Rede von
Dr.
Friedrich
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage die Herbeirufung des Bundeswirtschaftsministers Erhard gemäß § 46 der Geschäftsordnung.
Ich darf das ganz kurz begründen. Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers, an deren Schluß er sagte, er sei vom Kabinett ermächtigt, sie zu machen, waren doch sehr stark durch fiskalische Überlegungen bedingt, und man hatte bei sehr vielen Punkten den Eindruck, daß in erster Linie der Finanzminister spreche.
Sie wissen, meine Damen und Herren, daß der Bundeswirtschaftsminister vor kurzem in Amerika war. Sie kennen die Zeitungsnachrichten. Ich darf — das ist einer der Hauptgründe, weshalb ich diesen Antrag stelle — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten die kurze dpa-Nachricht hier vortragen. Es heißt hier:
Bei der Erörterung der künftigen Beziehungen zwischen dem Gemeinsamen Markt und den USA haben nach Erhards Worten auch die Handelsbeziehungen dieser Wirtschaftsblöcke zur übrigen freien Welt eine Rolle gespielt. Kennedy sei vor allem auf die Probleme eingegangen, die sich für Lateinamerika ergeben könnten. Er habe dabei den Wunsch geäußert, daß die deutsche Entwicklungshilfe auch Lateinamerika berücksichtigen möge. Erhard sagte, diese Entwicklungshilfe in Lateinamerika müsse nicht unbedingt an direkter Form gewährt werden; man könne dabei auch an eine Senkung hoher Verbrauchsteuern denken, wie sie in
Deutschland für Kaffee und Tee bestehen. Auf eine Frage betonte Erhard, daß er unter allen Umständen für eine Senkung der Kaffeesteuer in Deutschland sei.
— Ich meine, wir müßten dem Herrn Bundeswirtschaftsminister Gelegenheit geben, seine Auffassung, die hier zum Ausdruck kam, dem Hause vorzutragen.
— Ich habe das schon ausgeführt, Herr Kollege Niederalt. Ich bin der Auffassung, daß dieses Haus einen Anspruch darauf hat, eine so wesentlich abweichende, sicherlich sehr fundierte Auffassung zur Kenntnis zu nehmen. Daß die Frage von so hoher Bedeutung ist, geht nach unserer Meinung auch daraus hervor, daß sie Gegenstand der Beratung mit dem amerikanischen Präsidenten war. Wir sollten den Bundeswirtschaftsminister in diesen Dingen nicht desavouieren.
Das Haus muß diese Dinge zur Kenntnis nehmen.