Rede:
ID0905000500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Als: 1
    2. nächster: 1
    3. Redner: 1
    4. hat: 1
    5. das: 1
    6. Wort: 1
    7. der: 1
    8. Abgeordnete: 1
    9. Wolfgramm.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2809 A Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Umweltprobleme der Nordsee Sondergutachten Juni 1980 des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen — Drucksache 9/692 — Duve SPD 2809 B Dr. von Geldern CDU/CSU 2812 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 2816 D Baum, Bundesminister BMI 2819 A Jansen SPD 2822 C Bredehorn FDP 2824 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes — Drucksache 9/667 — von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI . . 2827 A Volmer CDU/CSU 2828 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2830 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 2831 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1978" — Drucksachen 8/4101, 9/726 — in Verbindung mit Beratung des Berichts der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1979" — Drucksache 9/644 — Dr. Laufs CDU/CSU 2833 A Schäfer (Offenburg) SPD 2835 A Dr. Hirsch FDP 2837 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes — Drucksache 9/785 — 2838 D Nächste Sitzung 2839 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2840*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2840* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981 2809 50. Sitzung Bonn, den 11. September 1981 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    2840* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1981 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11.9. Dr. van Aerssen 11.9. Becker (Nienberge) 11.9. Dr. Bugl 11.9. Burger 11.9. Cronenberg 11.9. Eigen 11.9. Dr. Enders* 11.9. Dr. Faltlhauser 11.9. Dr. Fellner 11.9. Fischer (Hamburg) 11.9. Gattermann 11.9. Dr. Götz 11.9. Dr. Haack 11.9. Hauck 11.9. Hauser (Krefeld) 11.9. Hölscher 11.9. Frau Hoffmann (Soltau) 11.9. Dr. Hubrig 11.9. Kolb 11.9. Dr. Kreile 11.9. Dr. Lammert 11.9. Dr.-Ing. Laermann 11.9. Dr. Lenz (Bergstraße) 11.9. Mahne 11.9. Dr. Müller * 11.9. Müller (Bayreuth) 11.9. Neumann (Bramsche) 11.9. Rainer 11.9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Reuschenbach 11.9. Dr. Riemer 11.9. Dr. Rose 11.9. Frau Roitzsch 11.9. Dr. Schachtschabel 11.9. Schartz (Trier) 11.9. Frau Schlei 11.9. Schmöle 11.9. Schröder (Hannover) 11.9. Schröder (Wilhelminenhof) 11.9. Schröer (Mülheim) 11.9. Dr. Schwörer 11.9. Frau Simonis 11.9. Dr. Solms 11.9. Dr. Warnke 11.9. Wartenberg (Berlin) 11.9. Baron von Wrangel 11.9. Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung im Benehmen mit dem Ältestenrat die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Neunundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — — Drucksache 9/789 — Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 11. Dezember 1981 vorzulegen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Herr Kollege, die Versalzung von Werra und Weser ist das wichtigste Umweltproblem im Verhältnis zur DDR. Die Bundesregierung hält daher seine Lösung für vorrangig. Bereits bei der ersten Gesprächsrunde der Umweltverhandlungen mit der DDR im November 1973 war die Werra-Versalzung ein vordringliches Thema. Die DDR hat, obwohl die Fortsetzung der Verhandlung für Anfang 1974 bereits ins Auge gefaßt war, zur zweiten Gesprächsrunde nicht mehr eingeladen. Zu weiteren Verhandlungen über Gewässerfragen ist es trotz entsprechender Bemühungen der Bundesregierung nicht gekommen. Inzwischen hat die Dringlichkeit des Problems ... noch zugenommen. Die Bundesregierung strebt deshalb mit Nachdruck die alsbaldige Aufnahme erfolgversprechender Gespräche an. Die hierzu notwendigen Schritte sind eingeleitet worden. Zugleich hat die Bundesregierung darauf hingewirkt, daß die in Kontakt mit den Ländern aufgenommenen Verhandlungsvorbereitungen entsprechend intensiviert werden.
    Das war im September 1977.
    Am 30. Juli 1979 lautete dann die Antwort:
    Zu weiteren Verhandlungen ist es nicht gekommen.
    Man müßte in Klammern hinzufügen: zwei Jahre später also immer noch nicht.
    Die Bundesregierung hat sich seither ständig bemüht, die Verhandlungen über Gewässerschutzfragen wieder in Gang zu bringen. Sie sieht in einem Teil der Ergebnisse der Arbeit der Grenzkommission auch begrenzte Fortschritte, welche die Lösbarkeit von Problemen dieser Art unterstreichen. Die Bundesregierung hat in jüngster Zeit, nachdem die interne Prüfung verschiedener technischer Lösungsmöglichkeiten ein entsprechendes Stadium erreicht hatte, auf hoher Ebene ihre Bemühungen um die Aufnahme von Gesprächen über die Beseitigung der Salzfracht in Werra und Weser sowie von Expertengesprächen über Probleme in anderen Gewässern weiter intensiviert. Die Regierung der DDR hat der Aufnahme von Sondierungsgesprächen zugestimmt. Die Aufnahme



    Dr. von Geldern
    von Verhandlungen hängt von Fortschritten in den Sondierungsgesprächen ab. Die Bundesregierung bemüht sich hierum mit allem Nachdruck.
    Das war 1979.
    Am 30. April 1980 hieß es im „Bulletin" der Bundesregierung:
    Beide Seiten sind nunmehr übereingekommen, noch in diesem Jahr Expertengespräche aufzunehmen, um zu klären, welche Regelungen und Maßnahmen zur Lösung weiterer vordringlich lösungsbedürftiger Gewässerprobleme erforderlich sind.
    Jetzt kommen wir ins Jahr 1981, 16. Juni 1981, Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von SPD und FDP. Da heißt es:
    Die Bundesregierung hält es für notwendig, die Probleme der Verunreinigung der Elbe gegenüber der DDR und der CSSR sobald wie möglich zur Sprache zu bringen. Sie prüft zur Zeit sehr sorgfältig, welches die hierfür geeigneten Schritte und die geeignete Form sind.
    Ich finde es sehr bemerkenswert, daß man vier Jahre später, nachdem man am Anfang sagte: Wir sind an diesem Problem dran, das ist das Thema Nummer eins, das ist das wichtigste Umweltproblem, wir reden darüber, nunmehr erklärt: „Die Bundesregierung prüft sehr sorgfältig, welches die hierfür geeigneten Schritte und Formen sind." Ich kann nur sagen: totale Kapitulation auf diesem Gebiet der Gewässerreinhaltung, der Beseitigung der Umweltverschmutzung der Elbe und der Weser durch die DDR. Die Bundesregierung hat hier nichts geschafft; das muß man feststellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich komme zu einem weiteren Bereich, der im Gutachten angesprochen wird, und zwar zur Abfallbeseitigung auf See. Man kann dem Gutachten zum Glück entnehmen, daß es weniger die Bundesrepublik Deutschland als vielmehr andere Nordseeanrainer sind, insbesondere Großbritannien, die durch die Abfallbeseitigung auf See die Belastung der Nordsee erhöhen. Was den Klärschlamm betrifft, so ist es Großbritannien zu über 90%. Dennoch bin ich der Meinung, daß wir auch das, was von seiten der Bundesrepublik Deutschland hier noch geschieht, zurückdrängen, wenn nicht auf absehbare Zeit völlig einstellen können und einstellen müssen.
    Ich komme zu einem im Gutachten sehr eingehend beschriebenen Bereich, nämlich der Bekämpfung von Ölverschmutzungen und der Anwendung technischer Sicherheitsmaßnahmen bei Seeschiffen. Das läuft in der öffentlichen Diskussion unter dem Stichwort „Ölkatastrophenschutz", Vorsorge gegenüber einer drohenden und möglichen Ölpest für das Meer und die deutschen Küsten.
    Ich freue mich in diesem Zusammenhang, daß der Bundesverkehrsminister anwesend ist, der in letzter Zeit zu diesem Problem öfter etwas sagt. Ich glaube, gerade auf der Grundlage dieses Gutachtens ist es notwendig, ihm jetzt noch einmal zu sagen, daß er es nicht mit schönen Reden genug sein lassen darf. Er muß mehr tun. Hier kann man eine ganze Menge mehr tun, wenn man anerkennt, daß wir aus der Reißbrettphase, aus der Planungsphase, was den Ölkatastrophenschutz betrifft, in die Erprobungsphase kommen müssen. Wir müssen jetzt intensiv ausprobieren, was an geeignetem Gerät entwickelt worden ist.
    Das kann und muß auch Geld kosten; das sage ich gerade auch in dieser Zeit. Das ist letztlich billiger, als eines Tages die Folgen einer solchen Ölkatastrophe zu tragen. Die vorläufige Abrechnung des Unfalls von „Amoco Cadiz" in der Bretagne beläuft sich auf mehr als eine halbe Milliarde D-Mark. Dagegen ist ein Beschaffungsprogramm in Höhe von 100 Millionen DM für die Verbesserung des Ölkatastrophenschutzes, gestreckt auf einige Jahre, noch ein preiswertes und lohnendes Unternehmen.
    Ich bin aber auch der Meinung — diesen Schluß legt das Gutachten nahe; deswegen möchte ich es hier sagen —, daß wir dem Bundesverkehrsminister mehr Möglichkeiten für die Verkehrsregelung insbesondere im Bereich vor Wilhelmshaven geben sollten. Die Ausdehnung der Hoheitszone auf 12 Seemeilen muß kommen. Ich glaube, daß dies jetzt überfällig ist. Ich bin vor wenigen Tagen noch einmal in Wilhelmshaven gewesen und habe mir die dortigen Vorsorgeeinrichtungen angesehen. Es wird von allen Beteiligten bedauert, daß wir nur in diesem sehr kleinen und schmalen Bereich der Dreimeilenzone regelnd eingreifen können. Wenn man beim Großtankerverkehr auf der Jade mehr erreichen will, brauchen wir die Zwölfmeilenzone.
    Aber auch alle anderen Vorschläge, die wir hier mehrfach im Deutschen Bundestag eingebracht haben, die zum Teil unkonventionell sind und ein großes Maß auch an Phantasie enthalten, sollten ernsthaft geprüft werden. Ich erinnere nur an die Einrichtung der Blackbox, an die Herstellung eines Funkkontakts zwischen großen Tankern und den Landstellen, damit rechtzeitig Hilfe angefordert werden kann. Ich erinnere an die Beseitigung der letzten gefährlichen Wracks in den Schiffahrtswegen.
    Ein ganz neuer Vorschlag, den man ernsthaft prüfen sollte, betrifft die Verplombung der Tanker, wenn sie gelöscht haben, damit nicht nachher die Reste einfach auf See abgegeben werden. Dies ist ein ganz wichtiges Problem.

    (Unruhe)

    — Sie können ja gar nicht zuhören, Herr Klejdzinski. Es ist ja furchtbar, daß Sie dauernd reden.
    Praktiker sagen uns, daß die Tankerkapitäne heute nach dem Prinzip verfahren: Es lohnt sich mehr, nicht das vorgesehene Verfahren der Reinigung in Brunsbüttel durchzuführen, sondern statt dessen das Bußgeld zu zahlen, wenn man die Reste auf See abgelassen und damit die Nordsee verschmutzt hat.
    Das muß zum einen in der Richtung geändert werden, daß die Höhe des Bußgeldes heraufgesetzt wird, so daß es sich künftig wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Es muß zum anderen aber auch stärker kontrollierbar werden. Deswegen glaube ich, daß wir an eine Verplombung ähnlich wie im Speditionsge-



    Dr. von Geldern
    werbe denken sollten. Wir sollten versuchen, es auf diese Weise etwas kontrollierbarer zu machen. Ich erinnere an die grundsätzliche Feststellung des „Sondergutachtens Nordsee" des Rates für Umweltfragen, daß wir ein Defizit bei der Kontrollmöglichkeit haben. Hier wäre ein konkreter Vorschlag, die Kontrollmöglichkeiten auf diesem Gebiet zu verbessern. Ich will die vielen anderen Vorschläge, die wir zum Thema Ölkatastrophenschutz gemacht haben, jetzt nicht wiederholen. Die sind erst bei der vorhin schon erwähnten Gelegenheit im Juni noch einmal vorgetragen worden. Ich wollte aber diese Punkte als neue Punkte einmal angesprochen haben.
    Zu der Frage Umweltüberwachung der Nordsee durch ein Gesamtsystem von Bund und Ländern habe ich vorhin schon gesagt, daß wir grundsätzlich der Meinung sind, daß dies richtig und auch notwendig ist. Man sollte sich aber mit dem verbesserten Datensystem und System zur Ermittlung der Gesamtbelastung natürlich nicht zufriedengeben. Es kommt bei der Nordsee gerade nicht darauf an, bestimmte Margen einzuhalten und bestimmte Belastungswerte in einem Grenzbereich zu halten, sondern es kommt eigentlich mehr darauf an, mit diesen Daten so zu verfahren, daß bei jeder einzelnen Schadstoffbelastung geprüft wird, wie sie abgesenkt, wenn nicht ganz beseitigt werden kann. Das, so scheint mir, muß der besondere Sinn eines solchen verbesserten Umwelt-Überwachungssystems Nordsee sein.
    Zum Thema Deichbau und Landgewinnung sollte man ganz konkret etwas sagen. Die Haltung bei den Küstenländern und beim Bund ist tatsächlich schon eine veränderte. Wir sind nicht mehr auf der Linie etwa der Niederlande, die in puncto Eindeichung ein Übersoll geleistet haben. Ich darf zwei Beispiele aus dem niedersächsischen Bereich erwähnen: die Ley-bucht und Spieka-Neufeld. Hier hat die Landesregierung von der Landwirtschaft geforderte Deichschutzmaßnahmen bewußt nicht durchgeführt, um diese Flächen, die sich im Sommerdeichbereich außerhalb der Hauptdeiche befinden, und damit das typische Wattenmeer- und Nordseeökotrop zu erhalten. Es ist aber, glaube ich, auch falsch, wenn wir — mir scheint das Gutachten doch ein wenig in diese Richtung zu neigen — jetzt von einem Extrem in das andere fallen. Es bleibt eine Aufgabe des Bundes und der Länder, den Schutz der Bevölkerung und gleichermaßen ihres Lebens- und Wirtschaftsraumes durch eine ausreichende Hauptdeichlinie vor Sturmfluten zu gewährleisten.

    (Frau Blunck [SPD]: Schon bei bestehenden Deichen! Nicht erst 15 Jahre warten, bis die Bevölkerung ertrinkt!)

    — Sehr richtig. Da stimmen wir völlig überein.

    (Zuruf von der SPD)

    — Das sind zwei gegensätzliche Äußerungen von Ihnen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie steht es um die Sicherheit der Menschen? — Dr. Schwenk [Stade] [SPD]: Sagen Sie das einmal Herrn Stoltenberg! Das, was Sie gesagt haben, ist sehr wenig! Sie haben eine große Wolke gemacht!)

    - Herr Schwenk, Sie sind eingeladen, mehr zu sagen.
    Ich glaube, es ist richtig, daß wir hier das Ganze sehen und weder den Aspekt, der im Gutachten verständlicher- und richtigerweise zum Ausdruck kommt, noch den anderen Aspekt, daß es um Sicherheitsfragen geht, außer acht lassen. Diese Aspekte müssen in erster Linie berücksichtigt werden.
    Ich finde es in diesem Zusammenhang übrigens begrüßenswert, daß die niedersächsische Landesregierung auf der Grundlage des am 1. Juli 1981 in Kraft getretenen Landesnaturschutzgesetzes einen Nationalpark Wattenmeer anstrebt, um auch die Belastung, die vom Fremdenverkehr ausgeht, gering zu halten.

    (Frau Blunck [SPD]: Das wird eingefriedet!)

    — Ich kann das nicht alles verstehen, was Sie sagen. Sie haben nachher noch Gelegenheit, Ihre Gedanken hier auszubreiten.
    Auch zum Punkt Fischereipolitik sagt das Gutachten einiges. Ich will nicht von den, möglicherweise auch von deutscher Seite ausgehenden, Belastungen ablenken. Aber völlig klar ist, daß die immer wieder, in jeder Saison zu beobachtende Raubfischerei von viel zu stark ausgerüsteten und motorisierten niederländischen Kuttern vor der deutschen Küste ein Hauptproblem ist. Da wird der Grund aufgerissen. Da werden auch die kleinsten Fische mitgenommen. Ebenfalls ist die Industriefischerei — Gammelfischerei — Dänemarks nach wie vor ein großes Problem. Wir sollten ruhig einmal deutlich sagen, daß nicht wir zu den Hauptsündern gehören, sondern die Fischer dieser Länder.
    Ich meine, daß wir in der Fischereipolitik mit dem Fangverbot für Hering auf dem richtigen Wege sind, das zum Teil jetzt schon wieder gelockert werden kann. Ich glaube, daß auch die deutsche Fischereiforschung bereits große Beiträge geleistet hat. Es gibt eigentlich überhaupt kein anderes Land, das in dieser Weise systematisch und umfassend Fischereiforschung betreibt und deshalb auch wirklich begründete Aussagen machen kann. Das Gutachten setzt diese Aussagen fort und bezieht natürlich diese Forschungsergebnisse ein.
    Eine kritische Anmerkung zum Gutachten möchte ich im Zusammenhang mit dem Thema Industrieansiedlung machen. Das bezieht sich auch auf das, was Herr Duve gesagt hat. So einfach kann man sich das natürlich nicht machen. Die Menschen im norddeutschen Küstenbereich kann man natürlich nicht darauf verweisen, eines Tages in einem Naturschutzgebiet leben zu müssen. Das würde bedeuten, daß ein großer Teil der Menschen, die dort heute wohnen, künftig nicht mehr dort leben kann. Vor allen Dingen könnten die Kinder nicht in ihrer Heimat bleiben, weil sie keine Arbeitsplätze mehr fänden.
    Wir müssen im norddeutschen Raum unter heutigen Umweltschutzerkenntnissen auch weiterhin



    Dr. von Geldern
    durchaus Industrie ansiedeln. Ich finde es richtig, daß insoweit Schwerpunkte gesetzt werden, daß man sich auf einige wenige Standorte beschränkt, wo das zu geschehen hat. Wenn ich aus niedersächsischer Sicht die Orte nennen darf, so sind das die vorhandenen Standorte Emden, Wilhelmshaven und Stade-Bützfleth. Hinzu kommen sollen zwei weitere und sonst keine. Das ist einmal Cuxhaven-Altenbruch und dann der Bereich Luneplate. Hier soll das seeschifftiefe Wasser genutzt werden. Das halte ich nicht nur für berechtigt, sondern angesichts der schwachen wirtschaftlichen Struktur des Küstenraumes auch für notwendig.
    Im Sondergutachten Nordsee sagt der Rat — ich will das einmal zitieren —: Angesichts der peripheren Lage großer Teile der deutschen Nordseeküste und der dort vorherrschenden Siedlungsstruktur stelle sich die Frage, ob nicht die gegenwärtige Industrieansiedlungspolitik von den Entscheidungsträgern überschätzt werde, was ihre Eignung zur grundlegenden Beseitigung der vorhandenen Entwicklungsschwächen anbetreffe. Im Gegensatz zu Herrn Duve halte ich diese Frage des Rates nicht für berechtigt. Die bisherigen Ergebnisse sprechen dafür — gerade im Stader Raum, Herr Schwenk, kann man das sehr deutlich sehen —, daß diese Industrieansiedlungspolitik richtig war und Erfolge gebracht hat. Es geht j a nicht nur um die wenigen großen Unternehmen, es geht auch um die dadurch eingetretene nachhaltige Verbesserung der mittelständischen Struktur. Insofern halte ich die kritischen Anmerkungen in dem Gutachten in diesem Punkt zwar für diskussionswürdig, ich möchte Ihnen aber nicht zustimmen, sondern ich halte das für richtig, was hier von den Küstenländern betrieben wird, nämlich eine vorsichtige schwerpunktbildende und Umweltschutzauflagen sehr streng handhabende Industrieansiedlungspolitik.
    In dem Zusammenhang noch ein Wort. Leider ist die Annahme sehr verbreitet, daß der heutige Zustand der Elbe und insbesondere der Unterelbe gerade mit diesen Industrieansiedlungen herbeigeführt worden sei. Es ist einfach falsch, daß der Zustand der Elbe damit etwas zu tun hätte.

    (Widerspruch bei der SPD)

    — Das kann man doch im Gutachten genau nachlesen. — Es ist Hamburg mit seinen alten Belastungen, die es für die Elbe darstellt, es sind die DDR und die CSSR. Es ist eben nicht Bützfleth, es ist nicht das, was an der Unterelbe geschaffen worden ist, was die heutige Belastung der Elbe ausmacht. Da kann man sich auch nicht so aus der Affäre ziehen, wie Sie das getan haben, Herr Duve, indem Sie gesagt haben, das alles gehöre zusammen.

    (Zuruf des Abg. Duve [SPD])

    Man muß hier schon differenzieren. Dazu liefert uns das Gutachten eine hervorragende Grundlage. Man muß eben sehr genau unterscheiden. Eine solche Industrieansiedlungspolitik ist nicht nur sinnvoll, sondern sie ist, was die Nordsee betrifft, auch mit dem Gebot des Umweltschutzes vereinbar.
    Zum Schluß zum Fremdenverkehr: Die Fremdenverkehrsnutzung des Wattenmeeres und der Nordsee halte ich dann auch im Sinne des Umweltschutzes geradezu für richtig und gut, wenn sich der Fremdenverkehr und die Fremdenverkehrspolitik darauf konzentrieren, die Erhaltung der Erholungseignung der Landschaft zu gewährleisten. Also nicht die Errichtung großer „Ferienlandschaften", die sich dann auch schnell als ungeeignet erweisen, sondern die Erhaltung der Erholungseignung gerade dieser einmaligen Urlandschaft muß die Aufgabe des Naturschutzes, der Landschaftspflege und eben auch der Fremdenverkehrspolitik sein.
    Herr Minister Baum, ich möchte die Auseinandersetzung mit diesem Gutachten mit dem Wunsch schließen, daß hinsichtlich der durch das Gutachten aufgezeigten Probleme Kompetenzschwierigkeiten zwischen Bund und Ländern, soweit sie bestehen, überwunden werden, daß die vier norddeutschen Küstenländer und der Bund vor allem bei diesem Problemkreis zusammenarbeiten, daß der verdienstvollen und guten Analyse die Konsequenz im praktischen Handeln folgt, daß Sie das, was im Gutachten und vielleicht auch in der heutigen Debatte über unseren unmittelbaren Verantwortungsbereich hinaus gesagt worden ist, auf der nächsten Umweltministerkonferenz in Brüssel mit dem nötigen Nachdruck an die EG-Partner, soweit sie Nordseeanrainer sind, weitergeben und daß Sie dann eines Tages aus Brüssel mit besseren Ergebnissen zurückkommen, als das etwa — wir haben das am 26. Juni hier diskutiert — bei der Tagung am 9. Juni hinsichtlich des Ölkatastrophenschutzes der Fall gewesen ist. — Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wolfgramm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Torsten Wolfgramm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege von Geldern, Sie haben die Debatte vor Ferienbeginn über Meeresverschmutzung ein bißchen euphorisch geschildert und tun dies jetzt wieder. Ich habe einmal für die Koalition ganz überschlägig gerechnet: Von den Abgeordneten der FDP aus den norddeutschen Staaten sind etwa 50 % anwesend.

    (Dr. von Geldern [CDU/CSU]: Hoffen wir es!)

    — Herr Kollege, wenn das bei Ihrer Fraktion auch so wäre, dann hätten wir ja schon ein etwas gefüllteres Haus.

    (Dr. von Geldern [CDU/CSU]: Die lesen das hoffentlich alle nach!)

    Was mich an dem Gutachten beeindruckt hat, ist, daß hier zum erstenmal mit wissenschaftlicher Begründung festgestellt worden ist, daß die Nordsee ein ökologisches Gesamtsystem ist. Bisher war die Vorstellung weit verbreitet, daß sie sich leicht durch den Atlantik erneuern könne. Wir wissen jetzt, daß das nicht so ist. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis. Wir alle müssen von der Vorstellung Abschied nehmen, daß man ihr Weiteres zumuten könne.
    Man könnte annehmen, daß die Regeldichte, die in internationalen Vereinbarungen vorhanden ist, ausreicht. Die Zahl beträgt schon über 50. Vielleicht



    Wolfgramm (Göttingen)

    muß man schon Spezialist sein und das besonders studieren, um es dann im Griff zu haben. Vielleicht überfordert es auch diejenigen, die damit in der Verwaltung schon befaßt sind. Aber es zeigt sich beim genaueren Betrachten, daß diese Regeldichte nicht alles umfaßt und daß wir hier große Lücken haben.
    Ich möchte an dieser Stelle den Gutachtern im Namen meiner Fraktion den herzlichen Dank für ihre Arbeit sagen. Sie haben wirklich eine sorgfältige Arbeit vorgelegt. Sie ist schon im Juni 1980 erschienen. Wir haben das jetzt in einer Drucksache des Deutschen Bundestages nachvollzogen. Diese Arbeit verpflichtet uns, die Schlußfolgerungen, die daraus gezogen worden sind, sorgfältig zu behandeln und sorgfältig zu wägen.
    Schleswig-Holstein hat dazu eine Unterlage erstellt, und zwar danach; aber das mindert nicht ihren Wert. Sie stammt vom Januar 1981. Darin wird etwas über die Verklappungsmengen gesagt. Vielleicht sind die Zahlen dazu interessant. Es wird ausgeführt, daß die einzelnen Nordseeanliegerstaaten folgende Abwässermengen aus der chemischen Großindustrie verklappen: Belgien 672 000 t, Dänemark 5 000 t — das ist ein ganz kleiner Fisch —, Frankreich 1 382 000 t, Niederlande 1,5 Millionen t, Großbritannien 2,5 Millionen t und die Bundesrepublik 728 000 t. Hinzu kommen noch 5 Millionen t Klärschlamm von Großbritannien. Ich finde, die Zahlen sind eindrucksvoll. Sie weisen aus, daß unser Hauptinteresse darin liegen muß — ich greife das jetzt nur ein wenig schwerpunktmäßig heraus —, daß wir das Emissionskataster haben müssen, und zwar in allen EG-Staaten, die an der Nordsee liegen.
    Herr Kollege Duve hat die Defizite beschrieben. Ich fand Ihre Kritik an der Rede des Kollegen Duve in diesem Zusammenhang, Herr Kollege von Geldern, übrigens nicht eindrucksvoll.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Wenn jemand nur eine Viertelstunde Zeit hat und Ihre Fraktion nicht in der Lage ist, einen zweiten Redner zu stellen und Sie deswegen eine halbe Stunde reden,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    dann, Herr Kollege von Geldern, liegt es auf der Hand: Wer eine Viertelstunde Zeit hat, kann den Gesamtkomplex des Nordseegutachtens nicht so umfassend ergründen — wie Sie es ja bei der Darstellung der holländischen Fischer mit ihren Grundschrappern getan haben — wie jemand, der eine halbe Stunde Zeit hat.