Protokoll:
4009

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 4

  • date_rangeSitzungsnummer: 9

  • date_rangeDatum: 17. Januar 1962

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 9. Sitzung Bonn, den 17. Januar 1962 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer der Katastrophe in Peru und des Eisenbahnunglücks in Holland sowie für den verstorbenen Ministerpräsidenten Dr. h. c. Kopf Vizepräsident Schoettle . . . . . 175 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Sänger, Brese, deis Bundeskanzlers Dr. Adenauer, der Abg. Dr. h. c. Güde, Klein (Saarbrücken), Müller (Ravensburg) und Priebe 175 B Abg. Ludwig tritt für den zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannten Abg. Wagner (Ludwigshafen) in den Bundestag ein 175 C Mandatsniederlegung. der Abg. Dr. h. c. Dr E. h. Zinn, Brandt (Berlin), Dr. Hoegner und Schütz (Berlin) 175 D Die Abg. Frau Freyh (Frankfurt), Wellmann, Kahn-Ackermann und Liehr (Berlin) treten in den Bundestag ein . . . 175 D Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 175 D Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Adenauer 176 C Antrag betr. Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform ,(SPD) (Drucksache IV/ 68) Dr. h. c. Dr. -Ing. E. h. Möller (SPD) . 177 C, 184 B Dr. Starke, Bundesminister 180 D, 185 C, 188 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 183 A Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . 184 A Seuffert (SPD) . . . . . . . 186 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 187 C Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 187 D Etzel (CDU/CSU) . . . . . . . 188 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Aufhebung des Kaffeesteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/ 65) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Teesteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/ 66) — Erste Beratung — Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . 189 A, 202 C Dr. Starke, Bundesminister 193 A, 205 B, 208 A Dr. Schäfer (SPD) 197 B Wacher (CDU/CSU) 197 D Dr. Bucher (FDP) 198 A Metzger (SPD) . . . . . . . 198 B Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . 200 B Dr. Imle (FDP) . . . . . . . 201 B Seuffert (SPD) . . . . . . . 206 B Antrag betr. Einsetzung von Ausschüssen (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/ 28 [neu]) 209 A Entwurf eines Tierschutzgesetzes (Dr Schmidt [Wuppertal], Bading, Margulies u. Gen.) (Drucksache IV/ 85) — Erste Beratung — 209 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Januar 1962 Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL" (Drucksache IV/ 93) — Erste Beratung — . . . 209 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1961 mit der Libanesischen Republik über den Luftverkehr (Druck- sache IV/ 94) — Erste Beratung — . . . 209 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Januar 1961 mit Japan über den Fluglinienverkehr (Drucksache IV/ 95) — Erste Beratung — 209 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Juli 1961 mit dem Großherzogtum Luxemburg über den Luftverkehr (Drucksache IV/ 96) — Erste Beratung — . . . 209 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Januar 1961 mit der Republik Österreich über die Zollbehandlung der Donauschiffe (Drucksache IV/ 97) — Erste Beratung — 209 D Entwurf eines Gesetzes über die am 15. Juni 1957 unterzeichnete Fassung des Madrider Abkommens betr. die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken (Drucksache IV/ 101) — Erste Beratung — 210 A Entwurf eines Gesetzes über die am 28. November 1960 unterzeichnete Fassung des Haager Abkommens über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle (Drucksache IV/ 102) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 210 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. November 1959 über den Beitritt Griechenlands, Norwegens und Schwedens zu dem Übereinkommen vom 17. April 1950 über Gastarbeitnehmer (Drucksache IV/ 109) — Erste Beratung — 210 A Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 9. März 1961 mit dem Königreich der Niederlande über die Anwendung der niederländischen Rechtsvorschriften über die allgemeine Altersversicherung (Drucksache IV/ 110) — Erste Beratung — 210 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 121) — Erste Beratung — 210 B Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Standortlazaretts Hemer (Drucksachen IV/ 14, IV/ 83) 210 C Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Nachträgliche Mitteilung von der Veräußerung der bundeseigenen Ölbehälteranlage in Ostermoor (Drucksachen IV/ 24, IV/ 84) . . . . 210 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Vorlage der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1959 (Drucksache IV/88) 210 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Moltkekaserne in Heilbronn (Drucksache IV/ 90) 210 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen Infanteriekaserne in Köln-Kalk (Drucksache IV/ 91) 211 A Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Schuldenausschusses bei der Bundesschuldenverwaltung (Drucksache IV/ 116) 211 A Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost (Drucksache IV/ 117) 211 A Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt (Drucksache IV/ 118) 211 C Antrag betr. Stärke des Ältestenrates (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/ 127) 211 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 211 C Anlage 213 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Januar 1962 175 9. Sitzung Bonn, den 17. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 19. 1. Altmaier 1. 2. Dir. Arndt 19. 1. Dr. Atzenroth 17. 1. Bauer (Würzburg) * 19. 1. Dr. Bechert 20. 1. Berkhan* 19. 1. Birkelbach 17. 1. Fürst von Bismarck * 19. 1. Blachstein* 19. 1. Dr. Bucerius 19. 1. Dr. Deist 21. 1. Engelbrecht-Greve 17. 1. Even (Köln) 18. 1. Faller 17. 1. Frau Dr. Flitz * 19. 1. Dr. Furler * 19. 1. Gerns * 19. 1. Haase (Kassel) 17. 1. Hahn 17. 1. Harnischfeger 19. 1. Heiland 17. 1. Dr. Hesberg 17. 1. Hilbert 21. 1. Höfler * 19. 1. Frau Dr. Hubert * 19. 1. Illerhaus 17. 1. Jacobs * 19. 1. Jaksch 20. 1. Frau Keilhack 19. 1. Dr. Kempfler 19. 1. Frau Kettig 19. 1. Dr. Kopf * 19. 1. Frau Korspeter 19. 1. Frau Krappe 20. 1. Kriedemann 18. 1. Leber 17. 1. Lenz (Bremerhaven) 20. 1. Lenze (Attendorn) * 19. 1. Lücker (München) 19. 1. Mauk 19. 1. Frau Dr. Maxsein * 19. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Meyer (Frankfurt) * 19. 1. Meyer (Oppertshofen) 19. 1. Müller (Nordenham) 17. 1. Paul* 19. 1. Peters (Norden) 19. 1. Rademacher 19. 1. Frau Dr. Rehling * 19. 1. Frau Renger * 19. 1. Richarts 17. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) * 19. 1. Schütz (München) * 19. 1. Seidel (Fürth) 19. 1. Seidl (München) * 19. 1. Seither 17. 1. Dr. Serres * 19. 1. Storch 18. 1. Frau Strobel 17. 1. Dr. Süsterhenn* 19. 1. Frau Vietje 19. 1. Wächter 17.1. Dr. Wahl* 19. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 19. 1. Weinzierl 19. 1. Wienand * 19. 1. Dr. Zimmer * 19. 1. b) Urlaubsanträge Baier (Mosbach) 31. 1. Dr. Dichgans 28, 1. Gedat 15. 2. Dr. Klein 14.2. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Krüger 27. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Müller (Worms) 27. 1. Reitzner 31. 1. Dr. Rutschke 26. 1. Scheuren 31.1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Schmidt (Hamburg) 31. 1. Striebeck 9. 2. Werner 15.2. * für die Teilnahme an. der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
Gesamtes Protokol
Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400900000
Die Sitzung isst eröffnet.
Meine Damen und Herren! In der Nacht vom 10. zum 11. Januar 1962 hat sich in Peru eine schwere Naturkatastrophe ereignet.

(Die Abgeordneten erheben sich.)

Im Huaraz-Tal verloren mehrere Tausend Menschen durch eine Eislawine das Leben. Über viele weitere brach Not und Obdachlosigkeit herein. Der Deutsche Bundestag spricht dem peruanischen Parlament und dem peruanischen Volk seine tiefempfundene Anteilnahme aus.
Am 8. Januar 1962 hat sich in den Niederlanden ein Eisenbahnunglück ereignet, das nach den letzten amtlichen Verlautbarungen 97 Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert hat. Der Deutsche Bundestag gedenkt in dieser Stunde der Opfer dieser Katastrophe und spricht unserem Nachbarvolk, seinem Parlament und den Hinterbliebenen seine tiefempfundene Anteilnahme aus; den Verletzten wünschen wir baldige Genesung.
Am 21. Dezember 1961 verschied der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. und Vizepräsident des Bundesrates, Herr Hinrich Wilhelm Kopf. Der Herr Bundestagspräsident hat der niedersächsischen Landesregierung, dem Lande Niedersachsen und den Hinterbliebenen sein und des Hauses Beileid ausgesprochen.
Sie haben sich zum Gedenken der Opfer der beiden Katastrophen und zu Ehren des verstorbenen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf erhoben. Ich danke Ihnen.
Glückwünsche zu Geburtstagen sind auszusprechen dem Herrn Abgeordneten Sänger, der am 24. Dezember 60 Jahre alt geworden ist,

(Beifall)

dem Herrn Abgeordneten Brese, der am 28. Dezember 65 Jahre alt geworden ist,

(Beifall)

dem Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer, der am 5. Januar seinen 86. Geburtstag gefeiert hat,

(lebhafter Beifall)

dem Herrn Abgeordneten Dr. h. c. Güde, der am 6. Januar 60 Jahre alt geworden ist,

(Beifall)

dem Herrn Abgeordneten Klein (Saarbrücken), der am 9. Januar 60 Jahre alt geworden ist

(Beifall)

und dem Herrn Abgeordneten Müller (Ravensburg), der am 11. Januar 65 Jahre alt geworden ist;

(Beifall)

heute feiert der Herr Abgeordnete Priebe seinen 60. Geburtstag.

(Beifall.)

Am 19. Dezember 1961 ist der Abgeordnete Wagner (Ludwigshafen) zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt worden. Gemäß § 3 Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 ist damit die Mitgliedschaft im Bundestag erloschen. Als sein Nachfolger ist mit Wirkung vom 6. Januar 1962 der Abgeordnete Ludwig in den Bundestag eingetreten.
Die Abgeordneten Dr. h. c. Dr. E. h. Zinn, Brandt (Berlin), Dr. Hoegner, Schütz (Berlin) haben auf ihre Mitgliedschaft im Bundestag verzichtet. Der Vorstand des Bundestages hat die Niederlegung der Mandate beschlußmäßig anerkannt.
Als Nachfolger sind in den Bundestag eingetreten: für den Abgeordneten Dr. h. c. Dr. E. h. Zinn mit Wirkung vom 22. Dezember 1961 die Frau Abgeordnete Freyh (Frankfurt), für den Abgeordneten Brandt (Berlin) mit Wirkung vom 1. Januar 1962 der Abgeordnete Wellmann, für den Abgeordneten Dr. Hoegner mit Wirkung vom 10. Januar 1962 der Abgeordnete Kahn-Ackermann, der früher bereits Mitglied des Deutschen Bundestages war, für den Abgeordneten Schütz (Berlin) der Abgeordnete Liehr (Berlin).
Ich begrüße die Damen und Herren in unserer Mitte und wünsche ihnen eine gute Zusammenarbeit.

(Beifall.)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die vorliegende Tagesordnung erweitert um die Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP betr. Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache IV/ 28 neu —. Ist das Haus damit einverstanden? — Es ist so beschlossen.
176 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 9. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. Januar 1962
Vizepräsident Schoettle
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Dezember 1961 dem
Vierten Gesetz über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1961 (Viertes Rentenanpassungsgesetz — 4. RAG)

zugestimmt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 13. Dezember 1961 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jacobs und der Fraktion der SPD betr. Abbau und Einschränkungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn im Bundesbahnausbesserungswerk Trier — Drucksache IV/ 35 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 89 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem
19. Dezember ,1961 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Harm )(Hamburg), Dr. Wahl und Genossen betr. Stand der Ratifizierungen der Konventionen des Europarates — Drucksache IV/ 61 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 100 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem
20. Dezember 4961 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Verurteilung der Studenten Peter Sonntag und Walter Naumann und des Ehepaares Werner durch sowjetische Militärgerichte — Drucksache IV/ 52 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 106 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 20. Dezember 1961 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Rechtsschutz für Deutsche im Ausland — Drucksache IV/ 53 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 107 verteilt.
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums des Auswärtigen hat unter dem 21. Dezember 1961 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Rehling, Kühn (Köln) und Genossen betr. Rettung der Kunstdenkmäler in Nublen — Drucksache IV/ 62 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 108 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 3. Januar 1962 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) , Bading, Margulies und Genossen betr. Wasserverhältnisse am Oberrhein — Drucksache IV/ 87 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 111 verteilt.
Der Herr Präsident hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 — Drucksache 1187 — den von der Bundesregierung gemäß Artikel 2 Satz 1 des Gesetzes zu den Verträgen zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft vorgelegten Entwurf einer Entscheidung über die vorherige Prüfung und Beratung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Verkehrs — zu Drucksache IV/34 — an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen,
den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates für die Angleichung der Bestimmungen der Mitgliedstaaten über die färbenden Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen — Drucksache IV/ 104 — an den Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen.
Der Herr Präsident hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 — Drucksache 1187 — die von der Bundesregierung gemäß Artikel 2 Satz 2 des Gesetzes zu den Verträgen zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft vorgelegten Vorschläge der Kommission für Verordnungen über die Einführung einer Abschöpfungsregelung und die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktordnung für Eier und für Geflügelfleisch — Drucksache IV/ 78 — an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend —, an den Wirtschaftsausschuß und an den Haushaltsausschuß,
den Vorschlag der Kommission ,für eine Verordnung über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse — Drucksache IV/ 79 — an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Wirtschaftsausschuß,
,den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Wein nebst Entwurf einer Entscheidung über die Eröffnung eines Kontingents von 150 000 hl Faßwein mit Herkunftsbezeichnung durch Frankreich und Italien — Drucksache IV/ 80 — an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten —federführend — und an den Wirtschaftsausschuß,
den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Bekämpfung des Blauschimmelpilzes des Tabaks — Drucksache IV/99 — an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
mit der Bitte um Berichterstattung an das Plenum bis zum 15. Februar 1962 überwiesen.
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 22. Dezember 1961 die von der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer 44. Tagung vom 1. bis 23. Juni 1960 in Genf angenommenen Vorlagen:
1. das Übereinkommen 115 über den Schutz der Arbeitnehmer vor ionisierenden Strahlen,
2. die Empfehlung 113 .betreffend die Beratung und Zusammenarbeit zwischen den Staatsorganen und den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in einzelnen Wirtschaftszweigen und im gesamtstaatlichen Rahmen,
3. die Empfehlung 114 betreffend den Schutz der Arbeitnehmer vor ionisierenden Strahlen
sowie die Stellungnahme der Bundesregierung hierzu übersandt. Sie sind als Drucksache IV/ 103 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat unter dem 20. Dezember 1961 unter Bezugnahme auf den Beschluß ,des Bundestages vom 8. April 1959 eine Übersicht über die Beschäftigung Schwerbeschädigter bei den Bundesdienststellen nach dem Stand vom 1. Oktober 1961 übersandt, die als Drucksache IV/ 105 verteilt ist.
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen hat unter dem 15. Januar 1962 seinen Antrag vom 5. Dezember 1961 auf Zustimmung nach § 47 Abs. 3 RHO zum Verkauf der Geschäftsanteile des Bundes an der Nassauischen Heimstätte GmbH., Frankfurt (Main), an das Land Hessen — Drucksache IV/ 69 — zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung erteile ich dem Herrn Bundeskanzler das Wort.

Dr. Konrad Adenauer (CDU):
Rede ID: ID0400900100
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat in der Nacht vom 13. zum 14. Januar in Brüssel eine Reihe von wichtigen Beschlüssen gefaßt. Er hat zunächst 15 Verordnungen und Entscheidungen im landwirtschaftlichen Bereich verabschiedet, durch die die Grundlage für eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik der Eropäischen Wirtschaftsgemeinschaft gelegt wird. Über sie wird Herr Bundesminister Schwarz dem Hohen Hause in der nächsten Woche berichten.
Mit der Verabschiedung ides Verordnungswerks über die europäische Landwirtschaftspolitik in den frühen Morgenstunden des 14. Januar sind die Voraussetzungen für den Übergang in die zweite Etappe des Gemeinsamen Marktes erfüllt worden. Der Ministerrat hat auf derselben Sitzung diesen Übergang zur zweiten Phase der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft festgestellt. Damit ist ein entscheidender Schritt zur. Herbeiführung der wirtschaftlichen Einheit Europas getan worden. Es wird daher der Eintritt in diese zweite Phase eines der wichtigsten Ereignisse in der europäischen Geschichte in den letzten Jahrhunderten werden.
Das Ziel der europäischen Arbeit ist, wie Sie wissen, letzten Endes politischer Natur. Die Arbeit im wirtschaftlichen Bereich ist die Voraussetzung gewesen für eine Weiterführung der Arbeit im politischen Bereich. Wir wollen — darin sind wir uns einig —die Schaffung einer europäischen Union. Ich glaube, daß es klug und richtig war, zunächst die wirtschaftliche Einheit herzustellen. Sie bietet die beste, die solideste, die widerstandsfähigste Grundlage für die politische Einheit. Für alle Mitglieder der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist eindeutig klar, daß eine wirtschaftliche Verschmelzung, so wie sie mit den römischen Verträgen verbunden ist, ohne eine enge politische Verbindung nicht bestehen kann. In einer einheitlichen europäischen Volkswirtschaft müssen die verantwortlichen 'Stellen ständig 'Entscheidungen über innere Verhältnisse und über die auswärtigen Beziehungen treffen. Sie können 'das nur tun auf einer gemeinsamen politischen Grundlage. Wir hoffen und wünschen daher, daß von den Brüsseler Entscheidungen auch ein kraftvoller Impuls für eine schnelle Verwirklichung der Europäischen Politischen Union zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgehen wird.

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Bundeskanzler Dr. Adenauer
Der vor drei Tagen vollzogene Eintritt in die zweite Etappe des gemeinsamen Marktes ist aber auch ein politisches Ereignis ersten Ranges in der weltweiten Auseinandersetzung zwischen den freiheitlichen Ländern und dem sowjetisch-kommunistischen Block. Die Tatsache, daß es gelungen ist, die widerstreitenden wirtschaftlichen Interessen der Partner zu vereinigen und einen für die Gesamtheit grundlegenden Beschluß zu fassen, widerlegt die kommunistische These von der inneren Schwäche der freien Welt und von der angeblich selbstzerstörerischen Politik ihrer wirtschaftlichen Gruppen. Er zeigt; daß in Europa ein Kraftfeld besteht, das wohl in der Lage ist, dem Vordringen des Kommunismus Einhalt zu gebieten.
Es wird so oft gesagt, daß die freie Welt es an einer eigenen politischen Initiative fehlen lasse, daß sie inaktiv sei und, statt zu agieren, reagiere. Hier, im Bereich der europäpischen Politik, meine Damen und Herren, wird diese These widerlegt. Hier handelt die freie Welt, handeln die zu einer dauernden Gemeinschaft verbundenen europäischen Staaten. Sie errichten einen Bau, von dem wir zuversichtlich glauben, daß er weit in die Zukunft weisen wird und daß er das Leben unserer Kinder und unserer Enkel in einem günstigen Sinne beeinflussen wird. Ja, wir glauben, daß dieses europäische Einigungswerk der stärkste Hort für die menschliche Freiheit ist, den wir aufrichten können: unter westeuropäischen Staaten und Völkern kann es keinen Krieg mehr geben.
Wenn wir zurückdenken an die europäische Geschichte der vergangenen Jahrhunderte, wenn wir zurückdenken an die europäische Geschichte des 19. und dies 20. Jahrhunderts, dann wird, es jedem klar, was der Satz, den ich eben ausgesprochen habe, bedeutet. Alle, die am europäischen Einigungswerk mitgearbeitet haben und mitwirken, arbeiten für die Sache des Friedens und der Freiheit, der Freiheit in Europa und in der ganzen Welt.
Die freie Welt, meine Damen und Herren,, ist mit den Brüsseler Beschlüssen und dem, was sie zur Folge haben werden, stärker geworden. Wir haben den lebhaften Wunsch — und wir werden alles, was in unseren Kräften steht, dazu tun —, daß sich diese Entwicklung fortsetzt.

(Beifall bei den Regierungsparteien und vereinzelt bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400900200
Ich frage das Haus, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll.

(Zurufe von der SPD: Nein! — Abg. Dr. Mommer: Am 31. Januar!)

— Dann, meine Damen und Herren, treten wir in die Tagesordnung ein.
Es ist vereinbart, daß die Fragestunde morgen stattfindet. Wir beginnen also mit dem Punkt 2:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform (Drucksache IV/68).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeoidnete Dr. Alex Möller.

Dr. Alex Möller (SPD):
Rede ID: ID0400900300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Regierungserklärung ist festgestellt worden, daß die Neuordnung der Finanzverfassung des Grundgesetzes einen außergewöhnlichen Rang besitzt und eine sorgfältige Vorbereitung erfordert. Der außergewöhnliche politische Rang ergibt sich vor allem aus der Tatsache, daß ohne diese Neuordnung weder eine systematische Abstimmung in der Aufgabenerfüllung von Bund, Ländern und Gemeinden möglich ist, noch viel weniger die Durchführung der Aufgaben — wobei es sich ja nicht nur um die Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs handelt — in der Rangfolge der Dringlichkeit und der Reihenfolge der Bedürfnisse gesichert werden kann.

(Unruhe vor der Regierungsbank. — Abg. Wehner: Kann man diesen Ringelpiez nicht einstellen? — Weitere Zurufe von der SPD: Ringelpiez! — Abg. Metzger: Es ist der reinste Jahrmarkt da oben! — Abg. Wehner: Können sich die hohen Herren nicht ans Parlament gewöhnen?! Wenigstens im neuen Jahr?! — Pfui-Rufe und weitere Gegenrufe von der CDU/CSU. — Abg. Schmücker: Herr Wehner das Vorbild des guten Benehmens! Das fehlt uns gerade noch! — Abg. Erler: Das war das Vorbild oben auf der Regierungsbank! Bringen Sie denen das bei!)

Meine Damen und Herren, dabei muß man noch zur Kenntnis nehmen, daß diese Neuordnung, soweit sie Änderungen des Grundgesetzes zur Folge hat, einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages bedarf und daß die positive Mitwirkung der Länder, und zwar auch der sozialdemokratisch geführten Länder, erforderlich ist.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, aus dem Informationsdienst „Wirtschafts- und Sozialpolitik", der meines Wissens der FDP nahe steht, einige Sätze des Artikels „Finanzpolitik — Dringlichkeitsliste 1962 zitieren zu dürfen. Sie lauten:
Die brennendsten und .am schwierigsten lösbaren Probleme des Jahres 1962 liegen in dem Finanzressort. So schwer es der neue Finanzminister einerseits mit der Übernahme des Erbes der letzten zwölf Jahre hat, so große Möglichkeiten bietet ihm jedoch die geänderte Situation. Innenpolitisch haben sich nach dem Ende der Ein-Parteien-Mehrheitsregierung diE Voraussetzungen für gemeinsame Gespräche über Grundfragen der Finanzpolitik auch mil der Opposition erhöht.
Diese Feststellung, meine Damen und Herren, ist interessant. Wenn man sie zur Kenntnis nimmt kann man nicht das Bedauern darüber unterdrücken daß zwei der vorangegangenen Adenauer-Regierun gen eine Finanz- und Steuerreform zwar versprochen haben, ohne allerdings ernsthafte Versuche zu unternehmen, sie zu realisieren.

(Beifall bei der SPD.)




Dr. h. c. Dr.- Ing. E. h. Möller
Sonst könnte es in der am 29. November 1961 abgegebenen neuen Regierungserklärung nicht heißen — ich zitiere wörtlich —:
Diese Neuordnung ... erfordert eine sorgfältige Vorbereitung.
Eine solche sorgfältige Vorbereitung hätten die beiden vorangegangenen Adenauer-Regierungen bereits durchführen können.

(Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

Im übrigen ist der von dieser Regierung abgegebenen Erklärung die Ankündigung der Steuerreform zu entnehmen. Diese Ankündigung ist mit folgendem nach unserer Auffassung beachtlichem Schuldbekenntnis verbunden. In 'der Regierungserklärung heißt es:
Wir sollten uns aber bemühen,
— von uns aus die Frage: wem sagt man das? —
aus der allzu gelegentlichen Steuerflickarbeit herauszukommen, die Jahr um Jahr hier und dort Kleinigkeiten ändert und die unser Steuersystem als ganzes auf die Dauer eher verschlechtert als verbessert.

(Beifall bei der SPD.)

Professor Eschenburg, der am 8. Januar dieses Jahres den Karl-Breuer-Preis des Bundes der Steuerzahler erhalten hat, ist in seinem Vortrag, den er bei dieser Gelegenheit hielt, noch etwas deutlicher geworden. Unser Steuerrecht hat nach seiner Ansicht wegen seiner Undurchsichtigkeit und Unübersichtlichkeit eine entdemokratisierende Wirkung. Er erklärte, unser gegenwärtiges Steuersystem sei unaussprechliches Chaos. Weitere Einzelreparaturen seien bedenklich; eine Finanzreform an Haupt und Gliedern sei notwendig. Die Forderung nach einer solchen Reform sei nicht nur eine Wahlkampfparole, sondern auch ein ernstes wissenschaftliches Problem. Wegen ihrer Interessengebundenheit seien aber gegenwärtig weder die Parteien noch das Parlament, noch die Regierung, noch die Ministerialbürokratie in ,der Lage, eine solche Gesamtreform auszuarbeiten. Dazu sei nur ein Gremium unabhängiger Sachverständiger fähig.
Nach unserer Auffassung stimmt mindestens diese Schlußfolgerung. Deshalb hat die Sozialdemokratische Partei — ich bitte die Bundesregierung und die Koalition, davon Kenntnis zu nehmen - schon vor den Wahlen in ihrem Regierungsprogramm erklärt, daß eine von ihr geführte Bundesregierung unabhängige Sachverständige beauftragen werde, Vorschläge zur Finanzreform noch 1962 zu erarbeiten. Ich zitiere deswegen aus dieser Veröffentlichung der Sozialdemokratischen Partei vom April 1961, weil diese Tatsache anscheinend in Vergessenheit geraten ist. Die Konsequenz unseres Standpunktes, der in der Opposition nicht anders ist als in einer Regierungsverantwortung, haben Sie im Antrag auf Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform, Drucksache IV/ 68.
Es kann nun, meine Damen und Herren, die Frage gestellt werden: Warum hat sich ,die sozialdemokratische Bundestagsfraktion nicht mit der Erklärung der :Bundesregierung abgefunden, daß sie gewillt sei, eine Kommission erfahrener und unabhängiger Persönlichkeiten einzusetzen, die in angemessener Frist geeignete Vorschläge zur Verbesserung der Finanzverfassung unterbreiten soll? Wenn wir einen eigenen Antrag eingebracht haben, so ist dieser Entschluß nicht nur entstanden aus den schlechten Erfahrungen, die wir bisher mit den am Anfang einer Legislaturperiode bekundeten löblichen Absichten der Bundesregierung gerade auf diesem Gebiet machen mußten, sondern vielmehr auch von unserer Auffassung bestimmt, daß es darauf ankommt, von vornherein ,den richtigen Ausgangspunkt für 'den Versuch festzulegen, die so dringend 'gewordene grundlegende Neuordnung des Finanzwesens der Bundesrepublik in angemessener Frist zu erarbeiten. Der richtige Ausgangspunkt ist nun leider nicht eine einseitig von 'der Bundesregierung berufene Kommission. 'Das hängt auch zusammen mit den 'klimatischen Verhältnissen, in denen Bundesregierung und Länderregierungen leben müssen.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung 'hat am 29. Dezember 1961 in einem Leitartikel unter der Überschrift Die Klammer des Bundes ausgeführt, daß sich eine Regelung finden lasse, ohne daß darüber eine Staatskrise ausbrechen müsse. Ich darf mit Erlaubnis ides Herrn Präsidenten noch die folgenden Sätze zitieren, und zwar deswegen, weil Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, wahrscheinlich lieber der FAZ als mir glauben. Die PAZ schreibt:
'Freilich, dazu sind 'Gespräche und Verhandlungen nötig, und daran hapert es leider. Gelegentlich reden Bund und Länder über eine strittige Sache erst dann gründlich miteinander, wenn sich ihre Vertreter vor den Schranken des 'Bundesverfassungsgerichts treffen. Briefe werden oft erst gewechselt, wenn es zu spät ist. Manches Schreiben, das vom Rhein an eine Landeskanzlei abgeht, ist von fast ,verletzender Kühle diktiert.
Soweit die FAZ.
Ich erinnere 'in diesem Zusamenhang an die vorweihnachtliche Attacke des Herrn Bundeskanzlers in Sachen Finanzreform. Nach dpa war es neben anderen Länderministern auch der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Herr Kiesinger, der in einer Pressekonferenz den Vorwurf seines höchsten Parteifreundes, die Länder hätten 10 Milliarden DM gehortet, während der Bund nicht wisse, wie er seinen Verpflichtungen nachkommen könne, mit der Erklärung zurückgewiesen hat, das Land sei bereit, dem Bunde zu geben, was ,des Bundes ist; man müsse sich aber gegen unberechtigte Vorwürfe wehren. — So, meine Damen und Herren von der Koalition, kann man das schwierige Werk der Finanzreform nicht beginnen.
Lassen Sie mich noch einmal daran erinnern, daß alle in diesem Hohen Hause vertretenen Parteien vor den Wahlen den Vorrang einer Finanz- und Steuerreform unterstrichen haben: die CDU/CSU



Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
insbesondere durch den früheren Herrn Bundesfinanzminister Etzel auf dem Parteitag in Köln im April 1961 sowie auf dem Wirtschaftstag im Juli vorigen Jahres durch Herrn Dr. Binder in Frankfurt am Main, die FDP in den Thesen ihres Wirtschaftsprogramms als Ergebnis einer Wirtschaftstagung im Sommer 1961 in Stuttgart, ¡die SPD in dem von ihr im April 1961 vorgelegten Regierungsprogramm. Sachverständige, überparteiliche Organisationen, vom DGB und dem Deutschen Industrie- und Handelstag bis zum Bund der Steuerzahler, die OECD, alle vertreten den Standpunkt der Notwendigkeit einer Neuordnung unserer Finanz- und Steuerpolitik. Ebenso können Sie in der deutschen Presse und in der Fachpresse seit Monaten die Gründe nachlesen, die für eine sofortige Inangriffnahme des Reformwerks sprechen.
Halten wir fest: Der erste und wichtigste Interessent ist .der Steuerzahler und Staatsbürger. Wer weiß, daß die moderne Finanzpolitik nicht nur die Deckung des staatlichen Finanzbedarfs zum Ziel hat, sondern in der heutigen Gesellschaft auch andere wichtige Aufgaben, die nicht nur mit dem ökonomischen Bedarf und dem sozialen Bedarf abgegrenzt sind, erfüllen muß, der hat die Verpflichtung, alles zu tun, um durch einen einwandfreien, fairen Start sichern zu helfen, daß wir uns möglichst im Jahre 1963 mit den grundgesetzlichen und sonstigen Konsequenzen der Untersuchungen einer Expertenkommission beschäftigen, bei der nach unserer Vorstellung der Sachverstand ausschlaggebend sein muß.
Da die kommende Finanzverfassung gewährleisten soll — um mich einer Formulierung des Bundesfinanzministeriums zu bedienen —, daß das gesamte Steueraufkommen den Aufgabenträgern nach •dem Gewicht ihrer Aufgaben zugewiesen wird und dabei von der Tatsache auszugehen ist, daß die Finanzbedürfnisse von Bund, Ländern und Gemeinden grundsätzlich gleichwertig sind, so ist diese Gleichwertigkeit auch und gerade bei der Berufung der Expertenkommission zu dokumentieren. Aus diesem Grunde beantragen wir, daß eine unabhängige Expertenkommission mit zehn Mitgliedern einzusetzen ist, von denen je drei von der Bundesregierung, .dem Bundesrat und den Gemeinden — diese vertreten durch die Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände — benannt werden. Ein Vertreter des Statistischen Bundesamtes soll hinzutreten. Eine solche Kommission, bei der die drei Aufgabenträger sofort und gerecht zum Zuge kommen, hat die von uns gewünschten fairen Startmöglichkeiten. Daher appelliere ich dringend an Bundesregierung und Koalition, sich unseren Vorstellungen, die ausschließlich der Sache dienen, nicht zu verschließen.
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen machen zu dem Katalog, den unser Antrag für die Arbeit der Experten enthält. Es ist selbstverständlich, daß sich über jeden einzelnen Punkt, aber auch über eine Erweiterung in den Ausschußberatungen reden läßt. Da die beabsichtigte Finanzreform ihre endgültige Gestalt nur aus den Realitäten unserer zwingenden praktischen Erfahrungen gewinnen kann, ist aber eine klare Abgrenzung der Aufgaben erforderlich.
Am Anfang der Ermittlungen steht die Übersicht über die öffentlichen Haushalte aller Gebietskörperschaften. Eine weitere Stufe der Vorbereitungen wäre die Festlegung des ,Standes der jetzigen Aufgabenverteilung zwischen dem Bund und den Ländern sowie zwischen den einzelnen Ländern und ihren Gemeinden bzw. den Gemeindeverbänden. Dabei werden sich dann ganz von selbst die Abweichungen der tatsächlichen Finanzierung von der im Grundgesetz vorgesehenen Aufgabenverteilung ergeben.
Zur weiteren Tätigkeit der Expertenkommission sollte nach unserer Auffassung die Ausarbeitung einer Ubersicht über den Finanzausgleich zwischen den öffentlichen Haushalten durch die Überlassung von Einnahmen, durch Zweckzuweisungen und allgemeine Finanzzuweisungen gehören.
Der Finanzausgleich hat bekanntlich zur Korrektur der Steuerschere nicht ausgereicht. Er ist vielleicht ein Mittel, einen Spitzenbedarf zu decken, ist aber nicht geeignet — und meines Erachtens auch nicht dazu geschaffen —, grundsätzliche Mängel der Finanzordnung nachträglich zu beheben. Die Problematik der Zuweisung im Finanzausgleich liegt vor allem darin, geeignete, am tatsächlich gegebenen Finanzbedarf bemessene Schlüssel zu finden. Hier wären durch die Kommission genaue Angaben über die im einzelnen zugewiesenen Finanzmittel und geeignete bedarfsabhängige Verteilungsquoten zu erarbeiten.
Für den Fall, daß wir, was zu erwarten sein dürfte, über die geplante Finanzreform zu einem umfassenden Steuerverbund kommen werden, ergeben sich für den künftigen Finanzausgleich völlig neue Aspekte. Bei im wesentlichen gleichbleibendem Finanzbedarf, der eine Veränderung des Quotenschlüssels überflüssig macht, brauchte dieser kaum mehr als ein Spitzenausgleich zu sein.
Die 'Expertenkommission muß den Stand der gegenseitigen Besteuerung der Gebietskörperschaften untersuchen und darstellen. Gebietskörperschaften sind im Prinzip von einer Besteuerung ausgenommen, weil ihre Einnahmen in .der Regel Einnahmen auf Grund hoheitlicher Tätigkeit und dazu bestimmt sind, die Ausgaben für hoheitliche Aufgaben zu decken. Die Gebietskörperschaften nehmen aber nicht nur öffentliche Aufgaben wahr, sondern beteiligen sich auch am allgemeinen Wirtschaftsverkehr, wobei sie erwerbswirtschaftliche Unternehmen betreiben, die mit privaten Unternehmen im Wettbewerb stehen. Sie werden deshalb — mit Ausnahme ,der im Gesetz festgelegten Befreiungen — normal besteuert.
Im Ergebnis besteuern sich die verschiedenen Gebietskörperschaften gegenseitig. Zum Beispiel besteuert der Bund erwerbswirtschaftliche Betriebe der Länder und der Kommunen. Die Länder besteuern wie auch der Bund über die Einkommen- und Körperschaftsteuer eigene Erwerbsunternehmen und solche der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die Gemeinden schließlich besteuern Erwerbsunternehmen des Bundes und der Länder mit den Realsteuern. 'Diese Andeutung einer sehr starken gegen-



Dr. h. c. Dr. -Ing. E. h. Möller
seitigen Steuerverflechtung stellt klar, daß die Größenordnungen der so hin- und hergeschobenen Steuern ermittelt werden müssen.
Wir haben in der bisherigen Praxis erkennen können, wie sich in einem Zeitraum von drei Legislaturperioden die durci die Verfassung gesetzte Finanzordnung in eine Unordnung des Finanzwesens verwandelt hat. Für die Sachverständigen ist es daher eine wichtige Aufgabe, zu ermitteln, wie sich das Ausmaß des durch Gesetz festgelegten sowie des sonstigen voraussehbaren Bedarfs der öffentlichen Haushalte, insbesondere der Investitionsbedarf, in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich entwickeln wird. Dieser Teil der Untersuchung erfordert eine besondere Sorgfalt, weil er die Legislative in die Lage versetzen sollte, bei der Neugestaltung der Finanzbeziehungen die künftige Entwicklung zu berücksichtigen.
Die Privatwirtschaft kennt eine Finanz- und Wirtschaftsplanung. Die moderne Volkswirtschaft wäre ohne vorausschauende Disposition der Wirtschaftsträger nicht denkbar. Im gleichen Maß muß auch von der öffentlichen Hand eine Vorausplanung von Bedarf und Deckung erwartet werden. Wenn in der Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Unternehmungen die Einnahmen nach den Ausgaben bestimmt werden, so sollte doch eine Vorausplanung über die Entwicklung gerade dieser Bedarfsseite und der daraus notwendigen Einnahmegestaltung für einen längeren Zeitraum erfolgen. Der Ausgleich braucht
3) nicht unbedingt im Zeitraum einer Rechnungsperiode herbeigeführt zu werden. Wenn man auf dem Standpunkt steht, daß die Finanzpolitik einen wesentlichen Beitrag zu einer antizyklischen Wirtschaftspolitik zu leisten hat, so läßt sich diese Einflußnahme ohnehin nur in längeren Zeitabschnitten, d. h. nur bei zusammengefaßten Rechnungsperioden verwirklichen.
Die Expertenkommission muß nicht zuletzt den Stand und die Art der Schulden und des Schuldendienstes ermitteln, da gerade in diesem Punkt sehr voneinander abweichende Darstellungen vorliegen.
Schließlich hat die Kommission noch eine Übersicht über die derzeitige Steuerverteilung — unter Berücksichtigung der Konjunkturempfindlichkeit der einzelnen Steuern — zu geben.
Das in Angriff zu nehmende Reformwerk muß uns dazu bringen, einen großen Steuerverbund zu schaffen, zu dem die drei Finanzträger in angemessener Weise beisteuern, an dem sie auch in angemessener Weise zu beteiligen sind. Ein Steuerverbund setzt natürlich voraus, daß alle großen Steuern und vor allem ausreichend krisenunempfindliche Steuern in die Verbundmasse einbezogen werden.
Nach sorgfältiger Prüfung der staatsrechtlichen Gegebenheiten ist abschließend eine Rangfolge der Aufgaben festzulegen, die Bund, Länder und Gemeinden zu erfüllen haben. Hierbei sind die Auswirkungen des Art. 120 GG zu berücksichtigen. Die Aufgaben sollten künftig grundsätzlich jenen Trägern zugewiesen werden, die für ihre Erfüllung die beste Gewähr bieten. Die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit und die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Gebietskörperschaften müßte hierbei ein wichtiges Gebot sein. Aus Charakter und Umfang aller Aufgaben und ihrer Dringlichkeit ergeben sich dann ganz von selbst die Maßstäbe für den Finanzbedarf der drei Anspruchsberechtigten.
Dabei ist zu beachten, daß bei der Neuordnung nicht die augenblickliche Vermögenslage von Bund, Ländern und Gemeinden und nicht die jetzige Steuerentwicklung wegweisend sind. Vielmehr sollte ein Denken in größeren Zeiträumen anger strebt werden, das die Möglichkeit der Verwertung unserer bisherigen Erfahrungen in vollem Umfang einschließt. Das Gespräch zwischen den Beteiligten wäre unter Erfüllung solcher Voraussetzungen bei der Festlegung des Anteils sicher erleichtert.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist bereit, mit ihren Freunden in den Ländern alles zu tun, um eine Neuordnung unserer Finanzverfassung zu erreichen, die auf allen drei Ebenen die Bewältigung der uns gestellten Aufgaben finanz- und steuerpolitisch sichert.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400900400
Damit ist der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion betreffend Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform begründet.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400900500
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde heute nicht so sehr über die allgemeinen Fragen der Steuer- und Finanzreform — so dringend sie sind — sprechen; ich werde mich jetzt auch nicht darüber verbreiten, was in den früheren Jahren auf diesem Gebiet hätte getan werden sollen oder müssen.
Das einzige, was ich aus dem herausgreifen möchte, was mein verehrter Herr Vorredner angeführt hat, ist die Bemerkung über das Steuerflickwerk, das man vermeiden sollte. Diesem Hohen Haus ist bekannt, daß ich mich bemüht habe, schon in der Regierungserklärung von meinem Teil aus darauf hinzuweisen, daß auch ich das für falsch halte. Die Notwendigkeit der Steuer- und Finanzreform ergibt sich für den Bundesfinanzminister aus der Haushaltssituation, vor der wir im Jahre 1962 stehen, und auf Grund der Erfahrungen, die wir in den Jahren seit 1949 und seit 1955 gemacht haben, — in dem Jahr, in dem das Grundgesetz erstmalig zur Anwendung kam, und in dem Jahr, in dem es geändert wurde. Ganz unzweifelhaft hat sich durch die Entwicklung und unsere schnellebige Zeit, in der so viele Dinge sich verändern — an sich und untereinander —, eine dringende Notwendigkeit ergeben.
Die Bemerkungen des verehrten Herrn Vorredners auch zu der Frage der Haushaltsreform möchte ich zunächst einmal damit beantworten, daß ich mir das als gesondert zu behandeln vorstelle. Denn wir sollten mit der Frage der Finanzreform jetzt nicht auch die Frage der Haushaltsreform verquicken,
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1.7. Januar 1962 181
Bundesfinanzminister Dr. Starke
wenigstens nicht in dem augenblicklichen Stadium der Erörterung in diesem Hause.

(Abg. Jahn: Sie haben offensichtlich nicht zugehört, Herr Minister! — Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Davon habe ich kein Wort gesagt! -- Unruhe bei der SPD.)

— Sie haben das Wort Haushaltsreform nicht erwähnt. Ich habe zusammenfassend den Ausdruck „Haushaltsreform" gebraucht. — Aber warum diese Schärfe? Warum sagen Sie gleich, wenn ich hier dauernd gesessen habe, ich hätte nicht zugehört?

(Lachen und Zurufe von der SPD: Das konnte ja jedermann in diesem Hause sehen, Herr Minister! — Abg. Jahn: Wem denn? Den Ministerialen, mit denen Sie dauernd gesprochen haben? — Abg. Dr. Mommer: Keinen Augenblick haben Sie zugehört!)

— Das habe ich nicht einmal zehn Minuten lang getan!

(Abg. Erler: Morgenstunde hat Blech im Munde! — Heiterkeit.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400900600
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400900700
Bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0400900800
Herr Minister, sind Sie der Meinung, daß Sie tatsächlich zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Möller Stellung nehmen können, nachdem Sie vorher nicht zugehört haben?

(Sehr wahr! bei der SPD. — Zuruf von der FDP: Woher wissen Sie denn das? — Anhaltende Unruhe links.)


Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400900900
Diese Frage beantworte ich Ihnen noch einmal so, wie ich es eben schon auf die Zwischenrufe hin getan habe: ich habe die ganze Zeit hier im Hause gesessen

(erneutes Lachen bei der SPD — Abg. Dr. Schäfer: Und geschwatzt!)

und habe nur im letzten Augenblick einen einzigen Punkt, der hiermit im Zusammenhang stand, mit jemand anders erörtert.

(Abg. Dr. Schäfer: Stimmt absolut nicht! Sonderbares Verhalten! — Fortgesetzte Unruhe bei der SPD.)

— Ich bedaure sehr, daß wir darüber verschiedener Auffassung sind. Ich wüßte nicht, woher ich meine ganzen Notizen über idas hätte, was ich auf Grund dieser Ausführungen eingangs meiner Stellungnahme sagen wollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Herr Vorredner hat auch davon gesprochen, es sei nicht recht verständlich, daß die Bundesregierung in der Regierungserklärung vom November gesagt habe, sie wolle ihrerseits eine Kommission für diese fragen einsetzen. Ich möchte dazu folgendes sagen. Die Notwendigkeit einer solchen Kommission ergibt sich für den Bundesfinanzminister daraus, daß alles das, was zu der Finanz- und Steuerreform sowohl gedacht als auch gesagt und schriftlich niedergelegt worden ist, nun doch im Jahre 1962 im Hinblick auf die konkrete politische und finanzpolitische Situation neu geprüft werden muß. Denn alles — und sei es noch so gut, ,was einmal festgestellt werden muß — ist doch notwendigerweise allgemeiner gehalten, so daß es also im Hinblick auf die konkrete Situation neu rüherprüft werden muß. Ich glaube nicht, ,daß man ,der Bundesregierung wird bestreiten können, daß sie ein Recht dazu hat, das in dieser Richtung noch durch eine Kommission untersuchen zu lassen. Diese Kommission soll auch keineswegs sehr lange befristet sein, sie soll mit ihren Ergebnissen recht schnell herauskommen. Das ist eine Tatsache, die ich schon mehrfach erwähnt halbe, und ich glaube nicht, daß Sie an diesem Vorschlag der Bundesregierung berechtigte Kritik anbringen können.
Nun zu dem wesentlichen Inhalt des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion! Die Bundesregierung soll ersucht werden, zur Vorbereitung einer Finanzreform eine unabhängige Sachverständigenkommission einzusetzen. Diese soll aus 10 Mitgliedern bestehen, von denen je drei von der Bundesregierung, vom Bundesrat und von der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände zu benennen sind, außerdem noch aus einem Vertreter des Statistischen Bundesamtes. Die Kommission soll Übersichten über acht bestimmte Punkte erarbeiten, und das Ergebnis der Untersuchung der Kommission soll mit allen dazugehörigen Unterlagen und Einzelberichten von Sachverständigen sowie den Schlußfolgerungen durch die Bundesregierung dem Bundestag vorgelegt werden. Die Kommission soll ihre Arbeiten bis zum 31. Dezember 1962 abschließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zu den Maßnahmen der Bundesregierung zur Vorbereitung der Finanzreform sagen, Maßnahmen, die ja nicht unbekannt geblieben sind. Ich habe daher etwas den Eindruck, daß der Antrag, wenn man ihn so darstellt, als ob ein Versäumnis der jetzigen Bundesregierung ausgeglichen werden sollte, so etwas wie offene Türen einrennt, nachdem wir in der Regierungserklärung vom November darüber gesprochen haben. Die Bundesregieung hat in der Regierungserklärung vom 29. November, d. h. vor dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, dem Bundestag mitgeteilt, daß sie eine Neuordnung der Finanzverfassung beabsichtigt und zur Einleitung der Reform eine Kommission erfahrener und unabhängiger Persönlichkeiten einsetzen wird.
Die Kommission soll aus höchstens 15 Mitgliedern bestehen — die Zahl ist zunächst einmal der gravierendste Unterschied, den ich im Augenblick sehe —, die von der Bundesregierung allein unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Eignung so ausgewählt werden, daß die Kommission auf allen — auf allen! — durch die Finanzreform berührten Sachgebieten über die erforderliche Sachkunde verfügt. Aufgabe der Kommission soll es sein, alle für



Bundesfinanzminister Dr. Starke
eine Reform bedeutsamen politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhänge zu untersuchen und Vorschläge für die Durchführung der Reform der Bundesregierung vorzulegen.
Anders kann es doch auch gar nicht sein. Aufgabe der Bundesregierung muß es dann bleiben, die politische Entscheidung über den -den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegenden Gesetzentwurf oder die Gesetzentwürfe selbst zu treffen.
Die Bundesregierung wird deshalb in dem Auftrag an die Sachverständigenkommission Richtlinien für die Arbeit der Kommission festlegen, die sie im Grundsatz bereits am 10. Januar 1962 im Kabinett beschlossen hat. Es ist auch durch die Presse gegangen, daß wir das getan haben. Ich glaube nicht, daß den Bundesfinanzminister ein Vorwurf treffen kann, daß er etwa in den schwierigen ersten Wochen, in denen er vor dem Haushalt steht, der vorgelegt werden soll, bezüglich der Finanzreform seine Aufgaben vernachlässigt habe und daß er etwa untätig gewesen sei. Die Bundesregierung wird selbstverständlich dafür Sorge tragen, daß die Kommission die ihr zu stellenden Aufgaben unabhängig von Behörden und Organisationen erfüllen wird und daß sie alle für ihre Arbeit erforderlichen Unterlagen auch bekommt.
Die Bundesregierung hält es angesichts der Entwicklung des öffentlichen Ausgabebedarfs für notwendig, daß die Finanzreform bereits für das Rechnungsjahr 1963 in Aussicht genommen wird. Wenn ich das sage, meine ich, daß mindestens die notwendigen Teile so zeitgerecht in Angriff genommen werden, daß sie auch für 1963 noch wirken können. Aus diesem Grunde soll die Kommission einen ersten Bericht — ich betone: einen ersten Bericht, nicht einen abschließenden — bereits bis zum 31. Juli 1962 vorlegen.
Ich darf noch einmal einfügen, daß das nicht Dinge sind, die ich erst jetzt sage, sondern daß sie bereits am 10. Januar im Kabinett besprochen und verabschiedet worden sind auf Grund der vom Bundesfinanzminister geforderten Erwähnung dieses ganzen Fragenkomplexes schon in der Regierungserklärung. Daß die Kommission noch in diesem Monat einberufen werden soll, ist eine weitere Tatsache, die wir am 10. Januar in Aussicht genommen haben.
Angesichts dieser von der Bundesregierung angekündigten und bereits eingeleiteten Maßnahmen besteht nach Auffassung der Bundesregierung kein Anlaß, sie seitens des Bundestages nochmals ausdrücklich aufzufordern, eine Sachverständigenkommission zur Vorbereitung einer Finanzreform einzusetzen.
Die Vorschläge der sozialdemokratischen Fraktion für den Auftrag der Kommission und für die Berufung der Mitglieder werden den Aufgaben der Sachverständigenkommission, so wie sie die Bundesregierung sieht, nicht ganz gerecht.
Zur Aufgabenstellung: Der Antrag der Sozialdemokratischen Partei beschränkt sich darauf, die von der Kommission zu erarbeitenden finanzstatistischen Unterlagen aufzuführen, und überläßt es der Kommission, welche Folgerungen sie in bezug auf eine Finanzreform daraus ziehen will. Die Beschaffung des Materials ist aber doch eine Angelegenheit der Exekutive. Aufgabe einer Sachverständigenkommission muß es sein, die Unterlagen für die ihr gestellte Aufgabe auszuwerten.
Zur Auswahl der Mitglieder: Der Vorschlag, eine feste Anzahl von Mitgliedern durch Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände benennen zu lassen, erscheint bei einer Sachverständigenkommission nicht zweckmäßig. Es besteht die Gefahr, daß die Mitglieder als Vertreter der Belange von Bund, Ländern und Gemeinden tätig werden und dadurch die notwendige Objektivität der Meinungsbildung gefährdet wird. Außerdem könnte die Kommission bei der Gestaltung, wie sie hier vorgeschrieben wird, nicht nach einem einheitlichen Plan zusammengesetzt werden, der deshalb notwendig ist, weil sachkundige Mitglieder für alle durch die Finanzreform berührten Gebiete in der Kommission vertreten sein müssen. Das erscheint mir als das Wichtigste, was zu dem Antrag der Sozialdemokratischen Partei zu sagen ist. Insbesondere wäre eine angemessene Berücksichtigung auch wissenschaftlicher Gesichtspunkte, die mit den Tatsachen der Gegenwart konfrontiert werden sollen, nicht gewährleistet.
Dem Vorschlag der Sozialdemokratischen Partei liegt offenbar der Wunsch zugrunde, daß die Belange aller Partner des bundesstaatlichen Finanzausgleichs bereits von der Kommission gleichmäßig berücksichtigt werden. Die Bundesregierung hält dagegen eine Berücksichtigung dieser Belange zwar auch für notwendig; die Abstimmung der Reformvorlage mit Ländern und Gemeinden ist jedoch nicht Sache der Sachverständigenkommission, sondern der Bundesregierung selbst. Wie Sie aus Zeitungsberichten über meine Ausführungen, aber auch über die Ausführungen des augenblicklichen Vorsitzenden der Länderfinanzministerkonferenz entnommen haben, werden die Verhandlungen zwischen dem Bundesfinanzminister und den Herren Landesfinanzministern noch im Januar, mit aller Wahrscheinlichkeit am 25. Januar, aufgenommen. Das ist dann eben schon eine Vorbereitung der Entscheidungen, die eine Tages zu fällen sein werden.
Zur Auswertung des Berichts der Sachverständigenkommission: Die Sozialdemokratische Partei beantragt, daß die Vorlage an den Bundesrat alle Unterlagen enthält, die von der Kommission erarbeitet werden. Die Bundesregierung ist dagegen der Auffassung, daß der Bericht zunächst ihr vorgelegt werden muß und daß sie die gesetzgebenden Körperschaften bei der Einbringung eines etwaigen Gesetzentwurfs zur Finanzreform über die für die Vorschläge maßgebenden Gesichtspunkte zu unterrichten hat. Hierbei wird dann natürlich auch das Material vorgelegt werden, das die Kommission erarbeitet hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter
diesen Umständen möchte ich noch einmal erklären:
Die Bundesregierung glaubt nicht, daß es notwendig
daß sie jetzt durch das Parlament aufgefordert
wird, diese Kommission einzusetzen, die schon eingesetzt ist. Dazu liegt kein politisches Bedürfnis



Dr. Starke
mehr vor. Es erscheint der Bundesregierung unter diesen Umständen auch nicht sehr sinnvoll, daß jetzt in den zuständigen Bundestagsausschüssen diese Fragen diskutiert werden, weil Sie ja sehen und ich Ihnen hier erklären kann, daß die Bundesregierung bereits tätig ist.
Ich darf zusammenfassen: Ich habe hier, wenn auch in aller Kürze, ausgeführt, daß die Bundesregierung nicht nur mit der Opposition übereinstimmt bezüglich der Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Steuer- und Finanzreform — insbesondere des einen Teils, der Finanzreform —, sondern daß sie auch bereits aus eigenem Antrieb tätig geworden ist. Deshalb möchte ich Ihnen zum Schluß sagen, daß die Bundesregierung den Antrag der Sozialdemokratischen Partei als in der Hauptsache erledigt ansieht, weil sie eben selbst bereits in der Frage tätig geworden ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400901000
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0400901100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanzverfassungsreform ist von so entscheidender institutioneller Bedeutung, daß die Grundlage für eine Reform möglichst hier im ganzen Hause gefunden werden sollte. Insoweit ist es sehr dankenswert, daß die Opposition ihrerseits konkrete Anregungen dazu gibt, wie die Grundlagen geschaffen werden sollten, um die Finanzreform einzuleiten.
Herr Kollege Möller hat hier mit Fleiß aus der Regierungserklärung zitiert. Aber den entscheidenden Satz, der hier zur Verhandlung steht, nämlich den Satz, daß die Bundesregierung die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhänge durch eine Kommission erfahrener und unabhängiger Persönlichkeiten untersuchen lassen wird — gerade diesen entscheidenden Satz hat er bei seinen Zitaten außer acht gelassen. Ich kann darin nur dem Herrn Finanzminister zustimmen: insofern werden einfach offene Türen eingerannt. Denn nicht nur die Regierungserklärung hat das bereits angekündigt, sondern die Regierung hat, wie Sie soeben gehört haben, die Einsetzung einer solchen Kommission bereits beschlossen und den Rahmen für die Arbeit dieser Kommission festgelegt.
Ich möchte mich nun nicht auf die sachlichen Fragen der Finanzreform einlassen — das ist jetzt nicht Gegenstand der Verhandlungen über den Antrag der SPD. Aber ich möchte doch einem Optimismus wehren, als ob die Finanzreform, die gefordert wird, seitdem ich mich bewußt mit Steuer- und Finanzrecht befasse — und das sind immerhin nahezu vierzig Jahre —, als ob eine sogenannte organische Steuer- und Finanzreform, nun hier so mir nichts dir nichts in den nächsten zwei Jahren auf den Tisch gelegt werde. Man kann sehr leicht am Steuerflickwerk kritisieren; aber jeder von uns, der etwas von der Sache versteht, weiß, daß diese Dinge nun einmal institutionell gefestigt sind

(Abg. Etzel: Sehr richtig!)

und daß diese institutionelle Befestigung auch ihren tieferen Grund hat, daß dahinter nämlich ganz positive Erfahrungen stehen und man von jeder Änderung, die man beschließt, nicht recht weiß, was daraus werden könnte.
Angesichts dieser Unsicherheitsfaktoren hat eben das Institutionelle sein Beharrungsvermögen; und von daher möchte ich also auch jedem Optimismus wehren, als ob es uns in dieser Legislaturperiode nun wirklich vergönnt sein werde, das Ei des Columbus zu finden und das Steuerrecht so zu vereinfachen, daß es jeder Mann auf der Straße versteht. Ich glaube mit Sicherheit voraussagen zu können: das wird auch in dieser Legislaturperiode nicht passieren, auch wenn wir die besten Sachverständigen am Werke haben werden.
Es wird sicherlich bei der Expertenkommission notwendig sein, darauf zu achten — darin stimmt die Opposition mit der Regierung und mit den Regierungsfraktionen überein —, daß die Persönlichkeiten unabhängig sein müssen. Aber da scheint mir der entscheidende Irrtum beim sozialdemokratischen Antrag zu liegen: daß Sie unabhängige Experten fordern, dann aber sagen, von diesen müssen je drei von der Bundesregierung, vom Bundesrat und der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände benannt werden. Wenn Sie so verfahren, wenn Sie die drei Kräfte, die als Steuerträger an dieser Reform das entscheidende Interesse haben, zu den gleichberechtigten Gruppen machen, die Vertreter zu ernennen haben, dann wird die Folge sein, daß jeder gewissermaßen drei Sturmböcke ansetzt, um seine Interessen in dieser Expertenkommission zur Verwirklichung zu bringen. Gerade das ist das, was wir nicht wollen

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

und was die Sache nach unserer Ansicht von vornherein scheitern lassen würde. Wir sind der Meinung: auch die von der Bundesregierung benannten Kräfte müssen völlig unabhängig sein, und zwar müssen sie die gesellschaftlichen Kräfte, die wirtschaftlichen Kräfte, die wissenschaftlichen Kräfte repräsentieren, aber repräsentieren mit dem originären Sachverstand, der nun einmal notwendig ist, um in dieser Kommission tätig zu sein.
Wie ich den Herrn Finanzminister verstanden habe, ist es genau die Absicht der Bundesregierung, sich nicht an irgendeinen derjenigen gebunden zu fühlen, .die sie als Sachverständige in diese Kommission beruft. Die Bundesregierung und die Regierungsparteien wollen hier weder eine Art neue Vorinstanz schaffen, an die sie in Zukunft gebunden sind, noch eine Art Vermittlungsausschuß einsetzen, der gewissermaßen einen konstruktiven Vorschlag zu machen hat, über den im Bundesrat und Bundestag nicht mehr diskutiert werden kann, sondern zu dem man nur noch ja oder nein sagen kann. Gerade das wollen wir nicht.
Der zweite sachliche Irrtum, .der meines Erachtens in diesem Antrag der SPD enthalten ist, besteht darin, daß man von der Vorstellung ausgeht, man brauche nur eine objektive Bestandsaufnahme — mit allem statistischen Material — zu machen, und



Dr. Schmidt (Wuppertal)

hinterher ergäben sich unter dem Strich zwangsläufig die Schlußfolgerungen. So ist die Sache in diesem Antrag dargestellt.
Gerade diesem Optimismus können unid dürfen wir uns nicht hingeben. Letztlich ist nämlich jede Frage, die mit dem Tatbestand zusammenhängt, politisch zu entscheiden. Hier kann es nur darum gehen, ob die Sachverständigenkommission so viel Autorität hat und ihre Vorschläge mit so viel Überzeugungskraft vortragen kann, daß alle Beteiligten hinterher sagen: Aufs Ganze gesehen haben die Männer und Frauen, die in dieser Kommission tätig gewesen sind, auf Grund des Tatbestandes ein so abgewogenes politisches Urteil gefunden, daß es die vielleicht beste Lösung ist, die man für das Problem überhaupt finden kann.
Der Antrag der SPD scheint mir zwar vieles Positive zu enthalten; die Regierung kann aus den Punkten, die hier aufgeführt sind, durchaus Anregungen entnehmen. Insgesamt gesehen glaube ich jedoch, daß die Konzeption der Regierung besser ist. Deshalb möchte ich namens der CDU/CSU-Fraktion beantragen, den Antrag der SPD der Bundesregierung als Material zu überweisen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400901200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Imle.

Dr. Wolfgang Imle (FDP):
Rede ID: ID0400901300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf erklären, daß die Freien Demokraten die Durchführung einer
Finanzreform sehr begrüßen; wir haben uns in der Vergangenheit schon des öfteren sehr stark dafür eingesetzt. Der Herr Finanzminister hat in den letzten Wochen auf diesem Gebiet eine besondere Aktivität gezeigt; er hat in vielen seiner Reden darauf hingewiesen, daß wir bald zu einer umfassenden Steuer- und Finanzreform kommen müssen.
Nach den Ausführungen meines Herrn Vorredners kann ich mir längere Darlegungen ersparen. Die Bundesregierung hat ja bereits den Beschluß gefaßt, noch in diesem Monat eine solche Kommission zu berufen. Daher werden mit dem nun vorliegenden Antrag doch wohl offene Türen eingerannt. Die Freien Demokraten beantragen deshalb ebenfalls, den Antrag der SPD mit allen seinen Anregungen der Bundesregierung als Material zu überweisen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400901400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möller.

Dr. Alex Möller (SPD):
Rede ID: ID0400901500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe volles Verständnis dafür, daß der Herr Bundesfinanzminister am Anfang seiner Ausführungen erklärt hat, er verzichte darauf, hinsichtlich der Finanz- und Steuerreform eine Rückschau auf die letzten Jahre zu halten. Würde er sich zu einer solchen Rückschau entschlossen haben, dann müßten zwangsläufig auch die Argumente vorgetragen werden, die in den vergangenen Jahren von der FDP-Fraktion dieses Hohen Hauses für die Notwendigkeit der Finanz-und Steuerreform angeführt worden sind.
Ich möchte einen Irrtum berichtigen. Herr Bundesfinanzminister, ich habe mit keinem Wort zum
Ausdruck gebracht, daß Sie etwa auf diesem Gebiet Ihre Aufgaben vernachlässigen. Ich habe lediglich als 'Begründung des von uns eingebrachten Antrags dargestellt, .daß uns die Erfahrungen mit den vorangegangenen zwei Adenauer-Regierungen veranlaßt haben, nun hier im Hohen Hause Wert darauf zu legen, daß mit einer solchen unabhängigen Expertenkommission die Vorarbeiten für eine Finanz- und Steuerreform eingeleitet werden. Wenn Sie historisch genau sein wollen, können Sie der Regierungserklärung aus dem Jahre 1949 sogar entnehmen, daß die Notwendigkeit der Finanz- und Steuerreform von der damaligen Bundesregierung erkannt worden ist.
Es ist auch grundfalsch, wenn der Herr 'Bundesfinanzminister annimmt, die Opposition wolle der Bundesregierung oder den Koalitionsparteien das Recht bestreiten, durch eine Kommission nachprüfen zu lassen, was an Material für die Finanz- und Steuerreform vorliegt und was geschehen müsse, um in der weiteren Entwicklung den neuesten Stand zu ermitteln. Daran üben wir in keiner Weise Kritik.
Sowohl der Herr Bundesfinanzminister ,als auch meine beiden Herren Vorredner haben auf die Regierungserklärung vom 29. November 1961 verwiesen und die 'dortige Ankündigung der Geburt einer Kommission sozusagen als ein Erstgeburtsrecht deklariert. Ich meine: darauf kommt es gar nicht an. Sie mußten ja selbstverständlich mit einem Schritt der Opposition in diese Richtung hier im Hohen Hause rechnen, nachdem im Regierungsprogramm der Sozialdemokratischen Partei, das im April 1961 in Bonn der Öffentlichkeit übergeben wurde, mit Nachdruck erklärt worden war, daß wir wegen der Versäumnisse in der Vergangenheit dann, wenn wir mehrheitlich im Bundestag die Verantwortung trügen, eine solche Kommission unabhängiger Sachverständiger einsetzen würden mit dem Auftrag, noch im Jahre 1962 das für eine Grundgesetzänderung und sonstige Maßnahmen erforderliche Material zu erarbeiten. Es gehört keine Phantasie, sondern nur die sorgfältige Nachprüfung durch einen Ministerialrat dazu, festzustellen, daß es dann notwendig ist, zu diesem wichtigen Punkt in der Regierungserklärung etwas zu sagen.
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben erklärt, der gravierende Unterschied hinsichtlich der Zusammensetzung der Expertenkommission bestehe darin, daß die Bundesregierung 15 Mitglieder berufen wolle, während unser Vorschlag nur 10 Mitglieder vorsehe. Ich meine: Ihre weiteren Ausführungen haben Sie selbst. widerlegt. Der gravierende Unterschied besteht darin, daß wir von der Erkenntnis ausgehen, daß in diesem Fall der Bund und die Bundesregierung eine Partei von drei Parteien, nämlich von den drei Anspruchsberechtigten Bund, Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände), sind. Wir glauben, daß der bisherige unfruchtbare Streit um eine Finanz- und Steuerreform nicht im Rahmen einer Expertenkommission durch eine einseitige Berufung eines der drei Anspruchsberechtigten, nämlich der Bundesregierung, fortgesetzt werden darf.

(Beifall bei der SPD.)




Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
Damit erreichen Sie doch nichts anderes, als daß die von der Bundesregierung berufene Expertenkommission, von der Sie sogar sagen, daß sie einen Auftrag der Bundesregierung erhält, Material vorlegt, das schon deswegen nicht von den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) uneingeschränkt anerkannt werden kann, weil sie nicht bei der Erarbeitung dabei waren und weil es sich um einen einseitigen Auftrag der Bundesregierung handelt. Das bedeutet also, daß dann, wenn Ihr Gutachten vorliegt, erst die wirkliche Auseinandersetzung losgeht. Das kann sogar 'zur Folge haben, daß nicht nur der Bund eine solche Expertenkommission einsetzt, sondern sich auch der Bundesrat entschließt, eine Expertenkommission zu berufen. Auch die Gemeindeverbände könnten sich zu einer Expertenkommission entschließen, so wie die FDP-Fraktion dieses Hohen Hauses bereits ein Gremium von Sachkennern aus Bund und Ländern zusammengestellt hat, das sich ebenfalls mit der 'Materie zu beschäftigen hat. Damit erreichen wir, daß wir am Schluß dieser Arbeit eine Anzahl Gutachten vorliegen haben, und durch jedes 'Gutachten in vollem Umfang die Berechtigung der dort erarbeiteten Unterlagen mit den dann vorliegenden Schlußfolgerungen herausgestellt wird.
Meine Damen und Herren, das 'bedeutet wirklich nicht nur eine Verschleppung dieser so dringend notwendigen Reform, sondern das bedeutet ein neues Erstarren der bereits vorhandenen Fronten. Ist es da nicht vernünftig, daß man das einmal alles
I) vom Tisch wischt und sagt: wir beginnen jetzt völlig neu? Wenn Ihnen die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hier in aller Form ein solches Angebot als Opposition mit Ihren Freunden in den Ländern macht, uneingeschränkt in der Sache mitzuarbeiten, um gemeinsam dieses Ziel 'zu erreichen, dann sollten Sie nicht mit dem Einwand kommen, was in der Regierungserklärung vom 29. November 1961 stand und daß das Bundeskabinett bereits am 10. Januar 1962 für die Arbeit dieser Expertenkommission Richtlinien beschlossen habe. Meine Damen und Herren, darüber ließe sich doch in den Ausschußberatungen sprechen. Wenn wir in unserem Antrag als Ausgangspunkt für die Arbeit der Kommission einen Katalog vorgelegt haben, soll das ja nicht das letzte Wort sein; das habe ich ausdrücklich erklärt. Wir nehmen nicht die Unfehlbarkeit für uns in Anspruch; das ist auch nicht der Sinn parlamentarischer Arbeit. Der Sinn parlamentarischer Arbeit ist doch, daß man miteinander redet und gemeinsam versucht, das Beste zu erarbeiten.

(Zustimmung.)

Was aber, meine Damen und Herren, machen Sie? Ich bitte Sie, sich das noch einmal gründlich zu überlegen. Sie haben in der Diskussion vorgeschlagen, der Antrag der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion möge der Bundesregierung als Material überwiesen werden. Dazu zwei Bemerkungen. Dem Protokoll über die Beratung im Ältestenrat entnehme ich, daß man sich dort darüber verständigt hat, daß dieser Gesetzentwurf an die Ausschüsse überwiesen werden soll, und zwar an den Finanzausschuß, an den Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe und ,an den Haushaltsausschuß.

(Abg. Dr. Vogel: Irrtum! — Abg. Etzel: Später!)

Meine Damen und Herren, Sie werden mir zugeben müssen, daß es im parlamentarischen Leben üblich ist, der Regierung Petitionen als Material zu überweisen.

(Abg. Etzel: So machen wir es immer wie diesmal!)

Sie haben vorgeschlagen, unseren Antrag auf Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanz- und Steuerreform der Regierung als Material zu überweisen und wollen damit diesen Vorgang in die Rangordnung von Petitionen eingliedern.

(Abg. Etzel: Ach, Unsinn!)

So, meine Damen und Herren, werden Sie keine Finanz- und Steuerreform zustande bringen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400901600
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400901700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, aus den letzten Äußerungen der anwesenden Mitglieder des Hohen Hauses müßten wir doch alle entnehmen, daß hier im Augenblick etwas Ungutes geschieht. Ich kann doch nichts dafür, daß die Bundesregierung und daß auch ich den Gedanken hatte, daß man dies tun müßte. Wenn wir es nun in Angriff genommen haben, so haben wir es eben getan. Es hat doch keinen Zweck, daß man diesen Weg nun noch einmal geht.
Der Herr Vorredner hat davon gesprochen, für den Bundesfinanzminister drehe es sich um das Erstgeburtsrecht. Warum tun Sie das eigentlich, wenn wir in der Sache einer Meinung sind? Sie selbst haben mir bescheinigt, daß ich in den vergangenen Wochen nicht gerade alles auf diesem Gebiet sträflich vernachlässigt habe, obwohl ich ja noch nicht so lange Bundesfinanzminister bin. Sie haben damit wohl gemeint, daß ich der Bundesregierung das Nötige vorgeschlagen habe. Wir müssen sogar feststellen, daß die Bundesregierung das Nötige getan hat. Weiter wären wir unter allen Umständen auch nicht, wenn Sie es etwa bestimmten. Warum sprechen wir dann darüber, daß es um das Erstgeburtsrecht geht? Ich habe vielmehr den Eindruck, daß Sie, Herr Kollege Möller, ein Erstgeburtsrecht verteidigen wollen. Das halte ich nicht für gut. Darum geht es doch gar nicht. Sie wissen ganz genau — darf ich das einmal ganz deutlich sagen; so etwas kann man auch als Bundesfinanzminister einer neuen Bundesregierung sagen —, daß diese Finanz- und Steuerreform in gewichtigen Teilen gar nicht ohne Sie gemacht werden kann. Sie werden auch nicht den Eindruck haben, daß wir Sie ausschließen wollen. Aber Sie müssen auch verstehen, daß wir Sie bitten, der Exekutive, die nun



Bundesfinanzminister Dr. Starke
in dieser Frage in Bewegung gekommen ist — das können Sie ihr doch nicht bestreiten —, nicht in den Weg zu treten; denn den Weg, den die Bundesregierung gehen will, muß sie selbst bestimmen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Wir stehen noch im Einleitungsstadium. Ich bin nicht der Meinung, daß das, was Sie sich als Weg vorstellen, absolut falsch ist. Nur, die Bundesregierung hat sich zu einem gewissen, in der Nuancierung abweichenden Weg entschlossen. Wenn sie sich jetzt auf Ihren Weg begäbe, dann würde, wenn ich das einmal so ausdrücken darf, — —

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Dann wäre sie gut beraten!)

— Das müssen Sie natürlich sagen, Herr Kollege.

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Nein, das ist meine Meinung!)

Bringen wir doch nicht unnötige Schärfen in die Diskussion. Ich greife Sie doch gar nicht an.

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Sie können höchstens sagen, Sie müßten es so sagen, weil es der Koalitionsausschuß so beschlossen hat!)

— Herr Kollege Möller, ich darf keine Geheimnisse aus dem Koalitionsausschuß ausplaudern. Aber eines kann ich Ihnen sagen. Diese Frage ist ursprünglich weder vom Koalitionsausschuß angeregt worden — sie ergab sich auch ein wenig aus den
Tatsachen —, noch ist sie in irgendwelchen Einzelheiten, die Ihrem Anliegen widersprechen, im Koalitionsausschuß beschlossen worden. Sie werden mir das natürlich nicht glauben; Sie sind heute sowieso sehr unfreundlich zu mir gewesen.

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Sie waren die Ursache!)

Ich bin nicht sehr empfindlich. In diesem Falle sind Sie heute sehr empfindlich.
Aber noch einmal: das Bekenntnis — ich glaube, dieses Bekenntnis sollte mehr wert sein als die Streitereien —, daß die Bundesregierung und ich als Finanzminister doch wissen, ,daß wir die Finanz- und Steuerreform, wie sie nun einmal wegen der Regelung im Grundgesetz notwendig ist, weder ohne die Länder noch ohne die Opposition machen können, das kann der Vertreter der Bundesregierung doch wirklich in diesem Hohen Hause ablegen. Das bedingt doch aber nicht, daß wir nun einen einmal eingeschlagenen Weg verlassen müssen. Es würde einen Verlust an kostbarer Zeit, von nunmehr acht Wochen, bedeuten, wenn wir jetzt plötzlich auf einem anderen Weg weitergingen. Für mich wäre es ein völliges Abbiegen vom bisherigen Weg. Dabei glaube ich gar nicht, daß wir in wenigen Wochen noch Streitigkeiten darüber haben werden, wie man weiter vorgehen soll.
Sie haben mir nun noch einmal bestätigt, daß die Kommission, die die Bundesregierung eingesetzt hat, notwendig war, 'weil sie sich, wie ich es schon ausführte, in diesen Fragen mit den harten Tatsachen 'des Jahres 1962 konfrontiert sehen wird.
Ich glaube, daß diese harten Tatsachen des Jahres 1962 nicht nur für das eine Jahr gelten, sondern daß sie für eine ganze Weile gelten werden. Auch darüber sind wir uns doch einig. Ich stelle das mit größter Befriedigung fest..
Nur eines möchte ich noch 'hervorheben. In diesen Wochen — das darf ich hier doch auch als Vertreter der Bundesregierung sagen — sind die einleitenden Arbeiten sehr schnell in Angriff genommen worden. Führen Sie das doch nicht bloß ein bißchen darauf zurück, daß 'wir Angst vor 'Ihrem Antrag gehabt hätten, sondern auch darauf, .daß die ganze Bundesregierung eingesehen hat, was notwendig ist. Führen Sie es auch darauf zurück, daß ich ja zu der von Ihnen zitierten FDP gehöre, die, wie Sie schon gesagt haben, Vorreiter in dieser Frage gewesen ist. Warum sollte das auf einmal aufhören, weil 'ich Bundesfinanzminister geworden bin? Also ich glaube, das war auch nicht ganz schlüssig vorgetragen.
Nun aber zu dem Unterschied. Der Unterschied besteht in ,der Zusammensetzung der Kommission. Ich hatte den Unterschied in der Zahl — zehn und fünfzehn — als einen ersten Unterschied bezeichnet und hatte die Art der Berufung als den gravierenden Unterschied angesehen. Hier allerdings — und das müssen Sie sich nun von mir noch einmal anhören — setzt das .ein, was man als das Selbstbewußtsein und als den Willen der 'Exekutive, selbst tätig zu werden, bezeichnen muß. Die Exekutive ,will das in die Hand nehmen, und sie hat die Absicht, 'das, was sie politisch in ihrem Bereich entschieden 'hat, dann dem Parlament zur endgültigen und 'großen, fundierten Durchberatung vorzulegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich einen Satz sagen, der mir am Herzen liegt. Ich halte es für eine Notwendigkeit in der parlamentarischen Demokratie, daß die Exekutive handelt und das Ergebnis ihres Überlegens und Handelns dem Parlament vorlegt. Wenn Sie, Herr Kollege Möller, glauben — und das haben Sie doch am Schluß ausgeführt —, daß man der Bundesregierung nicht trauen dürfe, daß sie handeln wird, sondern daß man der Bundesregierung, sozusagen durch eine Verkoppelung der Fragen, sofort auch mit der Aktivität des Parlaments gewissermaßen auf die Sprünge helfen müsse, dann möchte ich das für meine Person ablehnen. Ich traue mir 'zu, auf 'diesem Wege voranzugehen, und die Tatsache, daß die Bundesregierung das alles gebilligt hat, was ich bisher vorgeschlagen habe, halte ich für einen Erfolg dieser neuen Koalitionsregierung, die sich für stark genug 'hält, in dieser Frage auf dem von ihr vorgezeichneten Weg zu einem Erfolg zu kommen.

(Beifall bei den Koalitionsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400901800
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400901900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beschlüsse auf Überweisung als Material an die Bundesregierung halte ich nach der



Seuffert
Geschäftsordnung dieses Hauses für unzulässig. Soweit das überhaupt in Frage gestellt werden könnte, wird von unserer Seite noch ausführlicher dazu Stellung genommen werden. Aber in der Sache möchte ich die nicht leicht zu erreichende Aufmerksamkeit des Herrn Bundesfinanzministers

(Abg. Metzger: Er hört zu!)

doch auf die Tatsache lenken, daß nicht, wie er soeben gesagt hat

(Abg. Horn: Er hört zu! — Weitere Zurufe: Der Herr Minister hört zu!)

hier in der Sache eine Einmütigkeit besteht. Keineswegs! Die Anträge auf Überweisung als Material an die Bundesregierung, so unzulässig sie auch sein mögen, gründen sich ungefähr darauf, daß, wie mitgeteilt worden ist, das Kabinett Richtlinien für einen Auftrag an eine von ihm auszuwählende Kommission beschlossen habe — die Richtlinien werden nicht näher erörtert —, und daß damit die Sache praktisch erledigt sei. Genauso wollen wir das aber nicht angesehen haben.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Sie sprechen davon, die Exekutive wünsche, die Dinge in Angriff zu nehmen. Wir wünschen mit unserem Antrag, daß das Parlament die Sache zusammen mit der Exekutive in Angriff nimmt. Wenn Sie schon Richtlinien im Kabinett beschlossen haben, was für einen solchen Auftrag sicherlich notwendig ist, so wollen wir im Ausschuß einmal hören, was für Richtlinien das sind und ob sie etwa verbessert werden können. In dieser Angelegenheit sind wir also zunächst durchaus nicht derselben Ansicht. Wir sind vielmehr der Auffassung — und das sollte von allem Anfang an sachgemäß sein —, daß die Richtlinien für eine solche Kommission gemeinsam mit den Ausschüssen des Parlaments wenigstens beraten werden, wenn ich der Regierung auch zubilligen will, daß sie letzten Endes die Verantwortung für diese Richtlinien trägt; was in einem solchen Auftrag stehen könnte, haben wir im einzelnen in unserem Antrag ausgeführt.
Auch in einem zweiten Punkt möchte ich noch einmal ein Mißverständnis ausräumen. Wir sind nicht der Ansicht, daß die für die Lenkung der Arbeit und für die Verabschiedung des zusammenfassenden Kommissionsberichts bestellten Mitglieder aus Bund, Ländern und Gemeinden unbedingt und ausschließlich die tragenden Pfeiler dieses Berichts sein sollen. Ein Hauptgewicht des Materials dieser Kommission wird bei den unabhängigen Sachverständigen liegen müssen, die sie zuziehen soll, aber die Arbeit als solche, die Lenkung, soll doch von vornherein von allen Seiten getragen werden, und alle Seiten sollen sich daran beteiligen. Auch das scheint mir ein sehr, sehr wesentlicher Unterschied gegenüber den Vorstellungen der Bundesregierung zu sein. Die Bundesregierung will die Richtlinien nicht mit dem Parlament beraten und sie einem Ausschuß geben, den nur sie von sich aus auswählt. Wir wissen nicht, was dabei herauskommt. Wir sollten das im Ausschuß diskutieren. Es ist auch nicht unsere Vorstellung, daß eine solche Kommission irgendwelche Entscheidungen treffen oder Gesetzentwürfe vorlegen oder etwas Ähnliches tun soll. Sie soll Material für die Beschlüsse und Entscheidungen der Regierung und des Parlaments zur Verfügung stellen.
Ich möchte also, Herr Bundesfinanzminister, damit wir uns nicht mißverstehen, klarmachen, daß hier Dinge vorliegen, die der Beratung im Ausschuß bedürfen, weil wir da durchaus nicht einer Meinung sind.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400902000
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Mommer!

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0400902100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß unsere Kollegen von der CDU einfach einem Irrtum unterlegen sind, als sie beantragten, daß dieser Antrag auf Einsetzung einer Expertenkommission der Bundesregierung als Material überwiesen werden soll. In der ganzen Geschäftsordnung ist nur in § 113 im Zusammenhang mit dem Ausschußbericht über Petitionen von Überweisung als Material an die Bundesregierung die Rede. Sonst gibt es das nicht

(Sehr richtig! bei der SPD)

bei Anträgen, die hier von Fraktionen gestellt worden sind.
Ich bitte deswegen, es bei dem Vorschlag zu belassen, der im Ältestenrat vereinbart wurde: Überweisung an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, mitberatend der Haushaltsausschuß und der Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400902200
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0400902300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mommer, was Sie soeben gesagt haben, stimmt und läßt sich auf die Geschäftsordnung stützen. Aber zweierlei: Erstens hat das Haus schon mehrfach so verfahren, und zweitens haben wir diesen Weg gewählt — —

(Zurufe von der SPD: Wann? — Abg. Dr. Mommer: Wann und wo?)

— In früheren Bundestagen.

(Erneute Zurufe von der SPD: Niemals! — Wann?)

— Ich habe es nicht an der Hand, um es dokumentarisch zu belegen. Daß es geschehen ist, ist sicher. Ich werde es nachprüfen.
Aber zweitens, Herr Kollege Mommer — und jetzt wird es noch viel einfacher —, haben wir diesen Weg gewählt, weil wir Ihr Anliegen für richtig halten. Nur hat die Bundesregierung schon vorher gehandelt. Wir müßten Ihren Antrag sonst als gegenstandslos, inzwischen durch die Maßnahmen der Bundesnegierung überholt, ablehnen. Das wollten wir nicht, und deswegen haben wir diesen Weg gewählt. Wenn Sie, Herr Kollege Mommer, darauf bestehen —, nun gut, dann werden wir erklären: der Antrag i s t gegenstandslos und infolgedessen abzulehnen. Aber das hielten wir nicht für zweck-



Rasner
mäßig, weil wir im Ziel einig sind. Sie können nichts dafür, daß in der Zeit, die seit der Einbringung Ihres Antrags und der Verhandlung im Plenum verflossen ist, die Bundesregierung schon gehandelt hat.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Was sie in der Regierungserklärung angekündigt hatte!)

— Das hat sie übrigens in der Regierungserklärung schon angekündigt.
Wir wollten folgendes: Wir wollten in einem Atemzug anerkennen, daß Ihr Anliegen berechtigt ist, und gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß die Bundesregierung schon so gehandelt hat. Wenn Sie auf der formalen geschäftsordnungsmäßigen Erledigung bestehen, werden wir so handeln müssen, wie ich es eben angekündigt habe.

(Abg. Kurlbaum: Ein vielversprechender Anfang unserer Zusammenarbeit im Parlament! — Abg. Erler: Das ist der richtige Auftakt, um eine Zweidrittelmehrheit für die Finanzpolitik zu bekommen! — Abg. Kurlbaum: Das ist ja Größenwahnsinn! — Abg. Dr. Mommer: Wie können Sie so etwas machen! — Weiterer Zuruf von der SPD: Höchst unfreundlich von Ihnen!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400902400
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400902500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal zur Sache etwas sagen. Herr Kollege Seuffert hat ausgeführt, es bestehe keine Einigkeit in der Sache. Ich glaube, wir beginnen jetzt doch sehr spitzfindig in der Sache zu werden, um uns auseinanderzusetzen. Das, was die Bundesregierung hier vertritt, bedeutet doch nicht, daß wir — ich glaube, das habe ich schon zur Genüge betont — auf Ihre Mitarbeit verzichten. Nur in einem, was der Herr Kollege Seuffert gesagt hat, bin ich als Bundesfinanzminister anderer Meinung, und dieser Meinung bin ich auch immer gewesen, als ich „nur" — wie man so schön sagt — als Abgeordneter hier im Hause war. Ich denke da ganz genauso wie früher: Auch in der parlamentarischen Demokratie muß die Regierung handeln. Wenn die Regierung das hier erklärt hat — sie hat es auch schon zum Ausdruck gebracht —, dann ist es keine Ablehnung der Mitarbeit der Opposition.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie werden in diesem Parlament doch in vollem Umfang beteiligt. Sie haben soeben von Zweidrittelmehrheit gesprochen. Sie werden nicht nur wegen der Zweidrittelmehrheit beteiligt, Sie werden auch sonst in vollem Umfang beteiligt werden. Sagen Sie mir doch nicht, ich sei nicht zu einer Zusammenarbeit bereit. Bringen Sie doch nicht Dinge, die Sie schon früher — ob zu Recht oder Unrecht, lasse ich ganz weg — auf den verschiedensten Gebieten vorgebracht haben: z. B. daß die Opposition nicht beteiligt werde. Hier wird das nicht der Fall sein, aus meinem Willen heraus, und wie Sie wissen, kann es auch aus der Sache heraus nicht sein.
Herr Kollege Seuffert, Sie haben davon gesprochen, der Auftrag an die Kommission stehe in Ihrem Antrag. Aber da — nehmen Sie es mir bitte nicht übel! — muß ich Ihnen sagen, daß wir gänzlich verschiedener Meinung sind. Was in diesem Antrag steht — darauf hat der Herr Kollege Schmidt hingewiesen —, betrifft doch das Material, das man braucht. Herr Schmidt hat, glaube ich, am exaktesten gesagt: Glauben Sie denn, daß es sich, wenn das Material gesammelt und gesichtet ist, um eine mechanistische Entscheidung handelt? Es dreht sich doch um eine politische Entscheidung, auch wenn, was meine tiefste Überzeugung ist, die Opposition dann in vollem Umfang mitarbeiten soll.
Wenn wir sogar von einer Zweidrittelmehrheit sprechen, dann ist es doch so, daß zunächst einmal die Regierung eine politische Entscheidung fällen muß, daß dann aber Sie — nun, wie soll ich sagen? — das volle Mitwirkungsrecht haben. Ich vermag also Ihre Bedenken nicht einzusehen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch sagen: Es ist meine tiefste Überzeugung, daß wir, wenn wir jetzt darangehen, diese Richtlinien in den Ausschüssen des Parlaments zu beraten — denn dort sind sie doch noch nicht —, kostbare Zeit verlieren, bis sich diese Kommission überhaupt zusammensetzen kann, aus dem einfachen Grunde, weil wir uns dann jetzt über Fragen auseinandersetzen müssen, zu deren Erörterung wir Zeit haben, wenn ein Vorschlag der Bundesregierung im Parlament eingereicht wird.
Es war mein Anliegen, das hier noch einmal ausdrücklich hervorzuheben. Es handelt sich eben auch bei finanzpolitischen Fragen um politische Fragen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400902600
Herr Abgeordneter Etzel!

Franz Etzel (CDU):
Rede ID: ID0400902700
Meine Damen und Herren! Wir haben uns angesichts des eindringlichen Petitums der SPD, während Bundesfinanzminister Starke hier sprach, noch einmal kurz unterhalten. Da wir ja in der Sache völlig einig sind — a) wir wollen den Weg zur Bildung einer Kommission gehen, b) er kann nicht von der Mehrheit dieses Hauses allein gegangen werden, er muß vom gesamten Hause und muß auch von den Ländern und vom Bund gegangen werden —, sind die beiden Regierungsparteien einverstanden, die Dinge an den Ausschuß zu verweisen, allerdings mit der Einschränkung, daß das Thema • sehr schnell besprochen werden muß, daß wir schnell zu einem Ergebnis kommen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400902800
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, es ist vorgeschlagen, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion an den Finanzausschuß — federführend — sowie an



Vizepräsident Schoettle
den Ausschuß für Kommunalpolitik und Sozialhilfe und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen. Ist das Haus bereit, diesem Vorschlag zuzustimmen? — Es wird nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Damit ist Punkt 2 a erledigt.
Ich rufe die Punkte 2 b und c der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Aufhebung des Kaffeesteuergesetzes (Drucksache IV/ 65),
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Teesteuergesetzes (Drucksache IV/ 66).
Wie ich unterrichtet bin, wird Frau Abgeordnete Beyer zu beiden Anträgen die Begründung geben. Ich erteile ihr das Wort.

Lucie Beyer (SPD):
Rede ID: ID0400902900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hoffen, daß wir, nachdem solange schon über die Kaffee- und Teesteuer diskutiert worden ist, in dieser Frage schnell zu einer Einigung kommen.
Wer von uns in der zurückliegenden Zeit — und damit meine ich nicht nur die Zeit, in der der Bundeswirtschaftsminister in den Vereinigten Staaten war, sondern die ganzen letzten zwei Jahre — sich einmal die in- und ausländische Presse angesehen hat, wird festgestellt haben, daß wir im Zusammenhang mit der Frage der Kaffee- und Teesteuer inzwischen zu einem Stein des Anstoßes fast in der gesamten westlichen Welt geworden sind.

(Anhaltende Unruhe.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400903000
Frau Kollegin Beyer, darf ich einen Moment unterbrechen.
Meine Damen und Herren, es geht nicht an, daß im ganzen Hause Gespräche stattfinden, so daß der Redner praktisch nicht verstanden wird. Ich bitte um Ruhe.
Ich bitte fortzufahren.

Lucie Beyer (SPD):
Rede ID: ID0400903100
Rufen wir uns die Diskussionen der Vergangenheit zur Frage der Kaffee- und Teesteuer noch einmal ins Gedächtnis zurück, so kommen wir wohl einstimmig zu der Überzeugung, daß die Berechnungen in bezug auf Verbrauchsausweitung und den in Frage kommenden Steuerausfall, die vom Bundesfinanzministerium angestellt wurden, durch die Entwicklung immer wieder widerlegt worden sind. Es ist daher erfreulich, daß sich der Herr Bundeswirtschaftsminister in einem Interview, wie es eine Zeitung vom Montag wiedergibt, eindeutig für eine Senkung ausgesprochen und erklärt hat, daß auch er gute Gründe habe, den statistischen Berechnungen zu mißtrauen.
Als wir kurz vor den Wahlen zu diesem Thema sprachen, ist wohl jeder, der unseren Antrag abgelehnt hat, mit einem unguten Gefühl aus diesem Saal
gegangen. Ich kann das um so mehr sagen, als am gleichen Abend der damalige Bundesfinanzminister Etze1 — ich glaube, ich verstoße nicht gegen die Vorschriften über Geheimhaltung, denn es befanden sich damals eine große Anzahl von Kollegen mit ihren Ehefrauen im Saal — erklärt hat, daß ich ihn nach den Wahlen an seinem Portepee fassen könne; die Verbrauchsteuer für Kaffee und Tee würde fallen und der Verbraucher in den Genuß der Senkung kommen.
Herr Etzel ist inzwischen nicht mehr Finanzminister. Aber Herr Dr. Starke und seine Partei haben in der Vergangenheit immer zu den Befürwortern einer Senkung der Kaffee- und Teesteuer gehört. Wenn man die Verlautbarungen aus dem Kabinett hört und liest, wie sich der Bundesfinanzminister Dr. Starke darüber ausgelassen hat, kommt man zu der Auffassung, daß inzwischen die Meinung in der FDP gespalten ist. Herr Scheel hat sich als Minister in Paris noch im November letzten Jahres in einem europäischen Gremium noch einmal eindeutig für die Senkung der Kaffee- und Teesteuer ausgesprochen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Sie — damit wende ich mich an die FDP — in der Vergangenheit nur optische oder wahlpsychologische Gründe für Ihre Haltung gehabt haben. Es gibt vielmehr eine solche Fülle von sachlichen Argumenten, daß nach wie vor die gleiche Meinung und Haltung zu erwarten sein müßte.
Der Herr Bundesfinanzminister hat nach einer Zeitungsmeldung erklärt, er halte den Vorteil, der den 26 Entwicklungsländern im Falle einer derartigen Maßnahme prozentual zufalle, für fragwürdig. Dieses Argument ist nicht neu. Es ist vielmehr schon früher vorgebracht worden und hätte ihn schon damals in seiner Haltung beeinflussen müssen. Natürlich muß man in diesem Zusammenhang über die gesamte Problematik der Finanzhilfe an die Entwicklungsländer sprechen. Wir wissen genau, wie fragwürdig diese Hilfe oft ist.
Inzwischen hat sich nun die Situation erheblich verschärft. Wir brauchten nicht erst den Besuch des Bundeswirtschaftsministers abzuwarten, sondern es war bereits in der Vergangenheit zu erkennen, wie sich die öffentliche Meinung entwickelt. Das ist insbesondere in den Gremien der EWG und bei anderen Zusammenkünften auf intennationaler Ebene sehr deutlich geworden. Ein weiteres Hinauszögern kann einfach nicht mehr verantwortet werden.
Bisher sind für das Hinauszögern immer schlechte Argumente vorgebracht worden. 1958 hat es begonnen, seinerzeit, als die erste Zollsenkung bei der EWG eintrat. Ich möchte das in das Gedächtnis zurückrufen. Damals hat die Bundesregierung drei Zollsenkungen auf einmal vorgenommen; um damit auf einmal den Ausfall durch die Einführung bzw. Erhöhung der Verbrauchsteuer wieder hereinzuholen. Wir haben damals im Parlament — d. h. mit der Entscheidung der Regierungspartei — eindeutig gegen den Geist des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gestimmt. Wir haben das immer wieder bei Debatten zu hören bekommen; das können bestimmt diejenigen bezeugen, die im Europäischen Parlament tätig sind. Wir haben da-



Frau Beyer (Frankfurt)

mit aber auch gegen die Verbraucherinteressen verstoßen.
Inzwischen ist nun die Frage der Entwicklungshilfe in den Vordergrund getreten. Wir wissen, daß 28 der Entwicklungsländer zu den Kaffee produzierenden
Ländern gehören. Wir wissen weiter, daß diese Länder stark von dem Devisenaufkommen abhängig sind. Das Devisenaufkommen in den einzelnen Ländern hängt aber zu 60 bis 80 % vom Kaffeeexport ab. Noch heute werden 40 % des jährlichen Anfalles an Kaffee eingelagert oder müßten nach den Bestimmungen eingelagert werden. Wir haben heute in der Welt Kaffeebestände, die das Doppelte dessen ausmachen, was für den Weltverbrauch in einem Jahr benötigt wird.
Wir als Parlamentarier sollten uns überlegen, was das an Lagerkosten ausmacht und was das für den Etat der Entwicklungsländer bedeutet. Es ist ganz selbstverständlich, daß sich daraus in der Offentlichkeit dort eine gewisse Unruhe ergibt, vor allem auch dadurch — wir sollten das berücksichtigen —, daß es Millionen Landarbeiter in diesen Ländern gibt, die beim Anbau, bei der Ernte, bei der Kultivierung und Veredelung dieses Produkts tätig sind.
Sicher wird sich allein durch eine Erhöhung des Verbrauchs von Kaffee bei uns — ich möchte auch das eindeutig sagen — das Problem nicht lösen lassen, aber eine Maßnahme zur Erhöhung des Verbrauchs ist zweckmäßig, das sollten wir nicht übersehen.
Hinzu kommt — das ist gerade bei der Reise des Bundeswirtschaftsministers deutlich geworden —, daß Südamerika unser Absatzmarkt ist. Die südamerikanischen Staaten gehören zu den traditionellen Absatzmärkten unserer deutschen Industrie, und wenn wir die Entwicklung verfolgen, stellen wir fest, daß in dieser Hinsicht eine gewisse Stagnation eingetreten ist, ja daß vor allen Dingen hier die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen hinter den mit den übrigen Ländern zurückbleibt.
Da muß man sich ganz offen die Frage vorlegen, worauf das zurückzuführen ist. Liegt es an dein mangelnden Devisenaufkommen, oder liegt es an Konsequenzen, die diese Länder zu ziehen bereit sind?
Als weiteres wichtiges Argument kommt hinzu, daß die Situation in den Entwicklungsländern inzwischen tatsächlich zu einer politischen Gefahr geworden. ist. Wir können an Darstellungen in den Zeitungen der Vereinigten Staaten feststellen, daß gerade vor den südamerikanischen Staaten versucht wird, in Ostdeutschland einen neuen Absatzmarkt zu finden. Das kann Auswirkungen auch auf die Importe in diese Länder haben. Es kann auf der anderen Seite aber auch politische Entwicklungen, die wir nicht wollen, nach sich ziehen.
Aus einer Pressemeldung geht hervor, daß zu den Sorgenkindern Kennedy's — das geht aus einer Bemerkung hervor, die er gemacht hat — vor allem Lateinamerika gehört. Er sagte, daß dieser Subkontinent leicht eine Beute des Kommunismus werden kann, wenn es den westlichen Industrienationen nicht gelingt, den Lebensstandard der Lateinamerikaner zu heben. Das sollten wir gerade im Hinblick auf die politische Situation insgesamt nicht unberücksichtigt lassen.
Wir haben nun, wie ich schon eingangs gesagt habe, in den zurückliegenden Jahren eine Fülle von Kritik und Angriffen über uns ergehen lassen müssen. Sie werden mir erlauben, hierzu eine kurze Ubersicht zu geben, um auch Ihnen die Entwicklung ins Gedächtnis zurückzurufen.
Ich beginne mit 1959. Damals hat GATT verlangt, daß man die eingeführten Verbrauchsteuern wieder beseitigt. Aus einer neueren Mitteilung aus diesem Bereich — und im Zusammenhang damit werde ich eine Frage an die 'Bundesregierung stellen — ist zu erkennen, daß ,die Verbrauchsteuern überhaupt in die Kompetenz des GATT übergehen sollen. Das würde letzten Endes nicht nur die Verbrauchsteuern auf Kaffee und Tee, sondern auch die Verbrauchsteuern auf Mineralöl usw. betreffen. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das bei der Beurteilung dieses ganzen Fragenkomplexes mit zu berücksichtigen. Hier müssen wir auch nach der Ursache fragen und prüfen, ob sie nicht mit in unserem starren Verhalten in der Frage der Kaffee- und Teesteuer in der Vergangenheit zu suchen ist.
1960 hat die Wirtschaftskonferenz der amerikanischen Länder getagt. Damals war einer der Hauptpunkte die kritische Lage der Kaffee erzeugenden Länder. Auch in dieser Konferenz ist die Haltung des 'Bundesfinanzministers eindeutig kritisiert worden.
Seit 1961 tagt in Washington die Kaffeestudienkommission. Auch hier werden immer wieder Forderungen nach der Beseitigung der fiskalischen Belastungen gestellt.
Ich denke weiter an die Sitzungen des Internationalen Kaffeeabkommens. Von hier aus werden wir auch immer wieder mit der gleichen Forderung sozusagen bombardiert.
Aber ich möchte auch die Reise von Herrn Dr. von Brentano erwähnen, die er im September 1960 machte und bei der ihm von 15 Regierungen der Kaffeeländer ein Memorandum gleichen Inhalts übergeben wurde. Wenn man Pressemeldungen Glauben schenken kann, hat auch der damalige Bundesaußenminister sich für eine Beseitigung dieser Steuern eingesetzt, genauso wie es heute der Bundeswirtschaftsminister getan hat.
Der Kaffeefeldzug und damit der Aufklärungsfeldzug im vergangenen Jahr hat, weil er ein starkes politisches Moment hatte, die Bundesregierung veranlaßt, sich gegen ihn zu wenden, und zwar mit dem Bemerken, daß man damit in das politische Verhalten eines Landes eingreife. Sie werden sich alle an die Zeitungsannoncen erinnern, in denen es hieß: Jede dritte Tasse trinkt der 'Staat. Es ist unsere Schuld, daß es so weit kommen mußte, und es ist nicht damit getan, daß man sich gegen ein solches Verhalten, gegen einen solchen Aufklärungsfeldzug wehrt. Wir haben vielmehr die Verpflichtung, aus



Frau Beyer (Frankfurt)

der Tatsache, daß im internationalen Raum solche Argumente gegen die Verbrauchsteuern auf Kaffee und Tee vorgebracht werden, Konsequenzen zu ziehen und hier eine Änderung herbeizuführen.
Ich darf ferner an eine Kommission erinnern, die im EWG-Raum getagt hat und die sich ebenfalls mit der Frage der Kaffeesteuer beschäftigt hat. Hier heißt es: Eine Senkung der Kaffee- und Kakaosteuer um 50 % bis zum 1. Januar 1963 und die völlige Beseitigung dieser Steuern zum 1. Januar 1965 sollte jetzt vorgeschlagen werden. Auch von da her werden wir also weiter gedrängt. Ich glaube, wir können gar nicht umhin, irgendwann den ersten Schritt zu tun.
In der OECD hat es nach einer Pressemeldung von dpa in den letzten Tagen noch eine weitere Diskussion über das Gesamtproblem gegeben. In dieser Pressemeldung vom 15. Januar 1962 heißt es wörtlich:
Die Bundesregierung soll ein besseres Gleichgewicht zwischen dem Überschuß in der laufenden Zahlungsbilanz und der Ausfuhr langfristiger Kapitalien herstellen.
Dabei soll auf zwei Fronten angegriffen werden, zunächst durch einen weiteren Abbau von Einfuhrbeschränkungen. Deren werden eine Anzahl aufgeführt, darunter die Senkung einer Reihe von Verbrauchsteuern in der Bundesrepublik, z. B. bei Tee und Kaffee, die immer noch den inneren Verbrauch hemmen. Als zweites wird die Senkung langfristiger Zinssätze zur Förderung der Kapitalausfuhr genannt. — Meine Damen und Herren, diese Mitteilungen machen deutlich, daß wir uns hier im Parlament den Argumenten nicht mehr verschließen können.
Auch in der deutschen Öffentlichkeit ist dies alles inzwischen zu einem Ärgernis geworden. Der Deutsche Industrie- und Handelstag hat sich für eine Senkung ausgesprochen. Der Bund der Steuerzahler schreibt in den letzten Tagen immer wieder, daß eine Senkung der Kaffee- und Teesteuer gar nicht mehr zu umgehen sei. Die Verbraucherverbände haben darauf hingewiesen, daß die fiskalischen Belastungen auf einem Pfund Kaffee mehr als 100 % ausmachen. Das sind doch Argumente, deren Gewicht auch der Verbraucher selbst empfindet und entsprechend wertet.
Lassen Sie mich aber auch ein Wort zu den Berechnungen sagen! Das Bundesfinanzministerium hat immer wieder Berechnungen aufgestellt — ich will sie gar nicht alle in die Erinnerung zurückrufen —, wonach der Ausfall etatmäßig gar nicht verkraftet werden könnte. Dabei werden jedes Jahr an Kaffeesteuer mindestens 100 Millionen DM mehr in den Etat eingesetzt. Mit anderen Worten: Diese Etatisierung widerlegt die Prognosen, die das Bundesfinanzministerium bei den Debatten über die Kaffee- und Teesteuer immer wieder aufgestellt hat.
Im vergangenen Jahr ist man dann dazu übergegangen, auf das IFO-Institut zurückzugreifen. Das IFO-Institut hat errechnet, daß bei einer Halbierung 4 % Verbrauchssteigerung herauskämen. Ein anderes Institut hat errechnet, daß bei einer völligen Streichung 18 °/o Steigerung zu erwarten wäre. GATT kommt zu einem Steigerungssatz von 19,4 %. Die Kaffeefirmen in Hamburg rechnen mit 35 % bis 50 %.
Ich möchte hier den Bundeswirtschaftsminister unterstützen, der sagte, daß man den Statistiken mißtrauen muß, vor allem wenn sie aus dem Bundesfinanzministerium kommen. Aber, meine Damen und Herren, eins hat die Entwicklung für uns alle deutlich gemacht: daß mit einer jährlichen Steigerung zu rechnen ist. Wenn heute eine Zeitung schreibt: Mehr Kaffee nach Europa? und dazu sagt, daß die jährliche Steigerung der Ausfuhr nicht mit dem wirtschaftlichen Wachstum und der Bevölkerungszunahme jener Länder Schritt halte, dann wird damit noch einmal ausgesprochen, daß natürlich mit wachsendem Wohlstand auch mehr Kaffee getrunken wird und daß das auch für die Bundesrepublik gilt.
Was den sozialen Aspekt anbetrifft, so habe ich darüber hier schon wiederholt Ausführungen gemacht. Ich möchte aber noch einmal sagen, um es deutlich zu machen, daß jedes Pfund Kaffee heute noch mit 4,96 DM an Steuern und Zoll belastet ist, nämlich mit 3,60 DM Kaffeesteuer, 1 DM Zoll und 0,36 DM Umsatzausgleichsteuer. Diese 4,96 DM machen oftmals mehr aus als der Weltmarktpreis für ein Pfund Kaffee. Ist das eigentlich heute noch vertretbar bei dem Volumen, das unser Haushalt angenommen hat, wenn man dabei gleichzeitig bedenkt, daß ein Ehepaar mit einem geringen Einkommen — sagen wir: 4000 DM —, das ein Pfund Kaffee im Monat verbraucht, zehn- bis fünfzehnmal mehr belastet ist als ein Ehepaar, das etwa 100 000 DM an Einkommen zur Verfügung hat und drei und mehr Pfund Kaffee im Monat verbrauchen kann. Ich möchte das gar nicht ausdehnen und etwa von den Rentnern sprechen, die Kaffee oft auch als Medizin brauchen. Ich habe auch darüber schon wiederholt gesprochen.
Eine weitere Bemerkung, bevor ich zum Schluß komme: Die Sicherheit, daß das, was wir an Vorteil durch eine Steuersenkung erreichen, auch an den Verbraucher weitergegeben wird, ist garantiert gegeben. Jede Senkung des Weltmarktpreises und jede Steuersenkung sind im Preis sichtbar geworden. Auch das ist noch ein wichtiges Argument für die Beurteilung dieser Frage.
Was für den Teil der Bundesrepublik zutrifft, in dem Kaffee getrunken wird, trifft natürlich für Schleswig-Holstein und Ostfriesland hinsichtlich dies Tees zu. Ich bin mir allerdings darüber klar, daß der Teekonsum nicht in dem Umfange ansteigt wie der Kaffeekonsum. Aber das, was hier an Steuerausfall für den Etat zu erwarten steht, ist ja auch entsprechend weniger.
Wie ich am Anfang gesagt habe: es gibt heute einfach keine Gründe mehr, die gegen eine stufenweise Senkung der Kaffeesteuer sprechen.
Nun wird jetzt gesagt, daß das beim Bundesetat 240 Millionen DM im Jahr ausmache. Man liest in den Zeitungen sogar, ,daß schon eine Milliarde



Frau Beyer (Frankfurt)

genannt wird, bezogen natürlich auf einen Zeitraum von drei Jahren. Dabei geht man davon aus, daß inzwischen wieder 'Steigerungen eingetreten sein werden, die man hinzurechnet. Man vergißt dabei aber, daß eine Verbrauchsausweitung eine Erhöhung des Steueraufkommens bei der Umsatzsteuer, der Körperschaftsteuer usw. mit sich bringt. Diese Überlegungen werden alber bei den Ausfallberechnungen grundsätzlich nicht mit angestellt, man nimmt nur immer das Maximum.

(Abg. Etzel: Die Ausgaben erhöhen sich auch!)

— Die Ausgaben erhöhen sich auch, Herr Etzel; sehr richtig. Aber auch der Bundeshaushalt erhöht sich laufend. Ich brauche nur an .die wachsende Steigerung der Steuereinnahmen zu erinnern; ich glaube, damit ist das Argument bereits widerlegt. Wir haben ein so schnell wachsendes Steueraufkommen, daß es gar nicht mehr verantwortet werden kann, der Öffentlichkeit gegenüber noch zu argumentieren, wir könnten nicht auf 220 bis 240 Millionen DM im Jahr verzichten.
Es gibt aber, finde ich, ein viel wichtigeres weltpolitisches Argument. Diese 220 bis 240 Millionen DM dürfen einfach keine Rolle spielen! Denken wir daran, daß wir die gesamte westliche Welt immer wieder zur Solidarität auffordern, wenn es um außenpolitische oder innenpolitische Fragen geht, wenn es nämlich um Gesamtdeutschland und Berlin geht. Wir sollten diese Solidarität auch von uns aus beweisen, wenn man nämlich, wie das ja hier und auch in Pressemeldungen deutlich geworden ist, Befürchtungen in bezug auf die kommunistische Infiltration in den Entwicklungsländern hat und diese Infiltration nur mit einer politischen Stabilisierung, die letzten Endes nur durch die westliche Welt herbeigeführt werden kann, zu verhindern ist. Ich finde, das ist die entscheidende Frage, über die wir nicht hinwegkommen.
Die Bundesregierung hat in den verschiedensten Situationen immer wieder gesagt: Wir dürfen die Verbündeten nicht verstimmen. Jetzt haben wir einmal unter Beweis zu stellen, daß wir das auch dann sagen, wenn es etwas kostet. Man erwartet und verlangt heute in der westlichen Welt — ich glaube, das hat Kennedy, das hat der Außenminister Rusk und das hat der Wirtschaftsminister .der Vereinigten Staaten Herrn Professor !Erhard sehr deutlich gemacht — in dieser Beziehung eine Hilfe von uns, genauso wie man eine Verteidigungshilfe erwartet. Andernfalls hat es auch keinen Sinn mehr, in ,der Öffentlichkeit darüber zu sprechen, daß es bei unseren ganzen Sicherheitsfragen um die Erhaltung .der Demokratie in der Welt und letzten Endes auch um die Einführung der Demokratie in den Entwicklungsländern geht. Es wird, wenn es heute wieder zu einer Ablehnung kommt, kein Verständnis mehr für unsere Haltung geben; in keinem Land der Welt und auch nicht bei uns in Deutschland, bestimmt nicht bei 'den Verbrauchern.
Dabei macht unser Antrag es Ihnen doch sehr leicht. Die Senkung soll in drei Etappen durchgesetzt werden, und es wird praktisch so sein, daß etwa 220 Millionen DM im Jahr dabei herauskommen. Diese 220Millionen können verkraftet werden. Bitte, stellen Sie dabei auch die Mehreinnahmen in Rechnung, Herr Etzel, die als Folge von Verbrauchsausweitungen hei der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer usw. im Bundesetat in Erscheinung treten.
Im übrigen, Herr Etzel, haben Sie mir am Anfang nicht zugehört.

(Abg. Etzel: Ich? Immer!)

— Es war sicher unbeabsichtigt; meine Bemerkung war keine Kritik.

(Abg. Etzel: Wie gern höre ich Ihnen zu! — Heiterkeit.)

Sie haben — und ich möchte das noch einmal wiederholen — damals vor den Wahlen am Abend des gleichen Tages, an dem Sie hier in diesem Hause für die Ablehnung unseres Antrages eintraten, in Godesberg vor einem großen Kreis von Kollegen dieses Hauses mit ihren Angehörigen gesagt: „Die Frau Kollegin Beyer kann mich nach den Wahlen an meinem Portepee fassen, die Verbrauchsteuer für Kaffee wird gesenkt. — Ich möchte nicht hoffen, daß Sie damals schon wußten, daß Sie nicht mehr Finanzminister sein würden.

(Heiterkeit.)

Sie können sich also heute sehr schlecht zu der Gruppe bekennen, die erneut ablehnt; denn ich glaube, das Argument, das Sie damals veranlaßt hat, so zu sprechen, gilt nach wie vor. Wir können uns alle keinen besseren Dienst erweisen, als entsprechend unserem Antrag zu verfahren. Heute stehen wir ja nicht vor Wahlen. Damals habe ich Ihre Haltung zu verstehen versucht; ich habe mir gesagt, Sie lehnen deshalb ab, weil Sie der Opposition nicht einen billigen Wahlschlager liefern wollten. Heute gibt es dieses Argument aber nicht mehr.
Angesichts des wachsenden Steueraufkommens, das wir zu verzeichnen haben, und bei unserer Bereitschaft, den Entwicklungsländern zu helfen, haben wir die Verpflichtung, einen echten Beitrag zu liefern. Wir sind sicher, daß dieser von uns geleistete Beitrag bei den von uns zu leistenden Zahlungen für die Entwicklungshilfe mitberücksichtigt wird. Herr Staatssekretär Dr. Westrick hat uns im Ausschuß erklärt, daß das bei den verschiedensten Besprechungen im Ausland wiederholt mit angeführt worden ist. Diese Möglichkeit ist also durchaus noch gegeben.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich in der Vergangenheit eindeutig für eine Beseitigung dieser Steuern ausgesprochen. Bereits zu Ihrer Zeit, Herr Etzel — ich denke hier besonders an die Ausschußberatungen —, war die Meinung des Bundeswirtschaftsministeriums eine andere als die des Finanzministeriums.
Heute gibt es keine Gründe mehr, die gegen eine Beseitigung dieser Steuern sprechen. Der Haushalt kann das verkraften. Im Hinblick darauf, daß auch dieser Beitrag als Entwicklungshilfe gerechnet wird, hoffe ich, daß Sie dieses Mal zu einer anderen Entscheidung kommen.



Frau Beyer (Frankfurt)

Ich bitte Sie, unserem Antrag auf Beseitigung der Kaffee- und Teesteuer in drei Etappen zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0400903200
Damit sind die Anträge der Fraktion der SPD zu Punkt 2 b und 2 c begründet. Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400903300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es sehr wohl verstehen, daß das Hohe Haus mit großem Interesse und mit großer Freude auf das wartet, was der Bundesfinanzminister zu diesen Anträgen zu sagen hat.

(Zurufe von der SPD: Freude ist ,übertrieben! — Interesse stimmt schon eher!)

— Mit großem Interesse, bleiben wir dabei!
Sie wissen — und Sie haben das schon verschiedentlich in Äußerungen in der Presse zum Ausdruck gebracht —, daß der gegenwärtige Bundesfinanzminister sich mit seinen politischen Freunden all die Jahre für Steuersenkungen eingesetzt hat. Er hat sich mit seinen politischen Freunden insbesondere deshalb dafür eingesetzt, um der uns allen in diesem Hohen Hause bekannten Ausgabenflut zu steuern, der wir Jahr für Jahr gegenüberstanden. Diese Ausgabenflut ist eine Sache des ganzen Hauses. Der heutige Bundesfinanzminister hat sich mit seinen politischen Freunden auf allen Gebieten — nicht nur auf dem Gebiet der Kaffee- und der Teesteuer — für Steuersenkungen eingesetzt; wir haben es auch auf dem Gebiet der Umsatzsteuer und auf dem Gebiet der Einkommensteuer versucht.
Heute stehen wir nun vor der Frage der Senkung der Kaffee- und Teesteuer. Ich darf Ihnen sagen, daß die Entscheidung, die ich zunächst in mir zu vollziehen hatte — wiederum muß ich betonen: in der konkreten Situation — und die ich dann der Bundesregierung vorzuschlagen hatte, mir natürlich sehr schwergefallen ist. Aber sie war so zwingend für mich, daß ich auch über dieses Schwere — es passiert mir manches Schwere — hinweggekommen bin. Ich mußte an die Bundesregierung herantreten und mußte ihr im gegenwärtigen Zeitpunkt einen Vorschlag unterbreiten. Ich habe hier eine hohe Verantwortung übernommen; denn dieses Herantreten an die Bundesregierung erfolgte, bevor wir im Kabinett den Haushalt 1962 beraten konnten. Ich mußte die Entscheidung sozusagen ganz auf mich nehmen. Das habe ich getan, weil die Zahlen, die Sie am 24. Januar zum Haushalt hören werden — sie werden sich vielleicht hier und da noch ein wenig verschieben, aber im großen und ganzen liegen sie fest —, mich zu dieser Entscheidung gezwungen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin auch über diese sehr schwere Lage hinweggekommen. Ich wünsche niemandem in diesem Hause, daß er in diese Situation kommt. Ich bin auch darüber hinweggekommen, daß ich das meiner Fraktion sagen mußte. Ich bin mir bewußt, daß der Bundesfinanzminister der Alleinschuldige an diesen Dingen, auch hinsichtlich der Kaffeesteuer, sein wird. Aber das macht man schon mit sich ab, bevor man Bundesfinanzminister wird. Wer das nicht tut, sollte dieses Amt nicht übernehmen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Unruhe bei der SPD.)

Ich hoffe — sagen wir nicht, ich hoffe —, aber ich denke doch, daß die Opposition auch einmal in der Regierung sein wird.

(Heiterkeit bei der SPD. — Abg. Dr. Schäfer: Sehr nett!)

Vielleicht denken Sie dann einmal an meine Worte.

(Abg. Wehner: Nachtigall! — Abg. Schmücker: Beispiel aus den Ländern! — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Viel interessanter wäre es, wenn Sie wieder in der Opposition säßen!)

Es geht also um die staatspolitische Verantwortung, die dem Bundesfinanzminister auferlegt ist. Diese staatspolitische Verantwortung läßt mich eben jetzt meine Ausführungen vor Ihnen ganz freimütig machen. Die staatspolitische Verantwortung betone ich deshalb, weil es sich hier nicht um eine Betrachtung nur von einem Teilstandpunkt aus handeln darf. Eine partielle Sicht ist, wie immer, in finanzpolitischen Fragen sehr gefährlich, ganz gleich, ob sie einmal, wie vorhin erwähnt wurde, an einem Abend oder ob sie in Washington geäußert wird.

(Abg. Etzel: Aber so war es ja nicht gemeint!)

Es dreht sich vielmehr um die Beurteilung dessen, was vor dieser Bundesregierung im Jahre 1962 und in den Jahren danach liegt. Einzig und allein aus der Kenntnis dieser Zahlen und aus der Beurteilung der Möglichkeiten habe ich meine Entscheidung zu fällen. Der Zeitpunkt ist deshalb sehr unglücklich, weil ich es mir natürlich gewünscht hätte, daß ich diese Ausführungen vor Ihnen hätte machen können, nachdem ich bei Ihnen die Kenntnis der Haushaltszahlen voraussetzen konnte. Das ist heute noch nicht der Fall. Sie wissen, es ist eine gewisse Ungunst für den Finanzminister, daß nach unserem deutschen parlamentarischen System Steuergesetze und ähnliches und Ausgabengesetze immer munter neben dem Haushalt gemacht werden.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Daher ist die Diskussion so sehr schwierig. Sie wissen aber auch, daß sich der Bundesfinanzminister bemüht hat, den Gedanken eines Finanzplanes zu ,entwickeln, über den auch das Bundeskabinett Beschluß gefaßt hat. Mit ihm will er versuchen, diese Dinge etwas mehr in den Griff zu bekommen. Es ist wohl auch schwierig — das sage ich einmal ganz offen —, mit dem Bundesfinanzminister über einen Steuerausfall in Höhe von 1 Milliarde DM pro Jahr im Endergebnis zu sprechen, unmittelbar bevor er seine Haushaltsrede halten kann.

(Zurufe von der SPD.)

— Die Zuckersteuer ist doch auch dabei, nicht heute,
aber im ganzen. Der Steuerbetrag macht im Jahre
1962 — unsere Schätzungen sind in den letzten



Bundesfinanzminister Dr. Starke
Jahren gar nicht so schlecht gewesen — bestimmt einen Betrag von 1 Milliarde, wahrscheinlich von beinahe 1,1 Milliarden DM aus.

(Widerspruch bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, vielleicht gestatten Sie mir einmal, daß ich heute nicht nur zu den, wie meine verehrte Frau Vorrednerin schon gesagt hat, alten Argumenten etwas sage. Damit Sie meine Entscheidung verstehen und damit ich sie begründen kann, muß ich schon einen etwas größeren Rahmen ziehen.
Ich habe in einigen Reden, die ich vor diesem Hohen Hause nicht halten konnte, weil wir in der Weihnachtspause waren, mich aber die Dinge drängten, von einer finanzpolitischen Wende im Haushaltsjahr 1962 gesprochen. Ich habe festgestellt — wenigstens zwei oder drei Meinungen habe ich dazu gehört —, daß die Opposition dazu gesagt hat, Schuld trage die ganze Situation der letzten Jahre. Darauf kommt es jetzt aber für mich gar nicht an, sondern für mich kommt es darauf an, daß wir eine völlig veränderte finanzpolitische Situation im Jahre 1962 vor uns haben. Wir haben eine uns allen bekannte außerordentlich hohe Ausgabenlast auf allen drei Ebenen, in Bund, Ländern und Gemeinden. Wir haben uns mit der Aufgabenlast zu befassen, die auf dem Bund liegt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, während ich bisher immer glaubte — darf ich das einmal ganz offen sagen —, daß wir eines Tages bei einem Steuereingang aus einem Jahr ruhigeren Wirtschaftsablaufes in Schwierigkeiten kommen würden, weil die Einnahmen ohne Veränderung der Steuersätze nicht mehr ausreichten, um die Ausgaben zu decken, stehen wir — ich muß diese großen Punkte meiner Haushaltsrede heute vorwegnehmen — im Jahre 1962, einem Jahr mit einem eminent hohen Steuereingang, der auf einem Jahr der Hochkonjunktur, wenn nicht der Höchstkonjunktur basiert, vor der Tatsache, daß die Einnahmen bei unveränderten Steuersätzen die Ausgaben nicht mehr decken. Obwohl ich deshalb zu neuen Kürzungsmaßnahmen greifen muß, gelingt es trotzdem nicht, diese Deckung herbeizuführen. Ich muß den Kapitalmarkt in einem hohen Maße, in dem für mich überhaupt noch vertretbaren Maße beanspruchen. Trotzdem — darüber haben wir vorhin bei der Debatte über die Kommission zur Finanzreform gesprochen — muß ich an die Länder herantreten, damit wir uns entsprechend den Bestimmungen des Grundgesetzes über diese neue Situation auseinandersetzen. Deshalb hat die Bundesregierung in der Regierungserklärung den Ausdruck „Gesamthaushalt von Bund, Ländern und Gemeinden" gebraucht, um anzudeuten, daß die Bundesregierung und ihr Finanzminister zu Steuererhöhungen erst dann greifen wird, wenn der Gesamthaushalt von Bund, Ländern und Gemeinden die insgesamt notwendigen Ausgaben nicht mehr deckt. Glauben Sie nicht, daß das ein leerer Satz ist. Der hier vor Ihnen stehende Bundesfinanzminister ringt mit diesem Problem in den wenigen Wochen, in denen er sein Amt führt, Tag für Tag.
Sie mögen sagen, das gehöre nicht zur Kaffeesteuer. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir ein Gesetz beschlossen haben, durch das dem Bundesfinanzminister pro Jahr eine Milliarde DM Einnahmen gestrichen werden, so sind seine Sorgen — wie ich Ihnen eben in Umrissen darzustellen versuchte — entsprechend größer geworden.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

Diese Wende — auch dazu muß ich noch einige Worte sagen — ist durch Ereignisse eingetreten, die Ihnen allen bekannt sind. Es geht um die Auswirkungen des 13. August in Berlin, um die politischen und — für den Bundesfinanzminister — finanziellen Auswirkungen dieses Tages. Es geht um die in einem so eminent hohen Maße steigenden Ausgaben für die äußere Sicherheit im weitesten Sinn, einschließlich der Sicherheit Westberlins. Man kann politisch in den Fragen der äußeren Sicherheit und des zivilen Bevölkerungsschutzes sicherlich verschiedener Meinung sein. Die Bundesregierung wird — soviel läßt sich in diesen Tagen schon sagen — diese Ausgaben vor Ihnen vertreten, und der Bundesfinanzminister wird die notwendige Deckung besorgen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang gleich sagen, daß zu dieser äußeren Sicherheit der Bundesrepublik im allgemeinsten Sinne auch der Zusammenhalt der westlichen Welt gehört und zu diesem Zusammenhalt wiederum ,die von meiner verehrten Frau Vorrednerin besonders hervorgehobene Hilfe für die Entwicklungsländer, die Entwicklungshilfe.

(Zuruf links.)

Gerade die Ausgaben für die Entwicklungshilfe sind doch ein bedeutender Faktor bei den Aufgaben, die den Bundeshaushalt belasten.
Ich meine nicht, daß man es wird so ausdrücken können, wie ich es gerade gehört zu haben glaube, daß nämlich die Bundesregierung ihre Zusagen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der westlichen Welt und der Hilfe an die unterentwickelten Länder auch dann wird einhalten müssen, wenn sie gewissermaßen erstmalig bei der Kaffeesteuer nun auch mit Geld dafür einstehen soll. Ich darf das Hohe Haus einmal fragen: Glauben Sie denn, daß die Bundesregierung noch nichts getan hat? Wir werden doch in Kürze — aber Sie kennen doch die Zahlen! — ganz verantwortlich darüber beraten, welche Teile des Sozialprodukts dafür abgezweigt werden müssen. Das sind doch Summen, von denen wir in diesem Hohen Hause nicht sagen dürfen, sie seien nichts. Angesichts dieser Summen kann man nicht behaupten, wir hätten noch nichts getan, erst bei der Kaffeesteuer begännen wir.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich kann aus meiner tiefen innersten Überzeugung sagen: die Bundesrepublik tut sehr viel.

(Abg. Dr. Schäfer: ,Seit wann?)

Sie tut etwas in der Frage des westlichen Integrationsprozesses, in der Frage der Gestaltung der freien westlichen Welt und auch auf finanziellem Gebiet. Es ist nicht nötig und auch nicht gut, daß anläßlich der Erörterung über die Senkung einer



Bundesfinanzminister Dr. Starke
Steuer, bei deren völligem Wegfall wir nur mit einem sehr kleinen Betrag zum Nutzen der Entwicklungssteuer •zu rechnen haben, nun gesagt wird, das sei gewissermaßen das erstemal, daß die Bundesregierung in diesen Fragen zur Kasse antrete.

(Abg. Dr. Schäfer: Wer hat das gesagt?)

Es ist eben nicht so. — Ich hatte meine verehrte Frau Vorrednerin so verstanden.

(Abg. Dr. Schäfer: Sie scheinen dauernd mißzuverstehen, Herr Minister!)

Der Bundesfinanzminister hat schon in den nächsten Tagen mit Verhandlungen zu beginnen, die mit den Arbeiten der Kommission für die Finanzreform — wir haben das Thema vorhin behandelt —parallel laufen werden. Wie sollte er den Ländern gegenüberstehen mit der Forderung, daß die Lücke im Bundeshaushalt von den Ländern geschlossen werden muß, wenn er unmittelbar zuvor einer Steuersenkung in diesem Hohen Hause zustimmen würde!

(Beifall in der Mitte.—Zurufe von der SPD.)

— Aber das ist doch gar kein Geheimnis mehr. Ich habe doch darüber mindestens zweimal ausgiebig gesprochen, und nach meiner Beobachtung hat die Presse das auch sehr gut und ausführlich gebracht. Ich kann nur sagen, daß dieser Schritt zu den Verhandlungen mit den Ländern vollzogen werden muß oder, — ja, meine Damen und Herren: oder die Steuererhöhung kommt. Denn der Bundesfinanzminister würde Ihnen weder einen ungedeckten Haushalt vorlegen noch den Haushalt so vollziehen, daß er ungedeckt bleibt.

('Abg. Etzel: Das darf er auch nicht!)

— Er darf das auch gar nicht, wie mein verehrter Herr Vorgänger soeben sagt.

(Zuruf von der SPD: Kleine Nachhilfestunde!)

Nehmen Sie von mir noch einmal die Versicherung entgegen: Dieser nicht leichte Gang zu den Verhandlungen mit den Ländern steht mir bevor. Sie müssen nun ganz nüchtern entscheiden, ob Sie den Bundesfinanzminister dorthin senden mit Ihrem Entscheid, daß er nun einen hohen Betrag mehr von den Ländern fordern muß.
Zu den altbekannten Problemen möchte ich nur soviel sagen: Wir wissen doch alle, auch ein Mehrverbrauch, ein übermäßiger Kaffeegenuß kann die Wirkung des Antrags der SPD nicht so ausschalten, daß der Finanzminister in der schwierigen Situation nichts verliert. Man könnte vielleicht bei einer kleinen Steuersenkung davon sprechen, daß der Ausfall durch Mehrverbrauch wieder ausgeglichen wird, aber nicht bei dem Antrag, um den es heute geht. Ist es dann nicht verständlich, wenn ich Ihnen sage, daß der Bundesfinanzminister in dieser nationalen Situation — ich darf an den 13. August in Berlin erinnern und an die daraus nun einmal resultierenden Ausgaben; Sie werden sie auf Heller und Pfennig vorgelegt bekommen —, in dieser finanzpolitischen Situation, in dieser Haushalts-Situation Ihnen heute nicht anraten darf und kann, einen Beschluß zu fassen, diese hohen Einnahmen für den Bundeshaushalt in Wegfall zu bringen?
Nicht nur vor der Wahl, sondern auch heute als Bundesfinanzminister vertrete ich die Auffassung, daß wir in unserem Steuersystem erhebliche Unrichtigkeiten und Unstimmigkeiten und erhebliche Mißverhältnisse haben. Der Spielraum, hier etwas zu ändern und zu bessern, ist durch die Entwicklung, die ich soeben schilderte, so klein geworden, daß ich Ihnen zusätzlich ganz nüchtern auch noch folgendes sagen möchte. Wenn wir im Zuge der Steuer- und Finanzreform über die Kaffeesteuer sprechen werden — und das werden wir natürlich tun —, wird es doch sehr, sehr fraglich sein, welche Korrekturen in unserem Steuersystem angebracht werden und ob wir diese Korrekturen im Hinblick auf das gesamte Steuersystem gerade bei der Kaffeesteuer anbringen werden. Es ist sehr fraglich, ob wir an diesem Wunsch auf Senkung oder Beseitigung der Kaffeesteuer auch dann festhalten, wenn Ihnen nicht nur, wie heute, der Finanzminister voraussagt, sondern wenn Sie auch selbst wissen, daß wir auf anderen Gebieten zu Steuererhöhungen kommen müssen. Solche Überlegungen, die wir in den letzten Jahren nicht mehr angestellt haben, die wir aber werden anstellen müssen, haben eben diese Entscheidung herbeigezwungen, die ich zu fällen hatte, bevor ich damit an die Öffentlichkeit trat.
Das ist die wahre Situation. Diese Situation hat mich gezwungen, schon heute ein wenig über den Bundeshaushalt zu sprechen. Sie werden mir das verzeihen und die Schwierigkeit meiner Lage erkennen, über Finanzfragen, die diesen so schwierigen Haushalt entscheidend beeinflussen, infolge der Tagesordnung des Hohen Hauses sprechen zu müssen knapp 14 Tage, bevor ich den Haushalt veröffentliche.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begreife die Wünsche des Steuerzahlers auch hinsichtlich der Kaffeesteuer. Wir müssen aber, wenn wir eine Steuer- und Finanzreform anstreben, bedenken, ob man sie von einer vorweggenommenen Entscheidung bei der Kaffeesteuer aus aufbauen darf, oder ob man diese Steuer- und Finanzreform nicht vielmehr von ganz anderen Grundsätzen aus in Angriff nehmen muß. ' Wenn ich Ihnen noch einmal sage, daß Sie damit den Spielraum, der für Korrekturen im Steuersystem bleibt, ganz gefährlich einengen und daß Sie außerdem die Gefahr, mit der ich ringe, die Gefahr der Steuererhöhung, so nahe und so groß heraufbeschwören, dann werden Sie noch mehr verstehen können, weshalb ich alles hier vor Ihnen ausbreite.
Ich glaube, es ist nicht notwendig, daß ich nun in aller Breite noch einmal auf die Bedeutung der Entwicklungshilfe eingehe — um zu diesem Punkt zu kommen — und daß ich vor Ihnen etwa ein Bild dessen entrolle, was von der Bundesrepublik hier bereits getan worden ist. Auch diese Hilfe wird, wenn man es wiederum partiell sieht, von vielen, die von idealen Motiven geleitet werden, als zu gering 'bezeichnet. Aber im 'Gesamtrahmen des Haushalts — wir werden das im Jahre 1962 und im Jahre 1963 sehen — werden diese Summen



Bundesfinanzminister Dr. Starke
nicht sehr leicht ohne 'Steuererhöhungen unterzubringen sein.
Nun frage ich, obwohl mir von meiner verehrten Frau Vorrednerin gesagt worden ist, das Argument sei allbekannt, noch einmal: Wer kann denn in der ehrlichen Absicht, den Entwicklungsländern zu helfen, eigentlich noch vorschlagen, daß man unter diesem Gesichtspunkt eine Steuereinnahme wegfallen lassen sollte, die im Jahr 1962 830 bis 850 Millionen DM 'betragen wird?

(Abg. Seuffert: Davon ist doch keine Rede!)

— Nun streiten wir uns doch nicht um einige 20 oder 30 Millionen!

(Abg. Seuffert: Nein, aber das sind einige hundert Millionen zu viel!)

— Sicherlich, aber ich muß das doch im ganzen sehen.

(Weiterer Zuruf des Abg. Seuffert.)

— Lassen Sie mich doch in meinen Ausführungen fortfahren! Nachdem Sie mir gesagt haben, daß ich Ihnen nicht ,zuhöre, unterstellen 'Sie mir bitte nicht auch noch, daß ich nicht einmal Ichre Anträge gelesen habe.

(Abg. Seuffert: Sprechen Sie zu den Anträgen, die heute zur Debatte stehen!)

— Ich bin ein wenig traurig, Herr Kollege Seuffert, daß Sie meine Ausführungen, die ich in meiner schwierigen Situation hier vor Ihnen mache, bevor wir über den Haushalt gesprochen haben, als nicht zur Sache gehörend bezeichnen. Dafür ist mir das Problem zu groß und sind die Schwierigkeiten zu groß, vor denen wir jetzt schon stehen und stehen werden.

(Beifall bei ,den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400903400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Seuffert?

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400903500
Bitte.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400903600
Herr Bundesfinanzminister, wollen Sie mir nicht zugeben, daß es sich bei den Anträgen, die heute zur Debatte stehen und zu denen zu sprechen ich Sie im Zwischenruf gebeten habe, für das Jahr 1962 allenfalls um einen. Bruchteil eines Volumens von höchstens 200 bis 250 Millionen handeln kann?

(Sehr richtig! bei der SPD.)


Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400903700
Herr Kollege Seuffert, ich will Ihnen diese Frage beantworten. Natürlich laufe ich wieder Gefahr, daß Sie alle meine Ausführungen als nicht zur Sache gehörend bezeichnen. Natürlich gehört es für Sie nicht zur Sache, weil es leichter ist, draußen zu sagen, er will einfach nicht die Milliarde geben,

(Zuruf von der SPD: Noch eine Milliarde!)

als zu sagen, aus welchen Motiven heraus im meine
Ausführungen gemacht habe. Wenn Sie mich zwingen — weil Sie auf den Haushalt 1963 angespielt haben —, Ihnen eine Vorschau auf 1963 zu geben, müssen Sie mir schon auf Grund meiner nun doch wochenlangen Beschäftigung mit der Frage gestatten, Ihnen zu sagen — ich habe das übrigens auch vor der Presse gesagt; es ist sehr gut wiedergegeben worden —: Ich halte den Haushalt von 1963 für den sehr viel schwierigeren Haushalt. Er ist aus einer ganzen Reihe von Gründen noch sehr viel schwieriger als der Haushalt von 1962. Sie entlasten mich davon, Ihnen das noch darzulegen, weil ich dann wieder an der Sache vorbeirede. Er ist wirklich im Verhältnis zu dem, was ich für 1962 sehe, sowohl von der Einnahmeseite her wie von der Ausgabenseite her der schwierigere Haushalt, in dem die Frage Steuererhöhung erst in voller Schärfe zur Debatte stehen wird. Erst dort wird diese Frage in vollem Maße für den Finanzminister akut werden.
Wenn wir ,also in einer solchen Situation, bevor Sie das alles kennen und bevor ich offen darüber sprechen darf, diese Senkung verlangen, wenn auch stufenweise, dann darf ich Ihnen noch einmal sagen: Der Nutzeffekt für die Entwicklungsländer besteht — das ist doch unbestritten — in einem Betrage, der unverhältnismäßig klein im Vergleich zu dem ist, was der Bund in dieser Situation an Steuern aufgeben muß. Es sind vielleicht — einigen wir uns doch einmal ganz grob — 10 %, und das würde ich schon für viel halten.
Wenn man das sieht, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß man sich doch sehr genau überlegen, ab man das tut.
Die psychologischen Forderungen an Deutschland, die Schwierigkeiten, vor denen wir stehen, kenne ich alle. Ich kenne auch die Argumente, die das Bundeswirtschaftsministerium von seiner partiellen Sicht her dazu vorbringt, immer wieder und auch jetzt vorgebracht hat. Ich darf Ihnen aber noch einmal sagen, meine Damen und Herren: Es ist nicht möglich, daß wir uns auf Forderungen von außen einlassen, die unser Steuersystem entscheidend betreffen. Es kommt darauf an, jetzt eine Steuer zu senken, bei der man zweifelhaft sein kann, ob die Senkung gerade hier am Platze ist. Es kommt außerdem darauf an, wie man den Ausfall anderswo ausgleicht. Wir stehen vor neuen Schwierigkeiten, und wir müssen uns doch sehr fragen, ob wir den Auftrag, den Entwicklungsländern zu helfen und die westliche Integration und die freiheitliche Welt zu gestalten, so verstehen dürfen, daß wir bei uns gewachsene -Dinge wie unser Steuersystem allzuschnell verändern, ohne vorher genau zu überlegen, ob wir etwa dann mit schnellen Maßnahmen, z. B. durch eine Steuererhöhung auf anderem Gebiet, Ersatz schaffen müssen. Das sind Werte, und das sind Dinge, die der Finanzminister genauso sehen muß wie die eine Frage der Kaffeesteuer, gegen die so viele Argumente, die Sie genannt haben, sprechen, auf die ich mich heute nicht allein stützen kann.
Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal ausführen: Ich möchte diese schwierige Finanz- und Steuerreform, über die wir vorhin schon gesprochen haben, wirklich nicht damit beginnen, daß wir aus



Bundesfinanzminister Dr. Starke
einer partiellen Sicht alle Möglichkeiten für uns ausschalten, weil wir vorher diese Entscheidung bei der Kaffeesteuer fällen. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte habe ich daher der Bundesregierung erklärt, daß mir eine Annahme des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion nicht möglich erscheint. Die Bundesregierung hat mich dann dementsprechend beauftragt, Ihnen das hier vorzutragen.
Bei jeder weiteren Behandlung dieser Frage im Parlament bitte ich, daß der Haushaltsausschuß ganz besonders in diese Frage eingeschaltet wird. Denn sobald die Frage im Ausschuß zur Behandlung kommt, wird schon das Zahlenwerk des neuen Haushalts vorliegen, und dann wird die ganze Schwierigkeit, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen, bekannt sein.
Ich kann Ihnen jetzt von mir aus nur sagen, daß sich die Bundesregierung aus den von mir genannten Gründen nicht in der Lage sieht, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400903800
Meine Damen und Herren, diese Vorlage ist unzweifelhaft eine Finanzvorlage nach § 96 der Geschäftsordnung. Aber bevor wir weitergehen, gebe ich das Wort zur Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0400903900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage die Herbeirufung des Bundeswirtschaftsministers Erhard gemäß § 46 der Geschäftsordnung.
Ich darf das ganz kurz begründen. Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers, an deren Schluß er sagte, er sei vom Kabinett ermächtigt, sie zu machen, waren doch sehr stark durch fiskalische Überlegungen bedingt, und man hatte bei sehr vielen Punkten den Eindruck, daß in erster Linie der Finanzminister spreche.
Sie wissen, meine Damen und Herren, daß der Bundeswirtschaftsminister vor kurzem in Amerika war. Sie kennen die Zeitungsnachrichten. Ich darf — das ist einer der Hauptgründe, weshalb ich diesen Antrag stelle — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten die kurze dpa-Nachricht hier vortragen. Es heißt hier:
Bei der Erörterung der künftigen Beziehungen zwischen dem Gemeinsamen Markt und den USA haben nach Erhards Worten auch die Handelsbeziehungen dieser Wirtschaftsblöcke zur übrigen freien Welt eine Rolle gespielt. Kennedy sei vor allem auf die Probleme eingegangen, die sich für Lateinamerika ergeben könnten. Er habe dabei den Wunsch geäußert, daß die deutsche Entwicklungshilfe auch Lateinamerika berücksichtigen möge. Erhard sagte, diese Entwicklungshilfe in Lateinamerika müsse nicht unbedingt an direkter Form gewährt werden; man könne dabei auch an eine Senkung hoher Verbrauchsteuern denken, wie sie in
Deutschland für Kaffee und Tee bestehen. Auf eine Frage betonte Erhard, daß er unter allen Umständen für eine Senkung der Kaffeesteuer in Deutschland sei.

(Abg. Niederalt: Was soll denn das? Sie haben doch eben gehört, daß die Meinung der Bundesregierung vorgetragen wurde!)

— Ich meine, wir müßten dem Herrn Bundeswirtschaftsminister Gelegenheit geben, seine Auffassung, die hier zum Ausdruck kam, dem Hause vorzutragen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Niederalt: Der Bundesfinanzminister hat doch eben davon gesprochen, daß er für die Bundesregierung spricht!)

— Ich habe das schon ausgeführt, Herr Kollege Niederalt. Ich bin der Auffassung, daß dieses Haus einen Anspruch darauf hat, eine so wesentlich abweichende, sicherlich sehr fundierte Auffassung zur Kenntnis zu nehmen. Daß die Frage von so hoher Bedeutung ist, geht nach unserer Meinung auch daraus hervor, daß sie Gegenstand der Beratung mit dem amerikanischen Präsidenten war. Wir sollten den Bundeswirtschaftsminister in diesen Dingen nicht desavouieren.

(Lachen in der Mitte.)

Das Haus muß diese Dinge zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Welche Rücksichtnahme!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400904000
Zu diesem Antrag zur Geschäftsordnung hat das Wort der Abgeordnete Wacher.

Gerhard Wacher (CSU):
Rede ID: ID0400904100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer hat die Herbeirufung von Herrn Minister Erhard beantragt. Es ist gerade eindeutig festgestellt worden, auch von Ihnen, Herr Präsident, daß es sich um eine Finanzvorlage handelt. Ich darf darauf hinweisen, daß der zuständige Minister anwesend ist und daß er sich im Namen der Bundesregierung sehr ausführlich zu diesem Thema geäußert hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Herr Minister Erhard wird Ihnen, meine Damen und Herren, im Ausschuß sicher zur Verfügung stehen. Ich darf Sie deshalb bitten, heute auf seine Anwesenheit zu verzichten, und darf noch darauf hinweisen, daß es ja noch andere Aufgaben als den Kaffee gibt.

(Beifall in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Sind wir das Parlament oder nicht? — Weitere Zurufe links.)

Der Herr Bundesfinanzminister hat sich sehr viel Mühe gegeben, ausführlich auf diese Dinge einzugehen. Ich darf Sie daher bitten, den Antrag auf Herbeirufung von Herrn Minister Erhard abzulehnen.

(Beifall in der Mitte.)





Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400904200
Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Abgeordnete Bucher.

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0400904300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine — ich spreche nur für meine Person, denn ich konnte natürlich in dieser kurzen Zeit meine Fraktion nicht festlegen —, daß der Antrag der SPD sachlich berechtigt ist. Man kann dagegen nichts sagen. Es ist ein berechtigtes Anliegen dieses Hauses, den Minister hier zu sehen, der sich zu dieser Sache anderswo, auch im Ausland, geäußert hat.
Nun sollten wir aber diese Angelegenheit nicht dramatisieren. Ich habe nämlich, als Herr Minister Erhard vorhin hinausging, zufällig gehört, wie er sagte: Nachdem der Punkt a für sich behandelt wird, kann ich auf eine Stunde weggehen. — Nun, aus der einen Stunde sind beinahe zwei geworden. Wir können aber aus der Äußerung des Herrn Ministers schließen, daß er nicht böswillig das Haus verlassen, sondern sich verspätet hat. Wenn wir ihm diesen guten Willen unterstellen, können wir auch der SPD den guten Willen unterstellen, daß sie ihn nicht wie einen nachlässigen Schüler zum Unterricht — als Strafmaßnahme — herangeholt wissen will, sondern daß es ihr um das Interesse des Hauses daran geht, die Meinung eines so wesentlichen Mitgliedes der Bundesregierung zu hören.

(Beifall bei der FDP und der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400904400
Meine Damen und Herren, ich lasse abstimmen. Ich nehme an, Herr Abgeordneter Schäfer, Sie haben für Ihre Fraktion gesprochen, so daß der Antrag von 30 Mitgliedern des Hauses unterstützt ist. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.

(Zurufe von der SPD: Na, na!) Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.


Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0400904500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus dem Munde des Herrn Bundesfinanzministers haben wir im Laufe dieser Debatte gehört: Warum soll das auf einmal aufhören, was die FDP vor ihrer Regierungsverantwortung vertreten hat, weil ich jetzt Bundesfinanzminister geworden bin? — Er hat uns sofort ein Beispiel dafür gegeben, wie sehr er bereit ist, das aufzugeben, was er bisher vertreten hat. Der Herr Bundesfinanzminister ist ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Mann in dem Augenblick, in dem er in ein Ressort gerät, sofort auch im Ressortdenken befangen ist und alle politischen Erwägungen vergißt. .

(Abg. Niederalt: Kann das nicht auch Verantwortung sein, Herr Kollege, muß das Ressortdenken sein?)

— Das eine schließt das andere nicht aus. Ich will dem Herrn Finanzminister gar nicht unterstellen, daß er nicht aus Verantwortung handelt. Aber ich behaupte, daß er von einem Ressortdenken bestimmt ist und daß er die politischen Dinge nicht zu sehen vermag.

(Abg. Dr. Vogel: Das würde Ihnen wahrscheinlich nicht anders gehen!)

Denn ich behaupte: die Frage, die hier zur Debatte steht, ist nicht in erster Linie eine fiskalische Frage, sondern es ist eine politische Frage. Und die politische Frage, die zugleich eine psychologische Frage ist, sucht der Herr Finanzminister jetzt zu verkleinern oder überhaupt nicht zu sehen.
Es ist bereits dargetan worden, daß die Zahlen, die der Herr Finanzminister gegeben hat, so nicht stimmen. Er hat großzügig die Auswirkung auf die nächsten Jahre schon für dieses Rechnungsjahr in Anspruch genommen. Er hat einfach übersehen, daß für dieses Rechnungsjahr eine ganz geringe Verminderung der Steuer eintreten wird.
Wie ist denn nun die Sache in Wirklichkeit? Wir deutschen Abgeordneten — ich sage: wir deutschen Abgeordneten — sitzen in europäischen Parlamenten und haben da ganz bestimmte Auffassungen vertreten. Im Juni dieses Jahres ist das Europäische Parlament mit den Parlamentariern der assoziierten Staaten der EWG zusammengewesen. Diese Beratungen haben tagelang gedauert, und sie haben zu einstimmigen Empfehlungen geführt. Mitglied des Europäischen Parlaments war auch der gegenwärtige Finanzminister. Ich betone: einstimmige Empfehlungen sind da gefaßt worden. In der wirtschaftspolitischen Entschließung ist u. a. einstimmig erklärt worden:
Die Konferenz ist der Ansicht, daß gewisse Maßnahmen der Mitgliedstaaten der EWG die Zollvorteile, die den assoziierten Staaten nach dem Geist des Vertrages zustanden, vermindert haben.
Bei diesem Satz ist vor allem an die Bundesrepublik gedacht, nämlich an die Tatsache, daß auf Grund der Mechanik des EWG-Vertrages zwar Zölle gesenkt worden sind, aber diese Zollsenkung in der Bundesrepublik durch entsprechende Abgaben wieder ausgeglichen worden ist. Das ist eine Sache, die schon psychologisch außerordentlich verhängnisvoll gewirkt hat.
Ich habe der ersten Delegation des Europäischen Parlaments angehört, die Afrika besucht hat. Mit mir waren dabei der jetzige Minister Scheel und Herr Kopf. Als erstes Land besuchten wir Kamerun, ein Land, das uns sehr freundlich gesonnen ist. Da hat in der ersten Unterredung der Finanzminister von Kamerun uns vorgehalten, daß man zwar Worte macht, aber keine Taten folgen läßt, daß man zwar im Rahmen der EWG Zölle senkt, aber die Wirkung der Zollsenkung unmöglich macht. Dieser Finanzminister, der ein geschickter Mann ist, hat uns dann noch nebenbei gesagt, daß inzwischen die Ausfuhren nach Sowjetrußland gestiegen seien, während sie bei uns gefallen seien. Das sind Dinge, die wir da unter die Nase gerieben bekommen haben, das sind Dinge, die da drüben außerordentlich ernst genommen werden, Dinge, in denen die Menschen da drüben außerordentlich empfindlich sind. Das, was in Kamerun der Auftakt war, haben wir auf der ganzen Reise in jedem Land erneut gehört.



Metzger
Auf der Konferenz in Straßburg im Juni dieses Jahres hat die Frage der Verbrauchsteuern eine entscheidende Rolle gespielt. In der erwähnten Empfehlung — die einstimmig angenommen worden ist, ich wiederhole es — heißt es weiter:
In dieser Hinsicht ist die Konferenz vor allen Dingen der Ansicht, daß die Beibehaltung von inländischen Verbrauchsteuern auf die tropischen Erzeugnisse oder jeder anderen Verbraucherabgabe auf diese Erzeugnisse für die Erzeuger eher abträglich ist und eine Einschränkung des Verbrauchs dieser Erzeugnisse nach sich zieht.
Die Konferenz verlangt folglich, daß die inländischen Verbrauchsteuern auf tropische Erzeugnisse sobald wie möglich abgeschafft werden. Die Konferenz ist in jedem Fall der Ansicht, daß jede spezifische Besteuerung entschlossen abgeschafft werden muß und daß sie praktisch die den assoziierten Staaten gegenwärtig eingeräumten Präferenzen zu einem erheblichen Teil aufhebt.
Ich spreche hier nicht als sozialdemokratischer Abgeordneter, ich spreche hier als deutscher Abgeordneter im Europäischen Parlament. In diesem Europäischen Parlament haben wir uns als deutsche Abgeordnete gemeinsam stark gemacht, wir haben uns gemeinsam bemüht, eine psychologische Voraussetzung zu schaffen, damit eine Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten möglich ist und damit ein freundschaftliches Verhältnis, ein Verhältnis des
1) Vertrauens entsteht. Ich glaube sagen zu dürfen, daß uns das gemeinsam gelungen ist, den Abgeordneten aller deutschen Parteien.
Jetzt sind wir im Paritätischen Ausschuß europäischer, afrikanischer und madagassischer Parlamentarier in Abidjan zusammen gewesen. Dort ist die Frage wieder einmal eingehend behandelt worden. Ich kann Ihnen sagen, daß die Afrikaner gerade in diesem Punkt außerordentlich empfindlich sind. Es ist eine schlechte Sache, gerade diesen Völkern gegenüber den Eindruck zu erwecken, daß man starke Worte macht, daß man aber keine Taten folgen läßt. Denn was hilft es uns, als deutsche Parlamentarier solche Erklärungen abzugeben, wenn wir dann in den Bundestag zurückkehren und so tun, als ob wir überhaupt nichts gesagt hätten!

(Beifall bei der SPD.) Das muß doch verhängnisvoll wirken.

Der Finanzminister redet davon, daß die finanzpolitische Wirkung nicht außerordentlich stark sei. Sie mag stark oder schwach sein, viele kleine Steine geben auch ein Gebäude. Wenn wir nicht an irgendwelchen Punkten zeigen, daß wir guten Willens sind, wenn wir im Gegenteil so tun als ob und nachher, wenn es darauf ankommt, so handeln, daß wir das Gegenteil tun, dann können wir keine Vertrauensbasis schaffen. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen aus vielen Erfahrungen sagen: Wir Deutschen besitzen bei den afrikanischen Staaten und bei den Afrikanern außerordentlich viel Vertrauen. Wir haben ein gewisses Vertrauenskapital. Aber dieses Vertrauenskapital ist nicht bis zur Unendlichkeit vorhanden. Es kann auch verwirtschaftet werden, und mit solchen Maßnahmen kann man Vertrauenskapital verwirtschaften.

(Abg. Etzel: Wenn man Illusionen schafft!)

— Dann haben Ihre Freunde die Illusionen mit geschaffen, sogar ein Mann, der jetzt Minister Ihres Kabinetts ist.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Sie mit Ihrer Rede in Abidjan, Herr Kollege Metzger!)

— Ich habe mich auf das bezogen, was wir gemeinsam beschlossen haben. Ihre Freunde haben genauso wie wir und wie Ihre Freunde von der FDP beschlossen, dafür einzutreten, daß die Verbrauchsteuern abgeschafft werden. Es klingt ja beinahe wie Hohn, wenn man jetzt sagt, wir hätten damit Illusionen geschaffen. Dann haben doch die, die das mit beschlossen haben, die darüber geredet haben, die sich sehr stark gemacht haben, bewußt Illusionen geschaffen. Ich bin dann wenigstens in der Lage zu sagen, daß ich Illusionen in gutem Glauben geschaffen habe. Aber die anderen haben diese Illusionen dann in bösem Glauben geschaffen.

(Abg. Dr. Vogel: Herr Metzger, glauben Sie nicht, daß nach dem 13. August gewisse Illusionen sowieso verflogen sind?)

— Seit dem 13. August?! — Wir haben hier festgestellt, daß die paar Millionen, die jetzt nur in Frage kommen, nicht so schwerwiegend sein können, daß man die politische Frage einfach außer acht läßt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Antrag ist ein Ganzes!)

Ich wollte Sie darauf aufmerksam machen, wie die politischen Folgen sein werden, und ich wollte vor allen Dingen an die Kollegen appellieren, die mit uns im Europäischen Parlament sitzen und die wissen, wie .die Konsequenzen sein werden. Es wäre ' gut, wenn diese Kollegen die anderen einmal darüber aufklärten, wie die Wirkungen sein werden.
Wenn bei den Ausschußberatungen die zuständigen Minister anwesend sein und ihr gewichtiges Wort sagen müssen — auch der Herr Vizekanzler
—, gehört auch der Herr Minister Scheel dazu, der die Dinge sehr genau kennt und der in diesen Fragen eine sehr dezidierte Meinung hatte. Ich hoffe, 'daß diese dezidierte Meinung nicht inzwischen genauso wie bei Herrn Starke dadurch, daß er ins Ministeramt gekommen ist, plötzlich ins Wanken geraten ist.
Ich möchte auch an die FDP appellieren. Sie hatte immerhin einmal eine sehr gute Einsicht in diese Sache und war bereit, mit uns gemeinsam hier eine Frage zu lösen, die man bei gutem Willen lösen kann. Ich möchte an sie appellieren, daß sie auch heute bereit ist, mitzugehen und etwas zu tun und aus politischen Gründen, aus internationalen Gründen, aus Gründen der guten Verbindung mit Ländern, mit denen wir gute Verbindungen haben müssen, entsprechend positiv zu handeln.



Metzger

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400904600
Die Bundesrepublik tut sehr viel. Das ist doch gar nicht die entscheidende Frage. Wir haben alle Kräfte angestrengt, .daß die Bundesregierung viel tut. Gerade meine Fraktion hat dafür jede denkbare Initiative gegeben. Es geht aber doch auch darum, in welcher Weise man hilft, und hier ist ein neuralgischer Punkt, der von den neuen afrikanischen Nationen, von ihren Regierungen, ihren Parlamentariern, ihren Völkern gesehen wird. Das ist ein Punkt, den sie als Testfall ansehen, um so mehr, als wir in diesem Punkte ganz eindeutige Erklärungen abgegeben haben. Ich halte es einfach für unmöglich, daß man heute eine Erklärung abgibt und morgen das Gegenteil davon tut. Auch in der Politik — ich habe das schon mehr als einmal gesagt — geht es darum, daß man glaubwürdig bleibt. Und es geht ja nicht nur darum, daß die CDU glaubwürdig bleibt, daß die FDP glaubwürdig bleibt; es geht darum, daß wir als Bundesrepublik glaubwürdig bleiben.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir haben eine moralische, wir haben eine staatspolitische Verpflichtung, diesem Antrag, der eine stufenweise Senkung der Steuer vorsieht, der sehr vorsichtig formuliert ist, zuzustimmen und damit etwas Positives für unseren Staat und unser gesamtes Volk zu tun.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400904700
Das Wort hat ) der Abgeordnete Dr. Artzinger.

Dr. Helmut Artzinger (CDU):
Rede ID: ID0400904800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seitdem die Sozialdemokratische Partei besteht, tritt sie für die Senkung der Verbrauchsteuern ein, insbesondere mit dem Argument, das auch Frau Kollegin Beyer gebracht hat, daß diese Steuern den Reichen ebenso belasten wie den Armen, daß also die Tasse Kaffee, die der reiche Mann trinkt, dem Finanzminister genauso viel einbringt wie die Tasse Kaffee, die der arme trinkt. Inzwischen hat uns die Finanzwissenschaft gesagt, daß auch direkte Steuern über den Preis abgewälzt werden können, so daß dieses Argument mit den sozialen und den unsozialen Steuern nicht mehr sonderlich zieht.
Die Finanzminister aller Länder und Zeiten haben die Verbrauchsteuern immer geliebt, weil sie bei einem verhältnismäßig geringen Verwaltungsaufwand ein relativ hohes Aufkommen bringen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Solange wir in der Bundesrepublik das Volkseinkommen so stark belasten müssen, wie das im Augenblick der Fall ist, werden wir um eine kräftige Besteuerung der klassischen Verbrauchsgüter Alkohol, Tabak, Kaffee und Tee nicht herumkommen.
Nun ist aber in der Diskussion, insbesondere auch von Frau Kollegin Beyer, ein neues Argument aufgetreten, das ich das wirtschaftspolitische Argument nennen möchte, nämlich: Trinkt mehr Kaffee, dann leistet ihr Entwicklungshilfe! Die CDU/CSU-Fraktion hat dieses Argument nicht leicht genommen, obschon wir aus der Vergangenheit wissen, wie problematisch solche Parolen zu sein pflegen. Aber nehmen wir einmal an, wir könnten die Entwicklungshilfe tatsächlich dadurch fördern, daß in Deutschland mehr Kaffee getrunken wird. Meine Damen und Herren von der Opposition, wir haben durchaus bedacht, daß in den der EWG assoziierten afrikanischen Staaten auf eine Senkung der deutschen Kaffeesteuer gedrängt wird, weil man sich dort davon eine Vergrößerung des Kaffee-Exports verspricht. Wir haben auch bedacht, daß in der OECD angesichts der Weltüberproduktion an Kaffee Wünsche angemeldet sind, Deutschland möge seine Kaffeesteuer herabsetzen.
Wir sind demgegenüber der Meinung, daß die wirtschaftliche Wirkung einer solchen Kaffeesteuersenkung erheblich überschätzt wird. Meine Damen und Herren, nicht die Höhe der Kaffeesteuer bestimmt den Verbrauch. Bekanntlich ist die Kaffeesteuer ab 24. August 1953 von 10 DM auf 3 DM herabgesetzt und ab 1. Januar 1959 wieder auf 3,60 DM erhöht worden. Trotz dieser starken Schwankungen in der Belastung mit Kaffeesteuer hat sich der Verbrauch seit 1951 fast gleichbleibend jährlich um 10 bis 15% erhöht. Es ist also, meine Damen und Herren, ernsthaft nicht damit zu rechnen, daß durch eine Kaffeesteuersenkung eine nennenswerte Ausweitung des Verbrauchs zu erreichen sei.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Die Gründe für ein Steigen des Verbrauchs liegen nicht in der Höhe der Kaffeesteuer, sondern sie liegen einmal in den Verbrauchsgewohnheiten eines Volkes, und sie liegen offenbar, das haben die letzten zehn Jahre gezeigt, in der Höhe des Masseneinkommens. Die Kaffeesteuer für sich allein genommen ist kein wesentlicher Faktor für die Höhe des Verbrauchs.
Wir haben darüber, das ist den Älteren unter Ihnen bekannt, eine Untersuchung des Ifo-Instituts vom Jahre 1960, in der die mit einer Senkung der Kaffeesteuer verbundene Verbrauchszunahme auf 10 % geschätzt wird. Das würde bedeuten, daß wir bei einem Wegfall der Kaffeesteuer etwa 20 000 t Kaffee im Jahr mehr einführen könnten. Setzen Sie die Tonne Kaffee mit 3500 DM an, so bedeutet das einen Posten von 70 Millionen DM.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

70 Millionen DM ist das Objekt, das maximal für die Entwicklungshilfe zum Tragen käme.

(Zuruf von der CDU/CSU: Auf 17 Länder!)

Darf ich dazu noch darauf hinweisen, daß das deutsche Volk traditionsgemäß — bisher wenigstens — insbesondere mittelamerikanischen Kaffee trinkt, daß bisher der Anteil der afrikanischen Staaten am Kaffeeimport 14 % betrug. Das bedeutet, daß von diesen 70 Millionen DM rund 10 Millionen auf die afrikanischen Kaffee exportierenden Staaten entfallen würden. Sie werden mir zugeben, meine Damen und Herren, daß das keine Größen sind, über die man sich streiten sollte. Eine Größe



Dr. Artzinger
aber, über die man sprechen muß, ist der Ausfall der Kaffeesteuer.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Ich möchte noch einmal präzisieren: Es geht für das Jahr 4962 — und ich gebe der SPD insofern recht — nicht um Hunderte von Millionen, sondern schätzungsweise um 200 bis maximal 220 Millionen DM. Es geht aber bereits für das Jahr 1963 um einen Betrag zwischen 500 und 600 Millionen und vom Jahre 1964 an um eine Größenordnung von mehr als 800 Millionen DM. Und das glaubt ja doch wohl keiner in diesem Hause, daß sich etwa die Lasten von 1%2 auf 1964 ermäßigen werden. Vielmehr müssen wir doch damit rechnen, .daß die Ausgaben eher steigen. Wir können im Augenblick nach unserer Meinung nicht auf einen solchen Betrag verzichten, um dafür eine ungezielte Entwicklungshilfe von sage und schreibe 70 Millionen DM zu zahlen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir in der CDU/CSU-Fraktion sind der Meinung, man sollte bei der gezielt e n Entwicklungshilfe bleiben.
Über 'die Harmonisierung der Verbrauchsteuern im Rahmen der EWG wird bereits laufend verhandelt. Wir glauben, daß jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt ist, in diesem Punkte Vorleistungen zu machen.
Wir haben uns die Auseinandersetzungen mit diesem, wie ich 'es nannte, wirtschaftspolitischen 1 Argument der Opposition nicht leicht gemacht. Wir halten es aber für nicht so gewichtig, daß es gegenüber den Bedenken, die der Herr Finanzminister vor uns ausgebreitet hat, durchschlagen könnte.
Was hier 'bezüglich der Kaffeesteuersenkung eingewandt worden ist, zieht, wie 'ich zugebe, nicht bei der Teesteuer. Ein Wegfall der Teesteuer — in einer Höhe von 28 bis 30 Millionen DM — würde den Haushalt nicht umwerfen. Wir können aber vernünftigerweise bei der Teesteuer nicht anders verfahren als bei der Kaffeesteuer. Aus diesem Grunde muß man die Dinge zusammen sehen.

(Zuruf von der SPD: Warum denn?)

Angesichts der Haushaltslage, die uns von dem Herrn Finanzministergeschildert worden ist, können wir der Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion nicht zustimmen. Wir haben aber die Bitte an den Herrn Finanzminister, dem Hause Vorschläge darüber zu unterbreiten, wie möglicherweise in den nächsten Jahren zu einer ,Senkung oder gar Aufhebung der Kaffee- und Teesteuer zu kommen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Seuffert: Das ist doch unser Antrag!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400904900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Imle.

Dr. Wolfgang Imle (FDP):
Rede ID: ID0400905000
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Metzger hat es soeben für notwendig gehalten, den Herrn Bundesfinanzminister und die FDP-Fraktion daran zu erinnern, welche Stellung sie früher zur Kaffee- und Teesteuer eingenommen haben. Ich spreche wohl im Sinne des Finanzministers, wenn ich Ihnen versichere, daß auch er der Meinung ist, daß auf die Dauer gesehen die Kaffee- und Teesteuer verschwinden muß.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das ist auch die Auffassung meiner Fraktion.
Im Jahre 1955 hat der von Ihnen soeben angesprochene heutige Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, der Herr Kollege Scheel, bei der Konjunkturdebatte das erste Mal die Abschaffung der Kaffee- und Teesteuer gefordert. — Dabei muß hier einmal gesagt werden, daß diese Steuer keine deutsche Erfindung ist.
In den darauf folgenden Erörterungen der Jahre 1958, 1960 und 1961 habe ich hier für meine Fraktion erklären dürfen, daß die Kaffee- und Teesteuer eines Tages verschwinden muß.

(Zuruf von 'der SPD: Eines Tages!)

Damals wären Möglichkeiten vorhanden gewesen, den Wegfall dieser Steuer im Haushalt zu verkraften.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Dann fehlten sie heute!)

Es ist sehr bedauerlich, daß diese Bemühungen damals keinen Erfolg hatten.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Dann wäre das Desaster noch größer!)

— Nein!

(Abg. Niederalt: Wäre da keine Lücke entstanden?)

— Wir sind heute in einer ganz anderen Situation. Ich muß Ihnen einmal das Datum nennen, das uns auf eine ganz andere Plattform gebracht hat: der 13. August!

(Abg. Wehner: Kein Grund zur Panik, haben Sie damals gesagt! Nun fangen Sie bei der Kaffeesteuer an! Kalter Kaffee! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Herr Wehner, von Panik redet kein Mensch. Aber es pfeifen doch die Spatzen von den Dächern, daß jetzt Ausgaben in erheblich größerem Umfange auf uns zukommen. Sie haben das doch immer wieder gehört, und sie sagen es ja auch selber.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dem müssen wir jetzt Rechnung tragen. Wenn sich die politischen Verhältnisse ändern, kann man nicht auf seinem alten Standpunkt beharren.
Der Herr Bundesfinanzminister hat aus seiner Verantwortung heraus erklärt, er müsse einen Gesamtüberblick haben. Das müssen wir beachten. Wir müssen verstehen, daß es jetzt nicht möglich ist, einen solchen Plafond aus dem Haushalt herauszunehmen. Wir wollen doch wohl eher verhindern — meine Damen und Herren, darin werden Sie mir sicher zustimmen —, daß uns, wenn wir die Kaffeesteuer senken und damit den Etat schließlich



Dr. Imle
um 850 Millionen DM belasten, statt dessen eines Tages die Ergänzungsabgabe serviert wird. Das erscheint mir viel wichtiger.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau das will doch die SPD!)

— Aber wir nicht!

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir wollen es nicht!)

Also es erscheint mir noch möglich, das vielleicht in diesem Rahmen zu erörtern, bevor man an eine Ergänzungsabgabe denkt. Ich weiß nicht, wie weit, sich der Herr Bundesfinanzminister darüber schon Gedanken gemacht hat. Wir haben uns in der Vergangenheit bei der Erörterung über die Finanzen immer darüber unterhalten, daß unser Steuertarif eigentlich nicht so recht in Ordnung ist, und haben uns gefragt, ob es nicht deswegen zweckmäßig ist, eine Korrektur des Einkommensteuertarifs vorzunehmen.

(Abg. Seuffert: Aber wo?)

— Sie wissen genauso gut wie ich, Herr Seuffert, um welche Linie es sich handelt. Es geht darum, die durch den Ausfall an Kaffeesteuer geringeren Steuereinnahmen anderswo wieder aufschlagen zu müssen. Gerade die mittleren Einkommen würden bei einer Ergänzungsabgabe, wenn sie eingeführt würde, in stärkerem Maße belastet als diejenigen, die bisher nicht davon betroffen werden.

(Abg. Seuffert: Das kommt auf die Ergänzungsabgabe an!)

3) — Das wissen wir doch.

(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Warum? Das braucht nicht zu sein!)

Der Finanzminister kann jedenfalls nicht — das müssen wir ihm zubilligen — in einem Zeitpunkt, wo er an die Länder herantreten will, um von ihnen zur Stärkung des Bundeshaushalts Gelder zu bekommen, seinerseits auf eine solche Einnahme verzichten. Man würde ihn mit Recht darauf hinweisen: du kannst nicht mehr verlangen, was du selbst schon weggegeben hast.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.).

Nun noch ein Wort zur Entwicklungshilfe. Ich kann mich hier kurz fassen, da der Kollege Dr. Artzinger eben bereits darauf eingegangen ist. Es ist doch zutreffend, daß man mit 70 Millionen DM keine sehr bedeutende Entwicklungshilfe betreiben kann, wenn sich dieser Betrag allein auf 18 afrikanische und noch auf ein halbes Dutzend oder ein Dutzend süd- und mittelamerikanischer Staaten verteilt. Der Nutzen für das einzelne Land wäre dafür doch etwas zu gering.

(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Auf einmal!)

— Nein, das ist bei uns nie ein Problem gewesen. Der Finanzminister dürfte wohl in der Lage sein, statt 850 Millionen DM wegzugeben, noch einen Betrag von 70 Millionen oder 100 Millionen DM in die Entwicklungshilfe hineinzupumpen. Insgesamt gesehen, ist damit dann wohl allen Gesichtspunkten besser Rechnung getragen.
Ich darf zum Abschluß noch einmal sagen: Wir sind der Meinung, daß die Kaffeesteuer — und die Teesteuer, für die dasselbe gilt — auf Dauer gesehen nicht bestehenbleiben soll, sondern daß im Zuge des allgemeinen Finanzplans, den die Bundesregierung für die nächsten Jahre aufstellt, in der Gesamtplanung auch eine Senkung der Kaffeesteuer berücksichtigt werden muß. Zur Zeit sind wir nicht in der Lage, dem SPD-Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400905100
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Beyer.
Frau Beyer (Frankfurt) ,(SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen, die hier gemacht worden sind, ist es einfach erforderlich, noch einige Bemerkungen zu machen. Meine beiden letzten Vorredner, Herr Dr. Imle und -Herr Dr. Artzinger — und zwischen ,den Zeilen wohl auch der Finanzminister —, haben erkennen lassen, daß sie die Kaffee- und Teesteuer verschwinden lassen wollen. Das ist immerhin ein Fortschritt, wenn ich das hier einmal festhalten darf.

(Abg. Seuffert: Sehr richtig!)


(den Gesprächen, die der Wirtschaftsminister in den Vereinigten Staaten gehabt hat, Konsequenzen ziehen, dann wird doch wohl eindeutig klar, daß es eine Angst vor einer weiteren kommunistischen Infiltration in diesen Ländern gibt. Ich habe bereits in meinen ersten Ausführungen deutlich gemacht, daß es darauf ankommt, hier eine politische Stabilisierung zu erreichen; diese kann nur von der westlichen Welt kommen. Wenn wir sie erreichen wollen, können wir auch die Beseitigung der Kaffeeund Teesteuer nicht hinausschieben. Ich finde, es gibt einfach kein Argument dafür, daß die Lösung dieser Frage noch länger hinausgeschoben wird. Nun, Herr Kollege Artzinger, 'bevor ich 'zu den Ausführungen des Bundesfinanzministers komme, darf ich ein paar Worte zu Ihren Bemerkungen sagen. Ich glaube, aus meinen Ausführungen ist sehr deutlich geworden, daß ich die verbraucherpolitischen Aspekte im Hirnblick auf diese weltpolitischen Auseinandersetzungen in den Hintergrund habe treten lassen. Ich habe ,dazu in der Vergangenheit wiederholt ausführlich gesprochen. Nun sprechen Sie noch einmal von der Wirkung der Steuersenkung in den einzelnen Ländern. Da gibt es natürlich Unsicherheitsfaktoren. Ich weiß — darüber sind wir uns alle klar —, daß die Wirkung zumindest sehr differenziert ist. Aber ich wehre mich dagegen, daß gesagt wird — und ich glaube, das muß auch von allen unterstützt werden —, die bisherigen Hilfen, die wir gegeben haben, hätten immer eine viel größere Wirkung erzielt. Wir wissen, daß die Wirkung der Finanzhilfen in der Vergangenheit in einzelnen Ländern als fragwürdig zu bezeichnen ist, vor allem wenn wir das im einzelFrau Beyer nen untersuchen. Das hängt mit vielen, vielen Dingen zusammen, die wir nicht direkt beeinflussen konnten, die wir erst später gesehen haben. Aber eines kann nicht übersehen werden: daß in den Ländern, in denen Kaffee produziert wird — ich habe das ja am Anfang mit Zahlen deutlich gemacht —, heute noch in erster Linie auf den Export von Kaffee gesehen wird. 60 bis 80 % der Ausfuhr resultieren nach den objektiven Darstellungen, die wir von allen internationalen Gremien erhalten, aus dem Export von Kaffee. Wir wissen, daß auf der anderen Seite 40 % der Produktion jährlich auf Lager gelegt werden müssen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, welche Unruhe die Kohlenberge, die wir in der Bundesrepublik hatten, in den Kreisen der Betroffenen verursachten. Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Kaffeeberge in diesen Ländern auch eine ungeheuere psychologische Wirkung haben? Machen Sie sich überhaupt keine Gedanken darüber, welche Wirkung man mit einem höheren Absatz in den einzelnen Ländern erzielen könnte? (Abg. Niederalt: Sie haben doch eben die Zahlen gehört, Frau Kollegin! — Die Abgeordneten Dr. Artzinger und Dr. Schmidt Einen Augenblick, Frau Abgeordnete! Erlauben Sie eine Zwischenfrage? Wollen Sie denn beide zur gleichen Zeit eine Frage stellen, meine Herren? — Also zunächst Herr Artzinger. Gnädige Frau, Sie sind offensichtlich persönlich engagiert in der Frage? Bitte eine Frage stellen! In absolut positivem Sinne engagiert, meine ich. Sie glauben, es handele sich um ein soziales Problem in den Exportländern. Eine Frage, Herr Abgeordneter Artzinger! Jawohl! — Kennen Sie die Verhältnisse in Brasilien? Wissen Sie, daß dort die notleidenden Kaffeerancher Millionäre sind, die von us-amerikanischen Steuergeldern in ihrem Besitz bestätigt werden? Die sind auf unsere Kaffeesteuer nicht angewiesen! Noch eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Schmidt. Frau Beyer, sind Sie der Auffassung, daß durch optischpsychologische Maßnahmen Kaffeeberge tatsächlich kleiner gemacht werden können? Diese Frage, Herr ( Dr. Schmidt, finde ich, geht an der Sache etwas vorbei. — Sie geht daran vorbei! Lassen Sie mich im einzelnen dazu Stellung nehmen. Die erste Frage von Herrn Artzinger war, ob ich wisse, daß es in einzelnen südamerikanischen Staaten Millionäre gibt, die zu den Kaffeeproduzenten gehören. Das wissen wir. Wir wissen aber auch auf der anderen Seite, daß dort Millionen Landarbeiter ihr Brot auf dem Anbau verdienen. Die Landarbeiter in diesen Ländern sind es aber im eigentlichen Sinne, auf die es sich auswirkt, wenn wir die Entscheidung weiter hinausschieben. Darauf kommt es letzten Endes an. Es ist doch unmöglich, daß wir primär die einzelnen Leute sehen, die am Kaffeexport verdienen, daß wir danach unsere Entscheidung fällen und dabei das weltpolitische Problem außer acht lassen. Ich komme zur zweiten Frage. Herr Kollege Dr. Schmidt, ich beurteile die Dinge genauso, wie man sie, wenn man in den Ländern selbst ist, beurteilen muß. Wir alle haben wohl in den einzelnen Ländern genau dieselben Erfahrungen gemacht, die mein Kollege Metzger bereits angeführt hat. Unter dem Druck, unter dem dort die verantwortlichen Personen stehen, hält man uns unsere Handlungsweise vor. Die Länder gehen nach wie vor davon aus, daß ihr Export zu soundso viel Prozent aus Kaffee besteht, und sind sicher, daß sie durch eine Erhöhung des Umsatzes ihre Lage verbessern können. Ich gebe Ihnen selbstverständlich zu, daß auf lange Sicht gesehen auch andere Maßnahmen erforderlich sind. Ihr Kollege Dr. Görgen — ein genauer Kenner dieser Materie — hat sich im vergangenen Jahr in der Zeitschrift „Die öffentliche Meinung, Blick in die Welt" mit dieser Frage befaßt und in mehreren Punkten aufgezeigt, was erforderlich ist, um das gesamte Problem zu lösen: Bau von Produktionsstätten, Kultivierungsmaßnahmen, Anbau von anderen Produkten usw. Aber das ist doch ein langwieriger Prozeß. Unter den acht bis neun Punkten, die er aufgeführt hat, befand sich aber auch die Frage der Beseitigung der fiskalischen Belastungen der Produkte, die aus diesen Ländern bezogen werden können. Betrachten wir nun die Seite des deutschen Verbrauchers. Wir haben heute Kaffee, der 8 DM pro Pfund kostet, wir haben aber auch Kaffee, der bei 15 DM pro Pfund liegt. Das ist auf die verschiedenen Klassen zurückzuführen. Wenn jetzt die Steuer um 3,60 DM fällt, kostet in Zukunft der Kaffee zu 8 DM nun nur noch 4,40 DM und der zu 10 DM. nur noch 6,40 DM. Sind Sie mit mir nicht auch der Meinung, daß damit in den nächsten drei Jahren ein erheblicher Anstieg des Verbrauchs verbunden sein wird? Eins kommt noch hinzu. Man weiß in der ganzen Welt, daß Deutschland zu den Kaffee trinkenden Ländern gehört. Nach Verbrauchsstatistiken liegen wir bei 3,6 kg und damit an vorletzter Stelle hinter Italien. Andere Länder liegen bei 8 oder 9 kg. Diese Frau Beyer Verhältnisse werden uns vorgehalten und führen angesichts unseres wachsenden Volkseinkommens dazu, daß man von uns endlich die Einlösung der Versprechungen erwartet. Alle haben die Erklärung abgegeben, daß geholfen werden müsse. Da besteht kein Unterschied zwischen Regierung und Opposition. Ich weiß das von den Gruppen, die die Entwicklungsländer besucht haben, und habe das selbst erlebt. Daß der Wirtschaftsminister in Amerika diesmal derart mit der Frage konfrontiert worden ist, beruht einfach darauf, daß sich das Problem inzwischen zu einer weltpolitischen Auseinandersetzung ausgeweitet hat. Präsident Kennedy versucht natürlich in den Ländern, für die er verantwortlich ist, eine kommunistische Infiltration zu verhindern. Das Mittel dafür sieht er in einer wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung. Darüber können auch wir nicht hinwegsehen. Herr Kollege Artzinger hat nun weiter gesagt: Es handelt sich um 18 afrikanische Länder. Ja, dazu kommen aber noch die Länder in Mittelund Lateinamerika. Wir müssen die Gesamtproblematik sehen. Der Herr Bundesfinanzminister führte aus — und damit hat er seine Ablehnung begründet —, daß wir immerhin mit 5 Milliarden DM Entwicklungshilfe rechnen müßten. Meine Damen und Herren, wäre es da nicht zweckmäßiger, die Entwicklungshilfe so auszubauen, daß wir die Verbrauchsteuern senken und damit auch dem deutschen Verbraucher etwas zugute kommen lassen? Das wird rein psychologisch bei uns in Deutschland sehr gut ankommen und auf der anderen Seite seine Wirkung in den betroffenen Ländern nicht verfehlen. Nun wurde inzwischen von 1 Milliarde DM Ausfall an Steuern gesprochen. Da kommen wir wieder an die alte Auseinandersetzung, die wir schon die ganzen Jahre hindurch hatten. Wenn wir uns heute zu dem Grundsatz bekennen, die Kaffeeund Teesteuer auf Sicht fallen zu lassen, dann müssen wir natürlich von dem Einnahmeausfall des heutigen Tages ausgehen und können nicht sagen: in drei Jahren wären das aber so und soviel usw. usf. Wirkönnen heute nur davon sprechen, daß im Bundeshaushalt 740 oder 730 Millionen eingesetzt sind. Diese 730 Millionen sind aufzuteilen auf 3 Jahre. Dann aber ist es eben nicht 1 Milliarde, sondern sind es 220 bis 240 Millionen pro Jahr. Bei dem jetzigen Haushalt, der nach den Zeitungsmeldungen 56 Milliarden ausmachen soll, kann man nur fragen, wie wir überhaupt noch Verständnis dafür erwarten können, daß 240 Millionen in einem Haushaltsjahr nicht zu verkraften sein sollten. Bitte bedenken Sie die Wirkung in den betroffenen Ländern und sehen Sie, daß die westliche Welt und damit unsere Verbündeten eine solche Maßnahme von uns erwarten! Nun sagt Herr Finanzminister Starke noch: Wir müssen jetzt erst die Finanzreform herbeiführen, und wir müssen versuchen, mit den Ländern zu einer Übereinstimmung zu kommen. Die Länder haben sich im vergangenen Jahr, als zum erstenmal eine größere Entwicklungshilfe zu leisten war, diesem Argument nicht verschlossen. Die Länder haben 500 Millionen DM zu dieser Entwicklungshilfe gegeben. Mit dieser Bereitschaft ist deutlich geworden, daß sie sich ihr auch in der Zukunft nicht verschließen werden. Die Länder, die ja im einzelnen Entwicklungsaufgaben übernommen haben, kennen die Problematik genau so wie wir. Sie werden sich auch in Zukunft diesen Argumenten nicht verschließen. (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Darf ich noch eine Frage stellen?)




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400905200
Dr. Helmut Artzinger (CDU):
Rede ID: ID0400905300
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400905400
Dr. Helmut Artzinger (CDU):
Rede ID: ID0400905500
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400905600
Dr. Helmut Artzinger (CDU):
Rede ID: ID0400905700
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400905800
Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0400905900

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Lucie Beyer (SPD):
Rede ID: ID0400906000

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Nein, nein!)





(Abg. Etzel: Wir stellen doch eine Weiche!)

— Ja bitte.

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0400906100
Frau Beyer, sind Sie der Auffassung, daß die Länder leichter willens gemacht werden, auf einen Teil z. B. ihrer Einkommensteuer zu Gunsten des Bundeshaushalts zu verzichten, wenn wir vorher Bundessteuern preisgegeben haben?

Lucie Beyer (SPD):
Rede ID: ID0400906200
Aber Herr Dr. Schmidt, ich glaube, die Frage ist doch falsch gestellt. Die Länder wissen, daß diese Frage heute von uns beantwortet werden muß. Sie wissen das genauso wie jeder Staatsbürger, der heute durch die Zeitungen davon erfährt. Die Länder wissen also, daß in Zukunft bei der Finanzreform das Problem der Entwicklungshilfe eine Rolle spielen wird.
Ich habe vorhin schon gesagt, und ich glaube; das ist auch aus den Diskussionen in Amerika deutlich geworden, daß man die Senkung der Fiskalbelastung als einen Beitrag ansieht. Das muß doch berücksichtigt werden. Wenn wir die Steuern senken und dadurch einen höheren Import an Landesprodukten aus den Entwicklungsländern herbeiführen, so ist das eine Entwicklungshilfe, die drüben psychologisch eine große Wirkung hat und bei uns auch dem Verbraucher dient. Das werden auch unsere Länderminister verstehen und sich in ihren Entscheidungen nicht beeinflussen lassen.
Nun, Herr Kollege, wir können darüber streiten. Sie können, weil Sie Ihre Meinung unterstützen wollen, natürlich sagen: die Länder werden anders urteilen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Entwicklungshilfe und auch die Frage der Kaffeesteuer heute zu einem Allgemeinproblem geworden sind und beide auch von den Ländern nicht anders beurteilt werden können.
Nun ein Letzes, meine Damen und Herren. Sie haben unsern Antrag auf Herbeirufung des Bundeswirtschaftsministers abgelehnt. Letzten Endes weiß aber alle Welt, daß Professor Erhard unter dem Eindruck der Argumentation in den Vereinigten Staaten eine eindeutige Erklärung abgegeben hat, und diese eindeutige Erklärung muß er auch einlösen. Der Bundeswirtschaftsminister ist gleichzeitig der Vizekanzler und als solcher legitimiert, in dieser Hinsicht Erklärungen abzugeben. Sie haben heute im letzten darüber zu entscheiden, ob Sie den Bundeswirtschaftsminister erneut in einer Frage desavouieren wollen, obwohl alle Welt weiß, daß wir im Hinblick auf unseren Etat ohne weiteres die 240 Millionen verkraften können.

(Sehr richtig! bei der SPD.)




Frau Beyer (Frankfurt)

Ich will die Höhe dieser Summe — die Angabe stammt, glaube ich, aus dem Bundeswirtschaftsministerium — hier aufnehmen, obwohl der genaue Ausfall umstritten ist.
Die Frage heißt also: Wollen Sie den Bundeswirtschaftsminister gegenüber Amerika, wo er einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen hat, wie aus allen Verlautbarungen hervorgeht, in Miß-Kredit bringen?
Ich will Ihnen noch etwas zu dieser Frage vorlesen. Vielleicht hat eine Anzahl von Ihnen den Artikel schon gelesen. — Ich darf dann damit schließen. — Die Welt von heute bringt in ihrem Wirtschaftsteil einen Artikel unter der Überschrift Kaffeetaktik und sagt zum Schluß:
Wie groß oder klein man auch die Wirkungen einer Steuersenkung oder Steuerbefreiung einschätzen mag, die Kaffeesteuer ist international — vom Verbraucher ganz zu schweigen — ein Ärgernis. Ihre Beseitigung sollten die Bundesrepublik und ihr Finanzminister sich etwas kosten lassen.
Das ist heute in Deutschland die Meinung, und so schreibt die „Welt".

(Abg. Niederalt: Der Redakteur braucht den Haushalt nicht auszugleichen!)

Wir haben nur zu entscheiden, und ich meine, wenn Sie bedenken, welche psychologische Wirkung die Entscheidung hat, wenn Sie auf 'der anderen Seite sagen, Sie wollen zu einer Beseitigung auf Sicht kommen, — warum dann nicht heute beginnen? Wir haben ja den Beginn des stufenweisen Abbaus bis in die Mitte dieses Jahres hinausgezögert.
Ich möchte Sie also in Anbetracht dieser Argumente noch einmal bitten, Ihre vielleicht bereits getroffene Entscheidung doch noch einmal zu revidieren.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400906300
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400906400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin hier gebeten worden, Vorschläge über eine Senkung, eine Abschaffung der Kaffeesteuer zu machen. Dazu darf ich zu Beginn meiner Ausführungen sagen, daß ich mir das sehr angelegen sein lassen werde. Aber ich mache darauf aufmerksam: Nach meiner Auffassung — im Gegensatz zu der Meinung meiner verehrten Frau Vorrednerin — kann das nur im Rahmen der von uns heute erörterten und unmittelbar vor uns liegenden Steuer- und Finanzreform geschehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


(Sache etwas kosten lassen solle, möchte ich Ihnen ganz schlicht erwidern — und darüber habe ich vorhin gesprochen —: Es ist die Frage, ob der Steuerzahler es sich etwas kosten lassen wird, indem er an einer anderen Stelle mehr zahlt, und wir würden sehr darüber in Streit geraten, wo und wie wir das tun. Nun möchte ich eine Hoffnung aussprechen: Es möge sich Ihre Erwartung, verehrte Frau Kollegin, bewahrheiten, daß ich, wenn ich vor die Länder trete mit dem Hinweis, daß ich gerade Bundeseinnahmen in einer Höhe von mehreren hundert Millionen — nur, wie Sie sagen, einige hundert Millionen — aufgegeben habe, deshalb ein geneigteres Ohr finden werde. Ich hege diese Erwartung mit Ihnen, aber ich fürchte, wir werden beide enttäuscht werden. Ich bedaure sehr, daß gesagt worden ist, ich hätte die psychologischen Momente Übersehen. Da ich für den Herrn Kollegen Seuffert schon vorhin „an der Sache vorbeisprach, hatte ich nicht so sehr das Bemühen, .das noch mehr zu vertiefen. Ich habe mich an die Zahlen gehalten, die ich mir eben vor Augen halten muß. (Abg. Seuffert: Das gehört zufällig zur Sacheich es in einem gewissen Sinne bedaure, daß Erörterungen meines Haushalts — den Sie eben noch nicht haben können — im Zusammenhang mit einer wichtigen Steuerfrage als „an der Sache vorbeigeihend" bezeichnet werden, habe ich ja schon zum Ausdruck gebracht. Die Frage des Stufenplans, den die Sozialdemokratische Partei vorschlägt, habe ich vorhin auch erörtert. Er wirkt nämlich schwerer auf das Jahr 1963, vor dem ich, wenn Sie so wollen, mehr Angst habe als von dem Jahr 1962, soweit sich nach menschlichem Ermessen darüber schon etwas sagen läßt, und auf Grund unseres ausgebildeten Systems für eine Vorausschau läßt sich dazu schon einiges feststellen. Die Erörterung der Entwicklungshilfe im Zusammenhang mit der Kaffeesteuer erscheint mir für die Zukunft sehr gefährlich. Denn die Worte von der Unglaubwürdigkeit Deutschlands und Worte wie die, daß wir nicht zur Kasse antreten, die Worte von Illusionen, die wir in der Welt aufbauen, scheinen mir doch sehr bedenklich zu sein — sie sind auch ungerechtfertigt --, jedenfalls angesichts dessen, was ich weiß und was mich als Finanzminister in dieser Frage bedrückt. — Verehrter Herr Kollege Metzger, wir kennen uns doch so weit, daß ich Ihnen auch einmal sagen kann: Muß nur der Finanzminister das Interesse der Steuerzahler vertreten? Ist das nicht auch Aufgabe des Parlaments? Über einen Punkt sollte keine Unklarheit bestehen: daß ich, wenn Sie die Steuer senken, nicht 800 oder 750 Millionen DM mehr für die Entwicklungsländer habe. Bundesfinanzminister Dr. Starke Ich möchte das Problem einmal so zusammenfassen: Was mich heute hier bewegt hat und weshalb ich jetzt auch noch einmal auf das Podium gegangen bin, ist folgendes. Es geht entgegen allem, was wir zu den Einzelheiten gesagt haben, ganz schlicht — aus meiner Sicht und meiner Kenntnis — darum, ob der Kaffeetrinker, der in der Mehrzahl der Fälle zugleich auch Steuerzahler ist, für das, was wir ihm hier jetzt Gutes tun, auf einem anderen Gebiet mehr Steuern zahlt. Das ist das eine. Das zweite ist, daß ich für die Entwicklungsländer — und das sage ich nun ganz hart — mit der Kaffeesteuer mehr Geld habe als ohne sie. Wenn Sie das bestreiten wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, dann kommen Sie bitte noch einmal hierher, bestreiten Sie mir die beiden Sätze, insbesondere den letzten, weil Sie sich vorzüglich so auf die Entwicklungshilfe gestützt haben! (Zuruf von der SPD: Dann haben Sie wieder nicht verstanden!)


(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)


(Abg. Niederalt: Sie sind ungerecht!)


(Zuruf des Abg. Metzger.)


(Beifall bei den Regierungspartein.)





(Sehr gut! in der Mitte.)


(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich habe mit der Kaffeesteuer weit mehr Möglichkeiten für die Entwicklungsländer als ohne sie. Bei dem hohen Anteil, den der Bundeshaushalt an der Entwicklungshilfe zu tragen hat, ist das für Sie doch kein Geheimnis.
Damit möchte ich die Diskussion von mir aus heute abschließen. Ich habe mir die Sätze sehr genau überlegt, und hinter diesen Sätzen stehe ich.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400906500
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400906600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Bundesfinanzminister vorhin gebeten hat, diesen Antrag keiner partiellen Betrachtung zu unterziehen, sondern im Rahmen der allgemeinen Finanzpolitik zu sehen, nachdem er ebensowenig wie die Redner der Koalitionsfraktionen dieses Hauses sachliche Einwände gegen den Antrag selbst vorgebracht hat — —.

(Widerspruch in der Mitte und Zurufe: Oho! — Abg. Etzel: Ist Haushalt keine Sache?!)

. — Dann habe ich aber, meine Herren, ganz falsch verstanden; denn Sie alle, sowohl Herr Kollege Imle als auch Sie von der CDU, haben gesagt: die Kaffeesteuer muß weg, und Sie bitten um Vorschläge, wie sie abgeschafft werden kann. Keiner von Ihnen hat gesagt oder hat sagen können, daß es ein Fehler sei, die Kaffeesteuer zu beseitigen.

(Zurufe 'von ,der CDU/CSU: So ist es ja nicht! — Sie hören das, was Sie gern hören! — Haben Sie nicht zugehört?)

— Es tut mir sehr leid, daß ich Sie da falsch verstanden habe. Aber ich wollte gerade feststellen,
daß der Herr Bundesfinanzminister diese Vorschläge
und Wünsche, 'die Sie von Ihren Fraktionen, so wie ich sie verstanden habe, vorgebracht haben, in. seiner letzten Rede praktisch bereits abgelehnt hat.

(Zurufe von den Regierungsparteien.)

Nachdem das alles so ist, muß ich noch einige Worte zu den Fragen der allgemeinen Finanzpolitik sagen, wie das vom Bundesfinanzminister gewünscht worden ist. Dazu muß man natürlich die Ziffern, um die es sich handelt, zunächst richtig sehen. Wir sprechen hier von der Kaffee- und der Teesteuer. Was die Zuckersteuer anlangt, über die wir zu einem späteren Zeitpunkt sprechen wollen, so wird es ja wohl jedermann klar sein, daß es sich hier darum handelt, einmal die Gesamtheit unserer Zuckerpolitik, die nachgerade zu einer absoluten Absurdität geworden ist, zur Debatte zu stellen, und daß die Frage, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Tempo hier ein Wandel eintreten muß, durchaus diskutiert werden kann.
Im übrigen: selbst wenn die Beseitigung der Zuckersteuer bereits zu irgendeinem Zeitpunkt des Jahres 1962 angesetzt würde, ergäben sich bei weitem nicht die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister vorhin ins Feld geführt hat. Sie können überzeugt sein, Herr Bundesfinanzminister, wir kennen die Grenzen der Möglichkeiten und wir beachten sie; das werden wir Ihnen immer wieder Punkt für Punkt beweisen.
Ihre Argumente, Herr Bundesfinanzminister, sind: Erstens, ich habe für diese Sache kein Geld im Haushalt vorgesehen und will auch kein Geld dafür vorsehen; zweitens — wieder einmal —, ich kann doch den Ländern, von denen ich Geld haben will, nicht gegenübertreten, wenn ich hier Steuersenkungen bewillige. — Das zweite Argument haben wir schon oft in ähnlichen Situationen gehört, gelegentlich auch von der anderen Seite, vom Bundesrat her, und wir werden es immer sehr ungern hören. Die Finanzpolitik und insbesondere die Steuerpolitik ist kein Pokerspiel zwischen den Finanzministern, sondern sie muß unter sachlichen Gesichtspunkten, nach dem, was notwendig ist, beurteilt werden.
Im übrigen, Herr Bundesfinanzminister, werden Sie sich doch nicht einbilden, daß wir als Opposition Sie bei dem aussichtslosen Versuch, sich Geld bei den Ländern zu holen, irgendwie unterstützen werden.

(Zurufe von der CDU/CSU: Auch das noch!)

Sie werden gut genug unsere Meinung dafür kennen, daß die Länder das, was sie jetzt übrig haben, den Gemeinden geben können, müssen und auch wollen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400906700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400906800
Bitte!



') Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) : Herr Kollege Seuffert, ist Ihnen nicht bekannt, daß im Verhältnis von Gemeinden und Ländern dieses Spiel eben üblich ist, daß die Länder auch auf dem Wege der Kommunalaufsicht erklären: wenn ihr eure autonome Finanzkraft nicht ausnutzt — beispielsweise bei der Getränkekteuer —, bekommt ihr keine Finanzzuweisungen!? Das ist die eine Frage.
Die andere Frage: Wollen Sie den Kaffee überhaupt aus der Verbrauchbesteuerung herausnehmen, auch in der traditionellen Form des Finanzzolls?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400906900
Um die letzte Frage zuerst zu beantworten: Wir haben den Kaffeezoll bisher nie zur Debatte gestellt. Außerdem ist es klar, daß wir über den Kaffeezoll gar nicht zu sprechen brauchen, weil das ein EWG-Zoll ist.

Dr. August Dresbach (CDU):
Rede ID: ID0400907000
Das ist richtig, aber — —(Zuruf von der SPD: Frage!) — Danke sehr!
Sind Sie nicht auch der Meinung, daß Kaffee und Tabak traditionelle Objekte der Verbrauchbesteuerung sind?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400907100
Herr Kollege Dresbach, der Kaffee ist kein traditionell verbrauchbesteuertes Objekt. Die Kaffeesteuer ist — der Kollege Imle hat es bereits erwähnt — in einer bestimmten Situation des
3) ersten Frankfurter Haushalts nach dem Kriege neu eingeführt worden.

(Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Das ist mir bekannt!)

Jedenfalls ist die derzeitige Kaffeebesteuerung der Bundesrepublik weit über dem Niveau, das international zu verzeichnen ist.

Dr. August Dresbach (CDU):
Rede ID: ID0400907200
Ich habe dann doch richtig verstanden: Sie erkennen an, daß Kaffee, Tee und Tabak gute Gegenstände der Verbrauchbesteuerung sind? Denn Sie wollen doch nicht die ganze deutsche Besteuerung auf die Personalsteuern verlagern.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400907300
Ich bin der Ansicht, Herr Kollege Dresbach, daß eine Besteuerung des Kaffees in der gegenwärtigen Situation gegenüber dem Gemeinsamen Markt, gegenüber der europäischen Entwicklung, gegenüber der internationalen Gesamtentwicklung und gegenüber den Entwicklungsländern nicht tragbar ist.

Dr. August Dresbach (CDU):
Rede ID: ID0400907400
Herr Kollege Seuffert, würden Sie es mir übel nehmen, wenn ich Ihnen unterstelle, daß Sie hier ein Loch machen wollen, damit wir gezwungen werden, die Ergänzungsabgabe einzuführen?

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400907500
Herr Kollege Dresbach, ich werde dazu gleich noch etwas zu sagen haben. Was das Loch anlangt, so handelt es sich bei der Kaffeesteuer für das Jahr 1962 um einen Betrag von vielleicht 120 bis 150 Millionen D-Mark, und der Herr Bundesfinanzminister wird sich wahrscheinlich selber nicht einbilden, daß sein Haushalt mit einer kleineren Veränderung als in dieser Größenordnung aus dem Parlament herauskommt.
Was das Verhältnis zu den Ländern und Gemeinden anlangt — um auf diese Frage von Ihnen, Herr Kollege Dresbach, auch noch einzugehen —: gewisse Pokerspiele, die auch da getrieben werden, sind mir durchaus bekannt. Im Augenblick ist die Situation aber, soweit ich sie übersehen kann, die folgende — und ich glaube, daß es eine gute Lösung ist, wie sie sich im Augenblick ansieht —: die Länder sind bereit, für ihre Gemeinden etwas zu tun, und zwar in ziemlich ausreichendem Maße, und die Gemeinden sehen ein, daß das das ist, was sie jetzt brauchen.
Ich komme zurück, Herr Bundesfinanzminister, auf Ihre Weigerung — sie liegt ja eben vor —, in diesem Haushalt und in den kommenden Haushalten in 'bezug auf die Kaffeesteuer das vorzusehen, was nun einmal geschehen muß. Darüber ist man sich doch vollständig klar, und das haben sogar die Redner der Fraktionen hier zum Ausdruck gebracht. Sie können doch nicht, meine Damen und Herren, auch in dieser Frage immer so verfahren, wie Sie in anderen Fragen, insbesondere im Verteidigungshaushalt, immer verfahren sind, daß Sie nämlich das, was kommen muß und geschehen muß, zur Kenntnis zu nehmen einfach sich weigern und dann im gegebenen Moment, ganz verwundert, große unschuldsvolle Kinderaugen machen — wie beim Verteidigungshaushalt —, wenn die Ausgaben so anwachsen, wie man es sich seit Jahren an den fünf Fingern abzählen konnte.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Sie haben das immer nicht zur Kenntnis genommen, und Sie wollen es auch jetzt wieder nicht zur Kenntnis nehmen — in einer Frage von weitaus kleinerem Volumen —, sobald es Ihnen nicht in den politischen Kram paßt. Sie haben trotz dieser Warnung Steuersenkungen vorgenommen, nicht nur Steuersenkungen zu Lasten der Gemeinden, sondern auch andere Steuersenkungen, vor denen wir Sie wegen ihrer mangelnden Berechtigung ausdrücklich gewarnt haben, Steuergeschenke bei den sechsstelligen Einkommen und beim Körperschaftsteuersatz. Es wäre kein Schaden, wenn diese Dinge, falls Finanzbedarf entsteht, wirklich einmal überdacht würden.

(Beifall bei der SPD.)

Ich möchte hier ein für allemal angekündigt haben: wenn Anträgen von uns auf notwendige Steuerverbesserungen, die sich immer in den Grenzen halten werden, die wir auch beachten und die wir übersehen können, immer wieder das Argument entgegengesetzt wird, es sei kein Geld dafür da, so werden wir immer wieder die Frage stellen: warum holt ihr euch das Geld nicht dort, wo es zu holen ist,

(Beifall bei der SPD.)




Seuffert
wo wirklich eine Milliarde und weit mehr im Jahr darin ist?, — bei diesen .Steuergeschenken, die wir Ihnen immer wieder vorgehalten haben und vorhalten werden; das wird immer wieder unsere Antwort auf solche Einwände sein.
Ich sage hiermit nicht, daß unsere Anträge bezüglich der Kaffeesteuer wirklich Steuererhöhungen bereits notwendig machen. Das scheint mir noch nicht bewiesen zu sein. Aber solchen Einwänden wird immer wieder diese Antwort entgegengesetzt werden. Das möchte ich von Anfang an klargestellt haben.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400907600
Keine weiteren Wortmeldungen. — Herr Bundesfinanzminister, möchten Sie noch das Wort? Ich habe Sie vorhin so verstanden, als ob Sie die Debatte abschließen wollten; verzeihen Sie.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400907700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Präsident hat mich vorhin richtig verstanden, aber ich möchte doch noch etwas dazu sagen. Ich habe ja gewußt, daß wir das Pferd vom Schwanze her aufzäumen

(Zurufe von .der SPD)

— ja, natürlich, mit dieser Debatte —, denn entweder sprechen wir über den Haushalt und über die Steuer- und Finanzreform vom Grundsätzlichen her und dann erst über die Kaffeesteuer, oder Sie beginnen mit der Kaffeesteuer und trachten das Problem, das Sie genau kennen, zu verniedlichen. Ich spreche über den Gesamtrahmen. Dann müssen wir eben in den hinein. Das hat Herr Seuffiert im Augenblick getan. Aber zu den beiden letzten Sätzen, die ich gesagt habe, haben Sie keine Stellung genommen, und die scheinen mir bei der Kaffeesteuer sehr wichtig zu sein.

(Abg. Dr. Schäfer: Wir haben doch Stellung genommen! Dann haben Sie wieder nicht zugehört!)

— Es wird natürlich im Laufe der nächsten Zeit nicht so furchtbar interessant sein, wenn Sie jedesmal, wenn ich etwas sage, was Ihnen nicht paßt, behaupten, ich hätte nicht zugehört. — Ich wiederhole: das ist in dem Zusammenhang nicht geschehen. Ich habe gesagt, daß der Steuerzahler, der zugleich Kaffeetrinker ist, als Steuerzahler unter Umständen büßen muß, was wir für den Kaffeetrinker tun. Darauf hat Herr Seuffert lediglich zu dieser Frage gesagt, Sie würden das eben anders machen, und dazu ist schon der Einwand mit der Ergänzungsabgabe gekommen.
Zur Entwicklungshilfe hat Herr Seuffert nichts gesagt, auch nicht zu dem Argument, daß ich mit der Kaffeesteuer mehr als ohne die Kaffeesteuer tun kann, weil der Haushalt einen so großen Teil der Entwicklungshilfe tragen muß, so wie es im Augenblick aussieht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400907800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Bundesminister? — Bitte!

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0400907900
Herr Bundesfinanzminister, darf ich in Ihre Erinnerung rufen, daß ich Ihnen auf Ihre letzten Sätze, in denen Sie gesagt haben, daß Sie Geld für die Entwicklungsländer brauchen, geantwortet habe: wenn Sie Geld für Entwicklungsländer oder für Verteidigung oder für sonst etwas brauchen, dann holen Sie es sich dort, wo es zu holen ist, und nicht bei der Kaffeesteuer?

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0400908000
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da ich die Frage der Steuer- und Finanzreform heute nicht vertiefen will, möchte ich nur eines anklingen lassen. Die hohen Beträge, um die es hier geht, können Sie nicht einfach auf dem Wege holen, daß Sie, wie Sie denken, nur eine bestimmte Gruppe belasten. Das wissen Sie doch selbst. Das kann man zwar sagen, aber wenn es in Zahlen ausgedrückt ist, sehen Sie sehr schnell, daß es nicht geht. Wir werden als Ersatz für diese Maßnahme entweder alle mehr oder weniger belasten, oder der Ersatz, den Sie über Steuererhöhungen schaffen wollen, wird nicht ausreichen. Das ist nun einmal eine Erscheinung unserer modernen Zeit, die auch für Sie als Opposition im Augenblick gilt; denn. es sind Tatsachen. Es ist das Wesen der modernen Wohlstandsdemokratien mit ihrem hohen Masseneinkommen.
Die Hauptsache dessen, was Sie sagten, Herr Kollege Seuffert, war, ich hätte die Bitte, die an mich herangetragen worden ist, Vorschläge für eine Kaffeesteuersenkung vorzulegen, abgelehnt. Ich habe natürlich gar nicht daran gedacht, das abzulehnen. Wenn Sie allerdings meine Einschränkung als Ablehnung nehmen, dann geben Sie damit nur zu, daß das gerade des Pudels Kern ist, daß man eben ohne Geld nicht die Steuern senken kann. Ich habe gesagt, man muß es im Rahmen der Steuer- und Finanzreform tun. Daß das einen Zeitverlust bedeutet, wenn man nur die Kaffeesteuer sieht, ist klar. Das zweite war, daß die Entwicklung der Einnahmen und der Ausgaben entscheidend dafür ist, inwieweit man diesem Gesichtspunkt entsprechen kann.
Ich habe zwei Dinge mit großem Interesse gehört. Sie haben über die Ausgabensteigerungen der letzten Jahre gesprochen und sie, wenn ich richtig verstanden habe, als falsch bezeichnet.

(Abg. Seuffert: Sie waren als unvermeidlich voraussehbar!)

— Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, daß ich mich gerade bemühe, mit dem Gedanken des Finanzplans an die Dinge heranzukommen.
Auf der anderen Seite haben Sie etwas gesagt, was die Möglichkeit der Zusammenarbeit bei der Steuer- und Finanzreform sehr stark einschränkt. Sie haben erklärt, Sie würden den Gedanken, auch an die Länder heranzutreten, weil die Verhältnisse im Augenblick so sind, daß es nicht von der Hand zu weisen ist, daß man das tun muß, nicht unterstützen. Das habe icht sehr bedauert. Aber ich hoffe,



Bundesfinanzminister Dr. Starke
daß sich diese Erklärung nur auf den augenblicklichen Zeitpunkt bezieht und nicht auf die ganze Steuer- und Finanzreform, die selbstverständlich nicht schon in den nächsten Monaten behandelt werden wird.

(Abg. Seuffert: Das gilt für 1962 und für Ihre Ansichten!)

— Dann bin ich sehr dankbar. Ich halte es für sehr
wichtig, daß ich das noch einmal feststellen kann:
Sie machen diese Einschränkungen für das Jahr 1962.

(Abg. Seuffert: Für die Ansichten, die Sie selbst geäußert haben!)

Im Jahre 1963 werden wir uns dann anscheinend in dieser Frage besser einigen können. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß der Haushalt 1963 noch schwieriger werden wird.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0400908100
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache erster Lesung ist geschlossen.
Es ist vorgesehen, die Anträge Drucksachen IV/ 65 und IV/ 66 an den Finanzausschuß und an den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Kein Widerspruch; das Haus ist einverstanden, es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den in die Tagesordnung nachträglich eingefügten Punkt:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU, SPD, FDP betr. Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache IV/ 28 neu).
Wird zur Begründung dieses Antrags das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Vorgeschlagen wird die Einsetzung eines Ausschusses für Entwicklungshilfe und eines Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes. Ist das Haus mit dieser Einsetzung einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal), Bading, Margulies und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Tierschutzgesetzes (Drucksache IV/ 85).
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres — federführend —, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Rechtsausschuß zur Mitberatung. Das Haus ist einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe nach einer Vereinbarung im Ältestenrat jetzt die Punkte 10 folgende auf.
Punkt 10:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur
Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL" (Drucksache IV/ 93).
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. — Keine Wortmeldung zur ersten Lesung.
Vorgesehen ist •Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen — federführend —, an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. Das Haus ist einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 11:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Libanesischen Republik über den Luftverkehr (Drucksache IV/ 94).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. — Keine Wortmeldungen.
Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 12:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 18. Januar 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan über den Fluglinienverkehr (Drucksache IV/ 95).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. — Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post-und Fernmeldewesen! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 13:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Juli 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Luftverkehr (Drucksache IV/ 96).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. — Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post-und Fernmeldewesen! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Januar 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die Zollbehandlung der Donauschiffe (Drucksache IV/ 97).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. — Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Finanzausschuß — federführend —, an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zur Mitberatung! — Das Haus ist
einverstanden; es ist so beschlossen.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier Punkt 15:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die in Nizza am 15. Juni 1957 unterzeichnete Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken (Drucksache IV/ 101).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. — Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Rechtsausschuß! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 16:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die im Haag am 28. November 1960 unterzeichnete Fassung des Haager Abkommens vom 6. November 1925 über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle (Drucksache IV/ 102).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
— Keine Wortmeldungen!
Überweisung an .den Rechtsausschuß! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 17:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. November 1959 über den Beitritt Griechenlands, Norwegens und Schwedens zu dem Übereinkommen vom 17. April 1950 über Gastarbeitnehmer (Drucksache IV/ 109).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
— Keine Wortmeldungen! —
Überweisung an den Ausschuß für Arbeit! — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 18:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 9. März 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Anwendung der niederländischen Rechtsvorschriften über die allgemeine Altersversicherung (Drucksache IV/ 110).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
— Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik!
— Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 19:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache IV/ 121).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
— Keine Wortmeldungen!
Überweisung an den Ausschuß für Arbeit — federführend —, an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen und Rechtsausschuß zur Mitberatung! — Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Punkt 20 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehemaligen Standortlazaretts Hemer an die Spezial-Lungenklinik des Diakonissen-Mutterhauses „NeuvandsburgWest "(Drucksachen IV/ 14, IV/ 83).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig beschlossen.
Punkt 21 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Nachträgliche Mitteilung von der Veräußerung der bundeseigenen Ölbehälteranlage nebst einem Teil des angrenzenden Freigeländes in Ostermoor am Nord-Ostsee-Kanal im Kreis Süderdithmarschen (Drucksachen IV/ 24, IV/ 84).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 22 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Vorlage der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1959 mit Antrag auf nachträgliche Genehmigung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben gemäß § 83 RHO (Drucksache IV/ 88).
Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgesehen ist Überweisung an den Haushaltsausschuß. — Es erfolgt kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 23 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Moltkekaserne in Heilbronn an die Stadt Heilbronn (Drucksache IV/ 90).
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Es ist Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgesehen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier Punkt 24 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen Infanteriekaserne in Köln-Kalk (Drucksache IV/ 91).
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgesehen ist Überweisung an den Haushaltsausschuß. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 25 der Tagesordnung:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Schuldenausschusses bei der Bundesschuldenverwaltung (Drucksache IV/ 116).
Ich frage, ob dazu das Wort gewünscht wird? —Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Punkt 26 der Tagesordnung:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost (Drucksache IV/ 117).
Dazu wird das Wort nicht gewünscht. Wer dem Antrag Drucksache IV/ 117 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 27 der Tagesordnung:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt (Drucksache IV/ 118).

(Abg. Dr. Schäfer: Herr Präsident, ich bitte, diesen Punkt heute abzusetzen und morgen aufzurufen!)

— Es ist ein interfraktioneller Antrag. (Zuruf von der CDU/CSU: Einverstanden!)

— Sie sind einverstanden. Punkt 27 wird abgesetzt und morgen aufgerufen.
Punkt 28 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Stärke des Ältestenrates (Drucksache IV/ 127).
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der zur Verhandlung in der heutigen Sitzung vorgesehenen Punkte der Tagesordnung. Ich berufe das Haus wieder ein auf morgen, Donnerstag, den 18. Januar, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.