Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Interfraktionell ist vereinbart worden, den Tagesord-nungspunkt 50 abzusetzen und an dieser Stelle die Zu-satzpunkte 10, 11 und 12 neu aufzusetzen. Dabei handeltes sich um die Anträge der Fraktionen SPD, Die Linkeund Bündnis 90/Die Grünen zur Lieferung von Panzernan Saudi-Arabien. Außerdem ist vereinbart, den Gesetz-entwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/6260zusätzlich an den Ausschuss für Gesundheit sowie denAusschuss für Wirtschaft und Technologie zu überwei-sen. Sind Sie mit dieser Vereinbarung einverstanden? –Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.Außerdem hat sich der Ältestenrat auf seiner gestri-gen Sitzung darauf verständigt, während der Haushalts-beratungen ab dem 5. September keine Befragung derBundesregierung, keine Fragestunde und auch keine Ak-tuellen Stunden durchzuführen. Sind Sie auch damit ein-verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann verfah-ren wir so.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 47 sowie den Zu-satzpunkt 8 auf:dhmuDsdsliladwsnRedet47 Beratung der Großen Anfrage der AbgeordnetenDr. Joachim Pfeiffer, Lena Strothmann, ErnstHinsken, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder CDU/CSU sowie der Abgeordneten Paul K.Friedhoff, Claudia Bögel, Klaus Breil, weitererAbgeordneter und der Fraktion der FDPWirtschaftsmacht Handwerk – Impulse fürWachstum und Beschäftigung– Drucksachen 17/3270, 17/5879 –ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr.Joachim Pfeiffer, Lena Strothmann, PeterAltmaier, weiterer Abgeordneter und dder CDU/CSU sowie der AbgeordneteFriedhoff, Claudia Bögel, Dr. Erik Scweiterer Abgeordneter und der Fraktion
Das Handwerkligt.
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Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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Wir haben gesehen, dass gerade der Mittelstand dazubeigetragen hat, dass Deutschland gut durch die Krisegekommen ist. Im Gegensatz zu Großkonzernen, wohäufig auch dann, wenn hohe Gewinne erzielt werden,Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlassen werden,ist in mittelständischen Unternehmen eher Folgendes derFall: Wenn es gut läuft, stellt man zusätzliche Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter ein, und man behält diese auch,wenn es in Krisenzeiten wieder einmal schlechter läuft;denn die Bindung zwischen einem mittelständischen Ar-beitgeber und einem Arbeitnehmer ist viel menschlicherund enger ist als in jedem Großkonzern. Das gilt insbe-sondere für kleinere Handwerksunternehmen. InDeutschland gibt es ungefähr 1 Million Handwerksbe-triebe mit fast 5 Millionen Beschäftigten. Das zeigt imÜbrigen, wie klein die Strukturen im deutschen Hand-werk sind.
Handwerksunternehmen findet man in Großstädten,aber auch im ländlichen Raum. Wir können uns an jederStelle auf die guten Dienstleistungen des deutschenHandwerks verlassen. Deswegen ist es richtig, dass dieKoalitionsfraktionen den folgenden Titel für ihre GroßeAnfrage gewählt haben: „Wirtschaftsmacht Handwerk –Impulse für Wachstum und Beschäftigung“. Das erinnertan den Slogan des Handwerks „Die Wirtschaftsmacht.Von nebenan.“ Das trifft den Kern der Sache: Man kannsich auf das Handwerk verlassen, an jedem Ort, an jederStelle, immer dann, wenn man gute, qualitativ hochwer-tige Dienstleistungen braucht.
Wir sehen das auch an der Ausbildungsleistung, diegerade im Handwerk großartig ist. Momentan werden440 000 junge Menschen im Handwerk ausgebildet. ImJahr 2010 gab es 155 000 zusätzliche Ausbildungsver-träge. Schon im Mai 2011 konnten wir feststellen, dass42 000 zusätzliche Ausbildungsverträge abgeschlossenwurden, 5 000 mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeit-raum. Das heißt, das Handwerk stellt sich der Herausfor-derung der Ausbildung der jungen Menschen wie keineandere Branche in Deutschland; hier werden die meistenMenschen ausgebildet. Junge Menschen bekommen hiereine berufliche Chance, eine berufliche Perspektive. Wirkönnen hier allesamt dem Handwerk Danke sagen; denndas Handwerk hat diese Ausbildungsleistung in schlech-ten Zeiten – in den Jahren 2003 bis 2005 genauso wie inden Jahren 2008 und 2009 – erbracht und setzt dies jetzt,in besseren Zeiten, fort. Auf das Handwerk kann mansich in Ausbildungsfragen zu jeder Zeit verlassen.
Meine Damen und Herren, hier zeigen sich aber auchdie Herausforderungen, vor denen das Handwerk steht:Wir erleben schon heute einen Fachkräftemangel; dasHandwerk selber spricht von 7 000 Stellen, die am Endedes Jahres voraussichtlich unbesetzt bleiben müssen,weil wir zu wenig qualifizierte junge Leute haben, umsie im Handwerk auszubilden. Deswegen ist es richtig,deVsnsnAdeAsghMruwwsWmdWbsAskDAgzktiraWaühBimodAmwdgve
um Beispiel bei den Steuern, durch Bekämpfung deralten Progression – das ist auch eine Frage der Gerech-gkeit – und durch Senkung der Lohnzusatzkosten. Ge-de das sind Kosten, die das Handwerk in besonderereise belasten. Deswegen ist es richtig, die Menschenn dieser Stelle zu entlasten.
Wir müssen ebenso beim Thema Bürokratieabbauber Entlastungen reden. Gerade kleine Unternehmenaben keine eigene Abteilung, die sich mit der deutschenürokratie auseinandersetzen kann. Wer Unternehmen Handwerksbereich kennt, der weiß sehr wohl, dass esft Familienunternehmen sind, in denen der Mann oderie Frau als Meister oder Meisterin die handwerklicherbeit macht und sich der jeweilige Partner und die Fa-ilienangehörigen um die Bürokratie kümmern. Wennir dem Mittelstand, dem Handwerk helfen wollen,ann zuallererst dadurch, dass wir die Bürokratie beseiti-en, Dokumentationspflichten reduzieren und Antrags-erfahren erleichtern. Damit könnte man dem Handwerknorm helfen. Auch das ist ein erklärtes Ziel der Bundes-
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Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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regierung. Bürokratieabbau ist Handwerkspolitik, so wiewir Liberale und Christdemokraten sie verstehen.
Wir brauchen aber auch neue Felder für unser Hand-werk. Wir brauchen Innovationen. Es gibt viele entspre-chende Programme, auch seitens der Bundesregierung,zum Beispiel das Zentrale Innovationsprogramm Mittel-stand. Innovationen sind nicht nur in großen Unterneh-men mit eigenen Forschungsabteilungen zu finden, son-dern gerade in mittelständischen Unternehmen, eben imHandwerk. Mittlerweile gibt es Farbe, die aufgrund mo-dernster Nanotechnologie schmutzabweisend ist. Sie istfür Häuseranstriche geeignet und ermöglicht ein energie-und ressourcenschonendes Agieren.Es gibt innovative Ideen hinsichtlich der IT-Netz-werke: Mehrere IT-Unternehmen leisten sich zusammenein solches Netzwerk und teilen sich die Kosten dafür.Es gibt neue Produkte im Bereich Leichtbau und neueBerufe im Bereich Elektromobilität. Bei diesen Innova-tionen geht es um Umweltschutz und Energieeffizienz.Auch auf diesem Gebiet gilt es dem Handwerk zu hel-fen. Wir dürfen nicht nur die Innovationsfähigkeit großerUnternehmen durch umfangreiche Forschungspro-gramme fördern; es gilt darüber hinaus, die Innovations-politik der Bundesregierung, der Regierungskoalitionauf kleine und mittlere Unternehmen auszudehnen, ge-rade auf Handwerksbetriebe, die weder eine Abteilunghaben, die sich mit Bürokratiefragen beschäftigt, nocheine eigene Forschungsabteilung. Das, was sie an Inno-vationsleistung erbringen, müssen sie mit den Menschenerbringen, die in den Unternehmen beschäftigt sind.Deshalb investieren sie in die Köpfe ihrer Mitarbeiter.Die Mittelstandsbetriebe brauchen die Unterstützung derRegierungskoalition aus CDU/CSU und FDP, und diebekommen sie auch.
Neue Märkte gibt es auch im Ausland. Im Zusam-menhang mit der Umstellung der Energieversorgung ha-ben wir schon darüber diskutiert, dass derzeit viele Men-schen im europäischen Ausland – das gilt eigentlichweltweit – auf Deutschland und den deutschen Mittel-stand schauen. Die Umstellung der Energieversorgungist eine Chance für unser Handwerk. Es geht um neueTechnologien, um Energieeffizienz und um Gebäudesa-nierung. Diesen Unternehmen wollen wir im europäi-schen Raum, aber auch im internationalen Rahmen neueMärkte öffnen. Wir glauben, dass die Unternehmen sehrwohl in der Lage sind, diese Märkte zu erschließen.Eines dürfen wir nicht vergessen: Trotz aller Ansprü-che in Bezug auf Modernität und Innovationen und an-gesichts der Herausforderungen im europäischen Aus-land bzw. im internationalen Rahmen kann sich dasHandwerk auf seine Qualitäten besinnen: auf Pünktlich-keit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Kundennähe undVerbraucherschutz. All dies spiegelt sich im Begriff„Meisterbrief“ wider. Der Meisterbrief ist nach wie vorein Qualitätssiegel, das man nicht abzuschaffen braucht,sondern das es zu erhalten gilt.–fadEsMßdSimSrefebuKndgVkevbwmztrDle
Das ist unsere Lesart. Ich erinnere nur daran: Zu An-ng dieses Jahrtausends wollten die Sozialdemokratenen Meisterbrief abschaffen.
s ist gut, dass diese irrsinnige Überlegung am Wider-tand von CDU/CSU und FDP gescheitert ist.
Wir stehen aus einem ganz einfachen Grund zumeisterbrief: Wir finden, dass das Handwerk nicht spie-ig, brav oder langweilig ist, sondern mit all seinen Tra-itionen – Freisprechung, Meisterfeier – auf der eineneite Strukturen gibt – zum Beispiel wird das Ehrenamt Bereich der Ausbildung unterstützt –, auf der andereneite aber auch für neue Herausforderungen in den Be-ichen Ausbildung, Innovationen und neue Märkte of-n ist. Das Handwerk ist die Wirtschaftsmacht von ne-enan und wird von dieser Regierungskoalitionnterstützt.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Duin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Sehr geehrter Minister Rösler, Sie haben ei-en ganz wichtigen Punkt benannt,
er für den Erfolg des Handwerks in Deutschland maß-eblich ist: Das ist die Verlässlichkeit. Es geht um dieerlässlichkeit der Handwerksbetriebe, die Verlässlich-eit der Meister und die Verlässlichkeit bei der Auftrags-rfüllung. Wenn diese Bundesregierung nur halb soerlässlich wäre wie die große Anzahl der Handwerks-etriebe in Deutschland, dann wären wir in Deutschlandesentlich weiter.
Ich will Ihnen Ihren nicht gerade üppigen Antrag ein-al kurz vor Augen halten. Sie haben darauf nicht Be-ug genommen, Herr Minister.
Erster Punkt. Die Regierungskoalition bringt den An-ag „Wirtschaftsmacht Handwerk – Kein Wachstum ineutschland ohne das Handwerk“ ein. Hier steht – ichse es Ihnen vor –:
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Garrelt Duin
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Der Deutsche Bundestag begrüßt … die … Kon-junkturpakete I und II, insbesondere … das kom-munale Investitionsprogramm …Wer hat es aufgelegt? Frank-Walter Steinmeier, OlafScholz, Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel.
Wer ist dagegen gewesen? Brüderle und Co.
– Ich habe Sie gar nicht angesprochen.Zweiter Punkt. Sie sprechen die „mit dem Konjunk-turpaket I erfolgte Verdopplung der Steuerermäßigung“an. Wer hat das gemacht? Die Sozialdemokraten habendas in der Großen Koalition vorangebracht. Brüderleund Co, die ganze FDP, waren immer dagegen. Heuteschreiben Sie, es sei ein großer Erfolg.
Dritter Punkt. Das CO2-Gebäudesanierungsprogrammwird ebenfalls in Ihrem Antrag gelobt. Auch dies wurdevon uns aufgelegt. In den letzten zwei Jahren wurden dieMittel dafür von Ihnen gekürzt; dies korrigieren Sie jetztmühsam. Diese Politik strahlt nicht das aus, was dasHandwerk und die Unternehmen in Deutschland insge-samt brauchen: Planungssicherheit, Verlässlichkeit. Aberbei Ihnen Fehlanzeige!
Die einzigen beiden Punkte in Ihrem Antrag, die Siefür sich selbst in Anspruch nehmen können, sind dieMaßnahmen – so schreiben Sie hier – des Wachstumsbe-schleunigungsgesetzes, also die Hotelsteuer – ich weißnicht, wie sie dem Handwerk genutzt haben soll –, unddie geplanten Steuervereinfachungen. Dann schreibenSie viel über das Thema Steuern. Das ist, wie wir allewissen, eine reine Luftnummer.Sie planen erneut – der Minister hat es gerade bestä-tigt; wir diskutieren seit einigen Wochen darüber – Steu-ersenkungen auf Pump. Sie wissen genau – die Äußerun-gen aus vielen Bundesländern, auch aus Bundesländern,die von Ihnen, von CDU/CSU und FDP, regiert werden,sind eindeutig –, dass die Länder das nicht mitmachen.Auch Herr Schäuble wird das nicht mitmachen. Beidieser Bundesregierung wird immer deutlicher: HerrSchäuble hat mehr Verstand im kleinen Finger als dieganze FDP. Das, was hier vorgeschlagen wird, ist nichtrealisierbar und wird so auch nicht kommen.
Stattdessen, Herr Minister Rösler, bräuchten wir eineKultur der Investitionen auf der privaten Seite wie auchauf der öffentlichen. Wenn Sie sich die Investitionsquoteanschauen, sehen Sie, dass Deutschland allen anderenLändern in dieser Hinsicht hinterherläuft. Deswegen be-steht kein Raum für Steuersenkungen; das sieht übrigensauch der ZDH so. Wir brauchen öffentliche Investitionenfür ein nachhaltiges Wachstum.MwzbkOOcdnSwknslaSdbg–LreeBmBnDsnAQliuenmn
Ich komme zum Thema Fachkräfte. Die Fakten habenie gerade selbst angesprochen. 1,5 Millionen junge Er-achsene im Alter zwischen 20 und 30 Jahren habeneinen Berufsabschluss. 400 000 Jugendliche sind inicht qualifizierenden Maßnahmen, angesiedelt zwi-chen Schule und beruflicher Bildung. Immer noch ver-ssen jedes Jahr 65 000 Schülerinnen und Schüler daschulsystem ohne Abschluss. Es geht also in erster Liniearum, die Potenziale im Inland auszuschöpfen. Dazuraucht man Veränderungen in der Bildungspolitik. Eineanz wichtige Änderung, die wir in diesem Hausenicht ganz allein, sondern im Konzert mit denändern – bewerkstelligen könnten, um in diesem Be-ich der Bildung endlich voranzukommen, wäre die Be-ndigung des unsinnigen Kooperationsverbotes.
Notwendig ist noch eine weitere Änderung in diesemereich – Frau Schavan, Sie haben dazu Vorschläge ge-acht, mit denen Sie in Ihrer Partei aber nicht nur aufeifall gestoßen sind –: Wir können es uns auf Dauericht länger leisten, 16 verschiedene Bildungssysteme ineutschland zu haben. Wir müssen uns der Aufgabetellen, dies zu ändern, und dort verbindliche Schritteach vorn machen.
Wir müssen über die Modularisierung im Bereich derusbildung reden, damit alle jungen Menschen mit ihrenualifikationen und Talenten – diese sind unterschied-ch; niemand kann alles – eine Chance auf Ausbildungnd einen Berufsabschluss haben. Wir müssen die Frau-nerwerbsquote deutlich erhöhen. Aber das funktioniertur, wenn wir entsprechende Kinderbetreuungsangeboteachen. Sie wollen eine Herdprämie und investierenicht in diesen zentralen Bereich.
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Garrelt Duin
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Gerade für die Kommunen stellen Sie die entsprechen-den Mittel nicht zur Verfügung.Ein Letztes. Wenn wir die Potenziale im Inland aus-reichend ausgeschöpft haben, haben wir überhauptnichts dagegen, auch darüber zu reden, wie wir im Be-reich der Zuwanderung ebenfalls entsprechende Poten-ziale heben. Lassen Sie uns doch anfangen! Ich habeauch Ihnen, Herr Minister Rösler, gestern in einem Ge-spräch angeboten: Lassen Sie uns mit den nächstliegen-den Dingen anfangen!Wir könnten zum Beispiel dafür sorgen, dass auslän-dische Studierende, die in Deutschland ihr Studium ab-solviert und ihren Abschluss gemacht haben, danachhierbleiben dürfen. Ich weiß, dass es dafür in der Koali-tion – ich schaue jetzt ganz bewusst in Richtung derLiberalen – durchaus Bereitschaft gibt. Es scheiterte bis-her aber an der Blockade der CSU. Ich zitiere stellvertre-tend Frau Hasselfeldt – man hört solche Aussagen aller-dings bei vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen immerwieder –:Wenn wir die Einkommensgrenzen senken, sendenwir ein falsches Signal zulasten der deutschen Be-schäftigten. … Uns könnte eine ungesteuerte Zu-wanderung in unsere Sozialsysteme drohen.Wenn man der Zuwanderung begegnet, indem manimmer nur das Bild einer drohenden Zuwanderung in un-sere Sozialsysteme an die Wand malt – das gilt auch mitBlick auf die Beseitigung des Fachkräftemangels –, wirdman diesem Thema nicht gerecht. Lösen Sie von derCSU diese Blockade, damit wir beim Zuwanderungs-recht und beim Ausländerrecht auch mit Blick auf dieBeseitigung des Fachkräftemangels endlich die Schrittenach vorne machen können, die für Deutschland not-wendig sind.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Fuchs für die Unions-
fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Duin,eines muss ich Ihnen sagen: Es ist nicht in Ordnung,wenn Sie sagen, es sei ein Verprassen von Steuergeldern,wenn man die Handwerker, beispielsweise bei den Löh-nen, etwas mehr unterstützt.
s ist auch nicht in Ordnung, wenn wir nicht endlich et-as tun, um den Mittelstandsbauch zu verkleinern. Daseht nicht.
Sie haben eben gesagt, das sei verprasstes Steuergeld.
ein, wir wollen die Mittelschicht unterstützen. Das hatit Verprassen nichts zu tun, sondern ist gerecht.
Die deutsche Wirtschaft strotzt vor Zuversicht – Gottei Dank. Es geht uns richtig gut; das hätte vor zwei Jah-n kein Mensch für möglich gehalten. Die Zahlen, diens vorliegen, sind exzellent. Im letzten Jahr betrug dasirtschaftswachstum 3,6 Prozent. In diesem Jahr – derinister ist viel zu bescheiden –
ird es weit höher als 2,6 Prozent ausfallen. Die Augu-n reden schon von bis zu 4 Prozent. Es gibt tatsächlichstitute, die behaupten, es sei mit 4 Prozent Wachstumu rechnen, und das bei einer reifen Volkswirtschaft wieeutschland.
as ist eine Erfolgsstory. Wir befinden uns in einer ex-ellenten Situation.
Wenn man sich vor Augen hält, wie die Situation dieanze Zeit vorher gewesen ist,
ann zeigt sich, welche Chancen wir jetzt wieder haben,elche Chancen unsere Unternehmen auf den Welt-ärkten haben und welche Chancen das Handwerk hat.uch das Handwerk leistet zu diesen Erfolgen seineneitrag. Handwerksleistungen tragen zu 8,5 Prozent zumruttoinlandsprodukt bei. Das ist positiv.Meine Damen und Herren, die Exportquoten der deut-chen Wirtschaft sind sensationell. Beim Export werdenir dieses Jahr wohl zum ersten Mal die Grenze vonBillion Euro überschreiten. Beim Import werden wirin Volumen von etwa 900 Milliarden Euro erreichen.as zeigt, dass wir auch ein Motor für die Weltwirt-chaft sind. Damit leisten wir unseren Beitrag, in Europand in den Schwellenländern. Das ist mehr als positiv.Auch die Handwerker spüren den Aufschwung.5 Prozent der Betriebe beurteilen ihre Situation mehr
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Dr. Michael Fuchs
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als positiv, und die Kapazitätsauslastung geht in Rich-tung 80 Prozent – Zahlen, die es zuvor eigentlich nie ge-geben hat.
Das schlägt sich auf dem Arbeitsmarkt insgesamt nieder.In Deutschland gibt es etwa 41 Millionen Erwerbstätige,und die Arbeitslosenquote liegt bei 6,9 Prozent. In man-chen Regionen Deutschlands gibt es faktisch so gut wiekeine Arbeitslosigkeit mehr; im Hohenloher Land bei-spielsweise beträgt die Arbeitslosenquote gerade einmal1,7 Prozent. Das sind Erfolgsstorys. Die Gründe für die-sen Erfolg sind die Programme, die die Regierung aufge-legt hat. Er hat natürlich auch mit den Entscheidungenzu tun – das gebe ich freiweg zu –, die wir mit Ihnen vonder SPD in der Großen Koalition gemeinsam getroffenhaben.
Jetzt entfalten sie ihre Wirkung.Am allermeisten wirkt das Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz.
Erstmals gibt es wieder eine Binnennachfrage; die hattenwir früher so gut wie nicht. Die Betriebe sind in derLage, höhere Löhne zu zahlen. Die Lohnquoten steigen.All das ist positiv.
Genau so sollte es weitergehen. Wir kämpfen dafür undwerden uns Mühe geben, dass das so bleibt. Erstens las-sen wir uns das von Ihnen nicht schlechtreden, und zwei-tens lassen wir das von Ihnen nicht verhindern.
Deutschland ist wieder die Wachstumslokomotive inEuropa. Wir sind das Land, das an der Spitze steht. Ichverweise auf Folgendes: Als Rot-Grün aufhörte – darankönnen sich diverse Menschen noch erinnern –, warenwir Schlusslicht. Ernst Hinsken hat dem damaligen Bun-deskanzler Schröder die rote Laterne überreicht, und erhat recht damit gehabt; denn seine Politik war ebenschlecht.Heute sieht die Situation vollkommen anders aus. Ichsage Ihnen eines: Wenn Schröder jemals solche Zahlen,wie wir sie jetzt vorweisen, erreicht hätte, dann hätte erwahrscheinlich im Französischen Dom irgendwelcheMessen oder sich selbst gefeiert, und er wäre zweimal inder Woche über den Ku’damm gesteppt. Dies tun wirnicht. Wir arbeiten schlicht und ergreifend weiter undsorgen dafür, dass diese positive Konjunktur anhält, unddas ist auch nötig.
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Diese Zahl hat Rot-Grün nie erreicht, wir dagegenchon. Sie von Rot-Grün waren diejenigen, die die euro-äischen Stabilitätskriterien aufgeweicht haben. Das ha-en wir jetzt nicht mehr nötig. Wir sind auch hier füh-nd in Europa.
Dadurch zeigt sich, dass die Konsolidierungsanstren-ungen dieser Regierung richtig waren, dass wir diechuldenbremse früher einhalten, als das überhaupt ge-lant war, dass Minister Schäuble eine exzellente Arbeitacht, dass die Regierung auf dem richtigen Weg ist undass wir mit den Gesetzen, die wir verabschiedet haben,afür gesorgt haben, dass wir jetzt endlich wieder in einositives Fahrwasser kommen.Es macht keinen Sinn, das schlechtzureden. Wir soll-n stolz darauf sein, dass Deutschland die führendeirtschaftsmacht in Europa ist, und wir sollten des Wei-ren stolz darauf sein, dass wir so weitermachen wer-en.Ich wünsche Ihnen eine gute Ferienzeit
– vielen Dank, Herr Kuhn –, in der Sie diese positivenachrichten verbreiten können.
Das Wort hat die Kollegin Wagenknecht für die Frak-
on Die Linke.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!h denke, nach so viel Selbstbeweihräucherung solltenir auf das Thema zurückkommen.
Etwa 22,4 Milliarden Euro wird die Kreditanstalt füriederaufbau nicht etwa zur Förderung des Handwerks,ondern für das bisher beschlossene Griechenland-Paketereitstellen. Je mehr Geld die KfW dafür verwendenuss, die Schulden Griechenlands gegenüber den Ban-en zu bedienen, desto weniger hat sie logischerweiseur Verfügung, um Förderprogramme aufzulegen,
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Sahra Wagenknecht
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die nicht zuletzt dem deutschen Handwerk zugutekä-men. Dies haben Sie beschlossen, obwohl Sie ganz ge-nau wissen, wie stark der Bedarf in dieser Richtungwäre. Die KfW hat bereits vor der Finanzkrise in ihrenMittelstandspanels – vielleicht sollten Sie dort einmal hi-neinschauen – sehr deutlich nachgewiesen, dass sich dieFinanzierungsbedingungen gerade kleiner Unternehmenin Deutschland mit bis zu zehn Beschäftigten seit Endeder 1990er-Jahre teilweise dramatisch verschlechtert ha-ben. Die Laufzeiten der Kredite wurden immer kürzer,und teilweise waren solche kleinen Unternehmen sogargezwungen, sich über teure Dispokredite zu refinanzie-ren.Wenn man diese Situation ins Auge nimmt, dann wirdvöllig klar, dass dem deutschen Handwerk zum Beispieldurch gesetzliche Zinsobergrenzen, die die Wucherzin-sen bei Dispokrediten verhindern würden, weiß Gottmehr geholfen wäre als durch Schönwetterreporte, wiesie hier vorgelegt wurden und mit denen sich die Bun-desregierung selber auf die Schultern klopft.
Es ist gerade ein Jahr her, dass Sie beschlossen haben,dass die Mittel der KfW für energetische Gebäudesanie-rung auf die Hälfte zusammengestrichen werden. Vor einpaar Wochen haben Sie sich das dann wieder andersüberlegt. Das ist zwar schön, aber das ist doch keineklare Linie. Das ist eine völlig unseriöse Pingpongpoli-tik. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die 5 Mil-lionen Menschen, die in Deutschland im Handwerk ar-beiten, tatsächlich brauchen: Sie brauchen verlässlicheRahmenbedingungen und nicht eine Bundesregierung,die mit ihren Interessen Pingpong spielt.
Oder nehmen Sie die Fiskalpolitik: Erst werden gi-gantische Schulden aufgehäuft, nicht zuletzt zur Rettungmaroder Banken. Dann geht die Bundesregierung hinund verkündet mal eben Steuersenkungen für das Wahl-jahr 2013. Das, was Sie hier machen, ist doch Harakiri.Das kann doch kein Mensch mehr ernst nehmen. Natür-lich kämen dem deutschen Handwerk Steuersenkungengerade im Bereich der niedrigen und mittleren Einkom-men zugute. Aber das ist doch nur verantwortbar, wennman gleichzeitig mehr Steuern einnimmt, zum Beispielbei Banken und Konzernen oder bei Millionären und de-ren Erben.
Es ist doch möglich, sich bei denen das Geld zurückzu-holen, statt alles auf Pump zu machen, so wie Sie dastun.Es ist tatsächlich ein Skandal, dass in DeutschlandEinkommen bei einer besser bezahlten Arbeit in derSpitze mit bis zu 42 Prozent besteuert werden, aber völ-lig leistungslose Vermögenseinkommen, Zinsen und Di-videnden, gerade einmal mit 25 Prozent besteuert wer-den. Wer arbeitet und etwas besser verdient, zahlt bis zu4leDmtiancvmvedDjäIndtuAkbsgzStidpusEcCsggSsSswnesSKRhKk
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Sahra Wagenknecht
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Das Problem der Menschen in diesem Land ist wahrlichnicht, dass ihre Konsumneigung zu niedrig ist. Das Pro-blem der Menschen in diesem Land ist, dass sie nicht ge-nug Geld in der Tasche haben, um sich die Dinge zu kau-fen, die sie brauchen und die sie sich sehr gerne leistenwürden, wenn sie es könnten.Lohndumping stimuliert vielleicht den Export. Aberwer sich für das Handwerk wirklich einsetzen will, dermuss bitte schön auch dafür sorgen, dass das Handwerkzahlungskräftige Kunden hat, und zwar hier im Land.
Ein Programm zur Stärkung der Kaufkraft durch Min-destlöhne, durch höhere Renten, durch eine Erhöhungder Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro käme am Endeauch dem deutschen Handwerk zugute;
denn ohne einen starken Binnenmarkt gibt es auch keinstarkes Handwerk.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat die Kollegin Christine Scheel für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich glaube, dass wir weder mit Klassenkampf noch mitSchönrederei weiterkommen.
Vielmehr müssen die Probleme benannt werden, die eszu lösen gilt. Herr Rösler, deswegen sind wir schon einbisschen enttäuscht darüber, wie die Bundesregierungund Ihr Haus auf diese Große Anfrage reagiert haben.Das ist eine unglaubliche Schönrederei. Es ist richtig:Das Handwerk hat unglaubliche Leistungen vollbracht.Das Handwerk ist zuverlässig, das Handwerk bildet gutaus. Aber das Handwerk hat auch Probleme, weil diePolitik in bestimmten Feldern nicht vorankommt. Zudiesem Punkt ist nichts gesagt worden.Auch in dem Antrag, der jetzt von den Koalitionsfrak-tionen vorgelegt worden ist, ist die Rede davon, dass al-les irgendwie in Butter ist. Da sollen nur einige Sachver-halte evaluiert und ein bisschen geprüft werden und dannsoll ein bisschen Unterstützung geleistet werden. LiebeKollegen von der Union und von der FDP,
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Es ist völlig klar: Wenn die wirtschaftliche Lage gutt – und die ist zum Glück derzeit sehr gut –, ist die Auf-agslage gut, und das Handwerk hat goldenen Boden,ie wir immer sagen. Aber es stehen nicht genügendachkräfte zur Verfügung.
as ist ein ganz zentraler Punkt. Man muss überlegen,ie man mit der Situation umgeht, und auch den demo-rafischen Wandel in dieser Gesellschaft mitbedenken.ir wissen seit Jahren um die Schwierigkeiten in denusbildungsberufen. Das Handwerk hat seit Jahren Pro-leme, bestimmte Ausbildungsstellen zu besetzen. Vorllem im Lebensmittelbereich – ich denke da insbeson-ere an Bäckereien und Metzgereien – wird immer wie-er geklagt, dass man keine geeigneten jungen Leute fin-et, die bereit wären, eine entsprechende Ausbildung zuachen. Das müssen wir gar nicht schönreden. Ichlaube, da sind wir uns auch einig. Aber auch in weite-n Branchen wie in der Elektrotechnik und im Metall-ereich, im Heizungs- und Sanitärbereich fehlen zuneh-end Menschen. Hier machen zwar viele eineusbildung, aber sie werden oft – das ist ein Problem,as wir sehr ernst nehmen müssen – von der Industriebgeworben. Also das Handwerk bildet gut aus, die In-ustrie wirbt dann aber einen Teil ab, indem sie besserezahlt.Hier muss die politische Seite angesichts der verän-erten Lage, die wir auf dem Ausbildungsmarkt haben,nd angesichts der demografischen Entwicklung ihrererantwortung gerecht werden und sich überlegen, wieie wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks gestärktnd wie die Qualifizierung junger Menschen geförderterden kann.Wir haben gerade in den Städten viele junge Men-chen mit Migrationshintergrund, die keinen Ausbil-ungsplatz haben. Kollege Duin hat dargestellt, wieiele junge Leute die Schule verlassen, ohne einenchulabschluss zu haben. Das ist ein Riesenproblem.ir sehen aber auch, dass die Ausbildungsbeteiligungs-uote von jungen Menschen mit Migrationshintergrunderade einmal bei 30 Prozent liegt, bei jungen Menschenhne Migrationshintergrund dagegen bei 64 Prozent. Esibt gute Ansätze bei den Kammern und teilweise auchei den Städten, um dieses Problem zu lösen. In Berlinuft zum Beispiel die Kampagne: „Berlins Wirtschaftraucht Dich!“, die sich an junge Menschen richtet, vorllem an junge Menschen mit Migrationshintergrund.as sind gute Ansätze. Das begrüßen wir. Das kann manur unterstützen.
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Christine Scheel
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Aber da müssten auch Sie noch einen Beitrag leisten undaufzeigen, wie die Bewerberinnen- und Bewerberzahlenhier verbessert werden könnten.Ein Weiteres – das sage ich mit aller Ernsthaftigkeit –:Wir diskutieren in diesem Hause sehr viel darüber, wiewir junge Menschen zu Abitur, Studium und nachfol-gend in hoch qualifizierte Berufe bringen. Das ist not-wendig, und das ist auch berechtigt, wenn man sich an-schaut, wie Deutschland im internationalen Vergleichdasteht. Was aber in dem Kontext aus meiner Sicht vielzu wenig gesagt wird, ist, dass Ausbildungsberufe imHandwerk eine hervorragende Qualifikation bieten unddass sich hier oftmals jungen Menschen, die handwerk-lich oder technisch begabt sind, ein hervorragender Le-bensweg bietet. Darauf wird, wie ich finde, viel zu seltenhingewiesen. Vom Duktus her tun wir immer so, als obdiejenigen, die studiert haben, den anderen etwas voraushätten. Wir brauchen aber beides. Deshalb müssen wiruns fragen, wie wir die jungen Leute begleiten und ver-stärkt für diese Zukunftsberufe gewinnen können.
Aus meiner Sicht müssen wir alle Anstrengungen un-ternehmen, um dem zunehmenden Fachkräftemangel be-gegnen zu können. Statt sich intern mit dieser bescheuer-ten Steuersenkungsdebatte, die die FDP wiederlosgetreten hat – ich glaube, es ist das vierte Mal in die-ser Legislaturperiode, dass sie irgendwelche Vorlagenankündigen, die dann sowieso nicht kommen –, ausein-anderzusetzen, sollten Sie lieber die notwendigen Ge-setzentwürfe vorlegen, um den Fachkräftemangel inDeutschland anzugehen.
Daran fehlt es bisher. Statt Steuersenkungsdebatten zuführen, sollten wir die drängenden Probleme angehen.Notwendig sind eine schnellere Anerkennung ausländi-scher Berufsabschlüsse und die Beratung und Begleitungderjenigen, die das Anerkennungsverfahren durchlaufen.Es ist notwendig, nach einer individuellen Kompetenz-feststellung passende Nachqualifikationen mit einer ent-sprechenden Begleitung der Betroffenen anzubieten. Dasfehlt grundsätzlich.
Minister Rösler, Sie haben vor ein paar Tagen wiedergefordert, die Mindestverdienstgrenze für die Erteilungeiner Niederlassungserlaubnis auf 40 000 Euro zu sen-ken.
– Ja, das muss man.WdzssRmbWseuwamwlebtrdEsDemhm–efrdsmHsRHmHW
Jetzt sind wir endlich an dem Punkt angekommen.ndlich sagen auch Sie, dass wir mehr für die Gebäude-anierung tun und die Energieeffizienz steigern müssen.afür und für den Ausbau der Leitungssysteme und derrneuerbaren Energien brauchen wir das Handwerk. Da-it muss aber auch die berufliche Ausbildung Schrittalten. Wir brauchen somit neue Qualifikationen undüssen uns mit neuen Ausbildungsberufen beschäftigen im innovativen Sektor ist vieles beschrieben –, um denntstehenden Bedarf entsprechend decken zu können.
Frau Kollegin Scheel, gestatten Sie eine Zwischen-
age des Kollegen Pfeiffer?
Nein. – Es wird eine enorme Nachfrage geben. Umiese Nachfrage decken zu können, brauchen wir ent-prechende Fachkräfte. Dann können wir gemeinsamit dem Handwerk – das geht nämlich nur mit demandwerk – unser Land nach vorne bringen.
Wir haben auch eine komische Debatte über die Ab-etzbarkeit von Handwerkerleistungen geführt, Herrösler. Es gibt dazu gute Untersuchungen wie die vonerrn Professor Schneider, die zu dem Ergebnis kom-en, dass dank der Möglichkeit der Absetzbarkeit vonandwerkerleistungen, die Rot-Grün damals auf deneg gebracht hat, die Schwarzarbeit zurückgegangen
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Christine Scheel
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ist. Die Schwarzarbeit ist in den letzten Jahren nachweis-lich kontinuierlich zurückgegangen.
Hinzu kommt, dass Sie von falschen Zahlen ausge-hen. Es wird immer behauptet, dass von Steuerausfällenin Höhe von 2 Milliarden Euro auszugehen ist. Es gibtaber in dem Sektor keine Steuerausfälle in Höhe von2 Milliarden Euro; es gibt nur einen Zinseffekt. DieserZinseffekt liegt bei ungefähr 60 Millionen Euro undnicht mehr. Entweder wissen Sie es nicht, oder Sie wol-len suggerieren, dass Sie für das Handwerk sehr viel tun,und sprechen deswegen von 2 Milliarden Euro. Wennman also die gesetzliche Regelung, die jetzt ausläuft,verlängert, hat man keine Steuerausfälle in Höhe von2 Milliarden Euro wie zu Beginn, sondern dann hat mannur Zinsausfälle. Auch das müssen Sie in Ihrem Hausvielleicht einmal weitergeben, damit das vernünftigkommuniziert wird.
Wir wünschen uns außerdem, dass Sie in punkto Ist-besteuerung klare Linie halten. Es kann nicht angehen,dass die Umsatzgrenze zur sofortigen Abführung derUmsatzsteuer von 500 000 Euro, die jetzt gilt, auf250 000 Euro gesenkt wird. Es geht um die Liquiditätder Unternehmen. Es geht um das Vertrauen in die Poli-tik. Die Maßnahme ist angekündigt worden, und siemuss dementsprechend umgesetzt werden.
– Ich stehe wirklich dahinter, weil es hier um Liquiditätgeht, und fordere Sie auf: Tun Sie etwas!
Legen Sie endlich die Maßnahmen vor und reden Sienicht immer nur darüber! Das Handwerk wartet auf dasHandeln dieser Regierung; da ist es mit Gequatschenicht getan.
Das Wort hat die Kollegin Bögel für die FDP-Frak-
tion.
Bei vielen meiner Vorredner konnte ich geradezu spü-ren, dass sie noch nie einen Handwerksbetrieb von innengesehen haben, geschweige denn, mit Handwerkern ge-sprochen haben.IcvtedHnWscsafebkis–gIcdEreuBdgsskdUVz
h kenne das Handwerk von der Pike auf. Mein Groß-ater war Modellbaumeister. Mein Onkel ist Malermeis-r. Von daher kenne ich diese Leute, und ich weiß umeren Bedürfnisse.
Das Handwerk propagiert nicht umsonst auf seineromepage: „Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Vonebenan.“
arum wohl? Jeder kennt einen Handwerker. Jeder hattechon einen Handwerker. Das fängt morgens beim Bröt-henholen an und hört am Heiligabend bei der Instand-etzung der Heizungsanlage noch nicht auf. Es gibt mehrls 4,8 Millionen Beschäftigte in 151 Ausbildungsberu-n; der Jahresumsatz hat einen dreistelligen Milliarden-etrag erreicht. Das ist eine wahre Schwergewichts-lasse im Ring der deutschen Wirtschaft.
Was aber bei dieser Betrachtung viel zu kurz kommt,t die hohe soziale Kompetenz des Handwerks.
Nein, das unterscheidet uns nicht vom Handwerk, weilerade das von uns gefördert wird.
h möchte einmal ein Beispiel aus meinem Wahlkreisarstellen.
in mittelständischer Unternehmer, der ein sehr erfolg-iches Dentallabor leitet, kümmert sich außerordentlichm sehr schwierige Jugendliche, indem er sie in seinemetrieb ausbildet und ihnen eine zweite und auch eineritte Chance bietet. Dieser Unternehmer hat ein Projektegründet. Das Projekt heißt „Startbahn“. Hier wurdechon von „Fordern und Fördern“ gesprochen. Nach die-em Prinzip funktioniert das Projekt. In dem Projektümmert man sich um Jugendliche, fördert sie, aber for-ert auch von ihnen, zum Beispiel gute Schulnoten. Dernternehmer hat es geschafft, in seinem Heimatort dieermittlungsquote der Hauptschüler von bisher 40 Pro-ent auf 85 Prozent zu heben. Das ist doch was!
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14257
Claudia Bögel
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Das ist ein Paradebeispiel für unser deutsches Hand-werk: persönliches Engagement, Eins-zu-eins-Begeg-nung, keine großen Hörsäle, in denen anonym irgendet-was gelehrt wird, jedem eine oder auch eine zweiteChance bieten, handeln, statt nur fordern.Das Handwerk engagiert sich also sehr stark und istmit großem Verantwortungsbewusstsein dabei.
Wir benötigen jedoch eine ausreichende Zahl an gut aus-gebildeten Fachkräften, um unsere Wettbewerbs- undInnovationsfähigkeit und damit den Wohlstand und dasWachstum für unser Land zu sichern.
– Danke. – Das Problem des Fachkräftemangels hängtaber wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen.Deswegen ist es sehr wichtig und sehr richtig, dass sichunsere Regierung gerade um dieses Problem kümmert.Hier müssen wir – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft –eine gemeinsame Lösung finden und an einem Strangziehen. Es gibt auch schon sehr viele gute Projekte, beidenen Politik, Wirtschaft, Unternehmen und Verbändezusammenarbeiten. Es gilt, inländische Potenziale besserauszuschöpfen und gleichzeitig durch eine kluge Zuwan-derungspolitik – hier möchte ich eindringlich an dasPunktesystem erinnern – ausländische Fachkräfte zu ge-winnen.Die geplante Steuersenkung wird von den Hand-werkskammern, den Handelskammern und auch vonvielen Verbänden sehr begrüßt.
Wir haben durch das Wachstumsbeschleunigungsge-setz, durch die Verlängerung der Kurzarbeiterregelungund auch durch die Vereinfachung der Kreditvergabesehr viele richtige und wichtige Maßnahmen getroffen –für den Mittelstand, für das Handwerk.
Das Handwerk zaubert mit seinen Händen solideMeisterstücke. Wir machen solide Politik,
die den Aufschwung der „Wirtschaftsmacht von ne-benan“ dauerhaft verstetigt.Vielen Dank und eine schöne Sommerpause.
Das Wort hat die Kollegin Schwarzelühr-Sutter für
die SPD-Fraktion.
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Ich sehe, dass sich auch Herr Pfeiffer gemeldet hat.
Bitte sehr.
– Sie, Herr Körber, dürfen danach fragen, damit es aus-
geglichen ist.
Dann hat erst einmal der Kollege Pfeiffer das Wort.
Frau Kollegin, Sie tragen zwar nicht im Bund, aber in
Baden-Württemberg Verantwortung. Nachdem Ihr dorti-
ger Seniorpartner in Person von Frau Scheel auf eine
Zwischenfrage nicht antworten wollte, frage ich halt den
Juniorpartner, die SPD.
In Ihrem dortigen Koalitionsvertrag werden weder
Arbeiter oder Handwerker noch Freiberufler erwähnt.
Aber das Wort „Beamte“ ist in all seinen Varianten 24-mal
zu finden, und das Wort „Lehrer“ kommt 30-mal vor.
Können Sie mir die Diskrepanz zwischen dem Handeln
dort, wo Sie Verantwortung tragen und Maßnahmen um-
setzen können, und dem, was Sie hier erzählen, ein we-
nig erläutern?
Herr Pfeiffer, wir wollen nicht an Worten, sondern an
Taten gemessen werden. Wir werden unseren Ankündi-
gungen auch Taten folgen lassen.
Ihre Tat in Regierungsverantwortung auf Bundesebene
war im letzten Haushalt vor allen Dingen, dass Sie die
Mittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ge-
kürzt haben.
Darf ich das so werten, dass Sie jetzt die Frage des
Kollegen Körber zulassen?
Ja, gut, dann bitte.
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Bevor Sie jetzt weitersprechen, sei mir der Hinweis
estattet: Wir sind gehalten, Zwischenfragen auch ge-
essen an der Redezeit zuzulassen. Deshalb lasse ich
tzt keine weiteren Zwischenfragen zu. – Bitte.
Bis zu 340 000 Arbeitsplätze im Mittelstand und imandwerk werden durch die KfW-Programme zum ener-ieeffizienten Bauen und Sanieren tatsächlich geschaf-n und gesichert. Es ist eine Win-win-Situation fürvestoren, aber auch für private Eigentümer von Immo-ilien.Wie gesagt, die Rücknahme der Kürzungen des KfW-örderprogramms ab 2012 auf 1,5 Milliarden Euro führtu einem Ansatz, der noch unter dem Niveau von 2009egt und bei weitem nicht ausreicht. Pro Jahr sind zumeispiel laut Aussage der unterzeichnenden Verbändees Pakts für Klimaschutz mindestens 2 Milliarden Eurous dem Bundeshaushalt an konstanter Förderung nötig,m die erforderlichen Energieeinsparungen zu erreichen.elbst die 1,5 Milliarden Euro, die Sie hier zur Verfü-ung stellen, geben keine Planungssicherheit, denn sieommen aus dem unsicheren Energie- und Klimafonds.Die in dieser Woche beschlossenen fatalen Kürzun-en möchte ich natürlich auch nicht unerwähnt lassen:uch die 45 Millionen Euro, die Sie beim Städtebau kür-en, werden Auswirkungen auf das Handwerk haben.Auch der neue Energieeffizienzfonds aus dem Son-ervermögen, der unter anderem die Markteinführungon Motoren und Pumpen gerade im Heizungsbereich
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Rita Schwarzelühr-Sutter
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sowie in Kälteanlagen unterstützen will, ist bezüglichder Förderhöhe unsicher.Beständigkeit und Verlässlichkeit der finanziellenMittel sind aber wesentliche Voraussetzungen für Inves-titionsentscheidungen. Verlässliche Rahmenbedingun-gen sind unerlässlich, um energetische Sanierungen um-zusetzen. Typisch hier wieder der Zickzackkurs derBundesregierung bei diesen Programmen. Planungssicher-heit und Verlässlichkeit sind also Fehlanzeigen bei derPolitik dieser Regierung.
Die SPD steht hinter den Handwerkern und unterstütztsie bei der Forderung nach Planungssicherheit.
Der Umstieg aus dem Atomzeitalter in das Zeitalterder erneuerbaren Energien bietet dem Handwerk riesigesPotenzial, riesige Chancen nicht nur bei Maßnahmen derEnergieeffizienz, sondern auch bei Technologien fürPhotovoltaik- oder Windkraftanlagen. Hier ziehen SPDund das deutsche Handwerk an einem Strang.Planungssicherheit und Verlässlichkeit brauchen aberebenso Existenzgründerinnen und Existenzgründer. Diegeplanten Kürzungen bei den Fördermaßnahmen fürLangzeitarbeitslose sind ein fatales Signal. Die Ankün-digung von Arbeitsministerin von der Leyen, die Zu-schüsse für Existenzgründerinnen und Existenzgründerum über 1 Milliarde Euro zu kürzen, also um mehr alsdie Hälfte, kann man nicht nachvollziehen; das ist kon-traproduktiv. Insgesamt gehen die Zahlen bei den Exis-tenzgründungen leicht zurück. Mit dem neuen Streich-konzert verabschiedet sich die Bundesregierung vomGründerland Deutschland.
Auch die geplanten Kürzungen bei den beiden Ju-gendprogrammen „Schulverweigerung – Die 2. Chance“und „Kompetenzagenturen“ sind absolut nicht nachvoll-ziehbar. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wirNachwuchsmangel haben, dass wir Fachkräftemangelhaben, ist das eine falsche Maßnahme; diese muss unbe-dingt zurückgenommen werden.
Die SPD steht für ein modernes Handwerk. DasHandwerk hat eine lange Tradition und hat es immer ge-schafft, die neuen Herausforderungen anzunehmen unddabei innovativ zu sein.Ich möchte das Beispiel der Elektromobilität nennen.Früher gab es den Beruf des Kfz-Mechanikers, dann gabes den Beruf des Kfz-Mechatronikers. In Zukunft brau-chen wir für den Bereich Elektromobilität gut ausgebil-dete Fachkräfte. Allerdings sind herkömmliche Berufewie Bäcker und Metzger bei Jugendlichen als sehrunsexy verschrien. Die Imagekampagne des ZDH setzthier auf eine sehr witzige und ansprechende Art richtigeAkzente. Mit dem Slogan „Am Anfang war Himmel undErde. Den ganzen Rest haben wir gemacht“ machen dieHkwöInWHBngBgtileDZvWbbfrKwLlaeladdwzp
Die FDP und der ehemalige „Mister Mittelstand“rüderle haben Mittelstand und Handwerk enttäuscht.
Außer Erleichterungen für Hoteliers hat es bishericht wirklich viel gegeben. Der Mittelstand wartet ver-eblich auf die Einlösung der Versprechen, die vor derundestagswahl gemacht wurden. In der heutigen Aus-abe des Handelsblatts steht zum Stichwort „Steuerpoli-k“ unter der Überschrift „Auf Kosten der Beitragszah-r“:Die schwarz-gelbe Regierung will mit Hilfe der Ar-beitslosenversicherung eine Steuerreform finanzie-ren. Die Kosten tragen vor allem die, die angeblichentlastet werden sollen.as spricht Bände. Bereits letzte Woche hat Ihnen Herretsche von Daimler in diesem Zusammenhang die Le-iten gelesen.Wir von der SPD wollen eine moderne Politik für dieirtschaftsmacht und -kraft des Handwerks von ne-enan. Diese gilt nicht nur heute, sondern auch im Hin-lick auf die Herausforderungen von morgen.Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.
Die Kollegin Lena Strothmann hat für die Unions-
aktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebeolleginnen und Kollegen! 150 000 Solarwärmeanlagenurden 2009 in Deutschland installiert. 310 Millioneniter Farbe haben Maler und Lackierer 2010 in Deutsch-nd verarbeitet. 55 000 Wärmepumpen wurden 2009ingebaut. Fast 3 000 Handwerksbetriebe in Deutsch-nd stellen Musikinstrumente her. Haben Sie gewusst,ass auch die Übergabewimpel unserer Nationalelf under Goldene Bär der Berlinale handwerklich hergestellterden?
Handwerk ist Vielfalt. Kaum ein anderer Wirtschafts-weig bietet diese Vielfalt an Berufen und Gewerbegrup-en. Das Spektrum reicht von der Bauzeichnerin und
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14260 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Lena Strothmann
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dem Geigenbauer bis hin zur Fotomedienfachfrau. Jähr-lich kommen hochinteressante, hochtechnisierte und an-spruchsvolle Berufe hinzu. 1 Million Betriebe, fast 5Millionen Beschäftigte und fast 500 000 Auszubildende– das ist, kurz gefasst, die Erfolgsstory des deutschenHandwerks, der Wirtschaftsmacht von nebenan.
Dies wird nun aufgrund unserer Großen Anfrage ein-drucksvoll durch eine Vielzahl an Daten belegt. An die-ser Stelle möchte ich ein herzliches Dankeschön an dasBundeswirtschaftsministerium für die intensive Arbeitbei der Beantwortung der Fragen richten.Es wird deutlich, dass der Wirtschaftszweig Hand-werk in Deutschland eine wichtige Rolle einnimmt, stär-ker als in anderen europäischen Ländern, die auch übersehr viele kleine und mittlere Betriebe verfügen. Bei unsin Deutschland ist diese gewachsene Struktur stark ge-prägt von der hohen Qualität unserer Meisterbetriebeund unserem erstklassigen Ausbildungssystem.
Fest steht: Das Handwerk ist eine der tragenden Säu-len unserer Wirtschaft. Was für die Gesamtwirtschaftgilt, gilt auch für das Handwerk. Wir haben die Wirt-schaftskrise überwunden und sind – ganz nach der Maß-gabe unserer Kanzlerin – aus der Krise stärker herausge-gangen, als wir hineingegangen sind.
Ende des Jahres wird voraussichtlich sogar das Vorkri-senniveau im Handwerk wieder erreicht. Das erste Quar-tal lief sensationell gut mit einem Zuwachs – man höreund staune – von 11,7 Prozent.
Aufgrund seiner Stabilität wurden während der Kriseim Handwerk kaum Mitarbeiter entlassen. Das spiegeltdie Philosophie unserer Meisterbetriebe wider. Betonenmöchte ich: Gerade in Krisenzeiten stehen unsere Be-triebe zu ihren Beschäftigten und setzen auf Qualität undLeistungsbereitschaft.
Unsere Betriebe haben das Kurzarbeitergeld genutzt,weil sie wissen, dass sie die gut ausgebildeten Menschenim Aufschwung wieder brauchen,
gerade im Hinblick auf den drohenden Fachkräfteman-gel.
Gespürt hat das Handwerk die Krise besonders amschmerzhaften Umsatzeinbruch und am Rückgang derAufträge, besonders im Dienstleistungsbereich, wie zumBeispiel dem Friseurhandwerk, wo sich die Konsumzu-rückhaltung der Bürger unmittelbar bemerkbar macht,udspNdqebBASlewSgwSBwgdwafäsfesKstuvSAbusq
Dies gilt in gleicher Weise für die steuerliche Absetz-arkeit von Handwerkerleistungen in Privathaushalten.eide Maßnahmen haben wir unter anderem in unseremntrag festgehalten.Im Konjunkturpaket I haben wir die absetzbareumme verdoppelt. Das war ein Anreiz für die Vergabegaler Aufträge in privaten Haushalten. Viele hand-erkliche Leistungen wurden aus der Grauzone derchwarzarbeit geholt. Dadurch wurden Folgeaufträgeeneriert. Somit finanziert sich der Steuerbonus teil-eise selbst, und er beschert dem Staat zusätzlicheteuer- und Sozialeinnahmen.
An dieser Stelle möchte ich gerne auf die Kritik desundesrechnungshofes eingehen.Erstens. Der Bundesrechnungshof legt in seiner Be-ertung die Schätzungen des Subventionsberichts zu-runde. Bereits vor dem Start der Evaluierung, die voner Bundesregierung noch in diesem Jahr durchgeführtird, gibt es Anzeichen, dass die tatsächlichen Steuer-usfälle geringer sind.Zweitens. Eine reduzierte Sicht auf diese Steueraus-lle greift zu kurz, weil es Mehreinnahmen bei der Um-atzsteuer und bei den Sozialbeiträgen gibt. Diese Ef-kte hat der Bundesrechnungshof nicht ausreichend ineine Bewertung einfließen lassen.
Drittens. Es kann nicht sein, dass wir wegen hoherontrolldefizite der Finanzämter den Steuerbonus ab-chaffen. Für mich steht fest: Der Steuerbonus ist wachs-ms- und beschäftigungsfördernd und daher keine Sub-ention im herkömmlichen Sinne.
Es ist aber durchaus kritisch zu beleuchten, dass dieteuervergünstigung auch für ohnehin legal vergebeneufträge gilt, zum Beispiel für Pflichtwartungen. Hieresteht Korrekturbedarf, der auch vom Handwerk selbstnterstützt wird. Über dieses Thema werden wir in die-em Hohen Haus sicher noch debattieren.Zurück zur Großen Anfrage. Stichwort Eigenkapital-uote. Als Ostwestfälin würde ich sagen: Die ist nicht
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Lena Strothmann
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schlecht. Jedenfalls ist sie besser, als ich erwartet habeund als man landläufig geglaubt hat.
– Lesen Sie es nach!
Sie wirkt sich jetzt im Aufschwung positiv auf die Fi-nanzierungslage aus. In der Krise – das muss man zuge-ben – gab es durchaus Spannungen, aber ich will an die-ser Stelle deutlich sagen: Eine Kreditklemme hat es imdeutschen Handwerk definitiv nicht gegeben.Besser als in der übrigen Wirtschaft sieht es bei denInsolvenzen aus. Während in der Gesamtwirtschaft ohneHandwerk 11 von 1 000 Unternehmen insolvent wurden,waren es im Handwerk lediglich 7 von 1 000. DieserUmstand ist nicht zufällig; denn unsere familien- undmeistergeführten Betriebe sind nun einmal stabiler.Nicht umsonst ist die unternehmerische Ausbildung derwichtigste Bestandteil der Meisterausbildung.Besonders freut mich, dass auch das ostdeutscheHandwerk heute gut dasteht. Es ist doppelt so stark wiebei der Wiedervereinigung. Auch die dreimal so hoheAusbildungsleistung und die deutlich gesteigerte Pro-duktivität der ostdeutschen Handwerksbetriebe sprechenfür sich.
Die Große Anfrage hat auch bestätigt, wie erfolgreichFrauen im Handwerk sind. Es gibt drei Bereiche, in de-nen Frauen immerhin einen Anteil von 20 Prozent ha-ben: bei den Meisterprüfungen, bei den Existenzgründe-rinnen und den Betriebsinhaberinnen.
Dieser hohe Frauenanteil ist erfreulich, aber noch langenicht ausreichend. Ich möchte an junge Frauen und Mäd-chen appellieren, in sogenannte männerdominierte Be-rufe einzusteigen. Viele Mädchen wissen nicht, welcheChancen sie in Hightechberufen haben. Dort ist heutenicht mehr Muskelkraft gefragt, sondern es wird mitComputerunterstützung gearbeitet. Meistens ist auch dieBezahlung besser. Unsere Betriebe können auf die gutausgebildeten Frauen und Mädchen in technikorientier-ten Berufen nicht mehr verzichten. Sie brauchen die jun-gen Frauen als Fachkräfte für die Zukunft.
Umgekehrt müssen wir natürlich auch mehr Jungenfür dienstleistungsorientierte Berufe begeistern. DieGroße Anfrage zeigt: Die Zahl der Betriebsübergaben anTöchter, die im Vergleich zu der Zahl der Übergaben anSöhne hinterherhinkt, ist noch ausbaufähig. Von dieserTatsache war ich wirklich überrascht. Hier muss es si-cherlich noch ein Umdenken geben, sowohl bei Väternals auch bei Töchtern.BBtrwnwufüSwfüdHnzbeVvszdleufäzdpeddIhNhDCswtrkgleg
iele junge Menschen wissen nicht, dass es unglaublichiele Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten im deut-chen Handwerk gibt.Seit der Novelle zur Handwerksordnung 2003 ist eswar in den B1-Berufen möglich, ohne Meisterbrief inie Selbstständigkeit zu gehen, aber man muss feststel-n: Weil dort die Ausbildungsleistung nachlässt und dienternehmerische Qualität oft fehlt, ist die Überlebens-higkeit dieser Betriebe deutlich schlechter.Die Ausbildungsquote im Handwerk beträgt 10 Pro-ent. Das heißt, bei rund 5 Millionen Beschäftigten stelltas Handwerk nahezu eine halbe Million Ausbildungs-lätze. Von den 2010 neu abgeschlossenen Verträgenntfielen über 27 Prozent – das sind über 155 000 – aufas deutsche Handwerk. Das ist beeindruckend und zeigtie hohe Ausbildungsbereitschaft unserer Unternehmen.nen an dieser Stelle dafür ein herzliches Dankeschön!
icht nur die Zahlen beeindrucken, sondern auch das da-interstehende System der dualen Ausbildung bei uns ineutschland. Unsere Jugendlichen haben die bestenhancen, und zu Recht werden wir von unseren europäi-chen Nachbarn darum beneidet.Der demografische Wandel und der Fachkräftemangelerden uns auch am Ausbildungsmarkt empfindlicheffen. Aber das Handwerk hat Zukunft, und deshalbann es sich auch ständig auf neue Entwicklungen undesellschaftliche Veränderungen einstellen.
Kollegin Strothmann, achten Sie bitte auf die Zeit!
Ja. – Die Innovationsfähigkeit im Handwerk ist be-gt. Sie spielt gerade im Klimaschutz und bei der Ener-iewende eine große Rolle. Die erneuerbaren Energien
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Lena Strothmann
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und die Energieeffizienz bieten enorme Chancen. Eswird keine Energiewende ohne das Handwerk geben.Ich bin davon überzeugt: Das Handwerk hat wiedergoldenen Boden. Nutzen wir die Chancen für Wachstum,Arbeitskräfte und Ausbildungskräfte!Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Diether Dehm für die
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Der Antrag der Koalitionsfraktio-nen verrät nicht die mindeste Vision für unser Hand-werk. Er ist eine einzige Schönfärberei.Sie freuen sich über eine Eigenkapitalquote von über10 Prozent, und das bei 67 Prozent des Handwerks. Wassind 11, 12, 13 Prozent Eigenkapitalquote?
– Lesen Sie den Bericht einmal durch! Das ist doch keinGrund zur Freude.Bei der Beschäftigungsrate freuen Sie sich über einePrognose von plus 0,5 Prozent. 2009 gab es ein Minusvon 1 Prozent und 2010 ein Minus von 0,6 Prozent. DasHandwerk ist noch lange nicht aus dem Krisental.Auch die Umsatzentwicklung im Handwerk ist imReparatur- und Dienstleistungsbereich, aber auch imBau- und Sanierungsgewerbe vom Vorkrisenniveau undvon früheren Zeiten noch weit entfernt.Hinter dem Begriff „KMU“ stecken in Wahrheit Hun-derttausende kleine und Kleinstunternehmen. Dort ist inden letzten Jahren die Zahl derer, die mit Hartz IV „auf-stocken“ mussten, um 50 000 auf 125 000 gestiegen,weil sie mit 400 bis 800 Euro im Monat zu wenig zumLeben hatten.Das ist die nackte Wahrheit; das sind die Zahlen. Diewerden von Ihrer Schönfärberei in gar keiner Weise ver-bessert.
Gleichzeitig rollt die Pleitewelle; aber das Finanzamtgreift, selbst bei Insolvenzgefährdung, immer noch vielzu schnell und unbarmherzig ein.Wir linken Unternehmer wollen eine Steuerstundungbei unverschuldeter Dominoinsolvenz. An die FDP ge-richtet kann ich nur sagen: Ich erinnere mich noch anIhre lauten Rufe gegen die 19-Prozent-Mehrwertsteuer.Wo haben Sie denn in der Bundesregierung etwas getan,um die Mehrwertsteuer von 19 Prozent wenigstens umeinen 1 Prozentpunkt zu senken? Damit hätten Sie auchunser Handwerk entlastet. Alles heiße Luft, sobald Sieregieren.kemdWduaBdgäk–FuSbdMräaaTeFzwlektekVdture
Wir linken Unternehmer wollen das Finanzamt radi-al umbauen, von einer gefühlten Dauerbedrohung zuinem freundlichen Partner für kleine Unternehmen, da-it kleine Handwerker keinen Steuerberater brauchen,er teurer ist als ihr Telefon.
enn wir mehr Mitarbeiter in den Finanzämtern fordern,ann zum einen, weil wir mehr Helfer für die kleinennd Kleinstunternehmen wollen, zum anderen aber auchls Großbetriebsprüfer, damit endlich von der Deutschenank und den Energiekonzernen die Steuer geholt wird,ie bisher einseitig nur vom Mittelstand und von abhän-ig Beschäftigten gezahlt wird. Wir wollen die Finanz-mter zu einem Vorposten eines freundlichen, weil star-en Staates umbauen.
Ja, für einen starken und freundlichen Staat. Dasinanzamt ist die Visitenkarte.Wir werben auch dafür, dass die Unternehmerinnennd Unternehmer in Deutschland der Pflicht, gerechteteuern zu zahlen, wieder gerne nachkommen. Das giltesonders für die Deutsche Bank und die Großkonzerne,ie nämlich so gut wie gar nicht zahlen, weshalb derittelstandsbauch entsteht.
Im Übrigen wissen unsere Bürgermeister und Land-te und auch die Kreissparkassen besser als irgendeinnonymes Rankingsystem nach Basel II oder III, ob derm Ort eingesessene Bäckermeister für 15 000 Euro eineeigmischmaschine kreditiert bekommen sollte oder obr wegradiert wird und stattdessen eine weitere Wienereinbäckerei, also die Filiale irgendeines Bäckereikon-erns, der halbfertige Teigstücke liefert, dort eröffnetird.
Sie sagen, es gebe keine Darlehensklemme. Ein Dar-hen bekommt ein Handwerksunternehmen, gerade einleines Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftig-n, doch oft nur, wenn es bei der Bank nachweisenann, dass es gar kein Darlehen braucht.
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Wir brauchen eineision für das Handwerk. Deswegen setzen wir gegenen Niedergang des Handwerks die Vision einer Repara-roffensive. Reparieren vor Ort ist die Devise, Reparie-n statt Austauschen konzernpatentierter und roboter-
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Dr. Diether Dehm
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verschweißter Module. Die Zulieferer und Werkstättenmüssen aus der Knechtschaft der Konzerne und auchvon den Wucherzinsen der großen Banken befreit wer-den.
Wenn in meinem Auto der hintere Fensterheberklemmt, dann bekomme ich in der Werkstatt drei weitereFensterheber mitgeliefert plus Zentralverriegelung. Al-les muss dann zusammen ausgetauscht werden.
– Ich kann Ihnen die Marke nennen. Das ist eine großeMarke, die mit Wolfsburg in Verbindung steht.
Jedenfalls ist es so, dass ausgetauscht wird, anstatt zureparieren. Die Konzerne produzieren oft extra so, dassnicht mehr repariert werden kann. Das ist das Problem.Irgendwann werden die hochverzinkten Module dann zuUmweltschrott, der nicht mehr recycelbar ist. Zudemwird Naturstoff verbraucht und das alles auf Tausendenvon Autobahnkilometern hin und her geschippert.Die Handwerkerinnen und Handwerker haben dasNachsehen; denn sie können ihr Talent – das Reparieren– nicht mehr anwenden. Im Interesse einer ökologischenWende muss der Staat die Konzerne zwingen, endlichwieder reparaturfreundlich zu produzieren.
Das kann dann mit einem TÜV-Label „Reparabel –handwerks-, weil kundenfreundlich“ prämiert werden.
Wir brauchen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz,wir brauchen 1 Prozent Zinsen für Start-ups
und Überbrückungsdarlehen im Reparaturhandwerk.Dann wird eine Reparaturoffensive daraus. Wir müssenuns entscheiden, gerade bei der Frage der Steuern, aberauch bei der Frage der Darlehen: Wollen wir den golde-nen Boden für die Ackermänner, oder wollen wir dengoldenen Boden fürs Handwerk? Die Linke entscheidetsich für das Handwerk.
Der Kollege Ernst Hinsken hat für die Unionsfraktion
das Wort.
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re Rede ist total ins Leere gegangen.
ei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen,ass Sie zu Recht neben Ihrer Kollegin Frauagenknecht sitzen. Sie haben eine Klassenkampfredeehalten, anstatt zum Thema Handwerk zu sprechen.
om Klassenkampf hat das Handwerk gar nichts, undott sei Dank steht der Klassenkampf beim Handwerkanz weit unten auf der Liste.
amit würden Sie dort nie und nimmer einen Blumen-pf gewinnen.Ich habe das Bedürfnis, zunächst Ihnen, verehrtererr Wirtschaftsminister Dr. Rösler, ein großes Kompli-ent zu machen.
icht nur ich, sondern auch die sieben im Deutschenundestag vertretenen Handwerksmeisterinnen undandwerksmeister gratulieren Ihnen zu Ihrer großarti-en Rede.
a können Sie von den Grünen, der SPD und den Lin-en natürlich nicht mitreden, weil in Ihren Fraktionenein einziger Handwerksmeister vertreten ist. Wir hinge-en stehen mitten im Leben. Wir wissen, wo der Schuhrückt, und haben unmittelbaren Kontakt mit den Be-offenen.
ir machen eine Politik für das Handwerk als einenanz starken Mittelstandsbereich. Das ist notwendig, da-it sich das Handwerk weiterhin entfalten kann.
Herr Kollege Duin, wenn wir dem damaligen Wirt-chaftsminister unter Rot-Grün, Herrn Clement, gefolgtären und die Anlage A zur Handwerksordnung auf9 Berufe ausgerichtet hätten –
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Ernst Hinsken
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– Herr Heil, Sie waren auch dabei –, dann sähe es ganzdüster aus für unser Handwerk und andere Bereiche, ins-besondere was die Arbeitsplätze anbelangt.Wir – CDU/CSU und FDP – haben es fertiggebracht,
dass die Anlage A zumindest auf 44 Gewerke ausgewei-tet wurde. Im Nachhinein kann jetzt festgestellt werden,dass das eine vernünftige und richtige Entscheidung war.Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wäre alles ganz an-ders gekommen.
Meine Damen und Herren, die heutige Debatte istlängst überfällig, und zwar deshalb, weil uns allen be-wusst ist, dass das Handwerk einer der robustesten Wirt-schaftszweige der Bundesrepublik Deutschland ist. Die92 Fragen, die in der Großen Anfrage zum Handwerkgestellt worden sind, haben auf 69 Seiten Antworten er-halten.
– Das ist wirklich toll, weil wir etwas zu sagen haben,weil wir etwas nachzuweisen haben, weil wir Perspekti-ven geben möchten und weil wir dem Handwerk dasVerständnis entgegenbringen wollen, das es benötigt, dases aber häufig vermisst.
Wenn man 988 000 Betriebe zum Bereich des Hand-werks zählen kann, wenn man auf 4,7 Millionen Be-schäftigte verweisen kann, wenn man 440 000 Ausbil-dungsverträge abgeschlossen hat, dann hat man allenAnlass, auf eine solche Leistung stolz zu sein. ErkennenSie das doch einmal an!
Im Übrigen erwirtschaftet unser Handwerk im laufen-den Jahr einen Umsatz von einer halben Billion Euro.
Das ist einmalig und großartig. Ich wollte es besondershervorheben.Mir ist bewusst: Das Handwerk steht für Qualitäts-arbeit, Ausbildungsplätze, Betriebsgründungen, Innova-tionen, Fleiß und Zuverlässigkeit. Ein Handwerker, obFrau oder Mann, hat die 40-Stunden-Woche – dasmöchte ich auch einmal sagen – bereits am Mittwoch-oder Donnerstagabend erreicht.
Handwerker stehen mit beiden Beinen im Leben undbringen sich inhaltlich voll ein. Sie haben einen AnteildbwPseDmdmwwgdHKHDWegkruwPimbdDPejeDKU
Es kann nicht von der Hand gewiesen werden: Dort,o das Handwerk und der Mittelstand breit aufgestelltaren, hat sich die Wirtschaftskrise am wenigsten aus-ewirkt;
a ist man am leichtesten über die Runden gekommen.err Duin, ich bin schon bereit, anzuerkennen, dass dasonjunkturprogramm II eine ganz gute Sache für dasandwerk war.
ie Große Koalition hatte das Programm beschlossen.arum sollte nicht darüber geredet werden, wenn sichtwas so positiv auswirkt? Durch dieses Konjunkturpro-ramm wurde insbesondere die Binnenwirtschaft ange-urbelt, die einen Schub brauchte, um die Herausforde-ngen, die auf uns zukamen, leichter zu bewältigen.Ich möchte kurz die Ausbildungsleistung des Hand-erks ansprechen. Frau Kollegin Strothmann, Sie sindräsidentin einer Kammer und stehen mit beiden Beinen Leben. Sie wissen, dass im Jahr 2010 gut 155 000 Aus-ildungsverträge im Handwerk abgeschlossen wurden;
as sind 27,7 Prozent aller Ausbildungsverträge, die ineutschland abgeschlossen wurden.Eines freut mich ganz besonders: In verschiedenenarteien und darüber hinaus wird immer wieder überine Frauenquote diskutiert. Frau Kollegin Pawelski,der vierte Handwerksbetrieb in der Bundesrepublikeutschland wird von Frauen gegründet. Ein großesompliment an die Frauen!
Ich möchte auch sagen: Ein Handwerker weiß, dass ernternehmer und nicht Unterlasser ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14265
Ernst Hinsken
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Er greift zu. Er bindet seine Mitarbeiter ein; einer kenntden anderen im Betrieb.
Das ist die Grundlage für einen erfolgreichen Betrieb,wie wir ihn in der Bundesrepublik Deutschland gernehaben.Die Handwerksmeister sind zu Recht stolz auf ihrenMeisterbrief. Ich meine aber, dass die Meister, die wirhaben, noch zu wenige sind. Eine breite Gründungswellein der ganzen Bundesrepublik Deutschland täte uns gut;wir könnten sie gebrauchen.Wenn ich einen Handwerker frage, was ihn beschwertund ihm am meisten unter den Nägeln brennt, dannbringt er es ganz kurz, wie aus der Pistole geschossen,auf den Nenner: zu hohe Steuern, zu hohe Sozialabga-ben,
zu viel Bürokratie und: „Wer wird mein Nachfolger?“Meine Damen und Herren, genau auf diese vier Fragengeben wir Antworten. Wenn Sie die Antworten auf un-sere Große Anfrage genau lesen, dann bekommen Sieauch die Antworten auf die vier genannten Fragen. DieZeit lässt es nicht zu, darauf näher einzugehen.Ich bin mir dessen bewusst: Ein Handwerksmeister– oder eine Handwerksmeisterin – der Gegenwart mussein Fachmann, ein Kaufmann und ein Techniker seinund etwas von den neuen Medien verstehen. Wenn erdiese vier Komponenten beherrscht, dann wird er – da-von bin ich fest überzeugt – die Herausforderungen derZukunft ohne Weiteres meistern.Wir sollten die heutige Debatte vor dem Hintergrundführen, dass rund 85 Prozent der Handwerksbetriebe dieGeschäftslage als gut bzw. befriedigend betrachten. Daszeigt sich auch daran, dass man ein Umsatzplus von gut3 Prozent erwartet, während im Jahr 2009 – Sie wissen,da gab es die kleine Wirtschaftskrise – ein Minus von0,6 Prozent ausgewiesen wurde.7 000 Ausbildungsstellen können nicht besetzt wer-den. Herr Minister, Sie haben darauf verwiesen, dassjunge Leute animiert werden müssen, ihre Zukunft imHandwerk zu suchen. Es wird belohnt, wenn man tüchtigist, wenn man fleißig ist, wenn man sich einbringt.Als letzten Punkt möchte ich die Verlängerung derLebensarbeitszeit ansprechen. Das muss im Zusammen-hang mit dem Facharbeitermangel gesehen werden. Ichpersönlich bin der Meinung, dass ein Handwerker durch-aus in der Lage und bereit ist, länger zu arbeiten. Ichglaube, dass er Verständnis dafür hat, dass er länger ar-beiten muss. Man kann einen Maurer oder Dachdeckernatürlich nicht mehr mit 65 oder 66 Jahren auf das Dachjagen – das ist klar –, mit einer Flexibilisierung der Ar-beitszeit kann man dem Fachkräftemangel aber in gewis-ser Hinsicht begegnen. Tüchtige Leute, die bereit sind,sebh5dinhFKDh7EFhsc3sDhfrDML–aHHinhbtee
ank der handwerklichen Fähigkeiten von Brauern undälzern werden in Deutschland jährlich 10 Milliardeniter Bier abgesetzt und wahrscheinlich auch getrunken.
Da freuen sich die Männer.Diese und viele andere interessante Fakten findet manuf der Internetseite des Zentralverbands des Deutschenandwerks. Die Beispiele zeigen: Handwerk ist Vielfalt.andwerk schafft Arbeitsplätze. Handwerk schafft vieleteressante Perspektiven für junge Menschen; aucheute hören uns viele zu. Das muss man immer wiederetonen, weil nach wie vor häufig nur die zehn bekann-sten Handwerksberufe gewählt werden. Da müssen wirtwas ändern, damit das in Zukunft anders aussieht.
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14266 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Andrea Wicklein
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Mit mehr als 4,8 Millionen Beschäftigten in 151 Aus-bildungsberufen und einem Jahresumsatz in dreistelligerMilliardenhöhe ist das Handwerk tatsächlich dasSchwergewicht der deutschen Wirtschaft. Es gibt kaumeinen Lebensbereich, in dem das Handwerk nicht einewichtige Rolle spielt. Es ist richtig: Noch nie ging esdem Handwerk so gut wie heute. Als Brandenburgerinfreut mich ganz besonders, dass es dem Handwerk inden ostdeutschen Bundesländern besonders gut geht.Das Handwerk hat sich in Ostdeutschland sehr positiventwickelt. Es stellt inzwischen eine tragende Säule derostdeutschen Wirtschaft dar.An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich den vielenUnternehmerinnen und Unternehmern in Ostdeutschlanddanken, die viel Mut und Risikobereitschaft aufgebrachthaben. Sie haben mit ihrem Einsatz dazu beigetragen,dass sich eine Struktur der mittelständischen Wirtschaftherausgebildet hat. Das war viele Jahre lang nicht derFall. Aufgrund dieser positiven Entwicklung haben diejungen Menschen in Ostdeutschland jetzt eine Perspek-tive.
Trotz dieser positiven Bilanz steht natürlich auch dasHandwerk vor großen Herausforderungen; wir habenheute schon viel darüber gehört. Diese Herausforderun-gen sind zum Beispiel der demografische Wandel undder daraus resultierende Fachkräftemangel; meine Kolle-gen haben dazu schon einiges gesagt.Aus meiner Sicht ist eines ganz besonders wichtigund klar – das hört man immer wieder vom Handwerk –:Handwerk braucht Verlässlichkeit und Planbarkeit.
Die Politik der aktuellen Bundesregierung zeichnet sichleider durch das Gegenteil aus.
Eklatante Planlosigkeit und ständige Richtungswechselsind Gift für die Entwicklung des Handwerks.
Wir bekommen es aktuell bei der Debatte über Steu-ersenkungen wieder vor Augen geführt: Im Koalitions-vertrag wurden Steuersenkungen vereinbart. Dann wur-den sie vernünftigerweise kurze Zeit später vom Tischgewischt. Jetzt werden sie für das Wahljahr 2013 ange-kündigt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Der Atomausstieg bzw. der Ausstieg vom Ausstieg undanschließende Wiedereinstieg und auch das bereits er-wähnte Gebäudesanierungsprogramm sind bedauerli-cgsHsbWmaknunswbimMv7dDmfoddzmEsw–nvLdPtiGsK
eil sie heute Abend nicht wissen, was der nächste Tagringen wird.
Ein Beispiel ist die Städtebauförderung; darüber wird Anschluss noch ausreichend diskutiert werden. Dieittel werden um 45 Millionen Euro gekürzt; sie reichenorne und hinten nicht. Der Förderbedarf wird auf00 Millionen Euro geschätzt, und zwar in einer Studie,ie Ihr eigener Bauminister in Auftrag gegeben hat.iese Kürzungsorgie und dieses Hin und Her haben un-ittelbare Auswirkungen auf das Handwerk. Deshalbrdern wir die Bundesregierung auf, die Kürzungen beier Städtebauförderung komplett zurückzunehmen undie Höhe der Mittel auf den ursprünglichen Stand zu set-en.
Nehmen wir das Beispiel Bürokratieabbau. Das voll-undig von der Bundesregierung angekündigte Ziel, bisnde 2011 die jährlichen Bürokratiekosten der Wirt-chaft um 25 Prozent zu senken, wird nach dem gegen-ärtigen Stand nicht erreicht. Zahlreiche Vorschlägeübrigens auch von Handwerkern – wurden bis heuteicht aufgegriffen. Die Entscheidungen darüber wurdenertagt. Ein Sprint auf der Zielgeraden ist das nicht.An diesen wenigen Beispielen aus einer endloseniste wird deutlich, wie schnell sich die aktuelle Politiker Bundesregierung ändert. Für mich ist die derzeitigeolitik der Bundesregierung hilflos, planlos und orien-erungslos.
enau das verunsichert das Handwerk. Unsere mittel-tändischen Unternehmen brauchen Planungssicherheit,ontinuität und Verlässlichkeit.Vielen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14267
Andrea Wicklein
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Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Schummer für die Unionsfraktion.
Das Handwerk ist eine starke Wirtschaftsmacht. Es istvor allem eine sehr starke Bildungsmacht. Damit hat eseine Voraussetzung dafür geschaffen, dass wir gemein-sam gestärkt aus der Weltwirtschafts- und -finanzkriseherausgekommen sind. 19 Prozent aller Betriebe in derWirtschaft sind Handwerksunternehmen. Diese 19 Pro-zent stellen allerdings fast 30 Prozent aller Ausbildungs-plätze in Deutschland zur Verfügung. Das Handwerk istdeutscher Meister in der Berufsausbildung. Die Ausbil-dungsquote liegt im Handwerk bei 10 Prozent, in derGroßindustrie bei 3,5 bis 4 Prozent. Bis Juni dieses Jah-res – diese Zahl ist also ganz aktuell – meldete dasHandwerk 58 000 neue betriebliche Ausbildungsplätze,6 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dasheißt, es geht auch nach der Krise weiter bergauf. DasHandwerk bildet sogar über den eigenen Bedarf hinausaus, sodass es seine wichtige gesellschaftliche Funktionim Bildungsbereich immer wieder von Neuem erfüllt.Was den Unterschied zwischen den Genossen derBosse und der Meisterin des Handwerks, Frau Merkel,
ausmacht, ist Folgendes: 2005 gab es in Deutschland5 Millionen Arbeitslose, derzeit 2,8 Millionen. 2005wurden jeden Tag unter dem Strich 2 000 Arbeitsplätzevernichtet, derzeit werden täglich unter dem Strich 1 400neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ist der Unterschiedzwischen einer unionsgeführten Bundesregierung undeiner SPD-geführten Bundesregierung.
Eine Bildungspartnerschaft gibt es beispielsweise imRahmen des Ausbildungspaktes. Die christlich-liberaleKoalition hat es geschafft, dafür zu sorgen, dass auch dieBundesländer eingestiegen sind. Hier gibt es also keinKooperationsverbot, sondern eine ganz konkrete Bil-dungspartnerschaft, die dazu führt, dass insgesamt mehrAusbildungsplätze und in der Ausbildung mehr Qualitätgeschaffen werden.Ein entscheidendes Instrument zur Verbesserung derZielgenauigkeit der Berufsorientierung – sie ist im Zu-sammenhang mit den Hartz-Gesetzen 2003 massiv unterBeschuss geraten – ist die Schaffung von Bildungsket-ten. Das heißt, dass wir nicht erst drei Monate, sondernschon drei Jahre vor der Schulentlassung gemeinsam mitden Schülern überlegen, wie Berufsorientierung und Be-rufsberatung aussehen können. Wir wollen drei Jahre vorddlidss–awinAwgdkjedmsMSzÜazwteodngDhvriAHHDSFdsBzAdmRsinw
amals mussten wir den Meisterbrief – Kollege Hinskenat es geschildert – gegen die Ich-AGs von Rot-Grünerteidigen. Wir haben erreicht, dass neben dem Krite-um der Gefahrengeneigtheit auch das Kriterium derusbildungsleistung – ein wichtiges Instrument für dasandwerk – beim Erhalt des Meisterbriefes gemäß derandwerksrolle Anlage A gesichert werden konnte.ort, wo der Meisterbrief als Voraussetzung für dieelbstständigkeit im Handwerk weggefallen ist, bei denliesenlegern, kam es zu einem wunderbaren Anstieger Zahl neuer Betriebe. Aber die Ausbildungsquote hatich halbiert. Ich wiederhole: Verdopplung der Zahl deretriebe, Halbierung der Ausbildungsleistung. Daseigt: Der Meisterbrief ist die Voraussetzung für dieusbildungsleistung in unserem Lande.Wir diskutieren derzeit über den Europäischen Bil-ungsrahmen bzw. den Europäischen Qualifikationsrah-en. Uns allen ist daran gelegen, im europäischenaum, zwischen Portugal und Griechenland, dafür zuorgen, dass auch die Länder, die das duale System nicht dem Maße kennen, zu dem Ergebnis kommen – dasollen wir im Rahmen der Anerkennungsrichtlinie im
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14268 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Uwe Schummer
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Hinblick auf die Berufsausbildung auf europäischerEbene durchsetzen –, dass der Meisterbrief oder derTechniker, also die Weiterbildung, europaweit genausobewertet wird wie der Bachelor, dass also akademischeAusbildung und berufliche Ausbildung gleichgestelltwerden. Wir sagen beispielsweise auch: Ein Ausbil-dungsabschluss als Mechatroniker hat im EuropäischenQualifikationsrahmen den gleichen Wert wie zum Bei-spiel das Abitur. Wir brauchen nicht nur Menschen, dieMondbahnen berechnen und die Relativitätstheorie vonEinstein erläutern können, sondern wir brauchen auchMenschen, die eine Heizung reparieren können und wis-sen, wie eine Maschine zusammengebaut wird, damit sieauch funktioniert. Das bedeutet Gleichwertigkeit vonakademischer und Berufsausbildung.Auch im Bildungsausschuss höre ich immer wieder,und zwar von den Sozialdemokraten, dass die Abitur-quote und die Studienzugangsquote Maßstäbe für Bil-dungserfolge sind. 46 Prozent aller Schulabgänger sindin der derzeitigen Generation Gott sei Dank Studien-anfänger, aber der Weiterbildungsberuf, die duale Aus-bildung, hat den gleichen Wert und die gleiche Sinnhaf-tigkeit wie diese akademische Ausbildung.
Das müssen wir in einem europäischen Ausbildungs-raum zwischen Portugal und Griechenland auch mitei-nander umsetzen.Ich komme zum Schluss. Ernst & Young haben bei ei-ner Befragung von globalen Personalentscheidern fest-gestellt, dass Deutschland mit der dualen Ausbildunghinter China, den USA und Indien an vierter Stelle derTalentschmieden steht. Der Bildungsfaktor Handwerk isteine Voraussetzung für diesen Erfolg, den wir gemein-sam haben. Dem geht es heute gut, und das hat etwas mitder christlich-liberalen Koalition zu tun.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/
6457 mit dem Titel „Wirtschaftsmacht Handwerk – Kein
Wachstum in Deutschland ohne das Handwerk“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der
Unionsfraktion und der FDP-Fraktion gegen die Stim-
men der SPD und der Fraktion Die Linke bei Enthaltung
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 48 a und b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sören
Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Daniela
Wagner, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeord-
d
h
–
A
w
B
V
Bluhm, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Städtebauförderung auf hohem Niveau verste-
tigen, Forderungen der Bauministerkonferenz
umsetzen
– Drucksache 17/6447 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Innenausschuss
Sportausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde gerne die
ussprache eröffnen. – Kollegen Kauder und Beck, ich
ürde gerne die Aussprache eröffnen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
artol für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!or fast genau 40 Jahren, am 16. Juni 1971, hat der Bun-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14269
Sören Bartol
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destag das Städtebauförderungsgesetz beschlossen.40 Jahre Städtebauförderung: Das wäre eigentlich einAnlass, zu feiern, wenn uns in diesem Jahr nicht diedritte Kürzungsrunde in Folge erwarten würde.Nur noch 410 Millionen Euro für die Städtebauförde-rung stehen im Haushaltsentwurf für 2012. Damit blei-ben Sie noch hinter den 455 Millionen Euro zurück, dieSie, Herr Ramsauer, uns noch Anfang Juni im Ausschussin Aussicht gestellt haben – und weit hinter den 700 Mil-lionen Euro, die eigentlich nötig wären.
Herr Ramsauer, die Zukunft der Städte interessiert Sieoffenbar überhaupt nicht; denn ansonsten hätten Sie imKabinett endlich einmal mehr Rückgrat gezeigt.
Die Bundesregierung spart damit ein historisch ge-wachsenes Instrument der Stadtpolitik kaputt, das eineder großen Reformleistungen der Regierung WillyBrandt war. Anliegen des sozialdemokratischen Bau-ministers Lauritz Lauritzen war es, die Bodenspekulatio-nen einzuschränken, den Kommunen mehr Steuerungs-möglichkeiten zu geben und die Bürgerbeteiligung undden Mieterschutz zu stärken. Das waren damals und sindheute noch immer aktuelle und hochspannende Themen.Die Städtebauförderung hat sich über 40 Jahre be-währt. Die Städte und Gemeinden werden durch sie da-rin unterstützt, die Bausubstanz zu erhalten und einlebenswertes Wohnumfeld und nicht zuletzt gute Investi-tionsbedingungen zu schaffen.Die rot-grüne Bundesregierung hat mit dem Pro-gramm „Soziale Stadt“ und mit den Stadtumbaupro-grammen die Städtebauförderung entscheidend fortent-wickelt. Sie hat sich damit verstärkt den Stadtteilenzugewandt, die wirtschaftlich und sozial benachteiligtsind. Die Programme „Soziale Stadt“ sowie „Stadt-umbau Ost“ und „Stadtumbau West“ setzen auf ganz-heitliche Entwicklungsstrategien. Sie beteiligen dieMenschen an der Gestaltung ihres unmittelbaren Le-bensumfeldes. Sie sind damit Erfolgsmodelle für Bür-gerbeteiligung und gelebte Demokratie. Vor diesem Hin-tergrund freue ich mich ganz besonders, dass es unsgelungen ist, dazu mit den Grünen einen gemeinsamenAntrag vorzulegen.Auch in der Großen Koalition war die Stadtentwick-lungspolitik von einem breiten, parteiübergreifendenKonsens getragen. Die Städtebauförderung blieb als ge-meinsame Aufgabe von Bund und Ländern auch nachder Föderalismusreform erhalten; zu Recht, denn sie istein Paradebeispiel dafür, wie Zusammenarbeit von Bundund Ländern gelingen kann.Umso bedauerlicher finde ich es, dass die Bundesre-gierung dieser erfolgreichen Zusammenarbeit mehr undmehr die Grundlage entzieht. In diesem Jahr protestierendie Bauminister der Länder schon zum zweiten Mal ein-stimmig gegen die Kürzungen der Städtebauförderung.Herr Minister Ramsauer, die Vertrauensbasis bröckelt.zkluläagPbuu–usgHD„CPgbugMBsgmkisadbbtiWuKü
Das sicherlich sinnvolle Programm für kleine Städtend Gemeinden wird seit 2010 immer weiter aufge-tockt. Wen wundert das: 25 der 75 bisher in diesem Pro-ramm geförderten Kommunen liegen in Bayern.
Ich bin nicht sicher, welch böse Überraschung dieaushaltsberatungen dieses Mal für uns bereithalten.ie drastische Kürzung der Mittel für das ProgrammSoziale Stadt“ im letzten Jahr kam quasi über Nacht.
DU/CSU und FDP haben nicht nur die Mittel für dasrogramm von 95 auf 28,5 Millionen Euro zusammen-estrichen. Nein, sie haben die Mittel für Modellvorha-en zur Integration, zum Spracherwerb und zur Betreu-ng von Jugendlichen in sozialen Brennpunkten ganzestrichen und den Ländern verboten, überschüssigeittel anderer Programme dort einzusetzen.
ibliotheken für Mädchen mit Migrationshintergrundeien nicht Aufgabe des Bauministeriums, so die Be-ründung der FDP;
an solle sich auf rein investive Maßnahmen beschrän-en. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP,t nicht nur ein Ausdruck sozialer Kälte, sondern das istuch ein Ausdruck ökonomischer Kurzsichtigkeit.
Diese Woche haben wir im Ausschuss eine Studieebattiert, die die positive Anstoßwirkung der Städte-auförderung für Investitionen bestätigt. 1 Euro Städte-aumittel von Bund und Land stoßen über 7 Euro Inves-tionen in den Fördergebieten an, mit überaus positivenirkungen auf Wertschöpfung, Beschäftigung, Steuer-nd Sozialversicherungseinnahmen. Das gilt – liebeolleginnen und Kollegen, hören Sie doch einmal zu –berdurchschnittlich für das Programm „Soziale Stadt“.
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14270 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Sören Bartol
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Wenn Sie das Gutachten aufmerksam lesen, könnenSie lernen: Langfristige und ganzheitliche Strategien derQuartiersentwicklung zahlen sich aus, nicht nur im Hin-blick auf den sozialen Zusammenhalt, sondern auch fi-nanziell. Neben Wohnungsunternehmen engagieren sichprivate Einzeleigentümer, Einzelhändler, Stiftungen undKirchen in den Fördergebieten.Ohne sie geht es nicht, aber es geht auch nicht ohneBundesmittel; denn in den Städten und Gemeinden ent-scheiden sich ganz konkret die großen Zukunftsfragenunserer Gesellschaft. Um diese großen demografischen,wirtschaftlichen, sozialen, aber auch ökologischen He-rausforderungen zu bewältigen, fehlt den allermeistenStädten die Finanzkraft. Von Ihnen, Herr MinisterRamsauer, können sie keine Unterstützung erwarten.
Im Gegenteil: Sie kürzen nicht nur bei der Städtebauför-derung, sondern Sie fahren auch den altersgerechtenUmbau in der Zukunft in Richtung null.
Wir fordern von der Bundesregierung: Lassen Sie dieKommunen nicht weiter ausbluten! Nehmen Sie endlichdie Kürzung in der Städtebauförderung zurück! Dannhaben Sie, Herr Minister Ramsauer, eine gute Grund-lage, um mit den Ländern, Kommunen und allen anderenAkteuren der Stadtentwicklung endlich wieder zu einemkonstruktiven und vertrauensvollen Dialog über die Zu-kunft der Städte zu kommen.Vielen Dank.
Das Wort hat der Bundesminister Dr. Peter Ramsauer.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Bartol, als jemand, der seit 33 Jahren,
seit 1978, in der Kommunalpolitik nicht nur tätig war,
sondern ist, etwas mehr als elf Jahre davon – bis zum
Eintritt in den Bundestag – im Stadtrat seiner Heimatge-
meinde – damals war ich noch jünger, als Sie es heute
sind – und seit 1984 im Kreistag seiner Heimat im
Chiemgau, im Landkreis Traunstein, als jemand, der also
33 Jahre Erfahrung in der Kommunalpolitik auch an ver-
antwortlicher Stelle hat,
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as wirkt bei Ihnen schon etwas schnöselhaft, das muss
h wirklich sagen.
Genauso deutlich und voller Überzeugung sage ich
auch aus meiner Erfahrung als Kommunalpolitiker he-
us –: 40 Jahre Städtebauförderung sind eine immense
rfolgsgeschichte, und das braucht sich kein Kommu-
alpolitiker in ganz Deutschland von Ihnen kaputtreden
u lassen.
Wenn Sie da lachen, müssen sich die tüchtigen Kom-
unalpolitiker, die Verantwortungsträgerinnen und -trä-
er draußen im Lande in unseren Kommunen, verhöhnt
orkommen. Sie können sich von Leuten wie Ihnen, die
uf solche Aussagen so reagieren, nicht ernst genommen
hlen.
Ich nehme sie ernst, und ich bin auch überzeugt, dass
ie Städtebauförderung die ganz zentrale Säule der
tadtentwicklungspolitik des Bundes ist und dass wir da-
urch einen ganz elementaren Beitrag dazu leisten, dass
iele Kommunen auch strukturelle Probleme lösen kön-
en. Ohne die Hilfen der Städtebaupolitik wären sie zur
ösung vieler struktureller Probleme schlicht und ein-
ch nicht in der Lage.
Herr Minister, sind Sie bereit, eine Frage des Kolle-
en Pronold zu beantworten?
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Pronold? – Endlich bekomme ich vom Kollegen
ronold einmal eine Zwischenfrage gestellt. Jetzt bin ich
in Jahr und acht Monate im Amt. Es ist das erste Mal;
as stelle ich ausdrücklich fest. Ich begrüße es, dass sich
er Kollege Pronold alle gut eineinhalb Jahre aufrafft,
ir irgendwo eine Frage zu stellen, nachdem das im
usschuss, dem er – schweigend – angehört, bisher noch
berhaupt nicht der Fall war.
Also, bitte sehr.
Herr Kollege Ramsauer, ich bin wirklich überrascht,ass Sie dem Kollegen Bartol angesichts Ihres Auftrittsier Arroganz vorwerfen.
ber das war nicht meine Frage.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14271
Florian Pronold
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Mich interessiert, wie viele Briefe Sie von bayeri-schen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpoliti-kern in den letzten zwei Jahren bekommen haben, diesich gegen die Kürzung der Mittel für die Städtebauför-derung im Haushalt ausgesprochen haben, die Sie zuverantworten und im Kabinett zu vertreten haben.Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung:Ich möchte die Antwort in zwei Teile gliedern.Erstens. Ich habe Gott sei Dank viele solcher Briefebekommen, und ich habe mir ausdrücklich auch vielesolcher Briefe bestellt, was Sie vielleicht verwundernwird.
– Ja, ich habe sie bestellt und darum gebeten, man mögemir solche Bittschreiben schicken, damit ich auch einegute Argumentationsgrundlage habe.
Jetzt der zweite Teil, lieber Herr Pronold. Es wärevielleicht besser gewesen, nicht Sie hätten die Frage ge-stellt. Wenn Sie aus Bayern heraus argumentieren, wäreich an Ihrer Stelle einmal ganz vorsichtig. Wer so badengeht wie Sie auf Ihrem letzten Landesparteitag,
wäre besser beraten, nichts zu fragen. Ich zitiere hier ausder Süddeutschen Zeitung von vor ein paar Tagen. Daheißt es:… ließen die Delegierten– Ihre Parteitagsdelegierten –beim zweitägigen SPD-Parteitag … ihren Chef– das sind Sie –überraschend schroff abblitzen. Anders, als zu-nächst absehbar, lehnten die Delegierten Pronolds… Steuerkonzept komplett ab. … Am Ende warPronold mit seinem Antrag komplett untergegan-gen.Ende der Antwort, Sie können sich setzen.
Zu Ihrer Kritik muss ich sagen: SPD und Grüneschreiben im vorliegenden Antrag, unsere Städte undGemeinden seien in Gefahr, „drastisch an Lebensqualitätzu verlieren“. Das halte ich, gelinde gesagt, für eine argeÜbertreibung. Es gibt zwar eine Reihe problematischerEntwicklungen. Das ist die Lebensrealität in den Kom-mvmFklikfösWunwktrrüaLDtiluzuEDbBSnfaJ–2Ek1adSvADS
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im ersten Redebei-ag ist kritisiert worden, dass die Mittelausstattung zu-ckgefahren worden ist. Sie haben die Große Koalitionngesprochen. Wir alle, auch ich, haben in der letztenegislaturperiode die Schuldenbremse beschlossen.iese hat konkrete Auswirkungen auf die Haushaltspoli-k.Im letzten Jahr ist es für das Haushaltsjahr 2011 ge-ngen, die ursprünglich ins Auge gefasste Halbierungu halbieren,
nd zwar von 610 Millionen Euro auf 305 Millionenuro. Wir sind dann auf 455 Millionen Euro gekommen.afür möchte ich mich beim Bundesfinanzminister,eim Parlament und beim Haushaltsausschusses unseresundestages ganz herzlich bedanken.Sie haben von 410 Millionen Euro gesprochen. Gehenie das doch bitte vernünftig an. Wie Sie wissen, warenach dem Eckwertebeschluss, den wir am 16. März ge-sst haben, ursprünglich 266 Millionen Euro für dasahr 2012 vorgesehen. Wir haben in den Gesprächenso ist es jetzt auch im Kabinettsbeschluss für das Jahr012 festgehalten – eine Summe von 410 Millionenuro vereinbart. Sie könnten zwar sagen, dass eine Sen-ung von 455 Millionen Euro auf 410 Millionen Euro0 Prozent weniger bedeuten, aber nehmen Sie bitteuch Folgendes zur Kenntnis, Kollege Bartol: Wir habenaneben ein neues KfW-Programm zur energetischentadtentwicklung aufgelegt, für das 92 Millionen Euroeranschlagt sind.
uch das muss man in diesem Zusammenhang sehen.ie energetische Stadtentwicklung ist eine Art vontadtentwicklung und Sanierung. Wenn man das KfW-
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14272 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Bundesminister Dr. Peter Ramsauer
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Programm mit einbezieht, dann kommt man nicht mehrauf 410 Millionen Euro, sondern auf gut 500 MillionenEuro. Das kann sich in der Tat sehen lassen.
Uns stehen also statt 455 Millionen Euro in diesemJahr insgesamt 502 Millionen Euro zur Verfügung.
– Entschuldigung, Sie wissen doch genau, wie diese Mit-tel eingesetzt werden. Energetische Sanierung im Quar-tier ist auch eine Art von Städtebauförderung.
Wir werden alle Programme fortführen. Ich kommeviel herum und habe mir von vielen Programmen einBild gemacht. Das sollten auch Sie tun. Alle Kommunal-politiker, die ich in den letzten eineinhalb Jahren gespro-chen habe, haben mich gefragt, ob wir nicht einen Wegfinden können, um die energetische Sanierung im Quar-tier stärker anzugehen. Genau diesen Weg eröffnen wirjetzt. Ich bekomme dazu nur anerkennende Kommen-tare,
nicht nur von Kommunalpolitikern der Union, sondernauch von den vernünftigen Kommunalpolitikern unterden Sozialdemokraten und den Grünen; für die FDP giltdas selbstverständlich genauso.Wie gesagt, wir führen alle Programme fort. Ichmöchte unterstreichen, dass wir ein Programm weiteraufstocken, und das ist unser Programm für kleinereStädte und Gemeinden im ländlichen Raum. Herr Bartol,wenn Sie dies kritisieren, dann zeigt das Ihr gestörtesVerhältnis zum ländlichen Raum.
Wann immer ich hier zur Städtebaupolitik gesprochenhabe, habe ich klar gemacht: Es kann nicht nur um dieMetropolzentren gehen, um die großen städtischen Zen-tren.
Die brauchen wir selbstverständlich.
Ein Bundespolitiker mit Gewissen muss aber auch fürden ländlichen Raum da sein, muss sich für die kleinenGemeinden einsetzen; denn sie geben unserem LandSeele und Substanz.tunsBwdimIctiwindvnDwzmsgd„Wfa2–vPtuDs
Funktionierende Metropolzentren in einem gut struk-rierten Land brauchen starke ländliche Regionen, undatürlich brauchen gute ländliche Regionen auch städti-che Zentren; das ist ganz klar.
eide Seiten der Medaille ergeben eine gute und ausge-ogene Bundesbaupolitik.Im Übrigen hat diese Förderung – das haben wir iner Handwerksdebatte gerade gehört – auch eine ganzmense konjunkturpolitische Bedeutung.
h bin froh, dass wir nicht nur aus der Kommunalpoli-k, sondern gerade auch aus dem Bereich des Hand-erks großen Zuspruch bekommen; denn die Mittel, die die Städtebaupolitik fließen, wirken vielfach. Vonem Multiplikator haben Sie gerade gesprochen. 1 Euroon Bund und Land löst das Siebenfache an Investitio-en aus.
as kommt gerade dem mittelständischen Bauhand-erk, dem Bauhauptgewerbe, dem Baunebengewerbe,ugute, und das ist dann gut ausgelastet. In Verbindungit der in den kommenden Jahren hervorragenden Aus-tattung im Bereich der CO2-Gebäudesanierung wird einroßartiger Schuh daraus, nicht nur städtebaulich, son-ern auch konjunkturpolitisch.
Natürlich war zu erwarten, dass Sie das ProgrammSoziale Stadt“ ansprechen.
ir stocken das wieder auf. Im parlamentarischen Ver-hren war im letzten Jahr in der Tat eine Kürzung auf8 Millionen Euro beschlossen worden.
Im parlamentarischen Verfahren! Eines können Sieon mir nicht erwarten: dass ich als Bundesminister dasarlament und den Haushaltsausschuss kritisiere. Dase ich nicht. Das ziemt sich auch nicht.
as hat der Haushaltsgesetzgeber, dieses Parlament, be-chlossen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14273
Bundesminister Dr. Peter Ramsauer
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Jetzt stocken wir die Mittel für das Programm „So-ziale Stadt“ von 28 Millionen Euro auf 40 MillionenEuro auf; denn es ist richtig: Hier kann viel Segensrei-ches bewirkt werden, wenn auch nicht unbedingt mit ei-ner hohen Multiplikatorwirkung. Ich sehe die Dinge aberimmer gesamtvolkswirtschaftlich. Da steht zweifellosfest, dass man mit einem Programm wie der „SozialenStadt“, wenn es vernünftig angelegt ist, viel Präventionbetreiben kann, damit viele Probleme in einer Kommuneerst gar nicht entstehen, die sonst hinterher mit teurenReparaturmaßnahmen wieder bereinigt werden müss-ten. Darum stehe ich hinter diesem Programm. Ich binfroh, dass wir es wieder aufstocken können.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Der Bund istein verlässlicher Partner der Kommunen. Der Bund stehtzur Städtebauförderung. Nach 40 Jahren Städtebauförde-rung kann man mit Fug und Recht sagen: Es ist eine Er-folgsgeschichte. Der Bund weiß, was er den Kommunenschuldig ist. Ich glaube, die Städtebauförderung hat einegute Zukunft. Ich sage es mit einem Wort: Wir als Bundund ich als Bundesbauminister bleiben ein verlässlicherPartner für die Kommunen.Besten Dank.
Heidrun Bluhm hat nun das Wort für die Fraktion Die
Linke.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! HerrRamsauer, mit Ihrer Rede haben Sie Ihre einzige Qualifi-kation gezeigt, nämlich Streichorgien als Erfolgsge-schichte zu verkaufen. Das nimmt Ihnen aber niemandmehr ab.
Wenn man die Debatten der letzten Monate und auchdie heutige Debatte Revue passieren lässt, dann scheintes so zu sein, dass in diesem Hause eine große Überein-stimmung herrscht, was die Bewertung der Städtebauför-derung betrifft. „Eine einzigartige Erfolgsgeschichte“, soauch Herr Ramsauer heute, hört man allenthalben, undniemand widerspricht. Politiker aller Parteien übertref-fen sich geradezu in ihren lobenden Wertungen der Städ-tebauförderung insgesamt und ihrer Einzelprogramme.Es ist in der Tat beeindruckend, welche wirtschaftli-chen und sozialen Effekte die Städtebauförderung desBundes in den vergangenen 40 Jahren in den Städten undRegionen ausgelöst und angestoßen hat. Die einzelnenPtinredNmheteZgBLgu6wfuvu–nKnuvssdteEDdgvlidgrüJ2gEdzwsdm
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14274 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Heidrun Bluhm
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Diese Kürzung wird begleitet von einer komplettenSinnentleerung dieses Programms durch die Vorgabe,Fördermittel nur noch investiv zu verwenden.
Es ist schon schizophren, Herr Minister, wenn Sie hierdavon sprechen, dass Sie mit dem Programm „SozialeStadt“, bei dem nur noch in Beton investiert wird, inte-grativ tätig werden. Ich bin nicht sicher, ob das funktio-nieren kann. Begleitet von einer kompletten Sinnentlee-rung, ist die Verwendung der Mittel aus unserer Sichtvöllig fehlgeleitet.
Die Neubezeichnung dieses Programms für 2012„Soziale Stadt – Investitionen im Quartier“ bedeutet alsoein Festhalten an Ihrer Denkweise. Dabei hat sich geradedieses Programm als Instrument bei der sozialen Stabili-sierung benachteiligter Stadtquartiere bestens bewährtund hat seine Bedeutung keinesfalls verloren. Im Gegen-teil: Angesichts der drohenden und vielerorts bereitsweit fortgeschrittenen Segregation in deutschen Städtenist genau dieses Programm das am besten geeignete In-strument, um gegenzusteuern.Nach alldem ist das Unverständnis nur allzu gut nach-vollziehbar, das aus den Beschlüssen und der Resolutionder Bauministerkonferenz vom 28. Juni dieses Jahresspricht. Einstimmig hat die Konferenz beschlossen unddie Bundesregierung aufgefordert, die Zusagen desKoalitionsvertrages aus 2009 einzuhalten, die Städte-bauförderung ab 2012 mindestens auf einen Betrag von535 Millionen Euro anzuheben und auf diesem Niveauzu verstetigen.Gemessen an den Zielsetzungen der Bundesregie-rung, Energie einzusparen, den CO2-Ausstoß zu verrin-gern und die Sanierungsquote im Gebäudebereich zuverdoppeln, scheinen selbst die im Antrag von SPD undBündnis 90/Die Grünen genannten 700 Millionen Eurojährlich noch gar nicht zu reichen. Sei’s drum.Die Bundesregierung liefert uns dieses Jahr dasselbeSchauspiel wie 2010: Zunächst werden in den ersten Ka-binettsrunden zum Haushalt die Mittel für die Städte-bauförderung halbiert, dann wird die Halbierung wiederhalbiert, und dann wird die Halbierung der Halbierungmit großem medialen Getöse als Aufstockung verkauft.
Wen wollen Sie hier eigentlich für dumm verkaufen?Da waren die Bauminister diesmal schlauer, HerrRamsauer, sie haben ihre Sondersitzung rechtzeitig ab-gehalten und Ihnen diese Trickserei damit diesmal ver-dorben.
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re Innenminister sagen, Kreditgenehmigungen sindicht mehr drin. Selbst wenn die Kommunen noch Kre-ite aufnehmen könnten, wäre diese Variante in jedemall die teurere, weil sie den Kredit nicht nur zurückzah-n müssten, sondern ihn auch verzinsen müssten, wennuch günstig.Schließlich fordern die Bauminister, die Länder sowieie Städte und Gemeinden zukünftig intensiver in dielanungen der Bundesfinanzhilfen einzubeziehen. Auchiese Forderung unterstützen wir.Alles in allem sind wir der Auffassung, dass die Bau-inister der Länder mit ihren Forderungen und damitit ihrer Resolution nicht überzogen haben. Wir unter-tützen das Anliegen, das die Sonderkonferenz mit deresolution vorgetragen hat. Deshalb haben wir dieseorderungen und die Resolution zu einem Antrag zu-ammengefasst, der hier vorgelegt worden ist, und hof-n auf Ihre Einsicht und auf Ihre Unterstützung.Herzlichen Dank.
Petra Müller hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!erehrter Minister Ramsauer, über die mehr als positiveirkung der Städtebauförderung des Bundes wurde vielnd viel Richtiges gesagt.
Ihren Anträgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wirdoch deutlich, dass die Städtebauförderung in Deutsch-nd etwas geleistet hat – ökonomisch, infrastrukturell,
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Petra Müller
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kulturell und sozial. Es freut mich, feststellen zu können:In diesem Punkt sind wir uns einig.
Jetzt sind nur noch zwei wesentliche Fragen zu klären– und ich habe dafür sieben Minuten Zeit –:
die inhaltliche Ausrichtung der Städtebauförderung unddie Finanzierung. Schon beginnen die Unterschiede zwi-schen einer maßvollen, konsistenten und finanzierbarenPolitik, wie die christlich-liberale Koalition sie vor-schlägt, und einer Wunsch- und Gießkannenpolitik derOpposition. Zukunftsmodell gegen Auslaufmodell.
– Ja, so ist es doch.Die inhaltliche Ausrichtung – so schreiben Sie, liebeFreunde von der Linken und von den Grünen – der Städ-tebauförderung wurde in den letzten Jahren kontinuier-lich weiterentwickelt. – Stimmt. Richtig. Alles super.Dabei ging es in den 70er- und 80er-Jahren zunächstum den Erhalt der Stadtkerne, die Bewahrung der histo-rischen Bausubstanz. Nach der Wiedervereinigungwurde ein Programm „Aufbau Ost“ aufgelegt, später,1999 folgende, das Programm „Soziale Stadt“ – zuerstübrigens nur im Osten, später dann auch im Westen.
Genau diese Flexibilität macht die deutsche Städte-bauförderung heute so erfolgreich.
Wir, die FDP-Bundestagsfraktion, haben uns dieFrage gestellt: Was sind heute die gesellschaftlichenRahmenbedingungen? – Die haben sich nämlich verän-dert.
Wie haben wir darauf zu reagieren, Herr Pronold?
Vor einer Woche haben wir an dieser Stelle mit gro-ßen Teilen dieses Hauses gemeinsam die Energiewendebeschlossen.
Wir haben uns vorgenommen, in nur wenigen Jahren dieEnergieversorgung dieses Landes auf völlig neue Füße,auf eine völlig neue Grundlage zu stellen. Das ist derwichtige Aspekt dieser gesellschaftlichen Veränderung.Dazu wird die energetische Stadtsanierung einen wichti-gen, den entscheidenden Beitrag leisten.–sdesimdnbDCskTgdnssssedduliNwnWAF41ghNw
Das kommt ja noch. Immer mit der Ruhe! – Wenn Sieich noch erinnern: Damit erfüllen wir eine Forderunger Ethikkommission. Effektiver Klimaschutz ist ohneffizienten Neubau nicht möglich. Effektiver Klima-chutz ist ohne energetische Sanierung im Bestand und Quartier nicht möglich. Es geht darum, 40 Prozenter Primärenergie in diesem Land einzusparen. Das gehtur unter Einbeziehung privater und öffentlicher Ge-äude. Da liegen die Energiereserven dieses Landes.iese müssen wir heben.
hance und Verantwortung, das ist hier doch der ent-cheidende Punkt.
Neben den altbekannten Städtebauförderprogrammenommt schwerpunktmäßig die Neuausrichtung zumhema Energieeffizienz: erstens mit dem KfW-Pro-ramm „Energetische Stadtsanierung“ und zweitens miter steuerlichen Abschreibung – dazu habe ich heuteoch gar nichts gehört – bei der energetischen Gebäude-anierung für private Einfamilien- und Zweifamilienhäu-er, und das alles unter Berücksichtigung sozialer, wirt-chaftlicher und demografischer Entwicklungen. Dasind die Schwerpunkte einer zukunftsorientierten Stadt-ntwicklung.
Kommen wir zur Finanzierung. Wir haben die Schul-enbremse beschlossen. Das bedeutet Haushaltskonsoli-ierung. Genau deshalb müssen wir die Mittel effizientnd zielgenau einsetzen. In diesem Jahr stehen 455 Mil-onen Euro für die Stadtentwicklung zur Verfügung.ächstes Jahr sind es laut Kabinettsbeschluss vom Mitt-och 410 Millionen Euro plus 92 Millionen Euro für daseue KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“.enn ich richtig gerechnet habe, dann sind das in derddition 502 Millionen Euro.
ür diejenigen, die nicht rechnen können: Das sind7 Millionen Euro mehr als dieses Jahr. Hinzu kommen,5 Milliarden Euro für das CO2-Gebäudesanierungspro-ramm. Das nenne ich Verstetigen. Das nenne ich Ein-alten des Koalitionsvertrages. Das nenne ich eine guteachricht.
Das ist eine gute Nachricht für die Bauwirtschaft,eil hier Investitionen angestoßen werden; das geht
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Petra Müller
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auch mit einem KfW-Programm, Frau Bluhm. Das isteine gute Nachricht für das Handwerk, die Architektenund für alle anderen am Bau Beteiligten. Das ist aucheine gute Nachricht für die Städte und Gemeinden. Ge-rade weil unsere Kommunen Planungssicherheit brau-chen, finanzieren wir die 92 Millionen Euro aus demEnergie- und Klimafonds für das neue KfW-Programm„Energetische Stadtsanierung“. Damit werden Kommu-nen entlastet. Sie müssen nicht den sonst üblichen Anteilwie bei der klassischen Zwei-Drittel/Ein-Drittel-Lösungübernehmen. Sie werden nicht mehr belastet.
Im Gegensatz zu einigen anderen KfW-Programmen istdieses KfW-Programm nur für die Kommunen nutzbar.Andere KfW-Programme sind nur für Private nutzbar. Esgibt also einen Mix, und auf diesen Mix kommt es an.Wir haben Instrumente geschaffen, die die ThemenQuartiers- und Gebäudesanierung, demografischer Wan-del, sozialer Wandel, Gesundheit und Klimaschutz effi-zient miteinander verbinden. Das halte ich für einen aus-gesprochenen Gewinn.
Damit hat die christlich-liberale Koalition Prioritätenfür eine erfolgreiche und kontinuierliche Stadtentwick-lungspolitik gesetzt. Das ist eine verantwortungsvollePolitik, weil wir unsere Städte und Gemeinden nicht zu-sätzlich belasten, sondern entlasten. Zu dieser Politik la-den wir Sie ein, genauso wie am Anfang dieser Woche.Wir bitten Sie, gemeinsam mit uns zukunftsorientiert,problembewusst und nachhaltig für die Städte von mor-gen zu arbeiten.Ihren Anträgen können wir leider nicht zustimmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.Bevor ich das Podium ganz verlasse und sich alle nuraufregen, wünsche ich Ihnen eine schöne Sommerpause.Vielleicht bekomme ich dafür auch Applaus von Ihnen,meine Damen und Herren von der Opposition.Tschüss.
Bettina Herlitzius hat das Wort. Sie will auf diese
Weise ihren Geburtstag mit uns begehen. Herzlichen
Glückwunsch! Alles Gute!
Bitte, Frau Herlitzius.
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Ich möchte an dieser Stelle meinem Kollegen Sörenartol von der SPD meinen Dank für seine Unterstüt-ung und dafür aussprechen, dass wir diesen Antrag ge-einsam formuliert haben. Es ist wichtig, dass wir die-es Thema angesichts der vielen Themen, die wir zuehandeln haben, heute auf die Tagesordnung gesetztaben. Damit senden wir ein Signal an unsere Kommu-en, dass der Städtebau für uns im Bund nach wie vorin wichtiges Thema ist.
Lassen Sie uns einen Blick zurückwerfen. Nach dennormen Wiederaufbauleistungen nach dem Kriegusste man in den 60er-Jahren feststellen, dass es vieletädtebauliche Missstände gab. Aus diesem Grundurde 1971 – das wurde vorhin schon angesprochen –on der sozialliberalen Koalition – liebe Kollegen voner FDP, Sie waren dabei –
as Bundesgesetz zur Städtebauförderung ins Leben ge-fen. Fast auf den Tag genau, am 1. August 1971, ver-bschiedete der Bundestag das Städtebauförderungsge-etz. Es war eine nicht ganz einfache Geburt, war und ister Städtebau doch in erster Linie eine kommunale Auf-abe. Der damalige Bundestag erkannte aber die Dring-chkeit und sah es als Bundesaufgabe, die Städte undemeinden in der Bundesrepublik als Wirtschafts- undohnstandort zu stärken.Starke Bedenken kamen allerdings damals vonseitener FDP. Ihre Sorge war es, dass das Eigentum mehr alsotwendig eingeschränkt würde. Liebe Kolleginnen undollegen von der FDP, Ihre Haus- und Grundpolitik warchon damals deutlich erkennbar.
Privat vor Staat, Zwangssanierungen, Enteignungen,ietnomaden – das sind die gelben Angstszenarien, mitenen Sie immer wieder die guten Ansätze der Städte-auförderung sabotieren.
Zukunftsfähige Stadtpolitik sieht anders aus. Dabeiann man noch nicht einmal behaupten, dass die
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Bettina Herlitzius
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schwarz-gelbe Regierung nicht wisse, was sie tue. Ichdarf von Ihrer Homepage zitieren, liebe Kollegin Müller:Dafür müssen wir die vorhandenen Städtebauför-derprogramme an die veränderten sozialen, demo-grafischen und ökologischen Rahmenbedingungenanpassen.Warum tun Sie es dann nicht?
Politik heißt gestalten, Politik heißt mitmachen, regie-ren. Aber Sie stümpern seit zwei Jahren, seitdem Sie ander Regierung sind, an der Städtebauförderung herum.
Lieber Herr Minister Ramsauer, wenn wir über ge-störte Verhältnisse reden, dann muss ich sagen, dass Sieein gestörtes Verhältnis zur Städtebauförderung haben,um es vorsichtig auszudrücken. Anders kann ich mir dasnicht erklären.
Mit der Veräppelung der Bürgerinnen und Bürgergeht es weiter. Tatsächlich stellt sich die FDP hin undfeiert sich als Retterin der Städtebauförderung,
obwohl die Programmansätze im Haushalt – das ergibtsich aus den Gesetzen der Mathematik – definitiv um45 Millionen Euro gekürzt worden sind. Erzählen Sieuns doch keine Märchen!
– Liebe Frau Kollegin, ich weiß, dass in Nordrhein-Westfalen im Mathematikunterricht lange Zeit Mengen-lehre gelehrt wurde, aber das ist doch keine Erklärungfür diese Taschenspielertricks.
Sie addieren einfach die 92 Millionen Euro des KfW-Programms für die städtebauliche Quartierssanierungzur Städtebauförderung. Das funktioniert so nicht. Dassind zwei völlig unterschiedliche Programme. SolideFinanzpolitik und Bürokratieabbau – auch das ist einesIhrer großen Wahlkampfthemen – gehen anders.Diese Koalition ignoriert das Parlament, wenn es umdie politische Zusammenarbeit geht. Das muss man sicheinmal vorstellen. Der Ausschuss für Verkehr, Bau undStadtentwicklung des Bundestages lädt zu einer Anhö-ruisgMEewKFsZsSKkkmudIcbEtiuDu1Rdczae
Frau Kollegin, Herr Körber würde Ihnen gerne eine
wischenfrage stellen. Möchten Sie die zulassen?
Ja.
Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Sie haben zwei ver-
chiedene Instrumentarien der Städtebaupolitik genannt.
ind Sie der Auffassung, dass das von Ihnen zitierte
fW-Programm nicht in den Städten zur Anwendung
ommt? Wo wird es denn sonst verwendet? Auch das
ommt doch der Städtebauförderung zugute. Teilen Sie
eine Einschätzung?
Herr Körber, ich glaube, Sie haben die grundsätzlichnterschiedliche Fördersystematik noch nicht verstan-en.
h kann nur noch einmal darauf hinweisen: Lesen Sieitte das Gutachten, das uns die Regierung vorgelegt hat.s geht um eine wirtschaftliche Bewertung des Investi-onspakts für Schulen und kommunale Einrichtungennd der Städtebauförderung. Das Ergebnis ist ganz klar:as Verhältnis bei der Akquirierung von öffentlichennd privaten Geldern beträgt bei der Städtebauförderung: 8 und beim Investitionspakt 1 : 1,6. Das ist doch einiesenunterschied! Sie können doch nicht behaupten,as sei dasselbe.
Sie haben die Auswirkungen in den Städten angespro-hen. Natürlich ist Ihr neues Programm eine Unterstüt-ung – wir wollen das auch nicht schlechtmachen –, unduch das Programm „Energetisch Sanieren“ der KfW istine Unterstützung. Aber es ist nicht dasselbe.
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Bettina Herlitzius
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Herr Götz, ich bin sehr enttäuscht.
– Sie haben noch nichts gesagt, aber Sie bekommengleich die Gelegenheit.
Gerade Sie sind immer für interfraktionelle Einigkeit inder Bau- und Städtebaupolitik eingetreten. Gerade Siehaben immer betont, dass wir seit Jahren fachlich effek-tiv zusammenarbeiten und dass es – egal über welchepolitischen Themen wir uns gestritten haben – bei derStädtebauförderung und bei Änderungen im Baugesetz-buch immer eine interfraktionelle Einigung gab. Warumkündigen Sie das jetzt grundlos auf?
Warum legen Sie uns seit drei Jahren diese desaströsteStädtebaupolitik vor? Das ist nicht Ihr Stil.
Besinnen Sie sich doch endlich auf die ursprünglicheVerfahrensweise!Worüber reden wir? Seit 1971 gibt es die Städte-bauförderung. 5 000 Projekte in mehr als 2 300 Kommu-nen sind gefördert worden, und zwar flächendeckend inallen Bundesländern – schauen Sie sich die Karte an! –:in Bayern, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Es gibt die unterschiedlichsten Programman-sätze – die Kollegin hat sie vorhin genannt –, die effektivwirken. Es sind lernende Programme, die vor allen Din-gen – das hat uns das Gutachten gezeigt – sehr viele Fol-geinvestitionen auslösen.Der geschätzte ausgelöste Investitionsbedarf des ge-samten Programmes liegt bei über 65 Milliarden Euro.Nennen Sie mir ein anderes Förderprogramm des Bun-des, das über all die Jahre diese Summen ausgelöst hat.Ich kenne keines. Das haben nicht nur wir in der Opposi-tion uns so ausgedacht. Auch die Fachleute haben be-rechnet und belegt: Die Städtebauförderung erzielt be-achtliche ökonomische Effekte, die weit über das Zielder städtebaulichen und sozialräumlichen Erneuerunghinausgehen. Das kann sich sehen lassen. Mir ist keinanderes Programm bekannt, das so etwas leistet.Die Städtebauförderung zu verbessern, bedeutet, dieLebensqualität in unseren Städten zu verbessern, das ge-meinsame soziale Leben in Verbindung mit einem wirt-schaftlich aktiven Leben zu einem Erfolgsmodell weiter-zuführen.Aber was macht die Regierung? Sie sind jetzt dasdritte Jahr an der Regierung und kürzen den Mittelansatzzum dritten Mal um 10 Prozent; das ist so, Herr MinisterRamsauer. Damit gefährden Sie das soziale Gleichge-whelired„be2BelaeddKFBhtiwvkraswNguinfügmsreasbd
Ganz wichtig ist an dieser Stelle – das wird auchurch das Gutachten belegt – der integrative Ansatz. Da-urch unterscheidet sich die Städtebauförderung von derfW-Förderung. Es ist der integrative Ansatz, durch denolgeinvestitionen ausgelöst und Firmen, Verbände undewohner an einen Tisch geholt werden. Nur so entste-en Konzepte für Stadtviertel, nur so entsteht eine Iden-fikation mit dem Stadtviertel, und nur so werden Be-ohner auch zu Kümmerern, die sich für ihr Stadtviertelerantwortlich fühlen.Die investitionsbegleitenden Maßnahmen – damitomme ich zu einem ganz entscheidenden Punkt, der ge-de bei den Kollegen der FDP immer auf Widerstandtößt – stellten im Programm „Soziale Stadt“ eine ganzichtige Voraussetzung dar.
icht nur wir, die Opposition, sind zu dieser Erkenntnisekommen. Aus der Leipzig-Charta der EU, die wir allenterzeichnet haben, geht hervor, dass gerade die nichtvestiven Mittel, die investitionsbegleitenden Mittel,r die Qualitätssicherung einer Städtebauförderung sor-en.
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
en.
Ja, ich komme zum Schluss.Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierung, las-en Sie Ihren schönen Worten endlich Taten folgen! Hö-n Sie mit Ihren Sonntagsreden – oder Freitagsreden –uf! Helfen Sie den Menschen in unserem Land! Unter-tützen Sie die Länder und Kommunen mit einer Städte-auförderung, die verlässlich ist und ihren Namen ver-ient!
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Frau Kollegin!
Sorgen Sie dafür, dass wir in zehn Jahren den 50. Ge-
burtstag feiern können und nicht das Begräbnis begehen
müssen.
Danke schön.
Peter Götz hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Unabhängig davon, liebe Bettina Herlitzius, dass dieseKoalition noch keine drei Jahre besteht, sondern nochnicht einmal ganze zwei Jahre,
herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
Die Urbanisierung unserer Städte ist ohne Frage einZukunftsthema des 21. Jahrhunderts. Deshalb war esrichtig und konsequent, in der Koalitionsvereinbarungdie Städtebauförderung als unverzichtbaren Teil zur le-benswerten Gestaltung von Städten und Gemeinden zuverankern. Sie ist seit 40 Jahren das Erfolgsmodell füreine gute städtebauliche Entwicklung in den Städten undGemeinden unseres Landes. Es wurde schon gesagt:Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre wurde zu Rechterkannt, wie wichtig es ist, die Funktion der Innenstädtezu stärken und einem sich abzeichnenden Bedeutungs-verlust entgegenzuwirken. „Vom Wohnungsbau zumStädtebau“ hieß es damals. Allein waren die Städte undGemeinden schon damals nicht in der Lage, diese Auf-gaben finanziell zu bewältigen. Mithilfe der Mittel desBundes und der Länder war es ihnen in den letzten40 Jahren möglich, stadtbildprägende Gebäude zu erhal-ten und zu modernisieren, Zentren und Nebenzentren zurevitalisieren, das Wohnumfeld zu verbessern und Stadt-kerne zu erhalten oder zu entwickeln. Nach Abzug derausländischen Streitkräfte wurden in vielen Konver-sionsgebieten in Ost und West ganz neue innerstädtischeQuartiere in zentraler Lage geschaffen.Millionen Postkarten mit Ansichten deutscher Städtewerden jährlich in alle Welt versandt. Vermutlich wur-den fast alle dieser Stadtbilder durch die Städtebauförde-rung unterstützt. Aber Steine allein machen noch keineStadt aus. Deutschland ist bekannt für eine Vielzahl vonattraktiven Städten, in denen das Leben pulsiert. Zen-trwdsmgStelänsHtefümuM„mSicSR2teSwtedbäWamdreDhhEn
Ich selbst durfte Anfang der 70er-Jahre in meinen ers-n Berufsjahren eine kommunale Koordinierungssteller Stadtsanierung leiten. Wir waren in unserer Stadt da-als sehr dankbar, dass es möglich war, zwei Drittel dernrentierlichen Kosten unserer Stadtkernsanierung mititteln aus dem seinerzeit neu aufgelegten ProgrammStädtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnah-en“ finanziert zu bekommen. Das hat einen enormenchub gegeben. Ich freue mich deshalb besonders, dassh – Jahrzehnte später – zum 40-jährigen Bestehen dertädtebauförderung hier im Deutschen Bundestag amednerpult stehen kann.Meine Damen und Herren, wenn wir auf die letzten0 Jahre zurückblicken und mit offenen Augen betrach-n, was nach dem Zerfall des Kommunismus und desozialismus vor allem in den neuen Ländern geleisteturde, dann stellen wir fest, dass es richtig war, unmit-lbar nach der Wende die Prioritäten der Förderung inen neuen Ländern zu setzen. Heute gibt es dort vielelühende Städte.
Gute Stadtentwicklungspolitik ist bei einer sich ver-ndernden Gesellschaft aktueller und wichtiger denn je.ir müssen den Mut haben, anzuerkennen, dass sichuch die Zeiten ändern. Neue Herausforderungen kom-en hinzu. Das gilt für den Stadtumbau genauso wie fürie „Soziale Stadt“.Was ist die Kernbotschaft der heutigen Debatte?Erstens. Bundesminister Dr. Ramsauer war erfolg-ich.
anke für das Engagement in einer Zeit, in der die Ein-altung der Schuldenbremse im Vordergrund aller Haus-altsberatungen steht! Herzlichen Glückwunsch zu demrgebnis, das sich sehen lassen kann!
Zweitens. Die Opposition gönnt uns diesen Erfolgicht.
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Peter Götz
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Sie sitzt im Schmollwinkel und versucht krampfhaft, denUntergang des Abendlands herbeizureden.
Dabei vollziehen sich für die Stadtentwicklung mit demvom Bundeskabinett am Mittwoch dieser Woche verab-schiedeten Haushaltsentwurf neue Sonnenaufgänge.
Lieber Herr Kollege, über 500 Millionen Euro für dieStadtentwicklung – wenn Sie es richtig zusammenzählenkönnen – in 2012 und 2013,
– ich glaube, dass Ihnen das wehtut, aber ich erspare esIhnen nicht –
1,5 Milliarden Euro jährlich zusätzlich für das CO2-Ge-bäudesanierungsprogramm, und es kommen – wenn derBundesrat zustimmt – jährlich weitere 1,5 MilliardenEuro für die steuerliche Förderung der energetischen Ge-bäudesanierung hinzu. Lieber Herr Kollege Bartol, einesolche Summe haben Sie in Ihrer Regierungszeit nochnie erreicht. Diesen Erfolg sollten Sie endlich einmal an-erkennen.
Nun zu Ihnen, liebe Kollegin Herlitzius. Wir haben inder letzten Woche im Gesetzentwurf den Klimaschutzim Planungsrecht der Gemeinden an exponierter Stelleverankert. Das wissen Sie sehr wohl. Wir brauchen mehrerneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz im Ge-bäudebereich. Das alles hat unmittelbare Auswirkungenauf die Stadtentwicklung. Deshalb ist es der richtige An-satz, die klassische Städtebauförderung um die energeti-sche Stadtsanierung zu erweitern.Wir sind Bundesminister Dr. Ramsauer sehr dankbar,dass er es geschafft hat, zusätzlich zu den – von Ihnenkritisierten – 410 Millionen Euro Städtebaufördermittelfür das kommende Jahr 92 Millionen Euro aus demEnergie- und Klimafonds für die energetische Stadtsa-nierung einzuplanen.
– Aber es kommt der Stadtentwicklung und dem Städte-bau zugute.
Wenn der vorhin bereits angesprochene einstimmigeBeschluss der Bauministerkonferenz vom Juni diesesJahres fordert, die vorgesehenen Mittel der KfW zur en-ergetischen Stadtsanierung in die bewährte Systematikder gemeinsamen Städtebauförderung einzugliedern,dLdmsDnuterinemgRvin2dsSdgüKSWkSNs2vdeüsnresnSliuhsbimd
afür sollen die Länder ihre 92 Millionen in die Handehmen; wenn die Kommunen es ebenfalls tun, erhöhtnd verbessert sich der Wirkungsfaktor zusätzlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen die Städ-bauförderung nicht isoliert betrachten. Deshalb war eschtig, sie gezielt mit anderen Instrumenten zu verzah-en. Gerade bei Problemvierteln hat es sich bewährt,ine Verknüpfung mit arbeitsmarktpolitischen Instru-enten herzustellen. So wurde das ergänzende Pro-ramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“ zuecht in der Großen Koalition auf den Weg gebracht undon Bundesminister Ramsauer Ende vergangenen Jahres eine zweite Förderungsrunde geschickt. Von 2011 bis014 sollen dafür 83 Millionen Euro bereitgestellt wer-en. Damit wird die Arbeit in den Quartieren erneut ge-tärkt, gerade in den Problemgebieten der sozialen Stadt.ie haben das Thema vorhin kritisch angesprochen; aberie Vorwürfe der Opposition in Bezug auf dieses Pro-ramm sind bei objektiver Betrachtung hoffnungslosberzogen.Die Oppositionsredner haben die Finanzlage derommunen angesprochen. Tatsächlich stehen vieletädte und Gemeinden nach wie vor mit dem Rücken zurand. Die internationale Finanzmarkt- und Wirtschafts-rise hat auch vor den Kommunen nicht haltgemacht.ie bekamen die Auswirkungen zeitversetzt zu spüren:achdem die Kommunen 2007 und 2008 Rekordüber-chüsse erzielen konnten, brachen ihre Einnahmen in009 und 2010 weg, und das bei steigenden Ausgaben,or allem im sozialen Bereich. Auch hier rächt sich, dassie rot-grüne Regierung 2003 die Altersgrundsicherungingeführt und die Kosten einfach auf die Kommunenbertragen hat, ohne für die notwendige Finanzierung zuorgen. Die dadurch steigenden Sozialausgaben führteneben den krisenbedingten Einbrüchen zu einer struktu-llen Schieflage. Das war neben vielen anderen Ent-cheidungen zulasten der Kommunen der Tiefpunkt ei-er ignoranten rot-grünen Bundespolitik gegenüber dentädten und Gemeinden. Dafür tragen Sie – ausschließ-ch Sie – die Verantwortung.Es war von Anfang an unser Anliegen, alles zu tun,m den Kommunen aus der Krise herauszuhelfen. Wiraben in der christlich-liberalen Koalition von Beginn anehr viel für die Kommunen erreicht. Es zeichnet sichereits heute ab, dass die Städte, Gemeinden und Kreise Jahr 2012, also bereits im kommenden Jahr, im Bun-esdurchschnitt mit ausgeglichenen Haushalten rechnen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14281
Peter Götz
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können. Das eröffnet neue Spielräume, auch im Bereichdes Städtebaus.Mit der schrittweisen Übernahme der einst von Rot-Grün auf die Kommunen übertragenen Kosten der Al-tersgrundsicherung entlasten wir die Kommunen bei denSozialausgaben bis 2015 um etwa 12,2 Milliarden Euro;bis 2020 wird der Bund die kommunalen Kassen alleindurch die Übernahme dieser Kosten um rund 54 Milliar-den Euro entlasten. Das kommt vor allem den struktur-schwachen und besonders armen Städten und Gemein-den zugute.
Eine Kommunalentlastung in dieser Größenordnung istin der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein-malig. Der Bund wird damit seiner Verantwortung ge-recht. Jetzt stehen an erster Stelle die Länder für ihreKommunen in der Pflicht.
– Nach unserer Finanzverfassung gibt es eine Finanzbe-ziehung zwischen den Ländern und den Kommunen. Siewissen sehr gut, dass es eine Finanzbeziehung zwischendem Bund und den Kommunen in dieser Form nichtgibt.
Lieber Kollege, wenn die SchlüsselzuweisungenSPD-geführter Länder, wie jetzt vom Oberverwaltungs-gericht Rheinland-Pfalz festgestellt, nicht die verfas-sungsrechtlichen Anforderungen an eine angemessenekommunale Finanzausstattung erfüllen, dann ist dasmehr als nur peinlich. Diese unverantwortliche Politikgegenüber den Städten, Gemeinden und Kreisen wirdleider nicht nur vom Ministerpräsidenten Beck ausRheinland-Pfalz betrieben. Auch in Baden-Württem-berg, einem Land, das im besten Zustand an eine grün-rote Regierung übergeben wurde,
wird derzeit versucht, die von den baden-württembergi-schen Kommunen aufgrund der positiven finanziellenEntwicklung erzielten Überschüsse über den kommuna-len Finanzausgleich abzuschöpfen.
Meine Damen und Herren, es ist unanständig, erst dieKommunen ausbluten zu lassen und anschließend denBund zu deren Rettung aufzufordern.
Lassen Sie uns deshalb den Menschen vor Ort gemein-sam die Chancen und Möglichkeiten zurückgeben, damitsie ihre Heimat wieder selbst gestalten und sich im Wett-bewerb behaupten können.FEwbUdabWdSSdndddwmsgüSdSGkSDufüfedPkzdes
Franz Müntefering hat jetzt das Wort für die SPD-
raktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s ist klar, dass das Geld endlich ist und man nicht alles,as man sich wünscht, bekommt. Mit dieser Erwartungin ich auch gar nicht hergekommen. Herr Ramsauer, dieninspiriertheit, mit der Sie die Rede vorgelesen haben,ie Ihnen ein Erbsenzähler aufgeschrieben hat, fand ichngesichts der Probleme, die die Kommunen im Augen-lick haben, aber schon beachtlich.
enn Sie das einem Sozialdemokraten nicht glauben,ann empfehle ich Ihnen: Sprechen Sie einmal mit Oscarchneider! Es gab auch mal andere Zeiten. Es gab großetädtebau- und Wohnungspolitiker bei der CDU und beier CSU. Das, was Sie hier vorgetragen haben, macht ei-es deutlich: Sie haben entweder nicht verstanden, woie Probleme liegen, oder es interessiert Sie nicht beson-ers.
Wir leben in diesem Land auf Pump, wir leben voner Substanz, und die Städte und Gemeinden können zuenig Prävention betreiben. Alles drei kommt zusam-en. Das belastet die Städte und Gemeinden in ganz be-onderer Weise, und zwar alle 12 400, die wir haben; dasilt für die ganz großen und die ganz kleinen. Das giltberall, wenn auch in ganz unterschiedlicher Weise. Dietädte und Gemeinden erwarten von uns und den Län-ern, dass ihnen geholfen wird, damit sie sich aus dieserituation herausarbeiten können.Jedenfalls ist klar: Stadtentwicklung für Städte undemeinden ist kein Zuckerguss, den man sich leistenann oder auch nicht. Arme Kommunen werden dentaat und die Gesellschaft sehr teuer zu stehen kommen.eshalb müssen wir dafür sorgen, dass unsere Städtend Gemeinden in Ordnung sind und ihre Aufgaben er-llen können. Dazu gehört Stadtentwicklung. Wir dür-n nicht nur darüber reden, nicht nur ein bisschen Geldahin oder dorthin schieben, sondern wir müssen eineerspektive für die Städten eröffnen. Darum geht es.
Im Übrigen betrachten wir mit Sorge, dass die Demo-ratie in vielen Städten und Gemeinden an vielen Stellenur Farce wird. Die Kolleginnen und Kollegen, die inen Parlamenten vor Ort sitzen, haben keine Chance, dasine oder andere, und seien es auch nur Kleinigkeiten,elbst zu bestimmen. In vielen Städten und Gemeinden
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14282 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Franz Müntefering
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bekommen sie von entsandten Beamten Bescheid da-rüber, was sie tun können und was nicht. Das ist demo-kratiehygienisch ein großes Problem, mit dem wir es inDeutschland in vielen Städten zu tun haben. Das giltnicht für alle Städte, aber doch für viele. Ich empfehlesehr, dass wir uns diese Situation anschauen und dafürsorgen, dass in den Städten und Gemeinden wieder ent-schieden werden kann, wie Oscar Schneider, Oswaldvon Nell-Breuning oder andere es immer gelehrt haben.Wer Subsidiarität will, der muss auch dafür sorgen, dassin den Städten entschieden werden kann. Nur wenn dieStädte die erforderlichen Instrumente und das nötigeGeld haben, kann das Ganze funktionieren. Das müssenwir sehen. Darauf müssen wir Antworten geben, HerrRamsauer.
1971, als die Städtebauförderung entstand, begann derMinister Lauritz Lauritzen seine Rede vor dem Deut-schen Bundestag mit dem Motto des Deutschen Städte-tages. Das hieß: „Rettet unsere Städte jetzt!“ Das ist ausheutiger Sicht vielleicht ein bisschen dramatisch. Ichwill das nicht überzeichnen, halte es angesichts der Si-tuation in einigen Städten aber durchaus für zeitgemäß,wieder über diese Frage zu sprechen: Was können wir ei-gentlich tun? Diese Idee des Städtebaus hing damalsganz eng mit „Mehr Demokratie wagen“ zusammen, mitder großen Parole dieser Zeit, in der es darum ging– auch in den Städten –, die Fenster und Türen aufzuma-chen und die Menschen einzuladen, mitzumachen. DieAufgabe damals war vor allen Dingen, dafür zu sorgen,dass der Ausbau gestaltet wird und die Städte nicht ein-fach so wuchern.Heute kommen andere Aufgaben hinzu. Zum Beispielist der Rückbau zu organisieren, um nicht eine Implo-sion der Städte und Gemeinden zuzulassen. Wir müssendafür sorgen, dass wir Prävention machen können, stattauf Repression zu setzen. Das, was Sie gesagt haben,Herr Götz, war nicht ganz falsch. Was wir an Kinder-und Jugendarbeit in den Städten nicht mehr machen kön-nen, weil die Programme zur sozialen Arbeit und „So-ziale Stadt“ rasiert werden, kommt uns teuer zu stehen.Das kostet uns in den darauffolgenden Jahren das Dop-pelte und Dreifache. Jugendstrafvollzugsanstalten sindteurer als eine vernünftige Kinder- und Jugendarbeit inden Städten und Gemeinden. Da müssen wir ran.
Das gilt auch für den Vorzug für die Inklusion gegen-über der Gettoisierung und das Motto „Ambulant vorstationär“. Diese Stichworte wurden hier angesprochen.Heute leben in Deutschland 81 Millionen Menschen.In 40 Jahren werden es 65 oder 68 Millionen Menschensein. Wir sind auf dieser Rutsche unterwegs. Alle imLand sprechen darüber; nur, wir handeln nach demMotto „Das war schon immer so! Das war noch nie an-ders! Da kann ja jeder kommen!“ und tun so, als ob allesin Ordnung wäre. In Wirklichkeit ist es höchste Zeit,Antworten zu geben. Wir müssen uns um die StädtekhbteDuMdmSliaWtiesdredsdtisgbbmg„SmWMsSknsntitivn
Sie kürzen die Mittel für das Programm „Sozialetadt“. Die soziale Arbeit wird reduziert, die Freiwil-gendienste werden an vielen Stellen chaotisiert. Daslles trifft die Städte und Gemeinen in ganz besonderereise. Städte und Gemeinden haben – das ist keine Sen-mentalität – in der hochmobilen Zeit, in der wir leben,ine ganz besonders wichtige Funktion für die Men-chen. Da sind sie zu Hause, dafür engagieren sie sich,amit wollen sie sich identifizieren, und da sind sie er-ichbar. Der Staat hat den Sozialstaat zu sichern, aberie soziale Gesellschaft gelingt in den Kommunen, oderie gelingt nicht. Wir wollen, dass soziale Gesellschaft inen Kommunen gelingt, und zwar mit viel Eigeninitia-ve von Verbänden und Organisationen, von Nachbar-chaften, von Menschen in den Städten. Sie kann gelin-en. Nur, die Menschen müssen von uns das Zeichenekommen, dass wir ihnen den dafür nötigen Raum ge-en.
Von den 18 Forderungen, die wir Ihnen zusammenit den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen vor-elegt haben, möchte ich drei stichwortartig erwähnen.Erstens. Stocken Sie die Mittel für das ProgrammSoziale Stadt“ auf.
orgen Sie dafür, dass es wieder eine intensive Zusam-enarbeit mit Bildung und Gesundheit, mit Arbeit,irtschaft, Integration und Sport gibt, sodass wir dieittel nicht für lauter kleine Programme verkleckern,ondern alles in einem Programm zusammenführen.Zweitens. Sprechen Sie mit den Ländern, sprechenie mit den Kommunen, stärken Sie die lokale Demo-ratie dadurch, dass wir ein Zeichen setzen. Kommu-alpolitik ist nicht das Kellergeschoss der Politik, woozusagen der Rest aufgearbeitet werden muss. Kommu-alpolitik ist vielmehr eine tragende Säule der Demokra-e. Sie ist genauso wichtig wie Bundes- und Landespoli-k. Das müssen wir hier verstehen und den Menschenor Ort sagen, damit sie begreifen, dass wir sie ernstehmen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14283
Franz Müntefering
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Drittens. Lassen Sie uns mit den Ländern und mit denkommunalen Spitzenverbänden ein Gespräch führen, da-mit die Städte, die schon unter dem Regime der Haus-haltssicherung sind, eine Chance haben und nicht abge-hängt werden. Wir erleben eine soziale Spaltungzwischen den Städten und den Stadtteilen. Manchen gehtes ganz gut. Auf die Aussage „Im Durchschnitt ist das jain Ordnung“ sage ich: Es kann ja in Ordnung sein, aberes sind einige dabei, die abschmieren, und zwar in ver-heerender Weise. Es geht nicht um abstrakte Städte, son-dern um die Menschen, die dort wohnen und das auszu-halten haben.
In diesem Sinne sollten wir weiter miteinander an derStadtentwicklung, Städtebauförderung und an der Zu-kunft unserer Städte und Gemeinden arbeiten.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sebastian Körber hat jetzt das Wort für die FDP-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Kollege Müntefering, Sie haben jetzt hin-sichtlich der Theorie viel Richtiges gesagt; das war einstadtphilosophischer Ansatz. Aber mich würde sehr inte-ressieren – schließlich ist das unsere Aufgabe als Parla-ment –, mit welchen Summen wir das Ganze im Haus-halt hinterlegen sollen. Dazu habe ich bis jetzt nichts vonIhnen gehört. Ich denke, auch das ist ein wichtiger An-satz.
Da ich jetzt keinen Zwischenruf gehört habe, gehe ichdavon aus, dass Sie noch in der Findungsphase sind.
– Herr Pronold, ich komme gleich zu Bayern. – Wennwir anlässlich des 40-jährigen Jubiläums die Ursprüngeder Städtebauförderung eruieren wollten, sollten wir ein-mal in die Bayernhymne schauen:Er behüte deine Fluren,schirme deiner Städte Bau …Ich denke, der Ursprung der Städtebauförderung ist da-mit ganz klar.kleSkDösgzzWbgSmgkknWHdAfüimHEkWicteicnvnsfaSnDJ
ie wir bereits gehört haben, stellt dies gerade für dasandwerk vor Ort – der Bundeswirtschaftsminister haties in der vorigen Debatte ausgeführt – einen sehr gutennreiz dar.Ich möchte Ihnen kurz erläutern, wie sich die Mittelr die Städtebauförderung zusammensetzen. Sie sagenmer, im Vergleich zum letzten Jahr sei es in diesemaushaltsjahr, in dem vom Parlament 455 Millionenuro dafür bereitgestellt worden sind, zu Kürzungen ge-ommen.
enn ich die entsprechenden Zahlen addiere, kommeh zu einem anderen Ergebnis. Die Städtebaufördermit-l haben ein Volumen von 410 Millionen Euro;
h denke, insoweit besteht Konsens. Ich gehe bei mei-er Berechnung aber anders als die Kollegin Herlitziusor. Ich bin nämlich sehr wohl der Auffassung, dass daseu zu schaffende KfW-Programm „Energetische Stadt-anierung“ in den Städten und Gemeinden Wirkung ent-lten wird. Wenn man dies berücksichtigt, erreichen dietädtebaufördermittel ein Volumen von über 500 Millio-en Euro.
as sind über 45 Millionen Euro mehr, als wir in diesemahr bereitstellen.
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14284 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Sebastian Körber
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– Frau Bluhm, da Sie gerade von einem Kredit gespro-chen haben, muss ich Ihnen sagen: Ich weiß nicht, inwie-weit Sie in der Thematik sind.
Auch wenn eine Kommune einen Kredit braucht, um vorOrt Städtebaufördermaßnahmen umzusetzen, ist der Ef-fekt – darauf kommt es doch an – der gleiche.
Die eine Kommune kann damit vielleicht ganz gut ope-rieren, die andere Kommune geht vielleicht einen ande-ren Weg.Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken,sollten an dieser Stelle sowieso ganz ruhig sein. Die Lin-ken sind die Nachfolgepartei der SED. Man muss sichnur einmal anschauen, welch triste, graue und kaputteStädte Sie uns in den neuen Bundesländern hinterlassenhaben.
Ich sage nur: normierte Platten und standardisierteGrundrisse. Sie müssen uns im Hinblick auf die Städte-bauförderung wirklich keine Ratschläge geben.
– Leider aber auch ein zutreffendes.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD undvon den Grünen, niemand hindert Sie daran, diese Maß-nahmen in den Ländern, in denen Sie Regierungsverant-wortung übernommen haben – in Baden-Württembergund in Nordrhein-Westfalen –, umzusetzen. Im Wahl-kampf haben Sie das noch mit dicken Backen verspro-chen.
Ich habe noch nicht festgestellt, dass Sie die entspre-chenden Maßnahmen gegenfinanzieren können, umdiese Programme aufzufangen.
Wenn Sie an dieser Stelle Kritik äußern und wenn Ihnendieses Thema so wichtig ist, muss ich Ihnen sagen: Siekönnen doch handeln.SsreKleKkFmHPBcOgslibeABhEtrsPfüPnhmHmS
Erstens. Einige Länder haben es trotz schwieriger
aushaltsbedingungen geschafft, die Kürzungen beim
rogramm „Soziale Stadt“ auszugleichen. Dies gilt zum
eispiel für das Land Berlin, falls Sie das nicht wissen.
Zweitens zu dem Aspekt, den Sie vorhin angespro-
hen haben. Sie hätten sich die Mühe machen sollen,
rte in Bayern zu besuchen, in denen Projekte des Pro-
ramms „Soziale Stadt“ durchgeführt werden; dies ge-
chieht unter anderem in Nürnberg und in manchen länd-
chen Räumen. Sie hätten sich von den Menschen
erichten lassen sollen, welch positive Entwicklungen
ingetreten sind.
ußerdem hätten Sie das Gutachten, das im Auftrag der
undesregierung verfasst worden ist, lesen sollen. Darin
eißt es: Das Verhältnis zwischen jedem eingesetzten
uro und den Investitionen, die er nach sich zieht, be-
ägt 1 zu 7. Ich frage Sie: Wie können Sie sich vor die-
em Hintergrund hier hinstellen und die Kürzungen beim
rogramm „Soziale Stadt“ sowie die Kürzung der Mittel
r die Städtebauförderung auch noch schönreden?
Die Frage, die Sie mir gestellt haben, Herr Kollegeronold, werde ich gerne beantworten. Ich bin noch garicht auf die Programme zu sprechen gekommen. Hieraben wir einen Mittelaufwuchs zu verzeichnen. Ich ver-ute, dass ich mir gerade aufgrund meines beruflichenintergrunds als Architekt wahrscheinlich schon vielehr solcher Projekte angeschaut habe als Sie. Ich ladeie gerne ein, in Bayern gemeinsam mit mir solche Pro-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14285
Sebastian Körber
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jekte anzusehen. Dann kann ich Ihnen vielleicht diesoder jenes erläutern und Ihnen den einen oder anderenSachverhalt, den Sie noch immer nicht richtig erfasst ha-ben, erklären.
Sie haben das Land Berlin angesprochen. Hier tragenSie Regierungsverantwortung; das ist richtig. Ich glaube,kein anderes Land hat mit der Städtebauförderung soviel Missbrauch betrieben, gerade was das Programm„Soziale Stadt“ betrifft, wie Berlin bzw. die Koalitionaus Linken und SPD.
Herr Pronold, jetzt können Sie sich wieder setzen.Dann kann ich in meiner Rede fortfahren; vielen Dank.Die Schwerpunkte der Koalition liegen ganz konkretin der Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwan-dels, der demografischen Umbrüche, des sozialen Zu-sammenhalts und der Stärkung der Innenstädte, auchwas die historischen Kerne angeht. Wichtig ist auch einebessere Unterstützung kleiner und mittlerer Städte undGemeinden. Diese Koalition hat ein glasklares Bekennt-nis zum ländlichen Raum abgegeben. So hat sie die Mit-tel für das Programm „Kleinere Städte und Gemeinden“und für das Programm „Soziale Stadt“ prozentual deut-lich erhöht. Ich denke, das steht außer Frage. Das ist einesehr wichtige Querschnittsaufgabe, zu der wir uns ganzklar bekennen.Ich erlaube mir noch anzumerken, weil das auch zuunserem Gestaltungsauftrag gehört, dass wir auch dieBürgerinnen und Bürger vor Ort aufrufen müssen, kon-kret teilzuhaben, und darauf hinweisen müssen, dass sienicht immer nur mit Ja oder Nein für etwas abstimmenkönnen.An dieser Stelle gehört es sich auch – das hat bishernoch keiner getan –, den Gemeinde- und Stadträten vorOrt, den Mitarbeitern der kommunalen Planungsdezer-nate, den Vereinen und Initiativen Danke zu sagen, weilsie das gemeinsam entwickeln. Wir können hier nur fi-nanzielle Rahmendaten festlegen. Aufgrund der gesell-schaftlichen und demografischen Veränderungen gibt esin diesem Bereich sehr große Herausforderungen. Wiralle sollten uns hier wirklich ernsthaft und konstruktivAnsätze überlegen, wie wir der Situation Herr werdenkönnen. Dazu gehört für uns maßgeblich die Bereitstel-lung des finanziellen Rahmens. Ich lade Sie ein, weiter-hin konstruktiv daran mitzuarbeiten.Vielen Dank.
Roland Claus hat das Wort für die Fraktion Die Linke.
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Ich war gespannt, welche Argumente Koalition undegierung dagegen vorbringen könnten, und ich warchon erstaunt, als uns Minister Ramsauer in die Ge-eimnisse seiner höheren Mathematik eingeführt hat. Erat, so hörten wir, die Halbierung halbiert, und bei ihmommt dann immer noch Dreiviertel raus. Ich sage ein-al ganz offen: Als Dreiviertelminister sind Sie mir imabinett einfach ein Stück zu wenig, Herr Minister.
Wenn Sie diese Mathematik so weiter treiben, dannüssten wir diesen Maßstab vielleicht auch einmal beien Haushaltsberatungen anlegen, wenn es um denaushaltsposten Ministergehalt geht.
40 Jahre Städtebauförderung, zu diesem Thema kannan einen großen historischen Bogen schlagen. Ich willas einmal aus ostdeutscher Sicht beleuchten. Der Stadt-mbau Ost nach der deutschen Einheit findet – das istarteiübergreifend unbestritten – in allen Wählerinnen-nd Wählerschichten große Anerkennung; Franzüntefering hat das schon gesagt. Inzwischen gibt es ei-en ostdeutschen Erfahrungsvorsprung bei diesem Stadt-mbau, bei diesen demografischen und sozialen Prozes-en. Es gibt jetzt auch einen Stadtumbau West. Manönnte denken, man finge an, den ostdeutschen Erfah-ngsvorsprung beispielsweise bei schrumpfenden Städ-n anzuerkennen, aufzugreifen und zu nutzen. Das istber leider nicht der Fall.Ich will Sie auch daran erinnern, dass es lange vor dereutschen Einheit Städtepartnerschaften zwischen Ostnd West gab. Westdeutsche Städte mit ostdeutschenartnerstädten waren immer darum bemüht, dass ihrestdeutsche Partnerstadt ein bisschen besser aussah alsndere Städte im Osten. Das war damals Teil eines Pro-ramms nach dem Prinzip „Wandel durch Annäherung“.er Westen war damals aber auch in der Lage – das kön-en Sie sich von renommierten Architekten und Städte-lanern erklären lassen –, vom Osten zu lernen. Manchetädtebauliche Sünde fand in der DDR nämlich nichttatt, weil das Geld dazu fehlte. Ich will sagen: Wir hät-n schon, konnten aber nicht.
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14286 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Roland Claus
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Zurück zur Gegenwart und zur Zukunft. Städte-bauförderung und energetische Gebäudesanierung gehö-ren nun wirklich unbestritten zu den erfolgreichsten För-derinstrumenten des Bundes. Deshalb kann ich eineBundesregierung und eine Koalition, die sich selbst ihrerbesten Förderinstrumente berauben, nach wie vor über-haupt nicht verstehen – und heute schon gar nicht. Dasist doch einfach absurd, was Sie hier betreiben.
Sie können noch tausendmal argumentieren, die energe-tische Gebäudesanierung werde jetzt aus einem anderenTopf finanziert und das komme den Kommunen zugute.Das mag alles richtig sein. Aber erstens stammen dieMittel hierfür aus dem Energie- und Klimafonds, undüber die Einnahmeseite dieses Fonds sind wir uns über-haupt noch nicht sicher.
Einen Anspruch der potenziellen Anwender dieses Pro-gramms gibt es deshalb noch nicht. Eines wollen wiraber nicht: eine energetische Gebäudesanierung nachKassenlage.
Zweitens wollen Sie offensichtlich nicht begreifen,dass es wesentlich ist, ob über bereitgestellte Mittel voneinem Ministerium verfügt werden kann, sie also in denInstrumentenkasten einer ganzheitlichen Städtebau- undFörderpolitik eingebaut werden können. Das ist jetztnicht mehr der Fall; das beklagen auch Ihre Ministerkol-legen in den Ländern.
Ich will die Kollegen der SPD, die ich schon sehr ge-lobt habe,
auf den ersten Punkt ihres Antrags verweisen, in dem ge-fordert wird, die kommunale Kaufkraft zu stärken. Dasist zwar richtig, aber auch ziemlich frech.
Herr Kollege!
Im Moment leiden die Kommunen unter der Unter-
nehmensteuerreform von Rot-Grün, die ihnen die Luft
zum Atmen nimmt. Tun Sie Buße, indem Sie weiter gute
Anträge machen! Meine Fraktion ist es leid, Bußetun als
unser Alleinstellungsmerkmal anzusehen.
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ondern auch dazu – das habe ich jedenfalls der Äuße-ng von Herrn Kollegen Müntefering entnommen –,ass Sie, Herr Minister Ramsauer, ein Superministeriumhren.
ie Baupolitik scheint in den Augen der Opposition fä-ig zu sein, alle Probleme dieser Welt außer denen in derußen- und Sicherheitspolitik zu lösen.
h halte das für einen sehr interessanten Ansatz. Dasilt ebenso für Ihre Aufzählung, Herr Kollegeüntefering, der erfolgreichen Bauminister. Wir freuenns sehr darüber, dass Sie Minister Schneider gelobt ha-en; ich lobe unseren aktuellen Minister. Ihr Name hatber bezeichnenderweise gefehlt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns darininig – das hat die Debatte bisher gezeigt –, dass dietädtebauförderung eine Erfolgsgeschichte ist. Sie bleibts auch in Zukunft.
ir dürfen allerdings nicht verkennen – darum habenich viele Beiträge gerankt, ohne aber auch nur einennsatz für eine Lösung aufzuzeigen –, dass wir uns auchm andere Dinge in diesem Lande zu kümmern habennd dass die Probleme nicht allein mit der Städtebauför-erung zu lösen sind.Ich nenne als ersten Punkt die Verpflichtung, diechuldenbremse einzuhalten und den Haushalt zu sanie-n.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14287
Patrick Schnieder
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– Der Zwischenruf kommt wie gerufen. – Wir befindenuns im Jahre 2011 und reden über die Ausgestaltung derStädtebauförderung im Jahre 2012. Wir denken selbst-verständlich darüber nach, wie wir in den Jahren 2013fortfolgende sozial gerechte Maßnahmen ergreifen kön-nen, um Beziehern von unteren und mittleren Einkom-men die Möglichkeit zu geben, auf die Segnungen derkommunalen Städtebauförderung zuzugreifen. Das istdoch eigentlich die Politik der SPD.
Ich weiß gar nicht, was daran zu kritisieren ist.
Wenn man die Konsolidierung unseres Haushalts unddie Anforderungen der Schuldenbremse ernst nimmt,dann kann man
nicht so tun, als könne man gleichzeitig in keinem einzi-gen Bereich die Ausgaben zurückfahren.
Sie haben in der Diskussion zum Etat des Verkehrs- undBauministeriums schon ausgeführt: Wir bleiben bei denVerkehrsinvestitionen unterhalb der Erfordernisse.Heute führen Sie aus: Wir bleiben in der Städtebauförde-rung unter den Erfordernissen. – Sie müssen mir bitteeinmal verraten, wie Sie die Anforderungen der Schul-denbremse im Zusammenhang mit der Konsolidierungdes Haushaltes erfüllen wollen.
Sie haben über die kommunale Finanznot geredet.Die haben wir in der Tat zu beobachten.
Es ist allerdings ein Irrglaube, diese Finanznot allein mitden Mitteln der Städtebauförderung beseitigen zu kön-nen. Das folgt schon aus der Tatsache, dass bei der In-anspruchnahme von Städtebauförderprogrammen im-merhin ein Anteil von einem Drittel zu übernehmen ist.Wie können Sie auf kommunaler Ebene Geld einsparen,wenn Sie erst einmal Geld auf den Tisch legen müssen?Ein weiterer Aspekt: Schauen wir uns einmal die er-folgreiche Bau- und Kommunalpolitik des LandesRheinland-Pfalz an. Dort gibt es eine sozialdemokratischgeführte Regierung, die das Wort „sparen“ buchstabierenkann; in die Praxis umsetzen konnte sie das in den letz-ten 20 Jahren aber nicht. Dort wurden die zur Verfügungstehenden Mittel in den vergangenen Jahren nicht einmalvollständig abgerufen.
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Die christlich-liberale Koalition hat im Bereich derommunalen Finanzen das ausgebügelt, was Sie im Be-ich der Grundsicherung den Kommunen eingebrocktaben. Sie können uns nicht vorhalten, dass wir bei deraupolitik, die wir betreiben, die Kommunen im Regentehen lassen.
ie haben doch das Chaos bei den kommunalen Finan-en verursacht. Wir haben es beseitigt, indem wir dieeistung der Grundsicherung dauerhaft auf den Bundberführt haben. So haben wir die größte Entlastung derommunen in den letzten Jahren und Jahrzehnten her-eigeführt.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Programm „So-iale Stadt“ sagen. In der Tat ist es schmerzlich, dass wirort den Ansatz für das laufende Jahr auf 28 Millionenuro zurückfahren mussten. Ich habe mir verschiedenerojekte in Rheinland-Pfalz angeschaut, in Worms und Trier. Man kann nur sagen: Dort wird hervorragenderbeit geleistet. Wir brauchen dieses Programm.
eshalb bin ich froh, dass wir zumindest für das Jahr012 mit einem Aufwuchs auf 40 Millionen Euro rech-en können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion,ie haben heute viel über die Vergangenheit geredet,ber noch nicht ein Wort zu den Herausforderungen vonegenwart und Zukunft gesagt.
Im Übrigen müssen auch die Mittel aus dem ESF-rogramm BIWAQ im Bereich sozialraumorientierterbeitsmarktprojekte beim Programm „Soziale Stadt“erücksichtigt werden.
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14288 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Patrick Schnieder
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Wir haben immer den Wunsch, mehr Mittel auszugeben;aber wir gestalten eine realistische Politik. Dann ist nichtalles machbar, was man sich wünscht.Eine letzte Bemerkung zu den hier aufgeführten ma-thematischen Fähigkeiten. Die Fantasie muss bei Ihnenin der Opposition noch etwas größer werden. Man mussnicht mit gleichen Mitteln und der gleichen Ausge-staltung von Programmen nur mit einer einfachen Zu-schusspolitik sämtliche Ziele, die man sich vornimmt,verfolgen. Wir haben 410 Millionen Euro für die Städte-bauförderung für 2012 vorgesehen. Es kommen 92 Mil-lionen Euro für die energetische Stadtsanierung hinzu.
Das gibt nach Adam Riese mehr als 500 Millionen Euro.Das ist ein deutlicher Aufwuchs. Sie können es nennen,wie Sie wollen. Es ist eine zukunftsgerichtete Städtebau-politik, die unter den gegebenen Umständen realistischund machbar ist.
Ich darf abschließend sagen: Diese Koalition steht füreine realistische und gute Städtebauförderung auch inZukunft. Es ist ein zentrales Instrument der nachhaltigenEntwicklung unserer Städte und Gemeinden. Wir wer-den mit aller Macht daran festhalten.
Ulrike Gottschalck hat jetzt das Wort für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eine Politik, die nicht für die Menschen da ist, son-
dern für sich selbst, kann uns gestohlen bleiben.
Dieses Zitat von Willy Brandt ist das Leitbild nicht nur
meiner persönlichen Überzeugung, sondern auch meines
politischen Handelns. Es dient, denke ich, heute auch
durchaus der Diskussion über die positiven Auswirkun-
gen der Städtebauförderung.
Willy Brandt hat aber nicht nur klug zitiert; er hat
auch klug und nachhaltig gehandelt, zum Beispiel indem
er 1971 die Städtebauförderung ins Leben gerufen hat.
Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass
die Städtebauförderung eine mittlerweile über vier Jahr-
zehnte andauernde und immer weiter fortgeschriebene
Erfolgsgeschichte ist.
Kern des Erfolgs der Städtebauförderung sind die
sichtbaren und erlebbaren Erfolge. Es ist die Zufrieden-
heit der Menschen, die sich mit ihren Wohnorten und
Quartieren identifizieren und ihr Lebensumfeld lebens-
und liebenswert gestalten. Was können wir uns mehr
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Ich will nicht weiter auf die Zahlen eingehen. Das ha-
en schon meine Vorredner gemacht. Ich will aber eines
eutlich sagen: Auch wenn Sie noch so viel hin- und
errechnen, Sie streichen erneut 45 Millionen Euro. Al-
s andere, was Sie uns vormachen, ist eine Milchmäd-
henrechnung.
Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Fricke zulassen?
Ja, bitte.
Frau Kollegin Gottschalck, ich bin einer von den in
olchen Debatten immer wieder beklagten Haushältern.
eswegen orientiere ich mich immer gerne an Zahlen.
enn die Opposition kritisiert, dass zu wenig Geld aus-
egeben wird, was ihr gutes Recht ist und auch vielleicht
twas Wahres enthält, dann würde ich von Ihnen gerne
issen, wie viele Millionen Euro zu wenig wir seitens
es Bundes im Bereich Städtebauförderung zur Verfü-
ung stellen. Oder sind es gar Milliarden?
Ich antworte Ihnen sehr gerne, Herr Kollege.Wir haben einen Antrag vorgelegt, in dem wir allesenau aufführen. Des Weiteren hat das Verkehrsministe-um unter Herrn Ramsauer eine eigene Studie in Auf-ag gegeben, die von 700 Millionen Euro ausgeht. Dieseittel brauchen wir, um unsere Städte und Gemeinden Ordnung zu bringen.
Da vermutlich eine entsprechende Nachfrage kommt,ann ich Ihnen auch gleich die Gegenrechnung aufma-hen. Hören Sie auf, von Steuersenkungen zu fabulieren!
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14289
Ulrike Gottschalck
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Nehmen Sie zum Beispiel Ihr Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz zurück! Auch dadurch können wir viel be-wegen.
– Das können wir herausrechnen. Es bleibt trotzdem ge-nug übrig. Sie rechnen, wie gesagt, nur die 45 MillionenEuro hin und her.Herr Körber, mein im Ausschuss sehr geschätzterKollege, Sie haben es sich heute ein bisschen mit mirverdorben. Ich fand Ihre Rede ziemlich arrogant.
Sie sollten vielleicht in der Lebenswirklichkeit ankom-men. Im Gegensatz zu Ihnen hat Franz Müntefering sehrpraxisnah das Lebensumfeld der Menschen vor Ort be-schrieben, statt rein theoretisch herumzufabulieren, et-was schönzureden und von Findungsphasen zu sprechen.In Findungsphasen stecken Sie noch.
Sie werden getrieben – das habe ich schon gesagt –,durchaus auch von der FDP, denke ich, über Steuersen-kungen zu fabulieren. Da spreche ich jetzt Herrn Götzan. Ich verstehe es nicht. Mit der CDU konnte man inFragen der Städtebaupolitik sonst gut zusammenarbei-ten. Lassen Sie sich nicht treiben! Wir können doch nichtauf der einen Seite über Steuersenkungen fabulieren undauf der anderen Seite die Daseinsvorsorge vor Ort ratz-fatz, ohne mit der Wimper zu zucken, zusammenstrei-chen.
Die Menschen in den Kommunen erfahren tagtäglich,wie schwierig es ist, wenn in ihrer Heimatgemeinde dieKohle fehlt, um die Infrastruktur zu erhalten oder auszu-bauen, wenn soziale Spaltung droht oder ganze Quar-tiere abgeschrieben werden müssen. Das können dochauch Sie von der CDU/CSU und der FDP nicht wollen.Wollen Sie wirklich riskieren, dass Identifikation verlo-ren geht, Stadtkerne verkommen,
Denkmäler nicht mehr gepflegt werden, Quartiere ver-wahrlosen und ehrenamtliches Engagement vor Ort zu-rückgeht?Ich mache bereits seit 1980 Kommunalpolitik. Ich binvor Ort Fraktionsvorsitzende.
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Frau Kollegin, Herr Schirmbeck würde Ihnen gern
ine Zwischenfrage stellen.
Ja, bitte.
Verehrte Frau Kollegin, Sie haben davon gesprochen,
ass es eine kommunale Verelendung in Deutschland
ibt. Wir haben das in Niedersachsen einmal untersucht.
ie zehn Gebietskörperschaften mit den geringsten
chulden in Niedersachsen waren von einer Partei re-
iert. Die zehn Gebietskörperschaften mit den höchsten
chulden waren auch von einer Partei regiert. Können
ie vielleicht die Frage beantworten, welche Partei wel-
he Kommunen regiert? – Man kann auch mit wenig
eld eine ordentliche Politik machen.
Werter Kollege, man kann auch Äpfel mit Birnen ver-leichen.
h sage Ihnen aus meiner ganz praktischen Erfahrung Landkreis Kassel: Wir haben auch ordentlich Schul-en,
ber wir setzen dort Prioritäten. Bei uns werden zumeispiel die Reinigungskräfte komplett ordentlich be-ahlt. Die Leistung wird nicht outgesourct. Das ist dieenke von Sozialdemokraten.
Sie weisen immer darauf hin, dass Sie so großennanziellen und wirtschaftlichen Sachverstand haben.
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Ulrike Gottschalck
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Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie bei derStädtebauförderung kürzen wollen; denn die rechnet sichdoch.
Wir brauchen die Kommunen für die Energiewende.Wir brauchen die Kommunen aber auch im Hinblick aufdie demografische Entwicklung; denn ohne die Kommu-nen werden wir die demografische Entwicklung nicht er-folgreich gestalten können. Dafür benötigen die Kom-munen Rüstzeug. Die Streichung des KfW-Programms„Altersgerecht Umbauen“ ist einfach vollkommen kon-traproduktiv in einer Zeit, wo wir auf die demografischeEntwicklung eingehen müssen.
Ich mache es jetzt kürzer: Wir brauchen die Pro-gramme „Städtebaulicher Denkmalschutz“, „Stadtum-bau Ost“, „Stadtumbau West“ und „Soziale Stadt“. AlleLandesbauminister, egal welcher Couleur, fordern ein-stimmig mehr Verlässlichkeit vom Bund.Die Kürzungen sind, wie eben schon gesagt, auchnoch volkswirtschaftlich unsinnig; denn 1 Euro Städte-bauförderung – wir haben es jetzt mehrfach gehört –stößt Investitionen von mindestens 7 bis 8 Euro an.Diese Förderung rechnet sich.Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind allegewählt, um zum Wohle des deutschen Volkes tätig zusein. Eine Politik, die nicht für die Menschen da ist, son-dern nur für sich selbst, kann uns gestohlen bleiben. Des-halb bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Ge-ben Sie unseren Kommunen Zukunft, und setzen Sie dieErfolgsgeschichte der Städtebauförderung fort!Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/6444 und 17/6447 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. –
Ich sehe, damit sind Sie einverstanden. Dann ist das so
beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 sowie Zusatz-
punkt 9 auf:
8 – Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid-Ope-
ration in Darfur auf Grundlage
der Resolution 1769 des Sicherheits-
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Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an der von den Vereinten Nationen geführten
Friedensmission im Südsudan
– Drucksachen 17/6449, 17/6511 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Rainer Stinner
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller
– Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 17/6512 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Klaus Brandner
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Sven-Christian Kindler
Über beide Beschlussempfehlungen wird später na-
entlich abgestimmt werden.
Für die Aussprache ist eine Dreiviertelstunde vorge-
ehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es
o beschlossen.
Ich gebe zunächst der Kollegin Marina Schuster das
ort für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Sudan hat einen jahrzehntelangen blutigen Bürger-rieg hinter sich. Morgen wird eine neue Seite in den
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14291
Marina Schuster
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Geschichtsbüchern aufgeschlagen. Morgen gründet sichder jüngste Staat Afrikas, der Südsudan. Schon zu Be-ginn des Jahres wurde ein großer Meilenstein geschafft,nämlich das Referendum über die Unabhängigkeit. Esging viel friedlicher vonstatten, als wir das alle hier er-wartet hatten. Ein großer Teil ist also schon geschafft.Aber die großen Aufgaben stehen noch bevor.Wenn wir uns die Gewaltausbrüche in den vergange-nen Wochen anschauen – heftige Zusammenstöße zwi-schen Nord und Süd in Abyei und Süd-Kurdufan, weiterandauernde Kämpfe zwischen dem Norden und Milizenin Darfur, aber auch Gewaltausbrüche innerhalb desSüdsudans –, dann erkennen wir, dass grundlegende Pro-bleme weiterhin noch nicht gelöst sind. Deswegen ist eswichtig, dass wir heute die beiden Mandate beschließen;denn die internationale Gemeinschaft darf in ihrem En-gagement nicht nachlassen, sondern muss auch weiter-hin ihren Beitrag für die langfristige Befriedung der Re-gion leisten. Auch Deutschland ist hier in der Pflicht.Die neue Mission UNMISS hat drei Aufgaben. Dieerste Aufgabe umfasst den Schutz der Zivilbevölkerung;dies ist ein robustes Mandat. Die zweite Aufgabe beziehtsich auf die Unterstützung beim Aufbau von Armee undPolizei. Die dritte Aufgabe ist eine ganz entscheidende,nämlich die Entwaffnung, Demobilisierung und Reinte-gration von ehemaligen Kämpfern.Ich sage an die Adresse des Südsudans ganz klar:Auch der Süden muss seine Hausaufgaben machen undseine Verpflichtungen erfüllen. Es darf nicht zu einemethnischen Klientelismus kommen; er muss Korruptionund Menschenrechtsverletzungen klar bekämpfen.
Die große Aufgabe, die es nach wie vor zu meistern gilt,ist der Aufbau eines funktionierenden Staatswesens.Dazu gehört der Zugang zu Bildung, zu Gesundheit undzu Infrastruktur.Auch der Norden ist weiterhin gefordert. Wir hoffen– darauf drängen wir –, dass sich der Norden bereiterklärt, dass UNMISS die Grenzüberwachung vom Nor-den her durchführen kann. Ich halte dies für dringend ge-boten. Die dramatische Situation, die wir in der Nuba-Region und in Süd-Kurdufan erleben, sowie die Schwereder Menschenrechtsverletzungen zeigen, dass gehandeltwerden muss. Für Abyei hat man Gott sei Dank mit demMandat UNISFA einen Weg zur entmilitarisierten Zonegefunden, der Zeit schafft, um die notwendigen Fragenzu klären. Wir hoffen alle, dass die Gewalt nicht wiedereskaliert.
Noch einige Worte zur Mandatierung selbst. Wir ha-ben bei der ersten Lesung dieses Verfahren ganz offenangesprochen. Natürlich sind wir, was die Mandatierungdes UMNISS-Mandats betrifft, in einer ungewöhnlichenSituation. Denn der formale Beschluss des VN-Sicher-heitsrats liegt gleich, wenn wir abstimmen werden, nochnicht vor. Dennoch ist ganz klar: Das Mandat ist hinrei-chend konkretisiert; es basiert auf dem Resolutionstext,üdhsLnddSvgwMwUletewhüdwwawdvdSwFactenddzAskLimhu
Unser Engagement beinhaltet ja nicht nur die beidenandate, sondern es geht viel weiter. Es sind die Ent-icklungszusammenarbeit, die humanitäre Hilfe, dienterstützung, die wir im Rahmen der Polizeimissionisten, aber es ist auch das, was wir im Vorfeld an Un-rstützung bei der Verfassungsreform geleistet haben,obei sich auch Professor Wolfrum sehr stark engagiertat.Unser Engagement fügt sich auch in das neue ressort-bergreifende Afrika-Konzept der Bundesregierung ein,as eben von den klassischen Geber-Nehmer-Struktureneggeht, sondern diese Partnerschaft auf Augenhöheill, und das gerade auch den Bereich „Peace and Security“ls einen Pfeiler sieht. Insofern ist es sehr kohärent,enn wir mit unserem Engagement dort fortfahren.Ich möchte noch auf den letzten Punkt eingehen, aufie Situation in Darfur. Natürlich hat die Staatsgründungiel mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber wirürfen nicht außer Acht lassen, was in Darfur geschieht.eit acht Jahren gibt es dort diesen Konflikt, und auchenn es bei den Friedensverhandlungen in Doha einigeortschritte gab, haben wir immer noch kein endgültigbgeschlossenes Friedensabkommen, und auch wesentli-he Parteien waren nicht in den Prozess einbezogen.Insofern bleibt viel zu tun für die Verhandlungen un-r Thabo Mbeki. Es ist uns allen klar, dass hier letztlichur ein tragfähiger politischer Konsens dauerhaften Frie-en bringen kann.Bis dahin wird die Hybridmission weiterhin notwen-ig sein; sie tut ihr Möglichstes, um die Flüchtlingslageru schützen und die humanitäre Situation zu lindern.ber es ist natürlich so: Die Mandate sind kein Politiker-atz. Der Schlüssel kann nur von den Verhandlungenommen. Nur da kann sich eine tragfähige, dauerhafteösung ergeben.
Unsere Soldaten werden im Rahmen von UNAMID Bereich der Einsatzführung und der Logistik weiter-in eine wichtige Rolle spielen. Ich bitte auch deshalbm breite Zustimmung zu diesem Mandat.
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14292 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Marina Schuster
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Lassen Sie mich zum Schluss meiner Rede unserenSoldaten im Einsatz ganz herzlich danken, aber auch denPolizisten, den zivilen Helfern, die seit Jahren im Sudanengagiert sind, für ihre ausdrücklich großen Leistungen,die sie dort in einer sehr schwierigen Situation vollbrin-gen.Vielen Dank.
Für die SPD-Fraktion hat jetzt Christoph Strässer das
Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Der Südsudan wird morgenoffiziell seine Unabhängigkeit erklären. Grundlage hier-für war die Vereinbarung zum umfassenden Frieden imJahre 2005 – das sogenannte Comprehensive PeaceAgreement –, die neben vielem anderen Wahlen, eineVolksabstimmung über einen Verbleib im Staatsgebietdes Sudan oder eine Abspaltung des Südens und dieGründung eines eigenen Staates, des 54. auf dem afrika-nischen Kontinent, beinhaltete.Beide Abstimmungen haben stattgefunden, beide hat-ten eindeutige Ergebnisse, beide sind unter Beobachtungund mit Unterstützung der internationalen Staatenge-meinschaft besser abgelaufen, als das gemeinhin be-fürchtet wurde. Dafür – das sage ich an dieser Stelleauch ganz bewusst – hat unter anderem auch die Missionder Vereinten Nationen, die alte UNMIS-Mission, einennicht unwesentlichen Beitrag geleistet. Viele, die denVerhandlungsprozess über Jahrzehnte begleitet haben,wissen auch, dass das CPA, dieses Abkommen, ohneUNMIS als konstitutivem Bestandteil nicht möglich ge-worden wäre.
Der deutsche Repräsentant bei den Vereinten Natio-nen, Botschafter Peter Wittig, hat am Dienstag erklärt,dass der Sudan gegenwärtig, insbesondere während derdeutschen Ratspräsidentschaft, im Fokus der Weltöffent-lichkeit stehe; man werde vorschlagen, die neue Repu-blik Südsudan schnellstmöglich in die UN-Vollver-sammlung aufzunehmen. Das unterstützen wir von derSPD-Fraktion nachdrücklich.Der sudanesische Präsident Omar al-Baschir, der perHaftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gesuchtwird und trotz vielfältiger Auslandsbesuche noch immernicht verhaftet ist, hat auch vernünftige Momente. Er haterklärt, dass sein Staat die neue Republik Südsudan an-erkennen und kooperieren werden. Wir alle hoffen sehr,dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt; dennerst vor kurzem rief al-Baschir seine Truppen zu wei-teren Kämpfen in der umstrittenen Grenzregion Süd-Kurdufan auf, die so lange andauern sollen, bis „das Ge-biet von Rebellen gesäubert“ sei. Nach Schätzungen derUreGauedsduSgzudzzsWvFddvaOGSsSderedDfüsgauteNluzeddmdwwMwS
Wir haben kurz vor der Teilung des Sudans den Streitm diese Grenzregion ansatzweise befriedet. Ob es sichabei um eine nachhaltige Regelung handelt, bleibt ab-uwarten. Die Verständigungen geben allerdings Anlassu der Hoffnung, dass die Konfliktparteien in der Lageind, ergebnisorientierte Regelungen zu vereinbaren.ir werden sehen, ob die Truppe, die in Addis Abebaerabredet wurde, in der Grenzregion für nachhaltigenrieden sorgen kann.Aber das alles macht deutlich, wie explosiv und fragilie Situation ist und vorerst auch bleiben wird. Nebeniesem Konfliktpunkt an der Grenze ist der Südsudanon einer rückständigen Infrastruktur, einer hohen An-lphabetenrate sowie inneren Widersprüchen geprägt.ffen sind zudem die Fragen nach der Verteilung vonewinnen aus dem Ölgeschäft, der Aufteilung derchuldenlast und dem Grenzverlauf sowie der Grenz-icherung insbesondere im Bereich der Stadt Abyei. Derüden steht damit vor gewaltigen Herausforderungen,ie er bewältigen muss, um nach der Unabhängigkeits-rklärung eine tatsächlich selbstständige Entwicklungalisieren zu können.In dieser Situation ist eine weitere Unterstützungurch die internationale Gemeinschaft dringend geboten.ie Regierung des Südsudan hat sich deshalb schon frühr eine weitere UN-Präsens in ihrem Territorium ausge-prochen und dementsprechend um eine Folgemissionebeten. Die SPD-Fraktion hält ein Folgemandat für dielte UNMIS insofern für äußerst sinnvoll und richtig,nd zwar weil die Erfolgsaussichten dieses neuen Staa-s im Süden jenseits der elementaren Beziehungen zumordsudan von wichtigen Elementen, wie der Entwick-ng einer pluralistischen Demokratie mit gestärktenivilgesellschaftlichen Kräften und dem Aufbau einesffektiven Staatsapparates, abhängen. Von ganz beson-erer Bedeutung ist jedoch für jede weitere Entwicklungie Stärkung des Sicherheitssektors. Anstrengungen, im-er noch hoch bewaffnete Milizen zu entwaffnen, sie zuemobilisieren und in eine zivilgesellschaftliche Ent-icklung zu integrieren, stehen an erster Stelle. Diesird nach unserer festen Überzeugung ohne ein robustesandat der Vereinten Nationen nicht möglich sein.Wenn Sie mir das schon nicht glauben, dann lassenir doch einmal Leute sprechen, die nicht nur einmal imudan gewesen sind und sich dort umgetan haben,
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Christoph Strässer
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Leute, die seit Jahren für zivilgesellschaftliche Organisa-tionen dort arbeiten. So fordert ein breites Bündnis afri-kanischer NGOs unter dem Titel „Beyond the Pledge“– das alles ist Ihnen zugegangen – die Garantiemächtedes CPA nachdrücklich auf, die Robustheit ihres Enga-gements zu verstärken. Der Regionalkoordinator derWelthungerhilfe in Nairobi, Johan van der Kamp, kriti-sierte die alte UNMIS in einer Presseerklärung desEvangelischen Pressedienstes vom gestrigen Tage:„Wenn es tatsächlich Kämpfe gab, war die UNMIS oftnicht da.“ Doch Kamp fordert aufgrund dieser Analysenicht das Ende der Mission, sondern – aus meiner Sichtfolgerichtig und konsequent –: „Die UN-Truppe brauchtein robusteres Mandat.“
Vielleicht noch unverdächtiger ist die Leiterin desOxfam-Büros in New York, Kirsten Hagon, die sich seitvielen Jahren mit diesem Thema befasst. Sie fordert inderselben Pressemitteilung die VN dazu auf, nicht „beider Ausstattung dieser Mission zu geizen“. Sie sagt wei-ter, eine Deckelung der Truppenobergrenze bei derneuen Mission wie bei der alten UNMIS von derzeit9 000 Soldaten und gut 1 500 zivilen Mitarbeitern gehezulasten der Zivilbevölkerung. – So weit die Repräsen-tantin der weltweit bekannten und gut arbeitenden Orga-nisation Oxfam.Unter diesem Aspekt sollten wir uns vor diesem Man-dat nicht drücken. Wir sollten dieses Mandat unterstüt-zen und dafür sorgen, dass das, was in dem Mandatsteht, in den nächsten Jahren möglich wird.In diesem Zusammenhang ein Appell an die Bundes-regierung: Herr Staatsminister, die Bundesrepublik hatin den nächsten sechs Monaten den Vorsitz des Weltsi-cherheitsrates. Wir rätseln in diesem Hause schon seitlängerem, was auf der Agenda stehen wird. Ich könnteein Beispiel nennen, was Sie jenseits der konkreten Ta-gesordnung tun könnten. Kümmern Sie sich darum, dassdas Mandat so ausgestaltet wird, dass die Rolle vonFrauen in Führungspositionen gestärkt wird. Das könntebei der Sensibilisierung des Konflikts eine große Rollespielen und würde der Bundesregierung international beider Umsetzung der Resolution 1325 sicher viel Renom-mee verschaffen.
Die Probleme, die bei der Verabschiedung des Man-dats diskutiert worden sind, sind bereits angesprochenworden. Es gibt, soviel ich weiß, seit zwei Stunden einenkonsolidierten Text des Weltsicherheitsrats, der nichtmehr veränderbar ist. Nichtsdestotrotz – das meine ichganz ernst – kann und darf es nicht die Regel in diesemHohen Hause werden, dass der Parlamentsvorbehalt ein-geschränkt wird. Wir müssen heute Abend genau hin-schauen, wie der Text lautet. Wenn er nicht mit demübereinstimmt, was wir hier im Deutschen Bundestag alsMandat beschrieben haben, dann müssen wir imSommer eine Sondersitzung des Deutschen BundestageszAueuIcuwindeDdwwsndtusddsdmDawkw1eWfrhudNKUndseEefewF
h will auch nicht dafür sorgen, dass das passiert.Zum Schluss noch einige Bemerkungen zu dem vonns begrüßten UNAMID-Mandat. Darfur ist ein Stückeit aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit geraten,sbesondere nach den Feierlichkeiten und den Umstän-en der Staatsgründung im Süden. Nichtsdestotrotz wäres ein fundamentaler Fehler, wenn wir die Situation inarfur außer Acht ließen. Wir haben darüber schon iner ersten Lesung diskutiert.Ich will dazu nur eine Anmerkung machen, die mirirklich wichtig ist: Viele Kolleginnen und Kollegenaren in den letzten Jahren in Darfur. Ich persönlich wariebenmal dort und habe Flüchtlingslager besucht, auchoch im vorletzten Jahr. Wenn ich höre, dass ernsthaftie Position vertreten wird – angesichts der aktuellen Si-ation und der Zuspitzung des Konflikts durch die Zer-plitterung der Rebellengruppen, die mittlerweile ein-eutig Teil des Problems sind und nicht mehr als Opferieser ganzen Entwicklung anzusehen sind –, den Men-chen in den Flüchtlingslagern sei dadurch geholfen,ass man Mediation organisiert und verhandelt, dannuss ich sagen, dass diese Position die reale Situation inarfur elementar verkennt. Es wird nicht anders gehen,ls diesen Menschen auch militärischen Schutz zu ge-ähren, damit sie in den Flüchtlingslagern überlebenönnen.Ein großes Flüchtlingslager heißt Abu Schuq. Esurde 2004 mit deutschen Mitteln für damals5 000 sich vorübergehend dort aufhaltende Flüchtlingerrichtet. Mittlerweile leben dort über 50 000 Menschen.ir haben mit diesen Menschen gesprochen und sie ge-agt, warum sie nicht in ihre Regionen zurückgehen. Sieaben uns ganz klar geantwortet: weil wir Angst haben,nd zwar nicht vor den UNAMID-Truppen, sondern voren Rebellen und der Dschandschawid-Truppe desordsudan, die uns nicht in Ruhe leben lassen, unsereinder rauben, uns vergewaltigen und dort weiterhin ihrnwesen treiben. – Das ist die Realität, die ich wahrge-ommen habe. Deshalb brauchen wir ein stärkeres Man-at für UNAMID, Herr Staatsminister, auch mit deut-cher Beteiligung. Sonst werden wir keine Lösungrreichen.
Wir werden morgen viele Feierlichkeiten erleben.ine Nachricht am Rande finde ich ganz wichtig. Es gibtin Verbot von Böllerschüssen bei den Unabhängigkeits-iern im Südsudan. Aber es wird morgen dort gefeierterden, und es wird für viele Menschen ein Tag derreude sein, ein Tag, den sie herbeigesehnt haben nach
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14294 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Christoph Strässer
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Jahrzehnten des Krieges, der Unterdrückung und derNot. Wir aus Deutschland sollten unseren Beitrag dazuleisten, dass diese Feiern nicht mit einem großen Katerenden. Nach 40 Jahren Bürgerkrieg, Tod, Unterdrückungund Vergewaltigung haben die Menschen im Sudan un-sere Solidarität verdient, und die sollten wir ihnen trotzder schwierigen Umstände auch gewähren.Schönen Dank.
Johannes Selle hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Am Anfang unserer Legislaturperiode gehörte derSudan zu den größten Sorgenkindern. Der Zeitplan desReferendums war in Verzug geraten und der Stand derVorbereitungen war besorgniserregend. Die Sorge einesausbrechenden Konflikts war allerorten zu vernehmen.In einem fraktionsübergreifenden Antrag wurde dieBundesregierung aufgefordert, diesem Prozess erhöhteAufmerksamkeit zu widmen und international alle An-strengungen zu unternehmen, um den friedlichen Pro-zess weiterzuführen.Trotz einiger Rückschläge, trotz gewisser Irritationenund regionaler Konflikte: Das Comprehensive PeaceAgreement wurde in wichtigen Punkten eingehalten.Das Referendum über die Eigenständigkeit des Süd-sudan wurde erfolgreich durchgeführt, und morgen wirdzum vorgesehenen Zeitpunkt die Unabhängigkeit desSüdsudan ausgerufen. Das ist ein großer Erfolg für alleSudanesen, die am Ende eines 20-jährigen Kampfes si-cher und friedlich in ihrem Land leben wollen. Das istein großer Erfolg der internationalen Gemeinschaft, diesich dort engagiert hat.Zur Überwachung des Comprehensive Peace Agree-ments wurde die Friedensmission UNMIS für den Sudaneingerichtet, die wichtige Funktionen wahrnahm undsich bewährt hat. Mit dem 9. Juli endet das UNMIS-Mandat, das für den gesamten Sudan gegolten hat. Andieser Stelle möchte ich ausdrücklich der Bundesregie-rung, Außenminister Westerwelle und Minister Niebel,danken, die diesen Prozess sehr aktiv begleitet und mitentsprechenden Ressourcen zeitnah ausgestattet haben.
Deutschland wird im Südsudan sehr positiv wahrge-nommen. Da ist es ein glücklicher Umstand, dass in derZeit der deutschen Präsidentschaft im UN-Sicherheitsratder Antrag der Republik Südsudan, als 193. Mitglied indie Vereinten Nationen aufgenommen zu werden, behan-delt wird. Inzwischen sind massive Konflikte in derNähe hinzugekommen, insbesondere in Libyen, die un-sere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.rumtiddinheNBTgzsvggW2zwRgsnsesgadswsfüDwMtoteMn7mBgddSdruh
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14295
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Prozesses anzuerkennen und ihre Sympathie für denweiteren Weg deutlich zu machen.Wir sollten die Bundesregierung, die wir aufgeforderthaben, aktiv zu werden, jetzt auch deutlich unterstützen.Es ist für unser internationales Ansehen wichtig, dasswir unter unserer Präsidentschaft die Republik Südsudanin den Vereinten Nationen am 13. Juli willkommen hei-ßen und dann auch sagen können, dass wir uns an derUN-Mission zur weiteren Stabilisierung beteiligen.
Christine Buchholz hat das Wort für die Fraktion Die
Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Bundestagsabgeordneten sollen heute über einen robus-
ten Bundeswehreinsatz nach Kap. VII der UN-Charta
entscheiden, für den noch kein Mandat des UNO-Sicher-
heitsrats vorliegt. Frau Schuster, Sie sagen, das sei kein
Vorratsbeschluss.
Das ist unglaublich. Wir werden der Regierung keinen
Blankoscheck geben.
Es ist auch bezeichnend, dass in dieser Debatte kein
Redner der Regierung spricht. Offensichtlich will keiner
von Ihnen den Kopf für diesen Blankoscheck, der ver-
fassungsrechtlich höchst fragwürdig ist, hinhalten.
Wir werden keinen einzigen Soldaten in einen Einsatz
schicken, von dem nicht klar ist, wie er genau aussehen
wird und welche Gefahren die Soldaten erwarten. Sie
sollten das ebenfalls nicht tun.
Möchten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin
Schuster zulassen? – Bitte schön.
Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass es parlamenta-
rische Praxis ist, dass bei einer Mandatseinbringung, bei
der ersten Lesung, die Regierung spricht und es dann das
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Nein, wir sind nicht bereit, einen solchen Präzedenz-ll zu schaffen. Ich finde es äußerst fragwürdig, dassiemand von der Regierung spricht.
enn das ist tatsächlich nicht Usus. Sie wissen beispiels-eise bezüglich der Situation in den Grenzregionenoch nicht, was der UN-Sicherheitsrat beschließen wird.
as heißt, gerade da, wo es brenzlig ist, gibt es noch gareine Klarheit. Aber Sie schicken die Soldaten dahin.
Sie sind schon da; aber Sie lassen sie dort, während Sie Sommerurlaub sind. Das halten wir für nicht akzepta-el.
Sie sagen, Sie wollen helfen, Zivilisten zu schützen.abei verbreiten Sie Unwahrheiten.In der Debatte am Mittwoch haben sowohl Herrißfelder als auch Frau Müller so getan, als ginge es beiem Mandat um den Schutz von Zivilisten in Abyei iner nordsudanesischen Provinz Süd-Kurdufan. Darumeht es aber nicht – der UN-Sicherheitsrat hat jedenfallsoch keinen Beschluss gefasst, und es liegt auch keineustimmung des Nordsudan vor –; es handelt sich näm-ch explizit um ein Mandat für den Südsudan. So, wieich die Nachrichtenlage darstellt, ist es sehr unwahr-cheinlich, dass der Nordsudan einem solchen Mandatustimmt, das auch das Staatsgebiet des Sudan betrifft.Gegen wen soll das Militär eigentlich eingesetzt wer-en? Bei internen Konflikten im Südsudan sind in die-em Jahr mehr Menschen getötet worden als in Darfur.abei handelt es sich um drei Arten von Konflikten:Erstens: Konflikte zwischen Stämmen um Weidelandnd Vieh. Soll die Bundeswehr etwa den Krieg gegentammesmilizen führen und dabei ganze Bevölkerungs-ruppen gegen sich aufbringen?
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14296 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Christine Buchholz
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Zweitens: Kämpfe zwischen ehemaligen Bürger-kriegsmilizen. Soll die Bundeswehr hier etwa dazwi-schengehen?Drittens handelt es sich um einen Einsatz an der Seiteder südsudanesischen Armee SPLA. Die SPLA ist be-kanntermaßen an Menschenrechtsverletzungen betei-ligt. Gestern kam die Meldung, dass Soldaten der SPLAOppositionelle attackiert haben. Wie soll die Bundes-wehr an ihrer Seite Zivilisten schützen und beim Aufbauder Demokratie mithelfen? Können Sie mir das erklä-ren?
Um die Beantwortung dieser Fragen drücken Sie sichherum. Sie wollen das Mandat heute durchpeitschen, umdann entspannt in den Sommerurlaub zu fahren. Dabeimachen wir nicht mit.
Wenn Sie den Menschen im Südsudan helfen wollen,ist eine realistische Einschätzung der drängendsten Pro-bleme wichtig. Die schwangerschaftsbedingte Sterblich-keit im Südsudan ist weltweit die höchste. Bei meinemBesuch im Südsudan im letzten November erfuhr ich,dass für ein 15-jähriges Mädchen die Wahrscheinlich-keit, bei der Geburt eines Kindes zu sterben, höher ist alsdie Chance, die Schule abzuschließen. Momentan sindMillionen Menschen durch die Dürre am Horn vonAfrika vom Hungertod bedroht.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Ströbele?
Nein, jetzt nicht mehr. – Bei der letzten Dürre dieser
Art im Juni 2009 mussten die Hilfsorganisationen mit ei-
nem massiven Kraftaufwand bis zu 4 Millionen Men-
schen – das sind etwa 40 Prozent der Bevölkerung – mit
Nahrungsmitteln versorgen, um eine Katastrophe zu ver-
hindern. Der eklatante Mangel an sozialer Infrastruktur,
die Armut, die Subsistenzwirtschaft unter schwierigsten
Bedingungen, das sind die wesentlichen Ursachen für
bewaffnete Konflikte. Militär ist da keine Hilfe.
Es gibt aber Möglichkeiten, den Menschen im Südsu-
dan zu helfen. Das Internationale Rote Kreuz zum Bei-
spiel geht aufs Land und hilft in den Dörfern dabei,
Brunnen zu bauen, und zwar mit den Hilfsmitteln, die
dort zur Verfügung stehen.
Diese Hilfe ist nachhaltig, weil sie auch noch wirkt,
wenn die Helfer gegangen sind. Leider gibt es nur zwei
solcher Teams, weil nicht genug Geld zur Verfügung
steht.
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Frau Kollegin, Sie haben leider eine Zwischenfrageon mir nicht zugelassen; deshalb möchte ich auf diesemege von Ihnen eine Antwort erhalten.
Sie haben auf die schwierige Situation im Sudan hin-ewiesen. Das sehe ich genauso. Das haben wir auch amittwoch im Auswärtigen Ausschuss entsprechend dis-utiert. Was mir aber fehlt: Wie lautet eigentlich Ihrentwort auf die Frage, was man jetzt dort machen soll?
Sie haben ja nicht gesagt, dass Sie überhaupt nichtollen, dass dort eingegriffen wird. Gerade haben Sieutreffend darauf hingewiesen, dass im ersten Halbjahrieses Jahres mehr Menschen im Sudan getötet wurdenls im gesamten letzten Jahr. Im Südsudan ist die Situa-on zurzeit dramatisch.Entscheidend ist: Sie haben nicht gesagt, dass Sierundsätzlich dagegen sind. Sie haben gesagt: Wir wol-n die Bundeswehr doch nicht in das Krisengebiet schi-ken, um in der Auseinandersetzung zwischen den Vieh-üchtern und den Bauern zu schlichten oder dortinzugreifen. Nehmen Sie doch einmal zur Kenntnisich habe im Auswärtigen Ausschuss nachgefragt –,ass die 50 Angehörigen der Bundeswehr, die vor Ortind,
berhaupt nicht im Felde sind; sie sind überhaupt nichtnterwegs und werden weder hier noch da eingreifen.ielmehr wird dort die Afrikanische Union eingreifen.Ich sage Ihnen: Ich bin gegenüber Militäreinsätzener Bundeswehr und anderer sehr skeptisch. Ich habemer gesagt: Was sollen unsere Soldaten auf den Kon-nenten Afrika oder Asien? Das sollen die Menschen,ie dort leben, selber regeln. – Jetzt ist im Südsudan diefrikanische Union mit einer starken Truppe vertreten.eutschland tut eigentlich nichts anderes, als die Afrika-ische Union organisatorisch, beratend und in den Stä-en ein bisschen zu unterstützen; die Bundeswehrämpft dort nicht. Was ist daran falsch?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14297
Hans-Christian Ströbele
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Nun kritisieren Sie, dass man nicht wisse, was derUN-Sicherheitsrat beschließen werde. Auch da habe ichim Auswärtigen Ausschuss nachgefragt. Es wurde mirgesagt – so steht es tatsächlich im Mandat –: Das Man-dat bezieht sich ganz klar auf den Vorschlag der UN-Re-solution, der uns vorliegt. Mir wurde gesagt: Wenn dieUN-Resolution in irgendeinem Punkte davon abweicht,dann bedarf es eines neuen Mandats; sonst müssen dieBundeswehrsoldaten dort abziehen. Das ist doch klar.Sie können nachlesen, was die Soldaten nach dem jetzi-gen Vorschlag der UNO dürfen. Wenn die UNO doch et-was an der Resolution ändert, dann muss ein neues Man-dat her oder die Bundeswehr muss abziehen.Es handelt sich hier um eine schwierige Situation.Welche Antwort geben Sie als verantwortungsvolle Poli-tikerin – so schätze ich Sie ein – angesichts dieser Situa-tion?
Kollegin Buchholz, Sie haben Gelegenheit zur Erwi-
derung.
Kollege Ströbele, ein wichtiges Detail ist bei der
Mandatierung überhaupt nicht berücksichtigt: die Situa-
tion in der Grenzregion, auf die sich ein wesentlicher
Teil der Reden bezogen hat. Es ist völlig unklar, wie sich
dieser Bereich der Mission in den nächsten Wochen und
Monaten entwickeln wird. Gerade heute konnte man in
den Zeitungen lesen, dass die nordsudanesische Regie-
rung nichts tun wird bzw. Zusagen, was die Mission in
Abyei angeht, zurücknimmt.
Herr Westerwelle hat selbst deutlich gesagt, dass es
im Rahmen dieses Mandates zu Kampfhandlungen kom-
men kann; die Soldatinnen und Soldaten, die im Süd-
sudan in der Fläche stationiert sind, sind natürlich immer
dem Risiko ausgesetzt, in lokale Konflikte einbezogen
zu werden. Sie müssen mir bitte einmal erklären, wie je-
der von Ihnen, der Soldaten dorthin schicken will, so et-
was ausschließen möchte.
Ihre Frage war, welche Lösung der dortigen Probleme
wir vorschlagen. Unsere Auffassung ist, dass der ge-
samte Ansatz, den die Vereinten Nationen, aber auch die
Bundesregierung, die sie tragenden Fraktionen und die
Opposition abseits der Linken vertreten, nämlich den
Ansatz der vernetzten Sicherheit, ein völliges Ungleich-
gewicht nach sich zieht, hin zu einem militärischen und
polizeilichen Schwerpunkt, weg von der Demobilisie-
rung, der Entmilitarisierung und dem Wiederaufbau.
Wir haben hier deswegen einen Entschließungsantrag
eingebracht; er liegt aus. Schauen Sie sich ihn genau an!
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Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention erteile
h Christoph Strässer.
Weil wir nicht vorzeitig aus der Sommerpause zu-
ckkehren wollen – das habe ich eben bemerkt –, ma-
he ich zwei Anmerkungen – leider bin ich vorhin nicht
azu gekommen –:
Erstens. Der Beitrag für den zivilen Wiederaufbau des
udans liegt bis 2011 bei über 600 Millionen Euro. Das
t ungefähr das Zehnfache dessen, was die Bundesregie-
ng für den militärischen Einsatz ausgibt.
Zweitens. Wenn wir linke Anträge lesen sollen, halte
h es für zumutbar, dass Sie von der Linken die konsoli-
ierten Texte des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
sen;
as wäre die Voraussetzung für eine gelungene Diskus-
ion.
Diese Resolution ist konsolidiert. Sie ist nicht mehr
eränderbar. Über sie wird abgestimmt. Sie trägt, wie
an hier sehen kann, auch nicht mehr die Überschrift
Draft“. Alle Fragen, über die wir hier heute reden, sind
indeutig geklärt. Es bleibt keine Unsicherheit. Ich
nde, man sollte auf Basis einer vernünftigen und sach-
chen Grundlage diskutieren und nicht über Schnee von
estern.
Möchten Sie noch einmal erwidern, Kollegin
uchholz? – Bitte.
Dies ist keine abschließende Fassung. Wir werdenier keinen Präzedenzfall schaffen. Wir werden diesemandat nicht zustimmen, bevor der UN-Sicherheitsratinen Beschluss gefasst hat. Das werden wir heute unduch in Zukunft nicht machen.
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14298 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Christine Buchholz
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Ich begrüße jeden Euro und jeden Dollar, den dieBundesregierung dem Sudan im Rahmen der Entwick-lungszusammenarbeit und für humanitäre Hilfe gibt.Meine Gespräche mit mehreren Akteurinnen und Akteu-ren im Südsudan haben deutlich gemacht, dass derHandlungsbedarf riesig ist. Deswegen sagen wir: DieGewichte müssen verschoben werden. Dort muss vielmehr getan werden. Deshalb bitte ich Sie, dem Ent-schließungsantrag der Linken zuzustimmen. Das wäreetwas anderes als die Unterzeichnung eines Blanko-schecks für diesen UN-Einsatz. Das wäre ein deutlichesSignal dafür, dass die Gewichte in der Sudan-Politik an-ders gesetzt werden.
Das Wort hat nun Kerstin Müller für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Buchholz, Ihr letzter Beitrag hat Folgendes deutlich
gemacht: Sie wollen nicht verstehen, weil Sie nicht zu-
stimmen wollen.
Das ist der eigentliche Punkt. Der Kollege Strässer hat es
Ihnen noch einmal erklärt.
– Hören Sie doch einmal zu! Wenn Sie sich den Entwurf
der UN-Resolution, den ich hier habe, anschauen, sehen
Sie, dass da steht: „Under silence procedure“ – die
Schweigepflicht ist inzwischen abgelaufen; so sagt man
das bei der UN – ist in Blau gesetzt. Das kann nicht mehr
verändert werden. Das wird ab 16 Uhr so beschlossen
werden. Also: Die Rechtslage ist hinreichend konkreti-
siert, kein Vorratsbeschluss. Suchen Sie hier nicht nach
Ausreden, sondern beziehen Sie sich konkret auf die
Lage im Sudan.
Ja, das ist eine Zeit des Aufbruchs für den Südsudan.
Das ist zugleich aber auch eine sehr kritische Zeit für
den Norden und den Süden. Das zeigen die weiterhin
vorhandenen Konflikte im Norden, in den Grenzregio-
nen Abyei und Süd-Kurdufan, aber auch in Darfur. In
Darfur muss es endlich um eine umfassende politische
Lösung gehen, in die alle Rebellengruppen, auch die
JEM, eingebunden sind.
Auch die zwischen Nord und Süd noch ungelösten
Fragen müssen angegangen werden. Diese Fragen sind
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Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Schäfer?
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ja. Das ist eigentlich viel zu viel der Ehre, aber gut.
Danke, Herr Präsident. – Frau Kollegin Müller, habenie konkrete, genaue Erkenntnisse darüber, wie dieNO respektive die truppenstellenden Nationen denuftrag des UN-Mandats, die Zivilbevölkerung zuchützen, umzusetzen gedenken? Gilt das absolut? Giltas in bestimmten Fällen? Haben Sie Erkenntnisse da-ber, dass es konkrete Vereinbarungen zwischen demeneralsekretär der Vereinten Nationen und der südsu-anesischen Regierung gibt, wie man das umsetzen will?Der Hintergrund meiner Frage liegt auf der Hand: Wiratten bereits zwei Mandate, UNAMID und UNMIS.arin waren der Schutzauftrag und die Aufforderung anie jeweiligen Regierungen enthalten, dafür Bewegungs-eiheit zu sichern. Wir wissen, wie das umgesetzt bzw.icht umgesetzt worden ist. Deshalb frage ich: Wie sollieser Auftrag umgesetzt werden?Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Herr Schäfer, mir sind diese Probleme bekannt. Michrstaunt nur, dass diese Frage von Ihnen kommt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14299
Kerstin Müller
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Bei der UNO wird zurzeit zum Beispiel darüber dis-kutiert, ob die Mission mit 7 000 oder vielleicht nur6 000 Einsatzkräften, wie sie hier angesetzt ist, ein Stückweit unterfinanziert ist bzw. zu wenig Personal vorsieht.Kollege Strässer hat eben die sehr kompetenten, für Siesonst als Referenzrahmen dienenden Äußerungen vonOxfam, von den Kirchen und von den NGOs, die vor Ortsind, zitiert. Die Lage ist sehr prekär. Die Einschätzungist: Wäre die UNO nicht vor Ort gewesen, hätte es wahr-scheinlich noch mehr Tote gegeben. Das Problem bisherwar eher, dass das Mandat nicht robust genug war. Ichfrage Sie: Fordern Sie jetzt als Linke, dass das Mandatrobuster wird? Jedenfalls zeigt das, dass wir einen Ein-satz nach Kapitel VII der UN-Charta auf jeden Fall brau-chen. Wir brauchen eher mehr und nicht weniger Schutzfür die Zivilbevölkerung.
Ich will auch auf den zivilen Teil eingehen. Die neueMissionsleiterin, Hilde Johnson, die wir auf unsererReise getroffen haben, will der Gefahr der Eskalationdurch Teams zur Konfliktprävention auf lokaler Ebenevorbeugen. Dafür braucht sie mehr ziviles Personal. Wa-rum, meine Damen und Herren von der Bundesregie-rung, engagieren wir uns da nicht stärker? Der Gesamt-anteil des zivilen Personals an UN-geführten Missionenbeträgt 1,2 Prozent. Das ist kein Ruhmesblatt. Ich würdemir im Hinblick auf die Mandatsverlängerung im Sep-tember 2011 ein stärkeres Engagement Deutschlands imzivilen Bereich wünschen. Das würden vielleicht allehier mittragen.
Die Entwaffnung und Demobilisierung ist ganz wich-tig; das wurde bereits erwähnt. Auch Sie haben das alsAufgabe formuliert. Ich frage mich, wie das ohne Trup-pen vonstatten gehen soll. Der südsudanesische Staat be-ginnt quasi bei null. Für den Aufbau staatlicher Institu-tionen, eines Rechtsstaats und eines Gesundheitssystembraucht der Süden unsere Unterstützung. Letztlich wer-den viele Erwartungen der Südsudanesen nicht nur dannerfüllt, wenn es um Stabilität und wirtschaftlichen Auf-schwung geht, sondern auch, wenn demokratische Struk-turen aufgebaut werden.Ich möchte einen heiklen Punkt bezüglich der SPLMim Süden ansprechen. Zu demokratischen Strukturen ge-hören eine pluralistische Gesellschaft, die Zulassung an-derer Parteien, freie Meinungsäußerung und Medien.Das alles ist, gerade wegen der ethnischen Vielfalt desSüdens, wichtig. Ich muss sagen, dass die SPLM davonnoch meilenweit entfernt ist. Wir müssen uns heute Sor-gen darüber machen, wie sie sich darstellt. Sie hat eineArt Alleinvertretungsanspruch: „Der Staat bin ich.“ Da-bei begeht sie sehr schwere Menschenrechtsverletzun-gen.Ich sage Ihnen: Auch wenn wir mit dem Süden soli-darisch sind und ihn unterstützen, werden wir das nichtaSJlaamdnWmUmmMlaSmDbwrabzutraSsJssaRwhgFc
Die Aufnahme des Südsudans durch die Staatenge-einschaft in die UN am 13. Juli 2011 wird für die Su-anesen ein großer Tag. Das allein macht noch keineneuen Staat; bauen müssen ihn die Südsudanesen selber.ir können sie dabei nur nach Kräften unterstützen. Wireinen: Die deutsche Beteiligung an UNAMID undNMISS ist ein erster wichtiger Schritt. Deshalb wirdeine Fraktion beiden Mandaten einstimmig zustim-en.Danke schön.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat Paul Schäfer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht zum erstenal werden bei einer Beratung über Bundeswehraus-ndseinsätze Emotionen bemüht. Wer wird sich demchutz unzähliger Zivilisten entziehen wollen? Nie-and!
ass man es dabei aber nicht immer so genau nimmt, ha-en wir gesehen. Herr Mißfelder, Sie haben am Mitt-och das Bild einer Familie in den Nuba Mountains he-ufbeschworen. Wir entscheiden hier über ein Mandatezüglich des Südsudan. Die Nuba Mountains gehörenum Nordsudan. Hier wird mit falschen Karten gespielt,nd zwar buchstäblich.
Wenn man den Schutz der Zivilbevölkerung ins Zen-um des Mandats stellt, dann muss man eine Frage be-ntworten: Schutz vor wem? In Jonglei, einer Provinz imüdsudan, sind in den letzten Wochen über 1 000 Men-chen von SPLA-Soldaten umgebracht worden. In deruba Post vom 20. Mai dieses Jahres – ich war zu die-em Zeitpunkt in Juba – hat ein General der SPLA ge-agt: Nach dem Unabhängigkeitstag werden wir mit denbtrünnigen Milizen aufräumen. – Das ist das, was imaum steht. Angesichts all dessen frage ich: Schutz vorem?Wir hatten eine ähnliche Situation in Darfur. Damalsat die SPLA-Regierung der UNO gesagt: Haltet euchefälligst heraus! – Man hat dieser Aufforderung bislangolge geleistet. Was will man denn auch anderes ma-hen? Ich will damit sagen: Es ist ein unauflösbarer Wi-
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14300 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Paul Schäfer
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derspruch, zu sagen: Wir verteidigen die SPLA-Regie-rung und die Zivilbevölkerung.
Wenn man sich eine unlösbare Aufgabe stellt, dannendet das in aller Regel mit einer Blamage bzw. damit,dass man in Misskredit gerät.
Ich will nicht, dass die UNO in Misskredit gerät. Ichwill, dass die UNO gestärkt wird.
Man kann natürlich auch sagen: Aha, ihr wollt alsomehr Soldaten und eine noch robustere Durchsetzung.Das wäre in diesem Falle aber nicht die Lösung, weilman dann andere gravierende Probleme bekommenwürde.
Ich nenne nur das Stichwort „Verhältnismäßigkeit derMittel“. Außerdem müsste man dem Sudan dann eineFremdherrschaft auferlegen. Das kann nicht die Lösungsein.Ich gehöre bekanntlich zu denjenigen, die UN-Peace-keeping-Einsätze nicht a priori und kategorisch ableh-nen.
– Ja, hören Sie doch einmal zu. – Aber diesem vor allemauf Kap. VII der UN-Charta gestützten Mandat, das aucheinen Kampfauftrag beinhaltet, kann man nicht zustim-men. Dieses Mandat muss man ablehnen.
Es wäre vernünftig gewesen, eine Beobachtungs- undStreitschlichtungsmission zu beschließen, die ein ge-naues Monitoring der Konflikte – Präsenz allein verän-dert schon das Verhalten der Akteure – und rechtzeitigediplomatische Vermittlungen für den Fall, dass die Span-nungen wieder zunehmen, vorsieht, um deeskalierend zuwirken.
Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Die
drei Minuten sind vorüber.
Das kann man tun. Das wurde bisher im Rahmen von
UNMIS gemacht, nicht mehr und nicht weniger. Das
wäre vernünftig gewesen. Einen Kampfauftrag zu be-
schließen, dessen Inhalt man ohnehin nicht in die Tat
umsetzt, mit dem man falsche Erwartungen weckt und
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Kollegin Müller, Sie haben Gelegenheit zur Erwide-ng.Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Schade, Herr Kollege Schäfer. Ich weiß, dass Sie demandat zu einem anderen Zeitpunkt schon einmal zuge-timmt haben. Ich glaube, Ihre Ablehnung hat vielleichther damit zu tun, dass die Linke derzeit sozusagen denückwärtsgang eingelegt hat und man jetzt nach geeig-eten Gründen für eine Ablehnung sucht.Ich will konkret auf Ihren Vorwurf eingehen, in demandat stehe nicht, dass die SPLA, also die Kämpfer derüdsudanesischen Truppen, Teil des Problems sind. Ichse Ihnen die entsprechende Passage aus dem Entwurf,er gleich von der UNO beschlossen wird, vor. Unterr. 3 b steht sehr deutlich, dass der Auftrag lautet:… protecting civilians under imminent threat ofhysical violence …“ Der Auftrag ist also, die Zivil-evölkerung zu schützen, wenn sie bedroht wird, insbe-ondere „when the government of the Republic of Southudan is not providing such security“. Das Problem wirdlso sehr offen angesprochen.Unter Nr. 13 heißt es dann ganz deutlich: Wir sagenanz klar und fordern die Republic of South Sudan auf,ie Straflosigkeit zu bekämpfen. Eingreifen wird mansbesondere dann, wenn illegale bewaffnete Gruppender Elemente der südsudanesischen Armee – „of theepublic of South Sudan security forces“ – Menschen-chtsverletzungen begehen.
as heißt, die Resolution ist an dieser Stelle eindeutig.
Ich frage Sie noch einmal: Was ist denn die Konse-uenz? Ich kenne die Empfehlungen von Crisis Action.ie Äußerungen von Oxfam haben Sie gehört. Ich er-nere auch an die Äußerungen der Kirchen. Alle sindich einig: Bisher hat UNMIS die Zivilbevölkerung nichtusreichend schützen können. Deshalb fordern sie: Wirrauchen eigentlich mehr Truppen.Wissen Sie, was sie noch sagen? Ich war gerade inew York bei Le Roy, dem DPKO-Chef. Er sagt: Wir alsuropäer dürfen den Auftrag, Kap. VII der Charta derereinten Nationen umzusetzen, nicht den Entwick-ngs- und Schwellenländern überlassen. – Bangladesch,dien und Pakistan sind die Haupttruppenstellerländer.iese Länder fordern: Europa muss sich stärker beteili-en. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14301
Kerstin Müller
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Das Wort hat nun Reinhard Brandl für die CDU/CSU-
Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Welt und wir blicken in diesen Stunden erwartungs-
voll in den Sudan, in ein Land, das seit Jahrzehnten wie
kaum ein anderes Land unter Gewalt, Krieg, Vertreibung
und wirtschaftlicher Not leidet: der Norden gegen den
Süden, die Auseinandersetzungen in Darfur im Westen
und zeitweise auch ein Konflikt im Osten.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb, weil diese
Auseinandersetzungen, diese Konflikte schon so lange
andauern – ist die Situation im Sudan in der deutschen
Öffentlichkeit kaum präsent. Vielen ist zudem nicht be-
wusst, dass wir, Deutschland, helfen: mit sehr vielen zi-
vilen Mitteln, aber auch mit Soldaten der Bundeswehr,
mit Polizisten und mit zivilen Helfern, die dort ihren
Beitrag für Frieden und Stabilität leisten. Auch wenn das
zahlenmäßig nur ein kleiner Beitrag ist, leisten sie dort
Großes, und das unter schwierigsten Bedingungen.
Ich möchte all denen, die für uns dort unten sind, von
dieser Stelle aus herzlich danken.
Sie sind ein sichtbares Zeichen dafür, dass Deutschland
den Sudan nicht vergessen hat und bereit ist, dort im
Rahmen der Vereinten Nationen Verantwortung zu über-
nehmen.
Wir befinden uns jetzt an einem wichtigen Meilen-
stein der Entwicklung dieses Landes. In wenigen Stun-
den wird der Südsudan offiziell seine Unabhängigkeit
erklären. Damit endet die sechsjährige Übergangsphase
gemäß dem Friedensabkommen nach dem Bürgerkrieg.
Damit endet auch das UNMIS-Mandat, mit dem die Ver-
einten Nationen diesen Prozess unter Beteiligung
Deutschlands begleitet haben.
Die Menschen im Südsudan haben sich Anfang Ja-
nuar in einem Referendum zu diesem Schritt entschie-
den. Dass dieses Referendum letztendlich friedlich
durchgeführt werden konnte und der Norden die Tren-
nung im Grunde akzeptiert, ist bereits ein Erfolg und
auch auf den Einsatz der Vereinten Nationen zurückzu-
führen.
Das Ziel von Frieden und Stabilität im Sudan ist aber
noch lange nicht erreicht. Das wurde uns durch die ge-
waltsamen Auseinandersetzungen in den letzen Wochen,
vor allem an der Grenze, vor Augen geführt. Der Verlauf
der Grenze ist noch ungeklärt. Insbesondere die Zuord-
nung von Abyei und Süd-Kurdufan ist noch nicht klar.
Die Aufteilung der Ölressourcen – dies war bisher die
Haupteinnahmequelle des Landes – ist noch nicht ge-
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Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol-
gen Hartwig Fischer für die CDU/CSU-Fraktion das
ort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichin sehr dankbar, dass wir seit Jahren interfraktionelllare Anträge zum Thema Sudan in dieses Parlamentingebracht und beraten haben.Es zeigt sich heute in den Beiträgen der Linken wie-er, dass deren Argumentation zu UN-Mandaten uner-äglich ist. Sie versuchen auch heute wieder, in perfiderorm zu unterstellen, dass es sich bei dem Mandat derundeswehr, mit dem wir einen dortigen Prozess beglei-n wollen, um einen Kampfeinsatz handele, Frauuchholz.Sie schreiben und fragen: Gegen wen soll das Mandatingerichtet werden? Wir richten kein Mandat gegen je-anden ein, sondern wir richten das Mandat für die Be-ölkerung im Südsudan und für die Vertriebenen undlüchtlinge in Darfur ein.
Sie fragen: Wollen wir zwischen den Bürgerkriegsar-een kämpfen? Nein, im Rahmen dieses Mandats sollersucht werden – das steht ausdrücklich in dem Antrag –,
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14302 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Hartwig Fischer
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alle Parteien zu entwaffnen und sich zwischen die Ar-meen zu stellen.Sie sagen: Die Wahrscheinlichkeit einer Frau, bei derGeburt ihres Kindes zu sterben; ist unglaublich hoch.Das wissen wir. Die Sterblichkeit von Kindern in denLagern in Darfur ist ebenfalls unglaublich hoch. Dashängt damit zusammen, dass es für diese Menschen kei-nen geregelten Zugang zu einer Gesundheitsversorgunggibt. Das hängt auch damit zusammen, dass Hilfsorgani-sationen keinen Zugang zu den Menschen haben, wennnicht die Militärs diesen Zugang sichern.
Sie sagen: Militär ist keine Lösung. Unter dem Deck-mantel des Pazifismus gehen dann das Sterben und dieVergewaltigungen weiter, und Sie sehen zu.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen undKollegen, ohne den Einsatz von UNAMID undUNMISS ist humanitäre Hilfe nicht möglich.
Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kolle-
gin Dağdelen?
Nein, ich möchte zuerst meine Ausführungen been-
den.
Wir sollten uns die Situation bei UNAMID noch einmal
vor Augen führen. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Linken, die mit uns dort gewesen sind,
daran zu denken, dass die Zahl der Flüchtlinge zum Bei-
spiel in dem Lager in Nyala von 20 000 über 50 000 auf
120 000 angewachsen ist. Dort sterben täglich zwischen
fünf und zehn Kinder; und in der Regenzeit vervielfacht
sich diese Zahl sogar. Dabei ist das schon ein abge-
sicherter Bereich.
In den Dörfern befinden sich rund 4,2 Millionen Ver-
triebene, die keinen regelmäßigen Zugang zu Lebens-
mitteln und sauberem Wasser haben. Weiter gibt es
2,7 Millionen Flüchtlinge, von denen 1,9 Millionen in
den Flüchtlingslagern sind. Dort werden sie zwischen
Angriffen der Dschandschawid-Milizen am Boden und
Angriffen aus der Luft durch Flugzeuge der Baschir-Re-
gierung, die – das war in der Vergangenheit jedenfalls
teilweise so – weiß angestrichen wurden, um sie wie
UN-Flugzeuge aussehen zu lassen, zerrieben.
Die Leistungen der Bundesregierung, gerade von
2009 bis 2011 – Herr Strässer hat das noch einmal deut-
lich gemacht –, sind vor allen Dingen humanitärer Natur.
Die UNAMID-Mission ist inzwischen auf 23 000 Solda-
ten und Polizisten angewachsen. Deutschland hat ent-
scheidend dazu beigetragen, dass ausgebildet worden ist,
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1)
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-mpfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem An-ag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteili-ung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der AU/UN-ybrid-Operation in Darfur, UNAMID.Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-ng auf Drucksache 17/6509, den Antrag der Bundesre-ierung auf Drucksache 17/6322 anzunehmen. Wir stim-en über diese Beschlussempfehlung namentlich ab.Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im Anschluss,lso gleich danach, noch über einen weiteren Bundes-ehreinsatz namentlich abstimmen werden. Außerdemerden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt, abwei-hend von der Ankündigung, über alle drei Anträge zuanzer- bzw. Rüstungsexporten namentlich abstimmen.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dieorgesehen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an denrnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Ab-timmung.Die obligate Frage: Haben alle anwesenden Abgeord-eten ihre Stimme abgegeben? – Das ist offensichtlicher Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitteie Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-ählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmungird Ihnen später bekannt gegeben.1)Ergebnis Seite 14310 D
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14303
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be-schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zudem Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung derBeteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dervon den Vereinten Nationen geführten Friedensmissionim Südsudan, UNMISS.Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 17/6511, den Antrag der Bundesre-gierung auf Drucksache 17/6449 anzunehmen. Wir stim-men über diese Beschlussempfehlung namentlich ab. Ichbitte also die Schriftführerinnen und Schriftführer, wie-der ihre Plätze einzunehmen. – Ich eröffne die Abstim-mung.Nun die obligate Frage: Haben alle anwesenden Ab-geordneten ihre Stimmkarte abgegeben? – Das ist offen-sichtlich der Fall. Dann schließe ich die Abstimmungund bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mitder Auszählung zu beginnen. Auch das Ergebnis dieserAbstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1)Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie herz-lich, Platz zu nehmen.Wir setzen jetzt die Abstimmungen fort und kommenzu dem Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke aufDrucksache 17/6514. Wer stimmt für diesen Entschlie-ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Der Entschließungsantrag ist gegen die Stimmen derFraktion Die Linke mit den Stimmen der übrigen Frak-tionen des Hauses abgelehnt.Ich rufe die Zusatzpunkte 10 bis 12 auf:ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan vanAken, Dr. Gregor Gysi, Wolfgang Gehrcke, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKEKeine Panzer an Saudi-Arabien verkaufen– Drucksache 17/6528 –ZP 11 Beratung des Antrags der Fraktion der SPDKeine Rüstungsgüter in Spannungsgebiete –Für die Einhaltung einer restriktiven Rüs-tungsexportpolitik– Drucksache 17/6540 –ZP 12 Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNENKeine Genehmigung zur Lieferung vonKriegswaffen an Saudi-Arabien– Drucksache 17/652 –Über alle drei Anträge werden wir später namentlichabstimmen.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeord-neten Gregor Gysi für die Fraktion Die Linke das Wort.etihswsAHd2eucjedKgastawdsgliDßDsdabKedbsed1) Ergebnis Seite 14313 A
nd meine, dass das Parlament hier ein klares Stoppzei-hen setzen muss. Jetzt ist das Parlament gefragt, undtzt muss es auch handeln.Die Panzerlieferung macht übrigens die gesamteeutsche Außenpolitik, auch die Sicherheits- undriegspolitik, völlig unglaubwürdig. Ich will das be-ründen.Diese Regierung hat uns gerade erklärt, dass sie denrabischen und nordafrikanischen Frühling in jeder Hin-icht unterstützt. Deshalb – diese Begründung findet sichtsächlich – müssten jetzt Waffen an die NATO gelieferterden, damit man Libyen bzw. Tripolis besser bombar-ieren könne, weil dies, zumindest angeblich, den Auf-tändischen und Demonstranten helfen werde. Wenn Sieleichzeitig entscheiden, auch Waffen an ein Land zuefern, das im Nachbarstaat einmarschiert ist, um dieemokratie- und Freiheitsbewegung zusammenzuschie-en, machen Sie sich restlos unglaubwürdig.
ie Bundesregierung wird absolut unglaubwürdig, wennie einmal Waffen mit der Begründung liefert, sie sollenen Freiheitskämpfern dienen, und zum anderen Waffenn ein Land liefert, das die Freiheitsbewegung im Nach-arland zusammenschießt. Wie wollen Sie dies Ihrenindern und Enkelkindern erklären?
Wenn man Waffen liefert, weiß man nie, wann sieingesetzt werden. Stellen Sie sich doch einmal Folgen-es vor: Es entsteht eine Demokratie- und Freiheits-ewegung in Saudi-Arabien, und auf die wird mit deut-chen Panzern geschossen. Ich frage Sie wieder: Wasrklären Sie dann Ihren Kindern und Ihren Enkelkin-ern?
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14304 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Dr. Gregor Gysi
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Sie begründen den Krieg in Afghanistan mit demKampf gegen Terror. Die übelste und gefährlichste Ter-rororganisation ist al-Qaida. Al-Qaida wird ausschließ-lich von den reichen Familien Saudi-Arabiens bezahlt.Auch hier wird die Politik restlos unglaubwürdig. Sieschicken Soldaten nach Afghanistan. Die verursachendort Tote, übrigens auch in den eigenen Reihen. Nach Ih-rer Erklärung dient das Ganze dem Kampf gegen al-Qaida. Gleichzeitig liefern Sie 200 Panzer an das Land,aus dem al-Qaida bezahlt wird. Wie erklären Sie denndas Ihren Kindern und Enkelkindern?
Die Panzer dienen nicht dem Gleichgewicht. Sie sindausdrücklich für den Einsatz gegen Aufständische undDemonstranten geeignet; denn sie sind mit Räumschild,Wasserwerfern, Tränengas etc. ausgerüstet.Krauss-Maffei Wegmann, das Unternehmen, das diePanzer liefert, hat an die Koalitionsparteien 200955 000 Euro gespendet. Das hat sich sehr gelohnt; dennzwei Jahre später bekommt es einen Milliardenauftrag.
Saudi-Arabien gibt mehr Geld für Militär aus als je-des andere Land in der Region, sogar mehr als der Iran,Israel, Irak und Ägypten zusammen, allein im Jahr 201043 Milliarden Dollar.Was ist Saudi-Arabien für ein Land? In Saudi-Ara-bien gibt es nicht einmal im Ansatz eine Gleichstellungvon Frauen und Männern. Frauen ist das Fahren vonPkw untersagt. Frauen unterliegen einer gesetzlichenmännlichen Vormundschaft, bis zur Ehe in der Regel derdes Vaters, danach der des Ehemanns. Ohne Genehmi-gung des Vormunds, also in der Regel des Ehemanns,darf eine Frau nicht einmal ins Ausland reisen.Ich glaube, es ist erstmalig in meiner Geschichte, dassich im Bundestag eine bestimmte Zeitung zitiere. Ich zi-tiere heute die Bild-Zeitung. Sie hat in der Ausgabe vongestern Folgendes wörtlich erklärt:Saudi-Arabien ist eine der schärfsten Diktaturen derWelt.
Politische Opposition gegen die königliche Herr-scherfamilie wird unterdrückt, auf Demonstrationenstehen drastische Gefängnisstrafen. Saudi-Arabienvollstreckt die Todesstrafe …– auch bei Homosexualität; ich bitte Sie: auch bei Ho-mosexualität die Todesstrafe! –durch Enthauptung mit dem Schwert. SaudischeTruppen halfen dabei, die Demokratiebewegung imNachbarstaat Bahrain blutig niederzuschlagen.All das steht in der Bild-Zeitung! Wenn Sie mir schonnicht glauben, dann werden Sie doch wenigstens derBild-Zeitung glauben.
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Das Wort hat nun Roderich Kiesewetter für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht schön,m letzten Tag einer Sitzungswoche sich gegenseitigeuchelei oder Zitate oder irgendwelche Besonderheitenus der Vergangenheit vorzuwerfen. Viel entscheidendert, dass wir uns als Parlamentarier einmal fragen: Wasaben wir hier für eine Diskussion?
iese Diskussion, die wir in dieser Woche zum zweitenal führen, fußt eindeutig auf mangelnder Transparenz.
s gibt in diesem Hause selten den Fall, dass wir keineninblick haben; ich glaube, darin sind wir uns einig.ber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nichten Fehler machen, Spekulationen Raum zu geben.
h möchte deswegen einige Punkte besonders anspre-hen. Sie machen es sich nämlich zu einfach, indem Sieopulistische Forderungen stellen.
Ich möchte Ihnen einige außenpolitische Punkte vonrundsätzlicher Bedeutung darstellen. Darum müssenir vielleicht ringen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14305
Roderich Kiesewetter
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Es ist für uns ganz entscheidend, dass wir die Sicher-heit Israels gewährleisten. Ich richte an Sie die Frage:Was sagen Sie dazu, dass Israel diese Panzerlieferungennicht nur wünscht, sondern ausdrücklich unterstützt?
Was sagen Sie dazu, dass Israel und die Palästinenser da-von profitieren, dass Saudi-Arabien einen Accord mitFatah und Hamas ausgehandelt hat, der dazu beiträgt,dass die Palästinenser auf eine relativ beruhigte Art undWeise zu einer Einigung kommen? Es ist ein VerdienstSaudi-Arabiens, dass Hamas und Fatah hier zusammen-arbeiten.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Vogler?
Nein, ich möchte meine Punkte im Zusammenhangvortragen.
Wir sehen aber Saudi-Arabien nicht durch die rosa-rote Brille. Wir wissen, dass die Christen dort in ihrerReligionsausübung behindert sind. Wir wissen, dass vondort Salafiten und Wahhabiten auch in Europa unter-stützt werden. Wir Parlamentarier haben mit Sorge denEinmarsch nach Bahrain beobachtet.Ich komme nun zur eigentlichen Frage. Wir wissennichts über eine Entscheidung; das ist die mangelndeTransparenz.
Sie spekulieren darüber. Ich möchte jetzt den Span-nungsbogen darstellen, den unsere Außenpolitik auszu-halten und zu vertreten hat. Es ist sehr einfach, in derOpposition Forderungen zu stellen. In der Regierung istes aber nicht immer einfach, Verantwortung zu tragen.
Die Koalitionsfraktionen – das ist mein Appell an unsalle in der Koalition – müssen unsere Regierung hier un-terstützen.
Wir haben die werteorientierte und interessengeleiteteAußenpolitik.
Es ist Aufgabe der Regierung, diesen Spannungsbogenzwischen Werten und Interessen auszuhalten.
Wtem–sliLinsddBwutuRmIhmwHJURWawneGtrwse1eh5WFsw
Politik ist ein hartes Geschäft, Herr Kollege Trittin.Es geht jetzt darum, dass wir einmal in die Regionchauen. Wir stehen nicht nur vor dem arabischen Früh-ng, wir stehen vor einem Paradigmenwechsel, was dieage im Mittleren und Nahen Osten angeht. Wenn Israel großer Sorge um das, was um das Land herum ge-chieht, mit Saudi-Arabien zu Vereinbarungen kommt,ann können wir das nur unterstützen. Ich weiß auch,ass in dem Spannungsbogen der Verantwortung dieundesregierung mit aller Kraft auf Saudi-Arabien ein-irken wird. Wir als Parlamentarier möchten – das istnser Aufruf –, dass die Regierung hier ihre Verantwor-ng wahrnimmt.Worum geht es? Seit über 40 Jahren haben wir dieüstungsexportrichtlinien. An die Adresse der Sozialde-okraten sage ich: Diese Richtlinien – sie wurden vonnen entwickelt und von Lothar Rühl weiter gefasst, da-it eine Regierung genug Flexibilität bekommt; dasurde noch letzte Woche gesagt – sind verbindlicheandlungsanweisungen für die Regierungen über all dieahre gewesen.
nser Land ist das einzige Land in Europa, das seineüstungsexporte in klarer Weise offenlegt.
ir werden in einem Jahr alles genau wissen. Es wäreber für unser Land schädlich, wenn Dinge offengelegtürden, die noch in der Vorabstimmung sind, die alsooch nicht endgültig abgestimmt sind. Für mich ist daherindeutig, dass wir die politischen Grundsätze, die dierünen im Jahr 2001 mitgetragen haben, genauso in Be-acht ziehen
ie die Richtlinien.In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmalagen: Wir könnten es uns als Regierungskoalition sehrinfach machen und darauf hinweisen, dass im Jahr998, im letzten Jahr der Kohl-Regierung, die Rüstungs-xporte einen Umfang von rund 1,3 Milliarden D-Markatten. Im Jahr 2000 hat sich dieser unter Rot-Grün auf,9 Milliarden D-Mark verfünffacht.
ir wollen uns aber nicht gegenseitig Zahlen vorwerfen.ür uns ist entscheidend, dass wir im Parlament über un-ere nationalen Sicherheitsinteressen diskutieren, undir werden das heute Nachmittag noch tun.
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14306 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Roderich Kiesewetter
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Entscheidend ist auch, dass unsere Regierung denSpannungsbogen zwischen Werten und Interessen er-kennt und aushält.
Wir von der Koalition sollten diese Politik nicht nur un-terstützen, sondern wir sollten den Blick auf den NahenOsten deutlich schärfer fassen, als wir es in der Vergan-genheit getan haben. Wir stehen in der Region, die un-sere Unterstützung braucht,
vor einem Paradigmenwechsel. Diese Unterstützung istsowohl hinsichtlich der zivilen Krisenprävention alsauch hinsichtlich der Nachbarschaftspolitik und der Lie-ferung von Rüstungsgütern ganz entscheidend.Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren,zum Abschluss ein Appell: Um diese Diskussion auchkünftig sauber, wahrhaftig und wahr halten zu können,
sollten wir ressortübergreifend an einer föderalen Si-cherheitsstrategie arbeiten, um die Ziele und Interessenwieder besser zusammenzubringen. In diesem Zusam-menhang unterstützen wir nicht die Anträge der Opposi-tion, sondern wir unterstützen
unsere Regierung, hier im Zusammenhang mit Saudi-Arabien zu einem klaren Verhältnis zu kommen.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Sigmar Gabriel für die SPD-Frak-
tion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
Kiesewetter, wir würden gern über die Grundlagen der
Außenpolitik und ihre Konsequenzen beim Rüstungsex-
port oder auch bei der Verhinderung von Rüstungsexport
diskutieren. Sie haben ja völlig zu Recht darauf hinge-
wiesen: Eine Regierung muss zwischen Interessen und
Werten abwägen. Aber es wäre nicht schlecht, wenn die,
die das machen würden, die Gründe für ihre Abwägung
mal dem deutschen Parlament und der Öffentlichkeit zur
Kenntnis geben würden, Herr Kollege Kiesewetter.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Haßelmann?
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h finde es unerträglich, dass das Kanzleramt hier nicht
nwesend ist.
Frau Kollegin, Sie haben natürlich völlig recht. Ichnde es allerdings ebenso unerträglich, dass der zustän-ige Außenminister nicht hier ist
nd sich durch die Staatssekretärin für Auswärtige Kul-rpolitik hier vertreten lässt.
Staatsministerin.
Die Abwertung Ihrer Kollegin Staatsministerin – dieseemerkung erlaube ich mir – nehmen Sie selber vor,icht wir.Ihnen, Herr Kiesewetter, sage ich: Es kann doch nichtein, dass Sie einfordern, dass wir über diese Güterabwä-ung diskutieren, und dass die dafür verantwortlichenitglieder Ihrer Regierung sich hier drücken. Die Kanz-rin hat die Richtlinienkompetenz im Bundessicher-eitsrat. Wir wollen ja gar nicht, dass sie hier vorstellt,as im Bundessicherheitsrat beraten oder entschiedenorden ist. Aber sie wird doch dazu in der Lage sein, dierundlagen ihrer Außenpolitik zu erörtern, und zwarsbesondere dann, wenn das, was hier gerade mit derieferung von 200 Panzern an Saudi-Arabien stattfindet,anz im Gegensatz zu dem steht, was sie und ihr Außen-inister mit großem Pathos dem Deutschen Bundestagnd der Öffentlichkeit hinsichtlich der Unterstützung deremokratiebewegung in Nordafrika vorher erklärt ha-en. Angesichts dessen wird man doch einmal fordernürfen, dass sie kommen und sich erklären.
Wissen Sie, meine Damen und Herren von den Koali-onsfraktionen, Sie verwechseln hier etwas. Sie glau-en, wir wollten über den Bundessicherheitsrat diskutie-n. Das kann man auch machen. Das ist nämlich ein
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14307
Sigmar Gabriel
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Instrument, das im Kalten Krieg entstanden ist und überdessen Entscheidungsfindungsmechanismen die Zeithinweggegangen ist. Aber darüber wollen wir heute garnicht reden. Wir wollen über die Grundlagen IhrerAußenpolitik sprechen, und dazu gibt es übrigens keinGeheimnisgebot. Ich wüsste jedenfalls nicht, dass beidieser Frage ein Geheimnisgebot für das Parlament oderdie Öffentlichkeit gilt. Sie verwechseln also das Thema,über das wir reden wollen. Wir wollen wissen, was Siein Ihrer Außenpolitik in diesem Fall dazu bringt, die Un-terstützung der Demokratiebewegung im Nahen Ostenund am Golf geringer zu schätzen als das Interesse an ei-nem stabilen, feudalen Herrscherhaus in Saudi-Arabien,das, wie von Ihnen eben aufgeführt, für Sicherheit bürge.Wir wollen genau diesen Unterschied zwischen Interes-sen und Werten von Ihnen erläutert bekommen. Es wäreübrigens ein Beitrag zur politischen Kultur, über dieseaußenpolitischen Fragen ganz offen zu diskutieren.
Wir wollen wissen, warum die scheinbare Stabilitäteines Herrscherhauses für Sie wichtiger ist als die De-mokratiebewegung und wie Sie die Widersprüche zwi-schen Ihren Reden und Ihrem Handeln auflösen. Dassdas bei Ihnen in der Koalition Kolleginnen und Kollegengenauso sehen, zeigt doch die aktuelle Meldung – ich zi-tiere –:FDP-Außenexperte: Merkel soll sich zu Panzerge-schäft äußernStinner hält Stillschweigen für schädlich
Der Außenexperte der FDP hat recht, meine Damen undHerren. Er hat recht.
Ich habe mit Interesse das Interview der Bundeskanz-lerin in der Mittelbayerischen Zeitung gelesen. DieÜberschrift lautet – Zitat Merkel –: „Ich kenne die Re-geln, im Fußball wie in der Politik.“ Das darf man ge-trost bezweifeln.
Ich habe Herrn Mißfelder zu seiner Rede gratuliert,nicht zu dem Inhalt seiner Rede, wohl aber zu dem Ver-such, eine politische Begründung zu geben. Er hat in derersten Debatte gesagt: Sie müssen doch verstehen, dassdie Drohung aus dem Iran dazu führt, dass wir mit Blickauf Israel verhindern müssen, dass Saudi-Arabien unterdie Kontrolle von schiitischen Militärs oder des Iran ge-rät. – Ich finde, dass man die Debatte darüber offensivführen kann.Ich möchte Ihnen in der Sache etwas entgegenhalten.Eigentlich möchte ich die Debatte darüber nicht mit Ih-nen, sondern mit Ihrer Regierung führen, die das ent-schieden hat. Da Sie aber schon die Stellvertretung derRsleKg–PIckIrbdStimdzggVnasdsddSloSsrüsd
se ich Ihnen vor, was die Experten, die im Auftrag desanzleramtes arbeiten, dazu sagen. In der heutigen Aus-abe des Tagesspiegels steht:Braucht Saudi-Arabien deutsche Panzer, umschlagkräftige Argumente gegen den Iran zu ha-ben? Diese Sichtweise weist Volker Perthes, Direk-tor der Stiftung Wissenschaft und Politik , diese wird vom Kanzleramt finanziert und arbeitet demarlament, aber insbesondere dem Kanzleramt zu –,als „abwegig“ zurück.
h zitiere weiter:„Wenn sich Saudi-Arabien auf eine Auseinander-setzung mit dem Iran vorbereiten würde, dann si-cherlich nicht mit Panzern“, sagte der Nahostex-perte dem Tagesspiegel.Dafür gibt er eine relativ einfache Erklärung: Es gibteine Landverbindung zwischen Saudi-Arabien und deman. Dazwischen liegt der Irak. Deswegen ist die Kritikerechtigt. Sie müssen im Zweifel damit rechnen, dassie infrage stehenden Panzer nicht zur Verteidigung dericherheit Israels eingesetzt werden, sondern innenpoli-sch oder bei den Nachbarn zur Unterdrückung der De-okratiebewegung. Genau das findet dort statt.
Die Waffen, die Sie liefern wollen, bedrohen nichten Iran, sondern die Demokratiebewegung. Sie schüt-en nicht Israel, sondern ein feudales Herrscherhaus. Sieefährden im Zweifel – das will ich deutlich sagen – ir-endwann auch uns; denn wir im Westen wissen aus derergangenheit – die amerikanische Außenpolitik wurdeach dem Motto „Der Teufel, den wir kennen, ist besserls der, den wir nicht kennen“ betrieben –, dass so etwaschnell schiefgehen kann. Zuerst Waffen und dann Bun-eswehrsoldaten in Friedens- oder Kriegseinsätze zuchicken, die unter anderem dazu dienen, den Betreffen-en die Waffen wieder abzunehmen, das ist keine beson-ers kluge Außenpolitik. Sie ist gefährlich für unsereoldatinnen und Soldaten.
Sie machen das, entweder weil Sie vor der Rüstungs-bby eingeknickt sind oder weil Sie vor den Vereinigtentaaten eingeknickt sind, weil Sie sich nach Ihrem De-aster in der Libyen-Debatte im UN-Sicherheitsrat zu-ckkaufen wollten. Beides wären keine Gründe für eineouveräne Entscheidung einer Bundesregierung. Es hatas deutsche Parlament zu interessieren, ob unsere Re-
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14308 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Sigmar Gabriel
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gierung souverän entscheiden kann oder ob sie demDruck – von wem auch immer – weicht und solchen An-fragen stattgibt.
Herr Kollege Gabriel, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Uhl?
Selbstverständlich.
Herr Kollege Gabriel, Sie fordern eine Parlamentsde-
batte über einen Rüstungsexport im Vorfeld von Ver-
tragsverhandlungen
bzw. von Vorvertragsverhandlungen.
Können Sie sich erinnern, ob es in der siebenjährigen
Amtszeit von Gerhard Schröder auch nur einen einzigen
Fall gegeben hat, in dem dieses Parlament vor Beginn
von Vertragsverhandlungen über irgendeinen Rüstungs-
export in irgendein Land eine solche Debatte geführt
hat? Wenn Sie das bejahen, nennen Sie mir bitte den
Ausgang der betreffenden Vertragsverhandlungen. Oder
geben Sie zu, dass das betreffende Geschäft hätte schei-
tern müssen?
Herr Kollege Uhl, wenn ich das richtig weiß – –
– Herr Dr. Uhl! Vielen Dank, dass der Vorsitzende derCDU/CSU-Fraktion darauf hinweist, dass es sich dies-mal um Herrn Dr. Uhl handelt.
– Da müssen Sie sich bei Ihrem Kollegen bedanken.Herr Dr. Uhl, die Antwort auf die Frage ist ganz ein-fach: Ihre Regierung verstößt gerade gegen die eigenenRichtlinien für den Rüstungsexport.
Deshalb muss man darüber diskutieren.
Wenn eine Regierung das nicht tut, dann braucht dasParlament auch nicht darüber zu diskutieren. Das istdoch das Problem.–nAliduMfüWsgdlavwMLnwleladinSdgsDfedblible
Die Frage war, warum so etwas in der Vergangenheiticht öffentlich im Parlament diskutiert worden ist. Dientwort darauf ist: Weil sich die Regierung an die Richt-nien gehalten hat. Sie tun das nicht.
Die von Herrn Kiesewetter zitierten Richtlinien füren Rüstungsexport sind doch unter Rot-Grün geändertnd verschärft worden. Es wurde die Einhaltung derenschenrechte als zentraler Parameter dafür einge-hrt, ob man Rüstungsgüter exportieren darf oder nicht.ir müssen darüber reden, wenn Sie das heute andersehen.Übrigens ist es doch ein Treppenwitz, wenn jetzt soetan wird, als gäbe es keine Entscheidung und deshalbürfe das Parlament nicht darüber reden. Ganz Deutsch-nd redet darüber. Wenn wir nicht darüber reden, dannerstärken Sie noch den Eindruck, den es draußen so-ieso schon gibt, nämlich dass wir uns hier mit allemöglichen, nur nicht mit dem beschäftigen, was dieeute interessiert.
Wir können Sie nur eindringlich auffordern, die Ge-ehmigung zur Ausfuhr entweder zurückzuziehen oder,enn sie noch nicht endgültig gefallen ist, nicht zu ertei-n. Kommen Sie zum außenpolitischen Konsens, dernge Zeit in Deutschland galt, zurück und beenden Sieie Irrfahrt, mit der Sie unserem Land in Europa und aufternationaler Ebene die Zusammenarbeit erschweren.
Wenn Sie der Lieferung von 200 Kampfpanzern nachaudi-Arabien zustimmen, dann überschreiten Sie ein-eutig den Rubikon und verlassen den Pfad einer werte-ebundenen Außenpolitik. Sie versagen in einer histori-chen Situation, in der Deutschland und Europa dieemokratiebewegungen unterstützen müssen, aber nichtudale Herrscherhäuser, die bereit sind, diese zu unter-rücken.
Deswegen werden Sie dazu unsere Zustimmung nichtekommen und auch nicht die, so glaube ich, der Öffent-chkeit. Stoppen Sie diese Irrfahrt, die Sie begonnen ha-en! Sie tun sich, dem Land und Nordafrika einen Gefal-n.Vielen Dank.
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Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-
gen Stinner.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Gabriel, ich bin
Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Kollegen Hans-Peter
Uhl hier identifiziert haben, damit nicht die Gefahr be-
steht, dass er mit Ihrem ehemaligen Bundestagskollegen
Hans-Jürgen Uhl, der VW-Betriebsrat war und wegen
Lustreisen aus der IG Metall und der SPD ausgetreten
ist, verwechselt wird.
Wir legen Wert darauf, dass keine Verwechslung ge-
schieht.
– Ich habe mit der „Uhlerei“ nicht angefangen.
Da Sie, Herr Gabriel, mich als Kronzeugen für Ihre
Politik herangezogen haben, möchte ich Ihnen sehr deut-
lich sagen, was ich hierzu ausgeführt habe. Ich habe Ih-
nen erstens vorgeworfen, dass ich es als unerträglich
empfinde, in welcher Weise sich Ihre Partei von langjäh-
rigem Regierungsverhalten verabschiedet hat, und dass
das in starkem Widerspruch zu dem steht, was Sie selbst
jahrelang gemacht haben.
Ich habe Ihnen zweitens vorgeworfen, dass Sie es als
Regierungspartei abgelehnt haben, die Geheimhaltungs-
pflicht des BSR aufzuheben.
Ich habe Ihnen drittens vorgeworfen, dass Sie in Ihrer
Amtszeit in erheblichem Umfang Kriegswaffen – es wa-
ren keine Spielzeuge, Frau Keul – nach Saudi-Arabien
geliefert haben. Sie haben im Jahr 2008, als Herr
Steinmeier und Frau Wieczorek-Zeul im Bundessicher-
heitsrat waren, die Rüstungslieferungen nach Saudi-Ara-
bien mehr als verdreifacht.
Es ist völlig unredlich, diese Bundesregierung zu einem
Exportmonster zu stilisieren.
Ich bin viertens in keiner Weise auf den Inhalt der
eventuell vorhandenen Entscheidung eingegangen. Ich
habe nur gesagt, dass ich davon ausgehe, dass diese Bun-
desregierung, falls es eine solche Entscheidung gegeben
haben sollte, mit großer Sicherheit das Pro und Kontra in
großer Verantwortung abgewogen hat. Ich kann Ihnen,
Herr Gabriel, sagen: Ich habe diesbezüglich in diese
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Herr Präsident! Herr Kollege, erstens neige ich in derat nicht dazu, Menschen zu verwechseln. Trotzdemanke ich für die qualifizierte Einführung in die Na-enskunde.
Zweitens. Ich wiederhole ausdrücklich: Der Unter-chied zwischen dem Handeln der von Ihnen getragenenegierung und dem früherer Regierungen von SPD undrünen ist, dass wir uns an die Exportrichtlinien gehal-n haben
nd dass wir – wie übrigens Herr Dr. Kohl und andereegierungschefs – 30 Jahre lang, wenn Saudi-Arabienanzer wollte, immer Nein gesagt haben.
Nach meinem Kenntnisstand hat sich damals Herröllemann noch darüber beklagt, dass es zu keiner Lie-rung gekommen ist.
Herr Kollege Fricke, ich kann nichts dafür, dass ichtzt die Chance habe, zu antworten. Das ist in der Ge-chäftsordnung so vorgesehen. Deshalb müssen Sie dastzt ertragen.
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14310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Sigmar Gabriel
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Wir – auch Sie – haben uns 30 Jahre lang daran gehal-ten, keine Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern, weildas durchaus einen qualitativen Unterschied macht. Dashaben wir auf allen Straßen und Plätzen, wo es Demo-kratiebewegungen gegeben hat, gesehen.Drittens. Ich hoffe, dass Sie hier nicht Ihr eigenes In-terview dementieren; denn dort heißt es – ich zitiere –:Die Kanzlerin und die beteiligten Minister könnensich dann nicht mehr schablonenhaft hinter dasSchild „geheim“ stellen.Ich finde, Sie haben recht, Herr Kollege; das tun die Da-men und Herren der Regierung aber weiterhin.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir diskutierenhier nicht darüber, ob es Rüstungsexporte gibt odernicht. Das könnten wir tun. Es gibt gute und wenigergute Gründe dafür, darüber zu reden bzw. es zu verbie-ten. Vielmehr reden wir über einen ganz konkreten Fallund über die daraus entstehenden Konsequenzen für dieDemokratiebewegung im Nahen Osten und am Golf.
Wir diskutieren auch nicht darüber, ob der DeutscheBundestag Rüstungsexporte im Einzelfall genehmigensoll oder nicht.
Das steht auch nicht in unserem Antrag, sondern dortsteht, dass, wenn eine positive Entscheidung gefallen ist,wir dies wissen wollen.Übrigens halte ich es im Zeitalter des Internets für re-lativ schwierig, zu glauben, dass man irgendwohin Pan-zer liefern kann und keiner, wenn dann die Leos durchSaudi-Arabien fahren, fragt, woher die kommen. WennSie solche Geschäfte machen, dann können Sie davonausgehen, dass man das zurückverfolgen kann. Wenneine Regierung sagt: „Ja, wir stehen dazu, wir haben ineiner Güterabwägung entschieden, diesem Export zuzu-stimmen“, warum soll man das in diesem positiven Fallnicht von vornherein der deutschen Öffentlichkeit unddem Parlament zur Kenntnis geben? Erklären Sie mirdas einmal!Wenn Ihr Argument ist: „Warum habt ihr das frühernicht selber gemacht?“, dann würde ich sagen: Sie habenrecht, das hätten wir machen sollen. – Dann machen wires doch bitte jetzt gemeinsam, da wir merken, dass dasnotwendig ist.
Das ist doch ganz einfach.
Eines ist doch klar: Wenn man uns oder Sie fragt, obwir immer alles richtig gemacht haben, dann sagen wiroft: Natürlich haben wir immer alles richtig gemacht.GleimgfügwdePssDmnScwmKFDinErendtegmsdGraggg
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Zwischenbe-erkungen: Erstens. Auf Kurzinterventionen kann manicht mit einer weiteren Kurzintervention reagieren.onst würden wir in eine eigentümliche, unübersichtli-he Debatte geraten.Zweitens zu dem Namensstreit, da ich ein ganz kleinenig beteiligt war. Das gibt es ja, dass einem im Mo-ent ein Name nicht einfällt. Deswegen habe ich demollegen Gabriel vorgesagt: Uhl. – Daraufhin hat derraktionsvorsitzende der CDU/CSU gerufen: Dr. Uhl! –arauf hat Kollege Gabriel reagiert. Das geschah nicht einer beleidigenden Absicht.
r hat damit lediglich auf den Zwischenruf „Dr. Uhl!“agiert. Ich sage das nur, damit wir bei aller Polemikicht an der falschen Stelle eine Schärfe vermuten.Jetzt erlaube ich mir, zur Beruhigung der Emotionenas von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermit-lte Ergebnis der beiden namentlichen Abstimmun-en mitzuteilen.Zunächst zum Ergebnis der namentlichen Abstim-ung zur Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-chusses zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffnetereutscher Streitkräfte an der UNAMID-Mission aufrundlage der Resolution 1769 des Sicherheits-tes der Vereinten Nationen vom 31. Juli 2007 und Fol-eresolutionen: Abgegebene Stimmen 554. Mit Ja habenestimmt 490, mit Nein haben gestimmt 63, Enthaltun-en 1. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.
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Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 554;davonja: 490nein: 63enthalten: 1JaCDU/CSUIlse AignerPeter AltmaierPeter AumerThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Manfred Behrens
Peter BeyerSteffen BilgerClemens BinningerPeter BleserWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachNorbert BrackmannKlaus BrähmigDr. Reinhard BrandlHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeDr. Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttDr. Thomas FeistEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachDr. Hans-Peter Friedrich
Michael FrieserErich G. FritzDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelAlexander FunkIngo GädechensDr. Thomas GebhartNorbert GeisAlois GerigEberhard GiengerJosef GöppelPeter GötzDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMMMOFJüGDHMUFRMJüAEPCRKFATDDBHSBSVDREVAJeMDTMGDRBDGDADKUDPDInMPDDKDHASarkus Grübelanfred Grundonika Grütterslav Guttinglorian Hahnrgen Hardterda Hasselfeldtr. Matthias Heiderelmut Heiderichechthild Heilrsula Heinen-Esserrank Heinrichudolf Henkeichael Hennrichrgen Herrmannnsgar Hevelingrnst Hinskeneter Hintzehristian Hirteobert Hochbaumarl Holmeierranz-Josef Holzenkampnette Hübingerhomas Jarzombekieter Jasperr. Egon Jüttnerartholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen Kampeterernhard Kaster
olker Kauderr. Stefan Kaufmannoderich Kiesewetterwa Klamtolkmar Kleinxel Knoerigns Koeppenanfred Kolber. Rolf Koschorrekhomas Kossendeyichael Kretschmerunther Krichbaumr. Günter Kringsüdiger Kruseettina Kudlar. Hermann Kuesünter Lachr. Karl A. Lamers
ndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertatharina Landgraflrich Langer. Max Lehmeraul Lehriederr. Ursula von der Leyengbert Liebingatthias Lietzatricia Lipsr. Jan-Marco Luczakr. Michael Lutherarin Maagr. Thomas de Maizièreans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
DMDDPDMDDBMDFEHDRUDSBRCRETDEKLJoJoDDEAADDDKNTGCPDNDBUADJoRDBTJoCDECDGSMr. Michael Meisteraria Michalkr. h. c. Hans Michelbachr. Mathias Middelberghilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müllerr. Philipp Murmannernd Neumann
ichaela Nollr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otter. Michael Paulita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeiffereatrix Philipponald Pofallahristoph Polanduprecht Polenzckhard Polshomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
othar Riebsamensef Riefhannes Röringr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckrwin Rüddellbert Rupprecht
nita Schäfer
r. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanr. Andreas Scheuerarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckhristian Schmidt
atrick Schniederr. Andreas Schockenhoffadine Schön
r. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummer
etlef Seifhannes Selleeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter Stierero Storjohanntephan Strackeax StraubingerKTLMDADAVSADMKMPSInPAKEDDWWSInRHDKSBSDLGKBEMPMEGSInSPKEGDDSMMIrGUAMMW
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14312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Hans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannMichael Hartmann
Hubertus Heil
Rolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogGabriele Hiller-OhmFrank Hofmann
Dr. Eva HöglChristel HummeJosip JuratovicOliver KaczmarekJohannes KahrsUlrich KelberLars KlingbeilHans-Ulrich KloseDr. Bärbel KoflerDaniela Kolbe
Fritz Rudolf KörperNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerChristine LambrechtChristian Lange
Dr. Karl LauterbachSteffen-Claudio LemmeBurkhard LischkaGabriele Lösekrug-MöllerKirsten LühmannCaren MarksKatja MastHilde MattheisPetra Merkel
Ullrich MeßmerDr. Matthias MierschFranz MünteferingDr. Rolf MützenichAndrea NahlesDietmar NietanThomas OppermannHolger OrtelAydan ÖzoğuzHeinz PaulaJohannes PflugDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertStefan RebmannGerold ReichenbachDr. Carola ReimannSönke RixRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Marlene Rupprecht
Axel Schäfer
Bernd ScheelenMarianne Schieder
Werner Schieder
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Carsten Schneider
Ottmar SchreinerSEFDSRDSPDCKDFWRUDAHDWDMBFJeCCDFSCNKRAEMSHRDPMRJöUOPDDHHMDHMEBDHMDPwen Schulz
wald Schurerrank Schwaber. Martin Schwanholztefan Schwartzeita Schwarzelühr-Sutterr. Carsten Sielingonja Steffeneer Steinbrückr. Frank-Walter Steinmeierhristoph Strässererstin Tackr. h. c. Wolfgang Thierseranz Thönnesolfgang Tiefenseeüdiger Veitte Vogtr. Marlies Volkmerndrea Wickleineidemarie Wieczorek-Zeulr. Dieter Wiefelspützaltraud Wolff
agmar Ziegleranfred Zöllmerrigitte ZypriesDPns Ackermannhristian Ahrendthristine Aschenberg-Dugnusaniel Bahr
lorian Bernschneiderebastian Blumenthallaudia Bögelicole Bracht-Bendtlaus Breilainer Brüderlengelika Brunkhorstrnst Burgbacherarco Buschmannylvia Canelelga Daubeiner Deutschmannr. Bijan Djir-Saraiatrick Döringechthild Dyckmansainer Erdelrg van Essenlrike Flachtto Frickeaul K. Friedhoffr. Edmund Peter Geisenr. Wolfgang Gerhardtans-Michael Goldmanneinz Golombeckiriam Grußr. Christel Happach-Kasaneinz-Peter Hausteinanuel Höferlinlke Hoffirgit Homburgerr. Werner Hoyereiner Kampichael Kauchr. Lutz Knopekascal KoberDGDSHPHSHCDMDOHPGJaPBDDHCGDDDDBFCJiMDWJuJoDTDSFSJoDDDDHBDMVCBEKHHDKKr. Heinrich L. Kolbudrun Koppr. h. c. Jürgen Koppelinebastian Körberolger Krestelatrick Kurth
einz Lanfermannibylle Laurischkarald Leibrechthristian Lindnerr. Martin Lindner
ichael Link
r. Erwin Lotterliver Luksicorst Meierhoferatrick Meinhardtabriele Molitorn Mückeetra Müller
urkhardt Müller-Sönksenr. Martin Neumann
irk Niebelans-Joachim Otto
ornelia Pieperisela Piltzr. Christiane Ratjen-Dameraur. Birgit Reinemundr. Peter Röhlingerr. Stefan Ruppertjörn Sängerrank Schäfflerhristoph Schnurrmmy Schulzarina Schusterr. Erik Schweickerterner Simmlingdith Skudelnyachim Spatzr. Max Stadlerorsten Staffeldtr. Rainer Stinnertephan Thomaelorian Toncarerkan Törenhannes Vogel
r. Daniel Volkr. Guido Westerweller. Claudia Wintersteinr. Volker Wissingartfrid Wolff
ÜNDNIS 90/IE GRÜNENarieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Benderkin Deligözatja Dörnerarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-EckardtBBPDBUKSMUTOAFSRMUMTNAJeKBInDOFDLBTCKMECDDTDDHDMJüDWDNDJaADHKMCEDRSDH
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14313
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Günter BaumannErnst-Reinhard Beck
Wolfgang BosbachNorbert GeisAlois GerigMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelVolker KauderDr. Stefan KaufmannThomas KossendeyMichael KretschmerDietrich MonstadtMarlene MortlerHenning OtteDr. Michael PaulNorbert BrackmannKlaus BrähmigDr. Reinhard BrandlHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeDr. Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarGitta ConnemannAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttDr. Thomas FeistMMOFJüGDHMUFRMJüanfred Grundonika Grütterslav Guttinglorian Hahnrgen Hardterda Hasselfeldtr. Matthias Heiderelmut Heiderichechthild Heilrsula Heinen-Esserrank Heinrichudolf Henkeichael Hennrichrgen HerrmannGDRBDGDADKUDPunther Krichbaumr. Günter Kringsüdiger Kruseettina Kudlar. Hermann Kuesünter Lachr. Karl A. Lamers
ndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertatharina Landgraflrich Langer. Max Lehmeraul LehriederRUDSBRCRETDEKLita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeiffereatrix Philipponald Pofallahristoph Polanduprecht Polenzckhard Polshomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
othar RiebsamenManfred Behrens
Peter BeyerSteffen BilgerClemens BinningerPeter BleserWolfgang BörnsenJosef GöppelPeter GötzDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheEVAJeMDwa Klamtolkmar Kleinxel Knoerigns Koeppenanfred Kolber. Rolf KoschorrekDr. Philipp MurmannBernd Neumann
Michaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard Oswald
Eberhard Gienger Roderich Kiesewetter Dr. Gerd Müller
Werner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeNicole GohlkeDiana GolzeAnnette GrothDr. Gregor GysiHeike HänselDr. Rosemarie HeinDr. Barbara HöllAndrej HunkoUlla JelpkeKatja KippingHJaKCRMUDTCKNWPNun zum Ergebnis der zweitmung zur Beschlussempfehlunschusses zu dem Antrag der BTitel „Beteiligung bewaffneterEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 550;davonja: 487nein: 62enthalten: 1JaCDU/CSUIlse AignerPeter AltmaierPeter AumerThomas BareißNorbert BarthleEInHDADKDMEDHAInDarald Kochn Korteatrin Kunertaren Layalph Lenkertichael Leutertlla Lötzerr. Gesine Lötzschhomas Lutzeornelia Möhringornelia Mölleriema Movassatolfgang Neškovićetra PauJeRInPMDKRDKSADFen namentlichen Abstim-g des Auswärtigen Aus-undesregierung mit demdeutscher Streitkräfte andshhnak Ferlemanngrid Fischbachartwig Fischer
irk Fischer
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbachr. Hans-Peter Friedrich
ichael Frieserrich G. Fritzr. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtellexander Funkgo Gädechensr. Thomas GebhartAEPCRKFATDDBHSBSns Petermannichard Pitterlegrid Remmersaul Schäfer
ichael Schlechtr. Ilja Seifertathrin Senger-Schäferaju Sharmar. Petra Sitteersten Steinkeabine Stüberlexander Süßmairr. Kirsten Tackmannrank TempelKJoSHHKJöSESPer von den Vereinten Nationeion im Südsudan“: abgegebenaben gestimmt 487, mit Neinaltungen 1. Die Beschlussempnsgar Hevelingrnst Hinskeneter Hintzehristian Hirteobert Hochbaumarl Holmeierranz-Josef Holzenkampnette Hübingerhomas Jarzombekieter Jasperr. Egon Jüttnerartholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen Kampeterernhard Kaster
DInMDPDDKDHASDMDDP
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14314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
)
Josef RiefJohannes RöringDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckErwin RüddelAlbert Rupprecht
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang SchäubleDr. Annette SchavanDr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingNorbert SchindlerTankred SchipanskiGeorg SchirmbeckChristian Schmidt
Patrick SchniederDr. Andreas SchockenhoffNadine Schön
Dr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe Schummer
Detlef SeifJohannes SelleReinhold SendkerDr. Patrick SensburgBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerCarola StaucheDr. Frank SteffelErika SteinbachChristian Freiherr von StettenDieter StierGero StorjohannStephan StrackeMax StraubingerKarin StrenzThomas Strobl
Lena StrothmannMichael StübgenDr. Peter TauberAntje TillmannDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Vogel
Stefanie VogelsangAndrea Astrid VoßhoffDr. Johann WadephulMarco WanderwitzKai WegnerMarcus Weinberg
Peter Weiß
Sabine Weiss
Ingo WellenreutherPeter WichtelAnnette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschElisabeth Winkelmeier-BeckerDagmar WöhrlDr. Matthias ZimmerWolfgang ZöllerWilli ZylajewSPDIngrid Arndt-BrauerRHDKSBSDLGKBEMPMEGSInSPKEGDDSMMIrGUMMWHBKMHRDGGFDCJoOJoULHDDFNACCSBGKCainer Arnoldeinz-Joachim Barchmannr. Hans-Peter Bartelslaus Barthelören Bartolärbel Basabine Bätzing-Lichtenthälerirk Beckerothar Binding
erd Bollmannlaus Brandnerernhard Brinkmann
delgard Bulmahnarco Bülowetra Croneartin Dörmannlvira Drobinski-Weißarrelt Duinebastian Edathygo Egloffiegmund Ehrmannetra Ernstbergerarin Evers-Meyerlke Fernerabriele Fograscherr. Edgar Frankeagmar Freitagigmar Gabrielichael Gerdesartin Gersteris Gleickeünter Gloserlrike Gottschalckichael Groschekichael Großolfgang Gunkelans-Joachim Hackerettina Hagedornlaus Hagemannichael Hartmann
ubertus Heil
olf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogabriele Hiller-Ohmrank Hofmann
r. Eva Höglhristel Hummesip Juratovicliver Kaczmarekhannes Kahrslrich Kelberars Klingbeilans-Ulrich Kloser. Bärbel Kofleraniela Kolbe
ritz Rudolf Körpericolette Kresslngelika Krüger-Leißnerhristine Lambrechthristian Lange
teffen-Claudio Lemmeurkhard Lischkaabriele Lösekrug-Möllerirsten Lühmannaren MarksKHPUDFDADTHAHJoDFDMSGDSRDKMABMWUSCOSEFDSRDSPDCKDFWRUDAHDWDMBFJeCCatja Mastilde Mattheisetra Merkel
llrich Meßmerr. Matthias Mierschranz Münteferingr. Rolf Mützenichndrea Nahlesietmar Nietanhomas Oppermannolger Ortelydan Özoğuzeinz Paulahannes Pflugr. Wilhelm Priesmeierlorian Pronoldr. Sascha Raabeechthild Rawerttefan Rebmannerold Reichenbachr. Carola Reimannönke Rixené Röspelr. Ernst Dieter Rossmannarin Roth
arlene Rupprecht
xel Schäfer
ernd Scheelenarianne Schieder
erner Schieder
lla Schmidt
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arsten Schneider
ttmar Schreinerwen Schulz
wald Schurerrank Schwaber. Martin Schwanholztefan Schwartzeita Schwarzelühr-Sutterr. Carsten Sielingonja Steffeneer Steinbrückr. Frank-Walter Steinmeierhristoph Strässererstin Tackr. h. c. Wolfgang Thierseranz Thönnesolfgang Tiefenseeüdiger Veitte Vogtr. Marlies Volkmerndrea Wickleineidemarie Wieczorek-Zeulr. Dieter Wiefelspützaltraud Wolff
agmar Ziegleranfred Zöllmerrigitte ZypriesDPns Ackermannhristian Ahrendthristine Aschenberg-DugnusDFSCNKRAEMSHRDPMJöOPDDHHMDHMEBDHMDPDGDSHPHSHCDMDOHPGJaPBDDHCGDDDDBF
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14315
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Birgitt BenderEkin DeligözTabea RößnerClaudia Roth
Wolfgang GehrckeNicole GohlkeKathrin VoglerSahra WagenknechtKatja DörnerHarald EbnerHans-Josef FellDr. Thomas GambkeKai GehringKatrin Göring-EckardtBritta HaßelmannBettina HerlitziusPriska Hinz
Dr. Anton HofreiterBärbel HöhnKMECDDTDDHNun setzen wir die Debatte fLindner für die FDP-Fraktion.
Dr. Martin Lindner
Herzlichen Dank – Herr PräMeine Herren! Kollege Gabriebatten über interessengeleitete Alen, dann müssen Sie entspreStattdessen haben Sie ganz bischon seit 1955 im Bereich dsind, uns heute hier mithilfe volegen.Seit 1955, in ununterbrochenGelb, Rot-Gelb, Rot-Grün, egalwurden solche Fragen immerentschieden, und da gehören sieexekutives Handeln.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
DdreusgrüdgnlekinsmrigRmiana Golzennette Grothr. Gregor Gysieike Hänselr. Rosemarie Heinr. Barbara Höllndrej Hunkolla Jelpker. Lukrezia Jochimsenatja Kippingarald KochHHKJöSESPas müssten auch Sie bei einerieses komplexen, schwierigenn.Bei der Beurteilung, was dend außenpolitischen Interesseich das vorstellen; Sie waren jierungsverantwortung – eine Rcksichtigen. Wir haben hieriskutiert. Saudi-Arabien ist eiegen den Terrorismus. Wiricht aussuchen, wie wir es inge sagte: wo alles nur grau istein Weiß gibt – gerne hätten. S der außen- und sicherheitsptanden, wissen ganz genau, daenhang bestimmte Dinge erfchtendienstliche Entwicklungeht nicht im Deutschen Bundeoth, ist typischerweise exekuuss es auch in Zukunft bleiben
Christoph SchnurrJimmy SchulzMarina SchusterDr. Erik SchweickertWerner SimmlingJudith SkudelnyJoachim SpatzDr. Max StadlerTorsten StaffeldtDr. Rainer StinnerStephan ThomaeFlorian ToncarSerkan TörenJohannes Vogel
Dr. Daniel VolkDr. Guido WesterwelleDr. Claudia WintersteinDr. Volker WissingHartfrid Wolff
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENMarieluise Beck
Volker Beck
Cornelia BehmUwe KekeritzKatja KeulSven-Christian KindlerMaria Klein-SchmeinkUte KoczyTom KoenigsOliver KrischerAgnes KrumwiedeFritz KuhnStephan KühnRenate KünastMarkus KurthUndine Kurth
Monika LazarTobias LindnerNicole MaischAgnes MalczakJerzy MontagKerstin Müller
Beate Müller-GemmekeIngrid NestleDr. Konstantin von NotzOmid NouripourFriedrich OstendorffDr. Hermann OttLisa PausBrigitte PothmerDMJüDWDNDJaADHKMCEDRSDHWDK
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14316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Sie haben das unter der rot-grünen Regierung sogarnoch verstärkt. Vor diesem Hintergrund handeln Sie mitIhren Anträgen – im Zivilrecht würde man sagen: venirecontra factum proprium – gegen Ihre eigenen Vorstellun-gen und gegen Ihr eigenes damaliges Regierungshan-deln. Das erlaubt natürlich schon die Frage, ob das nichtein Stück weit Heuchelei ist, was Sie heute hier aufge-führt haben.
Wenn man ein bisschen Exegese der Ereignisse derletzten 10, 15 Jahre betreibt – weiter muss man gar nichtzurückgehen –, dann kommt man zu einem Artikel vonRP Online vom 4. Juli 2000.
Da wird berichtet – ich zitiere –:Der Bundessicherheitsrat hat nach Informationendes Hamburger Magazins „Stern“ der Lieferungvon 1.200 Panzerfäusten an Saudi-Arabien zuge-stimmt.Als ob das Waffen wären, Kollege Gabriel, die wenigergeeignet wären, im Kampf gegen Aufständische einge-setzt zu werden,
als ein 4 mal 7 Meter großer Panzer! Da ist die Heuche-lei schon erkennbar.Weiter heißt es:Gegen den Rüstungsexport hätten Bundesaußen-minister Joschka Fischer von den Grünen und Ent-wicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul von der SPD gestimmt.Nicht bekannt wurde, dass die beiden anschließend ausder Regierung ausgeschieden wären; vielmehr sind sieselbstverständlich, wie es bei Ihnen Tradition war, an ih-ren Sesseln kleben geblieben. Sie haben so geredet, aberso gehandelt.Dann heißt es weiter:Das Bundespresseamt wollte zu dem Berichtebenso wie Auswärtiges Amt und Bundeskanzler-amt keinerlei Kommentar abgeben. Eine Sprecherindes Bundespresseamts verwies nur darauf, dass dieSitzungen des Bundessicherheitsrats strikter Ge-heimhaltung unterliegen.Sie haben damals genauso gehandelt, wie Sie es unsheute mit großem Pathos und im Brustton der Empörungvorhalten. Das ist Heuchelei und nichts anderes.
Sie entlarven sich selber.Etwas weiter hinten heißt es:Im Herbst vorigen Jahres––UP–TShb1Tngzakkdssämzdliimgzddte
nd das, obwohl Sie, Frau Kollegin Roth, auf jedemarteitag immer wieder betont haben, dass Kampfpanzer wegen der schwierigen Lage der Kurden – nicht in dieürkei geliefert werden dürften.
ie haben schon immer geheuchelt und setzen das heuteier fort.
Was den Leopard 2 angeht: Im Jahr 1981 gab es dies-ezügliche Anfragen an Helmut Schmidt. Da heißt es981 im Spiegel:Der König aus dem Morgenland zeigte Verständnisfür den deutschen Kanzler. Als der saudiarabischeHerrscher Chalid Ibn Abd el-Asis im vergangenenJuni in Bonn einen Staatsbesuch abstattete, batHelmut Schmidt in einem Gespräch unter vier Au-gen den Gast, er möge sich mit seinem Wunschnach deutschen Waffen noch ein wenig gedulden –bis nach dem 5. Oktober, dem Tag der Bundestags-wahl.Erzählen Sie uns doch nicht, dass das nicht auchhema war. Ihre Bundesregierung hat das damals ge-auso abgelehnt wie entsprechende Anfragen an die Re-ierung Kohl in der Zeit zwischen 1990 und 1992, undwar wegen der Intervention Israels und wegen nichtsnderem. Dieser Grund ist jetzt weggefallen. Deswegenann man nunmehr zu einer anderen Lagebeurteilungommen. Als ernsthafte Oppositionsfraktion müssen Sieoch konzedieren, dass man bei solch schwierigen Ent-cheidungen nicht einfach nur schwarz-weiß malen undo tun kann, als sei alles wahninnig einfach. Sie haben inhnlichen Situationen doch auch gerungen, und Sie ka-en auch zu Ergebnissen, die nicht auf den Marktplät-en der Republik ausgetragen wurden. Das muss manoch realistisch betrachten.
Das Ganze geht noch weiter: Es kam zu den Panzer-eferungen an Katar; da saßen Sie, Kollege Steinmeier, Bundessicherheitsrat. Es wurden zumindest Voranfra-en gestellt, die – den vorliegenden Presseinformationenufolge – nur im Hinblick auf Israel möglicherweise an-ers beschieden wurden.Ich sage Ihnen in aller Ernsthaftigkeit: Man kann inieser Frage – bei Vorliegen aller Fakten; aber diese Fak-n liegen ja nur neun Mitgliedern des Hauses vor – im
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14317
Dr. Martin Lindner
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Ergebnis möglicherweise zu einer anderen Betrach-tungsweise kommen. Man kann sicherlich aber auch zudem Ergebnis kommen, dass es im Interesse der Bundes-republik Deutschland war oder ist, solche Waffen indiese Region, an dieses Land zu liefern.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Ich warne Sie ganz klar: Sie sind im Moment in der
Opposition.
Wenn Sie in diesem Land irgendwann einmal wieder
Verantwortung übernehmen wollen,
werden Sie in diesen Fragen höchstwahrscheinlich eine
sehr harte und unangenehme Bekanntschaft mit der Rea-
lität machen.
Herzlichen Dank.
Das Wort zu zwei Kurzinterventionen erteile ich zu-
nächst Gregor Gysi und dann Claudia Roth.
Herr Präsident! Herr Lindner, ich habe Ihnen genau
zugehört. Wissen Sie, was mich unheimlich stört? Sie
diskutieren über die Frage der Geheimhaltung, darüber,
wie das früher war, und haben im Übrigen gar nicht be-
griffen, dass es den Kalten Krieg gar nicht mehr gibt und
dass eine neue Zeit angebrochen ist. Abgesehen davon
erklären Sie sich nicht mit einem Satz dazu, ob es nun
richtig oder falsch ist, 200 Panzer an das Herrschafts-
haus Saudi-Arabien zu liefern, in ein Land, in dem die
reichen Familien al-Qaida bezahlen und das die Demo-
kratiebewegung im Nachbarland zusammenschießt.
Kein einziger Satz dazu! Sagen Sie doch einmal, ob Sie
dafür oder dagegen sind, damit hier im Parlament mal
Klarheit herrscht!
Meine zweite Bitte. Frau Bundeskanzlerin – jetzt sind
Sie da –, nichts gegen Herrn Nüßlein, aber ich finde, Sie
könnten dessen Redezeit von sechs Minuten überneh-
men und sagen, welche Ziele Sie in der Außenpolitik ei-
gentlich verfolgen.
Danke.
Bitte schön, Kollegin Roth.
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Ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet,
eil Herr Dr. Lindner mit flotter Zunge von „Heuchelei“
eredet hat. Ich würde Sie, wenn Sie anderen Heuchelei
orwerfen, darum bitten, sich an die Wahrheit zu halten.
ahr ist: Es gab einen Konflikt in der rot-grünen Koali-
on über geplante Panzerlieferungen an die Türkei.
ahr ist aber auch, dass es aufgrund genau dieser Aus-
inandersetzung zu einer Neuverhandlung der Rüstungs-
xportrichtlinien gekommen ist, dass der Kollege Gernot
rler für die SPD-Fraktion und die Kollegin – ich – für
ie grüne Fraktion mit der Bundesregierung verhandelt
aben.
In diesen Verhandlungen wurden die Rüstungsexport-
chtlinien verändert und restriktiver gefasst. Unter ande-
m wurde ein Menschenrechtskriterium in den Rüs-
ngsexportrichtlinien verankert, das es nachgerade
nmöglich macht, dass Panzer an Saudi-Arabien gelie-
rt werden. Es wurde ein Kriterium verankert, das es
achgerade unmöglich macht, Waffen bzw. Rüstungsex-
ortgüter in Spannungsregionen wie Saudi-Arabien zu
efern.
In der Folge wurden keine Panzer in die Türkei gelie-
rt. Anders als in der schwarz-gelben Regierungszeit
at Rot-Grün in die Rüstungsexportrichtlinien aufge-
ommen, dass bei einer angespannten Menschenrechts-
ge keine Waffen geliefert werden dürfen, auch wenn
ie Waffen nicht unmittelbar zur Menschenrechtsverlet-
ung eingesetzt werden können.
Behaupten Sie also keine Unwahrheiten, wenn Sie
icht wissen, worüber Sie reden.
Kollege Lindner, bitte.
Herr Gysi, Sie sagen, die Geheimhaltung habe mögli-herweise im Kalten Krieg noch gegolten. Der Kalterieg endete 1989 und nicht 2009, als die SPD aus derundesregierung ausgeschieden ist; das als kleine Ge-ächtnisstütze.
Sie haben mich aufgefordert, in der Sache Stellung zuehmen.
h hatte Ihnen – wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sieas – vorhin deutlich gemacht, dass eine abschließendeeurteilung, ob besondere außen- oder sicherheitspoliti-che Interessen der Bundesrepublik Deutschland – soteht es in den Richtlinien – dafür sprechen, Kampfpan-er nach Saudi-Arabien zu liefern, ausschließlich von
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14318 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Dr. Martin Lindner
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neun Personen vorgenommen werden kann. Ich gehörenicht zu diesen neun Personen. Nur den Mitgliedern desBundessicherheitsrats liegen die Fakten vollständig vor,auf deren Grundlage eine solche Frage seriös beantwor-tet werden kann.
Ich habe Ihnen gesagt: Wenn man in einer so schwie-rigen Situation wie im Nahen und Mittleren Osten imKampf gegen den Terrorismus steht, muss man natürlichKooperationen eingehen und über Dinge verhandeln, dienicht immer schön sind und die – anders als es einepopulistische Partei gerne hätte – nicht immer einemSchwarz-Weiß-Schema entsprechen. Sie müssen aberschon konzedieren, dass nach unserer Verfassung dieMenschen, die dafür gewählt sind und ihren Amtseid ge-schworen haben, solches exekutives Handeln vollziehenund darüber berichten und das Parlament anschließendüber die Berichte diskutiert. So ist das in den meisten de-mokratischen Ländern üblich; so werden wir es weiter-hin handhaben.
Frau Kollegin Roth, es ist sehr spannend, was Sie mirvorhalten. Sie haben gar nicht abgestritten, dass die Pan-zer doch in die Türkei gerollt sind.
Sie sagen nur, Sie hätten anschließend die Rüstungsex-portrichtlinien geändert und dann quasi waffenfrei wei-terregiert. Frau Kollegin Roth, im Jahr 2002 – da habenSie regiert; das war nach der Änderung der Richtlinien –lag das Volumen der Kriegswaffenexporte bei knapp300 Millionen Euro. Im Jahr 2003 haben Sie das Volu-men auf 1,3 Milliarden Euro gebracht.
Das ist zugegebenermaßen eine gewisse Steigerung,oder? Frau Roth, Ihre neuen Richtlinien haben dann alsowirklich gewirkt.
Im Jahr 2005 hat Ihre Regierung dann den Gipfel er-reicht: über 1,6 Milliarden Euro.
Frau Kollegin Wieczorek-Zeul, Ihr wievieltes Jubiläumder Mitgliedschaft im Bundessicherheitsrat haben Sie zudiesem Zeitpunkt gefeiert? Ihr siebtes, und dann warenSie noch zwei weitere Jahre drin.
WruaminwSsbJDisBwDKmjeseogdwdakindegVdreds
Frau Roth, abschließend lese ich Ihnen vor, was 2001, Ihrer Regierungszeit, nach Saudi-Arabien gelieferturde – jetzt tut es richtig weh –: Schießanlagen,chießsimulatoren, Revolver, Pistolen, Karabiner, Ma-chinengewehre, Panzerfäuste, Teile für Patrouillen-oote, Munition für Haubitzen, Maschinenpistolen etc.
etzt sagen Sie mir, dass man all die Waffen nicht gegenemonstranten und Aufständische einsetzen kann. Dast doch völliger Blödsinn!
eherrschen Sie sich und halten Sie in dieser Frage Maß,ie es einem Mitglied einer Exregierungspartei zusteht.
Das Wort hat nun Katja Keul für die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Ich freueich, dass die Mitglieder des Bundessicherheitsratestzt weitgehend anwesend sind und der Debatte folgen.Am Mittwoch haben wir eine denkwürdige Frage-tunde erlebt. Staatssekretär Otto versuchte verzweifelt,ine Entscheidung seiner Regierung zu rechtfertigen,hne zuzugestehen, dass es überhaupt eine Entscheidungegeben hat. In der nachfolgenden Aktuellen Stundeurften die Redner der Koalition darüber spekulieren,elche Kriterien und Argumente möglicherweise voner Regierung erwogen wurden oder auch nicht. Warumber sollten Parlamentarier eine Entscheidung der Exe-utive verteidigen, über deren Existenz sie nicht einmalformiert werden? Das ist eines Parlamentes unwürdig.
Dem Kollegen Stinner von der FDP war das Leidenann auch deutlich anzusehen. Er hat völlig recht, wennr ausführt, die Abgeordneten des Deutschen Bundesta-es hätten das Recht und auch die Pflicht, sich mit demorgang zu beschäftigen. Es ist richtig, dass er die Bun-esregierung auffordert, eine öffentliche Debatte zu füh-n und den Deutschen Bundestag über die Entschei-ungsgrundlage zu informieren.Geheimnisschutz ist kein Selbstzweck. Geheimnis-chutz setzt immer ein schutzwürdiges Interesse voraus.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14319
Katja Keul
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Jetzt fragen wir uns doch einmal konkret, was hier ge-schützt werden soll. Betriebsgeheimnisse der FirmaKrauss-Maffei Wegmann? Die Phase des Bangens vorder Konkurrenz ist mit der Genehmigung doch abge-schlossen. Jetzt kann geliefert werden. Eine solche Lie-ferung kann ohnehin nicht geheim gehalten werden.Auch die Saudis freuen sich über die Genehmigung undhaben kein erkennbares Geheimhaltungsinteresse mehr.Unfreundliche Nachbarn sollen ja gerade von denKampfpanzern erfahren, um beeindruckt zu werden, unddie eigene Bevölkerung darf ohnehin keine kritischenFragen stellen. Also bleibt nur, dass die Bundesregie-rung selbst ein Geheimhaltungsinteresse hat, weil sieihre Entscheidung nicht öffentlich begründen will.
Das ist sogar nachvollziehbar, weil die Entscheidung garnicht begründbar ist.Deutschland ist aber nicht Saudi-Arabien. Wie derAußenminister dezent angedeutet hat, gibt es einengewissen Unterschied zwischen Saudi-Arabien undDeutschland. Bei uns muss sich die Regierung vor demParlament verantworten. Es ist nicht zielführend, wennwir uns immer wieder gegenseitig vorhalten, welche Re-gierung am meisten geliefert hat. Zielführend wäre es,wenn wir Parlamentarier uns auf unsere wichtigste Auf-gabe besännen und gemeinsam mehr Transparenz beider Genehmigung von Rüstungsexporten einfordernwürden, damit auch in diesem wichtigen Bereich endlichparlamentarische Kontrolle möglich wird.
Herr Kiesewetter, ich habe Ihnen gut zugehört. Wenn Siedas mit der Transparenz ernst meinen, müssten Sie unse-rem Antrag zustimmen.
In Gesetzen und Richtlinien haben wir Kriterien fest-gelegt, an die sich angeblich alle halten wollen. Wiesieht es mit diesen Kriterien konkret aus? Ein besonderessicherheitspolitisches Interesse der Bundesrepublik ver-mag ich hier beim besten Willen nicht zu erkennen. Dieatomare Bedrohung durch den Iran kann nicht ernsthaftals Grund für die Lieferung von Panzern herhalten.
Im Gegenteil: Die Aufrüstung von Saudi-Arabien ist fürden Iran eine willkommene Rechtfertigung für die Fort-setzung des Nuklearprogramms.Nun habe ich mich am Mittwoch belehren lassenmüssen, dass der Satz „Beschäftigungspolitische Gründedürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen“, in Wirk-lichkeit bedeutet, dass sie doch eine Rolle spielen dür-fen, nur keine ausschlaggebende.DeAndkSjeTszdsEsdinreAswhhSliGkeCmn
ie Sorge der Industrie ist ja verständlich, da jetzt alleuropäischen Länder ihre Militärhaushalte reduzieren.uch unser Verteidigungsminister de Maizière hat in sei-en Verteidigungspolitischen Richtlinien klargestellt,ass der Wehrindustrie eine dienende Funktion zu-ommt. Damit steht die Bundeswehr nicht mehr alspielwiese für die Industrie zur Verfügung. Man willtzt zur Abwechslung einmal das anschaffen, was dieruppe braucht.
EADS-Chef Stefan Zoller ist ganz offen, wenn eragt: „Wir müssen jetzt dahin, wo die Militärausgabenweistellig steigen, wie etwa in Indien, Brasilien oderem Mittleren Osten“. Die industriepolitischen Interes-en sind die einzig plausiblen Gründe für eine solchentscheidung. Damit haben sie aber nicht nur eine Rolle,ondern die ausschlaggebende Rolle gespielt. Genau dasürfen sie nicht.
Darüber hinaus stehen der Genehmigung die Gefahrnerer Repression und die systematischen Menschen-chtsverletzungen in Saudi-Arabien entgegen. Nähereusführungen zu den Abscheulichkeiten wie Auspeit-chen, Handabhacken und öffentliche Hinrichtungenollen wir uns an dieser Stelle ersparen. Die Fakten sindinlänglich bekannt.Die Genehmigung der Panzerlieferung ist nicht zualten. Ich appelliere an Sie als Parlamentarier: Lassenie nicht zu, dass die Regierung uns an dieser Stelle völ-g entrechtet! Fordern Sie mit uns den Widerruf dieserenehmigung und transparente Verfahren für die Zu-unft!Vielen Dank.
Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
rteile ich Georg Nüßlein von der Fraktion der CDU/
SU das Wort.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gysi, ichuss Sie enttäuschen, in dieser Parlamentsdebatte haticht die Regierung das letzte Wort.
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14320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Dr. Georg Nüßlein
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Der Bundessicherheitsrat tagt geheim, und das istrichtig und gut so. Deshalb wundert mich jetzt, dass etli-che Kollegen hier in dieser Debatte so tun, als sei dasschon entschieden und als ob sie wüssten, was warumwie entschieden worden ist. Das ist doch offensichtlichnicht der Fall.
– Ich rekurriere auf alles, was hier vorgetragen wurde,und etliche Kollegen tun so, als sei das eine ganz klareSache.Der Bundessicherheitsrat tagt geheim, aber offenbarkommt es bei der Beantwortung der Frage, ob es richtigist, dass er geheim tagt, auf dessen Besetzung an. Wenner von der einen Seite des Hauses besetzt ist, ist es inOrdnung, dass er geheim tagt, wenn er von der anderenSeite des Hauses besetzt ist, ist es falsch. Das kann ichnicht nachvollziehen. Ich habe in die jetzige Besetzungjedenfalls mehr Vertrauen als in die alte.
Im Übrigen liegt auch mir die Liste, die KollegeLindner gerade vorgetragen hat, vor. Dies ist eine span-nende Liste. Sie ist ellenlang und enthält Handfeuerwaf-fen, Munition, auch schwere Munition, also alles Mögli-che, was man im Inland sehr gut, wenn nicht sogarbesser als nach außen einsetzen kann.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Ströbele?
Nein, die gestatte ich nicht. Herr Präsident, hier sitzt
eine Reihe von Kollegen, die abstimmen wollen. Dafür
habe ich viel Verständnis.
Wir diskutieren jetzt zum zweiten Mal über dieses
Thema, und die Argumente sind irgendwann ausge-
tauscht.
Ich weise noch einmal darauf hin: Unter Rot-Grün
gab es für 260 Millionen Euro Exporte an Saudi-Ara-
bien. Auch da gilt, was ich vorhin gesagt habe: Offenbar
kommt es weniger darauf an, was exportiert wird, son-
dern von wem es exportiert wird.
Ich finde, das ist für Sie hochblamabel.
Die Frage, ob Saudi-Arabien ein Bollwerk gegenüber
dem Iran ist, kann ich als einfacher Wirtschaftspolitiker
schwer beurteilen.
Ich setze an dieser Stelle auf die Beurteilung der Israelis;
über diesen Punkt sollte man nicht so hinweggehen, wie
es einige Kollegen getan haben. Gestatten Sie mir beim
Thema Wirtschaftspolitik folgenden Hinweis: In der
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Es wird gesagt, es ginge hier nur um wirtschaftliche
teressen. Weil ich den Eindruck verhindern möchte,
ass es nur uns um wirtschaftliche Interessen geht, ge-
tatten Sie mir, dass ich Aussagen des Kollegen Arnold
on der SPD aus 2010 zitiere. Er sprach 2010 von „Ver-
ntwortung für die deutsche Rüstungsindustrie“. Dazu
ann ich nur Bravo sagen. Er sagte, dass wir „Hochtech-
ologie und hochqualifizierte Ingenieure in Deutschland
alten“ wollen. Bravo, Herr Kollege Arnold. Es gehe um
Fähigkeiten, die wir haben und die wir nicht verlieren
ürfen“. Auch das ist ein Zitat von Ihnen. Er sagte außer-
em, der „Erhalt nationaler Kernkompetenzen im Rüs-
ngsbereich“ sei eine gesamtpolitische Aufgabe und im
icherheitsinteresse der Bundesrepublik Deutschland.
uch wirtschaftspolitische Interessen sind also bei den
ntscheidungen, die im Bundessicherheitsrat wohl abge-
ogen getroffen werden, zu berücksichtigen.
Wenn es um Menschenrechte und Frauenrechte geht,
ann man, wie ich glaube, besser mit einem Staat reden,
enn man
n nicht komplett ablehnt, sondern ihm auf Augenhöhe
egegnet
nd auch auf der Grundlage von Wirtschaftsbeziehungen
iteinander diskutieren kann.
Dass wir vielfältige Wirtschaftsbeziehungen zu
audi-Arabien haben, wissen Sie. Ich glaube, dass es bei
er Gesamtabwägung Sinn macht, dies bei der Entschei-
ung im Bundessicherheitsrat zu berücksichtigen. Der
undessicherheitsrat wird unter dieser Regierung die
chtigen Entscheidungen treffen. In diesem Sinne: Eine
chöne Sommerpause!
Vielen herzlichen Dank.
Zu zwei Kurzinterventionen erteile ich zunächst demollegen Ströbele und dann dem Kollegen Arnold dasort.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14321
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Herr Kollege Nüßlein hat darauf hingewiesen – dashaben auch andere Redner getan, und auch in der Öffent-lichkeit wird das dauernd erwähnt –, dass die Sitzungendes Bundessicherheitsrats geheim sind. Das stimmt; ichhabe die Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrateshier.
Aber: Der Bundessicherheitsrat ist ein Ausschuss derBundesregierung. Der „Geheim“-Stempel, der an ihmhaftet, geht nicht auf einen göttlichen Befehl, sondernauf einen Beschluss der Bundesregierung zurück. Selbst-verständlich kann die Bundesregierung, allen voran dieBundeskanzlerin, den Grad der Geheimhaltung herunter-stufen und dem Deutschen Bundestag Auskunft erteilen.Sie kann nicht nur, sie muss. Sie will nur nicht.
Der Kollege Gabriel hat vorhin darauf hingewiesen,dass sich Saudi-Arabien immer wieder darum bemühthat, Panzerlieferungen aus Deutschland zu bekommen.Er hat hinzugefügt, in 30 Jahren sei es nie zu solchenPanzerlieferungen gekommen. Ich möchte den KollegenNüßlein – er ist Mitglied der CSU, gehört also der Unionan – fragen, ob er bestätigen kann, dass im Jahr 1991,also vor 20 Jahren, die damalige Bundesregierung37 Fuchs-Panzer nach Saudi-Arabien geliefert hat, undzwar zu einem Preis von 446 Millionen D-Mark, dass220 Millionen D-Mark davon nützliche Aufwendungengewesen sind – nützliche Aufwendungen sind Schmier-gelder – und dass ein Teil dieser Schmiergelder an dieUnion geflossen ist,
nämlich als der damalige Waffenlobbyist Schreiber ander Schweizer Grenze 1 Million D-Mark in einem Kof-fer an den damaligen CDU-Schatzmeister Walther LeislerKiep übergeben hat? So sieht es aus!
Insofern ist es dringend erforderlich, dass wir die Wahr-heit erfahren, Auskunft bekommen, kontrollieren undder Frage nachgehen: Sind in diesem Fall wieder nützli-che Aufwendungen gezahlt worden?
Ich habe im Untersuchungsausschuss 1999 gelernt,dass Saudi-Arabien in der Regel auf die Zahlung solcherSchmiergelder besteht. Wenn jetzt 200 Panzer der MarkeLeo an Saudi-Arabien geliefert werden, drängt sich mirder Verdacht auf, dass wieder nützliche Aufwendungengezahlt worden sind. Das muss dringend aufgeklärt wer-den.hkdgvZdaIcDsShvJAteRfauissasariBnstevhDsKsddpe
Kollege Arnold.
Herr Kollege Nüßlein, Sie haben mich zitiert. Ichabe davon keinen Satz zurückzunehmen. Sozialdemo-raten bekennen sich nämlich zu ihrer Verantwortung fürie Hochtechnologie, auch im Rüstungsbereich. Ichlaube sogar, wir sind mit diesem Thema viel besser,erantwortungsvoller und sensibler umgegangen als Sie.u dieser Verantwortung gehört auch, dass man sich anie Exportrichtlinien hält. Dies tun Sie nicht.Eigentlich habe ich mich zu Wort gemeldet, weil ichuf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen wollte.h finde, die Beiträge von Herrn Dr. Lindner und Herrnr. Nüßlein waren entlarvend. Sie reden davon, dassich die Politik verändert hat, und meinen damit Israel.chauen Sie einmal genau, was sich wirklich verändertat und ob sich bei Israel etwas verändert hat.Haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, dass Israelor wenigen Wochen sogar der Auffassung war, dass dasordantal für sie strategisch wichtig ist, weil sie einenngriff mit Panzern genau aus dieser Richtung befürch-n? Haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, dass dasisiko, das Israel zu Recht beschreibt, nämlich die Ge-hr einer nuklearen Bedrohung aus dem Iran, eben niend nimmer durch Kampfpanzer einzudämmen ist?Die Welt hat sich verändert; da haben Sie recht. Dast das Entlarvende: Zu dieser eigentlichen Veränderungagen Sie keinen Satz. Sie finden das, was sich in derrabischen Welt mit den Hunderttausenden jungen Men-chen wirklich verändert hat, die für ihre Freiheitsrechteuf die Straße gehen und gegen die Despoten ihr Lebenskieren, in keiner Zeile erwähnenswert.
In diesem Sinn bewegt sich diese Entscheidung derundesregierung auf einer durchaus kontinuierlichen Li-ie, nämlich auf der Linie von der Fehlentscheidung,ich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu enthal-n, bis hin zu Waffenlieferungen an einen Despoten, deror wenigen Wochen Waffen im Nachbarland eingesetztat, um junge Menschen zu bedrohen und umzubringen.ies sind die Fakten. Wer diese Veränderungen nichtieht, der sendet die falschen Signale.Dieses große Wirtschaftsland Deutschland hat eineanzlerin, die bei einer solchen Debatte schweigend da-itzt, anstatt klar zu sagen: Wir brauchen das Signal anie arabische Welt. Wir stützen die jungen Menschen,ie für Freiheit kämpfen, und wir stützen nicht die Des-oten. Wenn dieses Signal fehlt, dann hat dieses Landin erhebliches außenpolitisches Problem.
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14322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Kollege Nüßlein.
Sehr geehrter Herr Kollege Arnold, erstens bewun-
dere ich die hellseherischen Fähigkeiten, die hier etliche
Kolleginnen und Kollegen zu haben scheinen, sodass
sie, ohne zu wissen, wie die Entscheidung ausgeht, was
die Grundlage der Entscheidung ist und wie sie begrün-
det ist, schon sagen können, wer verantwortungsvoller
handelt und wo die Wahrnehmung der Verantwortung
besser aufgehoben ist.
Zweitens. Was Sie zu dem Thema Israel gesagt haben,
deckt sich mit dem, was ich gesagt habe. Im Übrigen ha-
ben Sie ja hauptsächlich den Kollegen Lindner ange-
sprochen.
Drittens. Kollege Ströbele, diese Verdächtigungen
sind abstrus, abscheulich und unglaublich.
Ich finde es absolut unangemessen, dass Sie hier einen
Eindruck erwecken wollen, der haltlos ist und mit dem
Sie im Übrigen nicht nur eine Fraktion treffen, sondern
am Schluss wieder die gesamte politische Klasse beschä-
digen werden. Ich bitte Sie, doch wenigstens das zu be-
rücksichtigen.
Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag derFraktion Die Linke auf Drucksache 17/6528 mit dem Ti-tel „Keine Panzer an Saudi-Arabien verkaufen“. Wirstimmen über den Antrag auf Verlangen der Fraktion DieLinke nun namentlich ab.An dieser Stelle will ich erwähnen, dass zu den dreinamentlichen Abstimmungen eine Reihe von schriftli-chen Erklärungen gemäß § 31 der Geschäftsordnungvorliegen.1) Auch über die beiden anderen Anträge wird,wie schon bekannt gegeben, namentlich abgestimmt.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. Ist das erfolgt? – Dasist der Fall. Dann eröffne ich die erste namentliche Ab-stimmung.Die obligate Frage: Haben alle anwesenden Mitglie-der des Bundestages abgestimmt? – Das ist offensicht-lich der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung undbitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit derAuszählung zu beginnen.2)Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag derFraktion der SPD auf Drucksache 17/6540 mit dem Titel„EAsSomfesfüüagbmSoleKDfübsP1) Anlagen 2 bis 42) Ergebnis Seite 14326 A3)4)
Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmungber den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünenuf Drucksache 17/6529 mit dem Titel „Keine Genehmi-ung zur Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Ara-ien“. Über diesen Antrag stimmen wir ebenfalls na-entlich ab. Haben die Schriftführerinnen undchriftführer ihre Plätze wieder eingenommen? – Das istffensichtlich der Fall. Dann eröffne ich die dritte undtzte namentliche Abstimmung.Wenn ich es richtig sehe, haben alle Kolleginnen undollegen abgestimmt. – Es gibt keinen Widerspruch.ann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-hrerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zueginnen.4) Die Ergebnisse aller drei namentlichen Ab-timmungen werden Ihnen später bekannt gegeben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bittelatz, damit wir in den Beratungen fortfahren können.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 49 a und b auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales
zu dem Antrag der Abgeordneten
Maria Michalk, Ingrid Fischbach, KarlSchiewerling, weiterer Abgeordneter und derFraktion der CDU/CSU sowie der AbgeordnetenGabriele Molitor, Heinz Lanfermann, Dr.Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPFür eine umfassende Umsetzung der UN-Be-hindertenrechtskonvention – Nationaler Ak-tionsplan als Leitlinie– Drucksachen 17/4862, 17/6155 –Berichterstattung:Abgeordnete Gabriele Molitorb) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. IljaSeifert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion DIELINKEKostenvorbehalt in § 13 des Zwölften Bu-ches Sozialgesetzbuch streichen – Selbstbe-Ergebnis Seite 14328 AErgebnis Seite 14330 B
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14323
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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stimmtes Leben für Menschen mit Behinde-rungen gewährleisten– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. IljaSeifert, Dr. Martina Bunge, Matthias W.Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion DIE LINKEzu der Mitteilung der Kommission an dasEuropäische Parlament, den Rat, den Euro-päischen Wirtschafts- und Sozialausschussund den Ausschuss der RegionenEuropäische Strategie zugunsten von Men-schen mit Behinderungen 2010 – 2020: Er-neuertes Engagement für ein barrierefreiesEuropaKOM(2010) 636 endg.; Ratsdok. 16489/10hier: Stellungnahme des Deutschen Bundes-tages gemäß Artikel 23 Absatz 2 desGrundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzesüber die Zusammenarbeit von Bun-desregierung und Deutschem Bundes-tag in Angelegenheiten der Europäi-schen UnionEuropäische Strategie zugunsten von Men-schen mit Behinderungen 2010 – 2020 unter-stützen– Drucksachen 17/4911, 17/5043, 17/6154 –Berichterstattung:Abgeordneter Markus KurthNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höredazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin MariaMichalk für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Sie wissen, dass seit dem 26. März 2009 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinde-rung auch in Deutschland völkerrechtlich verbindlich ist.Zu ihrer konkreten Umsetzung hat die Bundesregierungnach einem sehr, sehr langen, intensiven und breitenDiskussionsprozess am 15. Juni dieses Jahres den Natio-nalen Aktionsplan erarbeitet und beschlossen.Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben uns ge-meinsam mit unserem Koalitionspartner frühzeitig indiesen Prozess eingeschaltet und mit einem separatenAntrag noch einmal auf besondere Schwerpunkte hinge-wiesen. Darum geht es heute.Wir würdigen ausdrücklich, dass Deutschland unterden ersten Unterzeichnerstaaten ist, und danken derBundesregierung ausdrücklich dafür. Das verdeutlichtnämlich, dass wir in Deutschland die universellen Men-schenrechte für die speziellen Bedürfnisse und Lebens-lagen behinderter Menschen sehr ernst nehmen. Ich kanndie Kritik, zum Beispiel des Deutschen BehindertenratesozuUswndreincwDdgdusMDtäasgvlaBMncsstisdgsswggouindu
ie großen wie auch die kleinen Verbände und beson-ers die betroffenen Menschen waren mit einbezogen.Die Beschlussfassung obliegt am Ende der Bundesre-ierung. Das liegt in unserer Demokratie in der Naturer Sache.Verbandshandeln und Regierungshandeln ist nicht einnd dasselbe. Es geht darum, das Notwendige und Wün-chenswerte gemeinsam zu erarbeiten und dann dasachbare zu beschließen und umzusetzen.
as ist verantwortungsvolle Politik und letztlich unserglich Brot auch hier im Parlament. Das haben bisheruch alle anderen Bundesregierungen so praktiziert.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns un-ere in jahrelanger gemeinsamer Arbeit geschaffenenuten Grundlagen weder von Interessenverbänden nochon einseitig gespeisten UN-Kommissionen zerredenssen. Wir müssen hier gemeinsam handeln.Ich danke der Bundesregierung, konkret unseremundesministerium für Arbeit und Soziales, und allenitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die über viele Mo-ate die Zusammenarbeit mit den vielen unterschiedli-hen Verbänden und Interessenvertretungen der Men-chen mit Behinderung gestaltet und gepflegt haben undo gemeinsam dazu beigetragen haben, einen Perspek-vwechsel in der Behindertenpolitik einzuleiten.Der Perspektivwechsel, der durch den Begriff Inklu-ion gekennzeichnet ist, ist ein hohes Gut an sich. Behin-erte brauchen nicht Mitleid, Überbetreuung und schonar nicht fürsorgliche Bevormundung. Notwendig ist fürie partnerschaftliche Anerkennung als vollwertige Men-chen, Motivation zur Selbstständigkeit und Hilfe dort,o es nicht anders geht. Wir wollen die Hilfen auf allenesellschaftlichen Ebenen eben nicht pauschal erbrin-en, sondern konkret und sehr individuell am Menschenrientiert.Dieser neue Ansatz muss mit Leben erfüllt werdennd bedeutet, dass so manches lieb gewordene Denken den Entscheidungsebenen über Bord geworfen wer-en muss. Wir werden diese Aufgabe nicht durch Streitnd Vorwürfe erfüllen, sondern durch eine konstruktive
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14324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Maria Michalk
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Zusammenarbeit. Das muss uns gelingen; denn immer-hin leben etwa 10 Prozent unserer Bevölkerung mit einerBehinderung und müssen ihr tägliches Leben meistern.Die Mehrzahl der Behinderungen wird erst im Laufe desLebens erworben. Niemand weiß, ob er morgen früh ge-sund aufwacht oder heute Abend gesund nach Hausekommt.Jeder kann jederzeit von einer Behinderung betroffensein. Deshalb ist es falsch zu meinen, dies sei ein Themaallein der Betroffenen, ihrer Verbände und Selbsthilfe-gruppen oder der Politik. Nein, dieses Thema geht alle inunserer Gesellschaft an.Je freundschaftlicher und fairer wir gemeinsam in derÖffentlichkeit daran arbeiten, desto mehr Menschenwerden wir für diese Aufgabe gewinnen. Wo man sichstreitet, geht niemand gern hin.Inklusion ist kein Ergebnis, sondern ein Prozess.
Inklusion ist eine Leitlinie, an der wir uns konsequentorientieren und an die wir uns kontinuierlich annähern.Vielleicht schaffen wir das nie vollständig. Es ist einProzess, und es gibt immer wieder Verbesserungen. Un-ser persönliches Tun oder unser politisches Handelnwird durch solche einfachen Kategorien wie Geduld,Respekt und Wahrhaftigkeit bestimmt. Es wird dadurchviel einfacher gemacht.Jeder von uns, aber auch Einrichtungen jeder Art, obKommunen, Organisationen, Unternehmen, Kirchenoder Verbände, sind jetzt mit dem Nationalen Aktions-plan angeregt, das eigene Handeln zu überprüfen und ge-gebenenfalls neu zu gestalten und eigene Aktionsplänezu schaffen. Dafür gibt es schon gute Beispiele.In der Praxis ist es aber leider immer noch so – daszeigen Gutachten –, dass viele in unserem Land mit derUN-Behindertenkonvention nicht viel anfangen können.Fragt man sie aber, ob sie sich für dieses Thema engagie-ren würden, sagen 80 Prozent der Bevölkerung Ja. Dasmacht Mut, und das müssen wir nutzen.In vielen Büros stehen dicke Aktenordner, gefüllt mitInformationen darüber, welche Maßnahmen es gibt undwas wir an Gutem alles tun. In den zurückliegenden Jah-ren ist auf diesem Gebiet in der Tat sehr viel geschehen.Wir haben hohe Standards erreicht. Aber manchmalsieht die Wirklichkeit auch anders aus.Im Bereich der Barrierefreiheit wird das am deut-lichsten. Ich möchte, dass jeder einen Platz in der Gesell-schaft haben kann und auf allen Gebieten, ob auf derStraße, im Büro, in der Kultur, im Sport, das, was wirmit „Barrierefreiheit“ bezeichnen, erreicht wird. Daransollten wir arbeiten.
Ich möchte eine letzte Anmerkung machen. In unse-rem Antrag ist festgeschrieben, dass wir das KfW-Pro-gramm „Altersgerecht Umbauen“ auch in Zukunft habenwollen, damit Menschen so lange wie möglich in ihremvertrauten Wohnumfeld leben können. Deshalb ist es fürmich persönlich überraschend, dass für dieses ProgrammimdaralöSGlerectenenndzbgwgdfemoGJTWNBsTnvvDM„
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Silvia Schmidt
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Wir wollen einen inklusiven Sozialraum. Wir wollenBarrieren abschaffen, damit die Menschen von einemOrt zum anderen kommen. Damit erzielt man Kostenein-sparungen und ermöglicht eine Teilhabe am Leben, eineTeilhabe an der Gesellschaft, ein selbstbestimmtes Le-ben. Menschen mit Behinderungen möchten so lebenwie alle anderen Menschen auch. Sie möchten nicht im-mer fragen: Kannst du mir mal helfen? Kannst du mirmal einen Transport zur Verfügung stellen, damit ich vonA nach B komme?Wir haben das in unserem Positionspapier deutlichgemacht. Wir haben uns in diesem Papier daran orien-tiert, wie wir damals beim SGB IX vorgegangen sind.Wir haben die Menschen mit Behinderungen eingeladen.Wir haben mit ihnen gesprochen. Sie haben uns gesagt,was sie wollen. Das waren keine Wunschträume. Daswaren auch keine Visionen. Helmut Schmidt hat damalseine deutliche Bemerkung über Menschen mit Visionengemacht. Es ging vielmehr um notwendige Maßnahmen,um die UN-Menschenrechtskonvention umzusetzen.Das dürfen wir nicht vergessen.Ich vermisse sowohl in Ihrem Antrag als auch in Ih-rem Nationalen Aktionsplan – wir werden im Oktobereine Anhörung dazu haben; dieser Aktionsplan soll sichja weiterentwickeln – mit Blick auf die Pflege folgendenPunkt: Die Pflegeversicherung ist immer noch kein Reha-träger. Alle Menschen, die pflegebedürftig sind, sind imSinne des § 2 SGB IX Menschen mit Behinderung. Siehaben deswegen entsprechende Ansprüche. Aber nichtalle Menschen mit Behinderungen sind auch pflegebe-dürftig. Um Teilhabe zu garantieren, brauchen wir unbe-dingt eine Pflegeversicherung, die im SGB IX verankertist.Wir wollen auch, dass die Reform der Eingliede-rungshilfe – das sagen wir in unserem Positionspapierdeutlich – zu einem Leistungsgesetz führt. So haben dieBetroffenen einen Anspruch auf Leistungen aus einerHand. Sicherlich wird das Ganze nicht preiswert wer-den; das würde auch niemand behaupten. Auf der ande-ren Seite stehen 44 Milliarden Euro – diese Zahl steht imAktionsplan – zur Verfügung.Es ist klar, dass man die Strukturen verändern muss.Aber wenn es aufgrund eines Leistungsgesetzes im Rah-men der Eingliederungshilfe Anspruch auf Teilhabe gibt,dann muss man damit rechnen, dass das etwas kostet.Wenn man aber, wie in Ihrem Antrag geschehen, im Vor-feld schon sagt, alles stehe unter einem Haushaltsvorbe-halt, dann wird diese Tür wieder zugemacht. Es wirdalso gar nicht darüber nachgedacht, was mit dem Geld,das vorhanden ist, geschehen soll. Man könnte es zumBeispiel für neue Strukturen verwenden. Nein, es wirdvielmehr gesagt: Es soll alles so bleiben, wie es ist, aberes darf nicht mehr kosten. – Das ist für mich eine sehrernste Angelegenheit. Wir brauchen neue Strukturen undneue Öffnungsmöglichkeiten im SGB IX. Wir müssenDienstleistungen zusammenfassen bzw. sie aus einerHand anbieten.Der andere Bereich, der auch in Ihrem Antrag er-wähnt wird, ist der Bereich Arbeit. Wir wissen, dass Ar-beit vor allen Dingen für diejenigen Menschen mit Be-herefautuvnLzmerewdtrngznefa–RtrIhicnmfateaDvAwALMcndnnnAssdn
Ich komme zu einem anderen sehr wichtigen Bereich ich habe es vorhin kurz anklingen lassen –: Es gibt dieeform der Eingliederungshilfe. Aber diese Reform be-ifft wahrscheinlich nur die Länder; denn sie kommt inrem Antrag nicht vor. Auch in Ihrem Aktionsplan kannh dazu nichts finden. Das heißt, wir nehmen immeroch in Kauf, dass Menschen mit Behinderungen auto-atisch zu Sozialhilfeempfängern werden. Das ist ein-ch eine Tatsache. Denn unabhängig von den benötig-n Hilfsmitteln sind diese Menschen auf Sozialhilfengewiesen. Sie werden also sozusagen arm gemacht.as kann sogar einen Akademiker betreffen, der sichielleicht nur noch ein Straßenbahnticket leisten kann.llerdings muss die Bahn dann barrierefrei sein; dasäre ein weiterer Punkt.Die Reform der Eingliederungshilfe – das betrifft denntrag der Linken – sollte so ausgestaltet sein, dass dieeistungen vermögensunabhängig sind. Wir dürfen dieenschen, die heutzutage unsere Unterstützung brau-hen, nicht im Regen stehen lassen. Wir können ihnenicht sagen: Da habt ihr Pech gehabt. Ihr steht jetzt aufer Schattenseite der Gesellschaft. – Nein, das gehticht. Ich versichere Ihnen: Es gibt nicht viele Millio-äre unter den Menschen mit Behinderungen. Das kön-en Sie mir glauben. Unterstützen Sie uns bei unsererrbeit. Ich freue mich auf die weiteren Debatten in die-em Hohen Haus und wünsche Ihnen natürlich einechöne Sommerpause.
Bevor wir mit der Debatte fortfahren, kommen wir zuen namentlichen Abstimmungen zurück. Ich gebe Ih-en die von den Schriftführerinnen und Schriftführern
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14326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Vizepräsidentin Petra Pau
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Andrej HunkoDr. Lukrezia JochimsenUwe KekeritzKatja KeulSteffen Bilger Ansgar HevelingHarald KochJan KorteKatrin KunertCaren LayRalph LenkertMaria Klein-SchmeinkUte KoczyTom KoenigsOliver KrischerAgnes KrumwiedePDWWNeter Bleserr. Maria Böhmerolfgang Börnsen
olfgang Bosbachorbert BrackmannPeter HintzeChristian HirteRobert HochbaumKarl HolmeierFranz-Josef HolzenkampAnette HübingerKatja Kipping Sven-Christian KindlerClemens Binninger Ernst Hinskenermittelten Ergebnisse der namgen bekannt.Ich gebe Ihnen zuerst das EFraktion Die Linke „Keine PanzEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 543;davonja: 135nein: 301enthalten: 107JaSPDKlaus BarthelMarco BülowDaniela Kolbe
Steffen-Claudio LemmeSönke RixDr. Ernst Dieter RossmannOttmar SchreinerSwen Schulz
Dr. Carsten SielingSonja SteffenRüdiger VeitHeidemarie Wieczorek-ZeulDIE LINKEJan van AkenAgnes AlpersDr. Dietmar BartschHerbert BehrensKarin BinderMatthias W. BirkwaldSteffen BockhahnChristine BuchholzEva Bulling-SchröterDr. Martina BungeRoland ClausSevim DağdelenDr. Diether DehmWerner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeNicole GohlkeDiana GolzeAnnette GrothDr. Gregor GysiHeike HänselDr. Rosemarie HeinDr. Barbara HöllMUDTCKNWPJeRInPMDKRDKSADFKJoSHHKJöSBDKMVCBEHHDKKBBPDBentlichen Abstimmun-rgebnis zum Antrag derer an Saudi-Arabien ver-kSundichael Leutertlla Lötzerr. Gesine Lötzschhomas Lutzeornelia Möhringornelia Mölleriema Movassatolfgang Neškovićetra Pauns Petermannichard Pitterlegrid Remmersaul Schäfer
ichael Schlechtr. Ilja Seifertathrin Senger-Schäferaju Sharmar. Petra Sitteersten Steinkeabine Stüberlexander Süßmairr. Kirsten Tackmannrank Tempelathrin Voglerhanna Voßahra Wagenknechtalina Wawzyniakarald Weinbergatrin Wernerrn Wunderlichabine ZimmermannÜNDNIS 90/IE GRÜNENerstin Andreaearieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Benderkin Deligözarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-Eckardtritta Haßelmannettina Herlitziusriska Hinz
r. Anton Hofreiterärbel HöhnFSMUMTNAJeKBInDOFDLBTCKMECDDTDDHDMJüDWDNCIlPTGEMDPaufen“ auf Drucksache 17/65timmen 543. Mit Ja haben gend Kollegen, mit Nein habenen und Kollegen. Es gab 107ieser Antrag abgelehnt.ritz Kuhntephan Kühnarkus Kurthndine Kurth
onika Lazarobias Lindnericole Maischgnes Malczakrzy Montagerstin Müller
eate Müller-Gemmekegrid Nestler. Konstantin von Notzmid Nouripourriedrich Ostendorffr. Hermann Ottisa Pausrigitte Pothmerabea Rößnerlaudia Roth
rista Sageranuel Sarrazinlisabeth Scharfenberghristine Scheelr. Gerhard Schickr. Frithjof Schmidtill Seilerorothea Steinerr. Wolfgang Strengmann-Kuhnans-Christian Ströbeler. Harald Terpearkus Tresselrgen Trittinaniela Wagnerolfgang Wielandr. Valerie WilmseinDU/CSUse Aignereter Altmaierhomas Bareißünter Baumannrnst-Reinhard Beck
anfred Behrens
r. Christoph Bergnereter BeyerKDHDDHRCGTMDEInHDADKDMDHAInDNAEPDURHMMMMOFJüGDHMURMJü
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbachr. Hans-Peter Friedrich
ichael Frieserr. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtellexander Funkgo Gädechensr. Thomas Gebhartorbert Geislois Gerigberhard Giengereter Götzr. Wolfgang Götzerte Granoldeinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grütterslav Guttinglorian Hahnrgen Hardterda Hasselfeldtr. Matthias Heiderelmut Heiderichechthild Heilrsula Heinen-Esserudolf Henkeichael Hennrichrgen Herrmann
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14327
Vizepräsidentin Petra Pau
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Thomas JarzombekDieter JasperDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterBernhard Kaster
Volker KauderDr. Stefan KaufmannRoderich KiesewetterEckart von KlaedenEwa KlamtVolkmar KleinAxel KnoerigJens KoeppenManfred KolbeDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsRüdiger KruseBettina KudlaDr. Hermann KuesGünter LachDr. Karl A. Lamers
Andreas G. LämmelKatharina LandgrafUlrich LangeDr. Max LehmerPaul LehriederDr. Ursula von der LeyenIngbert LiebingMatthias LietzDr. Carsten LinnemannPatricia LipsDr. Jan-Marco LuczakDr. Michael LutherKarin MaagDr. Thomas de MaizièreHans-Georg von der MarwitzAndreas MattfeldtStephan Mayer
Dr. Michael MeisterDr. Angela MerkelMaria MichalkDr. h. c. Hans MichelbachDr. Mathias MiddelbergPhilipp MißfelderDietrich MonstadtMarlene MortlerDr. Gerd MüllerDr. Philipp MurmannBernd Neumann
Michaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteDr. Michael PaulRita PawelskiUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferBCRETDEKLJoJoDDEAADDKNTGCPDNDBUADJoRDBTJoCDECDGSMKTLMDADAVSADMKMPSInPAKeatrix Philipphristoph Polanduprecht Polenzckhard Polshomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
othar Riebsamensef Riefhannes Röringr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckrwin Rüddellbert Rupprecht
nita Schäfer
r. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckhristian Schmidt
atrick Schniederr. Andreas Schockenhoffadine Schön
r. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummer
etlef Seifhannes Selleeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter Stierero Storjohanntephan Strackeax Straubingerarin Strenzhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenr. Peter Tauberntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Vogel
tefanie Vogelsangndrea Astrid Voßhoffr. Johann Wadephularco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinberg
eter Weiß
abine Weiss
go Wellenreuthereter Wichtelnnette Widmann-Mauzlaus-Peter WillschEDDWWSBMJoHFFJeCCDFSCNKRAEMSHRDPMRJöUOPDHHMDHMEBDHMDPDGDSHPHSHCDlisabeth Winkelmeier-Beckeragmar Wöhrlr. Matthias Zimmerolfgang Zöllerilli ZylajewPDernhard Brinkmann
ichael Hartmann
hannes Kahrsans-Ulrich Kloseritz Rudolf KörperDPns Ackermannhristian Ahrendthristine Aschenberg-Dugnusaniel Bahr
lorian Bernschneiderebastian Blumenthallaudia Bögelicole Bracht-Bendtlaus Breilainer Brüderlengelika Brunkhorstrnst Burgbacherarco Buschmannylvia Canelelga Daubeiner Deutschmannr. Bijan Djir-Saraiatrick Döringechthild Dyckmansainer Erdelrg van Essenlrike Flachtto Frickeaul K. Friedhoffr. Edmund Peter Geisenans-Michael Goldmanneinz Golombeckiriam Grußr. Christel Happach-Kasaneinz-Peter Hausteinanuel Höferlinlke Hoffirgit Homburgerr. Werner Hoyereiner Kampichael Kauchr. Lutz Knopekascal Koberr. Heinrich L. Kolbudrun Koppr. h. c. Jürgen Koppelinebastian Körberolger Krestelatrick Kurth
einz Lanfermannibylle Laurischkarald Leibrechthristian Lindnerr. Martin Lindner
MDOHPGJaPBDDHCGDDDDBFCJiDWJuJoDTDSFSJoDDDDHECFSInRHDSBSDLGKEPEGSInS
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14328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Waltraud Wolff
Dagmar ZieglerManfred ZöllmerBrigitte ZypriesDIE LINKEJan van AkenAgnes AlpersDr. Dietmar BartschHerbert BehrensKarin BinderMatthias W. BirkwaldSteffen BockhahnChristine BuchholzEva Bulling-SchröterDr. Martina BungeRoland ClausSevim DağdelenDr. Diether DehmWerner DreibusDr. Dagmar EnkelmannKlaus ErnstWolfgang GehrckeNicole GohlkeDiana GolzeAnnette GrothDr. Gregor GysiHeike HänselDr. Rosemarie HeinDr. Barbara HöllAndrej HunkoDr. Lukrezia JochimsenKatja KippingHarald KochJan KorteKatrin KunertCaren LayRalph LenkertMichael LeutertUlla LötzerDr. Gesine LötzschThomas LutzeCornelia MöhringKornelia MöllerNiema MovassatWolfgang NeškovićPetra PauJens PetermannRichard PitterleIngrid RemmersPaul Schäfer
Michael SchlechtDr. Ilja SeifertKathrin Senger-SchäferRaju SharmaDr. Petra SitteKersten SteinkeSabine StüberAlexander SüßmairDr. Kirsten TackmannFrank TempelKathrin VoglerJohanna VoßSahra WagenknechtHalina WawzyniakHarald WeinbergKatrin WernerJöSBDKMVCBEHHDKKBBPDBUKSMUTOAFSMUMTNAJeKBInDOFDLBTCKMECDDTDDHDMJüDWDrn Wunderlichabine ZimmermannÜNDNIS 90/IE GRÜNENerstin Andreaearieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Benderkin Deligözarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-Eckardtritta Haßelmannettina Herlitziusriska Hinz
r. Anton Hofreiterärbel Höhnwe Kekeritzatja Keulven-Christian Kindleraria Klein-Schmeinkte Koczyom Koenigsliver Krischergnes Krumwiederitz Kuhntephan Kühnarkus Kurthndine Kurth
onika Lazarobias Lindnericole Maischgnes Malczakrzy Montagerstin Müller
eate Müller-Gemmekegrid Nestler. Konstantin von Notzmid Nouripourriedrich Ostendorffr. Hermann Ottisa Pausrigitte Pothmerabea Rößnerlaudia Roth
rista Sageranuel Sarrazinlisabeth Scharfenberghristine Scheelr. Gerhard Schickr. Frithjof Schmidtill Seilerorothea Steinerr. Wolfgang Strengmann-Kuhnans-Christian Ströbeler. Harald Terpearkus Tresselrgen Trittinaniela Wagnerolfgang Wielandr. Valerie WilmsNCIlPTGEMDPSCPDWWNKDHDDHRCGTMDEInHDADKDMDHAInDNAEPDURHMMMMOFJüGDHMUeinDU/CSUse Aignereter Altmaierhomas Bareißünter Baumannrnst-Reinhard Beck
anfred Behrens
r. Christoph Bergnereter Beyerteffen Bilgerlemens Binningereter Bleserr. Maria Böhmerolfgang Börnsen
olfgang Bosbachorbert Brackmannlaus Brähmigr. Reinhard Brandlelmut Brandtr. Ralf Brauksieper. Helge Brauneike Brehmeralph Brinkhausajus Caesaritta Connemannhomas Dörflingerarie-Luise Döttr. Thomas Feistnak Ferlemanngrid Fischbachartwig Fischer
irk Fischer
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbachr. Hans-Peter Friedrich
ichael Frieserr. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtellexander Funkgo Gädechensr. Thomas Gebhartorbert Geislois Gerigberhard Giengereter Götzr. Wolfgang Götzerte Granoldeinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grütterslav Guttinglorian Hahnrgen Hardterda Hasselfeldtr. Matthias Heiderelmut Heiderichechthild Heilrsula Heinen-EsserFRMJüAEPCRKFATDDBHSBSVDREEVAJeMDHTMGDRBDGDAKUDPDInMDPDDKDHASDDMDDPDMD
olker Kauderr. Stefan Kaufmannoderich Kiesewetterckart von Klaedenwa Klamtolkmar Kleinxel Knoerigns Koeppenanfred Kolber. Rolf Koschorrekartmut Koschykhomas Kossendeyichael Kretschmerunther Krichbaumr. Günter Kringsüdiger Kruseettina Kudlar. Hermann Kuesünter Lachr. Karl A. Lamers
ndreas G. Lämmelatharina Landgraflrich Langer. Max Lehmeraul Lehriederr. Ursula von der Leyengbert Liebingatthias Lietzr. Carsten Linnemannatricia Lipsr. Jan-Marco Luczakr. Michael Lutherarin Maagr. Thomas de Maizièreans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
r. Michael Meisterr. Angela Merkelaria Michalkr. h. c. Hans Michelbachr. Mathias Middelberghilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müller
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14330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Vizepräsidentin Petra Pau
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Ruprecht PolenzEckhard PolsLena StrothmannMichael StübgenPatrick DöringMechthild Dyckmans Cornelia PieperDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckErwin RüddelAlbert Rupprecht
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang SchäubleDr. Annette SchavanKarl SchiewerlingNorbert SchindlerTankred SchipanskiGeorg SchirmbeckChristian Schmidt
Patrick SchniederDr. Andreas SchockenhoffNadine Schön
Dr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe Schummer
Detlef SeifJohannes SelleReinhold SendkerDMKMPSInPAKEDDWWFJeCCZum Antrag der Fraktion„Keine Genehmigung zur Liefan Saudi-Arabien“ auf DrucksaStimmen 542. Mit Ja haben geEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 542;davonja: 243nein: 297enthalten: 2JaSPDIngrid Arndt-BrauerRHDKSBSDLGKr. Johann Wadephularco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinberg
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abine Weiss
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erd Bollmannlaus BrandnerBEPEGSInSPKEeinz Golombeckiriam Grußr. Christel Happach-Kasaneinz-Peter Hausteinanuel Höferlinlke Hoffirgit Homburgerr. Werner Hoyereiner Kampichael Kauchr. Lutz Knopekascal Koberr. Heinrich L. Kolbudrun Koppr. h. c. Jürgen Koppelinebastian Körberolger Krestelatrick Kurth
einz Lanfermannibylle Laurischkarald Leibrechthristian Lindnerr. Martin Lindner
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delgard Bulmahnetra Cronelvira Drobinski-Weißarrelt Duinebastian Edathygo Egloffiegmund Ehrmannetra Ernstbergerarin Evers-Meyerlke FernerGDDSMIrGUMMWH
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14331
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Bettina HagedornKlaus HagemannMichael Hartmann
Hubertus Heil
Rolf HempelmannGustav HerzogGabriele Hiller-OhmPetra Hinz
Frank Hofmann
Dr. Eva HöglChristel HummeJosip JuratovicOliver KaczmarekUlrich KelberLars KlingbeilHans-Ulrich KloseDr. Bärbel KoflerDaniela Kolbe
Fritz Rudolf KörperNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerChristine LambrechtChristian Lange
Dr. Karl LauterbachSteffen-Claudio LemmeBurkhard LischkaGabriele Lösekrug-MöllerKirsten LühmannCaren MarksKatja MastHilde MattheisPetra Merkel
Ullrich MeßmerDr. Matthias MierschFranz MünteferingDr. Rolf MützenichAndrea NahlesDietmar NietanThomas OppermannHolger OrtelAydan ÖzoğuzHeinz PaulaDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertStefan RebmannGerold ReichenbachDr. Carola ReimannSönke RixRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Marlene Rupprecht
Axel Schäfer
Bernd ScheelenWerner Schieder
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Carsten Schneider
Ottmar SchreinerSwen Schulz
Ewald SchurerFrank SchwabeDr. Martin SchwanholzRita Schwarzelühr-SutterDSPDCKDFWRUDAHDWDMBDJaADHKMSCEDRSDWDKWNDADHDDADKHJaKCRMUDTCKNWPJeRInPMr. Carsten Sielingonja Steffeneer Steinbrückr. Frank-Walter Steinmeierhristoph Strässererstin Tackr. h. c. Wolfgang Thierseranz Thönnesolfgang Tiefenseeüdiger Veitte Vogtr. Marlies Volkmerndrea Wickleineidemarie Wieczorek-Zeulr. Dieter Wiefelspützaltraud Wolff
agmar Ziegleranfred Zöllmerrigitte ZypriesIE LINKEn van Akengnes Alpersr. Dietmar Bartscherbert Behrensarin Binderatthias W. Birkwaldteffen Bockhahnhristine Buchholzva Bulling-Schröterr. Martina Bungeoland Clausevim Dağdelenr. Diether Dehmerner Dreibusr. Dagmar Enkelmannlaus Ernstolfgang Gehrckeicole Gohlkeiana Golzennette Grothr. Gregor Gysieike Hänselr. Rosemarie Heinr. Barbara Höllndrej Hunkor. Lukrezia Jochimsenatja Kippingarald Kochn Korteatrin Kunertaren Layalph Lenkertichael Leutertlla Lötzerr. Gesine Lötzschhomas Lutzeornelia Möhringornelia Mölleriema Movassatolfgang Neškovićetra Pauns Petermannichard Pitterlegrid Remmersaul Schäfer
ichael SchlechtDKRDKSADFKJoSHHKJöSBDKMVCBEHHDKKBBPDBUKSMUTOAFSMUMTNAJeKBInDOFDLBTCKMECr. Ilja Seifertathrin Senger-Schäferaju Sharmar. Petra Sitteersten Steinkeabine Stüberlexander Süßmairr. Kirsten Tackmannrank Tempelathrin Voglerhanna Voßahra Wagenknechtalina Wawzyniakarald Weinbergatrin Wernerrn Wunderlichabine ZimmermannÜNDNIS 90/IE GRÜNENerstin Andreaearieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Benderkin Deligözarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-Eckardtritta Haßelmannettina Herlitziusriska Hinz
r. Anton Hofreiterärbel Höhnwe Kekeritzatja Keulven-Christian Kindleraria Klein-Schmeinkte Koczyom Koenigsliver Krischergnes Krumwiederitz Kuhntephan Kühnarkus Kurthndine Kurth
onika Lazarobias Lindnericole Maischgnes Malczakrzy Montagerstin Müller
eate Müller-Gemmekegrid Nestler. Konstantin von Notzmid Nouripourriedrich Ostendorffr. Hermann Ottisa Pausrigitte Pothmerabea Rößnerlaudia Roth
rista Sageranuel Sarrazinlisabeth Scharfenberghristine ScheelDDTDDHDMJüDWDNCIlPTGEMDPSCPDWWNKDHDDHRCGTMDEInHDADKDMDHAInDNAEPDU
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbachr. Hans-Peter Friedrich
ichael Frieserr. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtellexander Funkgo Gädechensr. Thomas Gebhartorbert Geislois Gerigberhard Giengereter Götzr. Wolfgang Götzerte Granold
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14332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Vizepräsidentin Petra Pau
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Reinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersOlav GuttingFlorian HahnJürgen HardtGerda HasselfeldtDr. Matthias HeiderHelmut HeiderichMechthild HeilUrsula Heinen-EsserRudolf HenkeMichael HennrichJürgen HerrmannAnsgar HevelingErnst HinskenPeter HintzeChristian HirteRobert HochbaumKarl HolmeierFranz-Josef HolzenkampAnette HübingerThomas JarzombekDieter JasperDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterBernhard Kaster
Volker KauderDr. Stefan KaufmannRoderich KiesewetterEckart von KlaedenEwa KlamtVolkmar KleinAxel KnoerigJens KoeppenManfred KolbeDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsRüdiger KruseBettina KudlaDr. Hermann KuesGünter LachDr. Karl A. Lamers
Andreas G. LämmelKatharina LandgrafUlrich LangeDr. Max LehmerPaul LehriederDr. Ursula von der LeyenIngbert LiebingMatthias LietzDr. Carsten LinnemannPatricia LipsDr. Jan-Marco LuczakDr. Michael LutherKarin MaagDHASDDMDDPDMDDBMDFEHDRUDSBCRETDEKLJoJoDDEAADDKNTGCPDNDBUADJoRDBTJoCDECDr. Thomas de Maizièreans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
r. Michael Meisterr. Angela Merkelaria Michalkr. h. c. Hans Michelbachr. Mathias Middelberghilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müllerr. Philipp Murmannernd Neumann
ichaela Nollr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otter. Michael Paulita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeiffereatrix Philipphristoph Polanduprecht Polenzckhard Polshomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
othar Riebsamensef Riefhannes Röringr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckrwin Rüddellbert Rupprecht
nita Schäfer
r. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckhristian Schmidt
atrick Schniederr. Andreas Schockenhoffadine Schön
r. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummer
etlef Seifhannes Selleeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter StierGSMKTLMDADAVSADMKMPSInPAKEDDWWSJoFJeCCDFSCNKRAEMSHRDPMRJöUOPDHHMDHMEBero Storjohanntephan Strackeax Straubingerarin Strenzhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenr. Peter Tauberntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Vogel
tefanie Vogelsangndrea Astrid Voßhoffr. Johann Wadephularco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinberg
eter Weiß
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go Wellenreuthereter Wichtelnnette Widmann-Mauzlaus-Peter Willschlisabeth Winkelmeier-Beckeragmar Wöhrlr. Matthias Zimmerolfgang Zöllerilli ZylajewPDhannes KahrsDPns Ackermannhristian Ahrendthristine Aschenberg-Dugnusaniel Bahr
lorian Bernschneiderebastian Blumenthallaudia Bögelicole Bracht-Bendtlaus Breilainer Brüderlengelika Brunkhorstrnst Burgbacherarco Buschmannylvia Canelelga Daubeiner Deutschmannr. Bijan Djir-Saraiatrick Döringechthild Dyckmansainer Erdelrg van Essenlrike Flachtto Frickeaul K. Friedhoffr. Edmund Peter Geisenans-Michael Goldmanneinz Golombeckiriam Grußr. Christel Happach-Kasaneinz-Peter Hausteinanuel Höferlinlke Hoffirgit HomburgerDHMDPDGDSHPSHCDMDOHPGJaPBDDHCGDDDDBFCJiMDWJuJoDTDSFSJoDDDDHECFSM
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14333
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Wir fahren nun in der Debatte fort. Das Wort hat dieKollegin Gabriele Molitor für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Liebe Silvia Schmidt, ich finde es sehr bedauerlich, dassSie diese Debatte zu unserem Antrag dazu benutzen,eine Vielzahl an Vorwürfen gegen uns zu schmettern, umdann gleichzeitig zu sagen, das SGB IX sei ein gelunge-nes Gesetz, das jetzt seinen zehnten Geburtstag feiert.Dieses Gesetz krankt daran, dass ganz viele Dinge nichtumgesetzt werden. Es gibt viele Umsetzungsprobleme,um die wir uns zu kümmern haben. Der gesetzliche Rah-men ist häufig sehr gut, aber die Durchführung ist das ei-gentliche Problem, wenn es darum geht, Teilhabe vonMenschen mit Behinderungen umzusetzen. Die Grundlage dessen, was wir hier heute debattie-ren, ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die ja imKern etwas völlig Selbstverständliches festhält, nämlichdass Menschen mit Behinderungen Menschenrechte ha-ben. Das ist keinesfalls überall in der Welt eine Selbst-verständlichkeit.Bei uns hat die UN-Behindertenrechtskonvention einUmdenken eingeleitet, für das der Begriff Inklusion steht.Inklusion meint eben die umfassende und uneinge-schränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Grund-legend ist dabei die Auffassung, dass ein Mensch ebennicht behindert ist, sondern dass er behindert wird, undnicht der behinderte Mensch hat sich auf die Bedingun-gen der Gesellschaft einzustellen, sondern die Gesell-schaft muss Strukturen schaffen, damit eine umfassendeTeilhabe ermöglicht werden kann.
Für mich als liberale Sozialpolitikerin geht es imKern darum, Menschen mit Behinderungen ein selbstbe-stimmtes Leben zu ermöglichen. Die Koalitionsfraktio-nen haben einen gemeinsamen Antrag gestellt, den ichkeinesfalls als überholt betrachte. Denn sonst müsstenwir ja konstatieren, alles sei schon wunderbar und wirmüssten keine politischen Ziele mehr für die Menschenmit Behinderungen verwirklichen.Die Bundesregierung hat einen Nationalen Aktions-plan vorgelegt, kurz NAP genannt, den wir als Gesamt-strategie verstehen, als Fahrplan für das, was wir künftigangehen wollen.Erlauben Sie mir, ein Thema besonders in das Zen-trum der Debatte zu rücken, nämlich das Thema Bil-dung.Wenn behinderte und nichtbehinderte Kinder mit-einander lernen, begreifen sie sehr schnell, dass es nor-mal ist, verschieden zu sein. Deshalb sprechen wir uns inunserem gemeinsamen Antrag auch für den Ausbau derinklusiven Bildung aus.
GKmdBsbdmmmuwsInddWddgDrekkbddrubEbdgsaasgtemssmintihuwdnle
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14334 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Das Wort hat der Kollege Dr. Ilja Seifert für die Frak-
tion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dassdie Kollegen bislang eine tolle Generaldebatte über dieBehindertenpolitik führen. Aber ich will zum Tagesord-nungspunkt zurückkehren. Es liegen drei Anträge vor,über die wir heute zu entscheiden haben. Die Koalitionverlangt in ihrem Antrag, einen Nationalen Aktionsplanvorzulegen. Die Linke verlangt in ihren beiden Anträ-gen, einerseits den Kostenvorbehalt in § 13 des ZwölftenBuches Sozialgesetzbuch zu streichen
und andererseits die Europäische Strategie zugunstenvon Menschen mit Behinderungen zu unterstützen.Ich will Ihnen die Begründung vortragen, warum dieUnion die Anträge der Linken ablehnt. Ich zitiere aus derBeschlussempfehlung des Ausschusses:Die Fraktion der CDU/CSU lehnte die Anträge alsüberholt ab.Wahrscheinlich ist mir das entgangen, liebe Frau Kolle-gin Michalk; wenn diese aber überholt wären, dann wun-dere ich mich, dass noch immer Menschen gegen ihrenWillen in Heimen leben müssen.
Leider ist es mir auch entgangen, dass Sie in Brüssel wieverrückt dafür kämpfen, dass endlich die EuropäischeStrategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen2010 bis 2020 umgesetzt bzw. erst einmal beschlossenwird. Weiter heißt es in Ihrer Begründung der Ableh-nung:Die Streichung des Kostenvorbehalts in § 13 desZwölften Buches Sozialgesetzbuch werde sicheventuell durch andere Maßnahmen erledigen.Das finde ich richtig spannend.Wenn das wirklich so ist, dann ist es mir entgangen,dass Sie heimlich daran arbeiten, den Kostenvorbehaltzu streichen. Machen Sie bitte heimlich weiter, aber ir-gendwann muss es einmal werden. Sie haben es ange-kündigt, aber es hat noch niemand etwas davon gemerkt.
Es geht weiter:Insgesamt müsse man– damit lassen Sie die Katze aus dem Sack –auch bei der Behindertenpolitik berücksichtigen,dass Steuergelder nur begrenzt verfügbar seien.DWdGgWfüWMsDDDssimAddeegligdBdwgndfünAfüEticWduaNd
Gerade haben Sie eine Eloge auf die Menschenrechts-imension der Behindertenrechtskonvention gesungen.erade haben Sie erzählt, dass es um Menschenrechteeht, die angeblich unteilbar sind und auf der ganzenelt gleichermaßen Geltung haben, selbstverständlichr Menschen mit und für solche ohne Behinderungen.elches unerfüllbare Versprechen wecken Sie denn fürenschen mit Behinderungen, wenn es darum geht, dassie voll am Leben teilhaben dürfen?ann heißt es weiter:Man müsse realistisch bleiben.er Satz stimmt auch immer.Daher würden die beiden Anträge abgelehnt.as haben Sie im Ausschuss zu Protokoll gegeben. Mitolchen fadenscheinigen Begründungen lehnen Sie un-ere guten Anträge ab.Nun wollen wir zu Ihrem Antrag kommen. Er wurde März anstelle des von der Regierung angekündigtenktionsplans ins Parlament eingebracht. Das Positivearan ist, dass wir wenigstens eine Debatte über Behin-ertenpolitik führen konnten. Die Regierung hat es nichtinmal zustande gebracht, einen entsprechenden Antraginzubringen. Also: ein Lob dafür, aber nur dafür.Das Ziel Ihres Antrags bestand darin, der Bundesre-ierung Hinweise zu geben, was im Aktionsplan eigent-ch stehen müsste und was sie besonders berücksichti-en sollte. Wenn Sie das über das Parlament machen, istas Ihre Sache. Okay. Am 15. Juni wiederum hat dieundesregierung ihren Aktionsplan beschlossen. Dassieser auf einhellige Kritik aller in der Behindertenbe-egung Aktiven stieß, ist hinlänglich bekannt. Sie habenerade versucht, das zurückzuweisen. Das ändert aberichts an der Tatsache, dass dem so ist. Warum erklärtann die Koalition, also Sie, ihren eigenen Antrag nichtr erledigt? Denn die Regierung hat doch ihren Natio-alen Aktionsplan vorgelegt, was Sie jetzt mit Ihremntrag verlangen. Sie erklären ihn nicht für erledigt. Da-r gibt es nur eine mögliche Erklärung.
s könnte sein, dass die Bundesregierung in dem Ak-onsplan, den sie vorgelegt hat, nicht einmal ausrei-hend ihre eigenen Forderungen berücksichtigt hat.enn dem so wäre, würde die Koalition weiter gehen alsie Regierung – komischerweise macht sie es nicht –,nd dann könnte man dem Antrag zustimmen. Da dember nicht so ist und Ihr Antrag genauso schlecht wie derationale Aktionsplan der Regierung ist, tut es mir leid,ass wir Ihren Antrag ablehnen müssen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14335
Dr. Ilja Seifert
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Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
Kollege Markus Kurth das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir hängt im-mer noch die gestrige Debatte zur Präimplantationsdia-gnostik nach, und mir klingen noch gut die Beschwörun-gen der Befürworter einer Freigabe der PID im Ohr, dieoft gesagt haben, sie wollten Menschen mit Behinderun-gen nicht diskriminieren, und auf die Verhältnisse inSkandinavien verwiesen haben, um zu zeigen, dass PIDund ein vernünftiger Standard von Teilhabe und Selbst-bestimmung für Menschen mit Behinderungen möglichsind. Eigentlich müssten alle diejenigen, die dies beteu-ert und mit dem Beispiel Skandinavien argumentiert ha-ben, den Aktionsplan der Bundesregierung auf dasSchärfste kritisieren und eine ganz andere Richtung ein-schlagen.
Angesichts ihres Auftritts während der gestrigen PID-Debatte fordere ich die Ministerin Ursula von der Leyen,die jetzt nicht hier ist, auf, den Aktionsplan zurückzuzie-hen und zu überarbeiten.
Ich will ein Zitat anführen, das mich schon – das mussich wirklich so sagen – mit Bitterkeit erfüllt hat. Siesagte über die PID:Ein Totalverbot geht eher von einem unmündigenMenschen aus. Wir– also die PID-Befürworter –gehen von einem mündigen Menschen aus.Im Zusammenhang mit der Lebenswirklichkeit vonMenschen mit Behinderung und vor allen Dingen im Zu-sammenhang mit dem weitgehend ambitionslosen Ak-tionsplan ist das schockierend. Der mündige Bürger darfentscheiden, was lebenswertes Leben und was nicht le-benswertes Leben ist. Dem Menschen mit Beeinträchti-gungen, dem Menschen mit Behinderung bleibt in vielenLebensbereichen die Mündigkeit einfach versagt.
Der Mensch mit Behinderung muss im Heim oder so-gar im Pflegeheim bleiben, wenn der Sozialhilfeträgerdie Kosten einer eigenen Häuslichkeit für unangemessenhält. Er muss sein Einkommen für die Teilhabe an ge-sellschaftlichem, sozialem und kulturellem Leben ein-setzen. Allein die Tatsache, dass er behindert ist, machtihn sein Leben lang zum Sozialhilfeempfänger.kgzEWBvamarenStudsevalisTkismfasmdtednAAbSdEgPsg
Ein Mensch mit Behinderung mit Assistenzbedarfann keinen Masterabschluss machen, wenn er kein ei-enes Geld einsetzen kann, weil die Assistenz nur bisum ersten berufsbildenden Abschluss gewährt wird.in psychisch behinderter Mensch kann gegen seinenillen in eine Klinik eingewiesen werden. Die Liste dereispiele von Bevormundungen und Menschenrechts-erstößen ließe sich fortsetzen.
Wenn die Bundesregierung und die sie tragenden Ko-litionsfraktionen Menschen mit Behinderungen alsündige Bürger mit vollen Menschenrechten wirklichnerkennen und die Verwirklichung dieser Menschen-chte vorantreiben wollten, dann müssten sie den Natio-alen Aktionsplan völlig neu entwerfen.
ie müssten vor allen Dingen damit anfangen, die Leis-ngen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ausem Fürsorgerecht herauszulösen. Das ist ein ganz ent-cheidender Punkt. Der Menschenrechtsansatz verbietets, dass Teilhabe und Selbstbestimmung vom Einsatzon Einkommen abhängig gemacht werden.Ich habe manchmal schon den Eindruck: Wir stehenm Scheideweg. Wir müssen uns ernsthaft mit der Mög-chkeit auseinandersetzen, dass eine Zeit der Rück-chritte bei der Entwicklung von Selbstbestimmung undeilhabe für Menschen mit Behinderung anbrechenönnte. Nicht nur die gestrige Entscheidung für die PIDt aus meiner Sicht ein Indiz dafür. Auch der Bestand anühsam erkämpften sozialen Rechten ist ständig in Ge-hr.Ein bedrohliches Zeichen waren und sind die Vor-chläge der AG „Standards“ der Gemeindefinanzkom-ission. Würden diese Vorschläge im Zuge der Reformer Eingliederungshilfe umgesetzt werden, dann bedeu-te dies ein beispielloses Rollback: die Einschränkunges Wunsch- und Wahlrechts, eine verstärkte Anrech-ung des Einkommens der Eltern, die Anrechnung desrbeitsförderungsgeldes bei Werkstattbeschäftigten, dienrechnung des Kindergeldes und vieles andere mehrei gleichzeitiger völliger Abwesenheit von wirksamentrukturveränderungen.
Die Bundesregierung treibt die Rechtsentwicklung anieser Stelle leider nicht voran. Man hat stellenweise denindruck, als wüssten Sie überhaupt nicht, worum eseht, beispielsweise wenn Sie davon sprechen, dass Sieroblemen beim persönlichen Budget durch eine verbes-erte Informations- und Kommunikationstechnologie be-egnen wollen. Als ob das das Problem beim persönli-
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14336 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Markus Kurth
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chen Budget wäre! Wenn es nicht so traurig wäre, dannmüsste man eigentlich darüber lachen.Ich komme zum Schluss. Wir müssen – ich sprecheauch die wackeren Sozialpolitiker der Union an – vomParlament aus die Rechtsentwicklung vorantreiben. Vonder Regierung ist dies jedenfalls nicht zu erwarten.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Peter Weiß für die Unions-
fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Natürlich muss die Opposition in einer solchen De-batte Kritik üben.
Aber ich finde, dass bei aller kleinkarierten Argumenta-tion der zentrale Aspekt untergeht: Mit der UN-Behin-dertenkonvention, die der Deutsche Bundestag ratifizierthat, wird ein grundlegender Wechsel in der Behinderten-politik vorgenommen.
Die tragende Idee ist, dass Menschen mit Behinderungendie gleichen Rechte und Chancen wie nicht behinderteBürgerinnen und Bürger haben. Die Idee der Inklusion– das ist ein furchtbares Wort, aber es steht nun einmal inder Behindertenkonvention – macht Schluss mit demteilweise paradoxen und aufreibenden Wechselspiel ausExklusion, also Ausgrenzen, und Integration, Wiederhe-reinholen.Diesem zentralen Wechsel in der Behindertenpolitik,die künftig besser nicht mehr Behindertenpolitik, son-dern Inklusionspolitik genannt werden sollte, dient derNationale Aktionsplan.
Der Nationale Aktionsplan ist nicht – das ist vielleichtdas Missverständnis, das hier aufgetreten ist – ein ab-schließendes Dokument, das für ewige Zeiten im Raumsteht; vielmehr ist er der Auftakt für eine neue Inklu-sionspolitik
für Menschen mit Behinderungen in Deutschland.
Alle zwei Jahre wird es einen Fortschrittsbericht ge-ben. Zum ersten Mal nehmen wir auf diesem wichtigenPolitikfeld für Menschen mit Behinderungen eine syste-mWZicahScIhasBseddfühSatiBrumlifopMNdrunddbdßbrumVste
Natürlich wird das auch Folgen für die Gesetzgebungaben. Da der Kollege Kurth und die Frau Kolleginchmidt hier die sogenannte Eingliederungshilfe anspre-hen, möchte ich höflicherweise daran erinnern, dassre beiden Fraktionen damals – das will ich durchausls Verdienst anerkennen – das Sozialgesetzbuch IX ge-chaffen haben, in dem die Leistungen für Menschen mitehinderungen zusammengefasst sind. Doch dieses Ge-etz konnten Sie nur auf den Weg bringen, weil Sie einenntscheidenden Punkt ausgeklammert haben, nämlichie Reform der Eingliederungshilfe. Anders hätten Sie iner damaligen rot-grünen Koalition keine Mehrheit da-r bekommen. Deshalb sollten Sie das heute nicht laut-als beklagen.
ie haben damals die Chance gehabt, doch Sie haben esusgeklammert, und deswegen ist es leider bis zum heu-gen Tag eine unerledigte Aufgabe.
Nun gab es eine gemeinsame Arbeitsgruppe vonund und Ländern, die sich der Reform der Eingliede-ngshilfe gewidmet und Vorschläge erarbeitet hat. Ichöchte hier noch einmal unterstreichen, dass ich wirk-ch wünsche, dass das politische Vorhaben weiter ver-lgt und umgesetzt wird. Natürlich wird ein Knack-unkt die Finanzfrage sein: Wer bezahlt? Wer stellt dieittel zur Verfügung?
achdem der Bund beschlossen hat, Städte und Gemein-en in Deutschland mit der Übernahme der Grundsiche-ng im Alter und bei Erwerbsminderung finanziellachhaltig zu entlasten, erwarte ich jetzt von den Bun-esländern und den Kommunen einen Vorschlag, wie sieie Finanzierung einer Reform der Eingliederungshilfeewerkstelligen wollen. Es kann nicht immer nur nachem Bund gerufen werden. Nachdem wir in einem gro-en Sozialgesetzbuch die Entlastung vorgenommen ha-en, sollten uns jetzt bei der Finanzierung der Eingliede-ngshilfe die Länder und Gemeinden einen Vorschlagachen, wie das künftig aussehen könnte. Auf diesenorschlag warte ich – auch auf den von sozialdemokrati-chen und grünen Sozialministern und Sozialdezernen-n in Deutschland.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14337
Peter Weiß
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube,die entscheidenden Punkte der Zukunft werden sein: ers-tens Inklusion im Bildungswesen. Nur 20,1 Prozent derSchülerinnen und Schüler, die Behinderungen und För-derbedarf haben, gehen in eine Regelschule. Da sindLänder und Gemeinden gefordert. Das Zweite ist Inklu-sion auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben mit der Reform2008 die notwendigen Regelungen für Außenarbeits-plätze und Außenarbeitsgruppen von Werkstätten fürBehinderte geschaffen. Das ist bereits angelaufen, wirktaber noch viel zu schwach. Ich bin der Auffassung: Wirmüssen die Trennung zwischen Werkstatt und sogenann-ter normaler Arbeitswelt für Menschen mit Behinderun-gen in den nächsten Jahren auflösen. Das muss eines dergroßen Ziele der Inklusionsarbeit in Deutschland sein.Ich fordere Sie auf – sowohl Regierung als auch Opposi-tion –, diese großartige Aufgabe miteinander in Angriffzu nehmen. Wir können uns über Details streiten, dürfenaber das große Ziel der Inklusion nicht aus dem Augeverlieren.Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP mit
dem Titel „Für eine umfassende Umsetzung der UN-Be-
hindertenrechtskonvention – Nationaler Aktionsplan als
Leitlinie“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/6155, den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/4862
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen
der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion gegen die
Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion Die Linke
bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf
Drucksache 17/6154. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/4911
mit dem Titel „Kostenvorbehalt in § 13 des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch streichen – Selbstbestimmtes
Leben für Menschen mit Behinderungen gewährleisten“.
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und
der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion,
der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.
Wir sind noch beim Tagesordnungspunkt 49 b. Unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 17/5043 mit dem Titel „Europäi-
sche Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderun-
gen 2010–2020 unterstützen“. Wer stimmt für diese Be-
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14338 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
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Erst wird die Struktur geschaffen, und dann stellt mandie Warum-Frage. Alles wird auf den Kopf gestellt. Esist aber auch ein Auf-den-Kopf-Stellen, wenn der neueMinister der Verteidigung für eine Bundeswehrreform,die längst angeschoben ist, sicherheitspolitische Ab-leitungen nachliefern will. Dabei vollzieht er mit demErlass der Verteidigungspolitischen Richtlinien lediglicheinen Verwaltungsakt. Um mehr als einen Verwaltungs-akt handelt es sich nicht. Es hat jedenfalls keine ressort-übergreifende Abstimmung darüber gegeben, wasDeutschland im Bereich der Friedens- und Sicherheits-politik will. Vor allem steht die Vorgehensweise des Ver-teidigungsministeriums immer wieder in eklatantem Wi-derspruch zu dem, was andere Häuser sagen. Mit einerStrategiefähigkeit in den Bereichen Friedens- und Si-cherheitspolitik hat das überhaupt nichts zu tun.
Ein weiteres Beispiel, auch im Hinblick auf die Ver-teidigungspolitischen Richtlinien, ist die gesamte Frageder deutschen Rohstoff- und Energieinteressen. Waswollen wir da? Was ist denn eigentlich das Interesse derBundesrepublik? Ist es tatsächlich so, wie es von IhrerSeite immer wieder behauptet wird, dass Interessen inder Wirtschaftspolitik ausreichender Grund für ein mili-tärisches Engagement sind? Oder muss man in diesemZusammenhang etwa über Stabilität reden? Natürlichwürde Stabilität – ich rede von wahrer Stabilität, nichtvon Friedensruhe oder Friedhofsruhe, wie wir sie derzeitin Bahrain erleben – der deutschen Wirtschaft helfen.Das durchzubuchstabieren, bedeutet aber, dass mannicht nur im Verteidigungsministerium darüber disku-tiert, sondern sich alle betroffenen Häuser der Bundes-regierung daran beteiligen sollten; die Federführungmüsste dabei natürlich beim Auswärtigen Amt liegen.
Das Auswärtige Amt muss jetzt aber zuschauen, wie dasBMVg die Richtlinien einfach laufend fortschreibt.Auch die Frage der nuklearen Teilhabe lässt man ein-fach weiterlaufen. Wir lesen immer wieder, dass dienukleare Teilhabe integraler Bestandteil der Sicherheits-politik der Bundesrepublik Deutschland, der Abschre-ckung, ist. Das hat mit dem, was der Außenminister er-zählt, und dem, was im Koalitionsvertrag steht, sowiemit dem Ziel, das die FDP im Wahlkampf immer prokla-miert hat, nämlich dem Abzug der Atomraketen ausDeutschland, überhaupt nichts mehr zu tun. Das Problemist: Hier weiß eine Hand nicht, was die andere tut.
Ich komme zum Beispiel der zivilen Krisenpräven-tion; ich mache es kurz, weil nicht mehr viel Zeit bleibt.Hier fehlt tatsächlich echtes Engagement; hier fehlt derpolitische Wille.Weil das so ist und weil andere Länder es besser ma-chen, ist unsere Forderung, dass Diskussionen angestoßenwdapdguscsSesewnRpULwskwhfüewvWRAleScdsgdahs
Das Wort hat der Kollege Jürgen Hardt für die
nionsfraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieber Kollege Nouripour, selbstverständlich ist esichtig und richtig, immer wieder über die Ziele deut-cher Friedens- und Sicherheitspolitik in der Welt zu dis-utieren. Ich glaube aber im Gegensatz zu Ihnen, dassir das in Deutschland bereits intensiv tun, nicht nurier in diesem Hause.Wir debattieren jeweils ausführlich über die Mandater die Auslandseinsätze der Bundeswehr, pro Auslands-insatz zweimal innerhalb von zwölf Monaten. Ich finde,ir diskutieren in dieser Legislaturperiode mehr als zu-or über die Ziele der Außen- und Sicherheitspolitik.as die öffentliche Diskussion über die Aufgaben, dieolle, die Ziele und die Erfolge der Bundeswehr in denuslandseinsätzen angeht, glaube ich, dass wir in dentzten anderthalb Jahren ebenfalls einen mächtigenchritt nach vorne gemacht haben.Ihr Vorwurf, es gebe in Deutschland keine ausrei-hende Diskussion, ist daher nicht zulässig. Es mag sein,ass die Diskussionen nicht in allen Punkten Ihren Vor-tellungen entsprechen. Die Grünen haben früher einmaleglaubt, man könne den Weltfrieden dadurch herbeire-en, dass man all das bei einem Gläschen Erdbeerteeusdiskutiert;
eute macht man das vielleicht bei einem Gläschen Pro-ecco.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011 14339
Jürgen Hardt
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Es war immerhin ein grüner Außenminister, der denSchritt, mit Soldaten nach Afghanistan zu gehen, einge-leitet hat. Sie sollten nicht hinter das zurückfallen, waswir in der Vergangenheit schon erreicht haben.Sie sollten auch nicht Ihre eigenen Beiträge zur Au-ßen- und Sicherheitspolitik der letzten Jahre kleinreden;ich glaube, es ist ein großes Verdienst, dass die demokra-tischen Kräfte in diesem Haus über die Fraktionsgrenzenhinaus bei vielen Fragen einen Konsens oder zumindesteine weitgehende Übereinstimmung haben.Zur Strategie der deutschen Friedens- und Sicher-heitspolitik. Die Strategie ist im Weißbuch von 2006 mitdem Konzept der vernetzten Sicherheit festgelegt. DieVerteidigungspolitischen Richtlinien bauen darauf auf.Das Weißbuch von 2006 löste das Weißbuch von 1994ab. Ich glaube, in der Verantwortung von Rot-Grün hates ein solches strategisches Konzept für die Außen- undSicherheitspolitik nicht gegeben. Das müssten Sie aberselbst erklären. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatdie Sicherheitsstrategie für Deutschland in ihrem Be-schluss von 2008 in einem zugegebenermaßen sehr lan-gen, aber zutreffenden Satz beschrieben. Ich möchte ausdem Beschluss der Fraktion zitieren:Außerdem erfordert die Bewältigung dieser He-rausforderungen eine Sicherheitsstrategie, die aufeinem umfassenden Ansatz beruht und die nebenden klassischen Feldern der Außen-, Europa-, Ver-teidigungs-, Menschenrechts- und Entwicklungs-politik auch die Innen-, Wirtschafts- und Energie-,Umwelt-, Finanz-, Forschungs- und Bildungspolitikerfasst und zu einem breiten Instrumentarium ver-netzt, das im Zusammenwirken mit anderen Staa-ten, nichtstaatlichen Akteuren und Organisationenwie den Vereinten Nationen, der NATO und Euro-päischen Union eingesetzt wird. Ziel ist es, präven-tiv Sicherheitsrisiken zu minimieren und dortschnell und effektiv eingreifen zu können, wo sichfür unsere Sicherheit relevante Krisen konflikthaftzuspitzen.Ich finde, das ist eine schöne Beschreibung der deut-schen Außen- und Sicherheitsstrategie, der man auch alsGrüner morgens, unter der Dusche, wenn keine Pressedabei ist, zustimmen könnte.
Die Verteidigungspolitischen Richtlinien unter derÜberschrift „Nationale Interessen wahren – Internatio-nale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemein-sam gestalten“ bauen auf dem Konzept der vernetztenSicherheit auf. In den großen Bündnissen wirken wirglobal daran mit:Das sind zum Ersten die Vereinten Nationen. Ichfinde es gut, dass wir uns im Deutschen Bundestag da-rüber einig sind, dass Auslandseinsätze der Bundeswehrgrundsätzlich ein Mandat der Vereinten Nationen vo-raussetzen.Zum Zweiten haben wir die NATO. Die NATO ist,wie ich finde, das einzige wirkmächtige Verteidigungs-bSulafüsgNimDdsmflsrevv„tioQHgddimtinahlerisuZgAriLbbfaWmredKWKb
Es ist leider das Wesen von Gewalt, dass sie in derage ist, binnen Sekunden das zu zerstören, was friedlie-ende Hände in Monaten oder gar Jahren aufgebaut ha-en. Deswegen ist es richtig, dass wir bereit sind, not-lls Gewalt gegen diejenigen anzuwenden, die dieerke des Friedens zerstören wollen.
Das, was wir gegenwärtig tun, müssen wir in Zukunftöglicherweise verstärkt tun: global handeln im Inte-sse von Frieden und Menschenrechten. Die Ursacheafür liegt in der potenziellen Zunahme der Zahl vononflikten in dieser Welt. Allein durch die Zunahme dereltbevölkerung entstehen Verteilungskämpfe. Dieämpfe um den Zugang zu sauberem Wasser, zu Le-ensmitteln, zu Energie und Rohstoffen werden im
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14340 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Juli 2011
Jürgen Hardt
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Zweifel zunehmen. Deswegen ist es notwendig, dassDeutschland weiterhin einen energischen Beitrag leistet,und zwar sowohl im zivilen Bereich als auch in der Be-reitschaft, militärisch Stärke zu zeigen.Evaluierung – ich habe schon darauf hingewiesen –ist eine der Forderungen im Antrag der Grünen. Evaluie-rung findet meines Erachtens in erheblichem Umfangstatt. Ich habe darauf verwiesen, dass der Deutsche Bun-destag sehr oft in Ausschüssen und hier im Plenum überdie Auslandseinsätze diskutiert. Ich begrüße es aus-drücklich, dass die Bundesregierung für das größte undschwierigste Einsatzgebiet, Afghanistan, zum Ende desletzten Jahres einen Fortschrittsbericht vorgelegt hat. DieVerteidigungs- und Außenpolitiker hatten in diesen Ta-gen den Zwischenbericht zum Fortschrittsbericht mitDatum 1. Juli 2011 im Postfach. Darin ist angekündigt,dass es zum Jahresende einen weiteren Fortschrittsbe-richt geben wird. Wenn man die Presse im Zusammen-hang mit der Diskussion über den FortschrittsberichtEnde letzten Jahres zur Kenntnis genommen hat, so kannman sich dem Urteil anschließen, dass dies ein sehr aus-gewogener, selbstkritischer und realistischer Fort-schrittsbericht ist. Ich glaube, das ist die richtige Me-thode, mit diesem Einsatz umzugehen.
Lassen Sie uns gemeinsam auf diesem Weg fortfah-ren. Lassen Sie uns nicht Widersprüche konstruieren, wokeine sind. Wir sind uns einig, dass zivile Krisenpräven-tion und Konfliktbeilegung Vorrang haben vor militäri-schen Mitteln. Aber man muss – auch im Interesse derWirksamkeit ziviler Methoden – bereit sein, beides zutun. Ich glaube, dass wir mit dieser Debatte einen Bei-trag leisten können.Ich bedanke mich.
Das Wort hat der Kollege Fritz Rudolf Körper für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich glaube, dass wir in Deutschland zum Thema Frie-dens- und Sicherheitsstrategie nicht zu viele Debatten,sondern eher zu wenige Debatten führen.
Ich glaube auch, dass man die Debatten über bestimmteMandate nicht mit Debatten über Grundsätze von Frie-dens- und Sicherheitsstrategien verwechseln darf. Un-sere Debatten beziehen sich häufig fast ausschließlichauf die verschiedenen Mandate. Wir müssen dabei fest-stellen, dass wir – jedenfalls ist das unsere bzw. meineAuffassung – wesentliche Defizite bezüglich bestimmtergcdtissDNwdgZTdendhwddhsDsmmaadprigsHAwWnhfüpeuedsu
as lässt sich am Beispiel des Einsatzes in Afghanistanehr gut nachweisen. Ich finde, auf diese Fragen solltean nicht polemisch antworten. Man sollte sich viel-ehr fragen: Wo gibt es Defizite, und wie kann man siebbauen?Ich finde, dass es im Hinblick auf die Abstimmunguf europäischer Ebene ein ganz großes Defizit gibt, wasie Ausrichtung der Außenpolitik und der Sicherheits-olitik anbelangt. Das kann man konkret an der Neuaus-chtung der Bundeswehr deutlich machen. Der Aus-angspunkt war eigentlich eine Haushaltsnummer; esollten 8,3 Milliarden Euro eingespart werden. Nur, eineaushaltsnummer ist das falsche Motiv und der falscheusgangspunkt für eine Neuausrichtung der Bundes-ehr.
er das nicht so sieht, hat, wie ich denke, keine Kennt-is vom Ablauf der Dinge.Es geht im Wesentlichen um die Frage: Welches Fä-igkeitsprofil ist notwendig, um eine Gesamtstrategier eine zukunftsweisende Friedens- und Sicherheits-olitik, auch mit Blick auf die europäische Ebene, zuntwickeln? Eine solche Neuausrichtung darf nicht ohnensere europäischen Nachbarn, sondern nur mit unserenuropäischen Nachbarn vorgenommen werden. Nurann wird es möglich sein, eine vernünftige und wirk-ame Gesamtstrategie zur Gewährleistung von Friedennd Sicherheit zu erarbeiten. Ich denke, dieses Bewusst-
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Fritz Rudolf Körper
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sein ist notwendig, damit sich hier ein Erfolg einstellt.Ich kann nur an Sie appellieren, solche Ansätze zu ver-folgen. Man muss eine Konzeption – so formuliere iches einmal – verfolgen, die sich vom Kästchendenken derverschiedenen Ressorts verabschiedet. Bei dieser Kon-zeption dürfen nicht mehr einzig und allein nationaleKriterien eine Rolle spielen. Wir haben nur dann dieChance, eine vernünftige Friedens- und Sicherheitsstra-tegie hinzubekommen, wenn wir unsere Partner und dasBündnis insgesamt einbeziehen. Ich denke, es ist wich-tig, dies in Erinnerung zu rufen.Der Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konflikt-lösung und Friedenskonsolidierung“ vom Mai 2004 istschon angesprochen worden. Eigentlich war dies einsehr vernünftiger und guter – damals sogar ein einmali-ger – Schritt. Allerdings – das füge ich unumwundenhinzu – hat die Wissenschaft diesen Aktionsplan sehrstark kritisiert. Es hieß, dass die Chancen auf Umsetzungbzw. auf Vollzug in naher Zukunft nicht gut stehen. Ichsage auch an dieser Stelle unumwunden: Es war gut ge-meint, aber, was die Wirkung angeht, nicht ganz einfach.Ich finde, dass ein solcher Versuch, was die zivileKrisenprävention anbelangt, sehr lohnenswert ist. SolcheAnsätze sollte man viel stärker in die Strategie einfließenlassen und in der Debatte berücksichtigen. Wir dürfendiese Diskussion nicht auf militärische Maßnahmen undmilitärische Aktionen verengen; das wäre falsch. Letzt-endlich müssen wir versuchen, kriegerische und militäri-sche Auseinandersetzungen durch Krisenprävention zuvermeiden. Das ist die wichtigste Messlatte; das ist dasZiel einer vernünftigen und guten Friedens- und Sicher-heitsstrategie. Eines kommt hinzu: Es ist notwendig,dass wir eine solche Debatte im Deutschen Bundestagführen. Ich finde, hier gehört sie hin. Wir haben ja in denzurückliegenden Tagen gesehen, dass wir diesbezüglicheher einen Mangel haben. Wir sollten diesen Antrag alsAnregung nehmen, diese Debatte hier zielgerichtet zuführen. Das würde unserem Land und auch dieser Bun-desregierung ganz gut anstehen.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Joachim
Spatz das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natür-lich tut es immer gut, wenn man über friedens- und si-cherheitspolitische Strategien spricht. Den Auftakt dafürhat das Bundesverteidigungsministerium mit seinenEckpunkten für die Verteidigungspolitischen Richtliniengemacht. Der vorliegende Antrag ist dafür schlichtweguntauglich.In dem Antrag, der heute zur Debatte steht, wird ge-fordert, dass ressortübergreifend gedacht wird. Das istschon der Fall, und das wird weiter intensiviert.WsssfessBddsssDvlesdafoUndAdswdsispgpbgRAAimSdnhükinhd
er in einer Verwaltung tätig ist oder war, der weiß, dasso etwas eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.Außerdem wird eine öffentliche Debatte gefordert. Esollen öffentliche Anhörungen organisiert werden. Esoll eine Webplattform eingerichtet werden, um die Öf-ntlichkeit und die NGOs einzubeziehen. Wer auf die-em Gebiet arbeitet und gelegentlich an Podiumsdiskus-ionen bei NGOs und anderen Akteuren in diesemereich teilnimmt, der kann eigentlich nicht feststellen,ass es ein Zuwenig an Möglichkeiten gibt, darüber zuebattieren. Vielleicht gibt es ein Zuwenig an Interesse;chauen Sie sich um, dann werden Sie das auch hier be-tätigt finden. Ein Zuwenig an Möglichkeiten ist aberchlichtweg nicht festzustellen.Der Antrag ist vor allem enttäuschend, wenn man dieebatte in unserem Unterausschuss „Zivile Krisenprä-ention“ verfolgt hat. Sie erschöpfen sich in weiten Tei-n in Polemik.So heißt es erstens, die Bundeswehrreform sei gewis-ermaßen ohne Konzept vonstattengegangen, und wie-erholt wird die falsche Behauptung angeführt, sie seiusschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten er-lgt. Das ist verkehrt. Jeder weiß, dass wir uns beimmbau der Bundeswehr zuvorderst dem Umbau von ei-er Verteidigungsarmee mit einem früher geltenden Be-rohungsszenario hin zu einer Friedensarmee in Out-of-rea-Einsätzen widmen müssen. Das ist der Grund füren Umbau, und es kann überhaupt nicht die Rede davonein, dass das gewissermaßen planlos vonstattengeht,ie in diesem Antrag vorgeworfen wird. Das ist nichter Fall.Der zweite Punkt ist die Kohärenz im Sinne der Zu-ammenarbeit der einzelnen Ressorts. Diese Diskussiont vor allem durch die Erfahrungen der Amerikaner ge-rägt. Ich habe im State Department darüber Gesprächeeführt. Dort sagt man: Das ist alles schön und gut; dasrobieren auch wir. Aber viel wichtiger ist die Kohärenzeim Einsatz vor Ort.Wer die neue UNO-Resolution für Südsudan genauelesen hat, der weiß, dass sie vorsieht, dass der Specialepresentative dort alle UN-Einheiten und alle anderenkteure, die vor Ort aktiv sind, zu koordinieren hat.uch unter Einflussnahme unserer deutschen Vertreter UN-Sicherheitsrat ist dieses Erfolgsmodell, das es inierra Leone gibt und das eigentlich aus dem Peacebuil-ing und nicht aus dem Peacekeeping kommt, hier über-ommen worden. Das ist ein wirklich konkreter Schrittin zu mehr Kohärenz. Ich führe auch gerne Debattenber Prinzipien, aber das Leben ist eben furchtbar kon-ret. Deshalb geht es darum – vielleicht sogar vorrangig –, konkreten Einsätzen diese Kohärenz zu erzeugen. Ichoffe, Südsudan ist hierfür ein erfolgreiches Beispiel.
Ich komme zu einem weiteren Widerspruch. Es kannoch nicht sein, dass wir auf der einen Seite betonen
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Joachim Spatz
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– Kollege Körper, hier gebe ich Ihnen völlig recht –, wirkönnten nicht nur nationale Sicherheitsinteressen verfol-gen, weil wir in die NATO eingebunden sind, währendgleichzeitig kritisiert wird, wie es mein Vorredner vonden Grünen getan hat, dass die Atomwaffen nicht abge-zogen werden. Wir täten das gerne, aber gerade weil wirin diese Partnerschaft eingebunden sind, können undwollen wir das nicht alleine tun. Man muss sich schonentscheiden, was man möchte. Wir sehen das genausowie Sie, Herr Kollege Körper: Wir sind in Sicherheitsar-chitekturen eingebunden – in diesem Fall in die NATOund auch in die Europäische Union – und bekennen unsdeshalb dazu, dass wir keine einseitigen Schritte unter-nehmen.Als weiterer Punkt wurde angeführt, es gäbe keineEvaluation. Dazu kann ich nur sagen: Wer so etwasschreibt, muss den Fortschrittsbericht der Bundesregie-rung zu Afghanistan übersehen haben. Ich glaube nicht,dass es in Ihrer Regierungszeit jemals einen so offenenund ehrlichen Fortschrittsbericht zu unserem Hauptein-satzgebiet gegeben hat,
gerade auch unter dem Gesichtspunkt von Kohärenzbzw. Zusammenarbeit.Außer viel Polemik und einem sehr schwachen For-derungskatalog hat der Antrag nichts vorzuweisen. Erbleibt leider hinter den Diskussionen, die wir im Unter-ausschuss „Zivile Krisenprävention“ führen, weit zu-rück; das ist enttäuschend. Deshalb ist er abzulehnen.
Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat die Kollegin
Kathrin Vogler für die Fraktion Die Linke das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Damenund Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In demvorliegenden Antrag der Grünen zum Thema Friedens-und Sicherheitsstrategie gibt es auf den ersten Blick ei-nige Punkte, denen ich gerne zustimmen würde. Soschreiben Sie zum Beispiel:Konflikte können mit Gewalt nicht gelöst und ineine stabile Friedenslösung überführt werden.Sie schreiben auch völlig zu Recht, dass es auf viele derheutigen Risiken und Bedrohungen wie internationalerTerrorismus, organisierte Kriminalität oder die Siche-rung von Rohstoffen und Vertriebswegen keine militäri-schen Antworten geben kann. Sie sprechen vom Primatdes Zivilen und davon, dass zivile Krisenprävention,Konfiktmanagement und Friedenskonsolidierung Leit-prinzipien einer umfassenden Friedens- und Sicherheits-konzeption sein sollen. Wer wollte denn dagegen sein?Aber natürlich ist es ein Antrag der Grünen. Da mussman leider genauer hinsehen.DDteIcwddleändlagggdvdbliusswtäaDnbskhEdsdAwdAUKWV
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Wir müssen auch über Abrüstung reden, auch über ein-seitige. Das hatten Sie doch auch einmal in Ihrem Pro-gramm.
– Sehr schön, aber das alles steht nicht in Ihrem Antrag.Diese Fragen, die Sie leider nicht einmal stellen, müss-ten wir aus meiner Sicht dringend in der Gesellschaftund hier im Parlament diskutieren.
An einer solchen Debatte würden wir uns gerne beteili-gen, nicht nur auf irgendwelchen Webportalen, sondernlive und in Farbe, überall dort, wo es notwendig ist.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/6351 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Dienstag, den 6. September 2011, 10 Uhr,
ein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen
für die folgende sitzungsfreie Zeit alles Gute, manche
neue Erkenntnis und – soweit notwendig – auch Gesun-
dung.
Die Sitzung ist geschlossen.