mir die Frage, ob sie dem-
ächst überhaupt noch Frauen einstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sibylle Laurischk [FDP]: Sehr richtig! – Caren Marks [SPD]: Das ist ja wohl dreist!)


h sage Ihnen: Wir brauchen weder neue Behördenmit-
rbeiter, die unzählige Daten sammeln und verarbeiten,
och brauchen wir neue Berichtspflichten, die zualler-
rst unseren Mittelstand treffen.

Die Quintessenz einer lösungsorientierten und realis-
schen Gleichstellungspolitik muss sein


(Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Schreien macht nichts besser; Sie können für Ihre
raktion reden –, die sozialen Risiken in den Lebensläu-
n und Erwerbsbiografien der Menschen zu erkennen

nd familien-, gleichstellungs- und kinderfreundliche
ahmenbedingungen zu schaffen. Dann erreichen wir,





Ewa Klamt


(A) )


)(B)

dass Frauen der Wiedereinstieg in sozialversicherungs-
pflichtige Vollzeitjobs gelingt und die wesentlichen Ur-
sachen für eine fehlende Entgeltgleichheit beseitigt wer-
den.

Statt immer neue Gesetze zu erfinden, sollten auch
Sie, liebe Kollegen von der SPD, erkennen, dass wir uns
auf unsere Kernaufgabe konzentrieren müssen, nämlich
auf die Schaffung von Grundlagen und Rahmenbedin-
gungen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Ach, Gleichstellung ist keine Kernaufgabe?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206100

Sigmar Gabriel gebe ich jetzt als erstem Mann in der

Debatte das Wort. Sollte sich die Entgeltgleichheit bei
uns in Redezeit ausdrücken, haben die beiden Männer
sehr gut verhandelt. Er spricht für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1710206200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir sind uns aber si-

cher einig, dass die Herstellung von Gleichberechtigung
keine alleinige Aufgabe der Frauen ist.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Markus Grübel [CDU/CSU] und Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren! Ich will den Argumenten
begegnen, dass das nur für mehr Bürokratie sorgen
würde, dass dies eine Aufgabe der Tarifvertragsparteien
sei und die Politik sich herauszuhalten habe. Ich lese Ih-
nen einen Satz vor, um den es hier eigentlich geht:

Niemand darf wegen seines Geschlechts … benach-
teiligt oder bevorzugt werden.

Das ist einer der fundamentalen Sätze der Verfassung der
Bundesrepublik Deutschland. Recht und Gesetz in
Deutschland durchzusetzen, ist nicht die Aufgabe von
Privatpersonen, auch nicht von Tarifvertragsparteien,
sondern die Aufgabe des Gesetzgebers, der Exekutive,
des Staates. Deswegen geht es hier um staatliches Han-
deln und nicht um Fragen der Bürokratie oder um Auf-
gaben von Privatpersonen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Es geht auch nicht um Bewusstseinsbildung. Es geht um
Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und um die
Durchsetzung unserer Verfassung. Es geht nicht darum,
dass den Unternehmen ein Lernauftrag erteilt werden
soll. Frau Schön, es geht auch nicht um ein Privatver-
gnügen. Es ist nicht egal, ob man das macht oder nicht.
Es geht darum, dass wir der Verfassung unseres Landes
Geltung verleihen. Es ist einer der gröbsten Verstöße ge-
gen die Verfassung, dass Frauen und Männer in diesem
Land für gleiche Arbeit ungleich bezahlt werden. Das ist

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(C (D iner der größten sozialpolitischen Skandale in dieser epublik. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Sibylle Laurischk [FDP]: Sagen Sie das auch den Gewerkschaften?)


Damit wir uns hier verstehen: Wir haben diesen An-
ag schon zur Zeit der Großen Koalition eingebracht.
rau Merkel und die nicht anwesende Familienministe-
n bzw. ihre Vorgängerin haben ihn im Duett abgelehnt.
ür uns ist das keine neue Erkenntnis. Es ist übrigens
pannend, wie wichtig die zuständigen Kabinettsmitglie-
er diese Debatte offensichtlich finden.

Leistung lohnt sich nicht für Frauen in Deutschland.
s geht darum, Frau Kollegin Schön, dass wir der sozia-
n Marktwirtschaft Geltung verleihen und dass sich
eistung lohnt. Es ist übrigens ein interessanter Mei-
ungswandel, dass Sie das für die Aufgabe der Tarifver-
agsparteien halten; denn ich habe noch gut in Erinne-
ng, dass CDU/CSU und FDP die Tarifvertragsfreiheit
frage stellen und den Flächentarifvertrag abschaffen
ollten. Aktuell verhindern Sie im Kabinett ein Gesetz
ber die Tarifeinheit. Sie zerstören die Tarifverträge und
agen gleichzeitig, dass sich die Tarifvertragsparteien
m die Gleichbehandlung von Männern und Frauen
ümmern sollen. Das kennzeichnet Ihre Politik in die-
em Bereich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Sibylle Laurischk [FDP]: Das ist reine Polemik!)


Wenn das reine Polemik ist, dann beschließen Sie end-
ch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Sie
issen, dass 70 Prozent der Niedriglöhner in Deutsch-
nd Frauen sind. Machen Sie das doch endlich!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Volker Kauder [CDU/CSU]: 7,50 Euro sind die Lösung? Da lachen doch die Hühner!)


Herr Kollege Kauder, ich weiß, dass Sie wenig Zugang
u diesem Lohnsektor haben. Nein, es geht darum, dass
r Männer und Frauen eine Untergrenze eingeführt
ird. Wenn wir wissen, dass in weiten Teilen Deutsch-
nds keine Tarifverträge gelten, weil sich die Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmer gar nicht mehr trauen, sich

u organisieren, dann muss der Staat eine untere Grenze
inführen. Das wussten Ihre Vorgänger Ludwig Erhard
nd andere besser als Sie heute.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Kollege Kauder, meine Damen und Herren von
er Regierungskoalition, es geht nicht an, dass die Bun-
eskanzlerin das zum Privatproblem der Frauen macht.
h zitiere einmal aus einem Interview mit der Emma.
ort rät die Bundeskanzlerin Frauen, die weniger als
re männlichen Kollegen verdienen, „selbstbewusst

um Chef zu gehen und zu sagen: Da muss sich was än-
ern!“


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Wo sind wir eigentlich hingekommen? Es geht doch
nicht darum, dass die betroffenen Frauen aufgefordert
werden, etwas zu tun. Es ist die Aufgabe der Politik, ei-
nen Missstand, der Millionen von Frauen betrifft, zu be-
seitigen. Das ist unsere Aufgabe. Das geht auch Sie an.
Sie können sich nicht ständig vor der Verantwortung
drücken.

Ich sage hier ganz offen: Lernen Sie doch auch von
den Fehlern der Sozialdemokratie. Wir haben auch ein-
mal gedacht, dass Selbstverpflichtungen helfen. Heute
wissen wir: Sie helfen nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie möchten jetzt eine freiwillige Frauenquote in Auf-
sichtsräten und Vorständen einführen. Ich stelle mir ein-
mal vor, wie wir zu den DAX-Vorständen und Aufsichts-
räten sagen: Jungs, ihr müsst jetzt zu 40 Prozent
freiwillig auf den Millionenjob verzichten, damit Platz
für die Frauen ist. – Wenn Sie glauben, dass das funktio-
niert, dann glauben Sie auch, dass man mit Gänsen über
Weihnachten diskutieren kann.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das kann man nicht ohne den Gesetzgeber durchsetzen.
Es ist schlimm, dass die Kanzlerin diese Entwicklung,
die bei Ihnen durch Frau von der Leyen in Gang gekom-
men war, wieder gestoppt hat. Es gibt immer nur Win-
dow Dressing in der CDU/CSU und FDP. Wenn es da-
rauf ankommt, schlagen Sie sich in die Büsche.

Vielleicht hilft es Ihnen ja, sich die Realität in den un-
terschiedlichen Lohnsegmenten in Deutschland anzu-
schauen; es geht dabei nicht nur um den Niedriglohn-
sektor. Sie scheinen auch in diesen Bereichen ein
Wahrnehmungsproblem zu haben. Ihre Familienministe-
rin sagte in einem Interview:

Wir können den Unternehmen nicht verbieten,
Elektrotechniker besser zu bezahlen als Germanis-
ten.

Darum geht es aber nicht. Erklären Sie Ihrer Familien-
ministerin bitte, dass es nicht darum geht, unterschied-
liche Gehälter zu nivellieren, sondern dass man etwas
dagegen tun muss, dass Ingenieure besser bezahlt wer-
den als Ingenieurinnen. Das muss doch die Politik inte-
ressieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Der Lohnunterschied im Beruf der Ingenieure beträgt
zwischen den Männern und Frauen 17 Prozent. Wie er-
klären Sie das einer fleißigen und gut qualifizierten
Frau?

Nun komme ich zum Größten, das Sie sich bisher ge-
leistet haben. Ihre Frauenministerin sagte über die
Frauen:

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(C (D Zumindest müssen sie sich darüber bewusst sein, dass mit bestimmten Berufswünschen gewisse Einkommensperspektiven verbunden sind. as würde bedeuten, dass es an der Berufswahl liegt, ass Frauen in Teilzeit arbeiten und schlechter bezahlt erden. Es liegt aber daran, dass sie häufig keine ausrei henden Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haen. Deswegen müssen sie in Teilzeit gehen. (Sibylle Laurischk [FDP]: Das ist reine Polemik!)


s liegt auch daran, dass Sie nicht bereit sind, dafür zu
orgen, dass in Deutschland vernünftige Löhne gezahlt
erden. Deshalb werden Frauen in diese Bereiche ge-
rängt.


(Beifall bei der SPD – Sibylle Laurischk [FDP]: Sie haben die ganze Zeit nicht zugehört!)


Wenn Sie sagen, dass es an der Wahl des falschen Be-
fs liegt, dann schauen Sie doch einmal typische Frau-

nberufe, in denen nur oder im Wesentlichen Frauen be-
chäftigt sind, an. Drei Viertel der Bürokaufleute sind
rauen; das ist also deutlich die Mehrheit. Bürokauf-
auen verdienen trotzdem 15 Prozent weniger als ihre
ännlichen Kollegen. Oder schauen wir ins Bankge-
erbe. Bankkauffrauen bekommen im Monat im Durch-

chnitt 700 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen.
emerkenswert ist auch ein Blick in die soziale Wirk-
chkeit der oberen Gehaltsgruppen. Die Zahlen zeigen,
ass auch Frauen in Führungspositionen für die gleiche
ätigkeit deutlich weniger Geld bekommen. Auf der
bene der Hauptabteilungsleiter verdienen Frauen ein
rittel weniger als ihre männlichen Kollegen. Da sagen
ie: Fangen wir mit der Bewusstseinsbildung an! Warten
ir auf die Bewusstseinsbildung in den Unternehmen! –
ein, wir sagen ganz klar: Das ist eine Aufgabe, der sich
ie Politik stellen muss. Wir sind dafür verantwortlich,
ass Recht und Gesetz in Deutschland eingehalten wer-
en. Das ist keine Frage der Freiwilligkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Immer wenn es konkret wird, ist von Ihren Schau-
nsterreden nichts mehr zu hören. Sie fallen den Frauen
gelmäßig in den Rücken, wenn es konkret wird.


(Caren Marks [SPD]: Ja! So ist es!)


as war übrigens auch bei den Hartz-IV-Verhandlungen
er Fall. Als wir gefordert haben, die Beschäftigten in
er Leih- und Zeitarbeit genauso zu behandeln wie die
tammbelegschaften, wussten wir doch, dass davon
iele Frauen betroffen wären, die dann vernünftig be-
ahlt worden wären. Sie haben sich dagegen gewehrt.

Vielleicht haben auch noch nicht alle mitbekommen,
ie Ihre Definition von Equal Pay ist. Sie haben zu-
ächst einen Equal-Pay-Day ausgerufen. Nächtens hat
ann die FDP mit Zustimmung der Union folgendes Mo-
ell erarbeitet: Equal Pay – gleicher Lohn für gleiche Ar-
eit – soll schon ab dem ersten Tag gelten, wenn der Be-
ieb, in den ein Leiharbeitnehmer verliehen wird,





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

schlechter bezahlt, als es der Tarifvertrag in der Zeitar-
beit vorsieht. Wenn der Betrieb besser bezahlt als in der
Zeitarbeit vorgesehen, dann – so war Ihr Vorschlag – soll
das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ erst nach
neun Monaten gelten. Wissen Sie, wie ich das nenne?
Solche Vorschläge nenne ich asozial, meine Damen und
Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Beschämend ist das! Was sagen Sie denn da?)


– Nein. Beschämend ist, sich immer vor der Verantwor-
tung zu drücken und immer nur von anderen zu fordern,
sich zu kümmern.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ach was! Ihre Rede ist beschämend! – Holger Krestel [FDP]: Geben Sie sich doch mal ein bisschen Mühe, Herr Gabriel!)


– Ja, passen Sie auf. Dann gebe ich mir Mühe und zitiere
die von Ihnen offensichtlich immer noch, jedenfalls zeit-
weise, geschätzte Kanzlerin.


(Heiterkeit bei der SPD – Caren Marks [SPD]: Ja! Zeitweise!)


Sie sagt: Über Frauenpolitik darf man nicht nur reden.
Man muss handeln. –


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Na, dann handeln Sie einmal, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206300

Der Kollege Beck erhält das Wort, und zwar, wie ich

annehme, zu einer Kurzintervention.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206400

Nein, ich möchte einen Geschäftsordnungsantrag stel-

len.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
finde, in dieser Debatte zum Thema „Entgeltgleichheit
zwischen Frauen und Männern“ geht es um eine zentrale
Frage der Frauenpolitik.


(Caren Marks [SPD]: Ja!)


Ich vermisse nicht nur viele Kolleginnen und Kollegen
aufseiten der Koalition,


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Ach, Herr Beck! Bitte nicht schon wieder!)


sondern vor allen Dingen auch die Bundesfrauenministe-
rin.


(Caren Marks [SPD]: Ja!)


Wir möchten sie zu dieser Debatte herbeizitieren, weil
wir finden: Eigentlich müsste sie dem Haus in dieser
Diskussion Rede und Antwort stehen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206500

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Geschäfts-

rdnungsantrag.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das reicht nicht! – Zuruf von der SPD: Ihr seid zu wenige!)


er dem Antrag auf Herbeizitierung zustimmen möchte,
en bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dage-
en? – Gibt es Enthaltungen? –


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das war sehr eindeutig! – Zuruf von der SPD: Hier ist die Mehrheit! – Caren Marks [SPD]: Alles andere wäre wirklich fatal! – Zuruf von der FDP: Seien Sie objektiv!)


ir sind uns nicht einig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Caren Marks [SPD]: Das ist wirklich ein Skandal! Das ist für Männer ein Skandal! Peinlich! – Norbert Geis [CDU/CSU]: Hammelsprung! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehrheit ist Mehrheit!)


eswegen können wir die Mehrheit nur auf andere
eise feststellen. Wir werden jetzt einen Hammelsprung

urchführen.


(Norbert Geis [CDU/CSU], an das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Auch das noch! Warum müsst ihr denn auch so einen Antrag stellen? Wir wissen doch, warum die Frau nicht da ist! Das ist eigentlich eine Unverschämtheit! – Gabriele Molitor [FDP]: Das ist Frauensolidarität!)


Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, den Plenar-
aal zu verlassen.

Wir würden auch noch ein paar Stühle herausstellen
ssen für den Fall, dass Sie gern weiter sitzen wollen.
ber vielleicht begeben Sie sich nach und nach hinaus.

Es sind im Verhältnis zu allen anderen noch übermä-
ig viele FDP-Kolleginnen und -Kollegen im Saal.

Sind alle Türen mit Schriftführern besetzt? – Noch
icht. Es fehlen noch zwei Schriftführer von der Regie-
ngskoalition. – Jetzt sind alle Türen besetzt. Dann er-

ffne ich die Abstimmung.

Gibt es immer noch Kolleginnen und Kollegen, die
or der Tür stehen und nicht hereinkommen können,
eil das Gedränge so groß ist? Ich frage das in Richtung
er Schriftführerinnen und Schriftführer. – Jetzt scheint
ußer den Besucherinnen und Besuchern niemand mehr
or der Tür zu sein.





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Dann schließe ich jetzt die Abstimmung und bitte die
Kolleginnen und Kollegen Schriftführer, uns das Ergeb-
nis mitzuteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben zweierlei
festgestellt: Erstens. Der Deutsche Bundestag ist – wie
eigentlich immer – beschlussfähig, weil wir bei der Zäh-
lung das entsprechende Quorum erreicht haben.

Zweitens. Mit Ja zum Antrag auf Herbeizitierung ha-
ben 173 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Mit Nein
haben 230 gestimmt. Enthalten hat sich niemand. Damit
ist der Geschäftsordnungsantrag abgelehnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn jetzt die Gespräche der CSU-Landesgruppe,
der Geschäftsführung von Bündnis 90/Die Grünen und
von Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion an
anderer Stelle fortgesetzt werden – besonders die CSU-
Landesgruppe ist hartnäckig; Frau Hasselfeldt identifi-
ziert sich offenbar noch nicht ausreichend mit ihrer
neuen Funktion; wenn ich CSU-Landesgruppe sage, hört
sie noch nicht automatisch –, setzen wir die Debatte fort.

Erhöhter Aufmerksamkeit erfreut sich jetzt die Kolle-
gin Gabriele Molitor für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Es ist trotzdem peinlich, dass die Ministerin nicht da ist!)



Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1710206600

Frau Präsidentin! Um der Legendenbildung keinen

Vorschub zu leisten: Ich wollte nicht vor mehr Publikum
sprechen und habe deswegen nicht diese sportliche Akti-
vität von Ihnen verlangt.

Ich möchte an das anknüpfen, was Sigmar Gabriel
hier eben gesagt hat. Ich habe den Eindruck, dass die
SPD den Gewerkschaften überhaupt nichts mehr zutraut.
Nicht anders ist es zu verstehen, dass Gewerkschaften
offensichtlich Tarifverträge abschließen, die nicht diskri-
minierungsfrei sind. Sie stellen damit der Tarifautono-
mie ein Armutszeugnis aus. Ich finde es erstaunlich, dass
Sie das tun. Wer handelt denn die Tarifverträge aus? Das
sind doch die Gewerkschaften. Ich kann mir gut vorstel-
len, dass die Gewerkschaften von Ihnen nicht dauernd
vorgehalten bekommen wollen, ihren Aufgaben nicht zu
genügen. Auch beim Mindestlohn misstrauen Sie der Ta-
rifautonomie und rufen immer nach dem Gesetzgeber.


(Beifall bei der FDP)


Was Ihnen zum Erreichen des Ziels „gleicher Lohn
für gleiche Arbeit“ bei Männern und Frauen einfällt, ist
eigentlich sehr enttäuschend. Was Sie verlangen, führt
zu zusätzlicher Bürokratie. Unternehmen sollen ver-
pflichtet werden, Entgeltdaten zu melden. Sie wollen
eine neue Superbehörde in Deutschland schaffen. Dabei
müssen Sie doch sehen, dass das Bürokratiemonster
ELENA überhaupt nicht funktioniert hat. Blinde Daten-
sammelwut löst keine Probleme, sondern sorgt nur für
mehr Verwaltungsaufwand.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich finde außerdem die Wortwahl in Ihrem Antrag unrhört. Sie sprechen von „Verdachtsmomenten“ bei der ohnfindung. Ich finde es schon allerhand, dass Sie hier nternehmen kriminalisieren und von „Verdachtsmoenten“ sprechen. Ich denke, das ist nicht der richtige eg. (Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD – Caren Marks [SPD]: In welcher Welt leben Sie eigentlich?)


In einer Welt, die auch darauf setzt, dass eben nicht
auschal verkürzt wird, wie Sie das auch mit Ihren Sta-
stiken tun,


(Caren Marks [SPD]: Ja, ja!)


uf die Sie Bezug nehmen. Denn Sie sagen, angeblich
esteht bei Frauen und Männern ein durchschnittlicher
ehaltsunterschied von 23 Prozent. Dabei hält diese
rozentzahl einer differenzierten Überprüfung nicht
tand.

Viel interessanter ist in meinen Augen eine aktuelle
tudie der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Hier
erden erstaunliche Ergebnisse aufgezeigt: Bei jungen
rauen ohne Kinder oder mit kurzen Babypausen ist eine
ohnungleichheit statistisch nicht mehr nachweisbar.


(Caren Marks [SPD]: Stimmt nicht!)


o beträgt etwa die Entgeltlücke zwischen 25- bis 35-jähri-
en erwerbstätigen Männern ohne Kinder und der ver-
leichbaren Gruppe von Frauen nur knapp 2 Prozent und
llt damit in den Bereich der statistischen Unschärfe.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206700

Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Höll zulassen?


Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1710206800

Bitte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710206900

Bitte schön.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710207000

Frau Kollegin, da Sie ja jetzt vertieft in Zahlen ein-

teigen, aber als Ausgangszahl auch die Zahl 23 Prozent
ohnunterschied zwischen Frauen und Männern genannt
aben – das ist bekanntlich die Zahl des Statistischen
undesamts –, möchte ich Sie fragen: Stimmen Sie mir
arin zu, dass bereits diese Zahl eindeutig von einem
ännerzentrierten Denken geprägt ist? Denn wenn man

infach einmal rechnet, eine Frau verdient in der Stunde
5 Euro, ein Mann verdient in einer Stunde 20 Euro,
ann man sagen, die Frau verdient ein Viertel weniger,
ber man kann natürlich auch sagen, der Mann verdient
in Drittel mehr als die Frau. Das heißt, da ist der reale
ohnunterschied 33 Prozent. Die Frau muss, um das
leiche wie der Mann zu verdienen, nicht ein Vierteljahr

rbeiten, sondern vier Monate. Das heißt also, diese all-
emein verbreitete Zahl von 23 Prozent Lohnunter-
chied, im Durchschnitt gerechnet, verschleiert bereits
ie Unterschiede, die es in der Bundesrepublik Deutsch-





Dr. Barbara Höll


(A) )


)(B)

land gibt, und verschleiert, dass Frauen in der Realität
noch viel stärker benachteiligt werden.


Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1710207100

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, Frau Kollegin,

dass Zahlen verschleiern und dass Zahlen nicht immer
unbedingt die Tatsachen widerspiegeln. Gerade an die-
sem Beispiel wird deutlich, dass wichtige Faktoren aus-
geblendet sind, nämlich Teilzeitarbeit, unterschiedliche
Qualifikation bei den Tätigkeiten, Ausbildungs- und Be-
rufserfahrung. Für eine solche objektive Analyse – da
müssen wir ansetzen – reicht der Blick auf die Zahlen
nicht aus.

Ich denke, es geht der Antragstellerin, der SPD, im
Wesentlichen darum, unter dem Deckmantel der Gleich-
berechtigung Mindestlöhne einzufordern


(Widerspruch bei der SPD)


– ja –, und das hilft uns an dieser Stelle nicht weiter.
Dass dadurch vor allem die durch Frauen ausgeübten
Teilzeitbeschäftigungen


(Caren Marks [SPD]: Beschämend! Und das von einer Frau!)


sowie die Arbeitsplätze für Geringqualifizierte einge-
schränkt werden, scheint Sie nicht zu stören. Das finde
ich sehr ignorant.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Norbert Geis [CDU/CSU])


Hauptsache, man hat ein Gesetz auf den Weg gebracht.
Sinn oder Unsinn interessiert an dieser Stelle nicht.

Die Koalitionsfraktionen hingegen wissen, dass wir
nur auf der Basis einer vernünftigen Analyse eine sach-
gerechte Strategie entwickeln können. Diese Analyse
muss dann eben auch den gesellschaftlichen Entwicklun-
gen Rechnung tragen. In den letzten Jahrzehnten hat sich
der Beschäftigungsanteil von Frauen ständig erhöht.
Auch die Gehälter von Frauen haben sich erhöht. Viele
Frauen machen heute Karrieren, von denen ihre Mütter
nur träumen konnten. Ich denke, der richtige Weg ist es,
auf die qualifizierte Berufsausbildung zu schauen und
dafür zu sorgen, dass Mädchen verstärkte Aufmerksam-
keit in ihre Ausbildung lenken.


(Caren Marks [SPD]: Das machen die meisten schon mehr als gedacht!)


Gerade mir als Mutter ist es besonders wichtig, dass
diese Dinge in den Vordergrund gerückt werden.

Auf diesem Weg werden wir weiterkommen. Denn
mit gesetzlichen Keulen und Mindestlöhnen ist an dieser
Stelle niemandem geholfen, zuallerletzt den Frauen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Den Männern wäre damit nicht geholfen, aber den Frauen wäre geholfen! Peinlich, peinlich!)


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(C (D Dr. Rosemarie Hein hat jetzt das Wort für die Fraktion ie Linke. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Bundesministerin Frau Schröder, die heute hier icht anwesend ist, at aus Anlass des ersten Internationalen Frauentags vor 00 Jahren erklärt, dass die großen Mauern auf dem Weg ur Geschlechtergerechtigkeit nun eingerissen seien, uch wenn im Alltag noch viel Dickicht sei, das Frauen remse. Wahrscheinlich hält sie das Dickicht für nicht so ichtig; deshalb ist sie heute nicht da. ie sagt, man brauche zur Beseitigung dieses Dickichts icht den großen Hammer, sondern nur noch feinere Intrumente. Kollegin Schön hat sich vorhin ganz ähnlich eäußert. Ich möchte ein bisschen in dieses Dickicht einuchen. Im Durchschnitt ist jeweils ein Drittel der Frauen in ollzeit, Teilzeit oder gar nicht erwerbstätig. Aber schon ei den Frauen mit einem Kind steigt die Teilzeitquote uf fast 44 Prozent an. Bei Familien mit zwei Kindern rbeitet fast die Hälfte der Frauen nur noch Teilzeit. Je öher die Kinderzahl, desto mehr Frauen sind überhaupt icht erwerbstätig. Nun sagt die Bundesministerin, der usbau der Kinderbetreuung helfe Frauen, einer Ererbstätigkeit nachgehen zu können. Das stimmt. Seit 996 hat die Zahl der nicht erwerbstätigen Frauen aus amilien mit Kindern tatsächlich deutlich abgenommen. leichzeitig ist die Zahl derer, die mit mehr als zwei indern Vollzeit arbeiten, deutlich gesunken. Das muss rsachen haben. Dafür gibt es ein gängiges Erklärungsuster: Frauen wollen sich in den ersten Jahren eben der indererziehung widmen, und das sei schließlich gut so. ber so einfach ist es nicht. Ich frage Sie: Wieso eigentch Frauen, wieso nicht Männer? (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710207200

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710207300

(Caren Marks [SPD]: Wie nie!)


(Caren Marks [SPD]: Sie kommt nicht durch!)


ie Männer dürfen das inzwischen. Ich frage Sie außer-
em: Wie sollen Eltern Vollzeit arbeiten, wenn Ganz-
gsbetreuungsplätze überhaupt nicht zur Verfügung ste-
en?

In den östlichen Bundesländern, zumindest in drei der
nf, wollen weit mehr als 38 Prozent der Frauen mit
indern unter drei Jahren erwerbstätig sein, die meisten
ollzeit. In Sachsen-Anhalt sind es über 50 Prozent. In
achsen und Thüringen ist das nicht so. Gute Kinderbe-
euung, denkt man, spricht für sich. Aber warum ist das
Sachsen und Thüringen anders? Die Antwort ist ganz

infach: Dort gibt es eine Prämie für das Zuhauseblei-
en. Das nutzen in ihrer Not vor allem Frauen. Familien
enken da nämlich ganz praktisch: Derjenige oder dieje-





Dr. Rosemarie Hein


(A) )


)(B)

nige bleibt zu Hause, der oder die am wenigsten zum Fa-
milieneinkommen beitragen kann. Nun soll diese „Zu-
hausebleibeprämie“ auch noch bundesweit kommen.
Frau Ministerin sollte dieses Dickicht wegräumen, wenn
sie wirklich für eine Entgeltgleichheit sorgen will.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das mit Sachsen und Thüringen sollten Sie noch mal nachlesen!)


– Ich benutze hier Zahlen der Bundesregierung, keine
anderen.

Ein weiterer Fakt: Bezüglich meines Bundeslandes,
Sachsen-Anhalt, weist der Gleichstellungsatlas des Bun-
desministeriums einen sehr kleinen Einkommensunter-
schied aus; das ist hier schon erwähnt worden. Da
scheint alles in Butter zu sein; die Richtung scheint zu
stimmen. Da ich mich zu Hause ein bisschen auskenne,
habe ich nachgeschaut. In Sachsen-Anhalt liegen die
Lohnunterschiede im produzierenden Gewerbe sogar bei
25 Prozent. Wenn ich so rechne wie meine Kollegin
Höll, heißt das: Männer verdienen ein Drittel mehr als
Frauen. Wir haben allerdings nicht so viel produzieren-
des Gewerbe und darum auch nicht so viele hohe Ein-
kommen. Was wir viel haben, ist Niedriglohn, und zwar
für Frauen und Männer. Das heißt, weiter nach unten mit
dem Lohn geht es kaum noch. Dagegen gäbe es aller-
dings ein Mittel: gesetzlicher Mindestlohn.


(Beifall bei der LINKEN)


Diesen einzuführen, löst zwar noch nicht alle Probleme,
würde aber unmöglich machen, dass man, etwa im Fri-
seurhandwerk, für Stundenlöhne von 3,83 Euro arbeiten
muss. Das wäre dann ausgeschlossen. Das wäre ein Bei-
trag zur Entgeltgleichheit und im Übrigen zur Verbesse-
rung der Einkommen von Männern.


(Beifall bei der LINKEN)


Gestrüpp zu beseitigen, gilt es auch an anderer Stelle.
Mädchen und junge Frauen haben in der Bildung im
letzten Jahrhundert deutlich aufgeholt. Sie haben mehr
höhere Schulabschlüsse und studieren häufiger. In Sach-
sen-Anhalt erwerben fast 70 Prozent der 18- bis 21-jäh-
rigen jungen Frauen eine Studienberechtigung – da ist
Sachsen-Anhalt Spitzenreiterin –; aber nur 17 Prozent
der Professuren in diesem Land wurden an Frauen ver-
geben. Frauen finden wir dafür überproportional in Er-
ziehungsberufen, besonders in der frühkindlichen Bil-
dung und in der Grundschule, aber auch in der Pflege.
Dort sind Männer eher die Ausnahme. Ich war neulich in
einer Grundschule. Sie arbeitet inklusiv – ich hoffe, hier
nicht mehr erklären zu müssen, was das bedeutet –; es
wird also niemand an eine andere Schule geschickt.
40 Prozent der Kinder, die diese Grundschule besucht
haben, setzen ihren Bildungsweg auf dem Gymnasium
fort. Ihr Bildungsweg ist also erfolgreich. Die Stunde,
die ich miterleben durfte, war beeindruckend. Ich gebe
Ihnen Brief und Siegel: Die Mehrzahl der Kolleginnen
und Kollegen aus diesem Hause – ich schließe mich da
ein –, die irgendwann schon einmal vor einer Klasse ge-
standen und unterrichtet haben, wären mit dieser Arbeit
vollständig überfordert. Es ist eine Arbeit, die viel Wis-
sen und Können, hohe Flexibilität und hohe Kreativität

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(C (D rfordert. Aber können Sie mir erklären, warum Grundchullehrerinnen so viel schlechter bezahlt werden als ehrerinnen und Lehrer an Gymnasien, wo im Übrigen uch mehr Männer arbeiten? ier hat die Politik Handlungsmöglichkeit; denn hier eht es um die öffentliche Hand, die Arbeitgeberin ist. ie könnte dieses Problem lösen. In solchen aus Standesdünkel gewachsenen Einkomenshierarchien entstehen genau jene Ungerechtigkein der Bezahlung in dieser Gesellschaft. Das gilt auch r andere soziale Erziehungsund Pflegeberufe. Das als sind Frauendomänen. Darum geht unsere Forderung ber das „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hinaus. Wir rdern gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit; denn es ann doch niemand erklären, wieso Arbeit in einer rundschule weniger wert sein soll als an einem Gymasium. Das ist doch wohl nicht mehr zeitgemäß. Ich glaube, die Frau Ministerin, die heute Wichtigeres u tun hat, hat hier noch viel Dickicht hinwegzuräumen. ber ich fürchte, Frau Schön, mit dem Schraubenzieher hen wird es nichts werden. Dann sind wir damit nämch noch die nächsten hundert Jahre beschäftigt. Ich danke schön. Die Kollegin Rita Pawelski hat jetzt das Wort für die DU/CSU-Fraktion. Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Kennen Sie den Film Und täglich grüßt das urmeltier? Der TV-Wetteransager Phil Connors durchbt alptraumhaft immer und immer wieder denselben ag. Ähnlich geht es mir bei dem Thema „Gleiche öhne für Männer und Frauen“. Fast alptraumhaft steigt mer und immer wieder das gleiche Thema hoch. (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Problem besteht, weil die Regierung nichts macht!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710207400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710207500

Hören Sie doch einfach zu! – Frauen demonstrieren für
leiche Löhne, der Lohnabstand bleibt. Die Fraktionen
tellen Anträge, wollen etwas verändern, der Lohnab-
tand bleibt. Die Regierungen wechseln, der Lohnab-
tand bleibt. Geändert hat sich inzwischen die Bezeich-
ung. Es heißt oftmals nicht mehr „Entgeltgleichheit“,
ondern „Equal Pay“; aber auch das hat das Problem
icht erledigt.

In Deutschland gibt es eine ungleiche Entlohnung bei
ännern und Frauen, und das ist nicht akzeptabel. Die

ffiziellen Zahlen zeigen, dass bei uns die Lohnlücke
wischen Männern und Frauen 23,2 Prozent beträgt. Im





Rita Pawelski


(A) )


)(B)

Laufe des Arbeitslebens steigt der Einkommensunter-
schied auf 30 Prozent. Wie ist das zu erklären? Wo liegt
das Problem?

Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat dazu ein
paar interessante Untersuchungen vorgelegt. Dabei kam
heraus, dass ein entscheidender Faktor für die Verdienst-
lücke zwischen Männern und Frauen die Zeiten der Er-
werbsunterbrechung, zum Beispiel die Babypause, sind.
Denn die Lohnschere öffnet sich ab einem Alter von
30 Jahren, und das ist exakt die Zeit, in der viele Frauen
ihr erstes Kind bekommen und für eine bestimmte Zeit
aus ihrem Job heraus müssen.

Teilzeitarbeit – das haben wir heute schon oft gehört –
nehmen Frauen oft nur deshalb in Anspruch, weil sie Fa-
milie und Beruf nicht anders vereinbaren können; aber
Teilzeitarbeit führt karrieremäßig und finanziell in eine
Sackgasse. Das gilt übrigens auch für Minijobs.

Deutschland ist ein Land mit einer dramatischen de-
mografischen Entwicklung. Der Nachwuchs fehlt. Aber
werden bei uns Frauen mit schlechteren Löhnen und
schlechteren Aufstiegschancen bestraft, wenn sie wegen
ihrer Kinder nicht berufstätig sind oder für eine be-
stimmte Zeit zu Hause bleiben wollen, um die Kinder zu
erziehen? Denn klar ist: Bei einer schnellen Rückkehr in
den Beruf nach der Babypause beträgt der Lohnabstand
nur 4 Prozent. Wir müssen also unter anderem dafür sor-
gen, dass Frauen wieder frühzeitig in den Beruf zurück-
kehren können. Da sind wir bereits auf einem guten
Weg.

Wie keine Regierung zuvor hat die Merkel-Regierung
in den letzten fünf Jahren eine sehr gute Familienpolitik
entwickelt und durchgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Das hat aber nicht an Frau Merkel gelegen!)


Das hat kein anderer vorher geschafft.

Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen,
um eine Vorbildfunktion und ein Umdenken – für mehr
Betriebskindergärten, vor allem für familienfreundliche
Arbeitszeiten – zu erreichen. Wir müssen den Unterneh-
men sagen, dass sie etwas an ihrer Arbeitszeitphiloso-
phie ändern müssen. Mehr Flexibilität bei der Arbeits-
zeitgestaltung für Frauen und Männer! Das gilt
besonders für junge Eltern; denn Mütter wollen länger
arbeiten, und Väter wollen weniger arbeiten. Es muss
doch möglich sein, dass man sich da entgegenkommt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum großen Lohnunterschied trägt natürlich auch die
Berufswahl entscheidend bei. Für die akademischen Be-
rufe wurde das schon angesprochen. Für mich ist er-
schreckend, dass eine unglaublich große Zahl von Mäd-
chen – das sage ich besonders in Richtung der Mädchen
und jungen Frauen, die hier oben sitzen – sich immer
noch für frauentypische Berufe entscheiden. Auch hier
grüßt täglich das Murmeltier; denn schon vor 20 Jahren
waren Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau, Verkäufe-

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(C (D n, Friseurin, medizinische Fachangestellte und Hotelchfrau die Lieblingsausbildungsberufe für Mädchen. (Dagmar Ziegler [SPD]: Wollen wir sie abschaffen, oder was?)


is heute hat sich so gut wie nichts geändert, leider.
allo, Mädchen, wenn ihr weiterkommen wollt, ergreift

ndere Berufe!


(Dagmar Ziegler [SPD]: Ach so?)


r könnt auch Mechatronikerin oder Ingenieurin wer-
en.


(Iris Gleicke [SPD]: Da verdienen sie auch 20 Prozent weniger!)


eht in diese Fächer! Ihr müsst es nur wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben unglaublich viele Programme aufgestellt,
m junge Frauen und Mädchen auch für geschlechtsaty-
ische Berufszweige zu motivieren. Es gibt den Girls’
ay, „Komm, mach MINT“ und viele andere gute Pro-
ramme.

Aber selbst wenn frau sich für einen typischen Frau-
nberuf entscheidet, bleibt eine Frage: Warum werden
iese Berufszweige so schlecht bezahlt?


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


h frage die Gewerkschaften, ob der tarifliche Stunden-
hn von 4,71 Euro brutto für eine ausgebildete Friseurin
Sachsen oder 6,63 Euro im Hotel- und Gaststättenge-
erbe in Hessen angemessen ist.


(Caren Marks [SPD]: Ich frage Sie, warum Sie noch keinen gesetzlichen Mindestlohn verabschiedet haben!)


Die Tarifautonomie steht im Grundgesetz, und das ist
ohl auch für Sie immer noch die Grundlage aller Poli-
k.

Liebe Tarifpartner, kommen Sie endlich Ihrer Pflicht
ach! Anständige Löhne auszuhandeln, ist Ihre Sache
nd nicht unsere. Dafür sind Sie verantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Für Gleichstellung sind wir da!)


Den Unternehmen sei gesagt: Sie wollen keinen
wang, keine weiteren gesetzlichen Regelungen. Dann
erpflichten Sie sich doch bitte tatsächlich einmal selbst!
ir helfen Ihnen dabei, zum Beispiel mit dem Compu-
rprogramm Logib-D.


(Mechthild Rawert [SPD]: Es gibt bessere Programme!)


it dieser kostenlosen Software können die Unterneh-
en aktiv die Ursachen erkennen, die zu unterschied-
cher Entlohnung führen, und sie können sie dann ab-
chaffen.

Meine lieben Unternehmer, gleicher Lohn für gleiche
rbeit fördert die Motivation. Das macht sich letztend-





Rita Pawelski


(A) )


)(B)

lich auch in der Bilanz bemerkbar, und es ist eine Image-
förderung auch für das Unternehmen.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Antrag der
SPD sagen. Erst einmal möchte ich daran erinnern, dass
in der hier schon oft zitierten Vereinbarung, die 2001
zwischen Kanzler Schröder und der Wirtschaft geschlos-
sen wurde, das Thema Entgeltgleichheit – man höre: das
Thema Entgeltgleichheit – als eine von vier Zielgrößen
verankert wurde. Aber auch hier, wie bei der Quote:
Nichts als weiße Salbe!


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710207600

Frau Pawelski, möchten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Fischbach zulassen? – Anscheinend ja. Bitte
schön.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710207700

Ja, selbstverständlich.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1710207800

Frau Kollegin, herzlichen Dank. – Sie sprachen ge-

rade die Vereinbarung an, die seinerzeit unter Kanzler
Schröder geschlossen wurde. Können Sie mir und den
Kolleginnen und Kollegen vielleicht noch einmal sagen,
wo da der Kollege Gabriel stand?


(Mechthild Rawert [SPD]: Da war er noch nicht Mitglied im Bundestag!)


Er hat gerade sehr emotional reagiert und deutlich ge-
macht, wie er sich des Themas angenommen hat, vor al-
lem in der Zeit danach, als er im Bundestag war. Wie
ernsthaft und ehrlich waren seine Worte in der Rede ge-
rade, wenn er es als Chef der SPD nicht schafft, seiner
Generalsekretärin beim Eintritt in den Mutterschutz die
Angst davor zu nehmen, nicht zurück in ihren Job zu
kommen?


(Christel Humme [SPD]: Was ist das denn für eine doofe Frage?)


Wäre das nicht auch eine Form von Unterstützung der
Frauen? Er war gerade der große Frauenversteher. Wie
bewerten Sie das?


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710207900

In der Tat, mich hat schon sehr gewundert, dass die

Generalsekretärin einer großen Volkspartei in den letzten
Schwangerschaftsmonaten Angst davor haben musste,
dass andere ihr den Job wegnehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das war ein verdammt schlechtes Beispiel oder gibt ei-
nen tiefen Einblick in die Frage, wie es in der SPD wirk-
lich zugeht.

Wenn das die Personalpolitik der SPD ist, dann muss
ich sagen: Sigmar, schämt euch, das war nicht in Ord-
nung!


(Zuruf des Abg. Sigmar Gabriel [SPD])


Wo war Sigmar Gabriel 2001? Ich weiß es nicht mehr.
War er Fraktionsvorsitzender? Oder war er schon Minis-

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(C (D rpräsident? Das wechselte damals in Niedersachsen bei er SPD sehr häufig. Da gab es einen größeren Verchleiß. Zumindest hätte er das Thema über den Bundest einbringen können. Das ist nicht passiert. Wie ging es mit dem Thema weiter? Hier wurde viel avon geredet, dass das Ganze asozial sei und dass man ich vor der Verantwortung drücke. Herr Gabriel hat och einmal auf das Grundgesetz hingewiesen. „Herr Gabriel“ ist ein gutes Stichwort. Der möchte Ih en nämlich gern eine Zwischenfrage stellen. Wir wollen nicht an frühere Diskussionen im Landtag nknüpfen; lassen wir das lieber. (Sigmar Gabriel [SPD]: Jetzt hast du aber Angst!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208000
Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710208100

Nein, Angst habe ich nicht.

Es gab während der Regierungszeit Schröder keinen
ntrag von der Fraktion oder von den Frauen. Man hat

ich auch da – wie bei der Quote – in den Senkel stellen
ssen und schön die Klappe gehalten. Ich habe hier

ine Pressemitteilung vom 16. Februar 2005. Da wird
hristel Humme, SPD-Abgeordnete und schon damals,
ermute ich einmal, frauenpolitische Sprecherin, mit
em Satz zitiert – 2005! –:

Wir setzen darauf, dass sich Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer stärker mit dem Thema auseinander set-
zen …


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist sechs Jahre her!)


Schon bisher hätten Frauen gegen Diskriminierung
beim Gehalt klagen können, …

Das war 2005, aber die Zahlen waren schon im Jahr
005 genauso wie heute. Hier gibt es kaum einen Unter-
chied.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir haben wenigstens einen Erkenntnisgewinn! Sie haben aber nichts getan! – Weitere Zurufe von der SPD)


it anderen Worten: Die SPD wird immer dann mutig,
enn sie in der Opposition ist. Ihr seid eine tolle Opposi-
onspartei, bleibt da, wo ihr seid.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: Wir werden das ändern, und Sie werden demnächst auf der Oppositionsbank sitzen!)


Entschuldigung, Sie haben den Mund ganz schön voll
enommen. Die Wahlergebnisse sehen bei Ihnen wesent-
ch schlechter aus als bei uns. Man sollte sich ein biss-
hen in Bescheidenheit üben.


(Caren Marks [SPD]: Wer verliert denn gerade die Mehrheit im Bundesrat? – Mechthild Rawert [SPD]: Aber nicht frau! Man, ja!)


Jetzt komme ich noch einmal zu dem Antrag. Sie ha-
en sich nicht einmal die Mühe gemacht, sorgfältig zu





Rita Pawelski


(A) )


)(B)

recherchieren. Ich helfe kurz nach: Der Grundsatz des
gleichen Entgelts bei gleicher Arbeit bzw. bei gleichwer-
tiger Arbeit ist nicht mehr in Art. 141 des EG-Vertrags
verankert, wie es in dem Antrag steht; denn den gibt es
seit dem 1. Dezember 2009 nicht mehr. Seitdem gibt es
nämlich den Vertrag von Lissabon. Sie meinen wohl
Art. 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäi-
schen Union. Da ist dies jetzt enthalten. Der Antrag
muss also sowieso noch einmal umgeschrieben werden.

Dann sprechen Sie in Ihrem Antrag darüber, „dass es
der Respekt vor der Tarifautonomie gebietet, die gesetz-
lichen Eingriffe des Staates so gering wie möglich zu
halten“. Trotzdem fordern Sie – das ist mir überhaupt
nicht klar und ist für mich auch nicht nachvollziehbar –,
dass zivilgesellschaftliche Akteure von außerhalb der
Betriebe, also außerhalb der Betriebsräte, auf die wir
großen Wert legen, mit Einflussmöglichkeiten ausgestat-
tet werden, um staatliches Eingreifen auf ein Minimum
zu reduzieren. Was das außerhalb der Betriebsräte soll,
ist mir ein Rätsel.

Sie wollen eine behördliche Stelle, die Entgeltbe-
richte von Unternehmen entgegennimmt und auswertet.
Wollen Sie eine neue Behörde? Wollen Sie mehr Büro-
kratie und mehr Aufgaben? Ist es das, was Sie wollen?
Nein, wir wollen das nicht. Sie fordern wieder einmal
das Verbandsklagerecht und den gesetzlichen Mindest-
lohn.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind zwei wichtige Forderungen!)


Auch hier grüßt täglich das Murmeltier.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208200

Frau Pawelski, das Murmeltier hält jetzt auch Ihre

Zeit an.


(Heiterkeit – Caren Marks [SPD]: Eine Murmeltierrede!)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710208300

Danke, Frau Präsidentin.

Ich denke, es ist wichtig, dass sich hier etwas entwi-
ckelt. Dass sich etwas entwickelt hat, zeigt übrigens der
Staat – es gibt hier ausnahmsweise einmal ein Lob an
den Staat –: Im öffentlichen Dienst ist der Lohnunter-
schied auf unter 8 Prozent zurückgegangen.

Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiges
Thema. Ich glaube, das weiß jeder von uns.


(Zurufe von der SPD)


Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass sich die Mur-
meltierschleife entzerrt und dass wir auch für Frauen an-
ständige Löhne haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208400

Frau Kollegin!

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(C (D Wir machen das, aber Sie müssen erst einmal Ihren ntrag überarbeiten. Da stehen Forderungen drin, die it uns so nicht zu machen sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Das war eher ein bisschen neben der Kappe! – Weitere Zurufe von der SPD)

Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1710208500


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208600

Die Nächste ist die Kollegin Beate Müller-Gemmeke

r Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist
ine Selbstverständlichkeit, und Frauen arbeiten natür-
ch in allen Branchen. Dass beispielsweise Pilotinnen
ich nicht mehr lange so kluge Männersprüche anhören
üssen wie: „Wenn Gott gewollt hätte, dass Frauen flie-

en, dann wäre der Himmel rosa geworden“, dafür wer-
en wir auch noch sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche und gleich-
ertige Arbeit“ ist gesetzlich festgeschrieben. Grund-

ätzlich ist das ja auch gesellschaftlicher Konsens; aber
ider sieht die Realität anders aus. Die Erklärungen für
ie ungleiche Entlohnung von Frauen sind natürlich viel-
ltig – wir haben ja auch heute schon viele gehört –, wie

um Beispiel unterschiedliche berufliche Präferenzen
der berufliche Unterbrechungen wegen Kindererzie-
ung. Das sind aber nur Erklärungen. Eine zentrale Ur-
ache ist die unterschiedliche und somit diskriminie-
nde Behandlung von Frauen im Berufsleben. Wir

ehen es also genauso wie die SPD: Das Verbot der Ent-
eltdiskriminierung ist vorhanden, was fehlt, ist ein Ver-
hren, wie die Entgeltgleichheit durchgesetzt werden

ann, und vor allem der politische Wille, etwas zu verän-
ern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)


Freiwilligkeit und Selbstverpflichtung bringen keinen
rfolg, liebe FDP. Wir wollen zwar die Betriebsräte und
ersonalräte stärken, aber auch in die Pflicht nehmen;
enn sie haben eine wichtige Schlüsselrolle inne. Vor al-
m aber brauchen wir gesetzliche Regelungen, damit

ndlich Schluss ist mit der Lohndiskriminierung von
rauen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Ko-
litionsfraktionen, warum verdienen Teilzeitbeschäftigte
eniger als ihre Kollegen in Vollzeit? Natürlich deswe-
en, weil dort häufig Frauen arbeiten. Bei wem fransen
ie Löhne im Niedriglohnbereich besonders nach unten
us? Natürlich bei den Frauen. In Ihrem Koalitionsver-
ag steht, Sie wollen die Lohnlücke zwischen Männern
nd Frauen abschaffen. Dann tun Sie doch etwas.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Beate Müller-Gemmeke


(A) )


)(B)

Machen Sie endlich den Weg frei für einen gesetzlichen
Mindestlohn, für mehr branchenspezifische Mindest-
löhne, für mehr allgemeinverbindlich erklärte Tarif-
löhne, und reformieren Sie insbesondere die Minijobs!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das fordert auch der Gleichstellungsbericht „Neue
Wege – Gleiche Chancen“. Auch wenn die Ministerin
das Gutachten nicht persönlich entgegengenommen hat:
Lesen sollte sie die Handlungsempfehlungen schon, und
vor allem sollte sie endlich tätig werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die mittelbare Diskriminierung von Frauen ist kein
einfaches Thema. Aber genau das geht die SPD zu Recht
an. Auch wir Grünen arbeiten an einem Konzept. Es geht
um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und um die
Kriterien, wie Arbeit bewertet wird. Fakt ist, dass hinter
vermeintlich geschlechtsneutralen Formulierungen viel
zu häufig Kriterien stehen, die eindeutig zu Einkom-
mensunterschieden und somit zu Benachteiligungen von
Frauen führen.

So wird beispielsweise bei frauendominierten Tätig-
keiten die Anforderung „soziale Kompetenz“ nicht be-
wertet, in klassischen Männerberufen, zum Beispiel auf
dem Bau, wird aber die notwendige Muskelkraft beson-
ders hoch bewertet, hingegen werden die körperlichen
und psychischen Belastungen der Pflege wiederum igno-
riert.


(Christel Humme [SPD]: Genau!)


Hier finden wir unsere Geschlechterrollen wieder, die di-
rekt und indirekt in die Bewertung von Arbeit auf be-
trieblicher Ebene und ebenso in Tarifverträgen einflie-
ßen. Die schlecht bezahlten Berufe sind eindeutig noch
immer Frauensache. Das muss endlich durch eine ge-
schlechtsneutrale Arbeitsbewertung verändert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Warum bekommen Männer, die Baumaterial tragen,
mehr Lohn als Erzieherinnen, die quirlige Kinder tra-
gen? Warum verdienen in Bayern Kraftfahrer, die Bier
fahren, um die 2 600 Euro, Kellnerinnen aber, die Bier
schleppen, nur 1 900 Euro? Warum werden Hochschul-
sekretärinnen, obwohl von ihnen häufig die Kenntnis
von zwei Fremdsprachen verlangt wird, wie Schreib-
kräfte eingestuft? Ich frage also die Ministerin, die ja lei-
der heute nicht da ist, wie sie den jungen Frauen erklären
möchte, dass sie sich zwar um die Jungs in der Gesell-
schaft kümmern möchte, dass sie allerdings nichts, aber
auch gar nichts macht, um diese Einkommenslücke zu
verkleinern.

Stattdessen schiebt sie sogar den Frauen selbst die
Schuld in die Schuhe, dass sie so wenig verdienen. Ich
zitiere aus dem Spiegel-Interview vom 8. November
2010:

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(C (D Viele Frauen studieren gern Germanistik und Geisteswissenschaften, Männer dagegen Elektrotechnik – und das hat dann eben auch Konsequenzen beim Gehalt. So einfach ist das für die Ministerin. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unmöglich! – Zurufe von der LINKEN)


as ist aber blanker Hohn in den Ohren vieler gut ausge-
ildeter und motivierter Frauen. Nicht die Frauen ent-
cheiden sich für die falschen Berufe, vielmehr muss der
rundsatz „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“
urchgesetzt werden,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


amit die sogenannten Frauenberufe endlich aufgewertet
erden. So wird ein Schuh daraus, Frau Ministerin; denn
rauen verdienen mehr.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208700

Claudia Bögel hat das Wort für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1710208800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Verehrte Antragsteller der SPD!


(Caren Marks [SPD]: Antragstellerinnen!)


a, es stimmt: Der Grundsatz des gleichen Entgelts bei
leicher Arbeit für Frauen und Männer ist seit 1957 in
er Europäischen Union verankert. Meine Fraktion
ürde dieser Tatsache nie widersprechen. Unser Gesell-

chaftssystem steht hinter dieser Forderung, und sie ist
esetz.

Ihr Antrag lässt zwischen den Zeilen vermuten, dass
Deutschland geltendes Recht verletzt wird. Das

timmt aber nicht.


(Caren Marks [SPD]: Doch!)


o erkennt der werte Leser Ihres Manuskripts sehr
chnell, worum es geht. Sie möchten nämlich durch die
intertür einen flächendeckenden Mindestlohn ins Spiel
ringen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag zur Tarif-
utonomie bekannt. Sie ist ein hohes Gut und ein unver-
ichtbarer Ordnungsrahmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir werden davon nicht abrücken. Ein einheitlicher ge-
etzlicher Mindestlohn ist mit uns nicht zu machen.


(Beifall bei der FDP – Caren Marks [SPD]: Na ja! Das hätte uns sonst auch enttäuscht!)






Claudia Bögel


(A) )


)(B)

Zurück zum vermeintlich eigentlichen Thema Ihres
Antrags: die Entgeltgleichheit. Frauen arbeiten häufiger
in Bereichen, in denen das Entgeltniveau niedriger ist.


(Caren Marks [SPD]: Aber warum?)


Wir haben es heute schon häufiger gehört. Selbst bei
gleicher Qualifikation – so ist es halt im Moment noch –


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es halt? Etwas ändern! – Zurufe von der SPD)


verdienen Frauen durchschnittlich 8 Prozent weniger als
ihre männlichen Kollegen; das ist richtig. Aber man
muss sagen: Frauen arbeiten häufiger in Bereichen, in
denen das Entgeltniveau niedriger ist.


(Caren Marks [SPD]: Weil sie Frauen sind!)


Man muss immer wieder feststellen, dass typische Frau-
enberufe schlechter bewertet und bezahlt werden.


(Caren Marks [SPD]: Hört! Hört!)


Ich möchte hier alle Frauen aufrufen: Zeigen Sie
mehr Selbstbewusstsein!


(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN: Oh!)


Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel! Verhan-
deln Sie geschickt, damit Sie für gleiche Arbeit auch
gleichen Lohn erhalten!


(Mechthild Rawert [SPD]: Fragen Sie mal Ihre Fraktion!)


Seien Sie nicht mit niedrigen Löhnen einverstanden, und
orientieren Sie sich nicht an niedrigen Löhnen!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Da muss man sich als Frau ja fremdschämen!)


Gute Verdienstmöglichkeiten zeigen sich in den na-
turwissenschaftlich-technischen Bereichen. Genau das
ist der Punkt. Schule, Wirtschaft und Verbände müssen
für jungen Frauen Anreize schaffen, Berufe wie bei-
spielsweise den des Ingenieurs zu erlernen. Gefordert
sind hier vor allem die Unternehmen dieser Bereiche. Es
ist an ihnen, ihre Vorzüge und Chancen richtig zu ver-
mitteln und im wahrsten Sinne des Wortes an die Frau zu
bringen.

Im Hinblick auf den demografischen Wandel geht es
dabei nicht um Sympathiepunkte. Hier zählen knallharte
ökonomische Gründe. Die Wirtschaft muss durch fle-
xible Arbeitszeitmodelle und Möglichkeiten der betrieb-
lichen Kinderbetreuung ihren Beitrag dazu leisten, damit
Beruf und Familie zu vereinbaren sind. Dies wird zu ei-
nem echten Faktor im Wettbewerb, dem sich die Unter-
nehmen in Deutschland stellen müssen – aber freiwillig.


(Beifall bei der FDP – Caren Marks [SPD]: Ich glaube, die FDP war damals auch gegen die Abschaffung von Kinderarbeit! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das löst aber das Problem nicht!)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, was ie fordern, ist nichts weiter als die Schaffung einer euen bürokratischen Hürde. (Zurufe von der SPD: Oh! – Caren Marks [SPD]: Das Wort fehlte noch!)


h darf aus Ihrem Antrag zitieren:

… die Unternehmen werden aufgefordert, einer be-
hördlichen Stelle anonymisierte, geschlechtsspezi-
fisch aufgeschlüsselte betriebliche Entgeltdaten in
Form eines betrieblichen Entgeltberichts … vorzu-
legen …

a bravo!


(Caren Marks [SPD]: Wir können das verstehen – im Gegensatz zu Ihnen! – Weitere Zurufe von der SPD)


ie fordern eine detaillierte expertengestützte Prüfung
ittels eines Lohnmessverfahrens. Sie wollen außerdem

ine Prüfung auf Verdachtsmomente.


(Caren Marks [SPD]: Ja, zu Recht!)


llein das Wort „Verdacht“ sagt alles. Dies wäre ein
eiteres bürokratisches Monster. Gerade kleine und mit-
lständische Unternehmen würden darunter leiden.


(Beifall bei der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: Wir merken wenigstens, wo Ungerechtigkeit herrscht!)


Zu unrühmlicher Popularität in 2011 könnte Ihre
ortkreation „Entgeltgleichheitskommission“ kommen.

ie hätte große Chancen, zum Unwort des Jahres 2011
ekürt zu werden.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn! – Dagmar Ziegler [SPD]: Das Unwort heißt „FDP“! – Caren Marks [SPD]: Bei 3 Prozent!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710208900

Frau Kollegin.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1710209000

Ich bin sofort fertig. – Was sich aber dahinter verbirgt,

t nur wieder eine weitere Kontrollstelle, die die Unter-
ehmen Unmengen an Geld kostet, frei nach dem Motto
Kontrollieren und Abkassieren“. Das machen wir nicht
it.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710209100

Christel Humme hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-

on.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1710209200

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

nen! Liebe Frau Pawelski, in den letzten Jahren haben
wir leider feststellen müssen, dass die Lohnlücke in
Deutschland größer geworden ist, dass sie in West-
deutschland sogar auf 25 Prozent angewachsen ist. Ich
gebe zu: Auch ich habe einmal geglaubt – so auch im
Jahre 2001 –, wir könnten mit den Unternehmen eine
freiwillige Vereinbarung für mehr Lohngleichheit schlie-
ßen. Sie können auch gerne meine Äußerungen aus dem
Jahr 2005 zitieren. Ich war immer davon überzeugt: Ja,
wenn wir mit denen eine Vereinbarung treffen, dann be-
wegen die sich. – Aber genau das Gegenteil ist eingetre-
ten. Von daher bin ich froh, dass wir jetzt den Beweis da-
für haben, dass Freiwilligkeit eigentlich nichts bringt.
Wir brauchen ein Gesetz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Pawelski, Sie haben gesagt, Entgeltgleichheit ja;
das Murmeltier, das Sie jeden Tag grüßt, seien Sie schon
leid. Erschlagen wir es doch endlich. Sie haben gesagt,
Sie machen das.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Das ist Tierquälerei!)


Aber ich bezweifle, dass Sie wirklich einen Gestal-
tungswillen haben. Ich bezweifle das allen Ernstes; denn
wer zulässt, dass Frauen mit Niedriglöhnen abgespeist
werden, und noch nicht einmal einen flächendeckenden
gesetzlichen Mindestlohn hinbekommt, dem fehlt doch
jeder Mut für weitere Regelungen und Veränderungen in
dieser Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen uns mit den Ungerechtigkeiten, die es
gibt, nicht mehr abfinden. Sie haben in epischer Breite in
verschiedenen Reden immer wieder erklärt, warum es
diese Ungerechtigkeiten geben müsse. Sie haben dabei
auch die Teilzeitarbeit angeführt. Sagen Sie einmal: Fin-
den Sie es wirklich gerecht, wenn der Unterschied beim
Stundenlohn von Frauen und Männern in Teilzeitarbeit
knapp 4,40 Euro beträgt?


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Nein, das finde ich nicht in Ordnung!)


Das hat mit Teilzeit und Vollzeit gar nichts zu tun, son-
dern das ist echte Diskriminierung von Frauen.

Finden Sie es gerecht, dass eine Buchhalterin durch-
schnittlich 816 Euro weniger verdient als ein Buchhal-
ter?


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Nein, das finde ich auch nicht in Ordnung!)


Und – was viel schlimmer ist –: Finden Sie es gerecht,
dass Frauen im Laufe ihres Lebens 58 Prozent weniger
Einkommen haben als Männer und dass die Frauen es
sind, die das Armutsrisiko im Alter tragen? Finden Sie
das wirklich gerecht?


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Nein, ich finde es ungerecht!)



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(C (D Sie sagen Nein, aber Sie sagen nicht, was Sie dagegen n wollen. (Ewa Klamt [CDU/CSU]: Da hätten Sie einfach mal zuhören müssen!)


Wenn ich mir anschaue, was die Frauenministerin an-
ietet, dann stelle ich fest: Sie hat tatsächlich 4,5 Mil-
onen Euro in den Haushalt eingestellt. 4,5 Millionen
uro – wofür? Für eine Homepage, von der man sich
eiwillig ein Lohnmessverfahren herunterladen kann,
as man freiwillig anwenden kann, und für ein Pro-
ramm für den ländlichen Raum, das vielleicht gar nicht
o schlecht ist; denn da sind die Lohnunterschiede in der
at größer.

Aber warum hat sie ein solches Programm nicht auch
r andere Branchen aufgelegt, in denen die Lohnunter-

chiede größer als 23 Prozent sind? Schauen Sie sich die
esamte Kreativwirtschaft an. Da gibt es Lohnunter-
chiede von bis zu 38 Prozent. Ich denke, das können
ir letztlich nicht zulassen.

Wir können auch nicht zulassen, dass die Frauenmi-
isterin sagt, sie möchte in den nächsten zehn Jahren
man höre genau zu: in den nächsten zehn Jahren – die
ohnlücke von 23 Prozent auf 10 Prozent senken. Die
eiwillige Vereinbarung ist zehn Jahre alt. Wir haben
erade gehört, wozu sie geführt hat.


(Caren Marks [SPD]: Zu nichts!)


h glaube, wenn wir solch ein zögerliches Ziel formu-
eren, Absenkung der Lohnlücke, dann kann daraus
ichts werden. Wir wollen die Abschaffung der Lohnlü-
ke und gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Ar-
eit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


it der Unverbindlichkeit, die Sie da an den Tag legen,
chaffen Sie es noch nicht einmal, die Lohnlücke in den
ächsten 100 Jahren um 1 Prozent zu senken.

Frau Schön, Sie haben von der Staatsgläubigkeit der
PD gesprochen. Das ist ja immer schnell ein Argument
egen uns Sozialdemokraten: Sie wollen mehr Staat, und
amit ist das alles schlecht. – Gleichzeitig sprechen Sie
on Bürokratieaufbau. Ich wundere mich immer, gerade
as die FDP angeht. Ich möchte Sie an Ihre Gesund-
eitsreform erinnern, an das Bürokratiemonster, was den
ozialausgleich und die Berechnung der Zusatzbeiträge
etrifft.


(Beifall bei der SPD)


a haben Sie alle zugestimmt. Wenn es um die Gleich-
tellung von Frauen und Männern geht, dann bemühen
ie das Argument der Bürokratie. Ich verstehe das nicht
ehr.


(Zurufe von der FDP)


Frau Schön, noch einmal ein Hinweis zur Staatsgläu-
igkeit: Lesen Sie unseren Antrag sehr genau. Dann
erden Sie feststellen, dass wir eine Vorstellung haben
on einem Gesetz, das nicht den Staat in den Vorder-





Christel Humme


(A) )


)(B)

grund stellt, sondern die Akteure selbst, sprich: die Un-
ternehmen und Tarifvertragsparteien.

Wir wollen, dass mehr Transparenz herrscht. Wie
kann denn eine Frau etwas ändern wollen, wenn sie noch
nicht einmal weiß, wie die Bezahlung und die Ent-
geltstruktur ist? Und wie kann man das beseitigen? Man
kann das doch nur über Mitbestimmung, über die Betei-
ligung von Betriebsrat, Mitarbeitern und Mitarbeiterin-
nen machen. Anders wird es nicht gehen. Das hat doch
mit Bürokratie und Staatsgläubigkeit nichts zu tun.
Wenn auf diesem Gebiet nichts passiert, wenn dieser
Prozess nicht stattfindet, dann müssen die Frauen ein
Recht haben, zu klagen, und zwar als Verbandsklage,
nicht als Individualklage.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710209300

Frau Kollegin.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1710209400

Denn das würde sie vielleicht den Arbeitsplatz kos-

ten. Ich denke, wir legen Ihnen ein Gesetz vor, mit dem
wir, Frau Pawelski, vielleicht das Murmeltier erschlagen
bekommen.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Nein, das wollen wir nicht! Das muss nur aufwachen!)


Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710209500

Der nächste Redner ist der Kollege Norbert Geis für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1710209600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Dass ich der letzte Redner bin, hat nichts mit der
Diskriminierung der Männer zu tun, sondern bedeutet
die besondere Ehre, diese Debatte abschließen zu dürfen.
Ich bedauere allerdings, dass Herr Beck nicht mehr da
ist, der es für notwendig hielt, die Frau Ministerin her-
beizuzitieren. Unmittelbar nach dem Hammelsprung ist
er offenbar gegangen. So wichtig kann es ihm also nicht
gewesen sein.


(Beifall bei der CDU/CSU – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den vermissen Sie öfters!)


Auch Herr Gabriel fehlt. Hieran kann man eine Gewich-
tung erkennen.

Da meine Redezeit um zwei Minuten gekürzt worden
ist, möchte ich mich auf einen Punkt konzentrieren, den
ich jetzt anführe: Ich glaube, dass ein wesentlicher An-
teil daran, dass wir einen Unterschied von 23 Prozent
zwischen dem durchschnittlichen Erwerbseinkommen
der Frau und dem des Mannes haben, in der Tatsache be-
gründet ist, dass die Frauen, wenn sie Kinder bekom-

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(C (D en, in die Familienphase gehen und dass sie in dieser amilienphase einen Erwerbsnachteil erleiden. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Männer dürfen in die Familienphase gehen!)


leichzeitig nehmen sie in Kauf, dass ihr berufliches
ortkommen nicht mehr wettgemacht werden kann. Das
alte ich im Grunde für einen Skandal; denn das darf
och wohl nicht sein. Eine Frau, die daheim bleibt, um
re Kinder zu erziehen, erbringt eine große Leistung,

icht nur für die eigene Familie, sondern für die gesamte
esellschaft. Trotzdem wird sie benachteiligt. Die Leis-
ng der Mutter wird von unserer Gesellschaft nicht ge-

ührend anerkannt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soll die Familienministerin zu Hause bleiben? – Caren Marks [SPD]: Also doch die drei K‘s: Kinder, Küche, Kirche!)


Wissen Sie, das ist mir einfach zu billig. Entschuldi-
ung, Frau Kollegin, das ist ein dummer Spruch. Düm-
er kann man es nicht mehr machen, tut mir leid.


(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Und Sie halten gerade eine dumme Rede!)


as ist nämlich ein Allerweltsurteil, ein Totschlagargu-
ent. Damit wollen Sie Vorteile erzielen. Das können
ie aber nicht, weil die Menschen die Dummheit dieses
rguments erkennen. Sie haben noch nicht begriffen,
ass eine Frau, die daheim bleibt und Kinder erzieht,
ine große Leistung nicht nur für die Familie, sondern
r die Gesellschaft erzielt,


(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Doch, ich habe das sogar gemacht, werter Herr Kollege! – Weitere Zurufe von der SPD)


eil die Gesellschaft einen großen Nutzen daraus zieht.
ie Gesellschaft hat einen großen Nutzen davon, dass
ie Frau die Kinder daheim erzieht. Sie muss sich zum
inen nicht um die Kinderbetreuung kümmern, es kostet
eniger Geld, und zum anderen dürfen wir davon ausge-
en – –


(Caren Marks [SPD]: Als Mutter von zwei Kindern müssen Sie mir das nicht sagen! – Weitere Zurufe von der SPD – Beate MüllerGemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie zurück zum Thema! Es geht um Entgeltgleichheit!)


Lassen Sie mich doch einmal in Ruhe ausreden. Sie
ssen mir ja gar keinen Platz für meine Darlegungen.
h wollte eigentlich am Ende dieser Debatte gar nicht
ehr zu einem solch lauten Disput aufrufen. Es muss

och möglich sein, sich dieses Argument einmal anzu-
ören.

Ich glaube wirklich, dass die Leistung der Mutter von
nserer gesamten Gesellschaft – nicht nur von einer Par-
i – nicht richtig gewürdigt wird. In Wirklichkeit ist es





Norbert Geis


(A) )


)(B)

nämlich eine große Leistung. Deshalb müssen wir uns
Gedanken darüber machen, wie wir die Nachteile aus-
gleichen können, die die Frau hat, die in die Familien-
phase geht und dadurch Nachteile im Erwerbseinkom-
men und auch im Beruf hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In diesem Zusammenhang ist das Elterngeld sicher-
lich eine große Hilfe. Wenn eine Frau aber länger in der
Familienphase bleibt und während dieser Familienphase
ein zweites Kind bekommt, dann bezieht sie Elterngeld
auf dem Niveau der untersten Stufe, dann bekommt sie,
um in Ihrem „Wortgehege“ zu bleiben, einen Mindest-
lohn von 300 Euro. Das ist zu wenig. Trotzdem haben
Sie sich dagegen gesperrt, dass die Frau das bekommt.
Das finde ich schon sehr bemerkenswert. Dieser Aus-
gleich für die Familienphase erscheint mir zu gering.

Außerdem möchte ich betonen, dass beim Wiederein-
stieg nach der Familienphase viel zu hohe Hürden zu
überwinden sind. Die Kita ist in diesem Zusammenhang
sicher eine gute Einrichtung. Die Frau kann das Kind,
wenn es ein Jahr alt ist, in die Kita geben und kann ihrem
Beruf nachgehen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Mann kann das Kind auch in die Kita geben!)


– Darauf komme ich noch zu sprechen.

Wir haben es aber noch nicht geschafft, dass Beruf
und Familie in Deutschland besser vereinbart werden
können, was in anderen Ländern der Fall ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Geis, Sie reden am Thema vorbei! – Caren Marks [SPD]: Thema verfehlt!)


Ein Grund dafür ist, dass wir eine im internationalen
Vergleich niedrige Geburtenrate haben. Da nehme ich
durchaus Ihren Vorwurf auf: Ich bin der Meinung, dass
die Frau, die einen Beruf erlernt hat, das gute Recht ha-
ben muss, ihrem Beruf mit Familie nachzugehen.


(Caren Marks [SPD]: Und der Mann?)


Ich bin auch der Meinung, dass sich die Männer dann
partnerschaftlich verhalten müssen, was in einer guten
Ehe sicherlich der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Partnerschaften gibt es auch außerhalb von Ehe!)


Sie müssen ihren Anteil dazu beitragen, dass Beruf und
Familie auch für die Frau möglich sind. Das kann nicht
nur für den Mann gelten, sondern muss auch für die Frau
gelten.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Viele Frauen, die Kinder haben, arbeiten nicht Voll-
zeit, weil sie Angst haben, dann keine Zeit mehr für die
Kinder zu haben. Das behindert den Wiedereinstieg. Das
kann es nicht sein. Meiner Meinung nach müssen wir

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(C (D ns hierzu einiges einfallen lassen. Es muss möglich ein, dass die Frau trotz Beruf genug Zeit hat, sich ihren indern zu widmen. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und auch der Vater! Die meisten Kinder haben auch einen Vater! – Caren Marks [SPD]: Warum vergessen Sie den Vater immer?)


diesem Zusammenhang müssen wir uns überlegen
darauf kommt es an, auch wenn Ihnen das nicht gefal-
n mag –, ob die haushaltsnahen Dienstleistungen nicht
größerem Maße absetzbar sein sollten. Warum soll

ine Familie nicht einem kleinen Betrieb gleichgestellt
erden? Der Betrieb kann die Kosten absetzen, die Fa-
ilie aber nicht. Ich meine, dass dazu eine steuerrechtli-

he Regelung gefunden werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Wenn Frauen in den Beruf zurückkehren – auch das
t zu sagen –, werden sie oft schlecht behandelt, weil
an ihnen vorwirft, dass sie nicht mehr das gleiche Wis-

en wie ihre Kolleginnen und Kollegen haben, die nicht
der Familienphase waren. Das kann es aber nicht sein.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Bezahlung!)


h meine, an dieser Stelle muss man ein Benachteili-
ungsverbot vorsehen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt es schon!)


ir haben ein solches Benachteiligungsverbot zum Bei-
piel im Betriebsverfassungsgesetz. Die Betriebsräte dür-
n, wenn sie in ihren normalen Beruf zurückkehren,

icht benachteiligt werden. Das steht in § 78 des Betriebs-
erfassungsgesetzes. Eine ähnliche Regelung könnte ich
ir für die Mütter vorstellen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und für die Väter!)


arüber sollte man nachdenken.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Tosender Applaus!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710209700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/5038 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu sehe und

öre ich keinen Widerspruch. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 31 a bis f so-
ie Zusatzpunkt 3 auf:

31 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung des Austauschs von strafregisterrecht-
lichen Daten zwischen den Mitgliedstaaten der





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Europäischen Union und zur Änderung regis-
terrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/5224 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen den
Handel mit illegal eingeschlagenem Holz

(Holzhandels-Sicherungs-Gesetz – HolzSiG)


– Drucksache 17/5261 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie 2009/43/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom 6. Mai
2009 zur Vereinfachung der Bedingungen für
die innergemeinschaftliche Verbringung von
Verteidigungsgütern

– Drucksache 17/5262 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Verteidigungsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Übereinkommens vom 11. Oktober
1985 zur Errichtung der Multilateralen Inves-
titions-Garantie-Agentur

– Drucksache 17/5263 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 1. Dezember 2009 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Islami-
schen Republik Pakistan über die Förderung
und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanla-
gen

– Drucksache 17/5264 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung gewerberechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/5312 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

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(C (D P 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin Dörmann, Lars Klingbeil, Garrelt Duin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Netzneutralität im Internet gewährleisten – Diskriminierungsfreiheit, Transparenzverpflichtungen und Sicherung von Mindestqualitäten gesetzlich regeln – Drucksache 17/5367 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Hierbei handelt es sich um Überweisungen im verinfachten Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Sie sind damit einverstanden? – Das ist der all. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a bis h auf. Es andelt sich um Beschlussfassungen zu Vorlagen, zu enen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 32 a: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu den Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvC 4/10, 2 BvC 6/10, 2 BvC 8/10 – Drucksache 17/5398 – Berichterstattung: Abgeordneter Siegfried Kauder (VillingenSchwenningen)


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/5398, in den Verfahren eine Stel-
ngnahme abzugeben und den Präsidenten zu bitten,
errn Professor Dr. Bernd Grzeszick als Prozessbevoll-
ächtigten zu bestellen. Wer stimmt für diese Beschluss-

mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist angenommen. Die Fraktion
ie Linke hat sich enthalten, die übrigen Fraktionen ha-
en zugestimmt.

Tagesordnungspunkte 32 b bis 32 h. Wir kommen zu
en Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 32 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 242 zu Petitionen

– Drucksache 17/5211 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ngen? – Die Sammelübersicht ist einstimmig ange-

ommen.





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Tagesordnungspunkt 32 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 243 zu Petitionen

– Drucksache 17/5212 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht ist angenommen bei Zu-
stimmung durch SPD und Koalition. Dagegen hat die
Fraktion Die Linke gestimmt. Bündnis 90/Die Grünen
hat sich enthalten.

Tagesordnungspunkt 32 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 244 zu Petitionen

– Drucksache 17/5213 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 32 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 245 zu Petitionen

– Drucksache 17/5214 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Dafür gestimmt haben Koalitionsfraktionen
und SPD. Linke und Bündnis 90/Die Grünen waren da-
gegen. Die Sammelübersicht ist angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 246 zu Petitionen

– Drucksache 17/5215 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Fraktion Die Linke und die Koalitions-
fraktionen haben dafür gestimmt, dagegen Bündnis 90/
Die Grünen und SPD. Die Sammelübersicht ist ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 32 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 247 zu Petitionen

– Drucksache 17/5216 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Dafür gestimmt haben Koalitionsfraktionen
und Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Linke dagegen.
Es gab keine Enthaltung. Die Sammelübersicht ist ange-
nommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 32 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 248 zu Petitionen – Drucksache 17/5217 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalngen? – Die Koalitionsfraktionen haben dafür ge timmt, die Oppositionsfraktionen dagegen. Die Samelübersicht ist angenommen. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 5 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien Deutsche Welle Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2010 bis 2013 – Drucksachen 17/1289, 17/1485 Nr. 3, 17/5260 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Ulla Schmidt Burkhardt Müller-Sönksen Kathrin Senger-Schäfer Tabea Rößner Zwischen den Fraktionen ist verabredet, dass hierzu ine Dreiviertelstunde debattiert wird. – Dazu sehe und öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem errn Staatsminister Bernd Neumann für die Bundesreierung. B Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die eutsche Welle, unser Auslandsrundfunk, ist die media Visitenkarte Deutschlands in der Welt. Sie vermittelt as Bild unseres Landes weltweit. Dazu gehört die Dartellung deutscher Sichtweisen und Interessen sowie beonderer Werte wie Demokratie, Menschenrechte und mweltschutz. Die Pflege und Förderung der deutschen prache bleibt ein wichtiges Ziel. Wenn man weiß, dass ARD und ZDF für ihre Proramme jährlich etwa 8,3 Milliarden Euro zur Verfüung haben, (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die sind auch jeden Cent wert!)


(22. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1710209800

ie Deutsche Welle dagegen mit 283 Millionen Euro im
ahr auskommen muss und damit Hörfunkprogramme in
0 verschiedenen Sprachen, ein 24-stündiges Fernseh-
rogramm, ein attraktives Internetangebot und eine Aus-
ildungsakademie verantwortet, dann ist die Leistung
er Deutschen Welle gar nicht hoch genug zu bewerten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Staatsminister Bernd Neumann


(A) )


)(B)

Deshalb möchte ich an dieser Stelle allen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter der Deutschen Welle und auch dem
Intendanten Bettermann, der heute anwesend ist, einen
herzlichen Dank sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung gibt
es einschneidende Veränderungen in der Mediennut-
zung. Damit der deutsche Auslandssender auch in Zu-
kunft seinem Auftrag gerecht werden kann, ist eine
strukturelle Neupositionierung der Deutschen Welle un-
abdingbar. Dabei muss die Deutsche Welle in Zukunft
auf eine Stärkung des Internetangebots sowie auf regio-
nale fremdsprachige TV- und Audioangebote setzen.

Eine Reform der Angebots- und Verbreitungsstrategie
der Deutschen Welle ist geboten. Der Sender wird dabei
immer wieder prüfen müssen, auf welchem Übertra-
gungsweg und mit welcher Sprache ein relevantes Publi-
kum gefunden werden kann; denn auf das kommt es ja
an. Die lineare Radioausstrahlung über Kurzwelle wird
mit Ausnahme weniger Regionen wahrscheinlich zu be-
enden sein.

Die von der Deutschen Welle vorgelegte Aufgaben-
planung, über die wir jetzt diskutieren, trägt diesen not-
wendigen Veränderungen in vollem Umfang Rechnung.
Deswegen hat die Bundesregierung ihr auch zuge-
stimmt. Durch die Neupositionierung der Deutschen
Welle entstehen Synergieeffekte, die sich auch finanziell
auswirken. Wir werden etwaige frei werdende Mittel
aber nicht einsparen, sondern im Haushalt der Deutschen
Welle belassen, um dem Sender auch auf diese Weise zu-
sätzliche Maßnahmen im Hinblick auf Programminno-
vationen und die Verstärkung der medialen Präsenz
Deutschlands in der Welt zu ermöglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zur Verbesserung des Angebots der Deutschen Welle
können – so steht es im Übrigen auch in der Koalitions-
vereinbarung – öffentlich-rechtliche und private Medien-
unternehmen einen Beitrag leisten. Die Bundesregierung
sieht es deshalb als ein sehr wichtiges Ziel an, die Ko-
operation der Deutschen Welle mit ARD, ZDF und
Deutschlandradio entscheidend zu verstärken.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Hierin liegt auch ein Schlüssel für eine mögliche Quali-
tätsverbesserung bei vertretbaren Kosten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dabei könnte zum Beispiel an das Modell
German TV, das, soweit es die Programmbeschaffung
und die Planung anbelangte, durchaus erfolgreich war,
angeknüpft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Denkbar ist, wie bei German TV ein von ARD, ZDF und
Deutscher Welle besetztes Gremium zu schaffen, das

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(C (D ber die Zulieferung von Programmmaterial und den geeinsamen Rechteerwerb sowie die Übernahme von tändigen Formaten berät und dies in Abstimmung mit en beteiligten Intendanten auch beschließt. Dabei ist ie politische Unterstützung durch die Länder wichtig nd unverzichtbar; sie sind in diesem Bereich auch zutändig. Ich habe deshalb Kontakt mit dem Vorsitzenden er Rundfunkkommission der Länder – konkret: mit taatssekretär Stadelmaier – aufgenommen, um diese hematik alsbald gemeinsam erörtern zu können. Ereulich ist: Es wurde die Bereitschaft zugesagt, dazu eizutragen, zu besseren Ergebnissen zu kommen. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ein guter Weg!)


Meine Damen und Herren, ich komme zum letzten
unkt. In meiner bisherigen, mehr als fünfjährigen
mtszeit konnte sich die Deutsche Welle auf konstante
nanzielle Rahmenbedingungen verlassen. Ich habe die
rastischen jährlichen Kürzungen der damaligen rot-grü-
en Bundesregierung sofort beendet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das war aber unser Vorschlag!)


as haben wir zusammen in der Großen Koalition ge-
acht.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Ein bisschen war ja auch in der Großen Koalition nicht schlecht!)


ir haben Sie, Frau Kollegin Schmidt, auf den Weg der
esserung geführt.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ja! Es war nicht alles schlecht!)


ies soll auch in Zukunft nicht anders sein. Trotz der
rastischen Sparmaßnahmen im gesamten Bundeshaus-
alt im Umfang von 80 Milliarden Euro in der mittelfris-
gen Finanzplanung bis 2014 habe ich für meinen Be-
ich entschieden, die Größenordnung des Haushaltes

er Deutschen Welle im Wesentlichen beizubehalten,
bwohl er mehr als ein Viertel meines Etats ausmacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt zum
eispiel ein Blick nach Großbritannien, wo wegen der
irtschafts- und Finanzkrise Kürzungen beim Aus-
ndssender in der Größenordnung von 20 Prozent ge-
lant sind. Wir stehen zu unserem Ziel, die mediale Prä-
enz Deutschlands in der Welt durch die Deutsche Welle
u erhalten und möglichst zu verbessern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710209900

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Als Nächste hat

nsere Kollegin Ulla Schmidt von der Fraktion der So-
ialdemokraten das Wort.






(A) )


)(B)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1710210000

Vielen Dank, Herr Präsident! – Noch einmal herzli-

chen Glückwunsch von dieser Stelle aus, dass Sie jetzt
unser neuer Präsident sind!


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja! Auch von uns! Das hat er verdient!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir erle-
ben heute täglich: Nichts ist globaler als der Austausch
von Informationen und Nachrichten. Weil das so ist, ha-
ben auch die Auslandsmedien eine ganz wichtige Auf-
gabe: als Botschafter, als Wertevermittler und als Infor-
mationsträger. Unsere Deutsche Welle spielt im großen
globalen Wettbewerb mit. Die internationale Medienpo-
litik erfährt große Wertschätzung. Das sehen wir an der
Zunahme der Zahl der Auslandssender. Ob der Iran,
Russland, China, die USA oder eines von vielen weite-
ren Ländern: Heute versucht jeder, in dieser globalen
Welt, in der Weltöffentlichkeit seinen Platz zu finden
und für sein Land und seine Werte zu kämpfen, damit
wir uns als Freunde in dieser Welt darstellen können.

Hillary Clinton hat in ihrem Parlament engagiert für
mehr Geld geworben und gesagt: Wenn wir nicht han-
deln und wieder versuchen, eine Rolle zu spielen, sind
wir einem War of Information ausgesetzt. – Das hat
nichts mit Krieg zu tun, sondern es geht einfach darum,
im Kampf um die öffentliche Weltmeinung, im Kampf
um Werte und um Demokratie seinen Einfluss geltend zu
machen. Wenn man das so betrachtet, ist die Deutsche
Welle für uns eine ganz wichtige Stimme in dieser Welt-
öffentlichkeit. Sie ist das Instrument in diesem Spek-
trum, das dazu beiträgt, dass wir ein wirklich positives
Deutschlandbild fördern können. Dafür herzlichen Dank
an die Deutsche Welle!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Auch von uns!)


Die Stärkung dieses Instruments ist der Konsens un-
serer gemeinsamen Stellungnahme, und ich möchte
mich bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben.
Wir haben eben vom Staatsminister gehört, dass bei der
Deutschen Welle ein enormer Reformprozess notwendig
ist, um in diesem globalen Wettbewerb mithalten zu
können. Es ist gut, wenn der Bundestag dahintersteht
und klarmacht, dass wir auf diese für uns wichtige
Stimme in der Außenpolitik auch zukünftig nicht ver-
zichten wollen.

Wenn wir unsere Beschlussempfehlung heute verab-
schiedet haben, sollten wir den Worten Taten folgen las-
sen. Herr Staatsminister, ich kann Ihnen sagen, dass Sie
von unserer Seite die volle Unterstützung haben, wenn
es darum geht, die Deutsche Welle zu stärken. Sie haben
es gesagt: Sie ist unsere Visitenkarte in der Welt. Es ist
eine Visitenkarte in doppelter Hinsicht. In den Ländern,
in denen es Nutzer der Deutschen Welle gibt, ist das Bild
von Deutschland positiver und differenzierter. Aber die
Deutsche Welle hat auch eine andere Funktion. Sie ist
Botschafterin gesellschaftlicher und kultureller Werte
wie Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Derzeit wird uns durch die Freiheitsbewegungen in er arabischen Welt ganz deutlich vor Augen geführt, ie enorm wichtig die Rolle einer vom Staat unabhängien Öffentlichkeit für die Entwicklung dieser Gesellchaften ist. Smartphones, Twitter und Facebook, aber or allem die mutigen Menschen in den arabischen Länern tragen dazu bei, dass sich Freiheitsideen und Geanken über Demokratie verbreiten können. Medien wie er Deutschen Welle kommt dabei eine ganz bedeutende nd wichtige Funktion zu. Wir vergessen zu leicht, dass wei Drittel der Menschen auf dieser Welt in Ländern leen, in denen es keine Informations-, Meinungsund ressefreiheit gibt, wie sie für uns alltäglich sind. Diese enschen brauchen Unterstützung, und wir haben im usschuss deutlich gemacht, dass wir sehr froh darüber ind, dass wir durch die Präsenz der Deutschen Welle in ielen Ländern, in denen es eine Pressezensur gibt, urch die Möglichkeit einer umfassenden und pluralistichen Berichterstattung und durch Initiativen wie den eblog Award „The BOBs“ und besonders auch durch ie Deutsche-Welle-Akademie mit dazu beitragen könen, dass Pressefreiheit und unabhängiger Journalismus efördert werden. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich dem Intenanten Dank sagen, dass er gegen Zensur und gegen Einchränkungen der Pressefreiheit immer wieder das Wort rgriffen hat. Das halten wir für richtig, und deshalb vien Dank dafür! (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich begrüße es, dass wir uns in der Stellungnahme da-
uf einigen konnten, die Deutsche-Welle-Akademie
eiter zu fördern und uns gemeinsam dafür einzusetzen,
ass notwendige ODA-Mittel dafür zur Verfügung ge-
tellt werden; denn ihr Wirken ist auch ein wichtiger
eitrag zur auswärtigen Politik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Deutsche Welle
at einen schwierigen Reformprozess hinter sich, und sie
at noch viele Herausforderungen vor sich. Es ist nicht
infach, Kostensteigerungen zu bewältigen, wenn der
aushalt nicht wächst. Wir alle wissen, dass durch Re-
rmen, wie sie in der Deutschen Welle notwendig sind,

uch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen großen Verän-
erungsprozessen unterworfen werden. Das geschieht
llein schon durch die Zusammenlegung von Online-,
ernseh- oder Radioredaktionen.

Deshalb hat die Sozialdemokratie, auch unsere Frak-
on, immer – auch in dieser gemeinsamen Stellung-
ahme – großen Wert darauf gelegt, dass diese Reform
ozialverträglich und transparent gestaltet wird, dass die

itarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Welle in
iesem Prozess als Partner auf Augenhöhe gesehen wer-
en und agieren können, dass sie ausreichend informiert
erden und dass es ausreichend Angebote zur Fort- und
eiterbildung gibt, um die Mitarbeiterinnen und Mitar-

eiter zu befähigen, auch in anderen Feldern weiterar-
eiten zu können; denn unser Ziel ist, dass betriebsbe-
ingte Kündigungen vermieden werden.





Ulla Schmidt (Aachen)



(A) )


)(B)

Ich fordere auch von dieser Stelle aus den Intendanten
und die Gremienmitglieder, von denen einige im Deut-
schen Bundestag sitzen, auf – ich sehe den Kollegen Fritz
Rudolf Körper aus meiner Fraktion dort sitzen, der ein
sehr engagierter Verfechter der Rechte der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter ist; herzlichen Dank dafür –, dass sie
in diesem Prozess darauf achten, dass die notwendigen
Veränderungsprozesse sozialverträglich gestaltet werden.
Ich glaube, das sind wir, auch nach der gemeinsamen
Stellungnahme, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Deutschen Welle schuldig.

An dieser Stelle danke ich der Deutschen Welle für
ihr Engagement in der Hinsicht, dass die Reform bzw.
Umgestaltung der Deutschen Welle zukunftsgerecht auf
den Weg gebracht wird, um dem technologischen Wan-
del und dem veränderten Nutzerverhalten gerecht wer-
den und auch im internationalen Wettbewerb um die
Weltöffentlichkeit bestehen zu können. Ich nenne hier
nur einige Stichworte: Zielgruppenausrichtung auf Infor-
mationssuchende und Multiplikatoren, mehrsprachige
Programme, Ausbau der Multiplattformstrategie, trime-
diale Redaktionen. Ich glaube, das ist eine riesige Auf-
gabe, für die wir unseren Auslandssender stärken müs-
sen.

An dieser Stelle deshalb ein klares Wort: Für diese
Aufgaben – Herr Staatsminister, Sie haben es angespro-
chen und Ihre Bereitschaft erklärt – braucht die Deutsche
Welle eine sichere finanzielle Basis. Sonst kann sie in
diesem Reformprozess nicht bestehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Staatsminister, deshalb haben Sie unsere Unterstüt-
zung, wenn Sie nicht nur in Ihrem Haushalt, sondern
auch gemeinsam mit den Ministern Westerwelle und
Niebel dafür Sorge tragen, dass das notwendige Geld da
ist –


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Sehr gut!)


auch dann, wenn manche Reformen zunächst einmal
mehr Geld kosten, als sie einsparen –, damit langfristig
Synergieeffekte erzielt werden können. Das Geld dafür
muss da sein, wenn sich die Deutsche Welle langfristig
behaupten können soll.

In der kommenden Zeit müssen die Koalitionsfraktio-
nen ihren Worten deshalb auch Taten folgen lassen. Wir
werden darauf bestehen, dass die Deutsche Welle nach
dem Deutsche-Welle-Gesetz finanziert wird und dass die
Forderung, mehr ODA-Mittel zur Verfügung zu stellen,
umgesetzt wird.

Dabei kann man die Verantwortung nicht auf einzelne
Haushaltspolitiker schieben, sondern Sie müssen mit der
Mehrheit, für die Sie sorgen müssen, entscheiden. Dabei
haben Sie auf jeden Fall unsere Unterstützung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reform und die
entsprechende finanzielle Ausstattung sind ein Muss für
die Deutsche Welle, damit sie den gesamtgesellschaftli-
chen Auftrag für Deutschland wahrnehmen und unsere
gesellschaftlichen Werte vermitteln kann und damit sie

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(C (D öglichst viele Menschen auf der ganzen Welt erreicht. abei ist es egal, ob sie Meinungsmacher, Multiplikaton aus der Bildungselite erreichen will, ob sie Unter ehmer erreichen will, die in Deutschland investieren, b sie junge Menschen erreichen will, die sich für eutschland interessieren und vielleicht zu uns kommen ollen, ob sie Touristen informieren oder mutige Freieitskämpfer unterstützen will. Wir wollen, dass die Deutsche Welle auch weiterhin neingeschränkt den von ihr eingeschlagenen Weg verlgen und ihre Aufgabe der Unterstützung von Men chen, die für Freiheit kämpfen, gerade in den Transforationsstaaten, wahrnehmen kann. Deswegen sage ich er Deutschen Welle hier die uneingeschränkte Untertützung durch die SPD-Fraktion zu. Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710210100

Vielen Dank, Frau Kollegin Ulla Schmidt. – Als

ächster steht unser Kollege Burkhardt Müller-Sönksen
on der Fraktion der FDP auf der Rednerliste.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1710210200

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsminister

eumann! Sehr geehrter Herr Intendant Bettermann!
iebe Kolleginnen und Kollegen! Eine russische Teil-
ehmerin des Internationalen Parlaments-Stipendiums
rzählte mir, Herr Kollege Börnsen, neulich begeistert,
ie sie die Programme der Deutschen Welle im
eutschunterricht ihrer Schule kennen- und schätzen ge-
rnt hat. Inzwischen spricht sie die deutsche Sprache
ngst fließend und schätzt umso mehr die journalisti-

chen Angebote der Deutschen Welle wie DW-TV und
as Internetportal DW-World.

Ihr Beispiel zeigt: Die Deutsche Welle wirkt, und sie
bt, und das seit über 50 Jahren. Die Deutsche Welle er-
icht mit ihren verschiedenen Angeboten wöchentlich

6 Millionen Menschen – das ist mehr als die Einwoh-
erzahl Deutschlands – und gilt in Umfragen als vielfäl-
g und glaubwürdig. Darauf können wir stolz sein. Mit
rem Auftrag zur Wertevermittlung orientiert sie sich an

nseren außenpolitischen Interessen und bewahrt gleich-
eitig durch eine staatsferne Organisation ihre journalis-
sche Glaubwürdigkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Deutsche Welle ihrerseits hat mit ihrer Aufgaben-
lanung und den darüber hinausreichenden Konzepten
uf die veränderte Medienlandschaft reagiert und wird
ich zukünftig noch mehr auf ihre Kernkompetenz und
usgewählte Zielgruppen konzentrieren. Nach wie vor
esteht ein großes Finanzierungsdefizit – das wollen wir
icht verheimlichen –, dem die Deutsche Welle mit Kon-
olidierungsmaßnahmen wirksam begegnet und begeg-
en wird. Da kaum weiterer Spielraum besteht, ist nun-
ehr eine umfassende Strukturreform erforderlich.





Burkhardt Müller-Sönksen


(A) )


)(B)

Die von der Deutschen Welle vorgeschlagene Neu-
ausrichtung ist zukunftsweisend und verdient unser aller
Unterstützung und Respekt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wird nicht von uns aufgezwungen, sondern stammt
aus dem eigenen Hause.

Meine Bitte um Unterstützung richte ich an dieser
Stelle aber auch an die Abgeordnetenkollegen in den
Bundesländern, damit schnellstmöglich ein Modell für
die lizenzkostenfreie Nutzung von Produktionen der öf-
fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entwickelt wird.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Sehr gut! Richtig!)


Hier werden der Deutschen Welle nach meiner Meinung
völlig unnötig hohe Kosten aufgebürdet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Weg, den die Deutsche Welle mit ihren Reform-
vorschlägen beschritten hat, ist noch lang und vor allem
steinig. Damit der Umbau hin zu schlankeren und effek-
tiveren Strukturen gelingt, müssen alle Bereiche einbe-
zogen werden. Die erfolgreiche Programmarbeit beweist
das Vertrauen zwischen der Senderführung – ich meine
damit nicht nur die Intendanz, sondern alle Leitungs-
funktionen – und den Mitarbeitern. Wir haben deswegen
keine Sorge, Frau Kollegin Schmidt, bezüglich der So-
zialverträglichkeit der notwendigen Maßnahmen. Aber
darauf sollte man in jedem Fall achten. Zur Qualität ge-
hört auch, dass alle Mitarbeiter zufrieden sind.

Auch bei dem Reformkurs bei der Programmgestal-
tung braucht die Deutsche Welle starken Rückenwind.
Wir Liberalen begrüßen dabei vor allem die Konzentra-
tion auf Kernaufgaben. Wir wollen der Deutschen Welle
sowohl in der Programm- als auch in der Verbreitungs-
strategie einen Gestaltungsspielraum einräumen, damit
sie die jeweilige Zielgruppe, auf die es uns ankommt,
bestmöglich erreichen kann.

Für uns ist das Angebot von 30 Sprachen kein
Dogma. Ausgangspunkt soll immer die Erreichbarkeit
der avisierten Zielgruppe sein. Wichtig ist für uns die
Zielgruppe in den Kernregionen. Hier ist meiner Mei-
nung nach eine neue Schwerpunktsetzung notwendig.

Die Deutsche Welle bietet Hörfunk auf Griechisch an,
musste aber die Fernsehnachrichten für Afghanistan
trotz sehr erfreulicher Quoten einstellen. Ich glaube, die-
ses Sprachregime gehört außenpolitisch auf den Prüf-
stand.

Entsprechendes gilt für die Einstellung von Übertra-
gungswegen. Frau Kollegin Schmidt, Sie hatten gerade
von Nutzern statt von Zuhörern oder Zuschauern gespro-
chen. Durch diesen Versprecher – oder vielleicht war es
ja auch Absicht – haben Sie die neue Strategie der Deut-
schen Welle vorweggenommen.

Die Deutsche Welle ist unsere Visitenkarte, unser
Schaufenster über Deutschland in die Welt. Erlauben wir

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(C (D r ein zeitgemäßes Programm und zeitgemäße Übertraungswege! Vielen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächste spricht un ere Kollegin Kathrin Senger-Schäfer von der Fraktion ie Linke. – Bitte schön, Frau Kollegin. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und ollegen! Die Deutsche Welle ist eine gemeinnützige nstalt des öffentlichen Rechts für den Auslandsrundnk. Gesetzlich ist sie dazu verpflichtet, alle vier Jahre ine Aufgabenplanung zu erstellen. Genau deshalb sind uch wir, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, azu verpflichtet, zu dieser Planung selbst Stellung zu ehmen. Was bedeutet das nun für das Parlament bis 2013? Für as Parlament waren – das ist schon öfter angesprochen orden – die Unabhängigkeit des Journalismus und die taatsferne des Rundfunks bislang zu Recht das Fundaent für die Meinungsbildung mündiger Bürgerinnen nd Bürger. Beides soll nun allerdings auf einmal nicht ehr gelten. Sie, meine Damen und Herren der Koalion, fordern, dass die Deutsche Welle mit den Ministeen zusammenarbeitet, die für die deutsche Außenpolik zuständig sind, mit dem Auswärtigen Amt sowieso, ber auch mit dem Verteidigungsund mit dem Wirtchaftsministerium. Die Bedürfnisse der deutschen Auenpolitik sollen sich mit den Möglichkeiten des Seners verbinden. Bei den Schwerpunkten der medialen räsenz sollen außenpolitische Interessen beachtet weren. Im Klartext heißt das doch, dass die Journalistinnen nd Journalisten augenscheinlich ihre Sendemanuskripte en genannten Ministerien vorlegen sollen. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das war früher so!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710210300

(Beifall bei der LINKEN)

Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710210400

as aber hat das mit unabhängigem Journalismus zu
n? Das fasse ich nicht. Erklären Sie es mir bitte! Zu-

ammenarbeit mit Ministerien, Verbindung von Bedürf-
issen, Beachtung von Interessen, das ist doch nichts an-
eres als ein Eingriff in die journalistische Freiheit.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ein interessantes Gesellschaftsbild haben Sie!)


Ich sage: Wenn Ministerialbeamte den Journalistinnen
nd Journalisten den Griffel führen, ist von journalisti-
cher Freiheit keine Rede mehr. Frau Schmidt, journalis-
sche Freiheit sieht für uns anders aus. Pressefreiheit und
nabhängiger Journalismus lassen sich nicht mit außen-
olitischen Aufgaben, die von Ministerien diktiert wer-
en, verbinden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])






Kathrin Senger-Schäfer


(A) )


)(B)

Wenn ich außerdem lesen muss, dass die Bundesregie-
rung die Deutsche Welle als „mediales Instrument zur
Positionierung Deutschlands angesichts veränderter Rah-
menbedingungen auf den internationalen Medienmärk-
ten“ betrachtet, dann kann ich kaum davon ausgehen,
dass es sich hier um einen sprachlichen Lapsus handelt.
Sie reden wirklich davon, dass der Auslandsrundfunk ein
mediales Instrument ist. Sie reden darüber so, als hätten
Sie inzwischen Eingriffsrechte, als wäre es selbstver-
ständlich, den Journalistinnen und Journalisten staatli-
cherseits vorzuschreiben, was sie über das deutsche Aus-
landsbild zu berichten haben. Das finde ich unglaublich.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich frage Sie: Welche Auffassung von Staatsferne
schwebt Ihnen denn hier vor? Ich erinnere in diesem Zu-
sammenhang an den Fall Nikolaus Brender, der auf-
grund politischen Drucks vonseiten der CDU seinen Hut
als ZDF-Chefredakteur nehmen musste.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Wir reden aber über die Deutsche Welle!)


– Dazu komme ich gleich. – Ich erinnere auch daran,
dass Ulrich Wilhelm, der Pressesprecher von Angela
Merkel war, heute Intendant des Bayerischen Rundfunks
ist. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass das politische
Geschrei 2008 um die angeblich tendenziöse China-Be-
richterstattung der Deutschen Welle nicht dazu beigetra-
gen hat, die Unabhängigkeit des Senders zu stärken.

Das, was die Bundesregierung hier auf den Tisch ge-
legt hat, wird von SPD und Bündnis 90/Die Grünen un-
terstützt. Das verstehe ich überhaupt nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Fraktion fordert dagegen in ihrem Änderungsan-
trag, dass der Deutschen Welle die journalistische Unab-
hängigkeit ohne Wenn und Aber garantiert wird. Das
heißt konkret: keinerlei Vorschriften zur Zusammenar-
beit mit Ministerien, keine Vorschriften zur Beachtung
von außenpolitischen Interessen, von niemandem.

Der Vorschlag von Schwarz-Gelb verstößt eindeutig
gegen das Deutsche-Welle-Gesetz. Ich zitiere aus § 4 a
Abs. 1:

Die Deutsche Welle erstellt in eigener Verantwor-
tung unter Nutzung aller für ihren Auftrag wichti-
gen Informationen und Einschätzungen, insbeson-
dere vorhandenem außenpolitischen Sachverstand,
eine Aufgabenplanung für einen Zeitraum von vier
Jahren.

Auch Sie, meine Damen und Herren, müssen sich an
dieses Gesetz halten. Wenn Sie jedoch inzwischen der
Meinung sind, dass sich journalistische Unabhängigkeit
und Staatsferne mit dem Begriff des „medialen Instru-
ments“ decken, dann müssen Sie mir einmal Ihre neue
Definition von Rundfunkhoheit erklären.

Die Linke jedenfalls wird dem vorliegenden Ent-
schließungsvorschlag nicht zustimmen. Es ist nicht so,
dass nicht auch wir die Deutsche Welle wertschätzen,
aber wir stehen für unabhängigen Rundfunk ohne Wenn
und Aber.

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(C (D Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächste hat unsere ollegin Tabea Rößner von der Fraktion Bündnis 90/Die rünen das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Rößner. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen nd Herren! Lieber Herr Bettermann! Der Staatsminister at schon das Bild von der „modernen medialen Visitenarte Deutschlands in der Welt“ gezeichnet. Eine Visinkarte, die alles leistet, was die Deutsche Welle als uslandssender laut Gesetz leisten soll, müsste ungefähr o aussehen: gedruckt auf schwerem Diplomatenkarton it schicker Prägung und Goldrand, Hologramm woöglich, und auf Knopfdruck spricht sie den Text in 0 Sprachen. So ungefähr sehen die Aufgabenplanung der Deut chen Welle und ihr Auftrag aus: Sie soll die Medienpräenz Deutschlands im Ausland sicherstellen, sie soll die ositionen und Werte Deutschlands vermitteln, demoratische Entwicklungen, einen rechtsstaatlichen Staatsufbau in der Welt sowie die deutsche Sprache und Kulr fördern. Zusätzlich soll sie auch noch einen wesentchen Beitrag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisn sowie den Tourismus fördern. Das ist ein ganz schön reites Portfolio. Natürlich ist das ein legitimer Wunsch er Politik; aber die Deutsche Welle ist nicht der unschbrunnen der Nation, sondern sie ist unser Ausndssender und trotz ihrer schwierigen Lage ein sehr uter. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710210500
Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710210600

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hervor-
gende Arbeit, um alle Anforderungen zu erfüllen. Re-

elmäßig werden Programmbeiträge der Deutschen
elle mit Preisen ausgezeichnet. Die Journalistenausbil-

ung dort hat einen ganz ausgezeichneten Ruf. Aber die
olitik macht es dem Sender mit den gesetzlichen Rah-
enbedingungen nicht gerade leicht, wenn nicht gar un-
öglich, allen Ansprüchen gleichermaßen gerecht zu
erden; denn eines ist klar: Das Budget des Senders

teht in keinem Verhältnis zu der breiten Palette von An-
rderungen. Deshalb müssen wir uns sehr deutlich die

rage stellen: Was soll und kann die Deutsche Welle für
as Geld, das sie bekommt, tatsächlich leisten?

Mehr Geld? Das ist angesichts der Haushaltssituation
nrealistisch und schwierig. Wenn man viel will, aber
ur wenig investiert, besteht immer die Gefahr, dass vor
llem eines darunter leidet: die Qualität. Im Fall der
eutschen Welle wäre das vor allem die Qualität des

ournalismus oder der Ausbildung. Damit genau das
icht passiert, hat der Intendant einige sehr vernünftige
orschläge vorgelegt, wie die Deutsche Welle zukunfts-
hig gemacht werden kann.

Es ist eine richtige Entscheidung, Schwerpunkte zu
etzen, sowohl regional als auch im Hinblick auf das
rogramm, die Übertragungswege und die Zielgruppen,





Tabea Rößner


(A) )


)(B)

die der Sender erreichen will. Dabei setzt die Deutsche
Welle stark auf das Internet. Das wurde eben schon er-
wähnt. Sie passt sich also einer veränderten Mediennut-
zung in den allermeisten Teilen der Welt – das muss man
dazu sagen – an. Das ist richtig. Sie muss aber auch auf-
passen, dass sie in den unendlichen Weiten des Internets
gut sichtbar und auffindbar ist. Gerade in Transforma-
tionsstaaten wie jetzt im arabischen Raum – das haben
wir gesehen – oder in Schwellenländern sind die Men-
schen politisiert, sie wollen diskutieren. Dort muss die
Deutsche Welle zum Beispiel auch in sozialen Netzwer-
ken präsent sein, interaktive Angebote machen und poli-
tische Debatten multimedial begleiten. Positive Bei-
spiele dafür gibt es bereits, zum Beispiel die Portale der
Deutschen Welle in Farsi oder die Dialogplattform Qan-
tara.

Tagesaktuelle Berichterstattung, zumal in Krisensitua-
tionen, kann die Deutsche Welle mit ihrem Budget nur in
Ansätzen leisten. In diesem Zusammenhang bin ich sehr
froh über das eindeutige Signal, das von unserer Be-
schlussempfehlung ausgeht, dass nämlich die öffentlich-
rechtlichen Sender aufgefordert werden, enger mit der
Deutschen Welle zusammenzuarbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Herr Staatsminister, wenn Sie diesen Weg zusammen mit
den Ländern gehen, dann haben Sie unsere Unterstüt-
zung. Das betrifft die Übernahme von Sendungen aus
dem öffentlich-rechtlichen Programm, vor allem den Zu-
griff auf das Korrespondentennetz und die Infrastruktur.
Ich hoffe, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen entgegen-
kommend zeigen. Dies wäre nicht nur für die Deutsche
Welle ein großer Gewinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Siegmund Ehrmann [SPD])


Die vorliegende Beschlussempfehlung soll meinem
Verständnis nach vor allem eine Wirkung haben: dem In-
tendanten bei seinen Reformbemühungen den Rücken zu
stärken. Die Unruhe, die in der Deutschen Welle vorhan-
den ist, wurde schon angesprochen. Diese Unruhe ist
verständlich. Wenn eine große Umorganisation eines
Unternehmens geplant ist, dann sorgt das für Verunsi-
cherung der Beschäftigten, gerade wenn damit mögli-
cherweise der Abbau von Arbeitsplätzen verbunden ist.
Ich habe nach Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeitern der Deutschen Welle die begründete Hoffnung,
dass die Führungsebene und das Personal gemeinsam ei-
nen guten Weg gehen werden. Ein solcher Wandel kann
nämlich nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen,
und zwar in eine Richtung.

Unstrittig ist bei allen Beteiligten, dass sich die Deut-
sche Welle an die finanziellen und medienpolitischen
Gegebenheiten anpassen muss, damit sie ihre Aufgaben
weiterhin erfüllen kann. Dabei können wir als Gesetzge-
ber sie unterstützend begleiten, indem wir ihr Aufgaben-
profil besser spezifizieren und auch priorisieren. Wir
sollten unsere mediale Visitenkarte etwas schlichter, da-
für aber klar und übersichtlich gestalten. Dann könnte

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(C (D ich die Deutsche Welle ganz auf das konzentrieren, was ie am allerbesten kann: journalistisch gut arbeiten. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710210700

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächster spricht –

r ist schon auf dem Wege hierher, also bevor er aufgeru-
n wurde – Kollege Reinhard Grindel. Bitte schön, Kol-
ge Reinhard Grindel, für die Fraktion CDU/CSU.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1710210800

Lieber Herr neugewählter Präsident! Liebe Kollegin-

en und Kollegen! Ich finde, dass die Entschließung, die
ir vorlegen, durch und durch ehrlich ist. Wir sagen
ämlich: Die Mittel für die Deutsche Welle werden sta-
il bleiben; aber es wird in den kommenden Jahren auch
icht viel mehr geben, und das ist eigentlich zu wenig,
m all das zu leisten, was die Deutsche Welle leisten
önnte, leisten müsste. – Wenn man ehrlich ist, dann
uss man sagen: Als wir das letzte Mal hier im Bundes-
g über die Aufgabenplanung der Deutschen Welle ge-

prochen haben, sind alle möglichen Prioritäten formu-
ert und Wünsche angemeldet worden. Mit all dem ist
ie Finanzausstattung im Grunde nicht in Deckung zu
ringen. Jetzt machen wir das, was die Mitarbeiter der
eutschen Welle und auch ihr Intendant erwarten kön-
en: Wir sagen, wo Schwerpunkte gesetzt werden sollen.

Der erste Schwerpunkt liegt bei den Übertragungswe-
en. In der Tat, die Zukunft der Deutschen Welle liegt im
ernsehen, und bei DW-World, also im Onlineangebot.
erade in diesen Tagen erleben wir, dass die Kraft der
ilder einfach durch nichts zu ersetzen ist. Wenn wir un-

ere Sicht auf die Probleme der Welt vermitteln wollen,
ann kommen wir nicht darum herum, bei der Auseinan-
ersetzung auch auf die Wirkkraft der Bilder zu setzen
nd dieses Medium besonders zu bedienen. Die große
edeutung der Onlineangebote ist hier schon genannt
orden.

Angesichts des Lobs, das vielfach gespendet worden
t, will ich an dieser Stelle sagen: Ich finde, dass vor al-
n Dingen DW-World in den letzten Jahren ein hervor-
gendes Angebot präsentiert hat. Ich will darüber

inaus deutlich sagen: Dass das dortige Programm zu-
ächst in englischer Sprache präsentiert wird, ist eben-
lls richtig. Der zweite Schwerpunkt, den wir setzen, ist

ämlich, dass wir uns auf diejenigen Informations-
uchenden konzentrieren, die wir in erster Linie errei-
hen wollen: auf ausländische Multiplikatoren,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


uf Menschen, die in Deutschland studiert haben, die
ich für Deutschland interessieren und die für demokrati-
che Anregungen, für demokratisches Gedankengut, für
tellungnahmen aus demokratischen Ländern offen sind,
ie wissen wollen, wie wir die großen Herausforderun-
en der Welt bestehen wollen.





Reinhard Grindel


(A) )


)(B)

Es ist eben nicht mehr der Deutsche im Ausland, auf
den sich die Deutsche Welle konzentrieren muss;
schließlich kann er in fast allen Ecken der Welt die Sen-
der, die ihn interessieren, über die Onlineangebote ver-
folgen. Die Satellitentechnik ermöglicht es, viele deut-
sche Fernsehsender im Ausland zu empfangen. Der
Deutsche im Ausland wird von dem Informationsme-
dium bedient, auf das er sich auch in Deutschland stützt.
Insofern ist es eben der ausländische Multiplikator – der-
jenige, der sich im Ausland für Deutschland interessiert –,
den wir in erster Linie erreichen wollen. Deswegen ist es
richtig, das Angebot von DW-World auf Englisch zu prä-
sentieren.

Drittens sollten wir Schwerpunkte in bestimmten Re-
gionen setzen. Wir können nicht alle Regionen in glei-
cher Weise bedienen, sondern wir müssen Schwerpunkte
setzen. Dabei handelt es sich – das muss man gerade in
diesen Tagen nicht besonders begründen – um den arabi-
schen Raum, um Afrika, um Lateinamerika und, wie wir
ausdrücklich sagen, um Russland. Es handelt sich nicht
um Südosteuropa und die anderen osteuropäischen Län-
der. Das heißt wohlgemerkt nicht – das ist in manchen
öffentlichen Debatten ein bisschen durcheinander gegan-
gen –, dass wir auf Sprachen verzichten würden. Wir
bleiben bei dem Sprachenangebot – den 30 Sprachen –
im Internet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber gerade was unsere Fernsehangebote angeht, setzen
wir Schwerpunkte. Das ist auch richtig.

Ich meine übrigens – das ist vielleicht ein neuer Ge-
danke –, dass wir auch bei unseren Fernsehangeboten re-
gionsspezifische Sendungen brauchen. In Bezug auf die
zentrale Informationssendung Journal der Deutschen
Welle können heute journal oder die Tagesthemen nicht
die Benchmark sein. Ein Koalitionsstreit ist schon beim
heute journal nicht schön; aber im DW-Journal hat der
überhaupt nichts verloren; denn die Menschen im arabi-
schen Raum, in Afrika oder Lateinamerika interessiert
das nicht. Die interessiert – gerade in Asien –, wie wir
die erneuerbaren Energien nutzen und welche wirt-
schaftlichen Antworten wir auf die Finanz- und Welt-
marktkrise geben.

Ganz aktuell wäre zum Beispiel von Bedeutung, dass
wir breit über die Fußballweltmeisterschaft der Frauen
berichten, dass wir auch berichten, dass Frauen und
Mädchen gerade mit Migrationshintergrund in unseren
Vereinen ein ganz normaler Teil der Gesellschaft sind
und sich hier – ob mit oder ohne Kopftuch – verwirkli-
chen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Insofern erwarte ich, dass nicht nur zur Primetime das
Journal in der entsprechenden Sprache gesendet wird;
die auf die meiste Akzeptanz stößt, wir sollten auch
überlegen, dass unser Angebot im Fernsehbereich für
Asien ein anderes sein muss als für Afrika oder Latein-
amerika.

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(C (D Lassen Sie mich ein Letztes zur „Deutsche-Wellekademie“ sagen. Ich finde das, was dort geleistet wird, nendlich wertvoll. Die anwesende Staatssekretärin aus em Entwicklungshilfeministerium darf ich ermuntern, ich dort finanziell noch mehr zu engagieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


s gibt manchmal die Diskussion über die Frage: Dürfen
ir Journalisten aus Diktaturen, die bei Staatssendern ar-
eiten, ausbilden? Ich bekenne mich ausdrücklich dazu:
a, auch die wollen wir ausbilden;


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


enn es macht Sinn, dass ihnen gezeigt wird, wie demo-
ratischer Journalismus funktioniert. In den Wochen, in
enen sie in der Akademie sind, soll ihnen ein bisschen
reiheit um die Nase wehen. Vor allen Dingen sollen sie
inen Austausch mit anderen Journalisten aus Ländern
it einer freien Presse bzw. Meinungsfreiheit haben, um

ich ein bisschen abzuschauen, wie es sein kann, wenn
an ohne Zwang und Zensur seiner Profession nach-

eht. Insofern sage ich ausdrücklich: Es ist auch in Ord-
ung, wenn die Deutsche-Welle-Akademie Journalisten
us Diktaturen ausbildet; denn das kann dazu führen,
ass demokratischer Geist in diese Sender – auch wenn
ie dem Staat gehören – einzieht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Deutschen Welle und ihren Mitarbeitern herzli-
hen Dank. Ich sage natürlich auch dem Staatsminister
erzlichen Dank dafür, dass er die Deutsche Welle nicht
um Steinbruch seines Kulturhaushalts gemacht, sondern
ie gestärkt hat. Das ist wichtig, und das ist gut für unser
chaufenster in die Welt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710210900

Vielen Dank, Kollege Reinhard Grindel. – Als Nächs-

r spricht unser Kollege Patrick Kurth für die Fraktion
er FDP. Bitte schön, Kollege Patrick Kurth.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1710211000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Herr Staatsminister! Hallo, Frau Grütters! Herr
taatsminister, wir alle haben eigenständig – nicht von-
inander abgeschrieben – ein Zitat in unsere Reden ein-
estreut, nämlich dass die Deutsche Welle die mediale
isitenkarte Deutschlands ist. Wenn das so viele unab-
ängige Institutionen sagen, muss tatsächlich etwas da-
n sein.

Ich will einige ergänzende Gedanken vortragen. Die
eutsche Welle ist auch ein ganz wichtiger Akteur in der

uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Sie ist eine
otschafterin und eine Diplomatin Deutschlands im
usland. Somit gehört auch sie in starkem Maße – das





Patrick Kurth (Kyffhäuser)



(A) )


)(B)

dürfen wir nicht vergessen – zur Außenpolitik Deutsch-
lands. Sie ist vorrangig im Ausland aktiv.

Deswegen ist es nur richtig, dass das vorgelegte Kon-
zept zur Neuausrichtung des Senders auch auf die Netz-
werkbildung abstellt. Uns fällt öfter auf, dass die deut-
schen Netzwerke im Ausland nicht funktionieren.
Unterschiedliche Institutionen sind im Ausland vor Ort,
kommunizieren aber wenig miteinander. Das wollen wir
ändern. Das ist notwendig. Deswegen ist es auch richtig,
dass es zum Beispiel zu einer stärkeren Zusammenarbeit
mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit, mit dem Bundeswirtschaftsministerium, mit
dem Verteidigungsministerium und eben auch mit dem
Auswärtigen Amt kommt.

Es ist schon seltsam, wenn hier so stark der Vorwurf
der Staatsnähe erhoben wird. Es sagt auch viel über Ihr
Gesellschaftsbild, über Ihr Bild von einer Gesellschafts-
ordnung aus,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Über Ihres auch!)


wenn Sie glauben, dass unabhängige Journalisten, die
bei der Deutschen Welle arbeiten, plötzlich in Kadaver-
gehorsam verfallen, nur weil nach der Konzeption auch
mit den Ministerien zusammengearbeitet werden soll,
die im Ausland aktiv sind. Ich kann Ihnen sagen: Wir
sind hier in einem freien Land. Die Journaille ist frei und
bleibt es auch bei der Deutschen Welle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei der Neuausrichtung müssen wir natürlich beach-
ten, dass die Deutsche Welle in den letzten 10, 15 Jahren
eine Entwicklung mitgehen musste, die die gesamte Me-
dienlandschaft durchlebt hat, und dass es gerade im Aus-
land – Kollege Grindel hat darauf hingewiesen – ein ver-
ändertes Konsumentenverhalten gibt. Die Deutschen im
Ausland versammeln sich nicht mehr allabendlich vor
den Rundfunkempfangsgeräten und hören die Deutsche
Welle, um Nachrichten aus der Heimat zu erhalten. Man
kann jetzt fast überall auf der Welt heute.de, tages-
schau.de oder sogar regionale Programme wie das Thü-
ringen Journal empfangen


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Thüringen, ja!)


und ist dann bestens informiert.

Ich glaube vor allen Dingen, dass wir nicht nur dieje-
nigen für das Angebot interessieren müssen, die zum
Beispiel einmal als Ausländer hier in Deutschland wa-
ren. Mir scheint sehr wichtig zu sein, auch an diejenigen
zu denken, die ein Interesse an der deutschen Sprache
haben, die ihre Kenntnisse der deutschen Sprache viel-
leicht wieder auffrischen wollen, die über die deutsche
Sprache mehr wissen möchten oder die dabei sind, die
deutsche Sprache zu lernen. Viele von uns schauen sich
englische Nachrichten an, um so ihren englischen Wort-
schatz zu erweitern. Entsprechend kann man sagen, dass
man im Ausland über die Deutsche Welle aktiv an der
deutschen Sprache Anteil haben kann.

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(C (D Ich glaube, man muss darüber nachdenken, ob die rogramminhalte bei der Deutschen Welle nicht viel tärker auf das ausgerichtet werden können, was bei den ffentlich-rechtlichen Sendern ohnehin vorhanden ist. h denke an Die Sendung mit der Maus – im Ausland, uf Deutsch –, Löwenzahn, Trickfilmserien, Sketchsenungen oder Ähnliches. Das meine ich nicht im Scherz. h glaube, dass wir darüber die Attraktivität der Deut chen Welle im Ausland für Ausländer stärken und insorn auch für die deutsche Sprache etwas leisten können. Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksameit. Vielen Dank, Herr Kollege. – Der Letzte auf unserer ednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kolge Wolfgang Börnsen für die Fraktion CDU/CSU. – itte schön, Kollege Wolfgang Börnsen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710211100


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1710211200

Herr Präsident Oswald! Verehrte Kolleginnen und

ollegen! Im Mai 1953 ging die Deutsche Welle erst-
als auf Sendung. Es war einer Ihrer Kollegen, Theodor
euss, der ein rein deutsches 3-Stunden-Programm er-
ffnete. Er plädierte damals für eine Entkrampfung der
ußenbeziehungen der jungen Bundesrepublik, für eine
ediale Brücke zu den Deutschen im Ausland. Von Be-

inn an verstand sich die Deutsche Welle als Stimme der
reiheit. Heute, fast 60 Jahre später, hat sich die Aufga-
enstellung ebenso gewandelt wie der Stellenwert der
eutschen Welle. Aber der Freiheitssender ist sie geblie-
en. Gut so!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Heute steht der Rundfunk im weltweiten Wettbewerb
it 24 anderen Staaten. 1992 gab es nur zwei weitere
ernsehstationen, nämlich BBC World und CNN. Jetzt
ommt die mediale Konkurrenz nicht mehr aus Europa
der Nordamerika allein; mit Macht melden sich Russ-
nd, die arabischen Staaten und besonders die Volksre-
ublik China auf der Weltbühne der Meinung.

Das sind Länder mit anderen Weltanschauungen,
änder mit anderen Wertvorstellungen, Länder, die auf
ie Freiheit nicht achten, die den Parlamentarismus
issachten, Länder, die Menschen- und Bürgerrechte in

ie Ecke stellen; die Deutsche Welle setzt dagegen. Gut
o!


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie ist unser mediales Fenster. 86 Millionen Men-
chen weltweit erfahren wöchentlich durch sie unsere
emokratischen Werte. 86 Millionen Menschen werden
ber Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit in unse-





Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) )


)(B)

rem Land informiert. 86 Millionen Menschen werden
über die Wirkung der sozialen Marktwirtschaft unter-
richtet. 86 Millionen Menschen erhalten einen Eindruck
davon, was made in Germany praktisch bedeutet. Die
Deutsche Welle bringt ein breites Bild über den Lebens-,
Kultur- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Das nützt
uns als Exportnation, das dient der Reputation unseres
Landes. Gut so!


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Doch die Konkurrenz schläft nicht. Sie rüstet massiv
auf. BBC World erhält jährlich 293 Millionen Euro.
Washington investiert 570 Millionen Dollar. Russland hat
seine Ausgaben verdreifacht. Dem chinesischen Aus-
landsrundfunk stehen nach Auskunft von Experten 6 Mil-
liarden Dollar zur Verfügung. Und wie ist es bei uns hier
in Deutschland? Über Jahre wurde unser Auslandssender
– das muss ich Ihnen leider sagen – unter Außenminister
Fischer der Steinbruch für den Bundeshaushalt. Es han-
delte sich um fast 70 Millionen Euro. Von den radikalen
Kürzungen der rot-grünen Jahre hat sich der Sender bis
heute nicht erholt. Die Wende kam mit Staatsminister
Bernd Neumann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Gut so! – Zuruf von der FDP: Er lebe hoch!)


Derzeit beträgt der Bundesbeitrag 375 Millionen Euro.
Von den globalen Minderausgaben wurde der Sender
ausgenommen. Das hat dem Sender 30 Millionen Euro
gebracht. Aus dem Konjunkturprogramm II erhielt der
Sender 7 Millionen Euro, zusätzlich erhielt er von 2008
bis 2011 eine Erhöhung seines Budgets von 4 Millionen
Euro jährlich.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710211300

Herr Kollege Börnsen, wenn Sie einmal kurz durch-

schnaufen würden: Der Kollege Koppelin hat eine Zwi-
schenfrage an Sie.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1710211400

Für den Schleswig-Holsteiner bin ich gern bereit,

Herr Präsident. Auch für andere.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710211500

Gut. – Bitte schön, Herr Kollege Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1710211600

Lieber Kollege Börnsen, ich schließe mich dem Lob

an den Staatsminister gern an. Darf ich fragen, ob das
Lob auch für die Haushälter der Koalition gilt, die sich
dafür eingesetzt haben?


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1710211700

Jürgen Koppelin, das gilt ganz besonders für das Par-

lament.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Auch für Jürgen Koppelin!)


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(C (D ie Haushälter repräsentieren das Parlament. (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Herr Grund hat das richtig gesagt! – Beifall bei der CDU/ CSU und der FDP)


Ich bin doch noch gar nicht fertig. Das gilt für die
aushälter aller Fraktionen,


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Besonders für Herrn Koppelin!)


ie hinter den Überlegungen von Jürgen Koppelin stan-
en. Nur durch deren Rückenstärkung konnte er jetzt
ier diesen bedeutenden Auftritt haben.


(Heiterkeit)


Ganz ernsthaft, Herr Koppelin: Damit wird dokumen-
ert, dass das Parlament zu seinem Auslandsrundfunk
teht.


(Beifall der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


amit wird auch dokumentiert, dass das Parlament um
ie Wirkung des Senders und um die Qualität der Mitar-
eiter weiß. Wir wissen: Der Auslandsrundfunk ist eine
erbung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und

ie deutsche Gesellschaft. Dieser Auslandsrundfunk ist
icht ersetzbar. Er braucht nach unserer Auffassung eine
ukunft. Deshalb sage ich Dank für die Mittel aus dem
aushaltsausschuss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich gebe meinen beiden Vorrednern recht, dass es zu
eformen kommen muss. Doch wenn es zu Reformen
ommt, dann dürfen weder der Standort Bonn noch der
tandort Berlin Verlierer der Reform werden. Was die
ompetenz, die Reputation und die Qualität angeht, ist
ie Deutsche Welle für die Zukunft durchaus kraftvoll
ufgestellt. Darüber hinaus sprechen sieben Pluspunkte
r Deutschlands Außensender:

Motivierte Mitarbeiter und eine hohe Qualität der Be-
chterstattung mit Erik Bettermann, der heute mehrfach
enannt wurde. Er hat heute einen besonders guten Tag.
urch ihn und sein Team gibt es eine Intendanz mit
ompetenz und diplomatischem Durchsetzungsvermö-
en. Es gibt eine Sendeleistung in 30 Sprachen, wobei
ie Kernbotschaft in deutscher Sprache ist, und das ist
ut für 20 Millionen Menschen, die weltweit Deutsch
rnen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ine Akademie mit exzellenter Ausbildung. – Das alles
pricht für die Deutsche Welle.

Ein achter Pluspunkt könnte dazukommen, nämlich
ann, wenn aus der losen Kooperation mit ARD und ZDF
ine echte Zusammenarbeit wird, aber wirklich auf Au-
enhöhe. Das brauchen wir in Zukunft. Am kurzen Zügel
arf die Deutsche Welle nicht gehalten werden. Mehr
rogrammüberlassung, mehr Nutzungsrechte für Aus-
trahlungen im Ausland und eine Einbindung des Korres-
ondentennetzes würden die weltweite Wirkung deutlich
erbessern.





Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) )


)(B)

Um Nägel mit Köpfen zu machen, plädieren wir für
die Einrichtung einer Bund-Länder-Rundfunkkonfe-
renz. Dem Staatsminister danken wir dafür, dass er hier-
für das richtige Gespür hatte und, wie er sagte, bereits
die ersten Gespräche mit den Ländervertretern aufge-
nommen hat. Auch die Länder müssen wissen: Es nützt
dem gesamten Land, wenn wir den Auslandsrundfunk
stärken. Das stärkt den Wirtschaftsstandort, das stärkt
die Arbeitsplätze, das stärkt die Exportnation, das stärkt
letzten Endes insgesamt unsere Stellung in der Welt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber: Wir erwarten eine Partnerschaft auf Augen-
höhe. Dazu muss es kommen. Deshalb braucht dieser
Sender – das ist heute auch praktiziert worden – die Un-
terstützung des gesamten Parlamentes. Ich bedanke mich
bei allen, die mit dazu beigetragen haben, und bei den
Autoren aus meiner Fraktion und auch aus der FDP-
Fraktion, die eine kluge, gewissenhafte und ehrliche
Vorlage erarbeitet haben.

Herzlichen Dank und Glück auf für die Deutsche
Welle!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710211800

Ich schließe die Aussprache.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und
Medien zu der Unterrichtung durch die Deutsche Welle
über ihre Aufgabenplanung 2010 bis 2013. Der Aus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/5260, in Kenntnis der Unterrichtung auf
Drucksache 17/1289 eine Entschließung anzunehmen.
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang
Nešković, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE

Einführung eines verpflichtenden Lobbyisten-
registers

– Drucksache 17/2096 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Hartmann (Wackernheim), Sören Bartol, Sabine
Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Mehr Transparenz beim Einsatz externer Per-
sonen in der Bundesverwaltung – Bericht des
Bundesrechnungshofes vollständig umsetzen

– Drucksache 17/5230 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Haushaltsausschuss c)

Beck (Köln), Kai Gehring, Ingrid Hönlinger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Transparenz schaffen – Verbindliches Register
für Lobbyistinnen und Lobbyisten einführen

– Drucksache 17/2486 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erster
nser Kollege Raju Sharma von der Fraktion Die Linke. –
itte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei der LINKEN)



Raju Sharma (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710211900

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! „Ich danke den Wählerinnen und Wäh-
rn für ihr Vertrauen“ ist ein oft zitierter Satz nach Wah-
n. Tatsächlich ist Vertrauen die Grundlage von Politik;
enn Wähler vertrauen darauf, dass wir ihre Interessen
ahrnehmen. Transparenz ist dafür die Grundlage.
urch Politik nach dem Motto „Was schert mich mein
eschwätz von gestern“, ein Satz, der Konrad Adenauer

ugeschrieben wird, leidet das Vertrauen der Bürger in
ie Politik. Es ist bereits jetzt schwer beschädigt. Die
olgen sind Wahlenthaltung, Flucht in außerparlamenta-
sche Aktivitäten und vieles mehr.

Auch mangelnde Transparenz ist ein Grund dafür. Be-
annt ist der Fall Hennenhöfer. Er leitete unter der Um-
eltministerin Angela Merkel die Abteilung Reaktor-

icherheit, wechselte dann als Lobbyist zu Eon, beriet
ie Betreiber von Asse II und arbeitet heute wieder als
berster Aufseher in der Atomabteilung des Umweltmi-
isteriums.

Ich möchte noch einige Beispiele nennen: Auch wenn
ie Kolleginnen und Kollegen von der FDP das nicht
erne hören, muss ich an die Sache mit Mövenpick erin-
ern; das ist natürlich nicht vergessen. Ein ähnliches
eispiel, das alle Parteien hier im Hause außer unserer
ifft, ist die Gauselmann-Spende. Dann ist daran zu er-
nern, dass 100 Lobbyisten zwischen 2004 und 2006 in
inisterien Gesetze schrieben und damit nicht etwa die
teressen der Bürger, sondern die ihrer Unternehmen

erfolgten. Im hessischen Innenministerium war ein
itarbeiter des Flughafenbetreibers Fraport mit Geneh-
igungsverfahren für den Flughafen befasst. Die
armer-Chefin Birgit Fischer, SPD, wechselt demnächst
ahtlos an die Spitze des Pharmaverbandes vfa.





Raju Sharma


(A) )


)(B)

Christian Weber, ehemals Spitzenlobbyist der privaten
Krankenversicherungen, ist nun Abteilungsleiter im
Bundesgesundheitsministerium. Daher ist es doch kein
Wunder, dass viele Menschen glauben, dass Politik käuf-
lich sei.


(Beifall bei der LINKEN)


Zu unserem Antrag. Das Einhalten von Wahlverspre-
chen kann nicht gesetzlich erzwungen werden, aber
Transparenz kann gesetzlich geregelt werden. Die Linke
hat deshalb einen Antrag zur Einführung eines verpflich-
tenden Lobbyistenregisters eingebracht, in dem Auftrag-
geber und Honorare veröffentlicht werden und in dem es
Informationen zu Leihbeamten gibt. Außerdem sollen
klare Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen werden. Das
ist zwar keine revolutionäre Großtat, aber es wäre eine
notwendige Mindestregelung, die der Haushaltausschuss
2008 einstimmig beschlossen hat, die die OECD von
Deutschland fordert und die vom Bundesverfassungsge-
richt angemahnt wird. Für dieses Mindestmaß an Trans-
parenz bohrt die Linke seit Jahren dicke Bretter. Inzwi-
schen sind die Grünen und sogar die SPD mit vernünf-
tigen Initiativen gefolgt.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten schon letzte Wahlperiode dazu eine Initiative, Herr Kollege! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wir auch!)


– Es hat schon seinen Grund, liebe Kollegen von den
Grünen und von der SPD, warum ich heute als Erster
sprechen darf. Das hängt einfach damit zusammen, dass
wir dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich muss den Kollegen von Union und FDP noch eine
Frage stellen: Warum wehren Sie sich eigentlich dage-
gen, Verflechtungen von Lobbyisten und Politik offen-
zulegen, damit Bürgerinnen und Bürger beurteilen kön-
nen, wer mit welchen Interessen an einem Gesetz
mitgeschrieben hat?

Bei Lebensmitteln muss klar sein, welche Farb-,
Aroma- und Konservierungsstoffe enthalten sind. Dann
kann der mündige Verbraucher selbst entscheiden, ob er
beispielsweise einen Erdbeerjoghurt mit Farbstoff oder
einen Quark mit Aromastoffen essen will. Er muss nur
vorher wissen, was drin ist. So, wie jetzt auf der Packung
von manchen Müslis „Achtung! Dieses Nussmüsli kann
Spuren von Nüssen enthalten!“ aufgedruckt ist, sollten
die Bürgerinnen und Bürger künftig den Hinweis be-
kommen: Dieses Gesetz zur Laufzeitverlängerung kann
Beratungselemente von Eon, RWE und Vattenfall ent-
halten.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber es gibt auch Lobbyisten, mit denen wir sehr
gerne zusammenarbeiten. Dazu gehört LobbyControl.
LobbyControl hat auf vieles zu Recht hingewiesen, zum
Beispiel darauf, dass für die EU-Richtlinie zu Managern
alternativer Investmentfonds gut 1 500 Änderungsan-
träge eingebracht worden sind. Rund die Hälfte davon
kam direkt aus den Schreibstuben der Finanzindustrie.

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(C (D olche Meldungen beschädigen das Vertrauen in die olitik, und sie beschädigen die Demokratie. Das Lobyistenregister kann daher nur der erste Schritt zu mehr ransparenz sein. Wie wir heute über Schranken für Lobbyisten reden, rauchen wir auch einfache demokratische und transpante Regeln zu Parteispenden, zum Parteisponsoring. ll das haben wir in Arbeit. Da müssen wir weiterma hen. Den ersten Schritt können wir heute gehen. Dafür itte ich um Ihre Zustimmung. Vielen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster spricht ollege Bernhard Kaster für die Fraktion der CDU/ SU. Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Viele von uns haben häufig Schülergrupen zu Besuch oder besuchen Schulklassen, um Politik nd Abgeordnetentätigkeit zu erläutern. Ich habe mir orgenommen, beim nächsten Mal, wenn es darum geht, en Begriff des Schaufensterantrags zu erläutern, genau iesen Antrag zum Lobbyistenregister vorzustellen; enn er ist ein sehr gutes Beispiel für einen Schaufensrantrag; das ist Populismus pur. (Dr. Eva Högl [SPD]: Das ist Quatsch! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Da täuschen Sie sich!)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710212000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1710212100

Es wurde nach einem ganz einfachen Rezept verfah-
n: Man nehme einen möglichst negativ besetzten Be-

riff – in diesem Fall Lobbyist oder Lobbyismus –, man
eichne ein düsteres Bild und präsentiere eine scheinbar
anz einfache Lösung in dem Wissen, dass die Öffent-
chkeit die Parlamentswirklichkeit im Detail nicht
ennt. Genau darauf setzt man. Der Antrag zum Lobby-
tenregister beinhaltet erstens ein bürokratisches Mons-
r.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das sagen Sie immer, wenn Ihnen etwas nicht gefällt!)


weitens entspricht er überhaupt nicht der parlamentari-
chen Wirklichkeit – er ist nämlich gar nicht umsetzbar –,
nd drittens wird damit das eigentliche Ziel, wenn es
enn eine Berechtigung hätte, überhaupt nicht erreicht.

Alle vorliegenden Anträge zu diesem Punkt basieren
uf einem Zerrbild über die Arbeitsweise des Deutschen
undestages. Ein solches Zerrbild muss von allen
21 Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses zurückge-
iesen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will dies auch begründen. Der Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen wird im Kern mit dem Vorhan-
ensein von schwarzen Schafen, Korruption und Beste-





Bernhard Kaster


(A) )


)(B)

chung begründet. Er enthält also einen Generalverdacht
gegen den Deutschen Bundestag. Bestechung und Kor-
ruption werden jedoch – ich denke, da sind wir uns hier
im Hause einig – mit Strafrecht bekämpft und nicht mit
irgendwelchen Registern oder Listen.

Aber jetzt zu der Frage: Welcher Lobbyismus soll hier
bekämpft oder besser kontrolliert werden? In Ihren An-
trägen machen Sie richtigerweise deutlich, dass die
Übergänge zwischen richtig wahrgenommener Interes-
senvertretung in einer pluralistischen Gesellschaft und
mit unzulässigen Mitteln massiv manipulierter Interes-
sendurchsetzung fließend sein können. Die Wirklichkeit
ist doch die, dass jede Kollegin, jeder Kollege im gutge-
meinten Sinne des Wortes Lobbyist, Bürgerlobbyist,
Vertreter von Interessen seines Wahlkreises oder auch
seines gesellschaftspolitischen Hintergrundes ist. Genau
diese Vielfalt von Interessen muss dann zu richtigen Ab-
wägungen führen. Das führt dann letztlich auch zu guter
Politik.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Alles Verharmlosung!)


Ich will jetzt zur Praxis kommen. Ich erinnere mich
daran, dass wir hier im Plenum einmal die Änderung des
Schornsteinfegergesetzes beraten haben. Da sind viele
Kollegen von Verbandsvertretern angesprochen worden,
und zwar von Verbandsvertretern aus dem Bereich des
Schornsteinfegerwesens und von Verbandsvertretern des
Heizungsinstallationshandwerks. Deren Interessen wa-
ren durchaus unterschiedlich. Es war für die Kollegen
durchaus wissenswert, verschiedene Positionen zu einer
Gesetzesänderung zu erfahren. So funktioniert das, und
so ist das auch richtig.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das hätten Sie nicht in die Liste aufnehmen müssen!)


Sie werden wahrscheinlich sagen, hier geht es nicht
um Schornsteinfegerverbände oder Handwerksverbände.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: So ist das!)


Hier müssen die üblichen Verdächtigen ran. Das ist dann
die Pharmaindustrie. Das sind Energiekonzerne. Das ist
die Rüstungsindustrie usw.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Genau! Richtig!)


Ein solches Bild wird hier gemalt.

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, egal über
welchen Lobbyismus wir sprechen; wir müssen zur
zweiten Frage kommen: Können Interessen, die vorge-
bracht werden, tatsächlich von Abgeordneten unbemerkt
und wissentlich mit nicht korrekten Mitteln durchgesetzt
werden? Damit sind wir wieder bei der Parlamentspraxis
hier im Haus.

Wir haben die erste, zweite, dritte Lesung. Wir haben
Beratungen in fraktionsinternen Arbeitsgruppen. Wir ha-
ben Beratungen in den Ausschüssen. Wir haben Anhö-
rungen auf der Basis von Minderheitenrechten. Wir ha-
ben hier immer den Streit zwischen verschiedenen Inte-
ressen, die abzuwägen sind und über die wir als Abge-
ordnete entscheiden.

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(C (D Was die Arbeitspraxis unseres Parlaments angeht, so in ich persönlich der Auffassung, dass wir alle miteiander – ob Regierungsfraktionen oder Oppositionsfrakonen – durchaus sehr stolz auf den Deutschen Bundesg sein können; denn dies ist ein Arbeitsparlament, in em viele Kolleginnen und Kollegen sich im Rahmen eies Berichterstattersystems spezialisiert haben und daher ie Debatten auch auf hohem Niveau stattfinden. Das ist icht unbedingt die Tradition in allen Parlamenten. Deswegen muss auch ein Wort zum Selbstverständnis nseres Parlaments und zum Selbstverständnis, was das bgeordnetenmandat angeht, gesagt werden. it wem ich als Abgeordneter Gespräche führe oder icht, mit wem ich in Kontakt treten will oder nicht, entcheide ich als freier Abgeordneter und ohne irgendwelhe Regulierungen über Listen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wer will das bestreiten? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bestreitet das? – Zuruf von der LINKEN: Das soll auch so bleiben!)


(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja, eben!)


Der Deutsche Bundestag hat bereits seit 1972 ein
obbyistenregister. Der Bundestagspräsident führt eine
ffentliche Liste, in die sich Verbände eintragen lassen
önnen, um ihre Interessen gegenüber dem Bundestag
der der Bundesregierung zu vertreten. Zu den Angaben
das sind sehr viele – gehören Name und Sitz des Ver-
andes, die Zusammensetzung von Vorstand und Ge-
chäftsführung, sein Interessenbereich, Mitgliederzahl,
ie Anzahl der angeschlossenen Organisationen, die Na-
en der Verbandsvertreter. Das Ganze wird ständig ak-
alisiert. Der Eintrag in diese Liste ist vor allem eine
oraussetzung für die Teilnahme an Anhörungen.

Zum Thema Transparenz: Diese Liste ist zudem im
ternet und im Bundesanzeiger veröffentlicht. In der

ereits bestehenden Liste sind über 2 000 Verbände re-
istriert. Hierzu bedarf es wirklich keiner weiteren Er-
änzung, bedarf es nicht eines solchen Schaufensteran-
ages, der auch nicht praktizierbar ist. Er sieht ein
ürokratisches Monster vor. Außerdem sollen die Anga-
en alle drei Monate aktualisiert werden. Wir wissen
och alle, mit wem wir sprechen, wer uns gegenüber-
itzt, und wir wissen auch, richtig abzuwägen.


(Raju Sharma [DIE LINKE]: Dann sagen Sie es den Leuten!)


s kommt ja nicht darauf an, mit wem man spricht, son-
ern es kommt darauf an, wie man mit den Dingen um-
eht.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Dann kann man das mit den Gesprächen besser prüfen!)


ie Übergänge zwischen gutem oder schlechtem Lobby-
mus sind fließend.

Deswegen fasse ich zusammen: Die Fraktionen im
eutschen Bundestag – und da schließe ich ausdrücklich
ie Oppositionsfraktionen mit ein – wissen sehr wohl





Bernhard Kaster


(A) )


)(B)

mit Lobbyinteressen umzugehen, sowohl im Guten wie
auch im Schlechten. Das kann das deutsche Parlament.
Das muss das Selbstverständnis des deutschen Parla-
mentes sein. Deswegen bedarf es keiner weiteren Ergän-
zung der bereits bestehenden Liste.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Wir nehmen bei der nächsten Besuchergruppe Ihre Rede als Beispiel für eine Schaufensterrede!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710212200

Vielen Dank, Kollege Bernhard Kaster. – Jetzt spricht

für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege
Michael Hartmann. – Bitte schön, Kollege Michael
Hartmann.


(Beifall bei der SPD)



Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1710212300

Sehr geehrter Herr Präsident! An Ihr Gesicht hat man

sich schnell gewöhnt.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrter, geschätzter Herr Kollege
Kaster, ich fand das sehr gut, was Sie eingangs erwähn-
ten,


(Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])


nämlich die Idee, einmal Schulklassen mit diesem Thema
zu konfrontieren. Denn gerade Schulklassen – das erlebe
ich bei Schulklassen aus unterschiedlichen Regionen
und unterschiedlichen Jahrgängen – empfinden das
Thema durchaus als ein brennendes. Man bekommt ge-
legentlich schon die Frage gestellt, ob unsere Republik
eine gekaufte Republik ist.


(Dr. Eva Högl [SPD]: So ist es! – Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Sie müssen die richtige Antwort geben!)


Das ist eine Ansicht, die wir beide nicht teilen wer-
den. Weil aber dieses Bild in der Welt ist, müssen wir
auch fragen, warum es in der Welt ist. Deshalb, sehr ge-
ehrter Herr Kaster, sage ich Ihnen gleich zu Beginn: Es
geht nicht darum, dass das Vorbringen von Interessen als
illegitim gebrandmarkt wird. Interessen sollen auf uns
einströmen. Es geht vielmehr darum, dass die versteckte
und damit nicht transparente Einflussnahme schärfstens
zurückgewiesen oder aber offengelegt werden muss.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir reden bei diesem Thema schließlich nicht über
eine Nebensache und auch nicht über eine Randfrage,
sondern am Schluss reden wir über das Selbstverständnis
von Staat, Politik und öffentlicher Verwaltung. Deshalb
sage ich zum einen ausdrücklich: Auch wir als SPD sind
der Meinung, dass wir endlich ein verbindliches Lobby-
istenregister brauchen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D um anderen sage ich, dass wir unbedingt mehr Transarenz beim Einsatz Externer in den Ministerien benötien. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist wichtig, um unmissverständlich klarzuma-
hen, dass unser Land nicht von Lobbyisten regiert wird,
ondern dass immer noch der Deutsche Bundestag und
ie von ihm gewählte Bundesregierung die Geschicke
ieses Landes in der Hand haben.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Man merkt es nicht!)


An die Kolleginnen und Kollegen der Union gerich-
t: Wir waren übrigens bei diesem Thema einmal sehr
eit, und zwar in der letzten Wahlperiode. Im Innenaus-

chuss hatten wir uns – sehr geehrter Herr Dr. Uhl, Sie
rinnern sich – schon fast auf einen Antrag verständigt,
er für den Einsatz Externer strengere Regeln definieren
ollte. Das Vorhaben wurde leider auf den letzten Me-
rn ausgebremst. Ich will damit sagen: Auch Sie waren

o weit, und ich glaube, auch die Kollegen der FDP
Herr Stadler hat jetzt auf der Regierungsbank Platz ge-

ommen – haben eingesehen, dass Handlungsbedarf be-
teht. So ist es auch.

Um nicht missverstanden zu werden: Beim Einsatz
xterner ist zwischenzeitlich eine Menge geschehen,
nd zwar deshalb, weil infolge eines Berichts des Rech-
ungshofes und unserer parlamentarischen Aktivitäten
ittlerweile halbjährlich im Haushaltsausschuss und im
nenausschuss über Art und Umfang des Einsatzes von
xternen berichtet wird. Und siehe da: Seither ist die
ahl der externen Beschäftigten in erheblichem Maße
urückgegangen. Demnach war der parlamentarische
ruck gut, notwendig und keineswegs überflüssig. Las-

en Sie uns auf diesem Weg weitergehen; denn Hand-
ngsbedarf besteht nach wie vor.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Das will ich Ihnen gerne begründen. Damit kein
issverständnis entsteht: Ich denke da – sehr geehrter
err Ruppert, Sie werden noch die Chance haben, zu

ntworten, und auch Sie, Herr Schuster – auch an frühere
egierungen, auch an Regierungen, an denen Sozialde-
okraten beteiligt waren. Das sage ich ausdrücklich.

etzt sind wir aber in einer Phase, in der sich vieles ver-
essert und verändert hat. Eine Ausnahme bilden jedoch
wei Ressorts, und zwar ausgerechnet FDP-geführte
essorts und ausgerechnet im Zusammenhang mit dem
DI.

Warum, frage ich Sie, sind über zwei Jahre hinweg
xterne Beschäftigte, die weiterhin vom BDI bezahlt
erden, ausgerechnet im Bundesministerium für wirt-

chaftliche Zusammenarbeit und ausgerechnet im Aus-
ärtigen Amt tätig? Stellen Sie das ab! Machen Sie Ih-
n Einfluss auf die Regierung geltend, meine Damen

nd Herren!


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Serkan Tören [FDP]: Das hätten Sie vorher abstellen müssen!)






Michael Hartmann (Wackernheim)



(A) )


)(B)

– Sie meinen, deshalb besteht diese Verpflichtung für Sie
nicht mehr? Das zeigt, dass Sie ein ganz falsches Parla-
mentsverständnis haben, sehr geehrter Herr Kollege von
der FDP. Das ist aber kein Wunder. Von Herrn Brüderle
haben wir ja gelernt, dass BDI und FDP sehr eng beiein-
ander sind.


(Dr. Franz Josef Jung [CDU/CSU]: Na ja!)


Durch diese Berichte haben wir in der Tat ein Loch ge-
stopft; allerdings sind andere dadurch aufgetaucht. Durch
einen neuen Bericht des Bundesrechnungshofs sind wir in
der letzten Woche belehrt worden, dass sich die Externen
nun nicht mehr in den Ministerien ausbreiten, sondern ex-
terner Rat nun freihändig, ohne Beschluss, ohne Informa-
tion des Parlaments und immer wegen einer angeblichen
Dringlichkeit eingeholt wird. Ich nenne Ihnen nur drei
Beispiele:

Erstes Beispiel. Kanzleien haben ein Protokoll einer
Sitzung des Verkehrsausschusses getätigt. Warum?

Zweites Beispiel. Eine Kleine Anfrage an die Bundes-
regierung wurde von einer Kanzlei beantwortet und nur
pro forma von dem zuständigen Ressort.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 20 000 Euro! Dafür beantworte ich auch ein paar Anfragen!)


Ich nenne ein drittes Beispiel: Von dem staatlichen
Bankenrettungsfonds, SoFFin, wurden freihändig, ganz
nebenbei und ohne Beschluss Aufträge an Kanzleien
vergeben. Einer dieser Kanzleien gehört übrigens ein
früherer Fraktionsvorsitzender von Ihnen an, der sich
nun in der Privatwirtschaft breitgemacht hat.

Entspricht das einem konservativen oder liberalen
Staatsverständnis? Hoffentlich nicht! Wir können also
gemeinsam feststellen, dass noch Handlungsbedarf be-
steht. Ein probates Mittel ist die sogenannte legislative
Fußspur, die wir ebenfalls fordern. Dazu werden wir hier
noch weitere Anträge einbringen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Uns sollte die Einsicht einen – das sage ich zum
Schluss –, dass wir jeden Anschein, dass Deutschland
eine gekaufte Republik ist, vermeiden müssen. Deshalb
müssen wir an den Stellen, an denen ein solcher, unberech-
tigter Vorwurf angedockt werden könnte, entsprechend
agieren. Das Parlament sollte in diesem Zusammenhang
selbstbewusst agieren. Es geht um die Selbstheilungs-
kräfte der parlamentarischen Demokratie. Es ist Gefahr
im Verzug. Nehmen Sie unsere Anträge ernst. Das sind
keine Schaufensteranträge. Lassen Sie uns im Interesse
des Parlaments gemeinsam arbeiten.

Nun will ich gerne noch eine Frage des Kollegen
Hinsken beantworten. – Entschuldigung, Herr Präsident.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710212400

Eigentlich ist die Redezeit beendet. Ich meine aber,

angesichts der Bedeutung dieser Debatte sollte der Kol-
lege Ernst Hinsken seine Frage stellen, nachdem der
Kollege Hartmann dies erlaubt hat. – Bitte schön, Kol-
lege Ernst Hinsken.

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(C (D Weil ich Sie so eingeschätzt habe, habe ich eingangs ine lobende Bemerkung gemacht, Herr Präsident. Ich habe es so verstanden. Vielen Dank, Herr Kollege artmann. Ich bedanke mich dafür, dass ich die Frage stellen arf, Herr Präsident. Ich stelle sie gerne, weil ich den ollegen Hartmann sehr schätze. Herr Kollege Hartmann, einer der größten Lobbyisten der Bundesrepublik Deutschland ist der ehemalige orsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende der SPD, der hemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder. r ist nach meiner Information bei Gazprom als Lobbyt beschäftigt. In welche Kategorie würden Sie ihn einrdnen? Erstens. Herr Schröder war nicht mehr im Amt, als er iese Funktion übernommen hat. Zweitens. Wenn wir über Herrn Schröder reden, fällt ir der frühere hessische Ministerpräsident ein. In rankfurt wird gerade ein Flughafen ausgebaut. Nun ist err Koch in ein entsprechendes Unternehmen gewech elt. Dort wird er gut bezahlt; er wird bestimmt auch eien guten Job machen. Bei aller Wertschätzung warne h davor, die Debatte so zu führen. Ich habe vorhin ganz ewusst auch frühere Regierungen erwähnt, an denen ir beteiligt waren. Wenn wir ein Pingpongspiel nach em Motto „Wer ist der Größere?“ spielen, verschandeln ir das Selbstverständnis des Parlaments. (Beifall bei der SPD – Sebastian Blumenthal [FDP]: Das war Ihr Beitrag!)

Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1710212500
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710212600
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1710212700

(Serkan Tören [FDP]: Den kennt er nicht!)

Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1710212800

(Zurufe von der FDP)


h will, dass wir als Parlament allen, die Lobbyismus
etreiben, die Rote Karte zeigen. Machen Sie einfach
it.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710212900

Vielen Dank, Kollege Michael Hartmann. – Als

ächster spricht unser Kollege Dr. Stefan Ruppert für
ie Fraktion der FDP.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1710213000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Wie so oft komme ich als junger Abgeordneter in
ine Debatte und erhoffe mir, ein ernstzunehmendes und
chwieriges Problem auch entsprechend behandelt zu se-
en.





Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)


(Dr. Eva Högl [SPD]: Das ist doch hier wohl der Fall!)


Wir alle haben den Eindruck, dass sich die erste Ge-
walt in diesem Staat, das Parlament, in einer gewissen
Legitimationskrise befindet. Wir haben immer wieder
den Eindruck, dass der Deutsche Bundestag bei den Bür-
gern nicht das Ansehen genießt, das ihm eigentlich laut
Verfassung zusteht.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das hat Gründe!)


Wir haben den Eindruck, dass die Menschen in andere
Gewalten, beispielsweise die Judikative, vertreten durch
das Bundesverfassungsgericht, sehr viel mehr Vertrauen
setzen als in den Deutschen Bundestag. Wir haben den
Eindruck, dass die Menschen auch sehr viel mehr Ver-
trauen in einzelne Ministerien setzen als in den Deut-
schen Bundestag.

Ein Grund dafür ist, dass wir es nicht schaffen, uns
gegenseitig unsere eigene kritische Haltung gegenüber
unsachgemäßen Interessen, unseren eigenen inneren
Kompass gegenüber Menschen, die auf uns zukommen
und dies oder jenes erreichen wollen, zuzugestehen. Wir
tun immer so, als ob wir alle im konkreten und mit Be-
weisen belegten Verdacht stehen, dass wir käuflich sind
und nur den Einflüsterungen irgendwelcher Interessen-
vertreter zugewandt sind. Ich glaube, wenn Sie diese
Diskussion so anfangen, werden Sie sie nicht gewinnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihr Lobbyismusbegriff ist unscharf.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Schärfen Sie ihn!)


Als ich hierher gekommen bin, hatte ich – genau so, wie
Sie es gerade gesagt haben, Herr Sharma – den Ein-
druck, dass die mächtigsten Vertreter sicherlich die Phar-
maverbände sind. Heute habe ich den Eindruck: Nein,
die mächtigsten Verbände sind – ich finde das nicht ne-
gativ – die Gewerkschaften, die Kirchen und Umweltor-
ganisationen.


(Beifall bei der FDP)


Sie haben durch Massenbriefe oder das Vortragen der
Anliegen einzelner Personen die Möglichkeit, sehr kon-
kret auf die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung
Einfluss zu nehmen.


(Zuruf von der FDP: Reihenweise!)


Leider werden sie von Ihrem Lobbyismusbegriff über-
haupt nicht erfasst.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Natürlich!)


Ich zitiere dazu aus dem Antrag der Grünen:

Dabei sollte die Absicht, Entscheidungen und Ab-
läufe der Exekutive und Legislative im Sinne der
Auftraggeber zu beeinflussen, das entscheidende
Kriterium sein.

Vorausgesetzt – das sagt der Jurist in mir – wird also
ein Auftragsverhältnis zwischen einer Person, die Inte-

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(C (D ssen wahrnimmt, und einer anderen, der auftraggebenen Person, die sagt, was er zu tun hat. Das ist doch ein öllig unterkomplexes Bild davon, wie hier Entscheiungen getroffen werden. Es ist doch nicht so, dass einelne Personen Aufträge von anderen entgegennehmen, ondern es sind Interessen aus der Mitte der Gesellchaft, die hier institutionell verfestigt uns gegenüber arkuliert werden. Das ist auch gut so. Wir sollten nicht wischen Menschen in Auftragsverhältnissen und Geerkschaften, Kirchen, Umweltverbänden und anderen nterscheiden. as führt meiner Meinung nach dazu, dass es den negaven Geruch klassenkämpferischer Ideen bekommt. Kollege Ruppert, gestatten Sie eine Zwischenfrage nseres Kollegen Michael Hartmann? Ja. Das ist der Fall. – Bitte schön, Kollege Hartmann. Vielen Dank, Herr Ruppert, dass Sie die Frage zulas en. Seien Sie versichert, mir geht es tatsächlich um das rnsthafte Voranbringen eines für das Selbstverständnis es Parlaments wichtigen Themas. Deshalb frage ich ie: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass Lobbyisus, so legitim er auch sein mag, dann nicht mehr legim ist, wenn er versteckt und intransparent stattfindet? ind Sie nicht auch mit mir der Meinung, dass wir als ewählte Volksvertreter einen Anspruch darauf haben, u erfahren, wer an einem Gesetz mitgestrickt hat? Es ann Sie doch nicht erfreuen, wenn beispielsweise im erkehrsministerium ein Vertreter von Fraport ausgechnet am Fluglärmgesetz mitstrickt. Wenn das der Fall t, wollen Sie das nicht wissen? Sind Sie da nicht auch r mehr Transparenz? Lieber Kollege Hartmann, ja, wir sind völlig einer einung, dass es Transparenz bedarf, um genau zu se en, wie Entscheidungen getroffen werden. Aber glauen Sie wirklich, dass ein Lobbyist, der sich in dieses egister eintragen lässt, auf eine Entscheidung Einfluss immt? Glauben Sie, dass es dadurch, dass er in diesem obbyistenregister registriert ist, mehr Transparenz gibt? ir alle wissen doch, wie Kontakt aufgenommen wird. (Iris Gleicke [SPD]: Ich nicht! Erzählen Sie mal!)


(Beifall bei der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710213100
Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1710213200
Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710213300
Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1710213400
Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1710213500

s ist doch eben nicht so, dass die konkrete Einfluss-
ahme durch die Eintragung in ein Lobbyistenregister
usgeschlossen ist.

Wir teilen das gleiche Anliegen. Ich bin allerdings der
uffassung, dass der von Ihnen beschrittene Weg ein un-





Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)

tauglicher Versuch ist; denn er führt eben nicht dazu,
dass das eintritt, was Sie aus guten Motiven und, wie ich
finde, völlig zu Recht bezwecken.

Unsachgerechte Einflussnahme, die wir alle bekämp-
fen wollen, ist so, wie Sie es uns vorschlagen, leider
nicht zu unterbinden. Insofern: Das Anliegen teilen wir.
Was den Weg angeht, sind wir unterschiedlicher Mei-
nung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Na ja! Vielleicht kommen wir ja noch zusammen!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710213600

Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer weiteren

Zwischenfrage, diesmal vom Kollegen Jerzy Montag.


Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1710213700

Gerne, ja.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710213800

Bitte schön, Herr Kollege.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710213900

Herr Präsident, Danke schön. – Lieber Herr Kollege,

nachdem Sie gerade wortwörtlich aus dem Grünen-An-
trag zitiert haben, habe jedenfalls ich den Eindruck, dass
Sie nicht verstanden haben, was wir in unserem Antrag
geschrieben haben.


(Marco Buschmann [FDP]: Vielleicht haben Sie auch nur mal wieder unscharf formuliert!)


Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen: Wenn wir von ei-
nem Auftragsverhältnis sprechen, meinen wir nicht ein
Verhältnis zwischen einem Lobbyisten und einem Abge-
ordneten, sondern wir meinen, dass in dieses Register
verpflichtend diejenigen einzutragen sind, die zum Bei-
spiel im Auftrag von Greenpeace, im Auftrag der Phar-
maindustrie oder im Auftrag des Schornsteinfegergewer-
bes tätig werden.

Zu einem solchen Auftragsverhältnis gehört, dass
Herr Müller oder Herr Meier, der einen Hausausweis be-
kommt – es ist Sinn und Zweck dieses Registers, dass
man einen Hausausweis und einen ungehinderten Zu-
gang zum Bundestag und zu den Ausschüssen bekommt –,
offenlegen muss, wer sein Auftraggeber ist. Dies unter-
scheidet unseren Antrag vom Antrag der Linken. Die
Linken möchten jeden Bürger, der sich in seinem eige-
nen Interesse an uns wendet, als Lobbyisten in eigener
Sache in das Register aufnehmen.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Nein! Erzählen Sie doch nicht so einen Schmarren!)


Dies wiederum geht für uns absolut an der Sache vorbei.
Ich bitte Sie also, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir mit
dem Auftragsverhältnis, das Sie zitiert haben, nicht das
Verhältnis zwischen einem Lobbyisten und Ihnen oder
mir meinen.

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(C (D Herr Kollege Montag, genau hier liegt das Problem. ie haben das nämlich nicht juristisch präzise, sondern her in Alltagssprache formuliert. Aber ich frage Sie: äre ein Vertreter von Greenpeace, der Mitglied bei reenpeace ist und für Greenpeace arbeitet, in Ihrem egister erfasst? Wäre ein Gewerkschaftsvertreter, der ier auftaucht, darin erfasst? (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ja, unbedingt!)

Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1710214000

ie stehen nämlich nicht in einem Auftragsverhältnis,
ondern in einem Arbeitsverhältnis; das ist der erste
unkt.

Zweitens haben Sie meiner Meinung nach nur eine
erufsgruppe gekennzeichnet – Ihrem Antrag liegt ein

triktes, sehr enges Verständnis von Lobbyismus zu-
runde –, eine Berufsgruppe, die im Auftrag anderer di-
kt lobbyistische Initiativen ergreift. Das ist, würde man
rem Anliegen Rechnung tragen, viel zu wenig, weil
an eine viel zu kleine Gruppe erfassen würde,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das der Inhalt Ihrer Kritik?)


ie tatsächlichen Formen der Interessenbeeinflussung
ber überhaupt nicht erfassen würde.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt komme ich zu meiner Rede zurück. Es ist so,
ass der Lobbyismusbegriff bei Ihnen oft negativ konno-
ert ist. Im Antrag der Grünen ist er dankenswerterweise
ositiv konnotiert. Sie sagen, Lobbyismus ist eine sinn-
olle und in einem gewissen Rahmen auch wichtige
orm der Informationsgewinnung, auch für Abgeord-
ete.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja! Das ist er auch! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ohne Frage!)


h teile Ihre Ansicht ausdrücklich.

Aber was heißt das in der Konsequenz? Wenn sich
ein Sportverein, mein Kreisverband des Roten Kreu-

es, der Landessportbund Hessen, die Caritas oder die
iakonie Niedersachsen nicht in Ihr Register eintragen
ssen, dürfen sie dann in meinem Wahlkreis nicht mit
ir in Kontakt treten?


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber natürlich! Ach! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Aber darum geht es doch gar nicht!)


as Sie an dieser Stelle vorschlagen, ist nicht praktika-
el.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Sie haben es nicht verstanden!)


einer Meinung nach haben Sie ein sinnvolles Anliegen
völlig untauglicher Form in einen Antrag gegossen.
abei können wir Ihnen aber leider nicht helfen. Diese
rbeit müssen Sie schon selbst machen.





Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will nun auf die externen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in den Ministerien zu sprechen kommen;
denn auch um sie geht es in dieser Debatte. Wir haben
dieser Tage den sechsten Bericht des Bundesrechnungs-
hofs über externe Mitarbeiter in den Ministerien zur
Kenntnis genommen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Überwiegend Desinteresse!)


Es ist also keineswegs so, dass diese Form der Koopera-
tion nicht erfasst wird. Ich sage Ihnen: Sie ist dann nega-
tiv – durchaus auch in den Fällen, die Sie genannt haben –,
wenn es dabei um Interessenverbände geht, die ihr Han-
deln auf nicht transparente Art und Weise in eine Form
gießen, die den Eindruck erweckt, es handele sich ei-
gentlich um hoheitliches Handeln.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ja!)


Das ist das Problem.

Kein Problem ist es aus meiner Sicht, wenn sich tem-
porär ein Ministerium externen Sachverstand – auch
über ein befristetes Arbeitsverhältnis – einkauft. Es ist
doch eine alte Vorstellung von Verwaltung, zu denken,
dass wir alle Bereiche, auch wenn sie nur punktuell und
temporär von Interesse sind, jederzeit kompetent vorhal-
ten müssen. Wir müssen also zwischen den Fällen unter-
scheiden, in denen es richtig und wichtig ist, dass wir
uns externen Sachverstand einkaufen, und den Fällen,
die Sie genannt haben, bei denen es jemanden gibt, der
eigentlich eigene Interessen verfolgt, sie aber in die
Form hoheitlichen Handelns kleidet.

Aus unserer Sicht leistet der sechste Bericht diese
Transparenz in vollem Umfang. Wir führen dort auf – es
sind übrigens wesentlich weniger in den Ministerien ge-
worden, seit wir regieren –,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


dass in Ihrer Regierungszeit sehr viele Menschen unter
anderen Vorzeichen in der öffentlichen Verwaltung gear-
beitet haben.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Auch unter der Großen Koalition!)


Seit Schwarz-Gelb, seit die christlich-liberale Koalition
regiert, arbeiten wesentlich weniger Menschen unter fal-
scher Flagge in den Ministerien.


(Beifall bei der FDP – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Seit wir diesen Bericht erzwungen haben!)


Deswegen sollten wir uns das nicht gegenseitig vor-
werfen, aber wir sollten auch nicht so tun, als ob auf der
einen Seite die Heiligen und auf der anderen Seite die
Unheiligen sitzen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das stimmt!)


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(C (D r Anliegen ist richtig, aber Ihr Weg ist leider nicht raktikabel, und er bringt nicht mehr Transparenz in die eeinflussung von politischen Entscheidungen. Wir üssen ihn deshalb ablehnen. Vielen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Ruppert. Jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser ollege Volker Beck. – Bitte schön, Kollege Volker eck. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will al ein bisschen Ordnung in die wirre Debatte bringen, ie von den Koalitionsrednern gründlich durcheinanderewirbelt worden ist. Zum einen: Wenn Sie selber keinen Vorschlag haben, ollten Sie anderen nicht vorwerfen, dass der Weg nicht o optimal ist. (Marco Buschmann [FDP]: Der ist untauglich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710214100
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710214200

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


o ist denn eigentlich Ihr Weg? – Der führt wie immer
ei der FDP ins Nichts. Da sind Sie auch überwiegend.
ber wenn Sie den Antrag gelesen hätten, den Sie ge-
de versucht haben zu zerrupfen, hätten Sie darin den
atz gefunden, mit dem wir Lobbyisten tatsächlich defi-
ieren, nämlich:

Lobbyistinnen und Lobbyisten, die die im Gesetz
vorgesehenen Rechte in Anspruch nehmen wollen,
müssen sich im Register registrieren lassen.

ann wird abgeschichtet. Ihr DRK-Vorsitzender kann
ben einmal ein Briefchen schreiben.

Es kann vorgesehen werden, dass Lobbyistinnen
und Lobbyisten, deren Lobbytätigkeit einen be-
stimmten zeitlichen und finanziellen Aufwand nicht
übersteigt,


(Zuruf von der FDP: Wer legt fest, wo die Grenze ist?)


nicht registrierungspflichtig sind.

Wir haben also alles mit Maß und Realitätssinn er-
sst, weil wir in der Tat einen anderen Ansatz haben, als
ie, Herr Kaster, uns unterstellt haben. Ich zitiere aus un-
erer Begründung, damit die Bürgerinnen und Bürger
icht meinen, das, was Sie hier behauptet haben, sei
chtig. Die Begründung fängt zu Recht damit an:

Die Organisation von Interessen gehört zur Demo-
kratie. Der Austausch von Meinungen ist Kernbe-
standteil einer pluralistischen Gesellschaft. Daher
sind auch der Lobbyismus und sein Ansinnen, Inte-
ressen in der Gesellschaft in organisierter Form zu
kanalisieren und bei den politischen Entscheidungs-
trägern und in der Öffentlichkeit für deren Umset-





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

zung zu werben, legitimer Bestandteil einer demo-
kratischen Zivilgesellschaft und nicht per se anrüchig.

Dann weisen wir auf die problematischen Fälle der
schwarzen Schafe hin. Das ist doch der richtige Ansatz.
Wir dürfen auch die ehrlichen Lobbyisten, die uns mit
Expertisen ausstatten und auf Fehler bei Gesetzentwür-
fen hinweisen oder auch nur ihre Interessen vortragen,
die mit anderen Interessen im Widerstreit sind, nicht dif-
famieren. Aber davon zu unterscheiden sind diejenigen,
die hier mit Geld unterwegs sind, die nicht sagen, wer
sie eigentlich sind – wie die Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft, wo man nicht so genau weiß, wer da-
hintersteckt. Die beste Prophylaxe von Korruption, von
anrüchigen Hinterzimmerpolitiken ist die Transparenz.
Das ist der Ansatz für ein Lobbyistenregister.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb ist das sehr richtig. Ich würde mir wünschen,
dass Sie mit uns gemeinsam über die Details reden. Über
die muss man reden, und man muss das sachlich ma-
chen. Aber wenn Sie nur diffamieren und behaupten, wir
würden hier gegen die Interessenvertretung der Gesell-
schaft in diesem Land agitieren, dann zeigt das, dass Sie
offensichtlich etwas befürchten, wenn das transparenter
wird.


(Zuruf von der FDP: Jetzt kommt’s!)


Das kommt bei der Mövenpick-Koalition allerdings
nicht ganz von ungefähr. Sie haben in der Tat ein Pro-
blem; denn bei Ihnen gibt es tatsächlich einen Zusam-
menhang zwischen Geldüberweisungen an die Parteien
und gesetzgeberischen Bonbons hinterher, die den Steu-
erzahler teuer zu stehen kommen.


(Marco Buschmann [FDP]: Wie die 10 000 D-Mark bei Joschka Fischer!)


So etwas sollten wir abstellen. Ein Beitrag dazu kann das
Lobbyistenregister sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Serkan Tören [FDP]: Sie hatten doch sieben Jahre lang Zeit dafür!)


Zu Ihnen, Herr Kollege Hinsken. Sie haben vorhin
den Kollegen von der SPD nach Herrn Schröder gefragt.
Mir hat es auch nicht gefallen, dass er zu Gazprom ge-
wechselt ist. Mir gefällt auch das, was Herr Koch macht,
nicht.


(Marco Buschmann [FDP]: Was ist mit Frau Fischer bei der Barmer?)


– Auch das, was Birgit Fischer gemacht hat, finde ich ein
bisschen schwierig.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)


Aber: Warum haben Sie denn dann unseren Antrag in
der letzten Wahlperiode abgelehnt, der forderte, dass
sich Mitglieder der Bundesregierung, die aus ihrem Amt
ausscheiden, in einer Übergangszeit – analog zu den Re-

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(C (D elungen für die Europäische Kommission – von einem remium der Bundesregierung ihre neue berufliche Tägkeit genehmigen lassen müssen und dass diese Genehigung versagt werden muss, wenn der Verdacht auf ommt, früheres Handeln im Amt habe etwas mit der nschlusstätigkeit zu tun und sei sozusagen indirekt ein ankeschön oder führe zu einem „Absaugen“ von Wis en und Insiderkenntnissen der Verwaltung, die man für as Wirtschaftsleben gewonnen hat? (Serkan Tören [FDP]: Das hätten Sie doch in den sieben Jahren machen können! – Marco Buschmann [FDP]: Dann hätte Herr Fischer wohl nicht tätig werden dürfen!)


Wir haben den Vorschlag gemacht. Seit dem Fall
angemann von der FDP und seinem Gang vom Kom-
issarsposten zu einem spanischen Telekomunterneh-
en hat die Europäische Union eine solche Regelung.
arum können wir das nicht machen? Sie haben hier ei-

en Popanz aufgebaut. Es ging dabei um Bürokratie. Zu-
egeben: Der Antrag der Linken würde zu Bürokratie
hren, unser Antrag aber nicht.

Warum macht Österreich das gerade? Warum hat die
U ein freiwilliges Register, das genau unseren Kriterien
ier entspricht? Warum gibt es im US-Kongress seit
995 den Lobbying Disclosure Act, wonach dort genau
iese Angaben, die wir hier aufgeschrieben haben, ver-
ffentlicht werden müssen? Warum ist das in den ande-
n Staaten eine Selbstverständlichkeit und hier bei uns

ürokratischer Wahn oder die Diffamierung von Interes-
envertretungen? Diesem Umstand müssen Sie Rech-
ung tragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Sie müssen das auf die Arbeitsweise unseres Parlaments abstellen!)


Seit Urzeiten liegt dieses lustige Papier hier vor:
Ständig aktualisierte Fassung der öffentlichen Liste über
ie Registrierung von Verbänden und deren Vertretern“.
ie Liste wächst jedes Jahr an.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Nirgends haben Sie es gemacht!)


zwischen sind es 2 163 Verbände. Warum machen wir
as nicht zu einem wirklichen informativen und transpa-
nten Instrument, damit jeder Bürger, jede Bürgerin, je-

er Abgeordnete und jeder Journalist entsprechende In-
rmationen finden kann? Das hier ist völlig intrans-

arent und uninformativ, kostet aber auch Arbeit.


(Abg. Serkan Tören [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich sehe, der Kollege von der FDP will mir zu mehr
edezeit verhelfen. Ich bedanke mich dafür.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710214300

Ja, genau. Ich habe Ihre Redezeit jetzt auch schon ge-

toppt, Kollege Beck, damit die Zwischenfrage gestellt
erden kann, die Sie erkannt und ich zugelassen habe.






(A) )


)(B)


Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1710214400

Herr Kollege Beck, ich habe eine Frage: Warum ha-

ben Sie das Register nicht in den sieben Jahren Ihrer Re-
gierungsverantwortung eingeführt? Es gibt auch noch ei-
nige Bundesländer, in denen Sie Regierungsverantwor-
tung tragen. Haben Sie dort irgendwelche Überlegungen
angestellt und schon etwas eingeführt? Das würde mich
jetzt einmal interessieren.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710214500

Wir haben schon in der letzten Wahlperiode ein Lob-

byistenregister gefordert und sind hier konsequent.

Ich glaube, wenn Sie in der nächsten Wahlperiode
noch einmal ins Parlament kommen sollten, dann wer-
den Sie von der anderen Seite aus daran denken, dass
man hinterher nicht alles mit dem Hinweis abtun kann,
man hätte das alles in vier Jahren machen können. Man
kann nicht die ganze Welt auf einmal verändern. Lassen
Sie uns doch ernsthaft darüber reden, und nicht nach
dem Motto: Warum haben Sie das nicht schon vor
20 oder 30 Jahren gemacht, als die FDP an der Regie-
rung war? Das sind doch alberne Spielchen.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: In NordrheinWestfalen wird das gemacht!)


– Ich weiß nicht, ob die Kollegen in Nordrhein-Westfa-
len gerade dabei sind, aber ich finde, dass der Bund hier
eine besondere Vorbildfunktion hat. Die entscheidende
Gesetzgebung – auch in den Bereichen, in denen das
Bundesrecht durch die Länderverwaltungen „exekutiert“
wird – findet doch hier im Deutschen Bundestag statt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marco Buschmann [FDP]: So denken Sie über Landtage!)


Die entscheidenden Korruptionsvorwürfe und Verbande-
lungen zwischen Lobbyismus, Gesetzgebung und Politik
hat es doch hier in Berlin oder früher in Bonn gegeben.


(Marco Buschmann [FDP]: In Brüssel!)


Das Gesetz muss so gut werden, dass wir es allen Lan-
desparlamenten zur Übernahme empfehlen können. Las-
sen Sie uns gemeinsam eine Gesetzesinitiative auf den
Weg bringen, statt mit billigen Ausflüchten davor davon-
zulaufen.

Lobbyismus ist keine schlechte Sache. Ob die Deut-
sche Bischofskonferenz oder der Lesben- und Schwulen-
verband, ob die Solarindustrie oder das Deutsche Atom-
forum hier ihre Interessen vortragen: Das ist nichts
Schlechtes. Wir haben als Parlamentarier die Aufgabe,
die Argumente zu wägen und im Interesse des Allge-
meinwohls auszugleichen. Dabei sind wir aber darauf
angewiesen, zu wissen, mit wem wir es jeweils zu tun
haben. Das Lobbyistenregister kann dazu einen wertvol-
len Beitrag leisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Vielen Dank, Kollege Beck. – Als Nächster hat unser ollege Manfred Behrens für die Fraktion der CDU/ SU das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten olleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute it den Anträgen zum Thema Lobbyistenregister. Das hema ist uns allen nicht ganz neu. Es wurde in diesem ause bereits in der 16. Wahlperiode debattiert. Die undesregierung wird aufgefordert, verbindliche Regisr vorzuschreiben. Verbände sollen verpflichtet werden, ich darin einzutragen. Zunächst einmal ist festzuhalten: Die versuchte Einussnahme durch Lobbyisten ist ein legitimes Mittel zur teressenwahrnehmung. Sie gehört in unserem Staat um politischen Entscheidungsprozess. Die Meinungseiheit, aus der sich letztlich der Lobbyismus herausbilet, ist eines der feinsten Rechte der Demokratie. Lobbyten können wichtige Erfahrungen aus der Praxis in den olitischen Entscheidungsprozess einbringen. Dieser tändige Informationsaustausch wirkt sich zumeist posiv in der Sache aus. Doch die versuchte Einflussnahme t durch zahlreiche innerparteiliche Prozesse und Ent cheidungen begrenzt. Seit fast 40 Jahren existiert die „Öffentliche Liste ber die beim Bundestag registrierten Verbände und den Vertreter“. Verbände können sich eintragen, wenn sie teressen gegenüber dem Bundestag vertreten möchten. ufgrund der Tatsache, dass diese Liste öffentlich ist, ist ine gewisse Transparenz gegeben. Inzwischen haben sich, wie schon gesagt wurde, mehr ls 2 000 Verbände eingetragen. Diese öffentliche Liste t 800 Seiten stark. Wo fehlt es da an Transparenz? Sie önnen Anschriften in Erfahrung bringen. Sie bekomen Namen von Geschäftsführern geliefert. Sie erhalten ogar Telefonnummern und E-Mail-Adressen. Zudem fordern Sie die Offenlegung der finanziellen ittel der Interessenvertretungen und deren Nutznießer. o steht es in Ihren Anträgen. Geht daraus mehr Transarenz hervor? Sie meinen, dass es besser wäre, wenn Interessenvereter ihre finanziellen Mittel offenlegen würden. Das ist ber nur ein bedingt geeignetes Mittel. (Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Wo ist Herr Beck? Er ist fort!)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710214600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Manfred Behrens (CDU):
Rede ID: ID1710214700

ie Finanzierungsquelle lässt aus meiner Sicht nicht da-
uf schließen, ob ich gute oder schlechte Gespräche
hre. Ich werde meine Gespräche weiterhin offen, frei,

nvoreingenommen und mit der nötigen sachlichen Dis-
nz führen. Ich selbst werde auch weiterhin abwägen,
as für meine parlamentarische Arbeit von Bedeutung
t und was nicht.

In Ihren Anträgen steht, dass Sie illegale Einfluss-
ahme, sprich: Korruption, nicht ausschließen. Würde





Manfred Behrens (Börde)



(A) )


)(B)

ein verpflichtendes Lobbyistenregister das Problem lö-
sen oder ausschließen? Ich denke, eher nicht. Korrum-
pierbarkeit kann man nicht mit einem Lobbyistenregister
oder sonstigen Listen bekämpfen. Die moralische Ver-
antwortung eines jeden Abgeordneten und die Stärke der
Demokratie sind ein starkes Netz dagegen.

Sie schreiben, dass Politik einerseits aufgrund der
Komplexität auf externe Informationen angewiesen ist.
Aber andererseits verstehen Sie Lobbyismus als Privati-
sierung von Politik und definieren dies als „kontroll-
freien Raum“. Aber seriöse Lobbyisten treten öffentlich
in Erscheinung. Mir ist nicht bekannt, wo Sie Ihre Ge-
spräche führen. Ich jedenfalls führe meine Gespräche öf-
fentlich, zum Beispiel bei Empfängen oder parlamentari-
schen Abenden. Dies sind transparente Räume. Dies sind
keine – so wie Sie es formulieren – kontrollfreien
Räume.

Im Fazit komme ich zu dem Schluss, dass Lobbyis-
mus in der Bundesrepublik Deutschland zur Demokratie
gehört. Er darf allerdings niemals die einzige Informa-
tionsquelle für Abgeordnete sein. Die CDU/CSU steht
für offene und freie Gespräche, zu jeder beliebigen Zeit
und an jedem beliebigen Ort; denn der Austausch von
Meinungen ist ganz einfach Kernbestandteil unserer
vielfältigen Demokratie.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710214800

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat als Nächste auf

unserer Rednerliste das Wort unsere Frau Kollegin
Dr. Eva Högl für die sozialdemokratische Fraktion. Bitte
schön, Frau Kollegin.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1710214900

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen!

Mir ist wichtig, gleich zu Anfang zu betonen, dass Lob-
byismus alles andere als verwerflich ist. Darüber habe
ich hier in der Debatte Konsens festgestellt. Ich gehe so-
gar so weit und sage, dass Lobbyismus und gezielte Inte-
ressenvertretung für unsere gemeinsame Arbeit hier im
Parlament unerlässlich sind und dass die Vertretung von
Interessen zu den Wesensmerkmalen unserer Demokra-
tie gehört. Mir ist auch wichtig, gleich zu Anfang zu sa-
gen: Es geht nicht um eine Hetzjagd auf PR-Agenturen,
Gewerkschaften, Verbände oder sonstige Interessenver-
tretungen. Vielmehr geht es darum, die Interessenvertre-
tung sinnvoll und richtig zu regeln.


(Beifall bei der SPD)


Deutschland ist kein Land, in dem Korruption regiert.
Das hat der Bundesrechnungshof gerade erst wieder fest-
gestellt. Wenn aber laut einer Umfrage von Trans-
parency International sieben von zehn Bürgerinnen und
Bürgern der Auffassung sind, dass die Bestechlichkeit in
Deutschland zugenommen hat und dass gerade die Ver-
flechtung von Wirtschaft, Politik, Interessenvertretung
und professionellen Lobbyistinnen und Lobbyisten kri-

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(C (D sch gesehen wird – Stichwort „Schulklasse“ –, dann uss uns das Sorgen bereiten. Wir müssen als Parlamenrierinnen und Parlamentarier ein Interesse daran haen, diesen Bereich zu regeln und hier zu Verbesserunen zu kommen. Es gibt zwei Punkte, die mir wichtig sind. Das Erste t: Wir müssen immer sehr genau überprüfen, wer auf as tatsächlich Einfluss nimmt. Das müssen wir immer Blick haben. Das Zweite ist – das ist der Hauptpunkt –: s geht um Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit. Denn as Problem ist, dass Interessenvertretung meistens unrkannt, im Hintergrund stattfindet und nicht kontrolliert erden kann. Deswegen sollte der Schwerpunkt bei der rrichtung eines Lobbyistenregisters auf öffentlicher ontrolle und Transparenz liegen. Wir brauchen klare egeln. Deswegen begrüße ich für die SPD-Fraktion die on den Grünen und der Linken vorgelegten Anträge. Es ist schon gesagt worden: Innerhalb der Europäichen Union war der Deutsche Bundestag das erste Parment, das 1972 eine Verbändeliste eingeführt hat. Das t ein großer Vorteil. Da sind wir nach vorne gegangen. och diese Regelung, Herr Kollege Kaster, ist unzurei hend, und zwar aus zwei Gründen. Es werden lediglich erbände erfasst, nicht aber alle anderen Interessenvereterinnen und -vertreter. Außerdem sind die Angaben, ie gemacht werden, nicht ausreichend. Wir brauchen iel mehr Angaben, um Lobbyismus kritisch hinterfraen und kontrollieren zu können. h möchte, dass wir in diesem Punkt – wie Sie wissen, ehme ich gern zum Thema Europa Stellung – wieder orreiter in Europa werden. In Europa wird gerade daber diskutiert, ob das Lobbyistenregister verbindlich emacht werden und wie es verbessert werden soll, insesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Vorfälle, ie alles andere als schön sind. Lassen Sie uns doch geeinsam gute Regeln erarbeiten! Ich lade ausdrücklich ie Koalitionsfraktionen dazu ein, nicht nur zu kritisien, was vorliegt, sondern auch konkrete Vorschläge zu achen, wie wir das verbessern können. Noch ein paar Gedanken. Wie gesagt, es müssen alle teressenvertreterinnen und -vertreter erfasst werden. in solches Register muss verpflichtend sein. Es darf icht nur freiwillig sein; das ist ganz entscheidend. Es üssen Angaben über die Herkunft und Höhe der finan iellen Mittel gemacht werden. Das ist wichtig, um beurilen zu können, wer welche Interessen wie wahrnimmt. h möchte außerdem sehr gerne einen Überblick über en Tätigkeitsbereich sowie die Mitarbeiterinnen und itarbeiter haben. Dann ist eines wichtig, liebe Kolleginnen und Kolleen: Wir müssen dieses Register veröffentlichen. Wir üssen es im Internet veröffentlichen, wir müssen es aln Bürgerinnen und Bürgern zugänglich machen. Wenn Sie mal ehrlich auf unsere Parlamentspraxis chauen: Wer kennt denn überhaupt die Verbändeliste, er arbeitet denn damit? Dr. Eva Högl )


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Wir kennen
aber unsere Gesprächspartner! Das ist viel
wichtiger!)

Das ist doch eher ein Geheimdokument. Ich möchte sehr
gern, dass das Register, das wir haben, allen Bürgerinnen
und Bürgern zugänglich ist. Es geht – ich sage es noch
einmal – um Transparenz.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Außerdem brauchen wir Sanktionen. Die Nichteintra-
gung, die Nichtbefolgung unserer Regeln müssen auch
sanktionsbewehrt sein. Wir brauchen auch hier klare Re-
geln.

Ich will dann noch einen weiteren Punkt anfügen, der
in den Anträgen nicht auftaucht. Wir werden als SPD-
Fraktion auch noch Vorschläge vorlegen und uns an der
Diskussion beteiligen. Wir brauchen auch einen Verhal-
tenskodex für Interessenvertreterinnen und -vertreter,
geprägt von Offenheit – ich wiederhole es –, von Trans-
parenz, Ehrlichkeit und Integrität. Deswegen brauchen
wir einen solchen Kodex, an den sich alle halten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Schluss appelliere ich noch einmal an uns alle
hier in diesem Hohen Haus: Wir haben das gemeinsame
Interesse – das ist schon gesagt worden –, hier so trans-
parent wie möglich zu arbeiten und so nachvollziehbar
wie möglich zu machen, welche Interessen hier vertreten
werden; denn wir sind alle davon abhängig. Wir kennen
das: Wir wissen, dass gute Gesetzgebung häufig nur
dann gemacht werden kann und Vorschläge nur dann
wirklich ausgewogen und gut sind, wenn wir die ver-
schiedenen Interessen abwägen. Aber es gibt keinen
Grund dafür, vor der Öffentlichkeit Angst und vor Trans-
parenz Scheu zu haben. Deswegen fordere ich uns alle
auf, gemeinsam an guten Regeln zu arbeiten. Es würde
uns auszeichnen, und es würde dem Deutschen Bundes-
tag gut zu Gesicht stehen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710215000

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Högl. – Als Letzter

auf unserer Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt
folgt jetzt unser Kollege Armin Schuster. Bitte schön,
Kollege Armin Schuster.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1710215100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Ich glaube,
diese Debatte wird auch auf der Zuschauertribüne als
sehr interessant bewertet. Es ist kein Zufall, dass die ar-
chitektonische Gestaltung der neuen Bundestagsgebäude
nicht einfach den Architekten überlassen wurde, sondern
dass durch große Fensterfronten, durch komplett einseh-
bare Büros, durch die Möglichkeit, auf Zuschauertribü-

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(C (D en zu sitzen, durch die Möglichkeit, mit Besuchergrupen zu arbeiten, genau die Offenheit, die Transparenz ezeigt werden soll, über die wir jetzt seit einer Dreivierlstunde hier diskutieren. Jeder kann uns sozusagen live uf die Finger schauen, und das soll auch so sein. (Zuruf des Abg. Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD])


Die vorliegenden Anträge befassen sich ehrenhafter-
eise alle mit dieser Idee. Gleichwohl – das ist hier he-
usgearbeitet worden – spüren wir im Gespräch mit

em Bürger, dass da ein anderes Empfinden, eine andere
efühlte Temperatur ist. Ich habe den Eindruck, dass das
ar nicht daran liegt, dass wir ein Problem mit zu viel
orruption etc. haben, sondern daran – ich habe Frau
r. Högl gehört, ich habe Herrn Hartmann gehört, ich
abe Herrn Beck


(Zuruf von der FDP: Wo ist der eigentlich?)


it einem tollen Plädoyer gehört –, dass wir eigentlich
ar kein Problem haben. Wir nehmen in diesem Haus
en Lobbyismus sehr wichtig.

Dann frage ich mich aber: Woher kommt der Ein-
ruck, den der Bürger hat? – Dazu möchte ich Ihnen
anz ehrlich sagen – ich nehme da meine Fraktion nicht
us –: Ich glaube, dass die Art und Weise, wie wir hier

Deutschen Bundestag dieses Thema diskutieren, sehr
ur Meinungsbildung beiträgt. Ich bin nicht damit ein-
erstanden, dass wir uns gegenseitig vorhalten, welcher
hemalige Politiker jetzt wo arbeitet. Solange er nicht 67
t, halte ich es für legitim, dass er einen anständigen Job
acht.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und danach auch!)


Ich halte es nicht für richtig, dass den einen die Mö-
enpick-Geschichte vorgeworfen wird und im Gegenzug
ie vielleicht erklären müssen, wo Ihnen die Windener-
iebranche entgegengekommen ist. Das alles, diese Kul-
r in diesem Haus, meine Damen und Herren, sorgt sehr

iel für die gefühlte Temperatur draußen. Es sind nicht
ie tatsächlichen Korruptionsfälle. Deshalb glaube ich,
ass wir in dieser Debatte ein wenig zu stark mit Kano-
en auf Spatzen schießen, wenn wir mal tatsächlich an
ie Fakten denken.

Ich komme jetzt zu den Fakten und nenne zunächst
as Thema externe Personen. Herr Hartmann beschäftigt
ich damit im Innenausschuss sehr intensiv, und ich be-
rworte das auch. Hintergrund ist die Befürchtung, dass
ir zu viele ausgeliehene Referenten haben, die auf an-
eren Payrolls arbeiten und unter Umständen sach-
emde Dinge tun.

Mit Ihrer Hilfe haben wir 2008 eine tolle Verwal-
ngsvorschrift gemacht. Dort sind sehr viele Forderun-

en, die jetzt in den Anträgen stecken, bereits verarbeitet
orden. Wir erhalten die Berichte des Bundesrech-
ungshofs, die uns attestieren: Ihr habt kein Problem.

Wir bekommen halbjährlich aus dem Bundesinnen-
inisterium Berichte über den Einsatz externer Personen
der Bundesverwaltung – der aktuelle Bericht umfasst





Armin Schuster (Weil am Rhein)



(A) )


)(B)

63 Seiten; Fleißarbeit! –, in denen im Detail dokumen-
tiert wird, was hier los ist. Es gibt, alle Ressorts zusam-
mengenommen, ganze 56 Fälle. Zwei davon entfallen
nicht auf die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das
Goethe-Institut, die Max-Planck-Gesellschaft, den Deut-
schen Naturschutzbund Deutschland oder eine ähnliche
Einrichtung, sondern auf den BDI – und angesichts des-
sen wird hier ein Fass aufgemacht! In Gottes Namen, ist
es denn so unrealistisch, dass der Bundeswirtschafts-
minister mit dem BDI zusammenarbeitet? Wo sind wir
denn? Diese Kritik kann ich wirklich nicht verstehen.
Ich glaube, man muss die Kirche im Dorf lassen. Der
letzte Bericht des Bundesinnenministeriums beweist ein-
deutig, dass wir eine absolut saubere Politik machen.

Jetzt komme ich Ihnen aber entgegen, Frau Dr. Högl:

Erstens. Den Bericht über den Einsatz externer Perso-
nen in der Bundesverwaltung öffentlich zugänglich zu
machen – eine Forderung von Herrn Hartmann –, halte
ich ebenfalls für angemessen. Darüber sollten wir reden.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sehr schön!)


Zweitens. Nicht erfasste, befristete Arbeitsverträge
unter bestimmten Kriterien in diese Verwaltungsvor-
schrift aufzunehmen, halte auch ich unter bestimmten
Umständen für sinnvoll. Über beide Dinge sollten wir
reden.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sehr gut!)


Eventuell muss man die Verwaltungsvorschrift ändern.
Ich biete an, darüber zu beraten. Ich weiß, dass die Re-
gierung mit uns diesbezüglich eigentlich im Konsens ist.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sehr schön!)


Jetzt komme ich auf das Lobbyregister zu sprechen.
Ich darf als ehemaliger Beamter sagen: Wenn man der
deutschen Verwaltung unter Anwendung der von Ihnen
geplanten Regeln den Auftrag gibt, Lobbykontakte in ei-
nem Register zu dokumentieren, dann wird man ganze
Kohorten von Planstellen schaffen müssen; schließlich
muss jeder Besuch, auch wenn er nur ein einziges Mal
stattgefunden hat, dokumentiert werden. Wissen Sie,
was Sie damit erreichen?


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sie können ja einen Externen nehmen!)


Überhaupt nichts! Unlautere Einflussnahme läuft näm-
lich subtil ab und ist nicht zu verorten. Die Techniken
kennen Sie.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Kein Widerspruch!)


Was das buchhalterische Erfassen in Registern gewähr-
leisten soll, das erschließt sich mir nicht. Ich glaube, wir
müssen noch ein paar Jahre miteinander reden, bis es Ih-
nen gelingt, mich von der Richtigkeit dieses Erfassens
zu überzeugen. Wie gesagt, wenn Sie einen ehemaligen
Beamten nicht überzeugen können, dann zeigt das, wie
schwach Ihre Argumente sind.



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(C (D (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ich hoffe, Sie sind immer noch Beamter, nur beurlaubt!)


Beurlaubt.

Fazit: Wir haben eine gute Verwaltungsvorschrift.
ir haben sehr gute und aktuelle Rechenschaftsberichte.
ir haben ausweislich des letzten Berichts kein Trans-

arenzproblem. Wir haben noch nicht einmal einen Ver-
achtsfall. Der BRH sagt: Wir sind clean. In Rheinland-
falz gibt es einen Komiker, der Menschen anruft und
agt: „Ich hätt’ da gern mal ein Problem.“


(Dr. Franz Josef Jung [CDU/CSU]: Das ist ein Hesse!)


Stimmt, das ist ein Hesse. – Ungefähr das ist es, was
iese Debatte kennzeichnet.

Meine Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und
ürger auf der Zuschauertribüne, Sie dürfen stolz darauf

ein, nachweislich – ich betone: nachweislich – eine für
as Thema sensible, sich selbst kontrollierende, transpa-
nte Regierung, eine durchschaubare Verwaltung und

in offenes Parlament zu haben. Das ist die Kernbot-
chaft, die ich gern vermitteln wollte.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710215200

Vielen Dank, Kollege Armin Schuster. – Ich schließe

ie Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 17/2096, 17/5230 und 17/2486 an die
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-

chlagen. Die Vorlagen auf den Drucksachen 17/2096
nd 17/2486 sollen federführend beim Ausschuss für
ahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beraten
erden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
ann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
sung der Rechtsgrundlagen für die Fortent-
wicklung des Emissionshandels

– Drucksache 17/5296 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat das Wort die
arlamentarische Staatssekretärin Kollegin Ursula





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Heinen-Esser. – Bitte schön, Frau Kollegin Heinen-
Esser.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ur
Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1710215300


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem
Entwurf der Novelle zum Treibhausgas-Emissionshan-
delsgesetz bringen wir heute den europäischen Emis-
sionshandel für die Zeit ab 2013 hier in Deutschland auf
den Weg. Dieser Emissionshandel wird sich künftig ganz
deutlich von dem Emissionshandel unterscheiden, wie
wir ihn in den ersten beiden Handelsperioden von 2005
bis 2012 kennengelernt haben. Diese beiden Perioden
waren durch einen – um es vornehm auszudrücken –
sehr großen Handlungsspielraum gekennzeichnet, den
die ursprüngliche Emissionshandelsrichtlinie den Mit-
gliedstaaten eröffnete. Denn im Grunde – um das einmal
deutlich zu sagen – konnte jeder Staat es halten, wie er
wollte. Er konnte die Mengen und die Zuteilungsregeln
selber festlegen.

Wir haben erfahren, was das im europäischen Kontext
bedeutete, nämlich einen Wettlauf der Mitgliedstaaten
um die jeweils besten Wettbewerbsbedingungen. Des-
halb war es überhaupt nicht verwunderlich, dass sich ein
breiter Konsens für eine deutlich stärkere Harmonisie-
rung der Regeln innerhalb des EU-Emissionshandels-
systems abgezeichnet hat. Das betraf insbesondere die
Festlegung einer EU-weit einheitlichen Gesamtemis-
sionsmenge und einheitlicher Zuteilungsregeln, mit
denen man hofft, diesen Wettlauf einzudämmen. Wir
wollen eben nicht 27 verschiedene nationale Emissions-
handelssysteme, sondern ein europäisches Emissions-
handelssystem.

Die Novelle hat drei Hauptanliegen. Erstens. Es soll
keine nationalen Alleingänge geben, sondern eine kon-
sequente Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie. Zwei-
tens geht es um die Nutzung von Gestaltungsspielräu-
men, die die Richtlinie insbesondere für Kleinanlagen
eröffnet. Und schließlich geht es drittens um eine sinn-
volle Fortentwicklung der nationalen Vollzugsregelun-
gen, insbesondere um die Neuaufteilung der Vollzugs-
aufgaben von Bund und Ländern.

Lassen Sie mich das anhand von drei Themen kurz
darstellen. Der erste Punkt betrifft den Anwendungsbe-
reich der Novelle und damit die Frage, welche Anlagen
ab 2013 mit einbezogen werden. Zum einen wollen wir
das Problem des Flugverkehrs in dieser Novelle mit lö-
sen, das heißt, erstmals werden die Fluggesellschaften
mit in den Emissionshandel einbezogen, und zum ande-
ren wird die Anzahl der betroffenen Anlagen in Deutsch-
land ab 2013 auf etwa 2 000 anwachsen. Das sind etwa
20 Prozent mehr als bisher. Durch die Eins-zu-eins-Um-
setzung können sich die betroffenen Unternehmen aber
rechtzeitig auf die veränderte Situation einstellen, ohne
dass ihnen bei der kostenlosen Zuteilung langjährige
Streitereien etwa mit der Kommission drohen.

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(C (D Der zweite Punkt betrifft die in der Novelle eröffnete öglichkeit zur Privilegierung von Kleinanlagen. Es ibt eine Option für Kleinanlagen, die von der Pflicht ur Abgabe von Zertifikaten dann befreit werden, wenn ie anstelle der Teilnahme am Emissionshandel gleichertige Maßnahmen zur Emissionsreduzierung erbrinen. Diese Regelung ist vor allem für kleine und mittlere nternehmen wichtig, die im Verhältnis zu ihrer Emis ionsmenge überproportional von den Transaktionskosn des Emissionshandels betroffen sind. Die dritte Regelung – da werden wir sicherlich noch Diskussionen mit dem Bundesrat eintreten – betrifft ie Neuaufteilung der Vollzugszuständigkeiten zwischen und und Ländern. Die Zuständigkeit des Umweltbunesamtes für die gesamte Emissionsüberwachung sichert inen bundeseinheitlichen Vollzug und trägt damit auch ur Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen den in Deutschnd am Handel beteiligten Unternehmen bei. Die Geehmigung der emissionshandelspflichtigen Anlagen oll wie bisher unverändert bei den Ländern bleiben. Gestatten Sie mir dazu eine Anmerkung. Wir können icht in Europa einheitliche Bedingungen haben und es Deutschland in den einzelnen Bundesländern unter chiedlich regeln. Es ist wichtig, dass wir auch innerhalb eutschlands zu einheitlichen Regelungen kommen. Es gibt natürlich Wünsche – auch darüber werden wir och sprechen –, die in der Novelle nicht enthalten sind. ies betrifft die viel diskutierten Regeln für die kostense Zuteilung von Zertifikaten. Diese Regeln werden ab 013 EU-weit vereinheitlicht. Die Mitgliedstaaten – das uss man klar sagen – haben bei der Umsetzung dieser egeln keinen nennenswerten Gestaltungsspielraum ehr. Deshalb sieht der Entwurf der Novelle die Umset ung der Zuteilungsregeln im Wege einer Rechtsverordung vor. Weil es aber ein besonderes politisches Thema t und auch immer wieder besondere politische Auferksamkeit bekommt, wird vorgeschrieben, dass die ustimmung des Deutschen Bundestages zu der Zuteingsverordnung erforderlich ist. Damit ist gewährleist, dass es immer wieder hier im Parlament diskutiert ird. Der Emissionshandel ist für die von ihm erfassten Beiche das zentrale Instrument zur Erreichung unserer limaschutzziele. Er ist das wirklich umfassendste kliapolitische Instrument. Wir sehen unsere Industrie und nsere Unternehmen auch für den Emissionshandel nach 012 sehr gut aufgestellt. Deshalb können wir jetzt froen Mutes in die neue Handelsperiode eintreten. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Frank Schwabe für die SPD-Frak on. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710215400

(Beifall bei der SPD)





(A) )


Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1710215500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Leider sind die Unternehmen nicht so gut aufgestellt,
Frau Staatssekretärin, weil Sie mit Ihrer nationalen Um-
setzung etwas spät dran sind; es hätte schneller gehen
können. Das bringt Probleme für manche Unternehmen.
Sie wissen nicht genau, wie das demnächst eigentlich
aussieht und wie sie dann an die Zertifikate kommen,
weil das Gesetz noch nicht beschlossen ist und Sie den
Zeitplan, den Sie sich vorgenommen haben, nicht einhal-
ten werden.

„Gesetz zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die
Fortentwicklung des Emissionshandels“, das ist der
sperrige Titel. Es ist eine recht sperrige Materie. In der
Tat – Sie haben es erwähnt, Frau Staatssekretärin –: Die
nationalen Spielräume sind sehr gering. Ich sage: Zum
Glück sind sie national sehr gering. Wir werden uns im
Rahmen der Anhörung am Montag intensiver mit diesen
geringen Spielräumen beschäftigen.

Es ist gut, dass die nationalen Spielräume eng sind.
Warum? Weil der Emissionshandel eines der zentralen
Instrumente des Klimaschutzes ist und wir uns einig
sind, dass die Herausforderungen des Klimawandels nur
in größeren Zusammenhängen zu bewältigen sind. Das
gilt weltweit und eben auch EU-weit.

Es wird viel Kritik an der EU geübt. An der Stelle
muss man aber einmal eine Eloge auf die EU halten. Wir
haben mit der dritten Handelsperiode endlich ein einheit-
liches europäisches System, abseits von nationalen Ego-
ismen des Status quo, die die Verhandlungen zur ersten
und zweiten Periode leider bestimmt haben. In der ersten
Periode ist etwas herausgekommen, das am Ende gar
keine Steuerungswirkung mehr hatte. In der zweiten
Handelsperiode ist es deutlich besser geworden, aber
auch da hätte man sich mehr vorstellen können.

Ich will aus Sicht des Parlaments in Deutschland sa-
gen: Wir – ich meine diejenigen, die damals schon dabei
waren – haben das Bestmögliche herausgeholt. Mit ei-
nem Versteigerungsanteil von am Ende 8,8 Prozent sind
wir fast an die Grenze dessen gegangen, was wir eigent-
lich durften. Nichtsdestotrotz gab es Mitnahmeeffekte in
einer Größenordnung von 30 bis 35 Milliarden Euro bei
den großen Energieversorgungsunternehmen. Wir von
der Politik müssen uns schon zurechnen lassen, dass wir
das nicht verhindert haben.

Was heute Grundlage ist, was wir heute diskutieren
und demnächst hier beschließen werden, ist letztendlich
Produkt des EU-Gipfels von Ende 2008. Ich will daran
erinnern, dass es Umweltminister Gabriel war, der da-
mals mit dafür gesorgt hat, dass diese Regeln durchge-
setzt worden sind. Die Hauptregel ist, dass es im Bereich
der Energieversorgung, des Stroms, eine hundertprozen-
tige Versteigerung gibt. Das wird ab dem 1. Januar 2013
seine Wirkung haben.

Ich will auch hervorheben, dass wir als Bundestag
sehr selbstbewusst auf den Zeitpunkt Ende 2008 schauen
können, weil wir als Deutscher Bundestag ein Stück Ge-
schichte geschrieben haben. Wir haben nämlich die Be-
teiligung des Parlaments an der EU-Gesetzgebung mit

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(C (D eben gefüllt. Ich glaube, dass man daraus lernen kann. s ist gut, ein selbstbewusstes Parlament zu haben. In er aktuellen Situation kann man lernen: Es sind nicht egierungen, nicht Sonderkommissionen und auch nicht alkshows, die am Ende entscheiden, sondern es ist der eutsche Bundestag; er ist vom Souverän mit der Macht usgestattet, zu entscheiden. Heute sollten wir uns daran rinnern, dass das Ende 2008 geklappt hat. Auch bei em, was in den nächsten Wochen und Monaten ansteht, ollten wir uns darauf besinnen. Das alles sind Erfolge der Vergangenheit, die sich tzt auszahlen. Die jetzige Regierung, Schwarz-Gelb vielleicht kann man das Herrn Umweltminister öttgen ausrichten –, muss sich an dem Hier und Jetzt essen lassen und daran, was im Moment Klimaund nergiepolitik in diesem Lande ist. Da weiß die Regiengskoalition nicht mehr, wo hinten und vorn ist. Sie haben eine Laufzeitverlängerung durchgesetzt, on der Sie nicht wissen, wie Sie davon wieder loskomen. Sie haben auf 29 schwach beschriebenen Seiten ein ogenanntes Energiekonzept erstellt, das mittlerweile ulverisiert ist. Sie haben es versäumt, das Klimaproramm von Meseberg weiterzuentwickeln, das 2007 aufestellt wurde und deutlich detaillierter war als das sogeannte Energiekonzept. Sie haben gegen Ihren eigenen oalitionsvertrag verstoßen. Sie haben von „Brückenchnologien“ geredet und gleichzeitig die Pfeiler der rücke eingerissen. Sie haben die Mittel für den Klima chutz gestrichen. Sie haben einen ominösen Energiend Klimafonds aufgelegt, von dem Sie nicht genau wisen, ob überhaupt etwas in diesen Fonds hineinkommt nd wie viel das sein wird. Sie haben den Exportschlager EG ins Abseits gestellt und auf die verrottete Atomchnologie gesetzt. All das hat einen Torso, eine Karikatur von Energiend Klimaschutzpolitik hinterlassen. Es bringt auch ichts, wenn Herr Röttgen ständig schöne Sätze spricht, ie man bald alle auswendig kann. Denn er ist nicht dar gewählt worden, Zukunftsforscher, Philosoph oder eitartikler zu sein. Er ist dafür gewählt worden, Dinge mzusetzen. Ich meine beispielsweise die Frage, welhen Klimaschutz die Europäische Union zukünftig leisn wird. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Frage es Emissionshandels: Wollen wir eine Verschärfung der limaschutzziele innerhalb der Europäischen Union von 0 auf 30 Prozent, ja oder nein? Es ist die Zeit gekomen, darüber nicht weiter zu reden, sondern sich endlich urchzusetzen und die Dinge zu vollziehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Ich empfehle sehr, das Gutachten zu lesen, das der
issenschaftliche Beirat „Globale Umweltveränderun-

en“ heute auf den Tisch gelegt hat; ich habe es zumin-
est anlesen können. Er ermahnt uns, die Dynamik zu
utzen, die in einem beschleunigten Atomausstieg in
eutschland, aber auch darüber hinaus liegt. Er ermahnt
ns, die Chancen zu nutzen, die Dinge anzugehen und
en Energieumbau voranzutreiben. Dafür braucht man





Frank Schwabe


(A) )


)(B)

einen effizienten Emissionshandel. Ich denke – so viel
Gemeinsamkeit kann sein –, dass das, was wir am Ende,
vielleicht mit leichten Veränderungen, als Gesetz verab-
schieden werden, durchaus einen Beitrag dazu leistet.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710215600

Das Wort hat die Kollegin Judith Skudelny von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Judith Skudelny (FDP):
Rede ID: ID1710215700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im De-

zember 2009 haben die Grünen einen Antrag gestellt, die
alten ineffizienten, CO2 und Quecksilber emittierenden
fossilen Kraftwerke am besten vom Netz zu nehmen.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben geschrieben: Keine neu zu bauen!)


Heute werden diese alten ineffizienten Dreckschleudern
in vielen Studien und beispielsweise auch in Studien des
Öko-Instituts „kalte Reserven“ genannt. Es wird darauf
verwiesen, dass es gar nicht so schlimm ist, wenn diese
kalten Reserven jetzt hochgefahren werden. Warum?
Weil wir auf europäischer Ebene den Zertifikatehandel
haben.

Spätestens jetzt hat sogar der Letzte gemerkt, dass
Verschmutzungen in einen Naturraum einzupreisen, bes-
ser ist, als Techniken nach wechselnden Befindlichkei-
ten zu bestrafen oder zu bevorzugen. Es ist viel sinnvol-
ler, auf europäischer Ebene ein marktwirtschaftliches
Instrument einzuführen, als auf lokaler Ebene einzelne
Kraftwerke hoch- oder herunterzufahren. Der Zertifika-
tehandel ist hierfür das richtige Instrument. Insofern fin-
den wir es gut, dass wir diesen in der nächsten Handels-
periode weiter verstärken.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Es ist auch richtig, dass energieintensive Unterneh-
men kostenfreie Zuteilungen bekommen. Warum? Wir
wollen das Klima schützen, wir wollen nicht die euro-
päische Industrie schwächen. Unternehmen, die auf dem
globalen Markt bestehen wollen, brauchen Rahmenbe-
dingungen, damit sie sich am globalen Markt durchset-
zen können. Zu diesen Rahmenbedingungen insbeson-
dere für energieintensive Unternehmen gehört einfach
auch, dass wir in dieser Frage helfen müssen.

Deswegen freue ich mich ganz besonders, dass im
Bereich der Chemie 95 Prozent der Zertifikate frei zuge-
teilt werden. Warum ist dieser Bereich so wichtig? Wir
sind in Deutschland bei der Chemie Weltmarktführer.
Wir haben hier wichtige Arbeitsplätze. Ich danke Herrn
Röttgen und Herrn Wirtschaftsminister Brüderle dafür,
dass sie sich auf europäischer Ebene so stark für
Deutschland eingesetzt haben.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl ein Gerücht, das Sie da gehört haben! – Rolf Hempelmann [SPD]: Wann und wo? Das hätte ich gern genauer!)


Bei allem Lob: Es gibt auch drei Kritikpunkte, die ich
m Anfang des parlamentarischen Verfahrens anbringen
öchte. Frau Heinen-Esser hat die Kleinemittenten er-
ähnt. 50 Prozent der Anlagen, die neu in den Zertifika-
handel einbezogen werden, sind Kleinemittenten, die
sgesamt 2 Prozent der CO2-Emissionen verursachen.
ür sie gibt es folgende Ausnahmeregelung: Wenn die
O2-Reduzierung entsprechend der im Zertifikatehandel
orgesehenen Reduzierung vorgenommen wird, also pa-
llel zu dieser läuft, können sie vom Zertifikatehandel

usgenommen werden, einfach aus dem Grund, dass die
ürokratiekosten wahrscheinlich höher wären als die
osten für die Zertifikate.

Hier gibt es nun Spielräume. Man kann sich vorstel-
n, dass es zum Beispiel für eine kleine Ziegelei wie die
meiner Gemeinde, die Kunsthandwerk macht, ziem-
ch schwierig ist, jedes Jahr den CO2-Ausstoß genau um
,74 Prozent zu reduzieren. Es gibt vielleicht Nachrüst-
aßnahmen, die nur 1,7 oder 1,69 Prozent oder auch nur

,59 Prozent Reduzierung bringen. Für solche Fälle
urde ein kleiner Spielraum vorgesehen; das heißt,
enn sie weniger schaffen, also beispielsweise nur
,6 Prozent, müssen sie für diese Differenz in Höhe des
egenwertes der Zertifikate zahlen, also quasi eine Er-

atzzahlung leisten. Einen solchen Spielraum gibt es
ber nur bei einer Reduzierung von 1,6 bis 1,74 Prozent.
enn die Einsparung demgegenüber beispielsweise bei

,59 Prozent liegt, muss der volle Betrag bezahlt wer-
en.

Wir wollen mit dem Zertifikatehandel nicht Geld ver-
ienen, sondern für Klimaschutz sorgen. Vor diesem
intergrund ist jedes eingesparte Tönnchen CO2 eine
ute Maßnahme. Deswegen fordere ich hier für die FDP
ine Nachbesserung in der Form, dass jemand, der gar
ichts macht, den vollen Gegenwert zahlt, dass jemand,
er nur halb so viel wie vorgesehen einspart, die Hälfte
ahlen, und jemand, der drei Viertel der vorgesehenen
insparungen schafft, nur ein Viertel zahlen soll. Hier
infach einen Grenzwert festzulegen, halten wir nicht für
erechtfertigt. Das würde nur Kleinunternehmen und
en Mittelstand und damit diejenigen treffen, die jetzt
ach der Wirtschaftskrise wieder Kapazitäten aufbauen.
eswegen denken wir, dass man hierüber durchaus noch
den sollte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt einen zweiten Kritikpunkt; dieser betrifft den
ereich der Müllverbrennung. Es gibt Hausmüll, es gibt
ber auch Plastikmüll. Dieser Plastikmüll, der aus Erdöl
esteht, kann wiederaufgearbeitet werden und wird dann
ls Ersatzbrennstoff bezeichnet. Jetzt kann man auf der
inen Seite sagen: Die Verbrennung von Öl und die Ver-
rennung dieses Brennstoffs, der auch einmal Öl war,





Judith Skudelny


(A) )


)(B)


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nennen ihn Ersatzbrennstoff, nicht wir!)


ist im Prinzip gleichzusetzen. Beides emittiert ja in ge-
wisser Weise CO2 und fällt damit unter den Zertifika-
tehandel. Auf der anderen Seite wird aber in fast allen
Gutachten nachgewiesen, dass die Verwendung von Er-
satzbrennstoffen dem Klima nützt: Zum einen wird das
gleiche Produkt mehrfach verwertet, zum anderen ist un-
ter dem Strich tatsächlich ein positiver Klimaeffekt, ein
positiver CO2-Effekt vorhanden. Ob man diese positive
Maßnahme, diese Klimaschutzmaßnahme, jetzt unbe-
dingt in den Zertifikatehandel einbeziehen soll, kann
man durchaus noch einmal diskutieren. Schon im Vor-
feld wurde ja darüber diskutiert. Man hat dann gesagt:
Bei einem Brennwert über 13 000 Kilojoule handelt es
sich um einen Ersatzbrennstoff; alles, was darunter liegt,
ist vom Zertifikatehandel freigestellt. Aber diese Grenze
ist nicht sachlich gerechtfertigt, sondern das Ergebnis
von Verhandlungen. Über diesen Punkt könnte man also
durchaus auch noch nachverhandeln.

Der dritte Kritikpunkt betrifft den Flugverkehr. Der
Flugverkehr wird 2013 in den Zertifikatehandel mitein-
bezogen. Davon sind allerdings auf globaler Ebene nicht
alle begeistert. Eine amerikanische Airline hat dagegen
bereits Klage bei der EU-Kommission eingereicht. Man
kann darüber diskutieren, ob ein Gericht diese Frage ent-
scheiden soll. In vielen Fällen kann man das bejahen.

Wir denken allerdings, dass Europa eine Handelszone
darstellt, in der wir es mit Handelspartnern zu tun haben.
Wenn von Handel, von Vertrauensverhältnissen und
Partnern gesprochen wird, dann sollte man sich viel-
leicht darum bemühen, solche Gerichtsverfahren zu ver-
meiden und stattdessen im Vorfeld mit den Partnern
sprechen.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Aha!)


Die Liberalen auf europäischer Ebene führen diese Ge-
spräche schon. Wir möchten, dass auch die EU-Kom-
mission verstärkt in die Gespräche eintritt, damit die
Differenzen, die im Moment noch bestehen, in harten,
aber fairen Gesprächen einvernehmlich aufgelöst wer-
den und wir am Ende nicht die Gerichte darüber ent-
scheiden lassen, wie unser Handel mit europäischen und
außereuropäischen Partnern abgewickelt wird.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Si tacuisses, philosophus mansisses!)


In unseren Haushaltsplänen ist die Flugticketabgabe
noch enthalten. Diese soll ja 2013 von der Flugverkehr-
steuer abgelöst werden. Deshalb freue ich mich auf den
Haushalt 2013, in dem die Flugticketabgabe nicht mehr
enthalten sein wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat nun Eva Bulling-Schröter für die Frak on Die Linke. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ieles von dem, über das wir heute beraten, ist bereits 008 auf europäischer Ebene entschieden worden. Auf ie Emissionshandelsrichtlinie der EU hatte Deutschland roßen Einfluss. Doch hier ist offensichtlich einiges chiefgelaufen – jedenfalls aus Sicht des Klimaschutzes. Nachdem die Politik seit 2005 die Stromkonzerne fett emacht hat, indem die Konzerne die wertvollen Emisionsrechte vom Staat geschenkt bekommen haben und iese aber unbegründet eingepreist haben, sollen die ertifikate ab 2013 wenigstens im Stromsektor versteiert werden. Dies könnte auch im Kraftwerksbereich tatächlich Lenkungswirkung entfalten, allerdings nur ann, wenn nicht zu viele Emissionsrechte auf den arkt geworfen werden. Doch genau hier liegt das Problem; denn überschüsige Rechte können von dieser Handelsperiode 2012 in ie nächste Handelsperiode ab 2013 übertragen werden. urzeit liegen Rechte für 100 bis 160 Millionen Tonnen O2 sozusagen auf Halde. Bedingt durch die Wirt chaftskrise wurden sie nicht gebraucht. Es besteht daher ie Gefahr, dass der Markt mit Emissionsrechten überchwemmt wird und es daher keine Anreize für Klimachutzmaßnahmen gibt. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710215800

(Beifall bei der LINKEN)

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710215900

Umweltminister Röttgen will das Minderungsziel der
U von minus 20 auf minus 30 Prozent gegenüber 1990
erschärfen. Ich sage noch einmal: Wir unterstützen die-
es Ziel. Es ist aber nur unter der Voraussetzung zu errei-
hen, dass im Emissionshandelssektor entsprechend ge-
ürzt wird. Die EU-Kommission hatte dazu auch einen
lugen Vorschlag gemacht, nämlich im Jahr 2013 rund
,4 Milliarden Zertifikate stillzulegen. Sie würden also
on jenen Emissionsrechten abgezogen, die bislang zur
ersteigerung vorgesehen sind.

Wir haben die Bundesregierung schriftlich gefragt,
as sie davon hält. Sie hat ganz frech geantwortet, einen

olchen Vorschlag der Kommission gebe es überhaupt
icht. Dabei steht er in der Kommissionsmitteilung zur
nalyse eines verschärften Minderungsziels schwarz auf
eiß. Ich vermute Folgendes: Entweder nimmt die Bun-
esregierung die Kommission und ihre Mitteilungen
icht ernst oder aber das Fragerecht des deutschen Parla-
ents – vielleicht auch beides.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie liest die Mitteilungen der Kommission einfach nicht!)


Inzwischen hat Klimakommissarin Conni Hedegaard
iesen Vorschlag mehrfach wiederholt. Ich kann ankün-
igen, dass wir, die Linke, die Kleine Anfrage noch ein-





Eva Bulling-Schröter


(A) )


)(B)

mal stellen und die Antwort der Bundesregierung an
Frau Hedegaard schicken. Wir sind gespannt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die eigentliche Katastrophe in der EU-Emissionshan-
delsrichtlinie ist aber die weitgehend kostenlose Zutei-
lung der Emissionsrechte an die Industrie. Die in jeder
Hinsicht einfachste und wirksamste Methode einer Ver-
steigerung wurde unter deutschem Druck verworfen. Ich
sage nicht, dass eine Versteigerung keine Probleme mit
sich bringen würde; denn ich kenne ja Herrn Obermeier.
Er wird dazu sicher etwas sagen. Aber man hätte es dif-
ferenzierter ausgestalten können. Wir haben in diesem
Zusammenhang im Ausschuss über Kriterien diskutiert.
Diesen Weg wollten Sie nicht beschreiten.

Die Folge ist erneut ein bürokratisches Monstrum mit
einem Wirrwarr von Zuteilungsregeln. Das zeigt sich
auch bei der TEHG-Novelle, also der Novelle zum
Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz, um die es heute
geht. Durch das Hickhack zwischen Umwelt- und Wirt-
schaftsministerium ist das Ding zudem fast unlesbar ge-
worden. Die Lobbyarbeit der einzelnen Wirtschafts-
zweige und die Empfänglichkeit von Herrn Brüderle
dafür liegen wie Mehltau über der Rechtspflege.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Staffeldt [FDP]: Keine Unterstellungen!)


Dabei stehen die kompliziertesten Geschichten noch
gar nicht im Gesetz: Über den Verordnungsweg sollen
noch 52 EU-weit gültige Benchmarks eingeführt wer-
den. Was sind Benchmarks? Das sind Vergleichszahlen
für branchentypische Emissionen. Sie sind nötig, um die
Zuteilung an die Industrie im Detail zu regeln. Einzelne
Anlagen lassen sich dabei noch in fiktive Teilanlagen
zerlegen. Sie sehen, wie kompliziert das Ganze ist. Die
Folge ist: Es gibt Schlupflöcher ohne Ende; eine Kon-
trolle durch die Zivilgesellschaft ist quasi ausgeschlos-
sen. Dass hier unter dem Strich viele Firmen vom zu-
sätzlichen Klimaschutz befreit werden, pfeifen die
Spatzen vom Dach.

Ab nächstem Jahr wird der Flugverkehr in den Emis-
sionshandel einbezogen. Auch hier gilt: Die Messen
wurden bereits auf EU-Ebene gesungen. Das ist aller-
dings wenig ermutigend; denn die zugeteilte Gesamt-
menge wird im Jahr 2020 95 Prozent des Durchschnitts
der Jahre 2004 bis 2006 betragen. Ambitionierter Klima-
schutz sieht anders aus.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zudem sollen gerade einmal 15 Prozent der Rechte
versteigert werden. Ferner – das halte ich für schlimm –
ignoriert das System die indirekten Effekte des Flugver-
kehrs wie NOx und Wasserdampf, die die Treibhauswir-
kung je Tonne ausgestoßenes CO2 um den Faktor zwei
bis vier erhöhen. Das heißt, in Flughöhe ist CO2 wesent-
lich klimawirksamer als am Boden, beispielsweise bei
einem Auto. Dann müsste man das entsprechend der

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(C (D irksamkeit auch so einpreisen. Das wird jedoch nicht emacht. Insgesamt setzen wir mit dem TEHG nur ein halbheriges Klimapaket der EU um. Das sollte heute, bevor es den Ausschüssen um Details geht, noch einmal gesagt orden sein. Zum Schluss vielleicht noch Folgendes: Für besoners schäbig halte ich es, dass Sie von der Koalition die ompensation für Flugreisen schon im Vorfeld gestri hen haben. Das finde ich grob unanständig. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710216000

Das Wort hat nun Hermann Ott für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710216100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vor-

egende Novelle zum Treibhausgas-Emissionshandels-
esetz bringt unbestritten einige Verbesserungen, etwa
ie Vollversteigerung im Stromsektor, die Einbeziehung
eiterer Klimagase und Anlagen oder auch die längst
berfällige Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emis-
ionshandel.

Wahr ist aber auch, dass der Emissionshandel in der
ritten Handelsperiode weit hinter seinen Möglichkeiten
urückbleibt und damit den Herausforderungen des Kli-
awandels nicht gerecht wird. Ich will an dieser Stelle

ur einige Kritikpunkte nennen.

Da gibt es nach wie vor die weitgehend kostenlose
uteilung von Emissionszertifikaten an die Industrie
der die viel zu großzügige Nutzung des Clean Develop-
ent Mechanism, der teilweise höchst problematisch ist.
ies sind Regelungen, die den Emissionshandel schwä-

hen.

Doch es gibt sogar explizit klimaschädliche Regelun-
en in der Richtlinie. So erlaubt es die europäische Re-
elung sogar, neue Kohlekraftwerke mit den Erlösen aus
em Emissionshandel zu subventionieren. Die Bedin-
ung: Sie müssen „CCS-ready“ sein. Das heißt im
runde nicht mehr, als dass sie über einen zusätzlichen
enachbarten Bauplatz verfügen müssen, wo man so
ine Abscheidungsanlage hinsetzen könnte – könnte,
ber nicht muss. Es ist, meine Damen und Herren, eine
chande, dass ein Instrument des Klimaschutzes für die
inanzierung von Kohlekraftwerken, also von Klimakil-
rn, missbraucht werden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ass Sie diese Regelung umsetzen wollen, steht zwar im
oalitionsvertrag, aber die Regelung steht Gott sei Dank
icht im Gesetz.

Ich komme jetzt zu der Situation in Deutschland.

Es muss festgestellt werden, dass der gesamte Emis-
ionshandel in seiner jetzigen Ausgestaltung den Klima-
chutz in Deutschland eher behindert, indem er nämlich





Dr. Hermann Ott


(A) )


)(B)

die Erreichung des 40-Prozent-Ziels fast unmöglich
macht; denn die Verpflichtungen für Deutschland setzen
nur das europäische 20-Prozent-Ziel um. Die Minderung
für den Strom- und Industriesektor in Deutschland be-
trägt entsprechend eben auch nur 20 Prozent. Das ist
nicht nur viel zu schwach. Es ist auch nicht ersichtlich,
wie diese schwache Regelung von den übrigen Sektoren
kompensiert werden könnte, wo doch der Emissionshan-
del nur knapp die Hälfte der Emissionen in Deutschland
erfasst. Wie viel mehr soll denn der Verkehrssektor er-
bringen? Wie viel mehr sollen die privaten Haushalte er-
bringen? Nein, das deutsche 40-Prozent-Ziel entspräche
einem europäischen Ziel von 30 Prozent. Das wäre – das
wissen Sie auch – sowohl ökologisch als auch ökono-
misch sinnvoll.

Aber die Bundesregierung blockiert die europäische
Einigung auf ein 30-Prozent-Ziel. Sie blockiert damit
auch die Erreichung des eigenen Ziels. Ist es Schizo-
phrenie oder kühle Kalkulation? Wir wissen es nicht.
Aber so nebenbei wird dadurch auch der seit Regie-
rungsantritt bestehende Geburtsfehler dieser Koalition
deutlich, dass es nämlich keine Solidarität unter Ihnen
gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wirtschaftsminister Brüderle bremst gnadenlos Um-
weltminister Röttgen aus, der sich für die Erhöhung des
Ziels auf 30 Prozent einsetzt. Röttgen bekommt zum
Dank nicht einmal die Unterstützung seiner Umweltpoli-
tikerinnen und Umweltpolitiker. Ein im Umweltaus-
schuss eingebrachter interfraktioneller Antrag zur Erhö-
hung des EU-Ziels bekam die Stimmen der Grünen, der
SPD und der Linken, aber nicht die Stimmen von Union
und FDP. Damit, meine Damen und Herren von der
schwarz-gelben Koalition, haben Sie schnöde Ihren ei-
genen Minister im Regen stehen gelassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Zurück zum vorliegenden Entwurf. Leider müssen
– wie so oft bei dieser Regierung – auch handwerkliche
Mängel konstatiert werden. Die Novelle kommt viel zu
spät. Sie hätte bereits am 2. Februar 2010 vorgelegt wer-
den müssen. Da ist die offizielle Frist abgelaufen. Ein
Vertragsverletzungsverfahren der EU ist anhängig. Das
dritte und letzte Mahnschreiben der Kommission geht
derzeit an Deutschland heraus. Deutschland sieht neben
Polen, Estland und Zypern ziemlich schlecht aus. Dabei
stehen für die Industrie im Juni und September wichtige
Fristen an. Schon bis zum 30. Juni müssen zum Beispiel
die Anträge der Fluggesellschaften auf kostenlose Zutei-
lung bei der EU-Kommission vorliegen. Das ist für die
Unternehmen nur schwer zu schaffen.

Diese Verspätung ist aber nicht zufällig. Die vorlie-
gende Novelle kommt auch deshalb auf den letzten Drü-
cker, weil innerhalb der Bundesregierung um Ausnah-
men und Sonderregelungen gefeilscht worden ist, zum
Beispiel für die sogenannten Kleinemittenten. Statt an-
gesichts des fortschreitenden Klimawandels mit einer
zügigen und klaren Novelle den Anspruch eines Vorrei-

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(C (D rs beim Klimaschutz zu unterstreichen, hat sich die Reierung in Ausnahmeregelungen und Detaildebatten verettelt. Das ist ein völlig falsches Signal, insbesondere r die Klimakonferenz Ende dieses Jahres. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


ie internationale Klimapolitik braucht Vorreiter; es
räuchte Deutschland, es bräuchte die EU. Doch diese
orreiterrolle wollen Sie offenbar nicht annehmen.

Meine Damen und Herren, die Bundeskanzlerin hat
ine Energiewende in Deutschland angekündigt. Dabei
eht es nicht nur um den Ausstieg aus der nicht be-
errschbaren und tödlichen Atomenergie, sondern auch
m den Einstieg in eine Energieversorgung durch erneu-
rbare Energien und den Umbau zu einer effizienteren
nd grüneren Wirtschaft. Die vorliegende Novelle zum
reibhausgas-Emissionshandelsgesetz hätte ihren Bei-
ag dazu leisten können, die Weichen in diese Zukunft
u stellen. Doch wie bei fast allem, was diese schwarz-
elbe Koalition anpackt, packt sie es nicht. Es ist ein
ammer.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710216200

Das Wort hat nun Andreas Jung für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1710216300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

öchte zunächst unterstreichen – zumal Herr Kollege
r. Ott dies angezweifelt hat –: Die Umweltpolitiker der
nion stehen mit Überzeugung und großer Geschlossen-
eit hinter dem Eintreten des Bundesumweltministers
r ein Aufstocken des EU-Ziels auf 30 Prozent.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum stimmen Sie dann nicht zu? Sie hätten unseren Antrag unterstützen können!)


as zeigt dieser Applaus, das zeigt unser Eintreten dafür
der Öffentlichkeit, und das zeigt auch unser Werben

afür in den Koalitionsfraktionen. Wir wollen, dass die
ntscheidung der Koalition am Ende in genau diese
ichtung geht. Wir stehen selbstverständlich zu unserem
limaziel, bis 2020 die Treibhausgase gegenüber 1990
m 40 Prozent zu reduzieren.

Ein wesentliches Instrument des Klimaschutzes ist
er Emissionshandel, über den wir heute diskutieren. Ich
laube sagen zu können, dass mit der Emissionshandels-
eriode ab 2013 Verbesserungen erzielt und in drei Be-
ichen dieses Emissionshandelssystems Quanten-

prünge gemacht werden können.

Erstens. Wie bereits von mehreren Rednern angespro-
hen worden ist, werden wir weitgehende einheitliche





Andreas Jung (Konstanz)



(A) )


)(B)

europäische Regelungen haben. Wir überwinden so das
bisher geltende Emissionshandelssystem, in dem es zwar
europäische Vorgaben, aber weiten Spielraum für natio-
nale Regelungen gibt. Damit erreichen wir zweierlei:
Zum einen erreichen wir auf europäischer Ebene ein ge-
meinsames Vorgehen beim Klimaschutz im Bereich des
Emissionshandels, zum anderen erreichen wir Wettbe-
werb auf Augenhöhe für unsere Industrie. Aus beiden
Gründen haben wir uns dafür eingesetzt, und aus beiden
Gründen ist das ein wichtiger Schritt.

Zweitens. Erstmals wird der Flugverkehr in den
Emissionshandel einbezogen. Ich glaube, das ist ein
wichtiger Einstieg. Ich glaube auch, dass es notwendig
sein wird, Schritt für Schritt zu einer weiteren Reduzie-
rung des Caps, zu einer weiteren Auktionierung zu kom-
men. Es ist aber aus klimapolitischer Sicht zunächst ein-
mal ein Anlass zur Freude, dass dieser Einstieg gelungen
ist und dass die jahrzehntelange Diskussion, in der es
immer wieder geheißen hat, man würde die umwelt-
freundlichen Verkehrsmittel wie Bus und Bahn mit der
Ökosteuer belasten, aber das Flugbenzin sei steuerfrei,
damit überwunden ist. In Zukunft muss der, der mit dem
Flugzeug unterwegs ist, auch für den CO2-Ausstoß be-
zahlen. Das finde ich richtig.

Drittens. Wir werden – auch das ist angesprochen
worden – zu einer 100-prozentigen Auktionierung im
Strombereich kommen. Das bedeutet in der Tat einen
Quantensprung, ausgehend von einer vollständig kosten-
losen Zuteilung über eine Teilauktionierung in der letz-
ten Legislaturperiode hin zu einer 100-prozentigen Auk-
tionierung mit einer Differenzierung zwischen dem
Energiebereich und dem Industriebereich. Das halten wir
für richtig, weil es zeigt, dass wir den Weg in eine koh-
lenstofffreie, eine kohlenstoffarme Wirtschaft gehen
wollen, dass wir aber gleichzeitig Industrie und Arbeits-
plätze in Europa im Blick haben. Wir kämpfen für ein
globales Abkommen, in dem sich alle Staaten der Welt
verpflichten, vergleichbare Ziele anzustreben, weil dann
eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nicht mehr möglich
ist. Wir wollen eine 100-prozentige Auktionierung im
Energiebereich. Wir haben auch im Bereich der Industrie
anspruchsvolle Ziele, aber noch nicht die Auktionierung.

Lassen Sie mich drei Bemerkungen zu dem Gesetz-
entwurf machen, über den wir heute diskutieren, mit
dem das TEHG novelliert werden soll:

Erstens. Wenn wir einheitliche Regelungen und Wett-
bewerb auf Augenhöhe haben wollen, dann müssen wir
darauf achten, dass die europäischen Regelungen tat-
sächlich eins zu eins umgesetzt werden; dadurch wird si-
chergestellt, dass wir dieses Ziel erreichen. Die Bundes-
regierung geht davon aus, dass die Emissionshandels-
Richtlinie durch diesen Gesetzentwurf genau so umge-
setzt wird. Es wurde schon angesprochen, dass das von-
seiten der Wirtschaftsverbände an der einen oder ande-
ren Stelle infrage gestellt wird. Wir wollen uns in der
Anhörung und bei den Beratungen Zeit nehmen, um
diese Fragen zu klären, damit wir am Ende sicher sein
können, dass diese Richtlinie tatsächlich eins zu eins
umgesetzt wird. Es gibt, wie gesagt, nur noch einige De-
tailfragen zu klären.

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(C (D Zum Zweiten wollen wir uns anschauen, inwieweit er Spielraum genutzt wurde, den die Richtlinie bei leinanlagen bietet. Diese Anlagen müssen nicht in den missionshandel einbezogen werden, sondern können avon befreit werden. Dieser Spielraum wird genutzt. uch das halten wir für richtig. Wir wollen uns die Reelung noch einmal genau anschauen, damit bei diesen om Emissionshandel befreiten Unternehmen so wenig ürokratieaufwand wie möglich entsteht. Gleichzeitig üssen wir aber darauf achten, dass die Erfordernisse es Klimaschutzes berücksichtigt werden. Drittens und letztens. Es gibt Regelungen, die in dieem Gesetzentwurf nicht enthalten sind. Sie sind in der uropäischen Richtlinie verbindlich geregelt und werden Deutschland durch eine Verordnung umgesetzt. Union nd FDP haben darauf gedrungen, dass diese Verordung der Zustimmungspflicht des Deutschen Bundestaes unterliegt. Es geht dabei um maßgebliche Fragen, um Beispiel um die Regelung zur kostenlosen Zuteing im Bereich der Industrie. Wir finden, es ist richtig nd notwendig, dass der Deutsche Bundestag an dieser telle ein Mitspracherecht hat. Wir wollen uns deswegen eit für die Beratung dieser Fragen nehmen. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Rolf Hempelmann für die SPD raktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! iebe Kollegen! Der Emissionshandel – ich glaube, daber sind wir uns einig – ist ein wichtiges Klimaschutzstrument und damit ein wichtiges umweltpolitisches strument. Deswegen ist es schade, dass unser Kollege rank Schwabe eben die Staatssekretärin bitten musste, em Bundesumweltminister über den Verlauf dieser Deatte Bericht zu erstatten. Es wäre schön, wenn er hier äre. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU]: Es wäre schön, wenn mehr von der SPD da wären und nicht nur fünf! Sie sollten Ihre Fraktion informieren!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710216400

(Beifall bei der SPD)

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1710216500

Der Emissionshandel ist aber auch ein wichtiges wirt-
chaftspolitisches Instrument. Zumindest hat dieses In-
trument eine hohe wirtschaftspolitische Relevanz. Des-
egen ist es umso bedauerlicher, dass nicht einmal ein
ote hier ist, ein Staatssekretär, der dem Bundeswirt-

chaftsminister Bericht erstatten könnte. Ich denke, das
eigt deutlich, welchen Stellenwert der amtierende Bun-
eswirtschaftsminister diesem Thema beimisst.


(Beifall des Abg. Frank Schwabe [SPD])


ls Wirtschaftspolitiker werde ich mich wirtschaftspoli-
schen Fragen natürlich in besonderer Weise widmen.





Rolf Hempelmann


(A) )


)(B)

Der Erfolg eines solchen Klimaschutzinstrumentes,
des Emissionshandels, hängt auch davon ab, dass man
neben den gewünschten Wirkungen, die man erreichen
möchte, unerwünschte vermeidet. Ein Stichwort in die-
sem Zusammenhang ist – darüber haben wir uns hier
schon häufiger unterhalten – Carbon Leakage. Wir wol-
len vermeiden, dass Unternehmen den Standort Deutsch-
land verlassen, weil das Instrument Emissionshandel
hier bestimmte Folgen hat. Wir wollen vermeiden, dass
Unternehmen in Länder abwandern, in denen es dieses
Instrument nicht gibt, in denen sie ihre Produkte gegebe-
nenfalls auf klima- und umweltschädliche Weise herstel-
len können. Ich glaube, das ist ein honoriges Ziel, das
gerade auch den Bundeswirtschaftsminister beschäftigen
muss.

Ich denke da insbesondere an die energieintensive
Grundstoffindustrie in Deutschland. Sie wissen: Wir
sind das Industrieland Nummer eins in Europa. Wir sind
dadurch natürlich in besonderer Weise von diesen As-
pekten des Emissionshandels betroffen und besonders
gefordert, unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden
oder zumindest einzuschränken. Wie kann man das tun?
Man kann es tun – so ist es Ende 2008 vom Europäi-
schen Rat festgelegt worden –, indem man dort, wo es
notwendig ist – und nur dort, wo es notwendig ist –, ent-
sprechende Kompensationsregelungen vorsieht, zum ei-
nen für die direkten Kosten des Emissionshandels, also
die, die durch die Zertifikate entstehen, und zum anderen
für die indirekten Folgen des Emissionshandels, die sich
beim Strompreis bemerkbar machen. Der Bundeswirt-
schaftsminister war seit Ende 2008, zumindest seit Be-
ginn dieser Legislaturperiode aufgefordert, in einen Dia-
log mit der Wirtschaft einzutreten und Vorschläge zu
erarbeiten, wie solche Kompensationsmöglichkeiten aus-
sehen können. Der Wettbewerbskommissar Almunia hat
längst ein Konsultationsverfahren eingeleitet und wartet
auf die Vorschläge der nationalen Regierungen. Nach
unserer Kenntnis und nach dem, was wir aus Brüssel hö-
ren, gibt es aus Deutschland dazu bisher keine Vor-
schläge.

Wir hören das auch von den Unternehmen, die hände-
ringend darum bitten, dass es endlich zu konkreten Re-
gelungen kommt. Warum ist das für sie so wichtig?
Diese Unternehmen haben in der Regel sehr langfristige
Investitionszyklen, verkaufen ihre Produkte meist Jahre
im Voraus an den Weltmärkten, zum Beispiel Alumi-
nium, und sind darauf angewiesen, auch Jahre im Voraus
ihre Kosten zu kennen. Die kennen sie aber nicht, wenn
zum Beispiel über die wichtige Frage der Kompensation
nicht zeitig Entscheidungen getroffen werden. Deswe-
gen richten wir die dringende Aufforderung an den Bun-
deswirtschaftsminister – möglicherweise liest er die Pro-
tokolle des Deutschen Bundestages –, sich endlich in
dieses Konsultationsverfahren einzuschalten,


(Beifall bei der SPD)


den notwendigen Dialog mit der Wirtschaft zu führen
und konkrete Kompensationsvorschläge vorzulegen.
Das ist für uns wichtig, nicht nur für die Grundstoffin-
dustrie, sondern für die Industrie insgesamt, weil – das
wissen wir mittlerweile; spätestens seit der Wirtschafts-

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(C (D rise ist es allen bekannt – wir eine hochvernetzte Indusie haben. Die Wertschöpfungsketten funktionieren; sie nktionieren auch deshalb, weil wir über die Grund toffindustrie verfügen. Es gibt also neben all den wichgen, hier schon genannten Klimaschutzaspekten auch iese Seite des Emissionshandels. Wir fordern den Wirtchaftsminister auf, zu erkennen, dass dies auch sein hema ist und dass er sich darum kümmern muss. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710216600

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol-

gen Franz Obermeier für die CDU/CSU-Fraktion das
ort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1710216700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ielen Dank, Herr Hempelmann, für Ihre Ausführungen,
umindest für den größten Teil, in denen Sie die Debatte
ber den Emissionshandel einigermaßen realistisch dar-
estellt haben. Der Verweis auf den Bundesumweltmi-
ister ist nicht so recht zu verstehen, wenn ich die Prä-
enz Ihrer Fraktionskolleginnen und -kollegen in dieser
ebatte betrachte. Vorhin waren nur fünf Kollegen an-
esend, jetzt zähle ich sechs. In der SPD-Fraktion wird
as Thema offenbar auch nicht als so wichtig angesehen.

Der Emissionshandel wurde von uns in der CDU/
SU-Bundestagsfraktion seit vielen Jahren als das In-

trument angesehen, das am geeignetsten ist, unsere
O2-Minderungsziele zu erreichen. Die Begründung da-
r ist, dass er ein wettbewerbliches Instrument ist.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710216800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1710216900

Ja, selbstverständlich.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710217000

Bitte schön.


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1710217100

Herr Kollege Obermeier, sind Sie bereit, zur Kenntnis

u nehmen, dass die SPD-Bundestagsfraktion parallel zu
ieser Aussprache und zur ersten Lesung dieses Gesetz-
ntwurfes ein seit langem anberaumtes Gespräch mit
eitzeugen aus Tschernobyl führt und ein großer Teil un-
erer Umweltpolitiker an diesem Gespräch teilnimmt?


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist dafür aber doch keine Begründung! Plenum geht vor! Wo kommen wir denn da hin? Der Minister hat auch wichtige Termine! Der geht ja auch nicht Kaffee trinken! – Gegenruf des Dr. Matthias Miersch )





(A) )

Abg. Frank Schwabe [SPD]: Wo ist er denn,
der Minister?)


Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1710217200

Das nehme ich zur Kenntnis.

Es geht um die Frage, wie wir unsere Klimaziele er-
reichen und die Minderung des Umfangs der CO2-Emis-
sionen so gestalten, dass wir die anderen Ziele, die wir
verfolgen, die Ziele volkswirtschaftlicher Natur, eben-
falls erreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen zum
wiederholten Male, dass Deutschland hier eine ganz be-
sondere Rolle spielt. Dem Klima ist mit Sicherheit nicht
gedient, wenn wir Produktion und Fertigung aus
Deutschland in andere Länder vertreiben, indem wir die
Produktionskosten erhöhen und unsere Wettbewerbsfä-
higkeit im Allgemeinen so sehr schwächen, dass die Pro-
duzenten an andere Standorte gehen. Rolf Hempelmann
hat die Themen, die relevant sind, schon angesprochen.
Es geht um Schlüsselindustrien in Deutschland, die wir
im Blick haben müssen. Ich bin der Bundesregierung
ausgesprochen dankbar, dass auf diese Belange in den
Verhandlungen innerhalb Deutschlands, aber auch inner-
halb der Europäischen Union Rücksicht genommen
wurde.

Ganz konkret geht es beispielsweise um die Abfall-
verwertung. Bei der Abfallverwertung entstehen Kosten.
Diese Kosten sind von den Verarbeitern, den Nutzern,
beispielsweise von der Verpackungsindustrie, zu tragen.
Es kommt sehr wohl darauf an, wie man damit umgeht.
Eine Lösung ist, die klassischen Müllverbrennungsanla-
gen davon auszunehmen. Ich könnte mit der Lösung le-
ben, dass die Zertifikatspflicht auch dort zur Geltung
kommt, wo Ersatzbrennstoffe industriell eingesetzt wer-
den. Denn hier geht es ganz konkret um die Produktion
und die wirtschaftliche Verwertung von Abfällen.

Was den Zertifikatehandel betrifft, ist dieser Aspekt
von eminenter Bedeutung, weil die bundesdeutsche Volks-
wirtschaft ohnehin mit einer Wettbewerbsverzerrung be-
sonderen Ausmaßes zu kämpfen haben wird, wenn die
Dinge erst einmal ins Laufen gekommen sind. Denn auch
innerhalb der Europäischen Union gibt es Wettbewerbs-
länder, die eine völlig andere Energieproduktionsstruktur
aufweisen, deren Stromwirtschaft beispielsweise deutlich
weniger CO2 emittiert, als es in Deutschland der Fall ist.
In Anbetracht der Strategie des Energiekonzeptes und der
Neuerungen, die sich aus den Lehren, die wir aus den Er-
eignissen in Japan ziehen, möglicherweise ergeben, müs-
sen wir uns auch mit anderen Emissionsstrukturen befas-
sen, als wir es uns noch vor wenigen Monaten vorgestellt
haben.

Ich bitte die Bundesregierung, bei den Verhandlungen
weiterhin sehr behutsam vorzugehen, was die Emissio-
nen im Allgemeinen betrifft. Des Weiteren verweise ich
auf die am kommenden Montag stattfindende Anhörung,
in der wir mit den Experten noch einmal darüber disku-
tieren wollen, wie wir den Zertifikatehandel im Interesse
unseres Landes so gestalten können, dass die nachteili-
gen Wirkungen möglichst gering bleiben.

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(C (D Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 17/5296 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht er Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Integration Älterer in den Arbeitsmarkt verbessern – Drucksache 17/5235 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin rigitte Pothmer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grüen das Wort. Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und erren! Es ist ungefähr ein Jahr her, dass Frau von der eyen gesagt hat, es gehe jetzt darum, den Silberschatz es Alters zu heben, und nicht etwa darum, die Älteren u entsorgen. Ich finde, das klingt gut. Das hat etwas rosaisches. Das Problem ist aber, dass – anders als im ärchen – in der Realität leider niemandem ein solcher ilberschatz einfach in den Schoß fällt. Dafür muss man twas tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Anton Schaaf [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710217300
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710217400

Wenn man sich die Zahlen dazu anguckt, dann sieht
an, dass seit diesen bahnbrechenden Worten leider nicht

iel passiert ist. Die Zahlen sprechen da eine deutliche
prache. In 35 Prozent aller Betriebe gibt es keinen ein-
igen Beschäftigten über 50 Jahre. Ich gebe zu: Die Be-
chäftigungsquote Älterer hat sich etwas verbessert. Aber
s lohnt sich schon, sehr genau hinzugucken. In der Al-
rsgruppe der 60- bis 64-Jährigen sind nur noch 38 Pro-

ent überhaupt beschäftigt. Arbeitslose über 50 haben es
esonders schwer, wieder einen Arbeitsplatz zu finden.
enn sie einmal arbeitslos geworden sind, schlittern sie
Regelfall in die Langzeitarbeitslosigkeit. Das können

ir uns angesichts des Fachkräftemangels nicht mehr
isten, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass





Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)

diese Generation, deren Potenziale wir jetzt nicht nutzen,
besser ausgebildet ist als die nachfolgenden Generatio-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Regierung geht offensichtlich davon aus, dass die
durch den demografischen Wandel bedingte Nachfrage
dieses Problem lösen wird. Ich kann Ihnen nur sagen:
Wenn wir hier nicht mit einer konzertierten Aktion vor-
gehen, wird sich gar nichts daran ändern. Wir sind ge-
rade im Begriff, in eine Situation zu schlittern, die auf
der einen Seite durch einen hohen Fachkräftemangel be-
schrieben werden kann und auf der anderen Seite durch
eine hohe Arbeitslosigkeit insbesondere der Älteren.

Ja, wir sind der Auffassung, dass die Lebensarbeits-
zeit an die steigende Lebenserwartung angeglichen wer-
den muss. Aber dazu muss man dann auch die Voraus-
setzungen schaffen. Wir weigern uns, anzuerkennen,
dass das Prinzip „Rente mit 67“ zu einem Prinzip der
Rentenkürzung durch die Hintertür wird. Das wollen wir
ausdrücklich nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen Rahmenbedingungen, die es ermöglichen,
dass die Menschen qualifiziert, motiviert und gesund das
Rentenalter erreichen. Wir wollen dafür sorgen, dass
Menschen, auch wenn sie mit über 50 Jahren arbeitslos
werden, eine echte und realistische Chance haben, wie-
der einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden.

Der Antrag, der Ihnen heute zur Beratung vorliegt,
enthält eine Menge von Vorschlägen zu diesem Problem.
Wir wollen, dass kontinuierliche Qualifizierung in den
Betrieben ansetzt. Es macht überhaupt keinen Sinn, mit
den Maßnahmen zu beginnen, wenn die Menschen alt
sind. Sie müssen beginnen, wenn man in den Beruf ein-
steigt. Es geht darum, alters- und alternsgerechte Ar-
beitsbedingungen zu schaffen, und es geht darum, die
Vermittlung insbesondere der Älteren zu verbessern.

Ich habe nur vier Minuten Redezeit und kann deswe-
gen nicht ins Detail gehen; aber drei grundlegende Vo-
raussetzungen für die Kultur der Altersarbeit will ich Ih-
nen nennen.

Das Erste ist: Wir müssen ehrlich sein. 90 000 Ältere
sind arbeitslos und werden nur deswegen nicht als solche
gezählt, weil sie über ein Jahr lang kein Angebot bekom-
men haben. Das ist nicht ehrlich, das verschleiert das
reale Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweitens. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem in Qualifi-
zierung investiert werden muss, weil es einen ansprin-
genden Arbeitsmarkt gibt, für den wir die Menschen
qualifizieren müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU-FDP-Koalition, ich bitte Sie: Stop-
pen Sie Ihren Finanzminister und Ihre Arbeitsministerin,
die Mittel zur Arbeitsförderung um Milliardenbeträge zu
verringern.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Wir wollen die Betriebe nicht aus der Ver-
ntwortung entlassen. Sie sollen die Älteren nicht nur
chätzen, sondern auch einstellen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710217500

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710217600

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wir müs-

en endlich aufhören, Menschen ab 45 als arbeitsmarkt-
olitische Methusalems zu behandeln. Damit werden wir
nen nicht gerecht.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710217700

Das Wort hat nun Peter Weiß für die CDU/CSU-Frak-

on.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1710217800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

s ist unstrittig richtig, dass die Erwerbsbeteiligung älte-
r Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutsch-
nd in der Vergangenheit katastrophal schlecht war und
ass sie auch heute noch nicht besonders gut ist, sich
ber immerhin verbessert.

Frau Kollegin Pothmer, es ist gut, wenn man Analy-
en vorträgt, wie Sie das gemacht haben, aber man muss
atürlich auch etwas zu den Ursachen sagen. Eine Ursa-
he dafür, dass die Zahlen heute so schlecht sind, ist na-
rlich die über Jahre hinweg praktizierte Frühverren-
ngspolitik in Deutschland.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unter Helmut Kohl!)


ott sei Dank haben wir, schon in der Großen Koalition
eginnend, die Anreize für eine Frühverrentung konse-
uent abgebaut. Das war ein klares und deutliches Zei-
hen dafür, dass wir hinsichtlich der Beschäftigung älte-
r Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland

msteuern und auch zum Umdenken auffordern.

Ich glaube, dafür gibt es zwei wichtige Anlässe. Der
rste Anlass ist: Auch in den Chefetagen und Personalbü-
s deutscher Unternehmen lernt man hinzu. Wer auf das
rfahrungswissen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
ehmer leichtfertig verzichtet, der erleidet einen Wettbe-
erbsnachteil. Deswegen findet Gott sei Dank ein Um-
enken statt. Der zweite Anlass ist: Die kommenden
ahre und Jahrzehnte werden deutlich anders aussehen als
ie vergangenen, weil die Zahl der Menschen in Deutsch-
nd, die erwerbsfähig sind, dramatisch zurückgehen
ird.





Peter Weiß (Emmendingen)



(A) )


)(B)

Im Rahmen einer von der Unionsfraktion kürzlich
durchgeführten Fachveranstaltung hat uns Herr Profes-
sor Brücker vom IAB vorgetragen, dass die Zahl der
Menschen im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2050
von heute 45 Millionen auf nur noch 27 Millionen zu-
rückgehen wird. Das ist eine dramatische Veränderung,
die zeigt, dass die Frage der Zukunft, der nächsten Jahr-
zehnte, nicht sein wird: „Wie werde ich ältere Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer mit einer Frühverrentungs-
politik möglichst bald los?“, sondern dass die Frage für
die Unternehmen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben
und Fachkräfte halten wollen, sein wird: „Wie begeistere
ich ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mög-
lichst lange zu bleiben, weil ich auf sie angewiesen
bin?“. Deswegen wird sich die Politik in Bezug auf äl-
tere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber
der in der Vergangenheit deutlich verändern müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Aufgabe in der Politik ist es, dafür zu sorgen,
dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch
tatsächlich länger in Arbeit bleiben können. Es gibt hier
eine ganze Menge an Aufgabenstellungen: Weiterbildung
während des ganzen Berufslebens, Gestaltung moderner,
gesundheitsgerechter Arbeitsplätze, weitere Fortschritte
bei der Humanisierung und der Gestaltung der Arbeits-
welt, Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes, Ausbau von
Prävention, betrieblicher Gesundheitsförderung und Re-
habilitation.

Ich will hier darauf aufmerksam machen, dass mittler-
weile der größte Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer, die einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente
stellen, sprich: vorzeitig in Rente gehen müssen, diesen
Antrag wegen psychischer Erkrankungen stellen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Das Gesundheitsmanagement in Deutschland, was
das Vermeiden psychischer Erkrankungen anbelangt, ist
in den Betrieben völlig unterentwickelt. Hier muss ein
Schwerpunkt gesetzt werden. Die Arbeitswelt muss
nicht zwangsläufig so gestaltet sein, dass psychische Er-
krankungen in Deutschland von Jahr zu Jahr zunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie denn, Herr Weiß?)


Wir brauchen neue Arbeitsformen, die besser auf die
Erfordernisse älterer Arbeitnehmer eingehen. Wir brau-
chen auch Projekte und Programme, die auf einen Be-
rufswechsel im Laufe des Erwerbslebens abzielen.

Im Antrag der Grünen wird ein bisschen so getan, als
gäbe es bisher gar nichts in diesem Bereich. Deswegen
möchte ich sagen, was wir mittlerweile politisch an Pro-
grammen initiiert haben, die auch laufen. Es gibt zum
Beispiel INQA, die Initiative Neue Qualität der Arbeit,
die auf die Schaffung gesundheits- und leistungsfördern-
der Arbeitsbedingungen ausgerichtet ist, mit einem gan-

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(C (D en Bündel von Projekten; es gibt die Gemeinsame eutsche Arbeitsstrategie von Bund, Ländern und Unllversicherungsträgern zur Förderung präventiven Ar eitsschutzes und das Programm Perspektive 50plus mit inem ganzen Bündel von Maßnahmen zur Verbesserung er Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer. Von meinen Besuchen in etlichen Beieben, die an diesem Programm teilnehmen, weiß ich, ass es erstaunlich ist, was entgegen dem, was landläufig n Auffassungen vertreten wird, möglich ist, um Bechäftigung für über 50oder auch über 60-Jährige zu chaffen. Aktuell arbeitet das Bundesministerium für Arbeit nd Soziales am Aufbau einer strategischen Partnerchaft mit wirtschaftsnahen regionalen Akteuren, Initiaven und Projekten, um ein Konzept zu entwickeln, das sbesondere im Hinblick auf die Beschäftigung älterer rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt die Areitskräftebasis sichert. Neben dem Handeln des Staates gibt es aber auch das andeln der Sozialpartner, zum Beispiel im Rahmen von arifverträgen wie in der Eisenund Stahlindustrie oder der Chemieindustrie mit ihrem Tarifvertrag „Lebens rbeitszeit und Demografie“. Des Weiteren gibt es die neuen Programme der Soialversicherungsträger. So wendet sich die Deutsche entenversicherung Bund zum Beispiel mit ihrem Rahenkonzept zur Erprobung von Präventionsleistungen Beschäftigungsfähigkeit teilhabeorientiert sichern“ an ersicherte mit ungünstigen Bedingungen am Arbeitslatz und versucht, Änderungen möglich zu machen. Ich will zusammenfassend festhalten: Ich glaube, das, as an Initiativen staatlicherseits, durch die Sozialparter und durch die Sozialversicherungen auf den Weg geracht worden ist, kann sich sehen lassen. Wir sollten as nicht kleinreden, sondern stärker publik machen. Ich freue mich über den Antrag der Grünen zu diesem hema. h muss Ihnen aber sagen: Angesichts dessen, was wir ereits auf den Weg gebracht haben, (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir alles inzwischen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


leibt mir nur, aus Schillers Wallenstein zu zitieren:
Spät kommt ihr – doch ihr kommt!“

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710217900

Das Wort hat nun Anton Schaaf für die Fraktion der

PD.


(Beifall bei der SPD)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1710218000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

eter Weiß, der Antrag zum Thema „ältere Arbeitneh-





Anton Schaaf


(A) )


)(B)

mer“ ist vor allen Dingen deshalb richtig und notwendig
– das sage ich gleich am Anfang –, weil diese Koali-
tionsregierung in diesem Bereich nichts tut. Deswegen
ist er richtig, und er kommt zum richtigen Zeitpunkt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Übrigens verstoßt ihr damit gegen euren eigenen Ko-
alitionsvertrag, Peter Weiß. Auf Seite 111 habt ihr insbe-
sondere ältere Arbeitnehmer in den Blick genommen
und festgestellt: Da muss man was machen. Das hat viel
mit Wertschätzung der Älteren und deren Kompetenz zu
tun.

Wie sieht die Wertschätzung konkret aus, Peter Weiß?


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Schau mal in die Arbeitsstatistik hinein!)


Das macht die geplante Neuordnung der arbeitsmarkt-
politischen Instrumente deutlich. Darin geht es beispiels-
weise um die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer
nach SGB III. Sie soll als dauerhaftes Instrument beibe-
halten werden, was völlig richtig ist, weil es ein sinnvol-
les Instrument ist. Weiter heißt es: Die Nettoentgeltdiffe-
renz soll mindestens 100 Euro statt wie bisher 50 Euro
betragen; es soll Aufstockungsbeträge geben, und zwar
60 Prozent bzw. im zweiten Jahr 40 Prozent.

Dann kommt es: Das, was bisher das Instrument sehr
attraktiv gemacht hat und auch Wertschätzung aus-
drückte, nämlich die Aufstockung für die Rentenversi-
cherung, soll ersatzlos gestrichen werden.

So sieht Ihre Wertschätzung älterer Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer und deren Bereitschaft, geringer
entlohnte Jobs anzunehmen, aus. Das ist Pharisäertum.
Dann lassen Sie die Sonntagsreden sein und sagen Sie
ehrlich, meine Damen und Herren von der Koalition:
Wir schätzen die Aufnahme von Arbeit durch ältere Ar-
beitnehmer nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das korrespondiert übrigens mit Ihrer Ignoranz beim
Thema Rente mit 67, um das sehr deutlich zu sagen.
Wenn wir uns die Beschäftigungsquote älterer Menschen
genau anschauen, dann stellen wir fest, dass die Beschäf-
tigung älterer Menschen zwar leicht gestiegen ist, dass
aber die Beschäftigungsquote bei den über 60-Jährigen
dramatisch einbricht.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)


Wenn man sich die Beschäftigungsarten genau anschaut,
dann stellt man fest, dass viele nur noch teilweise be-
schäftigt sind und dass die Steigerung der Quote auch da-
mit zusammenhängt, dass vor allen Dingen ältere Frauen
wieder Arbeit aufgenommen haben, um beispielsweise
hinzuzuverdienen. Wenn man das mit dem Gesetz ver-
gleicht und sich die Situation der älteren Menschen genau
anschaut, dann kommt man überhaupt nicht darum he-
rum, sich einzugestehen, dass man jetzt, wenn man die äl-
teren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht durch

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(C (D in höheres Renteneintrittsalter bestrafen will, die Rente it 67 nicht einführen darf, ich betone: jetzt nicht. An dieser Stelle sind Sie völlig ignorant. Das hat nichts it Wertschätzung zu tun. Wenn ein älterer Mensch ar eitslos geworden ist, muss er vor dem Hintergrund nachngiger Leistungen nach SGB II mit 63 vorzeitig die ente beantragen. Er muss das tun! Ab dem nächsten Jahr at er dann nicht nur für zwei Jahre, sondern für zwei ahre und einen Monat Abschläge hinzunehmen, und war dauerhaft. Das ist Ihre Art der Wertschätzung älterer rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Frau von der eyen hat sich um die älteren Arbeitnehmerinnen und Areitnehmer – wie ich finde: sehr bezeichnend – gekümert. Sie hat gesagt: Wenn die ihren Beruf nicht mehr usüben können, sollen sie etwas anderes machen. – Hunerttausende Hausmeisterstellen werden wir wohl nicht ur Verfügung stellen können. Frau von der Leyen muss ich auch einmal hierhin stellen und sagen, was die Areitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihren Beruf nicht ehr ausüben können, anderes machen sollen. Sie nehmen auch nicht an der Debatte über die Frage il: Was ist eigentlich mit einem sozialen Arbeitsmarkt? ollten wir darüber nicht einmal ernsthaft diskutieren? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ber da ist bei Ihnen überhaupt nichts. Sie überlassen
as alles schlichtweg der Wirtschaft und setzen auf das
erständnis der Wirtschaft. Ich sage Ihnen: Wenn wir
icht ernsthaft über die Verursacherfrage diskutieren und
ie Verursacher benennen, wird sich bei der Wirtschaft
ichts ändern. Dann werden Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer so lange ausgepowert, bis sie nicht mehr
önnen, und dann aus den Betrieben hinausgejagt.

Ich mache das an einem Beispiel klar. Der eine oder
ndere von Ihnen weiß bereits, dass ich früher bei der
üllabfuhr gearbeitet habe. Wenn die Kolleginnen und
ollegen, die schwere Arbeit leisten mussten, mehr Ar-
eit hinzubekommen haben, habe ich als Betriebsrat zu-
egebenermaßen immer als Erstes nach mehr Geld ge-
chrien. Mehr schwere Arbeit, mehr Geld! Wenn die
ollegen durch den Job dann vorzeitig kaputt waren,
abe ich nach dem Sozialstaat geschrien und gesagt:
ümmert euch um die Kaputten! – So ist es gelaufen;
enn ein kaputter Müllmann bekommt nirgendwo anders
inen Job. Die entscheidende Frage lautet: Was machen
ir dagegen, dass Menschen durch Arbeit – körperlich
der psychisch – vorzeitig kaputt sind? Die Verursacher
ehmen wir nicht in Haftung. Wir machen nichts. Die
erursacher sind die Arbeitgeber, die solche Arbeit zur
erfügung stellen. Diese nehmen wir nicht in Haftung,
eder bei Weiterbildung und Qualifizierung noch bei
er Übernahme sozialer Verantwortung, wenn Menschen
urch Arbeit kaputt sind. Auch Sie übernehmen übrigens
eine Verantwortung. Sie haben sich komplett verwei-
ert und noch nicht einmal über das Thema Erwerbsmin-
erungsrente diskutiert. Hier nehmen Sie sich komplett
us der Verantwortung.





Anton Schaaf


(A) )


)(B)

Wenn wir das Renteneintrittsalter erhöhen, dann müs-
sen wir die Frage beantworten: Was machen wir mit den
Menschen, die durch Arbeit vorzeitig kaputt sind? Mitt-
lerweile gibt es einschlägige Urteile betreffend Ab-
schlagsregelungen bzw. Zurechnungszeiten. Aber auf Ih-
rer Seite gibt es überhaupt keine Bewegung. Stellen Sie
sich also in Zukunft nicht mehr hierhin und schätzen äl-
tere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbal! Denn
immer wenn es darauf ankommt, etwas für ältere Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer zu tun, streichen Sie bei-
spielsweise die Mittel im Eingliederungstitel. Gerade
jetzt, wo die Arbeitsmarktlage so gut ist, wären mehr Mit-
tel zur massiven Förderung älterer Menschen, die schon
länger arbeitslos sind, richtig eingesetzt; denn nur so ha-
ben die Betroffenen eine Chance auf Integration in den
ersten Arbeitsmarkt. Aber nein, Sie machen es genau an-
ders herum. Sie streichen die Mittel im Eingliederungsti-
tel massiv zusammen. So werden Sie keinen Beitrag dazu
leisten, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dau-
erhaft in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren oder in
Arbeit zu halten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710218100

Das Wort hat nun Johannes Vogel für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1710218200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Ja,
auch ich kann mich dem Kollegen Peter Weiß anschlie-
ßen. Das Ziel teilen wir.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre klüger, wenn Sie sich meiner Rede anschließen! – Heiterkeit bei der CDU/ CSU – Zuruf von der FDP: Das ginge zu weit!)


– Nein, Frau Kollegin Pothmer, Ihrer Rede kann ich
mich natürlich nicht anschließen. Das ginge zu weit.
Aber wir teilen das Ziel. – Denn natürlich ist das nötig,
nicht nur, um den Menschen, die älter sind und auf dem
Arbeitsmarkt noch Probleme haben, eine Perspektive zu
geben, sondern auch – Sie haben es selber angesprochen –,
um auf den Fachkräftemangel zu reagieren.

Bei 6 Millionen Arbeitskräften, die uns bis 2030 feh-
len, muss man an vielen Schrauben drehen. Da werden
wir über die Erwerbsquote, die Beteiligungsquote von
Frauen reden müssen, da werden wir auch über Zuwan-
derung reden müssen, und da werden wir ganz zentral
auch über die Frage reden müssen, welche Rolle Ältere
eigentlich auf dem Arbeitsmarkt spielen.

Ich freue mich, dass Sie das so wie wir sehen. Ich
glaube, dass Sie aber doch ein bisschen – deswegen kann
ich mich Ihrer Rede auch nicht anschließen, Frau Kolle-
gin – zu schwarz gezeichnet haben. Das wissen Sie auch.


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(C (D Nein, nicht schwarz-gelb, sondern schwarz. Schwarzelb wäre ja gut, Toni Schaaf. Aber Sie haben es ein bisschen schwarz gezeichnet. enn man eine Situation etwas verbessern will, muss an erst einmal schauen, was denn schon gut läuft. Ich laube, die Steigerungsraten bei den Zahlen von Älteren uf dem Arbeitsmarkt, die wir in den letzten Jahren hatn, lieber Toni Schaaf – die Rente mit 67 ist ja genau in er Erwartung dieses Effekts von Ihnen auch eingeführt orden –, sind in absoluten Zahlen natürlich noch verbes erungsfähig. Das ist ganz klar. Das liegt aber auch daran, ass die Altersteilzeit eben erst ausläuft. Trotzdem sind ie Steigerungsraten beeindruckend. Ich will es noch einal zitieren. Wir hatten vor zehn Jahren 2,6 Millionen Älre sozialversicherungspflichtig beschäftigt, heute sind es merhin 3,8 Millionen. den letzten fünf Jahren hatten wir bei den 55bis 0-Jährigen 35 Prozent plus, und, Toni Schaaf, bei dennigen über 60 sind es sogar noch mehr, nämlich 0 Prozent plus. achher wird der Kollege Birkwald wahrscheinlich saen, ja, es geht nicht nur um Prozente, es geht auch um bsolute Zahlen. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)


(Anton Schaaf [SPD]: Schwarz-gelb!)


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


(Zuruf von der FDP: Das ist doch was!)


a bin ich bei Ihnen. Aber eine 40-prozentige Steige-
ng, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist erheblich. Das
üssen wir natürlich ausbauen. Aber mehr hat man übri-

ens auch bei der Einführung der Rente mit 67 nicht zu
offen wagen können. Insofern müssen wir erst einmal
sthalten, dass der Trend in die richtige Richtung geht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das reicht aber nicht!)


Übrigens ist die Steigerungsrate bei den Beschäftigten
ei den über 55-Jährigen höher als bei den unter 25-Jäh-
gen. – Das nur einmal mit Blick auf die unterschiedli-
hen Gruppen am Arbeitsmarkt.

Als besonderes Schmankerl, liebe Frau Kollegin
othmer – wir beide zitieren ja immer gern das IAB –:
er IAB-Kurzbericht 16/2009 hat genau das festgehal-
n; er hat nämlich festgehalten, dass es einen positiven
rend bei den Älteren auf dem Arbeitsmarkt gibt,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch niemand bestritten!)


nd er hat das als langfristiges Phänomen festgestellt.
as ist nicht nur kurzfristig, das ist nicht nur Konjunk-
r. Es ist ein langfristiges Phänomen. Und was war der

ntscheidende Vorschlag, den politisch umzusetzen uns
as IAB noch geraten hat? Die geförderte Altersteilzeit
ls Frühverrentungsprogramm auslaufen zu lassen.





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch lange unser Programm! Was reden Sie da?)


Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ha-
ben als Koalition entgegen Ihrem Antrag zu Beginn der
Legislatur genau das gemacht, weil wir Ältere auf dem
Arbeitsmarkt sehen wollen und nicht in die Frühverren-
tung drängen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, aber das ist ja lange unser Programm! – Anton Schaaf [SPD]: Das hat RotGrün schon gemacht!)


Jetzt gucken wir auch einmal auf die Unternehmen.
Liebe Kollegin Pothmer, Sie haben eben gesagt: Wir
wollen das nicht den Unternehmen überlassen. – Das ist
richtig. Auch der Staat hat da etwas zu tun, auch die So-
lidargemeinschaft. Aber, Frau Kollegin, wir haben eben
und in erster Linie auch die Unternehmen in der Pflicht.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Deshalb ist es doch wichtig, auf zwei Dinge hinzuwei-
sen. Erstens. Wenn die Unternehmen auch in der Pflicht
sind, dann ist das Beste, was man politischerseits für die
Chancen von Älteren auf dem Arbeitsmarkt tun kann,
durch gute Rahmenbedingungen für Wirtschaftswachs-
tum zu sorgen. Dazu verweise ich nur auf die heutigen
Konjunkturdaten. Die Institute haben ihre Prognosen
von 2,3 Prozent auf 2,8 Prozent hochkorrigiert. Das ist
die Politik der schwarz-gelben Koalition. Wir schaffen
die Rahmenbedingungen für Wachstum auf dem Ar-
beitsmarkt, und das ist auch die beste Grundlage für Äl-
tere auf dem Arbeitsmarkt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn ich mir dann anschaue, dass sich das Bild von
Älteren in den Unternehmen dramatisch wandelt – das
sagen uns alle Erhebungen, die es dazu gibt –, dass Äl-
tere in den Unternehmen endlich stärker anerkannt wer-
den, dann, glaube ich, haben wir einen positiven Trend,
den wir verstärken müssen.

Damit komme ich zur Intention Ihres Antrags, die wir
in der Tat verstärken müssen. Aber das tun wir bereits. In
der Arbeitsmarktpolitik zum Beispiel wird diese Koali-
tion den Gedanken beibehalten, dass wir eben auch die-
jenigen fördern, die in Beschäftigung sind, den Gedan-
ken – Sie sprechen es in Ihrem Antrag selber an –, der
hinter dem Wegebauprogramm steht. Es geht aber übri-
gens politischerseits auch darum, dass wir Programme,
die es gibt, bekannter machen. Ich verweise nur einmal
auf das Angebot an Bildungsprämien aus dem Bildungs-
und Forschungsministerium. Das ist ein Programm, mit
dem auch Unterstützungen aus Steuermitteln für berufli-
che Weiterqualifikation, gerade für geringer qualifizierte
Arbeitnehmer, zur Verfügung gestellt werden. Das Pro-
gramm ist kaum bekannt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht sollten Sie mal etwas dafür tun, damit es bekannter wird!)


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(C (D evor Sie hier Anträge stellen, in denen behauptet wird, ie Regierung würde zu wenig tun, es gäbe zu wenig rogramme, sollten wir, liebe Opposition, vielleicht geeinsam daran arbeiten, dass die Programme, die es ibt, bekannter werden. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollen wir jetzt für Sie als Öffentlichkeitsarbeiter fungieren?)


as wäre eine Aufgabe, der Sie sich mit uns widmen
önnten. Damit würden Sie für Ältere auf dem Arbeits-
arkt mehr tun als mit den Anträgen, die Sie vorlegen,
ebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Kollege Toni Schaaf hat auf die Rentenpolitik
Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Rente mit 67 –

ingewiesen. Ich will zum Abschluss auf einen Aspekt
u sprechen kommen, der deutlich macht, dass in der Tat
och etwas zu tun ist – im Gegensatz zu dem, was aus
rem Antrag, liebe Kollegin Pothmer, hervorgeht, neh-
en wir uns vor, auf diesem Gebiet etwas zu tun –, näm-
ch auf den flexiblen Renteneintritt. Ich will einen der
rofiliertesten Rentenpolitiker im Deutschen Bundestag
itieren, einen gewissen Dr. Heinrich Leonhard Kolb.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anton Schaaf [SPD]: Das ist eine Einzelmeinung!)


r sagt: Es ist Sache des Einzelnen, zu entscheiden,
ann er aufhören will, zu arbeiten, nicht die Sache des
taates. Das ist richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


eshalb brauchen wir nach Meinung meiner Fraktion
nd auch nach meiner Meinung ein flexibles Rentenein-
ittsalter. Zumindest brauchen wir einen Wegfall der Zu-
erdienstgrenzen für diejenigen Menschen, die vorzeitig
Rente gegangen sind. Diese Koalition spricht also zu
echt gerade genau darüber. Wir müssen diesen Bereich
ngehen.

Lieber Kollege Schaaf, Sie haben eben gesagt: Wir
üssen uns der Frage „Was ist, wenn jemand in seinem
eruf nicht mehr tätig sein kann und etwas anderes ma-
hen will?“ stellen. Es ist richtig, dass wir uns dieser
rage stellen müssen; denn die Menschen und die Berufe
ind unterschiedlich. Mein Vater etwa ist vorzeitig in
ente gegangen. Er wollte etwas anderes machen; er
ann etwas anderes machen. Das Problem ist: Unser
taat lässt ihn nicht, weil er nur 400 Euro dazuverdienen
ann. Das ist eines der konkreten Probleme, denen sich
iese Koalition widmen wird. Frau Kollegin Pothmer, es
eht darum, den Silberschatz des Alters zu heben. Ich
eue mich, dass Sie daran mitarbeiten wollen. Aber
rundsätzlich ist das Ganze bei uns in guten Händen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710218300

Das Wort hat nun Kollege Matthias W. Birkwald für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710218400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Frau Pothmer, „motiviert, qualifiziert und gesund“
bis zum Renteneintritt arbeiten zu können, ist eine Vor-
stellung, die von vielen Menschen und ganz gewiss auch
von allen hier im Parlament vertretenen Parteien geteilt
wird. Auch die Linke, liebe Kolleginnen und Kollegen
von den Grünen, will die Politik in die Pflicht nehmen,
um die Voraussetzungen für ein erfülltes Erwerbsleben
zu schaffen. Sie stellen sehr richtig fest, dass auch die
Politik für die missliche Lage Älterer am Arbeitsmarkt
verantwortlich ist.

Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente, das ist der Drei-
klang, dem wir Linken uns verpflichtet fühlen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist auch der Maßstab, mit dem wir den von den Grü-
nen vorgelegten Antrag bewerten. Daran gemessen ist
Ihr Antrag leider mangelhaft. Warum?

Einerseits muten Sie mit der Rente erst ab 67 all je-
nen, die nicht bis 67 arbeiten können, drastische Renten-
kürzungen zu. Das ist sehr konkret. Das ist die Peitsche,
die Ältere auf dem Arbeitsmarkt halten oder dorthin trei-
ben soll. Andererseits reden Sie von verbesserten Chan-
cen, von einem Sollen hier, von einem Können dort.
Doch das alles bleibt sehr unkonkret. Sie bringen es fer-
tig, knallharte Rentenkürzungspolitik mit windelweicher
Chancenpolitik zu kombinieren. Sie garantieren die Peit-
sche und stellen das Zuckerbrot vage in Aussicht. Das ist
unseriös.


(Beifall bei der LINKEN)


Von Ihren warmen Worten kann niemand im Alter leben.
Treten Sie mit uns für die Abschaffung der Rente erst ab
67 ein! Dann reden wir gerne weiter.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer kann, darf; wer nicht kann, muss auch nicht bis
65 und schon gar nicht bis 67 arbeiten. Eine solche Re-
gelung bräuchten wir.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir Linken sind der Überzeugung, dass viele Menschen
durchaus bereit sind, bis 65 zu arbeiten. Wer es darüber
hinaus auch noch kann und will, soll weiterhin, wie bis-
her, dafür belohnt werden. Wer es bis dahin aber nicht
schafft, darf nicht bestraft werden. Das ist der entschei-
dende Punkt.


(Beifall bei der LINKEN)


Sanktionspolitik, wie sie mit der Rente erst ab 67 und
auch mit Hartz IV betrieben wird, ist und bleibt der fal-
sche Weg.

Geänderte Hinzuverdienstmöglichkeiten und Teilren-
ten, wie sie die Grünen vorschlagen – dafür hat eben

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(C (D uch der Kollege Vogel plädiert –, sind nichts anderes ls die Fortsetzung der Kombilohnpolitik mit rentenpolischen Mitteln. Im Klartext: Niedriglohn und Tüten einacken im Supermarkt, weil die Rente nicht reicht, das ollen wir nicht. Immer dann, wenn die Nachfrage nach Arbeitskraft icht da ist, kommen Sie uns mit demselben alten Reept: Arbeit müsse billiger werden, (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sagt das?)


(Beifall bei der LINKEN)


rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten williger
erden, Geringverdienende sollten im Alter aufstocken
ürfen, weil sie bis 67 arbeiten müssten. Das ist ja wie
ei der FDP. So sieht also grüne Sozialpolitik aus? Sie
ollen die FDP zu Tode kuscheln!


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist doch schon tot! – Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Keine Gefahr!)


ur zu, aber bitte nicht auf dem Rücken der älteren Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke will die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
er fördern und die Arbeitgeber fordern. Und das heißt

nter anderem, die Rente erst ab 67 muss weg. Wir wol-
n ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern
nd nicht bestrafen.


(Beifall bei der LINKEN)


ir brauchen einen guten, öffentlich geförderten Be-
chäftigungssektor, der gute Arbeit fördert. Zwangsver-
ntung aller Art lehnt die Linke ab. Da sind wir uns ei-

ig. Wir wollen eine gute Arbeitsmarktpolitik, die allen
enschen, die arbeiten wollen, ermöglicht, zu guten

öhnen zu arbeiten. Deshalb wollen wir prekäre Be-
chäftigungsformen wie Leiharbeit, Minijobs und befris-
te Beschäftigung deutlich zurückdrängen oder auch ab-

chaffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Geringqualifizierte und ältere Beschäftigte müssen in
en Unternehmen mehr als bisher und dauerhaft weiter-
ebildet werden. Nicht zuletzt müssen die Arbeitgebe-
nnen und Arbeitgeber endlich in die Pflicht genommen
erden. Wer ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
er ohne zwingenden Grund entlässt, muss zur Kasse

ebeten werden und die Kosten des Arbeitslosengeldes
rstatten. Das wäre eine wichtige Maßnahme.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710218500

Das Wort hat nun Ulrich Lange für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1710218600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kollegin Pothmer! Auch wir sehen in Ihrem Nach-
denken ein lobenswertes Unterfangen, aber nur so weit,
wie es gerade eben möglich ist. Also zum Kuscheln
reicht es wirklich nicht.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich muss Ihnen sagen, danach ist mir auch nicht! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Am Ende muss ich doch dem Kollegen Weiß mit seinem
Wallenstein-Zitat recht geben. Wenn man nämlich ver-
gleicht, was die Bundesregierung in den letzten Jahren –
da beziehe ich die Große Koalition, lieber Kollege
Schaaf, ausdrücklich mit ein


(Anton Schaaf [SPD]: Zu Recht!)


– zu Recht mit ein – schon geleistet hat, so sprechen,
glaube ich, auch die Zahlen durchaus für das, was in den
letzten Jahren in diesem Bereich passiert ist.

Im Jahr 2000 waren noch rund 20 Prozent der 60- bis
65-Jährigen erwerbstätig. Kollegin Pothmer, Sie haben
selber von jetzt knapp 40 Prozent gesprochen. Das ist
immerhin eine Verdoppelung in diesem Bereich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir liegen im europäischen Vergleich sicherlich über
dem Durchschnitt, sind aber bei weitem nicht gut genug.
Denn wir wissen alle, dass wir dieses Potenzial oder die-
sen Schatz heben müssen. Aber – darauf hat der Kollege
Weiß vorhin schon ganz richtig hingewiesen – mit der
Initiative „50 plus“ haben wir in der Großen Koalition
die ersten Schritte unternommen: Erhöhung der Weiter-
bildungsquote und Abbau der Frühverrentung.

Lieber Kollege Schaaf, Sie haben vorhin ein Beispiel
in Bezug auf die Müllabfuhr bei Ihnen genannt. Wir wis-
sen aber beide, wie wir in den letzten Jahren mit diesem
Problem und mit dem Altersteilzeitgesetz umgegangen
sind. In erster Linie haben wir nämlich das Blockmodell
gewählt. Damit haben wir ganz bewusst viel Erfahrung
und Wissen aus dem aktiven Arbeitsleben genommen,
um vor allem jüngeren Menschen eine Chance zu geben.


(Abg. Anton Schaaf [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich darf bitte den Satz zu Ende führen. – Das haben wir
getan, weil wir – deswegen kritisiere ich das jetzt auch
nicht – damals auf eine Arbeitslosigkeit von fast
5 Millionen reagieren mussten. Diesen Ansatz haben wir
gewählt. Er hat aber natürlich dazu geführt, dass die
Quote damals geringer war.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710218700

So, Herr Kollege, jetzt dürfen Sie die Zwischenfrage

stellen.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1710218800

Vielen Dank, Herr Kollege. – Würden Sie mir bestäti-

gen, dass nicht die Altersteilzeit abgeschafft wurde, son-
dern nur die Förderung der Altersteilzeit nicht fortge-
führt worden ist? Die jetzt existierende Altersteilzeit ist

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(C (D ie nicht geförderte Altersteilzeit. Nach Ihrer Logik üsste die Altersteilzeit ganz verschwinden. Die jetzige ltersteilzeit bedeutet sozialverträgliche Arbeitsplatzernichtung und sonst gar nichts. Die geförderte Altersilzeit beinhaltete, dass der Arbeitsplatz auf Dauer eralten bleiben muss. Das ist genau der entscheidende unkt. Lieber Kollege Schaaf, wir beide wissen, dass der nsatz diesbezüglich sehr theoretisch ist. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist sehr praktisch!)

Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1710218900

Nein, er ist sehr theoretisch.

Deswegen ist es richtig, dass diejenigen, die weiterhin
ieses Modell wählen wollen, es wählen können. Aber
s gibt derzeit keine Notwendigkeit, das Modell von un-
erer Seite mit großzügiger Förderung zu bedenken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben darüber hinaus – auch darauf hat der Kol-
ge Weiß schon hingewiesen – mit INQA einen neuen
bschnitt aufgemacht. Wir glauben, dass wir hier auf
em richtigen Weg sind.

Ich bin auch davon überzeugt – das unterscheidet uns
tzt wieder wesentlich –, dass nicht der Staat allein
iese Sache regeln kann, sondern dass wir diesen Weg
ur gemeinsam mit den Unternehmen – ich habe das
ertrauen in die Unternehmen – beschreiten können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


h brauche Ihnen nur ein positives Beispiel aus dem
ayerischen zu nennen, nämlich BMW in Dingolfing.
ort ist ein Werk im Rahmen des Demografieprojekts

Heute für morgen“ aufgebaut worden. Dort sind alters-
erechte Arbeitsplätze eingerichtet worden. Die Teile-
ereitstellung wird individuell angepasst. Es ist ein
elastungswechsel möglich. Die Industrie und die Un-
rnehmen haben also erkannt, dass sie selber mit in der
flicht sind und reagieren müssen.

Wir alle wissen um die Erfahrungen und die Leis-
ngsfähigkeit der älteren Mitarbeiterinnen und Mit-

rbeiter. Kollege Schaaf, ich sage es trotzdem noch ein-
al: Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben,

uch wenn Sie es bestreiten, unsere ausdrückliche Wert-
chätzung. Wir wissen, was diese Mitarbeiterinnen und
itarbeiter in den Betrieben zu leisten imstande sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anton Schaaf [SPD]: Das wirkt sich aber nicht in praktischer Politik aus!)


Die Rente mit 67 haben wir gemeinsam beschlossen.
rau Pothmer, wenn ich Sie richtig verstanden habe,
ann ist der Grundsatz zunächst richtig.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)


Bei Ihnen sowieso nicht. Da warten wir immer noch
uf den Reichtum für alle. Ceterum censeo: Reichtum





Ulrich Lange


(A) )


)(B)

für alle. Sie haben wieder Ihren ganzen Kasten vorge-
stellt. Es hat kaum etwas gefehlt.

Vor dem Hintergrund der notwendigen Fachkräfte-
sicherung glauben wir an die strategische Partnerschaft.
Die Handlungsfelder, die Arbeitskräfteallianz, gemein-
sam mit den Unternehmen, das, was wir mit unserer
Bundesministerin voranbringen, das ist der richtige Weg.
Wir werden den Schatz heben. Wir vertrauen gemeinsam
auf die Unternehmen und auf unsere Maßnahmen. Dann
– da bin ich sicher – werden wir älteren Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmern eine größere Chance im Produk-
tionsprozess geben. Heben Sie mit! Heben wir gemein-
sam! Dann sind wir sicherlich auf einem guten Weg.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710219000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/5235 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 9:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten
Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrs-
gesetzes

– Drucksache 17/4981 –

– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Straßenverkehrsgesetzes

– Drucksache 17/2766 –

– Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 17/5355 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Kirsten Lühmann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamen-
tarischen Staatssekretär Andreas Scheuer das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


D
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1710219100


Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Das Projekt „Feuerwehrführerschein“ hat uns alle
in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr eingehend
beschäftigt. Die Problematik ist hinreichend bekannt und
seit Jahren intensiv diskutiert worden. Es stehen immer
weniger junge ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bür-

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(C (D er zur Verfügung, die über eine zum Führen der Einatzfahrzeuge notwendige Fahrerlaubnis verfügen. Nur Fahrerlaubnisinhaber, die vor dem 1. Januar 1999 re Fahrerlaubnis erworben haben, können aufgrund ihs Bestandschutzes auch weiterhin schwerere Fahr euge mit dem bisherigen Führerschein der alten lasse 3 fahren. Diese Fahrer stehen aber den freiwillien Feuerwehren zunehmend aus Altersgründen nicht ehr zur Verfügung. Es müssen jüngere Fahrer nachcken, die aber nicht mehr über die benötigte Fahr rlaubnis für die Einsatzfahrzeuge verfügen. Es geht also m unser aller Sicherheit; vor allem im ländlichen aum. Nicht nur in Süddeutschland mit der dortigen Ehrenmtsstruktur, sondern auch in allen anderen Bundeslänern führt dies zu dramatischen Engpässen bei den Einatzfahrten. Ursache für diese Entwicklung ist die ogenannte Zweite EG-Führerscheinrichtlinie von 1991, ach der das Fahrerlaubnisrecht und insbesondere die eutschen Fahrerlaubnisklassen zum 1. Januar 1999 an ie gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anzupassen wan. Seither dürfen mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B r Pkw nur noch Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen esamtmasse von bis zu 3,5 Tonnen gefahren werden. ür Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse wischen 3,5 Tonnen und 7 Tonnen ist hingegen seit 999 eine Fahrerlaubnis der Klasse C1, und für Fahreuge über 7,5 Tonnen eine Fahrerlaubnis der Klasse C rforderlich. Diese Rechtsänderung wurde von der Europäischen emeinschaft eingeführt, um eine auf die unterschiedli hen Fahrzeugklassen ausgerichtete spezifische Ausbilung und Prüfung zu vereinheitlichen. Der Forderung, ine Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass Angehöge der freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht nerkannten Rettungsdienste und des Katastrophenchutzes mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B Einsatzhrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu ,25 Tonnen fahren dürfen, konnte aus europarechtchen Gründen nicht entsprochen werden. Die in der vergangenen Legislaturperiode beschlosene Rechtsgrundlage für eine Sonderfahrberechtigung icht demnach aus meiner Sicht nicht aus, um die Ein atzfähigkeit der betroffenen Organisationen tatsächlich u verbessern. Die dort getroffenen Regelungen waren u bürokratisch und zu teuer. Meine Damen und Herren, in der Zwischenzeit hat in intensiver Dialogprozess mit der Europäischen Komission stattgefunden. An dieser Stelle möchte ich dem U-Kommissar Siim Kallas sehr herzlich danken, der estern bei uns im Ausschuss war. Wir alle haben über ie Jahre intensiv an diesem Vorhaben gearbeitet, aber ie christlich-liberale Koalition hat jetzt umgesetzt, was nge Zeit nur dahingewabert hat und was zwar immer it Briefen an die EU-Kommission unterlegt war, aber ie mit persönlichem Kontakt und mit Sensibilisierung r das deutsche Interesse an der Weiterentwicklung und ukunftsfähigkeit unserer Ehrenamtsstrukturen. Ich sage Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer )





(A) )

Dank an den EU-Kommissar. Der Minister hat sofort
Kontakt aufgenommen und in vielen persönlichen Ge-
sprächen rübergebracht, dass wir eine andere Struktur
haben. Ich möchte Dank an den EU-Kommissar sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir
die Vereinbarung der Koalitionsfraktionen im Koalitions-
vertrag um. Wir schaffen weitere Erleichterungen für die
Ehrenamtlichen, die kostengünstig und unbürokratisch zu
handhaben sind. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die
betroffenen Organisationen eine organisationsinterne
Einweisung und – das ist das Entscheidende – auch eine
organisationsinterne Prüfung auf Einsatzfahrzeugen mit
einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 7,5 Tonnen
durchführen können. So wird ein einfaches und kosten-
günstiges Verfahren geschaffen, mit dem, den jeweiligen
Bedürfnissen vor Ort entsprechend, mit den vorhande-
nen Einsatzfahrzeugen ausgebildet und geprüft werden
kann. Ich wünsche dazu viel Erfolg. Ich denke, das ist
ein tolles System.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dabei wird zwischen einer Sonderfahrberechtigung
bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 Tonnen
einerseits und bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von
bis zu 7,5 Tonnen andererseits differenziert, da die An-
forderungen an die Fahrerinnen und Fahrer mit der Höhe
des Fahrzeuggewichts zunehmen. Aufgrund des tatsäch-
lich bestehenden Bedarfes werden jetzt erstmalig auch
Anhänger in die Fahrberechtigung aufgenommen. Zu-
dem wird die Möglichkeit eröffnet, die Ausbildung in
Anlehnung an das in Deutschland bewährte System der
professionellen Ausbildung auch durch Fahrlehrer vor-
nehmen zu lassen. Jetzt müssen die Landesregierungen
dieses System in ihre regionalen Gegebenheiten übertra-
gen. Ich denke auch, dass hervorzuheben ist, dass wir
hier ein einfaches und unbürokratisches System wählen.

Ich bedanke mich noch einmal für die intensiven Ge-
spräche auch im Ausschuss. Es ist ein gutes Signal an
die Ehrenamtlichen, dass der Ausschuss einstimmig dem
Entwurf zugestimmt hat. Somit wünschen wir unseren
Ehrenamtlichen gutes Gelingen und vor allem unseren
Verbänden, die im Rettungsdienst tätig sind, dass sie auf
viele junge Leute zurückgreifen können, die von dieser
Regelung profitieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710219200

Das Wort hat nun Kirsten Lühmann für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1710219300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe

Kolleginnen! Unter diesem Tagesordnungspunkt reden
wir über Katastrophenschutz und Feuerwehr. Das heißt,

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(C (D ir reden über 2,5 Millionen Menschen, 2,5 Millionen eiwillig Helfende, die ihre Freizeit und oft auch ihr Leen aufs Spiel setzen, um andere zu retten. Wenn sie im usland eingesetzt werden – das ist ja häufiger der Fall, eil sie sehr gut ausgebildet sind –, sind sie auch noch otschafter unserer Bundesrepublik Deutschland. Die ilfsorganisationen nehmen außerdem viele soziale ufgaben wahr, insbesondere in den Bereichen Integraon und Ausbildung junger Menschen. Die gute Infrastruktur, die wir in der Notund Kastrophenhilfe haben, sichert auch den Wohlstand in eutschland. Dies – da sind wir uns sicher einig – gilt s zu unterstützen. Das Ehrenamt muss gestärkt weren. Das ist umso wichtiger, als die Hilfsorganisationen llenthalben unter Nachwuchssorgen zu leiden haben. as hat mehrere Gründe. Der eine Grund – darüber haben wir hier schon sehr iel geredet – ist der demografische Wandel. Ein anderer Grund ist die Aussetzung der Wehrflicht. Durch diese Entscheidung ist bei vielen Hilfsrganisationen wie zum Beispiel beim THW eine Rekruerungsquelle weggefallen. Der dritte Grund ist die geplante Verkleinerung der undeswehr aus Kostengründen. Die genaue Größe teht noch nicht fest; aber es sind schon viele Zahlen im mlauf. Wenn man den Fachleuten glauben darf, ergibt ich aus all diesen Zahlen zumindest Folgendes: Die eue Bundeswehr wird nicht mehr in dem Maße, wie sie s bisher konnte, in der Katastrophenhilfe tätig sein. Das eißt, zukünftig werden wir in der Bundesrepublik noch ehr auf Freiwillige angewiesen sein. Wir müssen also helfen, dass sich mehr junge Menchen für die Arbeit in den Hilfsorganisationen entscheien, damit wir im Katastrophenfall ausreichend gut ausebildete Kräfte zur Verfügung haben. uch unter diesem Aspekt ist der Antrag auf Erteilung iner Sonderfahrerlaubnis zu sehen. Das Ziel ist, ausreihend gut ausgebildeten und ausgestatteten Nachwuchs u erhalten. Die vorliegende Lösung ist pragmatisch, unbürokrasch, kostengünstig, und – das war uns sehr wichtig – ie geht nicht zulasten der Sicherheit. Heute findet die bschließende Beratung statt. Der Gesetzentwurf behaltet die Schaffung einer Ausnahmeregelung im Führscheinrecht, da durch den Generationenwechsel – das urde eben vom Staatssekretär angesprochen – immer eniger Ehrenamtliche mit der neuen Führerscheinlasse C1 zur Verfügung stehen. Da es relativ unattraktiv t, für den privaten Gebrauch eine Fahrerlaubnis für iese Klasse zu erwerben, gibt es auch immer weniger, ie privat eine entsprechende Prüfung machen. Sie nur afür zu machen, um die Fahrerlaubnis als Hilfskraft insetzen zu können, ist verständlicherweise viel zu uer. Mit dieser Regelung schaffen wir also Mobilitätserbesserungen für Feuerwehr und Rettungsdienste soie technische Hilfsdienste. Von daher ist es sehr wich Kirsten Lühmann )


(Beifall der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])


(Beifall bei der SPD)





(A) )

tig, dass auch das Fahren mit Anhängern in diese
Regelung einbezogen wurde.

Aber bereits in der ersten Lesung hatte ich einige An-
merkungen gemacht, die uns sehr wichtig sind. Die Ver-
kehrssicherheitsverbände haben nämlich bezüglich die-
ser Regelung erhebliche Bedenken. Die erste Frage ist,
ob die Neuregelung konform mit EU-Recht geht. Ich
habe nicht ganz verstanden, was der Staatssekretär dazu
gesagt hat. Er hat von Gesprächen berichtet, die mit
Herrn Kallas geführt wurden. Ich gehe davon aus, dass
die Gespräche dergestalt endeten, dass Herr Kallas der
Meinung ist, dass unsere Regelung EU-konform ist.


(Gustav Herzog [SPD]: Für das Protokoll: Der Staatssekretär hat genickt! Es gibt ja keine Videoaufnahme!)


– Er hat genickt, für das Protokoll.


(Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär: Beide!)


– Beide. Hervorragend! – Das heißt, wir werden eine Re-
gelung haben, die für die vielen ehrenamtlich Helfenden
eine klare Situation schafft.

Zu den anderen beiden Punkten hatten wir im Ver-
kehrsausschuss einen Antrag eingebracht. Dieser Antrag
wurde von der Mehrheit leider abgelehnt. Er beinhaltet
zum einen, dass die Vorgaben für die Einweisung und
Prüfung bundeseinheitlich geregelt werden sollten, und
zum anderen, dass die Prüfungsfahrten für die Klasse
zwischen 4,75 und 7,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse
durch die Kfz-Sachverständigen und nicht organisations-
intern abzunehmen seien.

Obwohl auch der Verkehrsausschuss des Bundesrates
der Meinung war, man brauche eine bundeseinheitliche
Lösung, konnte sich der Fachausschuss unserem Vor-
schlag nicht anschließen. Das wäre sinnvoll gewesen, da
die Sonderfahrerlaubnis bundesweit gültig ist. Ich hoffe
jetzt inständig, dass sich die Länder in eigener Regie eng
abstimmen, damit wir auf freiwilliger Basis doch noch
eine bundeseinheitliche Lösung hinbekommen. Wenn
diese nicht zustande kommt, hätte das eine völlige Zer-
splitterung der Verordnungslage zur Folge. Ich glaube,
das würde keinem nutzen.


(Beifall bei der SPD)


Auch unser zweiter Vorschlag hat den Charakter eines
Appells, diesmal an die Hilfsorganisationen. Die Feuer-
wehrmänner und Ehrenamtlichen in den Hilfsorganisa-
tionen leisten hervorragende Arbeit. Ich habe volles Ver-
trauen, dass sie in der Lage sind, die Einweisung auf den
Fahrzeugen zu organisieren. Dennoch bitte ich sie, zu
überprüfen, ob es nicht sinnvoll ist, das Geld für einen
externen Kfz-Sachverständigen auszugeben, wenn es um
die Prüfungen geht. Das sollte es uns aus Gründen der
Rechtssicherheit und insbesondere mit Blick auf die Hel-
fenden, die später mit dieser Sonderfahrerlaubnis unter-
wegs sind, wert sein.

Um zu überprüfen, ob das funktioniert, regen wir an,
dass wir uns in zwei oder drei Jahren gemeinsam die Re-
gelung anschauen, um zu beurteilen, ob sie wirklich so

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(C (D reift, wie wir uns das vorstellen, oder ob es bei den ilfsorganisationen noch Probleme gibt, sodass wir achsteuern müssen. Die Hilfsorganisationen ringen sehr kreativ um Löungen, wie ich feststellen konnte. Es gibt schon eine egelung – der Herr Staatssekretär hat es bereits ange prochen – für Fahrzeuge bis 4,75 Tonnen. Eine Feuerehr in meiner Region hat ein solches Feuerwehrfahr eug selbstständig umgebaut, und es mit einer zweiten remse und zusätzlichen Spiegeln ausgestattet, sodass ei den Einweisungsfahrten der Einweisende eingreifen ann, falls der einzuweisende Fahrer einen Fehler macht. Es gibt eine weitere clevere Idee, und zwar von einem euerwehrmann aus Oberfranken, der es allerdings mit er Bürokratie zu tun bekam. Es handelt sich um einen ahrschullehrer aus der kleinen Gemeinde Litzendorf. r ist seit 15 Jahren ehrenamtlich und unentgeltlich für eine Feuerwehr tätig und wollte die Feuerwehrleute auf chtigen Einsatzfahrzeugen schulen. Deswegen kaufte r ein solches Fahrzeug und schenkte es seiner Feuerehr. Im Gegenzug wollte er das Feuerwehrfahrzeug für eine Schulungsfahrten nutzen und es kostenlos in der arage der Feuerwehr unterstellen. So weit, so gut. Jetzt fing der Amtsschimmel an, zu wiehern. Das Inenministerium lässt nun prüfen, ob ein auch privat geutztes Fahrzeug in einer öffentlichen Garage stehen arf. Das Finanzamt lässt prüfen, ob ein Feuerwehrfahreug, das auch privat genutzt wird – und sei es nur eine tunde im Monat –, weiterhin steuerbefreit sein kann. as Innenministerium forderte eine Klärung des Sacherhalts durch die Regierung von Oberfranken. Diese endete sich an das Landratsamt Bamberg, das wieerum den Bürgermeister von Litzendorf anschrieb. Um it den Worten der Feuerwehr Reichenbach zu spre hen: Jetzt kann uns wohl nur noch Sankt Florian helfen. Diese kurze Geschichte zeigt uns, mit wie viel Einllsreichtum die Ehrenamtlichen unserer Gesellschaft elfen wollen. Wir müssen dieses Engagement unterstüten und tun dies mit dem heute zu verabschiedenden Geetz. Es freut mich besonders, dass es einstimmig gechieht. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Oliver Luksic für die FDP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir eraten heute in letzter Lesung über die Entwürfe der undesregierung und des Bundesrates zur Schaffung des ogenannten Feuerwehrführerscheins. Wir haben uns in en letzten Wochen intensiv und, wie ich finde, auch onstruktiv über diese Entwürfe ausgetauscht. Lassen ie mich noch einmal auf die Kernpunkte eingehen. Oliver Luksic )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710219400

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1710219500




(A) )

Wir verfolgen mit der Einführung des Feuerwehrfüh-
rerscheins drei Kernziele. Wir tun dies, um die Einsatz-
fähigkeit der freiwilligen Feuerwehren und der anderen
Dienste dauerhaft aufrechterhalten zu können und damit
den Freiwilligendienst in den Katastrophenschutzorgani-
sationen zukunftsfest zu machen. Sowohl die Entwürfe
der Bundesregierung als auch des Bundesrats sehen eine
Lösung vor, nach der organisationsintern sowohl einge-
wiesen als auch geprüft wird. Ich glaube, das ist unbüro-
kratisch und spart Kosten. Deswegen unterstützen wir
diesen Ansatz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ein weiteres wichtiges Ziel ist Folgendes. Wir reden
ja immer über hochverschuldete Kommunen, die Geld
sparen müssen. Dieses Vorgehen hilft genau hierbei;
denn sonst zahlen Kommunen häufig für Nachschulun-
gen zum Erwerb von Führerscheinen, gerade bei der
Feuerwehr. Ich kenne das auch aus meiner Ratstätigkeit.
Gleichzeitig wollen und müssen Kommunen natürlich
die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten. Ich
glaube, der Feuerwehrführerschein ist eine gute Lösung,
um beide Ziele miteinander in Einklang zu bringen.

Unser drittes Kernziel ist – fraktionsübergreifend –,
dass wir das Ehrenamt stärken wollen. Dafür müssen wir
Anreize schaffen. Ein solcher Anreiz ist der Feuerwehr-
führerschein.

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der von
Beginn an zu Recht eine wichtige Rolle spielte. Das ist
die Verkehrssicherheit. Es gab Bedenken, dass der Feu-
erwehrführerschein eine Gefahr für die Verkehrssicher-
heit darstellt. Natürlich ist klar, Blaulichtfahrten bergen
ein höheres Risiko als normale Fahrten. Aber wir haben
uns einem intensiven Abwägungsprozess gestellt. An
dessen Ende kann man guten Gewissens sagen, dass wir
die Möglichkeit der organisationsinternen Einweisung
und Prüfung unterstützen. Es sind ja nicht irgendwelche
Chaoten, denen wir das übertragen, sondern pflichtbe-
wusste Bürgerinnen und Bürger, die sich in den Diensten
engagieren. Vor allem sind im Gesetzentwurf klare An-
forderungen für diejenigen vorgesehen, die einweisen
und prüfen dürfen. Gerade deswegen haben wir auch die
Klarstellungswünsche des Bundesrates durch Ände-
rungsanträge der Koalitionsfraktionen aufgegriffen. Es
ist nun explizit geregelt, dass Ausbildung und Prüfung
auch durch Fahrlehrer vorgenommen werden können.
Ich glaube, das ist ein guter Fortschritt, den wir in den
Beratungen erzielt haben.


(Kirsten Lühmann [SPD]: Das war vorher auch schon möglich!)


Abgesehen davon, dass es den Fahrschulen ausdrück-
lich ermöglicht werden soll, durch attraktive Angebote
weiter Kunden zu gewinnen, haben wir also auch in Zu-
kunft in jedem Fall gut ausgebildete Fahrer auf den Ein-
satzfahrzeugen.

Lassen Sie mich noch kurz auf das Thema der Verein-
barkeit des Feuerwehrführerscheins mit dem Europa-
recht eingehen. Ich bin der Überzeugung, das Ganze
wurde durch das BMJ sorgfältig geprüft. Es gibt keine

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(C (D edenken gegen die Rechtsförmlichkeit. Sonst läge uns er Gesetzentwurf heute so auch nicht vor. (Kirsten Lühmann [SPD]: Wenn gestern erst die Zustimmung kam? Das ist schon ein bisschen eng!)


h bin der Meinung, es ist inhaltlich gut zu vertreten,
ass die nun genannten Organisationen zum Katastro-
henschutz im Sinne der 3. EG-Führerscheinrichtlinie zu
ählen sind.

Das Thema der bundeseinheitlichen Lösung, das auch
ie SPD angesprochen hat, ist natürlich eines, über das
ir sprechen müssen; das haben wir im Ausschuss be-
its getan. Ich möchte noch einmal festhalten: Im Bun-

esrat ist weiterhin eine Länderlösung vorgesehen, auch
enn der federführende Ausschuss es anders gesehen
at. Somit entspricht das, was wir hier verabschieden,
uch dem Willen der Länder, übrigens auch der SPD-ge-
hrten Länder.

Ich halte es immer noch für sinnvoll, dass wir maßge-
chneiderte Lösungen für jedes Bundesland haben; denn
ie Anforderungen an Katastrophenschutzdienste sind
eispielsweise in Schleswig-Holstein vielleicht anders
ls in Bayern, Niedersachsen oder im Saarland. Deswe-
en ist es sinnvoll, dies vor Ort zu entscheiden.


(Kirsten Lühmann [SPD]: Feuerwehrfahrzeuge sind überall gleich!)


Die Länder sind natürlich nicht davon abgehalten,
ich eng abzustimmen. Insbesondere was die gegensei-
ge Anerkennung angeht, ist dies ja auch wünschens-
ert. Deswegen halte ich es für richtig, dass das
MVBS hier eine Art Koordinierungsrolle einnimmt.
taatssekretär Scheuer hat im Ausschuss ja angespro-
hen, dass es eine Art Basistext für den Feuerwehrfüh-
rschein gibt. Das ist, glaube ich, gut und richtig.

Ich freue mich und die FDP freut sich über den brei-
n Konsens, der im Grundsatz zwischen den Fraktionen
esteht. Jetzt kommt es auch darauf an, dass die Länder
ie Regelungen zügig umsetzen und die Chancen nut-
en, die sich mit dem Feuerwehrführerschein bieten. Die
ahlreichen Ehrenamtlichen im Land warten darauf. Sie
erden es Ihnen und uns auch danken.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710219600

Das Wort hat nun Thomas Lutze für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Thomas Lutze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710219700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ut, dass wir heute endlich eine Lösung für die vielen
eiwilligen Helferinnen und Helfer finden, die für un-

ere Gesellschaft eine so wichtige Arbeit machen. Die
nzähligen Freiwilligen bei Feuerwehr, dem Techni-
chen Hilfswerk und den Rettungsdiensten leisten einen





Thomas Lutze


(A) )


)(B)

unschätzbaren Beitrag für das Funktionieren unseres Ge-
meinwesens.


(Beifall bei der LINKEN)


Diesen Dank einmal vom Rednerpult des Parlaments
auszusprechen, ist mir umso wichtiger, weil die Freiwil-
ligen oft auch hoheitliche Aufgaben, wie zum Beispiel
die Brandbekämpfung, übernehmen. Man kann sagen,
dass unser Gemeinwesen in dieser Form ohne das Enga-
gement dieser Frauen und Männer nicht funktionieren
würde. Diese Menschen erwarten von uns zu Recht, dass
wir nicht nur nette Worte für sie übrig haben, sondern sie
erwarten auch Unterstützung vom Gesetzgeber. Dazu
gehört es auch, dass wir ihre Arbeit nicht unnötig er-
schweren. Die Arbeit von Feuerwehr, dem THW und
den Rettungsdiensten wurde in der Vergangenheit aber
leider erheblich erschwert.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1710219800
Seit im
Jahre 1999 das europäische Recht im Führerscheinwesen
vereinheitlicht wurde, finden diese Organisationen kaum
noch Nachwuchskräfte, die über einen geeigneten Füh-
rerschein bis 7,5 Tonnen verfügen. Das wollen wir hier
und heute korrigieren, und wir sind uns dabei auch über
Fraktionsgrenzen hinweg einig.

Ein immer wieder diskutierter Punkt bei den Beratun-
gen war die Verkehrssicherheit. Dabei wird häufig über-
sehen, dass bis 1999 jeder Fahranfänger mit einem Pkw-
Führerschein ins Führerhaus eines 7,5-Tonners steigen
durfte – ohne jede Einweisung und ohne eine einzige
Fahrstunde auf diesem Lkw. Eine wie auch immer vor-
geschriebene Einweisung innerhalb der Organisation
stellt daher in jedem Fall eine Verbesserung der Ausbil-
dung im Vergleich zur früheren Situation dar.

Mir ist überdies keine Statistik bekannt – vielleicht ist
eine solche in einer anderen Fraktion oder bei der Regie-
rung vorrätig –, dass die Inhaber der alten Führer-
scheinklasse 3 eine höhere Unfallquote beim Führen von
7,5-Tonnern aufweisen. In Ihrer Gesetzesvorlage wollen
Sie, vor allem der Bundesrat, dass die Bundesländer bei
der Prüfung und Ausbildung Sonderregelungen treffen
können. Für die Linksfraktion ist das weiterhin ein Ma-
kel, der allerdings nicht dazu führt, dass wir den vorlie-
genden Gesetzentwurf ablehnen werden.

Wir bleiben dennoch dabei, dass eine bundeseinheit-
liche Regelung mehr Sinn macht, da sich die Situationen
in den einzelnen Bundesländern kaum voneinander un-
terscheiden. Herr Kollege Luksic, Sie müssen mir ir-
gendwann in aller Ruhe erklären, wo sich für eine frei-
willige Feuerwehr die Situation in Schleswig-Holstein
von der im Saarland unterscheidet.


(Oliver Luksic [FDP]: Hochwasser!)


– Ja gut, das Hochwasser haben wir an der Saar auch oft
genug gehabt. Ich sehe vielleicht einen Unterschied zwi-
schen den drei Stadtstaaten; aber bei den Flächenländern
sehe ich beim besten Willen keinen Unterschied.


(Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])


– Das nehmen wir jetzt einmal nicht zu Protokoll.

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(C (D Mir ist klar, dass bei den Einsätzen über Ländergrenen hinweg ein einheitlicher Ausbildungsstand wünchenswert wäre. Oder soll zum Beispiel eine Feuerwehr ei einer Grenzüberschreitung erst einmal einen Fahrerechsel vornehmen? Die Linke stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf u. Ich würde mir sehr wünschen, dass die anderen Frakonen – ich schaue gerade in die entsprechende Richng – bei nächster Gelegenheit bei vergleichbaren Anägen auch einmal zustimmen würden, wenn die pposition ihre Anträge vorlegt. Vielen Dank. Das Wort erhält nun die Kollegin Dr. Valerie Wilms r die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Pro lematik der Feuerwehrführerscheine haben wir lang nd breit diskutiert, hier im Plenum und auch in den usschüssen. Ich will deswegen nicht noch einmal das esamte Thema ausbreiten. Die Kolleginnen und Kolleen haben das schon vorab gemacht. Auch die Grünen finden die Änderung des Straßenerkehrsgesetzes richtig und wollen keine Differenzen onstruieren, wo es keine gibt. Als konstruktive Opposion wollen wir greifbare Verbesserungen für die Menchen in unserem Land erreichen. Wir fällen unsere Entcheidungen sachorientiert und in aller Ruhe. Von der Panik, die jetzt die eine Seite des Hauses erriffen hat, lassen wir uns nicht anstecken. Die Lage dieer Regierung ist desolat. Verbesserungen sind vielfach icht mehr zu erwarten. Aber die Zeit dreht sich weiter, nd die Menschen wollen von uns Lösungen sehen. Bei ehr vielen Regierungsvorhaben müssen und werden wir uch weiterhin sehr skeptisch sein. Hier sind wir es nicht nd stimmen deswegen zu. Wir stellen uns einer pragmatischen Lösung nicht in en Weg. Wir gehen davon aus, dass die Gesetzesändeng im Einklang mit dem europäischen Recht erfolgt der Staatssekretär und der Bundesminister haben das ben ja auch bestätigt –; denn alles andere wäre Ausruck einer unverantwortlichen Politik gegenüber den atastrophenschützern, den Helfern und den Feuerwehruten, die ihre Arbeit ehrenamtlich machen. Meine Damen und Herren, im Verkehrsausschuss haen wir darüber beraten, ob die Zuständigkeit beim und liegen sollte. Da Feuerwehren regional organisiert ind, denken wir, dass die Verantwortung auch bei den ändern liegen sollte. Dort kennt man die örtlichen Beürfnisse am besten und weiß, wie die Veränderungen chnellstmöglich umgesetzt werden können. Natürlich gen wir an, dass sich die Länder abstimmen – nach em, was wir gehört haben, ist das vorgesehen – und die egeln untereinander harmonisieren, aber wir sollten die Dr. Valerie Wilms )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710219900
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710220000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )

Kirche im Dorf lassen. Am Ende ist nicht entscheidend,
ob die Bedingungen für den Führerscheinerwerb in
Schleswig die gleichen sind wie in Passau, sondern dass
unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer die Ein-
sätze sicher fahren können und die Führerscheine überall
in Deutschland gültig sind. Ich habe Vertrauen in die
Menschen vor Ort, dass die Lösung richtig umgesetzt
wird.

Wir müssen beobachten, ob sich die Neuregelung in
der Praxis bewährt. Deswegen müssen wir die Auswir-
kungen der Gesetzesänderung nach Inkrafttreten des Ge-
setzes im Verkehrsausschuss prüfen. Ich hatte ja schon
angeregt, dass wir uns das Thema in zwei Jahren noch
einmal vornehmen und uns Bericht erstatten lassen. Da-
bei sollten wir insbesondere auf folgende Punkte achten:

Erstens. Haben sich die Unfallzahlen infolge der Ein-
führung der neuen Führerscheine erhöht?

Zweitens. Wie funktioniert der Austausch zwischen
den Ländern?

Drittens müssen wir selbstverständlich fragen, ob wir
das Problem, das der Einführung dieses Führerscheins
zugrunde lag, gelöst haben; denn niemandem wäre ge-
holfen, wenn die Feuerwehren und die Katastrophen-
schutzorganisationen weiterhin zu wenige Fahrerinnen
und Fahrer für ihre Einsätze hätten.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, so viel Einigkeit wie bei dieser Änderung des
Straßenverkehrsgesetzes habe ich in diesem Haus selten
erlebt. Das ist bei diesem Thema, bei dem es um die
Stärkung des Ehrenamtes geht, sehr wichtig. Ich habe je-
doch keine Angst, dass wir jetzt nur noch traute Harmo-
nie erleben werden. Diese Regierung bietet uns wahrlich
genug Anlass, ihr ganz genau auf die Finger zu schauen
und da einzugreifen, wo Murks gebaut wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710220100

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Volkmar Vogel für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1710220200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Wilms, ich glaube, diese Regierung wird Ih-
nen auch viel Anlass geben, mit uns zu stimmen und un-
seren Anträgen zu folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen wir mal, was da noch kommt!)


Ich bin überzeugt davon, dass die vielen freiwilligen
Helfer, aber auch die Verantwortlichen am Ende dieser
Debatte endlich wissen – das ist wichtig –, wie es mit
dem Transport ihrer schweren Rettungs- und Löschtech-
nik auf Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen weitergeht. Meine
Vorredner haben bereits gesagt, dass diejenigen, die nach

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(C (D 999 einen Pkw-Führerschein erworben haben, damit eine Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren dürfen. Entsprehend der EU-Regelung dürfen sie nur Fahrzeuge bis ,5 Tonnen fahren. Aus Gesprächen mit Feuerwehrleun, mit Vertretern des THW und anderer Organisationen es Rettungswesens weiß ich, dass man die Sache so auf en Punkt bringen kann: Den Organisationen gehen die ahrer aus. Es ist ein Riesenproblem, die notwendigen insätze abzusichern. Deswegen haben der Bundesfeurwehrverband und das THW schon sehr frühzeitig dauf hingewiesen, dass Handlungsbedarf besteht. Mit em neuen, sogenannten großen Feuerwehrführerschein r Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen können wir diese Lücke ntscheidend schließen. Wer in der letzten Legislaturperiode mit dabei war, eiß, dass wir uns schon damals dieses Themas angeommen haben. In der Großen Koalition hatten wir geeinsam eine Regelung für das Führen von Kraftfahr eugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von ,75 Tonnen gefunden. Aber die Praktiker unter uns ussten schon damals, dass das nur eine kleine Lösung ar; denn schon damals war klar, dass die Löschtechnik mer schwerer wird – ich sage ausdrücklich: zum lück – und immer mehr Ausrüstungsgegenstände zur nfallrettung mitgeführt werden, was Fahrzeuge mit eier Gesamtmasse von bis zu 7,5 Tonnen erforderlich acht. Die Regelung, die wir jetzt unter Einbeziehung der änder gefunden haben, ist, denke ich, vor allen Dingen raxistauglich. Man muss eines sehen – darüber haben ir diskutiert –: Die Festlegung der Durchführungsbe timmungen und die Anwendung liegen bei den Länern. Das ist auch richtig so; denn man muss die regioalen Besonderheiten beachten. Eine Rettungsfahrt auf iner Deichkrone in Schleswig-Holstein ist anders als ine auf einem Waldweg im Thüringer Wald. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Florian Pronold [SPD]: Ist das bei anderen Führerscheinen auch so?)


aher müssen einige Regelungen regional getroffen
erden.

Die Verbände werden es uns danken und sehen die
egelung, die wir jetzt beschließen, als positiv an. Sie
ird insgesamt 16 000 Fahrzeuge im Bestand betreffen.
m den Einsatz dieser 16 000 Fahrzeuge abzusichern,
erden rund 80 000 Fahrer


(Kirsten Lühmann [SPD]: Und Fahrerinnen!)


und Fahrerinnen; danke für den Hinweis, ich nehme
n gerne auf, wobei „Fahrer“ die Mehrzahl ist und die
ahrerinnen mit einschließt – benötigt, die natürlich
icht alle den Lkw-Führerschein C1 haben können. Sie
önnen ihn auch deshalb nicht haben, weil er finanziell
icht schulterbar ist, weil nicht jede Kommune in der
age ist, den Fahrern diesen Lkw-Führerschein zu finan-
ieren.

Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir diese Rege-
ng getroffen haben. Meine Kreisfeuerwehrverbände im
ltenburger Land und im Landkreis Greiz haben mir in





Volkmar Vogel (Kleinsaara)



(A) )


)(B)

den letzten 14 Tagen auf ihren Verbandstagungen ge-
sagt: Wir brauchen unbedingt Nachwuchs. Wir brauchen
junge Leute im Ehrenamt, die uns auch in Zukunft zur
Verfügung stehen.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Ich glaube, mit dieser Regelung haben wir einen viel-
leicht kleinen, aber doch wichtigen Beitrag für das Eh-
renamt geleistet, für diejenigen, die jeden Tag bereitste-
hen, um Menschen, die in Not geraten, zu helfen und um
Sachwerte, die in Gefahr geraten, zu retten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bei allen hehren Zielen – das möchte ich hier noch
einmal zum Ausdruck bringen – hat die Sicherheit
oberste Priorität. Frau Lühmann, ich habe unsere Ge-
spräche im Ausschuss sehr genau verfolgt; wir nehmen
das sehr ernst. Aber man muss auch eines beachten: Ein
junger Kraftfahrer, der den C1-Führerschein, den Lkw-
Führerschein, hat, ist nicht davor gefeit, leichtsinnig zu
sein oder fahrlässig zu handeln. Ich glaube, an der Stelle
ist wichtiger als alles andere, dass man dies immer im
Hinterkopf behält. Kameradschaft, gegenseitige Hilfe,
Besonnenheit im Einsatz, Respekt vor der Gefahr, aber
auch, wenn es darauf ankommt, die Ermahnung unter-
einander sind allemal wichtiger als das, was wir hier ge-
setzlich regeln können.

Mein Appell an alle freiwilligen Helfer vom THW
und von der Feuerwehr ist, dass sie dies bei ihren Einsät-
zen immer beachten. Wir wollen den gesetzlichen Rah-
men schaffen, damit es einfach zu regeln ist. Meine Bitte
an die Bundesländer lautet, in ihren eigenen Bestimmun-
gen, die jetzt zu erlassen sind, nach Möglichkeit einfa-
che, unbürokratische und kostengünstige Regelungen zu
finden, die, wenn es unter Beachtung der regionalen Be-
sonderheiten irgendwie geht, unter Umständen in mehre-
ren Bundesländern Gültigkeit haben können.

Mir bleibt zum Schluss nur noch, zu sagen, dass es
mir ein Herzenswunsch ist, all denjenigen, die im Ret-
tungswesen tätig sind, die freiwillig diesen Ehrendienst
leisten, von dieser Stelle aus herzlich zu danken. Ich
wünsche ihnen, dass sie immer wohlbehalten und ge-
sund von ihren Einsätzen zurückkehren. Weil ich selber
Feuerwehrmann bin, rufe ich den Gruß – er ist von Feu-
erwehr zu Feuerwehr verschieden –: Gut Wehr! Gut
Schlauch!

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710220300

Jetzt müssen wir nur noch gut abstimmen. Das tun wir

zu dem eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Straßenverkehrsgesetzes, nachdem wir die Aus-
sprache geschlossen haben. Der Ausschuss für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung empfiehlt unter Buchstabe a
seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache 17/5355,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Druck-
sache 17/4981 in der Ausschussfassung anzunehmen.

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(C (D azu liegen mir eine Reihe von persönlichen Erklärunen zur Abstimmung vor, die wir dem Protokoll wie übch beifügen.1)

urf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
instimmig angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich von den Plätzen

u erheben. – Wer möchte sich der Stimme enthalten? –
er möchte dagegen stimmen? – Dann ist der Gesetz-

ntwurf hiermit einstimmig angenommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des
usschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu
em Entwurf eines Gesetzes des Bundesrates zur Ände-
ng des Straßenverkehrsgesetzes ab. Der Ausschuss

mpfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/5355, den Gesetzentwurf des
undesrates auf der Drucksache 17/2766 für erledigt zu
rklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch dieser
esetzentwurf ist damit einvernehmlich angenommen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b
owie den Zusatzpunkt 4 auf:

10 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin
Dörmann, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Garrelt
Duin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Verbraucherschutz in der Telekommunikation
umfassend stärken

– Drucksache 17/4875 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Caren
Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Telekommunikationsmarkt verbraucherge-
recht regulieren

– Drucksache 17/5376 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Kultur und Medien

Anlage 2





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay,
Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Unlautere Telefonwerbung effektiv verhin-
dern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Maisch, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Unerlaubte Telefonwerbung wirksam be-
kämpfen

– Drucksachen 17/3041, 17/3060, 17/3587 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg
Marianne Schieder (Schwandorf)

Stephan Thomae
Halina Wawzyniak
Ingrid Hönlinger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Das ist of-
fensichtlich einvernehmlich. Dann können wir so ver-
fahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
Waltraud Wolff für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1710220400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Alle, die den Saal verlassen, kann ich nur bit-
ten, hierzubleiben, weil dieses Thema uns alle angeht. Es
geht um den Schutz der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher im Bereich der Telekommunikation.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie auf
der Zuschauertribüne sitzen und diese Debatte verfol-
gen, das ist ein Thema, das auch Ihnen zu Hause unter
den Nägeln brennt. 19 Cent pro Minute für ein Fernge-
spräch innerhalb Deutschlands – heute klingt das absurd
teuer. Aber 1998 war das ein Kampfpreis. Damit begann
damals der Wettbewerb im deutschen Festnetz. Die rela-
tiven Kosten sind seitdem zwar drastisch gesunken; aber
in absoluten Zahlen ist das eigentlich nicht der Fall. Eher
zahlen wir heute mehr. Aber wir alle müssen auch kon-
statieren: Heutzutage telefonieren wir nicht mehr nur mit
dem Telefon und nutzen nicht mehr nur diese Leitungen,
sondern sind auch an ein neues Kommunikations- und
Konsumsystem angeschlossen.

Der Telekommunikationsmarkt ist einer der dyna-
mischsten Märkte in Deutschland. Neue technische
Möglichkeiten sorgen natürlich immer wieder für neue
Geschäftsmodelle. Die Telekommunikationsbranche ist
zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutsch-
land geworden. Sie ist ein wichtiger Motor für Innova-
tion, Wachstum und Beschäftigung. Sowohl die Zahl der
Unternehmen als auch die Umsätze wachsen. Dies ist ei-

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(C (D entlich eine sehr positive Entwicklung. Anbieter von formationstechnik, Telekommunikation und Internet iensten sind mit mehr als 840 000 Beschäftigten der weitgrößte Arbeitgeber in der deutschen Industrie. Das ätte 1998 niemand geglaubt. Auch die Anzahl der Anbieter ist gestiegen, die Anendungen sind viel komplexer geworden, und ebenso ind die Tarife vielfältiger und komplexer geworden. ir, die Verbraucherinnen und Verbraucher, profitieren avon aufgrund niedriger Preise und leistungsfähiger rodukte. Eigentlich ist das toll; das kann man nicht aners sagen. Aber die zunehmende Unübersichtlichkeit in ieser Branche ist zu einer großen Herausforderung für en Verbraucherschutz geworden; darüber unterhalten ir uns heute. Dies ist zum Teil deshalb der Fall, weil Verbrauchennen und Verbraucher damit überfordert sind, sich im schungel der Angebote und Tarife zurechtzufinden, um Teil aber auch deshalb, weil die Unübersichtlichkeit usgenutzt wird und Verbraucherinnen und Verbraucher chlichtweg betrogen werden; so muss man das sagen. ir als Gesetzgeber sind an dieser Stelle aufgefordert, anz genau zu beobachten: Wo gibt es Fehlentwicklunen? Wir müssen uns fragen: Wie kann man ihnen entgeenwirken? Wir müssen aufgreifen, was falsch läuft, wir üssen nachjustieren, und wir müssen die Rechte der elefonkundinnen und -kunden wahren und stärken. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dabei geht es um höchst unterschiedliche Probleme.
a gibt es zum einen die Call-by-Call-Anbieter, die un-
orhersehbar ihre Preise erhöhen, ohne dass man Ein-
uss darauf nehmen kann. Dann gibt es Unternehmen,
ie Sie und uns alle mit unerwünschten Werbeanrufen
elästigen. Wir als Verbraucherinnen und Verbraucher
ezahlen in Warteschleifen bei Hotlines – die Frage lau-
t: Warum? Außerdem werden uns Verträge unterge-

choben. Mit Gewinnversprechen werden Kundinnen
nd Kunden auf teure 0900er-Nummern gelockt. All
iese Probleme gilt es in den Griff zu bekommen. Wir
ls SPD-Fraktion haben einen hervorragenden Antrag
eschrieben, in dem ein ganzes Maßnahmenbündel die-
en Problemen entgegenwirkt.


(Beifall bei der SPD – Andreas G. Lämmel [CDU/ CSU]: Jeder Krämer lobt seine Ware!)


Gleichzeitig liegt – endlich, muss man sagen – der
ntwurf der Regierungsfraktionen für eine Novelle zum
elekommunikationsgesetz vor. Kostenfreie Hotlines
das werden uns auch die Kollegen von der Regierungs-

eite zugestehen – fordern alle Fraktionen. Der Gesetz-
ntwurf enthält bessere Vorgaben zur Preisangabe und
ur Beschreibung der Qualität der Angebote, und die
erbraucherrechte beim Umzug und beim Anbieter-
echsel werden gestärkt. Es ist eine gute Sache, dass das
dem Gesetzentwurf steht. Sie als Bundesregierung ha-

en einen Aufschlag gemacht, und Bundesrat und die
erbraucherzentralen haben schon ihre Stellungnahmen
azu abgegeben.





Waltraud Wolff (Wolmirstedt)



(A) )


)(B)

Auf dieser Grundlage sollten wir alle gemeinsam zu
guten Lösungen kommen. Wir als SPD werden uns je-
denfalls ganz konstruktiv daran beteiligen.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe auch schon einen ganz konkreten Vorschlag,
nämlich die Verpflichtung, dass die Call-by-Call-Anbie-
ter die Preise anzugeben haben. Das darf man nicht erst
irgendwann mit einer Verordnung regeln, sondern das
gehört jetzt sofort ins Gesetz.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])


Wozu sollten wir denn warten? Wir kennen doch alle die
Abzocke durch unerwartete Preissprünge. Wenn Sie sich
dazu nicht durchringen können, sondern das auf dem
Verordnungsweg regeln wollen, muss es aber bitte schön
gleichzeitig mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs
geschehen.

Meine Damen und Herren, wir haben hier zwar einen
guten Aufschlag der Bundesregierung; aber wenn man
sich den ganzen Bereich anschaut, muss man konstatie-
ren: Beim Verbraucherschutz in der Telekommunikation
haben die Bundesregierung und die Regierungskoalition
total versagt;


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Oh!)


denn Ihr Gesetzentwurf sieht keine Hilfe bei Kostenfal-
len, untergeschobenen Verträgen und der Abzocke bei
Gewinnspielen vor.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das ist TKG und nicht UWG!)


Zu diesen Themen brauchen Sie bloß einmal bei den
Bürgerinnen und Bürgern nachzufragen. Da gilt es, von
uns aus etwas zu tun. Wir als SPD haben bereits in der
letzten Legislaturperiode ein Gesetz zur Bekämpfung
unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des
Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen
auf den Weg gebracht.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das ist aber UWG!)


– Jawohl. – Mit diesem Gesetz haben wir die Rechte der
Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich gestärkt,
insbesondere im Hinblick auf unerlaubte Telefonwer-
bung und auf die untergeschobenen Verträge.

Gleichzeitig hat die SPD-Fraktion eine Evaluation
dieses Gesetzes auf den Weg gebracht. Ich denke, die
Evaluation vorzuziehen, war genau der richtige Weg;
denn die Zahl der Beschwerden ist in dieser Zeit nicht
zurückgegangen.

Was sagen die nun vorliegenden Ergebnisse aus? Sie
zeigen erstens, dass das Gesetz zum Teil greift. Zweitens
zeigen sie, dass die Unternehmen zwar weiterhin mit un-
gewollten Initiativanrufen gegen das Gesetz verstoßen,
die Zahl dieser Anrufe aber deutlich zurückgeht.

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(C (D Zugenommen hat dagegen die Zahl der Anrufe von elefonbetrügern, die vermeintliche Gewinnversprehen mit der Aufforderung machen, teure 0900er-Numern anzurufen. Auch das Abgreifen von Kontaktdaten t durch die vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen icht ausreichend eingedämmt worden. Mit anderen orten kann man sagen: Die Verbraucherinnen und Ver raucher werden jetzt zwar seltener belästigt, aber sie erden schneller und mehr abgezockt. Darum müssen ir hier gesetzlich eingreifen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch eines steht fest: Verbraucherrechte müssen
ünftig besser durchgesetzt werden. Eine Möglichkeit
azu ist die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaf-
n. Dazu haben wir aus dem Bundesrat bereits positive
ignale vernommen. Ich glaube, dass wir es hier schaf-
n, konzertiert vorzugehen.

Meine Damen und Herren, wir haben eine sogenannte
utton-Lösung eingebracht und hätten die Verbrauche-
nnen und Verbraucher stärken können. Das hat die Re-
ierungskoalition abgelehnt. Sie haben sich darauf zu-
ckgezogen, dass das EU-weit geregelt werden muss.
eute trommelt der Buschfunk aber, dass Sie vielleicht
och eine nationale Lösung haben wollen.

Sie haben noch nichts vorgelegt.


(Lachen des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


ie Verbraucherinnen und Verbraucher werden weiter
bgezockt, und das ist nicht spaßig.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710220500

Frau Kollegin.


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1710220600

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Verbrau-

herschutz in der Telekommunikation ist mehr als das,
as im Telekommunikationsgesetz geregelt wird. Wir
aben die Lösungsansätze aufgezeigt. Stimmen Sie un-
erem Antrag zu und lassen Sie uns konstruktiv im Sinne
ller Verbraucherinnen und Verbraucher daran arbeiten.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710220700

Andreas Lämmel von der CDU/CSU-Fraktion ist der

ächste Redner.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1710220800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wolff, ich habe Ih-
r Rede und der Kommentierung Ihres „hervorragenden
ntrages“ gelauscht. Ich denke, uns eint die Forderung
ach dem Ausbau des Verbraucherschutzes und nach der
tärkung der Rechte der Verbraucher.





Andreas G. Lämmel


(A) )


)(B)

Ich weiß aber nicht so recht, ob die Diskussion, die
wir jetzt führen, nicht völlig deplatziert ist; denn – Sie
haben es selbst erwähnt – die Bundesregierung hat den
Gesetzentwurf schon am 2. März dieses Jahres verab-
schiedet. Der Bundesrat hat seine Stellungnahme dazu
geschrieben, und es wäre sinnvoll gewesen, in der ersten
Lesung des Gesetzentwurfes hier im Deutschen Bundes-
tag, also im Mai, genau die Fragen, die Sie vorgetragen
haben, zu erörtern.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die trage ich schon seit Jahren vor!)


– Ja, genau.

Ich muss Ihnen auch sagen, dass Ihr Antrag ein biss-
chen spät vorgelegt worden ist; denn die CDU/CSU-
Fraktion hat schon lange ein Papier zu den verbraucher-
schutzrechtlichen Regelungen im Gesetzentwurf vorge-
legt. 80 Prozent Ihrer gesamten Regelungsvorschläge
können Sie jetzt im Gesetzentwurf der Bundesregierung
nachlesen.


(Martin Dörmann [SPD]: Wir wollen 100 Prozent!)


Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, dann kann ich also
sagen: Haken, Haken, Haken – alles eigentlich erledigt,
weil es im Gesetzentwurf steht.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Ich habe es doch gesagt: kein Haken, kein Haken, kein Haken!)


Insofern ist die Diskussion heute eine kleine Spiegel-
fechterei. Wir sollten das in den Ausschüssen debattie-
ren. Es lohnt sich sicherlich, darüber zu diskutieren,
wenn der Gesetzentwurf eingebracht ist.

Deswegen möchte ich jetzt auch nur drei Punkte an-
sprechen, die uns hier wirklich sehr beschäftigen.

Jeder hier im Raum hat sich in der vergangenen Zeit
wahrscheinlich schon einmal sehr über Anrufe mit unter-
drückter Nummer, über falsche Angaben von Bandbrei-
ten bei Internetanschlüssen und über teure Warteschlei-
fen geärgert. Deswegen bestätige ich Ihnen ja auch, dass
Handlungsbedarf besteht.

Die Warteschleifen sind, glaube ich, im Moment eines
der größten Probleme. Ich denke, wir haben hier im
Hause und auch mit der Regierung eine große Einigkeit,
dass in Bezug auf kostenlose Warteschleifen Regelungen
geschaffen werden müssen, und auch über die Wege sind
wir uns jetzt wohl einig, nachdem die Anbieter lange
Zeit erklärt haben, was alles technisch nicht geht. Letzt-
endlich geht vieles dann aber doch; das haben wir in der
politischen Praxis ja schon oft erlebt. Ich denke also, das
Thema wird sich regeln lassen.

In Bezug auf den Anbieterwechsel innerhalb eines
Kalendertages gehen wir andere Wege als Sie. Sie for-
dern Sanktionen, wenn ein Anbieterwechsel nicht inner-
halb eines Tages abgeschlossen wird. Was nützt es mir,
wenn der Anbieter, nachdem ich fünf Tage lang kein Te-
lefon hatte, vielleicht 100 Euro zahlen muss? Ich will
den Anbieterwechsel an einem Tag realisiert haben. Wir
sind der Meinung, dass es wesentlich besser ist, wenn

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(C (D er alte Anbieter den Endkunden so lange weiter versoren muss, bis der Anbieterwechsel innerhalb eines Tages ewährleistet ist. Ich denke, dass unsere Regelung besser t und auch wesentlich weiter geht als Ihre Forderung ach Sanktionen. Ein anderes Thema ist die zwölfmonatige Höchstveragslaufzeit für Telekommunikationsverträge. Das ist in leidiges Thema; das muss ich zugeben. Mir ist das uch schon oft passiert: Man wechselt den Anbieter und uss einen Zweijahresvertrag unterschreiben. Wenn an vergisst, diesen Vertrag innerhalb einer bestimmten rist zu kündigen, läuft er weiter, dann allerdings nur och ein Jahr. Wir sind der Auffassung, dass eine zwölfonatige Höchstvertragslaufzeit notwendig ist. Zumin est muss die Möglichkeit dazu bestehen. Ob der Verraucher einen Vertrag über zwei, drei, fünf oder zehn ahre unterschreibt, bleibt ihm überlassen; aber er muss uch die Möglichkeit haben, einen Vertrag abzuschlieen, der nur ein Jahr läuft und entsprechend gekündigt erden kann. Ein weiteres Thema sind die Verbraucherrechte beim mzug. Umzüge kommen im praktischen Leben oft vor; ie Menschen sollen schließlich mobil sein. Gefordert ird, dass für den Fall eines Umzugs ein Sonderkündiungsrecht im Gesetz verankert wird. Sie befürworten sogar, dass die Telekommunikationsnternehmen eine Kompensation für die überlassene ardware erhalten. Damit sind Sie sehr wirtschaftseundlich. Über diesen Vorschlag werden wir diskutien müssen. Wir sind der Auffassung, dass es eine veraglich vereinbarte Abstandszahlung geben soll. Der erbraucher muss wissen, worauf er sich bei einem Umug einlässt. Ich denke, in den weiteren Themen, die Sie angesprohen haben, wie die Mitnahme von Mobilfunkrufnumern und Preistransparenz bei Call-by-Call-Dienstleisngen, liegen wir nicht weit auseinander. Insofern enke ich, dass die Beratung, was den ersten Teil Ihres ntrages angeht, in großer Gemeinsamkeit gelingen ann. Beim zweiten Teil Ihres Antrags wird es schon chwieriger. Das wissen Sie auch genau. Herr Dörmann chelt schon insgeheim in sich hinein, weil er genau eiß, dass verschiedene Regelungen, die darin gefordert erden, einen sehr hohen bürokratischen Aufwand nach ich ziehen. Da wir alle eigentlich für Bürokratieabbau ind, werden wir uns dabei sicherlich kaum einig weren. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Sie ird sicherlich sehr produktiv werden. Der Verbraucher ird der Gewinner sein. Das ist unser Ziel. s ist die Aufgabe der Politik, die Verbraucherrechte zu tärken. Das werden wir mit dem Gesetzentwurf und den eiteren Diskussionen im Ausschuss auch tun. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Gesagt haben Sie eigentlich nichts!)


(Klaus Barthel [SPD]: Schauen wir mal!)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710220900

Die Kollegin Caren Lay ist die nächste Rednerin für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710221000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Lämmel, ich muss
mich schon wundern. Ich denke, dass die Beratung der
Anträge der Linken, aber auch der anderen Oppositions-
fraktionen zu dem wichtigen Thema Verbraucherschutz
im Telekommunikationsbereich nun wirklich nicht de-
platziert ist, wie Sie gesagt haben. Vielmehr ist es längst
überfällig, dass die Bundesregierung handelt. Wieder
einmal muss die Opposition Sie vor sich hertreiben.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren
schließlich durch ungebetene Telefonanrufe, Kostenfal-
len im Internet und viele andere Dinge mehr jedes Jahr
sehr viel Geld. Ich denke, jeder von uns kennt dieses
Problem auch aus der eigenen Erfahrung. Man bekommt
zum Beispiel eine SMS auf das Handy mit der Mittei-
lung: „Sie haben gewonnen! Rufen Sie uns bitte unter
folgender Nummer an.“ Dann landet man in einer Warte-
schleife, die am Ende sehr viel Geld kostet. Der Haupt-
gewinn bleibt aber aus.

Ein anderes Beispiel sind die scheinbaren Billigtarife,
bei denen die Telekommunikationsunternehmen beson-
ders preiswerte Anrufe ins Ausland oder in Mobilfunk-
netze versprechen. Dann aber erhöhen die Anbieter
kurzfristig und auch unbemerkt die Minutenpreise oft
um das Vielfache, und die Verbraucherinnen und Ver-
braucher bleiben auf den Kosten sitzen.

Insofern erleben viele Verbraucherinnen und Verbrau-
cher die Telekommunikationsbranche als einen Markt
der Abzocke. Wir als Linke sagen, dass diese Abzocke
im Internet und bei der Telekommunikation endlich ein
Ende haben muss.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Da sind Sie nicht allein, Frau Lay!)


– Dann bin ich auf Ihre Vorschläge gespannt. Denn das
ist kein neues Problem. Seit Jahren sorgt der Telekom-
munikationsmarkt für den höchsten Beratungsbedarf bei
den Verbraucherzentralen. Fast die Hälfte der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher hat Probleme mit Telefon-
und Internetdiensten. Das Schlimmste ist, dass die be-
liebtesten Opfer dieser unseriösen Geschäftspraktiken
sehr häufig Jugendliche und ältere Menschen sind. Des-
wegen ist es unsere soziale Verpflichtung, uns hier ein-
zusetzen.

Was macht aber die Bundesregierung? Ich habe in der
Tat aus den Reihen der Union immer wieder einmal eine
Presseerklärung zum Thema „sauberes Telefon“ gelesen.
Aber geändert hat sich die Gesetzeslage bislang nicht.
Das gilt auch für den Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung. Beispielsweise beim Thema Warteschleifen gibt es
nach wie vor Schlupflöcher, die die Koalition den Unter-

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(C (D ehmen zubilligen möchte. Anstatt zu sagen, dass die arteschleifen kostenlos sein sollen, wollen Sie, dass as nur bei Sondertelefonnummern gilt. (Dr. Erik Schweickert [FDP]: Die anderen kosten ja eh nichts!)


sofern ist die Behauptung von Verbraucherministerin
igner, das Problem kostenpflichtiger Warteschleifen

ei gelöst, sicher nicht die richtige Formulierung.

Auch wir als Linke haben hier einen Antrag vorge-
gt. Wir sagen zum Beispiel: Warteschleifen müssen
omplett kostenlos sein. Auch die Wartezeit muss be-
renzt werden. Denn wer möchte schon viele Stunden
it Dudelmusik am Telefon verbringen? Ebenso fordern
ir klare Preisobergrenzen und Preisinformationen. Was
r das Festnetz schon längst gilt, muss auch für das
andy gelten.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir wollen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher
esser vor Kostenfallen im Internet geschützt werden. Es
uss klar erkennbar sein, wie viel ein Kauf im Internet

ostet und wann der Kauf tatsächlich abgeschlossen ist.
eswegen fordern auch wir, ebenso wie in der letzten
egislaturperiode, einen Internetbutton. Besonders be-
rückend finde ich, dass sich die Telekommunikations-
ranche in der Zwischenzeit eine goldene Nase verdient.

letzten Jahr hat die Branche in Deutschland einen
msatz von 61 Milliarden Euro erzielt, einen Teil davon
it unseriösen Praktiken.

Wir sagen als Linke: Verbraucherabzocke darf sich
icht länger lohnen. Die Zögerlichkeit von Schwarz-
elb ist Teil einer Politik zugunsten der Unternehmen.
erbraucherinteressen bleiben dabei auf der Strecke. Das
uss endlich ein Ende haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710221100

Das Wort erhält nun die Kollegin Claudia Bögel für

ie FDP-Fraktion.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1710221200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Novelle zum Telekommunikationsgesetz
etzt zwei große Schwerpunkte. Sie bringt den Verbrau-
hern besseren Schutz, und sie schafft einen sicheren
ahmen für den Ausbau modernster Internetinfrastruk-
r. Ihre Vorschläge zu Änderungen im TKG, die ich in
rem Antrag wiederfinde, hat das Kabinett bereits vor

ut einem Monat zu großen Teilen abgesegnet; Kollege
ämmel sagte das vorhin. Somit, liebe Opposition, ge-
ören Sie der Vergangenheit an. Aber wir kennen das ja:
ort, wo Sie nur fordern – und das auch noch mit großer
erspätung –, haben wir uns bereits gekümmert und um-
ssende Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bür-

er erwirkt.





Claudia Bögel


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Martin Dörmann [SPD]: Sie haben doch noch gar nichts beschlossen! – Caren Lay [DIE LINKE]: Was haben Sie denn schon gemacht?)


So wird die Bundesnetzagentur in Zukunft darüber
wachen, ob die Angaben zu den Geschwindigkeiten von
Breitbandanschlüssen mit den Fakten übereinstimmen.
Sie wird darüber wachen, ob die Preistransparenz bei so-
genannten Call-by-Call-Gesprächen und mobilen Daten-
diensten gewährleistet wird. Der Schutz vor Abrechnung
von Internetkostenfallen über die Handyrechnung wird
auch auf den Mobilfunk ausgeweitet. Ein ganz wesentli-
cher Faktor für Unternehmen ist die Verkürzung der
Wartezeit bei Anbieterwechsel auf einen Tag.


(Martin Dörmann [SPD]: Das hat doch die EU vorgeschlagen!)


Wir haben das Problem erkannt: Telefonanbieterwechsel
und schon ist man unter Umständen mehrere Tage nicht
erreichbar. Für den Bürger ist das ärgerlich, für ein Un-
ternehmen ist es von existenzieller Bedeutung. Mit der
entsprechenden Regelung und vielen weiteren Regelun-
gen bietet das TKG zeitgemäßen Verbraucherschutz für
alle Formen der elektronischen Kommunikation, und das
auf höchstem Niveau.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist unsere Politik. Ihr folgen Taten statt warmer
Worte, verpackt in populistische Forderungen.


(Lachen bei der SPD – Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist ja unglaublich!)


Noch in diesem Jahr können wir die letzten weißen
Flecken in der flächendeckenden Grundversorgung mit
DSL-Internetanschlüssen und LTE beseitigen. Die Zu-
sage hierzu wurde von den TK-Unternehmen aktuell be-
kräftigt.

Wir wollen, dass auch in den ländlichen Räumen bis
spätestens 2018 besonders schnelle Breitbandanschlüsse
flächendeckend verfügbar sind.


(Martin Dörmann [SPD]: Sie tun nur nichts dafür!)


Der Präsident des Verbraucherzentrale Bundesverbandes
fordert deshalb eine kosteneffiziente und für die Ver-
braucher auch bezahlbare Ausbaustrategie. Absolut rich-
tig. Augenmaß und nicht blinder Aktionismus ist hier
von größter Wichtigkeit;


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


denn es geht um Investitionen in Höhe von immerhin
40 Milliarden Euro. Der Ausbau soll mit dem Ziel erfol-
gen, für die Verbraucher die geringsten Kosten zu errei-
chen. Ohne den Wettbewerb als den wichtigsten Antrei-
ber wird dies nicht gelingen.

Allein der Wettbewerb, der allen Verbrauchern freie
Wahl unter den Anbietern gibt, hat den Telekommunika-
tionsmarkt zum erfolgreichsten Modell für die Liberali-
sierung staatlicher Monopole gemacht. Daran sollten

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(C (D ir uns auch künftig halten; denn gute Wettbewerbsolitik – davon bin ich überzeugt – ist die beste Verbrauherpolitik. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Um Gottes willen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710221300

Nun erhält die Kollegin Bärbel Höhn für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen das Wort.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710221400

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein ganz

ichtiges Feld, über das wir heute diskutieren; denn
anz viele Menschen sind von großen Problemen betrof-
n, die wir weiterhin bei der Telekommunikation haben.
eshalb sage ich: Auch ein mündiger Bürger braucht ei-
en bestimmten Schutz. Es reicht einfach nicht, nur auf
ettbewerb zu setzen, um das einmal sehr deutlich zur

DP zu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben Telefon, wir haben Handy, wir haben Inter-
et und wir haben neue Medien, die eine immer größere
olle spielen. In vielen Bereichen herrschen in der Tat
mer noch Wildwestmethoden. Deshalb müssen wir

em Verbraucherschutz mehr Gewicht geben. Ich habe
en Eindruck, dass die Bundesregierung diesen Heraus-
rderungen nicht gewachsen ist; denn sie braucht ex-
em lange, um zu reagieren, und wenn sie reagiert,
pringt sie zu kurz. Es ist wichtig, heute diese Debatte zu
hren, damit wir endlich im Verbraucherschutz bei der

elekommunikation vorankommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Angesichts der kurzen Zeit nenne ich drei Beispiele.
as ganze Thema ist extrem breit. Ein Beispiel sind die
elefonwarteschleifen. Wir von den Grünen haben das
hema 2009, als wir eine Studie vorgelegt haben, in die
iskussion gebracht und auf den Missbrauch und die
bzocke hingewiesen – jetzt haben wir 2011. Wir haben
ieses Thema im März des letzten Jahres in den Bundes-
g eingebracht. Ein Jahr später wird endlich ein Gesetz-

ntwurf auf den Weg gebracht. Da kann man nun sagen:
ieber spät als nie. – Aber man muss auch sagen: Er ist
och nicht einmal gut geworden.


(Widerspruch der Abg. Claudia Bögel [FDP])


aher finde ich schon, dass man fragen muss, was Frau
igner dazu sagt. Frau Aigner hat sich gerühmt, sie habe
as Problem der kostenpflichtigen Warteschleifen gelöst.
ie hat gesagt: Wird vom Unternehmen keine Leistung
rbracht, dürfen auch keine Kosten berechnet werden. –
as ist ein Zitat.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710221500

Frau Kollegin Höhn, lassen Sie Zwischenfragen zu?






(A) )


)(B)


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710221600

Sofort. Ich möchte den kleinen Satz noch zu Ende

bringen, und dann werde ich eine Zwischenfrage zulas-
sen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710221700

Aber sicher.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710221800

Dann erhalte ich wieder ein bisschen mehr Zeit.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710221900

Das wollen wir dann sehen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710222000

Wenn wir dieses Zitat von ihr – wird vom Unterneh-

men keine Leistung erbracht, dürfen auch keine Kosten
berechnet werden – jetzt auf seine Richtigkeit überprü-
fen, dann stellen wir fest: In der Tat werden immer noch
Kosten fällig, es gibt immer noch Schlupflöcher. Dieser
Satz ist einfach falsch.

Wenn die Ministerin am Weltverbrauchertag sagt, irre-
führende Aussagen in der Lebensmittelwerbung dürfe es
nicht mehr geben, dann sagen wir: Sie sollte keine irre-
führende Werbung in eigener Sache machen. Auch das
ist verboten und sollte nicht geschehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710222100

Bitte schön.


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1710222200

Frau Kollegin Höhn, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass das Problem der Abzocke bei telefoni-
schen Warteschleifen nicht erst seit der Regierungsüber-
nahme durch Schwarz-Gelb, also 2009, als Sie die Um-
frage durchgeführt haben, existiert, sondern schon viele
Jahre früher existierte? Deswegen möchte ich Sie fragen:
Warum widmen Sie sich diesem Thema erst seit 2009?
Warum haben Sie sich diesem Thema nicht schon zu der
Zeit gewidmet, als Sie die Regierungsverantwortung
hatten? Da gab es das Problem nämlich schon.


(Beifall bei der FDP)



Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710222300

Dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Das ist nun wirk-

lich nicht logisch; denn wir waren hier im Bundestag im-
merhin die Ersten, die den Antrag dazu eingebracht ha-
ben, und wir waren immerhin diejenigen, die dann
wenigstens 2009 mit dieser Anfrage das Ganze an die
Öffentlichkeit gebracht haben. Wenn ich sehe, dass die
Franzosen heute schon in der Lage sind, kostenfreie
Warteschleifen zu garantieren, dann verstehe ich nicht,
warum die Ministerin das, was die Franzosen können,
hier in Deutschland nicht kann. Das ist das Problem.
Schnelles Handeln wäre möglich gewesen. Von 2009 bis
2011 ist eine lange Zeit. Sie von der FDP wollen immer

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(C (D o schnell sein. Das war nicht schnell in Ihrer Regiengsverantwortung. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zum nächsten Punkt: unerlaubte Telefon-
erbung. Da dieses Problem schon lange bekannt ist, ha-
en wir schon vor einiger Zeit einen entsprechenden An-
ag eingebracht. Die Bundesnetzagentur hat festgestellt:
010 gab es 30 Prozent mehr Beschwerden als 2009.
ittlerweile haben sich 130 000 Menschen bei der Bun-

esnetzagentur beschwert. Das lässt uns ahnen, wie viele
ersonen tatsächlich betroffen sind. Zwar wird nun eine
ösung des Problems vorgelegt, aber auch da muss man
agen: späte Einsicht. Auch hier hätte viel früher eine
ösung gefunden werden können. Wir als damalige Op-
ositionsfraktion haben Vorlagen mit Lösungen einge-
racht. Damals haben Sie gegen uns gestimmt. Jetzt stel-
n Sie fest: Um den Verbraucher zu schützen, muss er

ine schriftliche Bestätigung abgeben. Um das zu verste-
en, haben Sie Jahre gebraucht. Auch hier ist der Ver-
raucherschutz bei Ihnen eine Schnecke.


(Beifall der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Letzter Punkt: Kostenfallen im Internet. Verstehen
ie endlich, dass Menschen, die über das Internet eine
eistung in Anspruch nehmen, sehen müssen, wie viel
iese Leistung kostet. Mit einem entsprechenden Button
t das ganz einfach zu erreichen. Wir sind uns eigent-
ch einig, dass dafür gesorgt werden muss. Deshalb
age ich – Frau Ministerin ist nicht da –: Herr Bleser –
ie sind mir der beste Verbraucherschützer, den ich mir
orstellen kann


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


genau –; denn Sie sind nun für mehr als nur für Land-
irtschaft zuständig –, setzen Sie Ihr Vorhaben endlich
m und reden Sie nicht immer nur darüber! Ich finde
iese von der SPD angestoßene Debatte gut. Die Regie-
ng muss endlich etwas tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710222400

Mechthild Heil ist die nächste Rednerin für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1710222500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die CDU/CSU hat den Verbraucherschutz fest
Blick. Wir freuen uns, dass die Opposition uns mit ih-

n Anträgen heute bei diesem Vorhaben unterstützen
ill. Vielen Dank!

In den letzten Jahren haben wir mit der Verschärfung
es Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwer-





Mechthild Heil


(A) )


)(B)

bung erste Erleichterungen für die Verbraucher erreicht:
Uns ist es gelungen, dass unlautere Anrufe strenger ge-
ahndet werden. Außerdem haben wir ein deutlich höhe-
res Bußgeld durchgesetzt. Wir haben Rufnummernunter-
drückungen verboten, und wir haben das Widerrufsrecht
ausgeweitet, auch bei Gewinnspielen.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Auf unseren Tipp hin!)


Darüber hinaus haben wir festgesetzt, dass Anbieter-
wechsel und Vertragsänderungen nur noch mit schrift-
licher Bestätigung des Kunden erlaubt sind. Das alles
war und ist ein großer Erfolg für Verbraucherinnen und
Verbraucher. Aber unsere Ideen und unsere Durchset-
zungskraft gehen noch weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Da haben Sie noch von unserer Idee gelebt!)


Das Bundeskabinett hat am 2. März den Entwurf der
Novelle zum Telekommunikationsgesetz beschlossen.
Damit setzen wir unsere verbraucherpolitischen Ziele
konsequent weiter um. Mit überteuerten und endlosen
Warteschleifen, Frau Höhn, den Kunden das Geld aus
der Tasche zu ziehen, ist mit uns nicht zu machen. Wir
sorgen dafür, dass ein Anrufer erst dann bezahlen muss,
wenn er mit einem Mitarbeiter in Kontakt tritt, der sich
seines Problems annimmt. Ja, Servicenummern dürfen
etwas kosten, aber erst ab der Sekunde, ab der dem Kun-
den auch wirklich geholfen wird.

Ein weiteres Ärgernis für die Verbraucher sind einige
Call-by-Call-Anbieter. Mit unübersichtlichen Tarif-
sprüngen werden Kunden bewusst in die Irre geführt.
Die Folge kann eine massiv überhöhte Rechnung sein.
Dieses Problem wurde auf der europäischen Ebene er-
kannt, und Europa hat gehandelt. Deshalb können heute
nationale Regulierungsbehörden – bei uns ist das die
Bundesnetzagentur – Transparenzvorgaben für die Tele-
kommunikationsunternehmen machen. Dazu gehört eine
Tarifansage zu Beginn jedes Gesprächs. Wechselte bis-
her ein Kunde den Wohnort, musste er meist den alten
Vertrag fortführen, auch wenn am neuen Wohnort die
Leistungen gar nicht angeboten wurden. Damit soll jetzt
Schluss sein. Wir wollen ein gesetzlich verankertes Son-
derkündigungsrecht bei Umzug. Wird die gleiche Leis-
tung am neuen Wohnort angeboten, darf auch die verein-
barte Vertragslaufzeit nicht mehr geändert werden.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das hat die EU vorgegeben! Das sind alles nicht Ihre eigenen Ideen!)


Es soll Schluss sein mit endlosen automatischen Ver-
tragsverlängerungen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Auch der Wechsel zwischen den Telefongesellschaften
muss vereinfacht werden. Wechselt man zur Konkur-
renz, darf der Telefonanschluss höchstens einen Tag lang
stillgelegt werden. So lange bleibt der alte Anbieter Ver-
tragspartner. Dann muss alles wieder funktionieren. Wir

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(C (D ollen auch, dass der Mobilfunkkunde in Zukunft seine ufnummer zum neuen Anbieter mitnehmen kann. Das t ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Kundenserice. Unser Ziel als CDU/CSU ist es nämlich, mehr Wettewerb zu ermöglichen und damit für die Kunden die osten zu senken. Deshalb wird jeder Telefonund Inrnetanbieter verpflichtet, auch Verträge mit zwölf an tatt mit 24 Monaten Laufzeit anzubieten. Und: Handybrechnungen müssen so transparent und verständlich rstellt werden, dass der Kunde erkennen kann, was wie iel gekostet hat. Er muss auch Widerspruch gegen einelne Rechnungsposten einlegen können. Diese Vielzahl on Verbesserungen im TKG bringt uns dem Ziel eines sauberen“ Telefons wesentlich näher. Damit ist der nionsfraktion eine weitere Stärkung der Verbraucher elungen. Auch mit dem Geschwindigkeitsschwindel bei DSLnschlüssen ist jetzt Schluss. Derzeit geben die Anbieter ie Geschwindigkeit von DSL-Anschlüssen mit „bis zu“ n. In der Realität heißt das oft: Die Höchstgeschwindigeit wird auch unter günstigsten Bedingungen nicht ericht. Oft entpuppt sich der Datenhighway als verkehrs eruhigte Zone. Deshalb werden wir die DSL-Anbieter erpflichten, verbindliche Mindestgeschwindigkeiten nzugeben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der zweite Schwerpunkt unseres Gesetzes, das wir
orlegen werden, ist der Breitbandausbau. Wir wollen
öglichst bis 2015 eine flächendeckende Verfügbarkeit

on Breitbandanschlüssen mit einer Bandbreite von
0 Megabit pro Sekunde erreichen.


(Martin Dörmann [SPD]: Sie haben aber ein anderes Ziel formuliert! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wichtig für den ländlichen Raum!)


ir wissen, dass in ländlichen Regionen Breitbandnetze
benso wichtig sind wie in Ballungsräumen. Sie sind
ichtig für die Ansiedlung von Unternehmen, die Schaf-
ng von Arbeitsplätzen und auch für die Teilhabe aller

n unserer Gesellschaft. Die CDU/CSU macht keine
ualitätsunterschiede zwischen Verbrauchern aus städti-

chen und Verbrauchern aus ländlichen Räumen. Große
tädte mit Internethochgeschwindigkeitsstrecken und
örfer auf dem Internetabstellgleis – das ist mit mir und
it der CDU/CSU nicht zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enschen im ländlichen Raum sind für mich keine Ver-
raucher zweiter Klasse.

Schnelle Internetanschlüsse sind heute mit der Ver-
orgung von Wasser und Strom gleichzusetzen. Sie sind
eil der Daseinsvorsorge. Es gibt einen Wunsch nach
nd ein Recht auf ungehinderten Informationszugang.
afür kämpfe ich.





Mechthild Heil


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Gerade als Verbraucherschützerin liegt mir dies sehr am
Herzen. Ohne den freien Zugang zu Informationen gibt
es keine mündigen Bürger. Aus diesem Grund streben
wir eine flächendeckende Versorgung für Land und Stadt
an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mehr Rechte, weniger Abzocke, schnelleren Anbie-
terwechsel, fairen Wettbewerb und besseren Durchblick
im Telekommunikationsdschungel – dies alles wollen
Verbraucher. Wir, die CDU/CSU, schaffen die gesetz-
lichen Grundlagen dafür. Wenn Sie von der Opposition
uns hierbei unterstützen wollen, sind Sie herzlich einge-
laden.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Halten Sie sich an unsere Anträge!)


Ich freue mich auf eine intensive Diskussion mit Ihnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710222600

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Dr. Schweickert für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1710222700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es ist schon interessant, wie die Debatte hier läuft. Es
wird so getan, als ob wir Ewigkeiten brauchten, um zu
handeln.


(Caren Lay [DIE LINKE]: Ist auch so!)


Dabei hätten manche zwölf Jahre lang die Möglichkeit
dazu gehabt, haben aber nichts getan. Dann wird uns
vorgeworfen, dass wir bestimmte Punkte nicht ins TKG
aufgenommen hätten. Dabei weiß jeder von uns, der sich
im Verbraucherausschuss mit diesem Thema viele Stun-
den lang befasst hat, dass diese Punkte überhaupt nicht
ins TKG gehören, sondern ins UWG, weil die unerlaubte
Telefonwerbung im TKG gar nicht abgehandelt wird.


(Martin Dörmann [SPD]: Das steht in unserem Antrag so!)


Daher wünsche ich mir, dass wir über diese Themen an
der richtigen Stelle diskutieren. Das können wir tun,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sie brauchen nur unseren Antrag zu lesen und ihm zuzustimmen!)


aber bitte werfen Sie uns nicht vor, dass wir fachfremde
Punkte einbringen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für eine Diskussion? Das hat doch gar keiner gesagt!)


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(C (D Trotzdem enthält der Antrag von der SPD einiges ute. Allerdings frage ich mich, warum das so ist. Ich age mich, ob das Guttenberg-Syndrom so langsam bei nen angekommen ist; denn die guten Sachen entstamen dem Plagiieren. (Lachen bei der SPD – Christel Humme [SPD]: Das war ein Eigentor!)


Wir haben gesagt – das steht im Entwurf der TKG-
ovelle –: Ein Anbieterwechsel soll funktionieren. Wir
aben sogar die Rückfallmöglichkeit für den Fall vorge-
ehen, dass es nicht funktioniert.


(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Genau!)


amit gehen wir über die Forderung hinaus, die Sie auf-
tellen.

Ich kann die Liste weiter durchgehen. Wir sehen die
arantierten Tarifvarianten, maximal zwölf Monate, vor;
eite 29, § 43 b.


(Burkhard Lischka [SPD]: Alles von der EU vorgegeben! Das ist nicht Ihre Idee!)


ber das kennen Sie ja. Sie haben es schließlich abge-
chrieben. Von daher sind Sie im Thema drin. Das gilt
uch für die Regelung im Umzugsfall.

Frau Wolff, zur Pflicht zur Tarifansage im Call-by-
all-Bereich: § 66 b TKG; ich habe es gerade noch ein-
al nachgesehen. Das ist drin. Sie können nicht sagen,

s sei nicht drin. Es ist drin, weil wir uns um die Ver-
raucher kümmern und genau wissen, wo der Schuh
rückt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Außerdem haben wir als schwarz-gelbe Regierungs-
oalition die Evaluation vorgezogen, um in vielen Berei-
hen überhaupt tätig werden zu können. Sie wissen, dass
ustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger handelt,
orzieht und die notwendigen Entwürfe vorlegt. Das ist
chtige Politik. Das ist nicht nur Ankündigung. Ihre Kri-
k soll darüber hinwegtäuschen, dass Sie zwölf Jahre
ng nichts gemacht haben.

Denen, die lauthals rufen: „Was kann denn noch regu-
ert werden, wo können wir uns noch einmischen?“,
uss ich sagen: Alle, die bei mir im Büro waren, haben
ir gesagt: Das funktioniert nicht. Das könnt ihr nicht
achen. – Wir waren diejenigen, die nicht eingeknickt

ind und die ganz klar gesagt haben: Es geht um die Ver-
raucher. Wir werden die Verbraucherabzocke beenden. –
a finde ich schon interessant, wie manche Diskussio-
en in diesem Hause laufen.

Wir dürfen auch eines nicht vergessen, Kolleginnen
nd Kollegen. Wir haben mit Rainer Brüderle jemanden,
er das Thema der Telefonwarteschleifen aufgegriffen
nd die Lösung des Problems beschleunigt hat. Also,
ehmen Sie sich daran ein Beispiel! So kann es funktio-
ieren. So kann man das Notwendige gesetzlich umset-
en – zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbrau-
her. Wenn Sie sich daran ein Beispiel nehmen, dann
erden Sie feststellen: Nicht nur abschreiben macht





Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

glücklich, sondern vielleicht auch einmal zustimmen,
wenn die Punkte, die da hingehören, tatsächlich umge-
setzt werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710222800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/4875 und 17/5376 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nun unter dem Zusatzpunkt 4 zur
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf der
Drucksache 17/3587. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ableh-
nung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksa-
che 17/3041 mit dem Titel „Unlautere Telefonwerbung
effektiv verhindern“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Das Erste war die Mehrheit. Damit ist die Be-
schlussempfehlung angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die
Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen auf Drucksache 17/3060 mit dem Titel „Un-
erlaubte Telefonwerbung wirksam bekämpfen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Beschluss-
empfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 11 a und b auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Europäischen Be-
triebsräte-Gesetzes – Umsetzung der Richtli-
nie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte

(2. EBRG-ÄndG)


– Drucksache 17/4808 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 17/5399 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Josip Juratovic

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Josip Juratovic, Ottmar Schreiner, Anette
Kramme, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Wirkungsvolle Sanktionen zur Stärkung von
Europäischen Betriebsräten umsetzen

– Drucksachen 17/5184, 17/5399 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Josip Juratovic

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(C (D Auch für diese Aussprache ist nach einer interfraktioellen Vereinbarung eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahn. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Dr. Johann Wadephul für die CDU/CSU-Frakon. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir erörtern hier in zweiter und dritter Lesung ie Novellierung des Europäische Betriebsräte-Gesetzes, obei das Gesetz nicht grundsätzlich neu gefasst werden oll; es geht um einige Anpassungen an aktuelle Enticklungen. Ich möchte grundsätzlich dazu sagen, in welchem eist meine Fraktion diese Novelle beraten und be chließen möchte. Wir glauben daran, dass sich die Beiebspartnerschaft in Deutschland bewährt hat, dass sie in Modell für gelebte Demokratie in einem Betrieb ist, ass sie ein Erfolgsmodell ist, dass sie kein Wettbeerbsnachteil ist, sondern dass sie für die Beteiligung on Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sorgt, dass ie dafür sorgt, deren Engagement für den Betrieb zu ergrößern, dass sie ein intelligentes Führungsinstruent für den Inhaber des Unternehmens ist und dass wir sofern auch hier von einem Exportschlager Deutschnds sprechen können. Wir finden die Betriebspartner chaft gut. Wir finden sie richtig. Wir wollen sie stärken, nd wir wollen sie an die europäischen Gegebenheiten npassen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1710222900

An zweiter Stelle geht es darum, europäisches Recht
also eine Richtlinie – umzusetzen. Das machen wir so,
ie wir es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP
ereinbart haben. Wir setzen europäisches Recht eins zu
ins um. Wir denken uns nichts Zusätzliches aus und
ollen nicht europäischer sein als Europa. Herr

uratovic, ich werde ergänzend zu Ihren Änderungsvor-
chlägen und dem Zusatzantrag noch etwas sagen. Wir
ind der Auffassung, dass wir nicht immer wieder in
onntagsreden beklagen dürfen, dass es in Deutschland
inen Regelungswust gibt, dass uns Europa sozusagen
en Krümmungsgrad der Gurke vorschlägt


(Zuruf von der SPD)


nd dass unsere Regelungen immer detaillierter werden.
as kann man nur dann einhalten, wenn man das euro-
äische Recht so umsetzt, wie es vorformuliert ist, näm-
ch eins zu eins, und das tun wir.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gibt aber auch Kann-Bestimmungen!)


Deswegen werden die Begriffe Unterrichtung und
nhörung erweitert und verbessert. Sie stellen eine Ver-
flichtung zur rechtzeitigen Unterrichtung und Anhö-
ng des Europäischen Betriebsrats vor einer endgülti-

en Entscheidung des Unternehmens über eine geplante





Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)

Maßnahme sicher. Es entspricht dem Geist des Betriebs-
verfassungsrechtes, dass der Unternehmer – bevor er
eine Entscheidung trifft – den Betriebsrat hört und die
Anregungen, die Bedenken, die Sorgen, die Nöte und die
Kritik, aber auch die Verbesserungsvorschläge der Ar-
beitnehmerschaft, die durch den Betriebsrat artikuliert
werden, in seine Entscheidung aufnimmt und insofern
eine noch bessere Entscheidung trifft.

Wir definieren die länderübergreifenden Angelegen-
heiten neu. Dies ist in den allgemeinen Teil der Richtli-
nie übernommen worden und wird selbstverständlich
auch in unseren deutschen Gesetzestext aufgenommen.

Die Anhörung hat gezeigt, dass der Umsetzungsakt
– wir als Koalitionsfraktionen wollen den vorliegenden
Gesetzentwurf redaktionell leicht verändern – übergrei-
fende Anerkennung gefunden hat. Es kommt nicht jeden
Tag vor, dass sowohl die Arbeitgeber als auch die Ge-
werkschaften einen Entwurf begrüßen. Ich darf den
Deutschen Gewerkschaftsbund zitieren:

Aus gewerkschaftlicher Sicht wird begrüßt, dass
der GE überwiegend Änderungen und Ergänzungen
zu Vorschriften des bislang geltenden EBRG ent-
hält, mit denen die neue Richtlinie konform und
umfassend umgesetzt wurde.

So ein Lob hören wir gern. Da es auch von Arbeitgeber-
seite kommt, glaube ich, dass der Gesetzentwurf insge-
samt gelungen ist.

Ich will noch etwas zu zwei Kritikpunkten sagen:
Zum einen sind dies die Katalogtatbestände der soge-
nannten nicht wesentlichen Strukturänderung. Weshalb
bleiben wir bei diesen Katalogtatbeständen? Erstens.
Wir bleiben dabei, weil die Sozialpartner dies ausdrück-
lich gewünscht haben. Wir sind als Gesetzgeber gut be-
raten, darauf zu hören und den Sozialpartnern dann,
wenn sie sich einig sind und Rechtssicherheit haben wol-
len, auch Rechtssicherheit zu gewähren und diesen Kata-
log von wesentlichen Betriebsänderungen aufzunehmen.

Zweitens. Wenn wir das herausnähmen, dann würden
wir nicht nur mehr Rechtsunsicherheit schaffen, sondern
wir würden gerade durch den Akt des Herausnehmens
dafür sorgen, dass aus meiner Sicht wesentliche Be-
triebsänderungen mit einem Mal nicht mehr mitbestim-
mungspflichtig wären, und das würde ich nicht wollen.
Das Beispiel, das ein Sachverständiger genannt hat, ist
die Fusion zweier Tochtergesellschaften eines größeren
europäischen Konzerns. Diesen Zusammenschluss würde
er für eine nicht wesentliche Strukturänderung halten.
Ich sehe das anders. Ich bin der Meinung: Wenn zwei ju-
ristische Personen, die durch ein Unternehmen verselbst-
ständigt wurden, fusioniert werden, dann sind das we-
sentliche Strukturänderungen. Das sollte dann auch
aufgenommen werden.

Ein weiterer Punkt: Die Sozialdemokraten schlagen
vor, ein Zugangsrecht aufzunehmen. Hierzu möchte ich
nur sagen, was wir auch schon im Rahmen der Aus-
schussberatungen gesagt haben: In der Sache sind wir
uns doch einig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
SPD-Fraktion. Wir sind nur der Auffassung, dass dies
nicht besonders gesetzlich geregelt werden soll. Es ist


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(C (D r uns selbstverständlich, dass der Europäische Beiebsrat ein Zugangsrecht zum Betrieb haben soll. Was an nicht normieren muss, sollte man auch nicht norieren. Ich möchte hier ausdrücklich für die Koalitionsaktionen im Protokoll festhalten: Selbstverständlich at der Europäische Betriebsrat ein Zugangsrecht zum etrieb. Das darf ihm nicht streitig gemacht werden. Herr Kollege Wadephul, darf unmittelbar vor Schluss rer Rede der Kollege Dörflinger Ihnen zu zusätzlicher edezeit verhelfen? (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein ganz billiger Trick!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710223000


Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1710223100

Gerne, selbstverständlich.


Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1710223200

Herr Kollege Dr. Wadephul, können Sie das Hohe

aus darüber aufklären, wie viele Finger Sie benötigen,
m die Präsenz der SPD-Bundestagsfraktion bei diesem
hema darzustellen?


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Zwei! – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er sieht doppelt!)



Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1710223300

Das hohe Interesse der sozialdemokratischen Fraktion

ndet seinen Ausdruck darin, dass besonders engagierte
nd qualifizierte Mitglieder dieser Fraktion heute bei
en Beratungen anwesend sind.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Josip Juratovic [SPD]: Danke schön für die Anerkennung!)


In diesem Sinne will ich auch die SPD-Fraktion bit-
n, noch einmal darüber nachzudenken, ob es ange-

ichts der doch in der Sache großen Einigkeit, Herr Kol-
ge Juratovic, nicht möglich ist, zuzustimmen, statt es
ei einer Enthaltung zu belassen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710223400

Nun erhält die eine Hälfte der anwesenden, besonders

ualifizierten Mitglieder der SPD-Fraktion in Gestalt des
ollegen Juratovic das Wort. Bitte schön.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Für das Protokoll: Tosender Applaus bei der SPD!)



Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1710223500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Die Basis unserer Wirtschaft ist, dass
rbeitnehmer und Arbeitgeber die meisten Entscheidun-





Josip Juratovic


(A) )


)(B)

gen im Betrieb gemeinsam treffen. Es gibt zahlreiche
Studien, die belegen: Unternehmen mit Mitbestimmung
sind erfolgreicher als Unternehmen, in denen der Arbeit-
geber allein die Richtung vorgibt; denn die Mitarbeiter
sind motivierter, wenn sie wissen, dass ihre Arbeit und
ihre Meinung Wertschätzung erfahren.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Unser deutsches Wirtschaftswunder, zuletzt in der
Wirtschaftskrise, beruht auch auf Mitbestimmung. Das
vielgelobte Kurzarbeitergeld wäre ohne diese Zusam-
menarbeit der Tarifpartner nicht möglich gewesen.

Neben diesen wirtschaftlichen Gründen, die für mehr
Mitbestimmung sprechen, sprechen auch gesellschaftli-
che Gründe dafür: In unseren Betrieben wird das hohe
Gut der Demokratie lebhaft umgesetzt. Dieses Gut müs-
sen wir erhalten, schützen und ausbauen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass
die Mitbestimmung von den allermeisten oft lobend und
anerkennend in Reden erwähnt wird. Das ist wichtig;
denn Mitbestimmung braucht politische Unterstützung.
Auch die Kanzlerin spricht immer davon, wie wichtig
die Mitbestimmung für unsere wirtschaftliche Leistung
ist. Aber das deutsche Mitbestimmungsmodell, das so
erfolgreich ist, darf nicht an den Grenzen haltmachen.
Vielmehr brauchen wir europaweite Regeln für Mitbe-
stimmung. Die Bundesregierung hat jetzt die Möglich-
keit, sich auch auf europäischer Ebene für mehr Mitbe-
stimmung einzusetzen, wie sie es immer in Sonntags-
reden verkündet. Besonders wichtig ist das bei der Um-
setzung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte und
bei den Verhandlungen zur Europäischen Privatgesell-
schaft.

In den Vorschlägen zur Europäischen Privatgesell-
schaft, die derzeit diskutiert werden, ist die Mitbestim-
mung nämlich völlig unzureichend geregelt. Die vorge-
sehene Möglichkeit, Satzungs- und Verwaltungssitz
aufzuteilen, wird dazu führen, dass Unternehmen ihren
Satzungssitz problemlos in Länder mit wenig Mitbestim-
mungsrechten verlegen können. Die Regeln des Sat-
zungssitzes sollen dann auch für den Rest des Unterneh-
mens gelten. Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht
zulassen, dass das Erfolgsmodell Mitbestimmung auf
diese Weise ausgehebelt wird!


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich fordere die Bundesregierung daher auf, in Brüssel
im Sinne der Mitbestimmung und unserer Arbeitnehmer
tätig zu werden. Kolleginnen und Kollegen von Union
und FDP, ich bitte Sie: Nutzen Sie Ihren Einfluss auf die
Bundesregierung, damit über Mitbestimmung nicht nur
geredet wird, sondern den Worten auch Taten folgen, die
allen Arbeitnehmern helfen!

Die Europäische Privatgesellschaft ist nur ein Bei-
spiel, um zu zeigen: Bei allen wirtschaftspolitischen
Überlegungen in Europa muss Mitbestimmung mitge-
dacht werden. Es geht nicht, dass wir in Europa nur über

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(C (D irtschaft, Finanzkrise und Euro reden. Mitbestimmung ängt unmittelbar mit diesen Fragen zusammen und uss daher eine viel größere Aufmerksamkeit auf der uropäischen Ebene bekommen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch bei der Richtlinie zu den Europäischen Be-
iebsräten müssen wir zeigen, dass uns europaweite
itbestimmung ein wichtiges Anliegen ist. Die neuge-
sste Richtlinie von 2009 war ein hartes Stück Arbeit.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


ie deutsche Wirtschaft und besonders der Arbeitgeber-
erband haben bei der Neufassung der Richtlinie keine
hmliche Rolle gespielt. Es war harte Arbeit der euro-

äischen Gewerkschaften, unterstützt von den Betriebs-
ten vor Ort, und des Europäischen Arbeitgeberverban-

es, bis es zu einer Einigung kam und der destruktive
iderstand der deutschen Arbeitgeber gebrochen war.

Die Richtlinie ist letztendlich ein Kompromiss ge-
orden. Der Europäische Gewerkschaftsbund konnte ei-
ige Verbesserungen durchsetzen, aber bei mehreren
unkten sind wir als nationaler Gesetzgeber gefordert.

Unsere Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Sozia-
s am Montag zur Umsetzung der Richtlinie in deut-

ches Recht hat mir gezeigt: Wir brauchen nicht nur
ristische Theorie, wenn es um die Umsetzung der
ichtlinie geht, sondern wir brauchen zuallererst wich-
ge Erfahrungen aus der Praxis; denn die Politik darf
ich nicht nur an der Theorie abarbeiten, sondern muss
ich am praktischen Bedarf orientieren.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,
r Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie mag
in juristisch gesehen korrekt sein, aber er geht am

raktischen Bedarf der Europäischen Betriebsräte vor-
ei. Ein Beispiel dafür ist das Zutrittsrecht. Es muss ge-
ährleistet sein, dass besonders ausländische Europäi-

che Betriebsräte, die nach Deutschland kommen, um
ie Mitarbeiter hier in einem Betrieb über Verhandlun-
en im Europäischen Betriebsrat zu unterrichten, nicht
aran gehindert werden, das Unternehmen zu betreten.
us rein juristischer Sicht mag man sagen, dass das
ohl kein Problem geben dürfte. Aber die praktische Er-
hrung von Arbeitnehmern sagt uns, dass wir das ge-

etzlich regeln sollten.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein zweites Beispiel dafür, dass wir die Richtlinie
icht nur streng juristisch umsetzen dürfen, sondern
uch den praktischen Blick brauchen, sind die Sanktio-
en. Die Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten
irksame, angemessene und abschreckende Sanktionen
stlegen müssen. Der Gesetzentwurf sieht dafür, recht-





Josip Juratovic


(A) )


)(B)

lich korrekt, 15 000 Euro vor. Aber Kolleginnen und
Kollegen von Union und FDP, das zahlen die allermeis-
ten Unternehmen doch aus der Portokasse. Diese Sank-
tionen sind wirklich nicht abschreckend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir brauchen aber Sanktionen, die Wirkung zeigen.
Deswegen appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem
Antrag zu, um Ihren Gesetzentwurf besser zu machen
und den Europäischen Betriebsräten mehr Chancen zu
echter Mitbestimmung zu geben! Wie ich schon am An-
fang gesagt habe: Mehr Mitbestimmung hilft allen Betei-
ligten: wirtschaftlich und gesellschaftlich, aber auch rein
rechtlich. Denn für alle Beteiligten ist es besser, klare
Regeln zu haben, als nur unklare Bestimmungen.

Kolleginnen und Kollegen, die Umsetzung der Richt-
linie ist wichtig für die Arbeit der Europäischen Be-
triebsräte. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt
die Richtlinie teils korrekt um. Jedoch fehlen einige
Dinge, die wir Sozialdemokraten in unserem Antrag for-
dern. Wir müssen die Richtlinie nicht nur rechtlich kor-
rekt umsetzen, sondern wir müssen das Recht auch ge-
stalten. Ein gutes Gesetz schaffen wir also, wenn unser
Antrag in den Gesetzentwurf eingearbeitet wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710223600

Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Molitor das

Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1710223700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! International tätige Unternehmen treffen ihre
Entscheidungen nicht nur aus einer nationalen, sondern
auch aus einer europäischen und weltweiten Perspektive
heraus. Deshalb ist es nur konsequent, dass die Mitbe-
stimmung auf europäischer Ebene weiter gestärkt wird.
Länder mit einer starken Mitbestimmungskultur wie
Deutschland und die Niederlande zum Beispiel prakti-
zieren die Einrichtung des Europäischen Betriebsrates
ganz selbstverständlich. Ein Unternehmen, das global
handelt und denkt und sich international weiterentwi-
ckeln möchte, wird das Potenzial dieses Gremiums zu
schätzen wissen und es zum beiderseitigen Wohle auch
nutzen wollen.

Die Internationalisierung von Firmen hat auch zu ei-
ner Weiterentwicklung der klassischen Aufgaben von
Betriebsräten geführt. Dabei sollten wir nicht nur auf
den Krisenfall schauen, wenn es zum Beispiel um Perso-
nalabbau geht. Das würde im Augenblick auch gar nicht
zur Lage passen; denn wir haben heute gerade vernom-
men, dass die Wirtschaftsforscher die Wachstumspro-
gnose auf 2,8 Prozent angehoben haben. Das sind sehr
gute Nachrichten. Diese guten Nachrichten beziehen

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(C (D ich hoffentlich auch auf ganz Europa. Dass sich das achstum in ganz Europa ausbreitet, dazu kann auch der uropäische Betriebsrat beitragen; (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn ihm fällt eine aktive und verantwortungsvolle Rolle
u. Er muss sich auch mit langfristig wirkenden Moder-
isierungs- und Innovationsstrategien in den Unterneh-
en auseinandersetzen, sie einbringen und mit voran-

ringen.

Die neu gefasste EU-Richtlinie von 2009 stärkt das
echt des Europäischen Betriebsrates auf Unterrichtung,
nhörung und gestaltet Beteiligungsverfahren praxis-
uglicher. Es wird sichergestellt, dass der Europäische
etriebsrat vor einer endgültigen Entscheidung der Un-
rnehmensleitung rechtzeitig beteiligt wird. Auch
urde klar definiert, wofür der Betriebsrat zuständig ist.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die EU-Richt-
nie adäquat in nationales Recht um. Das haben in der
nhörung am Montag auch die Experten bestätigt. Sie
aben bestätigt, dass der Umsetzungsvorgang sich wirk-
ch an die Vorgaben aus Brüssel hält. Die Zustimmung
am auch von der Industriegewerkschaft Bergbau, Che-
ie und Energie.

Nur die SPD-Fraktion will mehr Regelungen, als er-
rderlich sind. Sie will draufsatteln.


(Zuruf von der FDP: Das ist nichts Neues!)


ir werden in Diskussionen mit Bürgern immer wieder
al gefragt, warum denn Deutschland bei der Umset-

ung von EU-Recht immer so übereifrig sein muss.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Deutschland ist immer an der Untergrenze!)


Man sollte auf die Empfehlungen der Experten hören,
ie sagen, dass die Umsetzung den Anforderungen der
ichtlinie gerecht wird, auch wenn Sie, meine sehr ge-
hrten Kollegen von den Oppositionsfraktionen, dies of-
nsichtlich anders sehen und wiederholt thematisieren,

ass eine Zusammenarbeit ohne das Festschreiben von
anktionen und Strafen im Gesetz nicht funktionieren
ird. Sie arbeiten hier leider immer nur mit Drohungen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


rkennen Sie doch einfach einmal an, dass ein Vorschlag
ur Umsetzung gelungen ist, anstatt Forderungen zu er-
eben, die über das Ziel hinausschießen.

Stattdessen legen Sie einen eigenen Antrag mit dem
biaten Titel vor: „Wirkungsvolle Sanktionen zur Stär-

ung von Europäischen Betriebsräten umsetzen“.


(Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Ein richtig guter Titel!)


ie fordern ein Mehr an finanziellen Sanktionen zur Ab-
chreckung. Sie fordern auch, bestimmte Rechte festzu-
chreiben, damit Betriebsräte vor Gericht klagen kön-
en. Das geht meilenweit an der Wirklichkeit vorbei;
enn die Praxis zeigt, dass die Zusammenarbeit funktio-





Gabriele Molitor


(A) )


)(B)

niert. Das zeigt sich auch an der Zahl von mittlerweile
960 Europäischen Betriebsräten, die arbeiten. Es zeigt
sich auch an der sehr geringen Zahl von gerichtlichen
Streitigkeiten.


(Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Die sie auch sammeln müssen, damit sie das bezahlen können!)


Es gab gerade einmal vier einschlägige Fälle vor Ge-
richt, und die liegen wiederum Jahre zurück. Erstmals
klagte der Europäische Betriebsrat von Renault im Jahre
1997, als das Unternehmen eine Standortschließung ver-
kündete, ohne dass der Betriebsrat durch vorherige Un-
terrichtung oder Anhörung Kenntnis davon hatte. Die
weiteren drei einschlägigen Fälle gab es ebenfalls vor
französischen Gerichten.

Die Regelungen im Gesetz lassen den Unternehmen
viele Freiräume. Das ist auch wichtig und richtig. So
können beispielsweise die Partner selbst festlegen, wie
groß der Betriebsrat sein soll und wie viele Mandate je-
des Land erhält. Erst wenn keine Einigung stattfindet,
greifen in einem zweiten Schritt die Regelungen des Ge-
setzes. Allgemein verbindliche Vorgaben gibt es also
nicht, dafür den großen Vorteil, unternehmensspezifisch
handeln zu können.

Wir müssen schließlich anerkennen, dass die Einrich-
tung eines Europäischen Betriebsrates einen zusätzli-
chen Aufwand für Unternehmen bedeutet. Einge-
schränkte Planungsfreiheit, ein großer zusätzlicher
Zeitaufwand und der Kostenfaktor sind hier zu nennen.
Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.


(Josip Juratovic [SPD]: Dieser Aufwand hat sich in Deutschland gelohnt!)


Im Vorfeld gab es auch kritische Themen, wie bei-
spielsweise das Zutrittsrecht für ausländische europäi-
sche Betriebsratsmitglieder. Die Richtlinie sieht ein sol-
ches Zutrittsrecht nicht vor. Es bedarf an dieser Stelle
auch keiner gesetzlichen Festlegung; denn dieses Recht
ergibt sich aus der Aufgabe des Betriebsrates heraus.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen kurzen
Ausflug in die Praxis machen. Ich war in der vergange-
nen Woche bei einem international tätigen Unternehmen
in meinem Wahlkreis. Dort ist ein Europäischer Be-
triebsrat selbstverständlicher Bestandteil des Unterneh-
mens und als solcher gelebter Teil der Corporate Iden-
tity.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das kann man sich in die Haare schmieren!)


Insofern kann ich die Befürchtungen der Opposition,
ohne Sanktionen gehe nichts, nicht teilen. Stattdessen
rufe ich Ihnen zu: Vertrauen ist die Basis für gute Zu-
sammenarbeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das sieht man an Ihrer Koalition!)


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(C (D Die Kollegin Krellmann hat für die Fraktion Die inke das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen nd Herren! Alle großen deutschen Unternehmen sind ittlerweile europaweit tätig. Von daher ist es absolut chtig und notwendig, dass die Rechte der Arbeitneher in diesen Unternehmen gestärkt werden. Auf der ei en Seite stehen die Profite der Unternehmen, die mittrweile auch europaweit erwirtschaftet werden, und auf er anderen Seite die Beschäftigten, bei denen es darum eht, ihre Einkommensund Arbeitssituation zu schüten. Das passiert über Europäische Betriebsräte. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen die Rechte von rbeitnehmern in diesen europaweit tätigen Betrieben assiv eingeschränkt und diese dadurch geschädigt wur en. Ich will ein Beispiel nennen: Nokia. Es ist noch gar icht so lange her, im Jahr 2008, da wurde ein Betrieb it 2 300 Beschäftigten und 800 Leiharbeitnehmern ich sage noch einmal: 800 Leiharbeitnehmern – in Bo hum geschlossen. Das geschah bei dem renommierten andyhersteller Nokia – jeder Zweite hat ein Nokiaandy in der Hand –, und alle haben mitbekommen, was a passiert ist. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Werbung, Frau Krellmann!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710223800

(Beifall bei der LINKEN)

Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710223900

er Grund: In Rumänien waren die Löhne niedriger. Der
etriebsrat und auch der Europäische Betriebsrat hatten
u dieser Zeit keine Informationen erhalten und waren
icht ausreichend an dem Verfahren beteiligt worden, in
em es um viele Arbeitsplätze ging. Ebenfalls betroffen
aren viele Personen aus dem Umfeld.

Immer wieder werden europaweit Arbeitnehmer ge-
eneinander ausgespielt, und immer geht es um Arbeits-
lätze. Aktuell gibt es ein Beispiel aus Niedersachsen,
as heißt ALSTOM LHB. LHB steht für Linke-
ofmann-Busch. Das ist ein altes, renommiertes Unter-
ehmen hier in der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz
Salzgitter.


(Zuruf von der FDP: Ist die Linke da auch beteiligt?)


diesem Betrieb sollen 1 400 Stellen im Rohbau abge-
aut werden. Das ist die Hälfte aller Beschäftigten. Der
tandort in Salzgitter ist massiv gefährdet. Hier stellt
ich die Frage: Wenn so viele Arbeitsplätze abgebaut
erden, kann dann der Rest des Betriebes noch bestehen
leiben und weitergeführt werden?

Deutschlandweit sollen bei dem französischen Unter-
ehmen ALSTOM 4 000 Beschäftigte in verschiedenen
etrieben entlassen werden. Der Europäische Betriebs-
t hat in dem Zusammenhang keine Möglichkeiten, zu

rzwingen, dass von ihm aufgezeigte Alternativen auf-
egriffen und umgesetzt werden. Die Konzernleitung
erweigert bisher mit Hilfe von Ausflüchten, sich mit ei-
er Strategie zu befassen, die den Stellenabbau in den





Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

Betrieben verhindert. Den Arbeitnehmern fehlt es an
rechtlichen Mitteln, Informationen zu erzwingen und die
Unternehmensleitung dazu zu bringen, auf ihre guten
Angebote einzugehen. Eine Strafe in Höhe von
15 000 Euro, wie von der Regierung vorgeschlagen, ist
Pillepalle. Das zahlen die aus der Portokasse.

Wir wollen ein Gesetz, das bei drohender Standort-
verlagerung die Initiativrechte der Europäischen Be-
triebsräte zur Sicherung der Arbeitsplätze für die Be-
schäftigten stärkt. Wir wollen, dass nicht mehr gegen die
Menschen entschieden wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen eine Mitbestimmung darüber, was, wie und
wo produziert wird, weil das im Interesse der Menschen
an den verschiedenen Standorten ist. Die Europäische
Linke will eine Mitbestimmung bei der Frage, was wo
produziert wird. Im Grunde fordern wir die Stärkung des
Europäischen Betriebsrates, und zwar nicht nur durch
die Revision einer Richtlinie. Wir wollen, dass grund-
sätzlich überlegt wird, was man tun kann, um die Arbeit-
nehmerrechte zu stärken.

Die Unternehmen sind global tätig und werden das
auch weiterhin sein. Wir müssen den Arbeitnehmern
eine gleich starke Position verschaffen, damit sie in der
Lage sind, mit den entsprechenden Unternehmensleitun-
gen auf Augenhöhe zu verhandeln.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir als Linke werden dem Gesetzentwurf der Regie-
rung nicht zustimmen, sondern uns enthalten. Wir wer-
den dem Antrag der SPD zustimmen,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow!)


weil wir ihn richtig finden und der Meinung sind, dass
das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224000

Die Kollegin Müller-Gemmeke hat für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Die Geschichte der Europäischen Be-
triebsräte ist eine Erfolgsgeschichte. Heute existieren eu-
ropaweit etwa 900 Europäische Betriebsräte, davon circa
160 in Deutschland. Ihr Engagement ist enorm wichtig.

2009 trat die notwendige Neufassung der EU-Richtli-
nie in Kraft. Auch das ist ein Erfolg. Es stimmt: Das war
harte Arbeit. Die Rechte auf Anhörung und Unterrich-
tung sind endlich klar definiert. Die Arbeitnehmerseite
kann zur Gründung eines Europäischen Betriebsrats
Sachverstand aus den Gewerkschaften hinzuziehen, und

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(C (D ie Mitglieder haben endlich Anspruch auf Schulung nd Qualifizierung. Das alles ist notwendig und eine orrektur, die wir begrüßen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Jetzt muss die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt
erden. Die meisten Regelungen müssen eins zu eins
mgesetzt werden. Diese Forderung erfüllt der vorlie-
ende Gesetzentwurf weitgehend. Das ist allerdings eine
elbstverständlichkeit. Es gibt auch nationale Spielräume
nd Kannbestimmungen. Durch die Nutzung dieser Mög-
chkeiten könnten die Arbeitnehmerrechte weiter ge-
tärkt werden, aber das war für die Bundesregierung dann
ohl doch zu viel. In der Expertenanhörung wurde deut-
ch, dass manche Regelungen nicht präzise genug und ei-
ige Punkte zu ergänzen sind. Mein Fazit ist: Der Gestal-
ngsspielraum wurde von der Bundesregierung nicht

enutzt. Ich möchte drei Beispiele nennen:

Erstens. In der Richtlinie werden die Mitgliedstaaten
ufgefordert, wirksame, abschreckende und im Verhält-
is zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessene
anktionen festzulegen. Die Bundesregierung hat hier
ichts verändert. Sie bleibt bei einer Obergrenze von
5 000 Euro Geldbuße.


(Katja Kipping [DIE LINKE]: Peinlich!)


eien Sie doch ehrlich: Für multinationale Konzerne
ind das Peanuts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Die lachen darüber! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Noch eine Null dranhängen!)


Eine Null dranhängen, genau.

Zweitens. Wenn Europäische Betriebsräte nicht unter-
chtet und angehört wurden, brauchen sie, gerade weil
iese Sanktionen so schwach sind, zudem ein Unterlas-
ungsrecht, damit die Umsetzung von Beschlüssen ver-
indert werden kann.

Drittens. Wie soll in der Praxis die Unterrichtung der
rtlichen Arbeitnehmervertretungen durch die Europäi-
chen Betriebsräte aussehen? Dafür müssen sie Zutritt zu
en jeweiligen Betriebsstätten erhalten. Die Bundesre-
ierung meint, dies sei implizit geregelt. Ich meine, das
t zu wenig. Die Regelung des Zutrittsrechts im Gesetz
t notwendig. Ansonsten sind Rechtsstreitigkeiten vor-
rogrammiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


dem SPD-Antrag werden diese Punkte aufgegriffen.
eswegen werden wir diesem Antrag zustimmen.

In dem Gesetzentwurf hingegen erkenne ich weitere
ängel. So macht die Bundesregierung beispielsweise

on einer Kannbestimmung zuungunsten der Arbeitneh-
erseite Gebrauch. In Tendenzbetrieben sollen die An-

örungsrechte der Europäischen Betriebsräte einge-





Beate Müller-Gemmeke


(A) )


)(B)

schränkt werden. Das ist nicht gerechtfertigt und auch
nicht notwendig. Auch die Inhalte von Schulungen soll-
ten präzisiert werden, damit die Europäischen Betriebs-
räte ohne Probleme alle notwendigen Qualifizierungen
erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Re-
gierungsfraktionen, viele Unternehmen in der Europäi-
schen Union sind grenzüberschreitend aktiv. Sie operie-
ren global, sind vernetzt und treffen über Staatsgrenzen
hinweg Entscheidungen. Die Arbeitnehmerseite sitzt
einfach am kürzeren Hebel. Es ist unsere Aufgabe, ihre
Mitwirkungsrechte zu stärken, und es ist unsere Auf-
gabe, auf nationaler Ebene das europäische Sozialmodell
weiterzuentwickeln.

Hier wäre mehr möglich gewesen, um die Sozialpart-
ner besser auf Augenhöhe zu bringen. Deshalb werden
wir uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf
enthalten. Ich meine, die Europäischen Betriebsräte hät-
ten mehr Unterstützung von der Bundesregierung ver-
dient.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224100

Das Wort hat der Kollege Straubinger für die Unions-

fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1710224200

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Wir sind in der zweiten und dritten Lesung des Entwurfs
eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäische
Betriebsräte-Gesetzes, durch das die Richtlinie über Eu-
ropäische Betriebsräte umgesetzt werden soll. Ich
glaube, dass es ein Erfolg ist – Kollege Wadephul hat be-
reits die Hauptschwerpunkte dargelegt – und eine Stär-
kung der Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in international tätigen Unternehmen be-
deutet. Darauf sollten wir hier gemeinsam stolz sein.

Es ist entscheidend, dass die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer gestärkt werden. Sie können bezüglich ih-
rer eigenen Anliegen tätig sein, werden über Betriebs-
entscheidungen rechtzeitig informiert, und vor allen
Dingen können sie Mitwirkungsmöglichkeiten und An-
hörungsmöglichkeiten ausschöpfen. Damit verbunden
sind umfassende Beratungs- und Bildungstätigkeiten der
Betriebsräte; dies wird mit diesem Gesetz gestärkt. Es ist
notwendig, dass wir eine Übergangszeit schaffen. Zum
Teil wird ja beklagt, dass die bestehende Regelung bes-
ser sei als die neue Regelung. In der Übergangszeit kann
in eigener Zuständigkeit über alte Vereinbarungen neu
verhandelt werden.

Unter Betriebspartnerschaft in den Betrieben verste-
hen wir gute Betriebsratsarbeit und darüber hinaus auch

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(C (D ine gute Vertretung der Rechte der Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer. Kollege Wadephul hat bereits darauf ingewiesen, dass dies in der Anhörung zum Ausdruck ebracht worden ist und dass auch der DGB letztendlich bende Worte gefunden hat. Heute, in dieser abschließenden Debatte, wurden von er Opposition Erweiterungen gefordert. Es wurde gerdert, die Sanktionen zu verschärfen. Hier wird immer den Vordergrund gestellt, die bestehenden Sanktionsöglichkeiten würden nicht ausreichen. Dabei wird imer auf den Betrag von 15 000 Euro abgestellt. Leider at es die Opposition, in diesem Fall die SPD, versäumt, inen in ihren Augen angemesseneren Betrag zu formueren. Welcher Geldbetrag wäre angemessen? (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind 15 000 Euro angemessen?)


ies ist nämlich unterschiedlich zu bewerten. Hier ha-
en Sie gekniffen. Auch die anderen Parteien, die diesen
ntrag unterstützen, haben nicht gesagt, wie hoch eine

ngemessene Geldstrafe sein sollte. Sie alle verschwei-
en in der Debatte jedoch, dass es möglich ist, einen
erstoß gegen das Gesetz als Ordnungswidrigkeit mit ei-
er Geldbuße oder auch mit einer Haftstrafe zu sanktio-
ieren. Das ist das schärfste Schwert bei der Sanktions-
gelung. Dies ist Bestandteil des bestehenden Gesetzes.
eshalb bedarf es in diesem Gesetzentwurf keiner Aus-
eitung der Sanktionsmöglichkeiten; das ist entschei-
end.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir wollen nicht gleich alle in den Knast bringen!)


Von der SPD-Fraktion wurde noch eine zweite Forde-
ng aufgestellt; diese wurde in den Redebeiträgen der
olleginnen Krellmann und Müller-Gemmeke unter-

tützt. Die SPD-Fraktion fordert, dass im Gesetz ein
nspruch auf Unterlassung beteiligungswidriger Maß-
ahmen festgeschrieben wird. Das würde aber die Zu-
tändigkeiten in einem Unternehmen verwischen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen aber erst anhören!)


h frage mich, warum dies bei der Novelle 2002 von
PD und Grünen nicht umgesetzt wurde.


(Zuruf von der FDP: Gute Frage!)


ie haben dies nicht eingebracht; seinerzeit wurde darauf
erzichtet. Also kann es nicht so falsch gewesen sein. Es
eht eben auch um die Durchsetzung von unternehmeri-
chen Entscheidungen. Das kann nicht nach dem Motto
ehen, Frau Krellmann, das Sie vorhin in Ihrem Rede-
eitrag dargestellt haben. Natürlich ist eine Umstruktu-
erung, die mit Arbeitsplatzverlusten verbunden ist, für
ie Betroffenen immer schmerzlich.

Wahrscheinlich wird es dazu nie die Zustimmung des
rtlichen Betriebsrates geben, ja nicht geben können.
ber es wäre fahrlässig, wenn, weil nicht umstrukturiert
ird, der gesamte Betrieb von der Bildfläche verschwin-
en würde. Wollen Sie wirklich, dass alle Arbeitnehme-





Max Straubinger


(A) )


)(B)

rinnen und Arbeitnehmer in einem Betrieb die Leidtra-
genden sind? Wäre es dann nicht besser, eine
Umstrukturierung, wenn sie notwendig ist, zur Rettung
der noch verbleibenden Arbeitsplätze durchzuführen?
Dies muss möglich sein, verehrte Kolleginnen und Kol-
legen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Ach! Dann fallen doch sowieso meistens alle Arbeitsplätze weg! Bei Nokia waren alle Arbeitsplätze weg! – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das ist wirklich unglaublich, Herr Straubinger!)


Ich möchte darauf hinweisen: Die Umstrukturierun-
gen, die in den vergangenen drei, vier Jahren in der deut-
schen Wirtschaft stattgefunden haben, haben in der Ge-
samtbilanz letztendlich zu mehr und nicht zu weniger
Arbeitsplätzen in Deutschland geführt. Darauf sind wir
stolz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Und was ist mit dem Thema Mindestlohn?)


Eines ist mir noch wichtig – darüber wurde immer
wieder diskutiert –: Das Zutrittsrecht ergibt sich aus der
normalen Betriebsratstätigkeit. Dieses Thema wurde
auch auf europäischer Ebene andiskutiert, dann aber von
beiden Sozialpartnern im Einvernehmen nicht mehr auf-
gegriffen. Auch dies gehört mit zur Wahrheit.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Das ist schon etwas komplizierter gewesen!)


Deshalb glaube ich, dass die Umsetzung gelungen ist.
Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen in diesem Ho-
hen Hause nur die Zustimmung empfehlen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
rung des Europäische Betriebsräte-Gesetzes. Von der
Kollegin Müller-Gemmeke liegt mir eine Erklärung
nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor. Wir nehmen
sie entsprechend unseren Regeln zu Protokoll.1)

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt un-
ter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 17/5399, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 17/4808 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Unionsfrak-
tion und der FDP-Fraktion bei Enthaltung der übrigen

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1) Anlage 3

(C (D raktionen des Hauses in zweiter Beratung angenomen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz ntwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der DP-Fraktion bei Enthaltung der SPD-Fraktion, der raktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die rünen angenommen. Tagesordnungspunkt 11 b. Beschlussempfehlung des usschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der raktion der SPD mit dem Titel „Wirkungsvolle Sankonen zur Stärkung von Europäischen Betriebsräten umetzen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/5399, den ntrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/5184 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehng? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die eschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsaktion und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der PD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion ündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß, Gabriele Hiller-Ohm, Dr. Wilhelm Priesmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Für faire Lebensmittelpreise und transparente Produktionsbedingungen – Gegen den Missbrauch von Marktmacht – Drucksache 17/4874 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Federführung strittig Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Drobinski-Weiß für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol gen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der ribüne! „Ombudsmann wird Lieblingskind“, so lautete or drei Wochen eine Überschrift in der Lebensmittel eitung. Dies habe ich sehr erfreut gelesen und zur enntnis genommen. Denn darin waren wir uns alle ach der Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landirtschaft und Verbraucherschutz im Juli des letzten Jahs einig. Elvira Drobinski-Weiß )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1710224400

(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Ja!)





(A) )

Doch mittlerweile ist das neun Monate her – ich betone:
neun Monate –, und bisher ist nichts passiert. Aber von
sich aus – das wissen wir allmählich – wird der Handel
nicht bereit sein, etwas zu ändern.

Gestern erreichte mich beispielsweise eine Stellung-
nahme des Einzelhandels. Zu unserer Forderung, die
Praktikabilität des Verbots des Verkaufs unter Einstands-
preis zu prüfen, heißt es dort: Das Verbot des Verkaufs
unter Einstandspreis ist wettbewerbsökonomisch ver-
fehlt und muss ersatzlos abgeschafft werden. – Wenig
Bereitschaft also dort, wo es darum geht, die eigenen
Pfründe zu verteidigen.

Doch es muss endlich etwas getan werden. Deshalb
haben wir unseren Antrag vorgelegt. Wir haben Ihnen,
werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungs-
fraktionen, die Arbeit abgenommen. Sie brauchen unse-
ren Vorschlägen nur zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Mindestlohn!)


In einer Pressemitteilung vom 14. Februar dieses Jah-
res meldet das Bundeskartellamt eine Konzentration von
85 Prozent des Absatzmarktes auf die vier größten Han-
delsunternehmen – 85 Prozent bei vier Handelsunterneh-
men! Das Bundeskartellamt hat inzwischen eine Sektor-
untersuchung im Bereich des Lebensmittelhandels
eingeleitet. Das begrüßen wir sehr; denn das ist notwen-
dig, und das war auch eine unserer Forderungen.

Die Situation am Lebensmittelmarkt ist extrem ange-
spannt. Die Konzentration bringt auch den Lebensmittel-
einzelhandel in eine gefährliche Machtposition gegen-
über den Lieferbetrieben. Der Handel kann nämlich
Bedingungen diktieren, zu denen die Produkte abgenom-
men werden. Unfaire Einkaufspraktiken wie Preisdrücke-
rei bis unter Einstand, die Zahlung von Treueboni oder
willkürliche Auslistungen scheinen dabei keine Einzel-
fälle zu sein.


(Zuruf des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


Das geht zulasten des fairen Wettbewerbs, aber auch
zulasten der Beschäftigten. Denn mit Verweis auf den
Preisdruck vergeht in der Ernährungswirtschaft kaum
eine Verhandlung ohne Forderung der Unternehmens-
vertreter nach niedrigeren Löhnen und geringeren So-
zialleistungen. Darauf wird Frau Hiller-Ohm nachher
noch eingehen.

Am Ende der Kette stehen die Verbraucherinnen und
Verbraucher. Auch sie leiden unter dem Konzentrations-
prozess und dem Marktmachtmissbrauch. Für sie wird er
in Angebotseinschränkungen und Qualitätseinbußen
spürbar. Denn immer häufiger werden billigere Ersatz-
stoffe in der Lebensmittelproduktion eingesetzt. Ich
nenne da nur Klebeschinken, Analogkäse ohne Milch
und Joghurt mit Aroma aus Holzspänen. Frischmilch ist
beispielsweise zur Rarität geworden – sicher nicht, weil
die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Frisch-
milch wollen. Sie ist nicht mehr im Angebot, weil die
sogenannte ESL-Milch logistische und finanzielle Vor-

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(C (D ile gegenüber der schnell verderblichen Frischmilch ietet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen, dass uner Antrag an den Verbraucherausschuss als federführenen Ausschuss überwiesen wird. Die von Ihnen bei dieem Thema beabsichtigte Verlagerung der Federführung den Wirtschaftsausschuss können wir nicht nachvoll iehen. Sie betonen doch auch immer die starke Stellung es mündigen Verbrauchers und seine Mitverantwortung ei der Gestaltung des Marktes. Der Handlungsbedarf geht weit über Ombudsstelle nd Kartellrecht hinaus. Wir brauchen einen ganzen aßnahmenkatalog, um den Fehlentwicklungen am Le ensmittelmarkt entgegenzuwirken. Deshalb sollten wir ie Kette vom Ende her denken und Verbraucherpolitik ndlich ernst nehmen. Wir bleiben dabei: Die Federfühng gehört in den Verbraucherausschuss. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224500

Der Kollege Dr. Nüßlein hat für die Unionsfraktion

as Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710224600

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! „Für

ire Lebensmittelpreise und transparente Produktions-
edingungen – Gegen Missbrauch von Marktmacht“ lau-
t der geradezu Beifall und Zustimmung heischende Ti-
l Ihres Antrages. Ich gebe ganz offen zu, dass ich für
as, was Sie in Teilen formuliert haben, insbesondere
enn es um die Problembeschreibung geht, ein hohes
aß an Sympathie habe. Ich habe mich zunächst einmal

ber diesen Antrag gefreut, weil die Probleme, die Sie
erade eben auch beschrieben haben, im Lebensmittel-
andel evident sind. Es gibt in der Tat eine Marktmacht
es Handels, und wenn es eine solche Marktmacht gibt,
t Missbrauch nicht von der Hand zu weisen. Es stimmt
uch, dass davon auf der einen Seite die Lieferanten und
uf der anderen Seite die noch verbliebenen mittelständi-
chen Händler sowie natürlich auch deren Mitarbeiter
etroffen sind, die dadurch unter einen gewissen Druck
ommen.

Ich fand es nur ein bisschen schade, dass Sie in Ihrem
ntrag in Richtung Ideologie abschweifen,


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Mindestlohn!)


on sozialen und ökologischen Verbesserungen weltweit
chwärmen


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wir haben einen globalen Markt!)


nd den Mindestlohn mit einbauen. Das, was Sie an die-
er Stelle fabriziert haben, gehört wahrscheinlich auch
nter die Kategorie Analogkäse. Mit Verlaub: Es wäre
chön gewesen, wenn Sie sich an dieser Stelle auf das ei-





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

gentliche Thema konzentriert hätten; denn das ist durch-
aus wichtig. Weil Sie das nicht getan haben, finde ich es
durchaus richtig, dass die Federführung beim Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie liegen wird.


(Beifall des Abg. Andreas G. Lämmel [CDU/ CSU])


Wir werden uns auf das Wesentliche konzentrieren.
„Konzentration“ ist dabei das Stichwort. Diese Konzen-
tration hat über viele Jahre hinweg zugenommen. Sehr
geehrte Frau Vorrednerin, Sie haben es deutlich be-
schrieben: Die vier größten Händler erwirtschaften in-
zwischen 85 Prozent des Branchenumsatzes. Ich weiß,
dass man an dieser Stelle differenzieren muss, weil
REWE eine Mittelstandskooperation ist, aber natürlich
handelt es sich auch um eine Einkaufskooperation, so-
dass auch hier natürlich Marktmacht auf den Beschaf-
fungsmärkten ausgeübt werden kann. Das ist etwas, was
wir nicht wegschieben dürfen.

Es gibt eine Studie des Instituts für Handelsforschung
und der BBE Retail Experts im Auftrag des Handelsver-
bands Deutschland vom September 2009. Darin steht
folgendes Ergebnis: Es gibt keine generelle Nachfrage-
macht des Handels. Ich betone das Wort „generelle“.
Keine generelle Nachfragemacht heißt: Es gibt in be-
stimmten Konstellationen eben sehr wohl eine solche
Marktmacht. Diese wird teilweise auch missbraucht.

Seit zwei Jahren gibt es ein Kartellverfahren gegen
Edeka, das Plus von Tengelmann übernommen hat. Hier
wird dem Verdacht nachgegangen, dass es den Versuch
gab, über Boni von Lieferanten der Plus-Märkte den
Kaufpreis zu refinanzieren.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hochzeitsrabatt heißt das!)


Das muss man sich einmal vorstellen: Es wird der Ver-
such unternommen, das zu refinanzieren, was man ge-
kauft hat, indem man die Lieferanten des aufgekauften,
des akquirierten Unternehmens unter Druck setzt, Boni
zu gewähren. Wenn sich das erhärtet – ich spreche aus-
drücklich von einem Verdacht –, dann ist das natürlich
schon etwas, das uns alle miteinander bedenklich
stimmt. Das zeigt, dass es hier offenkundig ein ganz
deutliches Mittelstandsproblem gibt.

Das Gegenargument ist, der Handel würde nur Spiel-
räume ausloten, und das sei ja eben gerade das Kennzei-
chen von Handel. Ich meine aber, hier stellt sich die
Frage des Kräftegleichgewichts. Das ist schwer herzu-
stellen, eventuell auf der einen Seite durch Kooperatio-
nen und auf der anderen Seite dadurch, dass diejenigen,
die als Markenartikler die Finanzkraft haben, einen ent-
sprechenden Pull-Effekt erzeugen können, sodass der
Händler das Unternehmen letztendlich auch listen muss.

Ich gebe zu: Wir in der Politik haben lange zuge-
schaut. Das ist der Schwierigkeit dieses Themas, aber
auch dem intelligenten Einsatz von Marktmacht an der
Stelle geschuldet, weil man sich eben nicht auf die Ab-
satzmärkte bezieht, sondern weil der Druck auf der Be-
schaffungsseite aufgebaut wird, das heißt, die Verbrau-
cherpreise sind natürlich niedrig. Das kann man ganz

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(C (D eutlich sehen. Wenn man die Lebensmittelpreise in unerem Land mit denen in Europa vergleicht, dann wird an feststellen, dass sie relativ niedrig geblieben sind, as auch die Monopolkommission in ihrem 47. Sonderutachten zu Preiskontrollen in Energiewirtschaft und andel ganz deutlich bestätigt. Das ist einem intensiven Wettbewerb geschuldet, der ich aber nur im Handel vollzieht und davon lebt, dass uf die Lieferanten entsprechender Druck ausgeübt wird. avon sind nicht nur mittelständische Lieferanten, sonern ist auch unsere Landwirtschaft betroffen. Das öchte ich betonen. (Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Und was machen Sie dagegen? – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist die Antwort der CDU/CSU?)


Nur die Ruhe: Das kommt alles noch.

Sie haben am Rande das Qualitätsbewusstsein der
erbraucher angesprochen und darauf hingewiesen, was
nen alles vorgesetzt werde. Dazu sage ich offen: Dabei

ommt es aber auch auf die Verbraucher selber an, die
erade im Lebensmittelbereich offenkundig gern vor al-
m billig einkaufen wollen,


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Geiz ist geil!)


ach dem Motto „Geiz ist geil“. Das halte ich geradezu
r katastrophal. Diese Preissensibilität können wir als
esetzgeber aber sicherlich genauso wenig ändern wie
as Bewusstsein derjenigen, die sich in dieser Frage
lsch verhalten.


(Beifall des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


Sie haben die Instrumente angesprochen. Wie Sie
issen, haben wir präventiv die Fusionskontrolle und re-
ressiv die Missbrauchsaufsicht. Jetzt müssen wir die
rage erörtern, ob der Gesetzgeber etwas tun kann, da-
it die Vielfalt des Einzelhandels wieder entsteht und

ie Forderung Ludwig Erhards nach Wohlstand und
eilhabe für alle auch in diesem Bereich wieder eine
olle spielt. Das ist nicht trivial und auch nicht einfach
u beantworten.

Wir müssen bei der Achten Novelle dieses Gesetzes
us meiner Sicht bei der Fusionskontrolle zu einem
echsel von der Voraussetzung der Marktbeherrschung

in zu der einer erheblichen Beeinträchtigung des Wett-
ewerbs als Fusionshindernis kommen. Das ist aus mei-
er Sicht ein Kriterium, das an der Stelle etwas weiter-
elfen könnte.

Was die Missbrauchsaufsicht angeht, schneiden Sie in
rem Antrag die Nachweisproblematik an, die auf die

rage hinausläuft: Wer traut sich, seinen erpresserischen
bnehmer anzugehen und eine Auslistung zu riskieren?
as ist insbesondere deshalb schwerwiegend, weil unab-
ängig davon, ob man bei einer Beschwerde obsiegt, die
bhängigkeit fortbesteht.

Sie schlagen die Einrichtung einer Ombudsstelle vor,
ie Beschwerden auch anonym aufnehmen sollte. Das ist
in interessanter Gedanke. Ich befürchte aber, dass er
ur bis zu einem bestimmten Punkt trägt. Denn an ir-





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

gendeiner Stelle in einem Verfahren müssen Ross und
Reiter genannt und gesagt werden, wem was widerfah-
ren ist.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Ja!)


Deshalb wird das Problem dadurch nicht gelöst, wenn
ich auch zugebe, dass ich an der Stelle etwas ratlos bin,
wie man das letztlich hinbekommt.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Ja, aber unseren Antrag schlecht machen! Selbst nicht wissen, wie es weitergeht!)


Der bürokratische Wust, den Sie vorschlagen – noch
mehr Informationspflichten, Herkunftsbezeichnungen
und anderes –, ist mittelstandsfeindlich. Sie werden ge-
nau denen, für die Sie sich angeblich einsetzen, damit
nicht helfen. Auch das muss in aller Klarheit gesagt wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


Es bringt auch nichts, dass Sie den Antrag mit Selbst-
verständlichkeiten erweitern, indem Sie schreiben, der
Bund müsse soziale und ökologische Ausschreibungs-
kriterien anwenden. Das haben wir bei der letzten No-
velle diskutiert und gemeinsam entschieden, dass die
eigentlich vergaberechtsfremden Aspekte mit aufge-
nommen werden, um den Ausschreibungsspielraum zu
erweitern.

Was mir mehr am Herzen liegt, ist die Frage, wie wir
mit § 20 Abs. 3 und 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbs-
beschränkungen umgehen. Es gibt nämlich für be-
stimmte Instrumente Befristungen, die in naher Zukunft
auslaufen. Ich meine, wir sollten im Interesse des Gan-
zen diese Befristungen aufheben und die Instrumente
weiter einsetzen. Insbesondere mit dem Verkauf unter
Einstandspreis müssen wir uns noch einmal intensiv be-
schäftigen. § 20 Abs. 4 des Gesetzes, der diesen regelt,
ist in einem Punkt befristet. Aber das Bundeskartellamt
ist, als es gegen Rossmann ging, böse auf dem Bauch ge-
landet. Wir werden daher im Rahmen der Novellierung
des Gesetzes noch einmal darüber diskutieren müssen,
wie man dieses Schwert schärfen kann. Dazu finde ich in
Ihrem Antrag leider nichts. Es wäre sehr hilfreich gewe-
sen, wenn Sie hierzu einen Hinweis gegeben hätten.

Stattdessen fordern Sie eine ganze Reihe von Studien
ein. Ich glaube, die zentrale Studie ist – diese wird in Ih-
rem Antrag nicht genannt, aber Sie haben sie vorhin an-
gesprochen – diejenige, die das Bundeskartellamt gerade
vorbereitet, nämlich eine Befragung der Unternehmen
im Rahmen der Sektoruntersuchung. Das Ziel ist, die
Abläufe auf dem Markt nachzuvollziehen und Miss-
stände zu ermitteln. Das Bundeskartellamt rechnet – am-
bitioniert – mit einem Abschluss dieser Studie im Laufe
dieses Jahres. Wir sollten diese Studie abwarten und
dann als Gesetzgeber, basierend auf den Ergebnissen
dieser Studie, entscheiden und dafür Sorge tragen, dass
das von Ihnen zu Recht angesprochene Problem zügig
einer Lösung zugeführt wird.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat die Kollegin Binder für die Fraktion Die inke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Unsere Gesellschaft wird imer älter; die Menschen werden immer älter. Das ist si herlich ein erfreulicher Umstand. Aber gleichzeitig eobachten wir, wie ganze Regionen, insbesondere ländche Gegenden und Dörfer, fast aussterben. Das hängt nter anderem damit zusammen, dass nicht einmal mehr in Laden da ist. Es gibt in vielen Orten keinen Bäcker, einen Metzger und keinen Lebensmittelhändler. Warum icht? Weil sechs Supermarktketten in Deutschland damit komme ich auf das eigentliche Thema zu spre hen, das in engem Zusammenhang mit dem Antrag der PD zu sehen ist – den Markt beherrschen. Dadurch atte der kleine Händler schlichtweg keine Überlebenshance mehr. Es gibt den Tante-Emma-Laden nicht ehr, weil die großen Sechs mit ihren Dumpingprakti en dafür sorgen, dass andere Läden nicht mehr überleen können. Das Dumping bezieht sich unter anderem uf die Preisgestaltung. Die Dumpingpreise liegen teileise unter den Erzeugerpreisen. Das kann nicht funkonieren. Viele Lebensmittel sind nicht mehr preiswert, ondern billig. Das bedeutet letztendlich, dass zwangsufig auch die Produktion billig wird. Kein Erzeuger nd keine Lebensmittelindustrie ist auf Dauer in der age, zu den Dumpingpreisen, die die Supermarktketten on ihnen erwarten, zu liefern. Das muss aufhören. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sind Sie für höhere Lebensmittelpreise, Frau Kollegin?)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224700

(Beifall bei der LINKEN)

Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224800

Wir wollen qualitativ hochwertige Produkte; diese ha-
en ihren Preis. Letztendlich müssen die Menschen auch
on ihrer Arbeit leben können, die Erzeuger genauso wie
ie Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie oder der
andwirtschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


ie müssen Löhne bekommen, die deutlich höher sind
ls das, was heutzutage in vielen Bereichen gezahlt wird.
ie SPD plädiert in ihrem Antrag für einen Mindestlohn
Höhe von 8,50 Euro. Das ist auf jeden Fall ein Schritt
die richtige Richtung. Wir fordern 10 Euro. Ich be-

ründe auch, warum. Bei einem Stundenlohn in Höhe
on 8,50 Euro kommt man auch bei 38 oder 40 Stunden
der Woche höchstens auf 1 400 Euro im Monat. Wer
der Stadt lebt, kann damit gerade die Miete und die
ebenkosten begleichen. Aber dann bleibt zum Leben
icht mehr viel übrig. Daher ist es dringend notwendig,
uch in der Lebensmittelwirtschaft und der Landwirt-
chaft für Mindestlöhne einzutreten.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber das ist nicht alles. Zu den Forderungen nach
ehr Transparenz, die es den Verbraucherinnen und Ver-

rauchern möglich machen sollen, ihren Einkauf nach
ozialen und ökologischen Kriterien selbstbestimmt vor-





Karin Binder


(A) )


)(B)

zunehmen, gehört, dass der Verbraucher weiß, woher ein
Produkt kommt. Es ist wichtig, dass er weiß, dass die
Rosen, die bei uns so billig für den Muttertag oder auch
für den Valentinstag verkauft werden, in Kenia von Ar-
beiterinnen für den Versand verpackt werden, die für
56 Euro im Monat arbeiten. Diese Frauen arbeiten von
morgens 7 Uhr bis abends 18 Uhr, und in den Hauptzei-
ten arbeiten sie möglicherweise bis zu 18 Stunden am
Tag. Jedem hier im Raum ist klar, dass auch in Kenia
niemand von 56 Euro im Monat existieren kann. Das al-
les geschieht vor dem Hintergrund, dass diese Blumen
so billig wie möglich sein müssen, damit die Super-
märkte ihre Lockangebote finanziert bekommen.

Es gibt darüber hinaus viele Menschenrechtsverlet-
zungen im Zusammenhang mit schlechten Arbeitsbedin-
gungen in den Erzeugerländern. Deshalb tragen die Un-
ternehmen hier in Deutschland die Verantwortung nicht
nur für das, was sie hier anstellen – ich erinnere nur da-
ran, wie Lidl und Schlecker mit ihren eigenen Beschäf-
tigten umgehen –


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710224900

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710225000

– ja, letzter Satz –, sondern es geht auch um die Ver-

antwortung dieser Unternehmen für die gesamte Liefer-
kette. Hier müssen wir sie in die Pflicht nehmen. Des-
halb bin ich der SPD für diesen Antrag dankbar, und ich
hoffe, dass die Beratung im Ausschuss mehr Zeit findet
als hier in der 30-minütigen Plenardebatte.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710225100

Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Schweickert

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1710225200

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Frau Binder, Sie haben gerade das Thema „Der
Tante-Emma-Laden stirbt aus“ angesprochen. Dazu
muss man aber fairerweise sagen: Wenn die Verbraucher
immer zu den Märkten auf der grünen Wiese fahren und
nur dann, wenn sie den Zucker vergessen haben, dort
mal kurz einkaufen gehen, dann können sich die kleinen
Einzelhandelsgeschäfte natürlich auch nicht halten. Man
darf das Verbraucherverhalten in dem Bereich also nicht
außen vor lassen.


(Beifall bei der FDP – Karin Binder [DIE LINKE]: Das hat mit Dumpinglöhnen zu tun!)


Ich komme zum Antrag. Was sind denn faire Lebens-
mittelpreise? Ein fairer Preis entsteht eigentlich durch
funktionierenden Wettbewerb zwischen Angebot und
Nachfrage, so weit die Theorie. Diese Theorie ist auch
ganz wichtig; denn funktionierender Wettbewerb steigert

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(C (D ualität, Effizienz und beschleunigt Innovationen. Da, o Auswahl ist, ist der Verbraucher König, und in dem oment, in dem der Verbraucher König ist, ist der Han el gezwungen, sich an diesen Bedürfnissen der Verraucher auszurichten. Dann hat der Verbraucher Marktacht, und ich muss sagen: Das ist eine Marktmacht, die ir persönlich gefällt. Wenn dieser Wettbewerb aber lahmt, dann dreht sich ie Marktmacht um, der Verbraucher bleibt auf der Streke. Aber nicht nur die Verbraucher – das ist ja angeprochen worden –, sondern auch die Ernährungsindusie, die Landwirte und die Arbeitnehmer bleiben auf der trecke. Angesichts dessen bringt uns das derzeit niedge Preisniveau, das wir im europäischen Vergleich haen, erst mal nichts. Denn wenn das eine Folge von oliopolen Händlerstrukturen mit Niedrigpreisstrategien t, dann wird sich das irgendwann mal drehen, dann ird die Vielfalt zurückgehen, die Qualität sinken, und ie Verbraucherpreise werden anziehen. Deshalb ist es für uns wichtig, sich dieses Thema geau anzuschauen; denn wir wollen keine Strukturen haen, in denen Oligopole oder gar Monopole vorhanden ind. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage: Ist ies im Lebensmitteleinzelhandel der Fall? Wir haben zu diesem Thema am 5. Juli des letzten ahres eine Anhörung durchgeführt. Da wurden zwei ahlen genannt: Fünf haben 75 Prozent, sechs haben 5 Prozent Marktmacht in diesem Bereich; die dominien. Dann hat ein Hersteller praktisch keine Ausweichöglichkeit, wenn er eines von diesen großen Einzel andelsunternehmen verliert. Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen einmal so wie ich ber mehrere Jahre hinweg Jahresgespräche mit dem andel geführt haben. Ich weiß, wie sich da ein kleines erstellerunternehmen fühlt. Wenn man dort hineingeht, t das – das kann ich Ihnen sagen – nicht immer ganz ngenehm. Denn wenn eine Auslistung im Raum steht, ann ist man vielleicht zu Zusagen bereit, die man unter ormalen Margengesichtspunkten nicht eingehen würde. Aber ich sage Ihnen auch ganz offen: Wenn ich mit einen Kollegen aus größeren Firmen, von Markenfiren geredet habe, dann war es gerade umgekehrt. Es ibt auch eine Marktmacht von Herstellern. Ich nenne al Coca-Cola. (Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das sind die regionalen Produzenten! Das geht an der Sache vorbei!)


Frau Drobinski-Weiß, es kann sich heute ein Händler
st nicht mehr leisten, manche dieser Produkte nicht
ehr zu haben. Das muss man einfach sehen,


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Aber kleine Obstbauern!)


nd deswegen ist es richtig, dass wir in diesem Bereich
ine Sektoruntersuchung durchführen und nicht alles
ber einen Kamm scheren, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

Nicht jede Auslistung ist nur mit Marktmacht zu begrün-
den. Es gibt auch Sortiments- und Preisstrategien. Ich
glaube, der richtige Weg ist, dieses Thema detailliert, gut
und ordentlich anzuschauen. Ich halte es für richtig, dass
wir diesen Weg gehen.

Ich halte es übrigens auch für richtig, einen Ombuds-
mann für den Lebensmitteleinzelhandel einzurichten.


(Beifall bei der FDP)


Im Gegensatz zum Kollegen Nüßlein bin ich diesbezüg-
lich gar nicht so negativ eingestellt. Natürlich ist es
wichtig, erst einmal Anonymität herzustellen. Oftmals
haben Händler nicht nur ein Produkt im Angebot, son-
dern mehrere. Häufig sind es die gleichen Konsorten, die
Druck ausüben. Davon betroffen sind nicht nur die je-
weiligen Hersteller, sondern auch andere.

Der große Vorteil eines Ombudsmannes ist es, dass er
Beschwerdefällen anonymisiert nachgehen kann. Fühlt
sich ein Hersteller in Preisverhandlungen ungerechtfer-
tigt benachteiligt, hat dieser eine Anlaufstelle, ohne Ge-
fahr zu laufen, dass seine Produkte als Sanktion des
Handels ausgelistet werden. Allein die Institutionalisie-
rung eines Ombudsmannes ist der richtige Weg. Damit
greifen wir übrigens nicht in die Vertragsfreiheit ein, was
manche fordern. Vielmehr wird somit ein Weg eröffnet,
um aus diesem Dilemma herauszukommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Neben der Frage der Marktmacht behandeln Sie in Ih-
rem Antrag noch andere Fragen. Dieser Antrag ist gera-
dezu ein Sammelsurium von Einzelthemen, die meines
Erachtens gar nichts mit der entscheidenden Frage, näm-
lich der Marktmacht und ihrer Begrenzung, zu tun ha-
ben, etwa Verbraucherinformationsgesetz, flächende-
ckender Mindestlohn. Anscheinend darf es jetzt keinen
SPD-Antrag mehr geben, in dem der flächendeckende
Mindestlohn nicht gefordert wird. Erklären Sie mir bitte
einmal, inwiefern der flächendeckende Mindestlohn für
Friseure – ich weiß, gleich ruft Herr Kelber dazwischen –
etwas mit Marktmacht im Lebensmitteleinzelhandel zu
tun hat.


(Ulrich Kelber [SPD]: Heute hat auch ein FDP-Minister den Mindestlohn gefordert! Das haben Sie noch nicht mitbekommen!)


Ich muss mich schon wundern, dass Sie in Ihrem An-
trag schreiben:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf … zu prüfen, wie das Verbot des Verkaufs
von Lebensmitteln unter Einstandspreis neu und
praktikabel geregelt werden kann …

Das ist eigentlich eine Art verspäteter Offenbarungseid;
denn bis 2012 gilt das Gesetz zur Bekämpfung von
Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und
des Lebensmittelhandels. Es stammt aus dem Jahr 2007.
Wer hat 2007 regiert? Ich kann daher nur staunen, dass
die SPD jetzt sagt, es müsse zu einer praktikablen Rege-
lung kommen.


(Zurufe von der SPD)


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(C (D ier entlarvt sich wieder einiges. Es wurde einfach nicht ffizient genug an das Thema „Faire Lebensmittelpreise nd transparente Produktionsbedingungen“ herangeganen. Dieser Antrag ist Ausdruck einer Placebogesetzgeung. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Dieser ntrag ist nichts als ein Sammelsurium von Einzeltheen. Was werden wir tun? Wir warten die kartellrechtliche rüfung ab. Wir werden evidenzbasiert handeln, also auf er Grundlage der Zahlen und Fakten, die dann vorlieen. Wir machen keine Placebogesetze, sondern Geetze, die dem Verbraucher etwas bringen. Der Kollege Kelber hat zu einer Kurzintervention das ort. Diese Kurzintervention findet nur deswegen statt, eil der Kollege Professor Schweickert mich persönlich ngesprochen hat, noch bevor ich irgendetwas dazwichengerufen hatte. Ich möchte deutlich machen, worum s mir ging. Ist Ihnen bekannt, dass sich der Arbeitsminister aus chleswig-Holstein, Heiner Garg, FDP, heute für bunesweit einheitliche Mindestlöhne ausgesprochen hat? h darf zitieren: Wenn die FDP näher an die Lebenswirklichkeit heranrücken will, dann müsse sie erkennen, dass es im Niedriglohnbereich ein „echtes Problem“ gebe … Es könne nicht sein, dass es in Deutschland Menschen gebe, die acht Stunden am Tag arbeiten und sich und ihre Familien davon nicht ernähren können. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710225300

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1710225400

achdem wir heute im Bundestag dreimal von der FDP
ine Ablehnung der Mindestlöhne gehört haben, muss
h feststellen: Auf dem Land sind sie schon ein bisschen

chlauer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710225500

Herr Schweickert, Sie haben das Wort zur Erwide-

ng.


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1710225600

Herr Kollege Kelber, Sie haben recht: Ich hatte Sie

ngesprochen. Immer wenn ich rede, erwarte ich fast,
ass Sie darauf mit einer Kurzintervention reagieren. Ir-
endwie hatte ich Sie schon vermisst.

Herr Kelber, was das Thema Mindestlöhne angeht:
h bin ganz sicher jemand, dem es fernliegt, zu sagen,

r stehe links. Ich bin der Meinung, dass jemand, der or-





Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

dentlich arbeitet, sprich: eine 40-Stunden-Woche hat,
sich einmal im Jahr einen Urlaub leisten und ein ordent-
liches Auto fahren können muss. Mit anderen Worten: Er
muss von seinem Gehalt ordentlich leben können. Da
bin ich bei Ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das ist eines unserer Ziele.

Ich stelle mir allerdings die Frage: Sind Mindestlöhne
der richtige Weg, dieses Ziel zu erreichen? Ist es nicht
vielmehr so, dass den Menschen durch Mindestlöhne et-
was weggenommen wird, etwa weil Arbeitsplätze ins
Ausland verlagert werden? Kommt man durch Mindest-
löhne diesem Ziel also womöglich nicht näher?

Lassen Sie uns darüber streiten, wie der Weg dahin
aussehen soll, dass die Menschen ein Mindesteinkom-
men haben. Es ist eine etwas zu verengte Sichtweise, zu
glauben, dass die Mindestlöhne der richtige Weg dahin
sind.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Die gibt es überall außer bei uns!)


Lassen Sie uns gemeinsam darüber streiten, wie die
Ziele, die ich Ihnen genannt habe, erreicht werden kön-
nen. Man sollte aber nicht einfach nur plakativ einen flä-
chendeckenden Mindestlohn fordern. Es ist genau wie
bei der Sektorenuntersuchung: Man muss sich die Sekto-
ren einzeln anschauen, um zu erkennen, was man im je-
weiligen Bereich zu tun hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Mit Honorarverordnungen für Juristen hat die FDP noch nie Probleme gehabt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710225700

Der Kollege Ostendorff hat für die Fraktion Bünd-

nis 90/Die Grünen das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Wer sich heute in der Gesellschaft umschaut, be-
merkt einen klaren Bewusstseinswandel: Die Menschen
leben bewusster, planen bewusster und konsumieren
auch bewusster als vor 10 oder 20 Jahren. Das sagen Ih-
nen alle Studien.

Im heutigen Charta-Prozess bei Ministerin Aigner
sagte sogar der Chef des Vion-Fleischkonzerns, dass für
77 Prozent der Verbraucher artgerechte Tierhaltung
wichtig sei. „Geiz ist geil“ und „Hauptsache billig“ ha-
ben zunehmend ausgedient.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass die Preis-
schilder in den Supermärkten oft nicht die soziale und
ökologische Wahrheit abbilden. Viele Billigprodukte
wären viel teurer, wenn die gesellschaftlichen Folgekos-
ten der agrarindustriellen Produktion mit eingerechnet

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(C (D erden würden. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen reisen und Werten. Darin sind wir uns mit der SPD eiig. Wir sind uns sicherlich auch darin einig, dass die egierungskoalition diesen Bewusstseinswandel in der evölkerung nicht aufnimmt und ihren agrarindustrieln und exportorientierten Kurs weiter fortsetzt. Leider gerät der Antrag insgesamt zu allgemein, um ielgenau konkrete Verbesserungen zu erreichen. In den etails werden wichtige aktuelle Entwicklungen nicht usreichend berücksichtigt. Natürlich stimmen wir zu, enn Sie die Verbraucherinteressen in der Anwendung es § 54 im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen erücksichtigt sehen wollen. Auch die Abschaffung der U-Agrarexportsubventionen bleibt richtig. sgesamt aber bleibt doch der Eindruck, dass Sie viele olitikbereiche nur streifen, ohne ein schlüssiges und ielgerichtetes Maßnahmenpaket zu entwickeln. Bei eiigen Ihrer konkreten Vorschläge teilen wir zwar die nalyse, doch die Forderungen sind nicht zielführend. o schlagen Sie eine Ombudsstelle vor, um dem Missrauch von Marktmacht zu begegnen. Das ist aus unser Sicht ein viel zu bürokratischer Weg. Warum stärken ie nicht stattdessen die Verbraucherzentralen in ihrer arktwächterfunktion? Ihre Maßnahmen in Bezug auf transparente und nachaltige Produktionsbedingungen sehen wir grundsätzlich ls positiv an, auch wenn wir zum Beispiel beim Verraucherinformationsgesetz weiter gehende Vorstellunen zum Informationsanspruch von Bürgerinnen und ürgern gegenüber Unternehmen haben. Dem Antrag fehlt insgesamt der rote Faden, der klare ompass. Er entwickelt keine Leitidee zur ökologischen nd sozialen Fairness in den Lebensmittelmärkten. Uns ls Agrarpolitiker treibt die Frage um, wie wir den Ereugern von Lebensmitteln, zum Beispiel den Milchbaurn, einen Rahmen für faire Produktionsbedingungen chaffen können. Der Trend bei der Milch geht zurzeit in ichtung Monopol, vor allem in Norddeutschland. Hier üssen wir etwas tun und den Markt wiederherstellen. ie Regierung verzichtet leider vollständig auf jegliche rdnungspolitik. Wir müssen den Rahmen dafür setzen, dass Bäuerinen und Bauern angemessene Preise für ihre Produkte rhalten, ohne dass wir sie weiter in die industrielle Prouktion treiben, eine Produktionsweise, die weder umeltnoch tierschutzgerecht ist, viele bäuerliche Exisnzen zerstört und in der Gesellschaft auf keine kzeptanz mehr stößt. Der vorliegende Antrag reißt viele richtige und wichge Fragen an, bleibt aber in seinen Maßnahmen zu llgemein und stößt an einigen Stellen in die falsche ichtung vor. Lassen Sie uns in der weiteren parlamenrischen Beratung gemeinsam an der Stoßrichtung rbeiten! Denn eines ist klar: Die Regierung wird erhrungsgemäß nichts unternehmen, um den Lebensmitlmarkt fair und transparent zu gestalten. Friedrich Ostendorff )


(Widerspruch bei der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





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(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Dr. Erik Schweickert [FDP]: Nicht von NRW
sprechen!)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710225800

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat die Letzte auf

unserer Rednerliste, Frau Kollegin Gabriele Hiller-Ohm,
für die Sozialdemokraten das Wort. – Bitte schön, Frau
Kollegin.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1710225900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Kollege Ostendorff, schade, dass Sie den ro-
ten Faden nicht erkennen können.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Im SPDAntrag!)


Ich glaube, das liegt daran, dass Sie ein Grüner und eben
kein Roter – so wie wir – sind.


(Beifall bei der SPD)


Es ist schon erschreckend, dass sich gerade einmal
vier Handelsriesen praktisch den gesamten Lebensmit-
telmarkt aufteilen.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Sechs!)


Sie alleine bestimmen, wohin die Reise geht.


(Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Das Parlament bestimmt, wohin die Reise geht!)


In der Anhörung im letzten Juli ist sehr klar geworden,
was diese gigantische Monopolisierung im Einzelhandel
bedeutet: Qualitätsverfall und miese Löhne.


(Beifall bei der SPD)


Die Leidtragenden sind die Angestellten in den Super-
märkten und Discountern.

Der Einzelhandel ist die größte Niedriglohnbranche
in Deutschland. 12 Prozent der Beschäftigten erhielten
2008 weniger als 5 Euro brutto. Besonders Frauen – sie
stellen 70 Prozent der Beschäftigten – sind Opfer der
miesen Löhne und schlechten Arbeitsbedingungen. Sie
arbeiten zu einem großen Teil in ungesicherten Mini-
jobs. Altersarmut ist vorprogrammiert. Das, meine Da-
men und Herren, werden wir nicht hinnehmen.


(Beifall bei der SPD)


Wir fordern deshalb einen flächendeckenden gesetz-
lichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Der würde schon
enorm helfen.

Der gewaltige Preisdruck, den die Supermarktgiganten
ausüben, verläuft entlang der gesamten Lieferkette der
Konzerne. Die unabhängige Hilfsorganisation Oxfam
weist seit Jahren auf schockierende Arbeitsbedingungen
in Asien und Mittelamerika hin. Es ist beschämend,
wenn beim Handelsriesen Metro Lieferanten in Indien
den Landarbeiterinnen gerade einmal 85 Cent bezahlen,
und zwar nicht pro Stunde, sondern für zehn bis zwölf

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(C (D tunden harter Arbeit pro Tag. Damit, liebe Kolleginnen nd Kollegen, muss Schluss sein. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Leider bleibt die Bundesregierung hier untätig. Wie
ie Antwort auf unsere Kleine Anfrage gezeigt hat, sieht
ie keinen Handlungsbedarf. Dabei waren sich fast alle
achverständigen in der Anhörung einig: Wir brauchen
egeln, um den Missbrauch von Marktmacht wirksam
inzudämmen. Die SPD legt deshalb – übrigens als ein-
ige Fraktion – einen umfassenden Maßnahmenkatalog
or.

Meine Kollegin Elvira Drobinski-Weiß ist schon auf
ine zentrale Forderung eingegangen: die Schaffung ei-
er unabhängigen Ombudsstelle. Diese Stelle soll auch
rmittlungen einleiten, wenn bei Einkaufspraktiken ei-
es Unternehmens negative Auswirkungen auf die Be-
chäftigten entlang der Lieferkette zu befürchten sind.


(Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Ach du liebes bisschen!)


nternehmen wären dann auskunftspflichtig und die Er-
ebnisse der Untersuchungen öffentlich einsehbar.


(Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Planwirtschaft!)


Das führt zur zweiten zentralen Forderung: Insbeson-
ere große Unternehmen müssen verpflichtet werden,
erichte über die Wahrung der Menschen- und Arbeit-
ehmerrechte in der gesamten Wertschöpfungskette vor-
ulegen. Denn klar ist: Die bestehenden Selbstverpflich-
ngen von Unternehmen zur Einhaltung von fairen
rbeitsbedingungen reichen nicht aus.


(Beifall bei der SPD)


atürlich sind Initiativen von Unternehmen wünschens-
ert, die sich freiwillig über das normale Maß hinaus für
re Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren. Des-

alb hatte Olaf Scholz als SPD-Arbeitsminister in der
roßen Koalition die nationale CSR-Strategie auf den
eg gebracht. Wir müssen aber den Druck erhöhen, dass

lle Unternehmen faire Arbeitsbedingungen einhalten.
ir müssen dafür sorgen, dass nur solche Unternehmen

ffentliche Aufträge erhalten, die soziale und ökologi-
che Mindeststandards im eigenen Betrieb und in der
ulieferkette einhalten.

Stärken wir auch diejenigen, auf die es im Markt
tztendlich ankommt, die Verbraucherinnen und Ver-
raucher! Wir fordern im Verbraucherinformationsge-
etz einen Informationsanspruch zu der Frage, ob sich
nternehmen fair verhalten, auch entlang der Zuliefer-
ette. Dann können Kunden beim Einkauf schwarzen
chafen die Rote Karte zeigen.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710226000

Vielen Dank, Frau Kollegin Gabriele Hiller-Ohm.

Jetzt schließe ich die Aussprache.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/4874 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
FDP wünschen die Federführung beim Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie. Die Fraktion der Sozialde-
mokraten wünscht die Federführung beim Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion der SPD, also Federführung beim Ausschuss
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor-
schlag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
Überweisungsvorschlag ist abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, also Federfüh-
rung beim Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor-
schlag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
Überweisungsvorschlag ist angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 sowie Zusatzpunkt 5
auf:

13 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des § 522 der Zivilprozessordnung

– Drucksachen 17/5334, 17/5388 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

ZP 5 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid
Hönlinger, Jerzy Montag, Volker Beck (Köln),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des § 522 der
Zivilprozessordnung

– Drucksache 17/5363 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.

Erster Redner unserer Debatte ist der Parlamentari-
sche Staatssekretär Dr. Max Stadler. Ich gebe ihm das
Wort. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Stadler.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


D
Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1710226100


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Der § 522 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist seit
längerer Zeit Gegenstand einer heftigen rechtspoliti-
schen Debatte. Nach dieser Regelung, die im Jahr 2002
eingeführt worden ist, muss das Berufungsgericht in
aussichtslosen Fällen die Berufung ohne mündliche Ver-
handlung durch einen unanfechtbaren Beschluss zurück-
weisen. Damit war seinerzeit eine Verfahrensbeschleuni-
gung beabsichtigt. Dieses Ziel ist durchaus erreicht
worden. Die Regelung wird aber dennoch von vielen

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(C (D ürgerinnen und Bürgern als unangemessene Beschränung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten empfunden. Deshalb haben die Innenund Rechtspolitiker der DU/CSU und der FDP schon bei den Koalitionsverandlungen eine Änderung dieser Vorschrift verabredet. Es gibt noch einen zweiten Grund, warum wir tätig erden sollten. Die Statistik belegt, dass die Berufungserichte die Vorschrift im bundesweiten Vergleich sehr nterschiedlich anwenden. eispielsweise werden beim Oberlandesgericht Bremen 5,2 Prozent aller Fälle Berufungen durch Beschluss urückgewiesen. Beim Oberlandesgericht Rostock erlgt dies in 27 Prozent aller Fälle. Auch diese unter chiedliche Handhabung in der Praxis ist ein Anlass für in Eingreifen des Gesetzgebers. Die Bundesregierung schlägt daher im vorliegenden ntwurf vor, bei Zurückweisungsbeschlüssen die gleiche nfechtbarkeit wie bei den streitigen Berufungsurteilen inzuführen. Künftig soll der Bundesgerichtshof auf die ichtzulassungsbeschwerde einen Zurückweisungsbe chluss ab einer Beschwer von 20 000 Euro in gleicher eise überprüfen wie jetzt schon ein Berufungsurteil. enn die Zulassungsgründe vorliegen, wird der Be chluss im Revisionsverfahren auf Rechtsfehler kontrolert. Damit wird es für den Zugang zum Bundesgechtshof unerheblich, ob das Berufungsgericht durch eschluss oder durch Urteil entschieden hat. Meine Damen und Herren, das ist eine Verbesserung es Rechtsschutzes, und das ist keine rein technische ngelegenheit; denn von vielen Betroffenen haben uns eschwerden erreicht, dass das jetzt geltende System uch bei bedeutenden Rechtssachen nicht den vollen echtsschutz bereitstellt, weil die beschlussmäßige Vererfung derzeit unanfechtbar ist. Wir haben auch bedacht, ob die Berufungsgerichte urch den Begründungsmehraufwand für die künftig anchtbaren Zurückweisungsbeschlüsse im Übermaß bestet werden. Dies glauben wir nicht; denn die eigentli he Begründungsarbeit wird bereits bei dem Beschluss eleistet, der dem Zurückweisungsbeschluss vorangeht nd die Parteien auf den voraussichtlichen Ausgang des echtsstreits hinweist. In besonderen Fällen, zum Beispiel, wenn die Sache r den Berufungsführer existenzielle Bedeutung hat, uss künftig wieder mündlich verhandelt werden. Das ar nämlich das zweite große Beschwernis aus der Prais: Die Betroffenen hatten den Eindruck, sie würden it ihrem Anliegen nicht hinreichend gehört. Bürgerin en und Bürger haben nämlich oft den Eindruck, eine loß schriftliche Vortragsweise habe nicht denselben ert wie die mündliche Verhandlung. Parl. Staatssekretär Dr. Max Stadler )


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Zu Recht!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)





(A) )

Mit der Neuregelung besteht nunmehr eine Möglich-
keit, im wahrsten Sinne des Wortes wieder rechtliches
Gehör zu gewähren. Eine mündliche Erörterung bietet
im Übrigen auch die Chance für die vergleichsweise Lö-
sung eines Rechtsstreits, aber auch für Berufungsrück-
nahmen, wenn im Rechtsgespräch dem Berufungsführer
die mangelnde Erfolgsaussicht seines Rechtsmittels dar-
gelegt worden ist.

Wir meinen daher, dass der Entwurf, den wir Ihnen
vorlegen, einen ausgewogenen Kompromiss darstellt.
Wir schaffen die Vorschrift nicht gänzlich ab, weil sie
durchaus eine gewisse Beschleunigungswirkung hatte
und auch künftig haben soll, sondern greifen einen Lö-
sungsansatz auf, den die FDP-Fraktion bereits in der
letzten Legislaturperiode vorgeschlagen hat. Wir glau-
ben, dass damit die aufgetretenen Probleme aus der Pra-
xis und das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, stär-
keren Rechtsschutz zu erhalten, in einer sinnvollen
Weise einer Lösung zugeführt werden. Ich würde mich
sehr freuen, wenn wir für unseren Entwurf eine breite
parlamentarische Unterstützung erhalten würden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710226200

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Jetzt als Nächste

auf unserer Liste aus der Fraktion der Sozialdemokraten
Frau Kollegin Sonja Steffen. – Bitte, Frau Kollegin
Steffen, Sie haben das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1710226300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! „Irrend lernt man“, hat Johann
Wolfgang von Goethe einmal gesagt. Diese Weisheit
sollte sich in der geplanten Änderung der Vorschrift des
§ 522 Abs. 2 ZPO wiederfinden.

Wir erinnern uns – der Staatssekretär Stadler hat ja
schon darauf hingewiesen –: Im Jahre 2001 beschloss
der Deutsche Bundestag eine praktisch sehr weitrei-
chende Änderung des § 522 ZPO. Die Berufungsge-
richte wurden berechtigt und verpflichtet, eine Berufung
zurückzuweisen, wenn sie davon überzeugt sind, dass
die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechts-
sache keine grundlegende Bedeutung hat und die Fort-
bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitli-
chen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungs-
gerichts nicht erfordert.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das hat die SPD eingeführt!)


– Ich weiß. Ich komme auch noch darauf zu sprechen.

Der entscheidende Punkt der Vorschrift ist folgender:
Der Zurückweisungsbeschluss nach § 522 ZPO ergeht
ohne mündliche Verhandlung, und er ist unanfechtbar.
Den Rechtsuchenden ist also bislang der Weg zum Bun-
desgerichtshof gegen den Zurückweisungsbeschluss ver-
sperrt.

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(C (D Das Fehlen eines Rechtsmittels gegen diesen Bechluss ist umso gravierender, als die Zurückweisungsraxis der Gerichte erheblich variiert. Einige Zahlen hat er Staatssekretär schon genannt. Ich will sie noch ein isschen vervollständigen, und ich muss gestehen: ecklenburg-Vorpommern ist hier wirklich ganz weit inten, warum auch immer. Bei den Landgerichten beägt die Zurückweisungsquote zum Beispiel beim Landericht Karlsruhe 6,4 Prozent und beim Landgericht Rosck 23,8 Prozent. Bei den Oberlandesgerichten sind die gionalen Unterschiede ähnlich stark ausgeprägt: Sach en 10,5 Prozent, Hamburg 24,4 Prozent und Mecklenurg-Vorpommern 27,1 Prozent. Unverändert steht die Bestimmung des § 522 ZPO eitdem im Brennpunkt der rechtspolitischen Diskussion nd vor allem in der Kritik. Insbesondere die Anwaltchaft hat sich in der Vergangenheit für die Abschaffung er Vorschrift sehr stark gemacht. Der Präsident des eutschen Anwaltvereins, Wolfgang Ewer, hat dies erst ürzlich auf dem diesjährigen Neujahrsempfang des AV erneut deutlich gemacht, indem er den vorliegenen Änderungsentwurf der Bundesregierung lediglich ls ersten Schritt bezeichnet hat. Eigentlich, so sagte er, ehöre die Vorschrift abgeschafft. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Geis [CDU/CSU]: Richtig!)


etroffene Kläger, denen eine mündliche Verhandlung
nd der Gang zur Revisionsinstanz versperrt bleiben,
rdern das ebenfalls. Dies wird beispielsweise auch an

en vielen Petitionen deutlich, die dem Bundestag zum
hema § 522 vorliegen.

Es wird mit dem neuen Formulierungsvorschlag der
undesregierung nicht gelingen, die unterschiedliche
urückweisungspraxis einzudämmen. Allein die Ände-
ng des Wortlauts der Vorschrift von bisher „weist die
erufung … zurück“ zu „hat … zurückzuweisen“ wird
n der Praxis voraussichtlich nichts ändern.

Die mit dem Änderungsvorschlag der Bundesregie-
ng nun vorgesehene Nichtzulassungsbeschwerde be-

eutet in der Praxis eine für alle Beteiligten vermeidbare
usatzbelastung. Wenn der BGH zukünftig die Berufung
ach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde an das
erufungsgericht zurückverweist, bedeutet dies für den
echtsuchenden einen zusätzlichen zeit- und gebühren-
tensiven Umweg zum Erreichen des Ziels einer münd-
chen Verhandlung. Herr Staatssekretär Stadler, das ist
eine Verbesserung des Rechtsschutzes. Ich meine auch,
ass die Vorschrift insgesamt keine besondere Beschleu-
igungswirkung – zumindest unter diesem Aspekt – hat.

Darüber hinaus ist ein weiterer entscheidender Punkt
u nennen. Die meisten Kläger werden die Hürde der
treitwertgrenze bei der geplanten Nichtzulassungsbe-
chwerde ohnehin nicht überwinden. Sie ist nur bei einer
eschwer von mehr als 20 000 Euro eröffnet. Dies ha-
en Sie vorhin nicht dargestellt. Nach den Statistiken des
MJ weisen jedoch 80 bis 90 Prozent aller anhängigen
erichtsverfahren Streitwerte von unter 6 000 Euro auf.





Sonja Steffen


(A) )


)(B)

Der Gang zum BGH wird also nach der geplanten Geset-
zesänderung ohnehin nur für 10 bis 20 Prozent der Fälle
möglich sein. Die bestehenden Gerechtigkeitslücken
werden dadurch nicht geschlossen.

Nun fordert der Bundesrat in seiner aktuellen Stel-
lungnahme sogar, von der Einführung eines Rechtsmit-
tels gegen den Zurückweisungsbeschluss ganz abzuse-
hen. In der Begründung heißt es, gewichtige Gründe für
eine Änderung seien nicht zu erkennen. Ignoriert werden
dabei die Gerechtigkeitsdefizite, die durch die Vorschrift
entstanden sind. Ignoriert wird auch die Rechtszersplit-
terung durch die unterschiedliche Anwendungspraxis
der Gerichte.

Statt der Einführung eines Rechtsmittels schlägt der
Bundesrat übrigens die Einführung einer Ausnahmevor-
schrift vor, nach der die mündliche Verhandlung aus An-
gemessenheitsgesichtspunkten doch noch angeordnet
werden kann. Was bedeutet das in der Praxis? Wenn das
Berufungsgericht durch einstimmigen Beschluss zu
dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des
§ 522 Abs. 2 ZPO vorliegen, dann wird es sich doch
nicht im nächsten Schritt wieder umentscheiden und
eine mündliche Verhandlung nun doch für angemessen
und notwendig erachten.

Der Vorschlag des Bundesrates ist daher abzulehnen,
weil er den Anlass für das Änderungsbedürfnis nicht
zielführend berücksichtigt. Er geht an der Beseitigung
der Gerechtigkeitslücken vorbei.

Daher fordern wir in unserem Antrag die Abschaf-
fung des § 522 Abs. 2 ZPO, weil er sich in der Praxis
nicht bewährt hat.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ingrid Hönlinger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Den Parteien steht ein fairer Instanzenzug zu. Die Grü-
nen fordern dies in ihrem Antrag ebenfalls. Ich hoffe,
dass wir im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch
die Regierungskoalition von der Streichung der Vor-
schrift überzeugen können.

Nun möchte ich zum Abschluss noch auf eine weitere
geplante Regelung zu sprechen kommen. Das ist die
beabsichtigte Streichung des § 7 der Insolvenzordnung.
Damit wären Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen
des Insolvenzgerichts künftig nur noch statthaft, wenn
das Beschwerdegericht sie zulässt. Diese Abschaffung
halten wir für ausgesprochen problematisch. Weder die
Anzahl der Verfahren noch die den Verfahren zugrunde
liegenden Konflikte rechtfertigen diesen Schritt. Insol-
venzverfahren sind für die Betroffenen fast immer von
wesentlicher persönlicher und wirtschaftlicher Bedeu-
tung.

Nach der geplanten Neuregelung werden zukünftig
durch eine Vielzahl von Landgerichten rechtskräftige
Entscheidungen getroffen, wodurch eine Zersplitterung
der Rechtsprechung droht. Die Einführung dieser Vor-
schrift hatte seinerzeit den Sinn, mit der Umsetzung der
damals neu erlassenen Insolvenzordnung eine höchst-
richterliche Klärung durch den Gang zum BGH zu er-
möglichen. Jedoch steht nun eine weitere Reform der In-

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(C (D olvenzordnung vor der Tür. Es wird daher auch zukünfg wieder Streitfragen geben, die höchstrichterlich gelärt werden müssen. Die generelle Rechtsschutzmögchkeit durch die uneingeschränkte Rechtsbeschwerdeöglichkeit zum BGH muss daher erhalten bleiben. Vielen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ingrid Hönlinger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710226400

Wir danken Ihnen, Frau Kollegin Steffen. – Als

ächster hat für die Fraktion der CDU/CSU unser Kol-
ge Dr. Jan-Marco Luczak das Wort. Bitte schön, Herr
ollege.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1710226500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

ollegen! Wir diskutieren im Bundestag ja schon seit
eraumer Zeit über die Regelung des § 522 Abs. 2 der
ivilprozessordnung. In der letzten Legislaturperiode
Herr Staatssekretär hat das schon angeführt – hat die
DP dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. Anfang des
ahres haben wir über einen Antrag der SPD dazu debat-
ert. Anfang der Woche haben nun auch die Grünen ei-
en Vorstoß hierzu gemacht. Lassen Sie mich deswegen
it einem ganz klaren Bekenntnis anfangen: Auch ich

alte den aktuellen Rechtszustand, den uns § 522 Abs. 2
ietet, für wirklich unbefriedigend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Besonders die tragischen Einzelschicksale, wie etwa
as der kleinen Deike – ich denke, wir kennen das alle –,
hren uns allen vor Augen, dass die Zurückweisung ei-

er Berufung im Beschlussverfahren tatsächlich zu Er-
ebnissen führen kann, die in der Sache falsch sind und
ie niemand von uns will. Deswegen ist es auch absolut
chtig, dass die christlich-liberale Koalition hier etwas
ndert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Derzeit, meine Damen und Herren, sieht § 522 Abs. 2
or, dass unter bestimmten Voraussetzungen – sie sind
ier schon genannt worden; das brauche ich nicht zu
iederholen – eine Berufung im Beschlusswege zurück-
ewiesen werden kann. Das führt dazu, dass eine münd-
che Verhandlung nicht stattfindet. Vor allen Dingen ist
er Zurückweisungsbeschluss für den Kläger nicht an-
chtbar.

Obwohl § 522 Abs. 2 die kumulativen Voraussetzun-
en abschließend und ohne die Eröffnung eines gericht-
chen Ermessens darstellt, bestehen in der Praxis erheb-
che regionale Unterschiede in seiner Anwendung.
uch hierzu haben wir die Zahlen schon gehört. Ich
rauche sie nicht mehr im Einzelnen anzuführen. Es gibt
den einzelnen Gerichtsbezirken eine Spreizung von

is zu 20 Prozent. Nun kann man vielleicht trefflich über
ie Evaluierung der einzelnen Quoten streiten. Aber un-
r dem Strich bleibt es dabei, dass die Handhabung re-
ional sehr unterschiedlich ist. Das führt dazu, dass – je





Dr. Jan-Marco Luczak


(A) )


)(B)

nachdem, wo ein Kläger gegen ein erstinstanzliches Ur-
teil Berufung einlegt – ein Rechtsschutzsuchender ganz
unterschiedliche Chancen hat. Einmal kann er mündlich
über das erstinstanzliche Urteil verhandeln und ein ge-
gen ihn ergehendes Berufungsurteil anfechten. Das an-
dere Mal gibt es keine mündliche Verhandlung, und er
hat keine ordentlichen Rechtsmittel mehr.

Wir haben hier also eine Ungleichheit in der Rechts-
anwendung. Das ist in der Tat ein Problem. Ich glaube
zwar, dass das kein verfassungsrechtliches Problem ist,
wie es hier zum Teil behauptet wird. Das Bundesverfas-
sungsgericht hat sich ja mit der Frage des § 522 Abs. 2
diverse Male beschäftigt und immer wieder bestätigt,
dass das Beschlussverfahren als solches nicht zu bean-
standen ist. Was aber in jedem Fall bleibt, ist ein Gerech-
tigkeitsproblem. Da sage ich: Wenn es auch nicht verfas-
sungsrechtlich zwingend notwendig ist, dass wir hier
etwas machen, so ist es doch ein rechtsstaatlich gebote-
ner Auftrag an uns, hier etwas zu tun, hier zu handeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es stellt sich nun die Frage: Wie handeln wir? Wie be-
seitigen wir diesen unbefriedigenden Rechtszustand?
Die SPD und seit wenigen Tagen ja nun auch die Grünen
schlagen vor, das Beschlussverfahren ersatzlos abzu-
schaffen. Das ist doch – das muss man auch einmal fest-
halten – einigermaßen erstaunlich. Meine Damen und
Herren, hier lohnt sich einmal ein Blick in die Vergan-
genheit. SPD und Grüne schlagen uns heute die Strei-
chung einer Regelung vor, die im Rahmen der ZPO-Re-
form 2001 geschaffen wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie schlagen also die Streichung einer Regelung vor,
die unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung,
also in ihrer eigenen Verantwortung, ins Werk gesetzt
wurde.


(Zuruf von der SPD: Wir können ja schlauer werden!)


Meine Damen und Herren, es ist noch keine zwei
Jahre her, da hat die SPD-Justizministerin Zypries hier
im Plenum vehement diese rot-grüne Reform, die Rege-
lung der Zurückweisung durch Beschluss, als – wörtlich –
ordentliche Reform, die voll akzeptiert werde, verteidigt.
Jetzt sagen Sie einfach: Abschaffen!

Die Kollegin Steffen – wir haben es gerade gehört;
wir hatten die Diskussion Anfang des Jahres auch schon
einmal – stellt auf einmal verwundert fest, dass die rot-
grüne Vorschrift des § 522 Abs. 2 besonders anfällig für
Verletzungen des verfassungsrechtlichen Anspruchs der
Parteien auf rechtliches Gehör sei und dass sich der
Rechtsuchende der Willkür und der alleinigen Entschei-
dungsbefugnis der Richter ausgeliefert sehe. Meine Da-
men und Herren, ich sehe nicht, welche bahnbrechenden
Rechtserkenntnisse Sie auf einmal in den letzten Jahren
gewonnen haben, die nicht schon bei der Debatte im
Jahre 2009 vorlagen und die Sie jetzt zu einer 180-Grad-
Wendung veranlassen. Das hat mit glaubwürdiger und
konsistenter Politik nichts mehr zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Der Vollständigkeit halber will ich hier nur noch einal erwähnen, dass die Union 2001 gegen die Neuregeng des § 522 war und das seinerzeit auch entsprechend ritisiert hat. Wir wollten durch die ZPO-Reform nämch mehr Bürgernähe und nicht weniger Rechtsschutz rreichen. Das war damals richtig, und das ist auch heute och richtig. Nun gut, jetzt sind wir zehn Jahre weiter. Das bedeut, wir müssen uns einmal anschauen: Was in der Zwi chenzeit passiert ist? Wie hat sich die Einführung des eschlussverfahrens nach § 522 Abs. 2 entwickelt? Wie at sie sich ausgewirkt? Was hat sich bewährt, und was onnte in der Praxis nicht überzeugen? Zu den Defiziten dieser Regelung habe ich bereits seler einiges gesagt, und wir haben es auch schon an ander Stelle gehört. Wahr ist: Wo Schatten ist, muss auch ir endwo Licht sein. Deswegen gehört es zu einer eriösen Diskussion, zu fragen, welche positiven Asekte das Beschlussverfahren bewirkt hat und welche olgen dessen ersatzlose Streichung nach sich zöge. Es ibt durchaus einige Punkte, die man berücksichtigen uss. Die Reform der ZPO im Jahre 2001 war notwendig; arüber besteht im Hause wohl Einigkeit. Menge und änge der Verfahren sollten auf ein gesundes Maß zuckgeführt werden, um jedem Bürger den ihm zuste enden Rechtsschutz zukommen zu lassen. Zuvor war es o, dass auch solche Berufungen terminiert werden ussten, die offensichtlich unbegründet waren und die einerlei Aussicht auf Erfolg hatten. Das ist aber nicht ffizient und bindet richterliche Arbeitskraft, die dann an nderer Stelle nicht mehr zur Verfügung steht. Das verögert nicht nur das konkrete Verfahren, sondern mittelar auch alle anderen, für die dann keine oder jedenfalls eniger Zeit zur Verfügung steht. Guter, effizienter echtsschutz setzt aber auch voraus, dass er in angemes ener Zeit gewährleistet wird. Meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Ministen Zypries hat im Jahr 2009 hier im Deutschen Bundesg ausgeführt, dass es vor der Möglichkeit einer Zuckweisung durch Beschluss kein gutes, weil nur ngsames Recht gab. Im Kern ist das durchaus richtig. ie Daten zeigen uns, dass das Beschlussverfahren tat ächlich zu einer Verfahrensbeschleunigung geführt hat. eswegen wollen wir – im Interesse aller Rechtsuchenen – diese positiven Effekte nicht wieder völlig aufgeen. Man darf in der Diskussion auch nicht vergessen, dass s die Interessen von zwei Parteien zu berücksichtigen ilt: das Interesse des weiterhin Rechtsschutzsuchenden, lso des Berufungsklägers, aber auch das Interesse des erufungsbeklagten. Dieser hat in der ersten Instanz ob iegt und daher verständlicherweise ein Interesse daran, ass das erstrittene Urteil möglichst schnell durchgesetzt erden kann. Dafür benötigt er aber die Rechtskraft des rteils, die unmittelbar durch den Zurückweisungsbe chluss herbeigeführt wird. Dr. Jan-Marco Luczak )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Ich glaube, es ist richtig, den Zurückweisungsbe-
schluss, also die schnelle Rechtskraft, für die Fälle zu er-
halten, in denen die Berufung tatsächlich ohne Aussicht
auf Erfolg ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Denn sonst stünde zu befürchten, dass vermehrt Beru-
fung wieder nur deswegen eingelegt würde, um das Ver-
fahren zu verzögern und die Vollstreckung eines zu
Recht titulierten Anspruchs zu vereiteln. Dazu wollen
wir aber keine Anreize setzen. Wir wollen, dass die in
erster Instanz erfolgreiche Partei möglichst schnell Klar-
heit über die Endgültigkeit ihres Obsiegens und damit
Rechtssicherheit hat. Die christlich-liberale Koalition
verfolgt deshalb einen anderen Weg als SPD und Grüne,
einen Weg, der die Schwächen des jetzigen §-522-Ver-
fahrens beseitigt, gleichzeitig aber die Vorteile der ZPO-
Reform bewahrt. Unsere Lösung schafft einen Ausgleich
zwischen den Interessen von Kläger und Beklagtem und
nimmt zudem auch Rücksicht auf die Belastung der Ge-
richte.

Mit unserem Gesetzentwurf stellen wir zunächst klarer
den zwingenden Charakter des § 522 Abs. 2 ZPO heraus;
denn wenn seine Voraussetzungen vorliegen, muss das
Berufungsgericht einen Zurückweisungsbeschluss erlas-
sen. Unterschiede bei der Anwendung, die daraus resul-
tieren, dass ein Gericht vermeintliches Ermessen ausübt,
werden so in der Praxis gemindert. Zugleich ermöglichen
wir die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in
den Fällen, wo dies angemessen ist. Nach meiner Über-
zeugung ist eine mündliche Verhandlung immer dann an-
gemessen, wenn deren rechtsstaatliche Funktion, nämlich
die Befriedung der Parteien, die Schaffung von Akzep-
tanz für gerichtliche Entscheidungen oder die Gewährung
rechtlichen Gehörs, dies erfordert. Das ist unter anderem
dann der Fall, wenn es um existenzielle Fragen geht, in
Arzthaftungssachen zum Beispiel. Ich hatte den Fall
„Deike“ vorhin schon erwähnt. Dieser wird zukünftig
mündlich zu verhandeln sein. Aber auch wenn ein erstins-
tanzliches Urteil zwar in der Sache, also im Ergebnis,
richtig sein mag, aber die Begründung nicht hinreichend
oder vielleicht sogar falsch ist, wird in diesen Fällen
mündlich zu verhandeln sein. Ich habe großes Vertrauen
in unsere Richterschaft – Vertrauen, dass sie um diesen
rechtsstaatlichen Wert, den eine mündliche Verhandlung
darstellt, weiß und entsprechend großzügig mit der Rege-
lung des § 522 Abs. 2 ZPO umgehen wird.

Schließlich lassen wir für Zurückweisungsbeschlüsse
mit einer Beschwer über 20 000 Euro die Nichtzulas-
sungsbeschwerde zu. Damit stellen wir sicher, dass bei
höheren Streitwerten die Spruchpraxis der Berufungsge-
richte einer höchstrichterlichen Kontrolle unterliegt.

Meine Damen und Herren, ich erspare Ihnen jetzt die
prozessualen Details. Im Kern aber kann der BGH zu-
künftig über die Nichtzulassungsbeschwerde überprüfen,
ob das Berufungsgericht § 522 Abs. 2 ZPO und auch die
darin festgelegten Voraussetzungen für den Erlass eines
Zurückweisungsbeschlusses richtig angewendet hat.
Wenn das Berufungsgericht verkannt hat, dass eine Sache
grundsätzliche Bedeutung hat oder dass eine Entschei-

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(C (D ung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer inheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, dann wird as Revisionsverfahren eingeleitet. Hier kann der BGH ann vollumfänglich die Verletzung formellen und sachchen Rechts prüfen. Damit gewährleisten wir eine bundesweit einheitliche andhabung der Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 der ivilprozessordnung und stellen so die rechtsstaatlich ebotene Rechtsanwendungsgleichheit sicher. Die Einführung eines Rechtsmittels ist aber noch aus inem zweiten Grund richtig und wichtig. Vereinzelt ussten wir in der Vergangenheit feststellen, dass pruchkörper in einer fehlsamen, manchmal an der renze zum Missbrauch liegenden Weise § 522 Abs. 2 PO angewendet haben. Die Folge war, dass mitunter nhörungsrügen oder gar Verfassungsbeschwerden eroben werden mussten, damit Kläger zu ihrem Recht kaen. Diese Gerichte müssen jetzt sorgsamer sein. Sie issen jetzt, dass zukünftig über ihnen mehr ist als nur er blaue Himmel. Zur Ehrlichkeit gehört auch, zu sagen, dass die Berungsgerichte und der Bundesgerichtshof gewissen ehrbelastungen ausgesetzt werden. Die Berufungsge chte werden dadurch mehr belastet, dass Zurückweiungsbeschlüsse zukünftig nur dann zulässig sind, wenn ine mündliche Verhandlung nicht angemessen ist. Man uss aber sehen, dass bereits nach geltendem Recht der ufwand für einen ordentlich begründeten Hinweisbe chluss und die Berücksichtigung der darauf eingehenen Stellungnahme des Berufungsführers nicht eben geng ist. Ich glaube aber, dass diese Mehrbelastung egen der herausgehobenen Bedeutung des individueln Rechtsschutzes in unserer Verfassung vertretbar ist. In welchem Umfang der Bundesgerichtshof letztlich usätzlich belastet wird, lässt sich zahlenmäßig noch icht definitiv absehen. Ich jedenfalls glaube, dass auch ie Mehrbelastung des Bundesgerichtshofs einen vertretaren Umfang nicht überschreiten wird; denn über eine ichtzulassungsbeschwerde kann man ohne mündliche erhandlung entscheiden, und diese braucht regelmäßig uch nicht begründet zu werden. Dennoch sehen wir, dass es eine Mehrbelastung geben ird. Deswegen werden wir den BGH an anderer Stelle ntlasten. Wir haben vorgesehen, dass § 7 der Insolvenzrdnung, der die Erhebung einer zulassungsfreien Rechtseschwerde zum BGH vorsieht, abgeschafft wird. Der intergrund ist, dass wir glauben, dass die Insolvenzordung nach zehn Jahren durch die höchstrichterliche echtsprechung hinreichend konturiert ist, dass es auf em Gebiet Klarheit gibt und es kein praktisches Bedürfis für diese zulassungsfreie Rechtsbeschwerde mehr ibt. Ob und in welchem Umfang der BGH darüber hiaus entlastet werden muss, werden wir in Zukunft genau eobachten. Wenn es notwendig sein sollte, könnten wir ber weitere Kompensationsmaßnahmen miteinander reen. Dr. Jan-Marco Luczak )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Ich komme zum Schluss. Es bleibt festzuhalten: Der
Gesetzentwurf der christlich-liberalen Koalition behält
die positiven Effekte der ZPO-Reform bei. Wir beseiti-
gen aber die Schwachstellen der rot-grünen Reform. Wir
verbinden die Ziele individueller Rechtsschutz, Entlas-
tung der Gerichte und eine schnellere Rechtskraft in ei-
nem wirklich ausgewogenen Kompromiss. Dafür bitte
ich Sie herzlich um Ihre Zustimmung.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710226600

Vielen Dank, Herr Kollege.

Als nächster Redner spricht von der Fraktion Die
Linke unser Kollege Raju Sharma. – Bitte schön, Herr
Kollege Sharma.


(Beifall bei der LINKEN)



Raju Sharma (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710226700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute ist schon mehrfach gesagt worden, dass dies ein
wirklich spannendes rechtspolitisches Thema ist. Es geht
um § 522 ZPO, der es erlaubt, dass eine Berufung ohne
mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewie-
sen werden kann, und dieser Beschluss ist dann noch
nicht einmal anfechtbar. Fertig! Wieder wurde ein
Rechtsstreit einfach und ohne großen Aufwand für im-
mer erledigt. Kurzer Prozess!

Alle Fraktionen sehen hier Handlungsbedarf; denn
diese Vorgehensweise widerspricht dem Interesse der
Bürgerinnen und Bürger an einem effektiven Rechts-
schutz.


(Beifall bei der LINKEN)


Entschiede das Gericht in dem gleichen Rechtsstreit nicht
durch einen Beschluss, sondern durch ein Urteil, wäre ge-
gen die Zurückweisung der Berufung wenigstens eine
Nichtzulassungsbeschwerde möglich. Mehr als 100 Jahre
kamen wir ohne diese Regelung aus. Doch im Jahr 2001
– das wurde schon gesagt – versuchte Rot-Grün, die
Rechtsmittelmöglichkeiten neu zu gestalten, um die Ge-
richte zu entlasten. Das haben wir neun Jahre lang auspro-
biert. Jetzt müssen wir feststellen: Das Ziel wurde ver-
fehlt. Für alle, die bei den Gerichten Rechtsschutz
suchen, ist § 522 ZPO ein Fluch und kein Segen. Auch die
gewünschte Entlastung der Gerichte trat nicht ein. Da-
rüber hinaus – auch das wurde heute schon gesagt – wird
diese Vorschrift ungleich angewandt. Je nach Bundesland
erledigen manche Oberlandesgerichte 4 Prozent ihrer
Verfahren nach § 522 ZPO und andere über 27 Prozent.
Das ist nicht in Ordnung. Das ist ungerecht.


(Beifall bei der LINKEN)


Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Das
ist in der Regel nicht schlimm. Wir müssen nur daraus
lernen. Mit dem Regierungsentwurf wird aber lediglich
versucht, die gröbsten Patzer etwas zu glätten. Dafür
werden an § 522 Abs. 2 und 3 ZPO kosmetische Korrek-

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(C (D ren vorgenommen, indem höhere Anforderungen an en Zurückweisungsbeschluss gestellt werden. Statt bisher drei sind nun vier Bedingungen für die urückweisung der Berufung vorgesehen. Als kleines onbon sollen den Betroffenen nun Rechtsmittel gegen en ablehnenden Beschluss zugestanden werden. Das ist us unserer Sicht nicht genug. Auf der anderen Seite schränken Sie die Rechte der echtsschutzsuchenden weiter ein, indem Sie § 26 Nr. 8 es Einführungsgesetzes der ZPO ändern wollen. Obohl die Revision grundsätzlich vom Streitwert losgest betrachtet werden soll, verlängern Sie die bis Ende 011 vorgesehene Befristung der Mindesthöhe des treitwertes für Revisionen von 20 000 Euro bis Ende 013. Damit übernehmen Sie die früheren Fehler von ot-Grün. Wir finden das falsch. Gerade in Arzthaftungsfällen ist die derzeitige Anendung des § 522 ZPO in seiner heutigen Form im inblick auf die finanzielle und gesundheitliche Belasng der Geschädigten eine Zumutung. Wir dürfen nicht ulassen, dass Kosteneinsparungen im Justizsektor dazu hren, dass die Bürgerinnen und Bürger den Glauben an erechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit verlieren. SPD und Grüne haben erkannt, dass die damalige Rerm ihr Ziel verfehlt hat und dass das Problem nur urch eine Abschaffung gelöst werden kann. Diese Einichtsfähigkeit verdient Anerkennung. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


eshalb sollten Union und FDP nicht die Fehler vergan-
ener Wahlperioden wiederholen. Tun Sie das Richtige,
nd wickeln Sie die verkorkste Reform ab. Streichen Sie
ie Absätze 2 und 3 in § 522 ZPO!

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710226800

Vielen Dank, Herr Kollege Sharma.

Jetzt spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
nsere Kollegin Ingrid Hönlinger. – Bitte schön, Frau
ollegin.


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710226900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben
chon viel Bedenkenswertes zu § 522 ZPO gesagt. Wir
lle wissen: Im Jahr 2002 wurde die Vorschrift einge-
hrt, um die Gerichte zu entlasten und Rechtsmittelver-
hren zu beschleunigen. In den letzten Jahren haben wir

erschiedene Erfahrungen damit gemacht. Auf der
rundlage dieser Erfahrungen nehmen auch wir Grünen

ine Neubewertung der Vorschrift vor.





Ingrid Hönlinger


(A) )


)(B)

Wir alle wissen: Für Betroffene endet der Rechtsweg
abrupt, wenn sie durch schriftlichen Beschluss mitgeteilt
bekommen, dass ihre Berufung zurückgewiesen wird,
weil es keine Aussicht auf Erfolg gibt, weil die Rechts-
sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weil kein Er-
fordernis einer Fortbildung des Rechts vorliegt oder
keine Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich ist. Es findet keine mündliche Verhandlung
statt. Der Rechtsweg ist endgültig beendet und damit
auch der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum
Recht. Diese Rechtspraxis ist bedenklich. Deswegen dis-
kutieren wir heute zu Recht über diese Vorschrift.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein weiteres Problem ist – das wurde schon gesagt –,
dass § 522 ZPO von den Berufungsgerichten sehr unter-
schiedlich angewandt wird. Die Diskrepanz liegt bei un-
gefähr 22 Prozent; der Herr Staatssekretär hat das Bei-
spiel schon angeführt. Das Oberlandesgericht Bremen
weist 5,2 Prozent der Berufungsverfahren durch schrift-
lichen Beschluss zurück, während das Oberlandesgericht
Rostock sehr viel überschwänglicher damit umgeht und
27,1 Prozent der Verfahren durch schriftlichen Beschluss
beendet. Diese Diskrepanz besteht, obwohl § 522 Abs. 2
zwingenden Charakter hat und es keinen Spielraum bei
der Anwendung gibt. Für die Betroffenen, aber auch für
juristische Expertinnen und Experten wie auch für uns
ist es unbegreiflich, dass eine zwingende Vorschrift eine
derart unterschiedliche Handhabung erfährt.

Wir diskutieren heute auch über den Gesetzentwurf
der Bundesregierung. Er beinhaltet unter anderem Fol-
gendes:

Erstens. Eine mündliche Verhandlung findet nicht
statt, wenn sie nicht angemessen ist. Das Wort „ange-
messen“ ist aus unserer Sicht ein weiterer unbestimmter
Rechtsbegriff, der wieder dazu einlädt, dass die Beru-
fungsgerichte die Vorschrift unterschiedlich handhaben.

Zweitens. Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der
die Betroffenen gegen den zurückweisenden Beschluss
vorgehen können, wird eingeführt; dies ist aber erst ab
einem Beschwerdewert von 20 000 Euro möglich. Da-
mit ändert sich für einen Großteil der Betroffenen nichts.
Ihr Rechtsweg ist nach wie vor beendet, wenn der
schriftliche Beschluss vorliegt. Wir führen den Bürgerin-
nen und Bürgern damit vor, dass wir uns um ihre finan-
ziellen Angelegenheiten nur dann vollumfänglich küm-
mern, wenn es sich um einen relativ hohen finanziellen
Betrag handelt. Dies ist aus unserer Sicht nicht ausrei-
chend, um soziale Gerechtigkeit herzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Änderungsvorschlag greift also aus unserer Sicht
zu kurz. Wir meinen: Alleinige Abhilfe bietet eine voll-
ständige Abschaffung von § 522 Abs. 2 ZPO. Dann
würde in jedem Fall eine mündliche Verhandlung statt-
finden.

Der Richter bzw. die Richterin kann sich ein persönli-
ches Bild von den Parteien machen, eventuell noch auf

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(C (D ine Einigung hinwirken, vielleicht auch darauf hinwiren, dass die Berufung zurückgenommen wird. Wir geährleisteten den Bürgerinnen und Bürgern damit umssenden Zugang zu einer zweiten Instanz und damit um Recht. Im Klartext: Eine wirkliche Verbesserung er rechtlichen Situation bietet nur die ersatzlose Streihung einer Vorschrift, die sich weder bewährt noch zur leichbehandlung beigetragen hat. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710227000

Gestatten Sie noch eine Frage der Frau Kollegin

yckmans?


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710227100

Aber gern.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710227200

Bitte schön, Frau Kollegin.


Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1710227300

Frau Kollegin, Sie haben gesagt, es sei eine Unge-

chtigkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde bei einem
etrag von über 20 000 Euro einzuführen. Können Sie
ir erklären, wieso Sie meinen, dies sei eine Ungerech-
gkeit? Können Sie mir erklären, wie es sich bei einem
rteil verhält, wann also bei einem Urteil die Nichtzu-
ssungsbeschwerde gegeben ist?


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710227400

Das ist bei einem Urteil genau dasselbe. Aber das Ur-

il setzt die mündliche Verhandlung voraus. Hier gehen
ir von dem Fall aus, dass der schriftliche Beschluss
orliegt. Nach unserer Auffassung ist es notwendig, im
erufungsverfahren eine mündliche Verhandlung zu er-
öglichen, um umfassendes rechtliches Gehör zu ge-
ährleisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710227500

Vielen herzlichen Dank. – Ich schließe die Ausspra-

he.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 17/5334 und 17/5363 an den
echtsausschuss vorgeschlagen. Die inzwischen vorlie-
ende Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stel-
ngnahme des Bundesrates auf Drucksache 17/5388 zu

em Gesetzentwurf der Bundesregierung soll wie der
esetzentwurf überwiesen werden. Gibt es dazu ander-
eitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Harald
Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert,





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Ergebnisoffene Prüfung der Fallpauschalen in
Krankenhäusern

– Drucksache 17/5119 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst der
Kollege Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke. –
Bitte schön, Herr Kollege Weinberg.


(Beifall bei der LINKEN)



Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710227600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema, um
das es jetzt geht, ist sicherlich kein Thema für politische
Fensterreden – vielleicht behandeln wir es auch deshalb
um diese Uhrzeit –: die Begleitforschung zur Einführung
der Fallpauschalen in der Krankenhausfinanzierung.

Mit der Einführung der Fallpauschalen in der Kran-
kenhausfinanzierung zwischen 2003 und 2005 wurden
die Leistungen im Krankenhaus nicht mehr nach der Lie-
gezeit, sondern pauschal nach Diagnosen vergütet, auf
Englisch DRGs genannt. Das war ein vollkommener
Systemwechsel in der Krankenhausfinanzierung und an-
gesichts eines Volumens von immerhin 34 bis 35 Pro-
zent der gesamten GKV-Ausgaben ein dicker Brocken,
der bewegt worden ist.

Die Begleitforschung, die gesetzlich vorgeschrieben
war, sollte die Einführung dieses neuen Vergütungssys-
tems begleiten. Es sollte um die Wirkungen der DRG-
Einführung gehen: auf die Verweildauer in den Kranken-
häusern, das Aufnahme- und Entlassungsverhalten, die
Aufbau- und Ablauforganisation, die Wirtschaftlichkeit
der Einrichtungen, mögliche Verlagerungen von Leis-
tungen auf andere Leistungserbringer, die Auswirkungen
auf die Qualität der Leistungen, aber auch die Auswir-
kungen auf die Arbeitsbedingungen der im Krankenhaus
Beschäftigten und die Zufriedenheit der Patientinnen
und Patienten sowie der Beschäftigten.

Als Begleitforschung hatte sie den Anspruch, ein
Frühwarnsystem zu sein. Der erste Forschungsbericht
wurde im März 2010, also im letzten Jahr, vorgelegt. Er
ist über 800 Seiten dick und umfasst als Untersuchungs-
zeitraum die Zeit von 2004 bis 2006, also die erste Phase
der Einführung dieses Vergütungssystems. Allerdings er-
folgte die Ausschreibung zu dieser Begleitforschung erst
2008. Das beauftragte Institut, das IGES, konnte erst im
Januar 2009 mit der Arbeit beginnen. Daher verwundert
folgende Aussage aus dem Forschungsbericht nicht – ich
zitiere –:

Die Funktion eines „Frühwarnsystems“ kann die
Begleitforschung sechs Jahre nach Systemeinfüh-
rung nicht mehr wahrnehmen.

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(C (D urch den verspäteten Beginn sind Vorher-Nachher-Verleiche nicht mehr möglich. Auch dies wird in dem Becht durchaus angemerkt. Dort heißt es – ich zitiere wieer –: Die Trennung zwischen einem spezifischen „GDRG-Effekt“ und anderen plausiblen Einflussfaktoren ist zumeist nicht möglich. s können also Veränderungen in dem Zeitraum dargetellt werden, aber der Nachweis einer Kausalität, eine urückführung der Veränderungen auf die Einführung ieses neuen Vergütungssystems ist kaum möglich. Auf den Fall kommen die Autoren des Forschungsberichts u dem Schluss: Eine engmaschige wissenschaftliche Analyse der Veränderungsprozesse des Gesundheitssystems muss auch in Zukunft gewährleistet werden, um diesen Prozess für Versicherte und Patienten, Beschäftigte, Akteure und die Legislative vor dem Hintergrund der Ziele möglichst objektiv bewertbar zu machen und somit steuerbar zu gestalten. em können wir uns nur anschließen. Aber das heißt mit nderen Worten auch: Die Autoren des Forschungsbechts sind sich selbst durchaus bewusst, dass erstens iese Forschungsphase eigentlich zu spät eingesetzt hat nd zweitens nur ein erstes Schlaglicht auf einen komlexen Veränderungsprozess wirft. In unserem Antrag greifen wir das auf und schlagen or, die Begleitforschung zu den Fallpauschalen nun rtzuentwickeln, sodass die methodischen und inhaltli hen Defizite des bisherigen Ansatzes überwunden weren können und bei der Begleitforschung zur Einführung ines analogen Vergütungssystems in psychiatrischen nd psychosomatischen Einrichtungen vermieden weren können. Wir sollten den Fehler, den wir damals geacht haben, dort nicht wiederholen, sondern jetzt durch ine frühzeitig einsetzende Begleitforschung einen Vorer-Nachher-Vergleich ermöglichen. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: So ist es!)


nsere Vorschläge dazu sind, einen Sachverständigenrat
inzurichten oder, wie Herr Braun in der Anhörung ge-
agt hat, eine Untergruppe des bestehenden Sachverstän-
igenrats zu bilden, um die methodischen Voraussetzun-
en zu schaffen, Hypothesen und Fragestellungen unter
inbeziehung der von mir genannten Aspekte zu entwi-
keln, und eine Geschäftsstelle im BMG einzurichten,
ie den Prozess überwacht und auf die Einhaltung der
risten achtet.

Ich denke, es ist ein nur wenig politisch aufgeladenes
hema. Es hat bereits bestimmte andere Forschungsbe-
chte gegeben. Wir als Linke haben durch die Ergeb-
isse in Berichten anderer Forschungsinstitute durchaus
ur Kenntnis nehmen müssen, dass einige unserer An-
ahmen und Befürchtungen im Zusammenhang mit dem
allpauschalensystem so nicht eingetreten sind. Ich
enke da beispielsweise an das Thema „blutige Entlas-





Harald Weinberg


(A) )


)(B)

sungen“. Das hat sich nicht bestätigt, und das ist auch
gut so.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun werden wir dadurch nicht gleich zu Fans eines
DRG-Systems; aber wir haben dazugelernt. Wir lernen
gern immer weiter dazu, aber bitte, wenn es irgend geht,
auf einer validen, gründlich erhobenen und soliden Da-
tenbasis.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710227700

Wir danken Ihnen, Herr Kollege Weinberg.

Als Nächster auf unserer Rednerliste steht unser Kol-
lege Lothar Riebsamen für die Fraktion der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Lothar Riebsamen (CDU):
Rede ID: ID1710227800

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Mit einem Umsatz von 65 Milliarden
Euro und 1,1 Millionen Beschäftigten in 2 000 Kranken-
häusern in unserem Land ist das Krankenhauswesen
nicht nur der bedeutendste Faktor im Bereich des Ge-
sundheitswesens, sondern ein sehr bedeutender Faktor
insgesamt in unserer Wirtschaft – national, aber auch lo-
kal, wenn es um Arbeitsplätze in den Landkreisen und
den Städten geht, in denen diese Krankenhäuser stehen.

Es ist richtig und gut, dass wir eine gute medizini-
sche, bauliche und personelle Ausstattung in diesen
Häusern haben. Deswegen ist es aber auch wichtig, dass
wir ein zeitgemäßes Abrechnungssystem und eine zeit-
gemäße Kalkulation haben. Das war mit der alten Bun-
despflegesatzverordnung aus dem Jahr 1972 nicht der
Fall. Diese wurde dem Anspruch an diese komplizierten
Einrichtungen bei weitem nicht mehr gerecht. Es war
nicht vernünftig, einfach nur Übernachtungen zu zählen
wie in einem Hotel


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Liegezeiten!)


und die Patienten, wenn die vereinbarten Berechnungs-
tage nicht erreicht wurden, über das Wochenende dazu-
behalten. Das war einfach nicht zeitgemäß.

Wir haben mit den DRGs erstmals ein differenziertes
Preissystem, das Transparenz schafft – Transparenz nach
innen für die Kalkulation und das interne Rechnungswe-
sen, aber auch nach außen für die Kostenträger und die
Patienten. Die Einführung dieses Systems war wichtig
zur Finanzierung und Sicherung des GKV-Systems;
denn durch die Einführung der Fallpauschalen hat auch
Wettbewerb im deutschen Krankenhaussystem Einzug
gehalten. Nun haben wir – Herr Weinberg, Sie haben das
angedeutet – vielleicht noch nicht ganz eine gemeinsame
Sprache gefunden; aber ich denke, wir haben durchaus
eine gemeinsame Grammatik, was diese Punkte anbe-
langt. Wir haben nie behauptet, dass das DRG-System
eine Patentlösung bzw. ein Königsweg ist. Wir haben
immer gesagt – so steht es auch im Gesetz –, dass es sich

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(C (D m ein lernendes System handelt. Wir haben ins Gesetz plementiert, dass eine wissenschaftliche Begleitfor chung stattfinden muss. Sie findet auch statt. Der erste ericht liegt nun vor, und zwar für die Zeit von 2004 bis 006. Ich räume ein, dass dies relativ spät ist. Mir wäre s auch lieber, wenn es schneller gegangen wäre. Der ericht für die Zeit bis 2008 liegt auch schon weitgeend vor. Er soll uns noch in diesem Jahr zur Kenntnis ebracht werden. Dann wären wir wieder einigermaßen jour. In Ihrem Antrag unterstellen Sie, dass innerhalb des allpauschalensystems eine Differenzierung zwischen en verschiedenen Diagnosen nicht möglich ist. Das ist o nicht richtig. Es gibt Zusatzentgelte für bestimmte iagnosen und auch für neue Untersuchungsund Beandlungsmethoden. Das ist also durchaus einbezogen nd mit bedacht. Dass im Bericht keine Belege dafür gefunden werden, ass eine Neuausrichtung dieser Fallpauschalen notwenig ist, kann man auf der einen Seite kritisieren. Auf der nderen Seite kann man aber auch sagen – und das sage h –, dass das ein Beleg dafür ist, dass wir auf dem richgen Weg sind und dass eine Neuausrichtung nicht notendig ist. Die entscheidende Aussage in diesem Bericht ist, dass ie Verweildauer deutlich verkürzt werden konnte, und war – Sie haben das angesprochen – ohne dass es zu blutigen Entlassungen“ gekommen ist. Die Verweilauer konnte verkürzt werden, obwohl die Kurzlieger urch die Einführung der Fallpauschalen in den Kranenhäusern in den ambulanten Bereich abgewandert ind. Aufgrund des statistischen Moments hätte es im egenteil zu einer Verlängerung der Verweildauer komen müssen. Das ist aber eben nicht der Fall. Die Fall auschalen haben also dazu geführt, dass die Verweilauern verkürzt worden sind, und zwar trotz der emografischen Entwicklung, die in diesen Jahren zuätzlich zu bewerten ist. Sie kritisieren auch, das Aufnahmeund Belegverhaln sei zweifelhaft. Dem kann ich nicht folgen. In diesem ericht wird deutlich, dass keine Risikoselektion stattgenden hat. as kann man ausdrücklich nachlesen. Auch das ist ein eiterer entscheidender Beleg dafür, dass wir auf dem chtigen Weg sind. Ich räume ein, dass ich selber in den zukünftigen Bechten noch etwas mehr Aufschluss über die Lenkungsnktion insbesondere innerhalb des stationären Berei hes erwarte. Mir geht es hier um die Frage, wie rankenhausstandorte im ländlichen Raum mit diesem ystem durch eine Steigerung des CMI und durch Speialisierungen gesichert werden können. Es besteht die efahr, dass Anreize dafür geschaffen werden, in verichteten Räumen besserbezahlte Fälle ins Haus zu hon, wodurch Doppelstrukturen aufgebaut werden. Das rschließt sich mir noch nicht. Im normalen Marktge Lothar Riebsamen )


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

schehen müsste es als Folge daraus nämlich zu Preissen-
kungen kommen, die im System der DRGs aber natür-
lich nicht vorgesehen sind.

Eine wichtige Erkenntnis ist sicher auch, dass die
durchschnittliche Preissteigerung im Krankenhausbe-
reich im Berichtszeitraum lediglich bei 1,4 Prozent jähr-
lich gelegen hat. Das kann man dem Bericht entnehmen.
In den Jahren 1991 bis 2002 lag sie dagegen bei durch-
schnittlich 3,7 Prozent im Jahr. Das ist ein Beleg dafür,
dass die Kosten im Krankenhausbereich mit den Fall-
pauschalen deutlich eingedämmt werden konnten.

Ihr Vorschlag, einen Sachverständigenrat einzufüh-
ren, bedeutet mehr Bürokratie. Ich sehe keinen Mehr-
wert darin. Es kann auch nicht weiterhelfen, jetzt von ei-
ner wissenschaftlichen Begleitforschung auf einen Sach-
verständigenrat umzustellen.

Ich halte es für vernünftig, die Lehren aus einem ler-
nenden System zu ziehen. Darum geht es, um nicht mehr
und nicht weniger. Wir sind noch nicht ganz am Ziel.
Das erwartet heute auch niemand. Wir sind aber auf dem
richtigen Weg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710227900

Wir haben zu danken, Herr Kollege Riebsamen. – Als

Nächste hat unsere Kollegin Mechthild Rawert von der
Fraktion der Sozialdemokraten das Wort. Bitte schön,
Frau Kollegin Rawert.


(Beifall bei der SPD)



Mechthild Rawert (SPD):
Rede ID: ID1710228000

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Liebe Zuhörende im Saal! Wir beraten heute den
Antrag der Linksfraktion „Ergebnisoffene Prüfung der
Fallpauschalen in Krankenhäusern“. Wer glaubt, dass
das ein aufregendes, ein Thema mit Exotik ist, hat sich
getäuscht. Aber vorhin sind zu Recht die immensen
Geldsummen genannt worden, die in dem System der
Fallpauschalen bewegt werden. Insofern ist das Thema
sehr wichtig für das Gesundheitswesen.

Es geht um die Finanzierung der Krankenhausleistun-
gen und darum, dass wir damit eine hochwertige medizi-
nische Versorgung für die Patientinnen und Patienten mit
einem motivierten und gut bezahlten Gesundheits- und
Pflegepersonal sichern wollen.

Fallpauschalen existieren seit einigen Jahren. Der bis-
herige Weg, die Besonderheiten in den Versorgungs-
strukturen und Behandlungsweisen immer besser im
Fallpauschalen-Katalog zu berücksichtigen, wird konse-
quent beschritten. Insofern ist es richtig, dass wir von
einem lernenden System reden. Die Abbildungsgenauig-
keit wird immer besser, wie sich auch im Fallpauscha-
len-Katalog 2011 längst erwiesen hat.

Zu Recht – dafür danke ich – wird darauf Bezug ge-
nommen, dass sich einige der Befürchtungen, die bei der
Einführung der DRGs geäußert worden sind, nicht be-

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(C (D ahrheitet haben. Hierzu gehörte die Angst vor den ogenannten blutigen Entlassungen, der selektiven Ausahl von Patientinnen und Patienten durch die Krankenäuser oder vor deren sinkender Behandlungsqualität. an kann einfach sagen, dass sich das DRG-System bei en unterschiedlichsten Trägern des Gesundheitssystems tabliert hat. Diagnosebezogene Fallpauschalen, um den Begriff, en wir kurz DRG nennen, auch einmal in Gänze auszuprechen, werden anhand medizinischer Diagnosen und ehandlungen wie auch anhand von demografischen aten, Alter und Geschlecht, für Zwecke der Abrechung klassifiziert. Leistung wird also auf einer Kostenbene anders abgebildet. Unser hier in Deutschland praktiziertes System kann o schlecht nicht sein. Denn die Schweizer haben sich ntschieden, ab dem Jahr 2012 das deutsche DRG-Sysm als Grundlage für ein eigenes Abrechnungsund inanzierungssystem im Krankenhaus zu wählen. Der Antrag der Linksfraktion fordert unter anderem ie Einsetzung eines Sachverständigenrates zur Evaluieng des Fallpauschalensystems in der Krankenhausnanzierung. Dieser Forderung können wir nicht zutimmen. Zu Recht ist vorhin schon gesagt worden, dass s Kritik an der Begleitforschung in der Vergangenheit ibt, die in den Berichten auch schon benannt worden t. Es gibt also auch Möglichkeiten, Themen der gesundeitlichen Versorgung genauer zu untersuchen. Hierzu urden vielfältige Prüfanfragen verfasst, anhand derer erzeitig evaluiert wird. Unter anderem befasst sich das nommierte IGES-Institut damit. Es wurde 1980 ge ründet und hat in über 1 000 Projekten zu Fragen des ugangs zur Versorgung, ihrer Qualität, der Finanzieng sowie der Gestaltung des Wettbewerbs im Bereich er Gesundheit geforscht. Der schon erwähnte erste Endbericht zum ersten Zyklus der G-DRG-Begleitforchung“ hat die Jahre 2004 bis 2006 begleitet und wurde 010 vorgelegt. Die Kritik habe ich bereits angesprochen. Begleitforchung darf nicht wie mit dem ersten Bericht verspätet rfolgen, sondern muss von Anfang an stattfinden. Auch ie Hoffnung, dass es mit dem zweiten Bericht nun beser klappt, wurde schon formuliert. Das Ergebnis ist Folgendes: Ein pauschaliertes Vergüngssystem führt weder zu frühzeitigen Entlassungen och zu einer systematischen Patientenauswahl und auch icht zu einer Verlagerung von Behandlungen in andere ersorgungsbereiche. Wir werden in den Diskussionen, ie wir unter anderem über das Versorgungsgesetz fühn werden, sehen, welche neuen Steuerungsfunktionen Zukunft auf uns zukommen werden. Diese Funktio en sind auf jeden Fall noch genauer auszurichten. Ich möchte auf einen anderen Punkt, der in der Praxis ur indirekt mit dem DRG-System zu tun hat, zurückommen, und zwar auf die Situation der Beschäftigen im esundheitswesen. Ich bin genau zu dem Zeitpunkt, als as DRG-System eingeführt wurde, Zentrale Frauennd Gleichstellungsbeauftragte der Charité gewesen. Mechthild Rawert )





(A) )

Gerade im Pflegebereich hat das DRG-System tatsäch-
lich zu einem massiven Abbau von Beschäftigten ge-
führt. Ein solcher Abbau kann und darf in Zukunft nicht
mehr erfolgen. Deswegen sind die Prüffragen zur Situa-
tion der Versorgung im Gesundheitswesen im Interesse
der Beschäftigten von uns als Parlamentarier und Parla-
mentarierinnen genau zu analysieren.


(Beifall bei der SPD)


Auf Fragen der sogenannten Mengenerweiterung will
ich nicht näher eingehen.

Mein Vorschlag für eine gemeinsame Kontrolle ist:
Nehmen wir die auch durch das InEK implementierte
Steuerungsfunktion durch den Fallpauschalen-Katalog
wahr! Kontrollieren wir die Wirkungen und Auswirkun-
gen für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die
Beschäftigten im Gesundheitswesen! Kontrollieren wir
den hoffentlich in naher Zukunft vorliegenden zweiten
Evaluierungsbericht!

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710228100

Vielen Dank, Frau Kollegin Rawert. – Jetzt hat Kol-

lege Lars Lindemann das Wort für die FDP-Fraktion.
Bitte schön, Kollege Lars Lindemann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Lars Lindemann (FDP):
Rede ID: ID1710228200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor acht Jahren
wurde in den somatischen Krankenhäusern in Deutsch-
land begonnen, die DRGs einzuführen. Diese Einfüh-
rung sollte – so hat es der Bundestag hier beschlossen –
auch forschend begleitet werden. Der Bundestag hat
auch Vorgaben gemacht, was dabei besonders in den
Blick zu nehmen ist. Es sollte untersucht werden, ob
durch die Einführung der DRGs sich Veränderungen der
Versorgungsstrukturen ergeben, sich die Qualität der
Versorgung verändert und Auswirkungen auf die ande-
ren Versorgungsbereiche zu verzeichnen sind. Schließ-
lich sollten auch Art und Umfang von Leistungsverlage-
rungen untersucht werden. Nach Vorlage des Berichtes
des IGES-Institutes im März 2010 erklärten alle beteilig-
ten Vertragspartner, dass die Einführung weder zu früh-
zeitigen Entlassungen noch zu einer systematischen
Patientenauswahl geführt habe. Dies waren, so erinnere
ich mich, die wesentlichen Einwände, die damals vorge-
bracht wurden. Auch konnte eine Leistungsverlagerung
in andere Bereiche nicht festgestellt werden.

Der Antrag der Linken, über den wir heute debattie-
ren, fordert nun, einen Sachverständigenrat einzuberu-
fen, der anstelle des bisherigen Vorgehens selbst und im
Auftrag des BMG evaluieren soll. Man kann, so meine
ich, heute nicht generalisierend sagen, dass die Behand-
lungsqualitäten durch die Einführung der DRGs an sich
gelitten haben. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linken – da haben wir eine Schnittmenge –, wir
müssen in eine Überlegung eintreten, was genau wir ge-

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(C (D einsam unter Qualität verstehen wollen. Sie wollen in en Mittelpunkt der Überlegungen des von Ihnen geforerten Sachverständigenrates die Interessen der Patienn und Beschäftigten der Krankenhäuser stellen und mschreiben damit, wenn ich Sie da richtig verstanden abe, dass es seit der Einführung der DRGs Veränderunen von Handlungslogiken im Krankenhausbereich gibt, ie bisher aber nicht in den Blick der Begleitforschung enommen wurden. Somit konnten daraus auch keine bleitungen folgen. Um es deutlich zu sagen: Wenn es ls eine gemeinsame Herausforderung verstanden wird, ass sich menschliche Zuwendung und der dafür notendige Faktor Zeit bei den Beschäftigten nur schwer in ine stückkostenorientierte Abrechnungswelt einbauen ssen, dann muss dies in die Untersuchung einbezogen erden. Wir alle – da, denke ich, sind wir uns einig – ermuten nicht nur, dass die DRG-Einführung eine Leisngsverdichtung mit sich gebracht hat, die natürlich uch Druck auf die Personalkostenblöcke erzeugt hat. Nun möchten meine Fraktion und ich aber nicht, dass ir ein neues Gremium schaffen, das da selbst evaluiert. ir haben die Möglichkeit, die offenen Fragestellungen Rahmen der auch mit der Einführung der Psych RGs durchzuführenden Begleitforschung mit aufzuehmen und dort auch gleich beide Bereiche untersuhen zu lassen. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Begleitrschung mit dem BMG abzustimmen ist. Darunter ver tehe ich hier auch das Evaluationsdesign. Meine Bitte eht darum an den zuständigen Parlamentarischen taatssekretär, nach Überweisung des Antrags an den usschuss dort darüber zu berichten, wie die Abstimung in Bezug auf die im Jahr 2010 vorgelegten Unter uchungen ausgesehen hat. Wir wollen dann unsererseits Ausschuss darüber beraten, welche Punkte wir als arlamentarier dann über das BMG mit in die Untersuhung eingebracht sehen wollen. Vielen Dank. Vielen Dank, Kollege Lindemann. – Jetzt folgt für die raktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin lisabeth Scharfenberg. Bitte schön, Frau Kollegin charfenberg. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710228300
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Wir halten den von der Linken vorgeschlagenen
achverständigenrat zur Evaluierung des DRG-Systems
r den falschen Weg. Gleichwohl sind auch wir natür-

ch der Auffassung, dass bei einer solch weitreichenden
eränderung, wie es gerade die Einführung der DRGs
weifellos war, eine umfassende Evaluation zwingend
azugehört. Genau dies haben wir ja auch getan.

Unter Rot-Grün haben wir parallel zur Einführung der
RGs einen umfassenden Auftrag zur Begleitforschung
eschlossen. Die DRGs sind ein lernendes System. Wir





Elisabeth Scharfenberg


(A) )


)(B)

erleben aber, dass einige Akteure im Gesundheitswesen
gerade nicht aus Erfahrungen lernen wollen. Sie wollen
möglichst wenig darüber wissen, wie sich die DRGs in
der Praxis auswirken und wo gegengesteuert werden
muss. Das ist nicht nur das Versagen der Selbstverwal-
tung, sondern vor allem auch der schwarz-roten und nun
natürlich der schwarz-gelben Bundesregierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


So wurde die Begleitforschung mit etlichen Jahren
Verspätung ausgeschrieben. Deshalb wurden die ersten
Ergebnisse auch nicht, wie vorgeschrieben, 2005, son-
dern erst 2010 vorgelegt.

Aber sind wir denn nach der Lektüre der nun vorlie-
genden Ergebnisse der Begleitforschung eigentlich wirk-
lich schlauer geworden? Erfahren wir, welche Auswir-
kungen es auf andere Versorgungsbereiche gibt?
Erfahren wir, ob es tatsächlich sogenannte blutige Ent-
lassungen gibt? Oder erfahren wir, wie sich die Situation
der stationären Pflegekräfte durch die DRG-Einführung
entwickelt hat? Nein, muss ich sagen, dazu erfahren wir
nichts. Es wäre aber die Aufgabe der Bundesregierung,
dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Auftrag zur Be-
gleitforschung erfüllt wird. Das hat die Bundesregierung
aber weder getan, als die Ausschreibung der Begleitfor-
schung über Jahre verschleppt wurde, noch tut sie es
jetzt angesichts dieser völlig unzureichenden Ergebnisse.

Kürzlich hatten wir im Gesundheitsausschuss auf Ini-
tiative der Grünen eine Anhörung zur ambulanten Ver-
sorgungslücke nach Krankenhausaufenthalt. Dort wurde
insbesondere von den Krankenkassen vertreten, dass es
keine Belege für eine solche Versorgungslücke gebe. Die
Mehrheit der geladenen Sachverständigen hat das aber
ganz anders gesehen.

Das zeigt doch, dass es hier einen Erkenntnisbedarf
gibt. Haben die Kassen, hat irgendein anderer Akteur da-
rauf gedrängt, diese Frage zu klären? Ich bin der Auffas-
sung: Nein, denn dieses Problem wurde im Rahmen der
Begleitforschung gar nicht untersucht. Deswegen fehlt
mir auch der Glaube, dass eine Sachverständigenkom-
mission, wie sie die Linke fordert, an diesen Mängeln
grundsätzlich etwas ändern würde.

Dabei kann niemand leugnen, dass es Probleme gibt.
Das zeigen zahlreiche Studien außerhalb der gesetz-
lichen Begleitforschung. So wissen wir doch, dass es nicht
erst seit Einführung der DRGs zu einem erheblichen Ab-
bau von Pflegepersonal gekommen ist. Die DRGs bilden
den Pflegeaufwand nicht ausreichend ab. Deswegen
hoffe ich sehr, dass die nunmehr entwickelten Kriterien
zur Berücksichtigung des Pflegeaufwandes, der Pflege-
komplexmaßnahmen-Score, die Pflegequalität wirksam
verbessern werden.

Auch in der stationären psychiatrischen Versorgung
wird ein stärker pauschalisiertes Entgeltsystem einge-
führt. Wir müssen dabei von den Erfahrungen der DRG-
Einführung lernen und hier eine bessere Begleitfor-
schung erreichen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass die Beratung dieses
Antrags Konsequenzen hat und die Erkenntnisverweige-

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(C (D ng sowohl in der Bundesregierung als auch in der elbstverwaltung endlich ein Ende hat. Vielen Dank. Vielen Dank, Frau Kollegin Scharfenberg. – Jetzt für ie Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Max traubinger. – Bitte schön, Kollege Max Straubinger. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! rau Kollegin Scharfenberg, es gibt keine Erkenntnisvereigerung der Bundesregierung und auch nicht der sie agenden Fraktionen; vielmehr nehmen wir diese Bechte natürlich ernst. Es ist richtig, dass Berichte und Unrsuchungen letztendlich fundiert sein müssen. Es beurfte eines längeren Zeitraums, bis die Ausschreibung achgerecht vollendet war. Gute Grundlagen gehören azu. Es darf nicht sein, dass etwas sozusagen hoppladiopp zusammengeschrieben wird. Da wir für „Gründlicheit vor Schnelligkeit“ stehen – das hat sich im Leben imer wieder bewährt –, kann ich hier keine Kritik üben. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710228400

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1710228500

Das gilt für alle Bereiche der Politik, Frau Kollegin
awert.

Verehrte Damen und Herren, hier wurde bereits dar-
elegt: Mit der Einführung des Systems der DRG waren
efürchtungen verbunden. Es hat sich gezeigt, dass es
in selbstlernendes System ist. Dem ist nichts hinzuzufü-
en. Ich bin dem Kollegen Weinberg dankbar, dass er
argelegt hat, dass die Befürchtungen, die gehegt wor-
en sind, so nicht eingetreten sind, dass wir somit auf ei-
em guten Weg sind und dass es überall Verbesserungs-
öglichkeiten gibt. Bereits ein altes Sprichwort besagt,

ass das Bessere der Feind des Guten ist. Es gilt, in die-
em Sinne weiterhin die Arbeit zu leisten. Ich möchte
em nicht mehr unendlich viel hinzufügen.

Ich möchte darauf verweisen, dass weitere Strukturen
die Fraktion Die Linke schlägt vor, einen weiteren
achverständigenrat zu schaffen – nicht notwendiger-
eise eine Verbesserung bedeuten. Letztendlich sind alle
hasen in Begleitung der Bundesregierung zu untersu-
hen. Der Kollege Lindemann hat auf Folgendes hinge-
iesen: Wenn wir diesen Antrag im Ausschuss beraten,
ann werden uns auch die bisherigen und die neuen Er-
enntnisse der Bundesregierung dargelegt. Es gilt dann
atürlich, auch den letzten Schritt zu begleiten. Die ge-
amte Phase der Einführung der DRGs muss wissen-
chaftlich begleitet werden.

Bereits heute Vormittag, in der Kernzeit, haben wir
ber das Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der
undesregierung beraten. Hier kann ein wichtiger Bei-
ag dazu geleistet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Max Straubinger


(A) )


)(B)

Es geht darum, dass in der Gesundheitsökonomie die Pa-
tientenorientierung und die Patientensicherheit einen
großen Stellenwert haben. Unter diesem Gesichtspunkt
bin ich überzeugt, dass die notwendigen Erkenntnisse er-
arbeitet werden. Ebenso überzeugt bin ich, dass die For-
schungsstrukturen und die Studien auch in diesem Be-
reich einen Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten
werden. Man sollte nicht unerwähnt lassen, dass das
Ganze auch in finanzieller Hinsicht mit einem gewalti-
gen Forschungsaufwand verbunden ist: Die Bundesre-
gierung ist bereit, hier 1 Milliarde Euro einzusetzen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


Es wird sichtbar, dass wir größten Wert auf die Patien-
tensicherheit und vor allen Dingen auf die Patientenori-
entiertheit unseres Gesundheitssystems legen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710228600

Vielen Dank, Kollege Straubinger. – Weitere Wort-

meldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/5119 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
der Verordnung der Bundesregierung

Verordnung über die Erhebung der Beiträge
zum Restrukturierungsfonds für Kreditinsti-

(Restrukturierungsfonds-Verordnung – RStruktFV)


– Drucksachen 17/4977, 17/5122 Nr. 2, 17/5401,
17/5405 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Barbara Höll
Dr. Gerhard Schick

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erster
für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Peter
Aumer. – Bitte schön, Kollege Peter Aumer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1710228700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrte Da-

men und Herren! Verantwortung übernehmen, das ist vor
allem die Lehre, die wir aus der Finanz- und Wirtschafts-
krise gezogen haben. Diese Verantwortung haben wir als

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(C (D olitik zuvörderst. Wir haben die nötigen Maßnahmen er Regulierung zu treffen, dass so etwas, wie es in der inanzund Wirtschaftskrise geschehen ist, nicht noch inmal möglich ist. Wir haben dies zu tun aus der Verntwortung für unser Land und aus der Verantwortung r die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Steuern chlimmeres für das Allgemeinwohl in dieser Krise verindert haben. (Manfred Zöllmer [SPD]: Geht es auch eine Nummer kleiner?)


Vor allem die Kreditinstitute selbst haben jedoch die
erantwortung für die Stabilität des Finanzmarktes zu
bernehmen. Wir haben Instrumente geschaffen, um
anken, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem
eordneten Verfahren zu sanieren oder abzuwickeln. Die
rfahrungen mit der Insolvenz der Investmentbank
ehman Brothers haben gezeigt, dass gerade auch mit-
lgroße, aber stark vernetzte Banken Einfluss auf das
inanzsystem und die gesamte Stabilität haben können.

Durch staatliche Stabilisierungsmaßnahmen, die die
ortführung des Geschäftsbetriebs ermöglichen, wurden
egative Folgen für die Stabilität des Finanzmarktes
irksam vermieden. Die Erfahrungen haben gezeigt,
ass Restrukturierung und geordnete Abwicklung sys-
mrelevanter Banken regelmäßig finanzielle Mittel er-
rdern werden. Diese Mittel sollen nicht allein – wie in

er Vergangenheit – durch die öffentliche Hand, sondern
orrangig durch den Finanzsektor selbst bereitgestellt
erden.

Wir haben im Zuge der sogenannten Bankenabgabe
letzten Jahr das Restrukturierungsfondsgesetz be-

chlossen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wurde ein
estrukturierungsfonds als Sondervermögen des Bundes
rrichtet, der von der Bundesanstalt für Finanzmarktsta-
ilisierung verwaltet wird. Aus dem Fonds werden die
ünftigen Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnah-
en bei systemrelevanten Banken finanziert.

Das Gesetz sieht vor, die Mittel des Fonds durch Jah-
sbeiträge und gegebenenfalls Sonderbeiträge der bei-
agspflichtigen Kreditinstitute anzusammeln. Es regelt
ie wesentlichen Eckdaten für die Erhebung der Bei-
äge. Die weitere Ausgestaltung wird in der heute zur
ebatte stehenden Rechtsverordnung geregelt, die der
inanzausschuss in seiner gestrigen Sitzung ohne Ände-
ngen übernommen hat und die jetzt zur Abstimmung

teht.

Bei der Ausgestaltung der Bankenabgabe gibt es nicht
ur verfassungsrechtliche Gründe zu beachten, dass die
asten unter den Kreditinstituten auch angemessen und
erecht verteilt werden. Auch die Europäische Kommis-
ion achtet genau darauf, ob einzelne Banken bei der
ankenabgabe bevorzugt werden; denn das könnte eine
nzulässige Beihilfe sein. Vor diesem Hintergrund ist
uch die Nacherhebungsregelung zu sehen, die einen
usgleich zwischen Banken mit volatilen und Banken
it stabilen Erträgen schafft. Änderungen bei dieser Re-

elung müssen daher gut begründet werden, um einsei-
ge Begünstigungen bestimmter Banken und Geschäfts-
odelle zu vermeiden.





Peter Aumer


(A) )


)(B)

Generell können wir festhalten, dass Deutschland in
diesem Punkt Maßstab für Europa ist. Die EU-Kommis-
sion hat unser Modell aufgegriffen und plant, einen EU-
weiten Krisenmechanismus nach deutschem Vorbild ein-
zuführen. Das zeigt, dass die christlich-liberale Koalition
auf dem richtigen Weg ist und ihrer Verantwortung für
unser Land gerecht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Darüber hinaus können wir der Forderung der Oppo-
sition nicht folgen, die eine Bankenabgabe in Höhe von
20 bis 25 Prozent des Bankengewinns einführen will.
Wir haben auch Verantwortung für die Kreditinstitute in
unserem Land, denn auch sie sind eine tragende Stütze
und ein tragender Pfeiler für unser Wirtschaftssystem.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Die haben es ausgelöst!)


– Die haben es ausgelöst, das stimmt; aber trotzdem sind
sie wichtig, damit das ganze Wirtschaftssystem am Lau-
fen gehalten werden kann. Man muss sie natürlich mit
heranziehen, aber man darf sie auch nicht über Gebühr
strapazieren.

Nicht der Steuerzahler soll in Zukunft für das Miss-
management der Banken aufkommen, so wie dies vor
zwei Jahren der Fall war, sondern die Kreditinstitute
müssen ihrer Verantwortung nachkommen und ihren
Beitrag für die Stabilität des Finanzmarkts leisten. Nie-
mand kann genau sagen, wie die Wirkung der Bankenab-
gabe ausfallen wird. Deswegen ist es auch absurd, Maxi-
malforderungen zu stellen, wie Sie das tun, meine sehr
geehrten Damen und Herren in der Opposition. Wir wer-
den die Wirkungen der heute zu beschließenden Verord-
nung beobachten und schauen, ob Änderungen notwen-
dig sind. Wenn dies der Fall ist, werden wir Änderungen
vornehmen.

Wir sichern durch diese Verordnung die weitere Sta-
bilität der Finanzmärkte und teilen die Kosten auf 1 990
beitragspflichtige Kreditinstitute anteilsmäßig und ge-
recht auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposi-
tion, werden auch Sie Ihrer Verantwortung gerecht und
stimmen Sie der vorliegenden Restrukturierungsfonds-
Verordnung zu!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710228800

Vielen Dank, Kollege Peter Aumer von der Fraktion

CDU/CSU. – Jetzt für die Fraktion der Sozialdemokra-
ten unser Kollege Manfred Zöllmer. – Bitte schön, Kol-
lege Manfred Zöllmer.


(Beifall bei der SPD)



Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1710228900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Regierung will nicht mehr für Banken einspringen“, so
titelte Spiegel-Online am 31. März dieses Jahres. Wenn

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(C (D h mir die vorliegende Verordnung genauer anschaue, ann glaube ich: Dieser Satz wird bald genauso der Verangenheit angehören wie das Versprechen der Kanzlen, die Banken zur Finanzierung der Krise heranzuzieen. Dieses Versprechen hat sich inzwischen in heiße uft aufgelöst, wie so vieles, was von dieser Bundesreierung versprochen wurde. Herr Aumer hat eben noch inmal bekräftigt, dass die Koalitionsfraktionen ihre erantwortung für die Banken wahrnehmen wollen. (Björn Sänger [FDP]: Und für die Menschen! – Peter Aumer [CDU/CSU]: Genauer aufpassen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Basis der Verord-
ung, über die wir jetzt diskutieren, ist das Restrukturie-
ngsgesetz, das bereits von der Mehrheit des Bundesta-

es verabschiedet worden ist. Mit diesem Gesetz sollte
ie „Too big to fail“-Problematik angegangen werden
nd die Banken an den Kosten der Krise beteiligt wer-
en. Der erste Teil des Gesetzes beruht auf den Arbeiten
on Frau Zypries, der damaligen Justizministerin, und
es damaligen Finanzministers Steinbrück.


(Beifall bei der SPD)


Das ist, glaube ich, wirklich noch einen Beifall wert.

Das Bundeskabinett hat am 2. März 2011, basierend
uf einer entsprechenden Ermächtigung im Restrukturie-
ngsfondsgesetz, die Restrukturierungsfonds-Verordnung

eschlossen. Auf dieser Grundlage soll zukünftig die
ankenabgabe erhoben werden. Ziel der Bundesregie-
ng war – so wurde es formuliert –, die Steuerzahlerin-

en und Steuerzahler davor zu schützen, bei zukünftigen
risen zahlen zu müssen.

Wird nun alles gut?


(Björn Sänger [FDP]: Ja!)


önnen wir Entwarnung geben?


(Björn Sänger [FDP]: Ja!)


as glauben Sie doch selber nicht.


(Björn Sänger [FDP]: Doch!)


ir haben doch eben gehört: Die Banken sollen ge-
chützt werden, nicht die Steuerzahlerinnen und Steuer-
ahler.


(Beifall bei der SPD – Peter Aumer [CDU/ CSU]: Sie sollten wirklich schlauer sein! Das ist ja billig!)


Die vorliegende Verordnung führt auf absehbare Zeit
icht dazu, den Steuerzahler zu entlasten. Die vorgese-
ene Bankenabgabe ist viel zu gering, um dieses politi-
che Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung geht bei der
ankenabgabe von circa 1 Milliarde Euro an Einnahmen
ro Jahr aus. Das bedeutet, dass man 70 bis 100 Jahre
arten muss, bis eine entsprechende Summe zur Verfü-
ung steht, um eine mögliche neue Finanzkrise zu finan-
ieren.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wir wollen auch nichts überstürzen!)






Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)

– Ja, das scheint das Motto der Bundesregierung zu sein. –
Für diesen langen Zeitraum bleiben nach wie vor der
Steuerzahler und die Steuerzahlerin in der Verantwor-
tung.

Die Restrukturierungsfonds-Verordnung präzisiert die
Vorgaben des Gesetzes für die Erhebung der Bankenab-
gabe hinsichtlich der Abgabesätze und der Zumutbar-
keitsgrenze. Die Abgabesätze werden gestaffelt. Je grö-
ßer das Geschäftsvolumen einer Bank ist, desto höher ist
der Jahresbeitrag, in entsprechenden Stufen. Außerdem
werden bestimmte Termingeschäfte berücksichtigt.

Es gibt eine Zumutbarkeitsgrenze. Der Jahresbeitrag
wird bei 15 Prozent des Jahresüberschusses gekappt.
Auf jeden Fall soll aber ein Mindestbeitrag in Höhe von
5 Prozent des regulären Jahresbeitrags erhoben werden.
Banken, die in einem Jahr aufgrund der Zumutbarkeits-
grenze keinen vollen Jahresbeitrag oder nur den Min-
destbeitrag gezahlt haben, müssen die gekappten Bei-
träge nachzahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Hauptkritik-
punkt bleibt: Das zu erwartende Aufkommen der Ban-
kenabgabe ist zu gering, um den Finanzbedarf bei der
Restrukturierung systemrelevanter Banken decken zu
können.


(Beifall bei der SPD)


Das politische Ziel wird verfehlt.

Sie haben darüber hinaus das Ziel einer verursacher-
gerechten Belastung von Banken nicht erreicht.


(Zuruf des Abg. Frank Schäffler [FDP])


– Die haben diese Bankenabgabe nicht konzipiert.
Schauen Sie doch einfach einmal in die Geschichte. –
Diese Bankenabgabe schont große Banken mit ihren risi-
koreichen Geschäftsmodellen, weil die Bemessungs-
grundlage zu einem ganz überwiegenden Teil nur an die
Passivseite der Bilanz anknüpft und damit lediglich die
Verbindlichkeiten der Bank berücksichtigt.

Eine risikoorientierte Bankenabgabe, die eine stabile
und langfristig orientierte Geschäftspolitik begünstigen
würde, müsste auch den Risikogehalt der Forderungen
einer Bank angemessen berücksichtigen. Um dies zu er-
reichen, müssten die risikobehafteten außerbilanziellen
Geschäfte einer Bank stärker als bisher vorgesehen be-
lastet werden.


(Beifall bei der SPD)


Große Banken werden außerdem durch die in der Ver-
ordnung enthaltene Zumutbarkeitsgrenze bevorteilt, da
die Höhe der Bankenabgabe auf maximal 15 Prozent des
Jahresüberschusses gedeckelt ist. Nach Expertenschät-
zungen hätte die Deutsche Bank ohne diese Zumutbar-
keitsgrenze etwa im Jahre 2009 eine um einen mittleren
dreistelligen Millionenbetrag höhere Bankenabgabe ent-
richten müssen.


(Frank Schäffler [FDP]: Was wollen Sie denn machen?)


Die nunmehr in der Verordnung vorgesehene Nach-
zahlung der aufgrund der Zumutbarkeitsgrenze nicht er-

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(C (D obenen Bankenabgabe reicht bei weitem nicht aus, um ine angemessene Belastungsverteilung zu gewährleisn. (Frank Schäffler [FDP]: Was wäre denn Ihr Vorschlag?)


Wir sind nicht in der Regierung. Wir sprechen über Ih-
n Vorschlag.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Ah! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Dann ist es auch besser, dass Sie nicht in die Regierung kommen!)


Ja, nun mal ganz ruhig bleiben. Wir haben unseren
orschlag in der letzten Sitzung des Finanzausschusses
emacht, und ich werde gleich noch darauf eingehen. Sie
aren bei der Sitzung nicht dabei, deswegen können Sie
as auch nicht wissen.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ich bin ja auch nicht Mitglied des Finanzausschusses!)


Die Deckelung von 15 Prozent schwächt die eigent-
ch vorgesehene Ausrichtung der Beitragserhebung am
ystemischen Risiko einer Bank in deutlichem Maße und
egrenzt damit sehr stark das Aufkommen der Banken-
bgabe. Die Zumutbarkeitsgrenze bevorzugt Institute
it hochvolatilen Geschäftsmodellen und damit verbun-

enen starken Ergebnisschwankungen. Damit werden in-
rnational tätige Großbanken mit hohen Renditezielen
eutlich bevorzugt. Sie werden nicht in der erforderli-
hen Weise zur Beitragserhebung herangezogen.

Wir Sozialdemokraten wollen Risiken begrenzen und
ie Beiträge an der Risikogeneigtheit der Banken orien-
eren, wie es auch der IMF gefordert hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir haben deshalb im Finanzausschuss den Antrag ge-
tellt, die Zumutbarkeitsgrenze von 15 auf 25 Prozent
es Jahresergebnisses zu erhöhen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das war selbst den Grünen zu viel!)


iesen Antrag haben Sie ebenso abgelehnt wie die Än-
erungsanträge der Grünen zur Veränderung des Berech-
ungsverfahrens und zur Beteiligung des Parlaments so-
ie zu einigen anderen Punkten.

Dieses Verhalten von Schwarz-Gelb ist aus unserer
icht unklug. Wir sind nicht die Einzigen, die Kritik an
em Inhalt der Verordnung haben. Es gibt eine Reihe
on Bundesländern, die mit den Regelungen, die Sie
orgeschlagen haben, nicht zufrieden sind, und das sind
icht nur rot-grün regierte Länder.

Den Ländern wurde von Ihnen eigentlich ein Mitspra-
herecht eingeräumt. Sie haben es aber versäumt, im
orfeld eine Abstimmung mit den Ländern vorzuneh-
en. Ich habe irgendwie das Gefühl, Sie glauben immer

och, Sie würden allein regieren und hätten die Mehrheit
Bundesrat. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dies

icht der Fall ist.





Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Ihnen mit die-
ser Verordnung leider nicht gelungen, ein in sich konsis-
tentes und belastbares System einer Bankenabgabe vor-
zulegen. Wir bedauern das.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229000

Vielen Dank, Herr Kollege Manfred Zöllmer. – Jetzt

für die FDP-Fraktion Kollege Björn Sänger. – Bitte
schön, Kollege Sänger.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1710229100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Was hier vorliegt, ist der zweite Schritt nach dem
Bankenrestrukturierungsgesetz. Die Verordnung regelt
technische Details. Die grundsätzlichen Entscheidungen
wurden bereits im Gesetz getroffen. Ich sage das hier so
deutlich, weil es von interessierter Seite immer wieder
den Versuch gab, über den Verordnungsweg Dinge zu re-
geln, die eigentlich im Gesetz abschließend geregelt
sind. Das betrifft insbesondere die Frage der Bemes-
sungsgrundlage der Bankenabgabe.

Das Bankenrestrukturierungsgesetz – ich denke, das
kann man hier auch einmal mit einem gewissen Selbst-
bewusstsein sagen – ist ein Vorbild für die gesamte EU.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind hier Vorreiter. Eine Nachahmung auf europäi-
scher Ebene ist, was man so hört, durchaus angedacht
und auch wünschenswert. Darauf können wir sicherlich
alle gemeinsam stolz sein. Sollte es auf EU-Ebene zu ei-
ner Regelung kommen, die sich der deutschen Regelung
anpasst, wird damit auch das Problem einer eventuellen
Doppelbelastung von international agierenden Finanzun-
ternehmen gelöst. Man muss nämlich fairerweise sagen,
dass wir, auch wenn die Bundesregierung dankenswer-
terweise schon intensiv daran arbeitet, dieses Problem
noch nicht direkt im Griff haben.

Was ich bei unserer Regelung ausgesprochen gut
finde, ist, dass die Mittel nicht im allgemeinen Haushalt
verschwinden, sondern in einen Fonds eingezahlt wer-
den, sodass dann die Branche in der Tat für mögliche
Probleme selber zahlt. Hier ist Deutschland Vorreiter,
und das ist auch gut so.

Aber diese Vorreiterrolle bringt auch eine gewisse
Unsicherheit mit sich, weil wir noch nicht genau wissen,
welche Auswirkungen diese Abgabe am Ende des Tages
auf die Finanzunternehmen haben wird. Wir haben hier
schnell reagiert. Das war allgemein gewünscht. Diese
Regierung ist handlungsfähig


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


und hat in einer ausgesprochen guten Geschwindigkeit
ein gutes Gesetz mit einer entsprechend guten Verord-
nung vorgelegt, aber natürlich zu dem Preis, dass wir

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(C (D eine Auswirkungsstudien – manche würden vielleicht on Impact Studies sprechen; ich wähle lieber das deutche Wort – machen konnten. Wir alle wissen ja, wie iele Studien beispielsweise zum Thema Basel II oder uch zum Thema Basel III gemacht worden sind. Da ist hrelang untersucht worden, welche Auswirkungen das weils auf die Branche hat. Wir wissen ja noch gar nicht, was da alles kommt. Wir aben Basel III. Wir haben Kapitalaufschläge für sysmrelevante Institute. Wir haben eine Finanzmarkt teuer. Wir haben eventuell höhere Kosten aus der Einlaensicherung. Wir wissen auch noch gar nicht, welche uswirkungen sich aus anderen Regulierungen auf die ranche ergeben, zum Beispiel Solvency II. Die Summe, ie dabei unterm Strich herauskommt, kennen wir nicht. ir befinden uns also in einer Situation der Unsicherheit. as macht man, wenn man unsicher ist? Man agiert vor ichtig. Kein Autofahrer würde auf die Idee kommen, bei ebel voll aufs Gas zu drücken. Diejenigen, die das denoch tun, machen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sehr chnell Bekanntschaft mit einem Helfer. Im glimpflichsn Fall ist es der Gelbe Engel vom ADAC, im schlimmen Fall ist es die Feuerwehr oder auch der Notarzt. Überagen auf die Finanzbranche bedeutet das: Der Staat uss wieder eingreifen, wenn wir die Unternehmen über ebühr belasten. Es hilft uns nichts, wenn wir sie mit der ankenabgabe am Ende des Tages erdrosseln. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen sind auch die Forderungen nach einer höhe-
n Zumutbarkeitsgrenze, zum heutigen Tag zumindest,

icht angebracht. Wir müssen vielmehr schauen, welche
uswirkungen diese Bankenabgabe auf die Branche ha-
en wird. Wir von den Koalitionsfraktionen – Kollege
umer hat es schon gesagt – sind die Garanten dafür, dass
an sich das sehr genau anschaut, und stellen auch sicher,

ass hier in die eine oder andere Richtung nachgesteuert
ird. Daher ist das von den Grünen vorgesehene Trans-
arenzgebot an dieser Stelle überhaupt nicht notwendig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kollege Zöllmer, es ist natürlich richtig, dass wir
ine Verantwortung für die Banken übernehmen. Es
undert mich aber, dass Sie trotz Ihrer stattlichen Kör-
ergröße nicht in der Lage sind, über den sozialdemo-
ratischen Tellerrand hinauszublicken. Für ein Finanz-
nternehmen ist es doch von entscheidender Bedeutung,
ewinne zu erwirtschaften; denn ein Gewinn bedeutet,
ass man Geld zurücklegen und damit die Eigenkapital-
asis stärken kann. Ein Gewinn bedeutet ferner, dass
an für Investoren attraktiv wird, wodurch die Eigenka-

italbasis ebenfalls gestärkt wird. All das bedeutet unter
em Strich Krisenprävention.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eswegen ist es wichtig, dass die Unternehmen der Fi-
anzbranche in Deutschland weiterhin Gewinne machen
önnen.





Björn Sänger


(A) )


)(B)

Wenn die Banken Gewinne machen, dann sind sie
auch in der Lage, ihren Aufgaben nachzukommen, näm-
lich ihre Finanzierungsfunktion zu erfüllen und Unter-
nehmen entsprechende Dienstleistungen anzubieten. Sie
müssen die Unternehmen, insbesondere den Mittelstand,
dabei unterstützen, globale Geschäfte zu tätigen. So kön-
nen Arbeitsplätze in der Realwirtschaft gesichert wer-
den. Die Erfüllung dieser Aufgaben müssen wir von den
Banken letzten Endes fordern.

Dieses gemeinsame Ziel hat die Koalition mit dem
Bankenrestrukturierungsgesetz und mit der vorliegenden
Verordnung erreicht. Die Verordnung ist sinnvoll. Sie
können deswegen der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses getrost zustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Es geht aber nur um Kenntnisnahme! Wir stimmen nicht einer Verordnung zu!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229200

Vielen Dank, Kollege Björn Sänger. – Jetzt spricht für

die Fraktion Die Linke unser Kollege Axel Troost. –
Bitte schön, Kollege Axel Troost.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710229300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

lehnen die Verordnung ab, da sie keine ausreichenden
Mittel für die Abwicklung systemrelevanter Banken be-
reitstellt und schon das zugrunde liegende Bankenre-
strukturierungsgesetz praxisuntauglich war.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit ihrer Versicherungslösung will die Bundesregie-
rung den zweiten Schritt vor dem ersten gehen. Die logi-
sche Antwort auf die Krise wäre aus unserer Sicht doch
gewesen, erstens die Finanzbranche für die Kosten der
jüngsten Krise zahlen zu lassen, zweitens zugleich die
Systemrelevanz einzelner Banken ganz aufzuheben oder
zumindest deutlich zu verringern und erst dann drittens
über eine Versicherungslösung für Restrisiken nachzu-
denken.


(Beifall bei der LINKEN)


Die vorgelegte Verordnung kann dagegen nur die Basis
für einen unzulänglich ausgestatteten Krisenfonds legen.
Zu allem Ärger wird dieser noch nicht einmal risikoge-
recht finanziert.

Die Zielgröße des Restrukturierungsfonds liegt bei
70 Milliarden Euro. Wir haben es schon gehört: Bei Ein-
zahlungen in Höhe von 1 Milliarde Euro pro Jahr wäre
der Fonds frühestens kurz vor Ende des Jahrhunderts ge-
füllt. Der Fonds ist also auf absehbare Zeit nicht voll.
Selbst dann wäre die angesammelte Summe zu gering,
um eine systemrelevante Bank aufzufangen. Letzteres
räumt sogar die Bundesregierung ein.

Gleichzeitig sträubt sich die Bundesregierung hart-
näckig, Vorschläge für eine Schrumpfung oder Aufspal-

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(C (D ng von Banken zu machen. Letztlich werden die Kosn der nächsten Krise wieder bei den Steuerzahlerinnen nd Steuerzahlern hängen bleiben. Das Verursacherprinzip wird auch branchenintern vertzt: Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden it der Verordnung in einen Haftungsverbund gezwun en, von dem sie wegen ihrer Institutssicherung nicht irklich profitieren. Das ist wie eine verbindliche kollekve Brandschutzversicherung, in die auch Iglubewohner inzahlen müssen. Zudem verfehlt die Bankenabgabe auch ihre Lenungswirkung. Kurzfristige spekulative Aktivitäten, die ich nicht über den Bilanzstichtag erstrecken, werden icht erfasst. Langfristige Absicherungsgeschäfte werden agegen mit Sicherheit erfasst. Eine Lenkungswirkung ugunsten realwirtschaftlich geerdeter Bankgeschäfte ieht doch ganz anders aus. Darüber hinaus ist die Progression der Beitragssätze iel zu gering, um die Vorteile aufzuwiegen, die aus der ünstigeren Refinanzierung systemrelevanter Banken erachsen. Überhaupt sind wir gespannt, zu erfahren, wie tztendlich dieses Fondsvermögen angelegt werden soll, amit es im Falle einer Finanzkrise ohne erhebliche Werterluste abgerufen werden kann. Es müssen immerhin 0 Milliarden Euro irgendwo angelegt werden. Der Internationale Währungsfonds schreibt völlig zu echt – ich zitiere –: Das Finanzsystem ist immer noch krisenanfällig, aber die Finanzinstitute sind noch größer und komplexer geworden. Auch in Deutschland ist die Anzahl der Kreditinstite seit Jahren rückläufig. Die Größe der Institute nimmt agegen zu. Mit der Finanzkrise hat sich die Konzentraon im Bankenwesen durch zahlreiche Übernahmen och einmal sprunghaft erhöht. Die Lehre aus der Vergangenheit ist, dass man umfalnde Großbanken nicht durch ein Insolvenzregime retn kann, ohne dabei erhebliche Kollateralschäden in auf zu nehmen. Die logische Konsequenz daraus ist, tattdessen große Banken zu schrumpfen, entweder auf irektem oder auf indirektem Weg. Das heißt, das Retrukturierungsgesetz und die dazugehörende Verordung sind aus unserer Sicht überhaupt kein geeignetes ittel, und alle hierzu gemachten Vorschläge der Bun esregierung greifen viel zu kurz. Wir lehnen deshalb die vorgelegte Verordnung als öllig unzureichend ab. Die Linke ist aber gerne bereit, n entsprechenden Schritten zur Lösung der wirklichen robleme mitzuarbeiten. Danke schön. )


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Skandalös!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229400

Vielen Dank, Herr Kollege Axel Troost. – Jetzt hat für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege
Dr. Gerhard Schick das Wort. Bitte schön, Kollege
Dr. Gerhard Schick.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
haben hier vor einigen Monaten das Restrukturierungs-
gesetz diskutiert. In diesem Rahmen ist die Grundlage
dafür geschaffen worden, dass der Bundestag jetzt aus-
nahmsweise über eine Verordnung diskutieren kann. Es
geht jetzt nur noch um die Ausgestaltung der Bankenab-
gabe, die den Fonds füllen soll, mit dem Banken gerettet
werden sollen.

Die Grundproblematik, dass es irgendwie nicht stim-
mig ist, wer einbezogen ist und wer nicht, haben wir da-
mals thematisiert. Was man aber heute noch ändern
könnte, sind die Höhe des Aufkommens und die Len-
kungswirkung, die von der Bankenabgabe ausgeht.

Deswegen haben wir Änderungsvorschläge gemacht.
Sie von der Koalition haben die Vorschläge abgelehnt,
durch die genau diese zwei Defizite geheilt werden
könnten. Das Defizit „zu gering“ ließe sich dadurch hei-
len, dass man die Zumutbarkeitsgrenze anhebt, sich also
fragt, wie viel von dem Gewinn eine Bank insgesamt ab-
geben muss. Sie haben sehr deutlich gemacht, dass Sie in
Sorge sind, dass trotz der inzwischen teilweise schon
wieder erreichten Milliardengewinne hier eine zu große
Belastung entsteht. Wir teilen das nicht. Wir glauben,
dass es notwendig ist, diese Grenze anzuheben, um das
Aufkommen zu erhöhen. Nach den Berechnungen der
Bundesregierung wären das bei unserem Vorschlag bis
zu 20 Prozent. Das würde die Frist verkürzen, die wir
brauchen, um diesen Fonds wirklich einsatzfähig zu ma-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Zweite ist: Wir wissen, dass das zentrale Problem
die besonders großen Banken sind. Am Anfang hieß es
noch, alle Banken könnten mit diesem Restrukturie-
rungsgesetz gerettet werden. Inzwischen geben auch Sie
zu, dass das bei den großen Banken nicht funktioniert.
Deswegen wollen wir hier einen Schritt in die Richtung
machen, dass wir eine Größenbremse für besonders
große Banken schaffen. Wir wollen, dass große Banken
überproportional belastet werden; denn sie stellen auf-
grund der Systemrelevanz besonders große Risiken dar.
Wir schlagen vor, die Abgabe progressiv ansteigen zu
lassen, damit besonders große Banken stärker belastet
sind. Das tun Sie nur bis zu einem geringen Maße, näm-
lich bis zu der 100-Milliarden-Schwelle. Wir wollen das
weiter anheben. Dadurch steigern wir das Aufkommen
und bremsen die Größenentwicklung bei Banken, weil
große Banken dann teurer sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


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(C (D Der dritte Punkt bei der Steuerung ist die Frage: Wie ehen wir mit den Derivaten um? Wir haben im Auschuss extra erfragt, wie hoch deren Anteil bei der Beessungsgrundlage ist. Es gibt zwei Bemessungsgrundgen. Die eine ist im Grunde genommen die Größe der ilanz, und die andere ist die Menge der Derivate. Der atz auf Derivate führt nach Berechnungen der Deutchen Bundesbank für die letzten Jahre dazu, dass im urchschnitt nur etwa 6 Prozent des Aufkommens auf en Derivatebereich entfallen. Wir wissen aber, dass bei er Abwicklung gerade Derivate eine besondere Schwiegkeit darstellen. Wir wissen, dass es da zu Konstruktioen kommt, die die Finanzmärkte in Schwierigkeiten ringen. Deswegen sagen wir: Wir müssen den Satz auf ie Derivatepositionen deutlich anheben. Dazu nur ein Beispiel: Bei der WestLB beläuft sich as Derivatevolumen insgesamt auf 2 300 Milliarden uro. Das führt nach Ihrer Berechnung jetzt lediglich zu inem Beitrag zur Bankenabgabe in Höhe von 3,4 Milonen Euro. Das halten wir für zu gering. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen Punkt
ingehen, damit ganz klar wird, welche Frage nach die-
er Verordnung noch offen ist.

Am Anfang hieß es: Die Bankenabgabe dient dazu,
ass die Banken für die Kosten der jetzigen Finanzkrise
ahlen. Diese Bankenabgabe leistet das nicht. Sie füllt
inen Fonds für die Zukunft. Deswegen ist die Frage,
er die Kosten dieser Krise trägt, nach wie vor offen.
uf diese Frage muss die Bundesregierung noch eine
lare Antwort geben. Denn wir haben die Befürchtung,
ass es sonst die kleinen Leute in diesem Land trifft, die
chon in Form von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder
erlusten bei ihren Geldanlagen schwer an dieser Krise
u tragen hatten. Deshalb darf das nicht passieren.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229500

Vielen Dank, Kollege Dr. Gerhard Schick. – Jetzt für

ie Fraktion der CDU/CSU Kollege Ralph Brinkhaus. –
itte schön, Kollege Ralph Brinkhaus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1710229600

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Her-

n! Zur Frage von Herrn Schick, wer die Kosten der
ergangenen Krise trägt: Am besten ist es natürlich,
enn es so abläuft wie jetzt mit der Commerzbank,
enn also das Geld, das der Staat eingelegt hat, wieder

urückgezahlt wird. Das hat geklappt, und das muss man
n dieser Stelle auch einmal anerkennen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin sehr dankbar für den Hinweis, dass wir heute
ber die Verordnung reden und nicht über das Gesetz.





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

Die eine oder andere Diskussion hätten wir uns dann
sparen können. Die hätten wir vor einem halben Jahr
führen müssen oder können, aber nicht an dieser Stelle.
Jetzt geht es einzig und allein um das Feintuning, wie die
Bankenabgabe tatsächlich erhoben und wie das Ganze
ausgesteuert wird.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229700

Herr Kollege, geben Sie dem Kollegen Dr. Schick die

Chance, eine Zwischenfrage zu stellen?


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1710229800

Ich gebe dem Kollegen Dr. Schick gerne eine Chance.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710229900

Dann wird er sie ergreifen. – Bitte schön, Kollege

Dr. Gerhard Schick.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Brinkhaus, Sie haben in der Vorbemerkung kurz
gesagt, dass alles Geld zurückgezahlt worden sei. Wir
sind beide Ökonomen und wissen, dass man bei der
Commerzbank genau rechnen und genau hinschauen
muss. Ich möchte Sie bitten, mir folgende Frage zu be-
antworten: Sind die Zinsen, die auch auf Korrektur der
EU-Kommission festgelegt worden sind, für die Jahre
2009 und 2010 in voller Höhe gezahlt worden, oder sind
sie nicht gezahlt worden, und hat es dadurch eine Wett-
bewerbsverzerrung gegeben zulasten derjenigen Banken
und Institute, die sich am Markt finanzieren müssen,
oder nicht?

Meine Position dazu ist klar, weil man das errechnen
kann: Die Zinsen sind nicht in voller Höhe gezahlt wor-
den, und dadurch hat es eine Wettbewerbsverzerrung ge-
geben. Deswegen ist es nicht aufrichtig, zu sagen, aus
dieser Lage sei der Steuerzahler so herausgekommen,
wie es sich gehört.


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1710230000

Herr Kollege Schick, Sie wissen auch, dass im Falle

der Commerzbank Folgendes passiert ist: Das Geld, das
nominal eingelegt worden ist, wird jetzt hoffentlich zu
einem großen Teil zurückgezahlt. Es wird eine Sonder-
zahlung geleistet, die zumindest die Refinanzierungs-
kosten des Steuerzahlers aller Voraussicht nach abde-
cken wird. Insofern entsteht dem Steuerzahler in dieser
Sache unmittelbar kein Schaden. Es handelt sich eher
um ein erfreuliches Beispiel.

Zu der Tatsache, dass die 9-prozentige Verzinsung in
den Krisenjahren nicht geleistet worden ist: Das Ganze
ist damals aus gutem Grund so angelegt worden, um der
Commerzbank die Chance zu geben, überhaupt wieder
auf den richtigen Weg zu kommen. Im Übrigen partizi-
pieren wir an diesem Erfolg der Commerzbank, weil wir
noch ein nicht unbeträchtliches Aktienpaket halten. Es
hätte sicherlich besser laufen können; aber so, wie es ge-
laufen ist, ist es gut, zumindest besser als bei der Hypo
Real Estate oder bei anderen Geldinstituten.

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(C (D Zurück zu meiner Rede. Im Allgemeinen ist kritisiert orden, dass das Bankenrestrukturierungsgesetz an renzen stößt. Das wissen wir. Wir haben das genau disutiert. Wir wissen, dass wir international tätige Banken it diesem Restrukturierungspaket nicht stützen können. eswegen finden wir es sehr spannend, dass ein europäi cher Krisenmechanismus entsteht. Wir werden diese iskussion begleiten. Der europäische Krisenmechanisus ist eine logische Fortsetzung des Bankenrestruktuerungspakets. Wir wissen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen von er SPD, dass eine Megakrise natürlich nicht durch diees Restrukturierungspaket abgedeckt werden kann. Zuammen mit Ihrem damaligen Finanzminister haben wir in Paket von 500 Milliarden Euro aufgelegt. Das weren wir nie füllen können. Deswegen wissen wir zu geau, dass die ganze Sache begrenzt ist. Das haben wir uch immer kommuniziert. Nun im Einzelnen zu der Kritik, die Sie vorgebracht aben. Die Kritik der Linken ist besonders einfach zu iderlegen. Ich greife nur einen Punkt heraus: Die Tat ache, dass Sie kritisieren, dass Sparkassen und Volksanken einbezogen werden sollen, obwohl sie nicht gettet werden können, offenbart das grundlegende nverständnis der Linken bei diesem gesamten Gesetzebungspaket. Es geht nicht darum, eine einzelne Bank u retten, sondern darum, ein System zu retten, und die ettung des Systems nutzt auch den Sparkassen und olksbanken. Um bei Ihrer Argumentation zu bleiben: enn Sie die Sparkassen und Volksbanken in diesem usammenhang erwähnen, müssten Sie auch die kleinen rivatbanken nennen. Aufgrund Ihres gespaltenen Verältnisses zum Privateigentum ist das aber natürlich icht möglich. ls Lösungsansätze haben Sie im Grunde doch nur die erschlagung und die Enteignung vorgebracht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Na, na, na!)


ie eine oder andere Fraktion in diesem Haus sollte sich
inmal überlegen, ob die Linke, die in dieser Marktwirt-
chaft so mit dem Eigentum umgehen will, ein geeigne-
r Koalitionspartner ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)


Jetzt will ich auf die Kritikpunkte eingehen, die von
en Rednern der Grünen und der SPD vorgebracht wor-
en sind. Da wurde gesagt, dass die Bankenabgabe nicht
och genug ist. Ich denke, diese Kritik sollte man ernst
ehmen. Man sollte aber auch dies ernst nehmen: Wenn
ie bis zu 25 Prozent des Gewinns einkassieren wollen,
uzüglich einer 30-prozentigen Ertragsteuer – die Ban-
enabgabe ist nicht als Betriebsausgabe steuerlich ab-
etzbar –, dann werden 55 Prozent des Gewinns abge-
chöpft.





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Was haben die uns gekostet?)


Das kann man gut finden – das ist überhaupt keine Frage –;
aber wenn man das gut findet, dann muss man auch sa-
gen, wie das gehen soll. Die Banken sollen im Normal-
jahr 1,2 Milliarden Euro Bankenabgabe zahlen. Außer-
dem sollen sie 2 Milliarden Euro zum Sparpaket
beitragen. Darüber hinaus sollen sie gemäß Basel III die
Eigenkapitalquote erhöhen, was circa 50 bis 100 Milliar-
den Euro kosten wird, und sie sollen die Wirtschaft, die
dank der guten Politik der Bundesregierung floriert, mit
Kapital und Krediten versorgen. An dieser Stelle muss
ich einen alten westfälischen Spruch anbringen: Die
Kuh, die man melkt, kann man nicht gleichzeitig
schlachten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710230100

Kollege Brinkhaus, ich hätte – –


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1710230200

Ich glaube, diese Zwischenfrage lassen wir jetzt ein-

mal aus.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wer zahlt das Futter, und wer trinkt die Milch?)


Vor diesem Hintergrund könnte man eigentlich sagen,
dass Ihre Kritik ins Leere läuft. Das sage ich aber be-
wusst nicht. Wir machen uns genauso wie Sie Sorgen
und fragen uns, wie hoch das Aufkommen aus dieser
Bankenabgabe am Ende des Tages sein wird. Wir bewe-
gen uns auf unsicherem Terrain. Die Referenzgröße war
das Jahr 2006. Im Jahr 2006 hätten wir rund 1,3 Milliar-
den Euro zusammenbekommen. Das Jahr 2006 war aber
vor der Krise. 2006 hatten wir eine komplett andere Ban-
kenlandschaft. Im Jahr 2006 hatten wir im Übrigen – das
wird uns auch noch treffen – noch kein Bilanzrechtsmo-
dernisierungsgesetz. Insofern ist unklar, in welcher Höhe
die Bankenabgabe in den nächsten Jahren gezahlt wer-
den wird.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sie können doch für 2007, 2008 und 2009 die Zahlen nennen! Die haben wir doch!)


Wir werden in den nächsten Jahren zusammen mit Ih-
nen genau beobachten, wie hoch die Beiträge sind. Wir
haben das übrigens durch eine Verordnung geregelt, weil
die leichter zu ändern ist. Wir werden genau beobachten,
ob diese Bankenabgabe krisenverschärfend wirkt oder
nicht. Wir werden auch genau beobachten, wie es mit
der Nacherhebungsfrist aussieht. Ich denke, das ist gut
und richtig.

An dieser Stelle kann ich nur den Kollegen Sänger
von der FDP zitieren.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Guter Mann!)


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(C (D ir hatten zwei Möglichkeiten: Die eine Möglichkeit ar, jahrelang sogenannte Auswirkungsstudien durchzuhren, wie das bei Basel II und Basel III der Fall gewe en ist. Die andere Möglichkeit war, einfach anzufangen. enn das erwartete Aufkommen nicht erzielt wird, wer en wir nachjustieren. Ich denke, das ist der bessere eg. Deswegen ist die Kenntnisnahme richtig. Es ist richg, dass der Bundesrat jetzt Gelegenheit bekommt, dazu tellung zu nehmen. Da ich weiß, dass der Bundesrat geauso wie wir daran interessiert ist, dass noch in diesem ahr die ersten Zahlungen geleistet werden, gehe ich daon aus, dass der Bundesrat zügig einen guten Beschluss ssen wird. Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung: ie christlich-liberale Koalition hat mit diesem Bankenstrukturierungspaket einen Mechanismus entwickelt wir sind die erste Nation auf der Welt, die das gemacht at, vielleicht zusammen mit den Briten –, mit dem man trategisch wichtige Banken abwickeln kann, ohne dass as ganze System zusammenfällt. (Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das behaupten Sie!)


ie können das kritisieren und sagen, dass man das an
er einen oder anderen Stelle hätte besser machen kön-
en, und Sie können auch die eine oder andere zusätzli-
he Idee vortragen. Aber Sie sollten bitte anerkennen,
ass wir uns vorangewagt haben, dass wir den ersten
chritt gewagt haben,


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)


nd eingestehen, dass das am Ende des Tages dazu füh-
n wird, dass sich der Mechanismus, den wir auf euro-

äischer Ebene erarbeiten werden, an den deutschen
rinzipien orientieren wird. Das ist gut, das ist richtig,
as ist beispielhaft, und das sollte man auch zu dieser
päten Stunde an dieser Stelle einmal sagen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1710230300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die

ussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanz-
usschusses zu der Verordnung der Bundesregierung
ber die Erhebung der Beiträge zum Restrukturierungs-
nds für Kreditinstitute. Der Ausschuss empfiehlt in sei-

er Beschlussempfehlung auf den Drucksachen 17/5401
nd 17/5405, die Verordnung der Bundesregierung auf
rucksache 17/4977 – dort hieß es zunächst „einver-
ehmlich“; das wird jetzt in Klammern gesetzt – zur
enntnis zu nehmen und keine Änderungen vorzuneh-
en. Jetzt lasse ich – das ist mit den Geschäftsführern so

ereinbart – über diese Beschlussempfehlung abstim-
en. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-

enprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
t damit angenommen.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Bettina
Herlitzius, Daniela Wagner, Stephan Kühn, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Klimaschutz in der Stadt

– Drucksache 17/5368 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Erste Rednerin ist Frau Kollegin Bettina Herlitzius
von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön,
Frau Kollegin, Sie haben das Wort.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710230400

Herr Präsident, danke schön. – Meine Damen und

Herren! Nach dem großen Thema „Finanzkrise“ könnte
man meinen, dass wir jetzt zu einem ganz kleinen
Thema kommen, dass es bei „Klimaschutz in der Stadt“
vielleicht um ein paar Büsche, ein paar Bäume und um
Fassadenbegrünung, also Lieblingsthemen der Grünen,
geht. Ich muss Sie leider enttäuschen. Klimaschutz in
der Stadt ist ein Problem, das jetzt noch ganz klein ist,
das aber in 10, 20, 30 Jahren zu einem immensen Pro-
blem für unsere Städte und Kommunen werden wird.

50 Prozent der Bevölkerung leben aktuell in urbanen
Räumen. 2050 werden es fast 80 Prozent sein. Der
Drang in die Großstädte, in die urbanen Zentren wird
immer größer. Das hat viele Gründe, zum Beispiel das
intensivere soziale und kulturelle Leben und die Ver-
wirklichung von eigenen Lebensträumen. Aber auch die
Arbeitssituation zwingt Menschen vermehrt in die
Städte.

Unsere Städte sind die größten Energieschleudern.
Sie verursachen fast 75 Prozent der jährlichen Emissio-
nen von Öl, Gas und Kohle. Sie sind der Hauptverursa-
cher des Klimawandels. Aber unsere Städte sind auch
die ersten Opfer des Klimawandels. Steigende Meeres-
spiegel und große Hitze im Sommer werden zu großen
Katastrophen führen und haben das zum Teil auch schon
getan. Nehmen wir Frankfurt als Beispiel. Im
Sommerhalbjahr 2050 – das ist im Moment noch weit
weg, aber für unsere nachfolgende Generation sehr nah –
wird die Temperatur an durchschnittlich jedem dritten
Tag über 25 Grad Celsius betragen. Was das bedeutet,
können Sie sich gut vorstellen.


(Patrick Döring [FDP]: Dass es heiß wird!)


Da reicht es nicht aus, ein paar Alleebäume zu pflanzen.
Wir müssen unsere Städte grundsätzlich umbauen, um
diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

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(C (D Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Politiker, den ir alle gut kennen, zitieren: Der Klimawandel wird sich zunehmend auf das Bauwesen und die dazugehörige Infrastruktur auswirken. Die Städte müssen sich deshalb frühzeitig auf klimatische Veränderungen vorbereiten und die nun vorliegenden Erkenntnisse nutzen. Frischluftschneisen sowie innerstädtische Grünflächen als Ausgleichsund Entlastungsflächen werden immer wichtiger. Haben Sie eine Idee, wer dies gesagt hat? Unser Bauinister Ramsauer hat das Anfang dieses Jahres bei der orstellung einer Studie gesagt. (Patrick Döring [FDP]: Guter Mann! – Peter Götz [CDU/CSU]: Er hat ja recht! Wo der Minister recht hat, hat er recht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


etzt könnte man meinen, dass er das Problem erkannt
at. Aus seinen Aussagen könnte man diesen Schluss
iehen. Aber wo ist das Handeln? Das Handeln fehlt.
ier zeigen sich die großen Defizite dieser Regierung.

Nach den Kürzungsorgien des letzten Jahres bei den
itteln für die Städtebauförderung und für die KfW-För-

erung sieht es im diesjährigen Haushaltsentwurf nicht
esser aus. Auch jetzt will die Bundesregierung das
O2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW wieder auf
st null setzen, und das, obwohl die Internetseite des
inisteriums nur so strotzt vor guten Tipps, wie man

nergetisch saniert, und vor allen Dingen vor Hinweisen,
ie wichtig die energetische Sanierung ist.

Dasselbe passiert im Bereich der Städtebauförderung.
ie Mittel werden halbiert. Hier muss ich mich beson-
ers
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1710230500
Jetzt kümmert euch doch einmal
arum, jetzt bemüht euch doch einmal, damit wir diese
ittel wieder erhöhen können.


(Patrick Döring [FDP]: Als Parlamentarier sind wir alle gleich!)


er ist hier Regierung, und wer ist hier Opposition?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir verdanken Herrn Mücke eine weitere Täuschung.
uch das Programm „Energetische Städtebausanie-
ng“, das jetzt ganz neu über die KfW initiiert wird,

erheißt viel Gutes; schließlich geht es um energetische
tädtebausanierung. Aber wo ist die Finanzierung? Auf
er einen Seite soll die Finanzierung über die KfW bzw.
en neuen Klima- und Energiefonds der Regierung er-
lgen. Auf der anderen Seite hören wir vom Herrn Par-
mentarischen Staatssekretär Mücke, dass er für die

nergetische Gebäudesanierung kein Geld mehr hat. Wir
issen nicht, wie es mit der Brennelementesteuer wei-
rgeht. Sie initiieren hier also ein Programm, ohne zu
issen, wie Sie es finanzieren wollen.





Bettina Herlitzius


(A) )


)(B)


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Und Sie fordern ein Verfahren aus Steuern, die Sie abziehen!)


Das heißt, das ganze Programm ist eine riesige Luftnum-
mer.

Mit unserem Antrag „Klimaschutz in der Stadt“ wol-
len wir auf die wichtigen Voraussetzungen aufmerksam
machen, die wir unbedingt erfüllen müssen, um unsere
Städte im Hinblick auf den Klimawandel richtig aufzu-
stellen. Wir brauchen eine bessere Verankerung des Kli-
maschutzes im Baurecht. Wir müssen die Förderung
kontinuierlich, vor allen Dingen verlässlich und auch für
die Kommunen berechenbar aufbauen. Es darf kein stän-
diges Auf und Ab geben, wie es im Moment der Fall ist.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Vorschläge!)


– Wenn Sie sich für unsere Vorschläge interessieren,
müssen Sie nur unseren Antrag lesen, Herr Kollege. In
unserem Antrag steht dazu ganz viel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Lesen müssten Sie doch wohl können!)


Die energetische Städtebausanierung muss weiter
ausgebaut werden, aber nicht mit solchen Luftnummern,
wie Sie sie im Moment produzieren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710230600

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist schon lange abgelau-

fen.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710230700

Danke schön, Herr Solms. Ich dachte, Sie hätten es

nicht gemerkt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Außerdem müssen wir uns stärker mit dem Flächenver-
brauch und der Qualifizierung der am Bau Beteiligten
beschäftigen. Ich fordere Sie auf: Lesen Sie unseren An-
trag! Dort finden Sie viele Tipps. Sie dürfen auch ab-
schreiben. Wir nehmen es Ihnen nicht übel. Vielleicht
können Sie in unserem Antrag Argumente finden, um
die Regierung zu überzeugen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710230800

Das Wort hat der Kollege Peter Götz von der CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1710230900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Klimaschutz

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(C (D der Stadt“ ist ein wichtiges Zukunftsthema. Darüber ind wir uns in diesem Haus, wie ich denke, alle einig. eshalb wollen wir den Klimaschutz, liebe Frau Kollein Herlitzius, bei der anstehenden Novellierung des augesetzbuches im Bauund Planungsrecht verankern; enauso ist es übrigens auch in unserem Koalitionsverag festgeschrieben. In unseren Städten und Gemeinden wird bereits heute iel für einen besseren Klimaschutz getan. Dafür sage h ein herzliches Dankeschön an alle kommunalpolisch Verantwortlichen vor Ort. Ohne konkretes Handeln vor Ort sind unsere hochgeteckten Klimaziele nicht erreichbar. Mit dem neuen örderprogramm der Bundesregierung mit dem Titel Energetische Städtebausanierung“, das Sie angesprohen haben, werden gerade im Stadtquartier umfassende aßnahmen bezüglich der Energieeffizienz der Ge äude, aber auch der Infrastruktur angestoßen. Inzwichen liegen die Eckpunkte dieses KfW-Förderproramms des Bundes vor. (Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber selbst Minister Ramsauer schreibt, dass die Finanzierung nicht gesichert ist!)


(Petra Müller [Aachen] [FDP]: Ja!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ntgegen der sonst üblichen Programme zur Städte-
auförderung – da gibt es einen Unterschied; das ist rich-
g –,


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


ei denen sich Bund, Länder und Kommunen die För-
ermittel teilen müssen, finanziert der Bund das Pro-
ramm „Energetische Städtebausanierung“ zu
00 Prozent, also allein.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat ferner – auch
ies sei gesagt – zu Beginn dieses Monats mit Geldern
es Bundes ein neues Förderangebot hinsichtlich einer
ünstigen Finanzierung energieeffizienter kommunaler
eleuchtungen gestartet. Energiesparende Straßenbe-
uchtung verbessert auch den Klimaschutz in der Stadt
anz konkret und vor allen Dingen schnell.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das sind Peanuts!)


iele Kommunen beschreiten diesen Weg schon heute.
ie profitieren davon durch geringere Energiekosten
anz erheblich.

Um zum Antrag der Grünen, der zur Debatte steht
nd den wir lesen sollten, zu kommen – ich habe ihn ge-
sen –: In diesem Antrag wimmelt es geradezu von For-
erungen nach neuen Vorschriften, Regulierungen und
euen Statistiken.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Entwickeln Sie sich aber nicht zur Dagegen-Partei!)






Peter Götz


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten zurück-
haltender sein, wenn es darum geht, zu sehr in die Pla-
nungshoheit der Kommunen einzugreifen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unnötige bürokratische Zwänge nehmen den Kommu-
nen die Möglichkeit, lokal angepasste, bestmögliche Lö-
sungen vor Ort zu finden. Die engagierten Akteure vor
Ort benötigen flexible Instrumente und keine Zwangsbe-
glückung.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wenn wir wollen, dass Deutschland, wie der Bauminis-
ter formulierte, zum Weltmeister im Energiesparen wird,
ist es wichtig, unnötige Gängelei zu vermeiden.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie also wieder gar nichts?)


Freiwilligkeit und finanzielle Anreize sind allemal bes-
ser als irgendwelche Zwänge. Das gilt für die Bürger, für
die Kommunen, für die Wirtschaft – egal ob für Eigen-
heimbesitzer, für Mieter oder für Vermieter. Wir brau-
chen vor Ort nicht mehr Bürokratie, sondern mehr Ener-
gieeffizienz.

Durch das Konjunkturpaket II wurde die energetische
Sanierung kommunaler Gebäude – von Schulen und
Kindergärten – mit all den vielen positiven Auswirkun-
gen auch für die Städte, Kreise und Gemeinden angesto-
ßen. Auch das war übrigens ein wichtiger Beitrag für
den Klimaschutz.

Außerdem haben wir das von Ihnen kritisierte CO2-
Gebäudesanierungsprogramm mit inzwischen über
7 Milliarden Euro angesetzt.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kürzen da immer nur! – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie addieren alles auf!)


– Die 7 Milliarden Euro sind ausgegeben und haben In-
vestitionen in einer Größenordnung von 78 Milliarden
Euro ausgelöst.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Vorgängerregierung!)


Neben diesen konjunkturellen Effekten für das heimi-
sche Handwerk und für die Mieter, aber auch für die Ver-
mieter haben wir erreicht, dass dadurch der CO2-Aus-
stoß alljährlich um 4,7 Millionen Tonnen reduziert
worden ist.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reicht Ihnen das?)


Ich frage Sie von den Grünen: Warum nehmen Sie das
nicht einfach einmal zur Kenntnis?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir alle wissen – Sie vielleicht nicht oder vielleicht
auch doch, ich weiß es nicht –, dass die öffentlichen Mit-
tel knapp sind und dass auch der Bundeshaushalt Spar-
zwängen unterliegt. Trotzdem sage ich an dieser Stelle

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(C (D lar und deutlich, dass dieses erfolgreiche CO2-Gebäuesanierungsprogramm weiter ausgebaut werden muss, enn wir die großen Energieeinsparpotenziale im Geäudebereich aktivieren wollen. Herr Kollege Götz, erlauben Sie eine Zwischenfrage er Kollegin Herlitzius? Ich erlaube, Herr Präsident. Bitte schön, Frau Herlitzius. (Zuruf von der FDP: Sie hat doch gerade gesprochen!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710231000
Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1710231100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710231200


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1710231300

Sie will halt noch einmal sprechen.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710231400

Herr Kollege Götz, nur eine Zwischenfrage.


(Zuruf von der SPD: Ist das abgesprochen?)


err Ramsauer hat in seinem jetzigen Haushalt eine
aushaltserleichterung. Er hat dadurch knapp
00 Millionen Euro mehr für den Haushalt 2012 zur Ver-
gung. Warum steckt er diese Mittel in den Straßenbau

nd nicht in Programme für die energetische Sanierung
der für den Städtebau?


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1710231500

Frau Kollegin, ich weiß nicht, ob Sie jetzt den Haus-

alt 2011 meinen. Oder reden Sie vom Haushalt 2012?


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich meine den Entwurf für 2012!)


Sie reden jetzt vom Jahr 2012. – Die Beratungen für
en Haushaltsplan 2012 beginnen erfahrungsgemäß im
aufe des Sommers. Das Kabinett trifft seine Entschei-
ung in der Regel kurz vor der Sommerpause. Die parla-
entarischen Beratungen für den Haushalt 2012 begin-

en im September. Sie werden im November dieses
ahres abgeschlossen, und wenn ich richtig informiert
in, haben wir jetzt gerade April.

Was vorgelegt worden ist, ist ein Eckpunktekatalog,
nd ein Eckpunktekatalog ist für mich kein Haushalts-
lan.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sie kürzen beim Straßenbau!)

Deshalb habe ich gerade eben gesagt: Wir müssen,
m die Energieeinsparpotenziale im Gebäudebereich zu
utzen, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm weiter
usbauen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie werden initiativ?)


as war eine klare, deutliche Ansage. Da ist null zu we-
ig, um die Frage konkret zu beantworten.





Peter Götz


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Da das Parlament die Haushaltshoheit hat, werden Sie jetzt initiativ!)


Ich nenne einen weiteren Punkt: Wir sollten außer-
dem zur Motivation der Gebäudeeigentümer auch
verstärkt die steuerlichen Aspekte von energetischen
Sanierungsmaßnahmen einbeziehen. Klimaschutz und
Energieeffizienz waren uns in der Vergangenheit wichtig
und sind heute wichtig. Sie werden auch bei der Weiter-
entwicklung des Energiekonzepts eine ganz bedeutende
Rolle spielen.

Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, diese klimapoliti-
schen Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Die
kommende Novellierung des Baugesetzbuches und die
Novellierung des Bau- und Planungsrechts bieten dazu
ausgezeichnete Möglichkeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710231600

Das Wort hat jetzt der Kollege Sören Bartol von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Uwe Beckmeyer [SPD]: Guter Mann! – Gegenruf von der CDU/CSU: Er hat es nötig, dass das gesagt wird! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Heiterkeit bei der CDU/CSU)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1710231700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

merke schon, dass die Stimmung noch gut ist. Es ist ein
wirklich wichtiges Thema, das die Grünen heute auf die
Tagesordnung gebracht haben. Klimaschutz ist eine der
großen Herausforderungen für die Städte. Zusammen
mit dem demografischen und wirtschaftlichen Wandel
und den wachsenden sozialen Differenzen in und zwi-
schen Städten ist Klimaschutz eine zentrale Aufgabe
nachhaltiger Stadtentwicklungspolitik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gemeinsam mit den Ländern und mit den Städten und
Gemeinden trägt der Bund Verantwortung für die um-
welt- und klimafreundliche sowie sozialintegrierende
Entwicklung von Städten und Gemeinden, eine Verant-
wortung, der diese Bundesregierung, allen voran das zu-
ständige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung, leider in keiner Weise gerecht wird.


(Patrick Döring [FDP]: Falsch!)


Für Oktober lädt das Ministerium zum 5. Bundes-
kongress Nationale Stadtentwicklungspolitik ein. In der
Einladung heißt es so schön:

2011 ist das Jahr, in dem die Städtebauförderung,
ein wichtiger Baustein der Nationalen Stadtent-
wicklungspolitik, 40 Jahre alt wird. Die Leistungen
dieser Programme … werden deswegen … beson-

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(C (D ders gewürdigt und ein Ausblick in die Zukunft der Städtebauförderung gegeben. uf diesen Ausblick bin ich gespannt, meine Damen und erren von den Koalitionsfraktionen, nachdem Sie die ittel für die Städtebauförderung im Haushalt zusamengestrichen haben. (Iris Gleicke [SPD]: Wohl wahr! – Uwe Beckmeyer [SPD]: Ja!)


Wir hören: Es soll weitere drastische Kürzungen im
ächsten Haushalt geben. Kollege Götz, so einfach, wie
ie das gerade gemacht haben, können Sie sich nicht he-
usreden, weil die Eckwerte immerhin vom Kabinett

eschlossen worden sind.


(Patrick Döring [FDP]: In dieser Koalition haben auch die Parlamentarier etwas zu sagen!)


Ja, das ist natürlich richtig. Wir haben das gehört und
ehmen das zur Kenntnis.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass sie etwas zu sagen haben, ist ja das Neueste!)


Das ist wirklich das Neueste. Ich danke den Kollegen
r die Zwischenrufe.

Mit einer Städtebauförderung, für die 2012 gemäß
en Eckwerten nur noch 266 Millionen Euro zur Verfü-
ung stehen könnten,


(Petra Müller [Aachen] [FDP]: „Könnten“!)


t der notwendige ökologische Stadtumbau und die zu-
leich notwendige soziale Integration in den Städten und
emeinden nicht zu leisten.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Eckwerte sind nicht in Stein gemeißelt!)


Laut Ihrem eigenen sogenannten Energiekonzept will
ie Bundesregierung die Quote für energetische Gebäu-
esanierung verdoppeln. Gleichzeitig streichen Sie aber
ie Mittel für die KfW-Programme zusammen – übri-
ens auch schon in dem von Ihnen beschlossenen letzten
aushalt. Nun hören wir, dass in den kommenden Haus-
alt überhaupt kein Geld mehr eingestellt werden soll,
ondern dass der Energie- und Klimafonds eine wichtige
olle bei der Finanzierung der Gebäudesanierung spie-
n soll.


(Patrick Döring [FDP]: So ist es!)


Dass das eine sichere Finanzierung ist, haben im Ok-
ber schon die Experten bezweifelt.


(Iris Gleicke [SPD]: Das bezweifelt auch der Minister!)


zwischen glaubt das doch selbst Ihr eigener Minister
icht mehr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eter Ramsauer schreibt in dem Liebe-Freunde-Brief
ich muss jetzt einmal zitieren –: Wie sich angesichts

er neuen Sachlage diese Fondszuschüsse tatsächlich





Sören Bartol


(A) )


)(B)

entwickeln, ist angesichts der aktuellen Situation kaum
absehbar. Zudem sind in dem Sondervermögen aus-
schließlich Mittel für Zinsverbilligungen eingestellt, so-
dass ab 2012 keine investiven Zuschüsse mehr vergeben
werden könnten.


(Iris Gleicke [SPD]: Hört! Hört!)


Dies würde insbesondere die Häuslebauer treffen. – Das
ist ein Originalzitat des Briefes von Bundesminister
Ramsauer. So verunsichert man doch Investoren und Ei-
gentümer, liebe Koalition.


(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


Wer es ernst meint mit der Energiewende, der darf die
Energieeinsparpotenziale bei Gebäuden nicht so sträflich
vernachlässigen, wie diese Regierung das tut.


(Beifall bei der SPD)


Wer es ernst meint mit der Energiewende, der muss
die Kraft-Wärme-Kopplung und quartiersbezogene Lö-
sungen der Energie- und Wärmeversorgung in nennens-
wertem Umfang fördern. Sie und wir alle sollten die No-
velle zum Baugesetzbuch nutzen, um den Kommunen
klimaschützende Maßnahmen zu erleichtern.

Wer es ernst meint mit der Energiewende, der muss
die Energieeffizienz deutlich erhöhen. Wenn Sie es nur
wollten, dann könnten Sie die Energieeffizienz bis 2020
verdoppeln. Unser Vorschlag dazu liegt auf dem Tisch.
Wir wollen einen Energieeffizienzfonds schaffen, der es
zum Beispiel Haushalten mit einem geringen Einkom-
men ermöglicht, alte, stromschluckende Geräte durch
neue, energiesparende zu ersetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Eine Abwrackprämie für Fernseher und Kühlschränke!)


Wer es ernst meint mit der Energiewende, Kollege
Döring, der muss die Energieversorgung in kommunaler
Hand stärken; denn es sind doch die Stadtwerke, die die
erneuerbaren Energien mit vorangebracht haben.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Sehr wettbewerbsorientiert!)


– Ja, das sagen die Richtigen. – Stattdessen hat die Re-
gierung einen teuren und immer teurer werdenden Deal
mit den Stromkonzernen gemacht, durch den diese Be-
mühungen ausgebremst werden. Geben Sie den Stadt-
werken doch Planungssicherheit für ihre Investitionen in
erneuerbare Energien und faire Wettbewerbsbedingun-
gen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer es ernst meint mit der Energiewende, der muss
aber auch eine umwelt- und klimaverträgliche Mobilität
fördern. Ein Finanzierungskreislauf Straße dient dem ge-
wiss nicht. Wir brauchen eine konsequente Förderung
von öffentlichem Nahverkehr, Fahrradfahren, Zu-Fuß-
Gehen, innovative Formen der Automobilität und deren
intelligente Verknüpfung.

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(C (D (Patrick Döring [FDP]: 7,5 Milliarden Euro Regionalisierungsmittel!)


ir brauchen an dieser Stelle doch einen Masterplan
ersonenverkehr!

Dass eine solche umwelt- und klimafreundliche Ver-
ehrspolitik in Peter Ramsauer keinen Fürsprecher hat,
eigt sich doch anhand von zwei Beispielen:

Erstes Beispiel. Noch vor 2014 steht nicht nur die Re-
ision der ehemaligen Gemeindeverkehrsfinanzierung,
ondern auch die Revision der Regionalisierungsmittel
n.


(Patrick Döring [FDP]: Das läuft aus! Das wird nicht revidiert!)


isher vermisse ich jegliche Aussage der Regierung
azu, wie sie eine ausreichende Finanzierung kommuna-
r Verkehrsinvestitionen und des öffentlichen Nahver-
ehrs nach 2014 sichern wird.


(Patrick Döring [FDP]: Entflechtungsgesetz! Dem habt ihr auch zugestimmt!)


Dem öffentlichen Nahverkehr fehlt nicht nur eine si-
here finanzielle Basis, sondern auch ein sicherer
echtsrahmen. Nun endlich hat das Ministerium einen
ntwurf für die Novelle zum Personenbeförderungsge-
etz vorgelegt, der den Anforderungen hinsichtlich einer
chtssicheren Umsetzung der Verordnung jedoch in kei-

er Weise genügt. Was noch schwerer wiegt: Die kom-
unale Verantwortung für die Daseinsversorgung wird

urch diesen Entwurf untergraben. Ich hoffe nur, dass
ieser Entwurf am Ende des Tages so nicht in das Ge-
etzblatt kommt.


(Iris Gleicke [SPD]: Schauen wir einmal, was die Parlamentarier dazu sagen!)


Das zweite Beispiel ist mein Lieblingsbeispiel, weil
h seit Jahren dafür kämpfe. Seit Jahr und Tag fordern
ir, den Kommunen die Einrichtung von Carsharing-
arkplätzen zu ermöglichen. So gut wie alle vom Städte-
g bis zum ADAC sind dafür. Das war das eindeutige
rgebnis der Anhörung im Verkehrsausschuss im De-
ember. Bisher gibt es immer noch keine Initiative der
egierungsfraktionen, um diese kleine, aber sehr wich-
ge ordnungspolitische Maßnahme auf dem Weg in die
obilität der Zukunft umzusetzen.


(Beifall bei der SPD)


Wenn wir ehrgeizige Ziele wie die im EU-Verkehrs-
eißbuch geforderte völlige Abschaffung der mit kon-
entionellem Kraftstoff betriebenen Pkws in Städten bis
050 erreichen wollen,


(Patrick Döring [FDP]: Das macht ihr euch zu eigen, ja?)


rauchen wir einen breitangelegten Ideenwettbewerb für
tädtische Mobilitätskonzepte. Ob Shared Space, wie es

Grünenantrag steht, hier das beste Mittel der Wahl ist,
eiß ich nicht. Ich denke, es muss darum gehen, mit Be-
iligung der Menschen vor Ort integrierte Konzepte für
obilität und Wohnen zu entwickeln. Aus der sozialen

tadtentwicklung haben wir schon Erfahrungen mit der





Sören Bartol


(A) )


)(B)

Bewohnerbeteiligung und vor allen Dingen auch mit der
ressortübergreifenden Kooperation. Diese Erfahrungen
lassen sich übrigens auch gut für eine integrierte Ver-
kehrs- und Stadtentwicklungsplanung nutzen.

Nicht nur das Leitbild der „Stadt der kurzen Wege“,
wie es die Grünen fordern, muss in die Köpfe und Pro-
gramme Eingang finden, sondern auch eine fachüber-
greifend angelegte Siedlungs- und Wirtschaftsentwick-
lung, die möglichst wenig Verkehr produziert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die von uns begonnene Stärkung der Innenentwicklung
muss fortgesetzt werden. Voraussetzung ist der politi-
sche Wille, integriert zu denken, vor allen Dingen end-
lich auch wieder im Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung.

Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von den
Grünen, ist eine lange Liste überwiegend bedenkenswer-
ter Vorschläge. Ich würde mich dann aber auch freuen,
wenn Sie uns zu Ihren zahlreichen Spiegelstrichen wie
der Forderung nach einer Grundsteuerreform auch Um-
setzungsvorschläge machen würden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schö-
nen Abend.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710231800

Das Wort hat die Kollegin Petra Müller von der FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Müller (FDP):
Rede ID: ID1710231900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

vorliegenden Antrag wird eine Reihe von Themenkreisen
aufgegriffen: Städtebauförderung, Energiesparfonds, Bau-
nutzungsverordnung, Flächennutzungsplan. Es geht um
Nahwärmenetze, Frischluftschneisen und Wärmerückge-
winnung, Radverkehrsbenutzungspflichten, Emissions-
werte, Tempo 30 innerorts, City-Maut, Weiterbildung
von Bauleuten und Studiencurricula für Architekten und
Bauingenieure.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das haben wir alles verstanden!)


Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber das ist kein
Antrag, sondern ein Forderungskatalog. Es ist ein Forde-
rungskatalog ohne Konzept, völlig überfrachtet und
ohne jedes Maß. Es ist eine Zumutung für die Kommu-
nen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt genau die Richtige!)


– Das stimmt, nicht?

Bereits zum dritten Mal in kurzer Folge greifen Sie ent-
weder Einzelaspekte aus dem Baugesetzbuch heraus – ich
erinnere nur an die denkenswerten und selbstverständlich

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(C (D edienwirksamen Anträge vor der Baden-Württembergahl zur Intensivtierhaltung im Außenbereich und zu pielhallen in Innenstädten –, oder Sie fordern Änderunen am Baugesetzbuch in zusammenhangloser Fülle wie eute. Damit machen Sie eine konzentrierte Sachdebatte u wichtigen Themen leider unmöglich. Wir, die christlich-liberale Koalition, haben die Noellierung des Baugesetzbuches in den Koalitionsvertrag eschrieben, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und seitdem tun Sie nichts mehr! Wann fangen Sie denn mal an? Die Halbzeit ist schon um!)


nd wir setzen es um. Wir werden Planungsrecht und
lanungsziele weiterentwickeln. Wir werden die Innen-
tadtentwicklung stärken, Genehmigungsverfahren ent-
ürokratisieren, den demografischen Wandel berück-
ichtigen und den Klimaschutz verankern.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Aber wann?)


aran arbeiten wir längst.

In der zweiten Jahreshälfte werden wir in diesem Ho-
en Hause mit den Beratungen zur Novellierung des
augesetzbuches beginnen. Bis Anfang 2012 soll der
rozess abgeschlossen sein. Im Ausschuss und im Ple-
um werden Sie alle die Möglichkeit haben, sich einzu-
ringen. Ich denke, damit ist das Thema dann endgültig
bgeschlossen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das ist Ihr Problem! Klimaschutz in der Stadt ist mehr!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die energetische
zw. die dynamische Stadtentwicklung ist ein erklärtes
iel liberaler Politik. Wir müssen die Förderprogramme
erstetigen – ich wiederhole mich zum x-ten Male –, ins-
esondere das Programm zur CO2-Gebäudesanierung.
ir werden aber nicht beim einzelnen Gebäude stehen

leiben. Nein, die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich für
en Schritt hin zu quartiersbezogenen Betrachtungen
in.


(Sören Bartol [SPD]: Da sind wir gespannt! – Uwe Beckmeyer [SPD]: Mit mehr Geld!)


azu legt die Koalition das neue KfW-Programm „Ener-
etische Städtebausanierung“ auf. Damit haben wir den
agel genau auf den Kopf getroffen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber zu spät! Ohne Geld ist das eine Luftnummer!)


Als hätten Sie mir das Stichwort gegeben: An erster
telle steht natürlich die Haushaltskonsolidierung. Dazu
aben sich CDU/CSU und FDP verpflichtet. Ich glaube,
er Schuldenbremse haben auch Sie zugestimmt. Das
ar doch so, oder? Angesichts der Notwendigkeit zur
aushaltskonsolidierung ist es umso wichtiger, Förder-
rogramme so zu gestalten, dass Eigeninitiative und





Petra Müller (Aachen)



(A) )


)(B)

Engagement der Bürgerinnen und Bürger angeregt wer-
den, dass sich Private und Privatwirtschaftliche einbrin-
gen können.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Förderprogramme für Hoteliers!)


Ein Programm ist eben nur ein Instrument. Aber so aus-
gestaltet ist es ein urliberales Instrument.

In Ihrem Antrag wird die Polarisierung von Stadt und
Land hervorgehoben. Besondere Beachtung verdient der
ländliche Raum. Kleine Städte und Gemeinden dürfen
nicht gegen große, urbane Ballungszentren ausgespielt
werden. Aus den spezifischen Problemen der Städte darf
keine baurechtliche oder förderpolitische Bevorzugung
abgeleitet werden, wie Sie das in Ihrem Antrag fordern.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Baurecht stärkt die Kommunen!)


Mit dem Bundesprogramm „Kleine Städte und Gemein-
den“ sorgen wir auch zukünftig für Daseinsvorsorge und
urbane Weiterentwicklung in dünnbesiedelten Räumen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Städtebauförderung hat immer auch die kleinen Städte berücksichtigt! – Sören Bartol [SPD]: Ihr habt einfach alles gekürzt!)


In dem vorliegenden Antrag finden sich viele, viel-
leicht zu viele Ideen auf einmal. Wir müssen uns nicht ri-
tuell bekämpfen. Wir als liberale Fraktion


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie stimmen zu?)


sehen einen inhaltlichen Konsens in vielen Punkten.
Aber wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. Heute
geht es auch nicht um Zustimmung, sondern um Über-
weisung. Schauen Sie einmal in die Tagesordnung!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und be-
danke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Wir können Ihnen die Freude machen und gleich Abstimmung beantragen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710232000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Eva Bulling-Schröter

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710232100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Antrag der Grünen gibt eine gute Übersicht über die
Dinge, die im städtischen Klimaschutz anzupacken wä-
ren. Wir finden es gut, wo die Schwerpunkte liegen,
nämlich bei Energieeffizienz im Gebäudebestand und
bei Neubauten, bei Anpassungsmaßnahmen wie Frisch-
luftschneisen, bei der Verringerung des Flächenver-
brauchs – das ist ganz wichtig – und natürlich bei nach-
haltiger Mobilität. Erneuerbare Energien werden in
Städten eine wichtige Rolle spielen. Aber im Unter-
schied zu Gemeinden im ländlichen Raum sind die Mög-

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(C (D chkeiten hier sicherlich begrenzt, jedenfalls im Verhältis zur Einwohnerzahl. Weil 40 Prozent der Endenergie im Gebäudesektor erbraucht werden, liegen unserer Ansicht nach hier die rößten Einsparmöglichkeiten, allerdings aus sozialer icht auch die größten Konfliktpotenziale. Die Rechung, dass sich energetische Sanierungen im Bestand urch die Energieeinsparung von selbst rechnen, geht ach dem, was wir wissen, nur bei sehr alten, bis dato nsanierten Gebäuden auf. Kein Wunder, wer bis heute or allem die Umwelt heizt, hat enorme Energierechnunen, die sich bei guter Dämmung und effizienten Heiungen extrem verringern. Solche Häuser machen aber ur circa 15 Prozent des Gebäudebestands aus. Bei der ehrzahl der Gebäude haben wir ein wirtschaftliches ilemma. Die Häuser sind zwar schlechter isoliert, als es ötig wäre, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Durch ie pfeift aber auch nicht der Wind. Die Heizkosten sind ielfach überschaubar, jedenfalls noch. Eine Sanierung t jedoch fast ebenso aufwendig wie bei einer Bruchude. Unter dem Strich könnten auf Familien Kostensteigengen in Höhe von mehreren Hundert Euro pro Monat ukommen. Das wäre aber nicht akzeptabel. Bei Eigeneimbesitzern mit 800 Euro Rente ist auch nichts mehr it Eigeninitiative. Das heißt, öffentliche Fördermittel ind dringend erforderlich, um Klimaschutzund Sozialolitik zueinanderzubringen. Aber genau hier hat die undesregierung den Rotstift gezückt. Die Mittel für das fW-Gebäudesanierungsprogramm wurden halbiert. leichzeitig wurde angekündigt, die mögliche Umlage r Investitionen auf die Kaltmiete der Mieter von 1 Prozent der Kosten zu erhöhen. Es ist also kein Wunder, dass das Klimaschutzgesetz Berlin scheitern musste. Konsequente Vorschriften für en Klimaschutz im Gebäudebereich würden nach jetzier Rechtslage sowie bei jetziger Subventionspraxis ichts anderes bedeuten als Sozialabbau in Größenordungen. Das aber wird die Linke nicht mitmachen; denn s ist nicht alternativlos. Es geht darum, drei Seiten zu einem Dreieck zueinanerzubringen: erstens die sozialen Interessen der Mietennen und Mieter, zweitens die Vorgaben für Sanierung nd Neubau, die es möglich machen, anspruchsvolle limaschutzziele zu erreichen, und drittens die berechgten wirtschaftlichen Interessen der Vermieter. Dieses Dreieck zu bilden, gelingt dem Antrag von ündnis 90/Die Grünen nicht. Dies ist aber die eigentlihe Herausforderung, für die es nicht nur mehr Mittel us dem Bundesetat geben muss, sondern auch Innovaonen im Mietrecht und im BGB. Ehrlich gesagt sind ie meisten Experten ziemlich ratlos, wenn es darum eht, das sogenannte Vermieter-Mieter-Dilemma aufzusen. Eva Bulling-Schröter )


(Sören Bartol [SPD]: Genau!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Da der Vermieter alle Heizkosten auf die Mieter um-
legen kann, hat er kein ökonomisches Interesse an Sanie-
rungen. Andererseits werden gesetzliche Verpflichtun-
gen zu energetischen Sanierungen, wie bereits erwähnt,
Mieterinnen und Mieter vielfach überfordern. Bei Zu-
schüssen oder Kreditprogrammen der öffentlichen Hand
wiederum ist nur schwer zu verhindern, dass ungerecht-
fertigte Mitnahmeeffekte für die Hauseigentümer entste-
hen.

In den Ausschüssen sollten wir uns für dieses Thema
genügend Zeit nehmen und es sehr ernsthaft diskutieren,
um dann auch wirklichen Klimaschutz zu erreichen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710232200

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Volkmar Vogel von der CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1710232300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Hast du die richtige Rede dabei?)


Die Debatte eben war natürlich nicht so harmonisch wie
die, die wir zum Feuerwehrführerschein geführt haben.
Das ist aber auch ganz klar, es handelt sich hier ja nicht
um eine Vorlage von uns, die wir die Zusammenhänge
immer ganzheitlich darstellen und bei denen auch große
Mehrheiten möglich sind.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn
man all Ihren Vorschlägen nachkommen und Ihre Forde-
rungen erfüllen will, kommt das einem Ausbremsen der
Schuldenbremse schon ziemlich nahe.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, Sie haben die falsche Vorlage! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Antrag von den Grünen!)


Noch eines muss ich dazu sagen: Vieles von dem hätten
Sie ja auch mit Minister Tiefensee verwirklichen kön-
nen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Herr Vogel, das ist ein Antrag der Grünen!)


– Kommt gleich! – Ich glaube, bei vielen Dingen hätten
wir wahrscheinlich nur eine geringe Gegenwehr an den
Tag gelegt, und wir wären heute schon ein Stück weiter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, der
Antrag, den Sie heute vorlegen, ist eigentlich nichts
Neues.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


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(C (D r entspricht in weiten Teilen dem, was wir bereits im nergiekonzept festgelegt haben und woran wir bereits rbeiten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sören Bartol [SPD]: Das ist aber frech! Das Energiekonzept, das Makulatur ist?)


enn ich das vergleiche, dann muss ich sagen: Ja, auch
ir sagen natürlich, der Gebäudebereich ist ein wichti-
er Faktor bei der gesamten Energieeffizienzsteigerung;
, wir müssen die Programme verstetigen, wir müssen

ie ausbauen und verzahnen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Deswegen habt ihr erst einmal gekürzt! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verstetigen und kürzen!)


ir sagen Ja zur Vorbildwirkung des öffentlichen Be-
ichs, vor allen Dingen für den Bereich des Bundes, für

en wir zuständig sind. Wir sagen auch Ja zu weiterer
esserer Beratung sowie zu weiterer besserer Fortbil-
ung und fachlicher Anleitung.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja toll!)


ir sagen natürlich auch Ja zu differenzierten Betrach-
ngen der unterschiedlichen Strukturen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, alles
as ist nichts Neues.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum machen Sie es dann nicht?)


h muss an der Stelle aber auch sagen – Kollegin Müller
nd auch Peter Götz haben es bereits angesprochen –:
ir sagen auch Nein. Wir sagen vor allen Dingen Nein,
enn es um die Vernachlässigung von kleinstädtischen
nd ländlichen Strukturen geht.


(Petra Müller [Aachen] [FDP]: Richtig! – Zuruf von der SPD: Aha!)


nd wir sagen Nein, wenn es um Benachteiligung oder
icht angemessene gleichwertige Behandlung von klein-
iligen privaten Gebäudestrukturen geht, die ja immer-
in über 80 Prozent des gesamten Gebäudebestandes
usmachen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Wer fordert das denn?)


nd, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sagen auch
ein, wenn es – auch das steht im Antrag – um die Un-
leichbehandlung der Verkehrsträger geht.

Die Union will – ich denke, da sind wir uns mit den
ollegen von der FDP einig – breit aufgestellte Struktu-
n in allen Bereichen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Aha!)


as macht uns krisensicher, das haben die letzten Mo-
ate gezeigt.

In der Wohnungspolitik sind wir immer gut mit einem
ix aus Kommunal-, Genossenschafts- und Privateigen-
m gefahren.





Volkmar Vogel (Kleinsaara)



(A) )


)(B)


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber reden wir doch gar nicht!)


In der Infrastrukturpolitik müssen wir Straße, Schiene
und Wasserstraße sinnvoll ergänzen, je nachdem, welche
Vorteile der einzelne Verkehrsträger mit sich bringt.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über Klimaschutz in der Stadt!)


Wir müssen in unserem Handeln den Bedürfnissen der
Menschen folgen und nicht umgekehrt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist ja wunderbar, dieser Platzhalter gehört in jede Rede!)


Ich sage das deswegen, weil uns das Ordnungsrecht
nicht in jedem Fall, sondern immer nur bedingt weiter-
hilft.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erzählen Sie den Kommunen!)


Wir brauchen einfache, nachvollziehbare, planbare
klimapolitische Prinzipien, die ihre Wirkung in der Stadt
und auf dem Land sowohl auf dem großen gemeinschaft-
lichen Wohnungsmarkt als auch auf dem privaten Woh-
nungsmarkt entfalten können. Der Gebäudebereich hat
ein riesiges Energieeinsparpotenzial, das es zu aktivieren
gilt, ohne die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen jemals
aus dem Auge zu verlieren.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn? – Sören Bartol [SPD]: Soll ich den Ramsauer noch einmal vorlesen?)


Die Potenziale sind im ländlichen wie im städtischen
Bereich immens. Für uns gelten folgende Prämissen:
Wir geben die Standards und die zu erreichenden Ziele
vor; aber wir lassen die Technologien, die zur Umset-
zung dieser Standards und zur Erreichung dieser Ziele
notwendig sind, weitgehend offen. Technologieoffenheit
ist also eines unserer Prinzipien.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir folgen konsequent dem Wirtschaftlichkeitsgebot
und respektieren damit die Eigentumsgarantie. Beides
kann man ordnungspolitisch nicht außer Kraft setzen.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass eine CDU/CSU-
geführte Regierung schon in der letzten Legislatur-
periode Prioritäten gesetzt hat, zum Beispiel mit den
Konjunkturprogrammen. In diesen Programmen waren
die in Ihrem Antrag geforderten und bei uns nach wie
vor auf der Agenda stehenden energetischen Maßnah-
men bei öffentlichen Gebäuden – Schulen, Turnhallen,
Kindergärten – und die kommunalen Strukturen insge-
samt im Fokus. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm
hat ein großes Stück vom Konjunkturprogrammkuchen
abbekommen – zu Recht!


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb beenden Sie es jetzt!)


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(C (D Ich möchte daran erinnern, dass dieses Programm eientlich im Jahr 2011 auslaufen sollte. Unser Bestreben t, es zu verstetigen und weiterzuentwickeln. Ab diesem onat werden über das KfW-Programm wieder hoch ffiziente Einzelmaßnahmen gefördert. Das ist ein wichger Schritt, um Förderung in der Breite zu betreiben. ie förderfähige Gebäudekulisse in den KfW-Programen wird im kommunalen Bereich auf Nichtwohnge äude erweitert. (Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles richtig! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo nehmen Sie das Geld aber her?)


as ist ein weiteres Beispiel für den Ausbau.

Außerdem werden wir die energetische Städtebausanie-
ng auf den Weg bringen. Wir haben dafür im Baubereich
derführend die Instrumente mit dem Baugesetzbuch, der
tädtebauförderung, dem CO2-Gebäudesanierungspro-
ramm und der Energieeinsparverordnung als Ord-
ungsrahmen. Diese Instrumente ergänzen sich. Wir
önnen und werden sie sinnvoll verzahnen. Auch das
erden wir machen. Es wird einen Fahrplan zur energe-
schen Sanierung von Bundesbauten geben. Damit wer-
en wir auch der Vorbildwirkung des Bundes und des öf-
ntlichen Bereiches insgesamt gerecht.

Das sind nur einige wenige Beispiele dafür, was wir
it dem Energiekonzept auf den Weg gebracht haben,

nd dafür, was wir noch umsetzen wollen. Das heißt
onkret, wir sind schon weiter als das, was in Ihrem heu-
gen Antrag gefordert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir machen Angebote an alle Akteure, nicht nur an die
tadt, nicht nur an bestimmte Eigentümerstrukturen,
icht nur im Hinblick auf das Ordnungsrecht. Wir han-
eln vielmehr technologieoffen und wirtschaftlich, wir
chaffen Anreize zur Eigeninitiative, um tatsächlich eine
reitenwirkung zu erzielen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist gut gedacht, aber ohne Moos nichts los! Sie müssen Haushaltsmittel dazugeben!)


ur wenn uns das gelingt, können wir unsere klimapoli-
schen Ziele erreichen. Wir werden den Antrag der Grü-
en nicht mittragen. Ich freue mich schon auf die Dis-
ussion im Ausschuss.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie schon weiter sind, dann können Sie auch zustimmen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710232400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/5368 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Jetzt haben wir noch eine Reihe von Tagesordnungs-
punkten, bei denen die Reden zu Protokoll gegeben wer-
den. Ich bitte Sie, so lange hierzubleiben, bis das Ganze
formal abgewickelt ist.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Bundesversorgungsgesetzes und
anderer Vorschriften

– Drucksache 17/5311 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Die Reden sollen zu Protokoll genommen werden.


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1710232500

Das Ziel des in erster Lesung zur Beratung anstehen-

den Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsge-
setzes und anderer Vorschriften ist es, die Rentenleistun-
gen für Kriegsopfer und ihnen gleichgestellte Personen
– zum Beispiel Wehr- und Zivildienstopfer, Gewaltopfer,
SED-Opfer – nach dem Bundesversorgungsgesetz so an-
zupassen, dass sie ab dem 1. Juli 2011 in gleicher Höhe
in ganz Deutschland gezahlt werden. Mit Ausnahme der
Grundrentenbezieher der Kriegsbeschädigten und SED-
Opfer erhielten die Anspruchsberechtigen in den neuen
Ländern bislang nur 88,71 Prozent der in den alten Län-
dern gewährten Leistungen. Daher möchte ich mich der
Bewertung meiner Kollegen anschließen, dass wir mit
der Gesetzesänderung einen wichtigen Beitrag zur ge-
rechten Entschädigung von Opfern aus Kriegen, von Re-
gierungsregimen und Gewalttaten leisten, Unterschiede
zwischen Ost und West bereinigen und damit konkret zur
Gerechtigkeit in unserem Land beitragen.

Die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Än-
derungen setzen den Beschluss des Bundesrates vom
18. März 2011 um. Auf Bitten des Bundesrates soll si-
chergestellt werden, dass die Ost-West-Anpassung allen
Berechtigten zugutekommt. Gerade für die Bestandsfälle
sind dafür Gesetzesänderungen nötig. Um den Berufs-
schadensausgleich bei Bestandsfällen zu gewährleisten,
ist eine ergänzende Klarstellung im Bundesversorgungs-
gesetz vorgesehen. Gleichzeit muss im Unterstützungs-
abschlussgesetz, das auf das BVG verweist, noch eine
Änderung erfolgen. Schließlich soll mittels des heute in
erster Lesung zur Beratung anstehenden Gesetzes zu-
sätzlich auch der Bitte des Bundesrates entsprochen
werden, den Stichtag für den zeitlichen Geltungsbereich
des Opferentschädigungsgesetzes in den neuen Ländern
korrekt zu benennen.

Die Bundesregierung kommt mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf auch dem Urteil des Europäischen Ge-
richtshofes nach, wonach alle Bezieher von Leistungen
aus dem Bundesversorgungsgesetz im EU-Ausland iden-

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(C (D sche Leistungen erhalten müssen. Im Falle der Grundnten von Anspruchsberechtigten aus osteuropäischen U-Mitgliedstaaten wurde mit der Umsetzung bereits egonnen. Mithilfe dieses Änderungsgesetzes soll nun ie europaweite Angleichung erfolgen. Das Recht der uslandsversorgung und -fürsorge würde damit maßeblich vereinfacht und entbürokratisiert. Dass in Zukunft Leistungen gekürzt oder in ihrem biserigen Umfang beschnitten werden, verhindert eine in en Gesetzentwurf integrierte Besitzstandsregelung. In Übereinstimmung mit meinen Kollegen in der raktion halte ich den Gesetzentwurf für ein gelungenes eispiel für eine Vereinfachung bestehender gesetzlicher egelungen. Damit liefern wir einen weiteren Baustein r das in unserem Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel, ürokratieabbau, gesetzliche Vereinfachungen und ransparenz voranzubringen. Heute beraten wir in erster Lesung den Gesetzent urf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesverorgungsgesetzes. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein ichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der aln und neuen Bundesländer. Damit setzt er ein klares eichen für Gerechtigkeit in unserem Land. Handlungsbedarf entstand, da Leistungshöhen im Soialen Entschädigungsrecht bis heute – über 20 Jahre ach der Wiedervereinigung – in den alten und neuen undesländern nicht gleich sind. Ausgenommen davon ind die Grundrenten für Kriegsbeschädigte und ED-Opfer. Zudem sind die für die Berechnung des Beufsschadensausgleichs nach dem Bundesversorgungsesetz erforderlichen Vergleichseinkommen kaum noch achvollziehbar festzustellen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung präsentiert ierfür eine gerechtere, transparentere und einfachere ösung: Zunächst wird die Höhe der Rentenleistungen ach dem Bundesversorgungsgesetz in den neuen Länern angepasst. Damit erhalten Berechtigte nach dem ozialen Entschädigungsrecht in den neuen Ländern icht wie bisher nur geminderte Rentenleistungen – sie rhielten bisher nur 88,71 Prozent der in den alten Länern erbrachten Leistungen –, sondern Leistungen in oller Höhe. Diese werden voraussichtlich ab dem . Juli 2011 in ganz Deutschland einheitlich sein. Dies ist ein wichtiger Schritt, der für Kriegsopfer in en neuen Ländern für mehr Gerechtigkeit sorgt und für as widerfahrene Leid entschädigen soll. Vom neuen esetz profitieren in den neuen Ländern etwa 0 000 Menschen. Die neuen Regelungen sind – neben den Kriegsopfern nd den Opfern des SED-Regimes – auch auf Wehrienstund Zivildienstopfer und auf Opfer von Gewaltten anzuwenden und führen damit zu einer zumindest nanziellen Besserstellung dieser Menschen und zu eier gerechteren Entschädigung. Mit dem Gesetzentwurf kommt die Bundesregierung uch dem EuGH-Urteil nach. Demnach müssen alle Be )

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1710232600

(A) )

zieher von Leistungen aus dem Bundesversorgungsge-
setz im EU-Ausland identische Leistungen erhalten. Das
BMAS hat mit einem Rundbrief vom 17. Juni 2009 be-
reits mit der Umsetzung begonnen, sodass die Grund-
renten von Berechtigten in osteuropäischen EU-Staaten
bereits angeglichen werden konnten. Der vorliegende
Gesetzentwurf stellt nun eine vollständige Umsetzung
dar. Damit wird das Recht der Auslandsversorgung und
-fürsorge maßgeblich vereinfacht und entbürokratisiert.

Das neue Gesetz umfasst darüber hinaus wesentliche
Verbesserungen beim Berufsschadenausgleich. So wurde
die Berechnung des Ausgleichs, den Berechtigte nach
dem Sozialen Entschädigungsrecht erhalten, erheblich
vereinfacht.

Eine Besitzstandsregelung gewährleistet, dass nie-
mand in Zukunft geringere Leistungen bekommt als bis-
her. Damit die Ost-West-Anpassung allen Berechtigten
zugutekommt und dies bei Bestandsfällen auch für den
Berufsschadenausgleich gewährleistet ist, muss im Bun-
desversorgungsgesetz eine Klarstellung eingefügt wer-
den und im Unterstützungsabschlussgesetz, das auf das
Bundesversorgungsgesetz verweist, noch eine Änderung
erfolgen. Diese Anregungen des Bundesrates sollen zu-
sätzlich berücksichtigt werden.

Der Gesetzentwurf ist ein gelungenes Beispiel für
eine erfolgreiche Vereinfachung bestehender gesetzli-
cher Regelungen. Die christlich-liberale Koalition hält
sich damit an das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel,
für Bürokratieabbau, Vereinfachungen und Transparenz
zu sorgen.

Erlauben Sie mir, die entsprechende Passage aus dem
Koalitionsvertrag zu zitieren:

Regeln sind kein Selbstzweck, weshalb es nicht
mehr Regeln geben soll als erforderlich. Notwen-
dige Regelungen müssen schlank und verlässlich,
Verwaltungs- und gerichtliche Verfahren zügig
sein.

Der Gesetzentwurf leistet einen wichtigen Beitrag zur
gerechten Entschädigung von Opfern aus Kriegen, von
Regierungsregimen und Gewalttaten, bereinigt Unter-
schiede zwischen Ost und West und leistet einen wichti-
gen Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Gerechtig-
keit.


Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1710232700

20 Jahre nach der Wiedervereinigung lässt es sich

politisch nicht mehr vermitteln, dass unterschiedliche
Rentenberechnungssysteme in Ost und West existieren.
Ebenso wenig kann man den Leuten vermitteln, dass die
Leistungshöhen im Sozialen Entschädigungsrecht noch
immer unterschiedlich sind. Die Initiative der Bundes-
regierung ist hier also richtig, denn sie sorgt dafür, dass
Opfer in Ost und West nicht länger benachteiligt wer-
den, und stellt auch klar, dass es in diesem Land keine
Wertigkeit von Opfern gibt und geben darf.

Allerdings stelle ich fest, dass es Missverständnisse
über die Wirkung einzelner Regelungen gibt; so haben
mich Schreiben erreicht, wonach Bürgerinnen und Bür-

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Zu Protokoll ge

(C (D er befürchten, dass der § 87 mit Bezugnahme auf den 56 BVG dazu führen kann, dass die Leistungen des Be ufsschadenausgleichs nach Entwicklung des allgemeien Rentenwerts und des allgemeinen Rentenwerts Ost nterschiedlich angepasst werden könnten. Das würde em Ansinnen des Gesetzes zuwiderlaufen, und hier ollte eine Klarstellung im Wege des parlamentarischen erfahrens erfolgen. Als Behindertenbeauftragte meiner Fraktion begrüße h auch die zusätzlichen Klarstellungen zum persönli hen Budget. Weiterhin ist auch die Regelungsabsicht zu egrüßen, das von SPD und Union auf den Weg gerachte Assistenzpflegebedarfsgesetz zu erweitern. Es oll klargestellt werden, dass auch Berechtigte nach dem undesversorgungsgesetz ihre Pflegekräfte mitnehmen önnen, wenn eine stationäre Behandlung im Krankenaus nötig sein sollte. Wenn Sie diese Regelung treffen, m eine Gleichbehandlung herbeizuführen, frage ich ich allerdings, warum Sie nicht gleich auch den echtskreis auf Menschen ausweiten, die von einem flegedienst versorgt werden. Es ist keinem Menschen ehr zu erklären, warum er seinen Pflegeassistenzbearf nur dann im Krankenhaus erhalten soll, wenn er die flegekräfte selbst beschäftigt. Mittlerweile ist die Praiswirkung der Regelung bekannt, und es ist überfällig, um Beispiel für Menschen mit Lernschwierigkeiten eine eeignete Lösung zu finden. Weiterhin besteht die Frage, arum nicht auch auf den Bereich stationäre Reha auseweitet wird. Was unterscheidet denn am Ende den Aufnthalt ohne Assistenz im Krankenhaus vom Aufenthalt der stationären Reha? In beiden Fällen sind die Ein ichtungen finanziell und personell nicht in der Lage, edarfsgerechte Assistenz und Pflege zu erbringen. Hier bedarf es also aus behindertenpolitischer Sicht och einmal eines größeren Wurfes, der den tatsächlihen Bedarf in den Blick nimmt. Wir debattieren heute das Gesetz zur Änderung des undesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften. er vorliegende Gesetzentwurf berührt einen der Kernunkte des deutschen Sozialversicherungsrechts. Zwar etreffen die vorliegenden Änderungen zahlenmäßig icht außerordentlich viele Menschen, sie zeigen aber ehr deutlich das Verständnis unserer sozialen Sicheungssysteme in Deutschland. Geprägt von der Grundee der Solidarität – dass derjenige, der der Hilfe der emeinschaft bedarf, die ihm zustehende Unterstützung rhält – zeigt sich die Stärke unserer Gesellschaft auch dieser Frage. Da dies die erste Lesung ist, möchte ich gerne ein weig genauer auf den vorliegenden Gesetzentwurf eingeen, der im Wesentlichen drei Punkte betrifft. Erstens. wanzig Jahre nach der Wiedervereinigung werden wir ndlich die Höhe der Rentenleistungen nach dem Bunesversorgungsgesetz in den neuen Bundesländern an ie der alten Bundesländer angleichen. Die bisherige ngleichbehandlung hat in dieser Bundesrepublik keien Platz mehr. Die Angleichung entspricht auch einer ngjährigen Forderung von Betroffenen, Verbänden Paul Lehrieder gebene Reden )

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1710232800




(A) )

und Ländern. Damit sollen die circa 40 000 meist hoch-
betagten Kriegsopfer in den neuen Bundesländern
dieselben Leistungen wie die Kriegsopfer in den alten
Bundesländern erhalten. Dies ist ein weiterer Schritt zur
Herstellung einheitlicher Rechtsverhältnisse in ganz
Deutschland und so zur Verwirklichung der Deutschen
Einheit.

Zweitens. Die Auslandsversorgung und -fürsorge
nach dem Bundesversorgungsgesetz wird reformiert.
Dies war nach der Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs vom 4. Dezember 2008 notwendig geworden,
da bisherige Regelungen des Bundesversorgungsgeset-

(Teilsüdeuropäischen EU-Mitgliedstaaten gegen EU-Recht verstoßen. Die in diesen Staaten gezahlten Leistungen müssen die gleiche Höhe haben wie die Leistungen an Berechtigte mit Wohnsitz in anderen EU-Mitgliedstaaten. Durch unsere Änderungen wird das Recht der Auslandsversorgung und -fürsorge zugleich wesentlich vereinfacht und entbürokratisiert mit dem Ziel einer einheitlichen Auslandsversorgung und -fürsorge für alle Berechtigten im Ausland – auch außerhalb der EU. Drittens. Berechtigte nach dem sozialen Entschädigungsrecht, die durch erlittene gesundheitliche Schäden Nachteile haben, erhalten einen Berufsschadenausgleich. Ebenfalls eine Frage der Entbürokratisierung war die Entscheidung, für die circa 20 000 Berechtigten als Vergleichseinkommen bei der Berechnung neuer Berufsschadenausgleiche zukünftig nur noch die Einkommen des öffentlichen Dienstes heranzuziehen. Somit wird auch an eine bereits seit vielen Jahrzehnten bewährte Systematik in diesem Bereich angeknüpft, die den das Gesetz ausführenden Behörden bekannt ist. Durch eine Besitzstandsregelung wird sichergestellt, dass niemand in Zukunft eine geringere Leistung als bisher erhält. Im Übrigen werden in dem Gesetz Klarstellungen und redaktionelle Änderungen, die aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung und als Folge von Änderungen anderer Gesetze erforderlich geworden sind, vorgenommen. An der ein oder anderen Stelle besteht möglicherweise noch Beratungsbedarf. Mir ist bekannt, dass es aus dem Bundesrat möglicherweise noch Nachbesserungsbedarf gibt, und entsprechende Beiträge werden wir selbstverständlich in die Debatte einbeziehen. Dieser vorliegende Gesetzentwurf enthält wichtige Änderungen für Kriegsopfer und ihnen gleichgestellte Personen. Daher würde ich mich freuen, wenn über die Parteigrenzen hinweg diese Regelungen breite Zustimmung finden würden. Die Bundesregierung hat recht, wenn sie in ihrem Ge setzentwurf als Problem konstatiert: „Auch 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung gibt es immer noch Unterschiede zwischen den alten und den neuen Ländern in Bezug auf die Leistungshöhen im Sozialen Entschädigungsrecht.“ Deswegen – hier sind sich Bundesregierung und die Linke einig – sollte die Höhe der Entschädigungsund Rentenleistungen nach dem Bun d d n L u s m L tu M b e re d n v b fü li s g d la V s s h e s G is r s D d M re n K B 2 u d d a V la d S c h G o G S h d W Zu Protokoll ge (C (D esversorgungsgesetz, BVG, endlich angeglichen weren. Warum dies erst jetzt geschieht, bleibt das Geheimis der Bundesregierung. Es wird höchste Zeit, die eistungshöhen auch im Rentenrecht sowie bei Löhnen nd Gehältern zwischen Ost und West anzugleichen und o bestehendes Unrecht zu verringern. In diesem Zusamenhang erinnere ich nochmals an die 19 Anträge der inken zu verschiedenen Bereichen der Rentenüberleing, welche der Bundestag am 24. Februar 2011 mit ehrheit erneut ablehnte. Da der heute vorliegende Gesetzentwurf direkt Leensbedingungen von Menschen mit Behinderungen beinflusst, muss er sich auch an der UN-Behindertenchtskonvention messen lassen. Dies schließt ein, dass er Bundesbehindertenbeauftragte sowie die betroffeen Menschen mit Behinderungen und ihre Interessenertretungen in das Gesetzgebungsverfahren aktiv einezogen werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verbinden sich r mich jedoch noch weitere Fragen: Wer sind eigentch die Bezieher von Leistungen nach dem Bundesverorgungsgesetz? Warum erhalten Menschen mit verleichbaren Behinderungen nicht auch Leistungen nach iesem, sondern nach anderen Gesetzen? Das BVG sieht ut § 7 BVG Leistungen für Deutsche und deutsche olkszugehörige sowie für andere Kriegsopfer vor, wenn ie ihren Wohnsitz in Deutschland haben und ihre geundheitliche Schädigung im ursächlichen Zusammenang mit dem Dienst in der deutschen Wehrmacht oder inem militärähnlichen Dienst in einer deutschen Organiation bzw. in Deutschland oder einem deutsch besetzten ebiet durch unmittelbare Kriegseinwirkung eingetreten t. Insgesamt sind heute noch laut Bundessozialministe ium rund 250 000 Personen bzw. deren Angehörige verorgungsberechtigt, darunter 8 000 aus dem Ausland. ie über 80 Prozent aus der ehemaligen BRD kommenen Personen erhalten durchschnittlich 400 Euro pro onat, die aus der DDR kommenden Versorgungsbechtigten 240 Euro. Warum gilt das Bundesversorgungsgesetz eigentlich icht für alle Menschen mit Behinderungen? In einer leinen Anfrage zum Contergan-Skandal – dies ist die undestagsdrucksache 17/2915 vom 14. September 010 – fragte die Linke die Bundesregierung: „Wodurch nterscheiden sich die Leistungen an Contergangeschäigte qualitativ und quantitativ von Leistungen gemäß em Bundesversorgungsgesetz, BVG, und was spräche us Sicht der Bundesregierung dafür bzw. dagegen, die ersorgung von Contergangeschädigten auf der Grundge des BVG zu gewährleisten?“ Die Antwort der Bun esregierung lautete: „Leistungen aus dem Bereich der ozialen Entschädigung kann gemäß § 5 des Ersten Buhes Sozialgesetzbuch erhalten, ‚wer einen Gesundeitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche emeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers der aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen rundsätzen‘ einzustehen hat. Erforderlich ist daher ein onderopfer, wie es zum Beispiel Kriegsopfer erbracht aben, oder das Vorliegen eines Aufopferungstatbestanes, wie zum Beispiel bei Menschen, die während des ehroder Zivildienstes oder durch eine Gewalttat ge Dr. Heinrich L. Kolb gebene Reden Dr. Ilja Seifert )

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710232900







(A) )

sundheitlich geschädigt worden sind. Beides ist bei con-
tergangeschädigten Menschen nicht der Fall.“ Ich halte
das für problematisch. Das ist das klassische Denken
nach dem Kausalitätsprinzip: Die Ursache der Beein-
trächtigung ist ausschlaggebend für die Leistung. Wäre
es nicht überfällig, endlich dem Finalitätsprinzip zu fol-
gen? Das hieße: gleicher Leistungsanspruch bei ver-
gleichbarer Beeinträchtigung.

Notwendig ist meines Erachtens auch die gründliche
Prüfung der Einwände des Bundesrates. Dazu gehört,
sicherzustellen, dass von der im Gesetzentwurf vorgese-
henen Anhebung auf die Leistungshöhen in den alten
Ländern auch alle bisher in den neuen Ländern noch ab-
gesenkten Entschädigungs- und Rentenleistungen nach
dem BVG oder den Nebengesetzen – insbesondere nach
dem Gesetz über den Abschluss von Unterstützungen der
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik bei Ge-
sundheitsschäden infolge medizinischer Maßnahmen –
erfasst werden.

Des Weiteren ist die für den Berufsschadenausgleich
und Schadenausgleich in § 87 BVG-E vorgesehene
Übergangs- und Besitzstandsregelung noch einmal mit
Blick auf die beabsichtigte Gewährung gleicher Leis-
tungshöhen im Sozialen Entschädigungsrecht in den
neuen und alten Ländern zu überprüfen, damit mit dem
Gesetz nicht Regelungen eingeführt werden, die zu einer
substanziell erheblichen Verschlechterung bei den Leis-
tungen aus dem Berufsschadenausgleich für betroffene
Geschädigte führen. In diesem Sinne wird die Fraktion
Die Linke den vorliegenden Gesetzentwurf in den Aus-
schüssen konstruktiv diskutieren.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710233000

Im Großen und Ganzen begrüßen wir den vorgelegten

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversor-
gungsgesetzes und anderer Vorschriften, stellt doch die
volle Angleichung der Höhe der Entschädigungs- und
Rentenleistungen in den neuen Ländern ab 1. Juli 2011
an die Leistungshöhen in den alten Ländern einen
wichtigen Schritt zur Herstellung einheitlicher Rechts-
verhältnisse in ganz Deutschland dar. Es ist zudem er-
freulich, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäuße-
rung zur Stellungnahme des Bundesrates ankündigt, die
dort geäußerten Änderungen zu berücksichtigen. Hier-
bei geht es insbesondere um die Erfassung aller bisher
in den neuen Bundesländern noch abgesenkten Entschä-
digungs- und Rentenleistungen nach dem BVG oder den
Nebengesetzen. Wir werden die Bundesregierung beim
Wort nehmen und in den kommenden Ausschussberatun-
gen darauf dringen, insbesondere die für den Berufsscha-
denausgleich und Schadenausgleich in § 87 BVG-E vor-
gesehene Übergangs- und Besitzstandsregelung darauf
zu überprüfen, ob die beabsichtigte Gewährung gleicher
Leistungshöhen in Ost und West auch wirklich eintritt.

Darüber hinaus hat das Gesetz zum Inhalt, die Aus-
landsversorgung im Nachgang zum Urteil des EuGH
vom 4. Dezember 2008, wonach Berechtigte nach dem
BVG mit Wohnsitz in osteuropäischen Ländern der
Europäischen Union keine abgesenkten Leistungen im
Vergleich zu anderen EU-Staaten erhalten dürfen, euro-

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(C (D arechtskonform auszugestalten. Auch diese Regelung t zu begrüßen. Klärungsbedarf besteht von unserer Seite allerdings och bezüglich der Änderung der Regelungen zum Beufsschadenausgleich. So sieht der Berufsschadenausleich vor, in Zukunft wie bei selbstständig tätigen Bechädigten berechnet zu werden. Berechtigte nach dem ozialen Entschädigungsrecht, die durch die erlittene esundheitliche Schädigung berufliche Nachteile haben, rhalten einen Berufsschadenausgleich, zu dessen Bechnung vom BMAS jährlich Vergleichseinkommen be anntgegeben werden, die auf Erhebungen des Statistichen Bundesamtes beruhen. Die Bundesregierung sieht ier Änderungsbedarf, weil viele Berufe heute in dieser orm nicht mehr existierten. Auch die statistische Erittlung der Einkommen habe sich durch EU-Vorschrifn verändert. Allein durch solche statistischen Effekte eien die Vergleichseinkommen zum Teil um mehrere undert Euro gestiegen. Zum 1. Juli 2011 soll die Berechnung – für Neuanäge – auf eine neue Grundlage gestellt werden. Die öhe soll in Zukunft wie bei Selbstständigen ermittelt erden; Grundgehälter der Besoldungsgruppen der undesbesoldungsordnung A. Die Beträge sollen im einelnen Fall zum 30. Juni 2011 festgestellt und dann in en Folgejahren wie die gesetzlichen Renten angepasst erden. Hierfür bedarf es einer Änderung der Berufs chadenausgleichsverordnung. Es ist zum jetzigen Zeitunkt unsererseits nicht absehbar, welche unmittelbaren olgen eine solche Regeländerung mit sich bringt. Dies erden wir im Laufe des parlamentarischen Verfahrens lären müssen. Zum Schluss möchte ich noch kurz auf eine weitere nderung bzw. Ergänzung eingehen. Der vorgelegte Geetzentwurf schreibt explizit fest, welche Leistungen des VG Teil eines persönlichen Budgets im Sinne des § 17 GB IX sein können. Vorbehaltlich der Prüfung, ob dait auch alle budgetfähigen Leistungen abgedeckt weren, ist es durchaus positiv, wenn Leistungsgesetze den habilitationsträgerübergreifenden Rechtsanspruch auf in persönliches Budget entsprechend abbilden. Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 17/5311 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie inverstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlosen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Täterverantwortung – Drucksache 17/1466 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710233100

(A) )


Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1710233200

Gewalt in den eigenen vier Wänden gehört für viele

Frauen und Kinder in Deutschland noch immer zum All-
tag – sicherlich eine unvorstellbare Tatsache für die
meisten von uns. Jährlich flüchten circa 45 000 phy-
sisch, sexuell oder psychisch misshandelte Frauen mit
ihren Kindern in eines der circa 400 Frauenhäuser oder
in vergleichbare Zufluchtswohnungen. Da längst nicht
alle häuslichen Gewalttaten gemeldet werden, haben
wir es in diesem Kontext mit einer hohen Dunkelziffer zu
tun.

Nach über zwanzigjähriger intensiver Arbeit der
Frauenhäuser, die dem enormen Andrang von Gewalt-
opfern kaum gewachsen sind, liegt der Fokus schon seit
einiger Zeit darauf, vermehrt mithilfe interdisziplinärer
Interventionsprojekte das Problem häuslicher Gewalt in
den Griff zu bekommen. Ein Schwerpunkt des Gewalt-
interventionsprozesses soll dabei vor allem auch auf der
sogenannten Täterarbeit liegen. Da häusliche Gewalt
oftmals nicht mit Freiheitsentzug bestraft wird und eine
Geldbuße häufig auch das mit dem Täter zusammenle-
bende Opfer zusätzlich schädigt, erweisen sich Täter-
programme als geeignete Alternative im Umgang mit
Gewaltstraftätern.

Täterarbeit steht dabei für Maßnahmen in Form so-
zialer Trainingskurse, in denen sich gewalttätige oder
potenziell gewaltbereite Männer mit ihren Taten aus-
einandersetzen, die Verantwortung für ihre Gewalthand-
lungen übernehmen und alternative, nicht gewalttätige
Verhaltensweisen erlernen sollen. Diesbezüglich hat die
Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Ge-
walt e. V. bundesweite Standards für qualifizierte Täter-
programme erarbeitet. Langfristig sollen Täter durch
Verantwortungsübernahme und Selbstkontrolle von der
Wiederholung ihrer Taten abgehalten werden. Täter-
arbeit kann damit ein wichtiges Element der Gewaltprä-
vention und des Opferschutzes sein.

Wie die Forschungsergebnisse der wissenschaftli-
chen Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusli-
che Gewalt in Deutschland zeigen, ist die Täterarbeit im
Kontext von Interventionsprojekten eine sinnvolle und
richtige Maßnahme. Zwei Drittel der in der Studie
berücksichtigten Männer haben das Programm abge-
schlossen. Besonders interessant ist in diesem Zusam-
menhang folgende Erkenntnis: Diejenigen Täter, die
aufgrund einer justiziellen Weisung oder Auflage – die
in den letzten Jahren in Fällen häuslicher Gewalt durch
Staats- oder Amtsanwaltschaft in der Praxis bereits an-
gewandt wurden – an einem Programm teilgenommen
haben, schließen dieses signifikant häufiger ab als die
anderen Teilnehmer. Dass sich gewalttätige Männer aus
eigener Initiative heraus zu einem Täterprogramm an-
melden, ist äußerst selten der Fall. Der Druck von außen
trägt also nicht nur zur Absolvierung, sondern auch zum
Abschluss eines Programms bei.

Der Gesetzentwurf zur Täterverantwortung des Bun-
desrates trägt dieser Erkenntnis Rechnung und schlägt
vor, mit einigen Änderungen die Möglichkeiten, Straftä-
ter durch staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Wei-
sungen Täterprogrammen zuzuweisen, zu erweitern. So

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Zu Protokoll ge

(C (D ird § 153 a StPO um die Möglichkeit der Auflage ereitert, dass Staatsanwaltschaft und Gericht das Verhren vorläufig einstellen und den Bebzw. Angeschul igten anweisen können, an einem Täterprogramm ilzunehmen. Die vorgesehene Frist zur Erfüllung die er Auflage wird auf bis zu ein Jahr erweitert. Der Katag bei einer Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 a tGB wird in dessen Absatz 2 um die Möglichkeit der eisung erweitert, dass der Täter an einem Täterproramm teilnimmt. Auch die Bundesregierung hat sich in ihrer Stellungahme positiv zu dem Entwurf des Bundesrates geäußert nd misst der Gewaltprävention und dem Opferschutz ine hohe Bedeutung zu. Es kann nur in unser aller Intesse sein, die häusliche Gemeinschaft und die partner chaftlichen Konflikte zu befrieden und so weit wie mögch aus der öffentlichen Strafverfolgung auszunehmen. urch die Teilnahme an qualifizierten sozialen Traiingsprogrammen werden den Tätern Handlungsalterativen zur Gewalt eröffnet. Erfahrungsgemäß leugnen iese Täter zunächst ihre Gewaltbereitschaft. In den ällen jedoch, in denen sie sich dem Druck eines Straferfahrens ausgesetzt sehen, müssen sie sich auch dieser erantwortung stellen. Oftmals kann der Konflikt nicht elöst werden, solange sich der Täter nicht aktiv mit seier Gewaltbereitschaft auseinandersetzt. Weigert er ich, an einem Täterprogramm teilzunehmen, bricht er s ab oder wird er rückfällig, droht ihm die Konsequenz er strafrechtlichen Verfolgung. Demgegenüber steht die Bundesregierung der Fristerlängerung von sechs Monaten auf ein Jahr im Rahen der Auflage des § 153 a StPO kritisch gegenüber, a diese im Spannungsfeld des Grundgedankens stehe, nerhalb einer überschaubaren Frist eine Entschei ung herbeizuführen, um das Verfahren dann endgültig inzustellen. Hier sollten wir doch nochmals genau hinchauen. Zum einen ist bereits jetzt im Rahmen des 153 a StPO eine Fristverlängerung von drei weiteren onaten vorgesehen; das heißt, sie ist bereits jetzt schon uf faktisch neun Monate möglich. Des Weiteren ist bei er Auflagenweisung der Unterhaltspflichtverletzung ine Frist von einem Jahr bekannt. Demnach ist die rist des § 153 a StPO von der Art der Weisung abhänig. Auf das Täterprogramm bezogen handelt es sich un aber um eine Auflage, bei der sich erweist, dass der rfolg nicht binnen einer kurzen Frist von sechs Monan erzielbar ist. Der Täter unterzieht sich einem langierigen Prozess sozialer Verhaltensänderung. Dies ann nicht von heute auf morgen passieren, sondern es immt viel Zeit in Anspruch. Daher erscheint aus meiner icht die Frist von einem Jahr im Hinblick auf die im esetzentwurf des Bundesrates in Rede stehende Täterruppe durchaus ausgewogen. Die Bundesregierung kritisiert ferner, den Begriff Täterprogramm“. Er sei nicht sachkonform gewählt, a die Weisung, an einem Programm teilzunehmen, beits während des Ermittlungsverfahrens erfolgen kann. er Begriff „sozialer Trainingskurs“ sei die bessere ahl. Dann stellt sich allerdings die Frage, ob diese Berifflichkeit der beabsichtigten Verantwortungsübergebene Reden )





(A) )

nahme des Täters gerecht werden kann, wenn man ledig-
lich von einem „Training“ spricht.

Abschließend darf ich einen weiteren Punkt anspre-
chen, der im Gesetzentwurf des Bundesrates bislang
keine Berücksichtigung findet, über den wir allerdings
in der weiteren Debatte ebenfalls beraten sollten. Oft
bagatellisieren die Täter ihre Tat und weisen die Schuld
von sich. Für die begleitenden Trainer wäre es daher
von großem Vorteil, den gesamten Sachverhalt zu ken-
nen, um ihn in ihre Arbeit einbeziehen zu können. Da-
raus ergibt sich unter Umständen die Notwendigkeit,
personenbezogene inhaltliche Daten aus den Ermitt-
lungs- bzw. Strafakten zugänglich zu machen. Schließ-
lich wären daraus folgende Ergebnisse auch für die Aus-
wertung der Erfahrungsberichte von Bedeutung. Eine
entsprechende Regelung könnte, wie auf Länderebene
bereits diskutiert wird, in § 155 b StPO eingefügt wer-
den.

In der Sache sehen wir den Gesetzentwurf des Bun-
desrates grundsätzlich positiv. Eine Erweiterung der zu-
vor angesprochenen notwendigen personenbezogenen
inhaltlichen Datenübermittlungen für die Arbeit im so-
zialen Trainingsprogramm in § 155 b StPO sollte für die
Zukunft überlegt werden. Insgesamt ist der Gesetzent-
wurf ein weiterer richtiger Schritt auf dem langen Weg
der Bekämpfung häuslicher Gewalt.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1710233300

Die SPD begrüßt den Gesetzentwurf. Der Schutz der

Opfer von Straftaften ist eine wichtige Aufgabe der
Strafjustiz. Grundlage ist das Straf- und Strafverfahrens-
recht, und hier hat der Gesetzgeber vor allem im letzten
Jahrzehnt zur Verbesserung des Opferschutzes schon
viel getan. Der Vorschlag des Bundesrates, der auf die
Initiative von Rheinland-Pfalz zurückgeht, ist nun ein
weiterer Baustein, der das Regelwerk verdichten wird.
Er dient dem vorbeugenden Opferschutz, weil er darauf
abzielt, Gewalttäter künftig verstärkt in Verantwortung
nehmen und auf Verhaltensänderungen hinwirken zu
können.

Konkret geht es darum, den Rahmen dafür zu schaf-
fen, dass Staatsanwälte und Gerichte, die Ermittlungs-
bzw. Strafverfahren einstellen, besser als bisher einem
Täter qua Weisung die Pflicht auferlegen können, an
speziellen sozialen Trainingskursen oder Täterprogram-
men teilzunehmen. Zweck solcher Kurse und Pro-
gramme ist es, Verhaltens- und Wahrnehmungsänderun-
gen auf der Seite des Täters zu bewirken und ihm die
Fähigkeit zu vermitteln, Verantwortung zu übernehmen
und Selbstkontrolle auszuüben.

Grundgedanke ist, dass die Bestrafung der Täter
durch Geldbußen, Geldstrafen bzw. Haftstrafen nicht
automatisch zu einer kritischen Auseinandersetzung der
Täter mit ihrem Gewaltverhalten und zur Beendigung
des gewalttätigen Verhaltens führt. Mit solchen Pro-
grammen können Täter lernen, ihre Wahrnehmungen
und Verhaltensweisen zu ändern. Im Rahmen von struk-
turierten Täterprogrammen finden Gruppensitzungen,
aber auch Einzelgespräche mit den Tätern statt. Sie sol-
len befähigt werden, Verantwortung für ihr Tun zu er-

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Zu Protokoll ge

(C (D ennen, zu übernehmen und sich besser zu kontrollieren. ie Täterarbeit verbreitert somit zugunsten des Opfer chutzes die Möglichkeiten, insbesondere Ersttäter vor em Begehen weiterer Straftaten zu bewahren, und eröht die Chance, dass sich anbahnende kriminelle Karieren erst gar nicht verfestigen. Richtig ist, dass es dieses Instrument grundsätzlich uch schon heute gibt. Bei geringer Schuld kann ein trafverfahren gegen Auflagen oder Weisungen eingetellt werden, und eine solche Weisung kann auch schon eute lauten, an einem speziellen Programm teilzunehen, zum Beispiel an einem Antigewalttraining. Nicht ur, aber gerade auch zur Bekämpfung von häuslicher ewalt und Beziehungsdelikten wird die Täterarbeit chon seit etlichen Jahren als Teil einer Interventionsette eingesetzt, weil die Gewalthandlungen von Tätern egenüber ihrem Partner bzw. Expartner gezielt und trukturiert bearbeitet werden. Erfüllt der Täter die Weiung nicht, drohen ihm Anklage oder Verurteilung. Dies otiviert namentlich solche Täter zur Teilnahme, die islang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getren sind. Allerdings schreibt die Strafprozessordnung bislang or, dass eine Weisung innerhalb von sechs Monaten erllt sein muss. Demgegenüber sind sich die Fachleute nd Praktiker einig, dass ein strukturiertes Programm indestens sechs Monate dauert. Dazu kommen das ufnahmeverfahren und etwaige Folgetermine. In der esetzlichen 6-Monate-Frist liegt somit das Problem in er Praxis. Sie ist schlicht zu kurz. Der vorliegende Entwurf bietet hier eine einfache wie ute Lösung an: Die Frist von sechs Monaten wird auf ine Frist von bis zu einem Jahr verlängert. Dadurch önnen Staatsanwälte oder Gerichte künftig Ermittngsbzw. Strafverfahren einstellen und zugleich die eisung erteilen, dass der Beschuldigte innerhalb eines ahres an einem qualifizierten Täterprogramm teilimmt. Ebenfalls eine gute Lösung hält der Entwurf dafür arat, dass künftig auch bei einer Verwarnung mit Straforbehalt die Teilnahme an einem Täterprogramm angerdnet werden kann. Die Verwarnung mit Strafvorbehalt ach dem Strafgesetzbuch ist praktisch der richterliche Schuss vor den Bug“ des Angeklagten: Das Gericht tellt die Schuld des Täters fest und bestimmt die Strafe, obei die Verhängung der Strafe vorbehalten bleibt; be teht der Täter die Bewährungszeit, bleibt er unbestraft. ie Verwarnung mit Strafvorbehalt hat gegenüber der instellung des Verfahrens den Vorteil, dass sie eine geichtliche Schuldfeststellung enthält. Das kann Opfern ine gewisse Genugtuung verschaffen. Wünschenswert wäre es, wenn in den anstehenden usschussberatungen für den Begriff „Täterprogramm“ ine Alternative gefunden würde. Wie schon das Bundesstizministerium der 16. Legislaturperiode weist auch as jetzige zutreffend darauf hin, dass der Begriff „Tärprogramm“ auf einen Vorschlag der Bundesarbeitsemeinschaft „Täterarbeit Häusliche Gewalt“ zurückeht und mittlerweile feststehender Fachbegriff konkret r diesen Täterkreis ist, und schlägt daher vor, statt des Ansgar Heveling gebene Reden )





(A) )

Begriffs „Täterprogramm“ den Begriff „sozialen Trai-
ningskurs“ zu verwenden.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1710233400

Wir beraten heute eine Initiative aus den Ländern zur

stärkeren Betonung der Täterverantwortung nach Fäl-
len häuslicher Gewalt. Wir greifen damit im Sinne des
Opferschutzes einen Bundesratsbeschluss aus dem Jahr
2008 auf, der in der letzten Wahlperiode nicht mehr be-
raten wurde. Mit dem Entwurf sollen die Möglichkeiten
verbessert werden, Straftäter über staatsanwaltschaftli-
che oder gerichtliche Weisungen qualifizierten Täter-
programmen zuweisen zu können. Es sollen bei den
Tätern Verhaltens- und Wahrnehmungsänderungen er-
reicht und dadurch neuerliche Gewalttaten vermieden
werden. Ziel sind damit zugleich Kriminalitätsverhinde-
rung und vorbeugender Opferschutz.

Aus liberaler Sicht ist die aus dem Gesetzesvorschlag
sprechende Forderung an Straftäter zu begrüßen, Ver-
antwortung zu übernehmen und sich selbst besser zu
kontrollieren. Mit dieser Ausrichtung ergeben sich ge-
rade für nicht vorbelastete Personen Anreize zur Teil-
nahme an entsprechenden Programmen. Dass wir mit
dem Aufgreifen des Länderentwurfes auf einem guten
Weg sind, zeigt auch die Unterstützung durch den Deut-
schen Richterbund. Der Ausbau der Täterprogramme
als Auflage stärkt den Opferschutz deutlich. Es ist nach-
gewiesen, dass Geldstrafen zwar die Opfer mittelbar
selbst treffen, jedoch das Verhalten des Täters nicht ent-
scheidend verändern. Hier würde dann eine pädago-
gisch-therapeutische Maßnahme eher greifen, um neue
Gewalttaten zu verhindern.

Lassen Sie mich dennoch in der ersten Lesung einige
kritische Bemerkungen machen. Jeder, der aus der poli-
zeilichen und staatsanwaltlichen Praxis kommt, weiß,
dass häusliche Gewalt in nahezu gleichem Umfang
Frauen wie Männer trifft. Dies ist ein Tabu in der De-
batte, weil das Gewaltthema gerne ausschließlich bei
Männern abgeladen wird. Gewalt wird aber nicht nur
körperlich, sondern auch psychisch ausgeübt. Wir soll-
ten uns deshalb in den Beratungen mit der Frage befas-
sen, wie auch dieser Form von Gewaltanwendung bes-
ser begegnet werden kann. Die Gesetzesänderungen
müssen den Opfern jedweder Gewalt zugutekommen.

Die Bundesregierung hat auch zu Recht darauf hinge-
wiesen, dass sich im Strafgesetzbuch die Bezeichnung
„Täter“ für noch nicht verurteilte Personen verbietet.
Wir sollten hier nach einer besseren Formulierung su-
chen. Insgesamt ist es aber eine begrüßenswerte Initia-
tive, die wir in den nun beginnenden Beratungen unter-
stützen werden.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710233500

Die Koalition hat sich den Gesetzentwurf des Bundes-

rates zur Stärkung von Täterverantwortung zu eigen ge-
macht, und deshalb debattieren wir ihn heute. Wir sind
uns alle einig darin, dass häusliche Gewalt ein sehr ernst
zu nehmendes Problem ist. Wir sind uns auch einig darin,
dass die Täterverantwortung gestärkt und vor allem die
Präventionsarbeit verbessert werden muss. Wir sind uns
einig, dass Täterprogramme ein guter Ansatz sind, zu

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(C (D erhaltensänderungen beizutragen. Wir sind uns auch lle einig, dass häusliche Gewalt gesellschaftlich geächt gehört. Ich will aber an dieser Stelle darauf hinwei en, dass beispielsweise die Vergewaltigung in der Ehe rst seit 1997 strafbar ist und dass die Dunkelziffer im ereich der häuslichen Gewalt immer noch ausgesprohen hoch ist. Häusliche Gewalt gilt bedauerlicherweise mer noch zu häufig als Kavaliersdelikt. Wir sind uns einig darin, dass Betroffenen häuslicher ewalt schnell und unbürokratisch geholfen werden uss. Aber was passiert beispielsweise im Hinblick auf rauenhäuser? Die Linke fordert eine bundesweit eineitliche Finanzierung der Frauenhäuser und einen unehinderten Zugang für alle betroffenen Frauen und den Kinder, unabhängig von sozialer oder ethnischer erkunft. Täterprogramme sind notwendig und wichtig, ber die Opfer sollten nicht unberücksichtigt gelassen erden. Wenn der Rechtsanspruch auf eine Zufluchtsöglichkeit in allen Fällen von Gewalt als freiwillige eistung gewährt wird, führt das, auch wegen der Steuerolitik der Regierung zulasten der Kommunen, häufig zu eitreichenden Kürzungen und damit zur Einschränkung on Schutzund Hilfsmöglichkeiten. Unser Problem mit dem Gesetzentwurf ist zunächst in rechtspolitisches. Unser Problem ist die Fortschreiung des strafrechtlichen Deals, wie er durch die Verngerung der Frist in § 153 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StPO orgeschlagen wird. Mein Kollege Nešković hat bereits m 16. Februar 2009 in der „taz“ alles Wesentliche azu gesagt: „Nötig ist nicht die Legalisierung des eals, sondern dessen gesetzliches Verbot für alle nicht eringfügigen Straftaten.“ Worum geht es genau: Wir ind uns einig, dass häusliche Gewalt keine geringfügige traftat ist. Warum wollen Sie dann aber die Ausweitung iner bereits bestehenden Dealregelung? Wenn wir uns inig sind, dass in Fällen häuslicher Gewalt zum Opferchutz und zur Prävention Täterprogramme mit dem Ziel urchzuführen sind, Verhaltensund Wahrnehmungsvernderungen zu erreichen, dann ist nicht nachvollziehbar, ass bei Teilnahme an solchen Programmen das Verfahn eingestellt wird. Das heißt doch nichts anderes als: u darfst prügeln, und wenn du danach ein Täterproramm besuchst, dann stellen wir das Strafverfahren ein. as ist ein Skandal. Insofern geht der Gesetzesentwurf n dieser Stelle in die falsche Richtung. Solange der eal im Strafrecht als probates Mittel angesehen wird, önnen wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Dem Gesetzentwurf hätte es aber auch gut zu Gesicht estanden, wenn er umfassender gewesen wäre und leichzeitig sicherstellen würde, dass genügend gute Tärprojekte vorhanden sind. Häufig ist es doch so, dass es eine Therapieplätze gibt und die Prävention und der pferschutz auch daran scheitern. Allein eine Fest chreibung in der StPO führt nicht dazu, dass genügend äterprogramme vorhanden sind. Das erscheint uns zuindest als ein mindestens ebenso großes Problem. Vor iesem Hintergrund fordern wir ein umfassendes Konept im Umgang mit häuslicher Gewalt, zu dem neben er Ächtung derselben die Ausfinanzierung von Frauenäusern und die Bereitstellung von Täterprogrammen ehörten. Christine Lambrecht gebene Reden )








(A) )


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710233600

Das Sanktionenrecht im deutschen Strafrecht ist

immer noch zentral ausgerichtet auf Geld- und Frei-
heitsstrafen. Weitere und effektivere Einwirkungs- und
Ahndungsmöglichkeiten wurden bisher immer nur als
Einzelmaßnahmen und wenig systematisch ins Sanktio-
nensystem eingefügt. Zu erwähnen ist hier an erster
Stelle die Ableistung gemeinnütziger Arbeit. Seit Jahr-
zehnten wird über eine Generalrevision diskutiert, es
gibt viele Vorschläge – nur leider liegen sie nicht auf
dem Tisch, sondern in den Schubladen des Justizministe-
riums und der Rechtspolitik.

Die rot-grüne Koalition hat zweimal – 2002 und 2004 –
Gesetzentwürfe vorgelegt, die letztlich am Widerstand
der Union, der Länder und einer zaudernden SPD ge-
scheitert sind. Die damalige Kritik aus den Reihen der
CDU/CSU, alle Ansätze zur Diversion würden auf eine
Straflosigkeit von Straftätern und auf ein täterfreundli-
ches Strafrecht hinauslaufen, wird – so hoffe ich – heute
nicht mehr so vorgetragen werden. Zu klar und deutlich
ist inzwischen, dass entpönalisierende Maßnahmen sehr
wohl eine messbare spezial- und generalpräventive Wir-
kung haben können und einen Beitrag zum zukünftigen
Opferschutz leisten. Auch die Bundesländer sehen – hof-
fentlich – inzwischen ein, dass die Kosten der Diversion
sich doppelt auszahlen, denn nichts ist teurer als die
Geldeintreibung und der Strafvollzug als einzige Ant-
worten des Strafrechts auf strafwürdiges Verhalten.

Der heute zu diskutierende Vorschlag des Bundes-
rates geht in die richtige Richtung. Allerdings ist das nur
eine minimale Korrektur oder, besser gesagt, Ergänzung
des Sanktionensystems, was ein weiteres Nachdenken
und Arbeiten an einer Reform des Sanktionensystems
nicht ersetzen kann. Aber immerhin: Damit signalisieren
auch die Länder, dass sie den Elementen der Diversion
nicht mehr apodiktisch negativ entgegenstehen.

In der Sache geht es darum, ein aus dem Bereich der
Verfolgung von häuslicher Gewalt entwickeltes Instru-
ment der Einwirkung auf gewalttätige Männer zu einer
allgemeinen Maßnahme im Sanktionensystem zu etablie-
ren. Konkret geht es um sogenannte Täterprogramme,
die von der Bundesarbeitsgemeinschaft „Täterarbeit
Häusliche Gewalt“ entwickelt und mit Erfolg eingesetzt
werden. Diese Täterprogramme sind ein gewaltzentrier-
tes und konfrontatives Unterstützungs- und Beratungs-
angebot zur Verhaltensänderung für gewalttätige Män-
ner, bei dem vielfältige pädagogisch-therapeutische
Ansätze, Konzeptionen und Methoden verfolgt werden.
Solche Programme als Ersatz oder Vorstufe zur Geld-
oder Freiheitsstrafe sind richtige und längst notwendige
Sanktionsmaßnahmen eines modernen Strafrechts. In
der Sache ähneln sie sicher den bereits im Jugendstraf-
recht eingeführten „sozialen Trainingskursen“ als Wei-
sungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 JGG.

Der Bundesrat schlägt vor, solche Täterprogramme
ausdrücklich als Weisungen in Fällen der Einstellung ei-
nes Strafverfahrens nach § 153 a StPO und als Anwei-
sungen bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt nach
§§ 59, 59 a StGB aufzuführen und dabei die Frist zur Er-
füllung der Weisung nach § 153 a StPO auf ein Jahr zu
verlängern.

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(C (D Nach § 153 a StPO ist schon jetzt die Verhängung eier solchen Weisung möglich, was sich aus dem Wort insbesondere“ ergibt. Die Aufzählung der Weisungsöglichkeiten im Gesetz ist nicht abschließend. Allerings bleibt richtig, dass die regelmäßige Frist von echs Monaten zur Weisungserfüllung kontraproduktiv urz ist. Deshalb wird im Verlauf der parlamentarischen eratungen zu prüfen sein, ob es sich nicht anbietet, die rist von sechs Monaten generell auf ein Jahr anzuheen. Für die Weisung, Unterhaltsverpflichtungen nachukommen, ist dies bereits jetzt geltendes Recht. Auch in Fällen der Weisung der Wiedergutmachung es verursachten Schadens oder der Zahlung eines eldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung in Ran sind viele Beschuldigte überfordert, die jeweiligen eisungen innerhalb von sechs Monaten zu erfüllen. nter Umständen würde eine solche generelle Verlänge ung der Frist auf ein Jahr ausreichend sein, um der orderung des Bundesrates nach einer Ausweitung der eisung nachzukommen. Wenn allerdings eine ausdrückliche Erwähnung der eisung im § 153 a StPO in Betracht gezogen wird, um re gewollte erweiterte Verhängung deutlich zu ma hen, dann ist jedenfalls der Auffassung der Bundesreierung zu folgen, wonach es sich verbietet, Beschuligte ohne eine rechtskräftige Verurteilung als „Täter“ u bezeichnen. Auch die Formulierung des Bundesrates, en Begriff „Täterprogramm“ zu verwenden, engt die öglichkeiten der Nutzung dieser Weisung eher ein. enn dieser Begriff ist für Männer, die im häuslichen mfeld gewalttätig werden, eingeführt. Deshalb wird uch im Rahmen von § 59 a StGB eine ähnliche Formuerung, wie sie schon im Jugendstrafrecht vorliegt, voruziehen sein. Wir Grüne werden uns an der parlamentarischen Deatte mit eigenen Vorschlägen beteiligen und erwarten on der Koalition, insbesondere von der Fraktion der DU/CSU, dass der Vorschlag des Bundesrates kon truktiv aufgenommen wird. Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 17/1466 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweiung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Lehren aus dem Dioxin-Skandal ziehen – Ursachen bekämpfen – Drucksache 17/5377 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Gesundheit Die Reden nehmen wir zu Protokoll. )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710233700

(A) )


Franz-Josef Holzenkamp (CDU):
Rede ID: ID1710233800

Erst vor drei Wochen haben wir über das Thema Dio-

xin debattiert. Nun liegt heute ein Antrag der Linken vor,
der sich des Themas erneut annimmt. Doch neu ge-
schrieben ist nicht neu gedacht, werte Kolleginnen und
Kollegen von der Linken. Aber gern lege ich Ihnen noch
einmal die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
zu den Dioxinvorfällen dar:

Im vergangenen Jahr, genauer: am 21. Dezember,
drangen erste Meldungen über erhöhte Dioxinbelastun-
gen von Futtermitteln an die Öffentlichkeit. Am 14. Ja-
nuar – nur 24 Tage später – stellte Bundesagrarministe-
rin Ilse Aigner ihren Aktionsplan zur Sicherheit in der
Futtermittelkette vor. Wiederum nur 19 Tage später, am
2. Februar, billigte das Kabinett mit den Änderungen
zum Lebens- und Futtermittelgesetzbuch erste gesetzli-
che Umsetzungen einzelner Punkte des Aktionsplans.
Das sind nicht einmal anderthalb Monate nach den ers-
ten Dioxinmeldungen! Ich wiederhole: anderthalb Mo-
nate. Wer den zähen, langen Fluss der Gesetzgebung
kennt, der weiß, was dieser Zeitraum bedeutet.

Und was kam in dieser Zeit von der Opposition? Wie-
der einmal nur die übliche Phrasendrescherei, Hysterie
und Angstmacherei. Sie haben Ministerin Aigner Untä-
tigkeit und Überforderung vorgeworfen. Welch ein
Quatsch! Denn die Fakten sprechen eine völlig andere
Sprache: CDU/CSU und FDP haben besonnen reagiert.
CDU/CSU und FDP haben schnell reagiert. Das ist ver-
antwortungsvoller Verbraucherschutz!

Nun mag der eine oder andere sagen, er höre hier mal
wieder das übliche Selbstlob der Regierung. Dem sei die
Aussage der EU-Kommission entgegengehalten. Diese
sagte Mitte Februar sinngemäß, Deutschland habe in
der Dioxinkrise höchst effizient gehandelt. Also, ein di-
ckeres Lob für das Krisenmanagement der Bundesregie-
rung kann ich mir kaum vorstellen.

Bevor ich zu der heute in erster Lesung zu beratenden
Novelle des Lebens- und Futtermittelgesetzbuches
komme, lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den
Dioxinvorfällen sagen. Ich denke, das ist, auch wenn wir
darüber schon debattiert haben, bitter nötig.

Die Rolle, die die Opposition und ein Teil der Medien
hier gespielt haben, war höchst verantwortungslos. An-
statt zur sachlich-fachlichen Aufklärung beizutragen,
überschlug man sich in immer hysterischeren Über-
schriften. Und während der Agrarausschuss des Deut-
schen Bundestages die Vorfälle um das dioxinver-
schmutzte Futtermittel diskutierte, hatte die Opposition
nichts Besseres zu tun, als den Sitzungssaal zu verlassen
und der Presse angebliche neue Skandale in die Feder
zu diktieren. Wir hätten uns eine konstruktive Zusam-
menarbeit mit der Opposition gewünscht. Doch von die-
ser kam, wie so häufig in der Vergangenheit, nur ein de-
struktives Skandalisieren. Ihr Antrag spiegelt diese
oppositionelle Unsachlichkeit beispielhaft wider – und
das alles zulasten der Verbraucher. Der Opposition
scheint nichts am aufgeklärten, mündigen Verbraucher
zu liegen. Nein, der Verbraucher muss Angst haben.
Dann kann man eigene politische Ziele am besten um-
setzen.

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(C (D Dabei wurde dann natürlich geflissentlich überganen, dass wir in den letzten Jahren auch verschiedene ioxinskandale bei Bioprodukten hatten. Dabei wurde ann auch geflissentlich übergangen, dass das Bundesstitut für Risikobewertung die wenigen geringen öchstmengenüberschreitungen von Dioxin in Lebensitteln als für den Verbraucher völlig ungefährlich einestuft hat. Und dabei wurde ebenso übergangen, dass ie Dioxinbelastung der Menschen in Deutschland – gut u messen zum Beispiel am Dioxingehalt in der Mutterilch – seit 1990 kontinuierlich zurückgegangen ist und eute auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten liegt. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie beeiben politischen Missbrauch auf dem Rücken der Verraucher mit dem Ziel, Ihre sogenannte ökologische grarwende zu erreichen. Die Wirklichkeit sieht aber gänzlich anders aus: iese von Ihnen angestrebte Ökologisierung der Landirtschaft verteuert Lebensmittel erheblich. Eben in die er Diskussion offenbaren Sie, wie unsozial Grüne, SPD nd Linke eigentlich sind. De facto ist es doch so: Die moderne, arbeitsteilige nd intensive Landwirtschaft ist dafür verantwortlich, ass die Menschen heute nur 11 Prozent ihres Einkomens für Lebensmittel ausgeben müssen. Die moderne andwirtschaft ist unter anderem dafür verantwortlich, ass die Lebensmittel heute qualitativ so hochwertig ind wie nie zuvor. Die moderne Landwirtschaft produiert für die Verbraucher Lebensmittel gut und preisert. Das nenne ich wirklich nachhaltig! Verschonen Sie ns also bitte mit Ihrem Gerede von der Agrarwende! Niemand will die Situation schönreden. Es hat die erunreinigung des Futtermittels mit Dioxin gegeben. ber warum war das so? Wir haben es hier mit krimineln Machenschaften Einzelner zu tun. Es geht um indiviuelles Versagen, mit erheblichen finanziellen Auswirungen auf viele Tausend ehrlich wirtschaftende äuerliche Familien. Die negative Entwicklung der bäuerlichen Einkomen als Folge der Dioxinpanscherei lassen sich schon an en Schlachtpreisnotierungen für Schweine in den verangenen Wochen ablesen. Gesperrte Höfe, gesperrte eutsche Exporte in Drittländer für Schweineund Geügelfleisch sprechen eine deutliche Sprache. Hier zeigt ich, was von der von der Opposition propagierten ökogischen Systemwende und den darin verborgenen An chuldigungen gegenüber dem modern wirtschaftenden auernstand zu halten ist. Nichts! Die Landwirte und re Familien sind Opfer von Kriminellen, nicht Täter! Nein, wir brauchen keine Agrarrolle rückwärts. Die rundlage der Lebensmittelproduktion ist und bleibt die tensiv und ertragreich wirtschaftende Landwirtschaft. ir müssen vorwärtsschauen und vorwärtshandeln. Was ir, was die Bundesregierung und – das darf nicht veressen werden – was auch die EU plant, sind Maßnahen, um Schwachpunkte in der Futtermittelproduktion o weit zu minimieren, dass in Zukunft die Schlupflöcher r Betrüger noch kleiner werden. gebene Reden )





(A) )

Am 24. März wurde die 41. Verordnung zur Änderung
der Futtermittelverordnung dem Bundestags zugeleitet.
Hierin wird eine Zulassungspflicht für bestimmte Futter-
mittelhersteller sowie eine Trennung der Produktions-
ströme von Fetten und Ölen, die als Futtermittel verwen-
det werden, geregelt. Zudem wird vorgeschrieben, dass
diese Betriebe Eingangsuntersuchungen auf Dioxine
und dioxinähnliche Stoffe durchzuführen haben. Damit
werden die Punkte 1 bis 3 des Aktionsplanes der Bun-
desregierung und der Länder umgesetzt.

Des Weiteren sind Änderungen im Lebens- und Fut-
termittelgesetzbuch in der Umsetzung. Diese betreffen
insbesondere die Punkte 4 und 8 des Aktionsplanes, also
die Meldepflicht von privaten Laboren, wenn sie erhöhte
Werte bei ihren Untersuchungen von Futtermittelproben
feststellen, sowie die Meldepflicht bei internen Untersu-
chung von Unternehmen, bei denen erhöhte Werte fest-
gestellt worden sind. Sie sehen, die Bundesregierung ist
auf einem guten Weg.


Kerstin Tack (SPD):
Rede ID: ID1710233900

Vor mehr als drei Monaten, am 23. Dezember 2010,

wurde bekannt, dass ein skrupelloses Futtermittelunter-
nehmen dioxinbelastetes Futter in Umlauf gebracht
hatte. In der Folge wurden erhöhte Grenzwerte in Eiern,
in Geflügel- und Schweinefleisch nachgewiesen. Meh-
rere Tausend landwirtschaftliche Betriebe wurden ge-
sperrt, und Verbraucherinnen und Verbraucher waren
zutiefst verunsichert.

Die SPD-Bundestagsfraktion legte daraufhin umge-
hend einen Forderungskatalog vor, um Konsequenzen
aus diesem Skandal zu ziehen. Diese wurden dann weit-
gehend in den Aktionsplan des Bundes und der Länder
„Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel,
Transparenz für den Verbraucher“ aufgenommen.

Auch im vorliegenden Antrag der Fraktion Die Linke
„Lehren aus dem Dioxin-Skandal ziehen – Ursachen be-
kämpfen“ finden sich unsere Forderungen wieder; das
freut uns.

Insofern liegt uns aber hier nichts Neues vor, und ei-
nige der geforderten Maßnahmen befinden sich bereits in
der Umsetzung bzw. werden beraten, wie zum Beispiel im
Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel-
und Futtermittelgesetzbuches, LFGB, die Meldepflichten
für private Labore und Planungen für ein Dioxin-
monitoring.

Natürlich ist es aber generell richtig, dass aus dem
Dioxinskandal die nötigen Lehren gezogen werden müs-
sen und das Thema weiter auf die Tagesordnung gehört.
Alle Beteiligten müssen die geplanten Maßnahmen zügig
abarbeiten, und wir als Opposition müssen immer wie-
der darauf hinweisen und nachfragen.

So liegen zum Beispiel auch heute noch keine Planun-
gen für den von uns geforderten weiteren Ausbau der
Rückverfolgbarkeitssysteme vor. Verbraucherinnen und
Verbraucher müssen die Herkunft von Lebensmitteln
und auch Futtermitteln über alle Produktions-, Verar-
beitungs- und Vertriebsstufen lückenlos nachverfolgen

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(C (D önnen. Und dies muss auch europaweit gelten. Wir rauchen im Lebensmittelbereich die gläserne Produkon vom Acker bis auf die Teller der Verbraucherinnen nd Verbraucher, denn nur so kann Vertrauen in die Siherheit von Lebensmitteln wiederhergestellt werden. arin sind wir uns mit der Linken einig. Wir freuen uns auch darüber, dass die Linke in ihrem ntrag unsere Forderung nach einem Informantenchutz aufgreift. Auch wir wollen, dass Zivilcourage gerdert wird, und kritisieren die Bundesregierung, die en Informantenschutz nicht regeln will. Wir fordern, dass Insider, die die zuständigen Behören über Missstände bei ihren Arbeitgebern informien, gesetzlich vor Kündigung geschützt werden. Auch in er Vergangenheit wurden Lebensmittelskandale nur urch Insider aufgedeckt. Eine Regelung für die sogeannten Whistleblower sollte bereits als Konsequenz us dem Gammelfleischskandal im Jahre 2008 gezogen erden. Der damalige Verbraucherschutzminister eehofer konnte sich aber nicht gegenüber der CDU urchsetzen. Und Frau Aigner hat eine Regelung beim tzigen Dioxinskandal gar nicht erst in Erwägung gezoen. Also werden wir als SPD zeitnah einen entsprehenden Gesetzentwurf vorlegen. In dem vorliegenden Antrag der Linken steht auch zu echt, dass das Verbraucherinformationsgesetz, VIG, ndlich zu verbessern ist. Das VIG muss unverzüglich ovelliert und an die neuen Anforderungen angepasst erden. Sämtliche Untersuchungsergebnisse der beieblichen Eigenkontrollen sowie die staatlichen Unter uchungsergebnisse sollen in einer Datenbank veröfntlicht werden. Dies hat unabhängig davon zu eschehen, ob Grenzwerte eingehalten oder unterschritn wurden. Auch auf EU-Ebene muss die Bundesregierung umgeend die Initiative ergreifen, damit eine Positivliste für uttermittel europaweit verbindlich eingeführt wird. Aber auch die Bundesländer sind gefragt. Sie müssen ie notwendigen Maßnahmen ergreifen und ihre Konollsysteme auf den Prüfstand stellen. Ein bundesweit inheitliches Niveau der Lebensmittelüberwachung uss erarbeitet werden, und verstärkte Kontrollen in en Betrieben sind nötig. Die bundesweite Internetplattform mit Lebensmittelarnungen muss endlich freigeschaltet werden. Verraucherinnen und Verbraucher wollen wissen, wohin elastete Lebensmittel geliefert wurden, und müssen ich rechtzeitig informieren können. Um jetzt nicht noch einmal alle SPD-Forderungen zu iederholen, möchte ich abschließend nur noch einmal rundsätzlich feststellen: Es darf bei allen Beteiligten, ie für die Konsequenzen aus dem Dioxinskandal verntwortlich sind, nicht bei bloßen Absichtserklärungen leiben, sondern Taten müssen folgen. Verbraucherinen und Verbraucher erwarten zu Recht Ergebnisse, um ieder auf die Qualität der Lebensund Futtermittel ertrauen zu können. Franz-Josef Holzenkamp gebene Reden )





(A) )


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1710234000

Wir sind sehr dafür, Lehren aus dem Dioxinvorfall zu

ziehen, und wir haben dies längst getan. Der Antrag
kommt also zu spät.

Als Erstes sollten wir uns bewusst sein, dass die Ur-
sache des Dioxinvorfalls nach bisheriger Kenntnis auf
kriminelles Handeln zurückzuführen ist. Das bewusste
Fehlverhalten des Betriebes hat zu dem überhöhten Ge-
halt an Dioxin in Fettsäuren geführt, die Futtermischun-
gen beigemengt und verfüttert wurden. Für Schweine
und Geflügel ist das Beimengen von Futterfetten zum
Getreidefutter für eine gesunde Ernährung wichtig. Ge-
gen bewusstes Fehlverhalten helfen keine Gesetze. Die
Erwartung, dass es nie wieder einen Dioxinfall geben
wird, geht ins Leere.

Die intensive Beschäftigung mit Dioxin hat auch
deutlich gemacht, dass in den letzten 20 Jahren viel er-
reicht wurde: Die Hintergrundbelastung mit dem Um-
weltgift Dioxin ist auf ein Drittel gesunken. Das ist ein
großer Erfolg. Er wurde erzielt durch eine bessere Fil-
tertechnik, durch eine verbesserte Steuerung von Ver-
brennungsprozessen. Dennoch müssen wir den Men-
schen sagen, dass Dioxine vorhanden sind, die sich nur
langsam abbauen, und dass immer wieder auch neue
entstehen. Durch die im Januar aufgefundenen erhöhten
Gehalte von Dioxinen in Tierfutter sowie auch in tieri-
schen Produkten wurde zu keinem Zeitpunkt die Gesund-
heit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet.

Opfer des Dioxinvorfalls sind insbesondere kleinere
landwirtschaftliche Betriebe, die das Futter für ihre Tiere
selbst mischen. Wer den Dioxinvorfall jetzt noch thema-
tisiert, nachdem die Bundesregierung ihr 14-Punkte-
Programm beschlossen und auf den Weg gebracht hat
– die Gesetzesberatung beginnt nächste Woche –, hat da-
her kaum den Schutz der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher im Auge, sondern will denen schaden, die bisher
schon unter dem Vorfall am meisten gelitten haben: die
landwirtschaftlichen Betriebe.

Vor diesem Hintergrund ist es unsere Aufgabe, dafür
zu sorgen, dass Fehlverhalten erschwert, Verstöße
schneller entdeckt werden. Deshalb soll eine Zulas-
sungspflicht für alle Betriebe eingeführt werden sowie
eine Trennung der Produktionsströme von Fettsäuren,
die für Futtermittel verwendet werden sollen, und denen,
die technisch verwendet werden. Wir wollen eine Positiv-
liste für Futtermittel. Die Betriebe werden verpflichtet,
ihr Haftungsrisiko abzusichern. Wir brauchen verbindli-
che Vorgaben für Eigenkontrollen, eine Meldepflicht bei
Gefahr, die Absicherung der Rückverfolgbarkeit. Bund
und Länder müssen zusammenarbeiten, um Qualitäts-
managementsysteme flächendeckend zu evaluieren, eine
verbesserte risikoorientierte Futtermittelkontrolle auf
den Weg zu bringen und ein Dioxinmonitoring zu instal-
lieren.

Bereits am kommenden Montag findet die Anhörung
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zum Gesetz zur Änderung des Le-
bens- und Futtermittelgesetzbuches statt.

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(C (D Warum also dieser Antrag? Ganz klar, Sie möchten ar nicht in der Sache weiterkommen. Ihr Antrag soll uggerieren, dass unsere Lebensmittel nicht sicher eien. Das trifft nicht zu. Mit Ihren unrealistischen Forerungen verunsichern Sie Konsumenten und Produzenn, vertreiben Unternehmen ins Ausland, verteuern die roduktion in Deutschland und schaden letztendlich em Verbraucher mehr, statt ihn zu stärken. Sie bedienen die Sorgen und Ängste der Verbraucheinnen und Verbraucher, statt ihnen Orientierung zu geen. Gefährdungen durch Lebensmittel passieren zueist dann, wenn Hygienevorschriften nicht beachtet erden. Letztes Jahr sind Menschen an mit Listerien ontaminiertem Käse gestorben, in diesem Jahr wurde iederum in Nordrhein-Westfalen vor Käse gewarnt, der it Listerien belastet war. Die Thematisierung von chadstoffen verursacht eine verzerrte Risikowahrnehung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gemeinsam sind jetzt der Bund und die Länder in der flicht, entsprechend dem 14-Punkte-Programm „Unbeenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transpanz für den Verbraucher“, dem alle zugestimmt haben, u handeln. Dabei gilt es, mit Augenmaß zu handeln, eine bürokratischen Monster zu errichten und nicht Danmengen anzuhäufen, die niemand überblicken kann. ir wollen Transparenz, und wir wollen gleichfalls, dass ie Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Nuten stehen. Eines zum Schluss: Bei aller Pflicht zur Vorsorge, wir ürfen unsere Verantwortung für die eigentlich Geschäigten, die Landwirte der gesperrten Betriebe, welche hne eigenes Verschulden in existenzielle Notlage geran sind, nicht vergessen. Agrarpolitik könnte so schön sein: Wiesen, Wälder nd Traktoren. Das sind Themen, mit welchen ich mich erne beschäftigen würde. Stattdessen müssen die Mitlieder des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft nd Verbraucherschutz, ELV, in regelmäßigen Abstänen Skandale aufarbeiten. Erinnern wir uns an BSE der die Berge von brennenden Tierkadavern in der KS-Krise oder ans Gammelfleisch oder eben an den uttermittelskandal Anfang des Jahres 2011: Kaum war ie letzte Silvesterrakete explodiert, platzte die Dioxinombe! Illegale Panscherei in der Futtermittelindustrie erchütterte das politische Berlin. Belastetes Industriefett ar mindestens über Monate hinweg ins Tierfutter geischt worden, und keiner hatte es gemerkt. Das hochelobte QS-Prüfsystem – unter Renate Künast als Alleilmittel eingeführt – hat dieses kriminelle Handeln icht eindämmen können. – Das ist die eine Schwachtelle im System. Die andere ergibt sich aus der hochriskanten Art und eise, wie heutzutage Futtermittel hergestellt werden. as Risiko ergibt sich zunächst aus der offensichtlich riminellen Motivation einiger Manager zur Profitmaxiierung durch Kostenminimierung bei Rohstoffen, oft gebene Reden )

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710234100




(A) )

genug auch auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter.

Und es gibt drei weitere wesentliche Risiken: erstens
Kenntnislücken über Eintragsrisiken des Umweltgiftes
Dioxin in die Lebensmittelkette, zweitens die hohe An-
zahl von Futtermittelzusätzen, drittens die sehr komple-
xen Lieferbeziehungen in der Futtermittelbranche, die
zur Folge haben, dass Tausende Höfe in mehreren Bun-
desländern vorsorglich gesperrt werden mussten, weil
ein Futtermittelhersteller kriminell gehandelt hat. Diese
Betriebe hatten keinerlei Chance, diesem Risiko zu ent-
gehen. Der Schweinemarkt brach zusammen, gegensei-
tige Schuldzuweisungen füllten wochenlang die Medien.
Eine ganze Branche stand unter Verdacht.

Die Linke meint, der Dioxinskandal wäre vermeidbar
gewesen, wäre bereits nach den Erfahrungen aus frühe-
ren Skandalen ein wirklich wirksames, bundesweites
Kontrollsystem installiert worden. Hier haben alle Bun-
desregierungen der jüngeren Vergangenheit versagt.

Die Bundesregierung will nun konsequent handeln –
leider aber wieder unzureichend, weil nicht strategisch
und strukturverändernd. Bundesagrarministerin Aigner
legte einen 10-Punkte-Plan vor und verständigte sich
mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern der
Länder auf einen 14-Punkte-Plan. Das war ein erster
Schritt, dem nun aber Taten folgen müssen. Der Bund-
Länder-Plan enthält Maßnahmen und Gesetzesvorha-
ben, die eine Wiederholung des Dioxinskandals verhin-
dern sollen. Einiges davon hat auch Die Linke gefordert,
und das unterstützen wir natürlich; aber insgesamt wird
das nicht ausreichen. Zum Beispiel fehlen dringend not-
wendige Forschungsvorhaben zu Einschleppungsrisiken
von Umweltgiften in die Lebensmittelkette. Auch eine
systematische Überprüfung der Kontrollsysteme ist eine
Fehlstelle, mal abgesehen davon, dass an den strukturel-
len Ursachen in der Branche kaum gerüttelt wird. Aber
genau hier muss aus Sicht der Linken ein strategisches
Handlungskonzept ansetzen.

Leider werden von den 14 Bund-Länder-Vorhaben
nur ganze zwei im Deutschen Bundestag als Gesetzent-
würfe behandelt: das Lebensmittel- und Futtermittelge-
setzbuch, LFGB, zu dem in der kommenden Woche eine
Anhörung des ELV-Ausschusses stattfindet, und eine
Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes. Die
Linke sieht es als wenig nachvollziehbar an, dass we-
sentliche Entscheidungen – zum Beispiel Trennung der
Produktionsströme, verbindliche Anforderungen an das
Eigenkontrollsystem der Unternehmen und die Zulas-
sungspflicht für die Futtermittelbetriebe – in Rechtsver-
ordnungen geregelt und damit nicht im Parlament be-
handelt werden sollen. Das sind wesentliche Fragen, die
wegen ihrer Bedeutung für die Verbraucherinnen und
Verbraucher vom Parlament entschieden werden soll-
ten.

Der Entwurf einer Änderung der Futtermittelverord-
nung liegt mittlerweile auch auf dem Tisch. Die Futter-
mittellobby hat bereits Protest angemeldet und kritisiert
angeblichen politischen Aktionismus. Ministerin Aigner
wird also Schwierigkeiten haben, selbst die meiner Mei-
nung nach wenig ambitionierten Vorhaben gegen die ge-

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(C (D allte Lobby durchzusetzen. Wettbewerbsverzerrungen erden befürchtet und ein nationaler Alleingang abgehnt – am besten solle alles fast so bleiben, wie es war, ndet die Industrie. Aber ein „Weiter so“ darf es aus einer Sicht auf gar keinen Fall geben. Aus Sicht der Linken sind Aigners Vorschläge nicht usreichend. Es müssen weitergehende Konsequenzen ezogen werden. Wir meinen, der Dioxinskandal darf icht nur Änderungen kosmetischer Natur zur Folge haen, sondern muss an die Basis der Futtermittelprodukon und -kontrolle heran. Darum bringen wir heute uneren Antrag „Lehren aus dem Dioxin-Skandal ziehen – rsachen bekämpfen“ in den Bundestag ein. Wir fordern, die strukturellen Defizite in der Lebensittelund Futtermittelkontrolle zu beseitigen. Wir woln, dass Landwirtinnen und Landwirte genauso wie erbraucherinnen und Verbraucher vor schädlichen mwelteinflüssen und Giften geschützt werden. Der unr Rot-Grün begonnene zunehmende Ersatz staatlicher ontrollen durch Eigenkontrollen der Betriebe – nach eren eigenen Regeln – hatte verheerende Folgen. Aus nserer Sicht wird ein strategischer Ansatz zur Lösung es Problems gebraucht. Das heißt, die gesamte Produkonskette mit den Stoffkreisläufen vom Acker bis zum eller muss wirksam unter Kontrolle genommen werden. Wir schlagen ein betriebliches Zertifizierungssystem ach strengen gesetzlichen Vorgaben – das ist sehr wichg – für die gesamte Erzeugungskette vom Stall bis in ie Ladentheke vor. Das wurde uns übrigens schon mal der Anhörung zum Gammelfleischskandal vor einigen ahren empfohlen, und wir greifen das jetzt auf. Die daaus entstehenden Mehrkosten sollten branchensolidaisch umgelegt werden. Das Zertifikat muss auf strengen esetzlichen Regeln basieren und die einzelnen Marktilnehmer und ihr Handeln überwachen. Für jede Futrmittelcharge sollte vor der Verarbeitung zu einem ischfutter die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. abore sollten verpflichtet werden, über auffällige Bende den Behörden zu berichten, das heißt in Ver achtsfällen oder bei Grenzwertüberschreitungen in uttermitteln. Die Berliner Verbrauchersenatorin der inken, Katrin Lompscher, hält die von der Bundesregieung vorgesehene Meldepflicht nicht für weitgehend geug, wie sie in ihrer Stellungnahme zur LFGB-Anhörung m 11. April 2011 schreibt. Sie fordert eine Ausweitung er Meldepflicht auf jede Person, die beruflich mit Leensoder Futtermitteln zu tun hat und Unstimmigkeiten abei feststellt. Aigner will sie auf Laboratorien bechränken. Die Linke will die staatlichen Kontrollen tärken, indem zum Beispiel die Zusammenarbeit der änder weiter verbessert und der Zugang zu allen Beiebsdaten der Erzeugerkette ermöglicht wird. Der Dioxinskandal hat nicht nur Verbraucherinnen nd Verbraucher verunsichert – der Run auf Bio-Eier ar ein deutliches Signal, denke ich –, sondern auch iele Landwirtinnen und Landwirte hart getroffen. Ihre irtschaftliche Existenz wurde bedroht. Der Lieferstopp orgte für fehlende Einnahmen auf vielen Bauernhöfen. inzu kommt noch der Vertrauensund Kundenverlust urch jeden weiteren Lebensmittelskandal. Einzig der Dr. Kirsten Tackmann gebene Reden Dr. Kirsten Tackmann )








(A) )

kriminellen Gier und Skrupellosigkeit einiger Weniger
ist es zu verdanken, dass eine ganze Branche so schwer
erschüttert werden konnte.

Dabei sind die meisten Landwirtinnen und Landwirte
völlig unschuldig in diese Situation geraten. Die Linke
fordert, die betroffenen Betriebe mit ihren finanziellen
Schwierigkeiten nicht alleinzulassen und Entschädi-
gungsleistungen zu ermöglichen, beispielsweise über die
Landwirtschaftliche Rentenbank. Per Gesetz sollte für
zukünftige Schadensfälle ein Ausgleichsfonds geschaf-
fen werden. Dieser muss von der Futtermittelindustrie
finanziert werden. Haftpflichtregelungen reichen nicht,
weil sie bei vorsätzlichem Handeln nicht greifen.

Abschließend noch ein Wort zum Thema Forschung.
Die wird ja immer gern vergessen, ist jedoch die Grund-
lage für die Politikberatung, also für unser Handeln im
Deutschen Bundestag. Wir brauchen ein veterinärepide-
miologisches Zentrum, das sich zum Beispiel auch mit
den Eintragsrisiken von Umweltgiften in die Nahrungs-
mittelkette befasst, und wir brauchen die Entwicklung
von zuverlässigen und schnelleren Diagnostikmethoden.
Aber statt die politikberatende Forschung zu stärken,
wird die Bundesressortforschung seit Jahren und seit
mehreren Bundesregierungen immer weiter zusammen-
gestrichen. Das kritisiert die Linke schon seit Jahren.
Gemeinsam mit den Bundesländern muss eine Strategie
zur Sicherung der Futtermittelsicherheit erarbeitet und
ständig weiterentwickelt werden. Gesetzgeberische Lü-
cken müssen identifiziert und konsequent geschlossen
werden.


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710234200

Der Dioxin-Skandal, der im Januar Deutschland be-

wegte, ist inzwischen aus der Presse verschwunden.
Ausgestanden ist er damit noch lange nicht. Noch immer
kämpfen Betriebe mit den Folgen des Skandals und noch
immer sind die Quellen des Dioxins nicht restlos aufge-
klärt. Die Verwaltungen von Bund und Ländern bringen
nach und nach den 14-Punkte-Dioxinaktionsplan in
Rechtsform, und der Bundestag wird die Beratungen
über die Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetz-
buches am Montag mit einer öffentlichen Anhörung be-
ginnen. Das alles geschieht nicht wirklich im Eiltempo,
und vieles, was die Bundesregierung bisher vorgelegt
hat, bedarf noch der Konkretisierung und muss sich erst
noch als praxistauglich erweisen. Dennoch haben Bund
und Länder da, wo sie tätig werden, unsere Unterstüt-
zung.

Was fehlt, sind die politischen Konsequenzen aus der
Dioxinkrise. „Lehren aus dem Dioxin-Skandal ziehen –
Ursachen bekämpfen“ lautet die Überschrift des hier
debattierten Antrags der Linken. Genau daran mangelt
es nach wie vor, und auch der Antrag der Linken hat
dazu nicht viel anzubieten. Im Antrag der Linken fehlt,
was die Bundesregierung von Anfang an versäumt hat:
die politischen Konsequenzen aus dem Dioxinskandal zu
ziehen.

Der politische Skandal im Dioxinskandal ist doch
nicht der Mangel an technischen und juristischen Nach-

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(C (D esserungen. Da machen die Verwaltungen gute Arbeit. er politische Skandal ist, dass die Koalition politisch berhaupt keine Konsequenzen gezogen hat, sondern ehr denn je auf ein „Weiter so!“ setzt, was früher oder päter in den nächsten Lebensmittelskandal führen wird. as große Versagen der Bundesregierung im Dioxin kandal besteht darin, dass sie die Zeichen der Zeit nicht rkannt hat, dass sie einmal mehr den Ruf aus der Bevölerung nach einem radikalen Systemwandel ignoriert nd die überfällige Agrarwende verpasst. Dabei lautet ie entscheidende Frage doch, ob wir in der Landwirtchaft eigentlich noch auf dem richtigen Weg sind mit er Industrialisierung, Exportorientierung und industrilisierten Massentierhaltung oder ob uns nicht dieses ystem der Agrarfabriken in die Sackgasse geführt hat. Die Bürgerinnen und Bürger haben diese Frage beits beantwortet. Sie sind informiert; sie sind auf den tand der Dinge, und sie sagen eindeutig: Dieses System ergiftet unsere Nahrung und macht uns als Konsumenn zur Müllkippe, zerstört unsere Umwelt, hält das Miteschöpf Tier in unerträglichen Verhältnissen und egradiert es zum Produktionsfaktor, das man mit demelben Müll füttern kann wie ein Kraftwerk. „Hauptsache billig!“ – das ist die Logik der Agrardustrie, und da braucht man sich nicht wundern, wenn ir alle Jahre wieder Lebensmittel als Sondermüll ent orgen müssen. Dieser Logik der Agrarindustrie ist die chwarz-gelbe Koalition vor dem Dioxinskandal gefolgt, nd dieser Logik folgt sie jetzt immer noch. Dabei hat rau Aigner durchaus einige positive Versuche gestart. Aber wo immer die Ministerin versucht, etwas anzuacken, und sei es auch nur symbolisch, stehen die remser und Saboteure aus den eigenen Reihen schon ereit: Verbot des Kleingruppenkäfigs – von der FDP lockiert. Verbot des Schenkelbrands bei Pferden – vom ierschutzbeauftragten der CDU/CSU-Fraktion Stier it zweifelhaften Mitteln und einer Lobbykampagne be ämpft. Aigners Kampagne „Wahrheit und Klarheit“ – on der Koalition im Agrarausschuss unter Demütigung er anwesenden Ministerin zerrissen. Die Charta für andwirtschaft – vom Bauernverband mit seinen zahlichen CDU/CSU-Mehrfachfunktionären auf das Hefgste bekämpft. Eine ökologische EU-Agrarreform – instweilen aus Rücksicht auf den CSU-Kollegen Deß bgesagt. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Am Ende teht die Ministerin nicht zu ihren Ankündigungen, sonern erklärt pflichtgemäß: Keine Agrarwende! Wir sagen: Die Agrarwende in die Zukunft muss komen, und die Zeichen in Brüssel stehen nicht schlecht. ie EU-Agrarreform wird zeigen, ob Ilse Aigner am nde als Reformerin oder als Requisite des Bauernverands dastehen wird. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/5377 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlossen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710234300




(A) )

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Bettina
Herlitzius, Monika Lazar, Winfried Hermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Frauenquote bei Gremienbesetzungen durch
das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung konsequent einhalten

– Drucksache 17/5257 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Auch diese Reden nehmen wir zu Protokoll.


Patrick Schnieder (CDU):
Rede ID: ID1710234400

Zunächst möchte ich feststellen: Die Bundesregie-

rung ist bei der Berufung und Entsendung von Frauen in
Gremien ein gutes Stück vorangekommen. Dies belegt
der Fünfte Gremienbericht für den Zeitraum 30. Juni
2005 bis 30. Juni 2009. Wir wollen aber hier nicht ste-
hen bleiben. Denn trotz erheblicher Fortschritte ist eine
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in
Gremien noch nicht gegeben.

Um weitere Verbesserungen zu erreichen, will die
Bundesregierung das Bundesgremienbesetzungsgesetz
novellieren. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen
und Männern ist Ziel dieses Gesetzes. Eine starre Frau-
enquote – wie in Norwegen – sieht das Gesetz für die
Gremien des Bundes nicht vor. Das Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat bei seinen
Gremienbesetzungen aber bereits jetzt versucht, darauf
hinzuwirken, dass eine gleichberechtigte Teilhabe von
Frauen und Männern in Gremien geschaffen und erhal-
ten wird.

Das BMVBS hat im Gleichstellungsplan für die Jahre
2010 bis 2013 eine ganze Reihe von Maßnahmen festge-
halten. Nach dem Bundesgremienbesetzungsgesetz ist
jede vorschlagsberechtigte Stelle bei der Besetzung von
Gremien im Bundesbereich grundsätzlich verpflichtet,
für jeden ihr zustehenden Gremiensitz jeweils eine Frau
und einen Mann gleicher Eignung zu benennen. Die
Verpflichtung zur Doppelbenennung entfällt nur in eini-
gen Ausnahmefällen; die Gründe hierfür müssen schrift-
lich angegeben werden. Das jeweils zuständige Fachre-
ferat bemüht sich darum, Frauen für Gremienfunktionen
zu gewinnen. Der alleinige Hinweis auf die Beachtung
der Vorschriften des Gremienbesetzungsgesetzes reicht
nicht aus. Die Gleichstellungsbeauftragte ist bei den
Gremienbesetzungen zu beteiligen.

Die im Antrag angesprochenen Gremien muss man
differenziert betrachten.

Das Kuratorium Nationale Stadtentwicklungspolitik
zielt auf eine breite Verankerung der nationalen Stadt-
entwicklungspolitik in der Fachöffentlichkeit. Mitglie-
der sind: die Vorsitzenden bzw. Präsidenten der Baumi-
nisterkonferenz, die kommunalen Spitzenverbände, die
für die Belange der Stadtentwicklung relevanten Ver-

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(C (D ände, Kammern und Vereinigungen sowie in Fragen er Stadtentwicklungspolitik fachlich profilierte Einzelersönlichkeiten. Die Bundesregierung hat bei den Veränden und Kammern keinen Einfluss auf die Benennung er Vertreter. Gegenwärtig sind 10 von 42 Mitgliedern rauen. Der Anteil der Frauen an dem unabhängigen Fachutachtergremium zur Beurteilung der eingegangenen teressenbekundungen für die zweite Förderrunde im ahmen des ESF-Bundesprogramm „Soziale Stadt – ildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier ägt 53 Prozent. Die Forderung ist daher hier bereits rfüllt. Zudem mussten alle Gutachterinnen und Gutachr ihre spezifischen Kompetenzen im Bereich der leichstellung darlegen. Darüber hinaus berücksichtigt ie im Rahmen der zweiten Förderrunde überarbeitete örderrichtlinie zum Programm BIWAQ den Gleichstelngsaspekt umfassend. So wird die Chancengleichheit on Frauen und Männern im Zuge aller verfahrensbezoenen, fachpolitischen und zielgruppenspezifischen Akvitäten besonders berücksichtigt. Zudem wird analog um Operationellen Programm des Bundes für den ESF die Gesamtkoordination aller ESF-Bundesprogramme egt übrigens beim BMAS – angestrebt, Frauen und änner zu jeweils 50 Prozent an den Projektteilnahmen nd am Budget zu fördern. Die Forderung, dass bei der Benennung von Mitglieern für projektgebundene Fachjurys, Arbeitsund Ausahlgremien durch das BMVBS mindestens zur Hälfte rauen zu berücksichtigen sind, ist bereits erfüllt. Geäß den §§ 1 und 2 Bundesgremienbesetzungsgesetz nterliegen grundsätzlich alle Gremien im Einflussbeeich des Bundes dem Bundesgremienbesetzungsgesetz. ür diese Gremien gilt das Ziel einer gleichberechtigten eilhabe von Frauen und Männern. Zudem will die Bundesregierung prüfen, welche Mehanismen geeignet sind, um die Umsetzung des Gesetesziels in den vom Geltungsbereich betroffenen wesentchen Gremien transparenter zu machen und zu konollieren. Eine Verpflichtung zur Erstellung und Führung einer iste aller Gremien sieht das Bundesgremienbesetungsgesetz nicht vor. Der Fünfte Gremienbericht der undesregierung empfiehlt in seinen Schlussfolgerunen jedoch, dass künftig „in allen Ressorts an zentraler telle Listen aller Gremien geführt werden, die unter en Anwendungsbereich des Bundesgremienbesetzungsesetzes fallen“. Dies beträfe damit auch das BMVBS. Rahmen einer Ressortarbeitsgruppe soll unter Feerführung des Bundesfamilienministeriums darüber hiaus eine Liste mit allen wesentlichen Gremien erstellt erden. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Der Antrag er Grünen ist in der Sache nicht falsch, er ist gut geeint, aber er ist überflüssig, denn die Bundesregierung at alle genannten Forderungen längst schon erfüllt zw. auf den Weg gebracht. )


(A) )


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1710234500

Das Thema Frauenquote in der Wirtschaft wird zur-

zeit intensiv diskutiert. Wir Sozialdemokratinnen und So-
zialdemokraten fordern mindestens 40 Prozent für Auf-
sichtsräte und Vorstände. Das muss aber auch für die
Gremien des Bundes gelten. Werfen wir doch einmal ei-
nen Blick in die Aufsichtsgremien der Deutschen Bahn
AG: Der Bund hat in den meisten Fällen keine einzige
Frau in den Aufsichtsrat entsandt. Das ist nicht hinnehm-
bar. Wir können nicht auf der einen Seite die Wirtschaft
auffordern, mehr für Frauen in Führungspositionen zu
tun, und auf der anderen Seite bei Gremienbesetzungen,
die im Einflussbereich des Bundes liegen, untätig blei-
ben. Das nimmt uns doch keiner ab!

Das Bundesgremienbesetzungsgesetz hat zwar zu
kleinen Erfolgen geführt – der Frauenanteil in den Gre-
mien des Bundes ist im Jahr 2009 auf 24,5 Prozent ge-
stiegen –, jedoch verläuft die Entwicklung zu langsam.
Das geht auch aus dem Fünften Gremienbericht der
Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz
hervor: „15 Jahre nach Verabschiedung des BGremBG
liegt das Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von
Frauen und Männern noch immer in weiter Ferne. Ge-
rade einmal jede vierte Gremienposition ist mit einer
Frau besetzt. Gut jedes zehnte Gremium ist weiterhin
rein männlich.“ (Seite 34)


Dieses Gesetz ist zwar gut gemeint, aber die geringen
Fortschritte machen deutlich, dass das Gesetz viel zu
schwach ist. Es fehlen verbindliche Zielgrößen, Kon-
troll- und Sanktionsmechanismen. Hier muss dringend
nachgebessert werden. Ansonsten können wir uns in den
nächsten fünf Jahren wieder nur über einen Zuwachs
von knapp 5 Prozent freuen. Angesichts der vielen gut
ausgebildeten Frauen in unserem Land ist das ein Hohn.
Wir vergeuden wichtige Potenziale.

Besonders deutlich werden diese Defizite am Beispiel
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung. Das Verkehrsministerium hat den drittgrößten
Anteil an Gremien aller Ressorts, belegt jedoch mit ei-
ner Frauenbeteiligung von 17 Prozent einen der hinters-
ten Ränge.

Ebenso traurig sieht es beim Frauenanteil in Lei-
tungsfunktionen aus: Mit einem Frauenanteil von nur
20 Prozent belegt das Verkehrsministerium innerhalb
der obersten Bundesbehörden einen der hintersten Ränge.
Alle fünf Staatssekretärsposten sind fest in Männerhand,
und unter den neun Abteilungsleitern ist nur eine Frau.
Hier liegt einiges im Argen.

Die Unterrepräsentanz von Frauen in leitenden
Funktionen setzt sich in den Gremien fort.

Wo keine Frauen in den unteren Ebenen sind, können
nur schwer welche in den Gremien sein. Andersherum
gilt auch: Fehlen Frauen in den Gremien, so fehlen auch
die Vorbilder und der Druck, in den unteren Ebenen – an
den Strukturen – etwas zu verändern. Daher sind wir So-
zialdemokratinnen und Sozialdemokraten auch hier für
eine verbindliche Quote von 40 Prozent.

Das Bundesgremienbesetzungsgesetz muss dringend
novelliert werden. Dabei sind folgende Punkte von be-

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(C (D onderer Bedeutung: Die Novellierung muss dazu beiagen, dass die Gremienbesetzung transparent gestaltet ird, dass es verbindliche Zielvorgaben gibt – auch hier rdern wir 40 Prozent –, wie in der Wirtschaft, und dass ontrollund Sanktionsmechanismen eingeführt weren, weil sonst alle Vorgaben nichts weiter als ein zahnser Tiger bleiben. Dabei ist es natürlich wichtig, dass ie Forderungen zur Novellierung des Gremienbesetungsgesetzes nicht nur für das Verkehrsministerium, ondern für alle Bundesministerien gelten. Auch aus Europa kommt immer mehr Druck, den lick auf die Frauenförderung zu erweitern: Mithilfe eier Frauenquote soll endlich mehr Geschlechtergerechgkeit in Aufsichtsräten erreicht werden. Auch die EU at es begriffen. An der Quote führt kein Weg vorbei – icht in der Wirtschaft und auch nicht im Bund. Die Forderung, den Frauenanteil zu heben – ob in remien des Bundes oder in der Wirtschaft, ob in Veraltungen oder öffentlichen Ämtern –, diese Forderung t gesamtgesellschaftlich richtig und erhält die volle nterstützung der FDP-Bundestagsfraktion. Dass hier den zurückliegenden 14 Jahren seit Bestehen des Bun esgremienbesetzungsgesetzes, BGremBG, auch in dieem speziellen Bereich zu wenig passiert ist und die Anebung des Frauenanteils von anfänglich 12,4 Prozent Jahre 1997 auf heute 24,5 Prozent bei Weitem nicht efriedigen kann, ist richtig. Trotzdem bietet das Gesetz seiner Zielstellung, den Bund und andere an der Be etzung von Gremien Beteiligte anzuhalten, auf eine leichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern inzuwirken, eine solide und konsistente Grundlage zur msetzung dieser Forderung, die es weiterzuentwickeln ilt. Der Fünfte Gremienbericht der Bundesregierung zum GremBG aus dem Jahre 2010, den Sie als Beleg für Ihn Antrag heranziehen, kommt selbst zu den Ergebnis, ass weder die gesetzlichen Rahmenvorgaben noch die isher erzielten Resultate bei der Förderung der gleicherechtigten Teilhabe von Frauen ausreichend sind. Die undesregierung kommt daher auf Seite 36 ihres Beichts zu der Schlussfolgerung, dass eine gesetzliche Noellierung notwendig sei. Im Gegensatz zu Ihnen, liebe olleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, räzisiert die Bundesregierung jedoch diese Forderung nd füllt sie mit einer Reihe konkreter Vorschläge. Hier leibt es nicht nur bei einer rituellen Handlung, die hristlich-liberale Koalition macht Nägel mit Köpfen: räzisierung der Zielbestimmung in § 1 des BGremBG, orcieren einer möglichst flächendeckenden Umsetzung er gleichberechtigten Teilhabe sowie klare Identifizierarkeit der Gremien, auf die die gesetzlichen Regelunen Anwendung finden. Das meint das Führen von Greienlisten. Weiterhin wird auch das von Ihnen kritisierte oppelbenennungsverfahren als ineffizient moniert, benso wie das Reißverschlussverfahren. Stattdessen mpfiehlt die Bundesregierung, auf komplizierte Verfahnsregelungen zu verzichten und Neuregelungen durch ontrollmechanismen zu flankieren. Schließlich solle im uge einer solchen Novellierung die Zusammenlegung gebene Reden )

Petra Müller (FDP):
Rede ID: ID1710234600




(A) )

des BGremBG mit dem Bundesgleichstellungsgesetz ge-
prüft werden. Das entspräche auch der Koalitionsforde-
rung nach Entbürokratisierung.

All diese Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen
der Opposition, finden sich auf den Seiten 36 bis 39 des
Gremienberichts der Bunderegierung, und noch einige
mehr. Weshalb der Bundestag hier und heute also die
Novellierung eines Gesetzes fordern soll, ist mehr als
fraglich. Offenbar ist doch die Bundesregierung längst
weiter, als von der Opposition gefordert.

Ein nächster Punkt: Warum begrenzen Sie Ihre For-
derungen auf ein Ministerium? Sie fordern das Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
BMVBS, zur Einhaltung der durch das BGremBG gefor-
derten Frauenquote auf. Müsste diese Forderung nicht
für alle Ministerien gelten? Und tut sie es nicht längst,
qua Gesetz? Ministerien zur Einhaltung von Gesetzen
aufzufordern, hieße, Eulen nach Athen zu tragen.

Im Übrigen bleiben Sie auch hier wieder im Unkon-
kreten. Den mahnenden Zeigefinger zu heben, ist ja
schön und gut, reicht aber nicht aus. Nehmen wir also
die in Ihrem Antrag angesprochenen Gremien des
BMVBS: Im Kuratorium Nationale Stadtentwicklung
sind folgende Mitglieder tätig: die Vorsitzenden bzw.
Präsidenten der Bauministerkonferenz, die kommunalen
Spitzenverbände, für die Stadtentwicklung relevante
Verbände, Kammern und Vereinigungen sowie fachlich
profilierte Einzelpersönlichkeiten. Sie können sich vor-
stellen, dass bei der Auswahl der Vertreter der Verbände
und Kammern die Bundesregierung nicht mitbestimmen
kann. Demzufolge sind die Einflussmöglichkeiten
zwangsläufig begrenzt. Oder nehmen Sie das Fachgut-
achtergremium zur Beurteilung der eingegangenen Inte-
ressenbekundungen für die zweite Förderrunde im Rah-
men des ESF-Förderprogramms. Hier beträgt der
Frauenanteil 53 Prozent. Grund zur Beanstandung kann
das nicht sein. Die Vorgaben des Gesetzes werden hier
voll erfüllt.

Sie fordern weiterhin die mindestens hälftige Beset-
zung mit Frauen in Fachjurys, Arbeits- und Wahlgre-
mien. Diese Forderung ist völlig unverständlich, weil all
die Gremien schon jetzt dem Geltungsbereich des
BGremBG unterliegen. Ich sage nur noch einmal: Eule
und Athen.

Die christlich-liberale Koalition hat sich die Hebung
des Frauenanteils und die praktische Umsetzung der
gleichberechtigten Partizipation von Frauen längst zum
Thema gemacht. Das zeigt nicht nur der Fünfte Gre-
mienbericht der Bundesregierung zum BGremBG, das
zeigen auch die Bemühungen der Bundesministerinnen
von der Leyen und Schröder zur Frauenquote in Füh-
rungspositionen in der Privatwirtschaft. Ihr Antrag zur
Einhaltung der Frauenquote bei Gremienbesetzungen
durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung ist in sich inkonsistent und verknüpft
Forderungen ganz verschiedener Handlungsebenen.
Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt diesen Antrag daher
ab.

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Zu Protokoll ge

(C (D Seit dem 1. September 1994 gilt das Gesetz über die erufung und Entsendung von Frauen und Männern in remien im Einflussbereich des Bundes, Bundesgreienbesetzungsgesetz. Ziel des Gesetzes ist die gleicherechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in diesen remien. Tatsächlich aber liegt der durchschnittliche rauenanteil in allen Gremien im Einflussbereich des undes bei 24,5 Prozent und im Bereich des Bundesinisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nur ei 17 Prozent. Diese wichtigen Zukunftsfelder werden u 83 Prozent von Männern gestaltet. Damit wird nicht ur der grundgesetzliche Anspruch auf Gleichberechtiung missachtet, es fehlen auch die weiblichen Perspekven. Und die sind, was die Lebenswelt in Städten, die auwerke oder den öffentlichen (Schienen-)Verkehr beifft, eben anders als die männlichen. Wir unterstützen eshalb den Antrag der Grünen. Darüber hinaus schlagen wir vor, dass gleich ein konreter Schritt unternommen wird, der längst überfällig t. Ich möchte daran erinnern, dass wir vor einem Jahr inen Antrag eingebracht haben mit dem Titel „Den ufsichtsrat der Deutschen Bahn kompetent und demoratisch besetzen!“ Darin haben wir den Verkehrsminisr aufgefordert, die Eigentümerseite im Aufsichtsrat er Deutsche Bahn AG, die sich zu 100 Prozent im igentum der Bundesrepublik befindet, so zu besetzen, ass dort zu 100 Prozent das allgemeine öffentliche Inresse vertreten wird. Die Regierung soll Aufsichtsratsitglieder benennen, die das Ziel verkörpern, den Schieenverkehr in Deutschland sozial, sicher und nachhaltig u entwickeln. „Dabei muss die Besetzung geschlechtererecht werden – auch im Aufsichtsrat sollen 50 Prozent rauen sitzen, so wie es in den Zügen zumindest im Naherkehr der Fall ist.“ Ich bin der Meinung, dass es heute sehr konkreten nlass gäbe, zumindest zwei dieser zehn Aufsichtsratsosten – die alle mit Männern besetzt worden sind – sort umzubesetzen: Dr. Jürgen Großmann, der ein großer Propagandist er Atomkraft war und ist, außerdem unter anderem orstandsvorsitzender von RWE, und Christoph Dänzeranotti, Mitglied des Vorstands der E.on AG, Mehrheitsigentümer unter anderem des umstrittenen Bahnkohleraftwerks Datteln. Als das Unternehmen mit dem höchsten Stromverrauch in Deutschland und als größter Staatskonzern üsste die Deutsche Bahn eine ökologische Vorbildfunkon wahrnehmen. Aber das Gegenteil ist der Fall: Wähnd Wind bundesweit einen Anteil von rund 8 Prozent im trommix hat, liefern die 25 Windräder der Bahn gerade inmal 0,6 Prozent des Stroms für die Züge. 45 Prozent es Bahnstroms stammen aus Kohlekraftwerken. Atomraft hatte zuletzt im Bahnstrommix einen Anteil von und 25 Prozent. Und Bahnchef Rüdiger Grube gehörte August 2010 zu den 40 Erstunterzeichnern des Eneriepolitischen Appells an Bundeskanzlerin Angela erkel. Damit hat er sich persönlich für längere Lauf eiten von Atomkraftwerken eingesetzt. Ein Kenner der erhältnisse hat mir kürzlich berichtet, dass das Auf Petra Müller gebene Reden Sabine Leidig )

Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710234700







(A) )

sichtsratsmitglied Großmann ihn massiv gedrängt hat,
diese Position zu beziehen.

Angesichts des atomaren Super-GAU in Fukushima
und der aktuellen Energiedebatte wäre es ein doppelt
gutes Signal, jetzt beim Bahnaufsichtsrat mit den kon-
kreten Taten zu beginnen, die den Reden und der Besorg-
nis der Bundesregierung folgen müssen.

Anstelle der Atom- und Kohlerepräsentanten könnten
Vertreterinnen von Umweltverbänden in den Bahnauf-
sichtsrat. Wir brauchen dort qualifizierte und profilierte
Frauen, die dazu beitragen, die Bahn auf besseren Kurs
zu bringen.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710234800

Seit nunmehr 15 Jahren ist in der Bundesrepublik das

Bundesgremienbesetzungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz
soll die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Gre-
mien sicherstellen. Das damals verfolgte Ziel, nämlich
die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern
bei Gremienbesetzungen im Einflussbereich des Bundes,
ist jedoch noch immer in weiter Ferne. Während der
durchschnittliche Frauenanteil in Gremien im Einfluss-
bereich des Bundes bei 24,5 Prozent liegt, verzeichnet
der Bericht im Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen
Frauenanteil von nur 17 Prozent – und das, obwohl der
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
sich gerne als Frauenförderer sehen möchte. Herr
Minister, Frauen sind im Zuständigkeitsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
in wichtigen Zukunftsfeldern – und das geht weit über
die Gremienbesetzungen hinaus – noch immer erheblich
unterrepräsentiert.

Gerade vor dem Hintergrund der öffentlichen De-
batte um die Frauenquote in Aufsichtsräten ist die ge-
schlechterparitätische Besetzung von Gremien im Ein-
flussbereich des Bundes von besonderer Relevanz. Der
Bund sollte in puncto Frauenförderung mit gutem Bei-
spiel vorangehen. Wir fordern Sie deshalb auf, die
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Gremien,
Kommissionen, Fachjurys und Aufsichtsräten konse-
quent sicherzustellen. Dieses Anliegen ist kein Selbst-
läufer, das erfordert schon einige Bemühungen.

Noch immer ist etwa jedes zehnte Gremium rein
männlich besetzt. Das Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung führt zum Beispiel die im Zu-
ständigkeitsbereich des BMVBS gegebene erhebliche
Unterrepräsentanz von Frauen in Gremien und in Füh-
rungspositionen auf die überwiegend technisch-natur-
wissenschaftliche Ausrichtung des BMVBS zurück.
Dabei belegt der aktuelle Bundesgremienbesetzungsbe-
richt, dass Ministerien auch bei technisch-naturwissen-
schaftlicher Ausrichtung die paritätische Besetzung von
Gremien sicherstellen könnten, wenn der entsprechende
politische Wille vorhanden ist.

Wir fordern in unserem Antrag daher insbesondere
das BMVBS auf, zukunftsorientierte Politik – weg von
den männlich dominierten Strukturen in Gremien – zu
machen und dafür Sorge zu tragen, dass Frauen konse-

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(C (D uent in allen Gremien, Aufsichtsräten und Jurys gleicherechtigt vertreten sind. Denn eine Mitwirkung in remien beinhaltet die Möglichkeit, wichtige politische owie fachliche Entscheidungen zu beeinflussen. Der rauenanteil in Gremien ist insgesamt ein guter Indikar für die Teilhabe von Frauen an gesellschaftlichen ntscheidungsprozessen und für praktizierte Gleichstelng. Der Fünfte Gremienbericht der Bundesregierung betätigt: Es bleibt viel zu tun. Das Bundesgremienbesetungsgesetz muss dringend novelliert und effektiver estaltet werden. Transparente und einheitliche Greienbesetzungsverfahren sowie die Führung von voll tändigen Gremienlisten in den Ministerien – ich schaue ier insbesondere auf das BMVBS – wären ein erster nd wichtiger Schritt, um der Unterrepräsentanz von rauen in Gremien, Fachjurys und Aufsichtsräten entegenzuwirken – und ein längst überfälliges Signal für raktizierte Gleichstellung. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/5257 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Ökosysteme schützen, Artenvielfalt erhalten – Kormoranmanagement einführen – Drucksache 17/5378 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auch diese Reden werden zu Protokoll genommen. Wir beschäftigen uns heute auf Antrag der Fraktion ie Linke mit dem Kormoran, besser gesagt: mit der orderung, ein Kormoranmanagement einzuführen. Für ieses Vorgehen spricht sehr viel; die Gründe wurden on den Kolleginnen und Kollegen in ihrem Antrag geannt. Auch wir, das heißt die Koalitionsfraktionen von DU/CSU und FDP, fordern ein solches Kormorananagement. Wir lehnen jedoch den vorliegenden Anag ab. Das geschieht nicht, wie im Antrag behauptet, aufrund eines Abschiebens von Verantwortung in Richtung uropa. Es ist vor allem kein Votum gegen ein Kormoanmanagement, wie es ebenfalls im Antrag zu lesen ist. ielmehr ist es Ausdruck von verantwortungsbewusster olitik. Auch in unseren Fraktionen steht ein bundeseineitliches Kormoranmanagement weit oben auf der genda. Beim Lesen Ihres Antrages konnte ich erkenen, dass Sie das auch wissen. Die Kolleginnen und Kol )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710234900
Carola Stauche (CDU):
Rede ID: ID1710235000

(A) )

legen der FDP-Fraktion haben ja einen ähnlich lauten-
den Antrag bereits im Jahr 2006 gestellt.

Bevor entsprechende Einwände kommen – ja, ich
weiß, auch meine Fraktion hat diesen Antrag damals ab-
gelehnt. Das wurde mit den Verweisen auf die verschie-
denen Zuständigkeiten bei den gestellten Forderungen
begründet. Auch Ihr Antrag ist alleine aus Zuständig-
keitsgründen abzulehnen. Anträge auf finanzielle Förde-
rung müssen die Bundesländer bei der Europäischen
Union einreichen, und die einheitlichen Maßgaben zur
Ermittlung der Schäden müssen diese ebenfalls – zum
Beispiel im Rahmen der Agrarministerkonferenz – fest-
legen. Das BMELV kann und sollte – unserer Meinung
nach – solche Abspracheprozesse natürlich moderierend
begleiten.

Für die Koalition aus CDU/CSU und FDP hat der
Fischartenschutz den gleichen Stellenwert wie der Vo-
gelschutz oder der Tierschutz allgemein. Die Koalitions-
fraktionen haben deshalb bereits einen eigenen Antrag
zu diesem Thema vorbereitet, da uns die Notwendigkeit
eines bundeseinheitlichen Kormoranmanagements be-
wusst ist. Gerade Frau Dr. Happach-Kasan bringt die-
ses Anliegen seit Jahren positiv voran, und auch unser
Koalitionsvertrag beinhaltet auf Seite 49 eine Passage
zum Thema Kormoranmanagement.

Sie sehen also, dass gerade wir als Koalition dieses
Thema vorangetrieben haben, und zwar nicht mit abge-
kupferten Anträgen wie Sie, sondern mit Gesprächen
hinter den Kulissen. Wir freuen uns deshalb natürlich,
wenn Sie zu ähnlichen Schlüssen kommen wie wir.

Dass es Ähnlichkeiten zwischen dem, was Sie wollen,
und dem, was wir wollen, gibt, soll jedoch nicht über
grundlegende Unterschiede hinwegtäuschen. So legen
wir uns bei der Bestandsregulierung nicht auf eine Form
der Regulierung fest, wie Sie das mit der Regulierung
der Reproduktion erreichen wollen. Hier muss genau be-
obachtet werden, welche Maßnahmen in welcher Region
helfen und welche eben nicht. In Dänemark wurden Kor-
morane beispielsweise beim Brüten durch grelles Licht
gestört. Diese haben ihre Brutplätze verlassen, die Eier
sind ausgekühlt, und der Kormoranbestand wurde regu-
liert. Dieses Vorgehen hatte in Baden-Württemberg hin-
gegen keinen messbaren Erfolg zu verzeichnen. Welche
Form der Bestandsregulierung sich am besten eignet,
sollte unserer Meinung nach vor Ort entschieden und
nicht vonseiten des Bundes festgelegt werden.

Dass bei allen Anstrengungen, die der Bund in diese
Richtung unternimmt, ein gemeinsames europäisches
Kormoranmanagement weiter zwingend notwendig ist,
bedarf nicht der Aufklärung durch die Opposition.

Die Frage, warum – wenn wir das eben Geschilderte
doch alles wissen – unser Antrag noch nicht eingegan-
gen ist, hat ganz einfache Gründe: Politik lässt sich, wie
das Leben, nur bedingt voraussagen und dementspre-
chend schlecht planen. Auch die Koalition aus CDU/
CSU und FDP wäre beim Punkt Kormoranmanagement
gerne weiter. Jedoch haben sich seit Juni vergangenen
Jahres auch einige Dinge ereignet, die in dieser Form
nicht vorhersehbar waren und die verantwortungsvolles

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Zu Protokoll ge

(C (D nd schnelles politisches Handeln einer Koalition in Reierungsverantwortung erforderten. Themen wie die eupäische Finanzkrise, der Dioxinskandal oder nicht zutzt die dramatischen Ereignisse in Japan haben viel aum im politischen Geschäft der letzten zehn Monate ingenommen. Das hat dazu geführt, dass wichtige Theen, wie beispielsweise das Kormoranmanagement, zu ückgestellt werden mussten. Ich möchte es abschließend noch einmal wiederhon: Für die Koalition aus CDU/CSU und FDP hat der ischartenschutz den gleichen Stellenwert wie der Voelschutz oder der Tierschutz allgemein. Wir lehnen den estellten Antrag der Linken ab, sprechen uns aber für in bundeseinheitliches Kormoranmanagement aus. Die usgestaltung eines solchen muss aber an die Realität ngepasst werden. „Der Artenschutz darf nicht an der Wasseroberfläche ufhören“ – unter dieses Motto möchte ich meine Rede tellen. Beim Artenschutz an Land gibt es viele Erfolgseschichten zu erzählen. Eine dieser Geschichten hanelt vom Kormoran. Aber das Thema Artenschutz unteralb der Wasseroberfläche ist keine Erfolgsgeschichte – islang. Es gibt einige bedrohte Fischarten, und es gibt r diese Fischarten Artenschutzprogramme. Aber diese rtenschutzprogramme drohen zu scheitern. Der Rückgang einzelner Fischbestände hat vielfältige ründe. Die fehlende Durchgängigkeit der Gewässer nd der teilweise noch schlechte ökologische Zustand er Gewässer sind zwei dieser Gründe. Ein weiterer weentlicher Grund ist nach meiner Auffassung der Kororan. Auch in meiner Fraktion gibt es unterschiedliche uffassungen zu diesem Thema. Ich möchte meine Sicht er Dinge hier kurz darstellen: Um den Kormoran stand s Anfang der 1980er-Jahre schlecht. Deshalb wurde er uch unter Schutz gestellt. Aber mittlerweile geht es dem ormoran nicht mehr schlecht. Es geht ihm so gut, dass s mittlerweile allein in Deutschland rund 140 000 Kororane gibt. In Europa sind es gar rund 2 000 000 Kororane. Wegen dieser positiven Bestandsentwicklung urde der Kormoran bereits 1997 aus dem Anhang I der ogelschutzrichtlinie gestrichen. Zu diesem Zeitpunkt ar der Bestand bereits 20-mal so groß wie 1980. Seitem hat sich der Bestand bis heute weiter vergrößert. Es handelt sich hier eindeutig um einen Erfolg für en europäischen Vogelschutz. Aber dieser Erfolg für en Artenschutz gefährdet nun den Artenschutz an ander Stelle – und dies nicht, weil sich etwa die Population es Kormorans wieder verkleinert, sondern ganz im Geenteil: Der Erfolg gerät in Gefahr, weil die Kormorane inige Fischarten bedrohen. Wissenschaftlich heißt das: ie aquatische Artenvielfalt ist bedroht. Ganz praktisch edeutet das: Artenschutzprogramme für bedrohte Arten ie Lachs, Meerforelle, Äsche und Aal geraten ernsthaft Gefahr, und das stellt eine ernsthafte Gefahr für die iodiversität dar. Der Bundesumweltminister ist im verangenen Jahr mit Verweis auf das Jahr der Biodiversit in Sachen Kormoran untätig geblieben. Er muss sich lso den Vorwurf gefallen lassen, dass bei ihm der Ar Carola Stauche gebene Reden )

Holger Ortel (SPD):
Rede ID: ID1710235100




(A) )

tenschutz an der Wasseroberfläche aufhört. Welche Aus-
rede er dieses Jahr finden wird, wissen wir noch nicht.

Wir müssen beim Kormoran sehen, dass es Menschen
gibt, deren berufliche Existenz durch den Kormoran zu-
nichte gemacht wird. Es mussten schon einige Teich-
wirte den Betrieb einstellen. Das sind oftmals über meh-
rere Generationen betriebene Familienbetriebe, die jetzt
am Rande der Existenz stehen. Passive Abwehrmaßnah-
men gibt es, sie sind aber sehr teuer. Außerdem ist der
Kormoran sehr intelligent. Er findet meist einen Weg
durch die Abspannungen hindurch. Passive Abwehr-
maßnahmen sind also wenig erfolgversprechend.

Man muss sich einmal anschauen, was passiert wenn
die Teichwirte den Betrieb einstellen. Denn die Teich-
wirte übernehmen wichtige Aufgaben bei der Pflege der
Kulturlandschaft. Teichwirtschaften haben eine heraus-
ragende ökologische Bedeutung. Es kann doch niemand
ernsthaft wollen, dass diese Lebensgemeinschaften der
Teichgebiete verschwinden. Ohne Teichwirte wird es
keine Fischteiche geben, und mit den Fischteichen ver-
schwindet einer der hochwertigsten Lebensraumkom-
plexe der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Der
Schutz der Teichwirte und der Schutz der biologischen
Vielfalt der Teichgebiete sind daher zwei Seiten einer
Medaille.

Das musste übrigens auch der Naturschutzbund
Deutschland NABU feststellen. Der NABU ist der Ver-
band, der den Kormoran im Jahr 2010 zum Vogel des
Jahres gemacht hat. Dieser NABU hat eine Teichwirt-
schaft gekauft und versucht nun, diese extensiv zu be-
wirtschaften. Er musste aber feststellen, dass wegen des
Kormorans eine Bewirtschaftung nicht lohnenswert ist.
Dort akzeptiert der NABU sogar den Abschuss des Kor-
morans – den Abschuss des von ihm selbst ernannten Vo-
gels des Jahres. Das ist doch ein bemerkenswerter Vor-
gang – und das Eingeständnis, dass der Kormoran wohl
doch eine Gefahr ist.

Der Kormoran wurde, als es ihm schlecht ging, europa-
weit unter Schutz gestellt. Warum sollen wir ihn jetzt nicht
auch europaweit managen? Die Vogelschützer haben sei-
nerzeit doch offensichtlich erkannt, dass man die Pro-
bleme des Kormorans nur europaweit und nicht etwa lokal
lösen kann. Gleiches gilt jetzt auch für die Gefahren, die
durch den Kormoran entstehen. So wie der Kormoran An-
fang der 1980er-Jahre in Europa unterrepräsentiert
war, so ist er nun überrepräsentiert. Das Europäische
Parlament hat sich im sogenannten Kindermann-Be-
richt für ein europaweites Kormoranmanagement aus-
gesprochen, aber seitdem ist nichts passiert. Die Euro-
päische Kommission sieht keinen Handlungsbedarf.

Die Diskussion um den Kormoran wird äußerst emo-
tional geführt. Das kann nicht gut sein. Das geht schon
in der Bundesregierung los. Da erklärt sich der Bun-
desumweltminister nicht zuständig, weil der Kormoran
nicht in seiner Art gefährdet ist. Deutsche Angler und
Fischer haben kürzlich über 100 000 Unterschriften für
ein europäisches Kormoranmanagement gesammelt.
Die wollte der Herr Bundesumweltminister gar nicht an-
nehmen, die Frau Bundeslandwirtschaftsministerin
ebenso wenig – sie sei ja nicht zuständig.

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Zu Protokoll ge

(C (D Die Regierungskoalition hat in ihrem Koalitionsverag geschrieben, dass sie auf europäischer Ebene auf ie Erstellung eines Managementplans für Kormorane rängen will. Bislang war von diesen Bemühungen ichts zu spüren. Wir werden nun sehen, wie ernst es der egierungskoalition mit ihren Bemühungen für ein euroaweites Kormoranmanagement ist. Ein Wort noch zu dem Antrag der Linken: In Ihrem ntrag vernachlässigen Sie die Rolle der Länder mit ihn Kormoranverordnungen. Insoweit sollten Sie Ihre berlegungen hinsichtlich der Handlungsempfehlunen, die sie beschreiben, noch einmal überprüfen. Ich jeenfalls freue mich auf intensive Diskussionen in den inzelnen Fachausschüssen, um dann hoffentlich eine r die beteiligten Gruppen zufriedenstellende Regelung u finden. Die Beschreibung der Bestandssituation des Kormo ans in Deutschland und der Folgen für Biodiversität nd Fischerei im vorliegenden Antrag der Linken sowie ie Ziele, die verfolgt werden sollen, um die Biodiversit in Seen und Flüssen zu stärken und die Situation der innenfischerei zu verbessern, decken sich weitgehend it denen unseres Antrages, den wir in der vergangenen egislaturperiode hier im Deutschen Bundestag eingeracht haben. Die Linke hatte sich damals enthalten, inwischen teilt sie unsere Erkenntnisse. Inzwischen hat uch die CDU im Landtag in Nordrhein-Westfalen einen ntrag eingebracht, in dem sie auf ein europaweites ormoranmanagement setzt. Die überaus erfolgreichen Schutzmaßnahmen der tzten beiden Jahrzehnte für den Kormoran haben dazu eführt, dass sich die Kormorane so stark vermehren, ass eine Bestandsregulierung erforderlich wurde. Es ibt keine Artenschutzmaßnahme, die so erfolgreich war ie der Kormoranschutz. Anfang der 90er-Jahre wurde er Kormoran wieder bei uns heimisch. Inzwischen ist r Bestandsvogel nicht nur an der Küste, sondern auch den südlichen Bundesländern, wo er in den letzten ahrhunderten allenfalls als seltener Irrgast anzutreffen ewesen ist. Obwohl es zahlreiche Vogelarten in Deutschland gibt, ie eines intensiven Schutzes bedürfen – über 30 Vogelrten sind in der Kategorie I, der vom Aussterben berohten Vögel, darunter Arten wie das Auerhuhn, die aubenlerche, die Sumpfohreule oder die Zwergsee chwalbe –, hat der Naturschutzbund Deutschland e. V., ABU, den gefiederten Fischjäger zum Vogel des Jahres 010 gemacht. Dies ist umso bemerkenswerter, als der ABU selbst eigene Erfahrungen mit dem Kormoran at. Er ist Besitzer der Blumenberger Mühle in Brandenurg, einer Karpfenteichwirtschaft. Die Teiche besetzt er NABU mit Fischen aus einer tschechischen Satzschaufzucht, die so groß sind, dass Kormorane sie icht mehr bewältigen können. Seit dem Jahr 2000 weren jährlich über 50 Tonnen Satzkarpfen in die Teiche er Blumenberger Mühle gesetzt. Ein mit Spenden finanierter Verband kann sich das leisten, für einen Binnenscher ist ein solches Verfahren viel zu teuer. Außerdem Holger Ortel gebene Reden )

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1710235200




(A) )

ließen sich diese Transporte leicht durch ein sinnvolles
Kormoranmanagement vermeiden.

Wie die Bundesregierung auf Anfrage der Linken
– Drucksache 17/980 – eingeräumt hat, ist die Anzahl
der heimischen Brutpaare auf etwa 25 000 gestiegen.
Die europäische Population des Kormorans wird auf
rund 700 000 erwachsene Brutvögel bzw. eine Gesamt-
zahl von insgesamt etwa zwei Millionen Vögel geschätzt.
Damit ist es zwangsläufig an der Zeit, über eine Regulie-
rung nachzudenken, damit die Artenvielfalt in den Ge-
wässern nicht unter dem enormen Fraßdruck des Kor-
morans zu leiden hat.

Als reiner Fischfresser ist der Kormoran nicht nur für
die Artenvielfalt in den Gewässern, sondern auch für die
Fischerei ein Problem. Ein ausgewachsener Kormoran
frisst täglich bis zu 500 Gramm Fisch. Anders als der
Graureiher kann er nicht auf Mäuse oder andere Beute
ausweichen. Die Verluste in der Teichwirtschaft durch
Kormoranfraß – zum Beispiel Aal und Karpfen – betra-
gen bis zu 90 Prozent. Für die bedrohten Fischarten Aal
und Äsche können vergleichbare Schäden nachgewiesen
werden. In Teichwirtschaft und Binnenfischerei machen
die wirtschaftlichen Schäden nach Angaben der Bran-
chenverbände bis zu einem Viertel des Gesamtumsatzes
aus. Einigen Fischern und Teichwirten hat der Kormo-
ranfraß ein Wirtschaften unmöglich gemacht.

Es besteht ein allgemeines Einverständnis, dass auch
aufgrund des Fehlens von Wolf und Bär, Raubtieren, die
früher einmal bei uns heimisch waren, der Mensch Reh-,
Rotwild- und Damwildbestände beschränken muss, um
im Wald Schäden durch winterlichen Verbiss zu min-
dern. Genauso müssen wir jetzt durch ein nachhaltiges
Bestandsmanagement für Kormorane verhindern, dass
die durch verschiedene Faktoren bedrohte Fischfauna
durch Kormoranfraß irreparabel in Mitleidenschaft ge-
zogen wird.

Die Äsche, der Fisch des Jahres 2011, ist dafür ein
Beispiel. Ihre Bestände haben sich drastisch in dem Um-
fang gemindert, in dem die Kormoranbestände gewach-
sen sind. Die sehr informative Broschüre, die der Ver-
band der Deutschen Sportfischer herausgegeben hat,
dokumentiert die Gefährdungssituation dieser Fischart.
Das Heft ist sehr ansprechend gestaltet. Allerdings ver-
misse ich ein Grußwort der Präsidentin des Bundesam-
tes für Naturschutz, Frau Professor Beate Jessel, die in
den Vorjahren in solchen Heften, die sehr eindeutig dem
Naturschutz verpflichtet sind, ein Grußwort geschrieben
hat. Offensichtlich ist sie nicht frei, in einem Heft, in dem
selbstverständlich auch der vom Kormoran verursachte
Fraßdruck angesprochen wird, ein Grußwort zu schrei-
ben.

Es gibt im Rahmen der Kormoranverordnungen der
Bundesländer bereits viele Beispiele für regionale Akti-
vitäten, die eine Regulierung des Kormorans bezwecken.
Der Kormoran ist allerdings ein Wandervogel, und im
Laufe des Jahres kommt es zu einem massenhaften
Durchzug von Vögeln aus den nordeuropäischen Staa-
ten, die zusätzlichen Druck auf bedrohte Fischbestände
ausüben. Zwar sind regionale und nationale Maßnah-
men gegen den Kormoran richtig und wichtig, aber ohne

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Zu Protokoll ge

(C (D ine Koordinierung dieser Maßnahmen vor allem mit nseren Nachbarländern, also ohne ein europäisches ormoranmanagement, können wir keinen sicheren und auerhaften Artenschutz gewährleisten und Schaden on unseren heimischen Gewässern abwenden. Ich freue mich, dass unsere Initiative der letzten Leislaturperiode Nachahmung gefunden hat. Die überaus rfolgreichen Schutzmaßnahmen für den Kormoran haen dazu geführt, dass sich die Kormorane so stark verehren, dass eine Bestandsregulierung erforderlich ird. Die Regierungskoalition ist sich der Wichtigkeit eines ormoranmanagements zum Wohle der Biodiversität nd des Artenschutzes unter der Wasseroberfläche beusst. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und FDP ereinbart, auf europäischer Ebene auf die Erstellung ines Managementplanes zu drängen. Dieses Ziel verlgen wir weiterhin. Der entsprechende Antrag hierzu efindet sich bereits in der Abstimmung. Wir würden es egrüßen, wenn die Linke unserem Antrag diesmal zutimmt. Seitdem der Kormoran vor über 40 Jahren durch die uropäische Vogelschutzrichtlinie unter Schutz gestellt urde, ist dessen Population in Europa und in der Bunesrepublik extrem stark gewachsen. Dass es gelungen t, eine fast ausgestorbene Art wieder heimisch zu mahen, ist ein Erfolg für den Artenschutz. Das verdient nerkennung, und das macht Mut für andere Schutznd Wiederansiedlungsmaßnahmen. Wenn wir allerdings eine Tierart besonders schützen, üssen wir auch die Folgen im Blick haben, die ein geachsener Bestand dieser Art auf andere Tierarten hat, nd wir müssen Konsequenzen ziehen, um negative Folen kontrollieren zu können. Deshalb stellen wir heute ier im Bundestag den Ihnen vorliegenden Antrag. Die Kormoranpopulation ist in manchen Regionen so tark gewachsen, dass sie mittlerweile ein Risiko für den estand von Fischarten in natürlichen und künstlichen ewässern darstellt. Um hier keine Missverständnisse ufkommen zu lassen: Selbstverständlich sind Kormoane nicht der Grund, weshalb es in den bundesdeutchen Gewässern nicht mehr so viele Fische gibt wie vor undert Jahren; das hat der Mensch mit der Verunreiniung, Verbauung und Kanalisierung von Gewässern chon selber geschafft. Dass hier etwas passieren muss, at heute selbst die Union verstanden. Trotzdem werden mer noch Projekte realisiert, die sich auf die Fischopulation und die Durchgängigkeit von Gewässern neativ auswirken, wie das von den Grünen mitgetragene ohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg. Neben den begrüßenswerten Maßnahmen zu Renatuierung von Gewässern oder zur Verbesserung von Waserkraftanlagen darf eine nachhaltige Strategie zum Eralt und zur Wiederansiedlung von Fischarten die egulierung des Kormoranbestandes nicht ausschlieen. Seit Jahren häufen sich die Beschwerden von ischern und Anglern, denen die Bejagung ihrer Gewäs Dr. Christel Happach-Kasan gebene Reden )

Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710235300




(A) )

ser durch Kormorane erhebliche Verluste bereitet. Dass
die Fischentnahme durch Kormorane zu erheblichen
ökonomischen Einbußen für Teichwirte führt, bestreitet
übrigens selbst der Naturschutzbund NABU nicht.

Ich möchte einmal zwei Beispiele anführen. Vor
20 Jahren rechneten Teichwirte im letzten Aufzuchtjahr
für Karpfen mit Verlusten von circa 5 bis 10 Prozent.
Nach einer Erhebung des Landesfischereiverbandes
Brandenburg liegen die Verluste im letzten Aufzuchtjahr
mittlerweile bei fast 30 Prozent. Die Teichwirtinnen und
-wirte in Brandenburg mussten dieser Erhebung nach –
zusätzlich zu den natürlichen Verlusten bei der Aufzucht
– im Jahr 2009 außerordentliche Verluste von über einer
Million Euro verbuchen – und das bei einem Gesamtjah-
resumsatz von 3,6 Millionen Euro. Sie können sich aus-
rechnen, dass Teichwirte bei dem resultierenden Ein-
kommen darüber nachdenken müssen, ihr Unternehmen
aufzugeben. Wenn in der Folge die Teiche verlanden,
verlieren etliche Tierarten ihren Lebensraum.

Ein zweites Beispiel aus einer anderen Region. In ei-
nem Abschnitt der Nagold, einem Fluss in Baden-
Württemberg, wurden Anfang der 90er-Jahre regelmä-
ßig zwischen 160 und 240 Äschen gefangen. Das hat der
Landesfischereiverband Baden-Württemberg dokumen-
tiert. Nachdem im Winter 1996/1997 circa 400 Kormo-
rane dort überwinterten, sank der jährliche Ertrag auf
unter 25 Äschen, und er ist bis 2008 auf diesem Niveau
geblieben. Für Fließgewässer – die für überwinternde
Kormorane oftmals das letzte Jagdrevier darstellen,
weil sie nicht zufrieren – gibt es etliche dieser Fälle, fast
alle Fischarten betreffend. Der Artenerhalt an diesen
Gewässern ist zum Teil nur noch den Besatzmaßnahmen
der Fischereiberechtigten zu verdanken, den kommer-
ziellen Fischern oder den Anglervereinen. Die verspü-
ren nach dem vierten Kormoranbesuch aber verständli-
cherweise keine Lust mehr, nur noch Kormoranfutter in
die Flüsse zu kippen; dafür ist auch kein Geld da.

Für die kommerzielle Binnen- und Küstenfischerei
und auch für die Anglerverbände, deren Mitglieder in
ehrenamtlicher Arbeit ihre Gewässer pflegen und damit
einen aktiven Beitrag zum Naturschutz leisten, ist der
unkontrollierte Kormoranbestand ein Problem, das die
Politik nicht vernachlässigen darf. Wir dürfen die wirt-
schaftliche Bedeutung der kommerziellen und Freizeit-
fischerei nicht ignorieren, die in strukturschwachen Re-
gionen Arbeitsplätze sowohl in der Fischereiwirtschaft
selbst als auch im Tourismus sichert, der gerade im
Osten der Republik ein großes Entwicklungspotenzial
darstellt. Und wir dürfen dem Fischartenschutz keinen
geringeren Stellenwert einräumen als dem Vogelschutz.

Am 4. Dezember 2008 hat das Europäische Parla-
ment die Europäische Kommission und die Mitglied-
staaten der EU mit großer Mehrheit aufgefordert, einen
europäischen Kormoranmanagementplan zu erarbeiten
und umzusetzen. Ziel dieses Kormoranmanagements
sollte es sein, die Kormoranbestände in Europa langfris-
tig in die Kulturlandschaft zu integrieren und damit
Schäden an den Beständen von Wildfischarten an der
Küste und in den Binnengewässern zu reduzieren sowie
Schäden von der Fischereiwirtschaft abzuwenden.

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Zu Protokoll ge

(C (D Das Europaparlament hat mit der Annahme des Beichts des Europaparlamentariers Heinz Kindermann as Problem der gewachsenen Kormoranpopulation in uropa anerkannt. Leider haben das nicht alle Mitliedsländer der EU getan, sodass es bis heute kein uropäisches Kormoranmanagement gibt und die Bunesregierung – das hat sie in der Antwort auf eine Kleine nfrage meiner Fraktion geschrieben – in absehbarer eit nicht mit einem gemeinsamen Kormoranmanageentplan rechnet. Die Bundesländer können seit einiger Zeit in Kormoanverordnungen regeln, welche Schutzmaßnahmen für ewässer ergriffen werden können. Auch wenn es wie in chleswig-Holstein durchaus Erfolge zu verzeichnen ibt, sind die Auswirkungen der Länderverordnungen ft nur auf lokaler Ebene spürbar. Hinzu kommt, dass bschüsse als in den meisten Verordnungen erlaubte ergrämungsmethode oft nur zu einer Verlagerung des roblems führen und kein Instrument einer nachhaltigen estandskontrolle sein können. Weder der passive chutz von Teichen mithilfe von Überspannungen noch ie Renaturierung von Gewässern oder das Einbringen on Totholz als Unterstand haben bisher zum Schutz von ischen beitragen können. In unserem Antrag schlagen wir deshalb vor, ein bunesweites Kormoranmanagement einzuführen, das auf asis von belastbaren Zahlen und konsensfähigen Betandszielen eine bundesweit koordinierte Bestandsontrolle ermöglicht und vorrangig durch die Regulieung der Reproduktion erfolgen soll, wie es bereits in ecklenburg-Vorpommern erprobt wurde. Ein bestandsgulierendes Management dieser Art wird nicht von eute auf morgen umsetzbar sein und kann zunächst nur uf dem Gebiet der Bundesrepublik erfolgen, was ein anagement der Zugvögel nicht ermöglicht. Daher chlagen wir vor, Entschädigungszahlungen an Teichirte und Fischereirechtsinhaber und die Methoden zur rmittlung von Schäden zu vereinheitlichen und dafür ittel aus der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU inzufordern. Zudem schlagen wir, als ersten Schritt zu inem Kormoranmanagement in Europa, vor, ein geeinsames Kormoranmanagement mit unseren Nacharstaaten vor allem im Nordund Ostseeraum anzutreben. Gemessen an den Aussagen verschiedenster Politiker diesem Hause sollte einem gemeinsamen Vorgehen es Bundestags nichts im Wege stehen. Gerade die FDP at in der Opposition – zumindest was das Kormorananagement angeht – auch mal gute Vorschläge geacht, die wir glatt übernehmen können. Bei dieser achfrage, in der es nicht um Kalten Krieg oder ideoloische Grundsatzdebatten geht, hätte der Bundestag inmal die Möglichkeit, über die Parteigrenzen hinweg onkrete Lösungen für den Artenschutz, für die Fischerei nd für über drei Millionen Anglerinnen und Angler in er Bundesrepublik zu finden. Wir sind zu einem kontruktiven Dialog bereit. Im Bundestag reden wir oft über nachhaltiges Wirtchaften, über regionale Wirtschaftskreisläufe und ökogisch vertretbare Produktion. Weit über drei Viertel Jan Korte gebene Reden )





(A) )

des Fischs, der in der Bundesrepublik konsumiert wird,
wird importiert. In manchen Teilen der Welt fischen in-
ternationale Fangflotten ihn der Bevölkerung praktisch
vor der Nase weg, damit wir sie billig im Discounter
kaufen können. Die Fischerei ist ein Beispiel dafür, das
wir regionale Potenziale besser nutzen können.

Um ein Kormoranmanagement kommen wir nicht he-
rum, vor allem auch weil sämtliche passive Schutz-
methoden an natürlichen Gewässern und Teichen nicht
funktionieren. Das hat übrigens auch der NABU, der
den Kormoran im Jahr 2010 zum Vogel des Jahres erho-
ben hat, bei seinen eigenen Teichen an der Blumberger
Mühle in Brandenburg feststellen müssen. Der RBB hat
berichtet, dass der NABU seit Jahren für seine dortige
Karpfenzucht tonnenweise Satzfische aus Tschechien
importiert, in einer Größe, die der Kormoran nicht mehr
bewältigen kann. Damit Gäste des NABU-Besucherzen-
trums nicht mit Vergrämungsabschüssen konfrontiert
werden, wird das Problem einfach ausgelagert. Ob es
über den tschechischen Zuchtteichen aussieht wie nach
einer Kissenschlacht, ist dem NABU dabei offensichtlich
egal. An diesem Beispiel kann man gut erkennen, dass
wir mehr Ehrlichkeit in der Diskussion um den Arten-
schutz in der Bundesrepublik und in Europa brauchen.
Zu einem konstruktiven Dialog fordere ich an dieser
Stelle ausdrücklich auch den NABU auf. Artenschutz
darf weder an der Wasseroberfläche enden, noch sollte
er sich auf Tiere mit hübschen Knopfaugen beschränken.

Wenn wir die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtli-
nie einhalten wollen, wenn wir wollen, dass Wiederan-
siedlungsprojekte für den Lachs oder den Stör erfolg-
reich sind, und wenn wir Arten wie den Aal und die
Äsche – genauso wie den Kormoran – weiterhin erhalten
wollen, können wir nicht auf Europa warten, sondern
müssen jetzt etwas tun. Ich bitte Sie daher um Zustim-
mung zu unserem Antrag.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Zweifelsfrei nimmt der Kormoran überall dort, wo er
lebt, Einfluss auf die Fischbestände. Das ergibt sich lo-
gisch aus seinen Ernährungsgewohnheiten. Und wenn
man denn diese Ernährungsgewohnheiten, also das
natürliche Verhalten des Kormorans, als „Beeinträchti-
gung der Natur“ ansieht, dann liegt eine solche Beein-
trächtigung tatsächlich auch vor. Sicher kann es dort,
wo durch intensive Teichwirtschaft den Kormoranen in
einer ansonsten „ausgeräumten“ Wasserlandschaft ein
besonders verlockendes Nahrungsangebot gemacht
wird, zu Nutzungs- und damit zu Interessenkonflikten
kommen. Wir müssen uns aber abgewöhnen, diese Nut-
zungskonflikte immer und quasi automatisch mit Ausrot-
tung oder Vertreibung der tierischen Konkurrenten zu
beantworten. Das genau ist das erklärte Ziel des Arten-
schutzes.

Maßnahmen zur Reduktion des Drucks auf fischerei-
wirtschaftliche Fischbestände unterliegen daher hohen
Restriktionen, denn der Kormoran ist nach europäi-
schem Naturschutzrecht geschützt und unterliegt damit
einem strengen Schutz, der erhebliche Zugriffsverbote

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Zu Protokoll ge

(C (D ach sich zieht. Das gilt insbesondere in Natura-2000ebieten. Jede Maßnahme mit dem Ziel der Begrenzung er Bestände oder der Reduktion des Nachwuchses gilt chtlich als „Projekt“ gemäß § 38 Bundesnaturschutz esetz und erfordert damit eine Verträglichkeitsprüfung. dieser wird geprüft, ob eine erhebliche Beeinträchti ung der Lebensräume des Kormorans zu gewärtigen ist der der günstige Erhaltungszustand der Bestände gehrdet wird. So viel zu den rechtlichen Voraussetzungen ines möglichen Kormoranmanagements. Bevor ich auf den Antrag der Fraktion Die Linke näer eingehe, möchte ich darauf hinweisen, dass der uropäische Artenschutz für uns Grüne ein hohes Gut t, das es zu verteidigen gilt. Nur durch diesen Arten chutz wird garantiert, dass es für jegliche Eingriffe ohe Hürden gibt und somit der Schutz von nach euroäischem Recht geschützten Pflanzen und Tieren eine elle Chance hat, sich in Abwägungsentscheidungen zu ehaupten. Das am 16. März 2011 verkündete Urteil des erwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg zur Durchhrung von sogenannten Vergrämungsaktionen an Kororangelegen hat hierzu wichtige Argumentationslinien ntwickelt. Maßnahmen, wie sie im Naturschutzgebiet Radolfzeller Aachried“ im April 2008 durchgeführt urden, sind rechtswidrig. Ähnlichen Aktionen ist in Zuunft ein starker Riegel vorgeschoben. Nun zum Antrag der Linken. Der vorliegende Antrag erkennt in wesentlichen Punkten die Rechtslage. Ersns. Die Aufforderung, „die Vorgaben der EU-Wasser ahmenrichtlinie einzuhalten“, ist sicherlich nicht falsch. llerdings ist die Wasserrahmenrichtlinie geltendes uropäisches Recht und insofern ist die Aufforderung an ie Bundesregierung, geltendes Recht einzuhalten, gende gesagt befremdlich. Zweitens. Die Forderung nach inem bundesweiten Kormoranmanagement unter Beteigung von Fischerei-, Naturschutzund Anglerverbänen müsste zumindest um die Länder ergänzt werden, enn diese sind es, die die Vogelschutzrichtlinie konkret msetzen. An ihnen vorbei ist keine Lösung denkbar. Der Antrag verkennt vor allem das Wesen der Artenchutzgesetzgebung. Ein konkretes Reglement zum Beipiel kann es gar nicht geben, denn die Vogelschutzrichtnie gilt uneingeschränkt; es steht nicht im Belieben der U-Mitgliedstaaten zu definieren, ab wie vielen Exemlaren der Schutz des Kormorans „überflüssig“ ist und ufhören kann. Schon gar nicht kann das mit Nutzerruppen diskutiert werden, denn der Artenschutz orienert sich einzig und allein an artenschutzrechtlichen riterien, und dabei wird es hoffentlich auch bleiben. ir Grünen jedenfalls werden uns allen Bemühungen ntgegenstellen, das europäische Recht an dieser Stelle bzuschwächen. Ich bin einigermaßen entsetzt, dass sich die Linke mit iesem Antrag dazu hergibt, die Bundesregierung aufzurdern, das europäische Artenschutzrecht aufzuwei hen und es unter die Maßgabe der „ausgewogenen alance“ mit den Interessen von Fischereiwirtschaft nd Freizeitfischern zu stellen. Das ist abenteuerlich nd zeigt, dass sie in Fragen des Artenschutzes bis heute ichts verstanden hat. Jan Korte gebene Reden Undine Kurth )








(A) )

Es ist sicher auch vernünftig und richtig, zu prüfen,
ob und wie nachteilige Auswirkungen des Fressverhal-
tens der Kormorane – so sie sich eindeutig verifizieren
lassen – durch Entschädigungszahlungen ausgeglichen
werden können. Wir Grünen werden uns in den Ländern
einer solchen Regelung sicherlich nicht verschließen.
Allerdings werden auch diese Regelungen ausschließ-
lich dort beschlossen – und nicht von der Bundesregie-
rung.

Das Verwaltungsgericht in Baden-Württemberg zum
Beispiel hat die Zahlen geprüft und keine Korrelation
feststellen können; die höchsten Fangerträge wurden in
Radolfzell dann erzielt, als dort die Kormoranbestände
am größten waren. Vielleicht wäre es erst einmal ange-
bracht, Untersuchungen dazu auf den Weg zu bringen,
wie sich Verluste beziffern lassen, um anerkannte
Grundlagen für mögliche Entschädigungszahlen oder
regulierende Maßnahmen zu haben. Ertragsschwankun-
gen – darauf habe ich vor diesem Hohen Hause schon
2008 hingewiesen – haben vielfältige Ursachen. Diese
monokausal auf die Kormorane zurückzuführen, ist
nicht haltbar. Klimaabläufe, sinkender Phosphorgehalt
der Gewässer, Undurchlässigkeit der Gewässerkörper
usw. spielen insofern eine Rolle.

Ich wiederhole es hier gerne: Wer die Fischbestände
nachhaltig stärken will, der muss die naturnahe Bewirt-
schaftung von Teichen und Seen fördern, die Gewässer
renaturieren, Laich- und Lebensräume erhalten, anstatt
die Schuld für Ertragseinbußen dem Kormoran in den
Schnabel zu schieben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710235400

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/5378 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 sowie die Zu-
satzpunkte 6 und 7 auf:

23 Beratung des Antrags der Abgeordneten Inge
Höger, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Umfassende Entschädigung für Radarstrah-
lenopfer der Bundeswehr, der ehemaligen
NVA und ziviler Einrichtungen

– Drucksache 17/5233 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Haushaltsausschuss

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Dr. h. c. Gernot
Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

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(C (D Ausgleich für Radargeschädigte der Bundeswehr und der ehemaligen NVA voranbringen – Drucksache 17/5365 – Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Haushaltsausschuss P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Agnes Malczak, Katja Keul, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umfassende Entschädigung für Radarstrahlenopfer der Bundeswehr und der ehemaligen NVA – Drucksache 17/5373 – Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Haushaltsausschuss Auch hier nehmen wir die Reden zu Protokoll. Mancher, der die Sicherheitsund Verteidigungspoli k beobachtet, mag den Eindruck haben, wir kümmerten ns vor allem um Gegenwart und Zukunft. Da geht es um ie Ausrüstung für unsere Soldaten, um den Umbau der undeswehr zu einer Einsatzarmee und um Nachwuchserbung, um Mandate, um Standorte und um sichereitspolitische Konzepte. Dieser Eindruck ist richtig – und zugleich nicht wahr. enn seit mehr als elf Jahren beschäftigen sich Sichereitsund Verteidigungspolitiker auch mit einem Prolem, das uns aus der Vergangenheit bis heute begleitet. ass in den 60erund 70er-Jahren Soldaten in Ost und est durch Radarstrahlen gesundheitliche Schäden ertten haben, ist heute unumstritten. Ich erinnere auch daran, dass es der Verteidigungsusschuss war, der für die Einsetzung einer unabhängien Radarkommission gekämpft hatte. In ihrem Abchlussbericht kam die Kommission 2003 zwar zu dem rgebnis, dass es keinen konkreten Zusammenhang zwichen der Arbeit am Radargerät und späteren Erkranungen gebe. Gleichwohl war dies keine Vorlage, um nanzielle Hilfe zu verweigern. Im Gegenteil: Die Komission empfahl vielmehr vereinfachte Kriterien, um ersorgungsanträge anzuerkennen. Bis heute sind mehr als 3 800 Anträge eingegangen – on Berufsund Zeitsoldaten, Wehrpflichtigen, Beamten nd Arbeitnehmern. Darunter waren auch fast 1 500 ehealige NVA-Soldaten. Jeder fünfte Antrag – bislang twa 770 – wurde anerkannt. Dies mag auf den ersten lick wenig erscheinen, denn 68 Prozent der Anträge urden nicht anerkannt. Man hat die Anträge gleichohl sehr großzügig geprüft – wissend, wie schwierig )

Karin Strenz (CDU):
Rede ID: ID1710235500

(A) )

für den Betroffenen der Nachweis sein kann, dass seine
heutige Erkrankung mit der Arbeit an Radargeräten vor
Jahrzehnten zusammenhänge. Die Anerkennungskrite-
rien der Radarkommission sind vielfach weit ausgedehnt
worden – im Zweifel für das Opfer, gewissermaßen. So
wurden etwa trotz eines festgestellten Konkurrenzrisikos
– Beispiel: starkes Rauchen – Ansprüche anerkannt.
Man hat bei der Entscheidung über die Anträge auf den
eigentlich vom Gesetz geforderten Kausalitätsnachweis
im Sinne eines Vollbeweises verzichtet, wenn eine soge-
nannte qualifizierte Tätigkeit und eine qualifizierte
Erkrankung vorlagen. Man ging vielmehr von diesem
Zusammenhang aus – und zwar gleichermaßen bei frü-
heren Angehörigen der NVA und der Bundeswehr.

Es wäre deshalb falsch, Verschwörungstheorien zu
stricken. Niemand – weder im Verteidigungsministerium
noch anderswo – hat das Ziel, die Fälle auszusitzen.
Dass sich Schwererkrankte, deren Anträge abgelehnt
wurden, bisweilen ungerecht behandeln fühlen, ist
menschlich nachvollziehbar. Ich nehme aber ausdrück-
lich die Beamten in Schutz, die diese Verfahren begleitet
haben und weiter begleiten. Sie handeln nach Recht und
Gesetz.

Nun können wir sicher nicht davon ausgehen, dass
mit den bewilligten Anträgen auf ewig alle Probleme aus
der Welt geschafft wären. Die gesundheitlichen Beein-
trächtigungen im Alltag bleiben häufig. Und mehr noch:
Sie verändern sich mit den Jahren und dem Alter – leider
wohl eher selten zum Besseren. Eine Stiftung, wie sie im-
mer wieder vorgeschlagen wird, hätte auf den ersten
Blick Charme. Allerdings sind diese Überlegungen kei-
neswegs neu. Das Verteidigungsministerium hat eine
solche Idee seinerzeit unter Beteiligung anderer Res-
sorts verworfen, weil es erstens für die betroffenen
Gruppen bereits gesetzliche Bestimmungen als Grund-
lage für Versorgungsanträge gibt und weil zweitens – so
das Ergebnis der Prüfung – eine Stiftung einseitig Men-
schen begünstigen würde, bei denen auch bei wohlwol-
lender Betrachtung ein Zusammenhang zwischen Ge-
sundheitsschaden und früherer Arbeit an Radargeräten
unwahrscheinlich ist. Auch eine Stiftung braucht natür-
lich Kriterien, um Ansprüche zu prüfen; schließlich geht
es um Steuergeld. Wegen einer Behauptung allein kann
keine Unterstützung gezahlt werden. Überdies müsste
auch diese Stiftung zunächst mit Geld gefüttert werden,
um überhaupt helfen zu können. Natürlich spricht prin-
zipiell wenig dagegen, die Radargerätehersteller an der
Entschädigung zu beteiligen. Dies wäre sogar wün-
schenswert, aber ob es auch machbar ist, werden wir se-
hen.

Manches, was die Fraktion Die Linke fordert, wird
bereits gemacht. Auch deshalb werden wir dem Antrag
nicht zustimmen. So erhält der Verteidigungsausschuss
einmal im Jahr einen schriftlichen Sachstandsbericht;
und die Vorschläge der Radarkommission werden schon
lange eins zu eins umgesetzt. Andere Forderungen klin-
gen prima – bis man sich mit den Konsequenzen be-
schäftigt. Natürlich wollen wir nicht, dass sich ehema-
lige NVA-Soldaten als Opfer zweiter Klasse fühlen. Aber
wer eine Gleichbehandlung fordert, sollte auch wissen,
was uns dann laut Juristen erwartet: Es könnte bedeu-

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Zu Protokoll ge

(C (D n, dass wir den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 och einmal aufbohren müssten – nach fast 21 Jahren. Dennoch sind wir dafür, dass der Bundestag die Entchädigungsfrage noch einmal aufgreift. Ich halte das uch aus ethischen Gründen für geboten. So wie wir ine Fürsorge für aktive Soldaten haben, so haben wir ie für ehemalige Angehörige von Bundeswehr und NVA. s bedrückt mich, wenn ich in Gesprächen höre, wie nttäuscht Radaropfer von NVA und Bundeswehr heute ind. Ich bedauere es, dass diese Männer keine guten rinnerungen an ihre Armeezeit haben, weil das Heute lles überlagert, was sie damals erlebt und geleistet haen. Es ist so, dass sich das Bild des Kameraden seit der ründung der Bundeswehr gewandelt hat – zum Glück. ine seelische Wunde ist heute kein Stigma mehr, und er sich zu seiner Schwäche bekennt, ist kein Schwächng. Ich kann mir vorstellen, dass das einst anders war nd dass Schmerzen nicht vorgesehen waren. Man hat ich weniger Gedanken gemacht um das Wohlergehen er Soldaten, auch um ihren Gesundheitszustand. Hinzu ommt, dass man bis in die 60er-Jahre hinein bisweilen her unbedarft mit der Strahlengefahr umgegangen ist. Wie schwer der Kampf für ihre Rechte ist, auch davon önnen die Radargeschädigten erzählen. Sie haben mit ren Forderungen – um das einmal vorsichtig zu sagen – ei der Politik und der Bundeswehr anfangs nicht immer ffene Türen eingerannt. Auch das hat sich zum Glück eändert. Vergessen wir nicht, dass sich die Folgen von trahlen nicht sofort zeigen, sondern oft erst Jahre und ahrzehnte später. Es fehlte damals letztlich auch das issen, ja das Bewusstsein. Radar ist bis heute ein hema, für das es nur wenige Fachleute in Deutschland ibt. Allen werden wir es trotzdem nie Recht machen könen. Wer von der Politik absolute Gerechtigkeit und die ufriedenheit aller Betroffenen verlangt, ist blauäugig. as ist schon deshalb schwer möglich, weil wir es mit anz unterschiedlichen Schicksalen zu tun haben – und ben nicht mit einer Art Standarderkrankung, die alle etrifft. Es kann aber darum gehen, sich noch einmal innsiv mit dem Thema zu beschäftigen. Das werden wir n. Bereits morgen gibt es auf Arbeitsebene eine neues espräch. Die Entschädigung von Radaropfern ist ohne Zweifel in sperriges Thema, das uns an Grenzen führt. Einfache ösungen bieten sich nicht an, auch weil das, was in den 0erund 70er-Jahren geschehen ist, kaum dokumenert ist. Juristische Hürden kommen hinzu. Ich sehe alrdings im Bundestag den politischen Willen, bei der ntschädigung noch einmal aktiv zu werden – und zwar ort, wo es nötig ist. Meine Fraktion wird sich dem nicht erschließen. Wir werden versuchen, interfraktionell ine unbürokratische Lösung zu finden. Uns liegen heute sowohl der Antrag der SPD als auch er Antrag der Linken vor. Es wird ein möglichst zügiger nd unbürokratischer Ausgleich für Radargeschädigte Karin Strenz gebene Reden )

Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1710235600




(A) )

der Bundeswehr und der ehemaligen NVA gefordert.
Dabei wird unter anderem eine Stiftungslösung in Erwä-
gung gezogen. Weiterhin wird gefordert, dass die Ent-
schädigungssysteme für Angehörige der Bundeswehr
und der früheren NVA angeglichen werden. Der Antrag
der Linken fordert zur Aufklärung und Dokumentation
der Verstrahlung sowie zur Verbesserung der Strahlen-
sicherheit darüber hinaus eine erneute Einsetzung einer
Expertenkommission, wie wir sie im Jahre 2002 einge-
richtet hatten.

Anfang Juli 2003 hat die Expertenkommission ihren
Abschlussbericht vorgelegt. Bis heute werden die ent-
haltenen Empfehlungen konsequent umgesetzt. Bei
Vorliegen einer qualifizierten Erkrankung und einer
qualifizierenden Tätigkeit wird auf den individuellen
Kausalitätsnachweis verzichtet. Das bedeutet, dass im
Einzelfall nicht nachgewiesen werden muss, dass die Er-
krankung tatsächlich auf die Beschäftigung an und mit
Radargeräten hervorgerufen worden ist. Diese Regelung
halte ich so nach wie vor für sinnvoll und richtig. Im
Übrigen wurde den Betroffenen in vielen Fällen bei der
Auslegung der Anerkennungskriterien entgegengekom-
men. Einzelfälle und Vorgehensweisen wurden in der
Vergangenheit an sogenannten runden Tischen zusam-
men mit Vertretern des Bundes zur Unterstützung Radar-
geschädigter beraten. Bislang wurden etwa 20 Prozent
der Anträge positiv beschieden, circa 68 Prozent wurden
abgelehnt. Eine erneute Einrichtung einer Experten-
kommission halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für nicht er-
forderlich. Der Bericht der Radarkommission entspricht
nach wie vor dem Stand von Wissenschaft und Technik.
Sollten zukünftig neue wissenschaftliche Erkenntnisse
eine Ergänzung dieser Regelung nötig machen, so wird
die Bundesregierung das selbstverständlich berücksich-
tigen.

Die SPD fordert die Angleichung der Entschädi-
gungssysteme für Angehörige der Bundeswehr und der
früheren NVA. Ich möchte Ihnen noch einmal in Erinne-
rung rufen, dass wir uns seit der Jahrtausendwende mit
dem Thema der Radarstrahlenproblematik beschäftigen.
2001 wurde umfassend geprüft, ob es eines neuen Geset-
zes für die Opfer von Radarstrahlen bedarf. Letztlich
wurde jedoch davon Abstand genommen, da für die be-
troffenen Personen bereits Rechtsvorschriften bestehen,
die Leistungen bei einer durch dienstliche Tätigkeiten
bedingten gesundheitlichen Schädigung vorsehen. Da-
bei handelt es sich um Versorgungsansprüche wegen ei-
ner strahlenbedingten Beschädigung – für Soldaten der
Bundeswehr nach den Bestimmungen des Soldatenver-
sorgungsgesetzes, für Beamte nach den Regelungen des
Beamtenversorgungsgesetzes und für Arbeitnehmer
nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversiche-
rung. Ehemalige Soldaten der NVA können einen An-
spruch nach dem Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz
geltend machen.

Dass ehemalige Angehörige der NVA nicht in der Ver-
sorgung durch das Soldatenversorgungsgesetz mit ein-
bezogen wurden, steht im Einigungsvertrag und wurde
um Zuge der Gesetzgebung zur Überleitung von Ansprü-
chen nach dem Recht der DDR beschlossen. Die unter-
schiedlichen Regelungen bei geschädigten Grundwehr-

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Zu Protokoll ge

(C (D ienstleistenden der NVA im Gegensatz zu Regelungen r Wehrdienstleistende der Bundeswehr resultieren aus en vom Gesetzgeber als angemessen erachteten Regengen. Ansprüche, die frühere Wehrpflichtige wegen nfällen bei der NVA nach den Gesetzen der DDR aus er allgemeinen Sozialversicherung hatten, wurden in ie gesetzliche Unfallversicherung übergeleitet. Diese nfälle waren in der DDR Arbeitsunfällen gleichestellt; die Überleitung ist also sachgerecht. Die Hinrbliebenen bleiben nicht unversorgt, sondern haben leiche Ansprüche wie Hinterbliebene der Opfer von Areitsunfällen. Bei der Frage, inwieweit Soldaten durch adargeräte Gesundheitsschäden erlitten haben und ie mit diesen Gesundheitsschäden umzugehen ist, hanelt es sich jedoch um eine schwierige und komplexe hematik, die weit über die gesetzlichen Versorgungsorschriften hinausgeht. Die Frage, ob die Gründung einer Stiftung in diesem all sinnvoll ist, lässt sich richtigerweise nur mit Nein eantworten. Genau wie zur Schaffung eines Sondergeetzes ist insofern zu sagen, dass alle eingehenden Verorgungsanträge auf gesetzlicher Grundlage entschieen werden. Eine Stiftung zur Unterstützung derjenigen, eren Anträge auf dieser Grundlage und trotz der erhebchen Erleichterungen abgelehnt wurden, wäre mit den rundsätzen des sozialen Entschädigungsrechts nicht ereinbar. Es kann nun mal nicht sein, dass ein Antragteller lediglich aufgrund einer Behauptung eine Leisng erhält. Ich weiß, dass dieses Thema immer wieder zu Recht iele Emotionen hervorruft. Die damalige Regierung hat ine Regelung getroffen, die den Opfern so gerecht wie öglich wird. Leider kann es niemals eine Lösung geen, die von allen Betroffenen als gerecht empfunden ird. Ich bin jedoch nach wie vor der Ansicht, dass die orhandenen gesetzlichen Regelungen und die im bschlussbericht der Radarkommission enthaltenen mpfehlungen eine geeignete Grundlage für die Entcheidung über die Entschädigung von Radaropfern arstellen und dass somit die Einrichtung einer Stiftung icht erforderlich ist. Der Antrag der Fraktion Die inke ist daher umfassend abzulehnen. Dem Antrag der raktion der SPD vermag ich nur in einzelnen Aspekten uzustimmen, wobei ich davon ausgehe, dass die meisten ieser Punkte, die ich ja eben auch angesprochen habe, ereits umgesetzt wurden bzw. bald berücksichtigt weren. Bis in die 80er-Jahre sind Angehörige der Bundes ehr und der ehemaligen NVA mit ionisierender Strahng und Radarstrahlung in Berührung gekommen und aben Partikel inkorporiert. Einige sind daraufhin zum eil schwer erkrankt. Da aufgrund des fehlenden Gefahnbewusstseins genaue Aufzeichnungen über Dauer nd Art der Exposition fehlen, können Betroffene häufig ur auf unzureichendes „Beweismaterial“ für ihre Schäigung zurückgreifen. Der Deutsche Bundestag hat sich daher seit dem Jahr 000 mit der Frage der Entschädigung dieser Soldaten Florian Hahn gebene Reden )

Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1710235700




(A) )

beschäftigt. Im Jahr 2002 wurde eine Kommission mit
der Untersuchung dieser Fälle beauftragt. 2003 hat die
„Radarkommission“ in ihrem Abschlussbericht Krite-
rien erstellt, die festlegen, in welchen Fällen eine
Krankheit auf Strahleneinwirkung zurückzuführen ist.
Die Beschreibung qualifizierender Tätigkeiten und qua-
lifizierender Erkrankungen sollte die Anerkennungsver-
fahren beschleunigen und erleichtern. In diesem Zusam-
menhang wurde von der Radarkommission auch die
Umkehr der Beweislast in Teilbereichen zugunsten der
Betroffenen empfohlen.

Von 3 803 gestellten Anträgen wurden 19,7 Prozent
zugunsten der Antragsteller entschieden, 68 Prozent der
Anträge wurden abgelehnt, der Rest befindet sich im
laufenden Verfahren. Die Interessenvertreter der jewei-
ligen Betroffenengruppen – Bundeswehr und ehemalige
NVA – gehen davon aus, dass die Anerkennungskriterien
des Radarberichts nicht umfassend im Sinne der Antrag-
steller auslegt werden, was die Bundesregierung ent-
schieden zurückweist.

In der 16. Wahlperiode waren sich alle im Parlament
vertretenen Fraktionen einig, dass es zeitnah eine Lö-
sung des Problems im Sinne der Betroffenen geben
muss.

In Umsetzung der Ergebnisse der Radarkommission
und vor dem Hintergrund des hohen Alters der Betroffe-
nen fordern wir als SPD die Bundesregierung daher auf,
zeitnah eine praktikable Lösung im Sinne der Betroffe-
nen vorzulegen. Wir streben vorzugsweise eine Stif-
tungslösung an, die den unterschiedlichen Betroffenen-
gruppen gerecht wird. Diese Stiftungslösung ermöglicht
darüber hinaus die Einbeziehung der Gerätehersteller
sowie die Erschließung weiterer Stiftungsgelder.

Eine weitere Angleichung der unterschiedlichen An-
erkennungs- und Entschädigungsverfahren von ehemali-
gen Bundeswehrangehörigen und NVA-Soldaten muss
ebenfalls weiter vorangebracht werden. Die Entschei-
dungsspielräume sollen dabei zugunsten der Betroffenen
ausgelegt werden.

Darüber hinaus werden wir uns dafür einsetzen, dass
die Ergebnisse der Radarkommission – wie vom Vertei-
digungsausschuss einstimmig beschlossen und vom Ver-
teidigungsministerium zugesagt – eins zu eins umgesetzt
werden. Dabei ist es selbstverständlich, dass auch nach
Vorliegen eines Gesetzes weiterhin neue Erkenntnisse
der medizinischen und biologischen Forschung in die
Entscheidungen mit einfließen. Hier ist ein dynamisches
Vorgehen notwendig.

Für die Vermittlung in Zweifelsfällen fordern wir ein
– auch von der Radarkommission befürwortetes – unab-
hängiges Gremium zur Entscheidungsfindung einzube-
ziehen. Dem Verteidigungsausschuss muss zu den Bemü-
hungen und den weiteren Schritten der Bundesregierung
jährlich ein Evaluierungsbericht vorgelegt werden.

Lassen Sie uns im Sinne der Betroffenen zügig han-
deln und entscheiden!

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Zu Protokoll ge

(C (D Die Suche nach einer geeigneten Lösung bei der Ent chädigung der Radaropfer beschäftigt den Bundestag chon seit mehr als zehn Jahren. Ich möchte meinen Kolginnen und Kollegen aus dem Verteidigungsausschuss, owohl aus den Oppositionsfraktionen, als auch den Reierungsfraktionen, für die gute Zusammenarbeit und as gemeinschaftliche Engagement für die Radargechädigten danken. Die sachorientierte gemeinsame Areit mit Ihnen, meine lieben Kolleginnen Malczak, öger und Strenz und lieber Kollege Meßmer, zeigt, dass ie Suche nach einer geeigneten Lösung für die Opfer on Radarstrahlen ein gemeinsames Anliegen aller raktionen des Bundestages ist. Der grundsätzliche Konsens, der schon in der letzten egislaturperiode bei diesem Thema leitend war, sollte r uns auch in dieser Legislaturperiode weiterhin die ichtschnur unseres Handelns sein. Auch wenn wir alle ein gemeinsames Ziel verfolgen, ind unsere Wege, wie wir es erreichen wollen, momenn noch unterschiedlich. Die aktuellen Zahlen, vorgelegt in der Antwort der undesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion ie Linke in Drucksache 17/3137, zeigen, dass sich die ahl der Entschädigungen zugunsten der Antragsteller rhöht hat. Auch wenn die Entschädigungspraxis in Tein stärker zum Vorteil der Antragsteller ausgelegt wird, eigt die Zahl von 68 Prozent abgelehnter Anträge, dass as von uns allen gewünschte Ziel der „Eins-zu-einsmsetzung“ der Empfehlung der Radarkommission biser nicht erreicht wurde. Aus meiner Sicht brauchen wir daher eine umfassenere Lösung. Und – dies ist mir dabei besonders wichg –: Es darf hier nicht nur bei warmen Worten bleiben, ondern wir müssen nun konkrete Maßnahmen ergreifen nd Taten folgen lassen. Wir sind bereit, die notwenigen Mittel aus dem Verteidigungshaushalt zur Verfüung zu stellen. Der Ausgleich für Radargeschädigte ist aber nicht ur eine finanzielle Frage, sondern es geht hierbei auch m die Würdigung der Lebensleistung dieser Menschen ugunsten unseres Vaterlandes. Ich habe mich daher sehr gefreut, dass sich Ende letzn Jahres der Verteidigungsminister mit den Vertretern er Opferverbände zu einem Gespräch getroffen hat. ieses persönliche Gespräch war für die Betroffenen esonders wichtig, da ihnen erstmalig in den vielen ahrzehnten ihrer Arbeit die Möglichkeit gegeben urde, ihr Anliegen dem Verteidigungsminister direkt arzustellen, und Ihnen so Achtung erwiesen wurde. Die Gleichbehandlung der Radargeschädigten in Ost nd West, der NVA und der Bundeswehr, ist aus meiner icht geboten. Seit dem Mauerfall ist die Bundeswehr ur Armee der Einheit zusammengewachsen. Es darf daer keine Opfer zweiter Klasse geben, auch wenn die undesrepublik gemäß BGH-Urteil nicht für die Verindlichkeiten der NVA haftet und der Einigungsvertrag ifferenziert. Dieser besagt nämlich, dass wir NVA und undeswehr nicht gleich behandeln müssen. Er lässt uns Ullrich Meßmer gebene Reden )

Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1710235800




(A) )

aber im Jahre 2011 die Möglichkeit, dass wir nun aus
übergeordneten politischen Gründen gleich behandeln.
Das ist unser politischer Wille.

Wir als FDP-Fraktion setzen uns schon seit Anfang
2001 für eine großzügigere Entschädigung der Radar-
strahlenopfer ein und haben dieses immer wieder, so-
wohl im Verteidigungsausschuss als auch im Plenum,
zum Ausdruck gebracht. Wir laden daher alle Fraktio-
nen ein, mit uns eine geeignete Lösung zu finden und un-
seren breiten Konsens in einer gemeinsamen Initiative
zum Ausdruck zu bringen.


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710235900

Seit vielen Jahren kämpfen radargeschädigte ehema-

lige Soldaten aus Ost und West für eine angemessene
Anerkennung und für eine Entschädigung für Erkran-
kungen, die auf ihre Tätigkeit an Radaranlagen zurück-
geführt werden können. Es ist dringend notwendig, dass
die Bundesregierung hier schnell Abhilfe schafft, da die
Betroffenen immer älter und kränker werden. In ein paar
Jahren ist es für viele zu spät. In der Vergangenheit ent-
stand der Eindruck, die jeweiligen Bundesregierungen
spielen auf Zeit und drücken sich um eine umfassende
Lösung des Problems. Damit muss nun endlich Schluss
sein.

In der vergangenen Legislaturperiode waren sich
Abgeordnete aller im Bundestag vertretenen Parteien ei-
nig, dass es zeitnah eine umfassende Lösung des Pro-
blems geben muss. Allerdings hapert es bei der Umset-
zung durch die verschiedenen Bundesregierungen. Der
Prozess der Aufarbeitung stagniert seit Jahren. Das ist
angesichts des Alters der Betroffenen und der ernsthaf-
ten Erkrankungen unerträglich. Die Linke fordert eine
schnelle, unbürokratische und umfassende Anerkennung
und Entschädigung der Strahlengeschädigten. Dabei
dürfen die Ermessensspielräume für das Vorliegen der
Anerkennungskriterien nicht zu eng gefasst sein.

Ehemalige Angehörige der NVA und der Bundeswehr
müssen gleich behandelt werden. Bislang sind radarge-
schädigte Bundeswehrsoldaten wegen der seltenen
Anerkennung ihrer Krankheit Bürger zweiter Klasse.
Ehemalige Soldaten der NVA sind sogar Bürger dritter
Klasse. Sie unterliegen laut Einigungsvertrag dem
Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz. Dies ist aus
Sicht der Betroffenen noch „strenger“ als das Soldaten-
versorgungsgesetz, das für ehemalige Bundeswehrsol-
daten gilt. Die Bundesregierung erklärt, dass diese
Ungleichbehandlung politisch gewollt ist. Das ist aus
unserer Sicht unerträglich.

Die Linke fordert auch, dass neben dem Staat als Ar-
beitgeber auch die Radargerätehersteller als Mitverant-
wortliche an den Entschädigungskosten zu beteiligen
sind. Außerdem brauchen wir mehr Transparenz und
mehr Mitbestimmung durch den Bundestag. Deshalb
soll es erneut eine Radarkommission geben, die dem
Bundestag regelmäßig einen Bericht vorlegt.

Die Linke ruft die Bundesregierung außerdem dazu
auf, strahlengeschädigten Angestellten ziviler Einrich-
tungen, wie zum Beispiel der Sowjetisch-Deutschen Ak-

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(C (D engesellschaft Wismut oder von Atomkraftwerken, eine ngemessene Anerkennung und Entschädigung zuteilerden zu lassen. Gerade die Nuklearkatastrophe in ukushima zeigt, dass in diesem Bereich die Gefahren mens sind. Wer weiß, was da in den nächsten Jahren uf uns zukommt! Wenn strahlengeschädigte Menschen aus Ost oder West, militärisch oder zivil beschäftigt – u ihrem Recht kommen sollen, müssen für alle Strahleneschädigten dieselben gesetzlichen Regelungen gelten. lles andere schafft nur wieder neue Spaltungen und ngerechtigkeiten. Die SPD fordert in ihrem Antrag eine Stiftung, die die nerkennung und Entschädigung in die Hand nehmen oll. Diese Forderung ist nicht falsch und kann nicht chaden. Allerdings hatte eine interfraktionelle Anfrage n den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ergeen, dass es im Sinne der Betroffenen zielführender ist, on der Bundesregierung ein Radarstrahlenopfergesetz u fordern. Dies Gesetz soll den genannten Kriterien ntsprechen. Es bleibt dann der Bundesregierung überssen, ob dafür die Gründung einer Stiftung notwendig t oder nicht. Das deutsche Stiftungsrecht ist sehr komlex und vielschichtig. Ich befürchte, dass diese Fordeung erneut auf Bürokratisierung und Verzögerung inausläuft. Die Strahlengeschädigten haben diese Zeit ber nicht mehr. Ich möchte Sie bitten, in den Ausschussberatungen ber den parteipolitischen Tellerrand hinauszuschauen nd sich dafür einzusetzen, zügig die Rechte der Betrofnen zu stärken. Es ist fünf vor zwölf. Die Strahlenge chädigten können nicht länger warten. Ehemalige Soldaten der Bundeswehr und der NVA ind bis in die 80er-Jahre hinein während ihrer ienstausübung nachhaltig geschädigt worden. Viele on ihnen waren Wehrpflichtige. Verursacht wurde diese chädigung durch Strahlungsquellen in Geräten, die in er täglichen Dienstausübung zum Einsatz kamen. Warungen vor diesen Strahlenquellen kamen zu spät oder urden zu lange banalisiert. Die betroffenen Menschen ind auch Jahre später als Folge dieser Verstrahlung chwer erkrankt. Seit 2001 ist dieser Umstand bekannt, seit 2003 liegt it dem Abschlussbericht einer unabhängigen Expernkommission eine umfassendere Erfassung der Zu ammenhänge und eine Empfehlung für eine wohlwolnde Entschädigungsund Versorgungspraxis vor. och die damals vom ehemaligen Verteidigungsminister charping zugesagte „streitfreie und großherzige Löung“ ist auch heute nicht wirklich in Sicht. Der Staat utzt stattdessen juristische Spielräume aus, die sich aus em Umstand ergeben, dass der direkte Zusammenhang wischen Erkrankung und Einsatz an den Geräten oft icht nachzuweisen ist. Die zuständigen Behörden fühn mit den Betroffenen endlose bürokratische Aus inandersetzungen über Beweismittel und Gutachten. m Ende steht in der überwiegenden Zahl eine Entscheiung gegen die Interessen der Betroffenen. Das ist wirk Burkhardt Müller-Sönksen gebene Reden Agnes Malczak )

Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710236000







(A) )

lich ein Armutszeugnis für die Fürsorgepflicht gegen-
über aktiven und ehemaligen Soldaten.

Seit Jahren setzen sich der Bund zur Unterstützung
Radargeschädigter, als Interessenvertretung ehemaliger
Bundeswehrsoldaten, und der Bund zur Unterstützung
Strahlengeschädigter, die Interessenvertretung ehemali-
ger NVA-Angehöriger, für eine verbesserte Entschädi-
gungspraxis ein. Für ihr Engagement, ihren Mut und
ihre Ausdauer gebührt ihnen Dank und Anerkennung
dieses Hauses. Nur reicht die Erklärung dieses Dankes
nicht mehr aus. Die größte Anerkennung zeigen wir, in-
dem wir endlich diese traurigen Zustände beenden.

Wir alle sind uns darüber einig, dass den betroffenen
Menschen geholfen werden muss. Dabei geht es nicht
einmal um die abschließende Klärung von Schuld; es
geht vielmehr um die Übernahme von Verantwortung.
Und eine besondere Verantwortung haben wir für die
ehemaligen Angehörigen beider Armeen – der Bundes-
wehr und der NVA.

Die Probleme bei den Anerkennungsverfahren sind
schon oft thematisiert worden; sie müssen aber auch an-
gegangen werden. Dabei spielt Zeit eine ganz entschei-
dende Rolle. Zehn Jahre, nachdem die Problematik erst-
mals bekannt wurde, ist es allerhöchste Zeit für
Lösungen. Wer sich hier weiter hinter der Komplexität
der Frage versteckt, wird unglaubwürdig und fügt den
Betroffenen unnötigerweise weiteres Leid zu. Denn wäh-
rend Formen der Entschädigung hin und her diskutiert
werden und Parlament und Bundeswehrverwaltung, Re-
gierung und Opposition ihre Konkurrenzen austragen,
leiden Menschen und ihre Angehörigen. Zu viele der Be-
troffenen erleben das Ende der lang gezogenen Verwal-
tungsverfahren nicht mehr. Seit geraumer Zeit mahnen
alle Fraktionen hier Verbesserungen an. Aber wenn wir
uns dabei in parteipolitisches Gezänk verstricken, wer-
den zu viele der betroffenen Menschen die Lösung für
die offenen Verfahrensfragen nicht mehr erleben. Dieser
Gedanke sollte uns alle innehalten lassen.

Dieses Thema eignet sich nicht dazu, die Grenzen
zwischen den Parteien, zwischen Koalitionsfraktionen
und Opposition zu betonen. Stattdessen sollten wir bei
dieser Frage über unseren Schatten springen – zuguns-
ten der Betroffenen – und gemeinsam für eine vor allem
schnelle Lösung arbeiten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710236100

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

auf den Drucksachen 17/5233, 17/5365 und 17/5373 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE

Abzug deutscher Polizisten aus Afghanistan

– Drucksache 17/4879 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Die Reden nehmen wir zu Protokoll. Im Namen der in Afghanistan eingesetzten Polizistin en und Polizisten bin ich dankbar dafür, dass wir uns Deutschen Bundestag mit dem Einsatz der deutschen olizei im bilateralen Polizeiprojekt wie auch bei der UPOL-Mission beschäftigen. Ziel dieses Einsatzes ist s, der afghanischen Polizei die Fähigkeit zu vermitteln, ie öffentliche Sicherheit und Ordnung in ihrem Land in en kommenden Jahren selbstständig zu gewährleisten. abei orientieren wir uns an afghanischen, nicht an eutschen Maßstäben. Die heutige Debatte gibt uns Gelegenheit, die Ergebisse in einem Zwischenfazit zu würdigen. Das kann man unterschiedlicher Form tun: Von uns, der CDU/CSUraktion, werden die unter schwierigen Bedingungen rarbeiteten guten Ergebnisse unserer Beamtinnen und eamten gewürdigt, von den Linken in ihrem Antrag her entwürdigt. Wichtige Akteure beim Polizeiaufbau in Afghanistan ind die europäische Polizeimission EUPOL Afghanisn, die NATO Training Mission in Afghanistan und in inem besonderen Maße unser bilaterales deutsches Pozeiprojektteam GPPT. Was haben wir bisher erreicht? Nach Beendigung der rroristischen Talibanherrschaft sind wir dabei, ein für fghanische Verhältnisse beachtliches demokratisch rientiertes Polizeisystem mit aufzubauen. Deutschland orgt dabei in erheblichem Maß für eine allgemeine Pozeiinfrastruktur und den Bau und Ausbau von Traiingszentren, in denen jährlich etwa 5 000 afghanische olizisten ausund fortgebildet werden können. In Kaul sowie den Außenstellen in Masar-i-Scharif, Kunduz nd Faizabad wurden Polizeitrainingszentren errichtet, eren Kapazität derzeit erweitert wird. Das Polizeitraiingszentrum Kabul wird dabei ausschließlich für das soenannte „Train the Trainer“-Programm genutzt. Die rsprüngliche Zielstärke von 500 ausgebildeten afghaischen Trainern bis Ende 2012 wird voraussichtlich eutlich übertroffen. Im Rahmen des bilateralen deutchen Engagements ist das „Train the Trainer“-Modul eben der Ausund Fortbildung und der Beteiligung am ocused-District-Development-Programm, kurz FDDrogramm, ein wesentlicher Bestandteil der deutschen nterstützungsleistung. Von afghanischen Trainern soie von deutschen Polizisten und Feldjägern wurden alin in diesem Jahr über 1 100 Polizisten erfolgreich usgebildet, circa 2 000 weitere werden folgen. Gerade ie Ausund Fortbildung von Führungskräften, vor alm auch durch Weitergabe von politischer Bildung und efizitabbau beim Lesen und Schreiben, war und ist ein esentlicher Beitrag zur Professionalisierung der afhanischen Polizei. Daher möchte ich an dieser Stelle anz besonderes unseren deutschen Polizistinnen und )

Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1710236200

(A) )

Polizisten danken, die diese harte Arbeit Tag für Tag mit
Stolz verrichten.

Zugegebenermaßen gab es auch Probleme, so zum
Beispiel bei der Rekrutierung mangels Teilnehmer und
einer hohen Verlustrate bei den ausgebildeten afghani-
schen Sicherheitskräften. Das Ziel der Londoner Konfe-
renz von 134 000 Polizisten bis Oktober 2011 war ge-
fährdet. Aber gerade in solch schwierigen Situationen
muss man seiner Führungsverantwortung gerecht wer-
den und Probleme bewältigen, statt vor ihnen davonzu-
laufen, wie es uns die Linken in ihrem Antrag empfehlen.
Und wie weit Sie mit Ihren Empfehlungen danebenlie-
gen, könnten Sie am besten vor Ort erfahren. Ich bin
sehr beeindruckt, dass unsere deutschen Polizistinnen
und Polizisten mir vor Ort regelmäßig das Vertrauen mit
auf den Weg geben, diese Schwierigkeiten lösen und die
Projekte erfolgreich zu Ende bringen zu wollen, Mit die-
ser Motivation kommen wir auch politisch Schritt für
Schritt voran: Durch Anreizprogramme, wie einer bes-
seren Bezahlung und einer Weiterverpflichtungsprämie,
haben sich zum Beispiel wieder deutlich mehr Polizei-
schüler beworben.

Vor allem werden wir aber für unser nachhaltiges und
ganzheitliches Schulungskonzept bei den Afghanen wie
auch bei den Bündnispartnern hoch geschätzt: Nicht nur
eine angepasste Staatsbürgerkunde zeigt Wirkung, unser
Alphabetisierungsangebot gilt als Auszeichnung und
sorgt für ein hervorragendes Bild über uns, nicht nur in
der arabischen Welt. Wem es hier an Zuversicht fehlt,
was diesen Einsatz anbelangt, dem empfehle ich eine
Reise nach Afghanistan. Die Motivation, die Sie vor Ort
bei unseren Leitern, Ausbildern und den afghanischen
Auszubildenden erleben, würde ganz sicher dazu führen,
dass ein Antrag der Linken, wie wir ihn heute diskutie-
ren müssen, so nicht geschrieben würde.

Auch im Bereich der polizeilichen Infrastruktur gibt
es mutmachende Erfolge: Im Jahr 2010 wurde der Bau
der Grenzpolizeifakultät an der Polizeiakademie in Ka-
bul abgeschlossen. Eine Außenstelle der Polizeiakade-
mie in Masar-i-Scharif befindet sich noch im Bau. Die
Hauptquartiere der Verkehrs-, Bereitschafts- und Grenz-
polizei in Kabul sowie eine Reihe von Hauptquartieren
in den Provinzen, etwa in Faizabad, und Distrikten
konnten bereits übergeben werden. Zahlreiche für die
örtliche Sicherheit besonders wichtige feste Checkpoints
wurden fertiggestellt, andere sind noch im Bau. Das
spricht für Taten und Perspektiven!

Nicht ohne Grund verhält sich Deutschland über alle
Fraktionen hinweg sehr sensibel, wenn es darum geht,
mit den Bündnispartnern in militärische Einsätze zu ge-
hen. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber die
Chance, seinen Bündnisverpflichtungen im Schwerpunkt
insbesondere auf dem Sektor der Demokratisierung und
des zivilen Wideraufbaus, also zum Beispiel der polizei-
lichen Aufbauhilfe nachzukommen. Wir haben das
Know-how, die Infrastruktur und eben ein weltweit her-
vorragendes Image, das wir uns in vielen internationa-
len Polizeieinsätzen erarbeiten konnten. Daher stellt
sich für mich nicht die Frage des Ausstiegs, sondern
eher die Frage: Sind wir bei der Polizei für bevorste-

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Zu Protokoll ge

(C (D ende internationale Aufgaben in diesen Bereichen zuunftsfähig aufgestellt? Bei diesen Missionen, wie zum Beispiel im Kosovo, in oldawien oder dem Sudan, handelt es sich um Einsätze nter ganz besonderen Bedingungen. Das ist uns sehr ohl bewusst. Betonen möchte ich daher, dass die deut chen Polizistinnen und Polizisten freiwillig diesen auergewöhnlichen Dienst leisten. Durch eine handverleene Auswahl, durch besonderes Training und spezielle usstattung tun wir alles dafür, dass diese robusten Einätze zwar nicht ungefährlich, aber verantwortbar bleien. Aus diesen Gründen lehnen wir alle Forderungen im ntrag der Linken ab. Im Gegenteil, wir werden erstens em zivilen Aufbau durch EUPOL und die GPPT in beonderem Maße nachkommen, zweitens konzeptionelle tandards setzen, die mittlerweile von vielen Nachbarrojekten übernommen wurden, drittens die Ergebnisse eiterhin evaluieren, um die Erfolge klar belegen zu önnen, und viertens mit absoluter Sicherheit nicht jetzt olizeilich in Afghanistan aussteigen, wenn die Früchte nserer Arbeit sichtbar werden und wir den Eindruck ewinnen, dass wir eine Übergabe mit Verantwortung, lso unser Kernziel, schrittweise umsetzen können. Mehrmals habe ich Afghanistan bereist, um mir dort erster Linie den Polizeiaufbau vor Ort anzusehen. chon seit Langem wird in den Diskussionen um die ichtige Afghanistan-Strategie der Aufbau der Sichereitskräfte als Schlüssel für eine dauerhafte Stabilisieung des Landes beschworen. Die Durchdringung des ewaltmonopols der Zentralregierung bis in die Provin en soll Voraussetzung für den Aufbau einer modernen ivilgesellschaft in Afghanistan sein. So weit, so gut. Offiziell stehen der afghanischen Regierung zurzeit 13 000 Polizisten zur Verfügung. Tatsächlich werden es ber wohl nur etwa 90 000 einsatzfähige Kräfte sein, woei freilich die Aussagen über die Stärke der afghanichen Polizei zwischen 70 000 bis hin zu 113 000 Kräften ariieren. Allein solch vage Schätzungen und Aussagen eben genug Eindruck vom Zustand der afghanischen olizei. Es fällt mir überhaupt sehr schwer, diese beaffneten Kräfte „Polizei“ zu nennen. Was ist das für ine Polizei, von der niemand genau weiß, wer ihr jetzt erade angehört und wer nicht oder nicht mehr? Wie ird eine solche Polizei bezahlt, wenn nicht einmal klar t, wer im Augenblick bei ihr auf der Gehaltsliste steht? Der Antrag, über den wir hier sprechen, hat folglich seiner Bestandsaufnahme und in seiner Analyse recht. enn es stimmt, die sogenannte afghanische Polizei ist um größten Teil eine Bürgerkriegstruppe im Kampf geen die Aufständischen. Es stimmt, Korruption und milirischer Ansatz prägen das Bild dieser Einheiten. Es timmt, die sogenannten Polizisten werden vielerorts als Kanonenfutter“ im Bürgerkrieg eingesetzt; bislang urden in Afghanistan doppelt so viele „Polizeikräfte“ etötet wie afghanische und ISAF-Soldaten zusammen. nd es stimmt auch, dass die sogenannte afghanische Armin Schuster gebene Reden )

Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1710236300




(A) )

Polizei in der Bevölkerung einen extrem schlechten Ruf
genießt.

Um zu verstehen, worüber wir sprechen, wenn wir
den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte meinen,
müssen wir zuallererst unser gewohntes Bild von „Poli-
zei“ aus dem Kopf streichen. Wenn wir Polizei meinen,
denken wir an bestens ausgebildete Sicherheitskräfte,
die allein dem staatlichen Gewaltmonopol unterstellt
und in den Rechtsstaat eingebunden sind und die ihre
klar definierte exekutive Rolle im staatlichen Gleichge-
wicht aus Legislative, Exekutive und Judikative einneh-
men.

Davon kann beim weitaus größten Teil der sogenann-
ten Polizei in Afghanistan nicht einmal im Ansatz die
Rede sein. Die von den US-Streitkräften in Afghanistan
ausgebildeten sogenannten Polizisten werden innerhalb
einer Woche einsatzbereit gemacht, bei den meisten an-
deren sind es auch gerade einmal sechs Wochen. Man
muss nicht erklären, dass in dieser kurzen Zeit allenfalls
der halbwegs ordentliche Umgang mit der Waffe und an-
derer Ausrüstung erlernt werden kann. Weil die meisten
der rekrutierten Männer Analphabeten und dabei oft in
schlechter körperlicher Verfassung sind, kommt jegliche
weitere Ausbildung – geschweige denn rechtsstaatliche
Unterrichtung – ohnehin von vornherein nicht infrage.
Um es kurz zu machen: In Afghanistan werden diejeni-
gen Männer, die bereit sind, mit den Streitkräften gegen
die Taliban zu kämpfen, unter Waffen gestellt und unter
dem Gesamtbegriff „Polizei“ zusammengefasst. Dass es
dabei in erster Linie um die Quantität statt Qualität der
Sicherheitskräfte geht und dass der Überblick über die
Gesamtstärke dieser Kräfte dann schon einmal verloren
gehen kann, versteht sich von selbst.

Ein derart vollzogener Polizeiaufbau macht aus ver-
schiedener Hinsicht nicht nur keinen Sinn, sondern ist
sogar gefährlich für die ohnehin schon kaum vorhan-
dene innere Sicherheit Afghanistans. Eine solche „Poli-
zei“ wird von der Bevölkerung natürlich nicht aner-
kannt, geschweige denn respektiert. Diese sogenannten
Polizisten sind auch nicht in der Lage, mit dem erst im
Aufbau befindlichen Verwaltungs- und Justizwesen zu
kooperieren. Sie agieren also quasi in einem staatlich
leeren Raum. Wem sie ihre Loyalität schulden – westli-
chen Streitkräften, lokalen Stammesfürsten, der Zentral-
regierung in Kabul oder erst einmal nur ihren ureigenen
persönlichen Interessen – hängt von der jeweiligen
Situation und den örtlichen Umständen ab. Ob sie im
Ernstfall tatsächlich ihre Gesundheit oder ihr Leben in
der Auseinandersetzung mit Taliban, Drogenbossen
oder einfachen Verbrechern riskieren, ist sehr oft zwei-
felhaft. Das zeigt die hohe Fluktuation und die Unmög-
lichkeit, die Stärke dieser Sicherheitskräfte genau zu be-
ziffern. Ein Staat ist mit diesen Kämpfern definitiv nicht
zu machen. Und was wird in Zukunft aus diesen Kräften,
wenn die westlichen Verbündeten abgezogen sind? Die
Gefahr ist sehr groß, dass sich dann aus diesen Kämp-
fern paramilitärische Einheiten bilden und dass sie den
Bürgerkrieg verschärfen. Anstatt – wie es ursprünglich
ja ihr Auftrag sein sollte – das Gewaltmonopol des
afghanischen Staates aufzubauen, werden sie diesen oh-
nehin schwachen Staat noch weiter schwächen. Ein sol-

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Zu Protokoll ge

(C (D her „Polizeiaufbau“ macht keinen Sinn. Dafür sollten nd dürfen wir keine deutschen Polizisten einsetzen. Richtig ist auch, dass unsere Polizisten auf gar keinen all unmittelbar im Krieg eingesetzt werden dürfen. Die undesregierung hat zugesichert, dass deutsche Polizisn im Zuge der neuen Strategie des „Focused District evelopment“-Programms nicht in umkämpfte Regioen entsandt werden. Wir werden sehr genau darauf chten müssen, dass dies tatsächlich so bleibt. Aber nicht alles am Polizeiaufbau in Afghanistan ist chlecht. Es sind auch einige richtige Ansätze für den ufbau einer Polizei in Afghanistan zu finden. Das deutche Polizeitrainingszentrum Kundus und das Schungszentrum in Masar-i-Scharif stehen für vorbildliche usbildung, insbesondere in Hinblick auf die Fortbilung der Bereitschaftsbzw. Grenzpolizei. Gleiches gilt r die Mission EUPOL Afghanistan. Die Stärkung der fghanischen Nationalpolizei könnte mithilfe der geannten Projekte und EUPOL durchaus Erfolg versprehen, sofern sie mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ürden. Doch diese Vorhaben sind hoffnungslos unternanziert, weshalb es noch Jahre für einen Polizeiaufau bräuchte, der diesen Namen auch verdient. Denn ährend 2010 etwa 700 Millionen Euro allein in den ilitäreinsatz der Bundeswehr geflossen sind, liegt das UPOL-Budget für ganz Afghanistan weit unter dieser umme. Wenn wir parallel zur Forderung, die Bundeswehr us Afghanistan abzuziehen, die Bedeutung ziviler Aufauprojekte hervorheben und hier größere Anstrengunen der westlichen Welt verlangen, dann gehört zum ufbau einer Zivilgesellschaft neben einer funktionienden Verwaltung und einem Justizwesen, das frei von orruption ist, auch eine gut ausgebildete und funktioierende Polizei. Dass Afghanistan hier noch ganz am nfang steht und dass die Erfolgsaussichten, so wie sich ie Lage jetzt darstellt, sehr gering sind, habe ich bent. Nur wäre es sehr wohl ein Fehler, die kleinen An ätze, wie sie zum Beispiel in EUPOL zu finden sind, uch noch durch den kompletten Abzug aller Polizeixperten und Ausbilder zu zerstören. EUPOL birgt durchus Chancen und verdient größere Unterstützung. Desalb können wir einen Antrag nicht unterstützen, der die undesregierung unter anderem auffordert, „EUPOL fghanistan einzustellen“ und alle Polizeibeamtinnen nd Polizeibeamten unverzüglich abzuziehen. Denn eine ukünftige afghanische Zivilgesellschaft – so ihr Aufbau enn gelingt – braucht eine Polizei, die den Namen Polizei“ auch verdient. Der Antrag der Linken verdient im Grunde genau ein ort: Unerträglich! Da schreiben Sie in der Begrünung zu Ihrem Antrag: „Es wird deutlich, dass das Enagement deutscher Polizeiausbilder der Führung eines ürgerkrieges dient.“ Was denken Sie sich eigentlich? welcher Realität leben Sie denn? Ich kann dazu nur agen: So etwas macht mich fassungslos. Wie eine Bunestagsfraktion derartige Behauptungen aufstellen ann, ist wirklich nicht zu fassen. Wolfgang Gunkel gebene Reden )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1710236400




(A) )

Diese unerträgliche Tatsachenverdrehung kann man
nicht so stehen lassen. Der Einsatz deutscher Polizistin-
nen und Polizisten in Afghanistan ist ein wesentlicher
Beitrag zum zivilen Wiederaufbau des Landes, zum
Aufbau eines Rechtsstaates, zur Schaffung geordneter
Strukturen und zur langfristigen Stabilisierung der Re-
gion. Es ist von entscheidender Wichtigkeit, dass vor al-
lem der Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen unterstützt
wird, damit die internationale Gemeinschaft in ein paar
Jahren ein Land verlassen kann, das nicht wieder in die
Hände von Extremisten und Terroristen fällt. Die Polizei
Afghanistans muss hier einen zentralen Beitrag leisten,
damit ein wirklicher Rechtsstaat entstehen kann.

In unserem Antrag in der letzten Legislaturperiode
haben wir festgestellt:

Der Aufbau eines funktionierenden Polizei-, Justiz-
und Strafvollzugswesens ist eine wesentliche Vo-
raussetzung für die Herstellung der Sicherheit und
Ordnung und damit die Herstellung stabiler Ver-
hältnisse in Afghanistan. Ziel ist es, dass die afgha-
nische Regierung zunehmend ihre Eigenverantwor-
tung wahrnehmen und perspektivisch selbst für die

(Afghan Ownership)

ghanistan, zum Beispiel im Rahmen der Internatio-
nal Security Assistance Force (ISAF), an der
Deutschland als drittstärkster Truppensteller mit
der Bundeswehr maßgeblich beteiligt ist, darf nicht
über Gebühr ausgedehnt werden. Von zentraler Be-
deutung für die Herstellung stabiler Verhältnisse in
Afghanistan ist der Aufbau einer funktionstüchtigen
sowie den rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflich-
teten Polizei.

Diese Haltung vertritt die FDP-Fraktion auch heute.
Gerade vor dem Hintergrund der Abzugsperspektive für
die Bundeswehr aus Afghanistan ist die Polizeiausbil-
dung von besonderer Bedeutung.

Die Haltung der Linken hingegen ist verantwortungs-
los. Die Linke will die Bundeswehr umgehend aus
Afghanistan abziehen, lehnt aber zugleich jede Verant-
wortung für den Wiederaufbau ab, insbesondere für den
Aufbau eines Rechtsstaats mit einer funktionierenden
Polizei.

Es ist unbestritten, dass es auch Probleme beim Poli-
zeiaufbau in Afghanistan gibt. Diese aber damit zu be-
antworten, das Land sehenden Auges nicht mehr beim
Aufbau eines Rechtsstaates zu unterstützen, ist unver-
antwortlich. Die Antwort kann doch nicht sein, die
Flinte ins Korn zu werfen, sondern die Antwort muss
vielmehr sein, die bestehenden Probleme anzupacken.
Dazu gehört natürlich vor allem, die Ausbildung zügig,
aber zugleich möglichst solide zu gestalten.

Dass das in Afghanistan be- und entstehende Rechts-
system nicht eins zu eins das Rechtssystem Deutschlands
abbildet, auch nicht im Bereich des Polizeirechts, ist
nicht nur nachvollziehbar, sondern auch richtig und gut.
Afghanistan kann nur dann als Rechtsstaat funktionie-
ren, ein an Demokratie und Menschenrechten orientier-
tes Rechtssystem und eine Polizei können nur dann

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(C (D kzeptanz erhalten, wenn sich darin auch eigene Vortellungen und Rechtstraditionen des Landes wiederfinen. Uns muss es aber darum gehen, die Grundsätze, die dem Rechtsstaat immanent sein müssen, felsenfest zu erankern, auch und gerade bei der Durchsetzung des taatlichen Gewaltmonopols. Der FDP-Fraktion war und ist die Sicherheit der in fghanistan eingesetzten deutschen Polizistinnen und olizisten ein zentrales Anliegen. Den Vorwurf der Linen, die Bundesregierung entsende Polizistinnen und olizisten aus Deutschland in einen Krieg, weist die DP-Fraktion zurück. Afghanistan ist derzeit noch nicht o stabil, dass dort ein gefahrloses Leben möglich ist. ber wir sehen deutliche Fortschritte. Zudem haben die Afghanistan eingesetzten Polizistinnen und Polizisten onsequenzen aus der Gefährdungslage gezogen und re eigenen Schutzvorkehrungen entsprechend ange asst, unter anderem auch durch Änderungen bei der usbildung der afghanischen Kollegen vornehmlich in en gesicherten Lagern. Die FDP-Fraktion unterstützt die Bundesregierung achdrücklich in ihrem Engagement beim Polizeiaufbau Afghanistan und wird sich weiterhin für eine konti uierliche Verbesserung und für konstruktive Lösungen on Problemen sowie selbstverständlich für die Sichereit der deutschen Polizistinnen und Polizisten einseten. Seit neun Jahren werden deutsche Polizisten nach fghanistan geschickt, angeblich, um beim Aufbau eines echtsstaates zu helfen. Wir sprechen den über 000 Beamten, die seit 2002 am Hindukusch waren, icht die ehrliche Motivation ab. Aber es ist Zeit für eine ilanz, und die sieht erschreckend aus: Der Polizeiaufau am Hindukusch hat nicht zu einer Verbesserung, ondern zu einer Verschlechterung der Lage beigetraen. Es wird höchste Zeit, nicht nur die deutschen Soldan, sondern auch die deutschen Polizisten abzuziehen. as fordert die Fraktion Die Linke in dem Antrag, den ir heute beraten. Die „Fortschritte“, welche die Bundesregierung vereldet, reduzieren sich bei genauem Hinsehen auf einen in zahlenmäßigen Anstieg der afghanischen Polizei. Ihre Ausbildung dauert gerade mal sechs Wochen. ast 90 Prozent der unteren Dienstgrade sind nach Anaben der NATO-Ausbildungsmission Analphabeten. nd wer einen Alphabetisierungskurs mitmacht, der ommt gerade mal auf das Niveau der dritten Klasse, omit er weder Gesetzestexte lesen und verstehen noch rotokolle aufsetzen kann. Warum, muss man fragen, bildet die NATO diese aneblich so wichtigen Polizisten so hastig aus? Die Antort ist: Weil sie nichts weiter als ein schnell verfügbas Kanonenfutter haben will, um es in den Kampf gegen ie Aufständischen zu werfen. Afghanische Polizisten führen Seite an Seite mit Milirverbänden Gefechte gegen Aufständische. Ihre Aus ildung wird fast ausschließlich von Mitarbeitern des Gisela Piltz gebene Reden )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710236500




(A) )

US-Pentagon oder der NATO verantwortet, die auch den
Lehrplan festlegen. Das Oberkommando liegt bei einer
Dienststelle der US-Armee. Die Bundesregierung kennt
den militärischen Charakter dieser Polizei, und sie
rechtfertigt ihn sogar: Afghanische Polizisten sollten
eine „modulare Ausbildung im militärischen Sinne“ er-
halten, beschied sie in ihrer Antwort auf eine Große An-
frage der Fraktion Die Linke (17/2878).

Die Linke hingegen sagt: Deutsche Polizisten haben
in einem Kriegsgebiet nichts zu suchen – zum einen, weil
das lebensgefährlich ist, zum anderen, weil wir feststel-
len: So verfehlt der Militäreinsatz in Afghanistan ist, so
verfehlt ist auch der Polizeieinsatz, der nur die andere
Seite der gleichen Medaille darstellt.

Ein Nutzen für den Rechtsstaat ist weit und breit nicht
zu erkennen, im Gegenteil. Die Bundesregierung kann
keine Zahlen dazu angeben, wie viele afghanische Poli-
zisten es überhaupt gibt. Klar ist nur, dass die offiziellen
Angaben weit übertrieben sind. Die britische Botschaft
schätzt den Anteil sogenannter Geisterrekruten, die nur
auf dem Papier existieren und deren Sold in die Taschen

(„The Independent“, 28. März 2010)


Keine verlässlichen Zahlen gibt es auch darüber, wie
viele der ausgebildeten Polizisten nach ihrer Ausbildung
im Dienst verbleiben. Etliche von ihnen, nach Schätzun-
gen 20 Prozent, quittieren ihren Dienst und nehmen da-
bei häufig ihre Waffen mit.

Das größte Problem ist aber nicht etwa, dass der
Polizeiaufbau ineffektiv ist.

Die Frage, was dabei herauskommt, wenn man jun-
gen Männern eine Uniform überstreift, ein Gewehr in
die Hand drückt und einen Schnellkurs verpasst, hat der
frühere stellvertretende UNO-Sonderbeauftragte in Ka-
bul Peter Galbraith in einem Interview mit „CNN“ wie
folgt beantwortet: „Was dabei herauskommt, ist kein
Polizist, sondern jemand, der von seinen Mitmenschen

(Interview mit „CNN“, November 2011)


Genau dieser Eindruck wird auch von deutschen
Polizisten und Soldaten, die aus Afghanistan zurückkeh-
ren, bestätigt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter
berichtet von systematischer Wegelagerei und Straßen-
räuberabzocke. Selbst der Chef der NATO-Ausbildungs-
mission, General Caldwell, räumt ein, dass die große
Mehrheit der Afghanischen Nationalpolizei die Gesetze,
die sie angeblich durchsetzen soll, überhaupt nicht
kennt, und er kommt zum Schluss, die meisten Afghanen
sähen in der Polizei „gesetzlose bewaffnete Männer“.
Das ist die offizielle Bilanz von neun Jahren sogenann-
ter Aufbauarbeit. Der afghanischen Bevölkerung wurde
nicht zu mehr Demokratie verholfen, sondern es wurde
ihr ein weiterer Unterdrückungsapparat beschert, der
sie in die Zange nimmt.

Es ist unverantwortlich, diese Politik fortzusetzen. Im
Falle Afghanistan muss man klar sagen: Lieber keine
Polizei als solch eine. Denn diese Polizei dient nicht
dem Recht, nicht der Bevölkerung, sondern sie lässt den
Krieg und die Gewalt nur noch weiter eskalieren. Dabei

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(C (D ürfen deutsche Polizisten nicht länger mitwirken. Desegen fordert Die Linke: Die Konsequenzen aus dem esaster in Afghanistan ziehen und Soldaten wie Poli isten abziehen. Das Thema Ihres Antrages ist ein wichtiges, und auch ie einzelnen Fragen, die Sie ansprechen, sind die richgen. Aber Ihre Begründung und Ihre undifferenzierten nalysen entwerten diese richtigen Ansätze. Sie weisen darauf hin, dass die deutsche Polizei nicht einem völlig instabilen und höchst unsicheren Gebiet ingesetzt werden sollte. Das sehe ich ganz ähnlich: Wir aben deutsche Polizeibeamte mit einem Ausbildungsuftrag nach Afghanistan geschickt. Dieser ist nicht umetzbar, wenn sie sich täglich ihrer Haut erwehren müsen. Deswegen ist es richtig, aus Sorge um die Sicherheit er Beamten diesen Einsatz ständig kritisch zu begleiten nd die Situation vor Ort zu bewerten. Dabei muss auch esagt werden: Ein Teil des Polizeieinsatzes – ich denke n die deutschen Ausbilder in der Polizeiakademie in abul – findet übrigens keineswegs mitten im Gefahrenebiet statt. Ebenso richtig bemängelt der Antrag, dass in Afghaistan Korruption weit verbreitet ist und die Polizei, zu eren Ausbildung die deutschen Polizistinnen und Poliisten beitragen, allzu oft nicht die rechtsstaatliche Kraft t, die wir uns wünschen und die wir anstreben. Sie wei en auf die teilweise problematische Verbindung zwichen Polizei und Militär hin. Nun hat jedes Land seine igene Sicherheitsstrategie, und die afghanische Regieung hat sich für eine deutlich stärker militärisch inspiierte Polizei entschieden, als wir das – mit guten Grünen – in der Bundesrepublik getan haben. Natürlich ürde es unseren Wünschen entsprechen, wenn wir lanesweit weniger unterschiedliches Vorgehen und wenier unterschiedliche Leitbilder und stattdessen eine orrangige Orientierung an einem zivilpolizeilichen Beufsbild hätten. Aber all das kann doch nicht heißen: Abug! Die deutschen Ausbilderinnen und Ausbilder sollen eben nicht zur Militarisierung der afghanischen Poli ei beitragen. Im Gegenteil: Sie sollen gerade helfen, ein erständnis für eine zivile rechtsstaatliche Polizeiarbeit u entwickeln und Korruption und Klientelismus zu berwinden. Um das durchzusetzen, hilft eben kein Abug. Vielmehr würde es helfen – und das fordern wir von er Bundesregierung –, bessere Konzepte zu entwickeln nd entsprechend auf die Verbündeten einzuwirken. Der einzige Grund, aus dem man einen Abzug oder inen zeitweisen Rückzug fordern könnte, ist die Sichereitslage. Wenn der angestrebte Auftrag wegen der icherheitslage nicht erfüllbar ist und wenn ständig Gehr für Leib und Leben der eingesetzten Beamten be teht, dann muss man eine Lösung finden. Dann könnte an zum Beispiel über eine entsprechend stärkere Rolle er Feldjäger nachdenken. Doch mir scheint nach Lekre Ihrer Antragsbegründung, dass Sie als Antragstelr nicht durch Sorge um die deutschen Polizisten und olizistinnen motiviert sind oder ernsthaft darüber achdenken, wie man die Ziele dieses Einsatzes besser Ulla Jelpke gebene Reden Wolfgang Wieland )

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710236600







(A) )

erreichen könnte. Sie haben einfach ein grundsätzliches
Problem damit, dass sich Deutschland in Afghanistan
engagiert, und deshalb wollen Sie den Abzug. Wir sind
weiterhin der Auffassung, dass wir eine Pflicht haben,
zum Aufbau eines funktionierenden Staatswesens in
Afghanistan beizutragen. Weil das eine höchst gefähr-
lich Aufgabe ist, interessieren wir uns für die Sicherheit
und den Schutz der deutschen Polizistinnen und Polizis-
ten, die vor Ort eine notwendige Aufgabe mit großem
Einsatz zu erfüllen versuchen. Ihnen schulden wir gute
Ausstattung und bessere Konzepte für den Aufbau, nicht
politische Instrumentalisierung. Zu einem Antrag nach
dem Motto „Die Lage ist schwierig, deshalb führen wir
die Katastrophe gleich herbei“ können wir nur Nein sa-
gen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710236700

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4879 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Jelpke, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Einführung einer Kennzeichnungspflicht für
Angehörige der Bundespolizei

– Drucksache 17/4682 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Auch diese Reden nehmen wir zu Protokoll.


Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1710236800

Bevor ich auf den haltlosen Antrag der Fraktion Die

Linke eingehe, möchte ich all den engagierten Bundes-
polizistinnen und Bundespolizisten danken, die tagtäg-
lich für den Schutz der Bevölkerung höchste Einsatzbe-
reitschaft aufbringen.

Sie, meine Damen und Herren von der Linken, be-
haupten in Ihrem Antrag ernsthaft, dass die Bundesre-
gierung mit dem Verzicht auf die Kennzeichnungspflicht
der Bundespolizisten Spielraum für polizeiliche Strafta-
ten einräumt und die Möglichkeit gibt, sich außerhalb
der Gesetze, in der Anonymität zu bewegen. Diese Aus-
sage ist schlicht und ergreifend haltlos und wird von mir
strengstens abgelehnt.

Seit vielen Jahren hat die Regelung Bestand, dass
sich Beamte der Bundespolizei mittels Dienstausweis
gegenüber einer von polizeilichen Maßnahmen betroffe-
nen Person legitimieren müssen, sofern der Sinn der
Amtshandlung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Im
Falle eines von Ihnen so oft genannten Einsatzes in ge-
schlossenen Einheiten besteht außerdem die Möglich-
keit, über taktische Kennzeichnungen oder Einsatzbe-
richte etwaige Ausweisungen vorzunehmen. Dieses
Vorgehen ist heute gängige und bewährte Praxis bei

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(C (D insätzen der Bundespolizei und stellt ein ausgewogees Mittel zur Wahrung der Interessen der Öffentlicheit, der Polizeibeamten und deren Anverwandten sowie res jeweiligen Dienstherrn dar. Dass dadurch das Verauen der Bevölkerung in die Bundespolizei ge chwächt wird, war bislang nicht zu bemerken. In Bundesländern wie Berlin, in denen bereits eine ennzeichnungspflicht für die Polizistinnen und Polizisn besteht, wird diese entgegen den Pressedarstellunen von den Betroffenen nicht als positiv empfunden. en Beamten zufolge häufen sich dort bereits jetzt ungechtfertigte Vorwürfe und Beschwerden, denen durch ie Kennzeichnung Tür und Tor geöffnet wurde. Wenn Sie nun Ihr bekanntes Beispiel von Demonstraonen oder Fußballspielen ins Feld führen, dann müsste nen doch auch bekannt sein, dass die Beamtinnen und eamten der Bundespolizei besonders in derartigen Siationen unter äußerst komplizierten Umständen, die udem sehr gefährlich sein können, agieren müssen. Wie eispielsweise der 19. Februar 2011 in Dresden zeigte, o bei einer Demonstration 82 Polizisten verletzt wuren, sehen sich die Beamtinnen und Beamten einer stetig achsenden Gewaltbereitschaft gegenüber. Insbesonere diese Menschen, die sich in ihrem Beruf so engagien und sich auf eigene Gefahr zum Schutze anderer in ine bedrohliche Lage begeben, haben einen unumstößchen Anspruch darauf, dass ihre persönlichen Rechte ewahrt werden. Durch die namentliche Kennzeichnung er Polizeibeamten würde die Gefahr von Angriffen auf eamtinnen und Beamte jedoch erheblich ansteigen, nd es wäre nicht länger möglich, ihnen und ihren Angeörigen Schutz zu gewähren. Es kann nicht ausgeschlosen werden, dass eine Kennzeichnung zu ungerechtfergten Anschuldigungen und Druckausübung bis hin zu ewaltanwendung gegenüber den Polizistinnen und olizisten sowie ihren Angehörigen führen kann. Das estätigen auch die entsprechenden Expertenund achkreise der Polizei auf Bundesund Länderebene. Darüber hinaus ist es auch rein menschlich betracht diesen Bundesbeamten gegenüber nicht gerecht, sie on vornherein unter Generalverdacht zu stellen und ihen zum Dank für ihren aufopfernden Dienst eine grundätzliche Bereitschaft zu Gewaltverbrechen zuzusprehen, zumal die Zahlen für sich sprechen: Weniger als 000 Strafanzeigen hat es im vergangenen Jahr gegen olizistinnen oder Polizisten gegeben, wovon lediglich bis 5 Prozent eine Anklage nach sich zogen. In diesen ällen wiederum wird nur etwa ein Drittel der Beschuligten verurteilt. Demgegenüber stehen täglich Hunerttausende pflichtgetreu ausgeführte und rechtlich icht zu beanstandende Einsätze, die nicht selten unter chwierigen und gefährlichen Umständen durchgeführt erden müssen. Generell ist also eine Pflicht zur indiviuellen Bezeichnung des einzelnen Polizeibeamten in jeem Falle als nachrangig anzusehen, wenn die Sichereit eines oder mehrerer Menschen und der Schutz von ersönlichkeitsrechten auf dem Spiel stehen. Bezüglich Ihrer Behauptungen, eine Nichtkennzeichung sowie das vermeintlich anonyme Auftreten in Einatzkleidung beeinträchtige Ermittlungen bei Gesetzes )


(A) )

verstößen seitens der Polizisten, liegen uns keinerlei
belastbare Aussagen oder Beweise vor. Nur um Ihnen
das noch einmal mit Nachdruck zu verdeutlichen: Die
Kleidung der Bundespolizisten wird ausschließlich unter
der Maßgabe der Zweckmäßigkeit und Sicherheit der
Beamtinnen und Beamten ausgewählt und nicht, um eine
Anonymisierung herzustellen. Ebenso unterliegen straf-
rechtliche Untersuchungen gegen Mitglieder der Bun-
despolizei den geltenden Rechtsvorschriften. Ein Ab-
schluss eines Verfahrens, erfolgt nur, wenn die
umfassenden Ermittlungen und Prüfungen der Staatsan-
wälte und Richter dies rechtfertigen. Die Behauptung,
dass dadurch das Vertrauen der Bürger in die Bundesre-
publik Deutschland als Rechtsstaat zerstört wird, ist
meiner Ansicht nach völlig widersinnig und nicht nach-
vollziehbar, meine Damen und Herren von der Linken.

Zusammengefasst besteht nachweislich kein Erfor-
dernis, eine Kennzeichnungspflicht für die Beamtinnen
und Beamten der Bundespolizei einzuführen. Misstrauen
gegenüber den Polizistinnen und Polizisten sowie eine
hohe persönliche Gefährdung wären eine unabdingbare
Folge dessen. Dies kann von unserer Seite nicht hinge-
nommen werden. Darum ist der Antrag der Linken ein-
deutig abzulehnen.


Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1710236900

Die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für

Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wird auch in der
SPD-Bundestagsfraktion schon länger diskutiert. In ei-
nem Rechtsstaat darf es keine Gewalteskalationen durch
die Polizei geben. Bei Straftaten durch Beamtinnen und
Beamte sind umgehend strafrechtliche Konsequenzen zu
ziehen.

Dennoch verwahre ich mich gegen den eventuell auf-
kommenden Eindruck, jede Demonstration werde sei-
tens der Polizei zu einem hemmungslosen Spannungsab-
bau genutzt. Es handelt sich hier um Einzelfälle, nicht
um ein gesamtpolizeiliches Phänomen!

Die Kolleginnen und Kollegen sind an vielen Wo-
chenenden in der gesamten Republik unterwegs, in un-
terschiedlichsten Lagen, ob Castor, Fußballspiel oder
Demonstration. Oft üben sie ihren sehr verantwortungs-
vollen Beruf unter schlechten Bedingungen aus. Diese
wichtige Arbeit möchte ich an dieser Stelle auch einmal
ganz ausdrücklich würdigen.

Der Antrag der Fraktion Die Linke pauschalisiert
nach meiner Meinung an einigen Stellen zu stark. Ande-
rerseits fordert er auch Dinge, die bereits geregelt sind.
Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, eine Kennzeich-
nungspflicht für die Bundespolizei einzuführen, aber
nicht per se für jede Beamtin und jeden Beamten in jeder
Dienstsituation. Hier muss schon differenziert werden.

Meiner Meinung nach sollte eine nach Tätigkeiten
abgestufte Kennzeichnungspflicht eingeführt werden:
Im Innendienst sollte es für jede Beamtin und jeden Be-
amten verpflichtend sein, ein Namensschild zu tragen.
Ebenso wäre im Sinne einer bürgerfreundlichen Polizei
auf dem Schreibtisch ein Namensschild anzubringen. Im
Einzeldienst sollten die Beamtinnen und Beamten wahl-

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(C (D eise ein Namensschild oder ein Schild mit einer Identikationsnummer tragen. Bei Einsätzen in geschlossenen inheiten bin ich nicht der Meinung, dass Namensschiler das Mittel der Wahl sind. Zum einen kann es bei gleihen oder auch ähnlichen Einheiten zu Verwechslungen ommen. Ich bin nach der Lektüre des Gutachtens der Wissenchaftlichen Dienste des Bundestages „Kennzeichungspflicht von Polizeibeamtinnen und -beamten in en Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ durchaus icht der Ansicht, es würde keine unberechtigten Anchuldigungen oder Übergriffe auf Polizeibeamte aufrund der Kennzeichnungspflicht geben. In Spanien sind inzelfälle dokumentiert. Wir dürfen die Augen vor dem Gewaltpotenzial einier Demonstranten aus dem bekannten Milieu nicht verchließen. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass mit en Recherchemöglichkeiten, die das Internet bietet, das ersönliche Umfeld meiner Kolleginnen und Kollegen usgeforscht wird und sich daraus eine Gefährdung der olizeibeamtinnen und Polizeibeamten ergibt. Vielmehr chlage ich bei solchen Einsätzen eine Kennzeichnung or, die eine individuelle Zuordnung ermöglicht. Eine olche Zuordnung gibt es bei „geschlossenen“ Einhein bereits, weshalb der Antrag der Fraktion Die Linke n dieser Stelle ins Leere läuft. Vielleicht kommt Ihnen mein Vorschlag bekannt vor. h habe mich an der Kennzeichnungspflicht orientiert, ie der Berliner SPD-Innensenator in diesem Jahr für ie Landespolizei eingeführt hat. Diesen Vorschlag halte h für überzeugend, und ich freue mich, dass Berlin ine ausgewogene Entscheidung getroffen hat und damit offentlich auch Vorbild für andere Bundesländer und r die Bundespolizei ist. An gleicher Stelle debattierten wir in der vergange en Woche über einen anderen Antrag der Fraktion Die inke, in dem sie auch schon so tat, als litte der Rechtstaat vor allem an exzessiver Gewaltausübung durch olizistinnen und Polizisten. In dem heute zu beratenden ntrag behauptet die Linke nun gar, dass Polizistinnen nd Polizisten „das Gefühl“ hätten, „in voller Einsatzontur und mit heruntergeklappten Visieren faktisch auerhalb des Gesetzes“ zu stehen. Ich habe mal eine Ahnung, welches „Gefühl“ Polizisnnen und Polizisten haben, wenn sie in eine Situation eschickt werden, bei der sie nur dann eine Chance haen, mit halbwegs heiler Haut wieder rauszukommen, ofern sie sich mit Helmen und Schutzkleidung gegen teinewerfer und Randalierer vom Schwarzen Block appnen. Es ist ja mitnichten so, wie es die Linke hier arzustellen versucht, als würden Polizistinnen und olizisten sich hinter Helmen und Schutzschilden vertecken, um unerkannt tun und lassen zu können, was nen einfällt. Vielmehr ist die Kausalitätskette doch enau umgekehrt: Erst und nur, wenn eine so gefährlihe Situation von Leuten, die Recht brechen und Gewalt usüben oder dies befürchten lassen, hervorgerufen ird, müssen sich die Polizistinnen und Polizisten schüt Günter Baumann gebene Reden )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1710237000




(A) )

zen, um ihre Arbeit zu tun. Ihre Arbeit im Übrigen, die
darin besteht, Recht und Gesetz durchzusetzen. Mit All-
machtsfantasien, wie die Linke sie hier behauptet, hat
das nämlich ganz gewiss gar nichts zu tun.

Es ist selbstverständlich, dass Polizistinnen und Poli-
zisten, die im Dienst Grenzen überschreiten und sich
strafbar machen, wie jeder andere zur Rechenschaft ge-
zogen werden müssen. Es ist auch selbstverständlich,
dass in solchen Fällen genauso sorgfältig ermittelt wer-
den muss wie in allen anderen Fällen. Damit die Identi-
tät eines Täters aufgeklärt werden kann, ist ein Namens-
schild aber nun wirklich nicht erforderlich. Es bestehen
die ganz normalen Möglichkeiten der Ermittlung von
Tätern. Und sie werden ja auch genutzt; es ist ja nicht
so, als ginge die Polizei Straftaten, die in den eigenen
Reihen begangen werden, nicht mit den Mitteln des
Strafrechts wie auch des Disziplinarrechts nach.

Fordern Sie von den Linken eigentlich konsequenter-
weise auch, dass der Schwarze Block nur noch mit Na-
mensschildern, wahlweise „Nummernschildern“, verse-
hen an Demonstrationen teilnehmen darf, damit die
Ermittlungen nachher leichter fallen, wer die Flasche
auf den Polizisten geworfen hat? Nein, natürlich nicht.
Denn Ihnen von der Linken geht es nur darum, die Poli-
zistinnen und Polizisten in Misskredit zu bringen, und
nicht darum, dass das wirklich eine zielführende Maß-
nahme zur Aufklärung von tatsächlichen Vergehen und
Verbrechen ist.

Natürlich ist eine bürgernahe Polizei ein wichtiges
Anliegen, auch, weil unser Rechtsstaat von dem Ver-
trauen der Menschen in ihre Polizei lebt. Polizistinnen
und Polizisten sind die Gesichter unseres Rechtsstaates.
Anträge wie der von der Linken vorgelegte leisten hier
aber einen Bärendienst, wenn sie die Polizei so verzerrt
darstellen. Die Forderung der Linken ist nicht davon ge-
tragen, dass die Menschen auf der Straße den Streifen-
polizisten nach Blick auf dessen Namensschild ein
freundliches „Guten Tag, Herr Müller!“ entgegnen kön-
nen, sondern davon, dass sie unterstellt, es könne im
Grunde jederzeit von jedem Polizisten zum unberechtig-
ten Angriff kommen.

Es ist – wie ich schon in der vergangenen Woche an-
merken musste – wirklich ausgesprochen bedauerlich,
dass die Linken eigentlich diskussionswürdige Themen
auf ein Niveau herunterzieht, auf dem man nicht mehr
ernsthaft über die Sache sprechen kann.

Diskussionswürdig wäre beispielsweise ja durchaus,
ob die, selbst nach Abzug der zahlreichen Anzeigen auch
bei legitimer Gewaltanwendung durch die Polizei, rela-
tiv geringe Zahl von Gerichtsverfahren wegen Körper-
verletzung im Amt manchmal auch Zeichen eines falsch
verstanden Korpsgeistes sein könnte, und wie man hier
etwas verbessern kann. Diskussionswürdig wäre aber
ebenso, in wie vielen Fällen die vermeintlichen Opfer
von Polizeigewalt schon von vornherein aggressiv und
mit Gewaltdrohung auf die Polizistinnen und Polizisten
zugegangen sind. Wenn die Linke hier auf Berlin ver-
weist, so muss sie doch auch darauf verweisen, dass ge-
rade in dieser von der Linken mitregierten Stadt Polizis-
tinnen und Polizisten über eine ganz besonders geringe

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Zu Protokoll ge

(C (D kzeptanz und zugleich besonders hohe Aggressivität egenüber der Polizei in der Bevölkerung klagen. Ich kann nur sagen: Angesichts der hier wieder deonstrierten Geringschätzung der Linken gegenüber er Polizei ist es ein Wunder, dass in Berlin überhaupt och engagierte Polizistinnen und Polizisten ihren ienst verrichten. Diesen Männern und Frauen gilt ein Respekt und mein Dank! Die FDP-Fraktion ist gerne bereit, sich ernsthaft mit en Phänomenen der Akzeptanz der Polizei in unserer esellschaft ebenso wie mit der kriminologischen For chung zu Körperverletzung im Amt und deren Vermeiung sowie Verfolgung zu befassen. Aber bitte nicht auf iesem Niveau! Wir beraten heute einen Antrag der Fraktion Die inke, eine Kennzeichnungspflicht für Angehörige der undespolizei einzuführen. Warum halten wir solch eine Kennzeichnung für notendig? Im Mai 2005 stürmte ein Sondereinsatzkommando er Berliner Polizei die Diskothek Jeton. Es kam zu masiven Übergriffen seitens der Beamten. Die Opfer trugen ahlreiche Knochenbrüche und Kopfverletzungen daon. Die Staatsanwaltschaft Berlin nannte die Polizeigealt unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, das and leistete Entschädigungszahlungen an die Opfer. ber die Täter wurden nicht verurteilt: Die Polizisten ugen allesamt Gesichtsmasken und verhinderten damit re individuelle Identifizierung. Vor vier Monaten stellte die Generalstaatsanwaltchaft München ein Verfahren gegen Polizisten ein, die 007 rechtswidrig auf Fußballfans eingeprügelt hatten. rund für die Einstellung: Die Schläger konnten nicht inwandfrei identifiziert werden. Die „Frankfurter undschau“ kommentierte dies mit den Worten, wieder inmal habe der Rechtsstaat vor der Polizei kapituliert. Bei zahlreichen Demonstrationen erleben wir immer ieder, dass uniformierte und behelmte Polizisten mit chlagstöcken, Pfefferspray oder Faustschlägen unverältnismäßig gegen Demonstranten vorgehen. Sie weren dabei zwar häufig gefilmt, manchmal lösen diese ilder sogar eine gesellschaftliche Debatte aus, aber zu erurteilungen der Beamten kommt es nur selten: Mit ren Uniformen und Helmen sehen sie alle gleich aus, ie sind praktisch vermummt und können im Schutz dieer Anonymität Straftaten begehen. Nach einer Untersuchung an der FU Berlin, die sich eit über 100 Fälle von Polizeigewalt vorgenommen at, ist in jedem zehnten Fall die mangelnde Identifizierarkeit eines Beamten zumindest mitverantwortlich afür, dass ein Ermittlungsverfahren eingestellt wird. abei ist natürlich der Aspekt noch gar nicht berück ichtigt, dass viele Betroffene gar nicht erst Anzeige ertatten, weil sie von vornherein wissen, dass sie damit icht durchkommen. Gisela Piltz gebene Reden Ulla Jelpke )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710237100







(A) )

Die Linke meint: Wenn der Rechtsstaat sich selbst
ernst nehmen will, muss er dieses Problem anpacken.
Eine Kennzeichnungspflicht kann zwar nicht Polizeige-
walt verhindern, aber sie kann das Problem der fehlen-
den Identifizierung lösen.

Gegner der Kennzeichnung behaupten immer wieder,
sie ermuntere Gewalttäter zu falschen Beschuldigungen
oder gar zu persönlichen Nachstellungen.

Wir wollten das mal genauer wissen und haben zu-
nächst die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage
dazu befragt. Die Regierung antwortete, es lägen ihr
keine eigenen Informationen vor.

Daraufhin haben wir den Wissenschaftlichen Dienst
des Bundestages um eine Untersuchung gebeten. Und
siehe da: In fast der gesamten Europäischen Union ist
die Kennzeichnungspflicht bereits umgesetzt. Deutsch-
land ist, neben Österreich, der einzige Verweigerer. Und
nirgends gibt es Belege für eine damit verbundene Ge-
fährdung von Polizisten. Lediglich aus Spanien werden
„in einigen wenigen Einzelfällen“ unberechtigte An-
schuldigungen oder Übergriffe vermeldet, ansonsten lä-
gen jedoch „keine relevanten Informationen vor, ob die
Einführung der Kennzeichnungspflicht zu einem Anstieg
unberechtigter Anschuldigungen gegen Polizeibeamte
oder gar zu persönlichen Übergriffen auf diese geführt
hat“.

Amnesty International zog daraus die Bilanz: Es lä-
gen keine wirklichen Gründe gegen eine Kennzeich-
nungspflicht vor.

Dennoch stemmen sich gerade die Polizeigewerk-
schaften noch immer vehement dagegen.

Der Berliner Polizeipräsident Dieter Glietsch hat
hierzu in einer Anhörung im Brandenburger Landtag
Anfang Januar das Notwendige gesagt: Die Polizisten
hätten vielfach „emotionale Vorbehalte“, die sich aber
nicht auf Tatsachen stützten.

Berlin hat mittlerweile eine Kennzeichnung beschlos-
sen, Brandenburg steht kurz bevor. Dort hat interessan-
terweise die CDU die Initiative ergriffen – und die steht
wohl genauso wenig im Verdacht, angeblichen linken
Gewalttätern nahezustehen wie der Berliner Polizeichef.
Die Brandenburger CDU führt in ihrem Gesetzentwurf
völlig zu Recht aus, eine namentliche Kennzeichnung
könne das Vertrauen in die Polizei durch Transparenz
und Bürgernähe stärken. Das sagen wir auch den Poli-
zeigewerkschaften: Sie haben nichts zu verlieren, im Ge-
genteil. Wenn die Bürger wissen, mit wem sie es zu tun
haben, werden sie eher mehr als weniger Vertrauen in
die Rechtsstaatlichkeit polizeilichen Handelns haben.

Die Kennzeichnung dient, so schreibt es auch die
Brandenburger CDU, der Sicherstellung der Rechts-
schutzgarantie für die Bürger und gewährleistet eine
schnelle Aufklärung von Fällen von Polizeigewalt.

Die Linke zieht hieraus das Fazit: Eine Kennzeich-
nung kostet nichts, sie richtet keinen Schaden an, sie ist
aber geeignet, Schaden abzuwenden, indem sie Opfern
polizeilicher Übergriffe die Möglichkeit gibt, die Täter
zu identifizieren und belangen zu lassen. Eine Kenn-

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eichnung wäre daher ein Gewinn für ehrliche Polizis-
n wie für die Bürger.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710237200

Polizistinnen und Polizisten sind vom Staat beauf-

agt, das Recht durchzusetzen. Sie sind befugt, dazu
uch unmittelbaren Zwang auszuüben. Sie üben dabei
as staatliche Gewaltmonopol aus, und das heißt im
onfliktfall eben auch: Sie üben Gewalt aus. Diese An-
endung von Gewalt durch die Polizei muss immer ver-
ältnismäßig sein, und sie muss immer auf klarer recht-
cher Grundlage geschehen. Sonst ist sie rechtswidrig.

Um die Fälle rechtswidriger Gewalt geht es hier.
ass es sie gibt, kann niemand ernsthaft bestreiten.
ass sie nicht der Regelfall sind, sei auch klar gesagt.
ie Zeiten der Leberwursttaktik eines Polizeipräsiden-
n Duensing sind zum Glück Vergangenheit. Aber Ge-
altexzesse kommen eben gelegentlich vor, gerade bei
roßlagen wie Demonstrationen. Da gibt es die Fälle,
denen Bürgerinnen und Bürger, die lediglich ihr De-
onstrationsrecht ausüben, zur Zielscheibe von Gewalt
urch Polizeibeamte werden. Es bringt nichts, hier jetzt
u streiten, wie es dazu in der Situation jeweils gekom-
en ist. Was zählt, ist: Ein Bürger sieht sich als Opfer

xzessiver Gewalt und damit als das Opfer einer Straf-
t. Er muss die Möglichkeit haben, diesen Vorfall einer
stiziellen Überprüfung zuzuführen. Doch ein solcher
ürger steht heute vor einem Problem: Er muss seine
nzeige gegen Unbekannt stellen, denn er kann nicht
entifizieren, wer ihn da unverhältnismäßig attackiert

at. Denn Beamte tragen Uniform und sehen deshalb,
as sagt das Wort Uniform schon, alle mehr oder weni-
er gleich aus – erst recht, wenn sie Helm tragen.

Die Anonymität der Uniform aufzuheben, um den
ürgerinnen und Bürgern nach einem ganz konkreten
ewaltakt eine rechtsstaatliche Ermittlung zu ermögli-

hen – darum geht es. Dazu brauchen wir eine indivi-
uelle Kennzeichnung der Polizistinnen und Polizisten,
erade wenn sie in geschlossenen Einheiten im Einsatz
ind. Das ist kein Generalverdacht gegen die Polizei;
as ist Vorsorge für den Problemfall. Dadurch wird kein
eamter gefährdet. Denn es muss ja nicht der echte
ame sein, der da auf der Uniform klar lesbar steht; es
icht eine einprägsame Zahl oder Buchstabenkombina-
on, und die kann auch von Einsatz zu Einsatz neu ver-
eben werden.

Zum Abschluss: Der Antrag der Linkspartei will das
ichtige. Dies allerdings von der Bundesregierung zu
rwarten, verwundert etwas. Ein Innenminister von der
SU bekommt vielleicht die Kennzeichnungspflicht für
emonstranten hin, schwerlich aber Erkennungszei-

hen für die Polizei. Wenn das im Gesetz stehen soll,
üssen wir das als Bundestag schon selbst in die Wege
iten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1710237300

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

rucksache 17/4682 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


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den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 8. April 2011, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.