Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, an der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestages nimmt der Abgeordnete Dr. Oscar Guzman Marquina aus Lima teil. Ich heiße den peruanischen Kollegen bei uns willkommen.
Gestern hat der Abgeordnete Dr. Knorr seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm, zugleich im Namen des Hauses, herzliche Glückwünsche aussprechen.
Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Zusammenstellung von Vorlagen der Bundesregierung vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die an die zuständigen Ausschüsse gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung überwiesen werden sollen.Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Das ist nicht der Fall. Damit sind folgende Vorlagen überwiesen:Vorlage des Bundesministers des Innern betr.: Bericht der Bundesregierung über organisatorische und personelle Maßnahmen auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes und über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste — Bezug: Beschluß des Bundestages vom 29. April 1964 —
an den Ausschuß für Inneres — federführend — und an den Haushaltsausschuß;Vorlage des Bundesministers für Verkehr betr.: Bericht der Sachverständigenkommission über eine Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden; Bericht des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn über Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn — Bezug: § 4 des Gesetzes über eine Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden vom 1. August 1961; Beschluß des Bundestages vom 10. Juni 1964 —
an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen — federführend —, an den Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe, an den Wirtschaftsausschuß und an den Haushaltsausschuß.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 6. November 1964 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt:Zweites Gesetz zur Sicherung des StraßenverkehrsGesetz zur Änderung von Wertgrenzen und Kostenvorschriften in der ZivilgerichtsbarkeitGesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Spar-Prämiengesetzes und anderer Gesetze .Zum Steueränderungsgesetz 1964 hat der Bundesrat ferner Ausführungen gemacht, die als Anlage 2 diesem Protokoll beigefügt sind.Der Bundesminister der Verteidigung hat unter dem 5. November 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kliesing , Wienand, Dr. Achenbach und Genossen betr. Rüstungskommissariat der WEU — Drucksache IV/ 2628 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV /2702 verteilt.Der Bundesminister des Innern hat unter dem 5. November 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bartsch, Frau Krappe, Mattick und Fraktion der SPD betr. Vereinigung der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht und der Zentralnachweisstelle Kornelimünster in Berlin — Drucksache IV/ 2632 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 2708 verteilt.Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Verordnung des Rats über die Festsetzung der Erstattungen bei der Erzeugung von Getreide- und Kartoffelstärke für das Wirtschaftsjahr 1964/05
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. Dezember 1964Richtlinie des Rats über die Einführung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. Dezember 1964Verordnung Nr. 142/64/ EWG des Rats vom 21. Oktober 1964 zur Verlängerung und Anpassung der Grenzen der Erstattung bei der Erzeugung für Getreide- und Kartoffelstärke bis zum 31. März 1965
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Dreiundneunzigste Verordnung zur Änderung des DeutschenZolltarifs 1963 (Drucksache IV/ 2700)an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Februar 1965Sechsundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksache IV/ 2683)an den Außenhandelsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — mit der Bitte, um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Februar 1965
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7156 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Vizepräsident Dr. JaegerAchtzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Februar 1965.Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, hat das Wort zur Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Dr. Mommer.
Nachdem sich der Herr Bundeskanzler nicht in der Lage sieht, die Fragen zu beantworten, können wir jedenfalls heute diese Fragen nicht behandeln. Denn es gibt kein Mittel, die Regierung zu einer Antwort zu zwingen.
— Während der Fragestunde sind Meldungen zur Geschäftsordnung bisher nie vorgekommen.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Mommer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat aus der Geschäftsordnung richtig zitiert. Aber die Richtlinien für die Fragestunde sind durch Beschluß des Bundestages vom 29. Juni 1960 in Kraft gesetzt und schon häufig vom Hause ohne Widerspruch der Regierung angewendet worden. Es gibt die Möglichkeit, Dringlichkeitsfragen einzureichen. Diese Dringlichkeitsfragen müssen bis 12 Uhr am Vortage der Fragestunde eingereicht sein. Das ist geschehen. Wir haben uns also ganz im Rahmen der Geschäftsordnung gehalten, und die Bundesregierung hat auch gestern im Ältestenrat nicht die Gelegenheit wahrgenommen, gegen die Behandlung der Fragen heute Stellung zu nehmen.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Rasner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mommer, zu den Fragen sich äußern konnte die Regierung gestern im Ältestenrat nun wirklich nicht. Sie waren so freundlich, mir im Ältestenrat vorweg ein Exemplar der Fragen zu geben. Als wir im Ältestenrat darüber sprachen, kannte doch — —
— Zunächst zu dieser Bemerkung. Als wir im Ältestenrat darüber sprachen — das war also zwischen 1/2 1 und 1 Uhr —, kannte den Inhalt der Fragen von den anderen Fraktionen noch niemand.
Aber unabhängig davon jetzt zur Geschäftsordnung. Herr Kollege Mommer, natürlich gibt es Dringlichkeitsfragen, natürlich erklärt der Präsident für dringlich; aber natürlich steht es im Recht der Bundesregierung — wir waren allezeit darüber einig —, die Antwort überhaupt zu verweigern oder zu sagen: „Obwohl das Haus sie für dringlich ansieht, möchten wir bei der Bedeutung der Sache sie nicht heute, sondern morgen" oder „im Auswärtigen Ausschuß" oder „in zwei Tagen beantworten". Auch das ist eine Antwort der Regierung. Die Regierung hat in dieser Frage geantwortet.
Sie können die Frage wiederholen; aber das brauchen Sie in diesem Falle gar nicht, weil die Regierung gesagt hat, sie sei bereit, sie am Freitag zu beantworten, und das ist absolut korrekt.
Und im übrigen will ich Ihnen mal was sagen.
Diese außenpolitischen Fragen, die Sie gestellt haben, Herr Kollege Mommer, zielen nicht auf eine Klärung der Außenpolitik, sondern sind schlichte Parteipolitik und gar nichts anderes.
Ich bestätige dem Herrn Abgeordneten Mommer, daß die Fragen rechtzeitig gemäß der Geschäftsordnung eingebracht sind, muß aber auch dem Herrn Bundeskanzler bestätigen, daß er nach der Geschäftsordnung das Recht hat, die Beantwortung von Fragen grundsätzlich zu verweigern. Folglich kann er sie auch am
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7157
Vizepräsident Dr. Jaegerheutigen Tage verweigern, wenn er sich nicht hinreichend vorbereitet fühlt. — Die Angelegenheit ist damit erledigt.
— Zur Geschäftsordnung wird nicht mehr gesprochen.Ich rufe auf die Fragen in Drucksache IV/ 2709, und zwar zunächst aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts die Frage I/1 — des Abgeordneten Bühler —:Ist die Bundesregierung bereit, für die Deutsche Schule in Washington ein eigenes Gebäude zu errichten, nachdem sehr viele Aufnahmegesuche dort nicht berücksichtigt werden konnten, weil die angemietete Schule nicht genügend Platz bietet?Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt:
Ausreichende Haushaltsmittel für die — —
Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit für die Beantwortung der Frage des Abg. Bühler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ausreichende Haushaltsmittel für die Errichtung
3) eines eigenen Gebäudes für die seit 1961 bestehende Deutsche Schule in Washington stehen gegenwärtig leider nicht zur Verfügung. Die im Rahmen des Auslandsschulfonds des Auswärtigen Amts jährlich für Schulbauten im Ausland bereitstehenden Beträge genügen hierfür nicht. Vordringlich müssen nämlich eine Reihe von Neubauten solcher Schulen durchgeführt werden, deren seit langem unzulängliche Unterbringungsverhältnisse so rasch als möglich der Verbesserung bedürfen, wenn die Schulen ihre kulturpolitische Aufgabe weitererfüllen sollen. Das Gebäude der Methodistengemeinde, in dem die Deutsche Schule in Washington, die sich durch jährlichen Hinzutritt einer Klasse im Aufbau befindet und gegenwärtig bis zur 3. Oberschulklasse führt, untergebracht ist, wird vom Herbst nächsten Jahres ab keine zusätzliche Klasse mehr aufnehmen können. Der deutsche Schulverein in Washington bemüht sich daher derzeit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, als Zwischenlösung ein anderes geeignetes, für eine Reihe von Jahren ausreichendes Mietgebäude ausfindig zu machen.
Herr Bundesaußenminister, werden im übernächsten Haushaltsjahr die Mittel für einen solchen Schulbau bereitgestellt werden können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Bühler, ich möchte mich ungern als Prophet betätigen, auch wenn es nur eine Haushaltsprophetie wäre. Sie sehen, daß wir einstweilen versuchen, durch Neuanmietung eines geeigneten Gebäudes weiterzukommen. Aber ich teile die Hoffnung, die Sie in Ihrer Frage ausdrücken, daß wir eines Tages Mittel für die Ausstattung einer richtigen Schule bekommen werden.
Wir kommen zur Frage I/2 — des Herrn Abgeordneten Bühler —:
Ist die Bundesregierung bereit, eine Ausstellung von Bildern alter deutscher Meister in den Vereinigten Staaten anzuregen und dafür die nötigen Beihilfen zur Verfügung zu stellen?
Herr Bundesminister, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat wiederholt bei Sitzungen des unabhängigen Ausschusses für Kunstausstellungen im Ausland Ausstellungen von Bildern alter deutscher Meister in den Vereinigten Staaten von Amerika angeregt. Der Auschuß für Kunstausstellungen im Ausland, dem die führenden Museumsdirektoren angehören, hat diesem Vorschlag jedoch bisher nicht zugestimmt. Die Leiter der Museen, die darüber zu entscheiden haben, machten immer wieder auf die Gefahren aufmerksam, die mit einer Entleihung verbunden sind. Bei den Werken alter Meister handelt es sich um höchst wertvolles und sehr empfindliches Kunstgut, fast ausschließlich um Holztafeln oder Holzskulpturen, das auf Temperaturschwankungen und Feuchtigkeitsunterschiede stark reagiert.
Das Risiko einer Ausstellung in den Vereinigten Staaten ist aus diesen Gründen sehr groß. Abgesehen von .diesen Gefahren sind die Kosten für besondere Schutzmaßnahmen und für die Versicherung sehr hoch. Eine Ausstellung dieser Art müßte mit etwa 700 000 DM veranschlagt werden. Diese Summe macht ungefähr die Hälfte des Titels aus, mit dem das Auswärtige Amt Kunstausstellungen im Ausland finanzieren kann.
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Meine Damen und Herren! An unserer Sitzung nehmen jetzt die Mitglieder der Arbeitsgruppe für die Beziehungen der Versammlung der Westeuropäischen Union zu den nationalen Parlamenten teil. Ich heiße die Damen und Herren hier willkommen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Frage II/ 1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer —:
Liegt es im Sinne und geschieht es mit Billigung der Bundesregierung, daß der Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland in Berlin, Staatssekretär von Eckardt, die durch sein Amt gebotene und gerade im Hinblick auf die exponierte Lage Berlins besonders streng zu wahrende parteipolitische Neutralität zugunsten einer öffentlichen diffamierenden Polemik gegen eine Partei aufgibt, die in Berlin die Regierungsverantwortung trägt?
Herr Staatssekretär Dr. Schäfer, darf ich bitten.
Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß der Bevollmächtigte der Bundesregierung in Berlin bisher eine öffentlich diffamierende Polemik gegen eine politische Partei der Bundesrepublik betrieben hat. Wenn Herr Staatssekretär
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7158 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Staatssekretär Dr. Schäfervon Eckhardt von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 des Grundgesetzes, das auch ihm zusteht, Gebrauch macht, bedarf er hierzu keiner vorherigen Genehmigung oder Billigung der Bundesregierung. Als Beamten obliegt ihm gemäß § 52 des Bundesbeamtengesetzes die Pflicht, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und bei seiner Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht zu nehmen. Nach § 53 des gleichen Gesetzes hat ein Beamter bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß der Bundesbevollmächtigte in Berlin bisher nicht gegen diese Pflichten verstoßen hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, haben Sie die Ausführungen, die der Herr Bundesbevollmächtigte in einer Illustrierten gemacht hat, daraufhin geprüft, ob sie mit diesen Vorschriften vereinbar sind, die Sie soeben zitiert haben?
Herr Abgeordneter, ich nehme an, Sie meinen den Aufsatz, den der Herr Bundesbevollmächtigte am 6. September 1964 in der Illustriierten „Quick" veröffentlicht hat. Wenn Sie diesen Aufsatz meinen, bejahe ich Ihre Frage.
Eine zweite Zusatzfrage? — Nicht mehr. — Herr Abgeordneter Friedensburg zu einer Zusatzfrage.
Nachdem eine Reihe von ähnlichen Vorkommnissen in der letzten Zeit offenbart haben, daß unsere öffentlichen Bediensteten sich nicht mehr ein klares Urteil darüber bilden können, wie weit ihre publizistische Tätigkeit zu gehen hat, möchte ich fragen: Hält es die Bundesregierung nicht für erwünscht, daß die Richtlinien verdeutlicht und verschärft werden?
Herr Abgeordneter, es bestehen Richtlinien der Bundesregierung, die ungefähr — ich kann mich nicht auf das genaue Datum festlegen — zwei bis drei Jahre alt sind und die sich gerade auf die Frage der Publikationen beziehen. Ich glaube nicht, daß sie verdeutlicht werden müßten.
Eine zweite Zusatzfrage!
Eine Reihe von Vorkommnissen in jüngster Zeit haben aber doch nun gezeigt — ich will die Namen nicht nennen —, daß das offenbar nicht ausreicht. Da muß ich fragen: Will die Bundesregierung nicht zumindest die bestehenden Richtlinien einmal bei den öffentlichen Bediensteten, den Richtern, den Beamten und Angestellten, in Erinnerung bringen?
Das kann geschehen; sie können in Erinnerung gebracht werden.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Mattick.
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Art, wie der Herr Staatssekretär von Eckardt seine journalistische Tätigkeit ausübt, seiner Aufgabe, Vermittler in Berlin zu sein, dienlich ist?
Ich glaube diese Frage vorhin schon beantwortet zu haben, nämlich dahin, daß die bisherigen Veröffentlichungen des Herrn Bundesbevollmächtigten in Berlin seine Aufgaben in Berlin als solche nicht beeinträchtigen.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie überhaupt der Meinung, daß der Herr von Eckardt in Berlin noch eine Aufgabe erfüllt?
Ja.
Keine weiteren Fragen.
Dann rufe ich auf die Frage II/ 2 — des Herrn Abgeordneten Fritsch —:
Ist die Bundesregierung bereit, den Zuschuß an Bundesbedienstete zur Gemeinschaftsverpflegung in Höhe von bisher 0,60 DM arbeitstäglich angemessen anzuheben?
Herr Staatssekretär, bitte.
Die Bundesregierung beabsichtigt zur Zeit nicht, den Zuschuß an die Bediensteten des Bundes für die Gemeinschaftsverpflegung zu erhöhen. Da die Bundesregierung immer bemüht ist, sich bei ihren Maßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts mit den Ländern abzustimmen, hat sie die Frage des Zuschusses für die Gemeinschaftsverpflegung vor kurzem gemeinsam mit den Ländern geprüft. Dabei ergab sich, daß nirgends die Absicht besteht, die Sätze zu erhöhen, obwohl einige Länder weniger als der Bund pro Tag zahlen. Nach Auffassung der Bundesregierung wäre es nicht gerechtfertigt, den Zuschuß zu erhöhen, weil die Preise in den Kantinen nur unerheblich gestiegen sind. Im übrigen sind die Bezüge im öffentlichen Dienst laufend den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepaßt worden, zuletzt bekanntlich bei den Beamten um 8 '0/o am 1. Oktober dieses Jahres.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7159
Eine Zusatzfrage, Herr Fritsch.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß die Leistung eines Zuschusses zur Gemeinschaftsverpflegung verbessert werden sollte, nachdem dieser Zuschuß seit über zehn Jahren nicht erhöht worden ist und nachdem sicher in den privaten Unternehmensbereichen den Betriebsangehörigen weit höhere außertarifliche Leistungen gewährt werden?
Auch in Anbetracht der Tatsache, daß der Zuschuß seit 1954 in der jetzigen Höhe besteht, sind Bund und Länder der Meinung, daß eine Erhöhung zur Zeit noch nicht gerechtfertigt ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Auffassung, daß diese Leistungen auch fürsorgerischen Charakter tragen und insoweit weiterentwickelt werden sollten?
Dieser Auffassung sind wir; aber unter Berücksichtigung des Fürsorgegesichtspunktes sieht die Bundesregierung und sehen die Länder, die bekanntlich zum Teil erheblich weniger zahlen, noch keinen Anlaß zu einer Erhöhung.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, zunächst zur Frage III/1 — des Herrn Abgeordneten Reichmann —:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung der Unterschiedlichkeit in der Rechtsprechung bei Verkehrsunfällen, indem Führerscheine schon bei 1,5 Promille entzogen werden, in anderen Fällen die Führerscheine noch bei 3,12 Promille belassen bleiben?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Die Bundesregierung hält es für erwünscht, daß die Rechtsprechung in dieser Frage möglichst einheitlich ist. Man kann auch feststellen, daß die Praxis der Gerichte heute schon weitgehend einheitlich ist, indem bei Trunkenheit im Verkehr in der Regel angenommen wird, daß Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegt und deshalb die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. In dieser Richtung wirkt ja das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs, das vor kurzem von diesem Hohen Hause verabschiedet worden ist und das ausdrücklich die Feststellung enthält, daß Trunkenheit im Verkehr in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen muß. Nachdem Sie die präzise Zahl 3,12 zitieren, darf ich daraus schließen, daß Sie einen bestimmten Fall im Auge haben, der neulich durch die Presse gegangen ist. Dieser Fall, der übrigens noch nicht rechtskräftig entschieden ist, ist einer der Ausnahmefälle, die naturgemäß immer vorkommen können. Ich glaube, ohne dem weiteren gerichtlichen Verfahren vorzugreifen, kann man wirklich sagen, daß es sich um einen ausgesprochenen Sonderfall handelt.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Unterschiede in der Bestrafung von Verkehrsunfällen, die durch Alkoholmißbrauch verursacht waren, in den Landesteilen von BadenWürttemberg so groß waren, daß der Justizminister Zweckentsprechendes veranlassen mußte, um bessere und gerechtere Entscheidungen herbeizuführen?
Es ist mir bekannt, daß das Justizministerium Baden-Württemberg mit den Staatsanwälten der verschiedenen Landesbezirke diesen Sachverhalt erörtert hat. Aber von einer Weisung, die hier erteilt worden ist, ist mir nichts bekannt.
Eine weitere Zuzusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Gerichte bei der Bemessung der Strafe die Ergebnisse und damit die Erkenntnisse aus dem Bonner Blutalkoholtest vielfach nicht anwenden?
Die Ergebnisse dieses Bonner Blutalkoholtests sind nicht Gesetz, Herr Kollege. Man kann sie als eine gewisse Richtlinie ansehen. Aber solange wir als Gesetzgeber uns nicht entschlossen haben, eine bestimmte, feste Grenze für den Blutalkoholgehalt gesetzlich festzulegen, sind die Gerichte bei ihrem Urteil frei.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung der Meinung, daß ein Richter, der über die Delikte der Straßenverkehrs-Ordnung zu befinden hat, im allgemeinen die praktischen Kenntnisse eines Kraftfahrers haben sollte, oder ist mit dem Amt auch die Gnade gegeben?
Das letzte ist sicher nicht der Fall, Herr Kollege. Das nehmen wir für uns ja auch nicht in Anspruch. Es wäre sehr wünschenswert, daß Richter, die darüber urteilen, möglichst Fahrpraxis haben. Ich glaube aber, daß das heute auch meistens der Fall ist.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe auf die Frage III/ 2 — des Abgeordneten Reichmann
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7160 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Vizepräsident Dr. JaegerHält es die Bundesregierung für geboten, daß bei Personen, deren Organismus auf Alkohol sehr schnell reagiert, ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, und daß nicht umgekehrt verfahren und entschieden wird?
Eine besondere Alkoholempfindlichkeit bei Teilnehmern am Straßenverkehr kann sich im Einzelfall sowohl zugunsten wie auch zuungunsten des Betreffenden im Strafverfahren auswirken. Zuungunsten wird sie sich dann auswirken, wenn der vor Gericht Stehende, der z. B. einen Unfall verursacht hat, sich bewußt war, daß er in dieser besonderen Weise alkoholunverträglich ist. Wenn er es dagegen nicht wußte, wenn es für ihn überraschend war, kann es allerdings auch zu einer milderen Beurteilung der Sache sowohl bezüglich der Strafe wie bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis führen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reichmann.
Herr Minister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß Führerscheinentzug eine der wirksamsten Maßnahmen zur Bekämpfung des oft tödlichen Alkoholmißbrauchs der Kraftfahrer ist und daß entsprechend entschieden und verfahren werden sollte?
Dieser Ansicht bin ich durchaus, Herr Kollege. Dieser Ansicht war auch dieses ganze Hohe Haus, als es das vorhin von mir erwähnte Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs beschloß, in dem -- ich wiederhole es — festgelegt ist, daß Trunkenheit im Verkehr in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt.
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Ich rufe auf die Frage — des Abgeordneten Weigl — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen:
Ist der Verbraucher nach den heute geltenden gesetzlichen Vorschriften vor dem Verkauf ungenießbarer Fleisch- und Wurstwaren ausreichend geschützt, oder sollte nicht Tierärzten und Tierbeschauern die Anwendung von Methylenblau vorgeschrieben werden, um Lebensmittelskandale wie im Falle Kemnath gänzlich ausschließen zu können?
Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen, bitte!
Herr Kollege, Ihre Frage bezieht sich auf einen Einzelfall, in dem so ungefähr gegen alle Bestimmungen verstoßen worden ist, die das Recht zum Schutz des Verbrauchers auf diesem Gebiet zur Verfügung stellt. Der Metzgermeister hatte Fleisch verarbeitet, das von Tieren stammte, die zur Schlachttier- und Fleischbeschau überhaupt nicht angemeldet waren, die also schwarzgeschlachtet waren, ferner verarbeitete er Fleisch, das bei der Untersuchung als nicht tauglich zum Genuß für Menschen beurteilt worden war, und schließlich verarbeitete er das Fleisch gestorbener Tiere. In all diesen Fällen verstieß er gegen klare Rechtsvorschriften und machte sich strafbar.
Ihre Überlegung, ob man darüber hinaus noch mehr zum Schutz der Verbraucher tun könne, hat uns auch beschäftigt. Fleisch, das bei der Fleischbeschau beanstandet wird — das ist eigentlich der einzige Fall, in dem man vielleicht noch etwas mehr tun könnte —, ist bereits mit einem Farbstempel zu kennzeichnen und unterliegt der Beschlagnahme. Bedingt taugliches und minderwertiges Fleisch darf nur unter einer diese Beschaffenheit ausreichend kenntlich machenden Bezeichnung auf der Freibank vertrieben werden. Untaugliches Fleisch ist sofort in unschädlicher Weise von der zuständigen Behörde zu beseitigen.
Ich bin der Auffassung, daß vom Bundesrecht her nicht mehr geschehen kann. Eine andere Frage ist, ob die allgemeine Überwachung verstärkt werden kann. Das ist weitgehend eine Personalfrage. Ihr Vorschlag, durch eine zusätzliche Färbung von untauglichem Fleisch mit Methylenblau noch einen weiteren Schutz einzubauen, wird eine gesetzwidrige Verwendung von Fleisch nicht wesentlich erschweren. Denn man kann, wenn man schon unbedingt gegen die Gesetze verstoßen will, die blaugefärbte Schicht abtragen und das darunterliegende Fleisch verkaufen. Gar nichts hilft es natürlich in den Fällen, in denen das Fleisch schwarzgeschlachtet und zur Fleischbeschau nicht angemeldet wird.
Ich sehe also keine andere Möglichkeit als die, daß man im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung an Ort und Stelle stärker nachprüft. Das aber ist die Sache der Länder und Gemeinden. Ich sehe durchaus die Schwierigkeiten in der Personalfrage, vor der diese stehen.
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Frau Bundesministerin.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich V werden erst Freitag aufgerufen.
Wir kommen damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Da ist zuerst die Frage VI/ 1 — des Herrn Abgeordneten Unertl —:
Wann ist mit dem Bericht über die Prüfung der Wettbewerbssituation in der Spirituosenindustrie zu rechnen, den die Bundesregierung Iaut Bundestagsbeschluß vom 26. Juni d. J. bis zum 31. Oktober d. J. vorzulegen hatte?
Herr Bundesminister, bitte.
Ich beantworte die Frage des Herrn Kollegen Unertl wie folgt. Der Entwurf des vom Bundestag bis zum 31. Oktober 1964 angeforderten Berichts über die Wettbewerbssituation in der Spirituosenindustrie ist dem Bundeskabinett rechtzeitig vorgelegt worden. Er konnte aber wegen dringender anderer Vorlagen bisher nicht verabschiedet werden. Es ist vorgesehen, den Berichtsentwurf in der heutigen Kabinettsitzung zu behandeln. Mit Rücksicht auf die eingetretene Verzögerung ist der Herr Präsident des Deutschen Bundestages gebeten worden, für die Berichterstattung an den Bundestag stillschweigend eine Nachfrist von etwa einem Monat zu gewähren.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7161
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Unertl.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß seit Ende 1963 allein in Bayern 25 Firmen die Spirituosenherstellung einstellen mußten, weil die Berliner Firmen wegen der dort geltenden Steuervorteile ihre Preise so gestalten konnten, daß bei diesen bayrischen Betrieben eine Rentabilität nicht mehr gewährleistet war?
Herr Kollege Unertl, ich bin nicht der Meinung, daß die Möglichkeit besteht, diese Frage einfach mit ja oder nein zu beantworten. Warten Sie bitte ab, was das Bundeskabinett dem Deutschen Bundestag in aller Kürze über die Wettbewerbssituation in der Spirituosenindustrie in der Bundesrepublik und in Westberlin berichten wird.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Unertl.
Herr Bundesminister, darf ich Sie also bitten, auch die Unterlagen, über die ich verfüge, bei diesen Beratungen herbeizuziehen?
Jawohl.
Ich komme zu der Frage VI/ 2 — des Herrn Abgeordneten Unertl —:
Welche Vorschläge sind zu erwarten für den Fall, daß bei der in Frage VI/ 1 genannten Prüfung tatsächlich eine bisher nicht beabsichtigte Verzerrung des Wettbewerbs festgestellt werden konnte?
Bitte, Herr Minister.
Herr Kollege Unertl, ich bitte um Verständnis dafür, daß ich über den Inhalt des Berichtsentwurfs und den darin enthaltenen Vorschlag noch nichts mitteilen kann, solange das Bundeskabinett der Vorlage nicht zugestimmt hat. Ich bitte deshalb, noch kurze Zeit zu warten.
Keine Zusatzfrage mehr.
Dann kommen wir zur Frage VI/ 3 — des Abgeordneten Dr. Tamblé —:
Wie beurteilt die Bundesregierung den von der Industrie- und Handelskammer Flensburg gemachten Vorschlag, das Zollfreikontingent für deutsche Touristen auf die in der New Yorker Konvention von 1954 vorgesehene Höhe von 50 Dollar zu bringen?
Bitte, Herr Bundesminister.
Die Anfrage des Herrn Kollegen Dr. Tamblé beantworte ich wie folgt.
Es liegt offenbar ein Mißverständnis vor. Das New Yorker Touristenabkommen vom 4. Juni 1954 sieht nur Zollbefreiungen für im Ausland ansässige Personen vor. Sie können als Touristen Reiseandenken im Werte bis zu 50 Dollar zollfrei durchführen und im Werte bis zu 100 Dollar zollfrei ausführen. Entsprechend diesen Bestimmungen wird in der Bundesrepublik Deutschland verfahren.
Für aus dem Ausland heimkehrende inländische Reisende besteht zur Zeit nur eine Empfehlung der OECD, wonach Zollbefreiungen für im Ausland erworbene Waren bis zu einem Wert von 12 Dollar gewährt werden sollen. Im Einklang damit sieht § 48 der Allgemeinen Zollordnung eine Zollbefreiung von Reisemitbringseln bis zum Werte von 50 DM vor. Im Fremdenverkehrsausschuß der OECD schweben zur Zeit Erörterungen dahin gehend, diese Freigrenze von 50 DM zu erhöhen. Das dortige Verhandlungsergebnis sollte abgewartet werden.
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage VI/ 4 — des Herrn Abgeordneten Drachsler — auf:
Ist es der Bundesregierung möglich, durch eine Dienstanweisung anzuordnen, daß die Wild- und Jagdstörung durch den Zolldienst auf ein erträgliches Maß herabgesetzt wird?
Herr Bundesminister, bitte.
Wenn der Herr Präsident einverstanden ist, beantworte ich die drei Fragen des Herrn Kollegen Drachsler zusammen.
Einverstanden. Dann I rufe ich auch die Fragen VI/ 5 und 6 — des Herrn Abgeordneten Drachsler — auf:
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß Forstleute und Jäger Klage darüber führen, daß Zollbeamte oft aus Zeitvertreib bei ihren Dienstgängen Fütterungen, Einstände und Hauptäsungsplätze des Wildes zur Dämmerungs- und Nachtzeit anlaufen?
Ist die Bundesregierung bereit, dafür Sorge zu tragen, daß solche in Frage VI/5 bezeichneten Jagdstörungen unterbunden werden, wenn nicht dienstliche Gründe sie rechtfertigen?
Dem Bundesfinanzministerium ist z. B. durch Beschwerden nicht bekanntgeworden, daß durch den Streifendienst der Zollgrenzdienstbeamten Wild und Jagd über das erträgliche Maß hinaus gestört werden und daß Zollgrenzdienstbeamte aus Zeitvertreib bei ihren Dienstgängen Fütterungen, Einstände und Hauptäsungsplätze des Wildes zur Dämmerungs- und Nachtzeit anlaufen. Auch bei ,den Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg — ich darf wohl annehmen, daß sich Ihre Anfrage auf Jagdbezirke in Bayern bezieht — liegen Beschwerden über Jagdstörungen durch Zollgrenzdienstbeamte nicht vor.Teilen Sie mir bitte mit, wo solche Wild- und Jagdstörungen durch Zollgrenzdienstbeamte als örtliche Ausnahmen vorgekommen sind. Ich bin gern bereit, die Fälle zu prüfen und gegebenenfalls die Zollgrenzdienstbeamten anzuweisen, Störungen der genannten Art zu vermeiden, sofern dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Dabei bitte ich zu bedenken, daß die Streifen des Zollgrenzdienstes im Interesse der Grenzsicherung selbstverständlich die Waldgebiete in Grenznähe betreten müssen.
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7162 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Bundesminister Dr. DahlgrünNach den Berichten der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg haben sich die Forstämter und privaten Jäger in allen zehn Hauptzollamtsbezirken mit Grenze in Bayern allgemein lobend über die Tätigkeit des Zollgrenzdienstes in grenznahen Waldgebieten ausgesprochen. Es besteht überall eine gute Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung, Forstverwaltung und den Jägern. Es sind auch Vereinbarungen über Unterstützung der beiderseitigen Belange getroffen worden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Drachsler.
Darf ich aus der Beantwortung entnehmen, Herr Minister, daß Sie bereit sind, Beschwerden, die jetzt eventuell an Sie weitergeleitet werden, entsprechend zu behandeln?
Selbstverständlich, das meinte ich.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, -daß die Fragestellung in der Frage 5 des Herrn Kollegen Drachsler, wonach Zollbeamte angeblich oft aus Zeitvertreib bei Wildäsungen usw. stören, eine Herabsetzung der dienstlichen Leistungen der doch härtesten Grenzdienst verrichtenden Zollbeamten, insbesondere im Bayerischen Wald und im Oberpfälzer Raum, darstellt?
Herr Abgeordneter Fritsch, ich kann Fragen, die die Haltung eines Kollegen in diesem Hause betreffen, grundsätzlich nicht zulassen. Es können nur Fragen an die Regierung gerichtet werden, die sie und die ihr untergeordneten Organe betreffen.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß zu den sogenannten Schußzeiten automatisch Vereinbarungen zwischen den Jägerverbänden und den Zollgrenzkommissariaten Platz greifen, die verhindern, daß die dargestellten Belästigungen auftreten?
Herr Kollege, ich habe in meiner Antwort schon ausgeführt, daß in allen Hauptzollamtsbezirken Vereinbarungen über gegenseitige Hilfe getroffen werden. Es hat schon Fälle gegeben, wo Zöllner Wilddiebe ertappt haben.
Andererseits haben uns die Jäger durch Übermittlung von Nachrichten geholfen. Die Zusammenarbeit ist überall gut gewesen. Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß in dem einen oder anderen Fall einmal örtlich eine Mißhelligkeit aufgetreten ist. Das ist nur menschlich.
Es ist auch richtig, daß, wie Sie gefragt haben, Vereinbarungen über die Schonung der Jagdausübung in den Hauptjagdzeiten getroffen sind. Wir müssen das schon tun, dennn in den Hauptjagdzeiten muß der Abschuß erfüllt werden. Das ist wiederum aus forst- und landwirtschaftlichen Gründen eine unabdingbare Notwendigkeit. Um zu ermöglichen, daß der Abschuß erfüllt wird, haben wir, soweit das die dienstlichen Belange zulassen, Entgegenkommen gezeigt.
Keine Zusatzfrage? — Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft werden erst am Freitag aufgerufen.
Was den Komplex des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betrifft, so wollte Herr Staatssekretär Hüttebräuker die Fragen beantworten. Er ist aber unmittelbar vor Beginn der Sitzung erkrankt und deshalb nicht in der Lage, die Beantwortung der Fragen zu übernehmen.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung werden planmäßig am Freitag aufgerufen.
Damit komme ich zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Zunächst rufe ich die von dem Abgeordneten Dr. Friedensburg gestellte Frage X/1 auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, auch weiterhin den auf Westberliner Gebiet gelegenen Teil der Bundesautobahnen für die Abhaltung von Rennen zur Verfügung zu stellen, obwohl es sich um eine lebenswichtige Ausfallstraße handelt, deren Sperrung an zahlreichen Tagen im Jahre jedesmal zu einer schwerwiegenden Verschlechterung der Verkehrsmöglichkeiten führt?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Sehr verehrter Herr Kollege, nach § 5 der Straßenverkehrsordnung sind Rennveranstaltungen mit Kraftwagen auf öffentlichen Straßen grundsätzlich verboten. Jedoch können die zuständigen obersten Landesbehörden nach § 46 dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle genehmigen.
In Berlin wird der Autobahnteil, der zur Avus gehört, jährlich etwa drei- bis viermal für Motorsportveranstaltungen zur Verfügung gestellt. Die Erlaubnis für diese Veranstaltungen erteilt der Herr Senator für Verkehr und Betriebe des Landes Berlin. Eine fachliche Zuständigkeit meines Ministeriums ist für die Erteilung dieser Ausnahmegenehmigung nicht gegeben.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Neumann .
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß sich — im Gegensatz zu der Auffassung des Herrn Kollegen Friedensburg — andere Abgeordnete bemühen, recht viele Veranstaltungen nach Berlin zu bringen, obwohl das auch einmal zu gewissen Verkehrsschwierigkeiten führen kann?
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7163
Herr Kollege Neumann, es steht wohl außer jedem Zweifel, daß sich der Herr Kollege Friedensburg in jeder Weise für Berlin einsetzt. Wenn der Herr Senator für Verkehr und Betriebe diese Veranstaltungen genehmigt, so kann er sich — er hat mit mir darüber gesprochen — auf weite Kreise der Berliner Bevölkerung und deren Abgeordnete stützen, die derartige Veranstaltungen wünschen.
Ich komme zu der von dem Abgeordneten Hammersen gestellten Frage X/2:
Welche Schritte hat der Herr Bundesverkehrsminister unternommen, um Vorsorge gegen eine Wiederholung der Schäden zu treffen, die im August und September 1964 an der Mainschleuse in Kostheim eingetreten sind?
Bitte sehr, Herr Bundesminister.
Die Schadensstellen und die sonstigen rutschgefährdeten Böschungsflächen an der Südschleuse in Kostheim wurden über und unter Wasser in Tag-und Nachtarbeit ausgebessert und gesichert. Es kann erwartet werden, daß die Schleuse bis zu der für das Rechnungsjahr 1965 geplanten Spundwandrammung betriebsfähig bleibt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hammersen.
Herr Bundesverkehrsminister, da Sie soeben erklärt haben, daß für 1965 die Absicht bestehe, eine Stahlspundwand zu rammen, darf ich fragen: Sind diese Arbeiten auch in finanzieller Hinsicht bereits gesichert, oder stehen da noch Genehmigungen aus?
Nein. Da es sich um vordringliche Arbeiten handelt, die zur Reparatur einer wichtigen Verkehrsanlage unausweichlich sind, müssen diese Gelder aus dem Wasserstraßenhaushalt vorrangig zur Verfügung gestellt werden, gegebenenfalls unter Zurückstellung anderer Maßnahmen.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hammersen!
Herr Bundesminister, wenn diese Reparatur vorgenommen und die Böschung durch eine Stahlspundwand ersetzt sein wird, ist dann mit Wahrscheinlichkeit oder gar Sicherheit anzunehmen, daß auf viele Jahre hinaus keine besonderen Störungen mehr auftreten werden?
Ich glaube nicht, daß Störungen auftreten werden, Herr Kollege Hammersen. Aber ich habe bereits in der letzten Fragestunde geantwortet, daß dann noch weitere Arbeiten vorgesehen sind, nämlich auf der Landseite, daß diese Arbeiten aber Zeit bis zum dann folgenden Haushaltsjahr haben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie bereit, in diesem Zusammenhang einmal zu überprüfen, ob die heutigen Stemmtore und Falltore in den Schleusen noch der Zeit entsprechen oder ob sie nicht besser durch Hubtore ersetzt werden sollten?
Herr Kollege, wenn ich so viel Geld hätte, daß ich an allen Wasserstraßen die Arbeiten ausführen lassen könnte, die notwendig sind, um diese Wasserstraßen den heutigen technischen Verhältnissen anzupassen, wäre ich glücklich, und ich wäre dem Hohen Hause sehr dankbar, wenn mir die Mittel dafür zur Verfügung gestellt würden.
Eine zweite Zusatzfrage.
Werden Sie bei der Neuanlage der zweiten Schleuse auf dem Wesel-Datteln-Kanal diese Dinge noch einmal überprüfen?
Ja, Herr Kollege Ramms, das wird sicher geschehen. Es hängt ja auch davon ab, welche Maßnahmen die örtlichen Stellen für richtig halten. Man kann verschiedene Arten von Toren für zweckmäßig erachten.
Ich rufe auf die Frage X/3 — des Abgeordneten Schmidt —:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Deutsche Bundesbahn mit der Berechnung von Standgeldern für am Samstag und Sonntag nicht zur Entladung kommende Waggons sich in einen gewissen Widerspruch zu den tariflich festgelegten Arbeitszeiten in der verladenen Wirtschaft begibt?
Herr Bundesminister, bitte.
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, Herr Kollege, kann sie angesichts ihres namentlich in Hochverkehrszeiten knappen Wagenparks nicht darauf verzichten, daß auch an Samstagen Güter entladen werden. An Sonntagen wird ein Wagenstandgeld ohnehin nur dann erhoben, wenn der Wagen schon am Samstagmittag bis 14 Uhr stand-geldpflichtig geworden war. Die Wirtschaft fordert an Samstagen rund 50 000 und an Sonntagen rund 6000 Güterwagen zur Beladung an. Daher dürfte sie an diesen Tagen in dem erforderlichen Umfang auch zur Entladung in der Lage sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Minister, ist daraus nicht zu entnehmen, daß die Wirtschaft gezwungen ist, Überstunden zu verlangen, die aber auf der anderen Seite, was die steuerliche Abzugsfähigkeit anlangt, uninteressant sind?
Herr Kollege 'Schmidt, auch die Bundesbahn wird ja, wenn sie am Sonnabend und am Sonntag Wagen stellen muß, veranlaßt, diese Überstunden für die Wirtschaft zu leisten.7164 .Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Ist nicht auch anzunehmen, Herr Minister, daß dadurch in gewissem Umfang Schwarzarbeit gefördert wird, weil auf diese Weise einfach eher Arbeitskräfte zum Entladen zu bekommen sind als über Überstunden?
Ich kann für die Auswüchse und für die Fehler derjenigen, die Eisenbahnwagen entladen wollen, ja nicht einstehen. Das liegt außerhalb des Verkehrsressorts.
Ich rufe auf die Frage X/4 — des Abgeordneten Dr. Hellige —:
Warum beabsichtigt die Bundesregierung das Bundesbahnausbesserungswerk in Göttingen zu schließen?
Herr Bundesminister, bitte.
Darf ich, die Fragen der Herren Abgeordneten Dr. Hellige und Dr. Frede zusammen beantworten, weil sie einen gemeinsamen Komplex betreffen? Sind die Herren einverstanden?
Bitte sehr! Dann rufe ich zusätzlich die Frage X/9 — des Abgeordneten Dr. Frede — auf:
Wie lassen sich die durch die Besuche des Bundespräsidenten, des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen und des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen erweckten Hoffnungen auf Stärkung der Wirtschaftskraft des Zonenrandgebietes mit dem systematischen Abbau der Kapazität des Bundesbahnausbesserungswerkes Göttingen vereinbaren?
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, werden seit Jahren bei ihr umfangreiche technische Umstellungen durchgeführt, zu denen insbesondere der Ersatz der Dampflokomotive durch elektrische und Dieseltriebfahrzeuge gehört. Als Folge dieser Umstellung sinkt der Arbeitsanfall in den Ausbesserungswerken, und zwar besonders in den Dampflokomotiv-Ausbesserungswerken, zu denen auch das Ausbesserungswerk Göttingen gehört, ständig. Von ursprünglich 53 Ausbesserungswerken sind bekanntlich bisher bereits 18 ganz geschlossen worden.
Bereits seit 1953 wird die Belegschaft des Ausbesserungswerkes Göttingen planmäßig vermindert und dem rückläufigen Arbeitsaufkommen angepaßt. Auf die Dauer gesehen wird danach die Erhaltung des Werkes nicht mehr zu vertreten sein. Es werden außer Göttingen auf Grund eines von der Deutschen Bundebahn schon vor zwei Jahren erarbeiteten Programms infolge dieser Entwicklung in nächster Zeit drei Ausbesserungswerke stillgelegt werden müssen. Dabei werden soziale Härten für die Mitarbeiter wie bisher in ähnlichen Fällen möglichst vermieden. Die Auswahl dieser Werke erfolgt nach den betrieblichen und nicht nach geographischen Gegebenheiten. Von den vier im Zonenrandgebiet gelegenen Ausbesserungswerken ist nur Göttingen betroffen. Fulda, Weiden und Braunschweig können dagegen aus betrieblichen Gründen erhalten bleiben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hellige.
Herr Bundesminister, ist die Bundesbahn nicht in der Lage, ohne größere Investitionen eine Fertigung nach Göttingen zu legen, die rationell und gewinnbringend arbeiten kann?
Die Ausbesserungswerke der Bundesbahn sind nicht für Fertigungen, sondern für Ausbesserungen geschaffen; die Fertigungen sollen grundsätzlich der Privatindustrie überlassen bleiben.
Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hellige?
Halten Sie es dann nicht für angebracht, daß in Göttingen Arbeiten vorgenommen werden, die an anderen Stellen durch Gastarbeiter erledigt werden müssen, während in Göttingen noch 500 eingearbeitete Eisenbahner zur Verfügung stehen?
Man kann nicht in einer Reparaturwerkstätte Reparaturen an Sachen vornehmen, für die die Reparaturwerkstätte nicht eingerichtet ist. Sie können nicht ein Lokomotivausbesserungswerk ohne weiteres mit Waggonausbesserungen belegen. Das ist technisch nicht möglich.
Herr Abgeordneter Dr. Frede zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß man andere Reparaturvorhaben nach Göttingen verlegen könnte?
Diese Sache ist von der Bundesbahn geprüft. Die Bundesbahn hat das Ausbesserungswerk in Göttingen seit 1953 soweit wie möglich aufrechterhalten, aber sie ist der Meinung, daß es auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden kann, weil eben insgesamt der Anfall an Reparaturarbeiten zurückgeht und, wie ich gesagt habe, noch eine ganze Anzahl weiterer Ausbesserungswerke geschlossen werden muß. Man kann ja Ausbesserungswerke nicht aufrechterhalten, wenn man nichts mehr auszubessern hat.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Frede.
Herr Minister, halten Sie es nicht für möglich, das Werk in Göttingen in enger Verbindung mit Kassel zu erhalten?
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Wir haben versucht, mit den Henschel-Werken irgendeine Möglichkeit zu finden, daß von Henschel in diesem Werksgelände privatwirtschaftliche Arbeiten ausgeführt werden und Henschel etwa das Werk übernimmt. Diese Verhandlungen sind noch in der Schwebe, aber es scheint mir, daß sie nicht so günstig verlaufen sind, wie das z. B. in Ingolstadt der Fall war.
Herr Abgeordneter Steinmetz zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, werden Sie jede Vorsorge dafür treffen, daß, falls tatsächlich Arbeitseinschränkungen erfolgen müssen oder sogar die Schließung des Betriebes erfolgen sollte, alle frei werdenden Arbeitskräfte möglichst in der Nähe von Göttingen oder in Göttingen selbst wieder eingesetzt werden?
Herr Kollege, das kann bei der Bundesbahn natürlich nicht geschehen. Aber wir haben in all diesen Fällen erreicht, daß jeder Mitarbeiter einen anderen Arbeitsplatz bekommen hat, soweit er nicht bereit war, in einer anderen Dienststelle der Bundesbahn Arbeit aufzunehmen. Wir haben z. B. im Falle Eßlingen einen großen Teil der Belegschaft nach Cannstatt verlegt.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Steinmetz.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß ein großer Teil der in dem Ausbesserungswerk beschäftigten Eisenbahner in Göttingen ein Heim, eine Wohnung, ein kleines Haus mit Garten usw. hat und gern in Göttingen weiter beschäftigt werden möchte?
Herr Kollege Steinmetz, das ist mir sehr wohl bekannt, und alle diese Probleme werden, soweit das irgend möglich ist, geprüft. Aber wir können schließlich nicht aus diesem Grunde Ausbesserungswerke, die nicht mehr benötigt werden, aufrechterhalten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.
Herr Bundesverkehrsminister, darf ich die Bitte an Sie richten, vom Kabinett aus mit den Ministerpräsidenten der Länder grundsätzlich noch einmal die Frage der Schließung von Eisenbahnausbesserungswerken hinsichtlich der Arbeitsmöglichkeiten zu überprüfen. Denn Sie werden wissen, daß wir umgekehrt auch im westlichen Raum ständig von den Betroffenen immer wieder unter Druck gesetzt werden.
Herr Kollege Brück, es läßt sich bei der Rationalisierung der Eisenbahn nicht vermeiden, daß überflüssige Betriebe eingestellt werden. Wir haben bisher und gerade in diesem Fall alles versucht, um die sozialen Folgen auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken. Aber auch die Ministerpräsidenten werden nicht in der Lage sein, das zu tun. Die Frage wird immer mit den obersten Landesbehörden besprochen, und die obersten Landesbehörden werden immer gebeten, alle Möglichkeiten auszunutzen und uns bzw. der Bundesbahn bekanntzugeben, wo wir diese Werke verwenden können. Sie wissen ja auch, Herr Kollege Brück, daß es vielfach gelungen ist, die Werke in irgendeiner anderen Form zu unterhalten, wie z. B. in Konz, in St. Wendel oder in Düren.
Ich komme dann zur Frage X/5 — des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach von Busfahrern privater Unternehmen eine Sehleistung von mindestens l00 % auf dem einen und 80 % auf dem anderen Auge gefordert werde, die Deutsche Bundesbahn dagegen sich bei ihren Busfahrern mit einer Sehleistung von 70 % und 50 %, bei dem zweijährlichen Kontrolltest sogar mit einer Sehleistung von nur 30 % und 20 % begnüge?
Herr Bundesminister, bitte.
Herr Kollege, die in den Pressemeldungen genannten Unterschiede der Anforderungen an die Sehleistungen für Omnibusfahrer treffen zum Teil zu. Die Abweichungen ergeben sich daraus, daß bundeseinheitliche Regeln hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Sehleistung eines in der Fahrgastbeförderung tätigen Kraftfahrers bisher noch nicht aufgestellt worden sind. Eine Klärung dieses Fragenkomplexes soll durch eine beim Bundesgesundheitsamt zu bildende Gutachterkommission angestrebt werden. Diese Kommission wird sich in Kürze konstituieren und uns dann hoffentlich die Unterlagen geben, nach denen wir die einheitlichen Richtlinien erlassen könnten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß auch Sie die Dringlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung anerkennen und sich in dieser Richtung bemühen?
Selbstverständlich, Herr Kollege. Aber, wie gesagt, Frau Kollegin Schwarzhaupt und das Bundesgesundheitsamt werden natürlich in dieser Frage mit eingeschaltet, weil es eine Frage ist, die vom Verkehr in das Gesundheitswesen hinüberspielt. Sie bemühen sich genau wie ich, zu einer guten, einheitlichen Lösung zu kommen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
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7166 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Darf ich in diesem Zusammenhang noch darauf aufmerksam machen, daß auch die Bundeswehr nach Meinung der Augenärzte nicht genügende Anforderungen in den Prüfungen stellt?
Herr Kollege, Sie wissen ja, daß das ganze Problem aus folgenden Gründen so schwierig geworden ist. Früher mußte ein genaues amtsärztliches Zeugnis vorgelegt werden. Diese Vorschrift wurde schon vor längerer Zeit, ich glaube, Anfang der dreißiger Jahre, aufgegeben. Wir fangen erst jetzt wieder an, nach den Erfahrungen, die wir gesammelt haben, in der Öffentlichkeit für diese Notwendigkeit auch die entsprechende Resonanz zu finden. Bisher hat man uns nämlich immer wieder gesagt: Ihr wollt viel zu perfektionistisch sein und wollt möglichst Leute an der Ausübung eines solchen Berufes hindern, oder auch an der Ausübung eines Teilberufes, weil die Leute ja zum Teil das Autofahren und das Autobusfahren zusätzlich zu anderen Berufstätigkeiten betreiben.
Ich komme damit zur Frage X/6 — des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer —:
Hat die gesetzlich zuständige Instanz der Bundesbahnverwaltung einen Beschluß gefaßt, die Bundesbahndirektion Augsburg aufzuheben?
Bitte, Herr Bundesminister.
Herr Präsident, darf ich die Fragen des Herrn Kollegen Dr. Althammer und die Frage des Herrn Kollegen Strohmayr — Frage X/12 — gemeinsam beantworten, weil sie denselben Komplex betreffen?
Bitte sehr! Ich rufe dann noch auf die Fragen X/7 und X/8 — des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer:
Ist jemals offiziell eine Gesamtberechnung der Kosten für eine Auflösung der Bundesbahndirektion Augsburg unter Einschluß aller Nebenkosten, wie zum Beispiel für die Verlagerung der Ämter und Versetzung der Beamten, erstellt worden?
Wird das Bundesverkehrsministerium darauf hinwirken, daß bei allen Überlegungen zur Umorganisation der Deutschen Bundesbahn in Bayern raumordnerische Gesichtspunkte zur Entballung des Raumes München eine vorrangige Bedeutung erhalten?
Weiter rufe ich auf die Frage X/12 — des Herrn Abgeordneten Stromayr —:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob der Vorstand der Deutschen Bundesbahn in seinem Bericht — Drucksache IV/2661 — auch an die Auflösung der Bundesbahndirektion Augsburg denkt, obwohl die zur Auflösung vorgeschlagenen Direktionsbezirke lediglich mit je zehn Punkten angedeutet worden sind?
Herr Präsident, der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat, wie unsere verehrten Herren Kollegen aus der Drucksache IV/ 2661 auf Seite 248 — der Vorlage betreffend „Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn" — entnehmen können und wie es auch das seinerzeit vom Bundestag angeforderte und ihm vorliegende sogenannte Brand-Gutachten — Bundestagsdrucksache III/1602 — verlangt, auch die Auflösung von Bundesbahndirektionen als organisatorische Maßnahme der inneren Rationalisierung behandelt. Es werden mehrere Direktionen in die Prüfung einbezogen. Eine endgültige Entscheidung des Vorstandes liegt noch nicht vor, weil noch kein bestimmter Antrag an den Verwaltungsrat gerichtet worden ist. Nach dem Bundesbahngesetz bedarf die Auflösung einer Bundesbahndirektion neben der Willensbildung im Vorstand eines Beschlusses des Verwaltungsrates der Deutschen Bundesbahn nach § 12 des Bundesbahngesetzes und einer ausdrücklichen Genehmigung des Bundesministers für Verkehr nach § 14. Es ist aber dabei zu berücksichtigen, daß der Antrag auf Auflösung einer Bundesbahndirektion ebenso wie anderer Bundesbahndienststellen größeren Umfangs der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörde mitzuteilen ist und daß ihr, in diesem Falle dem bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, vom Vorstand Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.
Selbstverständlich werden bei jeder Maßnahme organisatorischer Art, worauf ich schon das letztemal hingewiesen habe, immer auch eingehende Untersuchungen über den zu erwartenden Rationalisierungseffekt angestellt, insbesondere über das Verhältnis der notwendigen Aufwendungen zum Ertrag einer solchen Maßnahme. Ich bin der Auffassung, daß der Herr Bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr neben allen anderen Gesichtspunkten sicherlich auch die erforderlichen Überlegungen hinsichtlich der Raumordnung in seine Stellungnahme einbeziehen und mir damit Gelegenheit geben wird, sie bei meiner endgültigen Entscheidung zu würdigen. Sicher wird auch die Frage geprüft, ob etwa andere zentrale Behörden an den bisherigen Sitz einer etwa aufzuhebenden Direktion verlegt werden können oder sogar sollen. Dies kann sogar aus inneren organisatorischen Gründen die Entscheidung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn erheblich beeinflussen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Althammer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, Sie haben die einzelnen Fragen zusammengefaßt. Darf ich auf die erste Frage, die ich gestellt habe, zurückkommen und Sie im Anschluß an Ihre Auskunft fragen, ob Vorbereitungsmaßnahmen zu einer etwaigen Auflösung bereits getroffen worden sind?
Von solchen Maßnahmen ist mir nichts bekannt. Bevor der Vorstand einen Antrag an den Verwaltungsrat richtet, muß er das Benehmen mit der bayerischen Staatsregierung herstellen. Mir ist bisher nicht bekannt, daß der Vorstand an den Bayerischen Minister für Wirtschaft und Verkehr in dieser Richtung herangetreten ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7167
Darf ich zu meiner zweiten Frage die Zusatzfrage stellen, ob bei den von Ihnen erwähnten bisherigen Vorschlägen — dem Brand-Gutachten und jetzt dem neuen Gutachten — bereits Kostenberechnungen enthalten sind oder in Zusammenhang damit erstellt worden sind?
Bei dem Brand-Gutachten sind diese Kostenrechnungen erstellt. Bei den jetzigen Vorschlägen der Bundesbahn ist eine Kostenrechnung deswegen noch nicht erstellt, weil noch nicht konkrete Vorschläge gemacht, sondern mehrere Bundesbahndirektionen in den Bereich der Überlegungen einbezogen worden sind.
Zu meiner dritten und letzten Frage darf ich die Zusatzfrage stellen, Herr Minister, ob bei den gesamten Plänen der Zusammenlegung mit München berücksichtigt ist, daß die Bundesbahndirektion München bei einem Anschluß Augsburgs zu einer sogenannten Mammutdirektion werden würde und im Verhältnis zu allen anderen bayrischen Bundesbahndirektionen sowohl in bezug auf Gleislänge als auch in bezug auf Personal mit Abstand am höchsten besetzt wäre?
Herr Kollege, es ist, soweit ich aus früheren Überlegungen weiß, nicht beabsichtigt, eine Direktion in der Form aufzulösen, daß sie in ihrem gesamten Umfang einer anderen Direktion zugeteilt wird, sondern es ist zu erwarten, daß ein solcher Direktionsbezirk verschiedenen benachbarten Direktionen zugeteilt wird, wobei ich auch nicht absolut sicher sagen kann — das kann auch in anderen Fällen so sein —, daß dabei die Landesgrenze mit der Direktionsgrenze zusammenfällt.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Minister. Ist bei diesen gesamten Plänen berücksichtigt, daß noch andere Spezialwerkstätten oder große Behördenorganisationen der Bundesbahn nach München verlegt werden sollen?
Ich hoffe, daß der Bundesbahnvorstand das berücksichtigt hat. Es sind ja nicht meine Vorschläge, Herr Kollege, sondern die Vorschläge des Vorstands der Bundesbahn, die ich im einzelnen immer nur prüfen kann, wenn sie sich konkretisieren. Vorläufig sind sie ganz allgemein in diesen Vorschlägen niedergelegt. Infolgedessen kann ich auch nicht sagen, wie das im einzelnen gedacht ist. Ich glaube nur sagen zu können, daß für den Fall, daß an irgendeiner Stelle eine Auflösung einer zentralen Dienststelle erfolgt, die Bundesbahn sicher erwägt, die vorhandenen Wohnungen und Diensteinrichtungen für andere Dienststellen in Anspruch zu nehmen.
Keine Zusatzfrage mehr? — Dann Herr Abgeordneter Strohmayr zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wurden die Namen der angeblich zur Auflösung anstehenden zwei Bundesbahndirektionen deswegen verschwiegen, um zu verhindern, daß sich die Offentlichkeit rechtzeitig mit dem Problem befassen kann?
Ich kann Ihnen diese Antwort leider nicht geben, Herr Kollege Strohmayr, weil mir die innere Überlegung des Bundesbahnvorstands, weshalb er an dieser Stelle keinen Namen, sondern Pünktchen gesetzt hat, nicht bekannt ist. Ich möchte aber annehmen, daß sich der Vorstand der Bundesbahn selbst noch nicht endgültig klar darüber ist, welche Direktionen es sein sollen, da in den früheren Vorschlägen des Brand-Gutachtens sogar von drei Direktionen gesprochen wurde.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, es ist also Ihre Auffassung, daß noch nicht endgültig feststeht, daß die Bundesbahndirektion Augsburg nach diesem Gutachten der Auflösung verfallen wird?
Nein, Herr Kollege, das steht noch nicht endgültig fest. Andererseits ist natürlich Augsburg als kleinste aller Direktionen bei solchen Überlegungen immer mit im Schußfeld.
Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß in einem ähnlichen Rationalisierungsgutachten auf dem Sektor der Bundespost die Zahl von 25 000 Beschäftigten als Rationalisierungsoptimum für einen größeren Direktionsbereich festgestellt worden ist?
Das ist mir bekannt, Herr Kollege. Aber Post und Bahn sind nicht dasselbe, und in dem großen Gutachten von Herrn Brand und seiner Kommission, das Ihnen in einer Drucksache vorliegt, ist als Optimum für eine Bundesbahndirektion eine andere Zahl genannt.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Minister, darf ich daraus entnehmen, daß Sie mit einer Beschäftigtenzahl von etwa 40 000 bis 45 000 noch eine gute Verkehrsbedienung im Rahmen einer Bundesbahndirektion für möglich halten?
Jawohl, Herr Kollege. Wir haben ja heute schon Bundesbahndirektionen mit derartigen Personalzahlen.
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7168 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ross !
Herr Minister, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß eine bessere Koordinierung der gesamten sogenannten Rationalisierung der Deutschen Bundesbahn hätte Platz greifen müssen und daß es, wenn das geschehen wäre, nicht dazu zu kommen brauchte, in den Industrieballungsräumen mehr Gastarbeiter heranzuholen, dagegen im niedersächsischen Grenzraum Werke zu schließen und deutsche Familien aus Eigenheimen umsiedeln zu müssen? Das alles ist doch sicher nur darauf zurückzuführen, daß die echte Rationalisierung nicht Platz gegriffen hat.
Herr Kollege, das ist eine Kritik an den Maßnahmen des Vorstandes der Bundesbahn, die dieser in eigener Zuständigkeit zu treffen hat. Ich darf Sie bitten, das Bundesbahngesetz zu studieren und daraus festzustellen, daß dem Bundesminister für Verkehr nur die Genehmigung oder die Versagung der Genehmigung bei Schließung von großen Dienststellen obliegt, Einzelweisungen und Einzeleingriffe ihm aber leider nicht möglich sind. Dieses Gesetz ist von diesem Hohen Hause beschlossen worden.
Herr Abgeordneter Ross zu einer zweiten Zusatzfrage?
Herr Bundesverkehrsminister, ist Ihnen bekannt, daß in Niedersachsen weitere Werke geschlossen werden sollen?
Soweit mir bisher bekannt ist, sollen Ausbesserungswerke in Niedersachsen, außer Göttingen, nicht geschlossen werden. Ich habe vorhin gesagt, daß, soweit mir bekannt ist, das Braunschweiger Werk, das im Zonenrandgebiet liegt, nicht geschlossen wird und daß auch von Lingen zur Zeit nicht die Rede ist.
Wir kommen dann zur Frage X/10 — des Abgeordneten Strohmayr —:
Trifft es zu, daß junge Fahrlehrer der Klasse III, auch wenn keine besonderen technischen Vorkenntnisse vorhanden sind, bereits nach einem Jahr Fahrlehrerpraxis eine „Fachschule für Fahrlehrer" eröffnen können?
Herr Bundesminister, bitte.
Herr Kollege Strohmayr, die beiden Fragen, die Sie gestellt haben, bitte ich zusammen beantworten zu dürfen, wenn der Herr Präsident einverstanden ist.
Bitte sehr! Ich rufe dann zusätzlich die Frage X/11 — des Abgeordneten Strohmayr — auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, Vorschriften über die Ausbildung von Fahrlehrern zu erlassen?
Danke sehr! — Fachschulen für Fahrlehrer bedürfen kraft Verkehrsrechts leider keiner behördlichen Zulassung. Die Einrichtung und der Betrieb einer solchen Schule ist also nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden.
Die Frage des Erlasses von Rechtsvorschriften über die Ausbildung von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis wurde wiederholt mit den obersten Landesverkehrsbehörden erörtert. Ich habe mich dafür eingesetzt, daß solche Rechtsvorschriften erlassen würden; aber die Länder haben die Zuständigkeit des Bundes in dieser Frage bezweifelt und mit entsprechenden Maßnahmen beim Bundesverfassungsgericht im Falle eines Erlasses von Rechtsvorschriften gedroht, weil nach ihrer Auffassung für Fragen des Schulwesens allein die Länder zuständig sind.
Fachschulen für Fahrlehrer werden auf privatwirtschaftlicher Basis eingerichtet. Sie stehen natürlich als Privatunternehmen in Konkurrenz untereinander. Auf die Dauer wird sich daher nur die Schule durchsetzen, deren Ausbildung den Schülern die beste Gewähr für ein Bestehen der Prüfung bietet.
Die Interessen der Verkehrssicherheit sind durch die Vorschriften über die Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis, insbesondere über die Durchführung der Prüfung, gewahrt. Sie stellen sicher, daß nur die Bewerber die Fahrlehrererlaubnis erhalten, die die dafür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Die Prüfungen werden allerdings von den Überwachungsvereinen oder von den Ländern abgehalten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Bundesverkehrsminister, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß gerade die Ausbildung der Fahrlehrer sehr wichtig ist und daß durch gute Fahrlehrer wahrscheinlich auch dem Verkehrstod entgegengearbeit werden kann?
Ich bin vollkommen Ihrer Meinung, Herr Kollege, und ich habe mich ja auch in den letzten Jahren sehr bemüht, hier durch eine Rechtsverordnung ganz klare Maßstäbe zu setzen. Aber leider bin ich dabei an den Zuständigkeiten gescheitert.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Strohmayr.
Herr Bundesverkehrsminister, wären Sie nach wie vor bereit, sich zu bemühen, daß eine solche Verordnung doch noch zustande kommt?
Ich lasse in solchen Bemühungen niemals nach, weil ich immer auf die bessere Einsicht der anderen Seite hoffe.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7169
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmidt .
Herr Minister, können Sie darüber Auskunft geben, wie viele Fachschulen zur Ausbildung von Fahrlehrern es zur Zeit in der Bundesrepublik gibt?
Herr Kollege, ich will Ihnen diese Auskunft gern schriftlich geben. Im Augenblick stehen mir die Zahlen nicht zur Verfügung. Ich möchte Ihnen auch keine ungenauen Angaben machen.
,, Ich komme zur Frage X/13 — des Abgeordneten Josten —:
Welche Pläne hat die Bundesregierung nach dem neuesten Stand zur Errichtung einer Rheinbrücke zwischen AndernachNeuwied?
Herr Kollege Josten, das im Sommer dieses Jahres, wie ich Ihnen mitteilte, von einem Ingenieurbüro erstellte Verkehrsgutachten über die Lage einer neuen Rheinbrücke im Raum AndernachNeuwied ist von der Auftragsverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz inzwischen einer eingehenden Prüfung unterzogen und den betroffenen Gemeinden und den interessierten Behörden und Verbänden zur Stellungnahme übersandt worden. Wie mir die Auftragsverwaltung mitteilt, hat sie für den 19. November, also in wenigen Tagen, einen Erörterungstermin mit allen Beteiligten angesetzt, um dort die Frage der Rheinbrückenlage zu erörtern. Die Auftragsverwaltung wird mir danach einen Bericht vorlegen und meine Entscheidung gemäß ihrem Vorschlag erbitten. Die Frage, ob eine nördliche oder eine südliche Brückenlage in Betracht kommen wird, kann ich daher noch nicht abschließend beantworten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Wirtschaft im Raum AndernachNeuwied, und hier insbesondere die Bimsindustrie, für den Bau einer Nordbrücke eintritt?
Herr Kollege, das ist mir sehr wohl bekannt; denn diese Probleme haben wir beide wiederholt besprochen, und ich habe sie auch an Ort und Stelle besprochen.
Ich darf bemerken, daß wir seinerzeit die Frage auch deswegen erörtert haben, weil Beschwerden von den Rasselstein-Werken gekommen sind, die durch die Brücke in Nordlage in ihrer Ausdehnung in Mitleidenschaft gezogen werden würden. Außerdem besteht insofern ein gewisses Bedenken gerade der Bimsindustrie gegenüber der Nordlage, weil dann die sogenannte Rottbitze-Straße, die ja gebaut werden soll, um die Automobile der Bimsindustrie rascher zur Autobahn in Richtung Ruhrgebiet zu bringen, an diese Nordbrücke keinen guten Anschluß, oder vielleicht überhaupt keinen Anschluß, erhalten kann. Aus diesem Grunde ist ja das Verkehrsgutachten angefordert worden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Minister, wann kann frühestens mit dem Bau dieser geplanten Rheinbrücke gerechnet werden?
Das ist sehr schwer zu sagen, Herr Kollege; denn wenn die Lage endgültig festliegt, müssen wir ja in die Planfeststellung eintreten, wir müssen alle übrigen zusätzlichen Maßnahmen erst planen und planfeststellen lassen, bevor das Unternehmen sozusagen haushaltsreif wird. Das wird also noch einige Zeit dauern; wie lange, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Dringlichkeit der Maßnahme ist uns beiden bewußt und liegt mir auch am Herzen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher.
Herr Bundesverkehrsminister, welche Brücke wird zuerst gebaut werden, die im Raum Bingen — Rüdesheim oder die Neuwied — Andernacher?
Die Rüdesheimer Brücke ist wesentlich weiter in der Planung und dürfte deswegen eher gebaut werden als die Andernacher.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Stadt Neuwied seit langen Jahren ihre ganze Bau-, Verkehrs- und Hafenplanung mit erheblichen Kosten darauf abgestellt hat, daß eine Südbrücke gebaut wird, und sind Sie bereit, diesen Tatestand bei der letzten Entscheidung später gebührend zu berücksichtigen?
Jawohl, Herr Kollege Wuermeling, das ist mir bekannt .Auch die Auftragsverwaltung hat in den bisherigen Darlegungen darauf hingewiesen. Insbesondere hat die Auftragsverwaltung, wie ich soeben schon bemerkte, darauf hingewiesen, daß diese von Neuwied gewünschte Lage eben einen Anschluß an die Rottbitze-Straße ermöglichen würde, während das bei der anderen Lage auf sehr große Schwierigkeiten stößt. Da wir das beides abzuwägen ha-
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7170 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Bundesminister Dr. -Ing. Seebohmben, werden wir alle diese Dinge sehr sorgfältig in unsere Überlegungen einbeziehen.
Ich komme zur Frage X/14 — des Abgeordneten Weigl —:
Sind die Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrs- und dem Bundesverteidigungsministerium betreffend den Ausbau eines Teilabschnitts der Staatsstraße 2166 zur Bundesstraße 470 bereits abgeschlossen?
Herr Kollege Weigl, die Verhandlungen sind abgeschlossen. Sie bezogen sich auf die Herstellung des Teilabschnittes der geplanten Ortsumgehung von Weiden im Zuge der Bundesstraße 15 zwischen der Staatsstraße 2166 und der Bundesstraße 470. Im Hinblick darauf, daß hier ein militärisches Interesse vorliegt und der Straßenabschnitt vor Fertigstellung der Umgehungsstraße als Ganzes für den Fernverkehr keine große Bedeutung hat, erfolgt die Finanzierung aus Mitteln des Verteidigungshaushalts. Der Herr Bundesminister der Verteidigung hat die Wehrbereichsverwaltung VI angewiesen, das Erforderliche zu veranlassen. Ich habe parallel dazu die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern unterrichtet und sie gebeten, ihrerseits die Vorbereitungen zur Durchführung des Bauvorhabens im nächsten Frühjahr zu treffen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weigl.
Herr Bundesminister, in welcher Höhe beteiligt sich der Bundesminister der Verteidigung an den Kosten dieses Ausbaus?
Nach dem jetzigen Stand muß er die Kosten ganz übernehmen.
Wir kommen zur Frage X/15 — des Herrn Abgeordneten Sander —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die B 83, die als Umgehungsstraße an den Ortschaften Kemnade und Bodenwerder vorbeiführt, keine kreuzungsfreien Abfahrten zu den betreffenden Ortschaften hat?
Ist der Herr Abgeordnete Sander im Saal?
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Sander zusammen beantworten.
Einen Augenblick. Der Herr Abgeordnete Sander ist offensichtlich nicht im Saal. Die soeben aufgerufene Frage und die Frage X/16 — des Herrn Abgeordneten Sander —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei Inbetriebnahme der Umgehungsstraße auf der B 83 — Abzweigung Kemnade-Bodenwerder — schwerste Bedenken erhoben wurden und auf die in Frage X/15 aufgezeigten Gefahrenmomente hingewiesen worden ist?
werden schriftlich beantwortet.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister. Wir stehen am Ende der Fragestunde.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 36 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache IV/ 2681).
Das Wort wird nicht begehrt. Ich nehme an, daß das Haus den Antrag des Ausschusses annimmt. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Nachwahl zur Beratenden Versammlung des Europarates.
Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 9. November 1964 als Nachfolger für den verstorbenen Abgeordneten Lermer den Abgeordneten Dr. Besold als stellvertretendes Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates benannt. Ist das Haus mit diesem Vorschlag einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der Abgeordnete Dr. Besold als stellvertretendes Mitglied des Europarates gewählt.
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Krankenpflegegesetzes .
Das Wort zur Einbringung hat die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den ich heute vorlege, bringt im wesentlichen zwei Neuerungen. Erstens sollen die Voraussetzungen für eine Anhebung der Ausbildung der Krankenschwestern gegeben werden. Der Grund dafür ist die Entwicklung der Medizin, die es mit sich bringt, daß von der Krankenschwester mehr als früher verlangt wird.Zweitens wird der Beruf der Pflegehelferin, die nach kürzerer Ausbildung als Helferin der vollausgebildeten Schwester im Krankenhaus tätig sein kann, gesetzlich geregelt; dieser Beruf besteht seit langem ohne eine gesetzliche Regelung.Zum ersten: Der Bundestag hat am 12. Juni 1964 die Bundesregierung ersucht, bei der Neufassung des Krankenpflegegesetzes bestimmte Richtlinien zu beachten und eine Reihe von Anregungen zu prüfen. In dem vorliegenden Entwurf wird entsprechend den Richtlinien, die der Bundestag damals entwickelt hat, eine dreijährige Ausbildung an einer staatlich anerkannten Krankenpflege- oder Kinderkrankenpflegeschule verlangt. Das Nähere über die Ausbildung und Prüfung soll durch Rechtsverordnung geregelt werden.Das Krankenpflegegesetz von 1957 enthielt allerdings auch Einzelheiten über den Lehrgang, die Lehrfächer und die Unterrichtsstunden. Bei einer
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Bundesminister Frau Dr. Schwarzhauptfrüheren Gelegenheit, am 21. Dezember 1958, als die Regelung anderer Heilberufe und die Ausbildung dafür zur Debatte standen — nämlich der medizinisch-technischen Assistentin, der Krankengymnastin, der Masseure usw. —, hat der Bundestag beschlossen, die Gesetze von den Einzelheiten der Ausbildung, die in dem Regierungsentwurf enthalten waren, zu entlasten. Unter anderem sollte damit erreicht werden, daß veränderte Anforderungen an die Ausbildung, wie sie im Zuge der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft notwendig sein können, in einfacherer Weise schneller berücksichtigt werden können, als dies durch eine Gesetzesänderung möglich ist.Der vorliegende Entwurf trägt diesem Wunsch des Parlaments Rechnung. Es ist nicht Willkür von uns, daß wir eine Reihe wichtiger Bestimmungen in eine Rechtsverordnung aufnehmen wollen. Der Entwurf stimmt also insofern mit den geltenden Gesetzen und dem Wunsch des Parlaments überein.Dem Entwurf sind deshalb keine Einzelheiten über die Vorbildung und Ausbildung zu entnehmen. Um so wichtiger erscheint es mir, daß ich Sie über die Vorstellungen zu diesen Fragen unterrichte.Wir haben schon im April die Länderbehörden, die ihrerseits zu dem Gesetz befragt worden sind, über unsere Vorstellungen in bezug auf die Rechtsverordnung unterrichtet. Als Vorbildung soll normalerweise eine abgeschlossene 10jährige Schulbildung gefordert werden. Keineswegs aber darf die begabte und für einen pflegerischen Beruf menschlich und geistig geeignete Volksschülerin ausgeschaltet werden. Es sollen eine Reihe von Wegen vorgesehen werden, um ihr diesen Zugang zu ermöglichen und zu erleichtern. Wir denken dabei insbesondere an Mädchen mit Volksschulbildung aus ländlichen Familien, aus denen erfahrungsgemäß seither besonders wertvolle Kräfte für die Krankenpflege kamen. Diesen Mädchen muß der Zugang zur Vollschwesterausbildung offenbleiben.Heute schon ist für diese Mädchen eine Überbrückung der Zeit zwischen der Entlassung aus der Volksschule und dem Eintritt in die Krankenpflegeausbildung nötig. Auch künftig wird der Eintritt in diese Ausbildung erst mit dem 18., ausnahmsweise im 17. Jahr möglich sein.Eine der wichtigsten Einrichtungen, die diese Überbrückung möglich machen, war bisher die Pflegevorschule. Diese Pflegevorschulen, die eine dreijährige Ausbildung vorsehen, haben sich in den vergangenen Jahren in großer Zahl entwickelt. Sie haben gerade die Aufgabe, jungen Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren Lebens- und Berufshilfe zu geben und ihnen bei der Berufsfindung behilflich zu sein. Das ist in hervorragendem Maße gelungen. So haben sich nach einem mir vorliegenden Bericht einer Arbeitsgemeinschaft von Pflegevorschulen 75 % der Vorschülerinnen für einen pflegerischen Beruf im engeren Sinne entschieden, obwohl die Pflegevorschulen nicht nur den pflegerischen Berufen, sondern auch einer Reihe anderer sozialpflegerischer und sozialpädagogischer Berufe den Nachwuchs zuführen sollen.Ich erwähne die Pflegevorschule ausdrücklich, weil in den Richtlinien des Ausschusses für Gesundheitswesen nur von Schwesternvorschulen die Rede ist. Die Schwesternvorschulen sollen natürlich ebenso diese Aufgabe mit erfüllen; es müssen aber auch noch andere Wege offen sein, die einen der abgeschlossenen zehnjährigen Schulbildung vergleichbaren Bildungstand vermitteln, z. B. eine abgeschlossene einschlägige Lehre, etwa eine hauswirtschaftliche oder landwirtschaftliche Lehre, oder der Weg über die Prüfung und die Tätigkeit der Pflegehelferin. Darauf komme ich nachher noch einmal zu sprechen.Die hauswirtschaftliche Tätigkeit, die nach den Vorschriften des Krankenpflegegesetzes von 1957 ein Jahr dauert, soll entsprechend dem Antrag des Ausschusses für Gesundheitswesen auf ein halbes Jahr verkürzt werden. Bei dem Besuch einer Vorschule wird sie dort mit abgeleistet.Nun zur Ausbildung selbst. Das Krankenpflegegesetz von 1957 regelt die Mindeststundenzahl nur für den theoretischen Unterricht — mit 400 Mindeststunden —, während die Ausgestaltung der Ausbildung im übrigen, insbesondere der praktischen Ausbildung, den einzelnen Schulen überlassen bleibt. Eine Reihe von Schulen hat von der Freiheit, die ihnen hier der Gesetzgeber gibt, einen guten Gebrauch gemacht und ihren Schülerinnen eine gute Ausbildung vermittelt. Es läßt sich aber nicht abstreiten, daß das nicht überall so ist.Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, in der alle an der Krankenpflege beteiligten Kreise vertreten sind, hat eine Stundenzahl von 1050-1500, der Bundesgesundheitsrat hat als Mindestunterricht 1500 Stunden in drei Jahren für theoretischen und praktischen Unterricht gefordert. Ich möchte deutlich machen, daß es sich hier nicht um den theoretischen Unterricht allein, sondern um den theoretischen und den praktischen Unterricht, also auch den Unterricht am Krankenbett, handelt. Es kann also keine Rede davon sein, daß die durch das Krankenpflegegesetz von 1957 festgelegte Zahl von 400 theoretischen Stunden nun auf 1500 erhöht werden soll; denn es besteht allgemeines Einvernehmen darüber, daß die Unterweisung am Krankenbett und im Umgang mit den Kranken für die Ausbildung in der Krankenpflege eine unabdingbare Voraussetzung ist und daß in diesen 1500 Stunden selbstverständlich auch der Unterricht im praktischen Dienst am Krankenbett, wie er nach der alten Ordnung in dem praktischen Jahr gegeben wurde, enthalten sein muß.Wir werden, ausgehend von dem Rahmenplan, den die Deutsche Krankenhausgesellschaft erarbeitet hat, diese Frage noch einmal in allen Einzelheiten mit den beteiligten Fachkreisen diskutieren. Die Ausbildungsordnung wird eine Aufgliederung der Unterrichtsstunden auf die einzelnen Lehrfächer enthalten. Dabei schwebt mir eine nicht allzu starre Regelung vor, ähnlich der, die in der Ausbildung nach der Prüfungsordnung für Krankengymnasten getroffen ist. Dieser Ausbildungsordnung wird ein Lehrplan als Richtlinie für die Gestaltung des Unterrichts beigefügt.
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Bundesminister Frau Dr. SchwarzhauptDabei wird noch Gelegenheit sein, die Zahl der Unterrichtsstunden, wie sie Krankenhausgesellschaft und Bundesgesundheitsrat vorgeschlagen haben, nachzuprüfen. Wir werden auch bedenken müssen, daß es vielleicht gar nicht richtig ist, eine Mindeststundenzahl so starr zu fordern; denn wir wissen, daß in einer Übergangszeit schon bei der Gewinnung der erforderlichen Lehrkräfte große Schwierigkeiten zu überwinden sind. Ich denke daran, daß man mit 1200 Stunden praktischem und theoretischem Unterricht auskommen sollte und daß man dies als eine Richtlinie für die Gestaltung der Lehrpläne aufstellen sollte.Nun zum zweiten Punkt! Die zweite Neuerung sind die Vorschriften über die Krankenpflegehelferinnen und -helfer. Mit der gesetzlichen Normierung dieses bereits weithin bestehenden Berufes entsprechen wir dem Antrag des Ausschusses für Gesundheitswesen und des Parlaments ebenso wie mit der vorgesehenen Ausbildungsdauer von 12 Monaten für diesen Beruf. Das Gesetz enthält auch eine Vorschrift über die Verkürzung des Lehrgangs in der Krankenpflege für diejenigen Schülerinnen, die bereits als Krankenpflegehelferinnen ihr Examen gemacht haben und tätig warten. Damit ist deutlich gemacht, daß den Krankenpflegehelferinnen der Übergang in den Beruf der Krankenschwester ermöglicht werden soll. Als Vorbildung für die Krankenpflegehelfer und Krankenpflegehelferinnen ist die abgeschlossene Volksschulbildung vorgesehen. Die Zulassung zur Krankenpflegeschule soll nach mehrjähriger Bewährung im Beruf der Krankenpflegehelferin oder des Krankenpflegehelfers möglich sein.Ich möchte aber deutlich sagen, daß für die Krankenpflegehelferin auf einen wenn auch verkürzten Lehrgang in der Krankenpflege und auf die Krankenpflegeprüfung nicht verzichtet werden kann, wenn sie ihre Tätigkeit als Krankenschwester ausüben will Nach Mitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist schon durch die vielerorts bestehende Ausbildung von Pflegehelferinnen der pflegerischen Tätigkeit ein Personenkreis zugeführt worden, dessen Mithilfe besonders erwünscht ist, nämlich ältere Frauen, die sich nicht mehr in der Lage sehen, die langdauernde dreijährige Ausbildung zur Krankenschwester auf sich zu nehmen. Es ist also nicht etwa daran gedacht, daß der normale Weg der Volksschülerin zum Beruf der Krankenschwester der über die Krankenpflegehelferin sein soll. Wie ich bereits erwähnt habe, sollen für die Volksschülerin noch andere, direkte Zugangswege offenbleiben.Nun noch eine Frage zum Schluß! Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme empfohlen, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob nicht in einer besonderen Vorschrift bestimmte Tätigkeiten auf dem Gebiete der Krankenpflege durch Gesetz der Krankenschwester bzw. dem Krankenpfleger mit dreijähriger Ausbildung vorbehalten werden sollten. Diese Frage ist bereits bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs eingehend geprüft worden, ohne daß ein befriedigende Regelung zu finden war. Sie wird wohl im Laufe der weiterenVerhandlungen im Ausschuß noch einmal geprüft und erörtert werden müssen. Eine wesentliche Abstufung der Tätigkeit der Schwester von der der Krankenpflegehelferin ist bereits mit dem Namen gegeben Die Krankenpflegehelferin ist Helferin der Schwester. Ihre Tätigkeit setzt bei den schwereren pflegerischen Diensten die Leitung durch eine vollausgebildete Schwester voraus.Schließlich hat der Bundestag auf Antrag des Gesundheitsausschusses die Bundesregierung ersucht, zu prüfen, ob in der Neufassung des Krankenpflegegesetzes nicht nur die Berufsbezeichnung, sondern auch die Berufsausübung geschützt werden kann, ob die Berufsfortbildung gesetzlich gewährleistet und ob für den beruflichen Aufstieg zu Schulschwestern und zu leitenden Schwersternstellungen eine zusätzliche Ausbildung durch Bundesgesetz verlangt werden kann. Alle drei Fragen haben wir nochmals geprüft. Sie sind wiederum verneint worden, teils aus rechtlichen, teils aus praktischen Erwägungen. Ich möchte auf die Frage des Schutzes der Berufsausübung im Augenblick nicht noch einmal eingehen. Bei einer früheren Debatte — im Frühjahr dieses Jahres — haben wir darüber schon so eingehend gesprochen, daß ich nur wiederholen könnte, was ich damals schon gesagt habe. Ich glaube, die Argumente zu diesem Thema sind bekannt.Von einem Krankenpflegegesetz des Bundes ist nicht zu erwarten, daß der Mangel an Krankenpflegepersonal beseitigt wird. Dieser Mangel ist eine internationale Erscheinung; die Ursachen sind vielschichtig. Die erhöhten Anforderungen, die durch die Neuregelung an die Ausbildung und Vorbildung der Krankenschwestern gestellt werden sollen, sind in erster Linie durch den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft und die immer komplizierter gewordene Organisation unserer Krankenhäuser bedingt.Daneben möchte ich auf einen Gesichtspunkt hinweisen, den die Deutsche Krankenhausgesellschaft vorbringt. Der Beruf der Krankenschwester und des Krankenpflegers sollte auch für solche Bevölkerungskreise anziehend gemacht werden, die auf eine anspruchsvollere Ausbildung ihrer Töchter Wert legen.Im übrigen ist die Neuregelung hinsichtlich der Vorbildung nicht so revolutionär, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Nach einer repräsentativen Erhebung über die Vorbildung der Krankenpflegeschülerinnen und -praktikantinnen vom Dezember 1961 waren es damals nur etwas über 37 %, die lediglich eine abgeschlossene Volksschulbildung ohne zusätzliche Vorbildung besaßen. Alle übrigen hatten auch damals schon eine zusätzliche Vorbildung, als sie in die Krankenschwesternausbildung eintraten.Wir sind uns aber klar darüber, daß zur Krankenschwester nicht allein eine gute intellektuelle und praktische Ausbildung gehört, sondern auch eine innere Bereitschaft zu einem pflegerischen Beruf. Der Gesetzgeber kann für die Ausbildung Mindestanforderungen festlegen. Den wichtigen Beitrag der menschlichen und persönlichen Bildung werden auch heute die vielfältigen Schwesternschaften, Mutter-
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Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupthäuser und Verbände, die es in unserem Lande gibt, zu leisten haben. Ihnen wird es obliegen, die menschliche Bildung für diesen Beruf zu gewährleisten, die Überzeugung von dem Wert dieser Ausbildung auch für junge Mädchen, die später heiraten, deutlich zu machen und den Menschen bewußt zu machen, was der Sinn eines diakonischen Dienstes am Kranken ist. Daß dies auch heute noch in unserer Gesellschaft in hohem Maße geschieht, dafür können wir den Schwesterngemeinschaften sehr verschiedener, konfessioneller und nichtkonfessioneller Art mit Ehrfurcht danken.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Engländer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Minister Schwarzhaupt hat soeben den Entwurf eines Krankenpflegegesetzes begründet und hinzugefügt, wie sie eine Rechtsverordnung zu gestalten beabsichtigt. Dafür bin ich ihr sehr dankbar; denn die Rechtsverordnung gehört ja praktisch mit dem Gesetz zusammen.Der Gesetzentwurf ist ja nur ein Rahmengesetzentwurf. Nach dem vorliegenden Krankenpflegegesetzentwurf wird Frau Minister für das Gesundheitswesen ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats das Nähere über die Ausbildung und die Prüfungen in der Krankenpflege und der Krankenpflegehilfe sowie die Prüfungsgebühren zu regeln. Es ist zu hoffen, daß bis zur Beratung des Entwurfs im Ausschuß die zu erlassende Rechtsverordnung vorliegen wird. Ohne genaue Kenntnis ihres Inhalts, der die heute notwendigen Voraussetzungen für die Einschulung in die Krankenpflegeberufe und die Ausbildung und Prüfungsordnung festlegt, würden die Ausschußberatungen auf unsicherem Boden stehen.
Wir alle haben eine große Menge von Zuschriften erhalten. Wir werden uns sehr ernst mit den darin anklingenden Wünschen und Bedenken von Personengruppen, die unmittelbar mit der Ausführung des Gesetzes befaßt sein werden, auseinandersetzen müssen.Wir wissen, daß die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft immer qualifiziertere Kenntnisse von den Krankenschwestern fordert. Darum muß ihre Ausbildung intensiviert werden, die Unterrichtsstunden müssen vermehrt und an die bildungsmäßigen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Krankenpflegeschulen höhere Anforderungen gestellt werden. Dabei muß aber beachtet werden, daß den von den Volksschulen kommenden, oft besonders geeigneten jungen Menschen die Möglichkeit zur entsprechenden Vorbildung gegeben werden muß. Ich denke dabei z. B. an die schon heute übliche Ausbildung in den Schwesternvorschulen. Frau Minister hat soeben bereits mehrere andere Möglichkeiten aufgezählt. Ich glaube, das wird ein Hauptpunkt in unseren Ausschußberatungen werden.Daß der Schwesternschullehrgang an einer staatlich anerkannten Schule in Zukunft einheitlich drei Jahre dauern soll, entspricht der Forderung nach einer den fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechenden Ausbildung und der Übung im internationalen Bereich. Sehr möchte ich den Auszubildenden wünschen, daß sie ein Zwischenexamen machen könnten oder daß neben der Beurteilung der Prüfungsleistungen im Schlußexamen die Beurteilung seitens der Krankenschwesternschule berücksichtigt wird.Das Verhältnis der theoretischen zu den praktischen Unterrichtsstunden sollte nach den Erfahrungen der Schwesternschulen festgelegt werden. Wohl jedem, der sich mit Schwesternausbildungsfragen beschäftigt, erscheint es selbstverständlich, daß die praktische Tätigkeit und die Beobachtung am Krankenbett die Grundlage der Ausbildung sein müssen. Am Krankenbett vereinigen sich ja Theorie und Praxis.Es sind Wünsche laut geworden, die Krankenschwester und die Krankenpflegehelferin in getrennten Gesetzen zu behandeln. Es wird vorgeschlagen, die Krankenpflegehelferin und die Alterspflegerin in ein Gesetz zu bringen. Dazu ist folgendes zu sagen: Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Krankenpflegegesetz, das alle in der Krankenpflege tätigen Personen erfassen sollte. Es erscheint daher nicht zweckmäßig, für die verschiedenen Gruppen der Pflegekräfte gesonderte Gesetze zu erlassen. Abgesehen davon wird ja nach den jüngsten Erfahrungen eine Bundeskompetenz für eine Regelung auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge bestritten. Ein Gesetz, das sich mit der Altenpflege befaßt, könnte daher auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und damit die in ein solches Gesetz aufgenommene Regelung für die Krankenpflegehelferin in Frage stellen.Manche warnen vor der Zweiteilung des Berufs. Aber ist es nicht längst eine notwendige Tatsache geworden, daß der Schwester die Helferin zur Seite steht? Arbeiten nicht über 25 000 mehr oder weniger vorgebildete Helferinnen in der Krankenpflege mit? Seien wir darum froh, daß der vorliegende Gesetzentwurf im ganzen Bundesgebiet die Ausbildung dieser helfenden Kräfte in der Zukunft in gleichgeordnete Bahnen lenken wird.Im Pflegebereich sind alle Verrichtungen mit gleich großer Verantwortung verbunden. Darum werden durchaus Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung gebraucht. Soviel mir bekannt ist, hat sich die Zusammenarbeit der in Modellschulen als Pflegehelfer oder Pflegehelferinnen Ausgebildeten mit den Krankenschwestern oder Pflegern gut bewährt. Mir scheint, daß wir in den einzelnen Stationen unserer Krankenhäuser weit mehr als bisher zu einer Teamarbeit kommen müssen. Im Ausland finden wir sie ja fast überall. In dieses Team gehört eine Krankenpflegehilfskraft.Schwer und wohl auch nur von Fall zu Fall möglich wird es sein, die Tätigkeitsbereiche abzugrenzn. Was z. B. bei Schwerkranken nur durch die geübte Hand der Krankenschwester oder des Pfle-
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Frau Engländergers getan werden kann, kann bei Leichtkranken oder Rekonvaleszenten oft Krankenpflegehelferinnen oder -helfern überlassen werden, z. B. das Betten. Hier wird auch weiterhin die erfahrene leitende Stationsschwester verantwortlich einsetzen müssen.Den Schutz der Berufsausübung müssen wir, wie eben Frau Minister schon sagte, aus denselben Gründen wie 1957 und im vorigen Jahr ablehnen. Ich wiederhole diese Gründe noch einmal. Es sind der Mangel an Krankenpflegepersonal, die Schwierigkeiten einer klaren Abgrenzung gegenüber anderen Berufen, deren Tätigkeit sich mit den Tätigkeiten dieser beiden Berufe überschneidet, und die Erfahrung, daß ohnehin überall voll ausgebildetes Krankenpflegepersonal da verwendet wird, wo es ausreichend vorhanden ist.Ehe ich diesen Platz heute verlasse, möchte ich den vielen opferbereiten Schwestern und Pflegern sehr herzlich für ihre unermüdlichen Bemühungen um den kranken Menschen und für den Aufbau der ganzen Pflegeorganisationen danken.
Ihr Erfahrungen sind ja die Grundlage für unseren Gesetzentwurf. Wir hoffen sehr, daß nach gemeinsamen Ausschußberatungen aus dem Entwurf ein Gesetz besteht, das ihnen eine Hilfe sein wird. Wir sind davon überzeugt, daß einerseits die Hebung des Berufs der Krankenschwester und des Pflegers vielen jungen Menschen diesen Beruf erstrebenswert erscheinen lassen wird. Andererseits hoffen wir, daß viele Eltern auf das frühe Mitverdienen ihrer Kinder verzichten werden, wenn sie ihnen dadurch in verhältnismäßig kurzer Zeit eine abgeschlossene Berufsausbildung geben können. Diese würde eine Grundlage für ihr ganzes Leben bleiben, auch wenn sie etwa aus diesem Beruf in den Beruf der Hausfrau und Mutter abspringen sollten, auch wenn sie sich noch — auf dieser Basis aufbauend — zur voll ausgebildeten Krankenschwester oder zum Pfleger hocharbeiten.Wir bitten, den Entwurf dem Gesundheitsausschuß zu überweisen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Hubert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute von Frau Ministerin Schwarzhaupt die Begründung zu dem Krankenpflegegesetz gehört, die sich eigentlich im wesentlichen darin erschöpfte, uns die Vorstellungen der Bundesregierung über eine zukünftige Rechtsverordnung darzulegen. Wir haben es aber hier mit dem Gesetzestext zu tun. Wir können uns nur an das halten, was in diesem Gesetz steht und was hier vorgelegt wird. Wir können den Entwurf nur an der Frage messen, warum wir eigentlich eine Verbesserung des bisherigen Gesetzes über die Krankenpflege brauchen. Meiner Meinung nach brauchen wir sie aus dreierlei Gründen: erstens, weil der Ausbildungsstand unserer Krankenschwestern auf Grund der Mängel des bisherigen Gesetzes in seiner Qualität sehr unterschiedlich ist und weil die Ausbildung einheitlich den Fortschritten von Medizin und Wissenschaft angepaßt werden muß, so daß die voll ausgebildete Krankenschwester um der Versorgung unserer Kranken willen eine wirkliche Mitarbeiterin des Arztes bei den heute komplizierten Erkennungs- und Behandlungsmethoden von Krankheiten sein muß. Durch die Anhebung der Ausbildung kann auch die Angleichung an das internationale Niveau bei unsereren Schwestern erreicht werden.Zweitens. Weil der Bedarf an Krankenpflegekräften ständig steigt, müssen wir mehr junge Menschen für diesen schönen, aber sicher nicht leichten Beruf gewinnen, wobei ich der Meinung bin, daß dieser Beruf zu einem normalen Beruf, zu einem Beruf wie jeder andere werden muß, nicht beschwert durch irgendwelche traditionelle Vorstellungen von Dienen-Müssen. Das Dienen gehört dazu. Aber wir müssen diesen Beruf zu einem normalen Frauenberuf machen.
Dazu brauchen wir den geeigneten Nachwuchs aus unseren Volksschulen, dem durch Schaffung einer genügenden Anzahl von Vorschulen die Möglichkeit gegeben sein muß, nicht nur die Zeit von der Schulentlassung bis zum Beginn der Krankenpflegeausbildung zu überbrücken, sondern in dieser Zeit so vorgebildet zu werden, daß auch diese jungen Mädchen und jungen Männer aus den Volksschulen den Anforderungen einer hochqualifizierten Ausbildung gewachsen sind; denn das ist ja die Ausbildung, die wir für diese jungen Mädchen und jungen Männer aus den Volksschulen haben wollen.Drittens müssen zusätzlich jüngere und auch ältere Menschen gewonnen werden, die sich, bei einer kürzeren Ausbildung, der Pflege der Kranken widmen wollen, und zwar der rein persönlichen Pflege, damit endlich der untragbare Zustand aufhört, daß die Kranken in unseren Krankenhäusern in zunehmender Zahl von völlig unausgebildeten Kräften versorgt und gepflegt werden.Fragen wir uns nun: Bietet der vorliegende Entwurf über die Ausbildung, die ja verbessert werden soll — ich glaube, darüber sind wir uns alle einig —, dazu die Ansätze? Es steht hier nur der lapidare Satz: die Ausbildung dauert drei Jahre und umfaßt theoretischen und praktischen Unterricht sowie eine praktische Ausbildung. Nichts über die Anforderungen an die Ausbildungsstätten, nichts über die erforderliche Vorbildung, nichts über die Mindestanforderungen, ja, überhaupt nichts über den Inhalt der Ausbildung, darüber, wie sie gestaltet sein soll, oder über das Eintrittsalter, das doch beim Schwesterberuf nicht ohne Bedeutung ist, besonders im Hinblick auf den Kranken! Die Frau Ministerin hat sich darauf bezogen, daß wir im Jahre 1958 bei dem Gesetz über die Masseure und Heilgymnasten sehr viel, meiner Meinung nach zuviel, der Rechtsverordnung überlassen haben. Aber, Frau Ministerin, das war der Wunsch der Beamten, dem sich dann die Mehrheit des Ausschusses angeschlossen hat. Die Beamten haben uns immer wieder — sehr gegen
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Frau Dr. Hubertden Widerstand von uns Sozialdemokraten — erklärt, Einzelheiten sollen möglichst der Rechtsverordnung überlassen werden. Nun darf man aber auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Hier ist doch im Gesetz überhaupt nichts mehr darüber gesagt worden, wie die Ausbildung aussehen soll. Auch im alten Gesetz war in § 14 dem Bundesministerium, damals noch dem des Innern, die Ermächtigung gegeben, die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen zu erlassen. Was die Einzelheiten angeht, so muß ein solches Gesetz so beweglich sein, daß man sich jederzeit den neuen Anforderungen, die sich durch Wissenschaft und Forschung ergeben, schnell anpassen kann.Aber Art. 80 des Grundgesetzes sagt sehr klar, wie die gesetzliche Grundlage einer Rechtsverordnung beschaffen sein muß. Wir haben das in manchen Gesetzen nicht immer ganz erfüllt. Da heißt es nämlich: Das Gesetz soll Inhalt, Zweck und Ausmaß der Rechtsverordnung genau bestimmen. Hier bleibt alles im dunkeln. Nichts ist ersichtlich, wie die Ausbildung in der Zukunft gestaltet werden soll. Als ich mich bei einem unserer großen Verbände erkundigte, wie er sich nun eigentlich zu diesem Gesetzentwurf stelle, da hat man mir geantwortet: Wir wissen überhaupt nicht, wie wir Stellung beziehen sollen; denn wir wissen ja gar nicht, was mit diesem Gesetz auf uns zukommt durch die Rechtsverordnung, die man nicht kennt. — Wir haben in diesem Hohen Hause auch genügend Erfahrungen mit Rechtsverordnungen, die nachher oft sehr viel anders aussehen, als wir es uns vorgestellt haben. Ich glaube, so geht es nicht, daß man hier einfach alles und jedes der Rechtsverordnung überläßt.Nun zu den Möglichkeiten für die Volksschülerinnen, in diesen Beruf hineinzukommen. Sie haben sich auch da auf eine Rechtsverordnung bezogen. Wissen wir, ob diese Rechtsverordnung dann so aussehen wird, wie dieses Hohe Haus es noch in diesem Jahr an Hand der Vorschläge des Gesundheitsausschusses, die Sie auch schon erwähnten, vorgesehen hat, nämlich daß eine zehnjährige Schulbildung die Voraussetzung sein soll, daß sie aber durch den Besuch von Schwesternvorschulen und Berufsfachschulen — sie können meinetwegen auch anders heißen — ebenfalls erfüllt werden kann? Wenn wir nicht die Forderung nach solchen Schulen irgendwie im Gesetz verankern, dann werden wir noch nach fünf und sechs Jahren genauso wenig solcher Vorschulen haben wie heute. Wir haben sie aus eigener Initiative einiger Verbände. Das ist gut und schön, und sie haben sich bewährt. Aber das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen doch so viele solcher Schulen, daß jeder junge Mensch, der die Krankenpflege erlernen will, auch einen Platz in einer solchen Schule findet. Das geht nur, wenn hier durch ein Gesetz ein gewisser Druck ausgeübt wird.Nun zu dem neuen Beruf der Krankenpflegehelferin und des Krankenpflegehelfers mit einjähriger Ausbildung! Was sollen sie tun? Wie ist ihr Aufgabenbereich? Wie weit arbeiten sie selbständig, wie weit unter Aufsicht einer Krankenschwester? Das muß doch, wenn ein solches neues Berufsbild geschaffen wird, klargestellt sein. Warum soll es nicht gehen, wenn es in anderen Ländern möglich ist? Diese beiden Berufsgruppen sind nicht nur in den angelsächsischen Ländern sehr klar voneinander abgegrenzt. Auch das Schweizer Gesetz über diese Pflegehelferinnen sagt sehr deutlich, was ihre Aufgaben sind, wieweit sie selbständig sein können. Ich gebe Ihnen völlig recht, Frau Kollegin Engländer, daß man durchaus sagen kann und sagen muß, daß die Pflegehelferin bei bestimmten Erkrankungen, etwa bei der Pflege chronisch Kranker oder alter oder gebrechlicher Menschen, selbständig tätig sein kann, daß man sie aber z. B. in der akuten Krankenpflege naturgemäß nur unter Aufsicht einer voll ausgebildeten Schwester wird arbeiten lassen können. Das müssen wir aber doch im Gesetz festlegen. So einfach, finde ich, kann man es sich mit der Einführung eines neuen Berufsbildes nicht machen.Der Bundesrat meint — nach meiner Meinung wirklich sehr milde —, daß es doch wohl angezeigt sei, zum Schutze der Kranken im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen — Frau Ministerin hat es auch erwähnt —, ob nicht in einer besonderen Vorschrift bestimmte Aufgaben der Vollschwester vorbehalten werden sollten. Ich bin der Meinung — und ich hoffe, daß ich mich mit den meisten Ausschußmitgliedern darin treffe —, daß wir das sehr eingehend prüfen sollten. Ich bin überzeugt, wir werden angesichts der Anregungen des Bundesrates zu einem positiven Ergebnis kommen.Der Entwurf schützt wieder nur die Berufsbezeichnung, nicht die Berufsausübung. Das habe ich nicht anders erwartet. Aber ich muß sagen, im Jahre 1957, als wir über genau dasselbe diskutierten, wurde uns geantwortet, es bestehe ein Mangel an Krankenschwestern und deshalb könne man nur die Berufsbezeichnung schützen. Nun, dieser Mangel ist nicht abgestellt worden. Natürlich — Frau Ministerin, Sie haben das vor einem Jahr bei der Diskussion über unseren Antrag erwähnt — tendieren die Krankenhäuser dahin, ausgebildete Schwestern zu nehmen. Wenn aber die Möglichkeit besteht, das dieselbe Tätigkeit auch ohne Ausbildung ausgeübt wird, dann werden den Krankenhäusern immer wieder Menschen angeboten, die keine Ausbildung haben, und sie sind gezwungen, mit ihnen vorlieb zu nehmen. Ich bin der Meinung, daß dieses Gesetz noch weit schlechter ist als das Gesetz von 1957; denn es läßt ganze Partien überhaupt weg. Es ist völlig nichtssagend. Ich empfinde es fast als eine Provokation, daß wir uns damit beschäftigen sollen; denn es steht so gut wie nichts darin. Das müssen wir jetzt alles erst im Ausschuß erarbeiten. Man hätte uns nicht bloß ein solches Gerippe, sondern auch etwas mehr Inhalt bieten sollen. Ich hoffe, daß wir im Ausschuß den Inhalt bringen werden. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es bei diesen geringfügigen Ansätzen möglich sein wird, das noch in dieser Legislaturperiode fertigzubekommen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Heuser.
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Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wenn ich eines in diesen anderthalb Jahren, die ich dem Hohen Hause angehören durfte, gelernt habe, dann sicher, daß es un-tunlich ist, sich bei solchen speziellen Fragen in der ersten Lesung zu differenziert zu äußern, wenn man die Aufmerksamkeit der geduldigen Kollegen nicht zu sehr strapazieren will, um so mehr, als diese differenzierten Ausführungen meiner Ansicht nach im Ausschuß sehr viel angebrachter sind. Wir sollten vielmehr über die Grundsätzlichkeit auch eines solchen Gesetzentwurfs, der so sehr speziell ist, diskutieren und durchaus nicht vergessen, daß auch er sein politisches Gewicht hat.Dieser Gesetzentwurf hat nämlich nicht nur einen gesundheitspolitischen, sondern auch einen hohen bildungspolitischen Aspekt. Es ist zur Zeit eine dankbarere Aufgabe, über die Bildungsmisere zu diskutieren als „nur" über gesundheitspolitische Fragen. Leider ist das so. Aber hier sind wir in der Situation, daß diese beiden Aspekte sich begegnen, und wir können das nicht genug betonen.Wenn hier darüber Klage geführt wird, daß dieses Gesetz in seinem Gehalt gegenüber dem bereits vorliegenden zu wenig biete, dann sollten wir uns darüber klar sein, daß es unser aller Wunsch gewesen ist, auch bei den Vorschlägen, die der Ausschuß der Bundesregierung für dieses neue Gesetz gemacht hat, einen besonderen Trend zu verfolgen, nämlich das Ausbildungsniveau unserer Krankenschwestern zu heben. Dieser Trend wird durchaus spürbar, wenngleich auch ich der Meinung bin, daß man hier3) etwas deutlicher hätte werden können.Wenn Sie sich die Ergebnisse der Forschung über Krankenpflegewesen der Weltgesundheitsorganisation ansehen, stellen Sie fest — und das bestärkt uns in unserem Vorhaben —, daß überall da, wo sowohl an die bildungsmäßigen Voraussetzungen zum Eintritt in den Krankenpflegeberuf als auch an die Ausbildung selber besonders hohe Anforderungen gestellt werden, der Zustrom zu diesem Beruf außerordentlich angewachsen ist, ja am höchsten in der Welt ist. Wir brauchen also nicht die weitverbreitete Angst zu haben, daß wir, wenn wir unsere Anforderungen zu hoch schrauben, das Gegenteil von dem erreichen, was wir erreichen wollen, nämlich mehr junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen. Wenn wir das beachten, dann brauchen wir auch die Befürchtungen nicht zu teilen, daß dem zweiten Berufsweg, der hier ins Auge gefaßt worden ist, dem der Krankenpflegehelferin und des Krankenpflegehelfers, im Vergleich mit dem Beruf der Krankenschwester zu viel Gewicht beigemessen werden könnte. Sie haben beide ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit.Eine weitere Befürchtung grundsätzlicher Art, die bei den Betroffenen lautgeworden ist, geht dahin, daß wir Gefahr liefen, eine zu strenge Trennung zwischen der Krankenpflegeschule und dem Krankenhaus durchzuführen. Wenn Sie Gelegenheit hatten, sich in Ländern umzuschauen, die in Fragen der Krankenpflege in den letzten Jahren sehr aktiv gewesen sind, dann werden Sie festgestellt haben, daß überall da, wo man diese Trennung zu scharf vollzogen hat, mittlerweile ernste Bedenken dagegen und der Wunsch laut geworden sind, die Kombination Schule/ Krankenhaus wieder mehr zu intensivieren. Aber ich glaube, wesentlich daran ist, zu erkennen, daß wir in unsere Krankenhäuser das Unterrichtsprinzip verstärkt hineintragen müssen. Ich glaube, wenn das erkannt ist und wenn das praktiziert wird, braucht die Befürchtung gegenüber einer zu großen Trennung, die den pflegerischen Berufen sicher schaden würde, nicht mehr zu bestehen.Es ist hier Klage darüber geführt worden, über den Inhalt und die näheren Bestimmungen zur Ausbildung sei zu wenig gesagt worden. Diese Befürchtungen gehen so weit, daß man sagt, es wäre besser gewesen, das. Gesetz von 1957 zu novellieren und nicht daran zu rühren, anstatt ein neues Gesetz zu machen, das diese Dinge vermissen läßt. Die Frau Ministerin hat zu diesem Punkt angeführt, das Parlament selber habe geäußert, diese Dinge sollten nicht mehr so dezidiert in ein Gesetz hinein; diese Äußerung sei 1958, also ein Jahr nach Erlaß des 57er Gesetzes, getan worden. Ich meine aber, wir müßten uns schon darüber unterhalten, was wir noch hineinnehmen können, weil auch wir der Meinung sind, daß die Vorlage nicht ausreichen wird. Ich glaube, wir müssen das Gesetz danach gestalten, was uns laut Verfassung an weitestmöglicher Einflußnahme zusteht; wir müssen es nach den Möglichkeiten gestalten, die uns in der Kompetenzverteilung zwischen dem Bundestag, den Ministerien und den Ländern zustehen. Wir werden die Vorschläge dieses Hohen Hauses aus dem Jahre 1958 in diesem sachlichen Zusammenhang eben überprüfen müssen, wenn wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, wir machten nicht ausreichend von unseren gesetzgeberischen Zuständigkeiten in der Gesundheitspolitik Gebrauch.Der Inhalt der Ausbildung sollte meiner Ansicht nach grundsätzlich auf das Wesentliche der Krankenpflege ausgerichtet sein. Wir müssen den Beruf der Krankenschwester von einer Reihe technischer Verrichtungen, die sie vom Krankenbett abziehen, entlasten. Dazu gehört mit Sicherheit der zweite Berufsweg, der hier schon mehrfach angeführt worden ist. Dazu gehört aber auch etwas, was ich in den Ausführungen der Frau Ministerin und auch der beiden Kolleginnen, die vor mir gesprochen haben, vermißt habe. Wir richten unsere Ausführungen über Krankenpflege eigentlich immer ausschließlich an die Schwestern und die Helferinnen und gedenken der Männer in diesem Beruf immer nur mit der in Klammern zugefügten Anführung der männlichen Berufsbezeichnung. Wenn ich davon spreche, daß wir eine Reihe von technischen Aufgaben aus diesen Pflegeberufen herausnehmen müssen, dann sollten wir uns im Ausschuß auch darüber unterhalten, ob wir das Berufsbild des Krankenpflegers nicht durch zusätzliche technische Ausbildung — ich denke an feinmechanische oder sonstige handwerkliche Dinge — ergänzen können, so daß wir auch wieder mehr Männer in dieses Arbeitsgebiet hineinbekommen. Wir haben sie durchaus nötig, und wir freuen uns, daß auch draußen im Lande Bestrebungen dieser Art im Gange sind.
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Frau Dr. HeuserIch meine also — und es kam mir darauf an, das darzustellen —, wenn wir die grundsätzlichen Vorstellungen, die wir von dieser Aufgabe haben, verwirklichen wollen, wird es einer sorgfältigen Arbeit im Ausschuß bedürfen, um die notwendigen Details unseren Auffassungen von einer politischen Gesamtschau zuzuordnen.Ich bitte, die Vorlage dem Ausschuß für Gesundheitswesen zu überweisen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Haas.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der CSU-Landesgruppe begrüße ich den Regierungsentwurf eines Krankenpflegegesetzes, da er .auf die Verbesserung der Ausbildung der Krankenschwestern und damit auch auf eine Verbesserung der Krankenpflege abzielt. Bei dem raschen Fortschritt von Wissenschaft und Technik genügen fürwahr ein warmes Herz und eine linde Hand für den Pflegeberuf heute nicht mehr.Ich befürworte eine bundeseinheitliche Regelung der Vorschriften über die Ausbildung der Schwestern; Männer, bitte ich zu verstehen, immer inbegriffen. Die Krankenschwester soll ohne besondere Schwierigkeiten von einem Krankenhaus zum andern, von einem Land zum anderen überwechseln können.Ich befürworte die Entlastung der Krankenschwester durch die Pflegehelferin, deren Ausbildung durch das Gesetz ebenfalls geordnet werden soll. Schon hier bei der ersten Lesung gebe ich für die Diskussion im Ausschuß zu bedenken, daß der Schwerpunkt aller Überlegungen bei der Krankenschwester bleiben muß. Nicht nur die Anforderungen an sie wachsen ständig, auch ihre Verantwortung wächst, gerade durch die Zusammenarbeit mit Hilfskräften.Wie sieht denn die Situation bei den Pflegekräften selbst nach Verabschiedung des Gesetzes aus? Wir haben die Krankenschwester mit dreijähriger Ausbildung, wir haben die Pflegehelferin mit einjähriger Ausbildung, wir haben die Schwesternhelferin mit vierwöchiger Ausbildung — Einsatz nur im Katastrophenfall —, wir haben die Jahresschwester mit einer Ausbildung von vier bis sechs Wochen, wir haben die Sonntagsschwester mit keiner Ausbildung und, nicht zu vergessen, das Stationsmädchen, das das Krankenhaus sauberzuhalten hat. Dieses bunte Bild dokumentiert den ernstlichen Mangel an Pflegekräften, besonders an ausgebildeten Schwestern. Es dokumentiert aber auch den guten Willen und die vielerlei Versuche, diesem Mangel abzuhelfen.Dabei dürfen wir aber nicht außer acht lassen, daß allein die Krankenschwester die kontinuierliche Kraft in der Pflege im Krankenhaus ist, während die Helferin, abgesehen vielleicht von der älteren Frau, doch ein mehr oder weniger fluktuierendes Element darstellt. Die Helferin wird in vielen Fällen ja nurkurz oder vorübergehend die Pflegetätigkeit ausüben. Die Schwester dagegen kommt wohl auch aus einer anderen, aus einer fundierten Einstellung zu ihrem Beruf, aus einer tiefen und ernsten Überzeugung. Es ist kein Zufall, daß mir eine konfessionelle Krankenschwesternorganisation erklärte, sie bilde für ihren eigenen Bedarf keine Helferinnnen aus, sie verlange von jedem Mitglied die volle Schwesternausbildung.Es ist darauf zu achten, daß nicht die Pflegehelferinnen auf Grund ihrer kürzeren Ausbildung, der leichteren Bedingungen und einer erheblich geringeren Verantwortung eines Tages die ausgebildeten Schwestern zahlenmäßig überrunden. Nach der Verabschiedung des Gesetzes wird ja vielleicht auch das Stationsmädchen, wenn es irgendwie kann, Pflegehelferin zu werden versuchen, so daß sich der eigentliche Engpaß dann bei den Kräften zeigen könnte, die für die grobe Arbeit im Krankenhaus notwendig sind. Sicherlich kommen in jedem Krankenhaus Situationen vor, wo jede Hand ganz einfach zupacken muß, auch da, wo sie schmutzig wird. Es muß wohl eine Abgrenzung der Tätigkeit nach oben geben, das ist klar, aber nach meinem Dafürhalten nicht nach unten. Die Krankenschwester darf das tun, was die Helferin tun soll; die Helferin darf nicht alles tun, was sie vielleicht zu können glaubt. Beide müssen übrigens mehr wissen und mehr gelernt haben, als sie ausführen dürfen. Die Grundpflege sollte grundsätzlich der Pflegehelferin anvertraut werden.Der Krankenpflegeberuf steht und fällt mit dem Berufsethos, das wir nicht durch eine allzu engmaschige Regelung und eine Überorganisation ersticken dürfen.Der Angelpunkt des Gesetzes ist, wie heute schon mehrfach gesagt wurde, in § 7 Abs. 2 zu sehen. Hier wird der Bundesminister für das Gesundheitswesen ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Ausbildung und die Prüfungen in der Krankenpflege, in der Kinderkrankenpflege und in der Krankenpflegehilfe zu regeln. Ich verstehe die Gründe, warum all das einer Rechtsverordnung vorbehalten bleiben soll. Dennoch bin ich der Ansicht, daß das Gesetz wenigstens bezüglich der Zulassungsbedingungen eine Mindestaussage bringen sollte, die zugleich mit der Gesetzesvorlage diskutiert und behandelt werden sollten.
Bei der Vorbildung der Krankenschwester ist eine zehnjährige abgeschlossene Schulbildung vorgesehen. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders die dreijährige Schwesternvorschule hervorheben, die innerhalb mancher Organisationen bereits besteht. Neben der Allgemeinbildung, die sie vermittelt, liegt ihr besonderer Wert darin, daß sie die Zeit zwischen der Entlassung aus der Volksschule und dem Eintritt in die Schwesternschule überbrückt und damit die pflegewilligen jungen Mädchen davor bewahren hilft, in andere Berufe abzuwandern. Diese neue Schulart verdient breitestes Interesse und eine spezielle Förderung, weil sich in ihr die Schulentlassenen beruflich noch nicht endgültig fest-
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Frau Haaslegen müssen und weil andererseits diese Schule ein Auffangbecken für alle Sparten sozialer Berufe werden kann. Es ist vor allen Dingen Sache der Länder, diese Schwesternvorschule auf breiter Basis in eine soziale Mittelschule zu entwickeln, die gleichwertig neben den hauswirtschaftlich und kaufmännisch ausgerichteten Mittelschulen steht und wie diese die Berechtigung zur Mittleren Reife hat.Daneben möchte auch ich schon jetzt ein gutes Wort für unsere Volksschülerinnen einlegen, zumal für die vom Lande. Erfahrungsgemäß ist die gute VoIksschülerin trotz anfänglicher Schwierigkeiten oft in der Lage, die Oberschülerin einzuholen, ja vielleicht sogar zu überflügeln. Bei den diesbezüglichen Beratungen sollten wir uns nicht von dem Gedanken leiten lassen, den Schwesternberuf vom Odium eines Volksschulberufes zu befreien. Ca. 80 % der deutschen Kinder besuchen nur die Volksschule und natürlich die anschließende Berufsschule. Die Krankenpflege kann auf Nachwuchs auch aus diesen 80 % nicht verzichten. Der Begriff der zehnjährigen abgeschlossenen Schulbildung darf meiner Meinung nach nicht allzu eng ausgelegt werden. Bedenken wir zudem, daß eine Verbesserung und Aufwertung der Volksschule wie eine Hebung der Berufsschule durch Vermehrung des theoretischen Unterrichts auf 12 Wochenstunden in den Ländern angestrebt wird.Die Schulen für die Pflegehelferinnen sollten nicht mit den Schwesternschulen verbunden werden, schon aus praktischen Erwägungen nicht. Neben den großen und führenden Kliniken gibt es ja die große Zahl der kleineren Krankenhäuser, die diese Aufgabe übernehmen könnten und sicher auch dazu bereit wären.Ein Wort zur Fortbildung der Krankenschwester! Die leitende Schwester und vor allem auch die Lehrschwester sollten einen zweiten Ausbildungsgang aufweisen, wie das in anderen Ländern, etwa in Osterreich oder in den USA, der Fall ist. Meiner Meinung nach mag für die Operationsschwester ein Fortbildungskursus genügen, für die leitende Schwester und vor allem für die Lehrschwester aber nicht. Diese Fragen und Forderungen sollten übrigens durch die Organisationen selbst gelöst werden, die ja schon seit langem eigene, sehr wertvolle Initiativen entwickelt haben, um die Ausbildung und die Fortbildung der Krankenschwester dem technischen und medizinischen Fortschritt anzupassen.Wie der Frau Ministerin so erscheint auch mir die Möglichkeit für die Pflegehelferin sehr bedeutsam, daß sie bei gegebenen Voraussetzungen, nämlich einer 'abgeschlossenen Ausbildung als Helferin und einer dreijährigen Bewährung im Beruf, einen Schwesternlehrgang antritt. Jedenfalls sollten wir der Pflegehelferin den Anreiz zu einem Aufstieg keinesfalls nehmen.Der gesetzliche Schutz der Berufsbezeichnung der Krankenschwester ist nicht nur interessant für den Personalausweis. Er soliden Kranken davor bewahren, einer schlecht oder nicht ausgebildeten Schwester zur Pflege anvertraut zu werden. Ein gesetzlicher Schutz der Berufsausübung kann — Frau Dr. Hubert! — meiner Meinung nach bei dem augenblicklichen Mangel an Pflegepersonal nicht verteidigt werden.
Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß der Name Pflegehelferin so gut wie festgelegt ist. Trotz ernsten Bemühens konnte ich persönlich mich aber davon nicht ganz überzeugen, daß der Name Hilfsschwester eine Abwertung der ausgebildeten Schwester bedeutet. Aus der Sicht des Kranken, aus psychologischen Gründen, vor allem aber, wenn ich den Begriffsgehalt „Schwester" auslote, möchte ich noch einmal zu überlegen geben, ob die Bezeichnung „Hilfsschwester" nun wirklich abgelehnt werden muß. Soll nicht auch die Helferin den Anruf zu schwesterlicher Hilfe, den Appell an ihre schwesterliche Geduld, an ihre Zuverlässigkeit und Opferbereitschaft aus der Anrede „Schwester" heraushören, ebenso wie die vollausgebildete? Ich kann nicht glauben, daß der Kranke oder daß irgend jemand sonst die ausgebildete Schwester, die in der Verantwortung steht, darum minder einschätzen würde. Können wir wünschen, daß die Pflegehelferin zu einem Fräulein X oder zu einer Frau Y objektiviert oder säkularisiert wird? Meine Fraktion wünscht das nicht.Noch etwas ist zu bedenken. Nicht nur das Häubchen, weit mehr die Anrede „Schwester" bedeutet für die Frau, die pflegt, einen wesentlichen Schutz. Schließlich werden die Abgeordneten des Gesundheitsausschusses bei ihren Beratungen trotz alledem in ihrer Entscheidung vornehmlich auf die Schwestern hören.Zum Schluß darf ich mir noch folgende Bemerkung erlauben: Trotz aller Reformvorschläge sollte der Gesetzgeber in allen Beratungen das eine festhalten: Der Beruf der Krankenschwester und auch der Beruf der Pflegehelferin und der anderen Pflegehilfskräfte darf und kann nicht mit den üblichen Maßstäben von Ausbildung, gesellschaftlicher Anerkennung und tariflicher Einstufung gemessen werden. Dieser Beruf muß auch heute noch im wesentlichen getragen werden vom Geist der Nächstenliebe.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Welter.
Herr Präsisident! Meine Damen und Herren! Es sind schon so viele gute Worte gesagt worden, daß ich mich auf weniges beschränken kann. Ich möchte in unsere Erinnerung zurückrufen, daß der Anlaß zu diesem Gesetz ein ganz besonderer Notstand ist, ein Notstand, auf den die Deutsche Krankenhausgesellschaft in einer sehr beachtenswerten Denkschrift hingewiesen hat. Aus dieser Denkschrift entnehmen wir, daß nur 87,8 % der notwendigen Pflegekräfte für die Krankenhäuser vorhanden sind, und zwar nach einer Repräsentativumfrage, die im Jahre 1962 stattgefunden hat und die natürlich schon auf ältere Ergebnisse zurückgreift. Wenn wir nun bedenken, daß in den letzten Jahren in vielen Krankenhäusern die.
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Frau Welter
Arbeitszeit Gott sei Dank von 51 auf 48 Stunden verkürzt worden ist, so kann man sich vorstellen, daß der Fehlbestand heute sehr viel größer ist als im Jahre 1962.Wir haben es also mit zwei Dingen zu tun, die uns als Gesetzgeber zwingen, ein neues Krankenpflegegesetz vorzulegen: einmal dieser große Fehlbestand an ausgebildeten Kräften und zum anderen die Notwendigkeit, die Ausbildung der Schwestern zu verbessern, nicht nur weil im gesamten Ausland eine zehnjährige abgeschlossene Schulausbildung für den Schwesternberuf verlangt wird, sondern weil wir uns selbst verpflichtet fühlen, um des Patienten willen unsere Schwestern so vorzüglich auszubilden, daß sie mit den modernen Erfordernissen der medizinischen Wissenschaft auch dem Kranken helfen können. Damit, meine Damen und Herren, stimmen wir wohl alle überein.Andererseits ist es so, daß heute im ausgebildeten Pflegeberuf nur 1,14 % Abiturientinnen stehen, Schwestern, die die mittlere Reife hinter sich haben, 30,63 %, Schwestern, die eine Pflegevorschule besucht haben, 17,74 % und solche, die eine Berufslehre hinter sich gebracht haben, 13,1 %. Das sind im ganzen 62,52 %. Es blieben also 37,48 % übrig, die nur die Volksschule besucht haben.Nun hat Frau Hubert eben gesagt: Wir müssen sorgen, daß genügend Pflegevorschulen da sind, um auch diesen Kreis der Volksschülerinnen über die Pflegevorschulen in den Krankenpflegeberuf zu führen. Meine Damen und Herren, ich möchte ein Mißverständnis ausräumen. Die Pflegevorschule, die Vorschule für pflegerische und soziale Berufe, ist nicht identisch mit der Krankenpflegevorschule. Die dreijährige Pflegevorschule ist ein neuer Typ, der seit etwa zehn Jahren vor allen Dingen in Nordrhein-Westfalen einen großen Aufschwung genommen hat. Wir haben heute etwa 80 solcher Pflegevorschulen in Nordrhein-Westfalen. Sie sind alle überfüllt und können zu den Aufnahmeterminen nicht alle Anmeldungen berücksichtigen. Es ist also eine Utopie anzunehmen, daß in einer gewissen Zeit so viele Pflegevorschulen vorhanden sein können, daß sie diesen überhängenden Bedarf an Volksschülerinnen aufnehmen könnten.Deswegen ist bei diesem großen Mangel an Pflegekräften tatsächlich zu überlegen, was noch weiter geschehen kann, um den Volksschülerinnen den Anreiz zu geben, bei irgendwelcher entsprechender Vorbereitung in den Beruf hineinzugehen. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, daß in das Gesetz die Bedingungen der Zulassung aufgenommen werden müssen. Damit würde auch der Begriff der Pflegevorschule in das Gesetz eingeführt werden. Das ist dringend notwendig, und ich glaube annehmen zu dürfen, daß Frau Schwarzhaupt durchaus bereit ist, diesem unserem Wunsch zu folgen. Natürlich hat der Gesundheitsausschuß die Arbeit, aber ich glaube, daß wir Mitglieder des Gesundheitsausschusses diese Aufgabe mit Freude erfüllen werden; denn wir haben alle den Wunsch, nun wirklich das zu tun, was für die Patienten, für die Krankenhäuser und für den Beruf notwendig ist.Daß der Beruf der Pflegehelferin für viele unausgebildete Hilfskräfte — man spricht von 25 000 —, die in unseren Krankenhäusern sind, eine Möglichkeit bietet, ein Diplom zu erwerben und einen wirklich eigenständigen Beruf zu haben, wenn es auch nur ein Hilfsberuf ist, halte ich für glücklich und gut. Aber, liebe Frau Haas, ich bin nicht der Meinung, daß man den Krankenpflegehelferinnen den Namen Hilfsschwester geben sollte. Wenn sie von ihrem Beruf so erfüllt sind, daß sie gern Schwester sein möchten, steht es ihnen durchaus frei, noch in die Schwesternausbildung einzutreten.Deswegen glaube ich, daß das Gesetz gute Ansätze hat. Darüber, wie die Ermächtigung zum Erlaß der Rechtsverordnung aussehen und was in die Rechtsverordnung aufgenommen werden soll, werden wir uns im Ausschuß unterhalten. Ich hoffe, daß wir alle mit großem Fleiß und großer Freudigkeit dieses so notwendige Gesetz sehr schnell bearbeiten, beraten und bald verabschieden können.
Das Wort hat die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen.
Meine Damen und Herren! Ich muß nur ganz kurz auf einiges erwidern, was mir nicht richtig vorgetragen zu sein scheint. Frau Hubert hat gesagt, diese Gesetzesvorlage sei eine Provokation, und sie hat das damit begründet, daß eine Reihe von Bestimmungen, insbesondere über die Ausbildung, nicht darin enthalten seien. Meine Damen und Herren, ich habe mich damit an eine Entscheidung des Bundestages aus dem Jahre 1958 gehalten, der aus einer Regierungsvorlage, Frau Hubert, in der die Ausbildungsvorschriften enthalten waren, diese herausgenommen hat mit der Begründung, sie gingen zu sehr ins Detail. Es sind nicht meine Beamten — die damals übrigens noch gar nicht meine Beamten waren —, die diese Bestimmungen nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen haben. Vielmehr beruht die Herausnahme auf einer Entscheidung des Parlaments. Wenn Sie mir einen Vorwurf machen können, dann ist es höchstens der, daß ich mich zu gehorsam an die Entscheidungen des Parlaments aus dem Jahre 1958 gehalten habe.
Frau Minister, Frau Dr. Hubert möchte eine Zwischenfrage stellen.
Frau Dr. Schwarzhaupt, meinen Sie nicht, daß das Parlament, wenn es damals gewisse Bestimmungen bei den Masseuren und Gymnasten herausgenommen hat, wirklich allzu radikal vorgegangen ist?
Ich habe in genau dem gleichen Maß die Ausbildungsvorschriften in die Verordnung genommen und habe eine Ermächtigung in fast genau dem gleichen Text in das Gesetz genommen. Ich weiß nicht, wieso da von mehr oder weniger radikal die Rede sein kann.
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Bundesminister Frau Dr. SchwarzhauptZweitens. Frau Hubert, Sie sagen, das werde unter Umständen eine Verzögerung mit sich bringen, und Sie haben die Gefahr an den Horizont gemalt, daß dann das Gesetz durch meine Schuld natürlich nicht fertig werden könne. Ich muß dem mit Entschiedenheit widersprechen. Die Rechtsverordnung, in der alles über die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung enthalten ist — auch die 10jährige Schule und die Dinge, die Frau Welter genannt hat —, wird im Laufe der Verhandlungen im Gesundheitsausschuß vorgelegt werden. Es wird kein Grund sein, das Gesetz zu verzögern, wenn Sie eventuell die Aufgabe haben, einige dieser Bestimmungen — fertig formulierte Bestimmungen aus der Rechtsverordnung in den Text zu übernehmen.Drittens. Eine andere Verzögerung, fürchte ich, wird sich allerdings aus dem ergeben, was Sie, Frau Hubert, vorgeschlagen haben. Sie wollen Bestimmungen über die Gestaltung der Schulen, Sie wollen Bestimmungen über die Einrichtung von Pflegevorschulen in das Gesetz haben. Das wird allerdings eine Verzögerung geben; denn es wird vom Bundesrat ziemlich todsicher beanstandet werden. Ich bin einverstanden und gern bereit, die Pflegevorschulen in dem Zusammenhang, den Frau Welter genannt hat, im Gesetz aufzuführen. Wir werden aber mit erheblichen Verzögerungen rechnen müssen, vielleicht auch eine ungünstige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts provozieren, wenn wir mehr als dies in das Gesetz aufnehmen. Ich bitte, von dem Wort „Provokation" freundlicherweise abzurücken; davon kann nicht die Rede sein.
Frau Dr. Hubert möchte eine Frage stellen.
Wäre es dann nicht besser gewesen, eine Novelle zum alten Gesetz zu machen?
Frau Hubert, was ist denn der Unterschied zwischen einer Neufassung und einer Novelle? Wenn wir von dem alten Gesetz ausgegangen wären und einiges umformuliert hätten, wäre genau das gleiche Problem entstanden, nämlich das Problem: Was kommt in die Rechtsverordnung, und was kommt in den Text? Über diese Frage hätten wir uns ebenfalls im Ausschuß unterhalten müssen.
— In bezug auf die Frage, was man über die Einrichtung von Ausbildungsstätten sagen kann, würde beim Bundesrat genau das gleiche Problem entstehen, wie wenn wir eine Neufassung des alten Gesetzes vornähmen.
Zum Schluß möchte ich noch einige versöhnliche Worte sagen. Ich bin sehr damit einverstanden, daß Frau Heuser gesagt hat, es sei nicht gut, wenn man die Ausbildungsstätte vom Krankenhaus trenne. Im Gegenteil, wir sind sehr für die Verbindung von beidem, nicht nur wegen der Kenntnisse, die zu vermitteln sind, sondern auch wegen des menschlichbildungsmäßigen Effekts, den es hat, wenn die Schülerin in der Atmosphäre eines Krankenhauses so weitgehend wie möglich erzogen und herangebildet wird.
In § 7 ist eine Bestimmung enthalten, in der gesagt wird, daß auch eine Ausbildung außerhalb des Krankenhauses in einer Anstalt, die nicht mit der Schule verbunden ist, möglich ist. Bei dieser Bestimmung haben wir an folgendes gedacht — Frau Heuser, da werden Sie mir wahrscheinlich zustimmen —: Es gibt Schulen und Krankenanstalten, die nicht alle Abteilungen haben, in denen eine Schwester zweckmäßigerweise ausgebildet wird. Z. B. soll die praktische Ausbildung in einer chirurgischen, einer innermedizinischen und, wenn möglich, einer psychiatrischen Abteilung stattfinden. Wo diese Abteilungen nicht alle zusammen sind, soll die Möglichkeit offenbleiben, einen Teil der praktischen Ausbildung an einer anderen Anstalt durchzuführen. Ob die Formulierung dies nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt, darüber läßt sich reden. Ich wollte Ihnen nur sagen, was damit gemeint ist, und damit werden Sie wahrscheinlich einverstanden sein.
Frau Heuser möchte eine Zwischenfrage stellen.
Sie haben einen Teil meiner Frage schon beantwortet. Frau Ministerin, ich bin dankbar, daß Sie diese Ausführungen gemacht haben. Denn in der Tat wissen Sie, daß draußen 'bei den betroffenen Kreisen große Befürchtungen und Unsicherheit entstanden sind.
Ich habe kürzlich eine Besprechung mit einer Oberin einer sehr wichtigen Schwesternschaft gehabt, bei der mir die gleiche Frage gestellt wurde.
Dafür, daß Sie für die männlichen Krankenpfleger die feinmechanische Lehre als Vorbildung für die Ausbildung zum Krankenpfleger genannt haben, bin ich Ihnen auch sehr dankbar. Ich sprach vorhin von dem Rundschreiben, das wir an die Länder gerichtet haben, in dem bereits im April unsere Vorstellungen von der Rechtsverordnung dargelegt worden sind. Auch darin ist gesagt, daß u. a. eine abgeschlossene feinmechanische Lehre eine Voraussetzung gerade für den Eintritt in die Krankenpflegerausbildung sein kann.
Ich schließe die Aussprache, die, Frau Kollegin Welter, wieder einmal gezeigt hat, wie wertvoll die Mitarbeit unserer Kolleginnen in diesem Hause ist.Die Vorlage soll an den Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen werden. — Es ist so beschlossen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7181
Vizepräsident Dr. DehlerAuf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung rufe ich folgenden zusätzlichen Tagesordnungspunkt auf:Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Förderung des europäischen Zusammenschlusses in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft .Der Antrag soll dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen werden. Kein Wiederspruch? — Es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Wohnbeihilfen ;b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Obergrenzen für Wohnbeihilfen ;. c) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes ;d) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Erfahrungen mit dem Gesetz über Wohnbeihilfen .Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs der SPD hat Frau Kollegin Berger-Heise.
Meine Herren und Damen! Ich habe die Aufgabe, den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in Drucksache IV/ 2646 zu begründen.Vorher darf ich Sie jedoch bitten, einen redaktionellen Irrtum zu korrigieren: Unter Artikel I Nr. 3 — Neufassung des § 43 Abs. 3 — bitte ich den zweiten Satz zu streichen.Das Gesetz über Wohnbeihilfen wurde am 29. Juli .vorigen Jahres verkündet und ist am 1. November 1963 in Kraft getreten. Es war also ein Jahr Zeit, es auf seine Brauchbarkeit hin zu prüfen. Da dieses Wohnbeihilfengesetz nur in den sogenannten weißen Kreisen Geltung hat, gewinnt es mit der zunehmenden Zahl der Mieter und Eigenheimbesitzer, deren Wohnort in den weißen Kreisen liegt, an Bedeutung. Von den 565 Kreisen in der Bundesrepublik wurden am 1. November 1963 die ersten 397 zu weißen Kreisen erklärt. Damit hörten für 2,2 Millionen Altbauwohnungsmieter die Mietpreisbindung und der Mieterschutz auf. Der Anteil der Wohnungen, die nach der Währungsreform errichtet wurden, sowie die Wohnungen in Bauernhäusern und Eigenheimen betrugen in diesen Kreisen ungefähr 2,8 Millionen. Dann kam am 1. August eine weitere Gruppe hinzu, und trotz der Absicht der Bundesregierung, die endgültige Mietpreisfreigabe und Aufhebung des Mieterschutzes um zwei Jahre hinauszuschieben, werden am 1. Juli 1965 weitere schwarze Kreise zu weißen erklärt werden. Zur Zeit liegen im Geltungsbereich des Wohnbeihilfegesetzes allein etwa 6 1/2Millionen Mietwohnungen. Hinzu kommen die lastenbeihilfenberechtigten Eigenheimer.Wir glauben, daß dieses Gesetz in seiner jetzigen Fassung sowohl seinem Gehalt nach als auch wegen seiner Kompliziertheit nicht ausreicht, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Darum haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf, der eine Änderung des Wohnbeihilfengesetzes vorsieht, eingebracht.Es war vorauszusehen, daß nach Aufhebung der Mietpreisbindung und des Mieterschutzes bei einem statistischen Wohnungsfehlbestand von 3 % und einem tatsächlichen Wohnungsfehlbestand, der weit darüber liegt, noch kein Wohnungsmarkt vorhanden sein konnte, ein Ausweichen der Mieter also gegenüber zu hohen Mietpreisen nicht möglich sein würde, so daß sich auf Teilgebieten Knappheitsmieten bilden würden.Der Kreis, der für Wohnbeihilfen in Frage käme, ist bei steigenden Mieten natürlich immer größer, als es die bisherige Inanspruchnahme der Wohnbeihilfen vermuten läßt. Denn viele Mieter kapitulieren schon, wenn sie allein die Fragebogen sehen. 70 o/o der Bevölkerung, sagt der Bundeswohnungsbauminister in der Begründung zu dem dem Bundesrat überwiesenen Wohnungsbauänderungsgesetz 1955, seien heute noch ihrem Einkommen nach zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt. Bei 750 DM monatlich — das ist die Einkommensbegrenzung — plus 150 DM je Familienmitglied ist das also ein sehr wesentlicher Kreis unserer Bevölkerung. Angesichts der ansteigenden Mieten in den weißen Kreisen und vor allem auch wegen der hohen Mieten beim frei finanzierten Wohnungsbau, für die dieses Gesetz ja auch gilt, müßte also die Zahl der bewilligten Anträge sehr viel größer sein. Sachbearbeiter bestätigen, daß viele Anträge abgelehnt werden müssen, weil die Begrenzungen in diesem Gesetz — es gibt ja verschiedene — viel zu eng sind.Ein Beispiel: In dem noch „schwarzen" Münster —„schwarz" jetzt im Hinblick auf die Freigabe der Wohnungsmieten —
mußten nach dem geltenden Miet- und Lastenbeihilfegesetz 15,3 % der Anträge abgelehnt werden. Im Gesetz ist ein § 45 vorgesehen, nach dem Anträge, wenn sie bewilligt sind, gleich an das Statistische Landesamt gehen. Dr. Kelm, der für das Dezernat „Wohnungswesen" in Münster verantwortliche Stadtrat, klagt in einem bemerkenswerten Artikel über den riesigen Verwaltungsaufwand, den dieses Gesetz verursacht. Ich darf daraus, Herr Präsident, einen Abschnitt zitieren. Er sagt:Welche Kleinarbeit zur Bearbeitung jedes Antrages zur Gewährung einer Miet- und Lastenbeihilfe gehört, ergibt sich schon aus der Betrachtung des Bearbeitungsbogens. Er enthält insgesamt 72 auswertbare Angaben, von denen mehr als die Hälfte erfragt, ermittelt, nachgewiesen und errechnet werden müssen. So sind z. B. wegen der verschiedenen Möglichkeiten bezüglich der Anrechnung oder Freistellung des Einkommens genaue Angaben über das Einkommen aus selbständiger und unselbständiger
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Frau Berger-HeiseTätigkeit, über die Höhe des Kindergeldes, Höhe der Renten — diese wieder unterschieden nach Versicherungs- und Versorgungsrenten — zu fordern. Die Versorgungsrenten sind wiederum nach der Höhe der Grund- und Ausgleichsrenten und des Kinderzuschlags aufzuteilen usw. Zur Feststellung der Größe der Familie ist eine Bescheinigung des Einwohnermeldeamtes beizubringen. Die Größe der Wohnung nach Quadratmetern und Anzahl der Räume und eventuelle Untermietverhältnisse müssen vom Vermieter bestätigt werden. Das gilt auch für die Höhe des Mietpreises.Er sagt dann weiter:Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers ist in diesen Fällen mit einem Arbeitsaufwand verbunden, der sich in mancher Hinsicht mit dem Ermittlungsverfahren bei Stellung eines Antrags auf Zahlung einer Sozialhilfe vergleichen läßt.Ich wollte mit diesem Beispiel eigentlich nur den Antrag der FDP, der heute vorgelegt wurde, unterstützen, in dem ja auch über den riesigen Verwaltungsaufwand geklagt und in dem gefordert wird, dem Ausschuß eine Vorlage der Regierung zuzuleiten, aus der sich ergibt, wie das geändert werden kann. Ich glaube, daran sind wir alle interessiert. Ich begrüße diese Vorlage sehr.Ich darf nun vielleicht doch erwähnen — da ich ihn ja schließlich begründen muß —, warum wir diesen Antrag noch zum Schluß der Legislaturperiode einbringen. Man sagt, das jetzige Gesetz erfordere einen Verwaltungsaufwand, der 1962 rund 16,6 Vo und 1963 rund 13,9 % des jeweiligen Bewilligungsrahmens ausgemacht habe. Wenn z. B. in Münster für 400 000 DM Wohngelder bewilligt worden sind, dann hat das 66 000 DM an Sach- und Personalausgaben gekostet, und das ist eben ungewöhnlich hoch. Da nun dieser unser Antrag zur Beratung ansteht, möchte ich hoffen, daß wir auch einmal einen der Sachbearbeiter hören, die in der Praxis mit dem Gesetz zu arbeiten haben. Vielleicht finden wir dann Formulierungen, mit denen wir unsere Arbeit verbessern können.Die sparsame Bereitstellung von Mitteln für Wohnbeihilfen im Etat 1965 zeigt übrigens deutlich, daß mit einer großen Wirksamkeit dieses Gesetzes nicht gerechnet wird.Ich darf daran erinnern: Der Herr Minister hatte damals bei der Einbringung gesagt, er glaube, daß dieses Wohnbeihilfengesetz zu den wichtigsten Sozialgesetzen gehört, die wir in der Nachkriegszeit verabschieden durften. Nun, dem Volumen nach ist es das bisher nicht geworden. Es ist natürlich nicht zu beklagen, wenn recht wenig Leute Wohnbeihilfen haben wollen. Andererseits zeigt aber die Einkommensseite, die ich vorhin darzustellen versuchte, daß etwa 70 % unserer Bevölkerung eigentlich immer noch Anwärter auf eine Sozialwohnung sein könnten, und man kann sich ausrechnen, daß dementsprechend auch der Anteil der Bevölkerung, derWohnbeihilfen beanspruchen könnte, viel höher ist, als hier aus dem Etat ersichtlich wird.Bei der Verabschiedung dieses Wohnbeihilfengesetzes rechnete der Bundesfinanzminister ab 1965, wenn also die Mietpreisbindung aufgehoben werden sollte, mit jährlich 295 Millionen DM Wohnbeihilfen. Im Etat 1964 waren dann 35 Millionen DM angesetzt. Der Bundeswohnungsbauminister rechnete mit 60 bis 100 Millionen DM für 1964. Davon sind, wie wir neulich bei einer Etatbesprechung erfuhren, 25 Millionen DM übriggeblieben. Es sind also im vorigen Jahr nach diesem Gesetz im ganzen 10 Millionen DM verteilt worden. Dieses Gesetz sollte aber ein neues Instrument der Wohnungspolitik sein.Sie entsinnen sich unserer Kämpfe hier um die Degression der Wohnungsbaumittel nach § 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Wir waren der Meinung, es sollte zweigleisig gefahren werden: weiterhin verstärkter sozialer Wohnungsbau und dazu ein Wohnbeihilfengesetz. Wenn Sie jetzt umschalten und die Degression stoppen, so ist das natürlich erfreulich. Aber es zeigt sich, daß dieses Umschalten von der objektbezogenen auf die personbezogene Subventionierung doch eines ganz anderen Gesetzes bedarf, als es das vorliegende ist. Erst jetzt, nach verlorener Kommunalwahlschlacht, stoppen Sie die Degression, verlängern die Fristen des Abbaugesetzes und schlagen auch neue Obergrenzen für das Wohnbeihilfengesetz vor. Es wäre also e i n Aufwaschen, wenn wir gemeinsam aus diesem Wohnbeihilfengesetz etwas Brauchbareres machten, als es ist.Ich darf nun die vier Punkte begründen, die in unserem Entwurf enthalten sind.Da ist zunächst eine Änderung des § 10. Die Prozentsätze der zumutbaren Mietbelastung sind zu hoch gegriffen. Sie gehen bis zu 24 % des „bereinigten" Einkommens, aber man muß immer bedenken, daß das eine Kaltmiete ist, daß also dazu die Heizungs-, Warmwasserkosten, aber auch alle Nebenkosten kommen, die ja vom Mieter allein zu tragen sind. Wir wollen also eine Begrenzung auf 20 % der „Kaltmiete" und meinen, das ist reichlich.§ 10 Abs. 2 wirkt sich besonders auf die Bezieher niedriger Einkommen aus, auch in der später noch vom Ausschuß geänderten Form. Es ist nicht einzusehen, warum eine soeben als tragbar bezeichnete Miete nach § 10 trotzdem noch aufgestockt wird. Ich erinnere daran, daß der Bundesrat immer wieder gefordert hat, diese Begrenzung, die unsinnig und überflüssig ist, zu streichen.Drittens. Die Wohnflächenbegrenzungen sind von der Bauentwicklung überholt. Sie stimmen nicht mehr mit den Durchschnittsgrößen unserer heutigen Neubauten überein und besonders nicht mit den Durchschnittsgrößen unserer kleineren Wohnungen. Auch hier ist eine Anpassung nötig.Viertens. Die Obergrenzen müssen neu festgesetzt werden. Die CDU/CSU hat zu unserem Antrag einen Änderungsantrag auf die Tagesordnung setzen lassen, nach dem auch die Obergrenzen nach § 43 neu geregelt werden sollen. Wir wollen zwischen den Höchstsätzen für die Mieten des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus und einer Über-
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Frau Berger-Heiseschreitung bis zu 50 % Spielraum lassen. Die CDU will bis zu einem Drittel über die Höchstmieten gehen. Was vernünftiger ist, werden wir dann wahrscheinlich gemeinsam im Ausschuß feststellen. Sie bauen dann allerdings noch die Ortsklassenstaffelung ein, wir nicht.Einkommen und Miete sind die beiden Posten in der Lebenshaltung, die jeder Mensch für seinen Bereich genau kennt. Unmöglich ist es aber für einen Antragsteller, sich auf Grund dieser Fakten etwa seine Aussichten auf eine Wohnbeihilfe nach dem vorliegenden Gesetz auszurechnen. Gemessen an dem erklärten Ziel dieses Gesetzes, zur Vermeidung sozialer Härten jedem Inhaber von Wohnraum ein Mindestmaß an Wohnraum wirtschaftlich zu sichern, ist es unizulänglich ausgestattet. Gerade ein Wohnbeihilfengesetz müßte nun einmal lesbar und für den Betroffenen begreiflich sein, so daß es nicht erst mit Kommentaren und Mieterfibeln verständlich gemacht werden muß.
Es bedarf auch einer Vereinfachung in bezug auf die Durchführungsvorschriften. Es wäre wünschenswert — ich darf das noch einmal sagen —, wenn uns auch Fachleute aus der Praxis zur Verfügung stünden, die mit diesem Gesetz zu arbeiten haben. Ich meine, es wäre auch wünschenswert, wenn wir das nach § 45 vorgesehene bei den Statistischen Landesämtern gesammelte Material vor der Beratung zugestellt bekämen. Im Gesetz ist ja festgelegt, daß dieses Material halbjährlich auszuwertenist. Wir würden uns sicher sehr viel Arbeit sparen,wenn wir diese Ergebnisse zeitig genug hätten.Wir bitten um Überweisung unseres Antrages an den Ausschuß für Wohnungswesen.
Das Wort zur Begründung der beiden Anträge der CDU/CSU hat Herr Abgeordneter Dr. Hesberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDU/CSU-Fraktion habe ich die Ehre, den Antrag auf Drucksache IV/ 2717 und dann anschließend auch unseren Antrag auf Drucksache IV/ 2718 zum Wohnungsbaugesetz zu begründen.Das Wohnbeihilfengesetz ist am 1. November 1963 in Kraft getreten. Es ist also gerade ein Jahr wirksam, so daß eine abschließende Beurteilung des Für und Wider dieser oder jener Bestimmung noch nicht möglich ist. Vom Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung ist uns bestätigt worden, daß auch bei den Ländern zur Zeit noch nicht genügend Erfahrungen darüber vorliegen, ob die eine oder andere Vorschrift änderungsbedürftig ist.In einem Punkt sind allerdings meine Parteifreunde und ich der Auffassung, daß man eine Revision nicht zurückstellen sollte. Hierin stimme ich dem Antrag der SPD im Grundsatz — ich sage: im Grundsatz — zu. Das betrifft die Bestimmungen über Mietobergrenzen. Die Mietobergrenzen wurden seinerzeit in das Gesetz aus der Sorge aufgenommen, daß die Wohnbeihilfen unter Umständen einem nicht vertretbaren Auftrieb der Mieten Vorschub leisten könnten. Da nun die Wohnbeihilfen einem Personenkreis zugedacht sind, dessen Einkommen dem der Berechtigten im sozialen Wohnungsbau entspricht, lag es nahe, die Obergrenzen mit den Höchstbeträgen für die Mieten im sozialen Wohnungsbau in Zusammenhang zu bringen. Die derzeitige gesetzliche Regelung sieht daher vor, daß im sozialen Wohnungsbau die behördlich genehmigten Mieten in vollem Umfang beihilfefähig sind.Da die Mieten des sozialen Wohnungsbaus in den Ländern aber uneinheitlich sind, haben sich bei den Obergrenzen nicht unerhebliche Unterschiede ergeben. So liegen die Obergrenzen für die Großstädte in der besten Ausstattungsstufe der Wohnungen zur Zeit zwischen 2,40 DM und 3 DM pro Quadratmeter Wohnfläche. Diese Unterschiede innerhalb des Bundesgebiets sind dem Staatsbürger schwer verständlich. Sie erscheinen ihm ungerecht, vor allem weil I ein weiterer Fehler der geltenden Regelung darin liegt, daß die reinen Mieten des sozialen Wohnungsbaus zugrunde gelegt werden, dagegen nicht die Mieten, die sich bei der sogenannten Mischsubvention nach Fortfall von Aufwendungsbeihilfen und Zinszuschüssen ergeben.Zur Beseitigung der Härten, die sich aus den erörterten Vorschriften ergeben, sieht unser Antrag vor, daß künftig die Festlegung der Obergrenzen durch den Bund erfolgen soll. Diese sollen dem Durchschnitt der in den Ländern geltenden Miethöchstsätze für den sozialen Wohnungsbau entsprechen und durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Dabei ist wie bisher eine Abstufung nach der Ausstattung, nach dem Alter und nach Ortsklassen vorgesehen, vor allem aber auch die Einbeziehung der befristeten Zuschüsse. Die Obergrenzen dürfen auch nach unserem Antrag wie bisher überschritten werden, und zwar bei nach dem 20. Juni 1948 bezugsfertig gewordenen Wohnungen um ein Drittel. Damit würde einerseits den Verhältnissen im sozialen Wohnungsbau der Länder Rechnung getragen, deren Mietsätze über dem Bundesdurchschnitt liegen, andererseits aber auch den Bedürfnissen im steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungsbau.Beihilfefähig sind bekanntlich auch die steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungen, deren Niveau über dem der Mieten des sozialen Wohnungsbaus liegt. Hinsichtlich dieses Wohnungsbestandes gab es besonders die eingangs erwähnte Sorge, daß Mietbeihilfen unter Umständen einen nicht vertretbaren Preisauftrieb begünstigen könnten. Deshalb sind die Mieten dieses Sektors der Neubauwohnungen zur Zeit nur bis zu einem Betrag von 20 % über den Obergrenzen des sozialen Wohnungsbaus beihilfefähig. Diese Obergrenze ist, wie sich gezeigt hat, zu gering. Denn die Kostenmieten für steuerbegünstigte und frei finanzierte Wohnungen liegen im Durchschnitt um ein Drittel über den Kostenmieten des sozialen Wohnungsbaus. Demzufolge ist es angemessen, die Obergrenze entspre-
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Dr. Hesbergchend anzuheben, was mit der behandelten Heraufsetzung von 20 auf 30 vom Hundert geschieht. Der Vorschlag der SPD, an Stelle der 20%igen Überschreitung eine 50%ige Überschreitung zuzulassen, erscheint nicht begründet.Wohl aber können wir der Fraktion der SPD darin zustimmen, daß auch die Obergrenzen für die Altbauwohnungen neu geregelt werden müssen, weil die derzeitige Regelung bis zum 1. Januar 1966 befristet ist. Meine Freunde und ich sind aber der Auffassung, daß es mit einer bloßen Verlängerung um zwei Jahre, wie es der SPD-Entwurf vorsieht, nicht getan ist.
— Ich danke Ihnen. — Zur Zeit ist bei den Altbauwohnungen die Angemessenheitsverordnung die Grundlage für die Obergrenzen. Es muß aber berücksichtigt werden, daß die Angemessenheitsverordnung in den weißen Kreisen nur im ersten Jahr nach der Mietpreisfreigabe gilt und auch nur in den Fällen, in denen der Vermieter die Miete einseitig erhöht. Die Angemessenheitsverordnung paßt nicht für neue Mietzinsvereinbarungen im Falle eines Mieterwechsels. Deshalb erscheint es uns tunlich, in diesem Bereich von den Mietsätzen des sozialen Wohnungsbaus auszugehen. Wir schlagen deshalb vor, daß die Mieten für Altbauwohnungen insoweit als beihilfefähig anerkannt werden, als sie die Kostenmiete des sozialen Wohnungsbaus nicht überschreiten.Wenn auch hinsichtlich der Reformbedürftigkeit der Obergrenzen grundsätzlich Übereinstimmung besteht, können wir jedoch dem Antrag der Fraktion der SPD nicht folgen, in dem gewünscht wird, daß in diesem Augenblick auch schon weitere Vorschriften des Wohnbeihilfengesetzes geändert werden. Wie ich eingangs betonte, können wir uns hierüber erst unterhalten, wenn genügend Erfahrungen vorliegen, und Sie haben ja auch gesagt, Frau Kollegin Heise, daß wir hier die Erfahrungen der Sachbearbeiter dieser Materie in den Ländern bei den Ausschußberatungen heranziehen sollten. Meine Fraktion ist aus diesem Grunde, weil eben noch nicht genügend Erfahrungen vorliegen, dagegen, daß schon jetzt die Vomhundertsätze der zumutbaren Eigenbelastung und die Wohnflächengrenzen geändert werden, wenn wir auch einer etwas elastischeren Regelung, die im Ausschuß zu erörtern wäre, zustimmen würden.Besonders möchte ich aber davor warnen, den Selbstbeteiligungsbetrag zu beseitigen; denn wir sind nach wie vor der Meinung, daß es eine hundertprozentige Erstattung der Miete durch den Staat nicht geben sollte. Einen gewissen Anteil muß jeder Mieter selbst tragen. Dies erscheint uns um so richtiger, als es durch die zahlreichen Vorschriften über die absetzbaren Beträge und Freibeträge durchaus vorkommen kann, daß sich rechnerisch ein ganz geringes oder sogar kein Einkommen ergibt, obwohl tatsächlich ein nicht unerhebliches Einkommen vorliegt. Wenn die Vorschriften über den Selbstbeteiligungsbetrag nicht im Gesetz stünden, müßten in diesen Fällen die Mieten ganz oder nahezu ganz als Mietbeihilfe vom Staat übernommen werden. Es entspricht nicht unserer Auffassung, daß der einzelne Bürger in erster Linie für seinen Wohnbedarf selbst verantwortlich ist und daß die Gemeinschaft ihm erst in zweiter Linie nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse beizustehen hat.Wir sind — das darf ich abschließend feststellen — nicht nur der Überzeugung, daß die von uns angestrebte Neuregelung einem besonderen Bedürfnis der Praxis entspricht, sondern vor allem auch der Meinung, daß die Korrekturen der Obergrenzen die weitere Überleitung des Wohnungsaltbestandes in die soziale Marktwirtschaft erleichtern werden. Daher würden wir eine schnelle Verabschiedung begrüßen, zumal wir der Überzeugung sind, daß der Aufwand, den die Verbesserungen erfordern, mit der Größenordnung im Einklang steht, von der wir bei der Beratung des Gesetzes vor anderthalb Jahren ausgegangen sind.Ich beantrage daher die Überweisung unseres Antrages Drucksache IV/ 2717 an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung als federführenden Ausschuß und die Mitberatung des Ausschusses für Kommunalpolitik und Sozialhilfe. Die Mitberatung des Haushaltsausschusses ist ohnehin durch die Geschäftsordnung gegeben.Ich darf mich nunmehr der Begründung des von uns eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, Drucksache IV/ 2718, zuwenden.Im Verlaufe der Beratungen über den sozialen Wohnungsbau ist nicht nur seitens des Herrn Bundesministers für Wohnungswesen, sondern auch unsererseits stets das Erfordernis herausgestellt worden, die der Baukapazität entsprechenden Höchstleistungen im Wohnungsbau zu realisieren, um die Wohnungsnotstände so bald als nur irgend möglich zu überwinden. Es wurde weiter dafür plädiert, die Wohnungsbauförderung gleichermaßen in den sogenannten schwarzen Kreisen und in den weißen Kreisen fortzuführen. Durch diese Einstellung und vor allem durch das verständnisvolle Zusammenwirken des Bundes, der Länder und der Gemeinden haben wir Ende dieses Jahres für die Zeit von 1948 bis einschließlich 1964 ein Gesamtergebnis aufzuweisen, zu dem es unter Zugrundelegung der Höchstleistungen im Wohnungsbau nach dem ersten Weltkrieg einer Zeit von 40 Jahren bedurft hätte. Diese Leistungen, meine Damen und Herren, verdienen sowohl hinsichtlich der Quantität als auch hinsichtlich der Qualität gewürdigt zu werden, — die hohen Quoten des sozialen Wohnungsbaues und der Eigentumsbildung sowie die Verbesserung der Ausstattung und die Zunahme der Wohnflächen.Ich erlaube mir diese Vorbemerkungen, meine Damen und Herren, weil unvermeidliche Schönheitsfehler oft maßlos übertrieben werden und vor allem Tendenzen unserer Wohnungsbaupolitik manchmal disqualifiziert werden. Es reimt sich aber nicht zusammen, wenn kritisiert wird, wir hätten einerseits für den Eigenheimbau zu viel getan und andererseits für die Vermögensbildung der breiten Schichten der Bevölkerung zu wenig.
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Dr. HesbergDenn, meine Damen und Herren, in dem Bereich des Wohnungswesens ist — ich glaube nicht Zu übertreiben — äußerst Beachtliches gerade für diejenigen getan, für die wir alle in diesem Hohen Hause größere wirtschaftliche Unabhängigkeit und eine entsprechende Wohnungsversorgung anstreben.
Daher begrüßen meine Freunde und ich auch den Entwurf der Novelle, den die Bundesregierung zum Zweiten Wohnungsbaugesetz beschlossen hat, weil sie eine verstärkte Eigentumsbildung im Familienheim und Mehrfamilienhaus anstrebt, denn damit trägt sie den auf Wohnungseigentum ausgerichteten Sparerwünschen Rechnung, Wünschen, die in der Entwicklung des Bausparens der Arbeiter, Angestellten und Beamten einen so eindeutigen Ausdruck finden.Nicht minder begrüßen wir aber auch die Absicht der Bundesregierung, bestimmten Personenkreisen, denen eine angemessene Wohnungsversorgung erfahrungsgemäß besondere Schwierigkeiten bereitet, im Rahmen der allgemeinen Rangfolge des Zweiten Wohnungsbaugesetzes eine bevorzugte Förderung zuteil werden zu lassen, nämlich den kinderreichen Familien, den älteren Menschen und auch jungen Ehepaaren. Daß in einigen Haushaltsansätzen des Etats für 1965 schon gewisse Konsequenzen gezogen sind, so z. B. in dem Titel „Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaues für alte Menschen", sei besonders anerkannt.Schließlich stimmen wir ebenfalls der Absicht der Bundesregierung zu, auch in räumlicher Beziehung Schwerpunkte zu setzen mit dem Ziel, das Wohnungsdefizit in besonderen Brennpunkten des Wohnungsbedarfs so rasch wie möglich abzudecken.Wir können uns aber der Tatsache nicht verschließen, daß die Verwirklichung der Vorhaben in Frage gestellt wird, wenn keine entsprechenden finanziellen Dispositionen für die Programme getroffen werden. Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß die Mittel, die der Bund den Ländern für eine so ausgerichtete Wohnungsbaupolitik zur Verfügung stellen muß, nicht ausreichen, wenn es bei der Degression verbleibt, die im § 18 des Wohnungsbaugesetzes vorgesehen ist. Soll sich die Gemeinschaftsarbeit von Bund und Ländern so bewähren wie in der Vergangenheit, halten wir es im Interesse der noch auf eine angemessene Wohnungsversorgung wartenden Bevölkerungskreise für notwendig, die Wohnungsbauleistungen auf der derzeitigen Höhe zu halten; daher ist es nach der Auffassung der CDU/CSU geboten, die Degression abzustoppen und für die nächsten Jahre neben den sonstigen beträchtlichen Verpflichtungen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau die gleiche Summe vorzusehen, die für das zu Ende gehende Jahr 1964 angesetzt worden ist.Der von uns vorgelegte und hier zur Beratung in erster Lesung anstehende Antrag zur Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes trägt dieser Auffassung Rechnung. Der danach zur Verfügung zu stellende Betrag dürfte, richtig angesetzt — ich betone: richtig angesetzt —, den Erfordernissen Rechnung tragen, die wir hier vor uns sehen. Die keiner weiteren Erläuterung bedürftigen Einzelheiten unseres Antrages zur Novellierung des Wohnungsbau-und Familienheimgesetzes tragen den von uns bejahten Zielsetzungen der Bundesregierung Rechnung. Aus wohnungs- und familienpolitischen, aber auch aus gesellschaftspolitischen Gründen halten wir die zusätzlichen Beiträge des Bundes zum sozialen Wohnungsbau für erforderlich und die Einordnung in den Gesamtrahmen der Haushalte der kommenden Jahre für durchaus möglich. Um dem Bund und den Ländern eine rechtzeitige Disposition zu ermöglichen, ist es unseres Erachtens notwendig, auch diese Novelle beschleunigt zu verabschieden.Ich beantrage, den Entwurf Drucksache IV/ 2718 an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung — federführend — und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
Das Wort zur Begründung des Antrags der Fraktion der FDP hat Frau Dr. Kiep-Altenloh.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Als ich vor über einem Jahr — im Juni vorigen Jahres — zu den neuen Wohnungsgesetzen Stellung nahm, habe ich gesagt, daß wir aller Voraussicht nach bei dieser neuen Materie nicht auf der ursprünglichen Form würden beharren können, sondern daß wir nach den Erfahrungen, die wir sammeln würden, Änderungen vornehmen müßten. So weit ist es heute. Ein Jahr ist vergangen, und wir haben sowohl mit den Wohnbeihilfen wie mit dem geänderten Wohnungsbaugesetz unsere Erfahrungen sammeln können. Es genügt aber nicht, daß wir zur Vorbereitung solcher Änderungen Einzelerfahrungen zugrunde legen, die doch mehr zufälliger Natur sind.Im allgemeinen haben diese Gesetze, insbesondere das Gesetz zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft, viel Aufruhr und Unruhe hervorgebracht. Die Bedenken, die Anlaß zu der Aufregung gaben, haben sich aber vielfach als nicht begründet erwiesen. Die Schwierigkeiten konnten ausgeglichen werden. Ich bin jedem Fall, der mir vorgetragen wurde, Hand in Hand mit der zuständigen Behörde nachgegangen und habe feststellen können, daß fast alle Fälle auf irrtümlichen Auffassungen in bezug auf diese Gesetze beruhten oder daß die Angelegenheiten in den weißen Kreisen zur Zufriedenheit geregelt werden konnten.Wie ich schon sagte, lag vielfach eine irrtümliche Auffassung vor, aber es bestand auch bei einem großen Teil die Scheu — und jetzt komme ich zur Begründung unseres Antrages —, die Wohnbeihilfen, die als notwendige soziale Ergänzung zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften gedacht waren, zu beantragen. Wenn wir uns den Bogen besehen, der ausgefüllt werden muß, dann können wir uns vorstellen, daß alte Rentner und Rentnerinnen mit diesen vier Seiten nichts anzufangen wissen, daß sie
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Frau Dr. Kiep-Altenloherschrocken davorstehen und schon von vornherein darauf verzichten, einen Antrag zu stellen. So erklärt es sich auch, daß die vorgesehenen Mittel nicht in vollem Umfang verbraucht worden sind. Das bedeutet nicht, daß kein Bedarf vorhanden wäre. Aber die Anträge wurden aus Angst vor diesem großen Bogen nicht gestellt.Außer den bereits angesprochenen Schwierigkeiten — auch ich beziehe mich hierzu auf Einzelmitteilungen und beobachtungen — sind noch andere Komplikationen aufgetreten. Ich kann einer Änderung der Prozensätze der Eigenleistung, die grundsätzlich gefordert wird, in diesem Umfang nicht zustimmen. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie wollen ungefähr alle Stufen ändern. Ich möchte hier sagen: wer vieles bringt, wird jedem etwas bringen. Wir leben ja in einer Zeit, in der man gern jedem etwas bringen möchte.
— Sie haben damals dm Ausschuß Einzelanträge gestellt, aber, soweit ich mich erinnere, nicht für die gesamte Staffel.
Die Staffeln wurden seinerzeit mit Hilfe der Experten aus den verschiedenen. Ländern aufgestellt. Soweit mir bekannt ist, lagen schon Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen und in Hamburg mit ähnlichen Sätzen vor. Nach den Erkundigungen, die ich eingezogen habe, haben diese Sätze nicht zu entscheidenden Beanstandungen geführt.Die Beanstandungen liegen auf einem anderen Gebiet. Die beiden Redner, die hier zu Wort gekommen sind, haben schon davon gesprochen. Die Obergrenzen der Mieten sind tatsächlich zu knapp bemessen. Gerade die Wohnungen, die steuerbegünstigt sind, können selten bezogen werden, weil sie eben oberhalb der Grenzen liegen und nicht mehr unter die Bestimmungen für die Wohnbeihilfen fallen. Das ist nicht die Absicht gewesen. Man sollte aber die Begrenzung nicht ganz aufheben. Wir haben seinerzeit im Ausschuß darüber gesprochen. Ich teile immer noch die Bedenken, die damals gegen die völlige Aufhebung vorgebracht worden sind.Außer den schon angeführten haben sich noch einige andere Schwierigkeiten gezeigt. Es hat sich z. B. als nicht zweckmäßig erwiesen, daß wir die zu berücksichtigende Quadratmetergröße für Wohnbeihilfen nach Alt- und Neubauwohnungen verschieden gestaffelt haben. An die Wohnungen werden immer höhere Ansprüche gestellt. Wir wollen ja auch größere Wohnungen bauen. Deshalb sollte man die Größen, die bei den Alt- und Neubauwohnungen zur Berechnung der Mietbeihilfen zugrunde gelegt werden, im Interesse einer leichteren Bearbeitung dieser Wohnbeihilfen vereinheitlichen.Schwierigkeiten entstehen auch bei der Bewilligung von Lastenbeihilfen. Dabei werden bestimmte Einkommensverhältnisse zugrunde gelegt, und dann kommen diese etwas komplizierten Ausführungen, die wir damals für zweckmäßig hielten, die sich jedoch als zu kompliziert erwiesen haben, nachdem Änderungen in den Einkommensverhältnissen, die hätten vorausgesehen werden können, zu berücksichtigen sind. Das betrifft den § 73 Nr. 4. Ich sehe hier, wie sich der unglückliche Sachbearbeiter und der noch unglücklichere Antragsteller gegenüberstehen und festzustellen versuchen, was hätte vorausgesehen werden können. Das ist eine Überforderung sowohl der Antragsteller als auch derjenigen, die diese Anträge zu bearbeiten haben.Mir sind aber noch andere Klagen sehr drastisch vorgetragen worden. Es ist tatsächlich ein Stau eingetreten. Selbst versierte Bearbeiter von Wohnungsfragen sitzen etwas 'hilflos vor diesen Bogen.Ich glaube deshalb, daß es nicht genügt, die von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD 'beantragten Änderungen zu berücksichtigen. Wir empfehlen, mit den Ländern grundsätzlich in neue Beratungen einzutreten. Wir möchten, daß dem Ausschuß über die in § 45 vorgesehenen statistischen Angaben berichtet wird, daß die Erfahrungen dargelegt und die Engpässe aufgezeigt werden. Es gibt noch mehrere Punkte, die der Änderung bedürfen; ich will sie hier nicht aufzählen. Auf Grund dieser Erfahrungen sollte dann ein Gesetz vorgelegt werden, das den Notwendigkeiten Rechnung trägt.Die Frage, ob die Obergrenzen um 30 oder 50% erhöht werden sollten, bedarf ebenfalls noch der Erörterung. Nach den Auskünften, die ich eingeholt habe, würde eine Erhöhung hinsichtlich der Mieten des sozialen Wohnungsbaus um 30 % genügen, um im allgemeinen die schwierigen Fälle aufzufangen. In größeren, teuereren Wohnungen wohnen in der Regel nicht Leute, die noch in den Genuß einer Wohnungsbeihilfe gelangen können. Deswegen scheint mir der Satz von 50 % reichlich überhöht.Lassen Sie mich jetzt auf den zweiten Antrag der CDU/CSU eingehen. Ich darf dem Erstaunen sowohl meiner selbst wie meiner Fraktion Ausdruck geben, daß hier ein Antrag vorgelegt wird, der den Haushalt immerhin mit 70 Millionen DM zusätzlich belastet. Meine Herren und Damen, ich glaube, dieser Antrag bedarf sehr eingehender Erörterung. Nach den Grundsätzen, die wir bei der Behandlung der Haushaltspläne hier im ganzen beachtet haben, sollte man auch diese Frage sehr eingehend prüfen. Ich glaube, man kann nicht, so wünschenswert es vielleicht wäre, so plötzlich mit einem Antrag eine solche zusätzliche Belastung des Haushalts fordern.Erwünscht wären Mittel, die die Erschließung von Baugrundstücken ermöglichen; denn da ist ein Engpaß besonders bei kleineren Gemeinden, die die Mittel für die Erschließung von neuen Straßen nicht aufbringen können. Daran scheitert in der Tat oft der Neubau von Wohnungen. Einzelne Bauwillige, die auch die Mittel haben, sind vorhanden, aber es fehlt an der Erschließung. Da es sich hier nur um Darlehen handelt, sollten wir diesen Teil des Antrags und die Möglichkeit der Durchführung besonders prüfen.Bedenklich erscheint mir in dem Antrag aber die Staffelung der Obergrenzen in den Gemeinden nach
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Frau Dr. Kiep-Altenlohder Einwohnerzahl, über 100 000 Einwohner und unter 100 000 Einwohner. Wir finden heute gerade in den Nachbargemeinden von Großstädten Wohn- und Preisverhältnisse, die sich nicht nennenswert von denen in größeren Gemeinden unterscheiden. Sie merken das ja auch immer wieder an den Klagen über die Staffelung der Beamtengehälter. Ähnliches gilt hier, wenn wir die Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern und diejenigen mit weniger als 100 000 Einwohnern nach verschiedenen Gesichtspunkten behandeln. Wir sollten uns das sehr genau überlegen. Ich glaube, das ist heute in dieser Form nicht mehr gerechtfertigt. Wenn plötzlich in einem kleinen Ort eine Fabrik gebaut wird — wir sind ja alle daran interessiert, daß z. B. in den Zonenrandgemeinden neue Industrien angesiedelt werden —, entsteht ein großer zusätzlicher Wohnungsbedarf. Die Gemeinde ist aber in einer niedrigeren Stufe, und schon werden die Mittel nach anderen Gesichtspunkten berechnet. Das ist eine Frage, die sehr ernster Erwägung bedarf und auf die ich an dieser Stelle schon hinweisen möchte.Meine Fraktion bittet, als Vorbereitung für die Vorschläge, die die Fraktion der SPD und die Fraktion der CDU/CSU gemacht haben, unseren Antrag, der die Regierung auffordert, sogleich einen Überblick über die bisherigen Erfahrungen zu verschaffen, sofort anzunehmen. Der zweite Teil resultiert lediglich aus Voraussetzungen, die die Regierung zu schaffen hätte. Ich glaube, es ist auch im Hinblick auf Ihre Anträge sinnvoll, daß unser Antrag sofort angenommen wird, der ja nur eine Berichterstattung von der Regierung fordert, und daß wir die beiden anderen Anträge — das beantragt meine Fraktion — zur Beratung an den Wohnungsausschuß und, wie immer, an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung überweisen. Ich bitte Sie also dringend, unseren Antrag als weitere Voraussetzung für die Durchführung Ihrer Anträge sofort zu erledigen
— er ist ja eine Voraussetzung für Ihre Anträge — und Ihre Anträge dann zu beraten. Unser Antrag fordert ja lediglich zu einem Bericht über die gegenwärtige Situation auf. Konkrete Angaben über das, was zu geschehen hat, enthält er nicht. Ich möchte Sie daher bitten, diesen Antrag meiner Fraktion anzunehmen.
Frau Abgeordnete, ich möchte dazu ein Wort sagen. Der Ältestenrat hat die Überweisung auch des Antrages der Fraktion der FDP an den Ausschuß für Wohnungswesen und die anderen Ausschüsse vorgesehen. Sie sind wohl einverstanden, daß ich in erster Linie über diese im Ältestenrat vereinbarte Überweisung abstimmen lasse und erst in zweiter Linie über eine Abstimmung heute. Denn die Ausschußüberweisung hat ja immer Vorrang. Ich werde dann so verfahren.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit gerne benutzen, einige allgemeine Bemerkungen zur Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung zu machen. Denn in letzter Zeit mehren sich die Versuche, durch tendenziöse Meldungen über angebliche Auswüchse auf dem Wohnungsmarkt Unruhe und Unsicherheit in die deutsche Bevölkerung zu tragen.
Die Bundesregierung verschließt keineswegs die Augen vor den Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Überleitung der Wohnungswirtschaft auftreten können und aufgetreten sind. Es ist aber unverantwortlich, derartige Einzelfälle in der Offentlichkeit zu verallgemeinern und als d a s Ergebnis des Abbaugesetzes herauszustellen.
Besser wäre es, wenn mit der gleichen Energie und dem gleichen Geldaufwand durch Unterrichtung die Bevölkerung aufgeklärt würde, um den Menschen die unbegründete Sorge und Angst zu nehmen.
Gleichzeitig wird so getan, als lasse die Bundesregierung in ihren Anstrengungen um den Wohnungsbau nach oder als beabsichtige sie, sich aus ihrer Verantwortung für die Fortführung des sozialen Wohnungsbaues zurückzuziehen. Dabei wird mir persönlich in jüngsten Meldungen unterstellt, daß ich durch Gesetzesvorlagen, deren Inhalt einfach vermutet wird, in der Zukunft z. B. den Mietwohnungsbau vernachlässigen und im wesentlichen nur noch den Eigenheimbau fördern wolle. Es ist an der Zeit, solchen Ungereimtheiten den Boden zu entziehen. Fast genau seit einem Jahr beweist sich Tag für Tag mehr, daß der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft im wesentlichen reibungslos verläuft und daß die so lauthals prophezeite Katastrophe nicht eingetreten ist. Ich bin der verehrten Frau Kollegin Kiep-Altenloh deshalb besonders dankbar dafür, daß sie diese Tatsache aus einem Gebiete betont herausgestellt hat, nämlich aus dem Hamburger Raum, in dem die Probleme besonders brennend sind.Was ist nun wirklich eingetreten? Es ist Zeit, daß die deutsche Öffentlichkeit es einmal erfährt. Die Altbaumieten sind in den sogenannten weißen Kreisen ab November 1963 bis Mitte Oktober 1964 im Durchschnitt um 12 v. H. gestiegen. Bei etwa 40 % der erfaßten Wohnungen ist trotz rechtlicher Möglichkeiten keine Mieterhöhung erfolgt. Dem Hausbesitz gebührt daher Dank für sein verantwortungsbewußtes Verhalten. Die größten Optimisten hätten nicht mit einem derartigen positiven Ergebnis gerechnet.Über die Entwicklung der Kündigungen, die uns besondere Sorge machten, sind genaue Angaben bis zur Stunde nicht möglich.
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Bundesminister LückeVon Einfluß auf die Wohnraumversorgung — das ist wichtig, das sollte draußen auch die Bevölkerung erfahren — sind aber nur solche Kündigungen, bei denen nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Räumungsprozeß geführt wird. Nach einem Bericht der zuständigen Landesminister ist eine Häufung der Räumungsklagen in den rund 460 weißen Kreisen bisher nicht festzustellen. Das, meine Damen und Herren, ist eine außerordentlich bemerkenswerte Feststellung, ein außerordentlich bemerkenswertes Ergebnis. Dennoch werden hierüber auf meinen Wunsch zur Zeit Erhebungen von den Landesjustizverwaltungen angestellt. Außerdem ist ein Wohnungsstichprobengesetz in Vorbereitung, das Feststellungen über Kündigungen und deren Gründe ermöglichen wird.Von den Kritikern wird vor allem übersehen, daß sich die Wohnungsversorgung auch in den weißen Kreisen laufend verbessert. Ich habe, wenn ich so in den Blätterwald hineinschaue, manchmal den Eindruck, als stünden wir immer noch bei den Beratungen des Abbaugesetzes und hätten nicht inzwischen — seither sind fünf Baujahre verflossen — rund 3 Millionen Wohnungen neu gebaut. Die einzige Fehleinschätzung in meiner damaligen Prophezeiung betraf das zu erwartende Bauergebnis. Ich hatte damals den Bau von 2 1/2 Millionen, also jährlich rund 500 000 Wohnungen vorausgesagt. Wir haben uns hier verschätzt; in den fünf Jahren sind nämlich 3 Millionen, also 500 000 Wohnungen mehr, gebaut worden.
Meine Damen und Herren, allein in diesem Jahr, einem sehr erfolgreichen Baujahr — ich freue mich, das hier feststellen zu können —, werden voraussichtlich 600 000 Wohnungen bezugsfertig sein. Dieses Ergebnis wurde bisher noch in keinem Jahr erreicht. Gleichzeitig dürften 1964, also in diesem Jahr, ebenso viele Wohnungen neu zum Bau genehmigt worden sein. Die Weiterführung des Wohnungsbaus im nächsten Jahr, 1965, hängt von der Höhe der Baugenehmigungen in diesem Jahr ab. Meine Damen und Herren, der Bauwille der Bevölkerung ist trotz aller Schwierigkeiten ungebrochen. Auch 1966 wird weitergebaut.Der Wohnungsbau wird mit einem sehr hohen Überhang — entschuldigen Sie, wenn ich hier auch fachtechnische Begriffe verwenden muß — an Genehmigungen und im Bau begriffenen Wohnungen in das Jahr 1965 hineingehen. Ich rechne mit 750 000 bis 800 000 Wohnungen, die — finanziert, genehmigt und mit Bauland versehen — als Überhang in das neue Baujahr hineingehen. Das ist etwa der gleiche Überhang wie im letzten Jahr.Bei Pfandbriefinstituten, Sparkassen und Bausparkassen stehen zur Zeit 12 Milliarden DM Finanzierungsmittel bereit, die bereits für konkrete Bauvorhaben zugesagt, aber noch nicht ausgezahlt worden sind. Die Mehrzahl der Bundesländer, an der Spitze Nordrhein-Westfalen, hat im sozialen Wohnungsbau erhöhte Anstrengungen gemacht. Ich danke ihnen hierfür ausdrücklich. So sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres 18 % mehr Wohnungen im sozialen Wohnungsbau gefördert worden als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Die hohen Wohnungsbauleistungen der nächsten Jahre, 1965 und 1966, werden nicht viel niedriger sein. Die bisherigen Leistungen haben das Wohnungsdefizit fühlbar vermindert und gleichzeitig ermöglicht, daß die Wohnungsversorgung durch die Auflockerung der Zwangswirtschaft verbessert wurde.Meine Damen und Herren, dabei haben sich die Wohnverhältnisse nicht nur der Familien verbessert, die in neue Wohnungen einziehen konnten, sondern auch die Versorgungslage derer, die im Altbau eine freie Wohnung bekommen, also im Wechsel der Kündigungen nachrücken konnten.Hier eine Zahl! In den Zeitungen wurde Lärm gemacht: 100 Kündigungen! 1000 Kündigungen! — Kündigungen sind für die Familien eine schreckliche Sache. Leider hat man in einer großen Stadt noch nicht bekanntgegeben, daß dort jährlich z. B. rund 10 % Kündigungen nicht von den Vermietern, sondern von den Mietern ausgesprochen werden. Das ist der normale Umsetzungsprozeß, der auch ohne dieses Gesetz im Gange ist. Dabei bewegen sich alle anderen bislang bekanntgegebenen Kündigungen nach dem Abbaugesetz zwischen 1 und 5 %.Neulich hat ein führender Vertreter der Hausund Grundbesitzer scherzhaft die Frage gestellt, ob ich ihm nicht einen Schutz gegen Kündigungen der Mieter geben könnte.
— Meine Damen und Herren, so ist die Realität. Das sind Fakten, und es ist notwendig, darauf zu verweisen.Dabei haben sich, wie ich bereits sagte, nicht nur die Wohnverhältnisse derer verbessert, die neue Wohnungen bekommen, sondern auch derjenigen, die von dieser Umsetzung profitieren. Sie wissen weiter, daß sich die Größe, aber auch die Ausstattung der neuen Wohnungen im sozialen Wohnungsbau ständig verbessert. Die Durchschnittsgröße der genehmigten Wohnungen lag 1964 in der Bundesrepublik bereits bei etwa 80 qm Wohnfläche. Selbst im sozialen Wohnungsbau hat schon jede zweite Wohnung, die in diesem Jahre bezugsfertig wird, eine Zentralheizung.Für den Fortgang des Wohnungsbaus bin ich weiterhin durchaus optimistisch. Die erheblichen Spannungen am Baumarkt, die uns in den vergangenen Jahren große Sorge gemacht haben, haben 1964 merklich nachgelassen. Die Produktivität in der Bauwirtschaft ist durch den Einsatz von mehr und besseren Maschinen, neuen Methoden und Rationalisierungsmaßnahmen sowie durch Steigerung des Fertigbaus fühlbar gestiegen. Der Kräftemangel am Baumarkt ist weniger ausgeprägt als in den verflossenen Jahren. Vor allem aber hat sich die Steigerung der Baupreise 1964 wesentlich abgeschwächt. Während in den Jahren 1960 bis 1962 die Baupreise im Wohnungsbau jährlich um 71/2 bis 81/2 % stiegen, haben sie sich_ 1963 nur noch um rund 6 % und 1964 um rund 5 % erhöht. Das ist noch sehr viel; aber mir liegt daran, deutlich zu machen, daß der Trend nicht aufwärts, sondern nach unten geht. Es
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Bundesminister Lückesollte möglich sein — und wir werden alles tun —, im kommenden Jahr die Preisentwicklung am Baumarkt noch mehr zu beruhigen. Dadurch würden sich manche Schwierigkeiten, auch bei der Durchführung der geplanten Zukunftsaufgaben im Wohnungs- und Städtebau, von selbst beheben.Ausgehend von der fortschreitenden Beseitigung der zwangswirtschaftlichen Eingriffe in die Wohnungsversorgung und einer den modernen Ansprüchen voll gerecht werdenden Neubautätigkeit gilt es nun, den Weg für die künftige Wohnungspolitik festzulegen. Es geht um die Überlegungen erstens zur Fortführung des sozialen Wohnungsbaues, zweitens zur Sicherung der Zweckbestimmung der bereits vorhandenen und aller künftig zu bauenden Sozialwohnungen und drittens zur Verbesserung der subjektiven Hilfen des Staates für das Wohnen seiner Bürger.Die Bundesregierung hat vor kurzem dem Bundesrat einen Gesetzentwurf für die von ihr geplanten Maßnahmen vorgelegt, und zwar eine Novelle zum Zweiten Wohnungsbaugesetz. Das Zweite Wohnungsbaugesetz hat sich in den acht Jahren seines Bestehens bewährt. Die Ziele des Gesetzes wurden erreicht. 1,8 Millionen Wohnungen wurden im sozialen Wohnungsbau gebaut. Der Wohnungsbau geht weiter. Es besteht also kein Anlaß, das Zweite Wohnungsbaugesetz zu beseitigen und durch ein anderes Gesetz mit völlig neuer Grundkonzeption zu ersetzen, wie dies die SPD mit ihrem unlängst von uns bei der Einbringung diskutierten Gesetzentwurf vorsieht. Ich habe bereits bei der ersten Beratung des Antrags im März darauf hingewiesen. Die Wohnungspolitik der Bundesregierung ist von jeher darauf eingestellt, die öffentliche Hilfe für die wohnliche Unterbringung der Staatsbürger nur in dem Umfang einzusetzen, in dem der einzelne aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, sich entsprechenden Wohnraum zu verschaffen. Darum bin ich dafür, daß die Selbstbeteiligung des einzelnen auch bei der Miete verbleibt, und kann in diesem Punkte dem SPD-Vorschlag nicht zustimmen. An diesem auch im Zweiten Wohnungsbaugesetz verankerten Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative des einzelnen muß auch künftig festgehalten werden.Unsere Wohnungspolitik will daher die bisherigen Grundziele des Gesetzes unverändert beibehalten, jedoch neue Akzente für die künftige Wohnungsbauförderung setzen. In Zukunft sollen die von Bund, Ländern und Gemeinden bereitgestellten Mittel vorwiegend gezielt für solche Förderungszwecke eingesetzt werden, die bisher wegen der allgemeinen Ausrichtung der Wohnungsbauförderung auf die vordringliche Beseitigung der Wohnungsnot noch nicht in dem wünschenswerten Umfang verwirklicht werden konnten. Die Förderung der Eigentumsbildung für breite Schichten des Volkes steht dabei wie bisher im Vordergrund.Besondere Förderungsmaßnahmen, die den kinderreichen Familien den Weg zu einem eigenen Heim oder zu einer Eigentumswohnung eröffnen, sollen künftig noch verstärkt werden. Die vorgesehene erhebliche Erhöhung der Familienzusatzdarlehen wird hier helfen, Familien mit einer großen Kinderzahl die wohnungsmäßige Unterbringung zu erleichtern.Auch über den Bau von öffentlich geförderten Mietwohnungen soll künftig eine Eigentumsbildung ermöglicht werden. Der Entwurf sieht daher vor, daß in Zukunft die von unternehmerischen Bauherren mit öffentlichen Mitteln errichteten Mietwohnungen grundsätzlich den Mietern zu einem angemessenen Kaufpreis zu Eigentum übertragen werden müssen, wenn die Mieter dies wünschen.An dieser Stelle möchte ich zu der immer und immer wieder auftauchenden Falschmeldung Stellung nehmen, daß ich nur den Eigenheimbau förderte und den Mietwohnungsbau vernachlässigte. Tatsache ist doch, daß von den 8 Millionen Wohnungen, die wir seit dem Kriege gebaut haben, nur 2 1/2 Millionen auf Eigenheime und Eigentumswohnungen entfallen.
Trotzdem bin ich stolz auf diese Zahl und freue mich, daß die zähen Bemühungen der Regierung und der Koalition dazu geführt haben, daß immerhin 2 1/2 Millionen Menschen — überwiegend Arbeitnehmer — zu einem Eigentum an Haus und Boden gekommen sind.
Es sind aber eben nur 2 1/2 Millionen.Zu diesen auf eine verstärkte Eigentumsbildung gerichteten Änderungen sollen bei der Förderung des Mietwohnungsbaus neue, gezielte Maßnahmen treten. Es geht hier besonders darum, diejenigen Bevölkerungsgruppen ausreichend zu versorgen, die erfahrungsgemäß bei dem Wohnungsbau besondere Schwierigkeiten haben, nämlich die kinderreichen Familien, die jungen Eheleute — man heiratet ja heute früher — und vor allem unsere alten Menschen. Ihnen müssen daher künftig die neu geförderten Wohnungen in .ausreichendem Umfang vorbehalten werden, und ebenso muß ihnen der Zugang zu freiwerdenden Sozialwohnungen aus dem Bestand erleichtert werden. Auch das Problem der Unterbringung der Gastarbeiter wird sich uns in Kürze stellen.Zu diesen kurz skizzierten wohnungspolitischen Zielen der Bundesregierung ist die von der CDU/ CSU eingebrachte Initiativvorlage eine wertvolle Ergänzung und Hilfe, aber auch die Vorlage der Sozialdemokraten und der Antrag der FDP. Mir liegt vor allem daran, daß sobald als möglich im ganzen Bundesgebiet eine einheitliche Regelung der Miet- und Lastenbeihilfen in Kraft tritt. Die Experten hier im Hause wissen, wie lange wir gegen jene Behauptung kämpfen mußten, daß hier eine Schleuse geöffnet würde und Hunderte von Millionen DM für Miet- und Lastenbeihilfen aufgewendet werden müßten. Es hat sich herausgestellt, daß die Propheten auch hierbei nicht recht hatten. Man sollte jetzt die von mir damals vertretene Konzeption wiederherstellen, aber verehrte Frau Kollegin Berger-Heise, auch wirklich so wenig formalistisch wie
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7190 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Bundesminister Lückemöglich, damit der Bürger und die Verwaltung nicht überfordert werden.Meine Damen und Herren, ein Kernstück des neuen sozialen Miet- und Wohnrechts ist das Gesetz über Wohnbeihilfen; das hat die verehrte Frau Kollegin Berger-Heise bereits herausgestellt. Es hat sich im Grunde bewährt; es muß allerdings populärer werden. Sie wissen selbst, welche Einschränkungen mein Entwurf erfahren hat. Das gilt namentlich für die Miet- und Belastungsobergrenzen. Diese Obergrenzen unterscheiden sich bei Neubauwohnungen von Bundesland zu Bundesland in der Höhe stark voneinander. Sie liegen zur Zeit zwischen 1,60 DM und 3 DM je Quadratmeter. Es ist heute klar, daß diese Obergrenzen den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr genügen. Deshalb sind eine Vereinheitlichung und eine Erhöhung dieser Obergrenzen erforderlich.Nach den Erfahrungen der Länder liegen die Kostenmieten für nicht öffentlich geförderte Wohnungen im Durchschnitt um ein Drittel höher als die Kostenmieten für öffentlich geförderte Sozialwohnungen. Es ist deshalb ausreichend, die Obergrenzen so festzusetzen, daß sie die Kostenmiete des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus um ein Drittel übersteigen. Das ist das, was Herr Kollege Dr. Hesberg vortrug. Das halten wir für realistisch und auch für finanziell tragbar. Dieser Verbesserung trägt der Antrag der CDU/CSU Rechnung. So bedeutet dieser Antrag eine gute Ergänzung des sozialen Miet- und Wohnrechts.Der Antrag der SPD geht darüber hinaus. Er will die Obergrenzen um 50 % höher festsetzen als die Kostenmieten des sozialen Wohnungsbaus. Das ist meines Erachtens zuviel.. Ich begrüße es aber sehr, daß die SPD-Fraktion durch ihren Initiativ-Antrag einen Beitrag zur Verbesserung der Wohnbeihilfen erbracht hat. Der Antrag sieht noch weitere Änderungen vor, denen ich im einzelnen nicht zustimmen kann, die wir aber sorgfältig prüfen werden. Ich möchte hoffen, daß dieses wichtige soziale Gesetz im Interesse der Mieter und Vermieter bald einstimmig verabschiedet wird, damit im Lande jene Diskussion aufhört, die sich um dieses Gesetz so negativ entwickelt hat.Trotz der unvermindert hohen Wohnungsbauleistungen wird in einigen wenigen großstädtischen Verdichtungsräumen das rechnerische Wohnungsdefizit am 31. Dezember 1965 noch nicht unter 3 % abgesunken sein. Der Gesetzgeber hatte im Jahre 1960 bei der Festlegung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft auf den 31. Dezember 1965 berechtigten Anlaß zu der Erwartung, daß zu diesem Zeitpunkt der Wohnungsfehlbestand im gesamten Bundesgebiet im wesentlichen beseitigt sein würde.
— Wenn ein Minister einen Irrtum einsieht, spricht das doch für den Minister.
— Es spricht nicht für die, die Irrtümer nie einsehen, wobei ich in meinem Falle nicht von einem Irrtum ausgehe. Ich will das näher begründen: hier liegt kein Irrtum vor. Der Wohnungsfehlbestand geht auch in den Verdichtungsräumen weiterhin spürbar zurück, doch hindern andererseits verschiedene Umstände, so z. B. der anhaltende, unkontrollierte Bevölkerungszustrom in einige Verdichtungsräume. Eine Viertelmillion Menschen ist Jahr um Jahr unterwegs in die Verdichtungsräume, und München, Köln, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart sind z. B. Zentren, in die sich diese Wanderung, der Höhe nach unterschiedlich, vollzieht. Das führt dazu, daß bis zu dem vorgesehenen Schlußtermin das Defizit von 3 % wahrscheinlich in einigen Städten noch nicht unterschritten sein wird.Das vom Gesetzgeber im Jahre 1960 gesteckte Ziel hätte meines Erachtens, dennoch erreicht werden können, wenn entsprechende Maßnahmen der Raumordnung frühzeitiger wirksam geworden wären. Sie wissen, wie sehr wir uns, das Hohe Haus insgesamt und die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft, seit Jahren bemühen, auf dem Gebiete der Raumordnung, in dieser großen, schwierigen Gemeinschaftsaufgabe, vorwärtszukommen. Die großstädtischen Verdichtungsräume selbst sind auf eine Raumordnungspolitik angewiesen; denn auch heute noch, meine Damen und Herren, ist es ungewöhnlich schwierig, das Bauen über die Stadtgrenzen hinaus möglich zu machen. Auch die Gewerbesteuer und ähnliche Steuersysteme sind Gründe dafür, daß manche Städte — nicht nur Großstädte, auch manche Landkreise — mit diesen Aufgaben nicht fertig werden. Ich darf in diesem Zusammenhang das Hohe Haus sehr dringend und herzlich bitten, das zur dritten Lesung anstehende Raumordnungsgesetz alsbald zu verabschieden.Aber auch in den fraglichen Verdichtungsräumen, meine Damen und Herren, wird innerhalb von zwei bis drei Jahren eine Beseitigung des Wohnungsfehlbestands möglich sein. Ich habe deshalb der Bundesregierung vorgeschlagen, Frau Kollegin Berger-Heise, den Schlußtermin für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft auf den 31. Dezember 1967 zu verschieben. Meine Damen und Herren, das hat mir viel Kopfschmerzen gemacht.
Ich hätte eigentlich erwartet, daß die sozialdemokratische Fraktion einen solchen Antrag eingebracht hätte.
Dieser Antrag von Ihnen fehlt nämlich. Ich bin biszur Stunde der Überzeugung, daß, selbst wenndas Abbaugesetz ohne Verlängerung der Schlußtermine eingehalten würde, nichts passieren würde.
— Nicht die Wahl! Dann hätte ich es vor den Wahlen gemacht. Soviel politische Erfahrung habe ich in 15 1/2 Jahren gewonnen. Diese Spekulation zieht also nicht.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7191
Bundesminister LückeWohnungsbaugesetze, die der Wohnungsbauminister machen muß, bedürfen alle der Zustimmung der Länder. In diesem Gebiet gibt es nur Zustimmungsgesetze. In den Verhandlungen und Gesprächen mit den Ländern lag bei der Ministerkonferenz vor 14 Tagen eine einstimmige Empfehlung aller Aufbauminister der Länder vor, den Schlußtermin hinauszuschieben. Ich folge dieser Empfehlung und habe der Bundesregierung gerade heute früh vorgeschlagen, so zu verfahren. Damit soll auch für diese Restgebiete — es handelt sich nur um einige wenige besonders neuralgische Gebiete — eine Anpassung an das bisherige Verfahren erfolgen, indem nämlich die Freigabe jeweils bei Unterschreitung des bekannten amtlichen statistischen Defizits von 3 % stattfindet.Bereits mehrfach hat die Bundesregierung in ihren Regierungserklärungen gesetzliche Grundlagen für die Raumordnung und die Erneuerung der Städte und Dörfer angekündigt. Sie dienen der Ergänzung und konsequenten Fortentwicklung unserer bisherigen Wohnungspolitik. Sie gehören in diese Betrachtung hinein; denn ohne diese Zukunftsaufgaben zu erwähnen, kann man die entscheidenden Grundfragen, von denen heute die Rede ist, nicht ernsthaft diskutieren.Noch vor kurzem hat der Herr Bundeskanzler persönlich an dieser Stelle Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung in den Ballungsräumen, zur Förderung der wirtschaftlich schwachen Gebiete und zur Erneuerung unserer Städte und Dörfer als die großen Aufgaben bezeichnet, die sich die Bundesregierung gestellt hat. Herr Kollege Erler hat in der Debatte am 15. Oktober 1964 hier gefordert, daß die Zonenrandgebiete nicht veröden dürften. Das liegt ganz in unserem Sinne und in unserer Absicht. Das Raumordnungsgesetz, das hierfür rechtliche Grundlagen bieten soll, liegt, wie ich bereits sagte, dem Hohen Hause vor und wird in diesen Wochen in dritter Lesung in den Ausschüssen beraten. Weiter ist ein Gesetzentwurf zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen in Stadt und Land — auch Herr Kollege Erler hat dieses Gesetz verlangt — nahezu fertiggestellt und wird von mir in Kürze der Bundesregierung zugeleitet werden. Es ist jedermann bekannt, daß der Teil, der sich mit der finanziellen Förderung dieser ungeheuren Zukunftsaufgabe befaßt, langer Diskussionen und schwieriger Untersuchungen bedurfte. Natürlich ist die Bundesregierung bei den Bestimmungen über die finanzielle Förderung im Städtebaugesetz an das Grundgesetz, an die verfassungsgemäßen Zuständigkeiten, gebunden. Das bedeutet, daß sich der Bund auch an dieser Aufgabe nur im Rahmen seiner verfassungsgemäßen Zuständigkeiten beteiligen kann. Das Raumordnungsgesetz und das Städtebauförderungsgesetz zusammen werden die Voraussetzungen schaffen, um nach der Beseitigung der Wohnungsnot die qualitative Verbesserung der Wohnverhältnisse, also den Abbruch und die Sanierung der Elendsviertel, und die Verbesserung der Umweltverhältnisse unserer Bevölkerung vorzunehmen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, der erfolgreich verlaufene Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und die großartige Gemeinschaftsleistung des deutschen Volkes auf dem Gebiete des Wohnungsbaus sind das beste Fundament für diese Zukunftsaufgaben, die Bauaufgaben von morgen: die Erneuerung der Städte und Dörfer nach fortschrittlichen, modernen städtebaulichen Gesichtspunkten, die bessere Wohnungsversorgung für unsere alten Leute, die jungen Familien, die kinderreichen Familien, den Eigenheimbau vor allem für die arbeitenden Menschen in unserem Vaterland. Daß in Dorf und Stadt alle unsere Menschen und unsere Familien menschenwürdig und familiengerecht leben können, setzt eine wirksame Raumordnungspolitik voraus. Diese Politik ist die große Gemeinschaftsaufgabe unseres Volkes. Diese Politik ist über Legislaturperioden, über Wahlkämpfe hinaus angelegt und geplant. Diese Politik bedarf deshalb, weil sie unserem Volke dient, der Unterstützung aller Politiker, aller Parteien in Gemeinde und Stadt, in Land und Bund. Sie bedarf vor allem der Unterstützung des Deutschen Bundestages. Um diese Unterstützung bitte ich Sie heute erneut und nachdrücklich.
Das Wort hat der Abgeordnete Mick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu dieser vorgerückten Stunde in der gebotenen Kürze noch einige Gedanken zu der Frage der Wohnbeihilfen sagen.Als ersten Gedanken möchte ich hier äußern — ich habe mich gewundert, daß er nicht schon geäußert worden ist —, daß wir den Namen des Gesetzes ändern sollten. Ich bin dafür, daß das Wort „Beihilfen verschwindet. Eine Bezeichnung wie etwa Wohngeld kommt dem, was wir wohl alle miteinander wollen, viel näher. Darf ich hoffen, daß das allgemeine Zustimmung findet, zumal da mir gesagt wurde, daß auch bei Ihnen schon ähnliche Gedanken geäußert worden sind?
— Sehr schön. Da werden wir uns also sehr schnell verständigen können.Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen nicht das erste Mal hier, um über die Frage des Wohngelds zu beraten. Wir haben es schon öfter getan, und ich bin der Meinung, wir werden es auch noch öfter tun, weil wir uns immer in Gemeinsamkeit bemühen müssen, diese unsere Gedanken an den letzten Stand der Erkenntnisse, aber auch der sozialen Möglichkeiten heranzutragen. Es wäre deshalb töricht, hier etwa zu sagen: Hätten wir das sofort getan, hätten wir sofort gegeben, was wir und ich und du beantragt haben, dann brauchten wir heute nichts zu ändern. Wir sollten hier nicht etwa die Frage stellen: Wer hat recht gehabt? Tatsache ist, daß wir bei all den Erörterungen über die Frage des Wohngelds noch nicht haben zurückstecken müssen, sondern immer einen oder gar mehrere Schritte vorwärtsgekommen sind. Auch bei den
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7192 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
MickEntwürfen, die jetzt vorliegen, kommen wir wieder entscheidende Schritte vorwärts. Ich bin darüber sehr froh, betrachte ich sie doch als einen Teil auch der sozialen Aufrüstung unserer Politik hier in diesem Hause.Ich habe allerdings Bedenken, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linken, wenn ich mir Ihre neue Tabelle ansehe. Das kommt mir so vor, als wenn Sie etwa über die Mietbeihilfen eine Revision der Einkommen vornehmen wollten, ganz abgesehen davon, daß man sagen könnte, daß, wer mit der Wurst nach der Speckseite wirft, vielleicht ein größeres öffentliches Echo hat als derjenige, der versucht, gezielt zu treffen, weil dies notwendiger ist, als möglichst den größten Teil unseres Volkes hier einzubeziehen bzw. ihm Vorteile zu verschaffen. Ich lehne es ab, sowohl im Positiven als im Negativen, die Einkommen über Wege zu beeinflussen, die nicht die richtigen sind. Persönlich bin ich der Meinung, daß die Einkommen nicht über Wohngeld gesteigert oder gesenkt werden dürften, sondern das ist wohl Sache anderer Stellen, nicht zuletzt auch der Gewerkschaften, die nach meiner Meinung dafür zu sorgen haben, daß die Einkommen so beschaffen sind, daß Mieten, wie sie auf dem Markte tatsächlich verlangt werden, auch gezahlt werden können und wir nicht etwa ein Volk von Wohngeldempfängern werden.
— Vielen Dank! Es ist merkwürdig, daß Sie z. B. in Ihrer Tabelle an der Gruppe der untersten Einkommensbezieher nicht gerührt haben und daß Sie die kinderreichen Familien nur in der letzten Gruppe etwas angehoben haben, daß Sie dann aber in der großen Breite dort angesetzt haben, wo die Masseneinkünfte liegen. Man wird gewiß über den einen oder anderen Punkt hier reden können und auch reden müssen. Die Tendenz allerdings, die Sie hier anwenden, kann ich nicht gutheißen, ich muß sie ablehnen.Aus der Frage der Durchschnittsmieten und des darauf zu erhebenden Steigerungsbetrages — wir sagen 30%, Sie sagen 50 % — jetzt eine Polemik zu entfalten, würde ich für falsch halten. Ich glaube, wir müssen erst einmal wissen, wie sich die Höchstgrenzen in den einzelnen Ländern darstellen, um dann den Durchschnitt zu kennen und um dann den Durchschnitt so zu manipulieren, daß er nicht zu weit vom Untersten, aber noch weniger weit vom Obersten entfernt ist, daß er also für Hamburg oder für Nordrhein-Westfalen immer noch gangbar ist und in anderen Ländern die Dinge nicht zu üppig ins Kraut schießen läßt.Eine weitere Frage, die hier angeschnitten wurde und die vor allen Dingen auch in dem Antrag der FDP liegt, den ich grundsätzlich begrüße. — Herr Kollege Hammersen, vielleicht hören Sie gerade einmal zu. Ich nehme an, daß Sie wegen einer kleinen Änderung der Formulierung Ihres Antrages noch ans Rednerpult gehen werden, so daß wir uns verständigen können, um in Ihrem Sinne zu verfahren. Ich möchte aber, Frau Kiep-Altenloh, nicht das unterstellen, was Sie unterstellt haben, daß das Ergebnis, das hier herauskommt, dann erst die Grundlage für unsere Beratungen sein könne, sondern ich möchte, daß wir mit unseren Beratungen unverzüglich beginnen und auch möglichst bald zu einem Abschluß kommen. Ich sage Ihnen offen, wenn die Erhebungen der Bundesregierung, die wir ja gemeinsam nachher fordern wollen, zu Ergebnissen kommen, die uns zwingen, die Frage erneut anzugehen, dann sind wir dazu natürlich gern bereit. Aber jetzt keine Zeitverzögerung in der Beratung!
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kiep-Altenloh?
Herr Mick, so war es nicht gemeint. Ich wollte nur zur Beschleunigung der Voraussetzungen, 'da ja noch weitere Beratungen folgen werden, die Bitte aussprechen, unseren Antrag heute anzunehmen.
Dann besteht Übereinstimmung — ich glaube, im ganzen Hause —, und dann können wir auch so verfahren.
Frau Kollegin Berger-Heise hat dann die Frage der Verwaltungskosten angeschnitten. Ich glaube, die Zahl, die Sie genannt haben, war etwas übersetzt, nicht etwa, weil Sie eine falsche Zahl genannt hätten, sondern weil man in dieser Zahl wohl mit ansetzen muß die Erstausstattung der betreffenden Büros, die die Miet- und Lastenbeihilfen bearbeiten. Nichtsdestoweniger bin ich der Meinung, daß wir uns, wie wir das in unserem Ausschuß gewöhnt sind, über die Frage der Vereinfachung sehr gründlich zu unterhalten haben werden. Manchmal habe ich auch ein wenig den Eindruck, wenn man hier einen politischen Gedanken zu einem Problem äußert, dieser politische Gedanke gutgeheißen wird und man ihn nachher in der Gesetzessprache wiederfindet, dann erkennt man sein eigenes Kind nicht mehr und kommt sogar in die Gefahr, es unter Umständen zu verleugnen.
Wir werden also darüber zu reden haben, und ich bin davon überzeugt, daß wir, wenn wir auch — vor allen Dingen die Damen und Herren der Opposition — mit dem einen oder anderen immer noch nicht zufrieden sein werden, auf jeden Fall in der Gesamtheit sagen können: wir sind wieder einen Schritt weitergekommen auf dem Wege zum sozialen Rechtsstaat.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute etwas Überraschendes erlebt. Wir kamen in diesen Saal, fanden eine Tagesordnung vor, und auf der Tagesordnung standen Gesetzesvorlagen, die uns bis gestern abend überhaupt noch nicht bekannt waren. Wir haben keinen Fristeinwand erhoben; wir haben uns gesagt: Was nützt es, wenn wir diese Dinge statt
Jacobi
heute am Freitag beraten — wenn sie einer guten Sache dienen, wollen wir keinen Fristeinwand machen.
Aber meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas anderes war doch darüber hinaus überraschend: daß wir heute auch noch unangekündigt eine Regierungserklärung erleben mußten. Denn der Herr Bundeswohnungsbauminister hat nicht nur zu den vorgelegten Gesetzentwürfen gesprochen, sondern einen breiten Überblick über seine Absichten und Pläne gegeben. Dafür sind wir immer dankbar;
nur wäre es gut, wenn einem das vorher wenigstens mit einem Satz angekündigt werden könnte; denn schließlich haben ja auch wir dann eine bessere Möglichkeit, zu den Dingen Stellung zu nehmen.
Herr Abgeordneter Jacobi, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hesberg?
Ich gestatte immer; natürlich!
Herr Kollege Jacobi, wußten Sie nicht auch, daß diese Rede des Ministers bevorstand? Gestern abend haben Sie mich am Telefon doch gefragt, ob das der Fall sei, und ich habe es Ihnen bejaht.
Einen Augenblick mal! Ich habe am gestrigen Abend gehört, daß der Minister die Absicht habe, zu den Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen, und habe Sie etwa um 1/2 10 Uhr angerufen und gefragt, ob das stimme. Wenn ich das also ungefähr ahnen konnte, weiß doch meine Fraktion zu dieser Stunde nichts davon. — Im übrigen ist das ja auch wohl nebensächlich.
Ich bin aber, nachdem der Herr Minister hier gesprochen hat, nun doch gezwungen, etwas mehr zu sagen, als ich ursprünglich vorhatte.
Denn er hat eine Reihe von Erklärungen abgegeben, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen.
Zunächst einmal darf ich feststellen, daß hier soeben — ich glaube, von Herrn Kollegen Mick — zu unserem Wohnbeihilfengesetz etwas gesagt wurde, was mehr fragend geäußert wurde. Herr Kollege Mick hat von der Tabelle gesprochen und hat gemeint, wir hätten diese Tabelle eigentlich ein bißchen sozialer staffeln können. Herr Kollege Mick: selbstverständlich! Aber unser Gesetzentwurf hat ja eine Vorgeschichte. Einmal haben wir Anträge aufgegriffen, die wir bereits früher gestellt haben, und zum anderen befanden wir uns doch in einer Zwangslage, die darin besteht, daß wir keine Propagandaanträge stellen wollen — so würden Sie sie nämlich genannt haben —, sondern Anträge, von denen wir der Meinung waren und der Hoffnung sein durften, daß sie bei Ihnen heute vielleicht doch ein wenig mehr Gehör finden, als sie früher gefunden haben. Denn Sie haben diese unsere Anträge, die Minimalanträge auch bei den Beratungen waren, abgelehnt. Wir konnten nicht ahnen, daß unser Wohnbeihilfengesetzentwurf sogar eine Lawine von anderen Initiativen auslösen würde. Allerdings sind Umstände dazugekommen, die das gefördert haben. Über die braucht man in diesem Zusammenhang jetzt nur Andeutungen zu machen. Denn, Herr Wohnungsbauminister, so ist es doch auch nicht, als wenn hier nun plötzlich auf Grund einer ausgesprochen eigenen und besseren Einsicht in dieser oder jener Frage Entgegenkommen oder eine neue Stellungnahme festgestellt werden könnte; hier haben doch auch Umstände mitgewirkt, die politischer Natur waren. Aber wir freuen uns über jeden reuigen Sünder.
— Nein, Herr Kollege Czaja, ich möchte jetzt nicht gern Zwischenfragen beantworten. Lassen Sie mich wenigstens den Gedankengang beenden.
— Gut, aber es geht auf Kosten Ihrer Zeit.
— Also, bitte schön.
Ich wollte nur fragen: Herr Kollege Jacobi, haben Sie bei dem Wort von den reuigen Sündern vergessen, daß das Wohnbeihilfengesetz als Initiative der CDU/CSU und FDP hier in diesem Hause eingebracht worden ist?
Einen Augenblick, Herr Kollege. Ich schätze Sie als einen klugen Kollegen. Aber jetzt zweifle ich daran, ob das, was Sie gefragt haben, sehr verständig gewesen ist. Ich habe doch nicht davon gesprochen, daß das Wohnbeihilfengesetz nicht auf Ihre Initiative eingebracht worden ist, sondern davon, daß Sie bei der Beratung des Wohnbeihilfengesetzes unsere Anträge abgelehnt haben, die auf verbesserte Regelungen abzielten. Das war doch wohl klar und deutlich. Deshalb muß ich noch einmal sagen: diese Frage verstehe ich leider nicht.
In verschiedenen Darlegungen ist so getan worden, als ob es nur um die Obergrenzen gehe, als wenn nur einige kleine Dinge bereinigt werden müßten. In Wirklichkeit hat sich die Anwendung des Wohnbeihilfengesetzes aber doch nicht als so überzeugend erwiesen, wie man es gern darstellen möchte.Den Kolleginnen und Kollegen von der FDP möchte ich sagen: wir unterstützen Ihren Antrag, und wir werden auch nicht die Meinung vertreten, daß es einer Ausschußüberweisung bedürfe. Aber im Grunde genommen ist ein Teil Ihres Antrages nicht
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7194 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964
Jacobi
notwendig. Ich meine den Teil, der sagt, die Länder möchten sich äußern, sie möchten ihre Erfahrungen kundtun. Das ist doch längst geschehen. Das weiß doch auch das Bundeswohnungsbauministerium. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß ein Land schon vor einigen Monaten seine Erfahrungen mitgeteilt und erhebliche Bedenken geäußert hat. Vielleicht komme ich darauf noch einmal kurz zurück.Nun eine Bemerkung zur Frage des Verwaltungsaufwandes und der Formulare. Frau Dr. Kiep-Altenloh sprach von vier Blättern, und sie zeigte ein Formular, von dem sie glaubte, daß das alles sei. Das ist bei weitem nicht alles. Sie müssen sich einmal die Anträge ansehen, die zu stellen sind. Dabei müssen Sie die vielen Anträge hinzunehmen, die auf Grund verschiedener Rechtsgrundlagen zu stellen sind, also Anträge für Miet- und Lastenbeihilfen, die neben dem Wohnbeihilfengesetz und ohne dieses Wohnbeihilfengesetz gestellt werden können. Wir müssen auch die zusätzlichen Verwaltungsarbeiten berücksichtigen, die zu leisten sind. Die Formulare — ohne die Durchschriften — ergeben aneinandergeklappt eine Länge von sechs Metern. Meine Damen und Herren, ich lege diese Formulare hier zur Einsicht aus, damit Sie selber sehen können, daß die Angaben nicht manipuliert sind. Das ist nicht nur eine grausame Überforderung der Verwaltung, sondern die Sache ist auch für den Antragsteller zum Verzweifeln.Dieser Umstand liegt an dem Gesetz selber. Es handelt sich hier nicht um Tücken von Verwaltungsleuten, die ihren Spaß daran finden, bürokratische Schwierigkeiten zu machen. Wegen der Kompliziertheit der Regelungen muß zu solchen Maßnahmen gegriffen werden, und das ist eine sehr bedauerliche Sache.Dabei sehe ich von der anderen sehr bedauerlichen Tatsache einmal ganz ab, daß zur Bearbeitung der Wohnbeihilfenanträge omnipotente Sachbearbeiter erforderlich sind. Die Sachbearbeitung des komplizierten Gesetzes setzt nämlich eine solche Vielfalt von umfassenden Kenntnissen voraus, daß es so gut wie nirgendwo Fachleute gibt, die dessen Herr werden, die das können. Das ist — ich sagte es schon — von einem Land schon vor Monaten vorgetragen worden. Ich weiß, daß von der Obersten Bayerischen Baubehörde entsprechende Bedenken geäußert und Hinweise gegeben worden sind. Diese Fachbehörde in Bayern erklärt, hier würden solche Kenntnisse verlangt, daß kaum Fachleute zu finden seien, nämlich Kenntnisse auf dem Gebiet der Wohnungswirtschaft und der Wohnungsbauförderung, des Mietpreisrechtes und des Einkommensteuerrechts, Kenntnisse auf dem Gebiet des Zivilrechtes, des Sozialversicherungsrechtes, des Bundessozialhilfegesetzes, des Bundesversorgungsrechtes, des Kindergeldgesetzes, des Bauordnungsrechtes, des Wiedergutmachungsrechtes und weiterer kompplizierter Rechtsgebiete. So wie dieses Gesetz istselbst wenn es einige Korrekturen erfahren würde, ändert sich daran nichts —, überfordert es die Behörden und die Antragsteller in einem kaum vorstellbaren Maße. Das hat dann u. a. auch seinen Niederschlag in den Formularen gefunden.
Herr Kollege Baier möchte eine Frage stellen.
Herr Kollege Jacobi, wir teilen eine ganze Reihe der Bedenken und geben zu, daß das ganze Gesetz sehr kompliziert ist. Aber ich frage Sie: Warum haben Sie diese Erkenntnisse nicht in Ihrem Gesetzentwurf zum Ausdruck gebracht? Davon habe ich im Gesetzentwurf der SPD wenig gelesen.
Herr Kollege Baier, offenbar sind Sie fähiger als wir. Es ist doch etwas anderes, ob man in der Hoffnung, gewisse kleine Korrekturen erreichen zu können, aber davon ausgehend, daß Sie in Ihrer Mehrheit nicht bereit sind, ein völlig neues Gesetz nach unseren Vorstellungen zu schaffen,
einige Änderungsanträge stellt oder ob man einen Gesetzentwurf vorlegt, der den eigenen Vorstellungen entspricht. Wir haben von Anfang an gegenüber dem Wohnbeihilfengesetz unsere Bedenken geäußert.
Wir haben schon bei der ersten Lesung die Tatsache festgestellt, daß der Verwaltungsaufwand in keinem vertretbaren Verhältnis zum effektiven Ergebnis stehen würde. Das können Sie alles nachlesen, Herr Kollege Baier.
Im übrigen sind Sie ja nach den Ausführungen einiger Redner heute noch nicht einmal so weit, zuzugeben, daß bereits Erfahrungen vorliegen. Nach der Richtung hin hat Herr Dr. Hesberg nach wie vor ein Fragezeichen gemacht. Sie, Frau Dr. Kiep-Altenloh, waren nicht ganz davon überzeugt, daß heute schon eine Stellungnahme möglich wäre. Wenn das Bundeswohnungsbauministerium uns einmal die ihm bisher zugegangenen Kritiken der Länder und die vielen, vielen Eingaben aus der Praxis unterbreitete, würde uns ein reicher Erfahrungsschatz für die Beurteilung dieser Dinge zur Verfügung stehen.
Zurück zur Sache. Es gibt unvorstellbare Berechnungsschwierigkeiten bei diesem Gesetz: bei der Einkommensermittlung, bei der Feststellung der individuellen Mieten und Belastungen, der Wohnfläche, der tragbaren Mieten, und was es da sonst noch zu addieren und zu subtrahieren, auszuklammern und zu beachten gilt. Wir wollen doch nicht so tun, als ob man das nicht heute schon beurteilen könnte,
als ob wir heute nicht längst wüßten, daß die Vorschriften schwer vollziehbar sind. Das ist die Wirklichkeit. Ich weiß gar nicht, weshalb Sie immer Zwischenrufe machen. Wenn Sie da zustimmen, können Sie doch auf Zwischenrufe verzichten.
Frau Dr. KiepAltenloh möchte eine Frage stellen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1964 7195
Herr Kollege Jacobi, ist Ihnen entgangen, daß wir gerade deswegen den Antrag gestellt haben, weil wir die Zeit für gekommen erachten, hier eine Revision vorzunehmen?
Verehrte Frau Kollegin, ich muß Ihnen darauf erwidern: Änderungsanträge sind dann nicht nötig, wenn ein Gesetz von vornherein so in Ordnung ist, daß man nicht nach kurzer Zeit schon an Novellierungen denken muß, und das alles trifft die Regierungsparteien, die diesen Gesetzentwurf verabschiedet haben.
— Aber Sie haben doch darüber hinaus das Gesetz sogar als ein großartiges Gesetz hingestellt
und es als eine ebenso kühne wie umwälzende sozialstaatliche Einrichtung angepriesen. Im Gegensatz hierzu ist jedoch schon jetzt festzustellen, daß dieses Gesetz, das so stark unter fiskalischem Beschuß stand, dieses Prädikat nicht verdient.
Nur so viel dazu. Was wir immer auch korrigieren, es bleibt leider Stückwerk, es bedarf eines grundlegend neuen Gesetzes, und wir haben soeben schon durch einen Zwischenruf kundgetan, daß nach unserer Meinung dieses Gesetz dann „Bundeswohngeldgesetz" heißen sollte, damit schon rein äußerlich nicht immer wieder der Eindruck entsteht, daß mit einer solchen Regelung eine Fürsorge verbunden ist.
Herr Bundesminister Lücke, nun zu Ihnen! Sie haben an den Anfang Ihrer Feststellungen die Bemerkung gesetzt, Sie müßten sich gegen tendenziöse Meldungen wehren. Auch wir sind gegen tendenziöse Meldungen und tendenziöse Darstellungen. Nur, Herr Bundesminister, hierzu gehören auch Untertreibungen der wirklichen Lage. — Bitte, Herr Mick!
Herr Kollege Jacobi, haben Sie schon einmal Metall gelesen, das Organ der Industriegewerkschaft Metall, Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, dem auch wir beide angehören? Wenn Sie einmal tendenziöse Meldungen lesen wollen, empfehle ich Ihnen die Lektüre von Metall.
Lieber Herr Kollege Mick, ich danke Ihnen für den Hinweis. Ich werde mir das einmal anschauen. Aber ich fühle mich gar nicht betroffen. Haben Sie denn — wenn ich eine Gegenfrage stellen darf — auch schon in eine Reihe von Haus- und Grundbesitzerzeitungen oder in den „Stern" hineingeschaut und haben Sie dabei auch festgestellt, was etwa der Herr Verbandsdirektor Hartmann aus Kiel zur Frage des „Herrn im Hause" und zu den Notwendigkeiten sagt, daß man sich der Mieter entledigen können muß, und was da sonst noch an einseitigen Tendenzen vertreten wird,
Wenn wir also anfangen wollen, einmal zu untersuchen, wo tendenziöse, wo unsachliche und der Sache nicht gerechte Darstellungen zu finden sind, können wir nach vielerlei Seiten in den deutschen Blätterwald hineingreifen. Das hilft uns nicht weiter. Es kommt doch hier auf unsere Verantwortung an. Ich versichere Ihnen, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion an dem Aufbauschen der Dinge nicht beteiligt ist, daß sie sehr wohl abwägt, was sie an Kritik sagt, daß sie sich aber auf Tatsachen stützen kann.Herr Bundesminister, es ist seit langer Zeit üblich, daß aus Ihrem Hause Darstellungen kommen, die mit einer objektiven Berichterstattung über den wahren Sachverhalt nun wirklich nichts zu tun haben. Man kann seit einem Jahr mindestens in jeder Nummer des Bundesbaublattes den Versuch feststellen, Kritiken, auch sachliche Kritiken, nicht tendenziöse Darstellungen, einfach mit einer Handbewegung abzutun. Das Bundesbaublatt ist ein amtliches Organ; es nennt sich so. Es wird herausgegeben vom Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung in Zusammenarbeit mit den für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Landesbehörden. Aber dieses amtliche Sprachorgan ist seit langem weit davon entfernt, der objektiven Unterrichtung zu dienen.
Es hat sich zu einem polemischen Magazin entwickelt, bei dem man sich immer wieder nur wundern kann, daß sich die beteiligten Länder eine derartige Herabzonung in die Niederungen unsachlicher, unausgewogener, ausgesprochen einseitig propagandistischer Darstellung gefallen lassen.
Ich habe in der Schublade auf meinem Platz den ganzen letzten Jahrgang. Nummer für Nummer können Sie sich vornehmen. Es ist zum Teil skandalös, was man da in einem amtlichen Blatt, in einer Monatszeitschrift findet. Gelegentlich wird da sogar mit regelrechten Mätzchen gearbeitet.Ein Beispiel! Im Heft 9 vom September findet sich eine Glosse „Lex München überflüssig?" und eine weitere „Langfristig". In der ersten werden ,die Wohnungsnotstände der bayerischen Landeshauptstadt bagatellisiert. Der der CSU angehörende Bürgermeister Georg Brauchle wird falscher Angaben bezichtigt, und der Stadt München wird in diesem amtlichen Organ vorgeworfen, sie habe ihre Wohnungsnotstände selbst verschuldet, weil sie es an einer rechtzeitigen großräumigen Stadtplanung habe fehlen lassen. So ähnlich geht das weiter. Das ist doch keine verantwortungsbewußte Stellungnahme. So darf man doch nicht argumentieren. So kann man doch Mißstände und Notstände nicht bagatellisieren.
— Kennen Sie die Verhältnisse der Stadt München,daß Sie glauben, mit einer solchen Feststellung das
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Jacobi
Schuldkonto einseitig auf die Stadt München legen und behaupten zu können, daß die Wohnungsnotstände einseitig von München verursacht worden seien?
— Meine sehr verehrten Damen und Herren, das können wir hier nicht in Rede und Gegenrede klären.Ich finde nur, es ist ein Unterschied, ob eine Tageszeitung, die vielleicht eine bestimmte Tendenz verfolgt, ob irgendein Presseorgan einmal so etwas behauptet oder ob es in dem amtlichen Organ des Bundeswohnungsbauministeriums geschieht. Das scheint mir einfach nicht in Ordnung zu sein.In der zweiten Glosse wird ein Zeitungskorrespondent vorgestellt, der in seiner schwarzen Stadt — also in einer Stadt, die als schwarzer Kreis gilt — über Makler angeblich vier Altbauwohnungen angeboten bekam, deren Miete „angemessen" war und die er ohne Baukostenzuschuß oder Mietvorauszahlungen unter gleichzeitiger Anbietung langfristiger Verträge bekommen konnte. Gleichzeitig wird in dieser Glosse — ich weiß sogar, wer sie geschrieben hat; Herr Bundeswohnungsbauminister, der sitzt gar nicht weit von Ihnen — von einem ungarischen Flüchtling berichtet, der in einer vornehmen Villengegend in Stuttgart eine möblierte Wohnung gemietet hat. Dem Glücklichen, der — wie es wörtlich heißt — „vom Lücke-Plan begeistert ist", hat die Hauswirtin ebenfalls angeboten, den Vertrag langfristig zu verlängern, und dabei die Miete um 50 DM ermäßigt. — Wenn diese traumhaft anmutende Geschichte überhaupt stimmen sollte, welche exorbitant hohe Miete muß diesem Mann bisher abverlangt worden sein! Denn kein Mensch in diesem Hause wird der Auffassung sein, daß das wirklichkeitsnah und allgemeingültig dargestellt sei. Aber so etwas findet sich im Bundesbaublatt und will ernstgenommen und als typischer Beweis für die Grundlosigkeit der Sorgen unserer Wohnungssuchenden angesehen werden.Im Leitartikel derselben Nummer finden sich die beruhigenden Sätze — ich darf sie zitieren —:Die so gern kritisierte Prognose, daß bis Ende 1965 mit wenigen Ausnahmen das rechnerische Wohnungsdefizit beseitigt sein wird, ist nach der jetzt klar erkennbaren Entwicklung nicht mehr ernsthaft anzuzweifeln. Für den weiteren Ablauf des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht ist das von entscheidender Bedeutung.So zu lesen im September-Heft 1964.Im Leitartikel des Oktober-Heftes, also in der zuletzt erschienenen Nummer, finden wir den triumphierenden Satz — hören Sie mal gut zu! —: Das Gesetz hat sich bewährt. Und was haben wir heute erlebt? Da bekommen diejenigen, die solches und ähnliches bis in die letzten Tage hinausposaunen, anscheinend doch Bedenken, man könnte fast sagen: kalte Füße. Es ist offenbar so, daß man begriffen hat, daß das Verfahren den Tatsachen nicht gerecht wurde, daß die Fristen nicht in Ordnung sind, daß sie verlängert werden müssen. Auch das ist wieder ein altes sozialdemokratisches Anliegen von Anfang an gewesen. — Herr Kollege Mick!
Herr Kollege Jacobi, wenn eine Maßnahme des Gesetzes geändert werden soll, die noch gar nicht vollzogen ist, sondern die sich erst in gut einem Jahr vollzieht, kann man dann nicht davon sprechen, daß das, was sich bisher vollzogen hat, sich nicht bewährt hat?
Die Logik geht mir zwar nicht ganz ein. Aber Sie bringen mich hier auf eine andere Sache. Vor mir liegt eine kürzlich abgegebene Erklärung des Herrn Bundeswohnungsministers an die Deutsche Presseagentur. Darf ich Ihnen die als Antwort einmal vorlesen?
Frage an Herrn Bundeswohnungsbauminister Lücke: Halten Sie am Terminplan des Abbaugesetzes fest, und wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen?
Antwort des Herrn Bundeswohnungsbauministers: Ja, gerade nach den bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Mietrecht sehe ich keinen Anlaß, den gesetzgebenden Körperschaften eine Änderung der Gesetze vorzuschlagen.
So gesagt vor wenigen Wochen. Da muß doch inzwischen etwas passiert sein, da muß doch inzwischen irgend etwas den Herrn Bundeswohnungsbauminister beeinflußt haben.
Dazu will anscheinend Herr Kollege Baier eine Frage stellen?
Herr Kollege Jacobi, sollte man nicht, um diesen ganzen Propagandanebel etwas zu zerstreuen, feststellen, daß doch letztlich bei den Abbaugesetzen der einzige Unterschied zwischen der Opposition und den Regierungsparteien der war, daß Sie diese Gesetze acht Monate später in Kraft setzen wollten?
Verzeihen Sie, auch da waren wir ja in einer Notlage.
— Moment einmal! Wir treiben eine verantwortungsbewußte Opposition. Anträge, die wir stellen, sind mögliche Anträge, sind auch immer Anträge, mit denen Sie sich nicht nur ernsthaft beschäftigen können, sondern denen Sie sogar gelegentlich zustimmen können. Wir wissen, wie schwer es ist, bei Ihnen eine Auffassung von uns durchzusetzen. Aber
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diesem Fall, meine Herren Kollegen von der CDU/CSU, sind unsere Erkenntnisse frühere Erkenntnisse gewesen. Wir haben die Dinge realer eingeschätzt. Aber bei Ihnen hört man — —
— Ich weiß nicht, ob ,es sehr viel nützt, daß wir sehr viel hin und her polemisieren. Aber ich bin keiner, der feige ist und sich drückt. Diese Frage können Sie noch stellen. Sie wünschen doch auch, daß wir zum Schluß kommen.
Können Sie also bestätigen, Herr Kollege Jacobi, daß der ganze Unterschied in den Fristen zwischen uns und Ihnen — ich beziehe mich auf Ihre Bundestagsdrucksache IV/ 900
— acht Monate betrug?
Herr Kollege Czaja, wir haben doch andere Vorstellungen gehabt. Das hat nichts damit zu tun, daß wir die Dinge auch noch realistischer eingeschätzt und uns nie die Behauptungen von Ihnen zu eigen gemacht haben, es sei alles in bester Ordnung und bedürfe keiner Änderung.Das Zitat, des Herrn Ministers, das ich soebenbrachte, stammt vom 10. Juli dieses Jahres. Es wird im übrigen inhaltlich auch im Bundesbaublatt wiedergegeben. Aber ähnliche Erklärungen hat er noch bis in die letzten Wochen abgegeben.Ich habe soeben schon einmal erklärt: Wir freuen uns über jeden reuigen Sünder und über jeden, der Einsicht hat. Nur sollte man uns nicht zum Vorwurf machen, daß wir die Dinge anders gesehen haben. Wir haben sie so gesehen, wie es bereits bei der Verabschiedung der Abbaugesetze von uns dargestellt worden ist. Wir haben stets unsere Vorbehalte, beispielsweise gegen die Ausgangsgrundlage der Defizitberechnungen, und viele andere Bedenken geäußert. Dabei bleiben wir. Sie dagegen haben die Dinge optimistisch dargestellt und von der Partnerschaft zwischen Mietern und Vermietern gesprochen. Der Weg ist frei, haben Sie gesagt. Oder: Die Bewährungsprobe ist bestanden. Gleichzeitig haben Sie sogar auch noch eine Art von Siegesmeldungen abgegeben.Herr Minister, Sie haben soeben wieder den Gesetzentwurf zur verstärkten Eigentumsbildung und zur Sicherung der Zweckbestimmung der öffentlich geförderten Sozialwohnungen angekündigt. Wir werden uns mit ihm noch zu beschäftigen haben. Er liegt jetzt beim Bundesrat. Aber wieviel Fassungen hat er eigentlich gehabt? Sie haben in Verbindung damit die Bemerkung gemacht, wir ließen außer acht oder verschwiegen, daß Sie gar nicht daran dächten, in Ihren gesetzgeberischen Absichten den Mietwohnungsbau zurückzustellen oder ähnliches; ich hatte es mir notiert, finde aber jetzt dasBlatt nicht. Herr Minister, wir können Gesetzentwürfe lesen. Wir können auch den § 26 deuten, dessen Fassung Sie uns demnächst vorlegen. Da sehen wir nun einmal, daß der Mietwohnungsbau in arge Bedrängnis kommt und daß Sie ihm mit großen Vorbehalten gegenüberstehen. Das alles werden wir ja noch sehen und beurteilen können.Ein letztes Wort zu den Fristen. Sie haben soeben betont darauf hingewiesen, daß Sie die Schlußfristen verlängern werden. Wenn ich Sie recht verstanden habe und ich richtig informiert bin, werden also diejenigen Städte und Kreise, die in diesem Jahr die die 3 %-Grenze erreichen oder unterschreiten, nicht ausgenommen. Bei denen wird also im nächsten Jahr mit der Konsequenz zu rechnen sein, die mit der Abbaugesetzgebung verbunden ist. Ich darf feststellen, daß es eine ganze Reihe von Stadt- und Landkreisen sein dürften. Nach meiner Ausrechnung sind es zirka 45, die die vorgesehenen Verlängerungen für sich nicht verbuchen können. Darunter sind immerhin Städte wie Lübeck, Bremen, Mülheim , Remscheid, Wuppertal, Bielefeld, Darmstadt, Gießen, Frankfurt am Main — vermutlich —, Wiesbaden, Mainz, Karlsruhe, vermutlich auch Mannheim.
— Das ergibt sich aus den statistischen Daten, die wir seit kurzem in Händen haben. — Alle diese insgesamt etwa 45 Stadt- und Landkreise müssen also nach wie vor mit den Konsequenzen der Abbaugesetzgebung, mit der Aufhebung des Mieterschutzes und mit der Freigabe der Mieten rechnen. Danach bestehen also nach wie vor Verzerrungen, Unterschiedlichkeiten, so daß die Schwierigkeiten, mit denen wir es zu tun haben, nicht ausgeräumt sind,— ganz abgesehen von der in jedem Fall nach wie vor bestehenden Problematik, die in der Defizitberechnung und in der damit verbundenen Fragwürdigkeit eines nicht effektiven, sondern fingierten, gleichsam gespielten Marktes liegt.Ich muß also folgendes festhalten: der Herr Bundeswohnungsbauminister hat nicht nur gewisse Korrekturen vorgenommen, sondern er hat im Grunde genommen seine bisherige starre Haltung aufgegeben. Er hat gespürt und er spürt es weiter— dabei haben nicht nur Wahlen eine Rolle gespielt, sondern vor allem auch die kritischen Hinweise der Länder —, daß er gewisse Konzessionen machen muß. Ihr Wohnbeihilfengesetzentwurf und der Änderungsentwurf für das Zweite Wohnungsbaugesetz sind doch nicht auf Grund Ihrer eigenen Überlegungen ausgelöst worden, sondern durch äußere Umstände, u. a. dadurch, daß der Bundesrat derartige Entwürfe bereits bekanntgegeben hat.Nun, ich will gern zugeben, daß es immer zu rühmen ist, wenn jemand neuen Erkenntnissen oder Hinweisen Dritter Rechnung trägt. Vielleicht hat der Herr Bundeswohnungsbauminister auch gespürt, daß der nach ihm benannte Plan in seiner ganzen Starre nicht mehr ganz in die politische Landschaft paßt, in der wir leben, und hat demzufolge die Leine etwas locker gelassen. Gut, nehmen wir das zur Kenntnis und hoffen wir, es werde auch bei Ihnen die Einsicht
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Jacobi
immer mehr Platz greifen, daß es gut tut, ohne Leidenschaft Tatsachen zu sehen.
Sie, Herr Minister, kommen mir vor wie ein Feldherr, der die Gefahr sieht, daß seine Truppen eingekesselt werden, und der deshalb zum geordneten Rückzug bläst. Hoffentlich profitieren wir alle davon.
Das Wort hat der Herr Bundeswohnungsbauminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jacobi, ich bedaure, daß Sie die Formularschlange mitnehmen.
Ich wollte an das Urheberrecht erinnern. Ich habe neulich in einer Veröffentlichung über die GEMA, die ja für solche Dinge zuständig ist, eine Darstellung gelesen, derzufolge das Urheberrecht im vorliegenden Falle bei mir liegt. Denn ich habe vor zwölf Jahren einmal die Formulare aneinandergeklebt, die man damals benötigte, um ein Eigenheim bauen zu können. Das ergab eine Schlange von 132 m Länge, ein Paket, das zweieinhalb Kilo wog. Ich habe dieses Gebilde im Panzerschrank verwahrt und mir damals vorgenommen: Wenn du Minister wirst
— natürlich, das muß doch jeder Politiker —, dann wirst du dagegen etwas unternehmen. Nachdem ich Minister geworden war, habe ich eine Kommission eingesetzt mit dem sehr strengen Auftrag, mit diesen Formularen aufzuräumen. Meine Damen und Herren, je mehr Staat, desto mehr Formulare!
Das ist eine Weisheit. Je mehr Sozialismus, desto mehr Formulare.
Ich möchte deshalb meine Herren Beamten in Schutz nehmen. Wenn es gelingt, im Ausschuß eine Regelung zu finden, die es erlaubt, mit einer Seite Formulare auszukommen, haben Sie mich und meine Mitarbeiter als Mitkämpfer. Denn es ist doch kein Vergnügen, so etwas zu machen. Ich bin an sich sogar etwas überrascht, daß es nur sechs Meter sind. Ich hatte mir vorgestellt, es wäre mehr. Damals waren es 132 Meter.
Ich bin nur deshalb noch einmal hier heraufgekommen, um folgendes festzustellen. Herr Kollege Jacobi, Sie sprachen davon, daß der Wohnungsbauminister und das Parlament bei der Aufklärung der Bevölkerung über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft die sachliche Unterstützung der SPD-Fraktion erwarten könne, daß die SPD die Dinge nicht tendenziös, sondern sachlich betreiben würde.
— Eine sachliche Bewertung. Nach der „Hamburger Morgenpost" hat Herr Jacobi in den letzten Tagen gesagt, die Maßnahmen Lückes hätten zu einem Chaos auf dem Wohnungssektor geführt, sie müßten beseitigt werden; auf dem freien Wohnungsmarkt würden Mieten von 8 bis 9 Mark pro qm entstehen. Meine Damen und Herren, wer als Kenner der Sachlage so etwas vor einer Versammlung in Hamburg sagt, der muß nun auch den Vorwurf in Kauf nehmen, daß das mit Sachlichkeit nichts zu tun hat, sondern daß es höchst unsachlich ist.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jacobi?
Herr Minister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich derartige Ausführungen niemals gemacht habe? Ich werde da völlig falsch zitiert.
Das ist keine Frage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nun, meine Damen und Herren, ich wollte dies dem Parlament vor allem wegen der fortgeschrittenen Zeit ersparen. Ich bin aber dem Kollegen Mick sehr dankbar, daß er auf die IG Metall verwiesen hat. Kennen Sie jene Zeitung mit der Überschrift „Freitod durch LückePlan"? Diese Zeitung ist vor den Kommunalwahlen in allen Betrieben des Ruhrgebietes als Sondernummer verteilt worden.
— Verzeihen Sie; warum fühlen Sie sich denn angegriffen? Ich habe doch hier nur gegen eine tendenziöse Politik polemisiert und dabei um Ihre Unterstützung gebeten. Die sachliche Darstellung der Landesregierung von Niedersachsen zu diesem unerhörten Pamphlet, zu diesem unerhörten Angriff, den normalerweise ein Staatsanwalt hätte zurechtrücken müssen, bestätigt den tragischen Fall eines 83jährigen Mannes, der fünf Räume bewohnte. Der Hausbesitzer wollte drei Räume für einen Melker, oder so ähnlich war die Sache. Der Mann war schwermütig. Er hat den Freitod gewählt. Diesen Titel mit roter Überschrift, mit Gewerkschaftsgeldern finanziert, hat man dann in den Betrieben verteilt. Meine Damen und Herren, das hat mit sachlicher Aufklärung nichts zu tun.
Ebensowenig hat es mit sachlicher Aufklärung etwas zu tun, wenn der Deutsche Mieterbund in einer unverantwortlichen Weise die Parole herausgibt: „Alle Kündigungen an Lücke!". Nun, es ist einfach so ge-
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Bundesminister Lückekommen: Das Gesetz heißt in der Sprachregelung „Lücke-Plan", und nun verbinden sich die ganzen Probleme, ob Mieterhöhungen für die Bundesbahn oder anderes, mit diesem Namen. Die Parole: „Alle Kündigungsbeschwerden an Lücke!" führte dazu, daß das Ministerium praktisch blockiert wurde. Dabei weiß jedermann in Deutschland, daß wir eine föderative Staatsgliederung haben
und die Länder und die Gemeinden für die Durchführung der Gesetze verantwortlich sind.Das Ganze hat dazu geführt, daß unsere Herren sich im Hause bemühten, auf alle Fragen zu antworten. Stellen Sie sich vor: nun schreiben Mieter, denen gekündigt worden ist, und sie glauben — ihre Interessenorganisation sagt: „Schreibt dem Lücke!", anstatt selbst — —
— Nun, wenn Sie „selbstverständlich" sagen, dann bestätigen Sie, daß es Ihnen nicht um Aufklärung geht. Ihnen geht es darum, das Feuerchen am Leben zu halten!
Meine Damen und Herren! Der Brief eines meiner Herren — die ersten Monate waren schlimm; jetzt ist die Sache überstanden —, der bezüglich einer Kündigung eine Rechtsauskunft geben konnte über das und das, dieser in einem juristischen Deutsch einwandfrei geschriebene Brief wurde vor allen Wahlversammlungslokalen, wo ich gesprochen habe, von der SPD verteilt. Dabei habe ich durch meine Herren mit der Bundespartei der SPD sprechen lassen, und man hat mir dort zugesagt, man werde das nicht mehr tun, weil das ja nicht mehr mit Aufklärung zusammenhängt, sondern weil das ein Brief ist, der in dem trockenen Amtsdeutsch für den, der ihn bekommt, natürlich sehr hart klingt, weil ihm nur Rechtsfakten mitgeteilt werden können.Ich knüpfe Punkt 3 daran an: Herr Kollege Jacobi, Sie haben meine Äußerung richtig zitiert, und ich wiederhole sie: Ich halte bis zur Stunde persönlich eine Änderung des Abbaugesetzes an sich nicht für erforderlich.
Diesen Satz habe ich dem DGB geschrieben, diesen Satz hat auch der Bundeskanzler dem DGB mitgeteilt.Meine Damen und Herren, in der Zwischenzeit geht die Politik weiter.
— Natürlich geht sie weiter. Ich habe dargelegt, daß die Aufbauminister der Länder einstimmig eine Änderung des Schlußtermins empfohlen hatten.
Ich habe den Herren die Sorgen nicht nehmen können.
Das ist sehr schwierig, weil sich die Zuwanderung in bestimmte Städte unkontrolliert vollzieht. Ich kann daher die Garantie nicht übernehmen, daß irgendwo in einem Punkte nicht 7, 8 und 10 0/o Defizit am Jahresende 1965 bestehen.
Nun habe ich den Vorschlag gemacht, den die Bundesregierung — das darf ich hier bekanntgeben— soeben angenommen hat, den Schlußtermin zwei Jahre hinauszuschieben und im übrigen diese Gebiete an den Abbaurhythmus anzupassen.Ihr Beitrag, Herr Kollege Jacobi, hat deutlich gemacht, worum es Ihnen eigentlich geht; denn Sie haben hier fast anklagend gesagt: Aber dann bleibt doch der 1. Juli, aber dann würde ja Lübeck — diese Stadt und andere haben Sie genannt — am 1. Juli aus der Zwangswirtschaft herausgenommen!— Natürlich bleiben die Termine bestehen. Wollen Sie diese Termine beseitigen? Dann hätte ich von Ihnen erwartet, daß Sie den entsprechenden Antrag stellen. Oder wollen Sie weiter dafür sorgen, daß eben dieses Feuerchen brennen bleibt, und wollen Sie die Sorge, Unrast und Unruhe in den Gemeinden fördern? Wo ist denn Ihr Antrag? Eine verantwortliche Opposition muß doch einen Änderungsantrag stellen, wenn sie dem Regierungsmitglied Vorwürfe macht, weil es ein bestehendes Gesetz ausführt.Der Bundesrat hätte diesen Gesetzentwurf initiativ vorgelegt. Ich habe eine gute Zusammenarbeit mit den Herren Aufbauministern. Wir haben vor 8 oder 10 Tagen miteinander diskutiert. Dann habe ich gesagt: Ich werde eine solche Vorlage machen — zum größten Leidwesen der meisten meiner Freunde, die hier sitzen.
— Ja, meine Damen und Herren, von Ihnen hätte ich erwartet, daß Sie sich freuen, daß Sie zustimmen. Aber Ihnen geht es hier im letzten nicht darum, eine mögliche Härte des Abbauplans zu beseitigen, sondern Ihnen geht es doch darum, ein bißchen die Unruhe im Lande zu erhalten.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Berger-Heise?
Herr Minister, ist Ihnen wirklich entfallen, daß wir uns während der gesamten Beratung Ihrer Abbaugesetze immer und immer wieder gegen die Termine, die darin enthalten waren, ausgesprochen haben und daß Ihre Fraktionen, die CDU/CSU und die FDP, unsere Anträge jedesmal niedergestimmt haben? Ist Ihnen auch entfallen, daß wir dann als letztes Mittel versucht haben, das Inkrafttreten des ganzen Gesetzes um ein Jahr hinauszuschieben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Verzeihen Sie, ich bin bei den Beratungen dabei gewesen. Es war so: Sie haben ursprünglich die Verschiebung der Termine um ein Jahr beantragt. Dann blieb im Ablauf der
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Bundesminister LückeBeratungen die Terminverschiebung um 8 Monate. Sie waren am Schluß der Beratungen einverstanden und wollten, wenn diese 8 Monate akzeptiert würden, der Sache zustimmen. Das haben Sie im Ausschuß erklärt. Es ging nur um 8 Monate.
Herr Minister, Herr Jacobi möchte Sie befragen.
Herr Minister, würden Sie bitte bereit sein, zur Kenntnis zu nehmen, daß unsere Divergenzen im übrigen nicht nur mit dem Termin, sondern vor allem mit der Beurteilung der Wohnungsmarktlage und den Auswirkungen des Gesetzes zusammenhängen?
Das ist an sich keine Frage, sondern eine in die Frageform gekleidete Polemik. Das ist ein Mißbrauch der Fragemöglichkeit. — Bitte, Herr Minister!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich hoffe damit klargemacht zu haben, daß die Initiative, der die Bundesregierung gefolgt ist, den Schlußtermin um zwei Jahre hinauszuschieben, jenen Besorgnissen Rechnung trägt, die in München, in Hamburg, in Köln, in Düsseldorf, in Stuttgart und vielleicht in anderen Kreisen bestehen, daß man dort
B) auch die Zwangswirtschaft erst aufhebt — wie bei allen anderen rund 460 Kreisen bisher —, wenn das Defizit von 3 % erreicht ist. Diesen Vorschlag habe ich gemacht, und er ist akzeptiert.
Zum Schluß das Bundesbaublatt! Nun, meine Damen und Herren, ich danke dafür, daß endlich dieses bedeutende Organ im Bundestag zur Sprache gekommen ist. Es ist nämlich wirklich eine ausgezeichnete Zeitschrift. Diese Zeitschrift gibt nun ein freier Verlag heraus. Es ist keine amtliche Zeitschrift; das darf ich einmal richtigstellen. Diese in einem freien Verlag herausgegebene Zeitschrift hat zwei Teile. Das eine ist der amtliche Teil; dafür bin ich verantwortlich als Minister, weil in diesem amtlichen Teil jene Verordnungen usw. stehen, für die ich verantwortlich bin. Für den nichtamtlichen Teil zeichnet der Verlag verantwortlich. Ich muß sagen: als ich die Glosse, die sich an meine Münchener Freunde gerichtet hat, las, habe ich den Münchener Freunden — so offen bin ich — geschrieben, daß ich das bedauere.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jacobi?
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die von mir beanstandeten Veröffentlichungen, soweit es sich um Leitartikel handelt, das Zeichen „P. D." tragen, und ist Ihnen bekannt, wer dieser „P. D." ist, nämlich Ihr eigener Pressereferent?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nicht die Zeichen der Herren nennen. Aber ich kann Ihnen sagen: Ich habe ausgezeichnete Mitarbeiter, die sich jahrelang bemühen, gegen jenen Ungeist anzugehen, politische Entscheidungen dadurch zu vernebeln, daß man dem Mieter und dem Vermieter nicht sagt, wie es ist und was nun werden soll. Warum kann ein Parlament, warum kann eine Regierung mit elf Ländern und 23 000 Gemeinden nicht gemeinsam, wenn Gesetze zustande gekommen sind, darangehen, so aufzuklären, daß jedermann weiß, was ihm blüht, die Rechte und Pflichten?
— Ja, jedermann blüht; denn jedermann blüht etwas im Positiven und Negativen. Das einem Pressereferat eines Bundesministers zu überlassen bei einem Titel für Aufklärungsarbeit, der geringer ist, als ihn die Stadt Hamburg für ihre Aufklärungsarbeit hat, ist beinahe unmöglich. Mein Appell geht dahin — hier greife ich die Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion positiv auf; das nehme ich Ihnen ab und hoffe, daß das bleibt —, daß wir nicht nur sachlich miteinander arbeiten, sondern auch für eine weitere notwendige Aufklärung sorgen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hammersen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte eine liebe Gepflogenheit nicht unterbrechen und zu Anfang meiner Ausführungen Herrn Jacobi wiederum ein Kompliment machen. Er hat hier nicht nur einen umfangreichen papierenen Bandwurm entwickelt, sondern hat auch in einer sehr umfassenden Rede zu allen möglichen Problemen der Wohnungspolitik Stellung genommen. Allerdings sind ihm doch einige kleinere Irrtümer dabei unterlaufen, so der Irrtum, daß die Bundesländer umfassend über die Erfahrungen .auf dem Gebiet der Wohnbeihilfen berichtet hätten. Das ist nicht zutreffend. Nach meinen Informationen hat das Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung wiederholt die Länderregierungen gebeten, über die zwischenzeitlichen Erfahrungen zu berichten. Wenn meine Informationen zutreffen, haben sich die Bundesländer im wesentlichen geweigert, darüber zu berichten, weil nämlich die Erfahrungen, die sich für einen Bericht eigneten, in dem Umfang noch nicht vorlägen. Lediglich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern 'haben Berichte erstattet. Andere sind mir nicht bekannt. Auch diese Berichte sollen erst einen Teilabschnitt enthalten.Wir haben Ihnen den Antrag unterbreitet, damit wir nun doch etwas mehr an Material und Substanz über dieses Gesetz und seine Auswirkungen bekommen und uns dann schlüssig werden, welche Änderungen notwendig sind. Insofern zähle ich mich also gern zu den reuigen Sündern, die bereit sind —
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Hammersenhabe das damals auch schon bei der ersten Lesung ausgeführt —, aus den Erfahrungen zu lernen und sie nutzbar zu machen. Insofern bitte ich auch, damit einverstanden zu sein, daß der Ihnen vorliegende Antrag auf Drucksache IV/ 2720 eine redaktionelle Änderung erfährt. In Ziffer 2 darf es nicht heißen: „den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, der eine Vereinfachung der Voraussetzungen für .die Beantragung von Wohn- und Lastenbeihilfen vorsieht", sondern es muß heißen: auf Grund dieses Berichts Vorschläge für eine Vereinfachung zu machen. Auch wir wissen natürlich, daß sich solche Vorschriften in einer Durchführungsverordnung zu befinden haben. Ich bitte, damit einverstanden zu sein.Was nun die Frage der Wohnbeihilfen selbst angeht, so hat Frau Kollegin Dr. Kiep-Altenloh. im Rahmen der Begründung des Antrages der FDP- Fraktion bereits dazu Stellung bezogen. Wir sind gern bereit, uns im Ausschuß zu den beiden Anträgen, die zu diesen Punkten vorgelegt worden sind, sachlich zu äußern.Was allerdings der Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache IV/ 2718 angeht, so muß ich hier doch schon heute erhebliche Bedenken anmelden. Die Bedenken bestehen darin, daß, auch wenn die Form der Bindungsermächtigung für 1965 gewählt wird, immerhin doch Verpflichtungen in finanzieller Hinsicht eingegangen werden, die zwar nicht den Bundeshaushalt 1965, soweit es sich um Bindungsermächtigungen handelt, erhöhen, aber doch eine VorBelastung und ein Präjudiz für 1966 bedeuten. Wir könnten uns eher dazu verstehen — in diesem Sinne werden wir uns wahrscheinlich auch im Ausschuß aussprechen —, die Degression bei 140 Millionen DM abzustoppen und den dann für 1966 zusätzlich zu der bisherigen Rechnung zur Verfügung stehenden Betrag von 70 Millionen DM gezielt mit für die Zwecke einzusetzen, für die auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, diesen Betrag vorsehen wollen.Was die Frage des Abbaues der Wohnungszwangswirtschaft angeht, so haben wir heute schon Erklärungen dazu gehört, die etwas präziser waren als das, was wir in der Presse in den letzten Tagen haben lesen können und was verständlicherweise auch zu erheblicher Unruhe geführt hat, nämlich durch die Ungewißheit, was werden soll, wenn in Brennpunkten des Wohnungsbedarfs das effektive Wohnungsdefizit zu dem ursprünglich vorgesehenen Termin noch nicht beseitigt ist und der Wohnungsbedarf dann noch sehr viel größer ist, ist es durchaus vertretbar, den Termin auszusetzen und das Außerkrafttreten des Gesetzes entsprechend zu verlängern.Allerdings muß man dann auch die Konsequenzen einer solchen Verschiebung der Termine überdenken. In diesem Zusammenhang denke ich an einen Brief, den der Herr Bundeskanzler schon vor einigen Monaten an den Präsidenten des Zentralverbandes der Haus- und Grundbesitzervereine gerichtet hat. Darin ist ein Hinweis auf eine Frage gegeben, die wir 'überdenken sollten, nämlich ob die Miethöhe in den dann verbleibenden schwarzen Kreisen bis 1968 die gleiche bleiben soll oder ob dann nicht der Zeitpunkt gekommen ist, diesen Hauseigentümern die Möglichkeit einer Heraufsetzung der- Miete zu geben. Schrecken Sie nun nicht gleich davor zurück und werden Sie nicht unruhig! Diese Frage muß doch dann bedacht werden. Denn die Wohnungszwangswirtschaft dauert dann so lange, daß es den Eigentümern dieser Altwohnungen nicht mehr zugemutet werden kann, bei dem bisherigen Mietzins stehenzubleiben. Ich glaube, daß wir auch da zu gemeinsamen Überlegungen kommen werden.Noch ein Wort zu den Beratungen im Ausschuß. Ich wäre dankbar, wenn bei dieser Gelegenheit auch der Ihnen schon im März 1964 unterbreitete Antrag der FDP-Fraktion auf Drucksache IV/ 2006 zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes mit in die Beratungen einbezogen würde. Wir haben im Ausschuß nicht darauf gedrängt. Aber dieser Antrag sollte dann mit in die Ausschußberatungen, die nach Auffassung aller Beteiligten möglichst schnell anlaufen sollen, einbezogen werden. Denn ich habe Sorge, daß die Beratungen des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1965 in absehbarer Zeit noch nicht möglich sein werden, da die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht vorliegt und wir nicht wissen, wie sich die Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates einlassen wird.Was die weitere Behandlung angeht, möchten wir bitten, den Antrag der FDP-Fraktion heute hier anzunehmen, da er, wie gesagt, in materieller Hinsicht keine Festlegung enthält, sondern uns nur Material bringen soll, das, wenn es uns rechtzeitig vorliegt, bei den Beratungen dienlich sein wird.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Unertl.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich hoffe, daß infolge meiner kurzen Bemerkung auch zu den Beratungen im Ausschuß die Fragestunde nicht mehr fortgesetzt zu werden braucht. Ich möchte als Abgeordneter des niederbayerischen Grenzlandes einige Bemerkungen machen, die zum Gegenstand haben, daß bei einer Beratung im Ausschuß etwas in dieses Gesetz eingebaut werden soll, was zur Zeit in dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Drucksache IV/ 2718 nicht zu finden ist.Die CSU-Landesgruppe und alle Abgeordneten der CSU sind mit dem Wortlaut der Drucksache IV/ 2718 einverstanden. Es ist unsere alte Forderung, daß die Förderung des Wohnungsbaus zugunsten von kinderreichen Familien, jungen Ehepaaren und älteren Personen verstärkt wird; insoweit also keine Einwendungen. Wir bejahen auch die Förderung des Wohnungsbaus in Gebieten mit erheblichem Wohnungsfehlbestand nach den Grundsätzen .des Raumordnungsgesetzes. Wir vermissen aber eine Regelung, die verhindert, daß sich die Ballungsräume wegen des Nichtberücksichtigens des Grenzlands noch mehr aufblähen, als das bisher der Fall ist. Deswegen haben die Abgeordneten aus dem
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UnertlGrenzland die Bitte, daß in Punkt 1 unter b) die Zonengrenzgebiete und die Ausbaugebiete ebenfalls in der Drucksache, später im Gesetz, namentlich erwähnt werden.Die bisherigen Ansiedlungen von Betrieben im Grenzland haben z. B. in Niederbayern — und das ist sehr zu begrüßen — die Abwanderung gestoppt. Auf diesem Wege muß weitergegangen werden. Die Förderung des Wohnungsbaues in den revierfernen Gebieten, also im Grenzland und in den Ausbaugebieten, ist neben der Schaffung von Arbeitsplätzen das wichtigste. Es muß alles geschehen, daß das Abwandern der Arbeiter, insbesondere auch der Facharbeiter, verhindert wird. Ich möchte auf das Problem der Pendler, das gerade auf dem Lande einen großen Raum einnimmt, nicht näher eingehen. Die Probleme sind zu bekannt. Wir wissen, daß die Betriebe im Grenzland, die alten und die neuen, alles tun, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Deswegen haben wir die Bitte, hier den Wunsch des Grenzlandes zu berücksichtigen. Ich möchte das ganze Hohe Haus und insbesondere die Mitglieder des zuständigen Ausschusses bitten, unserem Wunsche zu entsprechen. Die Bewohner des Grenzlandes von Passau bis Flensburg werden Ihnen dafür danken.
Zu einer kurzen Erklärung gebe ich noch dem Herrn Abgeordneten Hauffe das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe bisher bei allen Diskussionen immer den Eindruck gehabt, daß der Herr Bundeswohnungsbauminister das, was er sagt, aus innerer Überzeugung sage. Aber heute ist die Diskussion so verwirrt, daß ich bald den Eindruck habe, daß der Herr Minister über seine eigenen Worte in Zweifel kommt.
Ich habe über Jahre hinweg dauernd gehört, daß der Minister daran glaube, daß die Abbaugesetze sich termingemäß erfüllten. Weil über diesen Punkt hier viel diskutiert worden ist, möchte ich daran erinnern, daß eine unserer Kritiken an den Abbaugesetzen war, daß wir erstens die 3 % Minderversorgung als eine schlechte Grundlage für den Abbau betrachtet haben und daß wir zweitens nicht daran geglaubt haben, daß zum Auslauftermin in den Großstädten und in den Stadtstaaten diese von uns als schlecht betrachtete Grenze erreicht sein werde. Deshalb haben wir von Anfang an gefordert, daß diese Grenze fällt oder weiter hinausgeschoben wird.
Heute hat sich nun der Herr Minister zuerst so verhalten, daß ich davon überzeugt war, er habe aus der Überzeugung, daß sich dieser Termin im Abbaugesetz nicht halten läßt, den Vorschlag gemacht, die Grenze zwei Jahre hinauszuschieben. Nachher mußte ich ihn aber so verstehen, daß er noch zu seinem alten Wort steht und daß er dem Drängen der Aufbauminister nachgegeben und hier ein Entgegenkommen gezeigt hat, also auch dem einstimmigen Beschluß der seiner Partei angehörenden Aufbauminister, die das Gesetz, das er mit seinen Mitarbeitern gemacht hat, draußen praktizieren müssen.
Herr Minister, wenn Sie nun wirklich daran glauben, daß sich eben durch Erreichen dieser Grenze von 3 % Minusversorgung das Gesetz von allein erfüllt, dann seien Sie doch so ehrlich und streichen Sie den Endtermin endgültig. Denn wenn Ihre Überzeugung stimmt, dann haben Sie zu dem Termin in den Großstädten auch die minus 3 % erreicht, und dann brauchen Sie im ganzen Gesetz diesen Schlußtermin nicht.
Wenn Sie den Schlußtermin nicht streichen wollen, dann wollen Sie die Großstadtbewohner quälen, indem Sie ihnen mit einer noch größeren Mangelversorgung etwas oktroyieren, was sogar in anderen Stadt- und Landkreisen schwerfällt. — Ich will mich hier absichtlich vorsichtig ausdrücken.
Herr Abgeordneter Mick möchte eine Zwischenfrage stellen.
Bitte sehr!
Herr Abgeordneter, halten Sie das aufrecht, daß der Herr Minister in den Großstädten jemand quälen wolle?
Wenn es so ist, daß er mit mehr als 3 % Minderversorgung in der Großstadt das erreichen will, dann muß ich bei dieser meiner Darstellung bleiben. Sie ist etwas hart, aber sie drückt meine Überzeugung aus.
Herr Abgeordneter Hesberg möchte eine Frage stellen.
Bitte sehr!
Herr Kollege Hauffe, halten Sie es nicht auch für notwendig, dafür zu sorgen, daß von seiten der Kommunen und der Länder etwas getan wird, damit bestimmte Termine eingehalten werden und die Menschen wirklich zu einer freiheitlichen Versorgung auf dem Wohnungsgebiet kommen?
— Ich kenne einen Bürgermeister, der mal erklärt hat: Ich werde alles dazu tun, daß diese 3 %-Grenze nie erreicht wird."
Herr Dr. Hesberg, ich kenne einen derartigen Bürgermeister nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, daß gerade die sozialdemokratischen Bürgermeister und Oberbürgermeister so viel für den Wohnungsbau tun, daß sie diejenigen sind, die am mei-
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Hauffesten für die Erfüllung eines Gesetzes tun, das sie selber in seiner Grundstruktur für schlecht halten;
und mit Kommunalgeld, nicht bloß mit Bundes- und Landesgeld. Aber Sie können doch eines nicht verlangen, Herr Stiller: daß der Bund ein Gesetz macht, das nach einem profilierten CDU-Mann benannt wird, und Sie dann die Vollziehung dieses Gesetzes lediglich den politischen Gegnern des Herrn Lücke überlassen. Ich glaube, so weit können Sie nicht gehen. Wenn Sie hier den Gemeinden — ich bin ja nebenbei in meinem Landkreis auch noch Kommunalpolitiker — eine Aufgabe stellen, dann ist es, glaube ich, nicht zuviel verlangt, daß der Bund sich an der Finanzierung der Aufgabe, die den Korn-munen gestellt wird, beteiligt.
Wir haben hier seit Jahren darum gekämpft, daß diese Mitbeteiligung, die Sie immer mehr eingeschränkt haben, endlich einmal nicht weiter gebremst wird. Wir haben bei jeder Haushaltsberatung von Jahr zu Jahr den Antrag gestellt, die Degression zu streichen. In diesem Jahr haben wir den Antrag nicht gestellt, weil wir unseren Entwurf eines Dritten Wohnungsbaugesetzes vorgelegt haben, in dem unsere Konzeption für die Weiterführung des Wohnungsbaues nach Auslaufen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes enthalten ist. Deswegen haben wir diesmal darauf verzichtet, weil dieser Gesetzentwurf ja bereits dem Ausschuß zugeleitet ist.
Und wenn Sie jetzt so unobjektiv, möchte ich einmal sagen, Herr Dr. Czaja, argumentieren wollen,
dann möchte ich Ihnen die Gegenfrage stellen: Haben Sie deswegen veranlaßt, daß unser Gesetzentwurf noch nicht auf die Tagesordnung des Ausschusses kommt, damit das, was wir nach Auslaufen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes wollen, nicht beraten werden kann und Sie die Möglichkeit zu einem neuen Antrag haben?
Herr Abgeordneter Hauffe, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Hauffe, womit können Sie beweisen, daß das Zweite Wohnungsbaugesetz ausläuft? Ist das nicht völlig falsch, was Sie sagen?
Herr Dr. Czaja, wenn ich mich hier auch etwas vereinfacht ausgedrückt habe,
so wissen Sie doch ganz genau, was ich sagen wollte: daß durch die Degression — und davon haben wir gesprochen — die Finanzierungsmittel des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, wenn Ihr Antrag heute nicht gekommen wäre, ganz automatisch ausgelaufen wären, weil die 700 Millionen DM einesTages verbraucht gewesen wären. Sie kommen jetzt mit den Rückflüssen und mit den anderen Dingen; das weiß ich; aber diese Rückflüsse allein — das wissen Sie ganz genauso — reichen uns nicht. Deswegen haben wir ja immer wieder den Antrag gestellt, die Degression zu streichen, und diesmal unseren Gesetzentwurf eingebracht, der eine wesentlich bessere Förderung vorsieht, als sie mit den Rücklaufmitteln jemals möglich ist.
Wenn Sie dauernd von einer objektiven Diskussion der Dinge reden, die hier auf dem Tisch des Hauses liegen, dann müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, was wir dem Hause zur Beratung vorgelegt haben, und können nicht immer von uns bloß verlangen, daß wir die Pannen in Ihren Gesetzen, die Sie fabriziert haben, reparieren.
Meine verehrten Damen und Herren, eines möchte ich korrigieren, das hier vielleicht falsch verstanden worden ist. Sowohl Herr Dr. Hesberg als auch der Herr Minister haben im Zusammenhang mit unserem Antrag davon gesprochen, daß es unerwünscht sei, daß die Mieten ganz durch Mietbeihilfen bezahlt würden.
Ich frage Sie: steht denn das in unserem Antrag? Das steht nicht drin, denn wenn wir das gewellt hätten, hätten wir die Tabelle nicht aufzuführen brauchen. Das ist unser alter Tabellenvorschlag. Ich sage Ihnen ganz klar und offen: wir wollen mit unserem Antrag lediglich der Praxis und der Wirklichkeit etwas näherkommen. Die Leute, die absolut nichts zahlen können, werden nicht durch dieses Gesetz betreut, sondern müssen zum Sozialamt gehen; das hat dann diese Aufgabe. Ich möchte also richtigstellen: wir haben niemals verlangt, daß über dieses Gesetz Mieten restlos übernommen werden sollen.Jetzt noch ein Wort zur Obergrenze! Hier ist viel über die 30 oder 50 % geredet worden. Ich will Ihnen ganz offen sagen, warum wir zu den 50 % gekommen sind. Hier ist darauf hingewiesen worden, daß die Obergrenze in den Ländern sehr verschieden sei. Es war von den Durchschnittslandesmieten des sozialen Wohnungsbaus die Rede. Soweit ich mich erinnere, wurden da folgende Zahlen genannt: 1,60 DM, 2,40 DM bis zu 3,20 DM. Legen Sie mich bitte auf die Zahlen nicht fest; ich habe sie nicht mehr genau in Erinnerung.Wenn wir jetzt die Bundesdurchschnittsmiete annehmen, dann liegt diese niedriger als die Durchschnittsmiete in den Ländern, die die hohen Durchschnittsmieten haben. Wir haben nun befürchtet, daß in Ländern mit hohen Mieten des sozialen Wohnungsbaus — in Nordrhein-Westfalen z. B. liegt, glaube ich, die Miete ziemlich hoch — das Absinken dieser Mieten mit 30 % nicht ganz aufgefangen wird. Oder es würde die Obergrenze vielleicht nur ganz minimal verbessert oder sich vielleicht noch verschlechtern. Deshalb haben wir einen Zuschlag von 50 % auf die Bundesdurchschnittsmiete gefordert.
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HauffeWir werden ja nachher sehen, welches Ergebnis die Ermittlungen haben. Das war der Grund dafür, daß wir der Meinung waren, die 30 % könnten eventuell nicht ausreichen. Auch wir haben uns zuerst einmal mit anderen Prozentsätzen befaßt; das werden Sie uns hoffentlich glauben.Nun noch etwas anderes! Hier ist vorhin München angeführt worden, und es ist gefragt worden, warum es in München einen Planungsnotstand gebe; ich weiß nicht mehr genau, wie die Formulierung gewesen ist. Hierzu eine kleine Erinnerung aus meiner parlamentarischen Praxis. Bevor ich 1953 in dieses Haus kam, war ich von 1949 bis 1953 Abgeordneter des Bayerischen Landtages. Sie wissen vielleicht, daß der Vorgänger des Bundesbaugesetzes der sogenannte Dürkheimer Entwurf war, den wir damals gemeinsam mit dem Herrn Bundesminister als Initiativantrag — ich glaube, im 2. Bundestag — eingebracht haben. An diesem Entwurf war wesentlich der spätere Leiter der Obersten Baubehörde in München, Herr Ministerialdirektor Wambsgans, beteiligt. Zu der Zeit, als er den Entwurf in seiner Schublade hatte, war er noch Oberregierungsrat; er hatte ihn gemeinsam mit Professor Titus erstellt. Ich habe im Jahre 1949 — oder war es Anfang 1950? — im Bayerischen Landtag eine Anfrage gestellt, wann die Bayerische Staatsregierung endlich den bei der Obersten Baubehörde fertigen Entwurf eines Baugesetzes — damals auf Länderebene gedacht — vorlegen werde. Dann wäre für München die gesetzliche Grundlage für eine anständige Planung geschaffen worden. In München ist die Planung deshalb so weit zurück, weil, bevor das Bundesbaugesetz geschaffen wurde, im Lande Bayern keine gesetzlichen Grundlagen da waren, weil die CSU nicht das geschaffen hat, was es in anderen Ländern gab, nämlich sogenannte Aufbaugesetze.
— Lassen Sie mich zu Ende reden, denn jetzt kommt das Wesentliche.Herr Staatssekretär Fischer von der CSU hat damals auf meine Anfrage im Landtag geantwortet, der Gesetzentwurf sei dem Bayerischen Landtag bereits zugeleitet worden. Diese Antwort war sachlich falsch; denn dieser Gesetzentwurf ist dem Landtag niemals zugeleitet worden, bis heute nicht, und er ist auch nie beraten worden. Dann kam Gott sei Dank das Bundesbaugesetz, das eben vieles ausgebügelt, viele gesetzliche Lücken geschlossen hat. Auch das Bundesbaugesetz entspricht nicht hundertprozentig unseren Vorstellungen. Aber Sie werden uns nicht davon abhalten, daß wir, je nachdem, wie wir ,die Situation betrachten, entweder neue Gesetzentwürfe entsprechend unserer Konzeption vorlegen oder aber Änderungsanträge zu bestehenden Gesetzen stellen.Wir haben durch unsere Initiative einiges erreicht. Einmal wurde durch unser 3. Wohnungsbaugesetz Ihre Initiative zur Abschaffung der Degression ausgelöst. Zweitens wurde durch unsere Initiative zur Änderung des Mietbeihilfengesetzes hier auch Ihre Initiative ausgelöst. Herr Kollege Mick hat schon aus der Formulierung unseres 3. Wohnungsbaugesetzes den Ausdruck Wohngeld übernommen. Wir sind für jeden Fortschritt dankbar, und wir werden so fortfahren. Wenn Sie uns dann immer auf halbem Wege entgegenkommen, haben wir auch etwas erreicht.
Das Wort hat der Herr Minister. — Er verzichtet. Ich schließe die Aussprache.Die Gesetzentwürfe Drucksache IV/ 2646 und Drucksache IV/ 2717 sollen an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung — federführend — und zur Mitberatung sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Herr Kollege Dr. Hesberg hat beantragt, sie außerdem an den Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe zu überweisen. Bestehen dagegen Bedenken? — Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.Der Gesetzentwurf Drucksache IV/ 2718 soll an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung — federführend -- und an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. — Ich stelle Ihr Einverständnis fest.Wir kommen damit zu dem Antrag der Fraktion der FDP Drucksache IV/ 2720. Er ist vom Kollegen Hammersen in Ziffer 2 dahin geändert, daß auf Grund des Berichts Vorschläge für eine Vereinfachung der Voraussetzungen für die Beantragung von Wohn- und Lastenbeihilfen zu machen sind. Wer dem so geänderten Antrag zustimmen will, gebe bitte das Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.Darf ich Sie noch um ein wenig Geduld bitten, damit wir die nicht strittigen Tagesordnungspunkte noch rasch erledigen können.Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Juli 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen ;Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/ 2685).
Herr Abgeordneter Dr. Reischl hat einen Schriftlichen Bericht erstattet. Ich danke ihm dafür.Da keine Aussprache gewünscht wird, kommen wir zur Abstimmung in der zweiten Lesung.Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. — Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich schließe die zweite Beratung.
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Vizepräsident Dr. Dehler Wir kommen zurdritten Beratung.Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung angenommen.Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll vom 11. Dezember 1963 zu dem Abkommen vom 8. April 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte ;Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/ 2684).
Dazu liegt ein Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Reischl vor, dem ich dafür danke.Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, — Art. 2, — Ar . 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.Ich schließe die zweite Beratung und eröffne diedritte Beratung.Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zustimmt, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses
über die von der Bundesregierung beschlossene Zweiundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ,über die von der Bundesregierung beschlossene Fünfundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/ 2490, IV/ 2512, IV/ 2692).Dazu liegt ein Bericht vom Herrn Abgeordneten Diebäcker vor, dem ich dafür danke. Nach dem Antrag des Ausschusses soll den Verordnungen unverändert zugestimmt werden. — Dagegen kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 9:Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses
über die von der Bundesregierung beschlossene Siebenundsiebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ,über die von der Bundesregierung beschlossene Dreiundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ,über die von der Bundesregierung beschlossene Neunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
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Es wird vom Ausschuß angeregt, zu beschließen, den Verordnungen zuzustimmen. — Ohne Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 10:Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung erlassene Sechzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen IV/ 2594, IV/ 2693).Der Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher liegt vor. Ich danke Herrn Kollegen Rinderspacher für seinen Bericht.Wir können nach der Geschäftsordnung den Beschluß des Außenhandelsausschusses zur Kenntnis nehmen. — Das ist geschehen.Tagesordnungspunkt 11:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Festsetzung gemeinsamer Qualitätsnormen für Spargel und Gurken (Drucksachen IV/ 2526, IV/ 2703).Auch diese bedeutsame Angelegenheit, über die Herr Kollege Sühler einen Bericht erstattet hat, brauchen wir nur zur Kenntnis zu nehmen. — Das ist geschehen.Tagesordnungspunkt 12:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Durchführung von Erhebungen über die Schweinebestände in den Mitgliedstaaten (Drucksachen IV/ 2574, IV/ 2704).
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Vizepräsident Dr. DehlerEs liegt der Bericht des Herrn Abgeordneten Seither vor. Abzustimmen ist über den Antrag des Ausschusses, 1. den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis zu nehmen und 2. die Bundesregierung zu ersuchen, auf bestimmtes Verhalten in Brüssel hinzuwirken. Ich nehme an, daß Sie mit diesem Antrag einverstanden sind. — Es erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Damit können wir die heutige Sitzung beschließen.Ich berufe die nächste Sitzung ein auf morgen, Donnerstag, den 12. November, 14 Uhr. Ich schließe die Sitzung.