Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die heutige Tagesordnung ergänzt werden um die Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes, Drucksache 9/785.
Ich frage das Haus: Ist es damit einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Umweltprobleme der Nordsee Sondergutachten Juni 1980 des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen
— Drucksache 9/692 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß
Wird zur Einbringung das Wort gewünscht? — Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Debatte von 90 Minuten vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe, das ist der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Duve.
Sie erlauben eine Vorbemerkung hier am Freitagmorgen: Wenn wir die Nordsee so leer gelassen hätten wie diesen Raum, dann hätten wir mit ihr keine Probleme.
Ich möchte gerne mit einem Zitat beginnen:Praktisch alle Prognosen der vorliegenden Studie deuten auf eine zunehmende Zerstörung und Verschmutzung der Öko-Systeme der Küstengebiete hin, eine Ressource, von der die kommerzielle Fischerei auf der ganzen Welt stark abhängig ist.Dies, meine Damen und Herren, ist kein Zitat aus dem vorgelegten Nordsee-Gutachten, es ist der den Weltmeeren gewidmete Kernsatz des amerikanischen Berichts „Global 2000" an den Präsidenten der Vereinigten Staaten. „Global 2000" wurde etwa zur gleichen Zeit vorgelegt wie das Nordsee-Gutachten, nämlich vor einem Jahr.Diese Debatte hier heute morgen zu dem Gutachten, das seit über einem Jahr vorliegt, ist überfällig, wenn wir die Ergebnisse der Untersuchungen betrachten. Die Debatte wäre aber überflüssig, wenn es beim Debattieren bliebe und wir so wenig politische Konsequenzen ziehen würden wie andere Staaten aus ihren globalen Erkenntnissen. Denn, meine Damen und Herren, das ist ja das Ritual: Die Regierung fordert Berichte an, Wissenschaftler erarbeiten diese Berichte, die Regierung legt sie dem Parlament vor, das Parlament lobt die Regierung, die Regierung lobt die Wissenschaftler; die Wissenschaftler sagen: Es ist fünf Minuten vor zwölf, und die Regierung sagt auch: Es ist fünf Minuten vor zwölf, und die Regierung lobt sich, und das Parlament lobt sich, und die Wissenschaftler loben, daß sie nun alle gemeinsam herausgefunden hätten, es sei nunmehr fünf Minuten vor zwölf. Wenn die ganze Selbstloberei vorbei ist, dann kann es uns passieren, daß es eben fünf Minuten nach zwölf ist und wir die Sache, um die es geht, mißachtet oder nicht genug beachtet haben.Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam darum ringen und kämpfen, daß das NordseeGutachten bzw. seine parlamentarische Behandlung nicht wieder zum Ritual erstarrt. Es ist für die drohende Vergiftung der Nordsee vollständig ohne Belang, ob wir das hier behandeln oder ob wir das nicht behandeln. Es ist für den Cäsium-137-Anteil und die alarmierende Zunahme von halogenierten Kohlenwasserstoffen vollständig irrelevant, ob es ein Gutachten gibt oder ob es kein Gutachten gibt, solange nichts geschieht.Das Gutachten gibt, glaube ich — da sind sich die Fachleute und auch die Laienleser, die es kennen, einig —, einen hervorragenden Überblick und ist eine erstaunliche Leistung; denn so deutlich und so detailliert und so methodenselbstkritisch ist bislang in der Geschichte der Menschen noch kein ökologischer Großraum untersucht worden.
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2810 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981
DuveWir haben bisher die Nordsee genutzt und beachtet: als Müllkippe, als Verkehrsstraße, als Nahrungsreservoir, zuweilen auch als Landschaft für erhabene Gefühle und Gemälde des gehobenen Bürgertums und zunehmend als Freizeitpark.
— Ja, ich muß Ihnen jetzt doch einiges geben, damit Sie dazwischen „ha, ha, ha" sagen können. Wenn das allerdings der Beitrag der Union zum Umweltschutz ist, muß ich umgekehrt „ha, ha, ha" sagen.Das Gutachten zeigt nun, daß die Nutzung als Müllkippe und als Nahrungsreservoir, als Verkehrsstraße und als Freizeitpark insgesamt zu einer Gefährdung dessen geführt hat, was die Nordsee eigentlich ist: ein lebender Organismus, der nur begrenzt belastbar ist.Lassen Sie mich aus einer Fülle von Folgerungen vier hervorheben.Erstens. Die Nordsee ist in Gefahr, vom Menschen tödlich beschädigt zu werden.Die zweite Feststellung: Zugleich machen die Wissenschaftler die Chance deutlich, daß der Zerstörer Mensch bei richtiger Diagnose und ernsthafter Bereitschaft zur Therapie — es ist da eben noch nicht 12 Uhr, sondern 5 Minuten vor 12 — in der Lage ist, diesen Beschädigungsprozeß zu stoppen. Allerdings dürfen sich dann die gegenwärtigen Trends der Giftzuführung, des Mißbrauchs und zuweilen auch der kriminellen Fahrlässigkeit nicht fortsetzen.Die dritte Schlußfolgerung: Es gibt nicht eine Ursache oder einen Verursacher, sondern eine Vielzahl von erkannten, dargestellten und vielleicht auch noch weiter zu untersuchenden Ursachen bzw. Verursachern der Gefährdung.Die vierte Schlußfolgerung: Das Gutachten enthält ein unerbittliches Plädoyer für die strikte Anwendung und die kompromißlose Durchsetzung des Vorsorge- oder, besser gesagt, des Vermeidungsprinzips. Kein Mark-, Kronen- oder Dollar-Berg der Welt kann einmal aufgetretene Vergiftungen und Anreicherungen von Giftstoffen in der Nahrungskette aus der Welt zahlen; Geldstrafen sind kein Ersatz für Umweltpolitik.Insofern steht diese Kernaussage des Gutachtens in Übereinstimmung mit dem ersten Satz, den der Bundeskanzler Helmut Schmidt in seiner Regierungserklärung zur Umweltpolitik gesagt hat — ich darf ihn in Erinnerung rufen —:Die Einsicht in ökologische Zusammenhänge und der Wille, diese Zusammenhänge möglichst wenig zu stören, führen im Umweltschutz von der Schadensbeseitigung zur Schadensvermeidung. Dabei bleibt das Verursacherprinzip gültig: Wer Schaden anrichtet, muß ihn beseitigen. Weiterhin gewinnt aber das Vorsorgeprinzip an Bedeutung: Der Schaden soll gar nicht erst entstehen.Das Gutachten sagt dazu:Daher fände das Vorsorgeprinzip seinen deutlichsten Ausdruck in der allen Verursachernauferlegten Verpflichtung, bei ihren Nutzungendie jeweils verfügbare Vermeidungstechnik auch dann anzuwenden, wenn noch nicht nachweisbar ist, daß sonst mit konkreten Gefahren oder Schäden für die Meeresökologie gerechnet werden müßte.Hier ist sicher ein Umdenken bei sehr vielen Verursachern angebracht.Meine Damen und Herren, es ist in einem politischen Klima, in dem der angeblich geheime Bericht über die Anzahl von Minuten, die ein Deutscher mit einem anderen Deutschen unter vier Augen gesprochen hat, zum Politikskandal emporgeschwindelt werden kann, wie in den letzten Tagen geschehen, es ist in einem solchen Land und in einem solchen Klima schwer, über den Quecksilbergehalt in Kaulbarsch und Heilbutt zu diskutieren. Beim Kaulbarsch ist er, wie das Gutachten sagt, hoch; beim Heilbutt brauchen wir uns noch nicht so sehr zu sorgen. Umweltschutz ist nun einmal schlechthin zum Guten, Wahren und Schönen bundesdeutscher Sonntagsredner geworden, und es wird dabei oft mißachtet, wieviel konkret schon getan und geleistet worden ist.Ich bin dem Bundesminister des Innern sehr dankbar dafür, daß er in der letzten Woche noch einmal deutlich gemacht hat, daß sich die Koalition aus diesen beiden Parteien in diesem Politikbereich, was die letzten zehn Jahre betrifft, zwar sicher nicht sehr stolz an die Brust schlagen sollte — das wäre falsch, weil vieles noch zu tun ist —, aber jedenfalls in diesem Bereich den Vorrat an Gemeinsamkeiten, den manche manchmal für ausgeschöpft halten, noch gar nicht ganz angetastet hat. Ganz im Gegenteil, wenn man sich ansieht, was die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien in diesen Jahren in ihren Parteiprogrammen zu dieser zentralen Aufgabe erarbeitet haben, was hier umzusetzen versucht worden ist und was weiter umgesetzt wird, kann ich jedenfalls für meinen Teil und sicher auch für unsere Fraktion sagen: Hier haben wir, vom Nordsee-Gutachten aufgezeigt, einen ungeheuren Vorrat an Gemeinsamkeiten für die gemeinsame Arbeit.Ich will noch ein paar der Gefährdungen darstellen: Großschiffahrt gefährdet das Wattenmeer. Dieses Problem haben wir noch nicht gelöst, im Gegenteil: Wir hatten erst kürzlich einen Tankerunfall in unmittelbarer Nähe eines Wohngebiets, eines Ballungsraums. Chemikalien und Schwermetalle bedrohen die Fische. Auch dieses Problem haben wir nicht gelöst, im Gegenteil: Schwermetalle und Chemikaliengefährdungen nehmen zu. Wir haben noch keine wirklichen Erkenntnisse, wie wir da herangehen können. Falsche Eindeichungspolitik planiert und betoniert den Lebensraum Küste. Hier hat sich in letzter Zeit ein guter Wandel in der Ansicht über die Eindeichung vollzogen. Es ist zu hoffen, daß dieser Wandel nun auch wirklich zur Umorientierung in der Küstenpolitik der betroffenen Küstenländer führt.
Bei Klärschlamm und Dünnsäure, so sagt uns dasGutachten, haben wir als Bundesrepublik — sehr
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981 2811
Duvespät, muß man sagen — Vorbereitungen dafür getroffen, daß von uns aus immer weniger eingeleitet wird. Aber wir sehen an den Mengen, die andere Länder einleiten, daß wir da erst am Anfang stehen.Aber zurück zum Kerngedanken des Gutachtens. Die Nordsee ist gefährdet, aber sie ist noch zu retten, und zwar zu retten, wenn wir vorsorgen, bevor sie vergiftet ist. Wenn in diesem Zusammenhang mit Nachdruck eine größere Zurückhaltung bei der industriellen Nutzung des Nordsee-Raums gefordert wird, dann müssen die verantwortlichen Bundesländer — man sieht das aus ihren Antworten auf die Anfragen, die in den Bundesländern gestellt worden sind —, dann müssen wir auch die kritischen Anmerkungen zur bisherigen Regional- und Industrieansiedlungspolitik zur Kenntnis nehmen. Denn das „industrielle Nutzungspotential ist geringer als angenommen". Dies ist eine sehr wichtige Feststellung, daß überhaupt erst einmal gefragt wird — das hat die Industriegesellschaft ja nie getan —: Wie groß ist das von der Natur vorgegebene industrielle Nutzungspotential in einem Raum, das nicht überschritten werden darf? Das aber heißt, daß wir alarmiert sein müssen, wenn z. B. im wasserreichsten Gebiet der Bundesrepublik plötzlich industriebedingte Grundwasserprobleme auftreten wie in der Nähe von Brunsbüttel. Dies war, wie die Verursacher dort sagen, nicht vorauszusehen, aber dies muß uns alle alarmieren. Wir müssen kritisch Bilanz ziehen, ob die Regionalpolitik der Küste mit ihrem Hang zu Großprojekten richtig war, ob nicht andere, der Küste angemessenere Strukturen gefördert werden sollen. Dazu gibt das Gutachten, wie ich finde, hervorragende Analysen.Wir nehmen auch die Kritik ernst, die die Verschmutzung und zunehmende Vergiftung der Elbe zu den Hauptgefährdern der Nordsee rechnet. Die Verschmutzung der Nordsee vom Lande und von den Mündungsgebieten aus macht ja die Größe des Problems und die Schwierigkeit, die breitgefächerte Verantwortlichkeit festzustellen, deutlich.Wir haben hier im Deutschen Bundestag vor wenigen Wochen das Pariser Abkommen ratifiziert. Wir wissen, daß seine Durchführung in den Anrainerstaaten sehr schleppend verläuft.Die EG-Richtlinien gegen die Verschmutzung der Gemeinschaftsgewässer sind ebenfalls Teil eines umfassenden Systems der Vorsorge. Nur ist auch hier die Kluft zwischen erklärtem und durchgesetztem Willen so groß, wie das Meer tief ist. Zwei Beispiele: Die EG-Gewässerschutzrichtlinie stammt vom 4. Mai 1976. Bis heute, September 1981, ist noch kein einziger Grenzwert zur Reduzierung gefährlicher Stoffe festgelegt worden, auch nicht für die allergefährlichsten. Wie lange es dauern mag, bis für die wichtigsten 150 Stoffe Maßnahmen getroffen sein werden, kann sich jeder ausmalen. Wir werden unserer Verantwortung nicht gerecht, wenn wir hier keinen Druck auf Brüssel ausüben.Ein weiteres Beispiel: Wir können den Nordsee- und Menschengefährder Nummer eins — wir müssen das hier einmal feststellen —, die Elbe, nicht sauberkriegen, wenn wir noch glatt behaupten, alleGifte kämen vom Osten. Nur wenn wir in den eigenen Abflußsielen für Entgiftung sorgen, erst dann, wenn wir das gemacht haben und das aktiv tun, stärken wir unsere Möglichkeiten zu Verhandlungen mit der DDR und CSSR.Gleiches gilt natürlich auch für die Bundesländer untereinander. Was bringt es, wenn Hannover sagt, Hamburg ist schuld, und Hamburg sagt, Kiel ist schuld, und alle zusammen sagen, die DDR ist schuld? Bei der Verschmutzung und Vergiftung der Elbe haben wir eine gesamtdeutsche und gesamteuropäische Schuld, über Mauer und Systemgrenzen hinweg. Östliches Kadmium ist sicher nicht giftiger als westliches.Wir Bundesdeutschen — das weist das Gutachten aus — sind nicht die größten Sünder. Gegenüber anderen EG-Staaten brauchen wir kein schlechtes Gewissen zu haben, doch das schlechte Gewissen müssen wir uns selbst gegenüber haben, zumal wir das zwar kleinste, aber auch komplizierteste Stück Nordsee beeinflussen und beschädigen. An der Deutschen Bucht dauert der Wasseraustausch zirka 36 Monate, im Süden Norwegens z. B. nur sechs. Es liegt in unserer Hand, ob die Anrainergemeinschaft EG mit Norwegen auf der Grundlage dieses Gutachtens schneller etwas zustande bringt, als es beim Rhein und beim Mittelmeer der Fall gewesen ist.In den europäischen Bereich gehört vor allem, daß der Verschleppungs- und Verdrängungsskandal, den wir bei der Inkraftsetzung internationaler Abkommen in den letzten Jahren erlebt haben, beim Namen genannt wird und daß er auch aufhört. Ich erinnere hier nur an MARPOL: 1973 und bis heute nicht ratifiziert. Es fehlen Regelungen für Chemikalientransporte, für die Bergung von havarierten Tankern, für die Sicherheit beim Abbau der Bodenschätze und der Einleitung gefährlicher Stoffe. Für all das gibt es internationale Absichtserklärungen, aber es gibt keine Ausführung. Wo die internationalen Instrumente zur gegenseitigen Behinderung und Lähmung führen anstatt zur gemeinsamen Bewältigung der Probleme, wächst die Gefahr der Resignation, da bei einem übernationalen Öko-System nationale Alleingänge kaum etwas bringen — obwohl man auch sie wohl eines Tages irgendwann einmal anfangen müßte.Wenn wir vom Vorsorgeprinzip sprechen, dann dürfen wir uns eben bei dessen Ausgestaltung nicht im ordnungspolitischen Weihrauch verlieren, wie es manchmal bei umweltpolitischen Sprechern der Union geschieht. Die Instrumente, die zusätzlich notwendig sind, müssen um der Natur willen geschaffen werden, und die Instrumente, die vorhanden sind, müssen angewandt werden.Heute ist die erste Beratung. Wir erwarten von der Bundesregierung ein Handlungskonzept auf der Grundlage der Empfehlungen des Gutachtens.Ich komme zum Schluß, Herr Präsident. — Ich bin mit Schlußbemerkungen von Redebeiträgen in diesem Hause ja erfahren. — Zum Schluß ein selbstkritisches Wort. Wir Politiker nehmen das Thema nicht ernst genug. Denn ohne die Tausenden von Bürgern, die in aller Welt außerhalb der traditionellen Par-
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Duveteien Umweltwissen und Umweltbewußtsein mitgeschaffen und verbreitet haben, wäre dieses Gutachten vielleicht gar nicht zustande gekommen. Gleichwohl muß ich noch einmal darauf hinweisen, daß der Erlaß, der zu diesem Sachverständigenrat geführt hat, bereits 1971 von dem derzeitigen Vizekanzler und Außenminister Genscher unterschrieben worden ist, der ja gezeigt hat, daß man in kurzer Zeit mit einer großen Anstrengung auf umweltpolitischem Gebiet sehr viel hat auf die Beine bringen oder auf die Schiene setzen können — wie immer man die Bilder mißbrauchen will. Es ist oft in Vergessenheit geraten, was schon am Anfang dieser Koalition in wenigen Jahren an umweltpolitischen Handlungen begonnen worden ist.Aber ich will auch folgendes erwähnen, daß wir ohne die internationale Aktionsorganisation „Greenpeace" etwa, deren Teilnehmer mit ihren kippeligen Schlauchbooten gegen die Verklappungsschiffe anpaddeln, die Alarmzeichen des Gutachtens in der Öffentlichkeit auch kaum zur Kenntnis nehmen würden. Es steht uns Abgeordneten gut an, solche „Vorsorgepatrioten" — so will ich sie mal nennen — ernst zu nehmen, sie nicht zu belächeln, sondern ihnen zu danken, auch wenn ihre Mittel andere sind als die, mit denen wir hier im Bundestag Politik machen. Sie wollen radikal Schluß machen mit dem Krieg gegen die Natur, den die Industriegesellschaft seit mehr als einem Jahrhundert führt.Meine Damen und Herren, erfüllen wir die Mindestforderungen des Gutachtens! Retten wir die Nordsee jetzt! Wir wissen mit dieser Arbeit, was wir getan haben. Das ist sehr genau nachzulesen. Da kann sich keiner mehr verstecken. Aber wir wissen auch, was wir tun müssen.Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Als nächster Redner hat der Abgeordnete von Geldern das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU hat im Innenausschuß des Deutschen Bundestages beantragt, daß dieses Sondergutachten „Nordsee" des Rats der Sachverständigen für Umweltfragen beim Bundesinnenminister
als Bundestagsdrucksache erstellt wurde. Dieses vor mehr als einem Jahr erstattete Gutachten liegt uns nun vor. Es ist damit für das Haus und weitere Interessenten in dem vollen Umfang seiner 1 494 Einzelpunkte und diversen sonstigen Materialien sowie weiterführenden Hinweisen zur Lektüre und politischen Nutzanwendung vorhanden. Zudem hat die CDU/CSU die heutige Debatte beantragt und setzt damit eine Reihe von parlamentarischen Vorstößen zugunsten des Meeresumweltschutzes fort. Ich finde es gut, daß wir in der letzten Woche vor der parlamentarischen Sommerpause am 26. Juni hier eine Debatte über Meeresumweltprobleme gehabt haben und daß wir jetzt in der ersten Woche nach der Sommerpause wieder bei diesem Thema sind. Das Gutachten kommt zu der Feststellung, daß offenbar mehr politischer Druck erforderlich ist, um geeignete umweltpoltische Maßnahmen rechtzeitig in die Wege zu leiten, bevor katastrophale Ereignisse, alar-mie rende ökologische Funktionsstörungen aufgetreten sind.Im Falle der Nordsee ist diese Feststellung besonders berechtigt; denn das Öko-System Nordsee ist von irreversiblen Schädigungen bedroht. Das Gutachten sagt: „Eine Kläranlage für die Nordsee gibt es nicht." Dies wiegt um so schwerer, als die Nordsee eines der produktivsten Meeresgebiete ist, wobei das einzigartige Wattenmeer — von dieser Urlandschaft gibt es auf der ganzen Erde nicht mehr als 80 000 qkm — Lebensraum und Kinderstube zahlreicher Vogel- und Fischarten ist. Die Mündungsgebiete von Elbe, Weser und Rhein sind heute schon den stark verschmutzten Flüssen des Binnenlandes vergleichbar. Dort ist die Pflanzen- und Tierwelt bereits artenmäßig verarmt, die Fischbestände sind stark beeinträchtigt, Trinkwassereinzugsbereiche im Verlauf der Flüsse sind streckenweise bereits verdorben.Der Empfehlung des Gutachtens für ein verbessertes Umweltüberwachungssystem Nordsee tritt die CDU/CSU deswegen uneingeschränkt bei, weil sie die Feststellung des Sachverständigenrats teilt, daß es auf der einen Seite zwar zahlreiche, gut gemeinte nationale und internationale Regelungen für den Meeresumweltschutz, aber auf der anderen Seite „ein erschreckendes Ratifizierungsdefizit, ein Ausfüllungsdefizit, ein Überwachungsdefizit sowie ein Durchsetzungs- und Sanktionsdefizit" gibt.Meine Damen und Herren, eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Gutachten kann hier nicht stattfinden, aber doch eine kritisch-politische Erörterung der Schwerpunkte des Gutachtens, die schon etwas konkreter als das sein muß, wie ich meine, was Herr Duve hier soeben gesagt hat. Herr Duve, Sie haben das kritisiert, was Sie dann selbst getan haben. Sie haben hier nämlich nicht mehr als eine Umweltsonntagsrede gehalten. Sie haben in keinem einzigen Punkt etwas Konkretes zu diesem Gutachten gesagt, sondern Sie haben nur allgemein dahergeredet, und das reicht nun tatsächlich auch nach Ihrer eigenen Aussage nicht aus, um sich mit diesem Gutachten auseinanderzusetzen.
Was sagt das Gutachten im einzelnen über die Belastung der Nordsee aus? Da sind drei große Belastungsquellen zu unterscheiden: einmal der Schadstoffeintrag, der durch Flüsse, Schiffahrt, Abfallbeseitigung, Niederschläge und atmosphärischen Eintrag geschieht, dann Veränderungen der Uferzone, Deichbau, Abdämmung, Landgewinnung, und schließlich die unmittelbare wirtschaftliche Nutzung durch Fischfang, Abbau von Bodenschätzen und die Erholungsnutzung im Wattengebiet. Das Gutachten sagt zu all diesen Belastungen der Nordsee, daß eine Gefährdung da ist, daß eine Schädigung des Ökosystems noch nicht nachweisbar ist, und das muß der Grund dafür sein, den einzelnen Belastungen jetzt, bevor es zu spät ist, nachzugehen
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981 2813
Dr. von Geldernund zu prüfen, wie wir sie möglichst gering halten können.
— Vielen Dank. Das werden Sie gleich alles hören, Herr Klejdzinski.Ich komme zunächst zum Problem der Abwasserbeseitigung. Dies geschieht durch direkte Einleitungen, aber auch über die Flüsse und Küstengewässer. Hier ist festzustellen, daß sich nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern andere Nordseeanrainer, insbesondere Großbritannien, Belgien, die Niederlande und Dänemark, in quantitativ erheblichem Maße an der Belastung der Nordsee auf diesem Gebiet beteiligen. Allerdings sind zwei Bereiche aus unserem Land hier besonders negativ herauszustellen. Das sind die beiden Hansestädte Hamburg und Bremen. Mich wundert es, um noch einmal auf das zurückzukommen, was Herr Duve hier gesagt hat, daß er hier als Hamburger Abgeordneter zu den in diesem Punkt ganz gravierenden Umweltsünden der Freien und Hansestadt Hamburg kein Wort gesagt hat.
Das müssen wir nun einmal genau unter die Lupe nehmen. Herr Duve, das kann ich jetzt hier nicht Ihnen zuliebe in der gleichen Weise, wie Sie das getan haben, unterschlagen.Wie sieht es mit Hamburg aus? Ich zitiere aus der Berichterstattung über die Pressekonferenz unseres Bundesinnenministers Baum aus dem „Hamburger Abendblatt": „Vorwurf aus Bonn" lautet die Überschrift. Und dann heißt es:Senat hat geschlafen — Noch immer kein Hamburger Konzept zur Elbreinigung .. .Scharfe Kritik an der Umweltpolitik des Hamburger Senats aus Bonn: Wie aus dem Bundesinnenministerium verlautet, liegt trotz eindringlicher Mahnungen noch immer kein Konzept des Senats vor, wie Hamburg auf seinem Gebiet der Elbverschmutzung begegnen will. Jahrelang habe Hamburg geschlafen. Erst durch die energischen Proteste der Elbschiffer und der Schutzgemeinschaft Nordsee hätten die Hamburger Behörden die Brisanz der Abwässereinleitung in die Elbe erkannt.So das „Hamburger Abendblatt" vom 9. September 1981. Ich glaube wirklich, daß man in Hamburg Veranlassung hat, sich intensiv, nicht nur dann, wenn gerade so etwas wie die Havarie vor dem Hamburger Hafen geschehen ist, sondern ständig damit zu befassen, was man eigentlich da tut. Hamburg und Bremen gehören leider, was die Schadstoffbelastung der Nordsee betrifft, zu den Negativ-Beispielen.Das andere hat Herr Duve hier kurz erwähnt, aber dann auch in einen schwammigen Zusammenhang gestellt, so, als könne man das nicht genau auseinanderhalten und analysieren. Ich meine das, was die DDR hier betreibt. Auch dazu, wie es sich mit demUmweltverhalten der DDR gegenüber unseren Flüssen, insbesondere Werra und Weser sowie Elbe,
— unseren gemeinsamen Flüssen — tatsächlich verhält, muß ich ganz konkret ein paar mehr Worte sagen.Es ist für mich sehr aufschlußreich gewesen, nachzulesen, was in den letzten vier Jahren auf eine Reihe von Anfragen von seiten der Bundesregierung zu diesem Problemkreis hier im Deutschen Bundestag geantwortet worden ist. Ich zitiere kurz die wichtigsten Aussagen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, die Versalzung von Werra und Weser ist das wichtigste Umweltproblem im Verhältnis zur DDR. Die Bundesregierung hält daher seine Lösung für vorrangig. Bereits bei der ersten Gesprächsrunde der Umweltverhandlungen mit der DDR im November 1973 war die Werra-Versalzung ein vordringliches Thema. Die DDR hat, obwohl die Fortsetzung der Verhandlung für Anfang 1974 bereits ins Auge gefaßt war, zur zweiten Gesprächsrunde nicht mehr eingeladen. Zu weiteren Verhandlungen über Gewässerfragen ist es trotz entsprechender Bemühungen der Bundesregierung nicht gekommen. Inzwischen hat die Dringlichkeit des Problems ... noch zugenommen. Die Bundesregierung strebt deshalb mit Nachdruck die alsbaldige Aufnahme erfolgversprechender Gespräche an. Die hierzu notwendigen Schritte sind eingeleitet worden. Zugleich hat die Bundesregierung darauf hingewirkt, daß die in Kontakt mit den Ländern aufgenommenen Verhandlungsvorbereitungen entsprechend intensiviert werden.Das war im September 1977.Am 30. Juli 1979 lautete dann die Antwort:Zu weiteren Verhandlungen ist es nicht gekommen.Man müßte in Klammern hinzufügen: zwei Jahre später also immer noch nicht.Die Bundesregierung hat sich seither ständig bemüht, die Verhandlungen über Gewässerschutzfragen wieder in Gang zu bringen. Sie sieht in einem Teil der Ergebnisse der Arbeit der Grenzkommission auch begrenzte Fortschritte, welche die Lösbarkeit von Problemen dieser Art unterstreichen. Die Bundesregierung hat in jüngster Zeit, nachdem die interne Prüfung verschiedener technischer Lösungsmöglichkeiten ein entsprechendes Stadium erreicht hatte, auf hoher Ebene ihre Bemühungen um die Aufnahme von Gesprächen über die Beseitigung der Salzfracht in Werra und Weser sowie von Expertengesprächen über Probleme in anderen Gewässern weiter intensiviert. Die Regierung der DDR hat der Aufnahme von Sondierungsgesprächen zugestimmt. Die Aufnahme
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2814 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981
Dr. von Geldernvon Verhandlungen hängt von Fortschritten in den Sondierungsgesprächen ab. Die Bundesregierung bemüht sich hierum mit allem Nachdruck.Das war 1979.Am 30. April 1980 hieß es im „Bulletin" der Bundesregierung:Beide Seiten sind nunmehr übereingekommen, noch in diesem Jahr Expertengespräche aufzunehmen, um zu klären, welche Regelungen und Maßnahmen zur Lösung weiterer vordringlich lösungsbedürftiger Gewässerprobleme erforderlich sind.Jetzt kommen wir ins Jahr 1981, 16. Juni 1981, Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von SPD und FDP. Da heißt es:Die Bundesregierung hält es für notwendig, die Probleme der Verunreinigung der Elbe gegenüber der DDR und der CSSR sobald wie möglich zur Sprache zu bringen. Sie prüft zur Zeit sehr sorgfältig, welches die hierfür geeigneten Schritte und die geeignete Form sind.Ich finde es sehr bemerkenswert, daß man vier Jahre später, nachdem man am Anfang sagte: Wir sind an diesem Problem dran, das ist das Thema Nummer eins, das ist das wichtigste Umweltproblem, wir reden darüber, nunmehr erklärt: „Die Bundesregierung prüft sehr sorgfältig, welches die hierfür geeigneten Schritte und Formen sind." Ich kann nur sagen: totale Kapitulation auf diesem Gebiet der Gewässerreinhaltung, der Beseitigung der Umweltverschmutzung der Elbe und der Weser durch die DDR. Die Bundesregierung hat hier nichts geschafft; das muß man feststellen.
Ich komme zu einem weiteren Bereich, der im Gutachten angesprochen wird, und zwar zur Abfallbeseitigung auf See. Man kann dem Gutachten zum Glück entnehmen, daß es weniger die Bundesrepublik Deutschland als vielmehr andere Nordseeanrainer sind, insbesondere Großbritannien, die durch die Abfallbeseitigung auf See die Belastung der Nordsee erhöhen. Was den Klärschlamm betrifft, so ist es Großbritannien zu über 90%. Dennoch bin ich der Meinung, daß wir auch das, was von seiten der Bundesrepublik Deutschland hier noch geschieht, zurückdrängen, wenn nicht auf absehbare Zeit völlig einstellen können und einstellen müssen.Ich komme zu einem im Gutachten sehr eingehend beschriebenen Bereich, nämlich der Bekämpfung von Ölverschmutzungen und der Anwendung technischer Sicherheitsmaßnahmen bei Seeschiffen. Das läuft in der öffentlichen Diskussion unter dem Stichwort „Ölkatastrophenschutz", Vorsorge gegenüber einer drohenden und möglichen Ölpest für das Meer und die deutschen Küsten.Ich freue mich in diesem Zusammenhang, daß der Bundesverkehrsminister anwesend ist, der in letzter Zeit zu diesem Problem öfter etwas sagt. Ich glaube, gerade auf der Grundlage dieses Gutachtens ist es notwendig, ihm jetzt noch einmal zu sagen, daß er es nicht mit schönen Reden genug sein lassen darf. Er muß mehr tun. Hier kann man eine ganze Menge mehr tun, wenn man anerkennt, daß wir aus der Reißbrettphase, aus der Planungsphase, was den Ölkatastrophenschutz betrifft, in die Erprobungsphase kommen müssen. Wir müssen jetzt intensiv ausprobieren, was an geeignetem Gerät entwickelt worden ist.Das kann und muß auch Geld kosten; das sage ich gerade auch in dieser Zeit. Das ist letztlich billiger, als eines Tages die Folgen einer solchen Ölkatastrophe zu tragen. Die vorläufige Abrechnung des Unfalls von „Amoco Cadiz" in der Bretagne beläuft sich auf mehr als eine halbe Milliarde D-Mark. Dagegen ist ein Beschaffungsprogramm in Höhe von 100 Millionen DM für die Verbesserung des Ölkatastrophenschutzes, gestreckt auf einige Jahre, noch ein preiswertes und lohnendes Unternehmen.Ich bin aber auch der Meinung — diesen Schluß legt das Gutachten nahe; deswegen möchte ich es hier sagen —, daß wir dem Bundesverkehrsminister mehr Möglichkeiten für die Verkehrsregelung insbesondere im Bereich vor Wilhelmshaven geben sollten. Die Ausdehnung der Hoheitszone auf 12 Seemeilen muß kommen. Ich glaube, daß dies jetzt überfällig ist. Ich bin vor wenigen Tagen noch einmal in Wilhelmshaven gewesen und habe mir die dortigen Vorsorgeeinrichtungen angesehen. Es wird von allen Beteiligten bedauert, daß wir nur in diesem sehr kleinen und schmalen Bereich der Dreimeilenzone regelnd eingreifen können. Wenn man beim Großtankerverkehr auf der Jade mehr erreichen will, brauchen wir die Zwölfmeilenzone.Aber auch alle anderen Vorschläge, die wir hier mehrfach im Deutschen Bundestag eingebracht haben, die zum Teil unkonventionell sind und ein großes Maß auch an Phantasie enthalten, sollten ernsthaft geprüft werden. Ich erinnere nur an die Einrichtung der Blackbox, an die Herstellung eines Funkkontakts zwischen großen Tankern und den Landstellen, damit rechtzeitig Hilfe angefordert werden kann. Ich erinnere an die Beseitigung der letzten gefährlichen Wracks in den Schiffahrtswegen.Ein ganz neuer Vorschlag, den man ernsthaft prüfen sollte, betrifft die Verplombung der Tanker, wenn sie gelöscht haben, damit nicht nachher die Reste einfach auf See abgegeben werden. Dies ist ein ganz wichtiges Problem.
— Sie können ja gar nicht zuhören, Herr Klejdzinski. Es ist ja furchtbar, daß Sie dauernd reden.Praktiker sagen uns, daß die Tankerkapitäne heute nach dem Prinzip verfahren: Es lohnt sich mehr, nicht das vorgesehene Verfahren der Reinigung in Brunsbüttel durchzuführen, sondern statt dessen das Bußgeld zu zahlen, wenn man die Reste auf See abgelassen und damit die Nordsee verschmutzt hat.Das muß zum einen in der Richtung geändert werden, daß die Höhe des Bußgeldes heraufgesetzt wird, so daß es sich künftig wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Es muß zum anderen aber auch stärker kontrollierbar werden. Deswegen glaube ich, daß wir an eine Verplombung ähnlich wie im Speditionsge-
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Dr. von Geldernwerbe denken sollten. Wir sollten versuchen, es auf diese Weise etwas kontrollierbarer zu machen. Ich erinnere an die grundsätzliche Feststellung des „Sondergutachtens Nordsee" des Rates für Umweltfragen, daß wir ein Defizit bei der Kontrollmöglichkeit haben. Hier wäre ein konkreter Vorschlag, die Kontrollmöglichkeiten auf diesem Gebiet zu verbessern. Ich will die vielen anderen Vorschläge, die wir zum Thema Ölkatastrophenschutz gemacht haben, jetzt nicht wiederholen. Die sind erst bei der vorhin schon erwähnten Gelegenheit im Juni noch einmal vorgetragen worden. Ich wollte aber diese Punkte als neue Punkte einmal angesprochen haben.Zu der Frage Umweltüberwachung der Nordsee durch ein Gesamtsystem von Bund und Ländern habe ich vorhin schon gesagt, daß wir grundsätzlich der Meinung sind, daß dies richtig und auch notwendig ist. Man sollte sich aber mit dem verbesserten Datensystem und System zur Ermittlung der Gesamtbelastung natürlich nicht zufriedengeben. Es kommt bei der Nordsee gerade nicht darauf an, bestimmte Margen einzuhalten und bestimmte Belastungswerte in einem Grenzbereich zu halten, sondern es kommt eigentlich mehr darauf an, mit diesen Daten so zu verfahren, daß bei jeder einzelnen Schadstoffbelastung geprüft wird, wie sie abgesenkt, wenn nicht ganz beseitigt werden kann. Das, so scheint mir, muß der besondere Sinn eines solchen verbesserten Umwelt-Überwachungssystems Nordsee sein.Zum Thema Deichbau und Landgewinnung sollte man ganz konkret etwas sagen. Die Haltung bei den Küstenländern und beim Bund ist tatsächlich schon eine veränderte. Wir sind nicht mehr auf der Linie etwa der Niederlande, die in puncto Eindeichung ein Übersoll geleistet haben. Ich darf zwei Beispiele aus dem niedersächsischen Bereich erwähnen: die Ley-bucht und Spieka-Neufeld. Hier hat die Landesregierung von der Landwirtschaft geforderte Deichschutzmaßnahmen bewußt nicht durchgeführt, um diese Flächen, die sich im Sommerdeichbereich außerhalb der Hauptdeiche befinden, und damit das typische Wattenmeer- und Nordseeökotrop zu erhalten. Es ist aber, glaube ich, auch falsch, wenn wir — mir scheint das Gutachten doch ein wenig in diese Richtung zu neigen — jetzt von einem Extrem in das andere fallen. Es bleibt eine Aufgabe des Bundes und der Länder, den Schutz der Bevölkerung und gleichermaßen ihres Lebens- und Wirtschaftsraumes durch eine ausreichende Hauptdeichlinie vor Sturmfluten zu gewährleisten.
— Sehr richtig. Da stimmen wir völlig überein.
— Das sind zwei gegensätzliche Äußerungen von Ihnen.
- Herr Schwenk, Sie sind eingeladen, mehr zu sagen.Ich glaube, es ist richtig, daß wir hier das Ganze sehen und weder den Aspekt, der im Gutachten verständlicher- und richtigerweise zum Ausdruck kommt, noch den anderen Aspekt, daß es um Sicherheitsfragen geht, außer acht lassen. Diese Aspekte müssen in erster Linie berücksichtigt werden.Ich finde es in diesem Zusammenhang übrigens begrüßenswert, daß die niedersächsische Landesregierung auf der Grundlage des am 1. Juli 1981 in Kraft getretenen Landesnaturschutzgesetzes einen Nationalpark Wattenmeer anstrebt, um auch die Belastung, die vom Fremdenverkehr ausgeht, gering zu halten.
— Ich kann das nicht alles verstehen, was Sie sagen. Sie haben nachher noch Gelegenheit, Ihre Gedanken hier auszubreiten.Auch zum Punkt Fischereipolitik sagt das Gutachten einiges. Ich will nicht von den, möglicherweise auch von deutscher Seite ausgehenden, Belastungen ablenken. Aber völlig klar ist, daß die immer wieder, in jeder Saison zu beobachtende Raubfischerei von viel zu stark ausgerüsteten und motorisierten niederländischen Kuttern vor der deutschen Küste ein Hauptproblem ist. Da wird der Grund aufgerissen. Da werden auch die kleinsten Fische mitgenommen. Ebenfalls ist die Industriefischerei — Gammelfischerei — Dänemarks nach wie vor ein großes Problem. Wir sollten ruhig einmal deutlich sagen, daß nicht wir zu den Hauptsündern gehören, sondern die Fischer dieser Länder.Ich meine, daß wir in der Fischereipolitik mit dem Fangverbot für Hering auf dem richtigen Wege sind, das zum Teil jetzt schon wieder gelockert werden kann. Ich glaube, daß auch die deutsche Fischereiforschung bereits große Beiträge geleistet hat. Es gibt eigentlich überhaupt kein anderes Land, das in dieser Weise systematisch und umfassend Fischereiforschung betreibt und deshalb auch wirklich begründete Aussagen machen kann. Das Gutachten setzt diese Aussagen fort und bezieht natürlich diese Forschungsergebnisse ein.Eine kritische Anmerkung zum Gutachten möchte ich im Zusammenhang mit dem Thema Industrieansiedlung machen. Das bezieht sich auch auf das, was Herr Duve gesagt hat. So einfach kann man sich das natürlich nicht machen. Die Menschen im norddeutschen Küstenbereich kann man natürlich nicht darauf verweisen, eines Tages in einem Naturschutzgebiet leben zu müssen. Das würde bedeuten, daß ein großer Teil der Menschen, die dort heute wohnen, künftig nicht mehr dort leben kann. Vor allen Dingen könnten die Kinder nicht in ihrer Heimat bleiben, weil sie keine Arbeitsplätze mehr fänden.Wir müssen im norddeutschen Raum unter heutigen Umweltschutzerkenntnissen auch weiterhin
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2816 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981
Dr. von Gelderndurchaus Industrie ansiedeln. Ich finde es richtig, daß insoweit Schwerpunkte gesetzt werden, daß man sich auf einige wenige Standorte beschränkt, wo das zu geschehen hat. Wenn ich aus niedersächsischer Sicht die Orte nennen darf, so sind das die vorhandenen Standorte Emden, Wilhelmshaven und Stade-Bützfleth. Hinzu kommen sollen zwei weitere und sonst keine. Das ist einmal Cuxhaven-Altenbruch und dann der Bereich Luneplate. Hier soll das seeschifftiefe Wasser genutzt werden. Das halte ich nicht nur für berechtigt, sondern angesichts der schwachen wirtschaftlichen Struktur des Küstenraumes auch für notwendig.Im Sondergutachten Nordsee sagt der Rat — ich will das einmal zitieren —: Angesichts der peripheren Lage großer Teile der deutschen Nordseeküste und der dort vorherrschenden Siedlungsstruktur stelle sich die Frage, ob nicht die gegenwärtige Industrieansiedlungspolitik von den Entscheidungsträgern überschätzt werde, was ihre Eignung zur grundlegenden Beseitigung der vorhandenen Entwicklungsschwächen anbetreffe. Im Gegensatz zu Herrn Duve halte ich diese Frage des Rates nicht für berechtigt. Die bisherigen Ergebnisse sprechen dafür — gerade im Stader Raum, Herr Schwenk, kann man das sehr deutlich sehen —, daß diese Industrieansiedlungspolitik richtig war und Erfolge gebracht hat. Es geht j a nicht nur um die wenigen großen Unternehmen, es geht auch um die dadurch eingetretene nachhaltige Verbesserung der mittelständischen Struktur. Insofern halte ich die kritischen Anmerkungen in dem Gutachten in diesem Punkt zwar für diskussionswürdig, ich möchte Ihnen aber nicht zustimmen, sondern ich halte das für richtig, was hier von den Küstenländern betrieben wird, nämlich eine vorsichtige schwerpunktbildende und Umweltschutzauflagen sehr streng handhabende Industrieansiedlungspolitik.In dem Zusammenhang noch ein Wort. Leider ist die Annahme sehr verbreitet, daß der heutige Zustand der Elbe und insbesondere der Unterelbe gerade mit diesen Industrieansiedlungen herbeigeführt worden sei. Es ist einfach falsch, daß der Zustand der Elbe damit etwas zu tun hätte.
— Das kann man doch im Gutachten genau nachlesen. — Es ist Hamburg mit seinen alten Belastungen, die es für die Elbe darstellt, es sind die DDR und die CSSR. Es ist eben nicht Bützfleth, es ist nicht das, was an der Unterelbe geschaffen worden ist, was die heutige Belastung der Elbe ausmacht. Da kann man sich auch nicht so aus der Affäre ziehen, wie Sie das getan haben, Herr Duve, indem Sie gesagt haben, das alles gehöre zusammen.
Man muß hier schon differenzieren. Dazu liefert uns das Gutachten eine hervorragende Grundlage. Man muß eben sehr genau unterscheiden. Eine solche Industrieansiedlungspolitik ist nicht nur sinnvoll, sondern sie ist, was die Nordsee betrifft, auch mit dem Gebot des Umweltschutzes vereinbar.Zum Schluß zum Fremdenverkehr: Die Fremdenverkehrsnutzung des Wattenmeeres und der Nordsee halte ich dann auch im Sinne des Umweltschutzes geradezu für richtig und gut, wenn sich der Fremdenverkehr und die Fremdenverkehrspolitik darauf konzentrieren, die Erhaltung der Erholungseignung der Landschaft zu gewährleisten. Also nicht die Errichtung großer „Ferienlandschaften", die sich dann auch schnell als ungeeignet erweisen, sondern die Erhaltung der Erholungseignung gerade dieser einmaligen Urlandschaft muß die Aufgabe des Naturschutzes, der Landschaftspflege und eben auch der Fremdenverkehrspolitik sein.Herr Minister Baum, ich möchte die Auseinandersetzung mit diesem Gutachten mit dem Wunsch schließen, daß hinsichtlich der durch das Gutachten aufgezeigten Probleme Kompetenzschwierigkeiten zwischen Bund und Ländern, soweit sie bestehen, überwunden werden, daß die vier norddeutschen Küstenländer und der Bund vor allem bei diesem Problemkreis zusammenarbeiten, daß der verdienstvollen und guten Analyse die Konsequenz im praktischen Handeln folgt, daß Sie das, was im Gutachten und vielleicht auch in der heutigen Debatte über unseren unmittelbaren Verantwortungsbereich hinaus gesagt worden ist, auf der nächsten Umweltministerkonferenz in Brüssel mit dem nötigen Nachdruck an die EG-Partner, soweit sie Nordseeanrainer sind, weitergeben und daß Sie dann eines Tages aus Brüssel mit besseren Ergebnissen zurückkommen, als das etwa — wir haben das am 26. Juni hier diskutiert — bei der Tagung am 9. Juni hinsichtlich des Ölkatastrophenschutzes der Fall gewesen ist. — Ich bedanke mich.
Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wolfgramm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege von Geldern, Sie haben die Debatte vor Ferienbeginn über Meeresverschmutzung ein bißchen euphorisch geschildert und tun dies jetzt wieder. Ich habe einmal für die Koalition ganz überschlägig gerechnet: Von den Abgeordneten der FDP aus den norddeutschen Staaten sind etwa 50 % anwesend.
— Herr Kollege, wenn das bei Ihrer Fraktion auch so wäre, dann hätten wir ja schon ein etwas gefüllteres Haus.
Was mich an dem Gutachten beeindruckt hat, ist, daß hier zum erstenmal mit wissenschaftlicher Begründung festgestellt worden ist, daß die Nordsee ein ökologisches Gesamtsystem ist. Bisher war die Vorstellung weit verbreitet, daß sie sich leicht durch den Atlantik erneuern könne. Wir wissen jetzt, daß das nicht so ist. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis. Wir alle müssen von der Vorstellung Abschied nehmen, daß man ihr Weiteres zumuten könne.Man könnte annehmen, daß die Regeldichte, die in internationalen Vereinbarungen vorhanden ist, ausreicht. Die Zahl beträgt schon über 50. Vielleicht
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Wolfgramm
muß man schon Spezialist sein und das besonders studieren, um es dann im Griff zu haben. Vielleicht überfordert es auch diejenigen, die damit in der Verwaltung schon befaßt sind. Aber es zeigt sich beim genaueren Betrachten, daß diese Regeldichte nicht alles umfaßt und daß wir hier große Lücken haben.Ich möchte an dieser Stelle den Gutachtern im Namen meiner Fraktion den herzlichen Dank für ihre Arbeit sagen. Sie haben wirklich eine sorgfältige Arbeit vorgelegt. Sie ist schon im Juni 1980 erschienen. Wir haben das jetzt in einer Drucksache des Deutschen Bundestages nachvollzogen. Diese Arbeit verpflichtet uns, die Schlußfolgerungen, die daraus gezogen worden sind, sorgfältig zu behandeln und sorgfältig zu wägen.Schleswig-Holstein hat dazu eine Unterlage erstellt, und zwar danach; aber das mindert nicht ihren Wert. Sie stammt vom Januar 1981. Darin wird etwas über die Verklappungsmengen gesagt. Vielleicht sind die Zahlen dazu interessant. Es wird ausgeführt, daß die einzelnen Nordseeanliegerstaaten folgende Abwässermengen aus der chemischen Großindustrie verklappen: Belgien 672 000 t, Dänemark 5 000 t — das ist ein ganz kleiner Fisch —, Frankreich 1 382 000 t, Niederlande 1,5 Millionen t, Großbritannien 2,5 Millionen t und die Bundesrepublik 728 000 t. Hinzu kommen noch 5 Millionen t Klärschlamm von Großbritannien. Ich finde, die Zahlen sind eindrucksvoll. Sie weisen aus, daß unser Hauptinteresse darin liegen muß — ich greife das jetzt nur ein wenig schwerpunktmäßig heraus —, daß wir das Emissionskataster haben müssen, und zwar in allen EG-Staaten, die an der Nordsee liegen.Herr Kollege Duve hat die Defizite beschrieben. Ich fand Ihre Kritik an der Rede des Kollegen Duve in diesem Zusammenhang, Herr Kollege von Geldern, übrigens nicht eindrucksvoll.
Wenn jemand nur eine Viertelstunde Zeit hat und Ihre Fraktion nicht in der Lage ist, einen zweiten Redner zu stellen und Sie deswegen eine halbe Stunde reden,
dann, Herr Kollege von Geldern, liegt es auf der Hand: Wer eine Viertelstunde Zeit hat, kann den Gesamtkomplex des Nordseegutachtens nicht so umfassend ergründen — wie Sie es ja bei der Darstellung der holländischen Fischer mit ihren Grundschrappern getan haben — wie jemand, der eine halbe Stunde Zeit hat.
Herr Kollege Wolfgramm, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern.
Aber mit großem Vergnügen!
Lieber Herr Kollege Wolfgramm, was halten Sie denn für sinnvoller: in einer halben Stunde wirklich etwas Konkretes zu einem solchen Thema sagen zu können, oder in zwei
Viertelstunden-Beiträgen im Allgemeinen bleiben zu müssen und letzten Endes doch wieder nur Sonntagsreden zu halten?
Ich habe angemerkt, daß von Ihrer Fraktion der Wunsch kam, nur einen Redner hierher zu schicken. Die beiden Fraktionen der SPD und der FDP meinen, daß wir die Schwerpunkte verteilen können, weil wir dafür geeignete Leute haben. —
— Ich möchte Ihre Spannung ja nur ein wenig erhöhen, damit Sie jetzt wieder besonders aufmerksam werden, Herr Kollege Spranger. Ich zitiere jetzt ein paar Zahlen über den Hamburger Klärschlamm. Sicher, Hamburg tut einiges. Die Klärschlammverklappungen sind zeitlich begrenzt worden, aber doch leider eben sehr spät. Hier die Zahlen für das umgebende Wattgebiet: pro Jahr 330 t Eisen, 40 t Zink, 20 t Kupfer, 10 t Blei, 5 t Chrom, 2 t Nickel, 0,4 t Kadmium und 0,1 t Quecksilber. Die beiden letzten Substanzen sind zwar der Menge nach sehr viel geringer, aber in der Wirkung sehr viel erheblicher; insofern sollte man sie eigentlich an den Anfang stellen.
Sie weisen einen zweiten Schwerpunkt aus: Wir müssen hier alles unternehmen, um gerade diese letzten beiden Substanzen aus der Verschmutzung unserer Gewässer, die in die Nordsee führen, auszunehmen und damit in das zu schützende besondere ökologische Wattgebiet und in die Nordsee selbst nicht mehr gelangen zu lassen. Den CDU-Vorschlag, Industrieansiedlung intensiv vorzunehmen, teile ich in dieser Form nicht. Ich sehe durchaus die Sorgen von Cuxhaven. Ich war vor kurzem da. Wir wissen alle, daß die Fischerei da ihre Beschäftigungsprobleme auch in Zukunft verstärkt haben wird. Aber wir werden dafür sorgen müssen, daß dort keine Großindustrie mehr angesiedelt,
und das, was dort angesiedelt ist, sehr sorgfältig unter Emissions-Kontrolle gebracht wird.
— Nein, wir werden sie nicht aussiedeln, sondern wir werden dort auch im Rahmen der Umweltschutzmaßnahmen eine Fülle von zusätzlichen Arbeitsplätzen schaffen können, und wir werden Kleinbetriebe schaffen können. Darauf muß die Ansiedlungspolitik auch des Landes Niedersachsen ausgerichtet sein.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Möglichkeiten jedenfalls bis zum Mai 1982 nutzen würden, um eine solche Politik in die Wege zu leiten. Wir werden sie dann gern fortsetzen.
Über die Ölsituation wird der Kollege Bredehorn für die FDP sich noch erklären. Aber ich möchte eine
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Wolfgramm
Anmerkung machen. Das Gutachten sagt, daß täglich eine große Ölkatastrophe eintreten kann. Täglich! Wir haben eigentlich bis auf dieses eine Schiff in Cuxhaven — wenn ich richtig unterrichtet bin — keine Möglichkeit, gegenzusteuern. Wir haben eben nicht die Überwachungssysteme, die die EG braucht, um dafür zu sorgen, daß Tanker, wie sie schließlich ja auch Hamburg am 25. Juli dieses Jahres angelaufen haben, die Sicherheitsbedingungen ausreichend erfüllen. Wir müssen das gemeinsam in der Europäischen Gemeinschaft abstellen.Das Gutachten sagt aber auch, daß die größere tägliche Gefahr, wenn wir von der Katastrophe absehen, darin liegt, daß die Einleitung des Öls durch Durchspülen der Tanks und kleinere Bohrunfälle das Gebiet laufend schädigen.Ich möchte eine Anmerkung zu der Einleitung von Land machen. Ich beziehe mich da noch einmal auf das schleswig-holsteinische Gutachten, das feststellt, daß eigentlich alle Anliegerstaaten von Großbritannien über Dänemark, die Niederlande und Belgien — Frankreich ist hier nicht extra zitiert — in ihren nationalen Gesetzgebungen so weit hinter uns zurückstehen — wir müssen das hier ganz deutlich festhalten —, daß wir hier große Anstrengungen unternehmen müssen, um sie wenigstens auf einen geeigneten Level zu bringen. Es wird hier z. B. gesagt, daß biologische Kläranlagen nicht existieren, daß die Hälfte des kommunalen Abwassers unbehandelt eingeleitet wird. Bei der anderen Hälfte erfolgt eine mechanische Vorklärung. Denjenigen unter Ihnen, die sich da ein wenig auskennen — ich nehme an, es sind alle, die sich hier eingefunden haben —, wird der Begriff „mechanische Klärung" sagen, daß sie allein nicht viel bewirkt. Ich glaube, da wird einiges zu tun sein.Sie haben sich auf die DDR bezogen und die Verhandlungen der Bundesregierung kritisiert. Auch das empfand ich nicht als passend, Herr Kollege von Geldern. Sie wissen, daß wir große Mühe gehabt haben, überhaupt Bereitschaft bei der DDR zu erreichen, auch über andere Dinge zu verhandeln, als das, was bisher in den Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR angesprochen wurde. Sie wissen, daß sie zum erstenmal vor einem oder eineinhalb Jahren gesagt hat, sie sei grundsätzlich bereit, sich auch über die Werra-Belastung zu äußern, wobei die Werra-Versalzung ja nicht der Hauptpunkt der Nordseeverschmutzung ist.
Ich meine, es wäre sinnvoll, wenn wir diesen Verhandlungen, die ja nur zweiseitig laufen können, d. h., wenn die DDR mit verhandelt, von uns aus die nötigen Wünsche mitgeben. Wir hoffen, daß die Bundesregierung, die ihre Bereitschaft nicht extra zu erklären braucht, sondern sie mehrfach dargelegt hat, hier das erreicht, was wir alle wollen. Aber das hängt sicher nicht von der Bundesregierung, sondern von der DDR ab.
— Ihr Kollege Kiep ist in Leipzig gewesen und hat dort problematische Anmerkungen über den Swing gemacht. Vielleicht hätte er sich in dieser Sache stärker engagieren können. Das wäre hilfreicher gewesen.
Wir haben in der Sitzung vor der Sommerpause durch den Pariser Vertrag, der dann auch ratifiziert worden ist,
wichtige Ergänzungen einbringen können. Aber es gibt noch eine Fülle von Defiziten. Ich möchte Sie bitten, noch einen Augenblick einer Zusammenstellung zuzuhören, die zeigt, daß auch die beschlossenen Verträge zum Teil ohne Kontrolle, ohne Sanktionen sind. Wir haben die Pariser Konvention von 1974 bei uns 1981 verabschiedet. Ich habe damals Kritik an der späten Verabschiedung angemerkt. Ich brauche das nicht zu wiederholen. Aber in den anderen Staaten stellen wir fest, daß die Dinge, die dort schon vorbereitend hätten geschehen können, nur sehr schleppend durchgeführt werden. Die Abkommen von London und Oslo bereiten Schwierigkeiten bei der Entscheidung, wann eine Beseitigung von Abfall an Land möglich ist und wann die Genehmigung zum Verklappen in Erwägung gezogen werden kann. Zum Beispiel hält Belgien die Abfallbeseitigung auf dem Meer für eine bessere Methode. Sie können sich die Folgen vorstellen.Der grenzüberschreitende Transport von Abfall in Länder mit großzügiger Genehmigungspraxis unterliegt keiner Kontrolle, d. h., man verschiebt einfach das Problem von einem Land zum anderen.Die Regelungsdefizite bei Chemikalientransporten bereiten große Sorge. Darin könnten nach Ansicht der Fachleute sogar größere Gefahren liegen als bei einem Ölunfall. Wir brauchen Kennzeichnungen, wir brauchen Eintragungen in entsprechende Register, und wir brauchen vor allen Dingen dieses Emissionskataster.Ich will mich jetzt nicht über die Spezialbereiche der Schiffahrt äußern. Wir brauchen aber auch die Gesamtdarstellung des Unterelberaums. Ich glaube nicht, daß wir die Nordsee, wenn im Gutachten schon von einem ökologischen Gesamtsystem die Rede ist, vom Unterelberaum trennen können.
Ich meine, wir haben da eine Menge vor uns.
Wir müssen Vorsorge treffen; an dem Vorsorgeprinzip ist hier festzuhalten. Es bedarf einer Nordseekonferenz aller Staaten, unserer eigenen vier norddeutschen Staaten, die dort angrenzen, und aller anderen, und es bedarf dann einer Nordseeschutzkonvention, damit wir das erreichen, was die Ostsee schon hat, niedergelegt im Helsinki-Abkommen, nämlich wenigstens eine — wenn vielleicht auch noch so unzulängliche — gemeinsam gesicherte Kontrolle und Sanktionierung.Ich möchte auch darum bitten, das Nordsee-Gutachten fortzuschreiben. Ich bitte die Regierung, den
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Wolfgramm
) Gutachtern einen entsprechenden Auftrag zu erteilen, damit das für uns wichtige Nordsee-Gutachten fortgeschrieben werden kann.Herr Kollege Duve, Sie haben sich zu Anfang Ihrer Anmerkungen auf den mythologischen Wert der Nordsee bezogen. Ich darf vielleicht anmerken, daß sich die Werke des Malers Emil Nolde der besonderen Wertschätzung des Bundeskanzlers erfreuen. Welchen Schluß Sie daraus im Hinblick auf Ihre Klassifizierung ziehen, überlasse ich Ihnen. Im übrigen sind es nicht nur die Maler, die sich der Nordsee angenommen haben, sondern auch die Schriftsteller. Vielleicht darf ich einen dieser Schriftsteller, in diesem Fall allerdings einen von früher, zitieren, nämlich Heinrich Heine, der ja das Werk „Die Nordsee" geschrieben hat. Im Zweiten Zyklus sagt er:„Schwarzbeinigte Vögel,Mit weißen Flügeln meerüberflatternde,Mit krummen Schnäbeln seewassersaufende,Und tranigtes Robbenfleisch fressende, Eur Leben ist bitter wie eure Nahrung! Ich aber, der Glückliche, koste nur Süßes!Ich hoffe, daß die Nordsee durch unser Bemühen uns Anlaß zu der Feststellung gibt, daß die letzte Zeile so bleiben kann.
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nicht ohne weiteres an diesen optimistischen Ausblick meines Kollegen Wolfgramm anknüpfen, weil ich zunächst auf die bitteren Fakten zurückkommen muß, die sich uns hier stellen und die j a im Gutachten, wie ich meine, hervorragend zusammengefaßt worden sind. Auch ich möchte dem Sachverständigenrat unter seinem damaligen Vorsitzenden, Herrn Professor Bick, sehr danken, und ich nehme die Anregung, Herr Wolfgramm, den Rat zu bitten, dieses Gutachten fortzuschreiben, gerne auf. Ich freue mich überhaupt über die Beachtung der Tätigkeit des Rates. Es liegt aus diesem Jahr — ich erinnere daran — ein Gutachten „Energie und Umwelt" vor; es soll, wie ich höre, zum Ende dieses Jahres diesem Haus als Drucksache vorliegen. Ich hätte mir gewünscht, daß dies schneller hätte geschehen können, aber wir werden j a dann hoffentlich Gelegenheit haben, auch dieses Gutachten hier zu diskutieren.Herr von Geldern, Sie haben von der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gesprochen. Auch dies greife ich gerne auf. Wir arbeiten mit den Küstenländern zusammen. Wir sind daran interessiert, diese Arbeit fortzusetzen und zu intensivieren. Aber dies ist nicht nur ein Problem des Bundes und der Küstenländer, sondern ein Problem aller Bundesländer, wenn ich etwa an die Rheinverschmutzung und andere Faktoren denke, die auf die Hohe See wirken. Hier sind alle Bundesländer gefragt.Es gibt schon ein Gutachten des Rates, das die Dinge in ähnlicher Weise anpackt, nämlich das Sondergutachten „Umweltprobleme des Rheins" aus dem Jahre 1976. Dieses ist deshalb so wichtig, weil hier die ökologischen Zusammenhänge zum erstenmal umfassend aufgezeigt worden sind, wie das jetzt hier auch in bezug auf die Nordsee geschieht.Insofern ist das Rhein-Gutachten ein Beispielfall, meine ich, auch für die Elbe. Wir diskutieren jetzt zu Recht intensiv über die Elbe. Ich sage hier auch für die Bundesregierung, daß wir den Gewässergütezustand der Elbe mit großer Sorge betrachten. Neuere Untersuchungen zeigen, daß die Sauerstoffkonzentration, der biochemische Sauerstoffbedarf, der chemische Sauerstoffbedarf, die Ammoniumbelastung und die Schwermetallbelastung außerordentlich kritische Werte erreichen, die selbst die schlechtesten Werte des Rheins, wo die Sanierung große Fortschritte gemacht hat, in den Schatten stellen. Der überwiegende Teil der Verschmutzung — das ist hier schon gesagt worden — wird nicht von uns verursacht, sondern von den Oberliegern, der CSSR und der DDR; ein Teil der Verschmutzung — das ist zu Recht gesagt worden — kommt aber aus der Bundesrepublik. Hier müssen wir ansetzen.Nun haben Sie, Herr von Geldern, kritisiert, daß wir untätig geblieben seien. Sie konnten nicht wissen, daß wir unsere Anstrengungen, mit der DDR und der CSSR in ein Gespräch zu kommen, nicht aufgegeben haben. Es hat am 24. August dieses Jahres in der Sache Elbverschmutzung einen Kontakt mit der DDR auf hoher Ebene gegeben, und es hat einen ebensolchen Kontakt mit der CSSR gegeben. Ich will das jetzt nicht ausbreiten, weil es nicht auf die Öffentlichkeit solcher Vorgänge ankommt, sondern letztlich auf deren Erfolg. Aber ich sage Ihnen: Wir werden hier nicht nachlassen, mit der DDR und der CSSR zu verhandeln, um die Elbsanierung zu erreichen.
Es gibt gar keinen Zweifel daran, daß die Gewässersanierung auch auf unserem Gebiet der Elbe fortgesetzt werden muß, Herr von Geldern. Ich halte aber nichts davon, daß wir jetzt einzelnen Bundesländern Defizite vorhalten. Ich könnte eine Menge über andere Bundesländer sagen. In der Tat gibt es in Hamburg einen Nachholbedarf. Es gibt ein Sanierungsprogramm bis zum Jahre 1989. Es sollen neue Kläranlagen gebaut werden. Ich habe im übrigen diese Äußerungen, die Sie aus dem „Hamburger Abendblatt" zitiert haben, nicht gemacht. Das konnten Sie nicht wissen. Ich habe das gegenüber der Zeitung korrigieren müssen. Wie dieser Bericht zustande gekommen ist, weiß ich nicht. Ich habe mich in der Pressekonferenz dieser Woche wesentlich zurückhaltener gegenüber dem Bundesland Hamburg geäußert. Aber ich sage hier noch einmal mit Nachdruck: Die Gewässersanierung auf unserem Gebiet der Elbe muß ebenso energisch fortgesetzt werden, wie die Gespräche mit den Oberliegern fortgesetzt werden müssen.Das Nordsee-Gutachten zeigt, daß der einzelne private Haushalt, der Betrieb, die Kommune sich bei weitem noch nicht entsorgt fühlen dürfen, wenn sie ihre festen, flüssigen, gasförmigen und energetischen Abfälle in die Luft, den Boden und in die
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2820 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981
Bundesminister BaumFlüsse abgeladen haben. Das Nordsee-Gutachten weist mit Nachdruck darauf hin, daß unsere natürlichen Lebensgrundlagen auf einem vernetzten ökologischen System beruhen. Es ist also so, daß scheinbar geringe Eingriffe die Ursache für schwerwiegende Probleme werden können,
weil sich die Folgen von Wirkungsketten eben nicht nur addieren, sondern in Einzelpunkten sogar potenzieren können.
Das gilt für die persistenten Schadstoffe wie z. B. die Schwermetalle Blei und Cadmium. Sie bauen sich in der Umwelt nur über sehr lange Zeiträume oder überhaupt nicht ab. Auch die anderen Nordseeanlieger tragen Verantwortung dafür. In Großbritannien etwa gibt es Überlegungen der Art, wo die Nordsee es noch zulasse, könne man auch solche Schwermetalle einleiten. Wir sagen „nein", weil diese Stoffe überhaupt nicht mehr aus dem Gewässer herauszubringen sind. Hier ist nicht einmal Reparatur möglich, von Vorsorge ganz zu schweigen. Der ständige Eintrag dieser Stoffe in die Öko-Systerne führt zu immer stärkerer Anreicherung. Das Wissen über die Folgen ihres Weges durch die Medien Wasser, Boden, Luft und über die Nahrungs- und Futtermittelketten für Mensch, Tier und Pflanze ist ja nun inzwischen Allgemeinwissen, meine Damen und Herren.Nach dem Nordsee-Gutachten ist nunmehr wiederum konkret festzustellen: Auch Regionen, Länder und Staaten dürfen sich keineswegs entsorgt fühlen, wenn sie ihre festen, flüssigen, gasförmigen und energetischen Abfälle über die bodennahen Luftschichten in die Atmosphäre und über die Flüsse oder direkt in die Hohe See abgeladen haben. Von dieser Auffassung, die lange Jahrzehnte bestanden hat, müssen wir Abschied nehmen.
Wir müssen auch für unsere geographischen Breiten folgern, daß die Zeiten vorbei sind, in denen immer mehr Menschen immer weiter steigende Ansprüche durch ungenierte Selbstbedienung im Naturhaushalt glauben befriedigen zu können. Diese Ansicht hat ja in bezug auf das Meer — auf die Nordsee, auf die Ostsee, auf den Atlantik, auf das Mittelmeer — ziemlich lange bestanden, bis man über die wahren Verhältnisse aufgeklärt worden ist.Die Natur wehrt sich gerade gegen den massierten Zugriff und schlägt zurück, und dies gezielt dorthin, wo manche immer noch glauben, unsere Haut sei am dicksten, wo sie aber tatsächlich, meine Damen und Herren, am empfindlichsten ist — bei unseren natürlichen Lebensgrundlagen. Wer jetzt noch glaubt, die Ökologie habe sich der Ökonomie unterzuordnen, hat nicht erkannt, was die Stunde geschlagen hat. Herr Duve hat ja heute über „5 vor 12 oder 5 nach 12" meditiert. In vielen Bereichen ist es Gott sei Dank noch 5 vor 12; aber die Uhr geht weiter. Ich teile nachdrücklich die Meinung des Sachverständigenrats, daß es darauf ankommt, das Vorsorgeprinzip konsequent durchzusetzen. Das ist uns in Teilen unserer Umweltpolitik gelungen. Wir haben also von der Reparatur, von der Beseitigung bereits eingetretener Schäden, die im Wasserbereich am teuersten sind, auf das Vorsorgeprinzip umgeschaltet. Dies gilt jetzt für die Nordsee in besonderem Maße.Für die Nordsee ist festzustellen, daß dieses Prinzip zwar weitgehend bindendes Recht für die Anrainer geworden ist, aber es gibt trotz der Regelungsdichte, die hier festzustellen ist, ein Ratifizierungsdefizit — nicht bei uns in der Bundesrepublik —, ein Ausfüllungs-, ein Überwachungs- und ein Sanktionsdefizit; Regelungen allein machen es also nicht. Wir müssen uns jetzt weiter darum kümmern, daß diese Defizite abgebaut werden.Die Bundesregierung hat im Umweltprogramm von 1971 als Instrument der Vorsorge — ich führe das jetzt einmal in diese Debatte ein, aber es hat eine weiterreichende Bedeutung — die Umweltverträglichkeitsprüfung für Großvorhaben — im übrigen nicht nur der privaten Wirtschaft, sondern auch für unsere eigenen Großvorhaben, etwa den Straßenbau — gefordert.
Die Umweltministerkonferenz hat am 27. Januar 1975 für Bund und Länder gemeinsame Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bedeutsamen Vorhaben der öffentlichen Hand beschlossen. Diese konnten bisher nicht im wünschenswerten Umfang — das gleiche gilt für den privaten Sektor — zur Anwendung gebracht werden. Das liegt sicherlich daran, daß bisher nur der formale Aufbau weitgehend geklärt ist. Die materiellen Inhalte umfassender Umweltverträglichkeitsprüfungen sind jedoch erst im Ansatz bekannt und noch zu erarbeiten. Das gilt auch für die Beratung einer Richtlinie dieser Art, die zur Zeit in Brüssel auf der Tagesordnung steht.Aber der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat mit seinem Nordsee-Gutachten Wege für eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung gewiesen. Er hat an Hand dieses konkreten Falles „Nordsee" die notwendigen Fragestellungen aufgezeigt und uns Maßstäbe für Regelungen genannt. Das Gutachten beschränkt sich nämlich nicht auf eine ökologische Situationsbeschreibung und Prognose in bezug auf die Hohe See sondern geht auch auf die Zusammenhänge mit ökonomischen und sozialen Fragestellungen ein. Herr von Geldern, Sie haben ja das Beschäftigungsproblem aus Ihrer Sicht hier angesprochen. Das Gutachten zeigt die besonderen Probleme der industriellen Entwicklung der Küstenregionen auf, dies insbesondere am Beispiel von umweltintensiven Großbetrieben, die weitgehend rationalisiert sind und im übrigen, Herr von Geldern, relativ wenig Arbeitsplätze bieten. Vielleicht wäre es besser, sich einmal dort in den mittelständischen Bereich zu begeben.
Es werden also hohe Opfer auf Seiten der Ökologiegebracht. Man muß fragen, ob dem Erfolge auf der
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Bundesminister Baumökonomischen Seite entsprechen. Ich frage mich insbesondere: Ist es nicht, wenn ein Großbetrieb, der auf der Suche nach Standorten wegen seiner Umweltauswirkungen von einem Land zum anderen ziehen mußte, schließlich gerade im Einwirkungsbereich dieser ökologisch höchst empfindlichen Region, der Nordsee-Region, sitzenbleibt, ein Beispiel der industriellen Entwicklung um jeden Preis, meine Damen und Herren?
Hier stellt sich die Frage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel in der Tat in entgegengesetzter Richtung: Geht sie bisher in der Regel in Richtung des Verhältnisses von ökonomischem Aufwand zum ökologischen Nutzen, so gilt hier zu Recht die Frage: Rechtfertigt der ökonomische Gewinn in diesen Fällen eigentlich die ökologischen Opfer?
Ist es richtig, in einem der ökologisch empfindlichsten Gebiete der Welt auch an Land industrielle Ballung zuzulassen, wo sich doch auf See schon einer der dichtesten Wirtschaftsräume der Welt befindet, meine Damen und Herren? Ich erinnere nur an die Verkehrsdichte. Es ist die größte Verkehrsdichte der Schiffahrt, die es in der Welt überhaupt gibt. Zwischen Dover und der Elbemündung ereignet sich etwa die Hälte aller Schiffskollisionen in der Welt.Wir müssen deshalb dahinkommen, künftig bereits in den frühesten Stadien der Planung mit derart weitgehenden Umweltkonsequenzen mit einer über die derzeitigen Fachprüfungen hinausgehenden, umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung zu arbeiten. Für die materiellen Inhalte dieser Prüfung gibt uns das Nordsee-Gutachten wertwolle Hinweise.Jetzt einige Konsequenzen für die praktische Politik der Bundesregierung. Wir werden unsere Gewässerschutzpolitik — die nationale wie die internationale — fortsetzen. Ich glaube, wir brauchen uns hier nicht zu verstecken. Wir haben im Inland bei dem nationalen Gewässerschutz eine Menge erreicht. Wir haben außerordentlich hohe Investitionen erbracht, nicht nur beim Rhein, sondern auch bei anderen Gewässern. Ich nenne nur eine Zahl: vor zehn Jahren waren nur 35 % unserer Bevölkerung an vollbiologische Kläranlagen angeschlossen, heute sind es bereits 70 % der Bevölkerung. Die Gewässergüte in der Bundesrepublik hat sich generell verbessert, insbesondere die des Rheins, wenn ich an den Sauerstoffgehalt und an andere Stoffe denke. Das heißt nicht, daß hier nicht noch Defizite sind, auch beim Rhein, wenn ich an die halogenisierten Kohlenwasserstoffe und anderes denke. Aber ich sage noch einmal: Alle, Bund und Länder, die Wirtschaft, die Gemeinden, alle, die investiert haben, die sich bemüht haben, brauchen sich nicht zu verstekken. Es ist in den letzten zehn Jahren im Gewässerschutz in der Bundesrepublik Deutschland eine Menge geschehen.Ich sage Ihnen auch folgendes. Das umstrittene Abwasserabgabengesetz — es sollte j a wieder etwas verwässert werden; im Bundestagswahlkampf spielte das eine Rolle, ich will den Streit gar nicht aufrühren, den ich mit einigen Oppositionsländern im Bundesrat gehabt habe — greift, und es muß auch greifen.
Wir werden uns nicht beirren lassen, dieses Gesetz auch auszufüllen. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß es keinen Anlaß gibt, über Härteklauseln Ausnahmen zu machen.
Jedermann hatte rechtzeitig Gelegenheit, sich auf dieses Gesetz einzustellen. Wir wollen nicht diejenigen belohnen, die geschlafen haben. Die meisten haben sich nämlich auf dieses Gesetz eingerichtet.In der EG ist die Sache schwierig. Wir haben zwar ein Regelungswerk zum Gewässerschutz in der EG mühsam erarbeitet, aber es fehlen die Grenzwerte. Wir haben eine Richtlinie im Rat. die wir in mühseligen Beratungen vor uns her schieben. Das ist die Quecksilber-Richtlinie. Wenn wir sie verabschieden können, bedeutet dies den Durchbruch für alle anderen Stoffe. Es ist sozusagen die Musterrichtlinie. Hier gibt es unterschiedliche Gewässerschutzphilosophien — ich sage das offen — zwischen Großbritannien und Dänemark einerseits und den anderen Mitglieds-Ländern andererseits. Die Nordseeanlieger Großbritannien und Dänemark stellen eher auf die Gewässergüte ab und nicht auf die Emissionsnorm, also nicht auf die Einleiterkontrolle, wie wir uns das wünschen. Wir werden an diesem anderen Prinzip festhalten und versuchen nun einen Weg zu finden. Die nächste Ratstagung ist im November. Es wäre ein Trauerspiel, wenn es uns nicht gelänge, diese Quecksilber—Richtlinie zu verabschieden. Dann käme es wirklich zu einem Stillstand der Gewässerschutzpolitik der Gemeinschaft.
Wir haben uns mit der Einbringung von Abfällen in die Nordsee zu beschäftigen. Wir werden die Erlaubnisverfahren nach der Hohe-See-Einbringungsverordnung von 1977 weiterhin restriktiv handhaben. Die Klärschlammverklappung seitens der Bundesrepublik Deutschland ist seit dem 15. April 1981 in der Nordsee eingestellt. Die Dünnsäurebeseitigung auf der Hohen See läuft aus. Die sogenannte Bayer-Dünnsäure soll ab April 1982 nicht mehr in die See eingebracht werden. Die Dünnsäure aus der Titandioxid-Produktion soll ab 1984 nicht mehr eingebracht werden. Wir haben auch nicht vor — ich sage das aus aktuellem Anlaß, weil ich gleich mit dem Land Niedersachsen über Entsorgungsprobleme hoch-, schwach- und mittelradioaktiven Abfalls reden werde —, radioaktiven Abfall, wie andere Länder es tun, in die See einzubringen.
Mit der Unterstützung der Bundesregierung wird zur Zeit ein Aktionsprogramm der EG zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen durchgeführt. Wir wollen eine stärkere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung, bei der Forschung und bei der Änderung geltender Entschädigungsvorschriften. Es gibt Vor-
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Bundesminister Baumschläge des Ministerrates. Allerdings gestatten Sie mir auch hierzu ein offenes Wort: es gibt Mitgliedstaaten mit Tankerinteressen, und diese Tankerinteressen haben wir bisher nicht überwinden können. Ich bedaure das.Es ist ein weiteres Problem zu nennen: Die Umweltüberwachung der Nordsee, Überwachung des Künstenvorfeldes der Nordsee durch die Vollzugsorgane des Bundes und der Länder muß intensiviert werden. Wir streben mit den Küstenländern ein gemeinsames Überwachungskonzept an und wollen in dieses Konzept nach Möglichkeit auch die Vollzugskräfte des Bundes, also Zoll und Bundesgrenzschutz, einbringen. Hinsichtlich angestrebter wissenschaftlicher Überwachung ist ein Bund-Länder-Meßprogramm in Arbeit. Hier ist also bereits etwas unternommen worden.Eine besondere Verantwortung trifft uns, meine ich, alle für den Schutz des Wattenmeers.
Ich möchte darauf hinweisen, daß im Bereich der Bundesrepublik Deutschland zwei Drittel des Wattenmeeres liegen, das überhaupt noch vorhanden ist. Sie wissen ja, daß Wattenmeer, einmal eingedeicht, auf alle Zeit verloren ist. Diese sehr wertvolle ökologische Situation ist nicht wiederherzustellen, wenn eine Eindeichung stattgefunden hat.Ich möchte sehr freimütig sagen, daß ich es nicht verstehen kann, wenn Wattenmeergebiete verloren werden, zur Landgewinnung eingedeicht werden, sei es zur industriellen Landgewinnung oder zur landwirtschaftlichen Landgewinnung. Das einzige, worüber man reden kann, ist der Schutz des Menschen, und hier würde ich den Maßstab so anlegen, daß man die Eindeichung nach Möglichkeit vermeidet, wenn der Schutz auf andere Weise herzustellen ist.
— Das ist in vieler Hinsicht der Maßstab.Ich konnte lange nicht alle aktuellen Fragen anschneiden. Ich wollte hier nur eine sehr globale Reaktion auf das zeigen, was im Gutachten steht und was ich heute hier gehört habe. Ich meine, daß wir uns darüber im klaren sein müssen, daß wir in der gegenwärtigen ökonomischen Situation — wir sprechen über Haushaltsdefizite — eine allgemeine Veränderung unserer Politik — der Ausgabenpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden — vornehmen müssen, denn die ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich wesentlich geändert. Es ist wichtig, daß wir uns einig sind, daß trotz dieser Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen keine Abstriche am Umweltschutz gemacht werden.
Ich sehe hier in diesem Hause keine Bewegung dieser Art, aber ich sehe dies bei einigen Gruppen unserer Gesellschaft, wenn ich etwa an die letzte Stellungnahme des BDI denke. Ich möchte Sie wirklich bitten: Setzen wir konsequent diese Umweltpolitikfort, die in den letzten zehn Jahren hier gemacht worden ist!Die Bundesregierung — das möchte ich Ihnen hier noch einmal sagen — betrachtet die Umweltpolitik nicht als einen Schön-Wetter-Betrieb, für uns ist Umweltpolitik auch und gerade in Zeiten ökonomischer Knappheit eine Überlebensstrategie. Ich bedanke mich für alle Unterstützung, die ich heute hier mit dieser Politik vom Deutschen Bundestag erfahren habe.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jansen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß dieses Thema in einer doch sehr grundsätzlichen Sachlichkeit behandelt wird. Ich glaube, auch sagen zu sollen: Wer Umweltprobleme oder diese speziellen Probleme der Nordsee durch Profilierung und Parteienstreit angehen würde, dem fehlt Verantwortungsbewußtsein und gesellschaftspolitischer Takt, weil ich meine, vernünftige Leute sollten einen Streit am Krankenbett vermeiden,
es sei denn, hier ist jemand unter uns, der glaubt, es handele sich um eine eingebildete Krankheit.Ich darf zitieren, was der Rat der Sachverständigen zu dieser Frage im Gutachten formuliert:Die Nordsee läßt nach dem derzeitigen Stand des Wissens noch keine großräumigen Schädigungen erkennen; geschädigt sind aber bereits Teile des Küstenmeeres und die Ästuarien,— also die Bereiche der Flußmündungen —weil sie übermäßig starken Belastungen ausgesetzt sind. Damit ist aber auch die Nordsee als Ganzes erheblich gefährdet.Diese Formulierung sagt zwei wichtige Dinge, die wir uns einmal vor Augen führen sollten.Erstens. Die Nordsee ist als Ganze erheblich gefährdet.Zweitens. Nach dem derzeitigen Stand des Wissens sind keine großräumigen Schädigungen der Nordsee zu erkennen.
Was heißt „nach dem derzeitigen Stand des Wissens"? Hier müssen wir uns doch fragen: Wissen wir eigentlich genug? Wissen wir, welche Substanzen jeweils für sich und darüber hinaus in unkontrolliert eintretenden Verbindungen welche Wirkungen haben? Wissen wir wirklich, wann Quecksilber, wann andere Gifte über die Tierwelt des Meeres und die Nahrungskette unwiderrufliche gesundheitliche Schäden bei den Menschen bewirken?
Es ist ja nicht nur die Elbe, für deren Fische ein Verzehrverbot ausgesprochen worden ist; es ist z. B.
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Jansenauch die irische See, wo die Verschmutzung durch die Engländer zu Fischkrankheiten geführt hat und deshalb Fanggründe aufgegeben wurden.Wenn die Nordseeanrainerstaaten oder die Europäische Gemeinschaft sich über die Schutzbedürftigkeit dieses Meeres unterhalten, ist nach wie vor festzustellen — und Herr Minister Baum hat das völlig zu Recht betont —, daß es unterschiedliche Gewässerphilosophien gibt. Insbesondere geht der Streit darum, ob ein konsequent immissionsbezogener Ansatz, der eine Überwachung der Folgen fordert, oder eine Verringerung Emissionen entsprechend dem Vorsorgeprinzip Anwendung finden soll. Über diese Frage oder über die vielschichtigen Gründe, die zur Schädigung der Nordsee führen, wie z. B. die Schiffahrt mit ihren Tankspülungen, die Abfallbeseitigung auf hoher See, die Schmutzeinbringung vom Lande aus oder die unnötigen Großeindeichungen, ließe sich unendlich viel sagen. Ich will das nicht tun, sondern ich möchte jeden Parlamentarier auffordern, das Nordsee-Gutachten gründlich zu lesen, auch wenn Interessenvertreter, ich weiß nicht aus welchem Lager, die verteilten Gutachten von den Tischen des Plenarsaals wieder eingesammelt haben — offensichtlich im Vertrauen auf ihre Immunität. Sie haben j a mitbekommen, wieviele Exemplare hier in den letzten Tagen plötzlich nicht mehr auf den Tischen lagen.Wer das Gutachten gelesen hat oder lesen wird, konnte oder wird feststellen, daß es neben wichtigen Fakten und Analysen offensichtlich nicht an Vorschriften fehlt, sondern daß das Problem nach wie vor der nicht ausreichend konsequente Vollzug dieser Vorschriften ist. Es gibt — und lassen Sie mich das ruhig einmal aufzählen, um dies deutlich zu machen — seit 1973 europäische Aktionsprogramme und mehrere Fortschreibungen. Es liegen Umweltgutachten von 1974, von 1978 und jetzt von 1980 vor. Wir kennen das Helsinki-Abkommen von 1974, die Pariser Konvention von 1974, die erst jetzt bei uns ratifiziert worden ist, die 3. Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen und ihre Ergebnisse von 1980, die EG-Gewässerschutzrichtlinien von 1976, die London-Konvention, , die Oslo-Konvention, beide von 1972, das Wasserhaushaltsgesetz und das Abwasserabgabengesetz aus dem Jahre 1976. Und das ist noch lange nicht alles.Ob diese Vielschichtigkeit allerdings erforderlich bzw. wirkungsvoll ist, bleibt für mich sehr fraglich. Aber eines sollte Ihnen bei meiner Auflistung an den Jahreszahlen aufgefallen sein: Alle diese Regelungen oder auch nur Regelungsversuche sind unter der Zuständigkeit der jetzigen Regierung entstanden. Es gibt keine entsprechenden Umweltschutzaktivitäten aus Zeiten anderer Regierungen. Und es ist objektiv richtig, daß diese Bundesregierung im Vergleich zu den Regierungen aller anderen Anrainerstaaten der Nordsee am konsequentesten gehandelt hat.
Dabei hat sich das Bundesforschungsministerium— das will ich hier einmal ausdrücklich sagen — miteiner Vielzahl richtiger Forschungsaufträge besondere Verdienste erworben, und zwar über die Interessen der Bundesrepublik hinaus.Aber auch dieses bleibt natürlich relativ; denn unsere Forderungen auf Grund des Gutachtens müssen jetzt weitergehen. Es wird nicht möglich sein, schwere Kreislaufstörungen durch Handauflegen zu beseitigen. Wir sollten unsere Forderungen für die Behandlung des Nordsee-Gutachtens durch die Parlamente, die Fachausschüsse und die Regierungen im Bund und insbesondere in den norddeutschen Ländern formulieren, und ich will versuchen, einige Bereiche vorzuschlagen.Erstens. Unsere Gewässerschutzphilosophie muß sich ändern. Geschützt wird die Umwelt um ihrer selbst willen und weil wir Menschen Teil dieser Umwelt sind. Das gilt auch für die Nordsee.Zweitens. Es muß schrittweise, aber gezielt erreicht werden, daß eine Abwägung zwischen möglichen Schädigungen der Nordsee und der wirtschaftlichen Bedeutung einer Maßnahme, z. B. einer Abfallbeseitigungsart, nicht mehr stattfindet. Nur noch nachgewiesen unschädliche Einleitungen dürfen zulässig sein.
Drittens. Wir dürfen z. B. bei der Klärschlammbeseitigung die Ablagerungen nicht mehr von den Flüssen in die Nordsee und von der Nordsee in den Atlantik verlagern. Unser Konzept muß im Endergebnis sogar heißen, den Entwicklungsländern mit ihrer Industrialisierung auch Umweltschutztechnologien zu liefern, damit sie möglichst die Fehler vermeiden, die wir in den letzten hundert Jahren erst machen mußten, um ihre Folgen zu bemerken.
Viertens. Die Großschiffahrt mit ihrer Mineralöl- und Chemikalientransportkapazität und den großen Gefahren für das Öko-System — nicht nur der Wattenmeere — braucht zwar mehr Landradar, UKW-Seefunk und Lotsen im engen Revier wie der inneren Deutschen Bucht. Aber insbesondere braucht sie konsequente Vorschriften, daß Schiffe, die sich nicht über eine Tankerdatei überwachen lassen, und Tanker, die nicht bis zu einem festzulegenden Zeitpunkt doppelte Tankwandungen haben, europäische Häfen nicht mehr anlaufen dürfen.
Wir müssen dann aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, verhindern, daß neben Gefälligkeitsflaggen auch noch Gefälligkeitshäfen entstehen.
Fünftens. Die industrielle Entwicklung des Küstenraums bedarf einer genauen Untersuchung und einer Orientierung auf Umweltverträglichkeit hin. Auf keinen Fall dürfen Küstenstandorte deshalb ein Vorteil sein, weil Industrieabfälle billig ins Meer geleitet werden können.Sechstens. Eindeichungen, die aus Gründen des Küstenschutzes zur Sicherung von Menschenleben nicht zwingend geboten sind, insbesondere großflä-
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Jansenchige Eindeichungen, sind nicht mehr vorzunehmen.
Deshalb sollte die Bundesregierung zukünftig keine Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Küstenschutz" für die das Wattenmeer zerstörende großflächige Vordeichung der Nordstrander Bucht mehr zur Verfügung stellen.
Die Bundesregierung sollte durch politische Einwirkungen auf das Land Schleswig-Holstein das Konzept einer Verstärkung der vorhandenen Deiche unterstützen bzw. unabdingbare neue Deichtrassen nur in direkter Nähe zu den bisherigen Deichen mitfinanzieren.
Wir müssen — damit möchte ich das aufgreifen, was Herr Minister Baum gesagt hat — nicht nur diese Forderung formulieren und sie prinzipiell für richtig ansehen und vom Vorsorgeprinzip reden, sondern wir müssen bei den Fakten, wo wir merken, was passiert, handeln. Wenn es darum geht, über Zuschüsse zu entscheiden, müssen Zuschüsse auch Mittel sein, politische Macht auszuüben.
Siebtens. Die Bundesregierung muß im EG-Bereich noch konsequenter vorgehen und z. B. verlangen, daß im Rahmen der EG-Gewässerschutzrichtlinien von 1976 endlich, nach über fünf Jahren, Grenzwerte — mindestens für die gefährlichsten Stoffe — auf sehr niedrigem Niveau festgelegt werden.Achtens. Viele Kompetenzen müssen reduziert, und, wo dieses nicht möglich ist, besser koordiniert werden, auch zwischen Bundesministerien. Dieses darf keine Personalfrage sein.Neuntens. Die Bundesregierung sollte den vier norddeutschen Ländern unverzüglich ihre konkrete Hilfe für eine Gesamtplanung zum Schutz der Nordsee und der damit im Zusammenhang stehenden strukturellen Entwicklung der Küsten anbieten.Zehntens. Es sollte zu einer gemeinsamen Planungsebene z. B. über Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den norddeutschen Ländern kommen. Dabei ist aus meiner Sicht auch eine interparlamentarische Zusammenarbeit, z. B. über eine Art gemeinsamer Enquete-Kommission „Nordsee", zu prüfen.Elftens. Alle vorhandenen für die Nordsee geltenden Rechtsvorschriften und internationalen Vereinbarungen sollten zusammengefaßt werden. Die Durchführung von Genehmigungs- und Kontrollverfahren muß bei möglichst wenig Behörden liegen. Dasselbe gilt für die Bekämpfung von eventuellen Umweltkatastrophen, z. B. durch Tankerunfälle.Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat 1980 das Nordsee-Gutachten vorgelegt. Der Tenor des Gutachtens lautet: Die Nordsee ist der Testfall für das Vorsorgeprinzip. Ein Jahr nach der Fertigstellung des Gutachtens gibt es noch kein Handlungskonzept, sondern nur Teilstellungnahmen. Vielleicht wäre mehr auch zuviel gefordert. Aber ich halte es für dringend erforderlich, daß wir jetzt nicht selbstbefriedigt auf eine Debatte sehen, sondern in die Handlung eintreten.Ich möchte über die anwesenden Bundestagsabgeordneten hinaus an die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in ihren Arbeitszimmern sitzen und das Nordsee-Gutachten durchlesen,
appellieren, dieses Thema ernst zu nehmen.Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt einen Film mit dem Titel „Nordsee ist Mordsee". Er hat eine ganz andere Bedeutung. Wir sollten dafür sorgen, daß er diese andere Bedeutung behält.
Das Wort hat der Abgeordnete Bredehorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen sie mich zunächst meiner Freude Ausdruck geben, daß das Sondergutachten über Umweltprobleme der Nordsee allen Mitgliedern dieses Hauses vorgelegt worden ist. Ich bedaure aber, daß unsere Kollegen aus dem Binnenland hier heute morgen so wenig vertreten sind, um die großen Probleme, die wir im Bereich der Nordsee sehen, vielleicht mit diskutieren zu können.Als Bewohner und Vertreter der Küstenregion habe ich große Sorge um den Erhalt unseres einzigartigen Natur- und Erholungsraumes Nordsee. Das Sondergutachten führt eine ganze Reihe von negativen Faktoren an, die das Leben in und an der Nordsee gefährden.Ich meine, die Nordsee darf nicht zum Abfalleimer für alle Anrainerstaaten werden. Auf vielen Wegen gelangen riesige Mengen von Schadstoffen in das Meer und in unsere Nordsee: von Land aus über die Flüsse und Rohrleitungen, durch die Atmosphäre oder durch Schiffe, durch Meeresbodenausbeutung oder durch Abfallbeseitigung. So gelangen Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei, Chemikalien, chlorierte und hochchlorierte Kohlenwasserstoffe in die Nordsee und stellen eine riesige Belastung dar.Eine der größten Gefahren für das Leben in und an der Nordsee stellt sicher ein Tankerunfall dar. Angesichts der Beinahekatastrophe der „Afran Zenith" im Hamburger Hafen müssen wir uns doch fragen: Wie sieht es mit der Sicherheit, Vorbeugung und Bekämpfung eines Tankerunfalls aus? Im Bereich der Deutschen Bucht, der am meisten befahrenen Seestraße der Welt, leben wir mit einem ständigen Unfallrisiko. Im Jade-Revier vor Wilhelmshaven hatten wir seit 1976 fünf Unglücksfälle durch Kollision oder Strandung von Großtankern, die fast zur Katastrophe führten. Glücklicherweise brach bisher noch kein Tanker auseinander oder wurde aufgerissen. Für die gesamte Nordseeküste hätte das auf Jahre hinaus verheerende Folgen. Die Regenerationszeit für Watt, Strände, Tierwelt und den gesam-
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Bredehornten Naturhaushalt beträgt sicher fünf Jahre und mehr. Fischerei und Fremdenverkehr wären ruiniert.Wir dürfen und können uns aber nicht nur auf das Glück verlassen. Die Bundesregierung hat auch eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, wie z. B. die Verstärkung der Verkehrsüberwachung und der Verkehrslenkung, die Verbesserung der Fahrwasserbezeichnung, Einrichtung der Landradarkette Jade und die Erweiterung der Lotsenannahmepflicht. Angesichts der Tatsache, daß weltweit ständig rund 2 000 Tanker auf Fahrt sind, sollte die Bundesregierung ihre Bemühungen auf europäischer Ebene verstärken, um verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und eine Überwachung des Schiffsverkehrs in europäisches Recht umzusetzen.
Des weiteren wäre zu fordern, die Seeverkehrsüberwachung analog zu dem bestehenden Flugsicherungssystem auf den gesamten Bereich der Deutschen Bucht auszudehnen. An Bord von Schiffen mit gefährlicher Ladung sollte eine in der Luftfahrt bewährte Black-Box mitgeführt werden, die im Rahmen der Seeverkehrsüberwachung alle Funksprüche aufzeichnet.
Die Anstrengungen der deutschen Schiffahrtsindustrie sind zu unterstüzen, um durch optimale Ausrüstung die Folgen einer Schiffskatastrophe so gering wie möglich zu halten. Die Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Ölpest sind zu intensivieren und letztendlich auch von uns zu finanzieren. Die Schaffung eines kompetenzübergreifenden Katastrophenschutzes und Katastrophenstabes ist fortzuführen. Die Bereitstellung von Mitteln für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, für Geräte, Fahrzeuge und Schiffe zur Bekämpfung der Ölverschmutzung ist weiter fortzuführen und zu vermehren.Wir haben in den nächsten Wochen den Einsatz des von der Lühring-Werft gebauten Klappschiffes zu erwarten. Wir alle sind wirklich voller Hoffnung, daß sich dieses Versuchsmodell so bewährt, daß wir endlich auch zu größeren Einheiten dieser Art kommen können.Ein großes Problem stellt auch die Ölverschmutzung durch Tankwaschen und Einleiten von Öl durch Schiffe dar. Nach dem internationalen Gesetz zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl sind Tankwaschen und Ölabgabe verboten. Aber erst im Frühjahr dieses Jahres wurden an der europäischen Nordseeküste weit über 100 000 ölverschmutzte Seevögel gefunden. Dieses Beispiel zeigt, daß die Überwachung der Nordsee leider in keiner Weise gewährleistet ist und es dem Zufall überlassen bleibt, ob ein Sünder erwischt wird, der dann mit einer Strafe von höchstens 10 000 DM belangt wird, während das Tankreinigen vielleicht 40 000 DM gekostet hätte.Zur Eindämmung der Verschmutzung durch Tankerverkehr ist zu fordern: Flugüberwachung, eventuell auch unter Beteiligung von Luftwaffen- oder Marinefliegern; die Anhebung des Strafmaßes,
so daß kein Anreiz mehr besteht, gegen das Gesetz zu verstoßen; die Einführung eines sicheren Analyseverfahrens zur Beweissicherung.Während das Tankwaschen von Öltankern durch das eben genannte Gesetz im gesamten Bereich der Nordsee verboten ist, gibt es eine solche Regelung für Chemikalientanker nicht, d. h., daß jedes Jahr mehrere tausend Tonnen hochgiftiger Chemikalien in die Nordsee gelangen, auf den Boden sinken und in die Nahrungskette gelangen. Der Rückgang der Seehundbestände — vor 20 Jahren gab es an der ostfriesischen Küste über 13 000 Seehunde, heute sind es etwas über 1 000 — ist doch wirklich alarmierend.Chemikalien sind für die Gesundheit der Nordsee eine große Gefahr. Daher müssen wir gesetzlich vorschreiben, daß keine Chemikalien mehr in die Nordsee eingeleitet werden, wie es auch in der Präambel der Meeresschutzkonvention gefordert wird. In der Praxis ist zu fordern, daß alle Chemikalientanker eine Restlenzanlage besitzen und benutzen müssen.Lassen Sie mich etwas zur Deichbauproblematik sagen. Die vom Sachverständigenrat angesprochene Deichbauproblematik hat in jüngster Zeit durch die von der schleswig-holsteinischen Landesregierung durchgeführten bzw. geplanten Projekte „Hindenburgdamm Emmerleffkliff" und „Nordstrander Bucht" eine besondere Aktualität erhalten. Ich teile die Bedenken, die der Rat aus ökologischen Gründen insbesondere gegen technisch heute realisierbare großflächige Eindeichungen geltend gemacht hat. Von niemandem kann bestritten werden, daß durch derartige Maßnahmen der Bestand an wertvollen Wattflächen und Salzwiesen empfindlich vermindert wird und die dadurch bewirkten Beeinträchtigungen von Flora und Fauna erheblich sind.Gravierend sind diese Bedenken vor allem deswegen, weil die bei großflächigen Eindeichungen eintretenden Verluste an Biotopen, die für die dort lebende Artenwelt unverzichtbar sind, in aller Regel durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht oder nur ungenügend wettgemacht werden können.
Wir haben dazu auf unserem Bundesparteitag in Köln in unserem ökologischen Aktionsprogramm eine ganz klare Aussage gemacht. Danach werden Eindeichungen zum bloßen Zwecke der Landgewinnung von uns entschieden abgelehnt.Nur, ein absoluter Naturschutz ist auch im Wattenmeer nicht möglich. Der Sachverständigenrat verkennt das auch nicht. Er weist auf den Vorrang des Schutzes der an der Nordseeküste lebenden Menschen ausdrücklich hin. Bei allen Maßnahmen des Küstenschutzes kommt es also darauf an, Lösungen zu finden, durch die einerseits der notwendige Schutz der Menschen sichergestellt ist, ande-
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Bredehornrerseits vermeidbare Beeinträchtigungen des im Wattenmeer besonders empfindlichen Naturhaushalts und des Landschaftsbildes unterbleiben. Daß unter diesen Gesichtspunkten Vordeichungen größeren Umfangs in die freie Wattfläche hinein nur erfolgen dürfen, wenn anders der erforderliche Schutz der Menschen nicht gewährleistet werden kann, und Eindeichungen zum Zwecke der bloßen Landgewinnung — sei es zu landwirtschaftlichen oder sonstigen, z. B. industriellen, Zwecken — nicht zu rechtfertigen sind, versteht sich von selbst.Für die dazu erforderlichen Abwägungen und Entscheidungen sind sowohl unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes wie dem des Naturschutzes nach der im Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzverteilung allein die Länder zuständig und auch verantwortlich, im Falle der genannten Eindeichungen also die Landesregierung von Schleswig-Holstein. Ich hoffe und wünsche, daß sich die Landesregierung von Schleswig-Holstein bei der bevorstehenden Entscheidung über die Nordstrander Bucht ihrer Verantwortung, die sie nicht nur für die Sicherheit ihrer Bevölkerung, sondern auch für die Erhaltung des Wattenmeers als eines gemeinsamen Naturerbes von internationaler Bedeutung hat, bewußt ist.
Als ein positives Beispiel möchte ich hier die vorgesehene Eindeichung der Ley-Bucht an der ostfriesischen Nordseeküste herausstellen. Hier ist man von der zunächst durch die Landesregierung vorgesehene Zudeichung der gesamten Ley-Bucht zu einer kleinen Lösung gelangt, die sowohl dem Schutz der Menschen wie den Interessen der Naturschützer und der notwendigen Entwässerung des Binnenlandes entspricht.Durch das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes ist der Bund zwar verpflichtet, den Küstenländern 70 % ihrer Aufwendungen für den Küstenschutz zu erstatten, aber leider gibt uns das Gesetz nicht die Möglichkeit, hierbei auf einzelne Vorhaben, die ökologisch bedenklich sind, Einfluß zu nehmen oder sie von der Bezuschussung auszunehmen.Der Nordseeküstenraum hat eine große Bedeutung für die naturnahe Erholung. Der Sachverständigenrat hat zu Recht darauf hingewiesen, daß bei der Entwicklung des Fremdenverkehrs bisher die ökologische Belastbarkeit der aufnehmenden Räume zuwenig beachtet worden ist. Trotz der Ausweisung zahlreicher und zum Teil großflächiger Schutzgebiete verschiedener Kategorien reichen, wie der Rat feststellt, die bisherigen Maßnahmen nicht aus, da u. a. ein einheitliches Konzept fehlt und die Schutzverordnungen vielfach keinen ausreichenden Schutz bieten.Ich halte es deshalb für erforderlich, daß die Küstenländer im Wege einer grenzüberschreitenden Gesamtplanung unter Einschluß der Landschaftsplanung die Voraussetzungen dafür verbessern, die Nutzungen dieses Raums mit den ökologischen Erfordernissen so weit wie möglich in Übereinstimmung zu bringen. Vordringlich erscheinen insbesondere die großflächige Ausweisung des Insel- und Wattenraums als eines Gebietes besonderer Bedeutung für die Erhaltung von Natur und Landschaft bzw. für die naturnahe Erholung sowie die Erstellung eines differenzierten Nutzungs- und Schutzkonzepts für den Wattenmeerraum.Auch die Hinweise des Sachverständigenrats auf die Störung der Tierwelt durch den Fremdenverkehr, insbesondere durch Bootsfahrten, verdienen Beachtung. Um das Befahren von Bundeswasserstraßen durch Sportboote und die Ausflugsschifffahrt im Bereich von Naturschutzgebieten zu beschränken, sind erforderlichenfalls und soweit Selbstbeschränkungsvereinbarungen nicht ausreichen, entsprechende Rechtsverordnungen nach dem Bundeswasserstraßengesetz zu erlassen.Die Nordsee ist noch ein fischreiches Schelfmeer. Obwohl ihr Wasserinhalt nur 0,1 % des gesamten Weltmeeres beträgt, werden in ihr 5 % des Weltfischfangs erreicht. Das Wattenmeer ist die Kinderstube allen Nordseelebens. Fische und Fischbestände bilden die wirtschaftliche Grundlage eines Gewerbes, für dessen gewinnbringende und fortdauernde Ausübung Schutzmaßnahmen erforderlich sind.Das Nordseegutachten stellt hier fest, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten für die Erhaltung der Fischbestände mehr auf Überfischung und nicht so sehr auf die Schadstoffe zurückzuführen sind. Daher ist insbesondere eine Verminderung der Fanganstrengungen ungeachtet der politischen Schwierigkeiten zur Bestandserhaltung erforderlich.Hinsichtlich der Fischkrankheiten durch Schadstoffbelastungen müssen auch weiterhin intensive Forschungen und Untersuchungen angestellt werden. Nachdem seit 1. April 1981 die Verklappung von Klärschlämmen in der Deutschen Bucht eingestellt ist, müssen wir auch in möglichst naher Zukunft zu einem Verklappungsverbot für Dünnsäure aus der Titandioxidproduktion kommen. Neue Genehmigungen für ein Verbringen anderer Stoffe in die Deutsche Bucht oder in andere Gebiete der Nordsee dürfen von uns nicht mehr erteilt werden.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch einmal aus dem Nordseegutachten zitieren. Dort wird festgestellt, daß es nicht so sehr einen Mangel an Gesetzen, Beschlüssen, Verordnungen und Sicherheitsauflagen gibt. Worum es jetzt geht, sind die Ratifizierung, die Ausfüllung, die Überwachung und die Durchsetzung dieser Gesetze und Verordnungen.Kranke Fische, Seehunde und krankes Kleingetier sowie Tausende verölter Seevögel sind schreckliche Zeichen der Gefährdung des Naturraums Nordsee. Wir alle sind aufgerufen, durch unser politisches Handeln und Tun der Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen zum Erhalt einer gesunden Nordsee gerecht zu werden. — Danke schön.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
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Vizepräsident LeberWir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt vor, die Unterrichtung durch die Bundesregierung zum Thema „Umweltprobleme der Nordsee" auf Drucksache 9/692 zur federführenden Beratung an den Innenausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist entsprechend beschlossen.Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes— Drucksache 9/667 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:Innenausschuß
Ausschuß für WirtschaftAusschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und GesundheitDas Wort zur Einbringung wird gewünscht. Ich erteile das Wort dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr ver- ehrten Damen! Meine Herren! Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs machen.Im Rahmen einer Gesamtstrategie zur Umweltvorsorge kommt es darauf an, Ressourcenverschwendung zu vermeiden, mit Rohstoffen und Energie sparsam umzugehen, unsere Ökosysteme zu erhalten und Landschaft und Natur zu schützen.Die Verringerung des Abfallaufkommens und die weitere Entwicklung der Abfallverwertung als vorrangiges Element der Abfallbeseitigung sind wichtige Bestandteile dieser Politik. Je geringer das Abfallaufkommen ist, um so kleiner sind unsere Sorgen um die Abfallbeseitigung.Deshalb setzt sich die Bundesregierung z. B. für den Vorrang der Mehrwegverpackungen vor Einwegverpackungen ein. Wir werden auf diesem Vorrang bestehen und vor gesetzgeberischen Schritten nicht zurückschrecken, wenn unser Versuch scheitert, mit den beteiligten Industriebranchen zu einer Einigung zu kommen. Wir halten diesen Vorrang auch deshalb für erforderlich, um die Wegwerfmentalität zu überwinden.Zugleich sind Fortschritte in der Abfallbeseitigungspolitik unbedingt erforderlich. Der Ihnen heute vorliegende Entwurf einer zweiten Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz verfolgt zwei Zielsetzungen: Erstens. Die Abfallbeseitigung soll entbürokratisiert werden. Zweitens. Die Klärschlammproblematik soll in Zukunft besser beherrscht werden.Durch eine Änderung des § 12 wollen wir erreichen, daß die zuständigen Behörden von Bund und Ländern von unnötigem Verwaltungsaufwand befreit werden. Deshalb soll die Pflicht zur Beförderungsgenehmigung für Abfälle eingeschränkt werden. Zwar bleibt es bei dem Regeltatbestand der Genehmigung. Aber wir schaffen für bestimmte Abfälle oder Abfallgruppen Ausnahmetatbestände.Das Gesamtsystem der Abfallbeseitigung hat sich im Vollzug durch die Länder seit Jahren bewährt. Heute erscheint es gerechtfertigt, Abfälle wie Hausmüll, Gewerbemüll, aber auch Erdaushub, Straßenaufbruch und Bauschutt von der Genehmigungspflicht auszunehmen. Dies ist ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Diese Maßnahme wird die Behörden entlasten und Kräfte freisetzen, die für wichtige Überwachungsaufgaben im Bereich der Sonderabfälle und bei der Klärschlammverwertung gebraucht werden.Mit der Novelle wollen wir zweitens erreichen, daß die Verwertung von Klärschlamm in größtmöglichem Umfang gewährleistet wird. Zugleich aber muß hinreichend gesichert sein, daß die landwirtschaftlich, gärtnerisch und forstwirtschaftlich genutzten Böden von übermäßigen Schwermetallbelastungen frei bleiben. Die Ergänzung der Ermächtigungsgrundlage in § 15 schafft die Voraussetzung dafür, die notwendigen Kontrollen zentral dort anzusetzen, wo die Klärschlämme erzeugt und zum Aufbringen abgegeben werden, nämlich bei den Betreibern von Kläranlagen.Die Probleme in diesem Bereich drängen. Deshalb wird der Bundesinnenminister den bereits vorliegenden Entwurf einer Verordnung über das Aufbringen von Klärschlamm auf Nutzböden unmittelbar nach Abschluß der Beratungen dieses Gesetzes dem Bundesrat zuleiten. Diese Verordnung wird Grenzwerte für die Schwermetalle, insbesondere für Kadmium enthalten. Damit leisten wir einen wichtigen Teilbeitrag zum immer dringlicher werdenden Anliegen des Bodenschutzes.Die Bundesregierung hat bereits in der letzten Wahlperiode vorgeschlagen, ein Verwertungsgebot im Abfallbeseitigungsgesetz zu verankern. Wir haben dieses Vorhaben, das in dem jetzigen Gesetzentwurf nicht — noch nicht — enthalten ist, keineswegs zu den Akten gelegt. Hier ist aber noch weitere Arbeit erforderlich. Deshalb haben wir die Regelung der besonders drängenden Probleme, insbesondere im Bereich der Klärschlammverwertung, vorgeschaltet.Ziel einer dritten Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz wird es sein, das Verwertungsgebot zu verwirklichen. Hierzu halten wir eine stärkere Integration der Abfallverwertung in das Gesamtkonzept der Abfallentsorgung für unabdingbar. Wir werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen, daß bei der Verwirklichung dieses Konzepts privatwirtschaftliche Tätigkeit — ohne Verzicht auf die gegenwärtige Ausgestaltung der Abfallbeseitigung als Hoheitsaufgabe — Vorrang erhält. — Vielen Dank.
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Im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Debattenrunde vereinbart worden. Ich sehe, es erhebt sich dagegen kein Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner das Wort dem Herrn Abgeordneten Volmer.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Inhalt des vorliegenden Minigesetzentwurfes lohnt kaum eine Diskussion und so haben wir auch gesehen, daß Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler im Prinzip zu dem gesprochen hat, was in einer dritten Novelle noch zu regeln ist bzw. was möglicherweise durch diese zweite Novelle im Bereich der Klärschlämme geregelt werden könnte.
Die hier in diesem Gesetzentwurf vorliegenden Änderungen dürften kaum kontrovers sein, wie auch das Abfallbeseitigungsgesetz es nicht war.Den Bedenken des Bundesrates hat die Bundesregierung weitgehend Rechnung getragen. Insbesondere ist die Bundesregierung bereit, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommenen Abfallstoffe aus bergbaulichen Betrieben auch dann ausgenommen bleiben sollen, wenn sie den vom Bergrecht geregelten Bereich verlassen. Ich bitte die Bundesregierung, diese Klärung bis zur Beratung im federführenden Innenausschuß herbeizuführen. Dabei sollte sie allerdings berücksichtigen — und ich sage das als ein im Ruhrgebiet wohnender Abgeordneter —, daß alle Landschaften gleich behandelt werden sollten. Wenn hier eine Ausnahme von der Gleichbehandlung erfolgen würde, müßte man die Lokalisierung des Verbringens von Abfällen bei allen Abfallarten — auch beim Sondermüll — lokal genauso regeln.Die Bundesregierung hat auf den Vorschlag des Bundesrates, eine Änderung zu § 7 vorzusehen, geantwortet, daß dieser Tatbestand — gemeint sind hi er unter anderem Müllverbrennungsanlagen, Kompostwerke, Pyrolyse-Anlagen, Feuerungsanlagen usw. — im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt werden soll. Nun wissen wir alle, daß das Änderungsgesetz zum Bundesimmissionsschutzgesetz in der vergangenen Legislaturperiode nicht weiterverfolgt wurde, weil die Sachverständigen im Anhörungsverfahren die geringe Qualität des Entwurfes allgemein bestätigt haben.
Darum möchte ich die Frage an die Bundesregierung stellen, wann sie denn mit einem besseren Entwurf zu Potte kommt. Heute rühmt sie sich j a zum Teil, daß sie dieses Gesetz nicht weiterverfolgt hat. Was soll aber der Hinweis auf eine Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz, wenn eine Novellierung vorerst nicht vorgesehen ist?Der wichtige Bereich der Klärschlämme — hier folge ich Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler — ist inzwischen zu einem Riesenproblem geworden. Die Gemeinden mit dichter Besiedlung weigern sich zu Recht, Klärschlämme in ihrem Bereich aufbringen zu lassen. Deshalb sollte der Innenminister dem Hinweis der Bundesregierung zu Ziffer 5 der Stellungnahme des Bundesrats folgen und die Klärschlammverordnung unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes vorlegen. Dabei bitte ich den Innenminister, den Verordnungsentwurf dem Innenausschuß zu einer gutachtlichen Stellungnahme zu überlassen.Uns interessieren hier insbesondere die von ihm vorgelegten Kadmiumwerte. Sie interessieren uns deshalb so sehr, weil gerade der Innenminister durch den Kadmium-Bericht zu Beginn dieses Jahres in einem Übermaß eine Kadmium-Angst erzeugt hat. Wir würden gerne sehen, ob die in dieser Klärschlammverordnung festgelegten Kadmiumwerte in Übereinstimmung stehen mit dem, was bisher dazu gesagt worden war.Nun wird die Vorlage des Gesetzentwurfes unter anderem damit begründet, daß nur dadurch die Abgabe von Klärschlamm zum Zwecke der Aufbringung von einer Rechtsverordnung erfaßt werden könne. Meines Erachtens war das auch bisher nach § 15 Abs. 2 des Abfallbeseitigungsgesetzes möglich. Dieser Paragraph besagt:Der Bundesminister des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den Bundesministern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Jugend, Familie und Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates . .. Vorschriften über das Aufbringen der in Absatz 1 genannten Stoffe ... zu erlassen.In Abs. 1 des § 15 aber ist Klärschlamm ausdrücklich aufgeführt. Nach meinem Dafürhalten hätte also die Klärschlammverordnung, die gerade als so dringend dargestellt wurde — ich unterstreiche das —, lange erlassen sein können.So weit zum vorliegenden Gesetzentwurf, der meines Erachtens ohne große Probleme verabschiedet werden könnte, wenn es sich lohnen würde; aber der Inhalt, meine Damen und Herren, lohnt kaum die Beratung.Aus versandten Papieren — Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler hat vorhin darauf hingewiesen — geht hervor, daß das Innenministerium bereits Überlegungen zu einer weiteren Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz angestellt hat. Hier stellt sich für uns natürlich mit Recht die Frage, warum man mit der zweiten Novelle eine solche Mini-Lösung vorlegt, wenn zum Zeitpunkt der Vorlage bereits an der dritten Novelle gearbeitet wird.
Im Sinne der Eindämmung einer Gesetzesflut wäre es rationeller und sinnvoller gewesen, alle zu regelnden Tatbestände in einer einzigen Novelle zusammenzufassen. Wir alle wollen doch weniger Gesetze und nicht mehr; wir wollen nicht durch ständige Novellierungen zur Rechtsunsicherheit beitragen, wir alle wollen weniger und bessere Gesetze.Zu meiner großen Freude, meine Damen und Herren, kann ich feststellen, daß der Kollege Jansen, der ja vorhin darauf hingewiesen hat, daß die anderen Mitglieder des Hauses in ihren Arbeitszimmern dasVolmerUmweltgutachten über die Nordsee lesen, sich nun ebenfalls ins Arbeitszimmer begeben hat, um die vorliegende Novelle durchzulesen.
— Ja, Herr Wehner, vielleicht sagen Sie es ihrem Kollegen, der vorhin die Kritik vorgebracht hat. — Wenn man die große Anzahl der produzierten Gesetzentwürfe sieht, wird man den Verdacht nicht los, daß die Leistung der Ministerialbürokratie nach der Anzahl der vorgelegten Gesetzentwürfe bewertet wird wie die Polizei nach der Anzahl der „Knöllchen". Von dieser Bemessungsgrundlage, meine Damen und Herren, muß man herunter; sonst werden wir die Gesetzesflut nicht verringern können.
Die Regierung hat inzwischen eingesehen, daß es nicht alleine auf die Abfallbeseitigung ankommt, sondern daß dabei auch eine abfallwirtschaftliche Seite zu berücksichtigen ist. Die Verknappung aller Rohstoffe macht es erforderlich, daß man mit diesen Gütern sparsam umgeht und sie, soweit es möglich ist, rückgewinnt und wiederverwendet. Hier ist insbesondere auf die kaum noch zu verantwortende Einwegpackung hinzuweisen. Einwegpackungen vervielfältigen das Abfallvolumen und schwächen die Rohstoffversorgung. Es mag sein, daß Recyclingprodukte geringere Marktchancen haben; wenn das aber so ist, sollte man im Bereich der Verpackungen und Behältnisse zu Mehrwegprodukten kommen. Das gilt ganz besonders für Flaschen.
— Ich verstehe gar nicht Ihre Heiterkeit. Ich sprach von Glasflaschen; damit es keine Mißverständnisse gibt.Das Innenministerium verweist darauf, daß Vorschriften des Steuerrechts Aktivitäten zur Abfallverwertung bremsen. Ich wäre dankbar, wenn der Innenminister diesen Hinweis einmal konkretisieren könnte, um dem Parlament die Möglichkeit zu geben, daraus die notwendigen Folgerungen zu ziehen.Wir begrüßen die Erkenntnis der Bundesregierung, daß das Abfallbeseitigungsgesetz hinsichtlich der Verwertung der Abfälle allein durch die öffentliche Hand sehr mißverständlich war. Auf diese Tatsache haben wir in der bisherigen Diskussion stets hingewiesen und auf eine stärkere Beteiligung der privaten Abfallbeseitigung gedrängt. Wenn die Regierung nun hierzu bereit ist, stellt sich allerdings die Frage, warum diese Regelung bis in die dritte Novelle verschoben werden soll und nicht jetzt vorgenommen wird.Wir halten es für dringend geboten, die Begriffe „Abfall" und „Wirtschaftsgut" im Rahmen einer wirtschaftlichen Abfallbeseitigung eindeutig zu klären.Wenn es richtig ist, daß die Rohstoffe immer knapper werden, muß man daraus zwangsläufig folgern, daß Reststoffe Wirtschaftsgüter sind, die einer Wieder- oder Weiterverwendung zugeführt werden müssen. Ich meine, daß bei der Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abfällen private Abfallverwertungsgesellschaften wertvolle Hilfe geleistet haben. Darum ist es, so denke ich, richtig, diesen Verwertungsbetrieben einen Vorrang bei der Rückgewinnung und der Verwertung einzuräumen.Meine Damen und Herren, die Probleme der Abfallbeseitigung nehmen immer mehr zu. Mit Interesse sehen wir daher der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion zu diesem Bereich entgegen.
Zwar hat sich das Ministerium noch Bedenkzeit erbeten, aber wir wären dankbar, wenn die Antwort bis zur Beratung der Novelle vorliegen könnte.Speziell die Probleme des Sondermülls spielen in der Öffentlichkeit eine große Rolle, besonders dann, wenn Unternehmen diesen Sondermüll ungeordnet und unerlaubt ablagern. Die Verbringung von Klärschlamm gehört in diesen Problemkreis. Wir bedauern deshalb sehr — das habe ich vorhin schon gesagt —, daß die Verordnung nicht bereits vorliegt.Die öffentliche Diskussion befaßt sich verstärkt mit der Form der Abfallbeseitigung. Die Bevölkerung fragt nach der besten Lösung. Ist es die geordnete Ablagerung? Ist es die Kompostierung? Oder ist es die Verbrennung? Wir erwarten eine baldige Antwort der Regierung auf diese Fragen.
— Ich frage die Regierung! Da ich der Regierung nicht angehöre, bin ich, Herr Kollege, auch nicht verpflichtet, die Antwort zu geben. Dafür werden die Herren ja bezahlt. Im Gegensatz zu den Abgeordneten dieses Hauses, die freiwillig auf eine Erhöhung verzichtet haben, nehmen sie ja mit 4 % an der Gehaltserhöhung teil: da werden wir sicherlich auch eine Antwort erwarten können.
Meine Damen und Herren, diese Antwort wird man sicher nur dann geben können, wenn die Bundesregierung Forschungs- und Entwicklungsvorhaben fördert. Hierüber würden wir von der Bundesregierung gern etwas mehr hören; wir würden gern wissen, welche konkreten Empfehlungen die Bundesregierung auf Grund solcher Forschungsvorhaben geben wird.Offen ist für uns auch die Frage, ob Abfälle zur Beseitigung oder Aufarbeitung in die Bundesrepublik verbracht wurden. Ist die Abfalleinfuhrverordnung hier ausreichend? Die gleiche Frage könnte man in bezug auf die Ausfuhr stellen.Meine Damen und Herren, in den Gemeinden werden heute häufig Behälter für die Einsammlung von wiederverwendbarem Altglas aufgestellt. Da es sich um Behältnisse der Verwertungsgesellschaften
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Volmerhandelt, entstehen den Gemeinden dadurch keine Kosten. Ich frage die Bundesregierung, ob sie die Möglichkeit sieht, dahin zu wirken, daß ähnliche Behältnisse auch für das Einsammeln von Papier, Textilien, Altöl und anderen zur Wiederaufbereitung vorgesehenen Abfällen oder Wirtschaftsgütern bereitgestellt werden können.Es gibt eine Reihe von Abfällen, deren Beseitigung möglicherweise für die Biosphäre schädlich ist. Sieht die Bundesregierung hier die Möglichkeit einer besseren Erfassung mit dem Ziel einer schadlosen Beseitigung? Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß derartige Schadstoffe in Haushalten möglichst nicht mehr verwendet werden können?Ich komme zum Schluß. Bei der Abfallbeseitigung sind — mit dieser Aussage folge ich dem Herrn Vorredner — noch zahlreiche Fragen offen. Die vorliegende Novelle ist nur ein winziger Schritt zur Lösung der anstehenden Abfallprobleme. Die CDU/ CSU-Fraktion wird im Prinzip jeden Schritt mitgehen, der geeignet ist, die Umwelt weniger zu belasten. Ich mache aber keinen Hehl daraus, daß ich meine: Es wäre uns lieber, wenn an Stelle der Novellierung in kleinen Schritten in einem umfangreicheren Gesetz alle zur Zeit bekannten regelungsbedürftigen Tatbestände erfaßt würden. Darum fordere ich den Herrn Innenminister auf, zur Beratung im Innenausschuß eine Übersicht der Fragen vorzulegen, die regelungsbedürftig sind. Gemeinsam sollten wir dann prüfen, ob der jetzige Gesetzentwurf angereichert werden kann oder ob die Regierung ihn von sich aus zurückzieht und durch einen neuen, erweiterten ersetzt.Wir, meine Damen und Herren, sind hier zur positiven Mitarbeit bereit.
Der nächste Redner ist die Frau Abgeordnete Dr. Hartenstein. Ich erteile ihr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zweite Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes hat, auf den ersten Blick gesehen, zweifellos den Charakter einer Mini-Novelle. Ihrer Auffassung allerdings, Herr Kollege Volmer, daß es sich deshalb nicht darüber zu reden lohne, kann ich nicht folgen. Ich hoffe, im Verlauf meiner Ausführungen darlegen zu können, daß es sich lohnt, darüber zu reden, ja, daß es dringend notwendig ist.Gewiß ist die dritte Änderung bereits angekündigt, und eine vierte wird folgen. Warum ist das so? Wenn ich das sage, ist das nicht ironisch gemeint. Es ist vielmehr ein Ausdruck der Tatsache, daß wir erst nach und nach gewahr werden, welche Gefahren und Belastungen wir unserer Umwelt und damit uns selbst zumuten; daß wir erst nach und nach merken, mit wie vielen Problemen unsere Wirtschaftsweise verbunden ist.Vor fünf Jahren, bei der ersten Novellierung des Abfallbeseitigungsgesetzes, an der Sie ja mitwirkten, war offenbar noch nicht klar ersichtlich, daß sich bestimmte Schadstoffe, insbesondere Schwermetalle wie Blei, Kadmium, Nickel, Chrom, Quecksilber und andere, in so großer Menge in den Klärschlämmen finden würden und sich so stark im Boden anreichern, daß die darauf angebauten Früchte und Gemüse nicht mehr zum Verzehr geeignet sind.An diesem Beispiel lernen wir allmählich, daß — leider! — nichts verlorengeht, am allerwenigstens die Schadstoffe. Alle von uns in die Umwelt entlassenen Gifte holen uns wieder ein, bedrohen unsere Gesundheit. Schutz des Bodens ist deshalb Schutz der Gesundheit. So gesehen, meine Damen und Herren, ist die Festsetzung von Belastungsgrenzwerten und die Verschärfung der zulässigen Grenzwerte beileibe keine Mini-Maßnahme, sondern eine, so möchte ich fast sagen, lebenswichtige Angelegenheit. Auch ein winziger Schritt, Herr Kollege Volmer, kann manchmal entscheidend sein.
Die zweite Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes ist auch eine dringliche Gesetzesvorlage. Alarmierende Vorfälle im Raum Hagen, im westfälischen Ruhrtal, am unteren Neckar in Baden-Württemberg sind seit geraumer Zeit bekannt; das ist wahr. Sie zwingen zum Handeln. Gerade deshalb hatte die Bundesregierung mit Datum vom 3. April 1980, meine Damen und Herren von der Union, — mit Datum vom 3. April 1980! —, bereits einen Gesetzentwurf zur Novellierung eingebracht in der Hoffnung, daß er noch in der letzten Legislaturperiode verabschiedet werden könnte. Es waren aber die Vertreter der Opposition, die dieses Vorhaben buchstäblich in letzter Minute zu Fall brachten,
indem sie nämlich eine Anhörung wegen der vorgesehenen Änderung des § 3 verlangten, die gerade das wollte, was Sie jetzt wieder gefordert haben, nämlich eine Ausdehnung der Wiederverwertung von Abfällen. Sie wußten so gut wie wir, daß Bundestagswahlen bevorstanden. Sie wußten so gut wie wir, daß es seine Zeit dauern würde, bis ein neuer Gesetzentwurf eingebracht werden könnte, und daß das Übel in der Zwischenzeit bestehenbleibt. Deshalb halte ich es nicht für angebracht, heute Krokodilstränen zu weinen.
Ich kann es absolut nicht leiden, wenn notwendige Vorhaben zuerst blockiert werden und nachher scheinheilig darüber gejammert wird, daß nichts passiert.
In diesem Zusammenhang finde ich es nicht ganz in Ordnung, wenn nun der holländische Giftmüllskandal von der Union zum Anlaß genommen wird, um die Bundesregierung auf behauptete Versäumnisse im Abfallbereich hinzuweisen. Der umweltpolitische Sprecher Ihrer Fraktion, Herr Kollege Spranger — er ist gerade nicht da —, schreibt am 26. August im Pressedienst der Union:Seit Jahren wird auf die problematischen Entwicklungen im Abfallbereich hingewiesen.
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Frau Dr. HartensteinNun, wir wären schon ein gutes Stück weiter — ich muß es noch einmal betonen — auch in der Förderung der Recycling-Wirtschaft, wenn Sie nicht im letzten Sommer „Das Ganze halt" geblasen hätten.
Vollends verwundert, Herr Miltner, muß ich den Kopf schütteln, wenn ich in Ihrer umfangreichen Kleinen Anfrage z. B. die Frage 6 lese: „Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Abfallverursacher bei ihren Anstrengungen zur Vermeidung von Abfall und beim Recycling zu unterstützen oder sie zu größeren Anstrengungen zu veranlassen?" Solche Möglichkeiten zu suchen und solche Wege, wenn sie für tauglich befunden würden, zu beschreiten war gerade der Zweck der vor anderthalb Jahren eingebrachten Novelle.Ganz neue Töne sind übrigens auch z. B. in Frage 18 zu vernehmen — dies zu erwähnen, kann ich mir nicht verkneifen — wo von denjenigen, die vor anderthalb Jahren durch den Gesetzesvorschlag des Innenministers die ganze private Abfallwirtschaft bedroht sahen, nunmehr angesichts des in der Altpapierverwertung herrschenden Stoßgeschäfts von der Bundesregierung Auskunft darüber begehrt wird, wie sie die weiteren Einsatzmöglichkeiten und deren Wirtschaftlichkeit konkret beurteile. Ich denke doch, Ihrer Auffassung nach macht dies alles der Markt viel besser!Jetzt muß ich noch eine Bemerkung in Richtung Bundesregierung hinzufügen, und zwar ein Wort zur vorgesehenen Einschränkung der Genehmigungsbedürftigkeit von Abfalltransporten. Genehmigungen sollen künftig entfallen können beim Einsammeln und Befördern von Hausmüll, Sperrmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, Erdaushub, Straßenaufbruch und Bauschutt. Bei den drei letzten Kategorien wird die Einschränkung gemacht: „Soweit diese nicht durch Fremdstoffe, wie Chemikalien, verunreinigt sind". Hier ist ein Fragezeichen zu setzen. Hier sollten wir, meine ich, Behutsamkeit walten lassen. Ohne Rückkoppelung mit den Landkreisen und Kommunen als den für die Abfallbeseitigung Verantwortlichen sollte nicht mit einem Federstrich eine Überwachungsmöglichkeit einfach weggenommen werden, schon gar nicht auf dem Hintergrund solcher Skandale, wie sie sich die sogenannte Entsorgungsfirma UNISER-Holding in den Niederlanden geleistet hat. Wo ist denn Erdaushub, Straßenaufbruch, Bauschutt noch dem — nicht verunreinigten — Hausmüll zuzurechnen, und wo beginnt bereits der Sondermüll? Wer kontrolliert und wer beurteilt die Abgrenzung? Man sollte hier keine Grauzone schaffen, in der sich Gefahren für Mensch und Umwelt verbergen können, auch nicht um den Preis einer an sich durchaus erwünschten Verwaltungsvereinfachung. Hier gilt es also zu prüfen. Ich denke, wir werden es gemeinsam tun.Die dritte Novelle ist, wie ich schon sagte, angekündigt. Sie zielt auf eine verstärkte Wiederverwertung von Abfällen. Der Schritt von der bloßen Abfallbeseitigung zur Abfallwirtschaft wurde bereits 1975 mit dem Abfallwirtschaftsprogramm der Bundesregierung getan, das seither als Leitlinie gilt. Es ist also nicht nötig, Herr Kollege Volmer, die Bundesregierung heute dazu aufzufordern, endlich diesen entscheidenden Schritt von der bloßen Beseitigung zur Wiederverwertung zu tun. Sie hat dies bereits einige Jahre früher gemerkt.
— Danke schön für die Bestätigung, Herr Miltner. —
Dieser Schritt weist in die richtige Richtung, nämlich in die Richtung Ressourcenschonung, Energieeinsparung, weg von der Verschwendungswirtschaft. Da sind wir uns sicherlich wieder einig.Weil dies so ist, dürfen wir uns auch nicht um unangenehme Dinge wie den § 14 herumdrücken, der die Einwegverpackungen behandelt. Solange allein auf dem Getränkemarkt jährlich rund zwei Milliarden Bier- und Erfrischungsgetränkeflaschen anfallen, dazu noch 1,5 Milliarden Getränkedosen, die ausschließlich für den einmaligen Gebrauch bestimmt sind und die nachher in die Müllhalde wandern, so lange kann wohl nicht im Ernst davon die Rede sein, daß wir mit der Rohstoff- und Energieverschwendung Schluß zu machen bereit wären. Hier gibt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, aber auch viel Mut zu zeigen, gerade auf der Seite der Politiker, um nicht durch eine falsch angelegte Ideologiediskussion, z. B. unter dem Motto „Der Markt regelt das alles viel besser", einen als richtig erkannten Weg zu verpassen. Lassen Sie uns das Problem gemeinsam anpacken und lösen! — Danke schön.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Lieber Kollege Volmer, ich will mich gern dem Wunsch anschließen, es kurz zu machen, möchte aber vor meinen übrigen Ausführungen folgendes anmerken. Sie haben gesagt, es sei ein Minivorhaben. Wir haben gerade festgestellt, daß es weniger Bürokratie bringt. Es gibt in Ihrer Fraktion eine Kommission, die sich extra damit beschäftigt, Gesetze daraufhin zu überprüfen, ob sie weniger Bürokratie verursachen. Wir hatten das schon einmal — Herr Dr. Miltner erinnert sich — im Zusammenhang mit der berühmten Schneckenverordnung des Landes Baden-Württemberg. Wenn wir nun hier ein Gesetz haben, das weniger Bürokratie bringt, dann haben Sie es entweder Ihrer Kommission nicht vorgelegt — sonst hätte sie es loben müssen —, oder Sie haben den Zweck dieser Kommission nicht erkannt. Ich meine, wir sollten sehen, daß wir hier gerade im Umweltschutzbereich weniger Bürokratie, weniger Genehmigungsverfahren bekommen. Ich bin da nicht ganz der Meinung der geschätzten Kollegin Dr. Hartenstein. Wir sollten hier die Unterschiede nicht als zu diffizil herausstellen. Gerade diese Bereiche, die hier genannt sind, sind nicht diejenigen, die den Giftmüllskandal in Holland ausmachen. Dort handelte es sich tatsächlich um genehmigungsbedürfti-
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Wolfgramm
gen Sondermüll. Hier geht es wieder um die Abgrenzung, die uns die Bürokratie, wenn wir nach Ihrer Vorstellung verfahren, wieder ins Haus holt. Auch in diesem Punkt begrüße ich die Vorlage.Da es nicht mehr üblich ist, mit Genehmigung des Präsidenten zu zitieren, Herr Präsident, darf ich das in eigener Verantwortung tun:Der Übergang von der Abfallbeseitigung zur Abfallwirtschaft muß konsequent vollzogen werden. Das Abfallwirtschaftsprogramm der Bundesregierung ist dementsprechend fortzuschreiben und in Programme der einzelnen Bundesländer umzusetzen.— Herr Kollege Volmer, Sie sind aufgerufen, das in Ihren Ländern, z. B. gerade in Baden-Württemberg, das da noch einen gewissen Nachholbedarf hat, zu tun. —
Ich zitiere weiter:Die Menge des Abfalls ist durch die Förderung abfallarmer Produktionsverfahren zu vermindern. Die Wieder- und Weiterverwendung der in den einzelnen Abfällen enthaltenen Rohstoffe ist zu verbessern. Abfälle sind zu verwerten, soweit dies wirtschaftlich möglich ist.Dem Kundigen erschließt sich nach diesem Zitat, daß es sich um das Ökologieprogramm der Freien Demokraten handelt, das wir sorgfältig behandelt und verabschiedet haben. Deswegen sind wir sehr froh, daß wir im Hinblick auf dieses Programm wieder ein Stück weiter marschieren.Was uns natürlich — wie sicher auch Ihnen — fehlt, ist das, was in der dritten Novelle geregelt werden soll. Kollege Volmer, Sie und die anderen Kollegen der CDU/CSU haben mehr Information durch ein Hearing gefordert. Wir haben uns dem angeschlossen; denn mehr Information ist immer gut und nützlich. Nur kann man nicht diese Mehrinformation fordern und dann schon ohne diese Information Schritte einleiten und Wege begehen wollen, die man gerade erst durch das Hearing vielleicht intensiver und differenzierter gewiesen haben will. Ich glaube, wir sollten diese Zeit noch abwarten und hier auch keine voreilige Kritik üben.Die Umweltministerkonferenz wird sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen. Ich möchte anregen, daß die Umweltministerkonferenz, bevor sie sich mit dem Kadmium-Problem beschäftigt, noch das Hearing abwartet; denn Doppelbefassung soll auch in diesem Bereich nicht nützlich sein. Dies sage ich als Anregung auch an die Bundesregierung, ihre Hilfe für diese zeitliche Abstimmung dabei einzubringen.Zum Schluß möchte ich auf die besondere Problematik hinweisen, die gerade das Kadmium in diesem Bereich mit sich bringt. Es hat in den Kommunen eine Fülle von Problemen gegeben, wenn Klärschlamm aufgebracht worden war und die Untersuchungen gezeigt haben, daß die Kadmium-Werte weit über das zulässige Maß hinausgegangen sind. Es wäre nützlich, den Boden, auf den dieseSchlämme aufgebracht werden, vorher zu untersuchen, damit bereits belastete Böden nicht zusätzlich, sozusagen kumulativ, belastet werden.
Ich wäre dankbar, wenn sich die Bundesregierung trotz des Widerstandes der CDU-regierten Länder dieses Problems noch einmal annähme. Ich meine, daß der Bundestag insgesamt hier Hilfe leisten könnte und sollte.
Dieser Hoffnung gebe jedenfalls ich mich noch hin.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 9/667 an den Innenausschuß — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit zu überweisen. Das Haus ist damit einverstanden? — Dann ist das so beschlossen.Ich rufe jetzt Punkt 26 der Tagesordnung auf:a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die BundesregierungBericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1978"— Drucksachen 8/4101, 9/726 —Berichterstatter:Abgeordnete Jansen Dr. Laufsb) Beratung des Berichts der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1979"— Drucksache 9/644 —Überweisungsvorschlag des Altestenrates:Innenausschuß
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für Forschung und TechnologieInterfraktionell ist zu Punkt 26 a und 26 b der Tagesordnung eine verbundene Aussprache mit einer Debattenrunde vereinbart worden. — Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.Zur Einbringung des Berichts der Bundesregierung wird das Wort ebenfalls nicht gewünscht.Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat Herr Dr. Laufs das Wort.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gerade zwanzig Jahre her, seit in der Bundesrepublik Deutschland zum erstenmal Strom aus einem Kernkraftwerk in ein öffentliches Netz eingespeist wurde. Die Abgabe radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen und ihre Wirkungen auf den Menschen finden seit den sechziger Jahren eine besorgte öffentliche Aufmerksamkeit. Sie stehen auch ganz im Mittelpunkt der Berichte der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über Umweltradioaktivität und Strahlenschutz.Wer insbesondere die großen, neben den Kurzfassungen erscheinenden Jahresberichte studiert, muß sich jedoch fragen: Warum will es in unserem Land nicht gelingen, der Bevölkerung die so simple Tatsache zu vermitteln, daß die von unseren Kernkraftwerken in zwanzig Jahren freigesetzte Radioaktivität absolut unbedeutend, vernachlässigbar, schlicht und einfach: ungefährlich ist? Woher kommt es, daß die Strahlenbelastung aus der Kerntechnik immer noch völlig emotional und nicht nach ihrer tatsächlichen Größe beurteilt wird? Weshalb werden bei den Atomkraft-Diskussionen draußen diese sorgfältigen und überzeugenden Berichte nicht verbreitet und zitiert?In ihnen findet man so anschauliches Material wie dieses: Wer einer extremen Lebensführung folgt und jährlich 39 kg Fische verzehrt, die alle im Kühlwasserauslauf deutscher Kernkraftwerke mit all seinen radioaktiven Abwässern leben und gefangen werden, setzt sich einer erhöhten Strahlenbelastung aus, die um den Faktor 1000 kleiner ist als die bei einem Umzug von Bremen ins Saarland oder in den Bayerischen Wald. Die terrestrische Strahlenbelastung ist dort bekanntlich etwas höher als im Bundesdurchschnitt, gegenüber den Welthöchstwerten in Indien oder Brasilien aber immer noch sehr gering.Aus geschichtlicher Erfahrung wissen wir, daß selbst die hohen Schwankungsbreiten der Radioaktivität aus der Erde für den Menschen ohne jede erkennbare Wirkung sind. Wissenschaftler aller Länder haben sich viele Jahrzehnte lang bemüht, konnten aber keinen statistisch wahrnehmbaren Zusammenhang zwischen den größten Unterschieden der natürlichen Strahlenexposition und der Häufigkeit krebsartiger Krankheiten wie z. B. Leukämie feststellen.Wir entnehmen dem umfangreichen Zahlenwerk des Jahresberichts über Umweltradioaktivität, daß bei der Überwachung der bodennahen Luft in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen Einzelnuklide bis hin zu Bruchteilen von Femtocurie pro Kubikmeter im Jahres- bzw. Monatsdurchschnitt ermittelt wurden. Die physikalische Größe Femtocurie legt sich dabei beunruhigend auf das Gemüt des Laien. Was verbirgt sich dahinter? Man hat ja seine Schwierigkeiten, kleinere Teile als Mikroeinheiten, also Millionstel Einheiten, zu erkennen. Der Ingenieur weiß vielleicht noch mit Nano- und Pico-Einheiten umzugehen. Aber „Femto" bedeutet nur den Faktor 10 —15 oder ein Billiardstel einer Einheit.Bezogen auf die Umgebungsüberwachung heißt das, daß man pro Kubikmeter Umgebungsluft tagelang auf einen Atomzerfall eines bestimmten vom Kraftwerk abgegebenen Nuklids warten muß. Zum Vergleich: In einem Liter Trinkmilch ereignen sich naturgegeben etwa 50 Kernumwandlungen je Sekunde, in einem Kilo Speisekartoffeln über 100 atomare Zerfälle je Sekunde. Im menschlichen Körper kommt es ganz natürlich zu Tausenden von Atomzerfällen in jeder Sekunde, und gleichzeitig wird er von vielen hundert ionisierenden Teilchen aus dem Weltraum und aus der Erde getroffen, ohne daß seine Gesundheit dabei leidet. Schäden beginnen erst bei sehr viel stärkerer Exposition, bei hundert- bis tausendfach höheren Dosen in Erscheinung zu treten.Meine Damen und Herren, ich möchte mit diesen Zahlen die Reichweite und Genauigkeit der in unserem Land betriebenen Umgebungsüberwachung verdeutlichen, die es erlaubt, geringste Spuren von Radioaktivität durch Messung und Ausbreitungsrechnung zu ermitteln.Da eine äußere oder innere Bestrahlung des menschlichen Körpers aus künstlichen radioaktiven Quellen bei gleicher Äquivalentdosis, d. h. bei Berücksichtigung von Strahlenart und -energie, Dosisleistung und -verteilung, praktisch die gleiche biologische Wirkung wie die natürliche radioaktive Bestrahlung hat, kommt die Bundesregierung zu folgendem Ergebnis. Die mittlere Strahlenexposition für sämtliche relevanten Expositionspfade, konservativ berechnet für den ungünstigsten Aufpunkt, beträgt in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke durch die Abgabe radioaktiver Stoffe mit der Abluft etwa ein Zehntausendstel der durchschnittlichen natürlichen Strahlenexposition durch kosmische und terrestrische Strahlung sowie durch inkorporierte natürlich radioaktive Stoffe. Da die Schwankungsbreite der natürlichen Radioaktivität, die auf den Menschen wirkt, je nach Höhenlage und geologischer Beschaffenheit des Ortes sowie je nach Lebensgewohnheit verhältnismäßig groß ist, geht diese theoretisch mögliche zusätzliche Belastung darin völlig unter.Diese Fakten sind seit langem bekannt; sie werden von den vorliegenden neuen Berichten der Bundesregierung wieder einmal eindrucksvoll bestätigt und bekräftigt.Was sollen nun die Leute davon halten, wenn sich auf Betreiben der Koalition die wiedereingesetzte Kernenergie-Enquetekommission die zusätzliche Aufgabe stellt, das Risiko der radioaktiven Strahlung aus kerntechnischen Anlagen zu untersuchen? Ausgerechnet aus zivilen kerntechnischen Anlagen! Die Öffentlichkeit kann dann doch nur den Schluß ziehen: Hier sind besonders ernste, langfristig wirksame Gefahren.Gewiß, es gibt eine Fülle von Pseudoradiologen, die ihre Unwahrheiten und Fälschungen in breite Bevölkerungsschichten hineintragen. Es ist auch zu vermuten, daß viele Menschen versucht sind, ihre unbestimmten Zukunftsängste auf bekannte Gefahren unserer technischen Zivilisation zu projizieren. Das Atom, die Radioaktivität und das ganze Umfeld
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Dr. Laufder Kerntechnik spielen dabei eine Schlüsselrolle. Aber dieses Parlament darf solchen Formen der Angstbewältigung nicht Vorschub leisten. Sie führen noch mehr in die Irre. Wir dürfen Inkompetenz nicht aufwerten. Was eindeutig als falsch und unwissenschaftlich erkannt ist, sollte nicht über demokratische Meinungsbildungsprozesse wieder gleichen Rang und Beachtung zugemessen erhalten. Das kann nur der wollen, der ein Kernenergiegegner ist.In diesem Zusammenhang muß festgestellt werden: Es ist eine ganz üble Geschichte, daß die Bundesregierung auch solche ökologischen Institute mit Zuwendungen in Millionenhöhe bedenkt, die mit ihren unseriösen Praktiken nichts als Angst und Unruhe in der Öffentlichkeit schüren.
Zugegeben — ich weiß das natürlich auch —, die Folgenabschätzung von langfristig wirkenden radioaktiven Strahlenbelastungen in kleinen zusätzlichen Dosen ist bis heute nicht möglich, weil akute Schäden nicht entstehen und das Hilfsmittel der Statistik auch langfristig über strahleninduzierte Krebs- und Erbkrankheiten keinen Aufschluß gibt.Aber das ist nicht der Punkt, da die Art der Strahlenquellen, ob Röntgenapparat, Höhenstrahlung, Uran in der Erde, Kalium in der Nahrung oder Kernkraftwerke, bei gleicher Äquivalentdosis für die biologische Wirkung unerheblich ist, bleibt die entscheidende Frage: Warum verengt sich der Blick so ausschließlich auf die extrem geringe Strahlung aus den kerntechnischen Anlagen? Ich möchte dies am Beispiel der erörterten Berichte der Bundesregierung noch deutlicher machen. Der für 1978 vorliegende vollständige Jahresbericht enthält Tausende von Meß- und Rechenergebnissen im Zusammenhang mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Ihre Bewertung ist eindeutig und beruhigend.Der umfangreiche Bericht handelt aber nur mit wenigen Zeilen ein Phänomen ab, das im Vergleich mit der Strahlenexposition in der Umgebung von Kernkraftwerken die tausendfache Beachtung verdiente. Es ist die Strahlenbelastung in wärmedichten Wohnungen. Praktisch alle handelsüblichen Baustoffe wie Beton, Chemiegips, Rotschlamm-Ziegel, Schlackensteine, Granit usw. enthalten je nach Herkunft in unterschiedlichem Maße die radioaktiven Elemente Uran und Thorium. Bei deren natürlichem Zerfall bilden sich in den Baumaterialien gasförmige radioaktive Isotope des Edelgases Radon. Dieses radioaktive Radon diffundiert aus dem Innern der Wände, Böden und Decken nach außen in die Raumluft und wird mit dieser eingeatmet. Je weniger gelüftet wird, desto länger bleibt die warme Raumluft im Haus. Deshalb wird in den Energiesparfibeln der Bundesregierung das Abdichten der Fensterritzen und Türschwellen empfohlen. In wärmedichten Häusern hat man die Luftwechselrate gegenüber den üblichen Werten bis auf ein Fünftel vermindert. In diesem Fall steigt aber auch die Radonkonzentration auf etwa das Fünffache an und damit die Ganzkörperdosis aus der erhöhten Lungenbelastung auf etwa 180 mrem/pro Jahr. Die jährliche natürliche Strahlenbelastung beträgt dann 250 mrem/ pro Jahr mehr als das Doppelte des heutigen Mittelwertes von 110 mrem/pro Jahr. Auch diese Strahlendosis ist biologisch unbedenklich.Aber ich wage die Behauptung: Würde die Kerntechnik für weite Kreise der Bevölkerung eine solche Strahlenbelastung verursachen, die Bundesregierung würde alle Anlagen unverzüglich stillegen. Oder anders herum: Wenn man der Radioaktivität in Baumaterialien und ihrer biologischen Wirkung mit der gleichen Skepsis und Besorgnis gegenüberträte wie die Atomgegner der Strahlung aus deutschen Reaktoren, dann müßte man Millionen Häuser in unserem Land abreißen und den Bauschutt als schwachradioaktiven Müll unter allen Vorsichtsmaßregeln in Salzbergwerken beseitigen. Dann müßte sich auch das Interesse an den langfristigen Wirkungen äußerst schwacher ionisierender Strahlen auf diesen Sachverhalt und nicht auf die Bruchteile von Millirem durch die Kernenergie richten.Diese radioökologischen Fakten sind der Bundesregierung und den mit diesen Fragen befaßten SPD/ FDP-Kollegen bekannt. Trotzdem problematisieren sie extrem einseitig die Strahlung im Umfeld der Kerntechnik. Sie spenden damit Wasser auf die Mühlen der Antiatomkraft-Ideologen, die aus sehr unterschiedlichen Motiven die Angstkomplexe der Bevölkerung bewirtschaften.Meine Damen und Herren, damit in diesem Zusammenhang kein Mißverständnis aufkommt: Die CDU/CSU unterstützt jede sinnvolle Maßnahme zur Erhaltung und Überwachung des hohen deutschen Sicherheitsstandards in der Kerntechnik. Wir wollen, daß die deutschen Kernkraftwerke auch in Zukunft zu den saubersten und sichersten im internationalen Vergleich gehören. Die Berichte der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über radioaktive Ableitungen aus Kernkraftwerken und Wiederaufarbeitungsanlagen haben diesen hohen Standard in der Vergangenheit deutlich gemacht.Wir begrüßen, daß der Länderausschuß für Atomkernenergie eine Rahmenempfehlung für ein bundesweites einheitliches Fernüberwachungssystem verabschiedet hat. Wir unterstützen seine baldige Verwirklichung als technisch zwar nicht erforderliche, aber, wie wir hoffen, weitere vertrauensbildende Sicherheitsmaßnahme.Die CDU/CSU würde des weiteren begrüßen, wenn die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien mehr dazu beitrügen, in öffentlichen Diskussionen bewußt zu machen, daß es keinen Bereich des Umweltschutzes gibt, der so lange und so gründlich erforscht und mit so vielen Sicherheits- und Vorsorgemaßnahmen versehen ist wie der des Strahlenschutzes. Über die biologischen Wirkungen der Radioaktivität besitzen wir weitaus mehr Kenntnisse als über die der meisten Schadstoffe, mit denen wir die Umwelt belasten.Was wir — auch auf Grund dieser lobenswerten jährlichen Berichte der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag — wissen, sollte ausreichen, um wieder Ruhe und Sachlichkeit im Bereich der Umweltradioaktivität und des Strahlenschutzes ein-
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Dr. Laufsziehen zu lassen. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer .
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zu dem aufgerufenen Tagesordnungspunkt in drei Abschnitten einige Ausführungen machen. Zum einen eine kurze Darstellung dessen, was der Bericht leistet, zum zweiten ein kurzes Eingehen auf einige der Schlußfolgerungen, die wir aus diesem Bericht ableiten, und zum dritten werde ich den Versuch unternehmen, politisch zu bewerten, was der Bericht leisten kann und was nicht.Der Bericht wird seit 1974 alljährlich im Deutschen Bundestag diskutiert. Die Bundesregierung folgt mit der Vorlage des jährlichen Berichts einer Aufforderung des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 1973.Es ist Aufgabe, durch die jährliche Überprüfung, durch das Vorlegen entsprechender Überprüfungsergebnisse deutlich zu machen, was sich an zivilisatorischer Strahlenbelastung, aufgeschlüsselt nach verschiedenen Bereichen, in der Bundesrepublik ergibt. Auch dieser Bericht — dafür möchten wir der Bundesregierung danken — kommt diesen Anforderungen in hohem Maße nach, wird ihnen gerecht.Dieser Bericht ist darüber hinaus auch ein ausgezeichnetes Instrument zur Identifizierung von Schwachstellen. Seit 1974, seit der Vorlage des ersten Berichtes, sind eine ganze Menge von Verbesserungen vorgenommen worden. Beispielsweise hat sich — das ist unumstritten, Herr Kollege Laufs — die Messung aller Emissionsquellen in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen im internationalen Vergleich in organisatorischer und technischer Hinsicht in der Bundesrepublik weitaus am besten entwickelt.Es muß bei der jährlichen Berichterstattung bleiben. Es müssen — damit komme ich zum zweiten Abschnitt — einige Ergänzungen gemacht, Forderungen erfüllt werden, die sich aus dieser Berichterstattung ergeben. Ich will auf einige wenige eingehen; denn die anderen sind in der ausgedruckten Beschlußvorlage nachzulesen.Wie bereits bei der Vorlage des letzten Berichtes unterstützen wir auch dieses Mal nachdrücklich die Absicht der Bundesregierung, ein Krebserkrankungsregister vorzulegen. Wir wissen, daß die Erstellung eines solchen Registers in 20, 30 Jahren zunehmend mehr Erkenntnisse bringen wird. Es ist notwendig, um statistisch verläßliches Material für epidemiologische Untersuchungen zu besitzen, um dann die Ursachen der Krebserkrankungen stärker als bisher erkennen und Krebsvorsorge wirksamer als bisher durchführen zu können. Wir erwarten noch in dieser Legislaturperiode eine entsprechende erfolgreiche Initiative der Bundesregierung auf diesem Gebiet.Der Ausbau des Fernüberwachungssystems ist angesprochen worden. Auch das ist eine Forderung des Parlaments, auch das ist ein Ergebnis der Beratung eines Berichtes über Umweltradioaktivität.Als dritte Forderung aus dem Bündel der Einzelmaßnahmen will ich nennen, daß es notwendig ist, künftig — ab 1982, wie wir es von der Bundesregierung verlangen — auch die Strahlenbelastung aus Nachbarländern zu erfassen. Es ist für die Bürger beispielsweise am Oberrhein wichtig, zu wissen, wie sich die Strahlenbelastung aus dem Kernkraftwerk Fessenheim für sie auswirkt. Das gilt für alle grenznahen Bereiche, wo kerntechnische Einrichtungen in Nachbarstaateri sind. Hier sind Maßnahmen notwendig. Sie können nur in gemeinsamer Zusammenarbeit in Angriff genommen werden.Ich komme zu der vierten und letzten Empfehlung des Bündels. Wir müssen in der Tat — Herr Kollege Laufs, da pflichte ich Ihnen bei — das Problem der strahlenden Baustoffe untersuchen. Auch hier bleiben wir von der Koalition bei unserer Linie: Nichts dramatisieren, aber auch nichts verharmlosen! Es ist in der Tat zu klären, wieso die mittlere genetische Belastung im Freien geringer ist als in geschlossenen Räumen. Wir erwarten, daß die Bundesregierung dieses Problem angeht.Ich komme zu meiner dritten Bemerkung: Was kann der Bericht leisten und was nicht? Dabei will ich auch auf Ihre Frage eingehen, Herr Kollege Laufs, wieso sich eigentlich trotz dieses Berichts — Sie haben recht: die Strahlenbelastung im Normalbetrieb kerntechnischer Anlagen ist nach allem, was wir heute wissen, nicht gesundheitsschädigend — nicht eine breite Akzeptanz, eine große Zustimmung, eine strahlende Befürwortung der kerntechnologischen Einrichtungen in unserem Land breitmacht. Man könnte es sich einfach machen und sagen: Die Gegner kerntechnischer Anlagen haben es deswegen so leicht, weil sie manchmal Befürworter vorfinden, die so argumentieren, wie Sie hier vorhin argumentiert haben. Ich muß es begründen, wenn ich diese These aufstelle.Was kann der Bericht leisten? Ich sage es noch einmal: umfassende, sorgfältige Bilanz der Strahlenbelastung aus zivilisatorischen Quellen. Zweitens ist er ein ausgezeichnetes Instrument zur Identifizierung von Schwachstellen im technischen, im organisatorischen und im kontrollmäßigen Bereich, auch was den Bereich der menschlichen Zuverlässigkeit bzw. Unzuverlässigkeit angeht.Was kann er nicht leisten? Der Bericht kann nicht dazu herangezogen werden, wie Sie es leider getan haben, Herr Kollege Laufs, die — ich sage: bislang gottlob so erfreulichen — Ergebnisse als einzigen, ausschließlichen Beleg für die These der angeblichen Problemlosigkeit der kerntechnischen Nutzung anzuführen. Wer so argumentiert, wie Sie argumentiert haben, argumentiert unredlich.
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2836 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981
Schäfer
Ich will das begründen, und zwar ohne Polemik.
Wenn Sie sagen, 20jährige Erfahrungen müßten ausreichen, um die Bedenken gegen Kernenergie in unserem Land zum Stillstand zu bringen,
dann muß man sagen — und ich versuche zu erwidern —: Das sagt nur etwas über den Normalbetrieb aus. Dieser Bericht kann nicht beispielsweise zur Beurteilung der Frage herangezogen werden, wie die Probleme der Entsorgung, die — darin stimmen wir im Deutschen Bundestag überein — gerade in diesen Tagen dringlicher werden, gelöst werden können.Dieser Bericht sagt nichts über die möglicherweise langfristige Wirkung auch kleiner, schwach radioaktiver Abgaben aus. In den Jahren 1977 bis 1979 sind mehr als 225 wissenschaftliche Untersuchungen exakt zu dieser Fragestellung der möglichen langfristigen Wirkung auch in der Kumulation kleiner radioaktiver Abgaben erschienen. Quintessenz, in etwa 95% der Untersuchungen: Nach allem, was wir heute wissen, dürfte das ungefährlich sein. Aber wir müssen noch mehr wissen, um verläßlich urteilen zu können.Ich will auf einen weiteren Punkt eingehen, wo dieser Bericht nicht als Argumentationshilfe verwandt werden darf, wenn er seine Wirkung nicht verlieren soll. Die Wirkung ist, wie dargestellt, positiv und muß fortgeführt werden. Der Bericht sagt nichts über die hypothetischen Störfälle aus.
Der Bericht sagt — entschuldigen Sie bitte! — nichts über das Risiko kerntechnischer Anlagen aus. Risiko definiert sich nach der Risikophilosophie aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensauswirkung. Die hohe kerntechnische Auslegung nach der jetzigen Genehmigungsphilosophie — Herr Kollege, ich sage Ihnen das gern, weil man nicht überall Bescheid wissen kann — geht davon aus, daß bei geringer Eintrittswahrscheinlichkeit — das sind statistische Annahmen, die teilweise auch durch probabilistische Methoden errechnet werden — gegen große Schadensauswirkungen keine Vorsorge mehr als notwendig erachtet wird. Das heißt, der Bericht sagt gar nichts darüber aus, was bei kerntechnischen Anlagen, wenn der hypothetische Störfall eintritt, an radioökologischer Folgewirkung geschieht. Ich empfehle Ihnen allen, das Sachverständigengutachten „Energie und Umwelt" gerade unter diesem Gesichtspunkt zu lesen. Nicht grundlos kommt das Sachverständigengutachten „Energie und Umwelt" zu dem Ergebnis: Weil bei einem möglichen Störfall bei Leichtwasserreaktoren die Schadensauswirkungen in der Bundesrepublik Deutschland, die sehr dicht besiedelt ist, so immens groß sind, empfiehlt der Rat langfristig eine Reaktorstrategie mit kleine-ren Hochtemperatur-Reaktoren u. a. wegen der höheren Sicherheit.
— Verzeihung! Sie haben mit der kleinen Dosis, Herr Laufs, ein Teilproblem angeschnitten und führen dieses Teilproblem als Beleg an, daß die Gegner der Kernenergie, die skeptisch und kritisch Eingestellten, das doch mal zur Kenntnis nehmen, im Grunde sei ja alles gelöst.
Das halte ich für nicht zureichend.Ich will zum Schluß noch etwas zur Diskussion sagen, und zwar zu dem, was Sie zu den kritischen Studien gesagt haben, die die Bundesregierung hier nach dem Grundsatz der Parallelität vergeben hat. Wir halten es für richtig, daß die Bundesregierung Parallelgutachten vergibt, daß sie auch an Wissenschaftler mit unterschiedlicher Grundeinstellung zur Nutzung der Kernenergie Untersuchungsaufträge vergibt. Wie könnte es denn eigentlich anders sein, Herr Kollege Laufs, in einer demokratischen Gesellschaft? Muß man nicht eine breite Zustimmung zu dem, was man für richtig hält, erreichen? Ist es nicht gerade eine Hilfe, wenn auch kernenergieskeptisch eingestellte Wissenschaftler zu dem Ergebnis kommen: In diesem Punkt ist Unbedenklichkeit zu gewährleisten?Ich habe das Bündel von Anfragen, die Sie in der Sommerpause gegen das Öko-Institut, gegen den Bundesverband für Bürgerinitiativen in diesem Zusammenhang gestellt haben, verfolgt. Ich bin erschrocken — nicht, weil Sie hier angreifen, sondern über Ihr Demokratieverständnis.
Ich wäre dankbar, Herr Kollege Laufs, wenn Sie noch einmal diesen Gesichtspunkt — Nutzung neuer technologischer Einrichtungen und öffentliche demokratische Zustimmung — im einzelnen bei sich selbst durchdenken würden. Eine Technologie, die nicht eine breite Zustimmung findet — es müssen keine 100 % und keine 90 % sein — können und dürfen wir den Bürgern nicht überstülpen. Wir versagen als demokratisches Parlament, als Gesellschaft insgesamt, wenn das, was wir hier vielleicht für richtig halten, ein Großteil der Bürger nicht nachvollziehen kann. Mir tut es leid, Herr Kollege Laufs, Ihnen noch einmal sagen zu müssen, daß Sie mit ihrer Rede vorhin Ihrem eigenen Anliegen einen Riesenbärendienst — einen Riesenbärendienst! —
— einen Riesenbärendienst! — erwiesen haben.Also: Weder dramatisieren noch verharmlosen! — Ich bedanke mich für die Geduld.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hirsch.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man wird sagen können, daß die Nation die Debatte über diesen Bericht nicht gerade fiebernd erwartet.Darum möchte ich mit dem Gedanken beginnen, den Herr Kollege Schäfer in seiner, wir ich finde, sehr treffenden Replik auf Ihre Ausführungen, Herr Kollege Laufs, behandelt hat: Was könnte denn dieser Bericht bewirken, in welcher Weise könnte er ein Teil sein für die notwendige Akzeptanz moderner Technologie bis hin zu Kernkraftwerken? Er ist j a nicht beschränkt auf das Problem der Kernkraftwerke. Was könnte er erreichen, wenn man überhaupt diese Voraussetzung bejaht, die wir ebenso bewerten, wie Herr Schäfer das vorgetragen hat: daß man moderne technische Entwicklungen den Menschen nicht gegen ihren Willen überstülpen darf? Ich füge hinzu: im Ergebnis auch nicht kann, wie j a gerade die Diskussionen in dem Bereich, mit dem Sie sich hier nahezu ausschließlich beschäftigt haben, nämlich Diskussionen im Bereich der Kernenergie, in der politischen Wirklichkeit gezeigt haben.Ich glaube, daß dieser Bericht ein Beitrag zur Erreichung von mehr Akzeptanz sein könnte, wenn er dem Leser die Überzeugung vermittelt, daß eine ernsthafte Auseinandersetzung auch der Verwaltung mit den erkennbaren Problemen der modernen Technologie erfolgt. Wir wissen, daß eine solche ernsthafte Auseinandersetzung erfolgt, aber ich beklage, daß der Bericht und die Art des Berichtes — hier unterscheide ich mich etwas von der Bewertung unseres Kollegen Schäfer —, daß die Formulierungen des Berichtes den Zugang zu dieser Erkenntnis nicht gerade erleichtern. Ich sage, es beginnt mit der Sprache.
— Vielen Dank, Herr Kollege, ich stimme Ihnen zu.Es beginnt mit der Sprache des Berichtes, einer technokratischen Verwaltungssprache, die der Übersetzung in das Deutsche fähig, aber auch bedürftig ist.
Ich kann das nachher an einzelnen Beispielen zeigen, das verwirrende Spiel mit unterschiedlichen Meßeinheiten, die die Vergleichbarkeit und das Verständnis der aufgezeichneten Daten für jeden erschweren, der nicht beruflich auf diesem Gebiet tätig ist.Diese Berichte werden, wenn auch teilweise in veränderter Form, in nahezu zehnjähriger Folge seit Anfang der 70er Jahre veröffentlicht. Es hat mich überrascht, daß ganze Teile davon, ganze Textpassagen von Jahr zu Jahr wortwörtlich übernommen werden. Man kennt das in der Verwaltung, man kann das den beteiligten Herren auch nicht übelnehmen, es ist der Griff zum Simile, und dann wird rot angehakt, was man übernimmt, sicherlich, wie ich annehme, in der besten Überzeugung, daß sich dort nichts verändert hat. Der kritische Leser und es gibt viele kritische Leser solcher Berichte — sagt sich, daß hier routinemäßig verfahren wird.
— Wobei man sich fragen kann, wer damit den größeren Erfolg hat oder womit man besser bedient ist, Herr Kollege.Ich frage mich, ob ein Bericht nicht auch glaubwürdiger wird, wenn man die Grenzen der Aussagen, die Grenzen der möglichen Erkenntnisse deutlicher macht. Das bezieht sich nun z. B. auf die Methoden der Strahlenschutzmeßtechnik, die umstritten sind. Wir wissen, daß noch immer Expertengremien von Bund und Ländern in unterschiedlicher Besetzung tagen, um der Vielfalt der Typen und Verfahren in der Meßtechnik Einhalt zu gebieten und verschiedene Systeme miteinander zu harmonisieren. Es fällt mir auf, daß seit Jahren auch in dem umfangreichen Tabellenteil Werte immer wieder übernommen werden. Die künstliche Strahlenexposition, wie es so schön heißt, wird seit zehn Jahren unverändert mit zirka 60 mrem pro Jahr angegeben, obwohl jeder von uns weiß, daß im Bereich der medizinischen Diagnostik, der Erkenntnisse über Radioaktivität bestimmter in der Bautechnik verwendeter Stoffe, auch durch die Entwicklung der Kernenergie natürlich Veränderungen der künstlichen Strahlenexposition auftreten. Hier wiederholt sich aber der Wert von 60 mrem. In einem früheren Bericht hat es einmal geheißen, 60 mrem seien 1 % der dann mit 110 mrem angegebenen natürlichen Radioaktivität — eine erstaunliche Rechenleistung, die später nicht mehr auftaucht.Nun zu dem Bereich der Kernkraftwerke. Wenn das alles so schön ist, Herr Kollege Laufs, frage ich mich natürlich, wie Sie darauf reagieren werden, wenn man die Frage aufwirft — wir gehen ja mit dem Gedanken um, wie Ihnen bekannt ist —, ob man nicht die Haftungsbeschränkung der Betreiber von Kernkraftwerken aufheben sollte.
Das wäre doch dann eigentlich die notwendige Konsequenz.Ich bin auch der Meinung, das die Angaben in dem Bericht über die Strahlenbelastung durch einzelne Kernkraftwerke deswegen wenig aussagefähig sind, weil in den Tabellen nur die Jahresdurchschnittswerte angegeben werden, und zwar unabhängig von den Betriebszuständen der einzelnen Kernkraftwerke. Damit kann man wenig anfangen. Mich hat, was die Störfälle angeht, überrascht, daß in dem Teil „Strahlenunfälle und besondere Vorkommnisse" schlicht auf die Berichte der Gesellschaft für Reaktorsicherheit verwiesen wird, die auch nicht gerade leserfreundlich sind, sondern ein intensives Verweisungssystem darstellen. Ich frage mich, ob die Bundesregierung diesen Bericht übernimmt. Wenn man sich da durcharbeitet, stellt man fest: Es gab also im letzten Jahr 218 Störfälle, davon — das ist interessant — 11 % in Not- und Notkühlsystemen; das
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Dr. Hirschsind immerhin 24 Fälle, wobei in 17 Fällen eine Abgabe von Radioaktivität an Wasser und Luft erfolgt ist. Darüber müßte man, glaube ich, etwas Näheres in diesem dem Bundestag vorgelegten Bericht finden.Es ist mir auch aufgefallen, daß einzelne Störfälle, nämlich 17 der 218 Störfälle, mit dem Hinweis angegeben worden sind, sie seien nicht 1979, sondern 1978 eingetreten, aber erst 1979 gemeldet worden. Man muß sich also fragen, wie schnell solche Meldungen erfolgen.Wir haben verschiedentlich gebeten, die langfristigen Folgen der Abgabe auch kleiner radioaktiver Mengen zu verdeutlichen. Wir finden in diesem Zusammenhang in dem Bericht eine Reihe nicht überzeugender Berechnungen. Da wird, um ein Beispiel zu nehmen, gesagt, es werde eine allgemeine Berechnungsgrundlage des BMI verwendet. Dann heißt es wörtlich:Die Anwendung dieser Berechnungsgrundlage gewährleistet, daß die damit berechneten Strahlenexpositionswerte bis zum Zehnfachen über den tatsächlichen Werten liegen.Dabei muß man sich fragen: Was soll ich mit einer solchen Angabe anfangen? Sie kann exakt sein, und sie kann zehnmal zu hoch sein; es kann eine Zehnerpotenz darin versteckt sein. Man kann damit also wenig anfangen.Es gibt eine andere Tabelle betreffend die „maximale Ganzkörperdosis eines Erwachsenen an der ungünstigsten Einwirkungsstelle", was immer das sein mag, „summiert über sämtliche relevanten Expositionspfade". Ich will mich mit diesem Teil des Berichts aus Zeitgründen nicht näher beschäftigen. Ein Beispiel für eine wenig exakte Angabe ist auch die sehr grobschlächtige Einteilung „Belastung bis 3 km Umkreis", „Belastung bis 20 km Umkreis"; damit kann man in der Tat wenig anfangen.Der Innenausschuß hat empfohlen, innerhalb von drei Jahren zur Einrichtung von Emissionskatastern zu kommen. Wir würden gern mehr darüber hören, wieweit die Einrichtung dieser Emissionskataster gediehen ist. Ebenso würde es uns sehr interessieren, wieweit die Länder die Bemühungen des Bundesministers des Innern — die wir begrüßen — unterstützen, dem abzuhelfen, daß bei den Fernüberwachungssystemen unterschiedliche Datenverarbeitungssysteme mit einer nachträglichen Definition der Schnittstellen angewendet werden, die die Übertragung der Daten für eine zentrale Zusammenfassung außerordentlich erschwert. Man müßte sich auch fragen, warum die flächendeckenden Meßnetze, die der Zivilschutz hat, nicht sensibilisiert werden, um sie für die Kerntechnik nutzbar zu machen, um eine deutlichere und überzeugendere Aussage über die unterschiedlichen Belastungen gerade im Umkreis von Kernkraftwerken erreichen zu können.Zum Krebsregister hat der Kollege Schäfer bereits etwas gesagt; wir teilen das. Eines der vielen Probleme ist der problematische Zusammenhang mit dem Datenschutz. Ich hoffe, daß wir in absehbarer Zeit auch darüber etwas mehr hören werden.Ich möchte noch eine Schlußbemerkung machen. Nach fast zehn Jahren der Veröffentlichung solcher Berichte sollte man die Gelegenheit nutzen, um in der Art der Auseinandersetzung mit der Materie und in der Sprache einen neuen Ansatz zu finden. Wenige Monate nach Erscheinen dieser Berichte wird immer ein Jahresbericht zur Umweltradiaktivität und Strahlenbelastung veröffentlicht, der, ich sage es einmal so, bedienungsfreundlicher ist; man kann ihn leichter lesen, man hat sogar eine Chance, ihn zu verstehen. Er ist auch in der äußeren Aufmachung eindrucksvoller — der Tabellenteil und der graphische Teil. Man muß die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll ist, beide Berichte miteinander zu vereinen und auf diese Weise das zu erreichen, was wir doch gemeinsam erzielen wollen, nämlich durch mehr Eindeutigkeit, auch mehr Eindeutigkeit im Zugeben der Begrenztheit der Aussagemöglichkeit, des Erkenntnisstandes, durch ein deutliches Abrücken von Verharmlosungen, wie wir sie in Veröffentlichungen der einschlägigen Industrie, insbesondere bei der Kernenergie, immer wieder sehen, auf der anderen Seite natürlich — hier hat der Kollege Laufs recht — auch durch Freiheit von Übertreibungen, die ich in den Berichten nicht finde, und durch mehr Deutlichkeit und Verstehbarkeit eine Überzeugung davon zu vermitteln, daß wir uns nicht formell, schematisch, sondern ernsthaft mit diesen Problemen auseinandersetzen, um auf diese Weise mehr Akzeptanz moderner Technik, soweit sie notwendig ist, zu erzielen. — Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Zu Tagesordnungspunkt 26 a — Drucksachen 8/4101 und 9/726 — empfiehlt der Innenausschuß, den Bericht der Bundesregierung zur Kenntnis zu nehmen und der Entschließung zuzustimmen. Entspricht das der Auffassung des Hauses? — Kein Widerspruch; dann ist es so beschlossen.Zu Tagesordnungspunkt 26 b schlägt der Ältestenrat vor, den Bericht auf Drucksache 9/644 an den Innenausschuß — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit und den Ausschuß für Forschung und Technologie zu überweisen. — Auch da erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Wir haben noch einen Zusatzpunkt zur Tagesordnung zu beraten:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes— Drucksache 9/785 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit RechtsausschußAusschuß für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenDas Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend — und zur Mitberatung an den Rechtsausschuß und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. — Auch
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981 2839
Vizepräsident Frau Rengerdagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.Meine Damen und Herren, wir sind am Schluß unserer Tagesordnung angekommen. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 16. September 1981, 12 Uhr ein.Die Sitzung ist geschlossen.