Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle
herzlich und wünsche uns allen einen guten Morgen und
einen erfolgreichen Tag. Es gibt heute Morgen überhaupt
keine Ankündigungen, sodass wir in der glücklichen
Situation sind, ohne weiteren Verzug in die Tagesord-
nung einsteigen zu können.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:
– Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streit-
kräfte an der Friedensmission der Vereinten
Nationen im Sudan auf Grundlage
der Resolution 1590 des Sicherheitsra-
tes der Vereinten Nationen vom 24. März 2005
und weiterer Mandatsverlängerungen durch
den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
– Drucksachen 16/4861, 16/5142 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Brunhilde Irber
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Redet
Marina Schuster
Wolfgang Gehrcke
Dr. Uschi Eid
– Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 16/5143 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Lothar Mark
Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Alexander Bonde
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der
der CDU/CSU und SPD, FDP und Bündnis 9
nen vor. Ich will darauf hinweisen, dass wir ü
Niemand kann bestreiten, dass die 10 000 Soldatenund 715 Polizisten – darunter maximal 75 deutsche Sol-daten – wesentlich zur Stabilität im Südsudan beigetra-gen haben. Sichtbares Ergebnis sind die Flüchtlinge, diewieder in ihre Heimat zurückkehren können und sichdort eine Existenz aufbauen wollen. Ich selbst war inJuba und habe mich von den Bemühungen überzeugt,ommen werden. Ich möchte an dieserlen und militärischen Kräften, die sichmeinen sehr herzlichen Dank ausspre-Fraktionen0/Die Grü-ber die Be-die dort unternStelle den zividort bemühen,chen.
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9702 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007
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Brunhilde Irber
Einer der entscheidenden Sätze aus dem Regierungs-antrag ist für mich der folgende:Die Entwicklung im Südsudan kann aber nicht los-gelöst von der erschreckenden humanitären undpolitischen Situation in Darfur gesehen werden.Deshalb ist und bleibt es eines der wichtigsten Ziele– dies kommt in dem Antrag zum Ausdruck –, dass derunabhängige Allparteiendialog in Darfur und ein natio-naler Dialog aller demokratischen Kräfte stattfindenkönnen. Diese Dialoge kann und muss die internationaleStaatengemeinschaft mit allen Mitteln unterstützen. Al-lerdings ist es dazu dringend erforderlich, dass die Waf-fen schweigen, und zwar auf allen Seiten.Wir haben in den letzten Tagen und Wochen das un-sägliche Leid von Millionen von Menschen, dieAnschläge auf die AMIS-Soldaten und den dreistenMissbrauch der UN-Farben an Flugzeugen der suda-nesischen Armee gesehen. Dieser Verstoß gegenArt. 100 der UN-Charta ist besonders niederträchtig undmuss scharf verurteilt werden.
Mit der Zustimmung der sudanesischen Regierung zumsogenannten „schweren Unterstützungspaket“ sindgroße Hoffnungen verbunden. Die diplomatischen Be-mühungen des UN-Generalsekretärs und seines Sonder-beauftragten Jan Eliasson scheinen Früchte zu tragen.Wir sind damit einen kleinen Schritt in die richtigeRichtung weitergekommen. Ich kann nur hoffen, dassdamit auch die Chance besteht, die humanitäre Hilfewieder in geordnete Bahnen zu lenken.
Anerkennenswert ist die Zustimmung Khartoumszum zweiten Unterstützungspaket. Wir müssen aberjetzt auch ein glaubhaftes politisches Signal setzen, da-mit sich Baschir keinen weiteren Wortbruch mehr leistenkann.
Deshalb fordern wir die unverzügliche Umsetzungdieser zweiten Stufe der vereinbarten AU/UN-Hybrid-mission. Jede Verzögerung wird zur Ausweitung vonUN-Sanktionen führen. Sollte dies im Sicherheitsrat derVereinten Nationen nicht durchsetzbar sein, fordern wirdie Bundesregierung auf, sich für einen Sanktionsme-chanismus der EU einzusetzen.Nur damit kein Missverständnis entsteht: Wir redenhier nicht mehr von diffusen Ankündigungen, sondernvon konkreten Maßnahmen gegen Mitglieder der suda-nesischen Regierung. Ankündigungen ohne Konsequen-zen darf es nicht mehr geben.dwlSkdVmbnwKslitHtpbZstszObuddzbsEdiasPdn
An dieser Stelle müssen wir vor der Haustür Europasit eisernem Besen kehren. Wer sich auf solche Weiseereichert und so Tod und Leid vieler Menschen in Kaufimmt, sollte mit allen rechtlichen Mitteln zur Verant-ortung gezogen werden.Ist Frieden im Sudan in Anbetracht der komplexenonfliktlage eine unlösbare Aufgabe? Wird dieses rie-ige Land 2008 oder 2009 ein stabiles Umfeld für Wah-en überhaupt gewährleisten können?Im Zusammenhang mit den Wahlen im Kongo habech mir ähnliche Fragen gestellt. Der Einsatz der interna-ionalen Schutztruppe wurde kontrovers diskutiert.eute kann man sagen: Das Risiko hat sich gelohnt.Alle Parteien im Sudan müssen an den Verhandlungs-isch zurückkehren. Dies gilt für diverse Rebellengrup-en ebenso wie für die sudanesische Regierung. Wirrauchen einen gesamtsudanesischen Dialog, damit dieukunft dieses Landes gestaltet werden kann. Und wirollten die moderaten Kräfte in der Regierung in Khar-oum unterstützen.
Die im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen be-chlossene AU/UN-Hybridmission wird die Vorausset-ungen dafür verbessern und die humanitäre Hilfe vorrt ermöglichen. Wie viel politischer Druck dafür aufge-aut werden muss, wird sich zeigen. Was notwendig ist,m jetzt die zweite Umsetzungsphase zu realisieren, for-ern wir in unserem Entschließungsantrag. Ich bitte Sie,iesem heute zuzustimmen.Ich bitte natürlich auch darum, dem UNMIS-Antraguzustimmen, der ein unverändertes Mandat für die Zeitis zum 15. November 2007 mit bis zu 75 Soldaten aus-tellt, wobei immer nur 38 oder 39 im Einsatz sind. Derinsatz kostet 800 000 Euro.An dieser Stelle möchte ich unseren Militärs danken,ie sich dieser Aufgabe unterziehen. Es ist nicht leicht,m Sudan unter diesen Umständen zu agieren, zu beob-chten und dabei zu helfen, Frieden im Südsudan zuchaffen und die Implementierung des Comprehensiveeace Agreement voranzubringen, aber natürlich auchafür zu sorgen, dass die anderen Teile des Sudans dabeiicht außer Acht gelassen werden.Herzlichen Dank. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9703
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Das Wort erhält nun die Kollegin Marina Schuster,
FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die Bundeswehr leistet mit ihrer Beteiligung
am UNMIS-Einsatz im Südsudan trotz der sehr schwie-
rigen Bedingungen vor Ort eine gute und sehr wertvolle
Arbeit. Ich möchte eines gleich zu Beginn deutlich ma-
chen: Wer diesen Einsatz als Symbolik bezeichnet, weiß
nicht, wie die tägliche Arbeit dort aussieht. Ich konnte
mich – genauso wie die Kollegin Irber und andere – in
Juba im Südsudan davon überzeugen, dass die Bundes-
wehr sehr hohes Ansehen genießt.
Nach 20 Jahren Bürgerkrieg und schätzungsweise
2 Millionen Toten ist der Nord-Süd-Friedensvertrag
die einzige Chance auf dem Weg zu dauerhaftem Frie-
den. Die Umsetzung des Comprehensive Peace Agree-
ments hinkt leider hinterher, gerade bei solchen wichti-
gen Institutionen wie der National Petroleum
Commission. Auch aufgrund der Spannungen um die
Region Abyei und der zunehmenden Sorge hinsichtlich
der Wahlen 2009 bildet der UNMIS-Einsatz einen wich-
tigen Stabilitätsfaktor. Trotz aller Schwierigkeiten vor
Ort gibt es deutliche Zwischenerfolge. Es ist deutlicher
denn je: Nur mit dem Comprehensive Peace Agreement
geht man den Weg zu dauerhaftem Frieden. Die FDP-
Fraktion wird dem vorliegenden Verlängerungsantrag
zustimmen, weil wir diesen langfristigen Prozess unter-
stützen wollen.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich die Rah-
menbedingungen des Einsatzes nicht verändert haben,
wie es im Mandatsantrag heißt. Ein Beispiel: Glück-
licherweise kehren zunehmend mehr Flüchtlinge in den
Süden des Landes zurück. Aber wie geht es dort für die
Menschen weiter? Die entscheidende politische Frage
ist: Spüren die Menschen vor Ort die Friedensdividende?
Zudem hat die Bundesregierung zu Recht darauf hinge-
wiesen, dass die Situation im Südsudan nicht losgelöst
von der Lage in Darfur betrachtet werden kann. Die Si-
tuation in dieser Krisenregion ist nach wie vor alarmie-
rend. Die hoffnungsvollen Signale von Präsident Baschir
hat er leider kurz darauf wieder relativiert. Nun spricht
er nicht mehr von 3 000 UN-Blauhelmen, sondern nur
noch von Technikern und Ingenieuren. Diese gezielte
Verzögerungstaktik scheint sich also leider fortzuset-
zen.
Ich begrüße es daher und freue mich, dass sich die
Fraktionen im Deutschen Bundestag mit Ausnahme der
Linksfraktion nach intensiven Verhandlungen auf einen
interfraktionellen Entschließungsantrag geeinigt haben,
der den Druck verstärken kann.
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enn das ist ein deutliches Signal in Richtung Khar-
oum.
Ich vermisse allerdings von der Bundesregierung und
er EU-Ratspräsidentschaft bislang eine deutliche Reak-
ion auf einen aktuellen, sehr ernsten Vorgang. Nach Er-
enntnissen der Vereinten Nationen hat der Sudan Flug-
euge weißlackiert, mit UN-Hoheitszeichen versehen
nd hat damit illegal Waffen und Munition nach Darfur
ransportiert und wohl auch zivile Ziele bombardiert.
ie „New York Times“ hat ein Foto von einer solchen
aschine veröffentlicht. Der Missbrauch von UN-Kenn-
eichen zu Kriegszwecken ist nicht nur ein unglaubli-
her politischer Skandal, sondern auch ein schwerer Ver-
toß gegen das Völkerrecht.
err Staatsminister Erler, Sie haben sich bei meiner
rage danach im Auswärtigen Ausschuss darauf bezo-
en, dass dies eine UN-interne Angelegenheit sei, der
an nun nachgehe. Ich verlange von der EU-Ratspräsi-
entschaft allerdings etwas mehr als solche allgemeinen
erweise.
Nächster Redner ist der Kollege Hartwig Fischer,
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieituation in Darfur ist unerträglich. Es geht heute Mor-en eigentlich um zwei Bereiche. Diese möchte ich deut-ich aufzeigen, weil wir in der Diskussion mit der Bevöl-erung leider feststellen, dass dies nicht bekannt ist. Eseht auf der einen Seite um die Absicherung des Frie-ensprozesses im Südsudan durch die Verlängerung desNMIS-Mandates. Es geht auf der anderen Seite umriedenschaffende Maßnahmen mit AMIS und einerventuell verbreiterten Mission von UN und AMIS inarfur.Nach 20 Jahren Bürgerkrieg im Südsudan gab es vorwei Jahren einen Friedensschluss. UNMIS ist die Vo-aussetzung für den Wiederaufbau und die Stabilisierunges Friedens im Südsudan. Es wurde eine Übergangsre-ierung gebildet. Diese Übergangsregierung hat sichine Verfassung gegeben. Viele von uns kennen dieseerfassung. Sie ist vorbildlich für die Entwicklung iniesem Teil des Sudans. Das war die Grundvorausset-ung, um eine neue Infrastruktur mit der Weltgemein-chaft zu schaffen: Verwaltungsaufbau, Wasser, Straße,nergie, Agrarstruktur, Bildung und Gesundheit.Das war die Voraussetzung dafür, dass die Menschenus den Flüchtlingslagern, zum Beispiel in Kenia, zu-
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Hartwig Fischer
rückkommen konnten. In ein Flüchtlingslager in Keniasind vor 22 Jahren innerhalb weniger Wochen 40 000 Men-schen geflohen. Innerhalb von 20 Jahren, in denen dieseMenschen nicht zurückkehren konnten, ist die Zahl derFlüchtlinge in diesem Lager allein durch Geburten von40 000 auf 120 000 gewachsen. Das heißt, es gibt eineganze Generation, die in einem Flüchtlingslager aufge-wachsen ist, die jetzt im Südsudan in Sicherheit lebenwill.Mit UNMIS und 38 Beobachtern der Bundeswehrkann ein entscheidender Beitrag geleistet werden. FünfSoldaten sind in Stabsverwendungen – wir haben unsim Ausschuss am Mittwoch darüber informieren lassen –,33 Soldaten sind in den Sektoren eingesetzt. Ich be-schreibe die Aufgaben von einigen der fünf Soldaten:Der Chief of Staff ist mit für die Überwachung des Frie-densvertrages zuständig. Er koordiniert unter anderemden Einsatz der UNMIS-Militärbeobachter. Der Chief J 2,der in Khartoum im Hauptquartier sitzt, gibt die Sicher-heitslage für die Gesamtmission entsprechend den einge-henden Einzelberichten weiter. Der Chief J 7 koordiniertdie Einsatzausbildung des Personals vor Ort. Er bildetdie neu eingetroffenen internationalen Militärbeobachteranlassbezogen aus und nimmt gleichzeitig die Weiterbil-dung des Personals im Einsatz vor. Der sogenannte Se-nior Staff Officer Monitoring and Verification ist imBereich der weiteren Auswertung von Berichten undMeldungen der Militärbeobachter eingesetzt.In Richtung der Linken, die immer den Eindruck ver-mitteln wollen, wir seien dort mit Waffen unterwegs,sage ich ausdrücklich: Alle 38 Militärbeobachter sindunbewaffnet. Sie unterstützen die Gesamtmission mitrund 9 500 UNMIS-Soldaten.All dies ist die Grundlage für die Wahlen, die imJahr 2009 im Sudan stattfinden sollen. Es ist auch dieGrundlage für das Referendum, das 2011 stattfindensoll. Es ist die Grundlage für eine dauerhafte Befriedungdes Südsudans. Deshalb wird unsere Fraktion dem An-trag der Bundesregierung auf Verlängerung von UNMISzustimmen.Hier mache ich den Schnitt zu AMIS und Darfur. Ichbin ausgesprochen dankbar dafür, dass wir uns trotzschwieriger Verhandlungen auf einen interfraktionellenAntrag einigen konnten. An zwei, drei Punkten – ichsage gleich etwas dazu – hätte ich mir eine Verschärfungdes Antrages vorstellen können.
– Herr Trittin, ich sage gleich etwas dazu.Vier Jahre Krieg, Rebellen gegen Rebellen, vier JahreKrieg, Rebellen gegen Regierung, vier Jahre Krieg, Re-gierung mit Rebellen. Die Lage ist also vollkommen un-überschaubar. Gleichzeitig gibt es Waffenlieferungenvon der Regierung an die Rebellen. Das heißt, hier füh-ren nicht nur Rebellen innerhalb des Volkes einen Krieg,sondern auch die Regierung einen Krieg gegen das ei-gene Volk.lttsMdgZwmgCfwnUarEFvstbwrgeDzacudltbIhdgRtdtEmI
ch persönlich und die große Mehrheit meiner Fraktionalten ein Flugverbot für absolut notwendig, gerade vorem Hintergrund dessen, was die Kollegin Schuster an-esprochen hat: dass weiß angestrichene Maschinen deregierung Bomben bringen, während die Menschen un-en meinen, sie bekämen Hilfsgüter. Es ist pervers, wasie dortige Regierung macht.
Ich danke allen, die an diesem interfraktionellen An-rag mitgearbeitet haben. Ich bitte Sie, sich bei Googlearth über diese Dinge zu informieren. Sie können dortehr erfahren als auf allen anderen Wegen. Ich hoffe imnteresse der Menschen in Darfur, dass wir eine große
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Hartwig Fischer
und breite Zustimmung zu dem interfraktionellen Antragbekommen.
Ich erteile das Wort der Kollegin Monika Knoche,
Fraktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Da-men! Die Linke hofft sehr, dass der Prozess der Frie-densbildung im Sudan vorankommt.
UNMIS hat zweifelsfrei dazu beigetragen, das Friedens-abkommen im Südsudan zu sichern. Diese positiveBilanz würdigen wir. Denn obgleich man sich für dieseMilitärpräsenz auf Kapitel VI und VII der UN-Chartabezieht, zeichnet sich diese Mission durch Friedfertig-keit aus. Es wäre also töricht und, wie ich meine, poli-tisch fahrlässig, die deutsche Kriegsbeteiligung in Ju-goslawien oder die Tornadoeinsätze in Afghanistan nachKapitel VII in einem Atemzug mit der Mission im Sudanzu nennen.
Deutsche Kriegsbeteiligungen sind und bleiben für unsunannehmbar.
Im Sudan geht es aber um etwas anderes. Hier ist dieFrage zu beantworten, wie ein Umlenken von der militä-rischen auf eine rein zivile Konfliktbearbeitung er-reicht werden kann. Wir Abgeordnete müssen genau hin-schauen, was das Land Sudan jetzt am dringlichstenbraucht. Ich denke, die Bevölkerung, die Konfliktpar-teien müssen die Erfahrung machen, dass es sich lohnt,Frieden zu schließen, in Frieden zu leben. Ihre vordring-lichsten Probleme sind nämlich das Landrecht, derZugang zu Wasser und zu Weideland und die Wüstenbil-dung als Folge des Klimawandels. All das ist beständi-ger Quell von Auseinandersetzungen. Wie die Einnah-men aus dem Verkauf von Rohstoffen zwischen denVolksgruppen aufgeteilt werden, beschwert ebenfallsden Frieden und schürt Konflikte, auf die sich ethnischeund religiöse Konflikte aufsetzen.„Frieden muss von innen wachsen“, sagt der Evange-lische Entwicklungsdienst, Frieden brauche gesellschaft-liche Beteiligung, gerade von jenen, die die Zivilgesell-schaft ausmachen. Das verweist meines Erachtensdarauf, dass das deutsche Engagement eine starke Inves-tition in den zivilen Friedensdienst sein muss.
Zwei Millionen Menschen waren von den grauenvol-len Zuständen im Sudan betroffen. 250 000 neue Flücht-lbIDrssadeMoseghFemsFWDdjUeWWJnUvLWciDdmklt7shRzW
enn Sie gestern Abend der entwicklungspolitischenebatte gefolgt wären, hätten Sie bestätigt bekommen,ass das die tatsächlichen Auswirkungen der Präsenzeglichen Militärs sind.
Deshalb spreche ich mich gegen die Engführung aus,NMIS als Blauhelmeinsatz zu bewerten. Für uns gehts darum, dass gefestigte zivile Strukturen entstehen.ir wollen dafür sorgen, dass die Bevölkerung über dieahlen im Jahre 2009 hinaus bis zum Referendum imahre 2011 die gelebte Erfahrung macht, dass die inter-ationale Gemeinschaft all ihr Können darauf richtet, diersachen der Konflikte zu bearbeiten. Hier muss selbst-erständlich auch China einbezogen werden; denn diesesand investiert angesichts der aufgeteilten Ölmärkte derelt in hochriskante Staaten. Die Frage des Ressour-enzugangs ist auch eine Friedensfrage. Das müssen wirmmer im Blick behalten.
as Land Sudan braucht zivile Infrastrukturarbeit, Me-iation und eine gerechte Verteilung der Erdöleinnah-en.Die Linke sagt: Es ist richtig, internationale Polizei-räfte einzusetzen. Demobilisierung und der Schutz zivi-er Akteurinnen sind notwendig. Das kann Polizei leis-en. Aber bei 100 Millionen Euro für 10 000 Soldaten,50 Militärbeobachter und 700 Polizisten haben wirchon den Eindruck, dass es sich um ein Missverhältnisandelt.Ich gebe gerne zu: Die 38 deutschen Soldaten, die imahmen von UNMIS eingesetzt werden, schaden einemivilen Auftrag nicht. Aber es stellen sich die Fragen:as nützt mehr? Was ist effektiver? Was ist nachhalti-
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Monika Knocheger? Was ist besser? Welche Instrumente sind am wir-kungsvollsten, um Stabilität und Friedensgewinn zu er-zielen? Hier kommt die Linke zu einem anderenErgebnis als Sie. Denn die Annahme, dass Militär allesZivile auch leisten könne oder sogar zivile Schritte erset-zen könne, ist falsch.
Nicht militärisch, auch nicht militärisch-zivil, son-dern zivil muss die Hilfe sein. Insofern sticht das Argu-ment nicht, ohne Militärpräsenz hätte es keinen Frie-densprozess gegeben. Niemand spricht sich generellgegen Blauhelmeinsätze aus. Aber wir müssen darüberdiskutieren, worin der spezifisch deutsche Friedensbei-trag besteht.Nicht zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen: Viel-leicht hat sich die ehemalige rot-grüne Regierung er-hofft, durch die Beteiligung an UNMIS bessere Chancenauf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu haben.Diese Höhenflüge sind vorbei. Heute müssen wir uns ge-nau ansehen, welches Engagement Deutschland im Su-dan leistet. Wir Linken sind nicht der Meinung, dass dieFortsetzung der Beteiligung Deutschlands an UNMISfür den Frieden und für das innere Wachsen des Friedenswirklich dienlich ist. Wir plädieren für einen ausgepräg-ten zivilen und humanitären Beitrag und stimmen demAntrag der Regierung nicht zu.
Kerstin Müller ist die nächste Rednerin für die Frak-tion des Bündnisses 90/Die Grünen.Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alsim Januar 2005 das Nord-Süd-Friedensabkommen imSudan abgeschlossen wurde, hatten wir alle große Hoff-nungen – das ist hier schon zum Ausdruck gebracht wor-den –, dass es nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg zueiner friedlichen Entwicklung im Süden kommen unddieser Prozess sogar positiv auf die anderen Konflikteim Sudan ausstrahlen würde.In dem jüngsten Bericht des UN-Generalsekretärs anden Sicherheitsrat wird leider die umgekehrte Entwick-lung aufgezeigt. Der Nord-Süd-Friedensprozess ist in ei-ner absolut kritischen Phase. Fachleute sehen sogar dieGefahr, dass er völlig entgleisen könnte. Der Friedens-prozess im Osten des Sudans stagniert, und die Gewaltim Westen des Landes, in Darfur, eskaliert. Im Süden istdie Sicherheitslage angespannt. Zuletzt gab es in Mala-kal sogar wieder Kämpfe; ich glaube, Sie haben es er-wähnt, Herr Kollege Fischer. Es gibt Probleme bei derGrenzziehung in strittigen Provinzen, bei der Bildung in-tegrierter Armeeeinheiten, bei der Demobilisierung derMilizen und vor allem – das ist natürlich sehr schlecht –auch bei der Vorbereitung der für 2009 geplanten ge-samtsudanesischen Wahlen.utseduIfkmatpdstgdsNaWtgzmshHAkgnwLAgfdzt
nd zweitens als eine insgesamt wirklich unglaublichegnoranz gegenüber den für diesen Friedensprozess er-orderlichen Notwendigkeiten. UNMIS ist auch in Zu-unft für den Friedensprozess nötig.
Es geht um unbewaffnete Militärbeobachter. Dasüsste Ihnen ja eigentlich entgegenkommen. Das istuch kein symbolischer Beitrag; vielmehr ist unsere Un-erstützung für UNMIS der größte Beitrag aller Euro-äer. Die Militärbeobachter leisten bei der Vertrauensbil-ung zwischen den Bürgerkriegsarmeen Wichtiges undorgen für die Einhaltung der Truppenrückzüge.Ich will das hier einmal sagen: Nach meinen Informa-ionen leisten unsere Soldaten dort einen sehr schwieri-en, risikoreichen und strapaziösen Dienst. Sie sind beiieser Aufgabe, als Unbewaffnete dort zu vermitteln, aufich allein gestellt. Ich denke, ich spreche auch in Ihremamen, wenn ich diesen Soldaten hier unseren Dankusspreche.
ir werden der Verlängerung dieses Mandats daher na-ürlich zustimmen.Zu Darfur. Die Gewalt in Darfur hat inzwischen ne-ative Rückwirkungen auf den Nord-Süd-Friedenspro-ess und ist fast zur Hauptgefahr geworden, weil es im-er noch nicht gelungen ist, das Morden in Darfur zutoppen. Seit Abschluss des Nord-Süd-Friedensvertragesat sich die Lage sogar noch verschlechtert.Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, vor demintergrund dieser Situation hier einen interfraktionellenntrag zustande zu bringen. Das ist vielleicht nur einleiner Beitrag, aber ich hoffe, dass das ein starkes Si-nal an die sudanesische Regierung in Khartoum ist,ämlich dass wir ein Ende der Gewalt fordern und dassir fordern, dass endlich eine robuste UNO-Truppe insand gebracht wird, die die Menschen dort schützt.
Der interfraktionelle Antrag ist natürlich auch eineufforderung an die Bundesregierung und eine Ermuti-ung: Setzen Sie sich mit den darin genannten Mittelnür ein Ende der Gewalt in Darfur ein! Sorgen Sie dafür,ass die sudanesische Regierung einen hohen Preisahlt, wenn sie ihr Katz-und-Maus-Spiel mit der interna-ionalen Gemeinschaft fortsetzt und die Umsetzung der
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Kerstin Müller
20 000-köpfigen gemeinsamen Friedensmission der Ver-einten Nationen und der Afrikanischen Union weiterverhindert!Natürlich hätten auch wir uns an der einen oder ande-ren Stelle etwas schärfere Formulierungen gewünscht.Ich will nur noch einmal zu bedenken geben – ichglaube, das ist uns allen klar –, was die Zusagen des Su-dans in der Vergangenheit wert waren.Ich hoffe, die Zusage der zweiten Phase bei AMIS– 3 000 Soldaten und sechs Kampfhubschrauber – wirdumgesetzt. Das ist zweifelsfrei ein wichtiger Schritt. Wirwissen – das muss uns allen klar sein –: Zusagen des Su-dans waren in der Vergangenheit leider auf die Dauernicht viel wert. Deshalb können wir uns nicht erleichtertzurücklehnen. Der internationale Druck muss aufrecht-erhalten werden. Weiterhin muss uns klar sein, dass derSudan der dritten und entscheidenden Aufstockungs-phase für AMIS mit 10 000 zusätzlichen Soldaten nichtzugestimmt hat. Ebenso wenig hat er einer UNO-Kom-mandostruktur oder der Beteiligung nicht afrikanischerSoldaten zugestimmt. Auch das wird nur geschehen,wenn der internationale Druck aufrechterhalten wird.Diese Instrumentarien sind im Antrag benannt. Wenn derSudan seine Zusagen nicht einhält, dann müssen klareFristen gesetzt und gezielte Sanktionen gegen die Ver-antwortlichen des Regimes verhängt werden, damit end-lich Soldaten ins Land kommen und die Menschen vorder Gewalt geschützt werden können, zumindest diejeni-gen, die in den Flüchtlingslagern sind.
Wir hätten uns gewünscht, dass diese Sanktionennicht nur für die zweite Aufstockungsphase, sondernauch für die Gesamtmission gelten. Wir sind uns hieraber einig, dass wir letztlich die Gesamtmission brau-chen. Wir dürfen der sudanesischen Regierung keinSchlupfloch für ihr zukünftiges Katz-und-Maus-Spiellassen.Auch ich möchte noch einmal dieses schamlose Bei-spiel nennen. Auf der einen Seite wird gerade verhandelt,und es gibt eine Zusage. Auf der anderen Seite ist mandort so dreist, Flugzeuge, die Waffen nach Darfur trans-portieren, umzulackieren, mit dem UN-Logo zu versehenund als UNO-Flugzeuge zu tarnen. So viel Dreistigkeitangesichts des Bemühens der internationalen Gemein-schaft, entsprechende Vereinbarungen zu treffen, istwirklich nicht zu überbieten. Ich teile die Auffassung desKollegen Fischer: Dem Bestreben, über Darfur eineFlugverbotszone zu verhängen, wurde mit diesem völ-kerrechtswidrigen Verhalten ein zusätzlicher Grund ge-geben.
Auch uns ist natürlich klar: UNO-Truppen sind daseine. Es braucht natürlich einen Friedensvertrag. NurFriedensgespräche werden zu einem dauerhaften Friedenführen. Wir brauchen aber beides gleichzeitig: neue Frie-dESdwSwsvGBUzdnSMdwdDtzwdugsU–PzesESzdtGMmrSnz
Für die Bundesregierung erhält nun der Staatsminister
ernot Erler das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieundesregierung hat am 28. März beschlossen, dasNMIS-Mandat bis zum 15. November dieses Jahresu verlängern, um die Umsetzung des Nord-Süd-Frie-ensabkommens im Sudan weiter unterstützen zu kön-en. Das Mandat bleibt unverändert. Wir erwarten denicherheitsratsbeschluss für eine Verlängerung um sechsonate bis zum nächsten Montag. Unser Antrag siehtieses Mal eine Dauer von sieben Monaten vor, damitir bei der zu erwartenden nächsten Verlängerung durchie Vereinten Nationen nach der UNO-Entscheidung imeutschen Bundestag unseren konstitutiven Beschlussreffen können. Die Obergrenze liegt weiter bei 75 ein-usetzenden Kräften. Im Augenblick – das ist erwähntorden – sind es 38 Soldaten und fünf Polizisten, dieort ihren Dienst tun. Die Aufgabe lautet Beobachtungnd Kontrolle, um die weitere Umsetzung dieses wichti-en Friedensabkommens sicherzustellen.Was ist der bisherige Stand des CPA? Es gibt Fort-chritte beim Rückzug der Konfliktparteien. Das hatNMIS ermöglicht, sich aus dem Osten der Regionaus Kassala – zurückzuziehen. Es vollzieht sich einrozess der Rückkehr der Flüchtlinge; aber er ist nochögerlich. Es gibt einen wichtigen Fortschritt bei der Be-ndigung des Terrors, der von der LRA, der Lord’s Re-istance Army, also von ugandischen Rebellen, ausgeht.s hat gerade gestern wieder Gespräche gegeben; dieüdregierung vermittelt erfolgreich.Aber nach wie vor ist die internationale Unterstüt-ung zur Umsetzung des Friedensabkommens notwen-ig. Es ist noch nicht gelungen – wir streben das an –, in-egrierte Verbände aus den früheren kämpfendenruppen zu bilden. Es gibt immer wieder – Kerstinüller hat gerade wieder darauf hingewiesen – aufflam-ende Kämpfe, zum Beispiel im November letzten Jah-es in Malakal.Natürlich steht dies in einem Gesamtkontext zu derituation im Sudan. Ich kann nur sagen: Die Situation istach wie vor beunruhigend, ja in Darfur sogar bestür-end.
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Staatsminister Gernot Erler
Die nüchternen Zahlen lassen das Ausmaß des Elends al-lenfalls ahnen. Sie lauten: bis zu 300 000 Tote, mehr als2 Millionen Flüchtlinge, allein im letzten Jahr 250 000zusätzliche Flüchtlinge. 4 Millionen Menschen sind vonHilfe von außen abhängig. 1 Million Menschen werdenvon der Hilfe von außen gar nicht mehr erreicht. JedeWoche gibt es Angriffe auf und Beraubungen von Hel-fern. Die Übergriffe der Aktivitäten auf den Tschad unddie Zentralafrikanische Republik haben längst zu einerRegionalisierung der Instabilität geführt. Bisher ist esleider nicht gelungen, auch hier eine UN-Mission wirk-sam einzusetzen.Es ist zu begrüßen, dass nach langem Ringen mit dersudanesischen Regierung nun eine Zustimmung zur zwei-ten Phase, zur Erweiterung der AMIS-Mission, also derMission der Afrikanischen Union, stattfinden kann. Aberes wird noch schwierig sein, die 3 000 Soldaten, dieAMIS verstärken sollen, zu rekrutieren und die entspre-chende Logistik und Finanzierung sicherzustellen. Vordem Spätsommer wird das nicht der Fall sein. Deswegengibt es keine andere Alternative, als die AMIS-Mission– sie reicht leider nicht aus, um die Bevölkerung wirklichzu schützen – fortzuführen. Es gehört zu den Erfolgen derdeutschen EU-Ratspräsidentschaft, dass wir es – auchdurch das gute Beispiel Deutschlands, das 20 bis25 Millionen Euro zur Verfügung stellen wird – geschaffthaben, die Finanzierung sicherzustellen.Parallel dazu finden intensive Bemühungen statt, dieRebellengruppen untereinander in einen Verständigungs-prozess zu führen und sie möglichst dazu zu bringen,dass sie das DPA, also das Darfur Peace Agreement, ak-zeptieren und sich damit gemeinsam auf eine Friedens-konzeption verständigen.Insgesamt haben wir hier eine komplexe Aufgabe voruns. Sie umfasst mindestens sechs Felder bzw. Heraus-forderungen:Einmal geht es darum, weiter Gespräche mit der suda-nesischen Regierung zu führen, damit sie der drittenPhase der hybriden, gemeinsamen Mission aus afrikani-schen und UN-Kräften mit über 20 000 Soldaten zu-stimmt.Zweitens ist nach wie vor Druck auszuüben. Das pas-siert in den Reihen der Vereinten Nationen mit der De-batte über Sanktionen. Ich darf Ihnen, Frau Schuster,Frau Müller und Herrn Fischer, deutlich sagen: Natürlichist das ein unglaublicher Missbrauch der hochangesehe-nen UN-Symbole. Das kann so nicht bleiben.
Aber wir haben zu respektieren, dass sich die VereintenNationen entschlossen haben, das erst einmal genau zuuntersuchen.
Dann wird es eine angemessene Reaktion geben, an dernatürlich auch wir uns beteiligen werden.sEulzdSrddkUdawdHuFLngntSDhufbfLzvghr
ann sollten Sie noch einmal Ihre Rede lesen und sie da-in befördern, wo sie hingehört.
Ich bin sehr dankbar, dass heute fast alle Fraktionennseren Bundeswehrsoldaten einen herzlichen Dankür die Leistung aussprechen, die sie vor Ort in einer un-ewaffneten Militärmission erbringen. Ich bin auch sehrroh, dass diese Leistung zur Kenntnis genommen wird.eider lag in der Vergangenheit die nötige Wertschät-ung an der einen oder anderen Stelle – sei es in Formon finanzieller Unterstützung, sei es bei der Postversor-ung oder Ähnlichem – im Argen. Insofern kann eseute einen Schub bewirken, dass wir mit großem Inte-esse verfolgen, was unsere Soldaten vor Ort leisten.
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Elke HoffIch selber würde mich auch freuen, wenn wir vielmehr Informationen und Berichte – auch schriftlich –über die Erfahrungen der Soldatinnen und Soldaten vorOrt bekommen können. Denn auch nach Auffassung derFDP-Bundestagsfraktion handelt es sich bei diesemMandat um einen sinnvollen und wichtigen Beitrag zurImplementierung des Friedensvertrages von Nairobi.Wie fragil die Stabilität im Südsudan ist, konnte manbei den bewaffneten Auseinandersetzungen in Malakalim November letzten Jahres beobachten. Leider kommtdie Umsetzung des Friedensvertrages viel langsamervoran als notwendig. Weder die Rückverlegung derTruppen noch die konsequente Entwaffnung der ehema-ligen Konfliktparteien ist bisher erreicht worden, obwohldiese Punkte essenzielle Bestandteile des Vertrages sind.Den zu entwaffnenden Gefolgsleuten der ehemaligenKonfliktparteien muss aber auch gleichzeitig eine Per-spektive aufgezeigt werden, wie sie in Zukunft für ihreneigenen Lebensunterhalt sorgen können. Dabei ist dieverantwortliche Institution DDR heillos überfordert. In-sofern wäre ich froh, wenn wir auch diesen Prozess sei-tens der internationalen Staatengemeinschaft viel stärkerunterstützen würden.
Dazu muss neben den zivilen Perspektiven auch dieEinbindung in die aufzustellenden integrierten Ver-bände zählen. Diese sollten aus den ehemaligen Solda-ten der sich bekämpfenden Konfliktparteien gebildetwerden. Auch dieses Vorhaben kommt seit Monatennicht voran. Diese integrierten Verbände müssen aber inZukunft das Rückgrat einer sich selbst tragenden Stabi-lität im Sudan werden. Hier muss UNMIS deutlich grö-ßere Anstrengungen unternehmen.Außerdem müssen die Grundlagen für das im Jahr2011 anstehende Referendum über Teilung oder Einheitdes Sudans geschaffen werden. Diese werden nach unse-rer Auffassung nur auf der Grundlage einer belastbarenVolkszählung Akzeptanz finden. Ohne diese droht dasAufbrechen neuer Rivalitäten.Im Hinblick auf diese politischen Herausforderungensteht die Bundesregierung in der Pflicht, innerhalb derVereinten Nationen, aber auch im Rahmen der EU-Rats-präsidentschaft und des G-8-Vorsitzes diese dringendnotwendigen Prozesse zu beschleunigen. Deutschlandmuss im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft daraufhinwirken, dass die Rolle der Afrikanischen Union inder Krisenprävention, Konfliktbeilegung und Friedens-konsolidierung gestärkt wird. Wir müssen eine angemes-sene Gesprächsgrundlage auch mit der sudanesischenRegierung finden, damit wir unter Beweis stellen kön-nen, dass uns die Entwicklung im Sudan am Herzenliegt.
Die nächsten Jahre werden von erheblicher Bedeu-tung dafür sein, ob es gelingen wird, in ZentralafrikaegvlvdeCHlhwhIEhfmükwgmdEwPtwainddzWtTDgtg
Das Wort hat nun der Kollege Hans Raidel, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Wer den Menschen im Sudan, in Darfur, wirk-ich helfen will, muss dem Antrag der Bundesregierungeute zustimmen. Der deutsche Beitrag war bisher not-endig. Er ist auch in der Zukunft weiterhin wichtig undilfreich. Auch ich danke der Bundeswehr sehr herzlich.ch freue mich als Verteidigungspolitiker, dass dieserinsatz hier so gelobt wird. Wenn Sie das bei den Haus-altsberatungen 2008 mit dem notwendigen Geld unter-üttern, hat die Sache Hand und Fuß. Ich bin gespannt.Wir unterstützen die Bundesregierung in ihrem Be-ühen, den Friedensprozess voranzutreiben, fraktions-bergreifend mit einem entsprechenden Antrag. Die Lin-en schließen sich weiter aus und erweisen sich damitieder einmal als Maulhelden; ich will das einmal so sa-en.
Wer den Antrag ablehnt, untergräbt die Friedensbe-ühungen im Allgemeinen und damit auch die Autoritäter UNO, der AU, der EU und vielleicht auch der G 8.r schränkt vor allem deren Handlungsfähigkeit ein. Wirären durch eine Ablehnung in keiner besonders gutenosition, da man die Hilfswilligkeit Deutschlands kri-isch betrachten und unter Umständen infrage stellenürde. Weil wir derzeit den Vorsitz des EU-Rates unduch der G 8 haben, beobachtet man genau, wie wir unsn diesen Fragen verhalten.Hier wurden positive Signale gesetzt. Ich will das garicht kleinreden. Aber die internationalen Beobachter,ie internationale Presse sehen das etwas kritischer. Weren Antrag heute ablehnt, muss wissen, dass dem Geno-id in Darfur dadurch weiter Vorschub geleistet wird.er wegschaut, wenn Kinder, Frauen und Männer wei-er wahllos getötet werden und Vergewaltigungen an deragesordnung sind, erweist der Sache keinen gutenienst. Dörfer werden nach wie vor dem Erdbodenleichgemacht, Viehherden werden gestohlen oder getö-et, Ernten werden vernichtet und ganze Bevölkerungs-ruppen werden vertrieben. Das ist die Realität.
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Hans RaidelWer ablehnt, muss wissen, dass der Konflikt sich auchauf die Nachbarregionen, zum Beispiel den Tschad, aus-zuweiten beginnt und dass damit eine Destabilisierungder ganzen Region stattfindet. Dieser Brandherd drohtsich möglicherweise in ganz Afrika auszubreiten. Auchdas muss man zur Kenntnis nehmen.Um was geht es eigentlich? Neben religiösen und eth-nischen Fragen geht es – wie immer – um viel Geld, daÖl, Kupfer, Uran und andere Bodenschätze reichlichvorhanden sind. Es geht dabei natürlich auch um einengerechten Finanzausgleich zwischen Nord und Süd. Wirwissen, dass es sich nicht um einen reinen Rebellenkrieghandelt, sondern dass die Regierung an vielen Gräuel-taten selbst beteiligt ist und dafür verantwortlich ge-macht werden muss.Wir wissen auch, dass diese Regierung alle Friedens-bemühungen mehr hintertreibt, als dass sie sie fördert,und dass nach wie vor eine mangelnde Kooperationsbe-reitschaft besteht. Im Prinzip sabotiert sie alle Friedens-pläne und hält sich nicht an bereits geschlossene Abma-chungen. Selbst wenn in Bereichen Fortschritte erzieltworden sind, ist das Friedensabkommen weiter wackeligund in vielen Punkten in seiner Wirksamkeit fraglich.Die Überwachung des Friedensabkommens gestal-tet sich also sehr schwierig. Das gilt auch für die Auflö-sung und Rückführung der Truppen. Unsere Bundes-wehr leistet im ihr zugedachten Rahmen nach wie voreinen wichtigen Beitrag bei Logistik und Beratung.
Wir wissen aber, dass ausländische Soldaten, zum Bei-spiel in Darfur, die Lage nicht beherrschen und die Si-cherheit nicht garantieren können. Dafür ist Darfur vielzu groß. Die Kongomission lässt grüßen. Der Friedenmuss also von innen kommen. Zunächst muss es fürDarfur eine politische Lösung geben.
Erst dann kann Militär helfen und zur Stabilisierung bei-tragen.
Natürlich sind wir dafür, dass politischer Druck aus-geübt wird und dass es zu Sanktionen über die UNO, dieEU, die G 8, die USA und auch andere kommen sollteund müsste. Aber Somalia lässt grüßen. Wir dürfen, kön-nen und wollen uns ein zweites Somalia auf keinen Fallleisten. Daraus müssen wir für unsere weiteren diploma-tischen und sonstigen Bemühungen lernen.Lassen Sie mich auch China und Russland anspre-chen. Der Widerstand gegen verschärfte Maßnahmenbeispielsweise der UNO muss von diesen Ländern ein-gestellt werden. Sie müssen ihre wirtschaftlichen Inte-ressen hintanstellen. Es darf nicht passieren, dass Chinaund Russland die Ausbeutung der Rohstoffe betreibenund der Rest der Welt – insbesondere die UNO, die EUund damit auch wir – für die humanitären Fragen vonder medizinischen Versorgung bis hin zur Welthunger-hZSobHzSBuwgvuzdSShugdwuDuahiSesRrrMn
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9711
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Ich muss ganz offen sagen: Es macht mich jedes Malgeradezu fassungslos, wenn ich die Vertreter der Frak-tion Die Linke zu diesem Thema sprechen höre. Wiekann man einen zivilen Friedensdienst fordern, wennnoch nicht einmal die Sicherheit vor Ort für diejenigen,die diese Hilfe leisten wollen, gewährleistet ist?
Es ist doch verantwortungslos, Menschen dort hinzu-schicken und zu sagen: „Dann macht mal!“, wenn dienotwendigen Bedingungen für die Arbeit vor Ort vonuns nicht gewährleistet werden. Ich finde das unverant-wortlich; es tut mir leid. Ich bin mir sicher, die anderenKollegen sehen das ebenso.
Humanitäre Hilfe und Nothilfe werden von uns undden anderen internationalen Gebern seit Jahren geleistet,und das wohlgemerkt nicht nur für den Südsudan, son-dern vor allen Dingen auch für die Region Darfur. DieseHilfe ist aber eben keine dauerhafte Aufbauhilfe; durchsie wird zum Beispiel keine Infrastruktur geschaffen.
Einen kleinen Augenblick, bitte, Frau Kollegin
Groneberg.
Ich darf die Kolleginnen und Kollegen, die sich in den
letzten Minuten entschlossen haben, das Finale dieser
Debatte vor der Abstimmung noch mitzuerleben, bitten,
ihre Plätze aufzusuchen und dem Rest dieser Debatte
konzentriert zu folgen, bis wir zu den Abstimmungen
kommen.
Vielleicht warten Sie noch einen Augenblick, bis wir
das realisiert haben. – Bitte sehr, Frau Kollegin
Groneberg.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich setze meine Aus-führungen fort. Wir haben die jahrelang praktizierteEntwicklungszusammenarbeit, die wir aufgrund desBürgerkriegs eingestellt hatten, im Jahr 2005 wieder auf-genommen. Seitdem unterstützen wir mit 10 MillionenEuro den Multi-Donor Trust Fund für den Südsudan.Dieser Fonds, der von vielen Gebern gespeist wird, sorgtfür den Aufbau der dringend notwendigen Infrastrukturin den Bereichen Agrar, Wasserversorgung, Bildung undGesundheit. Hiermit wird ein Leben und Arbeiten in ei-ner total zerstörten Region erst überhaupt wieder mög-lich.
ZurtvjEwSszdHmgwgdMrfPeAdimvwkzwesLvpnFsmsksscrztfc
Alle Kolleginnen und Kollegen, die bereits vor Ortewesen sind – man muss natürlich einmal vor Ort ge-esen sein, um beurteilen zu können, was da vor sicheht –, sind davon überzeugt, dass der unbedingte Willeer Menschen zum Aufbau vorhanden ist. Wir habenenschen erlebt, die mit aller Kraft daran arbeiten, ih-em Land eine rechtsstaatliche und demokratische Ver-assung zu geben und ihrer Bevölkerung damit auch eineerspektive zum Leben, vor allen Dingen natürlich erstinmal zum Überleben zu geben. Wir wollen unserennteil dazu leisten. Ich sage das hier noch einmal ganzeutlich.Die positiven Entwicklungen machen Mut, Hilfe auchn der Zukunft zu leisten. Das ist die positive und mut-achende Seite. Die andere Seite, das Elend in Darfur,ergessen wir darüber natürlich nicht. Ich bin froh, dassir uns auf einen gemeinsamen Antrag verständigenonnten. Hierzu wurde ja schon sehr viel gesagt, ebensoum konkreten Handlungsbedarf. Damit wird deutlich,as wir noch zu leisten haben.Ich bin Herrn Erler dankbar, dass er insbesondere aufinen Punkt eingegangen ist: Im Zusammenhang mit denchlimmen Dingen, die da passieren, findet häufig eineegendenbildung statt. Sie haben die Geschichte mit denermutlich als UN-Flugzeuge getarnten Waffentrans-orten erwähnt. Ich sage bewusst: vermutlich. Es gibtämlich Anzeichen dafür, dass es sich hierbei nicht umlugzeuge der Regierung des Nordens gehandelt hat,ondern hier andere Umstände eine Rolle spielten. Ichöchte das an dieser Stelle nicht erläutern, weil es unter-ucht wird. Ich bin froh darüber, dass wir uns darumümmern. Man muss auch vorsichtig sein, wenn manolche Legenden bildet, weil es nicht hilft, bei den Men-chen Verständnis dafür zu wecken, dass wir uns um sol-he Sachen intensiv kümmern und auch mit einer Regie-ung zusammenarbeiten müssen, um den Menschen dortu helfen.Wir alle sind der festen Überzeugung, dass eine posi-ive Entwicklung im Süden nicht nur die Voraussetzungür einen dauerhaften Frieden in der Region ist; sie ist si-herlich ebenso ausschlaggebend für eine Lösung des
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Gabriele GronebergDarfurkonflikts. Wir stimmen der Verlängerung der Be-teiligung an der Friedensmission natürlich zu.Wir wollen das noch einmal verbinden mit einem vonHerzen kommenden Dank an alle dort tätigen internatio-nalen Soldaten und Helfer, aber natürlich ganz speziellan diejenigen darunter, die aus Deutschland kommenund sich unter wirklich schwierigen Bedingungen bemü-hen, zu helfen.Herzlichen Dank.
Bevor ich der Kollegin Anke Eymer das Wort als letz-
ter Rednerin in dieser Debatte erteile, bitte ich vor allem
die Kollegen im hinteren Teil des Saales noch einmal da-
rum, Platz zu nehmen. Wir beginnen mit der Abstim-
mung erst nach Schluss der Aussprache.
Bitte, Frau Eymer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Am Beginn dieses Jahrhunderts bli-cken wir in Afrika auf viele positive Aufbrüche. Es gibtmehr Demokratie, mehr Sicherheit und vor allen Dingenmehr wirtschaftliches Wachstum. Der Blick auf die Kri-sen im Sudan zeigt allerdings auch einen der bedroh-lichsten Gegensätze zu diesen guten Aufbrüchen und zudem, was der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki alsafrikanische Renaissance bezeichnet hat. Der Sudan istder flächengrößte Staat des Kontinents, mehr als sieben-mal so groß wie Deutschland. Die Entwicklungen in die-ser Region haben natürlich Auswirkungen rundherum.Die schlimmen Menschenrechtsverletzungen undVerbrechen im Westen des Landes, in Darfur, die Aus-schreitungen im Osten des Sudans und der sogenannteNord-Süd-Konflikt zeigen, wie groß die Gefahr ist, dassder Sudan zerreißen könnte. Millionen Menschen sindauf der Flucht oder haben in kriegerischen Auseinander-setzungen ihr Leben bereits verloren.Von den Entwicklungen im Sudan sind die Nachbar-staaten wie die Zentralafrikanische Republik oder derTschad längst betroffen. Auch hier ist mittlerweile dieStabilität der staatlichen Strukturen gefährdet. DerDruck durch große Flüchtlingszahlen oder durch bewaff-nete Übergriffe aus dem Gebiet des Sudans stellt ein ge-fährliches Potenzial dar. Derart instabile Regionen, zer-fallende Staaten oder ethnisch bzw. religiös geschürteKrisen dienen dem internationalen Terrorismus, müs-sen frühzeitig erkannt und frühzeitig bekämpft werden.
Neben diesen sicherheitsstrategischen Überlegungenist es aber auch das Leid von Millionen von Flüchtlingenund Gewaltopfern, das uns im humanitären Bereichf–fdoAnltgdSmaEUgrdzMFSzVKsUÄdsiEndgde
in über 20-jähriger Bürgerkrieg zwischen dem nachnabhängigkeit strebenden Südsudan und der Zentralre-ierung kann so beendet werden.Auch wenn die Umsetzung hinter dem Zeitplan zu-ückbleibt, sind wesentliche Erfolge, insbesondere beier Rückverlegung der Truppen der Konfliktparteien, er-ielt worden. In weiten Teilen des Südsudan können dieenschen wieder in relativer Sicherheit leben undlüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Wie fragil dertatus quo ist, haben die aufflackernden Auseinanderset-ungen im November vergangenen Jahres gezeigt. Dieerlängerung von UNMIS ist daher eine notwendigeonsequenz, um den Friedensprozess weiter zu unter-tützen und abzusichern.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nation wird dasNMIS-Mandat daher in diesen Tagen ohne inhaltlichenderungen um weitere sieben Monate verlängern. We-er die Rahmenbedingungen noch Inhaltliches habenich wesentlich geändert. Vor diesem Hintergrund sehech zur Verlängerung der deutschen Beteiligung an deminsatz der Vereinten Nationen keine vertretbare Alter-ative.Ein herzliches Dankeschön gilt noch einmal unsereneutschen Soldaten. Sie leisten im Sudan einen wichti-en Beitrag zum politischen und wirtschaftlichen Wie-eraufbau.
Wir wollen jetzt endlich abstimmen. Ich bitte nochinmal um Ihre Zustimmung.Danke schön.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9713
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Ich schließe die Aussprache.
Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, möchte
ich dem Kollegen Walter Kolbow zu seinem heutigen
Geburtstag herzlich gratulieren.
– Ich hoffe, dass die Breite der Zustimmung sich auch
im anschließenden Abstimmungsverhalten nieder-
schlägt. Jedenfalls würde das sicher einem seiner Ge-
burtstagswünsche entsprechen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
gen Ausschusses auf Drucksache 16/5142 zum Antrag
der Bundesregierung „Fortsetzung der Beteiligung deut-
scher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten
Nationen im Sudan“. Der Ausschuss empfiehlt, diesen
Antrag auf Drucksache 16/4861 anzunehmen. Es ist na-
mentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen besetzt? –
Das scheint überall der Fall zu sein. Dann eröffne ich die
Abstimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es noch jeman-
den, der hier ist und nicht abgestimmt hat? – Das scheint
nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstim-
mung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
mit der Auszählung zu beginnen. Wir geben das Ergeb-
nis der Abstimmung später bekannt.
Ich komme nun zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der
FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache
16/5144. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Es wäre schon schön, wenn sich der eine oder andere un-
ter den Anwesenden an dieser Abstimmung beteiligte.
Ich frage noch einmal, wer für den Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und
des Bündnisses 90/Die Grünen stimmt. – Jetzt bekommt
die Sache allmählich Volumen. Wer möchte dagegen
stimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das Erste
war die Mehrheit. Dann ist der Entschließungsantrag an-
genommen.
Ich bitte diejenigen, die an der weiteren Debatte nicht
teilnehmen können oder wollen, den Plenarsaal zügig zu
verlassen und insbesondere dringende Staatsgespräche
im Foyer fortzusetzen. – Auch die Beratung des nächs-
ten Tagesordnungspunktes findet im Sitzen statt, mit
Ausnahme der aufgerufenen Redner.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a, c und d sowie
den Zusatzpunkt 7 auf:
27 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz
vor den Gefahren des Passivrauchens
– Drucksache 16/5049 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit
Ältestenrat
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Z
d
k
d
m
t
e
z
e
D
D
b
e
Bender, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Wirksamen Schutz vor Passivrauchen im
Arbeitsschutzgesetz verankern
– Drucksache 16/4761 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Schutz vor Passivrauchen im Deutschen Bun-
destag direkt umsetzen
– Drucksache 16/4957 –
P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Detlef
Parr, Daniel Bahr , Heinz Lanfermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Nichtraucherschutz praktikabel und mit
Augenmaß umsetzen
– Drucksache 16/5118 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
iese Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
ie Bundesministerin Ulla Schmidt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichuss gestehen, dass ich angesichts der Debatten der letz-en Jahre manchmal nicht mehr geglaubt habe, dass ichines Tages hier stehen könnte, um einen Gesetzentwurfum Schutz der Nichtraucher und Nichtraucherinneninzubringen.
eshalb bin ich sehr froh, dass dies heute der Fall ist.enn eines ist deutlich – man kann es nicht oft genugetonen –: Tabak ist das Gesundheitsrisiko Nummerins. Dabei sind die Gefahren des Passivrauchens lange
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Bundesministerin Ulla SchmidtJahre unterschätzt worden. Erst in den letzten Jahren hathier ein Umdenkungsprozess eingesetzt. Vielleicht hatauch das Vorgehen der anderen europäischen Länder mitdazu beigetragen, dass die Diskussion über Nichtrau-cherschutz in Deutschland einen anderen Stellenwert er-halten hat.Da immer noch davon gesprochen wird, dass mit ei-nem Gesetz zum Schutz der Nichtraucherinnen undNichtraucher die Freiheit der Raucherinnen und Rauchereingeschränkt wird, lassen Sie mich an dieser Stellenoch einmal einige Fakten zum Passivrauchen nennen.Die massive Gesundheitsgefährdung durch Passiv-rauchen ist eindeutig erwiesen. Die Zahlen des Deut-schen Krebsforschungszentrums werden in keinerwissenschaftlichen Diskussion in Zweifel gezogen. Be-zogen auf die Todesfälle – nachgewiesenermaßen 3 300pro Jahr – sind die Schätzungen eher konservativ, vor al-lem im Vergleich mit Ergebnissen und Studien der Verei-nigten Staaten, des US-Departments of Health andHuman Services. Die kommen, bezogen auf die Bevöl-kerung der USA von 300 Millionen Menschen, auf circa48 000 Todesfälle pro Jahr infolge Passivrauchens. Faktist: Menschen sterben auch in Deutschland durch Passiv-rauchen, etwa 2 150 an koronaren Herzerkrankungen,770 infolge eines Schlaganfalls, 260 an Lungenkrebsund 60 infolge einer chronisch-obstruktiven Lungener-krankung. Das sind nur einige Beispiele von Menschen,die sterben müssen, weil sie nicht genügend geschütztwerden. Ich könnte die Liste fortsetzen.Was uns besonders erschrecken sollte, sind die Wir-kungen auf Kinder. Im Jahr 2005 gab es nach Angabendes Statistischen Bundesamtes 298 Fälle von plötzli-chem Kindstod. Etwa 60 Fälle davon gehen auf Passiv-rauchen im Haushalt sowie auf vorgeburtliche Schad-stoffbelastungen zurück, weil die Mütter während derSchwangerschaft rauchten. Auch der Anteil von Kran-kenhauseinweisungen bei Atemwegserkrankungen istbei Kindern, die in ihrer häuslichen Umgebung Tabak-rauch ausgesetzt werden, 40 bis 60 Prozent höher als beiKindern, die in Haushalten aufwachsen, die nicht durchRauch belastet sind. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wirhandeln, zumal wir wissen, dass alle Wege, die wir inden letzten Jahren beschritten haben und die auf Freiwil-ligkeit beruhten, nicht zum Erfolg und nicht wirklichzum Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucherbeigetragen haben.
Ich sage ganz deutlich: Im Mittelpunkt unseres Geset-zes steht der Schutz der Nichtraucherinnen und Nicht-raucher. Wir wollen, dass das Rauchen grundsätzlich inallen Einrichtungen des Bundes verboten ist, das heißtin Behörden, Dienststellen, Gerichten, bundesunmittel-baren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, in öf-fentlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel in Bussen,Bahnen, Taxen oder Fahrgastschiffen, sowie in Perso-nenbahnhöfen der öffentlichen Eisenbahn. Wir wollendie Regelungen des Arbeitsschutzes verbessern und denJugendschutz verschärfen, indem das Alter für die Ab-gabe von Zigaretten von 16 auf 18 Jahre angehobenwird. Ich bin wirklich sehr froh, dass der Bundestag ent-sfEngssddsPddcbdwgd2DLNdrucdcuTBicHzeBggdDsRsWdr
ine Entscheidung, die den Bundestag auf Dauer ausge-ommen hätte, hätte uns alle in der Öffentlichkeit un-laubwürdig gemacht. Deshalb halte ich das für einenehr wichtigen und positiven Schritt, den wir gegangenind.
Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen,ass für uns der Nichtraucherschutz und die Fortsetzunger Kampagne „Rauchfrei“ zwei Seiten einer Medailleind. Nichtraucherschutz ist das eine; das andere sind dierävention, damit junge Menschen erst gar nicht mitem Rauchen beginnen, und die Bemühungen, damitiejenigen, die rauchen, den Weg finden, mit dem Rau-hen aufzuhören. Das gehört ganz eng zusammen. Ichin sehr froh, dass aufgrund der Kampagne „Rauchfrei“,ie wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, mittler-eile 60 000 Menschen komplett mit dem Rauchen auf-ehört haben und dass sich binnen fünf Jahren die Quoteer rauchenden Jugendlichen um fast 30 Prozent – von8 Prozent auf 20 Prozent – verringert hat.
Mit diesem Gesetzentwurf und den sich parallel in deriskussion befindenden Nichtraucherschutzgesetzen deränder ist Deutschland nicht länger Schlusslicht beimichtraucherschutz in Europa, sondern arbeitet sich inie Spitzengruppe vor. Der Gesetzentwurf der Bundes-egierung wird nicht allen Bürgerinnen und Bürgern denneingeschränkten Schutz vor den Folgen des Passivrau-hens bringen. Wir brauchen auch die Gesetze, die vonen Ländern auf den Weg gebracht werden. Wir brau-hen die eindeutigen Entscheidungen der Parlamente innseren Bundesländern.
rotzdem werden Millionen Menschen profitieren: dieeschäftigten des Bundes, die Bürgerinnen und Bürgern den Bundesverwaltungen, die Menschen in öffentli-hen Verkehrsmitteln und auch diejenigen, die diesesohe Haus besuchen.Auch die Regelungen im Arbeitsschutz werden prä-isiert, indem klargestellt wird, dass ein Rauchverbot fürinen gesamten Betrieb oder zumindest für Teile einesetriebes ausgesprochen werden kann. Das ist im Übri-en nicht nur ein sinnvolles, sondern auch ein kosten-ünstiges Instrument; die Arbeitgeber reden ja oft vonen Kostenbelastungen der verschiedenen Maßnahmen.ie Arbeitsstättenverordnung regelt das Verhältnis zwi-chen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Deshalb warenegelungen zum Schutz Dritter, also der Gäste in Gast-tätten, über die Arbeitsstättenverordnung nicht möglich.eitergehende Regelungen im Arbeitsschutz sind erstann denkbar, wenn die Länder ihre Gesetze zum Nicht-aucherschutz erlassen haben. Ich sage deshalb noch ein-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9715
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Bundesministerin Ulla SchmidtAbgegebene Stimmen: 552; Michael Brand Peter Götz Bernhard Kasterja: 497nein: 32enthalten: 23JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierDorothee BärThomas BareißNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtClemens BinningerCarl-Eduard von BismarckRenate BlankPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerWolfgang Börnsen
Dr. Ralf BrauksiepeGeorg BrunnhuberGitta ConnemannLeo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtMaria EichhornAnke Eymer
Georg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsDr. Peter GauweilerDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerDr. Reinhard GöhnerURHMMMMKOHUMJBEPRKFJAHSDDABHSte Granoldeinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grüttersarl-Theodor Freiherr zuGuttenberglav Guttingolger Haibachda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzeobert Hochbaumlaus Hofbauerranz-Josef Holzenkampoachim Hörsternette Hübingerubert Hüppeusanne Jaffker. Peter Jahrr. Franz Josef Jungndreas Jung
artholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen KampeterSchwenningen)Volker KauderEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerJens KoeppenKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Martina KrogmannJohann-HenrichKrummacherDr. Hermann KuesDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingEduard LintnerPatricia LipsDr. Michael LutherStephan Mayer
Wolfgang Meckelburg
e Länderparlamente. Sieösungen durchzusetzen.mühungen, ich sehe aberschiedenheit. Angesichtsf den Weg bringen, und und Wochen bin ich vonrgerinnen und Bürger inauf Dauer nicht gefallenhe Regelungen gibt.h nicht gefallen las-icht wahr sein!)rd den gleichen Gesund- nehmen wollen, wie ihn. Davon können wir aus-e hingehen.sgeZWgcdEsAgVSbsflaus Brähmig J
d Länder beweisen, dasshiedenen Ebenen für das wir heute im Bundestag, werden andere diesemie Debatte in den letztenir sollten auf diesem Wegeitergehen. Die Nichtrau-rden es uns danken.d der CDU/CSU)mert:tfahren, gebe ich das vonSchriftführern ermitteltbstimmung über die Be-rtigen Ausschusses zumFortsetzung der Beteili- der Friedensmission der“ bekannt: Abgegebenestimmt 497, mit Nein ha-nen und Kollegen habenit ist die Beschlussemp-lois Karl
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Präsident Dr. Norbert LammertDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzLaurenz Meyer
Maria MichalkDr. h. c. Hans MichelbachPhilipp MißfelderDr. Eva MöllringMarlene MortlerDr. Gerd MüllerHildegard MüllerCarsten Müller
Stefan Müller
Michaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzDaniela RaabThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenEckhardt RehbergKatherina Reiche
Klaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerKurt J. RossmanithDr. Christian RuckAlbert Rupprecht
Peter RzepkaAnita Schäfer
Hermann-Josef ScharfHartmut SchauerteDr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingGeorg SchirmbeckBernd SchmidbauerChristian Schmidt
Andreas Schmidt
Ingo Schmitt
Dr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianHorst SeehoferKurt SegnerBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerJens SpahnErika SteinbachChristian Freiherr von StettenGero StorjohannAndreas StormMax StraubingerThomas Strobl
Lena StrothmannMHAAAGMKMPGInKAKEMDWWSDGNInREDDKSSDUKDUPLKCGDKWBEMUMDCMDKMDEGDSSHGPichael Stübgenans Peter Thulntje Tillmannrnold Vaatzndrea Astrid Voßhofferhard Wächterarco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinbergeter Weiß
erald Weiß
go Wellenreutherarl-Georg Wellmannnnette Widmann-Mauzlaus-Peter Willschlisabeth Winkelmeier-Beckeratthias Wissmannagmar Wöhrlolfgang Zöllerilli ZylajewPDr. Lale Akgünerd Andresiels Annengrid Arndt-Brauerainer Arnoldrnst Bahr
oris Barnettr. Hans-Peter Bartelslaus Barthelören Bartolabine Bätzingirk Beckerwe Beckmeyerlaus Uwe Benneterr. Axel Bergte Bergetra Bierwirthothar Binding
urt Bodewiglemens Bollenerd Bollmannr. Gerhard Botzlaus Brandnerilli Braseernhard Brinkmann
delgard Bulmahnarco Bülowlla Burchardtartin Burkertr. Michael Bürschhristian Carstensenarion Caspers-Merkr. Peter Danckertarl Dillerartin Dörmannr. Carl-Christian Dressellvira Drobinski-Weißarrelt Duinetlef Dzembritzkiebastian Edathyiegmund Ehrmannans Eichelernot Erleretra ErnstbergerKAEGRGDPSMIGRADKGWWHBKAMHRRDGPGSIFEKCLBJJJDUCHADWFKRAENVDAJHUDCCWHGarin Evers-Meyernnette Faßelke Fernerabriele Fograscherainer Fornahlabriele Frechenagmar Freitageter Friedrichigmar Gabrielartin Gersterris Gleickeünter Gloserenate Gradistanacngelika Graf
ieter Grasedieckerstin Grieseabriele Gronebergolfgang Grotthausolfgang Gunkelans-Joachim Hackerettina Hagedornlaus Hagemannlfred Hartenbachichael Hartmann
ubertus Heileinhold Hemkerolf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogetra Heßabriele Hiller-Ohmtephan Hilsbergris Hoffmann
rank Hofmann
ike Hovermannlaas Hübnerhristel Hummeothar Ibrüggerrunhilde Irberohannes Jung
osip Juratovicohannes Kahrsr. h. c. Susanne Kastnerlrich Kelberhristian Kleimingerans-Ulrich Klosestrid Klugr. Bärbel Kofleralter Kolbowritz Rudolf Körperarin Kortmannolf Kramernette Krammernst Kranzicolette Kresslolker Kröningr. Hans-Ulrich Krügerngelika Krüger-Leißnerürgen Kucharczykelga Kühn-Mengelte Kumpfr. Uwe Küsterhristine Lambrechthristian Lange
altraud Lehnelga Lopezabriele Lösekrug-MöllerDLCKHMPDUMDMGFATHHJJCFDMMGDCWSRDKOAABDDUSRHOORSEFDDRRWDJDALRCDJDJD
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9717
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n und Herren! „Auf zuman die heutige Debattehreiben; denn vor Beginnin Kampagne ein, die zu-auszufüllen schien, sichdwdtIfdRrmingard Schewe-Gerigkr. Gerhard Schickilke Stokar von Neufornans-Christian Ströbeler. Harald Terpeürgen Trittinolfgang Wielandosef Philip Winklerargareta Wolf
einIE LINKEarin Binderr. Lothar Biskyva Bulling-Schröterevim Dağdelenr. Diether Dehmerner Dreibusr. Dagmar Enkelmannolfgang Gehrckeeike Hänselutz Heilmannans-Kurt Hillornelia Hirschnge Högerlla Jelpker. Lukrezia Jochimsenatja Kippingonika Knochean Korteatrin Kunertskar Lafontainelrich Maurerorothée MenznerCNSGPFMDJGDHDRKDDDDDWPPDASfrGann aber zu einer erbittertenickelte – der Beitrag von Fraas noch einmal bestätigt –: hisch, oft radikal.
-Mails voller Beschimp-en, nur weil die FDP an-hutz gehen will.be ich mich oft gefragt:h diesen Stil der Diskus-Jörn ThießenFranz ThönnesHans-Jürgen UhlRüdiger VeitSimone ViolkaJörg VogelsängerDr. Marlies VolkmerHedi WegenerAndreas WeigelPetra WeisGunter WeißgerberGert Weisskirchen
Dr. Rainer WendLydia WestrichSibylle LaurischkHarald LeibrechtIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerMichael Link
Markus LöningHorst MeierhoferPatrick MeinhardtJan MückeBurkhardt Müller-SönksenDirk NiebelHans-Joachim Otto
Detlef ParrUSFRMUMDANJKWOB
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Das gilt auch für die beabsichtigte Anhebung desAbgabealters bei Tabakwaren von 16 auf 18 Jahre. Vordem Hintergrund der sinkenden Zahl jugendlicher Rau-cher mag ein solcher Eingriff das Gewissen mancherKollegen beruhigen. Erfolg versprechend ist es abernicht. Er ist vielmehr ein weiteres Beispiel für die Unbe-rechenbarkeit des Handelns der Bundesregierung; dennvor gerade erst vier Monaten sind die Zigarettenautoma-ten nach erheblichen Investitionen auf ein Chipsystemumgestellt worden, das dem Jugendschutz dient und denZugang für Jugendliche erschwert. Zudem wird die Zahlder Automaten drastisch reduziert. Statt die Auswirkun-gen zunächst einmal abzuwarten und zu bewerten, tutdie Bundesregierung nun übereilt den nächsten Schritt.Das ist Aktionismus pur.
Angesichts einer solchen Unzuverlässigkeit der Re-gierung zeigen sich viele Gastronomen in unserem LandveBngmsLrefwbRWsGvdefpsGIdsSRsDidE„FPHz–v
Überhaupt nicht. Das gibt es doch in x anderen Be-reichen auch. Wenn ich in fremde Wohnungengehe, muss ich doch auch die Hausfrau fragen, obich rauchen darf. Alles andere ist doch bloß Prinzi-pienreiterei.enau das ist es.
ch wünsche mir diese Gelassenheit des Exbundespräsi-enten, die Sie nun wieder konterkarieren, in der Diskus-ion auch von Ihnen hier und in den Bundesländern.Viele Rauchfreiexperten setzen sich – Frau Ministerinchmidt hat das gerade wieder getan – für ein totalesauchverbot in der Gastronomie ein, um die dort Be-chäftigten zu schützen.
ass auch in dieser Frage mehr Gelassenheit vonnötenst – hören Sie genau zu! –, zeigt ein Blick in den Reporter Cancer Research UK, European Cancer Leagues,uropean Heart Network und anderen, überschriebenLifting the Smokescreen“. Dort finden sich folgendeakten: 92 Prozent der geschätzten Todesfälle durchassivrauchen insgesamt gehen auf Belastungen zuause zurück. In die Privatsphäre können wir mit Geset-en ohnehin nicht hineinwirken.
Stimmt, auch das Rauchen in Autos sollte ursprünglicherboten werden.
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Detlef ParrNun kommt die entscheidende Passage. Bei dennichtrauchenden Servicekräften in der Gastronomie ha-ben die Wissenschaftler, bezogen auf 25 Länder mit400 Millionen Einwohnern, 325 Tote jährlich ermittelt,für Deutschland 13. Ich überlasse Ihnen gerne das Hoch-rechnen der Gesundheitsrisiken.Anstelle staatlicher Gängelung brauchen wir mehrpositive Anreize für Verhaltensänderungen. Ein aktuel-les Beispiel: Die Helios-Kliniken, ein Gesundheitskon-zern, belohnen Beschäftigte, die auf dem Klinikgeländeund während der Arbeitszeit nicht rauchen, mit einemzusätzlichen Urlaubstag. Eine schriftliche Erklärung ge-nügt; auf eine offizielle Kontrolle wird verzichtet undauf Eigenkontrolle gesetzt.Ganz anders wären die Folgen eines gesetzlichenRauchverbotes: Bußgelder sind zwingend, Kontrollenerforderlich. In einigen Bundesländern wird sogar derEinsatz einer Raucherpolizei erwogen. Ich sehe schondie Herren in Trenchcoat, mit hochgeschlagenem Kra-gen und Schlapphut auf uns zukommen. Eine tolle Vor-stellung.„Der Freie beugt und bindet sich aus Einsicht“, soVerfassungsrichter Udo Di Fabio vorgestern Abend beider Friedrich-Naumann-Stiftung. Die FDP bleibt dabei:Wir setzen weiterhin auf Aufklärung, präventive Maß-nahmen und Selbstverantwortung, auf einen sich auflange Sicht selbst tragenden Prozess, bei dem der Ein-zelne sein Verhalten aus eigenem Antrieb ändert, statt esgedankenlos durch staatliche Verbotspolitik verändernzu lassen. Wir brauchen mehr Vorbilder als Vorschriften.
Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung mit ihremGesetzentwurf einen gemäßigten Kurs ansteuert. Es istinteressant, in den Gesetzentwurf hineinzuschauen. Sierennen bei uns in vielen Bereichen offene Türen ein. Ichkenne keine S-Bahn, in der ich rauchen darf. ManchePassage könnte sogar unseren Positionspapieren ent-nommen worden sein. Nach dem blamablen Scheiternder ersten gesetzgeberischen Bemühungen der Bundes-regierung – Sie erinnern sich, dass die Große Koalitiondie Folgen der Föderalismusreform schlicht übersehenhat – scheint sie sich nun am EU-Parlament zu orientie-ren.Der Blick nach Brüssel ist interessant. Das EU-Parla-ment musste das totale Rauchverbot lockern, weil dieAkzeptanz im EU-Parlament fehlte. Bei uns im Bundes-tag soll das Rauchen in abgetrennten Räumen möglichbleiben und dem effektiven technischen Nichtraucher-schutz als Mittel innovativer GesundheitsförderungRaum gegeben werden. Solche Ausnahmeregelungenwerden von der FDP begrüßt. Sie helfen, den Grundsatzder Verhältnismäßigkeit zu wahren.Lassen Sie uns bei der Diskussion den Grundsatz derVerhältnismäßigkeit wahren und Wege jenseits der Radi-kalität und Totalität gehen! Lassen Sie uns der VernunftVorfahrt geben! Ich hoffe, dass wir in den Ausschussbe-ratungen hierüber eindringlich miteinander diskutierenkiSLHsrlsüdssZEcWiPtSGdnlATvd
Nächster Redner ist der Bundesminister Horsteehofer.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,andwirtschaft und Verbraucherschutz:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Ich habe schon nicht mehr gehofft, dass wir die-es Ziel noch erreichen würden; denn das Thema besse-er Schutz der Nichtraucher beschäftigt uns in Deutsch-and seit sage und schreibe 15 Jahren. Herr Parr, es istchon eigenartig, dass Sie von Hektik, Hysterie und Un-berlegtheit reden, wenn nach 15 Jahren eine Entschei-ung getroffen wird.
Ich bin 1992 Gesundheitsminister geworden. In die-em Jahr hat uns das Thema zum ersten Mal im Deut-chen Bundestag beschäftigt. Ich denke, es ist höchsteeit, dass wir eine klare Entscheidung treffen.Ich möchte heute noch einmal fünf Punkte festhalten.rstens. Es geht nicht um die Diskriminierung der Rau-her, sondern um den Schutz der Nichtraucher.
ir beurteilen und bewerten keine Lebensstile, aber esst unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, Herrarr, die Nichtraucher dort, wo Menschen zusammen-reffen, zu schützen, insbesondere die Kinder und diechwangeren in unserem Lande.
Zweitens. Es gibt keinen gefährlicheren Stoff für dieesundheit der Menschen als Tabakrauch, insbeson-ere in Innenräumen. Das ist unbestritten. Ich möchte ei-en Vergleich anstellen: In der Risikoklasse der gefähr-ichsten Stoffe ist Tabakrauch vergleichbar mit Asbest.sbest haben wir 1993 in Deutschland verboten. Vieleausend Menschen sind daran gestorben. Es gibt zwariele Institute und Einrichtungen in Deutschland, aberas Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg ist
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Bundesminister Horst Seehoferdas seriöseste. Die Studien stützen sich auf die Erkennt-nisse dieses Forschungszentrums.
Ich halte fest: Tabakrauch ist der gesundheitsschäd-lichste Stoff in Innenräumen, er führt zu vielen TausendTodesfällen.Herr Parr, Sie haben behauptet: Eine bessere Lüftung,und dann ist das Problem gelöst. Ich bitte Sie, lesen Sienoch einmal die Studie: 70 Stoffe im Tabakrauch sindkrebsauslösend, halten sich so lange, dass sie aus Innen-räumen auch durch eine bessere Belüftung nicht entferntwerden können. Eine bessere Belüftung löst das Problemalso nicht.
Wir diskutieren hier im Parlament im Bereich der Er-nährung, im Bereich der Agrarwirtschaft oft über ab-strakte Gefahren, so im letzten Jahr über den H5N1-Virus, und betreiben Vorsorge. Über konkrete Gesund-heitsschädigungen mit tödlichem Ausgang reden wirhingegen zu wenig.
Deshalb ist es wichtig, dass wir ins Bewusstsein rufen:Tabakrauch ist gesundheitsschädlich, in vielen Fällentödlich.
Drittens. Auch ich bin ein Anhänger von Freiwillig-keit in einem freien Staat. Aber wir müssen sehen, dasswir seit einem Dutzend Jahren Freiwilligkeit propagie-ren im Hinblick auf Gastronomie, auf Krankenhäuser,auf öffentliche Gebäude.
– Wir müssen feststellen, es gibt gute Beispiele, aber ei-nen Durchbruch haben wir nicht geschafft. –
In ganzen 2 Prozent der deutschen Krankenhäuser exis-tiert ein wirkungsvoller Nichtraucherschutz. Dabei sindKrankenhäuser Einrichtungen, von denen man eigentlichannehmen möchte, dass das Bewusstsein dort so ent-wickelt ist, dass man sich in Gegenwart kranker Men-schen mit dem Rauchen zurückhält. Doch nein, so etwaserfolgt nicht.
Ich habe 1998 im Bundestag eine Rede gehalten undfür Freiwilligkeit geworben, aber schon damals gesagt:Wenn die Freiwilligkeit in der Praxis nicht zu veränder-tem Verhalten führt, müssen wir an ein Gesetz denken.Ich stelle fest – das muss man zugeben, auch wenn manein Anhänger von Freiwilligkeit ist und der Eigenverant-wsSdckrlDwMdcjskmLaBmpnrDdRsbahfmh
Herr Parr, wir sollten Freiheit richtig definieren: Diechranke der Freiheit ist die Verantwortung. Die Freiheites Rauchers endet dort, wo der Schutz des Nichtrau-hers beginnt. Das ist die Definition von Freiheit.
Viertens. Von Bürokratie kann keine Rede sein. Den-en Sie etwa an die Fortschritte, die die Fluglinien er-eicht haben! Da gibt es keine Raucherpolizei oder Ähn-iches.
as wird eine gesamtgesellschaftliche Übereinkunfterden.
ir haben viele Wirte und Gastronomen gesagt: Wenner Gesetzgeber das festlegt, ist es für sie leichter, einfa-her in der Praxis, als wenn sie in ihrer Gastronomie inedem Einzelfall für Nichtraucherschutz kämpfen müs-en. Das ist der Punkt.
Fünftens. Wir haben uns auf die öffentlichen Gebäudeonzentriert, auf die Orte, an denen Menschen zusam-enkommen. Ich bin froh, dass sich die Haltung deränder in der heißumstrittenen Frage der Gastronomienzugleichen beginnt, dass die Länder, die das auf derund-Länder-Konferenz noch anders gesehen haben,ittlerweile mit uns übereinstimmen, dass es nur dannraktikabel ist, wenn man eine klare Regelung trifft,ämlich ein Rauchverbot in Gaststätten,
auchen nur in sauber abgeschlossenen Nebenräumen.as ist eine klare Regelung. Ich appelliere an die Bun-esländer, in ihren Parlamenten möglichst einheitlicheegeln zu verabschieden. Alles andere würden die Men-chen nicht verstehen.Ein Letztes: Ich betrachte das, worüber wir heute de-attieren und was wir hoffentlich in absehbarer Zeit ver-bschieden, als einen Quantensprung für den Gesund-eitsschutz in der Bundesrepublik Deutschland. Ich binroh, dass ich nach einiger Diskussion jetzt die Zustim-ung des Personalrats in meinem eigenen Ministeriumabe.
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Bundesminister Horst SeehoferLiebe Kollegin Schmidt, auch das Verbraucherschutz-ministerium ist jetzt wie das Gesundheitsministeriumeine rauchfreie Behörde. Das ist eine gute Entwicklung.
An die Adresse der FDP möchte ich noch einmal sa-gen: Sie werden feststellen, dass sich die Menschen,wenn dieses Gesetz mit klaren Regelungen verabschie-det worden ist und die Länderparlamente gehandelt ha-ben, in wenigen Jahren die Debatte, die wir in Deutsch-land über dieses Thema 15 Jahre lang geführt haben,nicht mehr erklären können. Dann wird das eine Selbst-verständlichkeit sein.
Martina Bunge ist die nächste Rednerin für die Frak-
tion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Minister Seehofer, auch wenn ich Ihnen in vielem,was Sie in Ihrer Rede gesagt haben, zustimmen kann, alsQuantensprung würde ich den Gesetzentwurf, der heutevorgelegt wurde, nicht bezeichnen.Der Akt der Gesetzgebung zum Schutz vor Tabak-rauch und zur Herstellung europäischer bzw. internatio-naler Normalität auch in Deutschland hätte zu einerSternstunde des Parlaments werden können, wenn hierund heute ein Gesetzentwurf aus der Mitte des Parla-ments vorgelegt worden wäre, der konsequent für einenwirklich umfassenden Schutz in allen öffentlichen Räu-men und auf allen Ebenen, vom Bund bis in die Kommu-nen, gesorgt hätte.
Stattdessen diskutieren wir über einen Gesetzentwurfund drei Anträge sowie über einen Gruppenantrag, durchden ein konsequenter Schutz gewährleistet würde, dersich allerdings noch in der Tiefe des parlamentarischenRaums befindet.Das Rauchen hat in Deutschland, wie in vielen Län-dern, eine lange Tradition. Hier wie überall wirkt Niko-tin auf die Psyche. Insofern wird diese Debatte natürlichhochemotional geführt, auch in meiner Fraktion. Trotzallem sollten wir aber nicht vergessen: Es geht um dieRechte der 73 Prozent der Bevölkerung, die Nichtrau-cherinnen bzw. Nichtraucher sind. Es geht vor allen Din-gen um die Kinder und Jugendlichen. Es geht um dieVermeidung von Leid durch Tod und schwere Erkran-kungen. Es geht um die Minderung der horrenden Kos-ten, die für das Gesundheitssystem entstehen, und umdie Senkung anderer Folgekosten. Nicht zuletzt geht esum den Willen von 70 Prozent der Wählerinnen undWähler. Auch das sollten wir immer bedenken.SdbSGMpssNnwmnskWABpresAdikgdbhbhbrnMsdnscEDcruat
Ich denke allerdings, dazu fehlt der tatsächlicheille. Ein beredtes Beispiel ist der Bundestag selbst.m 8. März dieses Jahres haben wir auf Antrag desündnisses 90/Die Grünen eine Debatte über das ge-lante Rauchverbot im Bundestag geführt. Der Ältesten-at beeilte sich, noch an diesem Tag zu vermelden, dasss im Bundestag genauso geregelt werde, wie es im Ge-etz vorgesehen werde, und dass das parallel geschehe.ber bis heute ist noch keine Regelung getroffen wor-en. Die Frau Ministerin sagt zwar, das sei geklärt. Aberch frage: Wo? Mir ist keine schriftliche Regelung be-annt. Es sind lediglich Änderungsanträge zum vorlie-enden Gesetzentwurf angekündigt. Also hat der Bun-estag es nötig, die Pflichten, die dieses Gesetz mit sichringt, formal auf sich übertragen zu bekommen. Dasätten wir beispielgebend in der Zeit von Anfang Märzis heute selbst auf den Weg bringen müssen.
Nun möchte ich noch auf eine ewige Debatte einge-en und klarstellen: Der Schutz vor dem Schadstoff Ta-ak ist nicht identisch mit dem Verbot des Rauchens. Zuauchen oder nicht zu rauchen, ist die Entscheidung ei-es jeden Einzelnen, die auch ich respektiere, Herr Parr.it dem Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungenollen Nichtraucher und Raucher davor geschützt wer-en, den mit dem Rauchen einhergehenden Belastungenicht permanent und unausweichlich ungewollt ausge-etzt zu sein.Natürlich erschöpft sich der Gesundheitsschutz in Sa-hen Tabakrauch nicht im Rauchverbot für öffentlicheinrichtungen. Ich plädiere selbstverständlich für einenreiklang: erstens alles zu tun, um Kinder und Jugendli-he von dem Einstieg abzuhalten, zweitens Nichtrauche-innen und Nichtraucher vor dem Tabakrauch zu schützennd drittens Raucherinnen und Raucher zu motivieren,uszusteigen und ihnen beim Entzug zu helfen. Insofernragen Sie mit Ihrem Antrag – ich spreche die FDP an –
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Dr. Martina BungeEulen nach Athen. Ich denke, eigentlich geht es Ihnen da-rum, ein konsequentes Rauchverbot zu verhindern.Sie haben Helios-Kliniken als Beispiel angeführt. DieHelios-Kliniken praktizieren es. Für die Kliniken bestehtein Rauchverbot, und sie motivieren die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter, aufzuhören; denn es ist erwiesen,dass Verbote und Ächtungen an der einen Stelle und diePrävention an der anderen Stelle das Nichtrauchen er-leichtern und den Mainstream verändern helfen. Ichdenke, das ist ein Gesamtansatz.
Nun liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierungvor: ein Rauchschutz mit eingeschränkter Reichweiteauf Bundesebene. Die Länder werden uns peu à peu dieFarben des Flickenteppichs präsentieren. Hier und heutewird mit der Gesetzgebung für die Bundesrepublik be-gonnen. Damit wird für lange Zeit festgezurrt, wie derSchutz vor Tabakrauch in Deutschland aussieht.Der Gruppenantrag, mit dem wir mehr wollten, hatsich unseres Erachtens damit erledigt. Wir, die Unter-zeichnerinnen und Unterzeichner der Linksfraktion, zie-hen unsere Unterschriften zurück, damit die Initiatoren– wie Herr Binding das beispielsweise auch gegenübermeinem Kollegen Spieth erst neulich dokumentiert hat –den Wählerinnen und Wählern nicht nach wie vor Sandin die Augen streuen, wonach in nächster Zeit noch eineumfassende Lösung möglich ist.
So schnell kommt die Gelegenheit, die es heute gibt,nicht wieder.
Seit den 90er-Jahren – Herr Minister Seehofer hat esangesprochen – quält sich der Deutsche Bundestag mitdem Nichtraucherschutz. Jetzt werden zwar endlich Nä-gel mit Köpfen gemacht, aber leider in völlig unzurei-chender Weise. Es schmerzt mich, dass wir uns interna-tional so blamieren und Chancen für Besseres vergebenhaben.Ich danke.
Das Wort erhält nun die Kollegin Bärbel Höhn,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Nach einer Studie des Deutschen Krebsforschungszen-trums in Heidelberg sterben in Deutschland jedes Jahr3 300 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Mit-arbeiter in Gaststätten haben ein 30 bis 50 Prozent höhe-res Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, als andereMenschen in dieser Gesellschaft. Das müsste eigentlichAnlass genug sein, ganz umfassend, ganz konsequentuuwlhlsNdzwbkistEdguzhclzwgLwnrKdcSdresddsh
Passivrauchen ist in der Tat nicht nur eine bloße Be-ästigung, sondern auch eine schwerwiegende Gesund-eitsgefahr. Es ist wirklich beschämend, dass Deutsch-and in diesem Punkt in der EU auf dem letzten Platzteht. Frau Merkel hat immer gesagt, Deutschland solleummer eins sein. Das Deutschland bei diesem Punkter letzte Platz gebührt, ist auch dieser Bundesregierungu verdanken, weil sie nur dann etwas unternommen hat,enn sie durch den Druck der Öffentlichkeit dazu getrie-en wurde. Diesen letzten Platz hätte sie gut korrigierenönnen, wenn sie mutig nach vorne gegangen wäre. Dasst unser Vorwurf.
Liebe Frau Schmidt und lieber Herr Seehofer, der Ge-etzentwurf, den Sie heute vorlegen, ist eine einzige Ent-äuschung.
r ist nämlich lückenhaft und von Mutlosigkeit geprägt;enn genau die Bereiche, die wirklich ernsthaft angegan-en werden müssen, die Gastronomie, die Diskothekennd die Bars, bleiben vollkommen ausgeklammert. Daseigt auch den Geist, der momentan in der Koalitionerrscht: Eigentlich will man das Thema nicht angehen.Sie haben hier also keinen konsequenten Nichtrau-herschutz, sondern ein Nichtraucherschutz light vorge-egt. Dieser hat genau denselben Makel wie die Light-igaretten: Den Menschen soll ein gutes Gefühl gegebenerden, aber es ist tatsächlich hochgradig gesundheits-efährdend. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf keine guteösung.
Am schwersten wiegt, dass die Bundesregierung dieirklich am stärksten durch Rauch belasteten Bereicheicht geregelt hat, sodass ein Flickenteppich droht. Nord-hein-Westfalen hat schon angekündigt, dass kleineneipen vom Rauchverbot ausgenommen werden undass die Gastwirte selber entscheiden sollen, was sie ma-hen.
Ich muss ehrlich sagen: Die Gastwirte werden zumündenbock der Politik, die nicht bereit ist, zu entschei-en. Das ist das Problem, das wir zum Beispiel in Nord-hein-Westfalen erleben. Die Gastwirte sind zu Rechtmpört darüber, dass die Politik nicht bereit ist, hier kon-equent vorzugehen. Liebe Frau Schmidt, Sie beklagenen Flickenteppich, den Sie selbst verursacht haben,enn im Rahmen der Arbeitsstättenverordnung hätten sieelbst auf Bundesebene agieren und eine bundesweit ein-eitliche Regelung erreichen können.
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Bärbel HöhnNicht nur Nordrhein-Westfalen plant Sonderwege.Wer in Halle ein Bier trinkt, der muss mit Beeinträchti-gungen seiner Gesundheit rechnen, die in der Nachbar-stadt Leipzig verboten sind. Hier gibt es ganz dichtnebeneinanderliegende Städte, die unterschiedliche Re-gelungen haben. In Berlin, Brandenburg und Thüringensoll in Raucherräumen Selbstbedienung gelten. In denübrigen Ländern werden die Beschäftigten weiter zumBedienen in den blauen Dunst geschickt. Das ist einChaos, das die Bundesregierung zu verantworten hat. Esfehlt der politische Wille, hier einen echten bundeswei-ten Nichtraucherschutz zu installieren.Deshalb haben wir, die Grünen, von Anfang an eineklare Position vertreten.
Wir haben klar und deutlich gesagt, welches die In-strumente sind. Wir haben gesagt: Von Düsseldorf bisDresden wollen wir denselben Schutz der Gesundheitder Bevölkerung. Wer will eigentlich verantworten, dasswir in Deutschland im Bereich der Gesundheit in Bars,Gaststätten und Diskotheken einen unterschiedlichenSchutz der Bevölkerung haben? Das ist keine Lösung,die in irgendeiner Art und Weise akzeptiert werden kann.Deshalb sage ich: Gehen Sie noch einmal in sich! Siehaben heute die Anhörung beschlossen. Ändern Sie Ih-ren Gesetzentwurf, schaffen Sie eine klare Lösung, oderstimmen Sie dem Antrag der Grünen zu! Wir haben ge-zeigt, wie es geht.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Carola Reimann,
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Man kann es kaum glauben, aber die aktuelle Debatteist schon wieder ein Jahr alt. Seit über einem Jahr disku-tieren wir über das Passivrauchen und über Maßnahmenzum Schutz vor den wissenschaftlich nachgewiesenenGesundheitsgefahren. Ausgelöst wurde die Debatte durchdas Scheitern der Dehoga-Selbstverpflichtung, durchVeröffentlichungen des Deutschen Krebsforschungszen-trums sowie durch den daraufhin von SPD-Abgeordneteninitiierten Gruppenantrag zum Schutz vor Passivrauchen,für den wir breite Unterstützung erfahren haben. Fürdiese Unterstützung möchte ich den Kolleginnen undKollegen an dieser Stelle noch einmal danken.
Trotz dieser intensiven und monatelangen Debatte ha-ben viele leider immer noch nicht verstanden, worüberwir bei der Frage des Nichtraucherschutzes eigentlich re-den.raNGdpMEddPbaDgRdaGfklaDwdverEvlgnmvktö
Es geht nämlich nicht um stinkende Räume, um ver-auchte Kleidung oder um vergilbte Vorhänge. Es gehtuch nicht nur um unangenehme Belästigungen derichtraucher. Es geht um eine eindeutig nachgewieseneesundheitsgefährdung.
Betroffen sind nicht nur die Raucher, sondern auch alliejenigen, die in öffentlichen Gebäuden, am Arbeits-latz und auch in Gaststätten, Kneipen und Discos zumitrauchen gezwungen sind.
s ist wissenschaftlicher Konsens, dass Passivrauchenas Risiko für chronische Erkrankungen, die tödlich en-en können, erhöht. Ein Blick in die wissenschaftlichenublikationen zeigt: Wir reden nicht nur von Augen-rennen, sondern auch von Herzerkrankungen, Schlag-nfällen und Lungenkrebs.
ie Ministerin hat die Zahlen genannt.Diese traurige Tatsache kann man auch angesichts dererade in diesem Haus immer wieder vorkommendenelativierungen und der Verharmlosungen, insbesondereer Tabakindustrie, gar nicht oft genug erwähnen. Wirlle kennen diese Floskeln. Da wird von Freiwilligkeit,enuss und Toleranz gesprochen. Leider hat Rauchenür die überwiegende Zahl der Raucher mit Freiwillig-eit so viel zu tun wie Schokolade mit Abnehmen, näm-ich gar nichts. Es handelt sich um eine Sucht, und diellermeisten Raucher rauchen, weil sie abhängig sind.eshalb laufen auch alle Regelungen, die nur auf Frei-illigkeit beruhen, ins Leere. Aus diesem Grund ist anieser Stelle der Gesetzgeber gefragt.
Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf zum Schutzor den Gefahren des Passivrauchens machen wir denrsten wichtigen Schritt hin zu einem wirksamen Nicht-aucherschutz. Damit rücken wir auch auf europäischerbene, Kollegin Höhn, wieder auf die vorderen Plätzeor. Frau Höhn, man kann ja monieren, dass man das al-es hätte früher haben können. Natürlich hätten wir dasern früher umgesetzt. Aber mir ist aus Ihrer Zeit als Mi-isterin in Nordrhein-Westfalen keine Initiative bekannt,it der Sie dies angeschoben hätten.
Neben der Anhebung der Altersgrenze für die Abgabeon Tabakwaren und für das Rauchen in der Öffentlich-eit von 16 auf 18 Jahre wird es in öffentlichen Einrich-ungen des Bundes und in bestimmten Einrichtungen desffentlichen Personenverkehrs generelle Rauchverbote
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Dr. Carola Reimanngeben. Das Gleiche muss natürlich für uns alle hier imDeutschen Bundestag gelten.
Es wird allerhöchste Zeit, dass wir insoweit auch in un-serem Haus Klarheit schaffen.Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sind wir aufdem richtigen Weg. Die Erfahrungen aus anderen Län-dern haben gezeigt, dass sich der Gesundheitszustandvon Angestellten nach Einführung von Rauchverboteninnerhalb ganz kurzer Zeit erheblich verbessert. Das giltinsbesondere für Angestellte in der Gastronomie.Hier sind wir bei dem zweiten entscheidenden Schritt– dies ist schon mehrfach angeklungen –, der nun mög-lichst bald von den Bundesländern umgesetzt werdenmuss: ein umfassendes, einheitliches Rauchverbot inden Gaststätten. Denn es kann nicht sein, dass die An-gestellten, die den Gefahren des Passivrauchens bislangam stärksten ausgesetzt waren, von diesem Schutz aus-genommen werden; ganz zu schweigen von den Gästen,darunter auch Kinder und Jugendliche.
Einige Länder haben inzwischen Gesetzentwürfe aufden Weg gebracht. Selbst Herr Wulff – lange Zeit alsvorderster Kämpfer für den Raucher-Status-quo bekannt –scheint jetzt erkannt zu haben, dass er mit seiner Positionauf verlorenem Posten steht.
Nur, Ankündigungen sind natürlich noch keine Gesetze.Solange diese Gesetzentwürfe noch nicht verabschiedetworden sind, ist Vorsicht angebracht. Das hat uns die Er-fahrung aus den letzten Monaten und Jahren gelehrt.Nach über einem Jahr Diskussion muss man sagen:Es wird nun endlich Zeit, dass wir auf der Bundesebenedurch das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen für alleBundesbehörden, im öffentlichen Personenverkehr undauch im Deutschen Bundestag sowie auf Landesebenedurch Gesetze, die Angestellte und Gäste in Gaststättenvor den Gefahren des Passivrauchens wirksam schützen,klare Regelungen schaffen. Das sind längst überfälligeMaßnahmen – das haben wir hier häufig gehört –, diedurch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt undim Übrigen, Herr Parr, von der großen Mehrheit der Be-völkerung unterstützt werden.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Birgitt Bender vom
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lange hates gedauert. Aber inzwischen ist immerhin eine breiteMehrheit in diesem Haus der Auffassung, dass es zumSbvPdeduEnsüDgit–bfdtPARkDRdzG1ska
nd dadurch nur noch eingeschränkt die Fähigkeit zurigenverantwortung hat,
icht das beste Beispiel für die Fähigkeit und Bereit-chaft ist, Verantwortung für die Gesundheit anderer zubernehmen.
as zeigt die Erfahrung; denn sonst gäbe es diesen Re-ulierungsbedarf nicht.Ganz besonders abwegig finde ich – auch das sage ichn Richtung der FDP – das Hohelied auf den Flicken-eppich der Regelungen in den Ländern.
Herr Kollege Parr, in welcher historischen Situationefinden wir uns? Vielleicht in der Zeit vor der Schaf-ung des Deutschen Bundes, als es zwischen den Län-ern noch Zollschranken gab? Sie vergleichen die Situa-ion eines Bundeslandes allen Ernstes mit der einesrivathaushaltes, den man nicht regulieren kann.
ber glücklicherweise, Herr Kollege, gibt es auf derheinbrücke zwischen Mannheim und Ludwigshafeneine Zollschranken und Ähnliches mehr.
amit gibt es auch einen Bedarf, dass überall gleicheegeln bestehen. Eigentlich müsste das eine Partei wieie Ihre auch deswegen verstehen, weil das etwas damitu tun hat, dass Unternehmer, die zum Beispiel eineaststätte oder einen anderen Betrieb eröffnen wollen,6 unterschiedliche Gesetzbücher studieren müssen, umich zu entscheiden, wo sie ihren Betrieb eröffnen. Dasann doch wohl nicht wahr sein.
Jetzt zur Koalition. Der bekundete Wille freut uns ja;ber leider, Frau Ministerin Schmidt, fehlt es an der
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Birgitt BenderKonsequenz. Ich lese zum Beispiel fast jeden Tag beimFrühstück in der Zeitung:
Jetzt hat die Koalition beschlossen: Der Bundestag wirdrauchfrei. Keine zwei Stunden später begebe ich michzur Sitzung des Gesundheitsausschusses. Was sehe ichdort? Auf dem Weg in den Sitzungssaal muss ich dieQualmwolken durchqueren, die die rauchenden Kolle-gen aus dem Gesundheitsausschuss verbreiten.
Insofern frage ich Sie: Was sollen dann diese Bekundun-gen?Wir könnten es schnell erreichen – unser Antrag dazuliegt vor –, dass die Hausordnung des Bundestages geän-dert und ein allgemeines Rauchverbot beschlossen wird,auch für die Gastronomie.
Wenn Sie angeblich dafür sind, stellt sich die Frage, wasuns dann noch daran hindert, dies zu tun.Stattdessen wollen Sie unseren Antrag erst einmal anden Ausschuss überweisen und reden jetzt darüber, denNichtraucherschutz im Bundestag in dem Gesetz zu be-rücksichtigen, das aber erst im Herbst in Kraft tretensoll. Warum beabsichtigen Sie das? Neulich war die Ein-beziehung des Bundestages noch ein verfassungsrechtli-ches Problem, Frau Ministerin Schmidt. Ich kann michnicht erinnern, dass seitdem die Verfassung geändertworden ist. Also ist es offenbar ein Problem des politi-schen Willens.In vielen anderen Punkten des Gesetzentwurfs – zumBeispiel beim Arbeitsschutz – sind Sie ebenfalls nichtkonsequent. Ich glaube, dass wir Ihnen bei diesemThema noch einigen Dampf machen werden.
Wir freuen uns schon auf die weitere Debatte.Danke.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Eichhorn von
der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Herr Bundesminister Seehofer, bereits Anfang der90er-Jahre habe ich den Entwurf eines Nichtraucher-schutzgesetzes im Deutschen Bundestag unterstützt, da-mals ohne Erfolg. Heute bin ich davon überzeugt, dassder Gesetzentwurf, den wir heute in den Bundestag ein-bringen, mit großer Mehrheit verabschiedet wird. DenndMdsgtPlNfwfepFuagfvn1dhdmAtrcgScrhnkDfsröDwddz
Daher ist es folgerichtig, dass zwei Drittel der Bevöl-erung einen gesetzlichen Nichtraucherschutz fordern.er Bund kann ihn jedoch nur in den Bereichen regeln,ür die er zuständig ist, Frau Höhn. Ende Februar be-chloss das Bundeskabinett die Einführung eines gene-ellen Rauchverbots in bundeseigenen Einrichtungen,ffentlichen Verkehrsmitteln und Personenbahnhöfen.er vorliegende Gesetzentwurf – nicht mehr und nichteniger – wird heute eingebracht. Alles andere müssenie Länder besorgen, Frau Höhn.
Dieser Gesetzentwurf schafft die Möglichkeit, geson-erte und entsprechend gekennzeichnete Räume vor-uhalten, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn
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Maria Eichhorninsgesamt eine ausreichende Anzahl von Räumen zurVerfügung steht.Aber wichtig ist – gerade für mich –, dass es sichnicht um Arbeits- oder Diensträume handeln darf. Diegenauen Kriterien, beispielsweise für die Einrichtungvon Raucherräumen, müssen in einer Rechtsverord-nung festgelegt werden. Dabei geht es um die baulichenAnforderungen sowie die Art und Weise der Belüftungdieser Raucherräume. Verstöße gegen die Bestimmun-gen des Gesetzes können als Ordnungswidrigkeit mitBußgeldern bis zu 1 000 Euro geahndet werden.Nun gibt es verschiedene Organisationen, die in ihrenStellungnahmen Zweifel äußern, ob dieses Gesetz tat-sächlich greift, und auf Vorschriften anderer Länder ver-weisen. Meine Damen und Herren von der Opposition,wir werden diese Einwendungen im Rahmen des Gesetz-gebungsverfahrens natürlich eingehend prüfen.Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierungenthält auch Regelungen zur Verbesserung desArbeitsschutzes. Durch Erweiterung des § 5 Abs. 1 derArbeitsstättenverordnung wird klargestellt, dass insbe-sondere ein allgemeines Rauchverbot für den gesamtenBetrieb dem Schutz der nichtrauchenden Beschäftigtendient. Weitergehende Regelungen für den Gaststättenbe-reich, wie sie die Grünen in ihrem Antrag fordern, kön-nen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht getroffenwerden.
– Der Petitionsausschuss hatte darüber beraten und daseindeutig festgestellt. Lesen Sie das bitte im Protokollnach.
Regelungen zum Nichtraucherschutz in der Gastronomiefallen unter das Gaststättenrecht. Wir müssen zur Kennt-nis nehmen, dass die Länder dafür zuständig sind undder Bund hier keine Regelungskompetenz hat.
– Frau Höhn, ich muss Sie fragen: Die Grünen warensieben Jahre in der Regierung,
warum haben Sie nichts getan? Heute reden, aber vorhernichts tun!
Zu Recht erwarten unsere Bürgerinnen und Bürger, inallen öffentlichen Einrichtungen, Diskotheken, Theaternund in der Gastronomie vor dem Passivrauchen ge-schützt zu werden. Ich appelliere an die Länder, diedazu notwendigen Regelungen zügig umzusetzen undkeinen Flickenteppich an Vorschriften zu hinterlassen.bötrcwsbgioMSbARtBveDDDigvgziadstlgEzahrzeie
lso mit diesem Gesetz. Eine schnelle Umsetzung, wieie Grünen sie fordern, ist damit gewährleistet.
Rauchverbote schützen nicht nur die Nichtraucher,ondern führen auch zu einem Rückgang des Zigaret-enkonsums. Herr Parr, den von Ihnen genannten Zah-en kann ich eine andere Zahl entgegensetzen. Nach An-aben der „Ärzte-Zeitung“ haben ein Jahr nach derinführung des italienischen Nichtraucherschutzgeset-es bereits 500 000 Italiener gänzlich mit dem Rauchenufgehört. Das ist doch was!
Wir Erwachsene sollten mit gutem Beispiel vorange-en. Angesichts der Tatsache, dass Jugendliche heute be-eits im Alter von durchschnittlich 11,8 Jahren erstmalsur Zigarette greifen, sind die Erwachsenen gefordert,inen Verzicht auf Zigaretten vorzuleben. Daher begrüßech, dass Zigaretten nach diesem Gesetzentwurf künftigrst ab 18 Jahren abgegeben werden dürfen.
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Maria EichhornGanz wichtig ist auch die Prävention. Wir begrüßenes daher sehr, dass es an den Schulen mittlerweile regel-mäßige wirkungsvolle Aktionen gibt. Durch frühzeitigeAufklärung und durch gutes Vorbild müssen junge Men-schen vor der Tabaksucht unbedingt bewahrt werden.Wir sind auf einem guten Wege, auch in Deutschlandendlich einen umfassenden Nichtraucherschutz zu ver-wirklichen. Wir werden den Gesetzentwurf zügig bera-ten, damit er fristgerecht, wie vorgesehen, zum 1. Sep-tember dieses Jahres umgesetzt werden kann.
Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt
hat jetzt die Kollegin Dr. Margrit Spielmann von der
SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen undKollegen! Ein altes Sprichwort besagt: „Aller gutenDinge sind drei.“ Nach zwei erfolglosen Anläufen zurVerbesserung des Nichtraucherschutzes, die wir in denletzten zehn Jahren – oder sogar in den letzten 15 Jahren,wie ich erfahren habe – gemacht haben, beraten wirheute in erster Lesung ein Gesetz zum Schutz vor denGefahren des Passivrauchens. Herr Minister Seehofer,ich denke auch, wir erleben in diesem Problemfeld einenQuantensprung.Wir wissen alle, diesem Gesetzentwurf sind vielfäl-tige Bemühungen vorausgegangen. Der Entwurf ist fürmich sozusagen eine Antwort unter anderem auf denöffentlichen Druck, der in letzter Zeit durch die Medienausgeübt wurde.
Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwartenvon uns – Herr Parr, 72 Prozent haben sich für einenSchutz vor Passivrauchen ausgesprochen – eine schüt-zende gesetzliche Regelung.
In besonderer Weise haben die Institute – ich nennebeispielsweise das Deutsche Krebsforschungszentrum inHeidelberg – durch ihre Forschungsergebnisse – im-merhin sterben pro Jahr 3 200 Menschen an den Folgendes Passivrauchens – zu dieser durchaus positiven öf-fentlichen Diskussion beigetragen. Ich denke, wir solltendiesen Instituten einmal für ihren Beitrag zur heutigenDebatte danken.
Auch dieses persönliche Wort sei mir gestattet: Hilfreichwar auch das Engagement unseres Kollegen LotharBinding.
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ir müssen über die verlängerte Frist für die Automa-enhersteller reden. Es wurde schon gesagt: Wenn wiren Jugendschutz ernst nehmen, dann sollten wir dafürorgen, dass die Heraufsetzung der Altersgrenze zeit-leich auch für die Abgabe von Zigaretten an Automatenrfolgt und nicht erst 22 Monate später.
ch denke, das Datum 1. Juli 2009 ist für uns nicht hin-ehmbar.Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir gegenerstöße gegen das Gesetz vorgehen.
err Parr, ich will dafür keine Polizei mit hochgestell-em Kragen. Ich könnte mir durchaus andere Regelun-en vorstellen.
Wir müssen uns überlegen, wie wir den Bundestagxplizit in das Gesetz einbeziehen; denn der Bundestagls öffentliches Gebäude kann nicht von den Regelungenes Gesetzes ausgenommen werden. Dazu gehört auch,ass sich alle Abgeordneten daran halten.
Frau Bender und liebe Kolleginnen und Kollegen voner Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen, wir werdenhren Antrag natürlich in die Diskussion einbeziehennd positiv würdigen.
Es ist auch zu prüfen, ob wir die Definition vonaucherräumen im Gesetz ändern müssen. Es kannicht sein, dass eine gesetzliche Definition so wie dieorliegende zu den Raucherräumen auf Lobbydruck ent-teht.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, las-en Sie mich zum Schluss noch einen für mich als Ge-undheitspolitikerin wichtigen Aspekt erwähnen. Paral-el zum Gesetz sollten wir verstärkt Konzeptenterstützen, die den Menschen helfen, mit dem Rau-
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Dr. Margrit Spielmannchen aufzuhören. Lassen Sie uns in der Anhörung und inder folgenden Debatte auch über Maßnahmen zum Bei-spiel zur zielgruppenspezifischen Prävention, also ins-besondere über Präventionsmaßnahmen für Kinder undJugendliche, diskutieren. Wir sollten diese Aufklärungs-angebote – das wäre mir ein großes Anliegen – unterEinbeziehung verschiedener Berufsgruppen konzipieren;hier möchte ich in besonderer Weise die Pädagogen unddie Ärzte erwähnen.Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/5049, 16/4761 und 16/5118 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir kommen nun zum Antrag der Fraktion des Bünd-
nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/4957. Die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen wünscht Ab-
stimmung in der Sache, die übrigen Fraktionen wün-
schen Überweisung, und zwar federführend an den
Ältestenrat und mitberatend an den Ausschuss für Wahl-
prüfung, Immunität und Geschäftsordnung, den Aus-
schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz, den Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie an
den Ausschuss für Gesundheit.
Die Abstimmung über den Antrag auf Ausschuss-
überweisung geht nach ständiger Übung vor. Ich frage
deshalb: Wer stimmt für die beantragte Überweisung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Überweisung ist
damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke und von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen.
Damit stimmen wir heute über den Antrag auf Druck-
sache 16/4957 nicht ab.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner
Dreibus, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN
Deutschland braucht Mindestlöhne
– Drucksache 16/4845 –
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. Gibt es
Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so be-
schlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, bitte ich die Kolle-
ginnen und Kollegen, die an dieser Aussprache nicht
teilnehmen wollen, den Saal zu verlassen, damit die üb-
rigen der Aussprache folgen können. – Vielen Dank.
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or Wahlen neigen die politischen Parteien zu einem be-timmten Verhalten: Sie geben Versprechen ab.
un ist das mit Versprechen häufig so, meine Damennd Herren, dass diejenigen, denen Versprechen gegebenerden, diese im Gedächtnis behalten, diejenigen aber,ie die Versprechen abgeben, dazu neigen, die Verspre-hen sehr schnell wieder zu vergessen.So ist das auch vor dieser bremischen Wahl. Ich be-inne nicht bei der Erklärung der SPD, sondern mit ei-em Plakat der CDU, das einem doch die Sprache ver-chlägt.
or der Wahl plakatiert die CDU: Gegen Lohndumping –ür 7,50 Euro Mindesteinkommen.
Die besondere Schlauheit, die Sie auf dieses Plakat ge-racht zu haben meinen, besteht darin, dass Sie von ei-em Mindesteinkommen pro Stunde sprechen. Werann sich ein solch unsinniges Konstrukt überhaupt er-lären? Meine sehr geehrten Damen und Herren, wennie hier versuchen, mit „7,50 Euro pro Stunde“ die Wäh-erinnen und Wähler in die Irre zu führen, dann ist dasummer, dreister Wahlbetrug. Nichts anderes ist dazu zuagen.
Eine Milderung ergibt sich auch dann nicht, wenneispielsweise Ihr Spitzenkandidat in der Sprache nichtauber ist und noch immer von gesetzlichem Mindest-ohn spricht. Insofern sollten Sie hier mit sich zu Rateehen, inwieweit Sie sich nicht einfach einmal dazuurchringen, den Wählerinnen und Wählern das zu sa-en, was Sie wirklich meinen.Wir reden heute aber auch über eine Erklärung derozialdemokratischen Partei Deutschlands, die mit einernterschriftenaktion verbunden ist und die wir im Inhaltatürlich in vollem Umfang unterstützen.
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Oskar LafontaineIch lese einmal die wesentlichen Passagen vor:Deutschland ist gemessen an der gesamtwirtschaft-lichen Leistung so reich wie nie zuvor.Das stimmt wirklich.Trotzdem arbeiten viele Menschen den ganzen Tag,können aber sich und ihre Familien vom erarbeite-ten Lohn nicht ernähren. Armutslöhne sind unge-recht und unsozial. Sie missachten die Leistung derArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist einSkandal.
Wer voll arbeitet, muss davon leben können. Des-halb werden wir Schluss machen mit dem Lohn-dumping.Wenn man solche Worte liest, dann denkt man doch:Hier ist eine Truppe zusammengekommen, um ihrenWorten endlich Taten folgen zu lassen. Wir werden abersehen, dass auch hier Ihren Worten wieder keine Tatenfolgen werden. Das ist eine Schande.
In Deutschland diskutieren wir schon viele Jahre überden gesetzlichen Mindestlohn. Das ist keine neue Ent-wicklung. Spätestens seit dem Fall der Mauer sind im-mer wieder Fälle hochgekommen, in denen in Deutsch-land Hungerlöhne gezahlt worden sind. Ich erinneremich noch gut daran, dass 1990 Bauarbeiter hier für1 DM pro Stunde beschäftigt worden sind. So lange dis-kutieren wir das Thema schon! Es wird geschwätzt, ge-schwätzt und geschwätzt, aber nichts geschieht.
Die Menschen werden in die Irre geführt. Das ist nunwirklich empörend.Die Begründung ist ganz einfach. Alle anderen Staa-ten in Europa diskutieren seit vielen Jahren über diesesThema, und die meisten haben den Mindestlohn einge-führt. Wenn Sie heute das „Handelsblatt“ lesen, meineDamen und Herren, dann werden Sie dort finden, dassder zuständige Kommissar der Europäischen Gemein-schaft gesagt hat: Mindestlöhne kosten keine Arbeits-plätze, sondern sie helfen, Arbeitsplätze aufzubauen. –Nehmen Sie die Erfahrung in der Europäischen Gemein-schaft doch einmal zur Kenntnis, und handeln Sie da-nach!
Das Plakat der CDU ist jetzt heruntergefallen. Es ver-dient auch nichts anderes. Am besten sollte es von allenMasten fallen, auf denen es aufgeklebt ist, damit dieseIrreführung im Wahlkampf keine Wirkung zeigt.ks–RSwhsMnDBewDrnSvtdSlgsdsnSvDz
„Wer hat uns verraten?“, tönt es hier auch noch von deregierungsbank. Verehrter Staatssekretär, dann sagenie auch noch den zweiten Satz! Der stimmt nämlich,enn man die Menschen in Deutschland betrachtet, dieier seit vielen Jahren zu Armutslöhnen arbeiten müs-en.Es ist nicht so, dass Sie in den letzten Jahren nicht dieöglichkeit gehabt hätten, daran etwas zu ändern. Ge-auso wie andere Staaten hätten Sie den Mindestlohn ineutschland längst einführen können.
Die Wirklichkeit ist die: Wir haben hier im Deutschenundestag eine Mehrheit zumindest für Schritte hin zuinem Mindestlohn, was die Tarifverträge angeht undas den gesetzlichen Mindestlohn angeht.
as Problem ist, dass das nicht geschieht, und zwar auseiner Koalitionstreue – oder wie immer Sie das bezeich-en wollen –, obwohl man Ihnen um die Ohren schlägt,ie schadeten Deutschland. Das ist ein einmaliger Sach-erhalt. Sie schadeten Deutschland, habe ich vom Frak-ionsvorsitzenden der CDU/CSU gehört. Nein, Sie scha-en den Menschen, die zu Hungerlöhnen arbeiten, wennie nicht endlich wahrhaftig werden und dem Mindest-ohn zustimmen und damit Ihrer eigenen Erklärung fol-en. Wer der eigenen Erklärung nicht zustimmt, machtich lächerlich.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Gitta Connemann von
er CDU/CSU-Faktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Häufigind die, die laut schreien, heiser, wenn sie selbst beken-en müssen: An diesen Spruch hat mich Ihre Tirade, dieie hier vorgetragen haben, wieder einmal in eindrucks-oller Weise erinnert, Herr Kollege Lafontaine.
a, wo Sie schon die Möglichkeit hatten, Verantwortungu übernehmen, haben Sie es nie getan;
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9730 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007
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Gitta Connemannvielmehr sind Sie immer nach dem Motto verfahren: Aufund davon, wenn es ernst wird!
Welchen Wert hat Arbeit tatsächlich? Diese Fragehabe ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Lin-ken, hier in diesem Haus im Juni letzten Jahres gestellt.Sie reklamierten damals für sich, die einzig wahre Ant-wort zu kennen: 8 Euro sollten es sein. Nur einigeMonate vorher hatten Sie – wiederum mit Anspruch aufAbsolutheit – verlangt, es müssten mehr als 8 Euro sein.Heute nun präsentieren Sie dem verblüfften Publikumeinen Antrag ganz ohne Angabe. Jetzt verlangen Sie ei-nen gesetzlichen Mindestlohn, der sich am Niveau ver-gleichbarer europäischer Länder orientieren soll.
Welches Land mit uns vergleichbar sein soll, dazuschweigen Sie.
Dabei wäre eine Antwort auf diese Frage nach IhremAntrag entscheidend; denn die gesetzlichen Mindest-löhne in Europa reichen von 9,08 Euro in Luxemburg biszu 0,53 Euro in Bulgarien.
Welcher Vergleichsmaßstab soll nun gelten? Sie be-antworten diese Frage nicht. Die Arbeitslosenquote?Dann wären wir bei Estland. Estland hat einen Mindest-lohn von 1,33 Euro. Das können Sie nicht wirklich wol-len. Dieses Beispiel zeigt aber auch die Beliebigkeit Ih-res Antrages. Es geht Ihnen nie um die Sache.Ihre Politik gleicht einer Mogelpackung: Wenn mandie Schachtel auspackt, stellt man fest, dass nichts, wirk-lich gar nichts darin ist.
Das Verwerfliche dabei ist, dass Sie mit jedem dieserPseudoanträge Angst schüren, und das bei einem Thema,das die Menschen in diesem Land wirklich bewegt: dieSorge um ihren Lebensunterhalt. Dieses Thema bewegtArbeitslose ebenso wie Arbeitnehmer. Gerade bei diesenwächst doch die Angst, da sie sich zunehmend mitSchlagwörtern wie „Hungerlöhne“ und „Armut“ kon-frontiert sehen. Wer würde da keine Angst bekommen?
Aber wie viele Arbeitnehmer sind tatsächlich betrof-fen? Unser Bundesminister Franz Müntefering hat unsgestern die Zahl genannt: Von den mehr als26,4 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäfti-gen in Deutschland sind es 500 000.
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ie können wir ihnen helfen? Als ein möglicher Wegird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohnorgeschlagen. In vielen Ländern Europas ist er bereitsealität. Warum also nicht bei uns?Die Antwort ist einfach: In diesen Ländern herrschenollkommen andere soziale und wirtschaftliche Grund-edingungen. Nehmen wir zum Beispiel das vielzitierteroßbritannien: Dort ist ein Mindestlohn von,36 Euro festgelegt. Es wird angeführt, dass die Be-chäftigung dort zugenommen hat, selbst in den Bran-hen, in denen es einen Mindestlohn gibt. Das mag stim-en, aber die dortigen Bedingungen sind mit unserenben nicht vergleichbar:Erstens. Es gibt in Großbritannien nur einen minima-en gesetzlichen Kündigungsschutz. Den will hier wohliemand, unsere Fraktion jedenfalls nicht.Zweitens. Die britischen Arbeitnehmer arbeiten imurchschnitt einen Monat länger im Jahr als die deut-chen. Auch das wird hier keiner wollen.Drittens. Es gibt dort – anders als bei uns – nur eineerschwindend geringe soziale Absicherung. Wollen Sieiese Bedingungen wirklich um den Preis des gesetzli-hen Mindestlohnes auf Deutschland übertragen?
Werfen wir einen Blick auf das angebliche Vorbild-and Frankreich. Dort gibt es einen Mindestlohn von,27 Euro.
ort herrscht aber auch eine Jugendarbeitslosigkeit, diem 50 Prozent höher als bei uns in Deutschland ist.iese Jugendlichen haben keinerlei Chance, auf dem Ar-eitsmarkt Fuß zu fassen. Wollen Sie das wirklich auchn Deutschland um den Preis des gesetzlichen Mindest-ohnes?Diese Beispiele zeigen: Man kann Äpfel nicht mitirnen vergleichen.
Betrachten wir also die soziale Marktwirtschaft, iner wir leben. Dazu passt eines sicherlich nicht: Lohn-ucher. Er ist schlichtweg unanständig, sittenwidrig,trafbar.
s gibt ihn. Aber jemand, der schon heute ein Gesetzricht, wird sich niemals einem gesetzlichen Mindest-ohn beugen. Dies zeigen die Erfahrungen aus der Bau-ranche: Wer das Arbeitnehmer-Entsendegesetz unter-aufen will, tut dies auch – durch falsche Angaben zurrbeitszeit, Scheinselbstständigkeit, Schwarzarbeit.
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Gitta ConnemannDen Behörden gelingt es nur teilweise, diese schwar-zen Schafe zu finden. Wir haben häufig das Problem:Wo kein Kläger, da kein Richter. Hier sollten wir als Ge-setzgeber prüfen, ob eine Definition der Sittenwidrig-keit den Arbeitnehmern nicht aus diesem Dilemma hel-fen kann.
Lohnwucher ist aber nicht mit Niedriglöhnen zu ver-wechseln. Jeder von uns kennt die Beispiele. Eines derbekanntesten: Eine Friseurin in Thüringen erhält im ers-ten Gesellenjahr 3,82 Euro die Stunde –
Tariflohn; von der Gewerkschaft abgesegnet. Kann dieseFrau damit eine Familie ernähren?
Sicher nicht. Hilft ihr der gesetzliche Mindestlohn?
Sicher nicht. Die Befürworter zeichnen folgendes Idyll:Der Saloninhaber wird verpflichtet, 7,50 Euro zu zahlen;er erhöht die Preise, und der Verbraucher zahlt diese mitFreude. – Idyll, aber nicht Wirklichkeit. Dies zeigt: DieKunden wollen und können manchmal auch nicht mehrzahlen. Deshalb müssen die Betriebe sparsam sein, des-halb reicht für diese Arbeitnehmer der Lohn kaum zumLeben, deshalb müssen sie selbst wieder auf jeden Centachten usw.
Das ist die Wirklichkeit. Dazu gehört übrigens auchdie Erkenntnis: Löhne sind Preise für Arbeit. Löhneorientieren sich an der Produktivität, nicht an der Siche-rung des Lebensunterhalts.
Letztere ist Aufgabe des Sozialsystems.Diese Erkenntnis mag kalt, theoretisch, wissenschaft-lich klingen. Aber sie bleibt wahr. Nachfrage und Ange-bot bestimmen den Preis, Herr Kollege Lafontaine. Wirkönnen uns eben nicht wie Pippi Langstrumpf die Weltmachen, wie sie uns gefällt;
zwei mal drei macht eben nicht vier, Herr KollegeLafontaine.
Wer seinen Lohn nicht erwirtschaftet, wird arbeitslos.Wer also gesetzliche Mindestlöhne fordert, nimmt inKauf, die Arbeitslosigkeit zu zementieren.DimsesIdsNsnsMMwdsgmdwgsvebZDuvnmbA
as ist das zentrale Problem unserer Gesellschaft: diemmer noch zu hohe Arbeitslosigkeit. Ihre Bekämpfunguss unser oberstes Ziel sein. Die Einführung von ge-etzlichen flächendeckenden Mindestlöhnen wäre dabeiine Hürde.Es ist deshalb klug, die Lohnfrage dort zu lassen, woie hingehört: in den Tarifverhandlungen.
ch persönlich glaube, dass die Tarifvertragsparteienen Markt am besten kennen. Die Tarifautonomie hatich bewährt.
ur dort, wo Gewerkschaften und Arbeitgeber gemein-am feststellen, dass sie über einen Niedriglohn nicht hi-auskommen, ist der Staat gefordert. Hier muss er, müs-en wir ein – das betone ich, Herr Kollege Lafontaine –indesteinkommen sichern.
indestlohn und Mindesteinkommen sind nicht zu ver-echseln. Wenn Sie es mir nicht glauben, schauen Sie inen Bericht des Sachverständigenrates. Aber Wissen-chaft liegt Ihnen offensichtlich nicht nahe.Ein zu geringes Vollzeitarbeitseinkommen muss auf-estockt werden, damit der Satz gilt: Wer hart arbeitet,uss ein anständiges Auskommen haben. – Nur dortarf der Staat eingreifen zugunsten der Arbeitnehmer,ie im Falle des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes zu-unsten der Arbeitgeber. Die Voraussetzungen für des-en mögliche Ausweitung sind übrigens im Koalitions-ertrag klug und klar beschrieben: Erstens bedarf esiner sozialen Verwerfung, zweitens einer Entsendepro-lematik, drittens eines Tarifgefüges und viertens derustimmung von Arbeitgebern und Gewerkschaften.er Koalitionsvertrag achtet also die Tarifautonomiend damit das Grundgesetz. Die Väter dieses Gesetzeserzichteten übrigens bewusst darauf, einen angemesse-en Lohn staatlich definieren zu wollen. Der Sozialde-okrat Carlo Schmid
egründete dies wie folgt – ich zitiere –:Es ist gut, dass die Bundesrepublik darauf verzich-tet, hierbei durch staatlichen Zwang einzugreifen.Wir liefen sonst Gefahr, dass das, was am bestendem Austrag durch die unmittelbar Betroffenenüberlassen bleibt, unter dem Anschein der Objekti-vität zum Gegenstand eines Machtanspruchs jenerwürde, deren Interessen das Ohr der jeweiligen Par-lamentsmehrheit finden.uch heute ist diesen Worten nichts hinzuzufügen.Vielen Dank.
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9732 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007
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Gitta Connemann
Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Heinrich
Kolb von der FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ste-ter Tropfen höhlt den Stein,
und stetes Debattieren schärft die Wahrnehmung vonPositionen. Deswegen bin ich froh, dass am Ende dieserSitzungswoche eines klar ist: Eine Fraktion in diesemHaus möchte ohne Wenn und Aber die Einführung vonMindestlöhnen,
und eine Fraktion in diesem Haus möchte ohne Wennund Aber, dass es keine Mindestlöhne gibt.
Wir glauben, dass sie beschäftigungsfeindlich sind unddie Beschäftigungschancen gerade von geringqualifi-zierten Menschen in diesem Land reduziert.
Dazwischen gibt es ein mehr oder weniger großesGeeiere. Das gilt auch für die Grünen, Frau Pothmer.
Ich hatte gestern in der Debatte leider nicht genügendZeit, Ihren Antrag zu würdigen.
Aber wenn man sich durchliest, was Sie da schreiben,dann sieht man, dass auf Ihren Fahnen ähnlich wie beider Union steht, dass Sie den Mindestlohn wollen; aberdem Kleingedruckten entnimmt man: Wasch mir denPelz, aber mach mich nicht nass!
Die Mindestlöhne, die eingeführt werden sollen, sollenso nach Branchen und Regionen differenziert sein, dassam Ende bei der Beschäftigung nichts passieren kann.
Aber das geht nicht. Einerseits glauben Sie, per Mindest-lohn in die Lohnfindung eingreifen zu müssen, womitSie den schlichten ökonomischen Grundsachverhalt be-streiten, dass Löhne letztendlich die Produktivität wider-spiegeln müssen, andererseits wollen Sie die negativenAuswirkungen des Mindestlohns verhindern. Ihr Antragführt dazu, dass nichts geschehen wird, und Sie hättenihn besser gelassen. Wenn Sie, Frau Pothmer, geschwie-gen hätten, wären Sie eine Philosophin geblieben. Dashaben Sie nicht getan.snwChbuzMsfIBarodwdeedgl–d–kDDtsDcgvd1MS
Bei der Union ist das etwas anders. Bei ihr deutet sicheit gestern an, wohin die Reise geht. Man sperrt sichicht gegen eine Ausweitung des Entsendegesetzes. Ichill doch noch eines zu dem anmerken, was Sie, Frauonnemann, gesagt haben. Wenn ich das richtig verfolgtabe, dann ist mittlerweile nicht mehr die Zustimmungeider Tarifvertragsparteien zwingend erforderlich,
m das Entsendegesetz für eine Branche zur Anwendungu bringen, sondern der federführende Minister, Herrüntefering, kann auch gegen den Widerstand zum Bei-piel der Arbeitgeber in einer Branche einen Tarifvertragür allgemeinverbindlich erklären.
ch sehe insgesamt die Gefahr, dass Zug um Zug, vonranche zu Branche das Grundrecht der negativen Ko-litionsfreiheit abgeschafft wird. Das kann nicht sein.
Wir bekennen uns zur Tarifautonomie. Aber zur Ta-ifautonomie gehört zwingend, dass ein Unternehmender ein Arbeitnehmer sagen kann: Ich will nicht unteriesen Tarifvertrag fallen. Für mich sollen andere, ab-eichende Bedingungen gelten. – Deswegen sehe ichie Tendenz, mit der Ausweitung des Entsendegesetzesine Lösung herbeizuführen, kritisch.Gestern hat der Minister in der Debatte zwischeninem Mindestlohn und einem Auffanglohn unterschie-en. Das läuft darauf hinaus, dass die Union einemesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn in Deutsch-and in Höhe von 7,50 Euro nicht zustimmen wird, aber das ergibt sich auch aus der heutigen Berichterstattunger Presse – am Ende ein Auffanglohn von circa 6 Euro Herr Brauksiepe lächelt dazu – auf dem Papier stehenönnte.
azu sage ich: Halb zog es sie, halb sanken sie hin. –ie Union ist auf dem Weg, wieder einmal bei einer zen-ralen arbeitsmarktpolitischen Frage einzuknicken. Dasehen wir mit großer Sorge.
Ich will zum Schluss sagen: Es ist immer schön,eutschland mit dem europäischen Ausland zu verglei-hen. Es gibt aber gerade sieben Länder in einer Spitzen-ruppe, deren Mindestlohn tatsächlich in etwa das Ni-eau hat, das sich viele in diesem Hause für eineneutschen Mindestlohn vorstellen, nämlich 7,50 Euro. In4 weiteren europäischen Ländern gibt es zwar einenindestlohn; der liegt aber unter 3,90 Euro in dertunde.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9733
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Dr. Heinrich L. Kolb– Das sind aber Konkurrenten in einem gemeinsamenBinnenmarkt, Herr Schaaf. Das können Sie nicht unterden Tisch kehren. – Ich will auf Folgendes hinweisen:Die Kombination, die entstehen würde, wenn man inDeutschland auch noch einen gesetzlichen Mindestlohneinführte, wäre in der Tat einmalig; denn wir haben mitHartz IV, ob man das gut findet oder nicht, faktisch ei-nen Mindestlohn in Deutschland.
Wir haben eine im Vergleich mit dem europäischen Aus-land überdurchschnittlich hohe Arbeitsmarktregulie-rung, und wir würden noch ein Drittes oben draufsetzen.Was in Großbritannien mit niedriger sozialer Sicher-heit funktioniert hat, wird in Deutschland genauso wenigfunktionieren, wie das in Frankreich der Fall gewesenist. Das sage ich Ihnen voraus. Deshalb – damit Sie dasnoch einmal mit ins Wochenende nehmen können –: DieFDP wankt nicht, sie steht!
Wir sind gegen Mindestlöhne, gegen gesetzliche und ta-rifliche, auch gegen die Ausweitung des Entsendegeset-zes. Wir glauben, dass die Menschen in Deutschlanddann die besten Chancen auf mehr Arbeit haben, wennman den Tarifpartnern weiterhin das Recht auf Lohnfin-dung lässt.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat die Kollegin Anette Kramme von der
SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Zunächst einmal eine Bemerkung vorab: Min-desteinkommen ist nicht gleich Mindestlohn!
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Linken, wirhätten Ihnen natürlich den Spaß verderben und ignorie-ren können, dass Sie unseren Kampagnenaufruf für denMindestlohn schlicht abgeschrieben haben.
Ich frage mich tatsächlich, warum Sie das gemachthaben. Mir fallen da nur zwei Varianten ein. Die ersteMöglichkeit ist, dass Sie austesten möchten, ob wir Sieals Koalitionspartner mögen.
Ich sage da ganz klar: Nein! Bloß nicht!
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nstelle eines tosenden Oppositionsgehabes.
Die zweite Variante ist: Sie sind sich unsicher in Ih-em politischen Handeln.
chließlich stellen Sie innerhalb weniger Wochen einenomplett neuen und inhaltlich abweichenden Antragum Mindestlohn.
ie haben Recht damit, sich an die große Volks- und Ar-eitnehmerpartei SPD anzulehnen. Damit können Sieichts falsch machen.
Herr Lafontaine, der Sie da immer in der Ecke sitzennd motzen, zu Ihnen fällt mir nur eines ein: Wendehals!
er in den 80er-Jahren die 35-Stunden-Woche ohneohnausgleich gefordert hat, der kann heute nicht glaub-ürdig Arbeitnehmerinteressen vertreten.
Meine Damen und Herren, eines ist klar: Wir brau-hen einen Mindestlohn in diesem Land. Es ist ein Skan-al, wenn Menschen in diesem Land für 2 oder 3 Euroro Stunde und ähnliche Beträge arbeiten. Vollzeitarbeituss Existenzsicherung vermitteln.
Derzeit gibt es Forderungen, anstelle eines Mindest-ohnes die Sittenwidrigkeit eines Lohnes im Sinne von138 Abs. 2 BGB zu definieren. Der objektive Tatbe-tand des Lohnwuchers nach § 138 Abs. 2 BGB istrfüllt, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischeneistung und Gegenleistung vorliegt. Dabei ist für dientsprechende Feststellung grundsätzlich der Tariflohner jeweiligen Wirtschaftsbranche maßgeblich. Hilfs-eise ist vom allgemeinen Lohnniveau auszugehen.ann ein auffälliges Missverhältnis vorliegt, ist nichtbschließend geklärt. Viele Stimmen nehmen ein auffäl-iges Missverhältnis bei zwei Dritteln des Tariflohns an,ndere erst bei der Hälfte des Tariflohns.Ich sage ganz klar: Es reicht nicht aus, gesetzlich fest-ulegen, dass Lohnwucher vorliegt, wenn ein Arbeitneh-er nur zwei Drittel des Tariflohns bzw. des hier ortsüb-ichen Lohns erhält. Zwei Drittel des Lohns von 3 Euro –as ist eine Beleidigung der Würde aller Arbeitnehme-innen und Arbeitnehmer in diesem Land!
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Anette KrammeWir brauchen eine absolute Untergrenze, die kein Un-ternehmen unterschreiten darf. Eine Veränderung des§ 138 BGB kann nur ein zusätzliches Element gesetzge-berischen Handelns sein, wenn es darum geht, sicherzu-stellen, dass eine der Qualifikation des Arbeitnehmersangemessene Vergütung erfolgt. Aber auch hier gilt:Zwei Drittel des Tariflohns sind zu wenig.Ich bin recht zufrieden, dass es uns mit der Auswei-tung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gelungen ist,zumindest eine weitere Branche gesetzlich abzusichern.
Ich möchte daran erinnern, dass das nicht gegen die Ar-beitgeber geschehen ist. Insbesondere der Bundesin-nungsverband des Gebäudereinigerhandwerks hat sichdafür starkgemacht. Lassen Sie mich aus einem Posi-tionspapier dieses Verbandes zitieren:Erstens. Der gesetzliche Mindestlohn ist effizienterals der tarifliche Mindestlohn.Zweitens. Der gesetzliche Mindestlohn stabilisiert dieSozialversicherungssysteme in Deutschland.Drittens. Der gesetzliche Mindestlohn vernichtetkeine Arbeitsplätze.Viertens. Hartz IV ist kein Mindestlohnmodell.Fünftens. Der gesetzliche Mindestlohn führt nicht zuSchwarzarbeit.
Ich kann diese Liste noch fortsetzen.
Ich kann nur sagen: Alle Achtung! Die haben es verstan-den. Ich wünschte mir, dass es so viel arbeits- und wirt-schaftspolitischen Sachverstand auch bei der FDP gäbe.Vielen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Brigitte Pothmer von
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrKolb, Sie haben recht, wenn Sie unsere Vorschläge alsdifferenziert bezeichnen. Sie sind deswegen so differen-ziert, weil die Wirklichkeit so differenziert ist. HerrKolb, leider ist die Welt nicht so einfach, wie es uns dieFDP immer wieder weismachen möchte.1MIzWshndntbnDdwbdSd–DdmWsddddghmUnt
Wir diskutieren in diesem Parlament seit ungefähr5 Monaten über die Einführung eines gesetzlichenindestlohns.
ch habe zunehmend das Gefühl, dass diese Diskussionu einer Gespensterdebatte wird.
enn ich mir die Debatten von gestern und heute an-ehe, muss ich sagen: Ganz offensichtlich sind die Ver-andlungen gescheitert. Das sollten Sie den Menschenun öffentlich sagen. Monatelang haben Sie versucht,en Eindruck zu erwecken, als kämen Sie sich inhaltlichahe. Das Einzige, worauf Sie sich verständigen konn-en, ist, wann der nächstmögliche Verzögerungsterminekannt zu geben ist. Inhaltlich hat sich aber leiderichts getan.
as hat auch etwas damit zu tun, dass Ihre Konzepte iner Arbeitsmarktpolitik genauso weit auseinanderliegen,ie sie in der Gesundheitspolitik auseinandergelegen ha-en.
Es gibt einen qualitativen Unterschied zwischen Min-esteinkommen und Mindestlohn. Die Union will dentaat mithilfe des Kombilohns dazu verpflichten, Teileer Löhne zugunsten der Unternehmer zu übernehmen.
Genau, es sind die Steuerzahler, die das bezahlen. –ie SPD sagt – wie ich finde: vollkommen zu Recht –,ass das in einer Marktwirtschaft Aufgabe der Unterneh-er sein soll und auch bleiben soll.
as sich dahinter verbirgt, sind grundlegende Unter-chiede bei der Auffassung darüber, welche Aufgabener Staat und welche der Markt hat.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfteer Wahrheit ist leider, dass sich die Koalitionspartner inieser Koalition gegenseitig nicht das Schwarze unterem Fingernagel gönnen. Liebe Kolleginnen und Kolle-en von der SPD, euer Koalitionspartner, die CDU/CSU,at nur das Ziel, dass die Sozialdemokraten am 1. Maiit leeren Händen dastehen. Das Drama ist, dass dienion dieses Ziel leider erreicht hat. Ich sage „leider“icht aus tiefempfundenem Mitleid mit euch. Sicherlichut ihr mir ein bisschen leid.
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Brigitte Pothmer
Das wirkliche Drama ist aber, dass die Betroffenen fürHungerlöhne arbeiten müssen. Ich frage mich inzwi-schen, welches eigentlich das Ziel dieser Koalition dergroßen Möglichkeiten ist. Gibt es überhaupt noch eineOrientierung an den Bedürfnissen der Menschen und denErfordernissen der Zeit? Ist das Handeln noch zukunfts-orientiert oder geht es nur noch um Programme, die ei-gene Klientel und Parteimitglieder, Wahltermine sowieAuftritte zum 1. Mai? Was Sie hier aufführen, ist nichtPolitik als Kunst der Staatsführung, sondern Politik alsKunst, die Menschen an der Nase herumzuführen. Damitsollten Sie jetzt aufhören.Ich danke Ihnen.
Als letzter Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt
erteile ich das Wort der Kollegin Andrea Nahles von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Pothmer, wir tun uns nicht leid, wir regieren.
Wir verhandeln. Wir befinden uns auf der Schlussgera-
den dieser Verhandlungen. Am Ende – das kann ich klar
sagen – wird die Tür für branchenbezogene Mindest-
löhne in diesem Land weit offen stehen.
Das ist das, was man tut, wenn man regiert.
Wir regieren – das ist richtig – mit der CDU/CSU. An
dieser Stelle wird zum ersten Mal deutlich, dass wir ge-
meinsam einen Regelungsbedarf sehen.
Frau Kollegin Nahles, gestatten Sie eine Zwischen-
frage?
Nein, zurzeit nicht.
Herr Pofalla sagte gestern hier im Plenum: Keinerwill Lohndumping zu menschenunwürdigen Bedingun-gen. – Wir haben also eine Gemeinsamkeit, was denRegelungsbedarf angeht. Ich sage aber auch ganz klar:WrIMSDdIzdnaDFDIwvAfclSpsohsDMgt
ch sage Ihnen ganz offen: Ihnen geht es um die Schlag-eilen im „Neuen Deutschland“ zum 1. Mai. Uns geht esarum, dass wir die Branchen, bei denen das dringendötig ist, mit einem Mindestlohn versehen. Wir habenuch eine Mehrheit dafür.
as ist der entscheidende Unterschied zwischen unserenraktionen.
Sie sagten, dass wir hier Gespensterdebatten führen.azu sage ich Ihnen: Ich bin der Ghostbuster!
ch werde Ihnen jetzt noch einmal klarmachen, worüberir hier diskutieren. Sie wollten doch die Gespensterertreiben!Erster Punkt. Welchen Anteil vom Lohn zahlen dierbeitgeber, die davon profitieren, dass Menschen billigür sie arbeiten, die damit Gewinne machen, und wel-hen Anteil vom Lohn zahlt der Staat in diesem Niedrig-ohnbereich? Das wollen wir erst einmal klären. DiePD sagt klipp und klar: Es muss doch wohl ordnungs-olitisch korrigiert werden, wenn die Löhne so niedrigind, dass der Staat ständig Staatslohn drauflegen muss,bwohl die Arbeitgeber aufgrund der niedrigen Löhneöhere Gewinne machen. Das kann doch nicht richtigein. Das ist das erste Problem, das gelöst werden muss.
Der zweite Punkt. Es geht um fairen Wettbewerb.as sage ich auch in Richtung FDP.
ich hat ein Unternehmer angeschrieben, der ein tarif-ebundenes Dienstleistungsunternehmen in der Tex-ilbranche mit 1 400 Mitarbeitern betreibt. Sie bezahlen
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Andrea Nahles9 Euro pro Stunde. Dieser Unternehmer schrieb mir:Mein persönliches Ziel ist es, die Ausgangsbedingungenfür alle Unternehmen der Branche vergleichbar zu ma-chen und dafür zu sorgen, dass zumindest ansatzweisefaire Löhne gezahlt werden. Ein Mindestlohn wäre hier-für meines Erachtens ein sehr gutes Instrument. – DieseZuschrift ist kein Einzelfall. An diesen Zuschriften vonehrlichen, vernünftigen und fairen Arbeitgebern merkenwir, dass wir Rückenwind für unsere Position bekom-men. Auf der Seite dieser Arbeitgeber stehen wir undfordern einen Mindestlohn.
Letzter Punkt. Es geht um die Menschen, die Men-schenwürde. Was ist es eigentlich für eine Botschaft,wenn ich für meine Schufterei, für das, was ich den gan-zen Tag leisten muss, am Ende des Tages 4 Euro proStunde mit nach Hause nehme? Das entwertet doch meinganzes Selbst. Das entwertet die Menschen. Sie habenursprünglich die Bereitschaft, zu arbeiten und sich nichtzu Hause hinzusetzen, um auf den nächsten Scheck vomSozialamt oder wie das heute genannt wird – die Leutesagen immer noch Sozialamt dazu – zu warten. DieFrage ist doch: Was ist meine Arbeit wert? Deswegenfreue ich mich, dass der DGB sagt: Ihr verdient mehr.Deswegen keine Sorge, Frau Pothmer, es wird einenMindestlohn geben.Vielen Dank.
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem
Kollegen Dirk Niebel.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Nachdem schon ges-
tern vonseiten der Regierung und der SPD-Fraktion
nicht der Unterschied zwischen einem Auffangmindest-
lohn und einem gesetzlichen Mindestlohn erklärt werden
konnte – weil ein hohes Maß an Transparenz wahr-
scheinlich deutlich gemacht hätte, dass das Gleiche ge-
meint ist –, war es auch heute wieder nicht möglich, von
den Rednern der SPD auf eine Frage, die die Menschen
bestimmt interessiert, eine Antwort zu bekommen. In der
gestrigen Debatte hat der Minister für Arbeit und Sozia-
les gesagt:
Da kamen Arbeitgeber aus der Wachdienstbranche
zu mir und sagten: Wir wollen unseren Leuten an-
ständige Löhne, 7 Euro, zahlen. Was sollen wir aber
machen, wenn ein anderes Unternehmen die Arbeit
für 2,50 Euro macht?
Nun hat der Kollege Volker Wissing, unser Obmann
im Finanzausschuss, die Bundesregierung gefragt, wie
sie denn als Arbeitgeber bei der Bewachung der Ministe-
rien in der Bundeshauptstadt damit umgeht.
Hier erfahren wir, die Bundesregierung, der Arbeits-
minister fordert einen Mindestlohn von 7,50 Euro – und
zahlt für den Wachschutz 5,25 Euro.
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as Sie hier vertreten, ist schlichtweg unglaubwürdig,
euchlerisch. Sie sind Pharisäer.
ie belügen und betrügen die Menschen,
or der Wahl bei der Mehrwertsteuer, nach der Wahl
eim Mindestlohn – den ich nach wie vor für falsch
alte. So können Sie mit den Menschen in diesem Land
icht umgehen.
Frau Kollegin Nahles, bitte schön.
Herr Niebel, mein Gott, muss es der FDP in Bremenchlecht gehen, denke ich mir, wenn ich Ihre Reden soöre. Das ist wirklich Wahlkampf pur.Ich will Ihnen aber in der Sache gerne antworten. Sieragen da ja sehr penetrant immer wieder nach, und wirind um Antworten nicht verlegen. Es ist schlichtweg so,ass wir uns ganz klar dafür ausgesprochen haben, dassranchenbezogene Mindestlöhne Priorität haben.
ir halten es für wichtig, dass wir den Tarifpartnern soiel Wertschätzung entgegenbringen, wie das richtig ist.as heißt, wenn die Tarifpartner in einer Branche einenarif vereinbaren, dann gilt dieser auch für den Gesetz-eber, für uns auf der politischen Ebene. Es ist aber ab-ehbar, dass es Branchen geben wird, die, vor allem weilie Arbeitgeber sich verweigern, von einem branchen-pezifischen Mindestlohn nicht erfasst werden.
Herr Göhner, machen Sie keine Zwischenrufe, meldenie sich! – Beispielsweise haben die Arbeitgeber des Fri-eurhandwerks in Rheinland-Pfalz seit 2000 keinenarifvertrag mehr abgeschlossen; sie weigern sich. Mitt-erweile werden im Friseurhandwerk von sechs Bundes-ändern keine Tarifverträge mehr abgeschlossen.
Uns sind die Menschen, die in den Branchen arbeiten,n denen die Arbeitgeber blockieren, genauso viel wert
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Andrea Nahleswie die in den Branchen, in denen es am Ende einenbranchenbezogenen Mindestlohn gibt.
Deswegen wollen wir die Menschen auffangen. Dafürbrauchen wir auch in diesen Branchen eine untereGrenze. Das ist, mit Verlaub, der Auffanglohn, von demdie ganze Zeit die Rede ist. Damit möchten wir die Ar-beitgeberblockade beim Mindestlohn aufheben.
Lassen Sie mich abschließend die Bemerkung ma-
chen: Herr Kollege Niebel, den politischen Gegner des
Lügens und Betrügens zu bezichtigen, gehört nicht zum
parlamentarischen Sprachgebrauch.
Ich schließe die Aussprache.
Mir ist mitgeteilt worden, dass das Wort zur
Geschäftsordnung gewünscht wird. – Frau Kollegin
Enkelmann, bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die
Linksfraktion verlangt sofortige Abstimmung.
Wir sind der Auffassung, die Positionen zu diesem
Thema sind wirklich in ausreichendem Maße ausge-
tauscht worden. Inzwischen hat die Linksfraktion schon
ihren dritten Antrag in Sachen Mindestlohn vorgelegt.
Es ist daher an der Zeit, endlich eine Entscheidung zu
treffen. Unser Antrag ist kurz, knapp und sehr übersicht-
lich. Jeder kann ihn, ohne eine intellektuelle Höchstleis-
tung vollbringen zu müssen, verstehen. Wir haben sehr
lange über dieses Thema diskutiert. Die Fakten liegen
auf dem Tisch. Lassen Sie uns abstimmen. Schluss mit
der Eierei in diesem Parlament!
Die Situation ist übersichtlich: Die FDP hat heute er-
neut ihr Nein zum Mindestlohn bestätigt und deutlich
gemacht, dass sie den Kündigungsschutz einschränken
möchte. Das ist, wie ich denke, eine klare Ansage. Das
muss man so akzeptieren.
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Das ist zur Geschäftsordnung.
Das Bündnis 90/Die Grünen hat gefordert, dass
chnell gehandelt werden soll. Das können wir mit einer
ofortigen Abstimmung tun.
Liebe Genossinnen und Genossen von der SPD,
er Text unseres Antrags dürfte Ihnen sehr vertraut sein,
odass Sie sich nicht weiter damit auseinandersetzen
üssen. Das haben Sie nämlich dank Ihrer Unterschrif-
enkampagne bereits getan.
ie fordern im Rahmen Ihrer Unterschriftenkampagne
in klares Ja zur Forderung unseres Antrags. Ich finde,
as sollten Sie heute deutlich machen. Lassen Sie Ihren
orten endlich Taten folgen. Stimmen Sie unserem An-
rag heute zu. Die sofortige Abstimmung ist möglich.
as sollten wir auch tun.
Danke.
Zur Erwiderung auf diesen Geschäftsordnungsantrag
at sich der Kollege Klaus Brandner gemeldet, bitte
chön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Um es klar zu sagen: Wir wollen Mindest-öhne. Wir wollen Armutslöhne in diesem Land verhin-ern.
ir wollen gute Bezahlung für gute Arbeit.
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Klaus BrandnerDaran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Wir sagen ganzdeutlich: Dort, wo die Tarifautonomie nicht zu den er-hofften Ergebnissen führt, sondern zur Folge hat, dassgar keine oder unbefriedigende Tarifverträge geschlos-sen werden, ist der Gesetzgeber gefordert, tätig zu wer-den. Auch daran gibt es keinen Zweifel.
Wir befinden uns in guten Gesprächen und führenVerhandlungen mit unserem Koalitionspartner,
der in der gestrigen Debatte erneut erklärt hat, dass ergegen Lohndumping ist. Wir sind auf dem Weg zu einemfairen Kompromiss.Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich darauf hin-weisen, dass diese Debatte mit Blick auf den bevorste-henden 1. Mai stattfindet. Das Motto des 1. Mai lautet zuRecht: „Du hast mehr verdient!“
Die Menschen in diesem Land haben es verdient, dasswir eine ehrliche, faire und angemessene Debatte überdieses Thema führen.
Weil wir verantwortungsbewusst handeln müssen,dürfen wir keine Schnellschüsse organisieren.
Der vorliegende Antrag muss an die Fachausschüsseüberwiesen und dort angemessen beraten werden. In denAusschüssen werden wir die richtigen Antworten finden.Deshalb bitte ich Sie, diesen Antrag an die zuständigenAusschüsse zu überweisen.
Zunächst möchte ich fragen: Gibt es weitere Wort-
meldungen zur Geschäftsordnung? – Das ist, wie ich
sehe, nicht der Fall.
Die Fraktion Die Linke hat soeben beantragt, über ih-
ren Antrag auf Drucksache 16/4845 mit dem Titel
„Deutschland braucht Mindestlöhne“ heute in der Sache
abzustimmen. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD wünschen Überweisung, und zwar federführend an
den Ausschuss für Arbeit und Soziales und mitberatend
an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Die
Abstimmung über den Antrag auf Ausschussüberwei-
sung geht nach ständiger Übung vor. Ich frage deshalb:
Wer stimmt für die beantragte Überweisung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag auf Überwei-
sung ist somit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion
Die Linke und des Bündnisses 90/Die Grünen beschlos-
sen. Damit stimmen wir heute nicht über den Antrag auf
Drucksache 16/4845 ab.
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Joachim Stünker
Jörg van Essen
Jörn Wunderlich
Jerzy Montag
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es
iderspruch? – Das ist nicht der Fall.
Bevor ich die Aussprache eröffne, bitte ich zunächst
iejenigen, die an der Debatte zu diesem Tagesord-
ungspunkt nicht teilnehmen wollen, den Saal zu verlas-
en und die Gespräche außerhalb fortzusetzen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin der Bundesministerin Brigitte Zypries das Wort.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!iebe Kollegen! Wir haben im letzten Monat hier imeutschen Bundestag ein wichtiges Gesetz beschlossen,ämlich das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht.ie Führungsaufsicht dient der Überwachung, Leitung,enkung und Hilfe nach einer Straftat oder der Unter-ringung in einer psychiatrischen Klinik.Mit dem Gesetz, das wir heute hier beschließen, set-en wir einen Schritt früher an. Wir verbessern nämlichie fachgerechte Behandlung psychisch kranker oderuchtkranker Straftäter während des Maßregelvollzugs.iese Reform ist aus zwei Gründen notwendig: Erstensollen wir es den Ländern ermöglichen, die Kapazitätenes Maßregelvollzugs effizienter zu nutzen, um die hoheualität der in Deutschland vorhandenen Behandlungeiter sicherzustellen, und zweitens wollen wir denechtsschutz derer verbessern, die einstweilig unterge-racht sind.
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Bundesministerin Brigitte ZypriesMehr Effizienz erreichen wir vor allem dadurch, dasswir mehr Flexibilität schaffen. Bei der Unterbringung ineiner Entziehungsanstalt soll von der starren Reihen-folge – erst Maßregel-, dann Strafvollzug – in Einzelfäl-len abgewichen werden können; denn wie lange jemandin einer Entziehungsanstalt bleiben muss, muss sichnach Dauer seiner Therapie richten, also nach der Ant-wort auf die Frage, wie krank er ist, und nicht danach,welche Freiheitsstrafe er bekommen hat. Alles anderewürde nämlich die unnütze Blockade eines wertvollen,benötigten und auch teuren Therapieplatzes bedeuten.Es kann deshalb sinnvoll sein, mit dem Strafvollzug– und nicht, wie heute, mit dem Maßregelvollzug – zubeginnen und die Therapie hinterher anzuschließen. Dasgilt im Übrigen auch für ausreisepflichtige Ausländer. Esmacht keinen Sinn, eine Therapie zu beginnen, von derman weiß, dass man sie nicht abschließen wird.
– Weil es keinen Sinn macht, eine Therapie anzufangen,die man nicht abschließen kann; das ist doch logisch.Dann bringt sie nämlich nichts. Dies wäre vergeudeterPlatz und vergeudetes Geld. Wir brauchen also mehrFlexibilität bei der Reihenfolge der Vollstreckung.Auf Anregung des Bundesrates haben wir eine Rege-lung aufgenommen, die das Verbot der sogenanntenReformatio in Peius betrifft, also den Grundsatz, wo-nach die Entscheidung bei Einlegung eines Rechtsmit-tels nicht zulasten des Betroffenen verschärft werdensoll. Das ist ja eine Schutzvorschrift für den Verurteilten.Lassen Sie mich nur ganz kurz etwas dazu sagen, weildas im Rechtsausschuss durchaus streitig war. Wennnach dem Urteil ein Angeklagter wegen Schuldunfähig-keit in der Psychiatrie untergebracht wird, er gegen dasUrteil Revision einlegt und in einer erneuten Hauptver-handlung dann festgestellt wird, dass er gar nicht schuld-unfähig war, sondern schuldfähig ist, dann würde diegroteske Situation entstehen, dass er aus der Unterbrin-gung entlassen werden muss, aber nicht mehr bestraftwerden kann, weil dann die Reformatio in Peius geltenwürde. Ich glaube, das kann nicht richtig sein. Es istrechtsstaatlich nicht geboten. Deswegen hat sich derRechtsausschuss insgesamt dazu verstanden, hier eineKorrektur vorzunehmen.Ein wichtiges Ergebnis für die Betroffenen – das habeich eben schon einmal gesagt – sind die Rechtsmittelbei der einstweiligen Unterbringung. Künftig wirdnach sechs Monaten vom Oberlandesgericht darüber ent-schieden. Das ähnelt jetzt den Vorschriften zur Haftprü-fung bei der Untersuchungshaft und wird dazu führen,dass die Verfahren mit der gebotenen Schnelligkeit be-handelt werden.Meine Damen und Herren, mit dem heutigen Geset-zesbeschluss bringen wir eine Debatte zum Abschluss,die mehr als zehn Jahre gedauert hat. Im Rechtsaus-schuss ist es uns gelungen, die Vorstellungen der Bun-desregierung und des Bundesrates zu einer vernünftigenSynthese zusammenzufügen. Dafür möchte ich mich beiallen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Dieser Dankschließt neben den Kolleginnen und Kollegen von denKnDiGRlhBdvuNMwwfsznHsDhohEgvVnzvdBfDeeaf§P
Als nächster Redner hat der Kollege Jörg van Essen
on der FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnennd Kollegen! Ja, ich gehe davon aus, dass wir dieseeuregelung des Maßregelvollzugs heute mit großerehrheit beschließen werden. Ich finde, das ist gut so,eil viele der Dinge, die Sie angesprochen haben, einirklicher Fortschritt sind.Wir haben nun nach sechs Monaten ein Prüfungsver-ahren beim Oberlandesgericht. Wie wir bei vielenpektakulären Entscheidungen der Oberlandesgerichteur Untersuchungshaft sehen konnten, ist das dringendotwendig. Ein Beispiel ist das Oberlandesgerichtamm. Dort haben die Ermittlungen der Staatsanwalt-chaft zu lange gedauert. Deshalb ist es gut, dass es jetztruck gibt und dass da, wo Menschen vorläufig die Frei-eit entzogen wird, nach einem halben Jahr geprüft wird,b das weiter verantwortet werden kann oder nicht. Ichalte es auch für einen besonderen Fortschritt, dass dierfolgsaussicht des Maßregelvollzugs in Zukunft stren-er geprüft wird. Ich glaube, auch das ist richtig.Trotz der von mir angesprochenen Fortschritte darfielleicht auch ein kritisches Wort gesagt werden. Dieerantwortung für diesen Punkt liegt bei vielen, nichtur bei der jetzigen Regierung: Das Ganze hat eindeutigu lange gedauert. Diese Neuregelungen des Maßregel-ollzugs hätten früher geschehen können und müssen;
enn wenn man sich die entscheidenden Urteile desundesverfassungsgerichts anschaut, dann stellt manest, dass es da eines von 1985 und eines von 1994 gibt.aran sieht man, wie viel Zeit ins Land gegangen ist, dieigentlich hätte besser genutzt werden können. Hier wirdin wirklicher Fortschritt erzielt.Trotz der grundsätzlichen Zustimmung will ich kurzuf drei Punkte eingehen, weil wir als FDP-Bundestags-raktion hier eine andere Auffassung haben.Einen Punkt haben Sie bereits angesprochen: Das ist358 Abs. 2 StPO. Hier gibt es tatsächlich das möglicheroblem der Reformatio in Peius. Frau Ministerin, Sie
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Jörg van Essenhaben den Sachverhalt dargestellt. Es ist richtig, dassdies nur in wenigen Fällen zum Tragen kommen wird.Wenn wir das anders regeln würden, dann hätte das zurKonsequenz, dass die Staatsanwaltschaften in all diesenFällen Rechtsmittel einlegen müssten und die Justiz soerheblich belasten würden. Ich glaube, das ist auch des-halb zu verantworten, weil in jedem Fall eine Strafe ver-hängt worden wäre; denn es ist festgestellt worden, dasssich jemand grundsätzlich schuldig gemacht und gegendie Gesetze verstoßen hat. Ich glaube, das Ganze ist des-halb so zu regeln, wie das im Gesetzentwurf tatsächlichgeschehen ist.Ein Punkt, bei dem nicht nur wir als FDP Bedenkenhatten, war § 67 Abs. 2 StGB. Dort ist die Mindestdauerbeschrieben, zu der jemand verurteilt werden muss, be-vor eine Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge statt-finden kann. Hier haben die Sachverständigen daraufhingewiesen, dass die im Gesetz vorgesehenen dreiJahre möglicherweise zu kurz sind. Das Ergebnis kannsein, dass die Gefahr besteht, dass jemand länger in Frei-heitsentzug ist, als das eigentlich von den Richtern vor-gesehen war.Ich bin sehr dankbar, dass wir in den Berichterstatter-gesprächen jetzt eine Lösung gefunden haben. In der Be-gründung wird darauf hingewiesen, dass dieser Fallnicht eintreten darf und nicht eintreten wird. Ich glaube,dass es außerordentlich gut und richtig ist, dass wir alsOpposition darauf gedrungen haben, dass ein solches Er-gebnis nicht eintreten darf. Herr Kollege Montag, Sie ha-ben dies auch unterstützt.In der Sachverständigenanhörung hat ein Gesichts-punkt eine besondere Rolle gespielt, der in § 67 a Abs. 2Satz 2 StGB geregelt ist. Es geht um die Frage, was wirmit Sicherungsverwahrten machen. Ich unterstütze dieSorge der angehörten Klinikleiter, die gesagt haben, mandürfe Sicherungsverwahrte, die therapieunwillig seienoder bei denen kein Therapieerfolg erzielt werdenkönne, nicht in den Maßregelvollzug geben, der ohnehinschon überlastet ist.Es ist ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass hier dieLänderjustizverwaltungen in der Verantwortung sind.Für psychisch kranke Sicherungsverwahrte, die den Zie-len des Maßregelvollzuges nicht genügen, muss in ei-nem Justizvollzugskrankenhaus eine entsprechende Ab-teilung eingerichtet werden. In Nordrhein-Westfalen– ich komme aus Nordrhein-Westfalen – tun wir dies.Ich halte dies für den richtigen Weg. In der Begründungwurde auch auf diesen Sachverhalt hingewiesen.Ich muss sagen, dass die Anregungen, die die FDP-Bundestagsfraktion gemacht hat, sich zumindest in derBegründung wiederfinden, sodass wir dem Gesetzent-wurf insgesamt zustimmen können, der – das will ichunterstreichen – zu einem wesentlichen Fortschritt beimMaßregelvollzug führen wird.Allerdings sind auch die Länder – diese Bemerkungmuss zum Schluss ebenfalls gemacht werden – in derVerantwortung. Probleme im Maßregelvollzug gibt esunter anderem auch deshalb, weil nicht ausreichendPlätze zur Verfügung stehen und er nicht ausreichend mitPDSCdDhmdBMSKtttEGdbudwenBrliEsdwssegwtsmgwvadw
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebeem Kollegen van Essen in einem Punkt durchaus recht:er Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden,at eine lange Geschichte. Aber am Ende wird manch-al etwas, was lange dauert, auch gut.Es fing im Jahre 1989 mit einer Beschlussempfehlunges Deutschen Bundestages und der Aufforderung an dieundesregierung an, eine Novelle zur Änderung desaßregelvollzuges – das betraf die §§ 63 und 64 destrafgesetzbuches – vorzulegen. Eine Bund-Länder-ommission wurde eingerichtet. Im Jahr 1997 präsen-ierte das Bundesjustizministerium den ersten Referen-enentwurf und im Jahr 2000 den zweiten.Dann zogen die Länder nach. Im Jahr 2001 präsen-ierte der Freistaat Bayern den ersten durchkonzipiertenntwurf eines Gesetzes zum Maßregelvollzug. Dieseresetzentwurf des Freistaates Bayern wurde vom Bun-esrat übernommen und ist dann irgendwo hängen ge-lieben. Auf einer Konferenz der Länderjustizministernd des Bundesjustizministers im Jahr 2002 wurden aufer Grundlage dieses bayerischen Gesetzentwurfes ge-isse Empfehlungen abgegeben. Dann dauerte es wiederine Weile – denn man muss manches auch in sich auf-ehmen und verarbeiten –, bis im Frühjahr 2006 derundesrat und die Bundesregierung fast zeitgleich diffe-enzierte Gesetzentwürfe vorgelegt haben.Warum schildere ich das so detailliert? Um klarzustel-en, dass die Länder an diesem Gesetzgebungsverfahrenn der gleichen Weise beteiligt waren wie der Bund. Amnde kann man aber nicht zwei Gesetzentwürfe verab-chieden, sondern nur einen. Das bedeutet aber nicht,ass die Arbeit der Länder umsonst gewesen ist. Dennenn man die Gesetzentwürfe vergleicht, wird man sehrchnell feststellen, dass insbesondere nach der Sachver-tändigenanhörung vieles von dem, was in den Länder-ntwürfen enthalten war, in den Entwurf der Bundesre-ierung übernommen worden ist. Es ist in der Tat gut,as am Ende herausgekommen ist; die Frau Bundesjus-izministerin hat dies dankenswerterweise schon ange-prochen.Nicht alles, was die Länder wollten, wurde übernom-en. Die Änderung, § 63 Strafgesetzbuch – Unterbrin-ung in einer psychiatrischen Anstalt – aufzuweichen,ollten wir nicht übernehmen. Aber einen Änderungs-orschlag zu § 64 – Unterbringung in einer Entziehungs-nstalt – hielten wir für durchaus sinnvoll. Bisher waras eine Mussvorschrift. Es wird jetzt eine Sollvorschrifterden. Das heißt, dass man den Richtern dort, wo die
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Siegfried Kauder
Therapieaussicht relativ schwach ist, die Möglichkeitgibt, die Maßregel der Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt nicht anzuordnen. Das ist in Extremfällender Fall: Wenn beispielsweise ein ausländischer Staats-bürger die deutsche Sprache überhaupt nicht beherrscht,wird es schwierig, bei ihm einen Therapieerfolg herbei-zuführen. Das gilt auch dann, wenn das Therapieergeb-nis aus anderen Gründen „wackelig“ erscheint.Wie schon gesagt wurde, sind die Maßregeleinrich-tungen mehr als ausgebucht. In den Jahren 1996 bis2006 war sowohl bei der Unterbringung in der Psychia-trie als auch in Entziehungsanstalten eine Steigerungs-rate von jeweils über 100 Prozent zu verzeichnen. Da-rum müssen wir helfend eingreifen.Ein Punkt – das wurde zu Recht schon angesprochen –stellt eine deutliche Verbesserung dar. Das ist der teil-weise Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe vor einerMaßregel der Unterbringung in einer Entziehungs-anstalt nach § 64 des Strafgesetzbuches. Diese Rege-lung ist wohlüberlegt. Es ist wenig sinnvoll, einen Straf-täter zuerst erfolgreich einer Therapie zu unterziehen,wenn ein Überhang bei der Freiheitsstrafe nach der Maß-regel angeschlossen werden müsste.Man kann lange darüber debattieren, wann die rich-tige Einstiegsschwelle erreicht ist, um den Vorwegvoll-zug für sinnvoll zu halten. Kollege Montag wird sicher-lich die entsprechende Vorschrift des § 67 Abs. 2 desStrafgesetzbuches kritisieren. Erlauben Sie mir dazu ei-nen Hinweis: Auch das ist als Sollvorschrift ausgestaltet.Stellt der Tatrichter fest, dass ein Vorwegvollzug zusam-men mit der Maßregel zu einer Verlängerung der gesam-ten Haft führen wird, dann muss er den Vorwegvollzugnicht anordnen.§ 67 d Abs. 5 des Strafgesetzbuches ist ebenfalls eineaußerordentlich wichtige Vorschrift. Bisher konnte dasGericht erst nach einem Jahr der Unterbringung in einerEntziehungsanstalt prüfen, ob die Fortsetzung sinnvollist oder ob die Unterbringung abgebrochen werdenmuss. Das wird schon früher möglich sein. Das Gerichtkann dann jederzeit feststellen, ob eine Therapiemaß-nahme greift, und sie gegebenenfalls abbrechen und denTäter in den Vollzug überführen.Ein Wechsel von einer Therapiemaßnahme in die an-dere ist nach dem Gesetzentwurf ebenfalls möglich. Dasist außerordentlich sinnvoll. Des Weiteren wurden unterBeachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt– Band 91, S. 1 ff. – einige weitere Vorschriften einge-führt. Die Entscheidung stammt zugegebenermaßen ausdem Jahr 1994; insofern besteht dringend Regelungsbe-darf.Die Zeit im Maßregelvollzug muss also auch dann aufdie Strafe angerechnet werden, wenn die Ursache fürden Therapieabbruch in der Persönlichkeit und im Ver-halten des Untergebrachten liegt. Bisher durfte eineAnrechnung nur dann nicht erfolgen, wenn der Unter-gebrachte therapieunwillig war. Soweit er therapieunfä-hig war, durfte die Anrechnung nicht versagt werden. In-sddoWrtegbPbDbl3FLRsrMoREomsmubtwIwVakmFsgG
ir haben dieses Thema schon im Rechtsausschuss be-aten. Es geht um das sogenannte Verbot der Schlech-erstellung. Legt nur der Angeklagte gegen ein Urteilin Rechtsmittel ein, gilt der Grundsatz, dass er sich ei-entlich nicht verschlechtern darf, sondern sich nur ver-essern können muss. Aber das Verbot der Reformatio ineius hat keinen Verfassungsrang. Das Rechtsstaatsge-ot gebietet ein Verbot der Reformatio in Peius nicht.eswegen gibt es schon nach geltendem Recht Durch-rechungen. Darin wird mir der Kollege Montag sicher-ich recht geben. Ein Blick in die §§ 331 Abs. 2 und58 Abs. 2 der Strafprozessordnung in der bisherigenassung zeigt, dass es dort schon Durchbrechungen gibt.egt nämlich ein Angeklagter gegen ein Urteil einechtsmittel ein, kann er sich in der Rechtsmittelinstanzchon nach jetzigem Recht verschlechtern, wenn das Ge-icht zu dem Ergebnis kommt, dass neben der Strafe eineaßregel nach §§ 63 oder 64 des Strafgesetzbuchs anzu-rdnen ist.Das heißt, schon nach geltendem Recht kann einichter die Unterbringung eines Angeklagten in einerntziehungsanstalt oder einer psychiatrischen Klinik an-rdnen, auch wenn dieser nur zu seinen Gunsten Rechts-ittel eingelegt hat. Wenn dieser Weg erlaubt ist, stelltich die Frage, warum nicht auch der umgekehrte Wegöglich sein soll; denn sonst hätten wir in der Tat dasnerquickliche Ergebnis, dass eine Maßregel der Unter-ringung nach § 63 des Strafgesetzbuchs in der psychia-rischen Klinik aufgehoben würde und nach Zurückver-eisung durch das Revisionsgericht das Gericht ersternstanz keine andere Entscheidung treffen könnte. Dasäre unbillig. Deswegen ist auch in diesem Punkt daserbot der Reformatio in Peius zu durchbrechen.Das Gesetzeswerk insgesamt hat zwar lange gedauert,ber wie Sie sehen, ist es im Ergebnis gut. Deswegenann man dem Gesetzentwurf guten Gewissens zustim-en, worum ich bitte.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulla Jelpke von der
raktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ge-etzentwurf der Bundesregierung enthält einen wichti-en Grundgedanken: Gefängnisse machen krank. Dieseredanke wird leider nicht vertieft. Die Konsequenz
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Ulla Jelpkewäre nämlich: Therapie statt Strafe, psychisch- undsuchtkranke Täter therapieren und nicht bloß einsperren.Es läge auch im Interesse der Öffentlichkeit, dass krankeTäter im Knast nicht noch kränker werden und weitereStraftaten begehen können.Den Gesetzentwurf durchziehen leider vorwiegendökonomische Überlegungen. Die Einrichtungen desMaßregelvollzugs sollen effektiver arbeiten. Das ist eingutes Vorhaben, aber das, was die Regierung plant, scha-det den Therapiebedürftigen und der Öffentlichkeit. Mankann nicht nur mit kurzfristigen Kosteneinsparungenargumentieren, sondern muss auch längerfristige Überle-gungen anstellen. Das vermissen wir.Eine wichtige Änderung sieht jetzt die Möglichkeitvor, bei Strafen über drei Jahren erst einen Teil der Haft-strafe abzusitzen. Danach soll therapiert werden. DerGrund: Ein Gefängnisaufenthalt nach der Therapie ge-fährde den Therapieerfolg. Mit anderen Worten: Knastmacht krank. Deswegen wurden die Insassen im Zwei-felsfall länger im Maßregelvollzug belassen. Aber das istder Regierung nun zu teuer geworden. Nicht aus fachli-chen, sondern aus rein finanziellen Erwägungen wollenSie die alte Regel umkehren.
Sie wissen, was Experten – auch in der Anhörung – ge-sagt haben: Gefängnis wirkt sich negativ auf die Thera-piewilligkeit eines Menschen aus. An Drogen kommtman im Knast gut ran; auch das wissen Sie. Ob das dierichtige Grundlage für eine Therapie ist, Herr Kauder,wage ich zu bezweifeln.Ich will noch einen anderen kritischen Punkt nennen;die Ministerin hat ihn angesprochen. Für Menschen ohnedeutschen Pass soll in Zukunft gelten: erst Knast, dannkeine Behandlung, dann Abschiebung. In der Gesetzes-begründung ist von durchreisenden Drogenkurieren, dieselbst drogenabhängig sind, die Rede. Diese mag es jageben, aber es gibt auch drogenkranke Menschen ausEinwandererfamilien, die hier in der dritten Generationleben. Ich meine, dass sie hier behandelt werden müssenund nicht in dem Land, aus dem sie ursprünglich kom-men. Es ist meiner Meinung nach ziemlich zynisch,diese Aufgabe anderen Gesellschaften aufzudrücken unddiesen Menschen hier nicht zu helfen. Denn sie sindkrank.
Der Gesetzentwurf enthält einige richtige Überlegun-gen, etwa über die regelmäßigen Begutachtungen der imMaßregelvollzug Untergebrachten. Wir sind jedoch derMeinung, dass diese Begutachtungen häufiger gesche-hen sollten. Aber das lassen wir einmal dahingestellt.Nur: Damit werden Sie das Problem der Überbele-gung, die hier schon angesprochen wurde, nicht lösen.Die Belegungszahlen in den therapeutischen Einrich-tungen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.Warum ist das so? Darauf hat die Regierung leider keineAntwort gegeben. Ich gebe zu: Auch wir haben daraufkeine einfache Antwort. Aber wir haben eine Einsicht.DksnizaSwBGulgwgsHWKHnsnenlzmbNrgDdad
Deswegen lautet mein Vorschlag, Nägel mit Köpfenu machen und diesen Gesetzentwurf nicht vorschnellus Kostengründen durchzupeitschen.
timmen Sie heute gegen den Gesetzentwurf. Fangenir die Debatte noch einmal von vorne an.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag von
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deresetzentwurf, den wir heute verabschieden, ist im Kernnd im Grundsatz gut. Er ist durch die Beratung im Par-ament und durch die Arbeit im Rechtsausschuss in eini-en wesentlichen Punkten noch verbessert worden. Ichill an dieser Stelle zu Ihnen, Frau Kollegin Jelpke, sa-en: Ich bin fast geneigt, zu bewundern, wie Sie eschaffen, nun wirklich jedes Thema in diesem Hause mitartz IV in Verbindung zu bringen.
as nun der Maßregelvollzug mit dem psychiatrischenrankenhaus und mit der Entziehungsanstalt mitartz IV zu tun hat, erschließt sich niemandem außer Ih-en.
Natürlich hat es viel zu lange gedauert, bis dieser Ge-etzentwurf vorlag. Ich will an dieser Stelle daran erin-ern: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1994ntschieden, dass in eine Entziehungsanstalt nur derje-ige verbracht werden kann, bei dem konkrete Hei-ungschancen bestehen, und dass ein solcher Aufenthaltu beenden ist, wenn sich zeigt, dass eine Heilung nichtöglich ist. Warum es eigentlich 14 Jahre gedauert hat,is diese Einsicht heute gesetzlich verankert wird, ist imachhinein nur schwer nachzuvollziehen. Jeder, der da-an beteiligt war – auch wir –, sollte sich da an die ei-ene Nase fassen.Für die Verzögerung hat es natürlich Gründe gegeben.arüber habe ich aber eine etwas andere Auffassung alser Kollege Kauder. Die Verzögerung hängt zum Teiluch damit zusammen, dass in vielen wichtigen Punktenie Vorschläge der Länder und die Vorschläge des Bun-
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Jerzy Montagdes in einem unversöhnlichen Gegensatz standen. Des-wegen mussten alle Vorschläge der Länder, die im Wi-derspruch zu den bundespolitischen Rechtsauffassungenstanden, abgelehnt werden. Aus dieser Auseinanderset-zung zwischen Bund und Ländern resultiert unter ande-rem die Länge des Verfahrens.
Ich will einige Punkte nennen, die die Vorteile diesesGesetzentwurfs deutlich machen. Ein Aufenthalt in einerEntziehungsanstalt nur bei konkreter Heilungsaussichtist ein Fortschritt. Dass die Einweisung in eine Drogen-entziehungsanstalt Ausländern, die sprachunkundig sind,nicht verweigert werden kann, ist ebenfalls ein Fort-schritt, der durch dieses Gesetz bewirkt wird. DieserPunkt war bisher durchaus streitig. Ich halte es für not-wendig, dass bei Freiheitsstrafen über drei Jahren – wirhätten gerne eine Grenze von vier Jahren gehabt –
der Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe angewendetwird. Denn: Wenn zum Schluss noch eine Behandlungs-bedürftigkeit besteht, dann hat der Betroffene die Mög-lichkeit, nach dieser Behandlung in einer Entziehungs-anstalt sofort in Freiheit zu kommen. Es ist gut, dass wirfestgehalten haben, dass dem Betroffenen durch dierecht komplizierten Anrechnungen kein Nachteil er-wachsen soll.Ich will noch Folgendes klarstellen: Wenn die nach-folgende Maßregel bei ausreisepflichtigen Ausländernwegfallen würde, wie Sie, Frau Ministerin Zypries, ge-sagt haben, dann würden die Grünen diesem Gesetzent-wurf nicht zustimmen. Wir haben im Rechtsausschussgenau diese Vorschrift geändert. Jetzt heißt es, dass einesolche Möglichkeit der Versagung der Maßregel nur be-steht, wenn ein Ausländer ausreisepflichtig ist und dieAusreise sicher zu erwarten ist. Damit ist sichergestellt,dass all diejenigen, bei denen Ausreisehindernisse beste-hen – das sind sehr viele; diese Menschen sind zwar aus-reisepflichtig, aber sie können nicht ausreisen und blei-ben im Lande –, selbstverständlich in den Genuss einerDrogenentziehungsmaßnahme kommen können.Zum Schluss will ich noch eines sagen: Natürlich istauch dieser Gesetzentwurf mit einem Fehler bemakelt.Ich beziehe mich auf § 358 Abs. 2 der Strafprozessord-nung. Die Bundesregierung war einmal der Meinung:Der Vorschlag höhlt das Verschlechterungsverbot, ei-nen fundamentalen Grundsatz des Strafprozessrechtes,der zu einer fairen Prozessgestaltung beiträgt, in unver-tretbarer Weise aus.
Dieser Satz stammt aus dem Hause Zypries. AnderthalbJahre später heißt es aus dem gleichen Hause: Die Bun-desregierung steht der Prüfung des Vorschlags derDurchbrechung des Verschlechterungsverbots aufge-schlossen gegenüber.Wir haben gesagt, dass wir das nicht wollen, und ha-ben deshalb einen Änderungsantrag gestellt. Er ist vonIhnen leider abgelehnt worden. Aber das hindert unsngwgFNfoTecKpbJhDhDsgEwdtumeRBSkDWtdgmdd§
Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
ebe ich dem Kollegen Joachim Stünker von der SPD-
raktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieotwendigkeit und Einrichtung des Maßregelvollzugsolgt aus dem ehernen Grundsatz, dass es keine Strafehne Schuld gibt. Darum ist es notwendig, bestimmteäter, die straffällig geworden sind, ohne dass man ihneninen Schuldvorwurf machen kann, in einem entspre-henden Vollzug, entweder in einem psychiatrischenrankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt, zu thera-ieren. Schließlich gibt es ja auch noch die Möglichkeit,eides sozusagen nebeneinander anzuordnen.Dass es diese Möglichkeiten geben muss, steht, Frauelpke, wie ich glaube, seit gut 100 Jahren im StGB, daseißt also schon zu Zeiten, als über Hartz IV und solcheinge noch kein Mensch in diesem Land gesprochenat.
as hat sich ganz einfach und notwendigerweise aus ge-ellschaftlichen Zusammenhängen und Bedingungen er-eben. Es gab auch Zeiten, zu denen die entsprechendeninrichtungen stärker belegt waren als heute. Ich weiß,orüber ich rede; denn ich habe fast 25 Jahre im Bereiches Strafrechts gearbeitet. Bezüglich der Zahl der Be-roffenen kann man eine Wellenbewegung mit Tälernnd Höhen konstatieren. Hier nun aber einen Zusam-enhang mit Hartz IV herzustellen, ist wirklich absurd.Ich warte nun wirklich seit fast zwei Jahren darauf, ininer rechtspolitischen Debatte einmal eine gehaltvolleede von der Fraktion Die Linke hier im Deutschenundestag zu hören.
ie entziehen sich ja nun wirklich laufend der Fachdis-ussion. Vorschläge werden überhaupt nicht unterbreitet.ie Personen, die bei Ihnen handeln, wechseln ständig.enn Sie wirklich ernsthaft mitdiskutieren wollen, dannun Sie es bitte, aber nicht so, wie Sie es heute hier wie-er versucht haben.Aus dem Grundsatz, den ich eben genannt habe, er-ibt sich ein zweiter Ansatz: Herr Kollege Montag, Sieüssen es doch der deutschen Öffentlichkeit irgendwieeutlich oder begreifbar machen, was Sie mit jemanden,er einen Totschlag begangen hat, aber bei dem nach20 die Schuldunfähigkeit festgestellt wurde und dessen
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Joachim StünkerUnterbringung angeordnet wurde, dann, wenn bei einervon ihm eingelegten Revision festgestellt wird, er warnicht schuldunfähig, sondern schuldfähig, geschehensoll. Wollen Sie den nun laufen lassen, oder was wollenSie mit ihm machen?
– Nein, ich möchte zum Schluss kommen. – Das heißtalso, die von Ihnen hier begonnene Grundsatzdiskussiongeht ein Stück weit an den Notwendigkeiten vorbei.Deshalb haben wir uns auf Anregung der Länder sehrwohl dazu entschieden, die Durchbrechung des Ver-schlechterungsgrundsatzes in diesem Fall zu gestatten.
Herr Kollege Stünker, der Kollege Montag wollte
eine Zwischenfrage stellen.
Nein, ich hatte schon gesagt, ich würde gerne zum
Schluss kommen, weil ich gleich einen Termin habe.
Deshalb habe ich heute Mittag einfach nicht mehr die
Zeit dazu. Es tut mir leid.
Schließlich möchte ich noch anmerken, dass es sehr
lange gedauert hat – das ist richtig –, bis diese Novellie-
rung erfolgt ist. Vielleicht bedurfte es erst der Großen
Koalition, um vernünftige Gespräche mit den Ländern
darüber führen zu können. Im Ergebnis können wir fest-
stellen, dass sich jetzt einiges aufeinander zubewegt hat,
was über einen langen Zeitraum sehr unversöhnlich ge-
genüberstand.
Die Praxis wird froh sein, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, dass wir mit diesen Regelungen ihr ein flexibleres
Vorgehen ermöglichen. Das wird die Anwendung dieser
Maßnahme in der Praxis wesentlich erleichtern.
Ich bedanke mich bei Ihnen für die faire und sachli-
che Beratung und freue mich, dass diesem Gesetzent-
wurf eine breite Mehrheit zustimmen wird.
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem
Kollegen Jerzy Montag.
Danke, Herr Präsident. – Lieber Kollege Stünker,
nachdem Sie mich persönlich mit einer rhetorischen
Frage angesprochen haben, hätte ich es schon für gut be-
funden, wenn Sie mir auch Gelegenheit gegeben hätten,
darauf zu reagieren. So will ich es nun auf diese Art und
Weise tun.
Ich gebe Ihnen recht: Es ist nicht einfach, in einer
Diskussion Rechtsunkundigen klarzumachen, warum
wir alle gemeinsam immer noch im Grundsatz der Auf-
fassung sind, dass die Position von jemandem, der vor
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Es gibt im Strafrecht schwierige Fragen. Manchmal
uss man auch gegen die Vox populi anargumentieren.
ber dass jemand, der sich bei Gericht beschwert, des-
egen nicht schlechtergestellt werden soll, ist ein
rundsatz, den wir nicht verlassen sollten.
Herr Kollege Stünker zur Erwiderung, bitte.
Es wäre ein bisschen kollegialer gewesen, Herr
ontag, wenn Sie mir vorhin zugehört hätten. Aber
kay, dann muss ich es noch einmal sagen.
Das Problem ist ein ganz einfaches. Sie sagen nicht
ie volle Wahrheit. Natürlich kann der Rechtsstaat ein
olches Ergebnis nicht hinnehmen. Wenn wir dieses In-
trument, über das wir hier reden, nicht schaffen würden,
ürde das bedeuten, dass die Staatsanwaltschaft in je-
em dieser Fälle ebenfalls Revision einlegen würde. Das
st ein Beispiel für Bürokratie. Mehr wird das im Ergeb-
is nicht bringen.
Man muss sich bei diesen Dingen eben ein bisschen
uskennen. Das wird ein Annex sein. Jeder Staatsanwalt
ird bei einer Verurteilung nach § 20 StGB einfach sa-
en: Ich lege das Rechtsmittel der Revision ein. – Er
ann es gar nicht anders machen.
Herr Montag, bauen Sie also nicht einen Popanz auf!
as gehört hier nicht hin. Es lohnt sich nicht.
Jetzt schließe ich die Aussprache.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9745
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsWir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Siche-rung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kran-kenhaus und in einer Entziehungsanstalt. DerRechtsausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-empfehlung auf Drucksache 16/5137, den Gesetzent-wurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/1110 inder Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-men wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? –Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera-tung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, derFraktion der FDP, der Fraktion des Bündnisses 90/DieGrünen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke ange-nommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichenStimmenverhältnis angenommen.Abstimmung über den Gesetzentwurf des Bundesra-tes zur Reform des Rechts der Unterbringung in einempsychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungs-anstalt. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seinerBeschlussempfehlung auf Drucksache 16/5137, den Ge-setzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 16/1344abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurfzustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-men? – Enthaltungen? – Dann ist der Gesetzentwurf inzweiter Beratung einstimmig abgelehnt. Damit entfälltnach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 31 sowieZusatzpunkt 8 auf:31 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Familie, Senioren,Frauen und Jugend
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. BarbaraHöll, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-KENElternbeitragsfreie Kinderbetreuung aus-bauen– zu dem Antrag der Abgeordneten EkinDeligöz, Volker Beck , Grietje Bettin,weiterer Abgeordneter und der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENLeben und Arbeiten mit Kindern möglichmachen– zu dem Antrag der Abgeordneten EkinDeligöz, Krista Sager, Kai Gehring, weitererAbgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNENKinder fördern und Vereinbarkeit von Be-ruf und Familie stärken – Rechtsanspruchauf Kindertagesbetreuung ausweiten– Drucksachen 16/453, 16/552, 16/1673, 16/3219 –ZAdsndboDnDkgdkdJKmDFBhh
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichin sehr dankbar dafür, dass ich als Erste das Wort habe,bwohl es um Anträge der Oppositionsfraktionen geht.
as zeigt deutlich, dass wir bei diesem Thema die Mei-ungsführerschaft übernommen haben.
as kann man auch an so einer formellen Stelle einmallarmachen. – Vielen Dank.In die Debatte ist – das brauche ich Ihnen nicht zu sa-en, weil Sie alle an dem Thema interessiert sind – inen letzten Monaten eine unglaubliche Bewegung ge-ommen. Da hat sich in kurzer Zeit mehr getan als inen Jahren zuvor. Ich selber habe in der Kommune langeahre Verantwortung getragen und verzweifelt für mehrinderbetreuung gekämpft. Die Uhren haben mehr oderinder stillgestanden. Jetzt haben wir etwas erreicht.as begrüßen natürlich auch die Kollegen der SPD-raktion. Das weiß ich, und da sitzen wir alle in einemoot. Ich danke der Familienministerin dafür, dass wirier auf einem so guten Weg sind.
Sie hat eine Lawine losgetreten, und nicht nur das: Sieat auch Nägel mit Köpfen gemacht; was sie getan hat,
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Dr. Eva Möllringwar ein erster Meilenstein. Sie hat die Vertreter von16 Ländern und vor allen Dingen die Vertreter der Kom-munen an einen Tisch gebracht. Wir, die CDU, habenimmer gesagt: Kinderbetreuung fällt in erster Linie indie Verantwortung der Kommunen. Deswegen ist esso wichtig, dass man die Kommunen zwecks Klärungder Finanzierungswege an den Tisch holt.Die Ministerin hat das Ziel – die Zahlen brauche ichIhnen nicht zu nennen; jeder hier kennt sie auswendig –,die Notwendigkeit und die Aufgabenverteilung geklärt.Deswegen müssen wir heute nicht mehr darüber disku-tieren – dafür bin ich dankbar –, ob Angebote zur Be-treuung unserer Kinder – damit meine ich auch die Kin-der bis zu drei Jahren – in Deutschland notwendig sind.Gott sei Dank ist diese Frage geklärt.
Der nächste Schritt muss jetzt sein, die Frage zu be-antworten, wie wir die Aktivitäten und die Mittel sosteuern können, dass die Familien diejenigen Angebotebekommen, die sie für ihre Lebensplanung brauchen.Wie wir alle wissen, ist der Bedarf vor Ort völlig unter-schiedlich.Ich möchte das einmal anhand meines Wahlkreises– er ist ziemlich groß; ich weiß, dass auch andere Kolle-gen große Wahlkreise vertreten – erläutern.Dort gibt es Eltern, deren Arbeitgeber groß ist. DieseEltern wollen, dass sich die – staatlichen – Kinderbetreu-ungsplätze möglichst unweit der Bundesstraße befinden,auf der sie zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Noch lieberwäre ihnen, wenn die Kinderbetreuung in demjenigenBetrieb wäre, in dem sie arbeiten.
Dafür hat ihr – womöglich sehr sozialer – Betrieb bisherallerdings noch nicht gesorgt.
– Frau Lenke, Sie erklären nachher, was für ein Betriebdas ist. – So viel zur Problematik der Betriebskindergär-ten.Außerdem gibt es Familien, die in kleinen Gemeindenauf dem Land leben. Dort kann man gar keine staatli-chen Krippenplätze vorhalten, weil der Bedarf vollkom-men unterschiedlich ist und rasch wechselt. Dort willman Tagesmütter, Stundenkontingente und Flexibilitäthaben. Man muss sich dafür einsetzen, dass Kinderbe-treuung ohne bürokratischen Aufwand möglich ist undnicht durch Auflagen vollkommen überfrachtet wird.Last, not least gibt es Eltern, die Landwirte sind. De-ren Kinder sind in der Regel ganztägig in der Familieund auf dem Hof. Ich sage Ihnen: Auch sie leisten ihrenAnteil an der Erziehung, und deswegen möchte ich siean dieser Stelle nicht vergessen.
Für alle diese Familien und nicht nur für einen Teilmüssen wir ein Angebot vorhalten.uDadwdbnKvMhwgzSNdizgdlBhtwsEnaSdtdsmzkdKB
Danke schön fürs Zuhören.
Es gibt einen Antrag zur Geschäftsordnung von derollegin Schewe-Gerigk von Bündnis 90/Die Grünen.itte.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007 9747
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirdiskutieren heute über das Thema Kinderbetreuung, einThema, das in den letzten Monaten im Zentrum der Poli-tik gestanden hat. Hier liegen Anträge von zwei Fraktio-nen vor, über die zu diskutieren ist. Ich sehe, dass dieMinisterin an dieser Debatte nicht teilnimmt. Wir habenim Vorfeld keine Information darüber bekommen, dassdie Ministerin unabkömmlich ist. Darum bitte ich Sie,nach § 42 unserer Geschäftsordnung über die Herbei-zitierung der Ministerin abstimmen zu lassen.
Zur Geschäftsordnung hat sich ebenfalls der Kollege
Koschyk gemeldet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei
dieser Debatte ist der Parlamentarische Staatssekretär im
zuständigen Bundesressort, Herr Kues, anwesend.
Die Ministerin ist aufgrund anderweitiger Termine ver-
hindert. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von Bünd-
nis 90/Die Grünen, wir haben, wenn wir die Plenartages-
ordnung festlegen, immer das Einvernehmen, dass Sie
uns als Oppositionsfraktionen sagen, wenn Sie zum Bei-
spiel wollen, dass bei bestimmten Tagesordnungspunk-
ten die Ministerin oder der Minister anwesend ist.
– Doch.
Das Wort hat der Kollege Koschyk.
Die Ministerin ist aufgrund anderer Termine entschul-
digt, und der Staatssekretär ist anwesend. Ich finde, liebe
Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen,
es wird dem Thema nicht gerecht, wenn Sie jetzt einen
Antrag auf Herbeizitierung der Ministerin stellen. Kon-
zentrieren Sie sich auf die Sachdebatte, und lassen Sie
diese Schaukämpfe, die diesem Thema nicht gerecht
werden!
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Kollege
Jürgen Koppelin.
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err Kollege, Ihre Argumente können nicht gelten. Wir
aben heute einen Sitzungstag, und da kann die Ministe-
in nicht entschuldigt sein; bei unserer Fraktion ist sie je-
enfalls nicht entschuldigt, uns ist das nicht bekannt. An
inem Sitzungstag kann die Ministerin keine anderen
ermine haben; es sei denn, sie sind wirklich wichtig.
rstens aus diesem Grund lasse ich Ihre Argumente
icht gelten.
Zweitens. Der Herr Staatssekretär, dessen Anwesen-
eit Sie hier loben, hat sich nicht einmal auf die Redner-
iste setzen lassen. Das ist ein Armutszeugnis bei einem
o wichtigen Thema.
Ein dritter Punkt, Herr Kollege. Es kann einfach nicht
ein, dass diese Ministerin von Interview zu Interview
echelt, aber den Plenarsaal meidet.
ch vermute, warum sie den Plenarsaal meidet: weil sie
en Sozialdemokraten nicht über den Weg laufen will. In
em Zusammenhang darf ich mit Genuss zitieren, was
eter Struck in dieser Woche gesagt hat. Nach seinen
orten ist dieses „Gewürge ein Offenbarungseid“ für
amilienministerin Ursula von der Leyen, CDU. „Mehr
ls heiße Luft ist bei ihr bisher noch nicht herausgekom-
en.“ So Peter Struck. Dem ist nichts mehr hinzuzufü-
en.
Wir bleiben dabei: Wir beantragen die Herbeirufung
er Ministerin.
Auch Frau Kollegin Kumpf hat sich zur Geschäfts-
rdnung gemeldet. Bitte schön.
Liebe Kolleginnen und Kollegen Parlamentarischeeschäftsführer! Ich kann verstehen, dass Sie jetzt, zumnde der Woche, ein bisschen Zirkus machen wollen. Esibt einen parlamentarischen Brauch. Wir sind das Parla-ent, und wir sollen über diesen Antrag debattieren. Fürich als Abgeordnete ist es zunächst einmal gar nicht re-evant, ob die Ministerin auf der Regierungsbank sitztder ob wir uns auseinandersetzen.
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9748 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. April 2007
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Ute KumpfIch glaube, wir sind Manns und Frau genug, uns inhalt-lich zu streiten.
– Ein bisschen langsam! – Wir sind heute dabei, Anträgezu beraten. Ich weiß gar nicht, warum Sie so autoritäts-den Mitgliedern des Bundestages sagen, dasssie rausgehen sollen?)– Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, denPlenarsaal zu verlassen.Ich will daran erinnern, worüber jetzt beim Hammel-sprung abgestimmt wird. Es geht um den Antrag der Op-gläubig sind. Hier ist heute der Platz, diese Debatte zuführen. Warum suchen Sie Ihre Mutter? Ich glaube, wirkönnen hier auch ohne Mutter debattieren, und wir ha-ben genügend Zeit, diese Debatte ordentlich, auch ohnedie Ministerin, fortführen zu können.Noch ein Wort: Alle reden davon, dass es im Zusam-menhang mit der Kinderbetreuung ein großes Problemgibt, nämlich die Männer. Ich sage immer: Bei der Frageder Kinderbetreuung schwächeln die Männer. Sie neh-men ihre Pflichten nicht wahr. Es ist gut, dass der Staats-sekretär unsere Anregungen in der Debatte entgegen-nimmt. Die Ministerin ist bei ihren Terminen gutaufgehoben.
Ich bitte um Aufmerksamkeit. Wir kommen zur Ab-
stimmung. Wer für die Herbeizitierung der Ministerin
stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstim-
men! – Enthaltungen? –
Das Präsidium hat eine unterschiedliche Betrachtungs-
weise.
Das ist nicht ganz überraschend. Deswegen kommen wir
jetzt zum Hammelsprung.
Ich bitte Sie alle, den Saal zu verlassen und die Türen zu
schließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt einen Bedarf
an Schriftführern. Können sich einige Schriftführer, die
an den Türen zählen, bei Herrn Kollegen Winkler mel-
den?
Liebe Gäste, ich fordere Sie auf, solche Aktivitäten zu
nterlassen und sofort die Zuschauertribüne zu verlas-
en.
Ich bitte all diejenigen, die sich noch außerhalb des
lenums befinden, endlich durch eine der Türen zu ge-
en und abzustimmen.
Darf ich die Schriftführerinnen und Schriftführer fra-
en, ob sich noch Abgeordnete außerhalb des Plenar-
aals befinden, ob wir die Abstimmung beenden kön-
en?
Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen, damit ich sehen
ann, ob alle Abgeordneten in den Plenarsaal gekommen
ind.
Der Hammelsprung ist beendet. Ich teile das Ergebnis
er Abstimmung mit: Für den Antrag haben 76 Kolle-
innen und Kollegen gestimmt, 192 haben dagegen ge-
timmt.
amit ist der Antrag auf Herbeirufung der Ministerin ab-
elehnt.
Nach unserer Geschäftsordnung ist die Beschlussfä-
igkeit des Hauses nur dann gegeben, wenn mehr als die
älfte seiner Mitglieder anwesend ist. Ich stelle also
est, dass das Haus nicht beschlussfähig ist und hebe die
itzung damit auf.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.