Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich dem Hause bekannt, daß ein interfraktioneller Wunsch besteht, die geschäftsordnungsmäßig für morgen auf 14.30 Uhr angesetzte Fragestunde auf morgen vormittag 9 Uhr zu verlegen. Meine Damen und Herren, das kann der Bundestagspräsident nicht von sich aus tun. Nach § 127 der Geschäftsordnung bedarf es dazu einer Zweidrittel-Mehrheit des Hauses, weil hier eine Abweichung von der Geschäftsordnung vorliegt. Ich empfehle dem Hause, dieser Änderung für morgen zuzustimmen. Ich frage, ob sich dagegen Widerspruch erhebt. — Das ist nicht der Fall. Die Fragestunde findet also morgen um 9 Uhr statt.
Damit kommen wir zur Tagesordnung. Die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung, die Ihnen vorliegt, werden nicht heute, sondern morgen nach der Fragestunde aufgerufen.
Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde
Zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Ich rufe die Frage I/1 — des Herrn Abgeordneten Matthöfer — auf:
Wird die in Bad Godesberg erscheinende Zeitung „La voz de los españoles en centro europa von der Bundesregierung aus Steuermitteln unterstützt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gehört zur Betreuung der ausländischen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik, daß sie in ausreichendem Maße durch ein Publikationsorgan in ihrer eigenen Sprache über die Verhältnisse und die Lebensweise in der Bundesrepublik unterrichtet werden. Nach den problematischen Erfahrungen, die die Bundesregierung mit der Unterstützung einer spanischen Publikation gemacht hat, habe ich es daher sehr begrüßt, daß ein deutscher Verlag sich entschlossen hat, auf eigene Rechnung eine Wochenzeitschrift für spanische Gastarbeiter herauszugeben. Diese Wochenzeitschrift erscheint seit dem 11. Oktober dieses Jahres unter dem Namen „La voz de los españoles en centro europa" in Bad Godesberg. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat zur Unterstützung der Zeitschrift bisher von jeder Nummer — zunächst bis Ende 1965 befristet — einen Teil der Auflage zur Verteilung in den spanischen Zentren angekauft.
Ich kann noch hinzufügen, Herr Abgeordneter, die Gesamtauflage beträgt 20 000 Exemplare; von jeder Auflage werden 7500 Exemplare angekauft. Der Stückpreis beträgt 20 Pf, so daß jeweils 1500 DM aufgewandt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird diese Zeitung die in den ersten Nummern erkennbare arbeitgeberfreundliche und mitbestimmungsfeindliche Tendenz auch in Zukunft beibehalten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich möchte die Prämisse, die in Ihrer Frage liegt, nicht anerkennen, sondern ich möchte betonen, daß diese Zeitung von einem unabhängigen Verlag, dem Grafes-Verlag, unter einem deutschen Chefredakteur herausgegeben wird. An der Mitarbeit sind außerdem in Deutschland lebende spanisch sprechende Redakteure beteiligt.
Zweite Zusatzfrage.
Kann die Bundesregierung darauf hinwirken, Herr Staatssekretär, daß den deutschen Gewerkschaften ein gewisser Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung der Zeitung eingeräumt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, auf Grund aller Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit bei der Unterstützung von Gastarbeiterzeitungen gemacht haben, halte ich es für am wichtigsten, dafür zu sorgen, daß keinerlei besonderer Einfluß auf eine solche Zeitung genommen wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erler.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bewußt, daß sich die Bundesregierung dort, wo es sich um die Erziehung von Arbeitnehmern in Ländern, die durch kommunistische Infiltration gefährdet sind, handelt, sehr gern der geistigen Unterstützung des Deutschen Gewerkschaftsbundes bedient?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir werden uns überall da, Herr Abgeordneter, wo durch eine Hinzuziehung des Deutschen Gewerkschaftsbundes eine Stärkung der allgemeinen Position erzielt wird, gerne dieser Unterstützung bedienen. Ich kann das nur unterstreichen, daß das auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe erfolgt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sprachen Sie von einem besonderen Einfluß und einer besonderen Einwirkung. Soll daß heißen, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund und die freiheitlichen Arbeitnehmerorganisationen von Ihnen nicht zu unserer Gesellschaft, zu unserer gesellschaftlichen Ordnung gerechnet werden und daß Sie sie auch nicht für befugt I halten, diese den Leuten darzulegen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir ist nicht bekannt, Herr Abgeordneter, daß man das Epitheton „besonders" so interpretieren muß, daß es hier besagt: außerhalb unserer Gesellschaftsordnung stehend.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Dann darf ich wohl aus Ihrer Antwort schlußfolgern, daß Sie ihnen aber eine besondere Rolle innerhalb unserer Gesellschaftsordnung sozusagen zuschreiben wollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf hier vielleicht ein Wort des Herrn Bundeskanzlers zitieren, der gesagt hat: Wenn es die Gewerkschaften nicht gäbe, müßte man sie erfinden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erler.
Meinen Sie nicht, daß gerade nach diesem kurzen Wortwechsel klar ist, daß es legitim wäre, wenn auch zur Auseinandersetzung mit gewissen kommunistischen Einflüssen innerhalb der Gastarbeiterschaft in Deutschland auch die auf diesem Gebiet erfahrenen deutschen Gewerkschaften in die Arbeit eingeschaltet würden, um die es sich hier handelt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen zunächst sagen, daß ich über die Situation, die sich aus der, wie ich gesagt habe, problematischen Unterstützung einer spanischen Zeitung entwickelt hat, ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Herrn Rosenberg, gehabt habe. Es ist also nicht so, daß die Bundesregierung nicht bemüht wäre, in dieser Sache auch den Gewerkschaftsbund zu hören.
Ich rufe auf die Frage I/2 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —:
Welche Fortschritte sind bei den jüngsten Besprechungen mit dem französischen Informationsminister Peyrefitte in Richtung auf ein einheitliches europäisches Farbfernsehsystem erreicht worden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundeskanzleramts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Thema Farbfernsehen, Herr Abgeordneter, hat nicht auf der Tagesordnung der deutsch-französischen Gespräche vom 5. November 1965 gestanden. Ich habe aber anläßlich dieser Tagung in einem Gespräch unter vier Augen mit dem französischen Informationsminister Peyrefitte noch einmal erneut vorgeschlagen, in einem deutsch-französischen Round-Table-Gespräch, an dem sich die Vertreter der Industrie, der Ministerien und der Rundfunkanstalten beteiligen sollen, über das Farbfernsehthema und die Möglichkeit einer Kombination bzw., wenn es zu keiner technischen Kombination kommt, über die Möglichkeiten einer technischen Erleichterung der dann eingetretenen Situation zu sprechen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, zu welchem Ergebnis sind Sie bei dieser privaten Besprechung gekommen, und hat Ihnen Ihr französischer Gesprächspartner etwas darüber gesagt, was vielleicht anläßlich des Besuchs von Herrn Couve de Murville in Moskau hinsichtlich der Zusammenarbeit der französischen Regierung mit der sowjetischen Regierung auf dem Gebiet des Farbfernsehens geschehen ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mein französischer Gesprächspartner hat zunächst noch keine definitive Antwort auf die Wiederholung meines Vorschlages gegeben. Mein französischer Gesprächspartner hat mich in Grundzügen unterrichtet über den Stand der Verbreitung des SECAM-
Deutscher Bundestag— 5. Wahlperiode— 5. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1965 39
Staatssekretär von Hase
Systems in Europa und über das bisherige Ergebnis der politischen Demarchen und auch der technischen Präsentationen, die die französische Regierung nicht nur in Moskau, sondern auch in anderen Ostblockstaaten unternommen hat. Ich darf vielleicht hinzufügen, Herr Abgeordneter, daß die Bundesregierung aus wohlerwogenen Gründen davon absieht, dieses technische Problem zu politisieren. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die internationale Diskussion der Fachleute zunächst bis zu einer Entscheidung, welches das technisch beste System ist, politisch nicht belastet werden sollte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sänger.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer letzten Anwort entnehmen, daß Sie die Einführung des PAL- oder SECAM-Systems ausschließlich als ein technisches und nicht auch als ein eminent politisches Problem betrachten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Ergebnisse, Herr Abgeordneter, sind selbstverständlich auch politisch, obwohl wir, was im allgemeinen verkannt wird, auch auf Grund der verschiedenen Schwarzweiß-Fernsehnormen bereits ein dreigeteiltes Europa haben. Erstens der Ostblock, zweitens die Masse der Staaten Mitteleuropas, darin eingeschlossen die SBZ, und eine dritte Gruppe, Frankreich und einige westeuropäische Staaten, haben verschiedene Schwarzweiß-Normen, die bereits jetzt einen direkten Austausch von SchwarzweißProgrammen unmöglich machen. Auch wenn es zur Einführung eines einheitlichen Farbfernsehsystems käme, könnte dieses Farbfernsehsystem technisch nur an die Grundlagen der verschiedenen Schwarzweiß-Systeme anknüpfen, und diese Grundlagen sind, wie ich soeben darzulegen versucht habe, in Europa dreigespalten. Falls es zu einer Einführung von verschiedenen Farbfernsehsystemen kommt, besteht technisch die Möglichkeit, daß unser Farbfernsehen in der Zone in schwarzweiß empfangen wird. Durch zusätzliche Aufstellung von Sendern auf unserer Seite, die dem Farbfernsehsystem der Zone entsprechen müßten, könnten wir aber auch einen farbigen Empfang ermöglichen.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sänger.
Herr Staatssekretär, finden Sie nicht, daß es, nachdem man in Großbritannien überwiegend für das PAL-System eintritt und sich alle übrigen europäischen Staaten ebenfalls dafür entschieden haben — mit alleiniger Ausnahme der osteuropäischen Staaten und möglicherweise auch Belgiens, die für das französische System sind —, eine Spaltung zwischen West- und Ostdeutschland bedeutet, wenn sich etwa auch Ostdeutschland für das französisch -sowjetische System entscheidet?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Selbstverständlich, Herr Abgeordneter, würde es die
Lage nicht verbessern. Es gibt aber Möglichkeiten, diese Situation technisch zu überbrücken. Wenn die Zone heute das SECAM-System einführte, würde das aber bedeuten, daß sie sich weiterhin vom Ostblock ausschließt, weil sie eine andere SchwarzweißNorm als der Ostblock hat, und daß sie sich von den übrigen europäischen Staaten, die Sie aufgeführt haben, dadurch farblich ausschließt, daß diese voraussichtlich das PAL-System nehmen werden.
Ich darf Ihre Länderaufzählung vielleicht noch dahin gehend berichtigen, das Holland noch keine Entscheidung getroffen hat und daß sich — aber das ist wohl weniger wichtig — Monako für das französische System entschieden hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rinderspacher.
Herr Staatssekretär darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß es bei Aufstellung zusätzlicher Sender technisch möglich ist, das westeuropäische Farbfernsehen nach der Ostzone zu übertragen, oder ist das nicht möglich?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist möglich, selbstverständlich. Voraussetzung dafür ist aber, daß die Zone ihre bisherige Zeilennorm beibehält. Wenn die Zone mit ihrer Zeilennorm, die, wie gesagt, bisher der Zeilennorm der Bundesrepublik entspricht, auf die des Ostblocks übergeht, müßte noch eine weitere Modulation erfolgen, die aber dann technisch nicht ohne eine Zustimmung auch auf der Empfängerseite — also dann der Zone — möglich wäre.
Um ,es noch einmal zusammenzufassen: bleibt die Zone bei ihrem bisherigen Schwarzweiß-System, das dem der Bundesrepublik entspricht, und führt sie das französiche Farbfernsehsystem ein, dann entsteht folgende Situation. Die Zone kann uns weiter schwarzweiß empfangen. Sie kann Frankreich, weil Frankreich ein anderes Zeilensystem hat, nicht ohne Modulation empfangen. Wenn sie uns farbig empfangen will, dann müßten von uns besondere Farbsender eingesetzt werden.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie bei Ihren Gesprächen mit Ihrem französischen Partner auch darauf hingewiesen, welche enorme innerdeutsche Belastung dadurch entstehen wird, daß die Zone mit großer Wahrscheinlichkeit das französische System übernehmen wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wenn auch die Auswirkungen, die ich Ihnen soeben darzulegen versucht habe, technisch vielleicht nicht so gravierend sind, wie allgemein angenommen wird, habe ich es selbstverständlich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, was für ein schwerer Schaden für das gesamtdeutsche Zusammengehörigkeitsgefühl durch verschiedene Normen in Europa psychologisch entstehen würde.
Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, und zwar die Frage II /1 — des Abgeordneten Lemper —:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Bestrafung von Triebverbrechern, entsprechend der Schwere des Verbrechens, zu verschärfen?
und zugleich die Frage II /2 — des Abgeordneten Dr. Huys —:
Welche Maßnahmen glaubt die Bundesregierung ergreifen zu können, um der großen Beunruhigung der Bevölkerung wegen der zunehmenden Triebverbrechen an Kindern Herr zu werden, die z. B. im Wahlkreis Lüneburg-Lüchow-Dannenberg herrscht?
Das Wort hat der Herr Justizminister.
Die Bundesregierung widmet dem Problem der Triebverbrechen an Kindern bereits seit längerer Zeit ihre besondere Aufmerksamkeit, wie aus den Erklärungen meiner Herren Amtsvorgänger in den Fragestunden vom 27. bis 29. Juni 1962 und vom 9. Oktober 1963 hervorgegangen ist. Ich kann jedoch nicht bestätigen, daß eine Zunahme derartiger Straftaten festzustellen sei. Vielmehr ist bei Sittlichkeitsdelikten an Kindern die sogenannte Verurteiltenziffer, d. h. die Zahl der Verurteilten auf je 100 000 der strafmündigen Bevölkerung, von 1953 bis 1962 von 11,7 auf 8,4 zurückgegangen. Die absolute Zahl ist von 1953 bis 1963 ebenfalls gesunken, und zwar von rund 4500 auf rund 3500. Diese Zahlen erscheinen hoch. Sie enthalten aber auch, und zwar ganz überwiegend, leichtere Fälle. Sexualmorde an Kindern werden bisher amtlich nicht gesondert statistisch erfaßt, sondern sind entweder in der vorgenannten Ziffer oder in der Mordziffer, d. h. in beiden, enthalten. Sie dürften aber nach nichtamtlichen Zählungen in den letzten Jahren jeweils zwischen 10 und 20 im ganzen Bundesgebiet liegen und zeigen ebenfalls keine steigende Tendenz. Das gilt auch für das letzte Jahr 1964 und den bisherigen Verlauf des Jahres 1965.
Es ist verständlich, daß jeder einzelne derartige Fall berechtigtes Aufsehen und Empörung hervorruft. Aber es wäre falsch, davon zu sprechen, daß wir uns einer steigenden Welle von Triebverbrechen gegenübersähen. Das darf uns allerdings nicht in unseren Bemühungen erlahmen lassen, derartige scheußliche Verbrechen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen.
Schon das geltende Recht droht für Sittlichkeitsverbrechen an Kindern hohe Strafen an, nämlich Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei Todesfolge sogar bis zu lebenslangem Zuchthaus, und kennt verschiedene Maßnahmen der Sicherung und Besserung, die den Täter unter Umständen lebenslang von der Gesellschaft fernhalten.
Der von der Bundesregierung dem 4. Deutschen Bundestag vorgelegte Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches von 1962 sieht Strafandrohung für Sittlichkeitsverbrechen an Kindern vor, die zum Teil noch über die des geltenden Rechts hinausgehen. Vor allem aber soll das System der Maßregeln der Besserung und Sicherung wirksamer gestaltet werden.
Der Sonderausschuß „Strafrecht" des 4. Bundestages hat diese Vorschläge aufgegriffen und verbessert. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung soll danach erleichtert und für bestimmte junge Täter soll die im Entwurf noch „vorbeugende Verwahrung" genannte Erziehungsverwahrung neu eingeführt werden. Für zurechnungsunfähige oder vermindert zurechnungsfähige Täter sollen besondere Bewahrungsanstalten mit der Bezeichnung „Psychiatrische Fürsorgeanstalt" geschaffen werden, in denen diese abartigen Täter erfolgreicher als bisher behandelt werden können.
Schließlich wird als neue Maßregel der Besserung und Sicherung die Sicherungsaufsicht vorgesehen, die gerade auch für Triebverbrecher in Betracht kommt. Diese sollen nach der Strafverbüßung, aber auch nach probeweiser Entlassung aus der Sicherungsverwahrung überwacht und unterstützt werden, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten. Diese Sicherungsaufsicht soll eine sehr einschneidende Überwachung ermöglichen; dem Entlassenen können gerichtliche Weisungen hinsichtlich seines Wohn- und Aufenthaltsortes, seines Arbeitsplatzes und seines Umganges erteilt werden, er kann verpflichtet werden, sich in regelmäßigen Abständen zu melden, und ähnliches mehr. Für Sittlichkeitsverbrecher wird z. B. auch die Weisung in Betracht kommen, sich nicht in der Nähe von Kinderspielplätzen aufzuhalten oder fremde Kinder anzusprechen. Die Einhaltung derartiger Weisungen soll durch Strafandrohungen bis zu einem Jahr Gefängnis erzwungen werden können.
Es ist dringend zu wünschen und zu hoffen, daß diese Möglichkeiten verbesserter Verbrechensbekämpfung von diesem Hause recht bald verwirklicht werden.
Neben alledem — das geht aber über mein Ressort hinaus — sollte nichts versäumt werden, durch geeignete Aufklärung der Kinder über die ihnen drohenden Gefahren und durch eine Mitarbeit der Bevölkerung die Zahl derartiger Verbrechen einzuschränken.
Eine Zusatzfrage des Herr Abgeordneten Lemper.
Herr Minister, halten Sie es für richtig, daß z. B. Triebverbrecher nur vorübergehend festgenommen und anschließend mit der Begründung des festen Wohnsitzes wieder freigelassen werden? Darf ich damit gleich eine zweite Frage verbinden: Sind Sie bereit, geeignete Maßnahmen einzuleiten, um derartige von mir soeben angeschnittene unverständliche Tatbestände in Zukunft zu vermeiden?
Zur ersten Frage würde ich sagen, daß es natürlich auf den Einzelfall ankommt. Aber „geeignete Maßnahmen" könnten hier doch nur in der Änderung gesetzlicher Bestimmungen bestehen, da ich den Gerichten eine Weisung weder erteilen kann noch erteilen will.
Es sind zwei Zusatzfragen gestellt. Erledigt. — Keine weiteren Zusatzfragen? — Herr Abgeordneter Dr. Huys!
Herr Minister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dürfen Sittlichkeitsverbrecher sich nicht in der Nähe von Kinderspielplätzen aufhalten. Wie soll denn das überwacht werden?
So ist es nicht, sondern das kann, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt, vom Gericht ausgesprochen werden. In kleinen Städten wird man das sicherlich überwachen können, in einer Großstadt wohl nicht.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend.
— Nein, Herr Kollege Lemper hat seine zwei Zusatzfragen konsumiert. — Herr Abgeordneter, ich habe aufgerufen den Geschäftsbereich für Familie und Jugend.
— Das tut mir leid; ich habe es nicht gesehen. Wir müssen weiterkommen. — Nein, Sie haben es nicht zu vertreten, Frau Kollegin. Aber der Bundestag muß weiterkommen; entschuldigen Sie.
Wie will die Bundesregierung der Tatsache Rechnung tragen, daß die Mehrheit der spanischen Jugend in Opposition zu den falangistischen Jugendorganisationen steht, wenn sie für Mai 1966 falangistische Jugendführer in die Bundesrepublik Deutschland einlädt und dadurch die Verständigung zwischen der spanischen und der deutschen Jugend fördern will?
Zur Beantwortung der Herr Bundesfamilienminister.
Herr Kollege Müller, vom 4. bis 14. Oktober 1965 war eine Delegation deutscher Persönlichkeiten aus der freien Jugendarbeit auf Einladung der spanischen Regierung zu einem Informationsbesuch in Spanien. Diese Delegation hat dort sowohl mit Vertretern der nationalen spanischen Jugendorganisationen als auch mit Vertretern anderer Jugendorganisationen freimütige und offene Gespräche über Struktur und Einrichtungen spanischer Jugendarbeit geführt. Sie konnte dabei, wie mir berichtet worden ist, folgendes feststellen:
1. Die Vertreter aller neben der nationalen spanischen Jugendorganisation bestehenden Jugendorganisationen wünschen unter Wahrung ihrer Selbständigkeit stärkere Zusammenarbeit zwischen allen spanischen Jugendorganisationen.
2. Sie haben einmütig und dringend die Mitglieder der deutschen Delegation gebeten, Begegnungen zwischen der spanischen und deutschen Jugend zu ermöglichen, wobei die nationale spanische Jugendorganisation weder bevorzugt noch diskriminiert werden dürfe.
Diesem Zweck wird der Besuch einer offiziellen spanischen Jugendleiterdelegation dienen, die ich für Mai 1966 in Erwiderung der Einladung der spanischen Delegation durch die spanische Regierung zu einem Informationsbesuch in die Bundesrepublik eingeladen habe. Dieser Delegation werden Vertreter aller spanischen Jugendorganisationen angehören.
Zusatzfrage!
Herr Minister, handelte es sich bei dieser Delegation in Spanien um eine Vertretung der freien Jugendverbände oder um eine Regierungsdelegation?
Es handelte sich um eine gemischte Delegation. An ihr haben Vertreter meines Hauses, also der Bundesregierung, und Persönlichkeiten der freien Jugendverbände teilgenommen.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, Sie wissen sicher, daß die im Bundesjugendring zusammengeschlossenen freien Jugendverbände Kontakte mit den falangistischen Jugendorganisationen Spaniens ablehnen. Wer soll der Partner bei einem Besuch dieser Organisationen in der Bundesrepublik sein? Ist dabei an staatliche Stellen gedacht?
Herr Kollege Müller, diese Verlautbarung des Bundesjugendrings ist mir bekannt. Mir liegt aber auch eine andere Verlautbarung des deutschen Bundesjugendrings vor, nämlich die sogenannte Remscheider Erklärung, in der der deutsche Bundesjugendring zu dieser Frage sehr grundsätzlich Stellung genommen hat, und zwar wie folgt:
Der deutsche Bundesjugendring ist sich der Bedeutung bewußt, die das gegenseitige Kennenlernen junger Menschen und die Information über andere Lebensverhältnisse für eine friedliche und gerechte Ordnung zwischen den Völkern haben.
— Jetzt der Satz, auf den es ankommt. —
Auch die Begegnung mit jungen Menschen aus Staaten mit unterschiedlicher weltanschaulicher oder politischer Verfassung kann diesem Ziel dienen.
Herr Abgeordneter Liehr zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, glaubt die Bundesregierung durch die beabsichtigte Annäherung an Spanien auf jugendpolitischem Gebiet das Ver-
Liehr
trauen der demokratischen Staaten in die deutschen Bemühungen um ein europäisches Jugendwerk fördern zu können?
Ich glaube, daß die spanische Jugend bei dem Programm, ein europäisches Jugendwerk zu schaffen, miteinbezogen werden muß.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, können Sie freundlicherweise etwas über Art und Umfang der beabsichtigten finanziellen Förderung für diesen Teil des Jugendaustausches sagen?
Darüber sind weder in meinem Hause Erwägungen angestellt noch mit der spanischen Regierung irgendwelche Gespräche geführt worden. Wir müssen zuerst den Besuch der spanischen Jugendleiterdelegation in Deutschland abwarten.
Herr Abgeordneter Westphal zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen der Unterschied bewußt, der sich aus der Remscheider Erklärung des deutschen Bundesjugendringes — die Sie zitiert haben — im Hinblick auf die Wünsche der deutschen Jugendverbände nach Kontaktaufnahme mit den jungen Menschen in den osteuropäischen Staaten und der hier aufgeworfenen Frage des direkten Kontaktes zu einer Falange-Jugend, sprich: zu einer faschistisch geleiteten Jugendorganisation ergibt?
Aus dem Wortlaut der Remscheider Erklärung geht nur hervor, daß es sich um eine grundsätzliche Äußerung über die Begegnung mit jungen Menschen aus Staaten mit unterschiedlicher weltanschaulicher oder politischer Verfassung handelt. Das ist das eine. Das Zweite: Sie hätten eigentlich meiner Antwort entnehmen können, Herr Kollege, daß es sich hier nicht um einen Kontakt mit einer falangistischen Jugend, sondern mit der spanischen Jugend schlechthin handelt.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Westphal.
Herr Minister, sind Sie sicher, daß die spanische Regierung bei der Erwiderung des Besuchs der Delegation, die Sie entsandt haben und an der Jugendleiter aus Deutschland teilgenommen haben, auch den wenigen vorhandenen anderen Jugendorganisationen in Spanien, z. B. den Jugendorganisationen der „Katholischen Aktion" oder den ganz wenigen vorhandenen Organisationen für protestantische Jugendarbeit, die Möglichkeit geben wird, an einer Regierungsdelegation Spaniens nach Deutschland teilzunehmen?
Davon bin ich überzeugt; denn so ist es vereinbart worden.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Müller (CDU/CSU) : Herr Minister, hält die Bundesregierung die Begegnung mit spanischen Jugendverbänden für gefährlicher als die Begegnung mit kommunistischen, z. B. aus Jugoslawien oder Polen oder aus der Tschechoslowakei?
Die Bundesregierung hält grundsätzlich alle Begegnungen junger Menschen im europäischen und außereuropäischen Bereich für nützlich, auch wenn es sich um Begegnungen mit jungen Menschen aus Staaten mit unterschiedlicher weltanschaulicher oder politischer Verfassung handelt.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.
Herr Minister, Sie sprachen von einem Kontakt mit der spanischen Jugend schlechthin. Bedeutet dies, daß die Bundesregierung auch Kontakte mit der illegalen spanischen Gewerkschaftsjugend fördern wird?
Diese Frage ist bisher noch nicht an die Bundesregierung herangetragen worden.
Herr Minister, werden Sie positiv antworten, wenn sie an Sie herangetragen wird?
Das wird auf den Einzelfall ankommen; der wird geprüft werden müssen, Herr Kollege.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Klepsch.
Herr Minister, könnten wir von Ihnen erfahren, welche anderen Jugendverbände als die Falange-Jugend es in Spanien gibt, die mit den in Deutschland vorhandenen Jugendverbänden vergleichbar sind?
Es gibt in Spanien vergleichbar die Organisation der katholischen Jugend sowie eine Organisa-
Bundesminister Dr. Heck
tion der evangelischen Jugend. Es gibt Pfadfinder und noch einige andere Organisationen.
Meine Damen und Herren, ich gehe weiter.
— Tut mir leid; ich muß jetzt weitergehen, sonst kommen wir überhaupt nicht mehr durch.
— Meine Damen und Herren, jetzt will ich Ihnen einmal etwas sagen. Schließlich und endlich haben die Kollegen, die die Fragen rechtzeitig eingereicht haben, einen gewissen Anspruch darauf, hier eine Antwort zu hören. Wenn ich nicht die wenige Zeit, die wir haben, zusammenhalte, dann werden wir noch nicht einmal annähernd dieser Aufgabe gerecht. Das ist ganz klar. Ich gebe aber anheim, meine Damen und Herren: Wir haben im Ältestenrat erwogen, ob wir nicht am Freitag Präsenzpflicht einrichten und am Freitag um 9 Uhr eine Fragestunde abhalten sollten. Bitte, wenn Sie das wollen; ich bin für Anregungen in dieser Hinsicht jederzeit dankbar. Aber jetzt muß ich hier einfach auf die Geschäftsleitung achten und weiterkommen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe auf die Frage IV /1 — des Abgeordneten Kahn-Ackermann —:
Welchen Beitrag beabsichtigt die Bundesregierung zur Erhaltung der Amerika -Häuser in Darmstadt, Kassel, Koblenz, Marburg und Regensburg zu leisten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt: Es handelt sich bei den Amerika-Häusern um deutsch- amerikanische Institutionen, die bisher aus Mitteln des Auswärtigen Amts, der Länder und der Städte finanziert wurden. Die amerikanische Botschaft hat diesen Organisationen den Institutsleiter, eine Barzuwendung, Sachlieferungen und ein Veranstaltungsprogramm zur Verfügung gestellt. Ab 1. Januar 1966 können auf Grund von Kürzungen der für diese Zwecke vorgesehenen amerikanischen Mittel Barzuwendungen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Auch sind die Stellen der amerikanischen Institutsleiter ab 1. Januar 1966 abgezogen worden. Das Auswärtige Amt prüft zur Zeit zusammen mit den zuständigen Landesregierungen und den Städten die Frage der Zukunft dieser Institutionen. Eine endgültige Entscheidung hierüber konnte noch nicht getroffen werden, da die abschließende Stellungnahme der Kultusministerien der Länder und der betreffenden Städte noch aussteht. Vorsorglich sind im Kulturfonds des Auswärtigen Amts für das kommende Jahr Mittel in etwa der gleichen Höhe wie im Jahre 1965 veranschlagt worden. Das Auswärtige Amt hat den Kultusministerien anheimgestellt, zu erwägen, ob in mittelgroßen Städten ein Institut mit den Veranstaltungen international kultureller Begegnung beauftragt werden sollte. Vielleicht könnten in einem solchen Zentrum dann auch Veranstaltungen dritter Staaten stattfinden. Auch die Bibliotheken könnten durch Beteiligung dieser anderen Staaten erweitert werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann.
Herr Minister, hat die Bundesregierung angesichts der kulturellen Bedeutung der Amerika-Häuser und ihrer Frequentation durch junge Leute die Minister der Länder von der Wichtigkeit der Erhaltung dieser Institute unterrichtet, und hat sie notfalls auch dafür Vorsorge getroffen, daß, wenn ihre Erwartungen dort nicht erfüllt werden, dem Wunsche der amerikanischen Regierung entsprochen wird, daß wenigstens die Bibliotheken aufrechterhalten werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Kollege, daß sowohl Bundesregierung wie Landesregierungen wie beteiligte Städte über die Bedeutung dieser Einrichtung grundsätzlich einer Meinung sind und die angestellten Bemühungen einen gewissen Erfolg haben werden. Soweit Ihre Frage aber darauf hinausläuft, festzustellen, ob wir die bisher von der amerikanischen Botschaft getragenen Kosten zusätzlich übernehmen könnten, muß sie leider verneinend beantwortet werden. Die amerikanische Regierung wird nach wie vor gewisse Zuschüsse in Form von Sachlieferungen wie Bücher, Schallplatten, Filme usw. und kulturelle Programme zur Verfügung stellen. Die Kosten für die Bezahlung eines amerikanischen Direktors können aber grundsätzlich nicht auf Mittel des Auswärtigen Amts übernommen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn .
Herr Minister, wird die Bundesregierung bemüht sein, darauf zu achten, daß keine Unterbrechung der Arbeit dieser Häuser eintritt, d. h. daß sich durch den drohenden Zeitablauf und die Entscheidung der amerikanischen Regierung die Verhandlungen nicht so lange hinziehen, daß inzwischen eine Gefährdung der Existenz eintritt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, daß die Bemühungen, die wir eingeleitet haben, dem Ziel dienen, daß Sie angesprochen haben. Ich möchte aber noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen: dies ist nicht allein eine Sache der Bundesregierung, sondern auch eine Sache der Landesregierungen und der betreffenden Städte.
Ich rufe auf die Frage IV /2 — des Abgeordneten Kahn-Ackermann —:
Welche Maßnahmen haben die Bundesregierung und das Auswärtige Amt ergriffen, um dem am 24. Februar 1965 vom Bundestag angenommenen Antrag — Drucksache IV /2888 — nachzukommen, wonach es der Bundestag für notwendig hält, den Umfang der Kulturarbeit im Ausland abzustecken und im kommenden Haushalt für ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung sowie dafür zu sorgen, daß unter keinen Umständen mühsam errichtete Institutionen wieder abgebaut werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Die Bundesregierung hat am 10. November- 1965
44 Deutscher Bundestag— 5. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1965
Bundesminister Dr. Schröder
erklärt — ich zitiere jetzt aus der Regierungserklärung —,
daß sie ihre Anstrengungen für die auswärtige Kulturpolitik steigern wird.
und daß wir
mehr Mittel bereitstellen müssen, um Auslandsschulen und deutsche kulturelle Einrichtungen im Ausland auszubauen.
Die Bundesregierung wird dafür unter Berücksichtigung der Haushaltslage in den Haushalt 1966 die Beträge einsetzen, die zur erfolgreichen Fortsetzung unserer Kulturarbeit im Ausland im Rahmen eines sich über mehrere Jahre erstreckenden Gesamtprogramms erforderlich sind. Sie wird dafür Sorge tragen, daß bestehende Einrichtungen nicht aus finanziellen Gründen eingestellt werden müssen. Ich möchte hinzufügen, wir hoffen dabei auf die Mitwirkung dieses Hohen Hauses.
Zusatzfrage!
Herr Minister, sind Sie sich darüber im klaren, daß der in diesem Hause verabschiedete Antrag, auf den ich Bezug genommen habe, sich in seinem Kern zwar auch auf die finanzielle Ausstattung bezog, daß seine größere Sorge aber organisatorischen und personellen Fragen der Gestaltung unserer auswärtigen Kulturpolitik galt? Hat die Bundesregierung über die Anregungen, die hier gegeben worden sind, bereits
beraten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das hat sie durchaus getan, und diese Beratungen und Überlegungen werden in den zuständigen Ausschüssen fortgesetzt werden müssen.
Ich möchte dazu nur noch folgenden ergänzenden Hinweis geben. In der genannten Erklärung heißt es, daß neben dem Ausbau der Auslandsschulen und der deutschen kulturellen Einrichtungen „der deutschen Sprache im internationalen Verkehr die Geltung" verschafft werden soll, auf die sie nach Verbreitung und Bedeutung Anspruch hat ; und daß das Bild Deutschlands, das als Handels- und Industrienation der Welt geläufig ist, durch jene Züge" ergänzt werden soll, „die zum Bild Deutschlands gehören: die Züge des Geistes und der menschlichen Gesittung." Das ist ein Zitat aus der Regierungserklärung, und ich glaube, daß unsere Bemühungen in diese Richtung gehen sollten.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß ein großer Teil der Arbeit, von der Sie soeben sprachen, nicht von Beamten, sondern von Angestellten geleistet wird, für die es seit Jahren keinerlei Aufstiegsmöglichkeiten und keinerlei materielle Verbesserungen gibt — in einem Dienst, der dem Ihrer Beamten völlig gleichwertig ist —, und daß sich infolgedessen die Möglichkeiten, geeignete Leute für diese Arbeit zu bekommen, nach den Auskünften Ihres Hauses zusehends verschlechtern?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist sicherlich eine bedeutende Erschwerung der Arbeit, auf die Sie hinweisen. Es wird aber darüber zu beraten sein, in welchem Umfang sich hier Verbesserungen ermöglichen lassen.
Ich rufe die Frage IV /3 — des Herrn Abgeordneten Biechele — auf :
Wie ist der Stand der abschließenden parlamentarischen Behandlung der am 23. November 1964 unterzeichneten Verträge über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen in das schweizerische Zollgebiet und über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz—Neuhausen am Rheinfall in den gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Nachdem alle beteiligten Bundesressorts sowie das Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg ihre Stellungnahmen abgegeben haben, wird die Denkschrift zu den Verträgen nunmehr fertiggestellt. Der Entwurf des Zustimmungsgesetzes kann etwa Mitte Januar 1966 den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden. Der schweizerische Bundesrat hat das Genehmigungsverfahren bereits eingeleitet. Das Verfahren wird jedoch voraussichtlich nicht vor Frühjahr 1966 abgeschlossen sein.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage IV /4 — des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann — auf:
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung seiner Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, sofern nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
Der Beamte soll vor Erlaß des Verbotes gehört werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer.
Herr Minister, haben Sie sich durch die Übersendung eines Artikels von Herrn Gesandten von Kessel an Mitglieder des Hauses
— a. D., meinetwegen; aber: der Artikel wurde übersandt von Herrn Außenminister Schröder — dessen Urteil zu eigen machen wollen:
Die Vorsitzenden zweier sich als christlich bezeichnenden Parteien, Adenauer und Strauß, bedienen sich eines Spitzels, um einen Mann aus den eigenen Reihen, den Außenminister Schröder, zu stürzen. Was soll aus unserem Staat angesichts solcher Methoden werden? Wo treiben wir hin?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Dr. Mommer, es ist vielleicht ganz gut, daß Sie mir Gelegenheit geben, meine Motive etwas offen darzulegen. Ich habe mir ursprünglich überlegt, ob ich — es war übrigens ein sehr begrenzter Kreis von Kollegen, wenn ich mich nicht täusche, nur die Mitglieder des Fraktionsvorstandes der CDU/CSU-Fraktion und die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses — zur Vorbereitung dieser Erörterung eine ganze Sammlung von Artikeln übersenden sollte; denn die Meinung der deutschen Öffentlichkeit in dieser Sache ist, bis auf verschwindende Ausnahmen, ganz übereinstimmend und sehr stark ablehnend gewesen. Ich habe dann, nur weil das zu mühselig geworden wäre, einen einzigen Artikel genommen, nämlich den eines früheren Angehörigen des auswärtigen Dienstes, der selbst aus dem auswärtigen Dienst freiwillig ausgeschieden ist und deshalb zu dem eigentlich hier interessanten Problem eine eigene Vergangenheit und eine eigene Erfahrung hat. Natürlich werde ich mich hüten, mich mit all dem, was in den zahlreichen Artikeln — ich sage jetzt: von allen Seiten -- geäußert worden ist, zu identifizieren. Es genügt mir, meinen eigenen Standpunkt hier darzulegen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hein.
Herr Minister, wird nicht unsere außenpolitische Situation durch die tiefgreifenden Streitereien innerhalb der Regierungskoalition erheblich geschwächt, so wie das erneut im Fall Huyn zutage getreten ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dazu möchte ich folgendes sagen. Herr Kollege, glücklicherweise hat der Kurs, den die Bundesregierung im Bereich der auswärtigen Politik steuert, eine so große und beinahe einmütige Zustimmung in Deutschland, daß dabei abweichende Meinungen nicht wirklich kursgefährdend sein können.
Eine zweite Zusatzfrage.
Stimmt es, Herr Bundesminister, daß sich Herr Ministerialdirigent Dr. Frank im Zusammenhang mit der Sache Huyn über die Qualifikation deutscher Diplomaten wie folgt geäußert hat? Ich referiere: „Ein deutscher Diplomat muß jede Politik mitmachen bis zu dem Zeitpunkt, da die Schreie der Gefolterten aus dem Keller bis zum vierten Stock hinauf zu hören sind", — sonst sei er für diesen Beruf nicht geeignet.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist gut, daß Sie diese Frage stellen, weil diese Behauptung dabei ist, eine gewisse Verwirrung auszulösen.
Herr Dr. Frank hat das nicht gesagt. Herr Dr. Frank hat heute einen ausführlichen Brief an das „Luxemburger Wort", eine Luxemburger Zeitung, die diese Behauptung aufgegriffen hat, gerichtet. In diesem Brief wird der Sachverhalt klar dargestellt. Ich fühle mich ohne die Zustimmung von Herrn Dr. Frank — jedenfalls in diesem Augenblick — nicht berechtigt, den Inhalt dieses Briefes bekanntzugeben. Ich denke aber, daß dieser Brief noch im Laufe des Tages veröffentlicht werden kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erler.
Herr Minister, halten Sie es für eine besonders kraftvolle Unterstützung der Politik der Bundesregierung und der von Ihnen im Namen der Bundesregierung vertretenen Außenpolitik, wenn der unter den geschilderten Umständen aus dem Auswärtigen Amt ausgeschiedene Beamte anschließend vom stellvertretenden Vorsitzenden einer Koalitionsfraktion zum persönlichen Referenten bestellt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte mich, Herr Kollege Erler, einer direkten Beantwortung dieser Frage enthalten, weil es, glaube ich, besser ist, Bemühungen zu unterstützen, die darauf zielen, aus dieser Sache keinen weiteren Schaden entstehen zu lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schulz.
Herr Minister, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in der Öffentlichkeit des In- und Auslandes dem Eindruck entgegenzuwirken, es bestünden im Hinblick auf die außenpolitischen Aktivitäten und Vorstellungen im Lager der derzeitigen Koalition ernsthafte Differenzen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist eine sehr interessante Frage, Herr Kollege.
Meine Antwort darauf lautet: Eine kraftvolle Fortsetzung des Regierungskurses wird alle Zweifler überzeugen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie, daß diese sehr globale Beantwortung geeignet sein wird, die Beunruhigung der Öffentlichkeit über Differenzen außerpolitischer Natur im Koalitionslager wirksam auszuräumen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt viele Fälle — und dies ist einer davon —, in denen man auf den gesunden Instinkt der gesamten deutschen Öffentlichkeit vertrauen kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Herr Minister, enthält der deutsch-französische Konsultationsvertrag Bestimmungen oder gibt es sonstige Abmachungen mit der französischen Regierung, die das Streben der Bundesregierung nach regelmäßiger Konsultation mit den Regierungen anderer Staaten, darunter auch dem Verbündeten Großbritannien, als einen Vertragsbruch gegenüber Frankreich erscheinen lassen müssen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Wehner, es versteht sich beinahe von selbst, daß wir in unseren außenpolitischen Entscheidungen frei sind.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Bundesminister, entsprechen Pressemitteilungen dien tätsächlichen Vorgängen, wonach Sie kurz vor der Regierungsbildung ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers bekommen haben, das sich in diesen Fragen, von denen Sie eben gesagt haben, wir seien hier völlig frei, so geäußert hat, daß Ihnen damit bestimmte Auflagen gemacht worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Wehner, ich habe von einem solchen Schreiben gelesen. Sorgfältig, wie ich bin, und um jeden Zweifel auszuschließen, habe ich meine sämtlichen Eingänge der letzten Zeit darauf durchgesehen. Es gibt kein solches Schreiben.
Ich rufe auf die Frage IV /6 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —:
Zu welchen Ergebnissen haben die Untersuchungen im Auswärtigen Amt über die Quelle der Informationen des Rheinischen Merkur" vom 9. Juli 1965 über geheime Untersuchungen des Auswärtigen Amts zur Berlin-Klausel geführt?
Zur Beantwortung der Bundesminister des Auswärtigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Die Vorgänge, auf die sich die Frage bezieht, sind Gegenstand eines von dem Herrn Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof von Amts wegen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt erwartet noch eine gutachtliche Äußerung des Auswärtigen Amts als Grundlage für die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts. Ich bitte Sie daher um Verständnis, wenn ich im Hinblick auf dieses laufende Verfahren heute keine Angaben über nähere Untersuchungsergebnisse machen kann.
Eine Zusatzfrage.
48 Deutscher Bundestag— 5. Wahlperiode — 5. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1965
Herr Minister, ist es richtig, daß Sie über die Frage der Änderung der Berlin-Klausel Memoranden an unsere Verbündeten gerichtet haben, ohne vorher dem Kabinett und ohne vorher dem Auswärtigen Ausschuß dieses Hauses über Ihre Absichten zu berichten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Mommer, es ist beinahe richtig, möchte ich sagen. Die Erwägungen befanden sich hier in einem Vorstadium so vorsichtigen Abtastens, daß eine weitere Befassung größerer Kreise damit nicht angezeigt erschien.
Eine zweite Zusatzfrage.
Hat dieser Vorgang, diese Indiskretion, dazu geführt, daß das Durchrechnen und Nachdenken im Auswärtigen Amt in dieser Frage eingestellt worden ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Dr. Mommer, ich offenbare ungern unsere inneren dienstlichen Vorgänge. Aber dieses Thema ist auf keinen Fall abgeschlossen, weil die Bedeutung dieser Frage für die deutsche Politik zu groß ist, als daß man die Sache einfach einer Indiskretion wegen beiseite legen dürfte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mattick.
Darf ich fragen, Herr Minister, ob Sie über diese Vorgänge vorher wenigstens einmal mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin gesprochen haben,
ob sie Konsultationen über diese Fragen mit ihm halten. Denn das betrifft doch Berlin mindestens so wie die Regierung.
Fragen!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Mattick, ich würde diesen Punkt nicht erörtert haben. Aber es ist, glaube ich, jetzt ganz gut, zu sagen, daß Berlin von unseren Bemühungen auf diesem Gebiete unterrichtet war und sie im übrigen zustimmend verfolgt, wie Sie neueren Äußerungen aus Berlin entnehmen können.
Ich rufe auf die Fragen IV /7, IV /8 und IV /9 — des Herrn Abgeordneten Dr. Hein —:
Ist die Bundesregierung der Auflassung, daß ein Bundesbeamter sich des Bruchs der Amtsverschwiegenheit gemäß § 61 BBG und damit eines Dienstvergehens schuldig macht, wenn er Angelegenheiten, die ihm bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind, an Mitglieder des zuständigen Fachausschusses des Deutschen Bundestages weitergibt?
Trifft es zu, daß Graf Huyn seinen mit einem „Gewissensnotstand" motivierten Antrag auf Entlassung aus dem Bundesdienst erst vorlegte, als er auf Grund von Vorermittlungen oder auf Grund einer Mitteilung des Leiters der Personalabteilung
damit rechnen mußte, daß gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden würde?
War der Bundeskanzler über die Erwägungen im Auswärtigen Amt, „das Instrument der Konsultationen mit Großbritannien zu nutzen, unterrichtet?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die Fragen zusammen beantworten.
Die Antwort, die ich zunächst gebe, gebe ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Inneren. Zu den wichtigsten Dienstpflichten des Beamten gehört die Pflicht, über die ihm bei seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Diese in § 61 des Bundesbeamtengesetzes festgelegte Pflicht besteht gegenüber jedermann. Unberührt davon bleibt die gesetzlich begründete Pflicht des Beamten, strafbare Handlungen anzuzeigen und bei Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für deren Erhaltung einzutreten.
Zu Ihrer zweiten Frage ist folgendes zu sagen. Graf Huyn wurde am 25. Oktober 1965 durch Ministerialdirektor Dr. Raab und Staatssekretär Carstens aufgefordert, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er Informationen aus der Besprechung am 21. Oktober 1965 weitergegeben habe. Graf Huyn weigerte sich, wie ich vorhin schon sagte, als einziger der 16 Besprechungsteilnehmer, die Erklärung abzugeben. Es wurde ihm daraufhin eröffnet, daß er durch sein Verhalten seine Amtspflicht verletze, an der Aufklärung des Sachverwalts mitzuwirken, und außerdem den Verdacht auf sich lenke, selbst die Information weitergegeben zu haben. Nach seiner erneuten Weigerung am 28. Oktober 1965, die verlangte Erklärung zu unterschreiben, wurde ihm gemäß § 60 des Bundesbeamtengesetzes eröffnet, daß erwogen werde, ihm aus zwingenden dienstlichen Gründen die Fortführung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Erst danach übergab Graf Huyn Ministerialdirektor Dr. Raab sein vorher vorbereitetes schriftliches Entlassungsgesuch, das im übrigen keine Begründung enthält. Bei seinen Vernehmungen am 25. Oktober 1965 hat Graf Huyn weder Herrn Ministerialdirektor Dr. Raab noch Herrn Staatssekretär Carstens gegenüber Gewissenskonflikte als Begründung für sein Verhalten angegeben.
Die Antwort auf Ihre letzte Frage hinsichtlich der Unterrichtung des Herrn Bundeskanzlers lautet: Ja.
Zusatzfragen?
Herr Minister, hat es bei der bekannten Dienstbesprechung am 21. Oktober 1965 Erwägungen über eine deutsch-englische Zusammenarbeit gegeben, die nicht durch die politischen Richtlinien des Herrn Bundeskanzlers gedeckt waren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort lautet: Nein.
Keine weiteren Zusatzfragen? — Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, könnten Sie Ihre Ausführungen hinsichtlich der Mitteilungen an
Dr. Schäfer
einen Abgeordneten noch etwas präzisieren? Sie sprachen von strafrechtlichen Tatbeständen und, wenn ich Sie recht verstanden habe, vom Schutz der demokratischen Grundordnung. Gehört nach Ihrer Auffassung nicht auch dazu, daß ein Beamter nach pflichtgemäßem Ermessen einen Abgeordneten über Vorgänge informiert, die nach seiner Auffassung — er mag sich irren — möglicherweise eine Gefährdung der demokratischen Grundordnung zur Folge haben können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Kollege Schäfer, hier kann ich nicht mehr tun, als den wirklich sehr klaren Wortlaut des Gesetzes wiederzugeben. Ich sehe im Augenblick die Gefahr, daß eine so wichtige Bestimmung wie die des § 61, die ich vorgelesen habe, ausgehöhlt werden könnte. Dem muß ich als Mitglied der Bundesregierung entschiedenen Widerstand leisten.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schäfer.
Herr Minister, sehen Sie nicht die Gefahr, daß die politische Kontrollfunktion des Parlaments unter Umständen nicht voll durchgeführt werden kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese Gefahr sehe ich keineswegs. In einem Lande wie dem unseren, das zu den freiheitlichsten Ländern der Welt überhaupt gehört,
mit einer der weitestgehenden Publizitätsmöglichkeiten, sehe ich überhaupt keine Gefährdung der parlamentarischen Funktionen durch die strikte Durchführung der Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes.
Herr Abgeordneter Jacobi, mit Ihrer Wortmeldung wird es nichts mehr.
Die Schriftführerin paßt auf und sagt, er hat sich gemeldet; aber sie weiß nicht, daß in der Geschäftsordnung steht: 60 Minuten, und dann ist Feierabend. Jetzt ist also diese Fragestunde zu Ende, und morgen geht es weiter mit der Frage IV /10 des Abgeordneten Dr. Eppler.
Meine Damen und Herren, der Tagungsordnungspunkt 1 ist zwar beendet, aber ich gebe jetzt das Wort außerhalb der Tagesordnung zu einer persönlichen Erklärung dem Herrn Abgeordneten Freiherr zu Guttenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Sache des Grafen Huyn gebe ich nach § 36 der Geschäftsordnung folgende Erklärung ab:
Graf Huyn hat in einem Gewissenskonflikt in mir den Abgeordneten seines Vertrauens gesehen. Ich werde dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Ich bestätige daher vor dem Hohen Hause, daß Graf Huyn nach meiner Überzeugung aus ehrenhaften Motiven und in einem Gewissensdilemma gehandelt, hat.
Meine Erklärung ist auch deshalb nötig, weil in der Öffentlichkeit ehrverletzende Versionen über das Verhalten des Grafen Huyn im Umlauf sind. Darüber hinaus verlangt das Interesse des gesamten Hauses die Klarstellung, daß in einem solchen Falle nicht der sich in Gewissensnot offenbarende Beamte, sondern der Abgeordnete, der ihn angehört hat, die Verantwortung für die weitere Behandlung der Angelegenheit trägt.
Graf Huyn hat mich am 21. Oktober gebeten, den Herrn Bundeskanzler über bestimmte Vorgänge im Auswärtigen Amt zu informieren, da er Anlaß zu der Annahme zu haben glaubte, daß ein Kurswechsel der deutschen Europapolitik eingeleitet werde.
Graf Huyn hat sein Entlassungsgesuch mit einer Begründung überreicht, die keinen Zweifel darüber offen ließ, daß er dies aus politischen und ethischen Motiven tat. Ein Disziplinarverfahren wurde gegen ihn nicht eingeleitet. Er hatte ein solches auch nicht zu fürchten, da die Informierung eines Abgeordneten im Gewissenskonflikt nicht als strafwürdiges Dienstvergehen angesehen werden kann.
Ich habe den Herrn Landesvorsitzenden der CSU gebeten, den aus dem Auswärtigen Amt ausgeschiedenen Grafen Huyn bei sich zu beschäftigen. Der Herr Landesvorsitzende der CSU ist dieser Bitte dankenswerterweise schon deshalb nachgekommen, weil er einem aus ehrenhaften Gründen in Schwierigkeiten geratenen Parteifreund beistehen und diese Angelegenheit ohne Schaden für das Ansehen der Regierung und der Bundesrepublik Deutschland regeln wollte. — Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages berufe ich ein auf Donnerstag, den 25. November 1965, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.