Protokoll:
16058

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 58

  • date_rangeDatum: 20. Oktober 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:53 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/58 tinuierlich verbessern – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Statt Ausbildungspakt – Für eine umlagefinanzierte berufliche Erstausbildung – zu dem Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Berufsausbil- dung umfassend sichern – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Berufsbildungsbericht 2005 zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes (Drucksache 16/2540) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Britta Haßelmann, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Neue Wege in der Ausbil- dung – Strukturen verändern (Drucksache 16/2630) . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5673 D 5674 A 5674 A 5675 B 5675 D 5676 D 5677 D Deutscher B Stenografisch 58. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Tagesordnungspunkt 23: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Neue Dynamik für Ausbildung – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die duale Be- rufsausbildung in Deutschland kon- b c d (Drucksachen 16/543, 16/235, 16/122, 16/198, 15/5285, 16/1258) . . . . . . . . . . . . 5673 A undestag er Bericht ung 0. Oktober 2006 t : ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2006 (Drucksache 16/1370) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Willi Brase, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Weiterent- wicklung der europäischen Berufsbil- dungspolitik (Drucksache 16/2996) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Achtund- 5673 C 5673 D Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 5679 A 5680 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der LINKEN: Für einen sozial gerechten Mindestlohn in Deutschland (Drucksache 16/1878) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Matthias Berninger, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arbeit in Armut verhindern (Drucksache 16/2978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Präsident Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Andrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Errichtung gemeinsamer Da- teien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und b c d D G F P W W D K S D T Z d G d ( 5681 C 5683 A 5685 A 5687 A 5688 C 5688 D 5688 D 5690 C 5690 D 5691 D 5692 D 5693 A 5695 A 5696 C 5697 C 5698 D 5700 C 5701 B 5702 B 5703 D 5705 A der Länder (Gemeinsame-Dateien- Gesetz) (Drucksache 16/2950) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Terroris- musbekämpfungsgesetzes (Terroris- musbekämpfungsergänzungsgesetz) (Drucksache 16/2921) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Rechtsschutzlücken bei der Terrorbekämpfung schließen (Drucksache 16/821) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Anti-Terror-Gesetze – Zeit- liche Befristung beibehalten und Rechtsschutz der Betroffenen verbes- sern (Drucksache 16/2081) . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . olfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Errichtung und zur Regelung er Aufgaben des Bundesamts für Justiz Drucksachen 16/1827, 16/3009) . . . . . . . . . . 5706 B 5706 B 5706 C 5706 C 5706 D 5707 D 5709 A 5710 C 5711 C 5712 B 5713 B 5714 D 5715 C 5716 C 5717 B 5717 C 5718 D 5719 D 5720 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 III Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: a) Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Kai Gehring, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Datenschutzaudit umsetzen – Gütesie- gel stärkt Bürgerrechte und schafft Akzeptanz für wirtschaftliche Innova- tionen (Drucksache 16/1499) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, Jens Ackermann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Datenschutz-Audit-Verfahren und Datenschutz-Gütesiegel einheitlich re- geln (Drucksache 16/1169) . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Antrag der Abgeordneten Marie-Luise Dött, Katherina Reiche (Potsdam), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Marco Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Deutschlands Verantwortung national und internatio- nal mit einer umfassenden Strategie zur biologischen Vielfalt wahrnehmen (Drucksache 16/1996) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Lage der Natur (Drucksache 15/5903) . . . . . . . . . . . . . . . . c d S A M L U D D T A G D n v f ü ( i Z A U g S Q w ( D G D 5721 A 5721 D 5722 D 5724 A 5725 A 5725 D 5725 D 5726 A 5726 D 5728 A 5729 A 5730 B 5730 D 5731 C 5731 D ) Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nationale Biodiversitätsstra- tegie zügig vorlegen (Drucksache 16/1497) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Rainder Steenblock, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Verstöße gegen FFH- Richtlinie umgehend abstellen (Drucksache 16/1670) . . . . . . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . arie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . agesordnungspunkt 29: ntrag der Abgeordneten Hans-Michael oldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, r. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der FDP: Eckpunkte- ereinbarung zum Einsatz von Erntehel- ern in der Landwirtschaft grundlegend berarbeiten Drucksache 16/2685) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, lrike Höfken, Kerstin Andreae, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN: Qualifizierung statt uoten – Vermittlungsagenturen für land- irtschaftliche und andere grüne Berufe Drucksache 16/2991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . 5732 A 5732 A 5732 B 5734 C 5735 A 5736 A 5738 A 5739 A 5740 A 5741 A 5743 A 5743 D 5745 A 5745 B 5745 B 5746 C 5748 A 5749 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz (Tagesordnungspunkt 26) Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5749 C 5751 A 5751 D 5753 A 5753 D 5755 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 5673 (A) ) (B) ) 58. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 5753 (A) ) (B) ) hat. Wer wollte bewerten, welche konkreten Einzelent- man damit heute schon sagen, ob sich die materiellenDr. Reimann, Carola SPD 20.10.2006 scheidungen dort einmal getroffen werden? Wer sollte beurteilen können, welchen rechtspolitischen Zielset- zungen das Personal in den ihm zugewiesenen Aufga- benbereichen einmal nachgehen wird? Und wie könnte Nitzsche, Henry CDU/CSU 20.10.2006 Reichel, Maik SPD 20.10.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt A B d n u a Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 20.10.2006 Dr. Berg, Axel SPD 20.10.2006 Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 20.10.2006 Bierwirth, Petra SPD 20.10.2006 Binder, Karin DIE LINKE 20.10.2006 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 20.10.2006 Burkert, Martin SPD 20.10.2006 Friedhoff, Paul K. FDP 20.10.2006 Götz, Peter CDU/CSU 20.10.2006 Goldmann, Hans- Michael FDP 20.10.2006 Gröhe, Hermann CDU/CSU 20.10.2006 Hemker, Reinhold SPD 20.10.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 20.10.2006 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.10.2006 Ibrügger, Lothar SPD 20.10.2006 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 20.10.2006 Mattheis, Hilde SPD 20.10.2006 Menzner, Dorothée DIE LINKE 20.10.2006 Merten, Ulrike SPD 20.10.2006 Müller-Sönksen, Burkhardt FDP 20.10.2006 Müntefering, Franz SPD 20.10.2006 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 20.10.2006 D R R S S D S S D S W W W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz (Tagesordnungs- punkt 26) Wolfgang Nešković (DIE LINKE): Die Absicht der undesregierung, eine neue Bundesoberbehörde auf em Gebiet des Justizwesens zu errichten, scheint sich ur auf den ersten Blick einer kritischen politischen Be- rteilung zu entziehen. Zunächst ist nichts unschuldiger, ls eine Behörde, die noch nicht zu arbeiten begonnen r. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 20.10.2006 oth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.10.2006 upprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 20.10.2006 cheel, Christine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.10.2006 cheelen, Bernd SPD 20.10.2006 r. Schwall-Düren, Angelica SPD 20.10.2006 pahn, Jens CDU/CSU 20.10.2006 tiegler, Ludwig SPD 20.10.2006 r. Stinner, Rainer FDP 20.10.2006 töckel, Rolf SPD 20.10.2006 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 20.10.2006 immer (Neuss), Willy CDU/CSU 20.10.2006 issmann, Matthias CDU/CSU 20.10.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 5754 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Ausstattungen der Behörde vom Radiergummi bis zum modernen EDV-Gerät gelohnt haben werden? Maßgeblich wird sein, ob die neue Behörde bei ihrer Entscheidungsfindung die rechts- und sozialstaatlichen Grundsätze der Verfassung achten wird. Maßgeblich wird im Rückblick einmal sein, ob das deutsche Justiz- wesen mit der neuen Einrichtung in den ihr zugewiese- nen Aufgabenbereichen endlich ein Stück weit jene er- fährt, die längst überfällig ist. Es war nicht gerade eine Zierde am Gebäude der Justiz, dass etwa Aufgaben nach dem Auslandsunterhaltsgesetz oder dem Haager Adop- tionsübereinkommen jahrelang vom Generalbundes- anwalt wahrgenommen werden mussten. Mit Strafrecht hatte das jedenfalls nichts zu tun. Der Generalbundes- anwalt hat es tapfer ertragen. Und es überzeugt auch nicht, dass der mit der Einrichtung des Bundesamtes ver- bundene finanzielle Mehraufwand von vergleichsweise lächerlichen 400 000 Euro nicht etwa anstandslos origi- när bereitgestellt, sondern anderen Bereichen im Justiz- haushalt abgeknapst wird. Darüber hinaus bieten sich für die Bewertung des Vorhabens auf dem Gebiet der Justiz selbstverständlich auch formal-juristische Kategorien an. Ich denke da zu- nächst an den alten Grundsatz: pacta sunt servanda. Aus- weislich der Gesetzesbegründung ist die neue Bundes- oberbehörde – als nationale Kontaktstelle für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr – in erster Linie kein brillanter Einfall der Regierung, sondern ein schlichter Akt der Vertragserfüllung. Pacta sunt ser- vanda. Das heißt hier: Wir sind völkerrechtlich und su- pranational verpflichtet, eine bestimmte Behörde zu schaffen, also schaffen wir eine solche. Das ist so weit auch gut so. Wäre da nicht der bedenkliche Umstand, dass die neue Behörde nach dem konkreten Entwurf nicht nur einen Akt der Vertragserfüllung darstellen, sondern zugleich einen Vertragsbruch auslösen wird. Ich spreche von einem ganz bestimmten Vertrag, dem zumindest die Mehrheit dieses Hauses, sicherlich die al- lergrößte Bedeutung zumisst. Im Koalitionsvertrag (!) zwischen CDU/CSU und SPD heißt es auf Seite 95 unter B.III.10: „Neue Bundeseinrichtungen sollen in den neuen Ländern angesiedelt werden.“ Der vom Entwurf vorgesehene Sitz der neuen Bundesbehörde ist Bonn. Bonn liegt bekanntlich in den alten Bundesländern. Bonn liegt also nicht in den neuen Bundesländern. Dem- nach wird mit der Errichtung der Behörde in Bonn der Koalitionsvertrag gebrochen. Auch die brandenburgische CDU-Justizministerin Frau Beate Blechinger war zu einem entsprechenden Er- gebnis gelangt. Sie bat deshalb in der 822. Sitzung des Bundesrates am 19. Mai 2006 im Namen der fünf neuen Bundesländer gefälligst um die Einhaltung des Koali- tionsvertrages. Sie bat vergeblich! Cottbus in Branden- burg wäre übrigens ein guter Standort für das neue Bun- desamt gewesen. Die Cottbusser hätten sich sicherlich gefreut über die im Entwurf angekündigten neuen Ar- beitsplätze. Auch über die infrastrukturellen Impulse, die d d n e r m G h B a t g b G f d i t u d P f w k s P s s 2 s r n i l z „ s s S w k t h B g d l m B s A t U M u (C (D as neue Amt in seine Umgebung bringen wird, wären ie Cottbuser kaum traurig gewesen. Natürlich ist es den Partnern eines Vertrages, auch ei- es Koalitionsvertrages, grundsätzlich nicht unmöglich, ine vorgesehene Drittbegünstigung – unter zu präzisie- enden Voraussetzungen – auch wieder zurückzuneh- en. So was kann vorkommen. Ich verstehe das im runde. Selbst die Koalitionäre haben bei ihren Ver- andlungen im Herbst 2005 gute Gründe gesehen, neue undeseinrichtungen auf dem Gebiet der neuen Länder nzusiedeln. Genau das haben sie dann in den Koali- ionsvertrag geschrieben, nicht zuletzt weil es natürlich ut klingt und im Osten gern gelesen wird. Und jetzt ha- en die Koalitionäre eben sehr viel weniger gute ründe, diese neue Einrichtung doch in Bonn zu schaf- en. Was schert sie ihr Geschwätz von gestern! Das mag em Alltag des politischen Geschäfts entsprechen und nsoweit politisch menschlich sein. Der Koalitionsver- rag trägt ja auch nicht umsonst den Untertitel: „Mit Mut nd Menschlichkeit.“ Doch zurück zur formal-juristischen Sichtweise: Ich enke, Frau Justizministerin Blechinger wird bei ihrem rotest am 19. Mai 2006 berücksichtigt haben, dass es ür die beiderseitige Rücknahme eines dem Dritten ge- ährten Vorteils ganz wesentlich auf die Frage an- ommt, ob dem Dritten aus dem Vertrag ein echter An- pruch erwachsen sollte. Dies richtet sich nach dem arteiwillen unter Berücksichtigung der Verkehrsan- chauung. Dürfen wir also den Vertrag der Koalitionäre o verstehen, dass es ihnen jedenfalls am 11. November 005 darauf ankam, den Osten Deutschlands bei der An- iedlung staatlicher Verwaltung endlich als gleichbe- echtigten Landesteil anzuerkennen? Wörtlich steht dazu atürlich nichts im Vertrag. Da, wo der Wortlaut dürftig st, hilft stets die Auslegung, hier die systematische Aus- egung. Der dritte Abschnitt der Sektion B., der jenen itierten Passus enthält, trägt den erhellenden Titel: Aufbau Ost voranbringen!“ Seite um Seite dieses Ab- chnittes ist wieder und wieder mit diesem Slogan über- chrieben. Sie können ihn beim Blättern nicht übersehen. ie müssen ihn irgendwann einfach ernst nehmen, selbst enn er von der Koalition kommt. Damit ist die Auslegung abgeschlossen und der Fall lar: Nach dem hier allein maßgeblichen Willen der ver- ragsschließenden Parteien vom 11. November 2005 ge- ört das neue Bundesamt für Justiz gerade nicht nach onn und soll nun doch dahin. Das ist Vertragsbruch ge- enüber den neuen Bundesländern. Wenn nicht einmal ie Koalitionäre ihre eigene regierungspolitische Grund- age ernst nehmen, wie ernst können wir sie dann neh- en und was dürfen wir wohl noch von ihnen erwarten? ei allem Verständnis für das Interesse der Stadt Bonn, ich als politischer Standort zu behaupten und bei allem nsehen für die in Bonn schon vorhandenen Verwal- ungsstrukturen: Auch hier gilt: Pacta sunt servanda! nd so mahne ich für die Länder Brandenburg, Berlin, ecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen nd Thüringen die Einhaltung eines Versprechens an. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 5755 (A) ) (B) ) Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Deutsche Bundestag hat gemäß § 7 in Verbin- dung mit § 4 Abs. 1 Satz 4 des Parlamentsbeteiligungs- gesetzes mit Wirkung vom 17. Oktober 2006 zu dem nachfolgenden Antrag seine Zustimmung im vereinfach- ten Verfahren erteilt: – Antrag der Bundesregierung Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streit- kräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) auf Grundlage der Resolution 1714 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 6. Oktober 2006 – Drucksache 16/2900 – Die Fraktion Die Linke, hat mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 zu dem Antrag der Bundesregierung mitgeteilt: „Sehr geehrter Herr Präsident, Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 9. Oktober 2006 stimme ich namens der Fraktion DIE LINKE der Bitte der Bundesregierung zu, den Antrag „Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) auf Grundlage der Resolution 1714 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen vom 6. Oktober 2006“ im vereinfachten Zu- stimmungsverfahren nach § 7 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 4 des Parlamentsbeteiligungsgeset- zes zu behandeln. Die Zustimmung zu diesem Verfahren ändert nichts an der Ablehnung bzw. Nichtzustimmung zum An- trag auf Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte im Sudan (UNMIS) durch die Mitglie- der meiner Fraktion. Mit freundlichen Grüßen Dr. Gregor Gysi“. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schrei- ben vom 19. Oktober 2006 mitgeteilt, dass sie den Antrag Für die fortdauernde Unterstützung des Sta- bilisierungs- und Demokratisierungsprozesses in Afghanistan auf Drucksache 16/447 zurückzieht. Der Bundesrat hat in seiner 826. Sitzung am 13. Oktober 2006 beschlossen, den nachstehenden Ge- setzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Erstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes – Gesetz zu dem Vertrag vom 13. April 2005 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über den Zusammen- – – – m d n (C (D schluss der deutschen Bundesstraße B 56n und der niederländischen Regionalstraße N 297n an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unterneh- mensregister (EHUG) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bun- deseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den achstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaa- ten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2005 – Drucksache 16/778 – Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die aktualisierten Stabilitäts- und Konver- genzprogramme 2005 der EU-Mitgliedstaaten – Drucksache 16/1218 – Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2003 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen aus dem ersten Vierteljahr des Haushaltsjahres 2003 (vorläufige Haushaltsführung) – Drucksachen 15/1414, 15/1546 Nr. 1.8 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2003 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im zweiten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2003 (vorläufige Haushaltsführung bis 30. April 2003) – Drucksachen 15/1541, 15/1608 Nr. 5 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2003 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im dritten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2003 – Drucksachen 15/2056, 15/2105 Nr. 5 – 5756 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 (A) ) (B) ) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2003 Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflich- tungsermächtigungen im vierten Vierteljahr des Haus- haltsjahres 2003 – Drucksachen 15/2714, 15/2790 Nr. 2 – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Auswirkungen der §§ 15 und 16 Bun- deserziehungsgeldgesetz – Drucksachen 15/3400, 15/3693 Nr. 1.1, 16/820 Nr. 38 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 16/419 Nr. 1.2 Drucksache 16/419 Nr. 2.18 Drucksache 16/419 Nr. 2.19 Drucksache 16/481 Nr. 1.13 Drucksache 16/820 Nr. 1.4 Drucksache 16/901 Nr. 2.4 Drucksache 16/993 Nr. 2.11 Drucksache 16/1942 Nr. 2.2 Drucksache 16/1942 Nr. 2.43 Finanzausschuss Drucksache 16/1942 Nr. 2.13 Drucksache 16/1942 Nr. 2.21 Drucksache 16/1942 Nr. 2.23 Drucksache 16/1942 Nr. 2.24 Drucksache 16/1942 Nr. 2.28 Drucksache 16/1942 Nr. 2.29 Drucksache 16/1942 Nr. 2.30 Drucksache 16/1942 Nr. 2.31 Drucksache 16/1942 Nr. 2.39 Drucksache 16/1942 Nr. 2.51 Haushaltsausschuss Drucksache 16/2555 Nr. 2.26 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 16/150 Nr. 1.1 Drucksache 16/150 Nr. 1.34 Drucksache 16/629 Nr. 2.11 Drucksache 16/993 Nr. 1.1 Drucksache 16/993 Nr. 1.5 Drucksache 16/1942 Nr. 2.4 Drucksache 16/1942 Nr. 2.10 Drucksache 16/1942 Nr. 2.15 Drucksache 16/1942 Nr. 2.34 Drucksache 16/2555 Nr. 2.2 Drucksache 16/2555 Nr. 2.5 Drucksache 16/2555 Nr. 2.25 Drucksache 16/2555 Nr. 2.80 Drucksache 16/2555 Nr. 2.82 Drucksache 16/2555 Nr. 2.127 Drucksache 16/2555 Nr. 2.135 (C (D Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/1942 Nr. 2.14 Drucksache 16/1942 Nr. 2.47 Drucksache 16/1942 Nr. 2.49 Drucksache 16/2555 Nr. 1.7 Drucksache 16/2555 Nr. 1.8 Drucksache 16/2555 Nr. 1.26 Drucksache 16/2555 Nr. 2.3 Drucksache 16/2555 Nr. 2.9 Drucksache 16/2555 Nr. 2.17 Drucksache 16/2555 Nr. 2.20 Drucksache 16/2555 Nr. 2.21 Drucksache 16/2555 Nr. 2.28 Drucksache 16/2555 Nr. 2.34 Drucksache 16/2555 Nr. 2.35 Drucksache 16/2555 Nr. 2.36 Drucksache 16/2555 Nr. 2.41 Drucksache 16/2555 Nr. 2.42 Drucksache 16/2555 Nr. 2.43 Drucksache 16/2555 Nr. 2.44 Drucksache 16/2555 Nr. 2.45 Drucksache 16/2555 Nr. 2.46 Drucksache 16/2555 Nr. 2.47 Drucksache 16/2555 Nr. 2.48 Drucksache 16/2555 Nr. 2.50 Drucksache 16/2555 Nr. 2.59 Drucksache 16/2555 Nr. 2.63 Drucksache 16/2555 Nr. 2.74 Drucksache 16/2555 Nr. 2.84 Drucksache 16/2555 Nr. 2.89 Drucksache 16/2555 Nr. 2.95 Drucksache 16/2555 Nr. 2.96 Drucksache 16/2555 Nr. 2.104 Drucksache 16/2555 Nr. 2.107 Drucksache 16/2555 Nr. 2.121 Drucksache 16/2555 Nr. 2.122 Drucksache 16/2555 Nr. 2.126 Drucksache 16/2555 Nr. 2.142 Drucksache 16/2555 Nr. 2.143 Drucksache 16/2555 Nr. 2.144 Drucksache 16/2555 Nr. 2.145 Drucksache 16/2555 Nr. 2.147 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/1942 Nr. 2.32 Drucksache 16/2555 Nr. 2.4 Drucksache 16/2555 Nr. 2.6 Drucksache 16/2555 Nr. 2.8 Drucksache 16/2555 Nr. 2.49 Drucksache 16/2555 Nr. 2.52 Drucksache 16/2555 Nr. 2.55 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/1475 Nr. 2.1 Drucksache 16/1748 Nr. 1.1 Drucksache 16/1748 Nr. 2.13 Drucksache 16/1942 Nr. 2.3 Drucksache 16/1942 Nr. 2.35 Drucksache 16/1942 Nr. 2.36 Drucksache 16/1942 Nr. 2.37 Drucksache 16/2555 Nr. 1.1 Drucksache 16/2555 Nr. 1.2 Drucksache 16/2555 Nr. 1.3 Drucksache 16/2555 Nr. 1.4 Drucksache 16/2555 Nr. 1.5 Drucksache 16/2555 Nr. 1.6 Drucksache 16/2555 Nr. 1.25 Drucksache 16/2555 Nr. 2.14 Drucksache 16/2555 Nr. 2.31 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 5757 (A) (C) (B) (D) Drucksache 16/2555 Nr. 2.54 Drucksache 16/2555 Nr. 2.103 Drucksache 16/2555 Nr. 2.110 Drucksache 16/2555 Nr. 2.129 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/150 Nr. 2.218 Drucksache 16/150 Nr. 2.269 Drucksache 16/150 Nr. 2.271 Drucksache 16/1475 Nr. 2.21 Drucksache 16/1942 Nr. 2.38 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 16/150 Nr. 2.67 Drucksache 16/1748 Nr. 2.22 Drucksache 16/1942 Nr. 1.15 Drucksache 16/1942 Nr. 2.41 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/150 Nr. 2.18 Drucksache 16/150 Nr. 2.143 58. Sitzung Berlin, Freitag, den 20. Oktober 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605800000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich wünsche Ihnen allen ei-

nen guten Morgen und uns die zur Vorbereitung des Wo-
chenendes angemessenen Temperaturen bei den heute
anstehenden Beratungen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 e auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe
Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Willi
Brase, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Neue Dynamik für Ausbildung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Die duale Berufsausbildung in Deutschland
kontinuierlich verbessern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia

(Saar Redet brücken)

tion der LINKEN

Statt Ausbildungspakt – Für eine umlagefi-
nanzierte berufliche Erstausbildung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Priska Hinz

(Herborn), Krista Sager, Grietje Bettin, weite-

rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Berufsausbildung umfassend sichern

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Berufsbildungsbericht 2005

– Drucksachen 16/543, 16/235, 16/12
15/5285, 16/1258 –

(C (D ung 0. Oktober 2006 1 Uhr Berichterstattung: Abgeordnete Michael Kretschmer Willi Brase Patrick Meinhardt Cornelia Hirsch Priska Hinz b)

gierung

Berufsbildungsbericht 2006

– Drucksache 16/1370 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Willi Brase,
Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD

Weiterentwicklung der europäischen Berufs-

ext
bildungspolitik

– Drucksache 16/2996 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider

(Saarbrücken), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs ei-

tundzwanzigsten Gesetzes zur Ände-
s Berufsbildungsgesetzes

sache 16/2540 –

2, 16/198,

nes Ach
rung de

– Druck






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Britta Haßelmann, Ekin Deligöz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Neue Wege in der Ausbildung – Strukturen
verändern

– Drucksache 16/2630 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Dazu höre ich
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Uwe Schummer für die CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1605800100

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wir

haben im Jahresvergleich 400 000 Arbeitslose weniger
als unter der Vorgängerregierung. Wir haben – das geht
aus der Statistik hervor – 100 000 junge Arbeitslose un-
ter 25 Jahren weniger. Das ist ein Erfolg der jetzigen Re-
gierung.

Unerträglich für uns alle – das zeigt auch die Vielzahl
der Anträge zur beruflichen Bildung aus allen Fraktio-
nen – ist aber, dass sich die Ausbildungsplatzlücke in
diesem Berufsbildungsjahr weiter vergrößert hat. Eine
Ursache liegt darin, dass es in diesem Jahr bei den Aus-
bildungsverträgen erstmals mehr Altbewerber als Neu-
zugänge aus den Schulen gibt. Etwa 500 000 junge Men-
schen, die vor zwei oder drei Jahren aus den Schulen
entlassen wurden und sich in Warteschleifen befanden
bzw. Ersatzmaßnahmen wahrgenommen haben, suchen
derzeit einen Ausbildungsplatz. Es gibt etwa 1,3 Millio-
nen Schulabgänger bis 29 Jahre, die noch gar keine Qua-
lifizierung erfahren haben. Wir erwarten aufgrund der
Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, dass diese Vielzahl
junger Menschen jetzt einen Ausbildungsplatz findet.
Was in zehn Jahren an Missständen und Problemen in
diesem Bereich entstanden ist, kann aber auch die beste
Regierung nicht in zehn Monaten abarbeiten.

Mit dem Antrag „Neue Dynamik für Ausbildung“
wollen wir die Strukturen in der beruflichen Ausbildung
verändern. Wir sagen klar Ja zum Ausbildungspakt.
Wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen dazu
führt, dass es nicht genügend Ausbildungsplätze gibt,
dann muss eine Vielzahl von Akteuren daran mitwirken,
diese Strukturen zu verbessern.

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(C (D Es ist zu begrüßen, dass der Ausbildungspakt neu verandelt wird – er soll im März unterzeichnet werden –; ichtig ist aber, dass die Wirtschaft und die Politik eine erantwortungsgemeinschaft für die jungen Menschen ingehen und dafür sorgen, dass nicht nur lamentiert, ondern konkret gehandelt wird, um mehr Ausbildungslätze zur Verfügung zu stellen. Es gibt Anlass zu Hoffnung. Die Arbeitgeber und Geerkschaften, BDA und DGB, haben sich in diesen Taen darauf verständigt, auf unkomplizierte Weise beufsbegleitende Hilfen für diejenigen anzubieten, die icht hinnehmen wollen, dass nach Aussage der Kamern 15 Prozent der jungen Menschen nicht ausbil ungsfähig sind, und die zum Beispiel auch einen Juendlichen einstellen wollen, der Sprachprobleme hat der Förderunterricht im Rechnen und Schreiben benöigt. Sie sind bereit, in Potenziale zu investieren. Notendig ist auch die Bereitschaft der Arbeitgeber und der ewerkschaften, Sprachunterricht zu organisieren und itzufinanzieren. Es ist wichtig, dass neben der Berufs chule ein Förderunterricht in Lesen, Schreiben und echnen organisiert wird, damit der Handwerksmeister, er Ausbilder, nicht alleine gelassen wird, wenn in Poenziale investiert wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Warum machen die Länder das vorher nicht in der Schule?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich weiß, Herr Tauss. Wir werden das sicherlich ge-
einsam angehen. Aber wir müssen zuerst das anpa-

ken, was auf Bundesebene zu regeln ist. Wir dürfen
ierbei nicht auf andere verweisen. Wir versuchen, die
estehenden Probleme zu lösen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist auch wieder wahr! – Gegenruf von der CDU/CSU: Er ist lernfähig!)


Wenn Herr Tauss klatscht, dann Vorsicht!

Ich habe bei einer Lossprechungsfeier im Handwerk
olgendes erlebt: Von 30 jungen Menschen hatte zu Be-
inn der Ausbildung ein Drittel keinen Hauptschulab-
chluss. Aber am Ende hatten sie nicht nur den Haupt-
chulabschluss durch ausbildungsbegleitende Hilfen
emacht, sondern auch eine hervorragende Gesellenprü-
ung abgelegt und die Lossprechungsfeier exzellent vor-
ereitet. Sie haben den beruflichen Einstieg geschafft.
ir müssen in Potenziale investieren und versuchen,
efizite zu beheben.

Ein Wort des Lobes: Die Wirtschaft investiert in
eutschland jährlich 30 Milliarden Euro in die berufli-

he Ausbildung und damit mehr als Bund und Länder
usammen. Das gibt es in kaum einem anderen Land
ieser Erde. Diese von der Wirtschaft erbrachte Leistung
iegt im Interesse der jungen Menschen, der Gesellschaft
nd der Wirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)







(A) )



(B) )


Uwe Schummer
Unbefriedigend ist bislang die Berufsberatung.
3 000 Berufsberater bei der Bundesagentur für Arbeit
stehen etwa 1 Million Schulabgänger gegenüber. Ange-
sichts dieses Missverhältnisses ist es offenkundig, dass
eine erfolgreiche Vermittlung nicht gelingen kann. Wir
müssen daher die Berufsberatung verstärkt an die Schu-
len verlagern sowie eine langfristige Qualifizierung und
Beratung durchführen, die durch externe Kräfte unter-
stützt wird.

Ein weiterer Punkt ist die Aufstockung der Mittel für
Einstiegsqualifizierungen. Wir wissen, dass 60 Prozent
derjenigen, die eine Einstiegsqualifizierung – ein Kind
des Ausbildungspaktes – erfolgreich abschließen, in eine
dreijährige berufliche Ausbildung weitervermittelt wer-
den. Diese betriebliche Ausbildungszeit wird bei der
Nachvermittlung angerechnet. Dieses Instrument ist sinn-
voll und hilft, den Berg an Schulabgängern abzuarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was die Qualifizierung und die berufliche Ausbildung
auf europäischer Ebene angeht, möchte ich auf Ministe-
rin Schavan verweisen. Sie wird in ihrer Rede den
Schwerpunkt darauf legen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aus der Berli-
ner Rede „Bildung für alle“ unseres Bundespräsidenten
Horst Köhler zitieren:

Auch darum ist das Bildungswesen Sache des gan-
zen Volkes. In den Familien, im Kindergarten, in
der Schule, der Lehrwerkstatt und der Universität
entscheidet sich, in welcher Gesellschaft wir künf-
tig zusammenleben …

So ist es.

Wir fordern daher in dem fraktionsübergreifenden
Antrag „Neue Dynamik für Ausbildung“ einen Bil-
dungspakt, der bei der Erziehung der Eltern beginnt,
sich in den Kindergärten sowie bei der allgemeinen, be-
ruflichen und schulischen Bildung fortsetzt und auch die
Berufsausbildung und die Weiterbildung – Stichwort
„lebenslanges Lernen“ – einbezieht.

Das ist die Aufgabe, die wir in diesem Haus fraktions-
übergreifend zu erledigen haben. Ich bitte um Ihre Un-
terstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605800200

Das Wort hat nun der Kollege Patrick Meinhardt für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1605800300

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Die Probleme sind bekannt, beschrieben
im Berufsbildungsbericht 2006. Hier heißt es:

Rund 9 % einer Alterskohorte verlassen bundesweit
die Hauptschule ohne Abschluss, rund 22 % der bei



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(C (D der PISA-II-Studie repräsentierten 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland das sind rund 80 000 junge Menschen – gehören zur so genannten Risikogruppe, die nach dem Ende ihrer Pflichtschulzeit nur auf Grundschulniveau rechnen und selbst einfache Texte nicht verstehen können. ie wissen also, was falsch läuft, auch Sie, Herr Tauss. ber Sie flüchten sich in der weiteren Analyse in Ausreen. Die unzureichende konjunkturelle Entwicklung der nländischen Wirtschaft in den letzten Jahren sei für die urückgegangene Zahl der neu abgeschlossenen Ausbilungsverträge verantwortlich, heißt es. Frau Ministerin chavan, vor einem Jahr hätten Sie noch ganz andere öne angeschlagen. amals hätten Sie klar gesagt, die falsche Mittelstandsolitik von Rot-Grün, die Vernichtung von über 1 Milion sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze und die rundfalsche Steuerpolitik seien die Ursachen, dass geade Lehrstellen in diesem Land vernichtet worden eien. In diesem Jahr bieten Handel, Industrie und Diensteistungen 4 Prozent mehr und das Handwerk, obwohl es 0 000 Arbeitsplätze weniger hat, 1,6 Prozent mehr Ausildungsplätze an. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen auss? Ich werde doch mit Sicherheit meinem Wahlkreiskol egen Tauss gerne zuhören. Das ist eine leichtfertige Einladung, keine Frage zu tellen, sondern ein Kurzreferat zu halten. Der Kollege rhält das Wort zu einer Zwischenfrage. Herr Präsident, ich wollte gerade äußern, dass es nicht m Zuhören geht, sondern um die einfache Beantworung einer Frage, nämlich ob Sie, lieber Kollege einhardt, nicht zur Kenntnis genommen haben, dass ie Zeit der größten kontinuierlichen Ausbildungsplatzückgänge vor 1998 lag, dass es unter Rot-Grün eine geenläufige Entwicklung – leider nur zu kurz – gab und ass die Rückgänge, über die Sie klagen, vor 1998 in der eit eines freidemokratischen Wirtschaftsministers stattefunden haben. Könnte man das vielleicht der Korrekteit halber, wenn man die Diagnose stellt, kurz und reundlich zur Kenntnis nehmen? Herr Kollege Tauss, was ich zur Kenntnis nehme, ist erstens, dass die Abschlüsse von Ausbildungsverträgen in den Bundesländern am meisten zugenommen haben, in denen es eine schwarz-gelbe Koalition gegeben hat. (Beifall bei der FDP – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Jörg Tauss [SPD]: Wo sind denn diese Zahlen zu finden? – Nicolette Kressl [SPD]: So ist die Antwort auf die Frage!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605800400
Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1605800500
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605800600

(Heiterkeit)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605800700




(A) )


(B) )

Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1605800800

Zweitens stelle ich fest, dass die Mittel für den Bereich,
der so enorm wichtig ist, nämlich die überbetriebliche
Ausbildung, in der Verantwortung der rot-grünen Koali-
tion von 70 Millionen Euro 1998 auf zuletzt 25 Millio-
nen Euro reduziert worden sind.


(Nicolette Kressl [SPD]: Stimmt doch nicht! Die Zahlen stimmen nicht!)


Genau dort, wo Ausbildungsverbünde und Ausbildungs-
allianzen notwendig gewesen wären, haben Sie geknif-
fen.


(Beifall bei der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr! – Jörg Tauss [SPD]: So nicht!)


– Sie müssen sich nur den Haushalt anschauen.

Diejenigen von den Schülern – wir haben gerade die
Hauptschule angesprochen –, die es nicht geschafft ha-
ben, auch und gerade die 240 000 Berufsschüler ohne
Abschluss, brauchen eine zweite Chance. Wir haben die-
ses Jahr einen traurigen Negativrekord vorzuweisen.
Zum ersten Mal übersteigt die Zahl der Altbewerber um
einen Ausbildungsplatz die Zahl der Neubewerber. Es
gibt 51 Prozent Altbewerber. Wo ist denn jetzt die Exzel-
lenzinitiative Weiterbildung? Wo ist der Leuchtturm
„Zweite Chance“? Wo ist die Eliteberufsschule, die die-
sen jungen Menschen im Rahmen der dualen Ausbil-
dung hilft? Die Bundesregierung, die vollmundig die
Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems pro-
klamiert, muss endlich in die Gänge kommen.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Das war jetzt aber nicht hochschulfeindlich?)


Konkret heißt dies: Die Bundesagentur für Arbeit
wird ihrer Aufgabe nicht gerecht, noch nicht einmal an-
satzweise. In den letzten zwei Jahren sind zwei Drittel
der Weiterbildungsmaßnahmen gekürzt worden. Die
Nachqualifizierung, die Förderung der Weiterbildung
herunterbrechen, Bürokratie abbauen, Aufgaben an die
Jobcenter vor Ort und die Gemeinden delegieren – das
schafft Nähe und das bringt junge Menschen, Betriebe
und Schulen zusammen. Das schafft auch die Ausbil-
dungsmöglichkeiten, die wir vor Ort brauchen. So sieht
eine offensive Weiterbildung konkret aus.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Sie wollen die Bundesagentur doch ganz abschaffen, sagt Niebel immer!)


Die überbetriebliche Ausbildung habe ich schon an-
gesprochen. Gerade die kleinen und mittleren Betriebe
sind es, die über 80 Prozent der Ausbildungsplätze stel-

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(C (D en. Genau in diesem Bereich ist es unendlich notwenig, dass die Chancen für Ausbildungsverbünde und für berbetriebliche Ausbildungsstätten eröffnet werden. eshalb müssen wir in diesen Bereichen handeln. Hier uss politisch angesetzt werden. Hier muss auch der aushaltsansatz massiv erhöht werden. Nehmen wir doch einmal das konkrete Projekt 000 Plus des Zentralverbandes des Deutschen Handerks. Der Vorschlag des Handwerks liegt auf dem isch. Obwohl das Handwerk im Jahre 2006 60 000 Areitsplätze verloren hat, sind die Handwerker trotzdem ereit, Ausbildungsstätten zu fördern, Ausbildungsproramme zu modernisieren und damit ein Programm für 000 neue Ausbildungsplätze aufzulegen. Bisher ist die es Programm bei der Bundesregierung auf taube Ohren estoßen. Die FDP-Fraktion erwartet von der Bundesreierung, dass sie ihrer Verpflichtung nachkommt, ein lares Nein zu jeder Lehrstellensteuer sagt und diese Alianz für Ausbildung zu ihrem eigenen Programm macht. Wir erwarten ein klares Bekenntnis zur dualen Ausildung, das heißt, auch ein klares Nein zu mehr außeretrieblicher Ausbildung. Die überbetriebliche Ausbilung ist es nämlich, die hier in allererster Linie gefördert erden muss. Nötig ist nicht mehr Verschulung, sondern ind die Modernisierung und die Fortentwicklung unsees bewährten dualen Ausbildungssystems. Man sollte ie EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um sicherzustellen, ass diese duale Ausbildung auch im europäischen Bilungsraum voll anerkannt wird. Praktika für junge Menschen bringen etwas: Sie önnen in einen Betrieb hineinschnuppern; sie können ehen, wo ihre Talente liegen. So weit, so gut. Der Bunesarbeitsminister hat den Unternehmen in diesem Land orgeworfen, junge Menschen zu einer „Generation raktikum“ zu machen, und gleichzeitig selbst ein Sonerprogramm für 15 000 zusätzliche Einstiegspraktika uflegt. Das ist an Heuchelei nicht mehr zu überbieten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605800900

Herr Kollege Meinhardt, darf auch Frau Kressl Ihnen

ine Zwischenfrage stellen?


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1605801000

Natürlich darf auch die Kollegin aus meiner Heimat-

tadt eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605801100

Frau Kressl, bitte.


Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1605801200

Herr Meinhardt, würden Sie bitte zur Kenntnis neh-

en, dass sich das Thema „Generation Praktikum“
Herr Müntefering hat es zu Recht in die Diskussion ge-

racht – auf die ungute Praxis von Unternehmen bezieht,






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
jungen Menschen trotz einer akademischen Ausbildung
nur noch unbezahlte, womöglich aufeinander folgende
Praktika anzubieten.


(Jörg Tauss [SPD]: Unbezahlt!)


Das, was Sie unzulässigerweise oder vielleicht in-
kompetenterweise vermischen, bezieht sich auf den Be-
reich der Einstiegsqualifikation. Hinsichtlich der Ziel-
gruppe – Hauptschulabgänger, im Moment noch deutlich
zu viel Realschulabgänger – geht es darum, Ausbil-
dungsreife zu vermitteln. Unterlassen Sie es bitte, zwei
unterschiedliche Dinge zu vermischen und auf diese Art
einen Eindruck zu erwecken, der überhaupt nicht ge-
rechtfertigt ist!


(Beifall bei der SPD)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1605801300

Frau Kollegin Kressl, es ist durchaus verständlich,

dass Sie Ihrem Minister zur Seite stehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Was Sie machen, ist eine Unverschämtheit!)


Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Ihr Minister
und damit auch Ihre Fraktion zur Kenntnis nehmen müs-
sen, in welcher Art und Weise in diesem Land politische
Diskussionen geführt werden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Könnten Sie jetzt antworten!)


– Moment, Moment.

Ich halte es bestimmt nicht für die richtige Vorgehens-
weise, zum einen Unternehmen an den Pranger zu stel-
len, gerade diejenigen, die mit ihren Praktika dabei hel-
fen, jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive zu
geben, und zum anderen, Praktika als alternativlos dar-
zustellen, weil man selbst nicht dafür sorgt, dass es auf
dem Markt genug Lehrstellen gibt.


(Beifall bei der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch lächerlich, was Sie hier machen! Es hat jeder gemerkt, dass Sie nichts verstehen! – Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja peinlich!)


– Ganz ruhig!

Sehr geehrte Frau Kollegin Kressl, wir schaffen es,
5 Prozent der jungen Menschen ohne Schulabschluss zu
einem Einstiegspraktikum zu verhelfen. In der Regel
werden 60 Prozent dieser Praktikanten übernommen.
Durch dieses Programm kommen also gerade einmal
3 Prozent der Jugendlichen ohne Schulabschluss in eine
Ausbildung. Wir brauchen in diesem Land wirklich
keine Debatte über die neue soziale Frage, über Unter-
schichten oder über Klassengesellschaften. Das Ganze
ist eine Frage der Politik und die Politik, die hier betrie-
ben wird, ist einfach eine schlechte Politik.


(Beifall bei der FDP)


Das Aktionsprogramm einer großen Ausbildungsko-
alition wäre eigentlich recht einfach: Hauptschüler quali-
fizieren, überbetriebliche Ausbildung stärken,

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(C (D (Renate Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Das machen wir doch schon!)


usbildungsallianzen fördern, die schon existierenden,
ielfältigen guten Beispiele sich zum Vorbild nehmen,
usbildung endlich flexibler, modularer gestalten und
or allem einen Schritt in Richtung Teilabschlüsse zulas-
en. Denn mit Teilabschlüssen, mit Teilqualifikationen,
it neuen Berufsbildern, die nicht mehr so theoriebelas-

et, sondern praktisch orientiert sind, schaffen wir neue
ukunftschancen für junge Menschen, die in Ausbil-
ungsverhältnisse wollen.

So bekommen junge Menschen eine richtige Perspek-
ive. Um es mit den Worten unseres Bundespräsidenten
u sagen:

Alle diese Menschen haben Anspruch darauf, dass
unser Land die besten Voraussetzungen für Bildung
schafft.

Dafür kommt es auf uns alle an, auf unsere Einstel-
lung, auf unsere Anstrengung, auf unser Vorbild.
Bildung für alle – das gelingt am besten, wenn sich
alle dafür einsetzen, wenn wir alle uns bewegen.
Was hindert uns? Auf geht’s!


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605801400

Nun hat Frau Kressl für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1605801500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st so: Frühe Förderung, Bildung und Ausbildung sowie
ebenslanges Lernen sichern den Menschen eine Per-
pektive, und zwar häufig besser – gerade in letzter Zeit
aben wir darüber gesprochen – als reine Sozialtrans-
ers. Im Bereich der frühen Förderung und frühen Bil-
ung sowie im Bereich der Ausbildung haben wir
chritte nach vorn getan, aber bei weitem noch nicht ge-
ügend.


(Beifall bei der SPD)


Das wird uns deutlich, wenn wir überlegen, was wir
rauchen, um die Situation weiter zu verbessern. Zu-
ächst einmal müssen wir eine richtige Analyse machen.
ir müssen uns darüber im Klaren sein, wer Verantwor-

ung für welche Bereiche trägt und wer überhaupt hand-
ungsfähig ist,


(Beifall bei der SPD)


m dann gemeinsam zu überlegen, welches die richtigen
chritte sind.

Lassen Sie mich zuerst etwas zur Analyse sagen. Im
ereich der Ausbildung verfügen wir im Moment über
eine endgültigen Zahlen. Das war zu diesem Zeitpunkt
islang in jedem Jahr der Fall. Die Zahlen sind auch des-
egen unklar, weil sich bei der statistischen Erfassung
er Ausbildungsplätze und Bewerber durch die Bun-
esagentur für Arbeit Veränderungen ergeben haben. Ich
abe das hier schon einmal erwähnt. Wir vermuten






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
beispielsweise, dass die Quote der Unternehmen, die
Ausbildungsplätze bei der Agentur melden, kleiner ge-
worden ist, wodurch die statistische Lage für uns unkla-
rer wird. Das ändert aber nichts daran, dass sich der Aus-
bildungsmarkt in einer extrem angespannten Lage
befindet. Wir sind dafür verantwortlich, im Interesse der
jungen Menschen zu überlegen, was wir noch tun kön-
nen.


(Beifall bei der SPD)


Was wissen wir im Moment? Herr Schummer hatte
das schon angedeutet. Wir sind in diesem Jahr aller Vo-
raussicht nach zum ersten Mal in der Situation, dass es
mehr Bewerberinnen und Bewerber aus den vergange-
nen Schuljahren gibt, nämlich im Moment 385 000, als
Bewerber aus dem laufenden Jahr. Das ist für die Ana-
lyse ganz wichtig, weil dies nämlich deutlich macht,
dass wir nicht darauf setzen dürfen – wir dürfen uns auf
dieser Hoffnung nicht ausruhen –, dass aufgrund der de-
mografischen Entwicklung in den nächsten Jahren eine
Entlastung auf dem Ausbildungsmarkt eintreten wird.
Wir werden in den kommenden Jahren genauso gefor-
dert sein wie in diesem Jahr und in den vergangenen Jah-
ren. Das ist für die Analyse entscheidend und wichtig.


(Beifall bei der SPD)


Dies bedeutet, dass wir drei Hauptaufgaben haben.

Erstens. Mit Volldampf muss in die Nachvermittlung
gegangen werden. Es wird entscheidend darauf ankom-
men, den jungen Leuten, die jetzt noch einen Ausbil-
dungsplatz suchen, ein Angebot machen zu können.


(Beifall bei der SPD)


Zweitens. Wir werden uns mit der Frage auseinander
setzen müssen, was wir für die so genannte Bugwelle
– ein sehr technischer Begriff –, also für die jungen
Menschen, die sich nach mehreren Warteschleifen jetzt
wieder bewerben, anbieten können. Sie fordern dies völ-
lig zu Recht. Wir verlangen schließlich von ihnen, dass
sie sich qualifizieren. Also müssen wir uns um diese
Frage ganz besonders kümmern.


(Beifall bei der SPD)


Drittens. Wir haben uns um mittelfristig wirksame
Strukturen zu bemühen. Dazu gehört die Frage des Euro-
päischen Qualifikationsrahmens, dazu gehört auch die
Frage der weiteren Förderung von Ausbildungsverbün-
den. Herr Meinhardt, die Unterstellung, in den letzten
Jahren seien diese Programme nicht aufgestockt worden,
ist falsch. Gerade in diesen Bereich haben sowohl Frau
Bulmahn als auch Frau Schavan kreative Lösungen, Un-
terstützung und Geld gegeben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Meinhardt [FDP]: Abbau!)


Lassen Sie mich zum zweiten Punkt, zur Frage der
Verantwortung, kommen. Wir haben uns in Deutsch-
land für ein duales Ausbildungssystem entschieden.
Deshalb kann und darf Verantwortung nicht weggescho-
ben werden. Schon das Bundesverfassungsgericht hat

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(C (D estgestellt: Im dualen System liegt die Verantwortung ür die betriebliche Ausbildung bei den Unternehmen. as muss auch so bleiben. Bei aller Diskussion über taatliche Maßnahmen darf die Verantwortung nicht verchoben werden. Das ist mir ganz wichtig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


In diesem Zusammenhang noch etwas zum Thema
ppelle an Unternehmen. Es muss noch einmal deutlich
esagt werden, dass es nicht nur um die soziale Verant-
ortung geht, sondern auch um die Verantwortung für
ie ökonomische Zukunft des Landes.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir wissen doch, dass wir, wenn heute nicht genügend
usgebildet wird, nicht genügend Fachkräfte in den Un-
ernehmen haben werden. Von Unternehmens- und Wirt-
chaftsseite wird von der Politik immer verlangt, mittel-
nd langfristige Konzepte aufzulegen. In diesem Bereich
ber müssen wir genau das von der Wirtschaft verlan-
en. Zu den mittel- und langfristigen Unternehmenskon-
epten gehört, jetzt auszubilden, um sich später nicht
ieder bei der Politik beschweren zu müssen, warum
icht genügend Fachkräfte vorhanden sind. Das muss
inmal sehr deutlich gesagt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zur Frage der öffentlichen Verantwortung. Als der
akt 2004 abgeschlossen worden ist, haben wir als Bun-
esregierung uns mit finanziellen Mitteln sehr stark in
iesen Pakt eingebracht. Das will ich noch einmal er-
ähnen, weil es sonst immer so aussieht, als geschehe
as alles nur von Unternehmensseite. Wir haben uns be-
eit erklärt, auf Bundesregierungsseite die Ausbildungs-
uote deutlich zu erhöhen, was auch passiert ist. Vor al-
em aber haben wir uns bereit erklärt, die Finanzierung
er Einstiegsqualifikationen zu übernehmen.


(Beifall bei der SPD)


ch sage es noch einmal: Es ist sträflich, die Schaffung
on Einstiegsqualifikationen zu verwechseln mit dem
bsolvieren von einem Praktikum nach dem anderen im
nschluss an ein Studium.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Meinhardt [FDP]: Sagen Sie das Ihrem Minister!)


s geht darum, junge Menschen an betriebliche Ausbil-
ungspraxis zu gewöhnen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605801600

Frau Kollegin Kressl, gestatten Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Hirsch?


Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1605801700

Natürlich.






(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605801800

Danke schön, Frau Kressl. – Sie haben sicherlich

Recht damit, dass man Praktika nach dem Studium nicht
mit dem Vorstoß zur Ausweitung von Einstiegsqualifi-
zierung vergleichen kann. Wie stehen Sie dann aber zu
der Aussage des verantwortlichen Staatssekretärs in der
Fragestunde vergangener Woche, es sei durchaus legitim
und nicht verwerflich, dass Unternehmen über die Ein-
stiegsqualifizierung Jugendliche erst einmal ausprobie-
ren? Aus unserer Sicht geschieht genau das, wenn junge
Menschen nach dem Studium in die Praktika-Warte-
schleife gestellt werden. Dazu hätte ich von Ihnen gerne
eine Aussage.


Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1605801900

Frau Hirsch, ich will Ihnen sehr deutlich sagen: Für

meine Fraktion war ich diejenige, die in den Jahren 2003
und 2004 den Gesetzentwurf zur Ausbildungsumlage
mit vorbereitet hat.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das war gute Arbeit!)


Ich weiß sehr genau, wie wir in den Gesprächen über
den Ausbildungspakt die Einstiegsqualifikationen ent-
wickelt haben. Dabei ging es nie um ausprobieren; viel-
mehr haben wir uns sehr ernsthafte Sorgen um die Frage
gemacht, was mit Jugendlichen – wir können und dürfen
nicht leugnen, dass es solche Jugendliche gibt – passiert,
die noch nicht ausbildungsreif sind und die beispiels-
weise – ich mache es jetzt einmal so banal – lernen müs-
sen, was es für Konsequenzen hat, wenn man morgens
nicht zur Arbeit kommt.

Für uns als diejenigen, die die Einstiegsqualifikatio-
nen mitentwickelt und mitfinanziert haben, war das Hin-
führen zur Ausbildungsreife der Hauptgrund. Für uns
war es ganz bestimmt nicht das Ausprobieren. Für das
Hinführen zur Ausbildungsreife bin ich ganz ausdrück-
lich; denn aufgrund der Thematik der Altbewerber wis-
sen wir, dass es notwendig ist, sehr viele dieser Altbe-
werber in die betriebliche Praxis zu führen. Deshalb
unterstützen wir ausdrücklich die Aufstockung des EQJ-
Programms. Doch dabei geht es, wie gesagt, nie vorran-
gig um ein Ausprobieren.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich noch einen dritten Punkt ansprechen.
Wir müssen Lösungen angehen. Die Antworten in die-
sem Bereich brauchen eine sehr differenzierte Bewer-
tung, weil wir auf der einen Seite unsere öffentliche Ver-
antwortung wahrnehmen wollen und müssen, auf der
anderen Seite aber nicht das passieren darf, was ich vor-
hin beschrieben habe, nämlich dass der Staat schlei-
chend immer mehr Verantwortung für den Ausbil-
dungsbereich übernimmt, was in Wirklichkeit ja schon
längst passiert ist. Dazu muss man wissen, dass in Bund
und Ländern für diesen Bereich über die Finanzierung
von Warteschleifen inzwischen 6 Milliarden Euro jähr-
lich ausgegeben werden. Bei allem, was wir tun, müssen
wir jetzt darauf achten, dass nicht wir sämtliche Verant-
wortung übernehmen und damit zulassen, dass andere

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(C (D ie Verantwortung, die sie haben, abgeben. Das ist für ich auch das Problem bei den außerbetrieblichen Son erprogrammen. Das will ich da bedacht haben. Dennoch glaube ich, dass es sich lohnt, im Hinblick uf junge Menschen, die sich nach Warteschleifen wieer bewerben, gemeinsam noch in diesem Jahr zu überegen: Welche Wege kann es geben? Das Ziel muss sein, n den nächsten Jahren zu einer Situation zu kommen, in er es sich auf dem Ausbildungsmarkt auf der Nachfraeseite um Schulabgänger und nicht mehr vorrangig um ie handelt, die aus den vergangenen Jahren noch nachragen, und auf der Angebotsseite um angebotene Ausildungsplätze. Wir werden uns auch Gedanken darüber achen – das will ich auch für meine Fraktion ausdrück ich hier sagen –, wie wir den Bereich Altbewerberinen und Altbewerber noch einmal unterstützen könen. Es darf nicht sein, dass wir zum Beispiel über rein auerbetriebliche Maßnahmen im Ergebnis erreichen, dass ir das Problem auf den Arbeitsmarkt verschieben. Ich ill nicht, dass wir Ausgebildete erster und zweiter lasse haben und letztere nachher nicht eingestellt weren. Deshalb bin ich bei vorschnellen Sofortprogramen im außerbetrieblichen Bereich ganz vorsichtig. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ich will die Fraktion der Grünen – das erlaube ich mir –
n etwas erinnern. Als wir über die Umlage diskutiert
aben, war es die Grünen-Fraktion, die sich, als wir ge-
agt haben: „Wir wollen auch überbetriebliche und au-
erbetriebliche Plätze aufnehmen“, geweigert hat, diese
it aufzunehmen, und darauf bestanden hat, dass das nur

etriebliche Plätze sein dürfen. Ich bitte Sie einfach, jetzt
ei dem Antrag zu bedenken, welche Diskussion wir da-
als hatten.

Weil ich glaube, dass wir wirklich etwas tun und noch
inmal genau schauen müssen: „Wie können wir das
roblem der Bugwelle lösen, den Abbau der Bugwelle
nterstützen?“, will ich zusammenfassend wie folgt plä-
ieren: Es wäre schön, wenn wir alle der Versuchung wi-
erstehen würden, uns die jetzige Situation gegenseitig
mmer nur um die Ohren zu schlagen. Es wäre schön,
enn wir gemeinsam hier überlegen könnten: Welche
ezielten Maßnahmen brauchen wir gerade für Altbe-
erberinnen und Altbewerber? Ich bin davon überzeugt:
ine sachliche, nüchterne Bewertung der Situation, eine
iskussion über Vor- und Nachteile verschiedener Lö-

ungen würde am allerbesten einen Beitrag dazu leisten,
ass den jungen Menschen tatsächlich eine Perspektive
egeben wird; so würde ihnen nicht vorgeführt, dass wir
ns politisch nur die Situation um die Ohren schlagen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802000

Das Wort hat nun Cornelia Hirsch für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605802100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was heute Morgen vorgetragen wurde, halte ich für rela-
tiv unerträglich.


(Jörg Tauss [SPD]: Relativ unerträglich? Na ja!)


Sie alle haben bisher zu Recht zugegeben, dass die Aus-
bildungssituation in diesem Jahr dramatisch ist. Aber
was wird in der Konsequenz gemacht? Was wird von Ih-
nen vorgeschlagen? Man macht irgendwelche Neben-
schauplätze auf, setzt dann aber doch im Wesentlichen
auf eine Politik des „Weiter so“. Das halten wir als Frak-
tion Die Linke für falsch.


(Beifall bei der LINKEN)


Schon letztes Jahr mussten wir im Koalitionsvertrag
lesen, dass die große Koalition am Ausbildungspakt
festhalten will. Sie werden auch in diesem Jahr nicht
müde, immer wieder zu betonen, wie erfolgreich dieser
Pakt doch sei. Wir haben für Ihre Auffassung wirklich
kein Verständnis mehr. Wie kann man denn einen Pakt
als erfolgreich bezeichnen, dessen Ergebnis augen-
scheinlich ist, dass die Ausbildungssituation mit jedem
Jahr dramatischer wird?


(Beifall bei der LINKEN)


Der Pakt ist gescheitert – ohne Wenn und Aber. Er
muss beendet werden. Dann wäre der Weg für einen
Neuanfang in der Berufsbildungspolitik frei.


(Beifall bei der LINKEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Grober Unfug!)


Frau Kressl, Sie schütteln lächelnd den Kopf. Es war
mir klar, dass Sie davon nichts wissen wollen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da hat sie Recht! – Jörg Tauss [SPD]: Weil es zu einfach ist!)


Die Tausenden von Jugendlichen, die ohne Ausbildungs-
platzangebot auf der Straße stehen, fragen sich zu Recht,
was denn ihre Perspektive ist. Sie wollen am Pakt fest-
halten, nachdem wir drei Jahre lang erfolglos an die Be-
triebe appelliert haben, doch bitte, bitte mehr Ausbil-
dungsplätze zur Verfügung zu stellen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das machen sie doch!)


Nachdem Sie immer wieder gesagt haben, wie wichtig
doch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft
ist, entwickeln Sie den Pakt in der Art und Weise weiter,
dass Sie noch ein bisschen lauter appellieren und dass
Sie noch etwas häufiger betonen, wie großartig die frei-
willige Selbstverpflichtung der Wirtschaft an dieser
Stelle ist. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das funk-
tioniert nicht. Das müssten Sie sich endlich eingestehen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Von der rechten Seite des Hauses hören wir immer ieder eine weitere Lüge zur Rechtfertigung der Ausbilungsmisere, die da lautet: (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Bauen Sie doch keinen Popanz auf!)


ie Jugendlichen sind selbst schuld an der Misere.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Diffamieren Sie doch nicht!)


as kann man beliebig variieren. Man kann zum Bei-
piel sagen, die Jugendlichen seien nicht ausbildungsfä-
ig. Man kann sagen, die Vergütung sei zu hoch. Man
ann sagen, die Mitbestimmungsrechte seien zu umfas-
end. Dieser Unfug gipfelt dann für gewöhnlich im Vor-
chlag der Fraktion der FDP, man möge doch bitte drei
uszubildende für den Preis von zwei einstellen.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Danke, dass Sie es sagen! Das habe ich vorhin nicht mehr gesagt!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, über was diskutie-
en wir hier eigentlich? Wir diskutieren doch über die
usbildung von jungen Menschen. Bei Ihnen hört sich
as aber eher nach Sonderangeboten im Sommerschluss-
erkauf an.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


as wird aber der Situation von jungen Menschen nicht
erecht.


(Beifall bei der LINKEN)


it Ihrer Politik treten Sie die Rechte von jungen Men-
chen mit Füßen. Das sollte sich kein Jugendlicher län-
er gefallen lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben zur heutigen Beratung einen Gesetzent-
urf eingebracht, in dem wir eine klare Alternative zu

hrer Politik vorschlagen. Die Linke fordert die Einfüh-
ung einer gesetzlichen Ausbildungsumlage.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Eine reine Bestrafungssteuer!)


mlage heißt – Frau Kressl hat schon darauf hingewie-
en –, dass Betriebe, die nicht ausbilden, zur Kasse gebe-
en werden sollen und dass diejenigen Betriebe, die aus-
ilden, dabei unterstützt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist nicht nur einfach und gerecht, sondern es würde
uch den Rückzug der Arbeitgeber aus der betrieblichen
usbildung, den wir schon seit Jahren beobachten, stop-
en. Dieser wichtige Schritt muss daher endlich gegan-
en werden.

Man fragt sich natürlich, was eigentlich gegen die
mlage spricht. Da können wir von den Kolleginnen
nd Kollegen aus der SPD teilweise hören, diese Forde-
ung mache keinen Sinn, denn in der großen Koalition
it der Union sei sie ohnehin nicht umsetzbar. Wir hal-

en diese Behauptung für sehr scheinheilig.






(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
Frau Kressl hat bereits darauf hingewiesen, dass sie
sich noch gut an die Debatte im Bundestag erinnert, in
der es um die Einführung einer gesetzlichen Ausbil-
dungsumlage ging. Sie hat aber nicht darauf hingewie-
sen, dass es allen voran die SPD, gemeinsam mit den
Grünen, war, die dieses Gesetz dann im letzten Moment
bis zur Unkenntlichkeit verwässert hat. Statt der Umlage
wurde der Ausbildungspakt vorgeschoben. Wir halten es
für sehr verlogen, dass Sie damals vor der Arbeitgeber-
seite eingeknickt sind und jetzt versuchen, sich mit Ihrer
unsozialen Politik hinter der Union zu verstecken.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: So breit sind die gar nicht!)


Herr Tauss, die Union macht es Ihnen leicht, dass Sie
sich mit Ihrer unsozialen Politik hinter ihr verstecken
können; denn sie ist in ihrer Ablehnung einer Ausbil-
dungsumlage sehr direkt. Der Kollege Dobrindt wird
nachher in der Debatte noch sprechen. Ich erinnere hier
an seine Aussage in der Debatte im Frühjahr. Er hat da-
mals zu unserer Forderung nach einer Ausbildungsum-
lage gesagt: Freiheit und Selbstbestimmung sind wichti-
ger als Zwangsvorgaben und alles, was sich die Linke
sonst noch so ausdenkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


– Ich hatte erwartet, dass Sie an dieser Stelle klatschen.
Aber Sie sollten einmal genau sagen, von welcher Frei-
heit Sie an dieser Stelle eigentlich reden.

Was hat es denn bitte schön mit Freiheit und Selbst-
bestimmung zu tun, wenn Jugendliche ohne Perspektive
in eine Warteschleife nach der anderen gesteckt werden?


(Beifall bei der LINKEN)


Was hat es mit Freiheit und Selbstbestimmung zu tun,
wenn gewerkschaftliche Rechte eingeschränkt werden?

Für die Linke steht fest: Für die große Mehrheit der
Menschen und eben auch für die Tausenden von Jugend-
lichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, ist Ihre Frei-
heit eigentlich das genaue Gegenteil von Freiheit und
Selbstbestimmung.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihre Freiheit ist die Freiheit für die Großunternehmen,
sich immer weiter aus der Ausbildung zurückziehen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wer schreit, hat Unrecht!)


Ihre Freiheit ist die Freiheit für die Arbeitgeber, die
Rechte der Beschäftigten und Auszubildenden abzu-
bauen. Diese Freiheit wollen wir nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe bei der LINKEN: Bravo!)


Immer mehr Menschen spüren, wie falsch und verlo-
gen Ihr Gerede von Freiheit ist, und sie wehren sich ge-
gen diese Politik. Für morgen hat der DGB in Berlin,
Stuttgart und weiteren Städten Demonstrationen ange-
kündigt.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D ir rufen alle dazu auf, sich daran zu beteiligen und sich uch gegen diese falsche Ausbildungspolitik zu wehren. Danke schön. Ich erteile nun der Kollegin Priska Hinz, Fraktion ündnis 90/Die Grünen, das Wort. Priska Hinz EN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

esregierung hat aus unserer Sicht beim Thema Ausbil-
ung bislang leider versagt.

Wir hatten die Diskussion um den Ausbildungspakt
nd die fehlenden Ausbildungsplätze bereits vor einem
ahr und seitdem verkündet die Bundesregierung uner-
üdlich: Der Pakt wird weiterentwickelt, es gibt ein
rogramm „Zweite Chance“, es wird strukturelle Verän-
erungen in der beruflichen Bildung geben und eine bes-
ere Integration von Jugendlichen mit Migrationshinter-
rund. Es wäre gut gewesen, wenn sich die Ministerin
chavan oder Wirtschaftsminister Glos so richtig in die
ache reingekniet hätten, um diese Ziele auch in dem ei-
en Jahr zu erreichen.

Aber wie ist die Situation, die wir jetzt haben? Der In-
ovationskreis der Bundesbildungsministerin tagt und
agt. Bislang wurde noch nicht einmal ein Zwischen-
rgebnis bekannt gegeben. Das Pakttreffen endet jedes
al ohne Ergebnis, das heißt, ohne dass neue Instru-
ente entwickelt und vereinbart wurden. Durch diese
ntätigkeit über ein Jahr hinweg gibt es in diesem Jahr
ehr Altbewerberinnen und -bewerber und damit eine

rößere Anzahl unversorgter Jugendlicher, die auf einen
usbildungsplatz warten. Die Nachvermittlung hat jetzt
egonnen. Es ist fraglich, wie viele bei dieser Nachver-
ittlung überhaupt noch eine Chance bekommen wer-

en. Derzeit gibt es die Befürchtung, dass mehr als die
1 400 Jugendlichen übrig bleiben, die im letzten Jahr
nversorgt geblieben sind. Das wären diejenigen, die uns
ächstes Jahr wieder begegnen, zusätzlich zu denen aus
en Warteschleifen.

Dieses Thema gehört auch in die Debatte um die Ar-
utsentwicklung, die begonnen hat. Denn diese Jugend-

ichen bleiben direkt am Beginn ihres Berufslebens ohne
erspektive und viele geraten in eine resignative Hal-

ung, wenn sie von einer Warteschleife in die andere ge-
chickt werden.

Was macht der Wirtschaftsminister? Er hat in der Re-
ierungsbefragung am Mittwoch erklärt: Die Lage ist
esentlich besser, als sie zum Teil in der Presse darge-

tellt wird. Das ist schlicht und ergreifend Realitätsver-
eigerung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s ist Schönfärberei, wenn man nur darauf verweist,
ass es mehr betriebliche Ausbildungsplätze gibt, denn
ie betrieblichen Ausbildungsplätze sind insgesamt






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)

– über alle Betriebe und Branchen hinweg gesehen – lei-
der auch in diesem Jahr noch einmal zurückgegangen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr!)


Ohne die kleinen und mittleren Betriebe – das muss
man deutlich sagen – wäre es noch viel schlimmer. Sie
erfüllen ihre Pflicht, sie zeigen Verantwortlichkeit. Des-
wegen ist an dieser Stelle durchaus ein Dankeschön an
diese Betriebe zu richten. Viele große Unternehmen, vor
allem die DAX-Unternehmen, kommen dieser Verant-
wortung aber nicht nach. Ich finde, hier muss weiterer
politischer Druck aufgebaut werden. Für jedes große
Unternehmen muss gelten: Es ist unanständig, nicht aus-
zubilden, dafür aber die Vorstandsgehälter zu erhöhen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir haben grüne Vorschläge zur Verbesserung der be-
ruflichen Ausbildung.

Kurzfristig wollen wir aus den Überschüssen der
Bundesagentur für Arbeit 50 000 Plätze schaffen. Da-
rüber sind sich selbst Ministerpräsident Koch und der
DGB einig. Manchmal gibt es seltsame Allianzen; die
kann man sich aber zunutze machen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Weil der Herr Koch das nicht aus seinem Haushalt bezahlen muss!)


Wir wollen strukturelle Veränderungen. Alle berufs-
vorbereitenden Maßnahmen müssen zertifiziert werden,
damit die Ausbildung darauf aufbauen kann. Sonst ha-
ben wir im nächsten Jahr wieder zusätzliche Altbewer-
ber.

Die EQJ-Programme müssen für die Zielgruppe der
benachteiligten Jugendlichen zur Verfügung stehen. Es
kann nicht angehen, dass in der Mehrzahl Jugendliche
mit Realschulabschluss oder höherem Abschluss in diese
Einstiegsqualifizierungen gehen. Die Richtlinien sehen
vor, dass vor allen Dingen Hauptschüler und solche, die
Schwierigkeiten haben, mithilfe dieser Programme einen
Einstieg finden. Die EQJ-Programme müssen mit Be-
rufsschulunterricht versehen und zertifiziert werden, da-
mit es für die weiteren Ausbildungsschritte anerkannt
werden kann.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch so!)


Auf diesen Gebieten hat die Bundesregierung noch
Nachholbedarf. Wenn sie den nicht aufholt, werden die
EQJ-Programme ins Leere laufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen in Berufsschulen Produktionsschulen in-
tegrieren, die gerade lernschwächeren Schülern eine
Chance bieten können. Diesen Schülern, die oft schlicht
und einfach schulmüde sind, nützt es nichts, wenn sie in
vollschulische Ausbildungsgänge geschickt werden.
Diese Schüler können über die Praxis an die Theoriever-
mittlung herangeführt werden. Hiermit könnte man eine
neue Form der Dualität von Ausbildung erproben, näm-
lich indem solche Produktionsschulen bei der Auftrags-

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(C (D ergabe und der Akquirierung von Aufträgen mit örtlihen Betrieben zusammenarbeiten. Das funktioniert in nderen Ländern ganz gut. Machen wir uns das doch zu igen. Wir wollen eine Modularisierung der beruflichen ildung gestalten. Der Antrag der großen Koalition zum QR ist in diesem Sinne sehr gut. as liegt daran, dass Sie im Wesentlichen von uns abgechrieben haben. Unser Antrag ist ja schon ein halbes ahr alt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ich wusste, dass so etwas kommt!)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


ch freue mich sehr auf die Anhörung im Bildungsaus-
chuss, weil wir dort wahrscheinlich zu einer großen Ei-
igkeit kommen. Es ist notwendig, dass in der berufli-
hen Bildung bald mit Modularisierung begonnen wird.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist aber neu bei den Grünen!)


Nein, das ist überhaupt nicht neu. Sie lesen unsere Ver-
ffentlichungen anscheinend nicht, Frau Flach. – Wir
ollen die Modularisierung der Lernschritte, damit alle

ugendlichen tatsächlich eine Chance haben, bis zu ei-
em guten Ausbildungsende zu kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Keine Qualifikation darf verloren gehen! Das habe ich immer gesagt!)


Die Hilfen zur Berufsorientierung und die Berufsbe-
atung müssen verbessert werden. Wir müssen überlegen
auch das ist notwendig –, in welchen Zukunftsfeldern
as Ausbildungsangebot ausgebaut werden muss. Das
rziehungswesen und der Bereich der Pflege sind klassi-
cherweise keine dualen Ausbildungsgänge.

Hier brauchen wir Gehirnschmalz. Wir stehen gerne
ur Verfügung, um Ihnen auf die Sprünge zu helfen, ent-
prechende Programme zu entwickeln. Sie aber haben
ie Verantwortung, die Gewerkschaften, die Unterneh-
en und die Länder im Pakt zusammenzubringen und

in umfassendes Konzept vorzulegen. Dieser Verantwor-
ung sind Sie bislang nicht nachgekommen. Ich fordere
ie auf: Schauen Sie sich unsere Vorschläge an und ma-
hen Sie sie sich zu Eigen. Dann stehen wir im nächsten
ahr auf jeden Fall viel besser da. Knien Sie sich jetzt in
ie Sache rein, damit die Jugendlichen in Deutschland
ine Chance haben, bis zum Ende der Nachvermittlungs-
eit einen Platz zu finden.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802300

Das Wort hat nun die Bundesministerin Dr. Annette

chavan.






(A) )



(B) )

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass sich die
Grünen so intensiv mit der beruflichen Bildung beschäf-
tigen und Vorschläge zu diesem Thema vorlegen. Sie
werden mir aber nicht verübeln, dass ich sage: Sie hatten
ziemlich viel Zeit, nämlich sieben Jahre, um zu verhin-
dern, dass dieser Regierung jetzt die Vermittlung einer
so großen Gruppe an Altbewerbern als Aufgabe gestellt
wird. Das sollten Sie nicht vergessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich halte die Modularisierung für richtig. Ich werde
gleich darauf zurückkommen. Ich sage mit Blick auf Sie,
Frau Hirsch: Es ist ein ziemlich schräger Vorschlag, den
Ausbildungspakt abzublasen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich Herr Glos?)


Wir sollten uns am frühen Morgen nicht so furchtbar
darüber echauffieren. Wir alle sehen die Situation, in der
wir uns befinden, gleichermaßen. Die Zahlen sind klar.
Wir haben ein Plus an zur Verfügung gestellten Ausbil-
dungsplätzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Das zeigt, dass es so wichtig war, einen Ausbildungspakt
abzuschließen.

Die Bilanz in diesem Jahr hat zwei Seiten: Licht und
Schatten. Auf der Lichtseite gibt es bei den Industrie-
und Handelskammern ein Plus der Ausbildungsverhält-
nisse in Höhe von 4 Prozent. Selbst beim Handwerk
– das wurde eben gesagt – gibt es trotz Arbeitsplatzver-
lusten ein Plus von 1,6 Prozent. Die Schattenseite ist,
dass es einen deutlichen Anstieg der Bewerbungen gibt.
Deshalb steigt die Zahl derer, die nicht versorgt sind.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Wie überraschend!)


Darüber streitet niemand. Deshalb rate ich uns allen: La-
mentieren, Appellieren und wechselseitige Schuldzu-
weisungen helfen überhaupt nicht weiter.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Sie appellieren und machen sonst nichts!)


Wir stecken mitten in vielen wichtigen Initiativen, mit
denen sich im Laufe der Jahre vieles verändern wird. Ich
nenne Ihnen ein paar, die nicht erst in Vorbereitung, son-
dern längst in der Durchführung sind.


(Zuruf von der LINKEN: Mehrwertsteuererhöhung!)


Erstens das Programm „Jobstarter“. Wir haben die
Mittel dafür auf 125 Millionen Euro erhöht. Wir haben
damit die Zahl der Projekte in der zweiten Förderrunde
verdoppelt. Das ist ein ganz wichtiges Strukturpro-
gramm.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D enn wir reden längst nicht mehr nur über das Bemühen on Unternehmen. Wir kennen sehr genau die Regionen, n denen es nicht genügend Unternehmen gibt und in deen der Mittelstand nicht so stark vertreten ist, dass wir arauf setzen könnten, dass die Unternehmen diese Aufabe leisten. Es ist also ein Strukturprogramm für diese egionen – vor allen Dingen in den neuen Bundeslänern, aber mittlerweile auch in einigen alten Bundeslänern –, um dort zu neuen Strukturen, zu Verbundmögichkeiten, zu betriebsnahen Ausbildungen und anderem u kommen. Zweitens die Einstiegsqualifikation. Das Arbeitsinisterium hat mit einem Beschluss des Kabinetts die ahl der Plätze für die Einstiegsqualifizierung auf 0 000 erhöht. ie Erfahrungen der ersten Runde zeigen, dass das in ehrfacher Hinsicht ein gutes Instrument ist. Wir schi ken Jugendliche, die die Nase von der Schule voll haen, nicht wieder in die Schule, ondern wir geben ihnen die Möglichkeit, Kontakt zu eiem Unternehmen zu knüpfen. Gleichzeitig geben wir em Unternehmen die Möglichkeit, junge Leute kennen u lernen, die vielleicht schlechte Note haben, sich in der raktikumszeit aber sehr gut entwickeln. In der ersten unde haben 60 Prozent den Übergang in eine duale usbildung geschafft. Das ist ein gutes Ergebnis. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Drittens sind 13 000 Stellen seitens der Bundesregie-
ung in den neuen Ländern zusätzlich geschaffen wor-
en. Nach jetzigem Stand – wir haben gestern im Haus-
altsausschuss darüber gesprochen – werden diese
3 000 Stellen auch besetzt.

Viertens sind 10 000 zusätzliche Ausbildungsplätze
ereinbart worden. Staatssekretär Storm aus meinem
aus hat gemeinsam mit Frau Staatsministerin Böhmer
it Verbänden von Unternehmern ausländischer Her-
unft eine Vereinbarung getroffen. Denn wir wissen,
ass Jugendliche mit Migrationshintergrund von diesem
roblem besonders betroffen sind und dass es hier be-
onders wichtig ist, eine Ausbildungskultur in den Un-
ernehmen zu entwickeln, die Möglichkeiten zur Ausbil-
ung haben, aber bisher die duale Ausbildung so noch
icht kennen. Auch das ist ein Fortschritt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich sage noch einmal: Wer immer rät, den Ausbil-
ungspakt abzuschaffen oder ihn nicht mehr so wichtig
u nehmen, unterschätzt die Bedeutung des Themas.
ieles wurde bewirkt. Jedem muss klar sein, dass wir
ier letztlich über einen Teil des Generationenvertrages
prechen. Deshalb muss der Pakt über 2007 hinaus ver-
ängert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Auch auf Länderebene geschieht vieles. Heute ist in
den Zeitungen zu lesen: Der nordrhein-westfälische Ar-
beitsminister hat angekündigt, dass in der Nachvermitt-
lungszeit seitens des Landes 3 000 zusätzliche Lehrstel-
len geschaffen werden.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP] – Willi Brase [SPD]: Jetzt klatschen Sie, Frau Flach! Aber als wir das gesagt haben, haben Sie gemeckert! Das nehme ich zur Kenntnis!)


– Wenn es um Nordrhein-Westfalen geht, klatscht Frau
Flach; das finde ich Klasse.

Die Brisanz dieses Themas muss angesprochen wer-
den. Niemand von uns sollte dieses Problem, das seit
vielen Jahren zu beobachten ist, kleinreden. In dieser
Zeit war fast jede der hier vertretenen Parteien – außer
den Linken – auch einmal an der Regierung beteiligt.
Daher muss man feststellen: Die Verantwortung für die
Zahlen, um die es geht, können wir unter uns aufteilen.
Ich kenne sogar Wirtschaftsminister von der FDP – es
gibt zwar nicht mehr viele, aber zumindest einen kenne
ich noch –, für die dasselbe gilt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Es werden aber wieder mehr! Keine Sorge! – Patrick Meinhardt [FDP]: Aber gute!)


– Ja, nur gute.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Es gibt aber noch mehr! Ich kann Ihnen die anderen auch einmal vorstellen!)


– Geschenkt.

Nun komme ich auf die Altbewerber zu sprechen.
Dieses Problem lässt sich in der Tat nicht allein durch
den Ausbildungspakt lösen. Dahinter verbergen sich
nämlich noch ganz andere Probleme. Deshalb haben wir
auch hier die notwendigen Schritte auf den Weg ge-
bracht. Wir müssen auf dieses Thema spezifische Ant-
worten finden.

Erstens. Es muss uns in den nächsten Wochen gelin-
gen, einen Überblick über die tatsächlichen Zahlen, nach
Möglichkeit heruntergebrochen auf die Ebene der Re-
gionen, zu bekommen. Wenn zum Beispiel im eigenen
Wahlkreis 100 Jugendliche noch nicht mit einem Ausbil-
dungsplatz versorgt sind, dann werden sie eingeladen. Es
kommen allerdings nur 50 von ihnen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn überhaupt!)


Wir müssen klären, warum das so ist. Was steckt dahin-
ter? Was ist mit den anderen 50 Jugendlichen, die die
Einladung nicht annehmen? Haben sie sich inzwischen
anders entschieden? Schlagen sie eine andere Bildungs-
biografie ein bzw. machen sie an einer anderen Stelle
Station? Wir brauchen, heruntergebrochen auf die ein-
zelnen Agenturbezirke, genauere Zahlen darüber, wel-
cher Jugendliche für eine Vermittlung zur Verfügung
steht.

Zweitens. Die strukturelle Modernisierung, Frau
Hinz, ist eingeleitet. Die entsprechenden Maßnahmen

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(C (D iegen längst auf dem Tisch. Über sie wird gerade diskuiert. Weil Sie selbst einmal im Geschäft waren, sage ich hnen: Sie wissen doch, dass hier sehr viele Partner eine olle spielen und dass zunächst einmal sowohl aufseiten er Gewerkschaften als auch aufseiten beider Sozialparter über die Frage der Modularisierung diskutiert wird. Das Konzept, in dem es um die curriculare Modulariierung von fünf bis acht Ausbildungsbausteinen in vier er großen Berufe geht – so wurde es in der letzten Situng des Innovationskreises besprochen –, liegt also auf em Tisch. Sie können davon ausgehen, dass wir diesen eg, wenn wir die Zustimmung derer finden, die zu timmen müssen, schon zu Beginn des nächsten Ausbilungsjahres beschreiten können. Ich halte diesen Punkt ür wirklich zukunftsweisend. Wir brauchen die Modularisierung der beruflichen ildung. Wenn Jugendliche eine berufliche Vollzeit chule besuchen und Kompetenzen erwerben – das berifft auch die überbetrieblichen Ausbildungsstätten, die ir ebenfalls stärker in die Ausbildungsverpflichtungen nd -aufgaben einbeziehen sollten –, dann brauchen wir ehr viel Transparenz. Die Leistungen müssen zertifiiert werden. Mit diesen Zertifikaten muss jeder Juendliche seine Ausbildungsschritte, ähnlich wie in eiem Baukastensystem, aufeinander aufbauen können nd die Möglichkeit bekommen, eine Prüfung abzuleen. Das wird auch so kommen – davon bin ich übereugt –, weil wir eine Verbindung zwischen dem euroäischen Qualifikationsrahmen und dem nationalen ualifikationsrahmen benötigen. Dafür brauchen wir in er gesamten Bandbreite der beruflichen Bildung Transarenz. Ich glaube, hier bietet sich eine wirklich gute hance, durch die strukturelle Modernisierung der be uflichen Bildung vor allem die so genannten Altbewerer zu erreichen. An die Adresse der Industrieund Handelskammern uss ich aber auch sagen: Ich werde Druck machen, ass jetzt endlich die Möglichkeiten ergriffen werden, ie im Berufsbildungsgesetz geschaffen worden sind. enn schon jetzt bestehen Möglichkeiten, die Leistunen der Jugendlichen, die ein kaufmännisches Berufsolleg, und derjenigen, die eine berufliche Vollzeitschule esuchen, so zu zertifizieren, dass sie nach einer anchließenden Praxiszeit in einem Unternehmen ihre Prüung ablegen können. Die gesetzlichen Möglichkeiten, ie zu diesem Zweck geschaffen worden sind, müssen llerdings besser genutzt werden. Ich bin davon übereugt, dass das gelingt. (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch schon vor einem Jahr gesagt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Frau Hinz, genauso ist es bereits: Im Rahmen des In-
ovationskreises geschieht genau das, was Sie fordern.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan

(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht im Ausbildungspakt! Der Ausbildungspakt bringt nämlich nichts zustande!)


Da sitzen die Länder, da sitzen sämtliche Sozialpartner,
da sitzt die Bundesregierung, da sitzen alle an einem
Tisch und lamentieren nicht herum, sondern sind längst
dabei, zu überlegen, wie wir den Einstieg in eine struktu-
relle Modernisierung schaffen, um die Zukunftschancen
der jungen Generation zu verbessern, wo sie nicht gut
sind, bzw. sie zu sichern. Das ist das, was wir alle wol-
len. Das gehört zu unseren vornehmsten Aufgaben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802400

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Willi

Brase das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1605802500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal muss man
über die Vergangenheit reden. Wenn ich mich richtig er-
innere, haben wir mit unserem Jugendsofortprogramm
knapp 60 000 vollwertige Ausbildungsplätze geschaffen.


(Jörg Tauss [SPD]: Du erinnerst dich richtig!)


Das, Frau Schavan, war eine positive Leistung der alten
Bundesregierung, um das hier einmal deutlich zu sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hochinteressant ist, dass wir im Zusammenhang mit
diesem Programm von einigen heftig dafür kritisiert
worden sind,


(Jörg Tauss [SPD]: Oh ja! – Ute Kumpf [SPD]: Oh ja!)


dass wir mit Geld der öffentlichen Hand zusätzliche
Ausbildungsplätze schaffen. Dass jetzt, wo Minister
Laumann in NRW das Gleiche macht – den ich dabei
ausdrücklich unterstütze –, geklatscht wird, das hat ein
Geschmäckle.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich etwas zu § 43 Abs. 2 Berufsbil-
dungsgesetz sagen, demzufolge auch Bewerber, die eine
vollzeitschulische Berufsausbildung absolviert haben,
die Kammerprüfung ablegen dürfen. Das ist damals von
bestimmter Seite massiv gefordert worden,


(Jörg Tauss [SPD]: Erkämpft worden!)


auch von den Kolleginnen und Kollegen, die an einer
Berufsschule als Lehrer tätig sind. Heute, in der Umset-
zung, stellt sich genau das Gegenteil dar: Man hält sich
sehr zurück. Denn wenn wir wollen, dass öffentlich fi-
nanzierte und betriebliche Ausbildung gleichwertig sind,
muss auch die öffentlich finanzierte so etwas wie Be-

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(C (D riebsnähe und Praktika aufweisen. Es scheint für einige egionen, vielleicht sogar für viele, eine harte Aufgabe u sein, für die jungen Leute, die eine vollzeitschulische usbildung machen, Praktika zu organisieren, wie wir es m Gesetz formuliert haben. (Beifall der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Bitte, die ich ein Stück weit an die Länder
ichte, ist, diesen Weg mitzugehen. Denn das ist eine

öglichkeit, Altbewerbern und Altnachfragern eine ver-
ünftige Chance zu geben, eine qualifizierte Ausbildung
on drei oder dreieinhalb Jahren – wo es nicht anders
eht, auch nur von zwei Jahren – zu bekommen.


(Beifall der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


ie Bedingungen haben wir hier im Parlament durch die
eform des Berufsbildungsgesetzes gemeinsam geschaf-

en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD], an die CDU/ CSU gewandt: Das stimmt! Sie können klatschen!)


Herr Meinhardt, ich möchte etwas zum EQJ sagen.
ir haben uns seinerzeit, was den Ausbildungspakt an-

eht, in dieser Frage sehr vorsichtig positioniert, weil
ir nicht genau wussten, ob eigentlich die Personen-
ruppen angesprochen werden, die aus unserer Sicht an-
esprochen werden müssen, oder ob wieder eine Ver-
rängung stattfindet. Die bisherigen Untersuchungen
zum Ruhrostgebiet gibt es eine von der Hans-Böckler-
tiftung, ferner gibt es eine von der GIB – besagen, dass
ie Grundannahme Klebeeffekt wohl richtig ist. Nahezu
0 Prozent werden in eine betriebliche Ausbildung über-
ehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir erleben aber die Verdrängung von sehr guten Haupt-
chülern durch Realschüler.


(Jörg Tauss [SPD]: Da werden wegen der Studiengebühren auch noch Abiturienten kommen! Das geht von oben nach unten!)


Dazu komme ich noch, Herr Tauss, nicht so schnell!

Wir haben mit dem Berufsbildungsgesetz die Berufs-
usbildungsvorbereitung in den Betrieben ausdrücklich
it auf den Weg gegeben. Ich sehe das EQJ als Vormaß-

ahme, als Vorschritt, dorthin zu kommen. Derzeit fi-
anzieren wir es noch über die Bundesagentur für Ar-
eit. Man könnte, wenn es um Verantwortlichkeiten und
uständigkeiten geht, auch einmal darüber diskutieren,
b das nicht die Unternehmen machen müssten und ob
ir als öffentliche Hand uns nur dann engagieren soll-

en, wenn junge Leute keinen Abschluss haben oder
hnliches. Das wäre eine Weiterentwicklung, die dem
ach meiner Auffassung Rechnung tragen würde.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben das IAB-Betriebspanel zu Rate gezogen,
eil es immer wieder heißt, es gibt nicht genügend






(A) )



(B) )


Willi Brase
Unternehmen, die ausbilden. Wenn man sich dieses
Betriebspanel anschaut, dann stellt man fest, dass je nach
Größe immer noch zwischen 5 und 30 Prozent der Un-
ternehmen, die ausbildungsfähig sind, nicht ausbilden.


(Jörg Tauss [SPD]: Traurig!)


Interessant ist es, einmal zu schauen, welche Rechts-
form die Unternehmen haben, die ausbilden, und welche
Rechtsform die Unternehmen haben, die nicht ausbilden.
Unabhängig davon erwarten wir als SPD-Fraktion, dass
beim Innovationskreis bei Frau Ministerin Schavan end-
lich genau der Frage auf den Grund gegangen wird, wie
wir an die 20 bis 25 Prozent der Unternehmen heran-
kommen, die ausbilden könnten, es aber nicht tun, damit
sie endlich auch ausbilden. Dann würde es in unserer
Gesellschaft ein Stück weit besser aussehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie vor Ort nachschauen und mit Ihren Kam-
mern reden, also mit den zuständigen Stellen, dann wer-
den Sie feststellen, dass jede zuständige Stelle in der
Lage sein wird, einigermaßen verlässlich zu beziffern,
welches Potenzial dort noch vorhanden ist. Deshalb
bleibe ich dabei: Wir erwarten und erhoffen Antworten
vom Innovationskreis, sodass wir hier ein Stück weit
nach vorne kommen.

Meine Damen und Herren, in den letzten Tagen haben
wir intensiv über Schichten, über Arme und über Ausge-
grenzte in dieser Republik diskutiert. Mir ist ein, wie ich
finde, sehr nachdenklich machendes Interview mit dem
Soziologen Professor Heinz Bude zur Kenntnis gelangt.
Es zeigt ein wenig, wie schwierig die Diskussion ist. Er
ist nach der Debatte über eine Klassengesellschaft
gefragt worden und er verweist darauf, dass bei Umfra-
gen von Berufsschullehrern mit ausbildungsmüden
Jugendlichen Folgendes zum Ausdruck kommt: Sie ha-
ben das Gefühl, dass sie vielleicht etwas tun können,
dann aber nicht übernommen werden. Was nutzt ihnen
also eine Ausbildung und was bringt sie ihnen eigent-
lich?

Wenn diese Sichtweise, dass nicht mehr vermittelt
werden kann, was es eigentlich noch bringt, Leistung zu
erbringen, und wo man diese Leistung danach umsetzen
kann, in Teilen der jungen Generation vorherrscht, dann
haben wir in unserer Gesellschaft insgesamt eine Menge
dafür zu tun, sie zu verändern. Das bedeutet: Wenn wir
es nicht schaffen, dass genügend betriebliche Ausbil-
dungsplätze zur Verfügung gestellt werden, dann müssen
wir auch zusätzliche Mittel in die Hand nehmen – dies
hat meine Kollegin Nicolette Kressl bereits gesagt –, um
sie mit genau den Maßnahmen zu erreichen, die ihnen
tatsächlich helfen. Da helfen auch keine dauerhafte Dis-
kussion und keine Umlagefinanzierung.


(Beifall bei der SPD)


Bis wir so etwas auf den Weg gebracht haben, sind diese
Jugendlichen noch fünfmal enttäuscht worden.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Der Antrag liegt vor!)


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(C (D Ein weiterer Punkt – dem können wir uns nicht entiehen –: Wir werden demnächst hier im Parlament über en Bildungsbericht, der im Auftrag der Konferenz der ultusminister der Länder und des Bundesministeriums ür Bildung und Forschung erstellt wurde, diskutieren. s fällt auf, dass es Strukturverschiebungen bei der be uflichen Ausbildung und bei der Versorgung von jungen euten gibt, die offensichtlich nicht so einfach zu handaben sind, wie wir es in der politischen Auseinandersetung teilweise gerne tun. Ich will es einmal deutlich sagen: 1995 kamen 47 000 Jugendliche neu in die duale Ausbildung. 80 000 Jugendliche befanden sich im Schulberufssysem. Das ist Landesrecht. Sie haben es angesprochen: flegeausbildung, Ausbildung für Kindererziehung etc. aneben befanden sich 341 000 junge Leute in Überangsmaßnahmen: Grundausbildungslehrgänge, BVJ, GJ und was es dort alles gibt. Diese Zahlen haben sich erändert. 2004 gab es eine Steigerung gegenüber 2003. m ersten Sektor waren es 535 000, im zweiten Sektor aren es 211 000 – die Zahl der Jugendlichen im Schulerufssystem ist also noch einmal angestiegen – und im ritten Sektor waren es 488 000. Im Jahr vorher waren es m dritten Sektor 599 000. Die positiven Veränderungen atten etwas mit dem JUMP-Programm zu tun. Ich will amit sagen: Wenn sich dies auf lange Sicht verfestigt, ann tut sich die Wirtschaft keinen Gefallen damit, wenn ie nicht mehr und genügend Ausbildungsplätze zur Verügung stellt. In den 70erund 80er-Jahren lag der Anteil der Neuugänge teilweise bei 60 bis 70 Prozent. Es muss das iel sein, dort wieder hinzukommen; denn damit verrinern wir automatisch die Anzahl an Warteschleifenmaßahmen und Ähnlichem. Ich glaube, das ist der richtige eg. Letzte Bemerkung. Ich halte sehr viel davon, auch mmer zu schauen, wie die Praxis aussieht. Mein Glück st, dass ich seit fast 20 Jahren in diesem Bereich tätig in. s ist nun einmal so, dass ein Teil der jungen Leuten die chule nach wie vor ohne Abschluss verlässt – 9 oder 0 Prozent. Die Forderung des Zentralverbands des eutschen Handwerks, diese Zahl innerhalb von vier der fünf Jahren um 50 Prozent zu reduzieren, ist richtig. as wäre eine vernünftige Kampfmaßnahme der Länder nd unserer Gesellschaft. Damit würden wir den jungen enschen etwas Gutes tun. Lassen Sie uns in diesem Sinne gemeinsam streiten. ir werden dies im Zusammenhang mit der europäi chen Berufsbildungspolitik noch stärker machen müsen. Wir freuen uns auf diese Diskussion. Herzlichen Dank. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Alexander Dobrindt, CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Willi Brase, Sie haben zu Recht gesagt: Man muss zwischendurch immer wieder einmal die Vergangenheit betrachten. (Jörg van Essen [FDP]: Besser nicht! RotGrün war schrecklich!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


(Jörg Tauss [SPD]: Erfolgreich!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802600

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1605802700

Ich will die Vergangenheit jetzt nicht zu sehr in Haftung
nehmen.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann lassen Sie es doch gleich!)


Aber wir haben bei der Novellierung des Berufsbil-
dungsgesetzes ganz hervorragend zusammengearbeitet.


(Jörg Tauss [SPD]: So konstruktiv waren wir selten! Das muss man sagen! – Jörg van Essen [FDP]: Da wird mir angst und bange!)


Das war quasi ein Probelauf der neuen Freundschaft, die
wir inzwischen pflegen.

Aber eines muss man schon sagen: Das Gezappel in
Ihrer Fraktion, bis wir den Ausbildungspakt endlich be-
schlossen hatten, hat schon für Unsicherheit gesorgt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie haben beim Ausbildungspakt überhaupt nichts gemacht! – Jörg Tauss [SPD]: Keine Legenden!)


Das hat nicht unbedingt dazu beigetragen, neue Ausbil-
dungsplätze zu schaffen. Aber wir sind uns einig, dass
die Situation momentan nicht zufriedenstellend ist. Die
Ausbildungslücke ist uns allen mit Sicherheit viel zu
hoch. Es fehlen 34 000 Lehrstellen. Das ist kein schönes
Ergebnis. Das erfordert von uns allen noch große An-
strengungen.

Ich erinnere an die Debatte, die wir Anfang dieses
Jahres geführt haben. Wer hätte in der damaligen Situa-
tion gedacht, dass wir überhaupt einmal so weit kom-
men? Dahinter stehen riesige Anstrengungen einer Viel-
zahl von Unternehmen und auch einer ganzen Reihe von
Mittelständlern, die sich maßgeblich bemüht haben,
neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Auf die seltsame
neue Unterschichtsdebatte will ich nicht näher eingehen.
Aber eines ist klar: Bei der Diskussion um Lehrstellen
geht es nicht nur um einen Ausbildungsplatz für junge
Menschen. Vielmehr geht es für diese jungen Menschen
um einen Platz in unserer Gesellschaft. Diesen müssen
wir bereitstellen.

Dass wir und die Unternehmen es nach großen An-
strengungen geschafft haben, die Ausbildungslücke
stark einzuschränken, hat etwas mit dem Wachstum in
der Bundesrepublik zu tun. Der Wirtschaftsminister pro-
gnostiziert ein Wachstum von 2,5 Prozent. Die ansprin-
gende Konjunktur wirkt langsam auch auf dem Ausbil-

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(C (D ungsmarkt. Wir alle haben dazu eine ganze Menge eigetragen. Ich möchte mich bei den zuständigen Miistern und bei den Kolleginnen und Kollegen ganz erzlich bedanken, die im Deutschen Bundestag dafür earbeitet haben. Namentlich möchte ich auch die CDU/ SU-Fraktion erwähnen, deren Abgeordnete in ihren ahlkreisen eine Ausbildungstour gestartet haben, um ür noch mehr Ausbildungsplätze zu werben. Ich glaube, ll das hat insgesamt geholfen. Der Paktlenkungsausschuss hat beschlossen, dass der usbildungspakt weitergeführt werden soll. Die Einzien, die leider Gottes noch immer nicht im Boot sind, ind die Gewerkschaften. Wer aber hier nicht mitmacht, er kann auch bei der Nachvermittlung nicht mitmachen. iese Situation ist bedauerlich. Ich möchte alle, die hier influss haben, bitten, dafür zu sorgen, dass sich zukünf ig alle gesellschaftlichen Gruppen am Ausbildungspakt eteiligen. Gegen Ende diesen Jahres bzw. Anfang ächsten Jahres wird die Ausbildungslücke – davon bin ch überzeugt – rechnerisch nahezu gegen null gehen. Liebe Kollegin Hirsch, nachdem Sie mich in hervoragender Weise zitiert haben, möchte ich Ihnen Folgenes sagen: Nicht nur für die Unternehmen in unserem and, sondern vor allem auch für die Auszubildenden, ie durch die großen Anstrengungen einen Ausbildungslatz gefunden haben, muss es wie Hohn klingen, wenn ie immer wieder sagen: Der Ausbildungspakt funktioiert nicht. 50 Prozent der zur Verfügung gestellten Ausbildungstellen kommen in Unternehmen zustande, die weniger ls 50 Mitarbeiter beschäftigen. Wir müssen endlich einal anerkennen, dass es vor allen Dingen die freiwilli en Leistungen der Menschen in unserem Lande sind, urch die die zukünftigen Lehrstellen geschaffen weren. Dadurch ist es im letzten Jahr gelungen, 27 500 zuätzliche Lehrstellen in der Nachvermittlung bereitzutellen. Ich bin mir sicher, dass diese Zahl dieses Jahr ogar noch übertroffen wird. Das Ganze funktioniert hne sozialistische Keule. Es funktioniert, weil die Menchen ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrehmen wollen – ohne Zwangsregelung, ohne staatliche evormundung und ohne Ausbildungsplatzabgabe. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Die sind belohnt worden mit der Umlage, das wissen wir doch! Die haben von der Umlage profitiert! Die Umlage ist gut!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kollegin Sager, ich spreche Sie an, weil Sie am
ittwoch dieser Woche in der Regierungsbefragung ge-

enüber dem Bundesminister Glos dargestellt haben,
ass die vollzeitschulische Ausbildung zurzeit nur in
ier Bundesländern stattfindet und nicht in allen 16. Ich
ann Ihnen dazu sagen: Wir haben in der Debatte, die
ir geführt haben, als wir das Berufsbildungsgesetz no-
elliert und diese Möglichkeit geschaffen haben, natür-
ich maßgeblich den Osten dieses Landes vor Augen ge-
abt. Dort, wo auch bei größten Anstrengungen keine
ehrstellen im Betrieb eingerichtet werden konnten,
ollte eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen werden,






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt
nämlich die vollzeitschulische Ausbildung. Diese war
aber nie als gleichwertige Alternative zur dualen Ausbil-
dung gedacht und das darf sie auch nie werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Nicht nur für den Osten! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch gut so!)


Wenn man darüber debattiert, sollte man nicht bekla-
gen, dass es jetzt eine Welle von Altbewerbern gibt. Da-
ran zeigt sich, dass es zur dualen Ausbildung in Betrieb
und Schule keine echte Alternative gibt. Vollzeitschule
und Ähnliches sind nur Hilfskonstrukte, die im Zwei-
felsfall nur die zweitbeste Lösung sind. Deswegen wol-
len wir die vollzeitschulische Ausbildung nicht zum Re-
gelfall machen.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schon der Regelfall!)


Ich glaube, an dem, was Frau Ministerin Schavan gesagt
hat, ist deutlich geworden: Wir brauchen einen Mix an
Maßnahmen. Wir sind dabei, diesen Mix anzupassen
bzw. zu kreieren. Ich glaube, dass wir letztlich zu einer
guten Situation in der Ausbildungsfrage kommen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605802800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des
Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung auf Drucksache 16/1258. Der Ausschuss
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung in
Kenntnis des Berufsbildungsberichtes 2005 auf Druck-
sache 15/5285 die Annahme des Antrags der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/543 mit
dem Titel „Neue Dynamik für Ausbildung“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich der Stimme? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen ange-
nommen.

Unter Nr. 2 der Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss in Kenntnis des genannten Berufsbildungsbe-
richts die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/235 mit dem Titel „Die duale Berufs-
ausbildung in Deutschland kontinuierlich verbessern“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Be-
schlussempfehlung ist mehrheitlich angenommen.

Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss in Kenntnis des Berufsbildungsberichts
die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 16/122 mit dem Titel „Statt Ausbildungs-
pakt – Für eine umlagefinanzierte berufliche Erstausbil-
dung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Diese Be-
schlussempfehlung ist mit breiter Mehrheit gegen die
Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen.

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(C (D Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 4 seier Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags er Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druckache 16/198 mit dem Titel „Berufsbildung umfassend ichern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – uch diese Beschlussempfehlung ist mit wiederum brei er Mehrheit, diesmal gegen die Stimmen der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen, angenommen. So fügt ich eine Überraschung an die nächste. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf rucksachen 16/1370, 16/2540 und 16/2630 an die in er Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlaen. Die Vorlage auf Drucksache 16/2996 – Tagesordungspunkt 23 c – soll an dieselben Ausschüsse wie die orlage auf Drucksache 16/2540 und zusätzlich an den usschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union berwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – as scheint der Fall zu sein. Dann sind die Überweisunen so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 24 sowie Zuatzpunkt 13 auf: 24 Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner Dreibus, Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für einen sozial gerechten Mindestlohn in Deutschland – Drucksache 16/1878 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend P 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Matthias Berninger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Arbeit in Armut verhindern – Drucksache 16/2978 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist auch ür diese Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst er Kollege Oskar Lafontaine, Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Am 1. Juni dieses Jahres haben wir schon einmal efordert, in Deutschland einen gesetzlichen Mindestohn von 8 Euro pro Stunde für die Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer, die teilweise 40 Stunden in der Wohe arbeiten, einzuführen. Oskar Lafontaine (Dirk Niebel [FDP]: Seitdem hat sich nichts geändert!)


(Heiterkeit im ganzen Hause)


(Beifall bei der LINKEN)

Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605802900




(A) )


(B) )


Sie haben unseren Antrag, in dem wir die Einführung
einer Mindestlohnregelung gefordert haben, in namentli-
cher Abstimmung abgelehnt und waren nicht dazu zu be-
wegen, die von uns vorgetragenen Argumente anzuneh-
men. Es ist zu erwarten – das hat insbesondere Kollege
Niebel schon angekündigt –, dass auch der vorliegende
Antrag abgelehnt wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist keine Überraschung!)


Mittlerweile haben Sie eine Armutsdebatte geführt,
die nach dem bekannten Muster verlaufen ist. Zunächst
wurde darüber schwadroniert, ob man den Begriff Unter-
schichten verwenden dürfe.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Und dann kam Herr Lafontaine!)


Nachdem diese Debatte beendet war, haben Sie sich ge-
genseitig die Schuld an der negativen Entwicklung zuge-
schoben, die Hartz IV in unserer Bevölkerung verursacht
hat.

Wir, die Fraktion Die Linke, glauben, dass solche De-
batten zu einer immer stärkeren Politikverdrossenheit
beitragen. Es wäre konsequent, wenn Sie die entspre-
chenden Schlüsse aus dieser Debatte ziehen würden. Das
hieße erstens, die Hartz-IV-Gesetze zu novellieren, und
zweitens, den gesetzlichen Mindestlohn von 8 Euro pro
Stunde in Deutschland einzuführen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben heute Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer eingeladen, die zu den derzeitigen Bedingungen ar-
beiten. Sie erhalten zum Beispiel Stundenlöhne von
5,86 Euro, 5,19 Euro und 6 Euro. Ich habe einen Lohn-
zettel mitgebracht. Vielleicht kann dieses Beispiel etwas
bei Ihnen bewegen, Herr Niebel, wenn es Sie interes-
siert, wie es den Menschen draußen geht. Da arbeitet je-
mand 40 Stunden pro Woche für einen Nettolohn von
797,19 Euro. Es ist doch eine Schande, wenn jemand in
Deutschland 40 Stunden in der Woche arbeiten muss und
dafür nur knapp 800 Euro netto bekommt.


(Beifall bei der LINKEN)


Stellen Sie sich vor, was das bedeutet, wenn jemand
arbeitslos wird, oder wie sich das später auf die Rente
auswirkt. Es ist ein Ausdruck von Gefühllosigkeit, diese
Bedingungen nicht zur Kenntnis zu nehmen und nicht
endlich auch bei uns eine gesetzliche Regelung einzu-
führen, die es bereits in den meisten europäischen Län-
dern gibt.


(Beifall bei der LINKEN)


Was bilden wir uns eigentlich ein, dass wir diese gesetz-
liche Regelung, die in allen anderen europäischen Län-
dern funktioniert, in Deutschland nicht einführen?

Nun komme ich zu den Argumenten, die immer wie-
der vorgebracht werden. Das ist erstens das Standard-
argument der FDP und der CDU/CSU, es würden
Arbeitsplätze vernichtet.

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(C (D ch möchte in diesem Zusammenhang auf die Hybris inweisen, die insbesondere in den Reihen der FDP eutlich wird. Sie treten doch für Mindestlöhne Ihrer lientel – Ärzte, Rechtsanwälte und alle Freiberufler – in, indem Sie Honorarund Gebührenordnungen forern. s ist eine bodenlose Unverschämtheit, dass Sie das, was ie für diese Klientel festschreiben – dabei geht es um tundenlöhne von 50 Euro und teilweise sogar bis zu 000 Euro –, der großen Mehrheit der Bevölkerung vereigern. Wenn alle, die von den Mindestlohnregelungen beroffen wären, hier versammelt wären, kämen 5 Millioen Bürgerinnen und Bürger zusammen. Vielleicht würen Sie dann nachgeben und Ihre Doppelzüngigkeit ufgeben. Damit Sie es begreifen, Herr Niebel: Wir wollen eine Gebührenund Honorarordnung für die oberen ehntausend, sondern für die Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer. Wir wollen solide Arbeitsbedingungen ür Millionen Menschen in diesem Lande. Das zweite Argument, das immer wieder vorgebracht ird, lautet, dass man nur auf die Tarifbildung warten nd dann die Tarife für verbindlich erklären müsse. Das st ebenfalls ein Scheinargument, wie jeder weiß. Erstens chiebt man dadurch den Gewerkschaften die Verantortung dafür zu, ob es weitergeht oder nicht. Zweitens ird dabei die Tatsache ignoriert, dass es in vielen Bran hen keine Tarifverträge mehr gibt. In Deutschland gibt s 30 Branchen, die nicht tarifvertraglich geregelt sind. udem müssten dann für 250 Branchen Mindestlöhne ereinbart werden. Das alles ist ein Hinund Herschieben der Verantworung. Auch diese Position ist für uns nicht haltbar und laubwürdig. Wir wollen vielmehr eine gesetzliche Reelung für alle Menschen, die seit Jahren darauf warten, ür ihre Arbeit ordentlich bezahlt zu werden. Im Übrigen vertreten diese Position nicht nur Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch Wirtchaftsbranchen. Vom Bauhandwerk ist in diesem Zuammenhang schon oft die Rede gewesen genauso wie on der Gebäudereinigerbranche – hier ist etwas gescheen –, den Sicherheitsdiensten und den Handwerkskamern. Bernd Ehinger, der Handwerkskammerpräsident es Rhein-Main-Gebietes, hat gegenüber der „Frankfurer Rundschau“ gesagt, ohne Mindestlöhne gingen Areitsplätze verloren. Da Sie ständig vorgeben, die Inteessen des Handwerks zu vertreten, wäre es gut, wenn ie auf die Vertreter der betreffenden Branchen hörten. Oskar Lafontaine Um Sie vielleicht zum Nachdenken zu bringen – angesichts des Verlaufs der Debatten über dieses Thema in den letzten Jahren glauben wir nicht, dass wir Sie überzeugen können –, zitiere ich das, was der stellvertretende Vorsitzende des britischen Industrieverbandes in der Anhörung unserer Fraktion gesagt hat: Bisher war der Mindestlohn ein großer Erfolg. Für mehr als 1 Million Arbeitnehmer sind die Löhne deutlich angehoben worden, ohne dass dies Arbeitsplätze gekostet hätte. Auch die Wirtschaft ist nicht behindert worden. Warum hören Sie nicht auf diese Argumente und berücksichtigen Sie nicht die guten Erfahrungen, die im Ausland gemacht wurden? Warum glauben Sie eigentlich immer, dass Sie alles besser wissen? Das Dümmste ist aber Ihr ständiger Vorwurf des Populismus. Vielleicht sollten Sie sich einmal Gedanken darüber machen, warum Sie als Volksvertreter in den meisten Entscheidungen gegen die Mehrheit des Volkes stimmen. Die Mehrheit des Volkes will keine Mehrwertsteuererhöhung. Aber Sie scheren sich nicht darum und stimmen dafür. Die Mehrheit des Volkes will keine Rente mit 67. Aber Sie scheren sich nicht darum und stimmen dafür. Die Mehrheit des Volkes wollte niemals die Hartz-IVGesetzgebung. Aber Sie haben die großen Protestkundgebungen einfach übersehen. Sie machen, was Sie wollen. Die Mehrheit des Volkes wollte keine Praxisgebühr und will die nun von Ihnen auf den Weg gebrachte Gesundheitsreform nicht. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben bei der letzten Wahl überhaupt keine Mehrheit bekommen!)


(Zuruf von der FDP: Genau!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Aber Sie glauben, dass Sie es besser wissen. Welch eine
Volksvertretung ist das, die in wichtigen sozial- und
steuerpolitischen Fragen ständig gegen die Mehrheit des
Volkes stimmt? Darüber sollten Sie einmal nachdenken!


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass
60 Prozent der deutschen Bevölkerung dafür eintreten,
dass es in Deutschland eine ähnliche Regelung betref-
fend den Mindestlohn gibt wie in vielen europäischen
Nachbarstaaten. Vielleicht wäre es heilsam – das wäre
wahrscheinlich der einzige Weg, Sie zum Einlenken zu
bringen –, wenn wir – merken Sie auf! – unsere Diäten
an Mindestlöhne koppelten.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD)


– Es ist wunderbar, dass Ihnen das nicht passt und Sie
sich aufregen.

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(C (D Geben Sie sich doch einen Ruck! Sie hätten große Zutimmung vonseiten der Bevölkerung, wenn Sie den Mut ätten, nicht nur Ihre eigenen Interessen, sondern die Ineressen von 5 Millionen Beschäftigten in Deutschland u vertreten. (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD – Klaus Brandner [SPD]: Die Toskana lässt grüßen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605803000

Herr Kollege Lafontaine, erlauben Sie mir bitte zwei

inweise. Erstens. Ein Antrag auf Neuregelung der Be-
üge der Abgeordneten im Sinne der von Ihnen gerade
orgeschlagenen möglichen Regelung wurde mir von-
eiten der Fraktion Die Linke bislang nicht vorgelegt.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN: Das geht doch nicht! – Das ist sehr erstaunlich!)


Ich entscheide selber, was geht.

Zweitens. Nach einer Reihe von entsprechenden Äu-
erungen in den letzten Tagen gibt es einen hinreichen-
en Anlass, darauf hinzuweisen, dass Sie natürlich jedes
echt haben, jede Mehrheitsentscheidung dieses Parla-
entes zu kritisieren, dass aber die Behauptung, dass das

emokratiefeindlich sei, mit unserem Selbstverständnis,
ass Mehrheiten darüber entscheiden, was gelten soll,
ur schwer zu vereinbaren ist.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Das war eine notwendige Ausführung des Präsidenten!)


Das Wort hat nun der Kollege Gerald Weiß für die
DU/CSU-Fraktion.

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr
ollege Lafontaine hat eben von Hybris gesprochen. Da
at ein Fachmann für Hybris gesprochen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Er sollte zur Kenntnis nehmen: Die Mehrheit des Vol-
es wollte keine Linke und wollte nicht die linken Re-
epte. Wenn uns jetzt eine linke Rezeptur vorgelegt
ird, nähern wir uns diesem Thema trotz des Entrees
on Lafontaine ganz sachlich und nicht kulturpessimis-
isch. Wir wollen uns mit Ihren Argumenten auseinander
etzen.

Die Frage nach dem existenzsichernden Arbeitsein-
ommen ist eine ganz alte Frage und leider wieder eine
anz neue Frage. Man muss die Frage stellen, wie wir es
icherstellen, dass die Menschen von ihrer Arbeit im
inne des Mottos „anständiger Lohn für anständige Ar-
eit“ leben können. Wir sind überzeugt, dass die Ant-






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

wort der Linken eine falsche Antwort ist und dies auch
in diesen vier Monaten, Herr Lafontaine, geblieben ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn ist keine ge-
eignete Methode, um das Problem zu lösen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will mich diesem Thema nicht kulturpessimistisch
nähern, sondern mit einigen Hoffnung gebenden Daten,
die die Rahmenbedingungen für die Lohnfindung und
für die Einkommenspolitik unserer Tage nach einem
Jahr großer Koalition bilden. Das Sozialprodukt in die-
sem Jahr wird nicht um 0,00 Prozent wachsen, sondern
es wird voraussichtlich um 2,4 Prozent zunehmen, und
das nach Jahren der Stagnation. Gegenüber dem Vorjahr
gibt es über 200 000 sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigte mehr. Wir haben mehr als 400 000 Arbeitslose
weniger als im vergangenen Jahr. Wir haben 33 Prozent
mehr offene Stellen. Die Wirklichkeit ist besser als die
Planung – eine Welturaufführung. Das hat schon mit der
Arbeit der großen Koalition in den vergangenen zwölf
Monaten zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Warum sind die Daten, die ich eben nannte, Schlüs-
selzahlen? Ich wäre Herrn Lafontaine dankbar, wenn er
zuhören würde, so wie auch ich ihm, obwohl es manch-
mal schwer fiel, zugehört habe. Wenn es mehr Wachs-
tum gibt, gibt es mehr Arbeit. Wenn es mehr Arbeit gibt,
gibt es die Chance auf bessere Löhne. Unbestreitbar ist,
dass das Wachstum des Sozialprodukts im Allgemeinen
und die Produktivitätszunahme im Besonderen Orientie-
rungswerte, wahrscheinlich die wichtigsten, für Lohn-
verhandlungen sind. Wir dürfen uns zurechnen – ich
nenne nur das Stichwort 25-Milliarden-Programm –,
dass, wenn auch nicht zur Gänze, die Arbeit der Bundes-
regierung ganz wesentlich dazu geführt hat, dass diese
Schlüsseldaten der Volkswirtschaft in diesem Lande
heute besser sind, als sie vor 24 oder 30 Monaten waren.
Die Opposition mag sich prüfen, wie sie argumentieren
würde, wenn die Zahlen anders lauten würden, nämlich
Minuswachstum, noch mehr Arbeitslose und ein noch
höherer Verlust an sozialversicherungspflichtiger Be-
schäftigung. Dann wäre es die Schuld der Regierung.
Also darf man beim Gegenteil auch annehmen, dass es
das Verdienst der Regierung ist, wenn wir endlich Licht
am Ende des Tunnels sehen und auf einem besseren
Wege sind.

Natürlich reicht es nicht, mehr Spielraum für bessere
Löhne und für mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Wir wis-
sen, dass wir Arbeitsmarktpolitik als Flankenschutz
brauchen, dass wir unter den Stichworten Kombilohn,
50 plus usw. in ganz bestimmten Feldern Handlungsbe-
darf haben, dass wir in manchen Branchen, insbesondere
in arbeitsintensiven mittelständischen Betrieben, Pro-
bleme mit Dumpinglöhnen, Billiglohnkonkurrenz und
schmutzigem Wettbewerb haben. Darauf müssen wir
spezifische Antworten geben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche, Herr Weiß?)



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(C (D Das können Sie in der Koalitionsvereinbarung nachleen. Wir haben gesagt, dass wir den Weg gehen, den man eit vielen Jahren mit Erfolg im Baugewerbe gegangen st. Wir wollen den untersten tariflichen Lohn dem Tarifystem entnehmen und ihn qua Allgemeinverbindlichrklärung auch für ausländische Anbieter auf dem inlänischen Markt über das Entsendegesetz verbindlich achen. Zunächst setzen wir dort an, wo es am dring ichsten ist – Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben es geeinsam gefordert –, nämlich bei den Gebäudereinigern. er Gesetzentwurf ist auf einem guten Wege; er ist im arlamentarischen Prozess. Der Bundesrat hat nach der rsten Beratung Zustimmung signalisiert. In unserer Koalitionsvereinbarung steht, dass wir prüen werden, ob die Verhältnisse in anderen Branchen geauso sind. Sollte dies der Fall sein, werden wir durch ie Herausnahme dieser Bereiche aus dem Tarifsystem ber das Entsendegesetz eine Lohnuntergrenze zum chutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber uch zum Schutz der von schmutziger Konkurrenz berängten mittelständischen Betriebe schaffen. Herr Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Gysi? Gerald Weiß Bitte. Der Gesetzgeber hat in der Zivilprozessordnung ge egelt, bis zu welcher Höhe Einkommen pfändungsfrei st. Für alle Schuldner in der Bundesrepublik Deutschand gilt: Ein bestimmter Teil des Einkommens darf von einem Gläubiger angetastet werden, egal wie hoch eine Forderung gegen den Schuldner ist. Diese Einkomensgrenze liegt bei 1 000 Euro netto. Bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8 Euro käme an auf 1 000 Euro netto. Der Gesetzgeber sagt allen läubigern dieser Gesellschaft: Du hast keine Chance, n die letzten 1 000 Euro des Einkommens eines Schulders heranzukommen. Der Gesetzgeber hat aber nicht en Mut, zu sagen: Es muss natürlich auch ein Minimum eim Einkommen – diese 1 000 Euro – geben. Schließich erlauben wir noch nicht einmal einem Gläubiger, bei er Vollstreckung diese 1 000-Euro-Grenze anzutasten. – as spricht dagegen, dass der Gesetzgeber bei den ohnbestimmungen das vollendet, was er in der ZPO beonnen hat? (Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Die Möglichkeit staatlicher Transferleistungen!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605803100
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605803200

Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Ihre Frage nach dem Staat, Herr Gysi, ist für Sie ty-

isch.


(Lachen bei der LINKEN – Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Das ist die Zivilprozessordnung!)







(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Nur ein etatistischer Kopf kann eine solche Frage gebä-
ren. Wir müssen uns doch zuerst fragen: Was kann das
Tarifsystem leisten? Herr Lafontaine hat eben gesagt:
Man schiebt den Gewerkschaften die Verantwortung
zu. – Das war doch grotesk. In Deutschland tragen die
Gewerkschaften doch zusammen mit den Arbeitgebern
die Verantwortung für die Lohnfindung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Gehen Sie doch mal auf die Frage ein!)


Der Staat soll sich nur einmischen – das antworte ich Ih-
nen –, wenn die Tarifparteien mit dieser Aufgabe nicht
fertig werden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie antworten ja gar nicht auf die Frage!)


Ich habe das Zutrauen, dass die Tarifparteien ihrer
Verantwortung gerecht werden, eine praxisorientierte
Würdigung der Umstände in der jeweiligen Branche und
in der jeweiligen Region an den Tag legen und die rich-
tige Antwort geben. In der Regel können Tarifparteien
differenzierter und damit besser vorgehen, als es der
Staat jemals tun könnte.

Herr Gysi, jetzt dürfen Sie sich setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der DGB fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von
7,50 Euro, der Wirtschaftsweise Bofinger 4,50 Euro,
Herr Lafontaine und Herr Gysi fordern 8 Euro. Ange-
sichts dessen muss man doch fragen, wie diese undiffe-
renzierte Antwort auf ein differenziertes Problem wirken
wird. Was bedeutet das für die Chemie? Im günstigsten
Falle gar nichts; aber mit einiger Wahrscheinlichkeit
würde dies für die Kolleginnen und Kollegen in dieser
Branche bei den Tarifverhandlungen erschwerend wir-
ken. Lassen wir den Staat außen vor!

Unsere Ziele lauten: Ausländische Anbieter müssen
eingebunden werden. Dumpinglöhne und Schmutzkon-
kurrenz müssen verhindert werden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wie?)


Es darf kein System entstehen, durch das Menschen in
die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. Wir brauchen eine
praktikable und realitätsnahe Lösung.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ja, welche denn? Was ist denn Ihre Lösung?)


– Ich habe hier doch beschrieben, welchen Weg wir be-
schreiten. Für die Gebäudereiniger schaffen wir eine ent-
sprechende Regelung über das Entsendegesetz. Wir wer-
den in der großen Koalition gemeinsam prüfen, ob wir
dies auch für andere Branchen machen können.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Das ist doch der böse Staat!)


Ich weiß natürlich, dass man hier am Ende einer so-
zialethischen Orientierung folgen muss.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D s geht nicht nur um den Preis für den Produktionsfaktor rbeit, es geht nicht nur um Kosten, sondern es geht etztlich um die Existenzgrundlage der Mehrheit der enschen in unserem Lande. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Vor 75 Jahren hat Papst Pius XI. gesagt: An erster
telle steht dem Arbeiter ein ausreichender Lohn zu für
einen und seiner Familie Lebensunterhalt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


araus müssen wir gemeinsam die richtigen Konsequen-
en ziehen. Nell-Breuning sagte: Für die große Mehrheit
er Menschen, die vom Arbeitslohn leben müssen, muss
elten, dass der Lohn für den Lebensbedarf der Familie
usreicht. – Das ist die christlich-soziale Absage an
working poor“. Wir müssen dieses Ziel in richtiger
eise mit den richtigen Methoden ansteuern.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ie wählen den falschen Weg. Ich bin überzeugt, dass
ir mit der großen Koalition den richtigen Weg gehen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605803300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Heinrich Kolb,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605803400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

ar zu erwarten, dass die seit Anfang dieser Woche lau-
ende Diskussion über eine Unterschicht in Deutschland
n die Debatte über einen Mindestlohn einfließen würde,
achdem Hubertus Heil und gestern auch der Kollege
ysi einen Zusammenhang zwischen prekären Lebens-

agen und dem Fehlen von Mindestlöhnen hergestellt ha-
en.

Alle mir bekannten Studien beweisen jedoch, Herr
ollege Lafontaine, dass das größte Armutsrisiko nicht

n niedrigen Löhnen, sondern in Arbeitslosigkeit besteht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb muss unsere Hauptanstrengung darauf gerichtet
ein, Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und
ie nicht aus dem Arbeitsmarkt auszugrenzen. Mit der
inführung von Mindestlöhnen wird aber genau die
usgrenzung geschehen. Vor allem Jugendliche, Lang-

eitarbeitslose und Geringqualifizierte werden es nach
er Einführung von Mindestlöhnen schwer haben, einen
rbeitsplatz zu finden – ich sage Ihnen auch wieso, Herr
ollege Gysi –, weil die zu zahlenden Löhne aus dem
egenwert der von ihnen produzierten Güter und er-
rachten Dienstleistungen nicht mehr gedeckt werden
önnen. Das kann sich auf Dauer kein Unternehmen






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
leisten. Es wird entweder solche Arbeitsplätze abbauen
müssen oder selbst vom Markt verschwinden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


– Herr Kollege Gysi, hören Sie bitte zu oder stellen Sie
Ihre Frage. Vielleicht kann ich sie gleich beantworten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605803500

Es besteht bereits Einvernehmen über die Zulassung

einer Zwischenfrage. – Bitte schön, Herr Kollege Gysi.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605803600

Nachdem in Großbritannien der gesetzliche Min-

destlohn eingeführt worden ist, war zwei Jahre später die
Arbeitslosenquote um die Hälfte gesunken. Wie erklären
Sie sich das? Es ist also das Gegenteil dessen eingetre-
ten, was Sie hier beschreiben.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605803700

Das hängt mit dem Zeitpunkt zusammen. Der gesetz-

liche Mindestlohn wurde in einer länger anhaltenden
Aufschwungphase eingeführt und hat deswegen nicht in
dem Maße geschadet, wie das sonst der Fall gewesen
wäre.

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang noch
deutlich machen, Herr Kollege Gysi. Sie haben, so
glaube ich, wenn Sie über Mindestlöhne reden, immer
ausbeuterisches Lohndumping vor Augen: Jemand zahlt
einen niedrigen Lohn, obwohl er eigentlich einen höhe-
ren zahlen könnte. – So etwas mag es geben. Ich meine
aber, dass sich in weiten Bereichen der Wirtschaft die Si-
tuation anders darstellt. Dort besteht kein Spielraum, um
die Löhne auf eine gesetzlich vorgeschriebene Mindest-
höhe anzuheben.

Ich möchte nun noch auf die Anmerkung des Kolle-
gen Lafontaine eingehen, der hier die Honorarordnun-
gen kritisiert hat. – Sie dürfen sich gerne setzen, Herr
Kollege Gysi.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Schönen Dank!)


Es besteht ein Unterschied zwischen Umsatz und Ge-
winn; das ist Ihnen sicherlich nicht entgangen. Eine Ho-
norarordnung regelt, wie bestimmte Leistungen abge-
rechnet werden können, wie also beispielsweise ein
Architekt einen Planungsauftrag, den er erledigt hat, ab-
rechnen kann. Hierbei geht es aber nicht um das Ein-
kommen des Architekten. Darin werden Sie mir sicher-
lich Recht geben. Von dem Umsatz muss er vielmehr
seine Büromiete und die Computer, auf denen er seine
CAD-Programme – auch diese kosten Geld – betreibt,
bezahlen. Er muss seine Mitarbeiter entlohnen und seine
sonstigen Kosten bestreiten. Am Ende bleibt, wenn er im
Jahresverlauf hinreichend Einnahmen erzielt hat, um
seine Fixkosten zu decken, möglicherweise – ich wün-
sche es ihm – ein angemessenes Einkommen übrig. Von

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(C (D onorarordnungen auf einen Mindestlohn für Architeken, Apotheker oder Ärzte zu schließen, ist absolut verehlt. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsorschung belegt, dass es durch eine gesetzliche Regeung für Mindestlöhne zu einem massiven Stellenabbau or allem bei kleinen und mittleren Unternehmen in den euen Bundesländern kommen wird. (Andrea Nahles [SPD]: Das ist die alte! Die neue Studie belegt das Gegenteil!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ch frage Sie: Was macht der Friseur im Erzgebirge, der
isher, tarifvertraglich vereinbart – mit zwei Unterschrif-
en, nämlich von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite –,
,80 Euro oder 4 Euro pro Stunde zahlt, wenn jetzt ein
indestlohn von 8 Euro, wie es Ihren Vorstellungen ent-

pricht, kommt?

Das kann doch nicht funktionieren. Diese Arbeits-
lätze werden in absehbarer Zeit verloren gehen, weil
ie Leistung künftig in Schwarzarbeit erbracht werden
ird. Deswegen erweisen Sie der Bevölkerung in den
euen Bundesländern einen Bärendienst, weil Sie mit Ih-
em Antrag am Ende zu mehr Arbeitslosigkeit beitragen
erden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605803800

Herr Kollege Kolb, möchten Sie den Dialog mit dem

ollegen Gysi noch eine Weile fortsetzen?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605803900

Sehr gerne. Ich wüsste nicht, was ich lieber täte.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605804000

Sie haben mir eine Frage gestellt; eigentlich müsste

ch jetzt darauf antworten. Weil das aber nicht erlaubt ist,
uss ich die Antwort in eine Frage kleiden.


(Heiterkeit)


Würden Sie beachten wollen, dass erstens ein Friseur-
eister, wenn sein Konkurrent erstmalig einen gesetzli-

hen Mindestlohn bezahlen müsste, dasselbe tun müsste,
it anderen Worten also die Gleichheit der Wettbewerbs-

hancen beibehalten bliebe, dass wir zweitens für die
leinen Unternehmen in den strukturschwachen Regio-
en – auch im Osten – Übergangszeiten etc. vorge-
chlagen haben, um die angesprochenen Schwierigkei-
en zu überwinden, und dass es drittens wichtig bleibt,
eides unter einen Hut zu bringen, anstatt immer nur die
ine Seite zu sehen und zu sagen, es interessiere nicht,
as Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutsch-

and verdienen? Diese Frage stelle ich einmal ganz unab-
ängig davon, dass ich zu Ihren anderen Punkten natür-
ich auch noch etwas sagen könnte, mir das aber
erkneife.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605804100

Herr Kollege Gysi, wir haben beide einen etwas

schütteren Haarwuchs – Sie vielleicht noch etwas mehr
als ich.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Trotzdem werden Sie, denke ich, gelegentlich zum Fri-
seur gehen und dort, so wie ich das tue, Gespräche füh-
ren. Dann wissen Sie, dass schon heute die Dienstleis-
tung Haareschneiden massiv von der Konkurrenz in
Schwarzarbeit bedroht ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Natürlich gibt es keine offiziellen statistischen Zahlen
dazu. Aber jeder, der die Situation auch nur ein bisschen
beobachtet, weiß, dass ein Großteil dieser Dienstleistun-
gen mit der Schere heute schon nebenbei im Haushalt
von Dritten gegen Entgelt erledigt wird. Wenn Sie diese
Situation noch verschärfen wollen, dann müssen Sie in
der Tat genau das fordern, was Sie jetzt fordern. Aber
damit helfen Sie den Menschen nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605804200

Mit der Bitte um Verständnis – wir haben uns ja auf

gewisse Redezeiten verständigt – nun die ultimativ letzte
Zwischenfrage, die sich hoffentlich nicht auf Haarwuchs
bezieht; denn in diesem Punkt fühle ich mich irgendwie
auch betroffen.


(Heiterkeit)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605804300

Herr Präsident, ich weiß schon, welche Themen ich

vermeide.


(Heiterkeit)


Meine Frage bezieht sich auf die Schwarzarbeit. Inso-
fern hatten Sie ja in gewisser Weise Recht. Aber
Schwarzarbeit ist doch in gewisser Weise wie Diebstahl.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Natürlich!)


Ich verstehe Ihre Aussage nicht. Das muss man bekämp-
fen. Wir können doch nicht sagen, wir müssten Waren-
häuser schließen, weil dort geklaut wird.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Schwarzarbeit gilt es zu bekämpfen, damit das nicht zur
Methode wird. Sie aber benutzen die Kriminalität, um
eine gesetzliche Regelung abzulehnen. Entschuldigung,
aber das ist doch indiskutabel!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605804400

Herr Kollege Gysi, Sie sollen mir nicht das Wort im

Munde verdrehen. Ich bin der Letzte, der der Schwarz-
arbeit das Wort reden würde. Wir müssen gemeinsam ein
Interesse daran haben, zu weniger Schwarzarbeit zu
kommen. Dass wir Schwarzarbeit haben, hat Ursachen.

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(C (D as liegt an sehr hohen Steuersätzen, das liegt an hohen ozialversicherungsabgaben. Aber natürlich, Frau Kollegin Nahles, Schwarzarbeit ällt doch nicht vom Himmel. – Das führt dazu, dass enschen in die Illegalität ausweichen. Ich halte das für alsch; wir müssen das bekämpfen. Die Konsequenz ist ber doch nicht, künstlich die Löhne zu erhöhen, sonern dass man gemeinsam darüber nachdenkt, wie man teuerbelastungen und Sozialabgaben reduzieren kann, amit demjenigen, der arbeiten kann, am Ende bei einem ngemessenen Brutto auch ein angemessenes Netto verleibt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Widerspruch der Abg. Andrea Nahles [SPD])


Wenn das dann immer noch nicht reicht, weil ein be-
timmter Lohn aus betriebswirtschaftlichen Gründen
icht gezahlt werden kann, dann muss der Staat bei Be-
ürftigkeit ergänzend einen Transfer gewähren. Dazu
aben wir Liberalen mit dem Bürgergeld einen ganz
onkreten Vorschlag gemacht: eine negative Einkom-
ensteuer, die sozusagen zum Netto hinzukommt, wenn

as erzielte Einkommen nicht ausreicht. Das ist der Weg,
en wir gehen müssen. Ich möchte Sie – bei aller Be-
riebsblindheit, die Sie haben – auffordern, einmal da-
über nachzudenken, ob das nicht ein Weg sein könnte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Präsident, ich bitte Sie, kurz die Uhr anzuhalten.
ür mich waren als Redezeit vier Minuten vorgesehen,
ie haben mir aber acht Minuten gegeben. Das würde
edeuten, dass der Kollege Niebel nichts mehr sagen
ürfte.


(Zurufe von der SPD: Das wäre ja schade! – Dirk Niebel [FDP]: Das würde gerade Herr Lafontaine bedauern!)


ch bitte Sie daher, mir von den noch zur Verfügung ste-
enden 4:56 Minuten nur noch die 56 Sekunden zu las-
en, damit der Kollege Niebel noch eine Chance hat.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605804500

Herr Kollege, das wäre natürlich viel einfacher gewe-

en, wenn Sie das Plenum jetzt nicht ausdrücklich auf
ie Lage aufmerksam gemacht hätten.


(Heiterkeit)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605804600

Wir sind aus den genannten Gründen gegen Mindest-

öhne. Wir glauben, dass wir in der Vergangenheit ge-
ernt haben, dass überproportionale Lohnerhöhungen,
nsbesondere Sockellohnanhebungen, dazu geführt ha-
en, dass geringqualifizierte Beschäftigte aus dem Ar-
eitsmarkt verdrängt wurden.


(Zuruf von der LINKEN: Keine Ahnung!)


as ist doch das Problem. Da bei Geringqualifizierten
ie Arbeitslosenquote heute bereits 25 Prozent beträgt,






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
ist es das Gebot der Stunde, diese Problemlage nicht
weiter zu verschärfen.

Der Herr Kollege Brandner hat vor kurzem gesagt:
Wer einen existenzsichernden Mindestlohn will, der ist
gut beraten, vorab keine Zahl festzulegen. – Dann bleibt
am Ende doch das offenkundige Dilemma: Ein Mindest-
lohn, der zu niedrig angesetzt wird, ist wirkungslos. Ein
zu hoher Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze.

Ich sage Ihnen voraus: Das Einzige, was mit der Ein-
führung von Mindestlöhnen einen Aufschwung erleben
wird, Herr Kollege Gysi, ist leider die Schwarzarbeit in
Deutschland. Deswegen sollten wir bei dem Vorschlag,
den uns die Linke hier unterbreitet hat, sehr vorsichtig
sein.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605804700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Andrea Nahles,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1605804800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

brauchen Mindestlöhne in Deutschland, weil 2,7 Millio-
nen Menschen trotz Arbeit – nicht wegen Arbeitslosig-
keit, Herr Kolb, sondern trotz Arbeit – arm sind. Das
können wir nicht akzeptieren.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen Mindestlöhne in Deutschland, weil es
schön und gut ist, über prekäre Arbeitsverhältnisse zu re-
den,


(Dirk Niebel [FDP]: Ich finde das gar nicht schön!)


aber es den Menschen nicht hilft, wenn daraus keine
Konsequenzen gezogen werden. Eine der Konsequenzen
ist, dass sich Menschen Auge in Auge mit ihrem Arbeit-
geber gegen Lohndrückerei wehren können. Dafür brau-
chen sie eine Haltelinie nach unten. Auch das ist ein
ganz zentraler Grund für Mindestlöhne.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir brauchen Mindestlöhne in Deutschland, weil es
nicht angehen kann, dass mittlerweile 1 Million Men-
schen, die arbeiten, aufstockend noch Arbeitslosen-
geld II bekommen müssen, von denen die Hälfte sogar
sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, wobei ge-
rade in den letzten Monaten der Anteil derjenigen, die
sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und oben-
drauf ALG II bekommen, gestiegen ist. Das heißt doch
nichts anderes, als dass sie so wenig für ihre Arbeit be-
kommen, dass der Staat einspringen muss. Aber das ist
nicht unsere Aufgabe. Das muss von der Wirtschaft für
die geleistete Arbeit erbracht werden.

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(C (D (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dirk Niebel [FDP]: Aber Sie waren doch bei der Gewerkschaft! Wer hat denn die Tarifverträge unterschrieben?)


uch ordnungspolitisch kann ich das nicht akzeptieren.

Wir brauchen Mindestlöhne in Deutschland, weil wir
nsere Hausaufgaben machen müssen. In drei Jahren
ird es die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa
eben. Deutschland ist ein Land, das an neun Staaten
renzt. Wir müssen an dieser Stelle wahrnehmen, was es
edeutet, wenn wir keine Haltelinien und Mindeststan-
ards definieren. Da hilft es wirklich wenig, in Studien
u schauen, sondern da hilft einfach schlichtes Nachden-
en darüber, Herr Kolb, was uns passiert, wenn wir
eine Mindeststandards einführen.

Ich bin froh, dass die Bundeskanzlerin das ebenfalls
insieht; das sage ich auch an meine Kollegen der
nion. Ich zitiere aus einem Interview der „Wirtschafts-
oche“ mit ihr. Darin hat sie gesagt:

Und dann gibt es ja in 19 europäischen Ländern
auch schon einen Mindestlohn: von 1 500 Euro mo-
natlich in Luxemburg bis 116 Euro

wegen der niedrigen Lebenskosten –

in Lettland. Daran kann ich nicht einfach vorbeige-
hen und den Bürgern sagen, Mindestlohn ist ord-
nungspolitisch unsinnig. Punkt! Das würde keiner
begreifen.

o die Frau Bundeskanzlerin Recht hat, hat sie Recht.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eswegen sind wir uns an der Stelle, denke ich, auch ei-
ig.

Wir brauchen aber nicht nur Mindestlöhne, wir wol-
en auch Mindestlöhne.


(Dirk Niebel [FDP]: Herr Müntefering aber gar nicht!)


as ist deswegen gut zu wissen, weil hier von Ihnen,
err Lafontaine, lieber Oskar,


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


in Popanz aufgebaut wurde. Dazu kann ich nur sagen:
ch habe die letzten neun Monate damit verbracht, mit
en Einzelgewerkschaften ein gemeinsames Konzept
um Mindestlohn zu erarbeiten.


(Dirk Niebel [FDP]: Die neun Monate hätten Sie besser nutzen können!)


as ist gelungen. Es gibt eine gemeinsame Position des
ewerkschaftsrats und der SPD, einen Zweistufenplan.


(Beifall bei der SPD)


Die Gewerkschaften haben es nicht als Belastung
mpfunden, sondern es war ihr ausdrücklicher Wunsch,
ass wir sie als Tarifpartner bei der Findung von






(A) )



(B) )


Andrea Nahles
Mindestlöhnen in Deutschland nicht außen vor lassen.
Im Gegenteil, wir sagen ganz klar: Branchenspezifische
Mindestlöhne gehen vor. – Die Tarifparteien sind mit
im Boot. Das ist eine gemeinsame Position. Man kann
hier also nicht so tun, als ob die Gewerkschaften und die
Welt darauf warten, dass die staatliche Ebene einfach
mal einen Mindestlohn festsetzt. Das kann ich nicht für
gut befinden. Wir haben starke Tarifparteien, die im
Übrigen, Herr Gysi, weitaus stärker als diejenigen in
England sind. Wir sollten sie daher in diesen Prozess
einbinden und nicht gegen sie arbeiten und über ihre
Köpfe hinweg entscheiden.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen Mindestlöhne. Das Entsendegesetz soll
dazu auf alle Branchen ausgedehnt werden; das ist ein
Angebot. Das bedeutet, dass sich die Tarifpartner zusam-
mensetzen müssen. Die Chance besteht, dass es am Ende
branchenspezifische Mindestlöhne gibt und nicht einen
pauschalen Mindestlohn über alle Branchen hinweg.

Weil wir die Äußerungen der BDA und speziell die
von Herrn Göhner, die wir regelmäßig vernehmen müs-
sen, kennen, sage ich aber auch, dass die Blockade der
Arbeitgeber dann ein Ende finden muss, wenn absehbar
ist, dass es in bestimmten Branchen – im Gebäudereini-
gerhandwerk hat man sich geeinigt; hoffentlich gibt es
auch bald im Bereich der Zeitarbeit eine allgemeinver-
bindliche Regelung – zu keiner Vereinbarung kommt.
Die Branchen, die sich noch weigern, werden am Ende
gegen die Interessen ihrer Arbeitnehmer handeln und mit
Konkurrenz, die Dumpinglöhne zahlt, zu tun haben. An
dieser Stelle muss sich die Politik einschalten. Gesetzli-
che Mindestlöhne müssen da greifen, wo es keine bran-
chenspezifischen Vereinbarungen gibt. In diesem abge-
stuften Verfahren, das ein gangbarer Weg ist, haben wir
uns sehr gut positioniert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir brauchen Mindestlöhne. Wir von der SPD wollen
Mindestlöhne. Wir haben einen gangbaren Weg aufge-
zeigt. Aber was die Linkspartei heute vorschlägt, geht
leider nicht. Sie sollten sich lieber zusammensetzen und
noch einmal darüber diskutieren. Sie schlagen vor, dass
ein Mindestlohn in Höhe von 8 Euro gesetzlich vorge-
schrieben werden soll. Dabei haben Sie aber das Gefühl,
dass diese Grenze willkürlich sein könnte. Sie trauen
also Ihrer eigenen Festlegung nicht. Deswegen schlagen
Sie einen komplizierten Apparat vor, mit dem Ausnah-
men und Stufenpläne ermöglicht werden sollen.

Obwohl Sie einerseits den Gesetzgeber auffordern, ei-
nen Mindestlohn von 8 Euro festzulegen, wollen Sie an-
dererseits eine unabhängige Kommission, sozusagen
einen Alibi-Mindestlohnrat, einrichten, die die Modalitä-
ten organisieren soll. Ich schlage Ihnen vor: Verabschie-
den Sie sich von Ihrer populistischen Forderung nach
8 Euro Mindestlohn! Gehen Sie den Weg, den wir vor-
schlagen!


(Widerspruch bei der LINKEN)


Auch das ist der britische Weg. Wir sollten es lieber den
Tarifpartnern und den Wissenschaftlern überlassen, zu

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(C (D estimmen, wie hoch der Mindestlohn am Ende sein arf. Die Politik sollte sich nicht zum Tarifpartner aufchwingen. Das sind wir nicht und das wollen wir auch icht werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie wissen doch genau, dass Sie das mit Ihrem Koalitionspartner nicht hinkriegen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605804900

Frau Kollegin Nahles, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Dreibus?


(Dirk Niebel [FDP]: Ist das hier eine Parteiversammlung?)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1605805000

Selbstverständlich. Eine Frage von Herrn Dreibus ist

ir immer willkommen.


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605805100

Kollegin Nahles, nach Ihren Äußerungen habe ich

ine Frage, auf die man zwei Antworten geben kann.
önnen Sie bitte versuchen, mir zu erklären, an welcher
telle sich unser Antrag von dem unterscheidet, was der
GB-Bundeskongress im Mai beschlossen hat und was

lle Einzelgewerkschaften bis auf eine innerhalb des
GB öffentlich zu ihrem Konzept gemacht haben, und
ieso der von uns vorgeschlagene Weg aus Ihrer Sicht
icht funktionieren soll?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Jetzt tut es weh!)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1605805200

Herr Dreibus, zunächst muss ich sagen: Wenn Sie

onzepte abschreiben, dann bitte richtig.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der LINKEN)


Als erstes Beispiel dafür fällt mir ein, dass 7,50 Euro
in anderer Betrag ist als 8 Euro.

Außerdem sagen Sie, dass von den 8 Euro Mindest-
ohn nicht abgewichen werden kann und eine unabhän-
ige Kommission eingerichtet werden soll. Der DGB
ill aber, dass die Tarifpartner eingebunden werden.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist: Der DGB will
eine Ausnahmeregelung für ganze Branchen. Sie schla-
en aber ein Stufenkonzept vor, weil Sie anscheinend ein
chlechtes Gewissen haben und befürchten, ein Mindest-
ohn von 8 Euro sei nicht verkraftbar. Das ist aber nicht
er Vorschlag des DGB. Wenn Sie es wollen, kann ich
hnen das gerne belegen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Es ist legitim, wenn Sie Konzepte abkupfern. Sie soll-
en aber zur Kenntnis nehmen, dass der DGB sehr genau
eiß, dass eine Regelung bei den Tarifpartnern am Ende
esser aufgehoben ist als im Parlament. Andernfalls






(A) )



(B) )


Andrea Nahles
würde die Gefahr bestehen, dass vor einer Wahl ein biss-
chen mehr Mindestlohn versprochen würde und nach der
Wahl ein bisschen weniger Mindestlohn herauskäme.
Das ist auch meine Überzeugung.


(Beifall bei der SPD)


Ich denke, wir sollten uns aufmachen, einen zeitli-
chen Rahmen und ein Verfahren miteinander zu verein-
baren. Das geht auch an den Koalitionspartner. Wir be-
finden uns jetzt im Herbst in einem Verfahren, in dem es
darum gehen muss, über Niedriglohnbereich, Minijobs,
Hinzuverdienstmöglichkeiten, Kombilohn und Mindest-
lohn zusammen zu diskutieren. Das tun wir gerade auch.


(Zuruf der CDU/CSU: Nur zusammen!)


– Das muss man zusammen diskutieren.

Aber machen wir uns nichts vor, hier gibt es offen-
sichtlich Differenzen. Ich sage aber auch: Wenn Sie
Kombilohn wollen, dann wollen wir Mindestlohn. Aus
unserer Sicht ist auch notwendig, dass wir das nicht auf
die lange Bank schieben. Es darf allein schon deshalb
nicht auf die lange Bank geschoben werden, weil es in
drei Jahren die Arbeitnehmerfreizügigkeit geben wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb wünschen wir uns in diesem Herbst konkrete
Vereinbarungen mit Ihnen, bei denen wir auch bereit
sind, Kompromisse einzugehen, aber an dem Ziel eines
Mindestlohnes werden wir auf keinen Fall rütteln wol-
len. Es müssen an dieser Stelle alle das Wohl der Bevöl-
kerung im Auge behalten.

Ich sage ganz offen: Mich überzeugen die Argumente
der FDP hier nicht.


(Zuruf von der FDP: Das wundert mich jetzt aber sehr!)


Sie stellt sich zwar scheinheilig hin und bejammert die
Schwarzarbeit. Wenn man das aber weiterdenkt, was Sie
immer vorschlagen, dass Löhne genau wie Produkte le-
diglich dem Marktpreis unterworfen sind, dann kommt
als Pointe dabei raus: Lohn null Euro und der Staat be-
zahlt die Miete.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP)


Das können wir aufseiten der SPD nicht akzeptieren,
denn wir wollen, dass es faire Löhne für gute Arbeit
gibt, damit die Leute davon leben können. Das, was Sie
vorschlagen, ist eine Spirale, die keine Grenze nach un-
ten kennt.


(Zuruf von der FDP: Doch!)


Ich sage auch ausdrücklich: Ich empfinde es mittlerweile
als Lohndeflation, was wir hier im Land haben. Die
muss gestoppt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Brigitte Pothmer von ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr eiß, Sie haben hier den Eindruck erweckt, als sei das roblem des Lohndumpings eigentlich im Begriff, sich ufzulösen. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Weiß hat einen guten Eindruck gemacht!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1605805300
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605805400

ch möchte Ihnen sagen, dass sich das Problem in die
ntgegengesetzte Richtung entwickelt. 1996 waren es
och 15,9 Prozent, in Zahlen 3,3 Millionen Menschen,
ie unterhalb der Niedriglohnschwelle gearbeitet haben.
nzwischen ist die Zahl auf 18,4 Prozent oder 3,6 Millio-
en Menschen angestiegen. Herr Weiß, wir haben einen
rheblichen Handlungsdruck. Wenn Sie hier so tun, als
ei das bisschen Aufschwung die Lösung des Problems,
eigt das, dass Sie sich mit der Problematik nicht ernst-
aft auseinander gesetzt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Weiß, die Anwendung des Arbeitnehmerentsen-
egesetzes auf zwei von über 1 000 Branchen reicht
icht aus, um das Problem zu lösen; das hätte auch Papst
ius nicht zufrieden gestellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


n diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal sa-
en, über welche Lohnhöhe wir überhaupt reden. Wir re-
en zum Teil über Löhne, die unterhalb von 4 Euro die
tunde liegen.


(Zuruf von CDU/CSU: Wie viel Mindestlohn haben Sie denn gemacht und wie viel Aufschwung haben Sie denn hinbekommen?)


Jetzt noch einmal speziell an die Kolleginnen und
ollegen von der CSU: Herr Söder hat in der Debatte
m Hartz IV und im Rahmen der Armutsdebatte gesagt,
an müsse das ALG II absenken, weil es sonst keinen
nreiz gebe, eine Arbeit aufzunehmen.


(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Unerhört! – Zuruf von der CDU/CSU: Die Gedanken sind frei, Frau Kollegin!)


ch gebe hier einmal Folgendes zur Kenntnis: Die Hans-
öckler-Stiftung hat herausgefunden, dass über 2 Millio-
en Menschen, die aufgrund ihres geringen Einkom-
ens einen Anspruch auf Aufstockung über das ALG II

ätten, ihren Anspruch nicht wahrnehmen. Und Sie füh-
en Missbrauchsdebatten! Ich frage die christliche Par-
ei: Wie weit wollen Sie die Mindestabsicherung ab-
enken? Es geht um Löhne von weniger als 4 Euro.
nter welche Schwelle wollen Sie diese Menschen drän-
en? Darauf möchte ich, insbesondere von den Kollegen
on der CSU, einmal eine Antwort haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, dazu sollen sie mal was sagen!)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Herr Kolb, Sie erwecken immer den Eindruck, als
wären Löhne oberhalb dieses niedrigen Niveaus nicht zu
zahlen, weil die Produktivität das nicht hergibt. Neh-
men Sie zur Kenntnis, dass im Niedriglohnbereich im
Wesentlichen keine unqualifizierten Menschen arbeiten,
sondern fast 80 Prozent dieser Menschen haben eine
qualifizierte Ausbildung und einige haben sogar ein Stu-
dium absolviert.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Da liegt doch der Gedanke nahe, dass es nicht nur um
die Produktivitätsrate der Menschen, sondern um ganz
fieses Lohndumping geht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es geht um den Wert dessen, was produziert wird!)


Die FDP sagt doch auch sonst nicht: Staatliche Ein-
griffe? Niemals! Wenn es darum geht, Apotheker zu
schützen oder mittelalterliche Handwerksordnungen auf-
rechtzuerhalten, dann regeln Sie sich doch dumm und
dämlich. Wenn es um Ihre Klientel geht, fordern Sie
staatliche Eingriffe, dann stellen Sie sich vor Ihre Klien-
tel.


(Jörg van Essen [FDP]: Das zeigt, wie schlecht die Argumentation ist, dass man immer wieder die alte Platte auflegt!)


Hier wollen Sie doch nur deshalb keine Regelung, weil
Ihnen diese Gruppe von Menschen nichts wert ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Jetzt noch einmal kurz zu Frau Nahles. In der Be-
schreibung der Problemlagen sind wir uns einig.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Linke unter sich!)


Sogar was die Lösung des Problems angeht, sind wir uns
relativ nahe.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Noch einmal: Linke unter sich!)


Das Problem ist, dass Sie in der letzten Debatte ange-
kündigt haben, dass im September Vorschläge vorgelegt
würden. Wir haben jetzt Ende Oktober. Das Laub fällt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Aber schön bunt!)


Frau Nahles, der Herbst geht zu Ende. Sie inszenieren
Debatten über Armut, tun aber nichts gegen Armut. Die-
sen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Sie weisen auf den Koalitionspartner und auf das, was
die Kanzlerin gesagt hat, hin. Das ist doch Pfeifen im
Walde. Das wissen Sie doch selber. Die CDU/CSU will
einen Kombilohn und Sie wollen einen Mindestlohn.
Diese beiden Grundgedanken stehen sich unversöhnlich

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(C (D egenüber. Sie werden sie nicht so einfach zusammeninden können, wie Sie hier den Eindruck erwecken, eil ganz unterschiedliche Ideologien dahinter stehen: er einen Kombilohn will, der will, dass das fehlende inkommen vom Staat aufgebracht wird. Wer einen indestlohn will, der will, dass das fehlende Einkomen von den Unternehmern ausgezahlt wird. Das sind ehr grundlegende Unterschiede. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ch glaube, der Versuch, das zusammenzubringen, wird
u ähnlichem Schrott führen wie bei der Gesundheitsre-
orm, wo Sie versucht haben, Kopfpauschale und Bür-
erversicherung zusammenzubringen.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie sind heute aber ganz schön streng, Frau Kollegin!)


as ist wahrlich nicht im Sinne der Betroffenen.

Eine vernünftige Lösung wird insbesondere deshalb
icht gelingen, weil es Ihnen nicht in erster Linie um die
robleme der Menschen geht, sondern um die eigenen
eländegewinne. Das steht einer produktiven Lösung
ieser Probleme entgegen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sehe vor meinem geistigen Auge folgendes Sze-
ario: Die SPD steigt in das Mindestlohnmodell. Die
DU/CSU steigt in das Kombilohnmodell. Beide rasen
ie wild aufeinander zu. Dabei kommt ein großer Hau-

en Schrott heraus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie bei der Gesundheitsreform!)


en versuchen Sie uns hinterher als glänzenden Kom-
romiss zu verkaufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Überraschendes Ende!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605805500

Das Wort hat jetzt der Kollege Paul Lehrieder von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1605805600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Liebe Kollegen von der Linksfrak-
ion, festgebissen an Ihrem einzigen Thema,


(Zuruf von der LINKEN: Wir haben mehr Themen!)


aben Sie sich nunmehr schon zum zweiten Mal in die-
er Legislaturperiode einen Antrag zum Mindestlohn
nd neue Begriffe wie „dualer Mindestlohn“ und „Min-
estlohnrat“ ausgedacht.






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die Anträge werden nicht besser!)


Bei Stellung des Antrags müssen jedoch die früheren
und aktuellen Gewerkschafter aus den Reihen der
WASG, die in der diffusen Konstellation mit der PDS
heute als Linkspartei firmieren, geschlafen haben, oder,
um es noch deutlicher zu sagen: Sie befinden sich sicher-
lich längst im Winterschlaf.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Reden Sie noch zehn Minuten weiter, sind wir alle im Winterschlaf!)


Elf von 54 Mitgliedern Ihrer Fraktion haben einen ge-
werkschaftlichen Hintergrund.

Ich erlaube mir, zunächst aus einem nur wenige Tage
alten Interview zu zitieren – ich werde Ihnen am Ende
des Zitats mitteilen, wer der Interviewte ist –:

Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn würde
die Tarifautonomie im Kern beschädigen. Das ist
mit uns nicht zu machen. … Der Mindestlohn ist
von herausragender Bedeutung, eben weil es am
Ende um die Zukunft der Tarifautonomie geht. Wir
befürchten, dass mit einem einheitlichen branchen-
übergreifenden gesetzlichen Mindestlohn unser Ta-
rifsystem ausgehöhlt wird. … Auch die IG BAU
und die IG Metall hatten den Mindestlohn ur-
sprünglich abgelehnt. Wir hatten da eine gemein-
same Position.


(Andrea Nahles [SPD]: Das hat sich geändert!)


Diese Linien haben dann die beiden Gewerkschaf-
ten verlassen.

Frau Nahles, Sie haben das gerade schon festgestellt.

Dieses Zitat ist von niemand anderem als Hubertus
Schmoldt, einem Zeitgenossen, der wahrlich nicht im
Verdacht steht, Hofberichterstattung für die CDU/CSU-
Fraktion betreiben zu wollen.


(Zurufe von der LINKEN: Na, na, na!)


Vielmehr ist er jemand in den Reihen der Gewerkschaf-
ten – er ist Chef der Chemiegewerkschaft –, der zumin-
dest in der Lage ist, den noch vorhandenen Realitätsbe-
zug offen auszusprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich darf ein weiteres Zitat bringen. Es ist gerade ein-
mal zwei Stunden alt. Um 9.40 Uhr fragte Frau Cornelia
Hirsch von der Linkspartei an diesem Pult: „Was hat es
mit Freiheit … zu tun, wenn gewerkschaftliche Rechte
eingeschränkt werden?“

Ja, was wollen Sie denn? Auf der einen Seite be-
schneiden Sie die Gewerkschaften in ihren Rechten mit
Ihrer Forderung nach einem Mindestlohn. Auf der ande-
ren Seite wollen Sie starke Gewerkschaften. Das passt
doch nicht zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


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(C (D Sie, Herr Lafontaine, haben gerade hier gestanden nd mit einem Presseartikel gewedelt. Das kann ich uch. „Untaugliches Mittel, verfehlter Zweck. Die fataen Folgen eines gesetzlichen Mindestlohns“ von Profesor Dr. Wolfgang Franz, Präsident des Zentrums für Euopäische Wirtschaftsforschung und Mitglied im achverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtchaftlichen Entwicklung, „SZ“ vom 26. September 006. „Handelsblatt“, 8. September 2006: „Mindestlöhne efährden Minijobs“ ist das Fazit einer Studie des Instiuts zur Zukunft der Arbeit. Es seien Hunderttausende tellen bedroht. Vor allem Frauen wären die Verlierer. ie wollen Sie auf die Verliererstraße schicken, meine amen von der Linksfraktion. „Mindestlöhne schwächen Geringqualifizierte. IfWtudie untersucht Auswirkungen auf Arbeitsmarkt“, Handelsblatt“ vom 18. September 2006. Es geht unendich so weiter. Frau Nahles, Sie haben ausgeführt, dass Sie in den etzten neun Monaten Gespräche mit den Gewerkschafen geführt haben. (Dirk Niebel [FDP]: Das ist Ihre Partnerin! Nicht vergessen!)


(Zuruf von der LINKEN: So ein Quatsch!)


Ich weiß.

Neun Monate sind ein Zeitraum, in dem man, biolo-
isch betrachtet, etwas zustande bringen kann, das Hand
nd Fuß hat.


(Andrea Nahles [SPD]: So ist es!)


ir hoffen, dass Ihre Gespräche mit den Gewerkschaf-
en ähnlich erfolgreich sind.

Frau Pothmer, Sie haben mich angesprochen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


ie haben gefragt, wie sich das christliche Selbstver-
tändnis mit meiner Ablehnung des Mindestlohnes ver-
inbaren lässt. Sofern Mindestlohn zur Verlagerung, zur
bschaffung von Arbeitsmöglichkeiten für gesellschaft-

ich Schwache und Geringqualifizierte führt – Frau
othmer, passen Sie auf –,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das tue ich, aber Ihre Kollegen unterhalten sich so laut!)


st es der christliche Auftrag, diese Arbeitsplätze zu
chützen. Ich komme im Detail noch darauf zurück.

Völlig diametral zur hier vorgetragenen Auffassung
er Chemiegewerkschaft steht nunmehr ein erneuter An-
rag der Linkspartei. Dahinter steckt nichts Neues. Es
andelt sich bedauerlicherweise um dieselbe Realitäts-
erne, die wir seit langem von Ihnen gewohnt sind. Mit
lten Rezepten aus der SED-Zeit,


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)







(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
40 Jahre Staatswirtschaft, werden Sie die Probleme
Deutschlands nicht lösen können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Ihnen fällt nichts Neues ein!)


Sie haben die Existenz von Mindestlohn in 18 von
25 EU-Staaten als Argument angeführt. Dieses Thema
verdient es, dass man einmal genauer hinblickt. Zum
Beispiel im Fall Frankreich, das so hoch gelobt wurde,
kann ich dem Argument beim besten Willen nicht fol-
gen. Man kann gut beobachten, was passieren würde,
wenn sich der Wunsch der Linkspartei erfüllen sollte.
Der französische Mindestlohn, SMIC, liegt derzeit bei
8,25 Euro und wird jährlich angepasst. Dabei wird nicht
nur die Teuerungsrate aufgeschlagen, sondern auch die
Hälfte des Kaufkraftzuwachses des vom Arbeitsministe-
rium festgestellten Durchschnittslohns. Ich gehe davon
aus, dass Sie dies wissen. Betriebsgrößen und Produkti-
vitätsentwicklung in den einzelnen Branchen werden
hierbei jedoch überhaupt nicht berücksichtigt. Seit 2002
stieg der Mindestlohn in Frankreich – auch aufgrund an-
derer, zum Teil populistischer Maßnahmen – auf diese
Weise um 20 Prozent.

Die Folgen: Vor allem auf dem Niedriglohnsektor
wurden viele Arbeitsplätze vernichtet. Unternehmen
verlagerten ihre Fertigung ins Ausland. Die Eintritts-
schwelle in den Arbeitsmarkt steigt immer weiter. Der
Staat bezahlt: für eine Erhöhung des Mindestlohns um
1 Prozent etwa 750 Millionen Euro, weil im Gegenzug
Ausgaben gesenkt und Sozialausgaben ausgeweitet wer-
den, und für Arbeitsgelegenheiten auf dem so genannten
dritten Arbeitsmarkt, die er schaffen muss, um den durch
den Mindestlohn arbeitslos gewordenen Personen – in
der Regel handelt es sich um niedrig Qualifizierte, aber
auch um Jugendliche – eine Beschäftigung zu bieten.
Nein, meine Damen und Herren, das wollen wir nicht.

Auch das Beispiel England, das Sie, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der Linksfraktion, angeführt ha-
ben, kann nicht überzeugen. Das Centre for Economic
Performance der London School of Economics bei-
spielsweise untersucht seit 1999 die gesamtwirtschaftli-
chen Effekte des britischen Mindestlohns. Es hat festge-
stellt, dass die Einführung der Mindestlöhne auf die
Beschäftigungsmöglichkeiten von Geringverdienern nur
eine sehr begrenzte Wirkung hatte.

Wenn Sie schon auf unsere Nachbarn verweisen, hätte
ich mir gewünscht, von Ihnen auch etwas zur Situation
in Dänemark, Norwegen, Schweden oder Österreich zu
hören.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Diese Länder sind nämlich auch ohne gesetzlichen Min-
destlohn beschäftigungspolitisch erfolgreich. Ein Min-
destlohn, wie Sie ihn wollen, ist nicht sozial gerecht. Er
würde nur Schaden anrichten. Sie müssen auch beden-
ken, dass die Einführung eines flächendeckenden Min-
destlohns Hunderttausende Mini- und Midijobs gefähr-
den würde.

Ich würde zwar gerne noch einige andere Punkte an-
sprechen. Aber wie ich sehe, läuft meine Redezeit all-

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(C (D ählich ab. Da ich nicht die Redezeit meiner Nachfolgein in Anspruch nehmen möchte, sage ich abschließend: ie Einführung eines Mindestlohns, wie von den Geerkschaften abermals auf völlig untaugliche Weise ge ordert, ist abzulehnen. Ein Mindestlohn hilft uns nicht, nsere Probleme zu lösen. Wenn überhaupt, liebe Frau ollegin Nahles, könnten wir diesen Gedanken in eine iskussion über ein Kombilohnmodell einfließen las en, wenn es darum geht, wie wir in Deutschland die xistenzsicherung der gering Qualifizierten gewähr eisten können. Aber dieses Thema eignet sich nicht für ieses Podium. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Könnt ihr das nicht in euren Koalitionsgesprächen machen?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605805700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dirk Niebel von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605805800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Dank der vorzüglichen Interaktion zwischen den
ollegen Gysi und Kolb kann ich mich nun auf andere
inge konzentrieren, die Herr Kolb leider noch nicht an-

prechen konnte. Herr Kollege Gysi, dafür danke ich
hnen außerordentlich. Der Vortrag des Kollegen
afontaine motiviert mich natürlich ganz besonders
azu. Denn seit dem 1. Juni dieses Jahres, als hier eine
amentliche Abstimmung zum diesem Thema stattfand,
at sich an der Situation nichts Wesentliches verändert.


(Zuruf von der LINKEN: Oh doch! Die Lage ist immer dramatischer geworden!)


Herr Lafontaine, wenn ich mich recht entsinne, waren
ie derjenige, der damals auf dem Mannheimer Parteitag
errn Scharping als SPD-Vorsitzenden politisch gemeu-

helt hat.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wie bitte? Gemeuchelt? Also wirklich!)


ass Herr Scharping Brutto und Netto nicht unterschei-
en konnte und Sie Umsatz und Gewinn nicht unter-
cheiden können, das sagt einiges über Ihren wirtschafts-
olitischen Sachverstand aus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


llerdings stellt sich die Frage, ob der Sozialdemokratie
it dem damaligen Wechsel der Parteivorsitzenden tat-

ächlich gedient war.


(Heiterkeit bei der FDP)


Weil ich zur Kenntnis genommen habe, dass Sie sich
estern von mir angegriffen fühlten, aber im Rahmen der
estrigen Aktuellen Stunde keine Zwischenfrage stellen
urften, möchte ich Ihnen diese Gelegenheit heute ge-
en. Ich denke, es ist bemerkenswert, dass Sie sich hier
ls Rächer der Enterbten darstellen und so tun, als woll-






(A) )



(B) )


Dirk Niebel
ten Sie Geringverdienern oder arbeitslosen Menschen
eine Hilfestellung geben, während ein Mitglied des saar-
ländischen Landesvorstands der Linkspartei, Ihre Frau,
Herr Lafontaine – das spreche ich noch einmal an, damit
Sie heute Ihre Zwischenfrage stellen können –, in der
„Süddeutschen Zeitung“ zitiert wird. Dieses Zitat lautet
wie folgt:

Durch umfassende staatliche Familienberatung
lasse sich die „Reproduktion des asozialen Milieus“
begrenzen.

Ich bin der festen Überzeugung: Wenn jemand Gering-
verdiener, Arbeitslose oder Menschen, die eine An-
triebsschwäche haben, als „asoziales Milieu“ bezeichnet,
das sich durch Familienberatung verhindern ließe, dann
wirft das ein bezeichnendes Licht auf die Art und Weise,
wie Sie tatsächlich über die Menschen denken, für die
einzutreten Sie vorgeben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605805900

Herr Kollege Niebel, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Lafontaine?


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605806000

Selbstverständlich. Um dem Kollegen die Möglich-

keit zu geben, eine Zwischenfrage zu stellen, habe ich
mir erlaubt, dieses Thema heute noch einmal anzuspre-
chen.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605806100

Vielen Dank, Herr Kollege Niebel. Das ist sehr fair

von Ihnen. Aber noch viel fairer wäre es gewesen, wenn
Sie korrekt zitiert hätten. Meine Frau hat sich mit der Si-
tuation von Kindern auseinander gesetzt, die verwahrlo-
sen und misshandelt oder gar umgebracht werden. In
diesem Zusammenhang sprach sie von „asozialem Mi-
lieu“. Wenn Sie dieses Zitat derart verfälschen, wie Sie
es getan haben, dann sollten Sie sich schämen!


(Zurufe von der CDU/CSU: Sie wollten doch eine Frage stellen! – Haben Sie jetzt etwa gefragt: Wollen Sie sich schämen?)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605806200

Herr Kollege, auch wenn ich in Ihren Ausführungen

keine Frage erkennen konnte, möchte ich Ihnen gerne
antworten. Ich berufe mich auf Seite 6 der „Süddeut-
schen Zeitung“ vom 18. Oktober dieses Jahres. Selbst-
verständlich werde ich diese Passage dem Protokoll zur
Verfügung stellen, sodass Sie dieses korrekte Zitat nach-
lesen können. Aber ich muss Ihnen sagen: In der Diskus-
sion über vermeintlich neue Unterschichten bzw. in
einem solchen Klassenkampf – das würden Sie wahr-
scheinlich eher postulieren wollen – ist es außerordent-
lich verwerflich, über Menschen, die in diesem Land nur
geringe Chancen haben, in einer derartigen Terminolo-
gie zu reden. Das lehnen wir strikt ab.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich bin der festen Überzeugung: Die Einführung von indestlöhnen trägt nicht dazu bei, dieses Problem zu ösen. Vielmehr wird dieses Problem, insbesondere für ering Qualifizierte, durch Mindestlöhne zusätzlich vertärkt; das ist bereits mehrfach angesprochen worden. Man muss sich nur einmal die Zahlen vergegenwärtien: Die Arbeitslosenquote gering Qualifizierter liegt ktuell bei 25 Prozent. Bei Fachkräften beträgt sie 0 Prozent und bei Akademikern 4 Prozent. Ungefähr 0 Prozent, also 1,2 Millionen Menschen, die arbeitslos emeldet sind und Arbeitslosengeld beziehen, haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Das ist exakt er Personenkreis, der Anlerntätigkeiten sucht, Tätigkeien, die eine geringe Wertschöpfung, eine geringe Prouktivität haben. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie zu, Herr Niebel: 80 Prozent haben eine qualifizierte Ausbildung!)


och wenn die Produktivität einer Arbeit nicht die Kos-
en des entsprechenden Arbeitsplatzes erreicht, wird
iese Arbeit in der legalen Wirtschaft bzw. im Inland
icht mehr angeboten. Genau darum geht es hier.


(Beifall bei der FDP)


Ich finde es bemerkenswert, wenn zwei IG-Metall-
unktionäre wie Herr Dreibus und Frau Nahles versu-
hen, einen Gewerkschaftstag im deutschen Parlament
achzuvollziehen. Genauso finde ich es bemerkenswert,
enn zwei Koalitionspartner wie Union und SPD in der
rage eines Mindestlohns einen Kompromiss zu finden
ersuchen, obwohl sie auch hier völlig unterschiedliche
onzepte haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Keine Sorge, Herr Niebel!)


as wird natürlich genauso katastrophal enden wie der
ersuch, die Bürgerzwangsversicherung mit der Kopf-
auschale zusammenzuführen.

Herr Müntefering hat erklärt, er will keinen gesetzli-
hen Mindestlohn. Die Argumente für einen solchen hat
rau Nahles genannt. Man kann sie gut oder schlecht
inden – er will ihn nicht.


(Andrea Nahles [SPD]: Das hat er überhaupt nicht gesagt!)


Auch Herr Glos sagt, er will keinen gesetzlichen Min-
estlohn. Er argumentiert exakt wie ich: weil dadurch
ie Chancen für gering Qualifizierte auf Arbeit und da-
it ihre Möglichkeiten der Teilhabe in diesem Land ver-

chlechtert werden.

Lassen Sie uns den Menschen mit einem Steuer- und
ransfersystem aus einem Guss die Möglichkeit geben,
ntsprechend ihrer Produktivität wieder mitzumachen
m Arbeitsmarkt. Früher gab es in fast jedem mittleren
etrieb eine Art Faktotum, einen Menschen, der auf-
rund langjähriger Erfahrung vielseitiges Wissen hat
nd unentbehrliche Hilfstätigkeiten ausführt, etwas posi-
iv Besetztes. Jemanden, der solche Hilfstätigkeiten
usführt, gibt es heute nicht mehr, weil ein entsprechen-
er Lohn von den untersten Tariflohngruppen nicht mehr






(A) )



(B) )


Dirk Niebel
abgebildet wird. So jemand könnte von der Produktivität
her vielleicht 3 bis 4 Euro verdienen. Wenn Sie die Mög-
lichkeit schaffen, dass diese Menschen wieder Arbeit
finden, und zwar indem Sie ihren Lohn mit dem System
einer negativen Einkommensteuer kombinieren, wie wir
es mit unserem Bürgergeld vorschlagen, haben wir
viele positive Effekte, die die psychosozialen Folgekos-
ten der Langzeitarbeitslosigkeit minimieren.


(Zuruf des Abg. Klaus Brandner [SPD])


Wir haben eine höhere Wertschöpfung, weil der Mensch
etwas verdient. Er selbst fühlt sich besser, weil er etwas
verdient und etwas ausgeben kann. Und dieser Mensch
ist den ganzen Tag beschäftigt und hat keine Zeit mehr
für Schwarzarbeit. Geben Sie sich einen Ruck! Lassen
Sie die Konzepte der Vergangenheit! Machen Sie nicht
noch einmal die gleichen Fehler! Diese Konzepte haben
zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit offensicht-
lich nicht funktioniert. Man kann nicht immer mehr
Staatsknete verteilen.


(Anette Kramme [SPD]: Wie das Bürgergeld!)


Man muss neue Wege gehen. Wir brauchen ein inte-
griertes System aus Steuern und Transferleistungen.
Dazu haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht –
im Gegensatz zur SPD, deren Vertreter die einzigen sind,
die sich mit dieser Thematik offenkundig noch nie be-
schäftigt haben. Kehren Sie um! Geben Sie den Men-
schen die Möglichkeit, mitzutun!

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Das war eine schlechte Laienpredigt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605806300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Anette Kramme von

der SPD-Fraktion.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1605806400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und

Kolleginnen! Herr Lafontaine, ich erinnere mich nur
sehr ungern an Ihre Zeit als Finanzminister,


(Zuruf von der FDP: Wir auch!)


das Amt, das Sie als Bettvorleger verlassen haben. Frü-
her haben Sie wenigstens noch argumentiert, heute sind
Ihre Darstellungen nur noch billig. Sie praktizieren den
Populismus, den Sie uns vorwerfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Als Vorsitzenden habt ihr ihn gewählt!)


Meine Damen und Herren, hören Sie genau zu:

Wer heute Mindestlöhne fordert, kann morgen den
Brotpreis durch den Staat festlegen lassen.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist genau die Konsequenz!)


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(C (D aten Sie einmal, wer diesen skandalösen Satz gesagt at. Das war Guido Westerwelle. An sich möchte man agen: Wer sonst? Meinetwegen Sie auch, Herr Niebel! (Dirk Niebel [FDP]: Rainer Brüderle hat das auch schon gesagt!)


(Zuruf: Niebel!)


er solche Sprüche klopft, der liebt die Menschen nicht,
ondern verachtet sie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP: Oh!)


Lassen Sie mich eine kurze Zeitreise machen. Am
8. Oktober 1961 hat Deutschland zusammen mit ande-
en Mitgliedstaaten des Europarates die Europäische
ozialcharta unterzeichnet. Darin geht es auch um den
nspruch auf einen gerechten Verdienst. Mit Art. 4 ver-
flichteten sich die Vertragsparteien damals, das Recht
er Arbeitnehmer auf ein Arbeitsentgelt anzuerkennen,
elches ausreicht, um ihnen und ihren Familien einen
ngemessenen Lebensstandard zu sichern. Heute, fast
uf den Tag genau 45 Jahre später, setzen wir uns mit
bendiesem Punkt wieder auseinander.

Gesetzliche Mindestlöhne gelten in 18 von 25 Mit-
liedstaaten der EU. Deutschland ist eines der wenigen
änder ohne Mindestlohn und auch ohne Mindestlohn-
quivalent. In Skandinavien beispielsweise ist ein ge-
etzlicher Mindestlohn nicht vonnöten; denn dort
errscht – glücklicherweise – ein gewerkschaftlicher
rganisationsgrad von 80 bis 90 Prozent. Oder nehmen
ir Österreich als Beispiel: Dort gibt es eine Tarifbin-
ung von 98 Prozent durch die Pflichtmitgliedschaft der
nternehmen in der Wirtschaftskammer. In Italien be-

rägt die durch die Verfassung abgesicherte Tarifbindung
0 Prozent.

Im Frühjahr 2004 hat die SPD die Debatte über exis-
enzsichernde Löhne öffentlich angestoßen. Die Dis-
ussion hält seitdem an. Die Bundesregierung hat ange-
ündigt, noch in diesem Jahr einen Vorschlag dafür zu
nterbreiten, wie im Bereich der existenzsichernden
öhne weiter verfahren werden soll. Schon heute wer-
en wir durch den vorliegenden Antrag mit einigen
ahrlich kreativen Ideen zu diesem Thema erfreut.
eine Damen und Herren von der Linken, ich hoffe,

ass Ihr heutiger Antrag ernst gemeint und nicht wieder
ur eine Farce ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in zahlreichen Stu-
ien wird belegt, dass der Niedriglohnsektor wesentlich
rößer geworden ist. In allen Studien wird auf zwei
bereinstimmende Fakten hingewiesen:

Erstens sind im Niedriglohnsektor Millionen von Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmern erwerbstätig. Das
nstitut für Arbeit und Technik geht davon aus, dass
Millionen Menschen und damit knapp 21 Prozent aller
eschäftigten Niedriglöhne erhalten. Das Deutsche Ins-

itut für Wirtschaftsforschung gibt eine ähnliche große
imension an. Auch die Uni Frankfurt kommt in einer
ntersuchung zum dem Schluss, dass 20 Prozent aller






(A) )



(B) )


Anette Kramme
Vollzeitbeschäftigen als prekär einzustufende Löhne ha-
ben.

Zweitens ist es in den letzten Jahren zu einem starken
Anstieg der Beschäftigung im Niedriglohnbereich ge-
kommen. So stellt das Institut für Arbeitsmarkt- und Be-
rufsforschung, IAB, für die Jahre 1997 bis 2001 einen
Anstieg der Beschäftigung im Niedriglohnbereich von
15,6 Prozent auf 17,4 Prozent fest. Eines dürfte durch
diese Zahlen belegt werden: Relevant ist schon lange
nicht mehr das Ob eines Mindestlohnes, sondern viel-
mehr das Wie.

Die SPD hat ihre Beschlüsse gefasst. Wir favorisieren
ein zweistufiges Modell, um sicherzustellen, dass die
Menschen, die in Vollzeit arbeiten, davon auch leben
können.

Erste Stufe. Die Lohnfindung ist in Deutschland vor
allen Dingen eine Angelegenheit der Tarifvertragspar-
teien.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb sprechen wir uns für eine Ausweitung des Ar-
beitnehmerentsendegesetzes auf alle Wirtschaftsbe-
reiche aus, um hierdurch branchenbezogene Mindest-
löhne zu erreichen, wie dies im Baugewerbe mit großem
Erfolg praktiziert wird. Ich sage ganz klipp und klar: Die
im Koalitionsvertrag getroffene Festlegung ist nicht aus-
reichend.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was folgt denn daraus?)


Zweite Stufe. Für Branchen, in denen es keine Tarif-
verträge gibt oder in denen diese nicht greifen, und für
Branchen, in denen in den Tarifverträgen ein gewisses
Niveau des Mindestlohnes unterschritten wird, wird ein
einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Die
Einführung erfolgt in einem definierten Übergangszeit-
raum. Es dürfte dabei falsch sein, wenn der Gesetzgeber
den Mindestlohn unmittelbar selbst festlegt, nach dem
Motto: Darf es ein bisschen mehr sein, wenn Wahlen an-
stehen, und ein bisschen weniger, wenn gerade keine
Wahlen vor der Tür stehen. – Der Bundestag ist kein Ba-
sar, auf dem um die Entgelte der Arbeitnehmer und Ar-
beitnehmerinnen gefeilscht werden darf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sollten uns deshalb an der britischen Low Pay
Commission orientieren. Es ist schön, dass auch die Da-
men und Herren der Linken dies zumindest im Ansatz
erkannt haben.


(Andrea Nahles [SPD]: Aber!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird insbeson-
dere von der FDP immer wieder behauptet, Mindest-
löhne würden schaden und zu einem drastischen Arbeits-
platzabbau führen.


(Jörg van Essen [FDP]: Genauso ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, das ist wahr!)


Das ist blanker Unsinn und Panikmache. Nichts weiter!

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ach, Sie wissen das? Wie viele Arbeitsplätze haben Sie in Ihrem Leben denn schon geschaffen?)


n Großbritannien zum Beispiel wurde der gesetzliche
indestlohn seit seiner Einführung im Jahre 1999 um

0 Prozent erhöht.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie hoch sind denn die Gesamtarbeitskosten?)


m gleichen Zeitraum ging die Arbeitslosigkeit um
5 Prozent zurück. Auch durch die Anhebung des Mini-
um Wage in San Francisco im Jahre 2004 auf

,50 Dollar wurden laut einer Evaluierung keine negati-
en Beschäftigungseffekte ausgelöst.

Noch ein Wort zur Bundestagsfraktion der FDP. Sie
ezeichnen Mindestlöhne als maximalen Unsinn.


(Dirk Niebel [FDP]: Ja!)


hre Anhänger sind klüger. Die Zahl der Befürworter ei-
es Mindestlohns unter Ihren Anhängern ist in den ver-
angenen fünf Monaten um 8 Prozentpunkte auf 44 Pro-
ent angestiegen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was Sie alles wissen!)


ur noch 49 Prozent lehnen eine gesetzliche Regelung
es Mindestlohnes ab. Dies entspricht einer Abnahme
on 9 Prozentpunkten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im Deutschen
undestag ist es Zeit für Mindestlohnregelungen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605806500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gitta Connemann von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1605806600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

afontaine, Frau Pothmer, ich habe Ihre beiden Redebei-
räge mit Geduld angehört. Dabei drängte sich mir die
rage auf, ob Ihnen der Name Iwan Petrowitsch Pawlow
twas sagt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der mit dem Hund!)


ieser war ein russischer Forscher, der die Theorie auf-
estellt hat, dass künstliche Reflexe antrainiert werden
önnen. An dieses Phänomen haben mich Ihre beiden
edebeiträge erinnert. Das war wirklich Beißreflex pur.
er Hund von Pawlow hatte leider nicht die Gabe, seine
eflexe einzustellen. Der Mensch hat Verstand und

ollte das – jedenfalls in der Regel – können. Na gut!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren von der Linken, Ihr Antrag
st ein weiteres Werk aus der Reihe „Populismus pur“.
ies ist besonders bedauerlich, weil das Problem, über






(A) )



(B) )


Gitta Connemann
das wir reden, viele Menschen in diesem Land betrifft,
nämlich keine ausreichende Existenzsicherung durch ei-
gene Arbeit zu haben. Populismus war aber noch nie ge-
eignet, Probleme zu lösen.

In Deutschland gibt es mehr als 2,5 Millionen Men-
schen, die trotz einer Vollzeitbeschäftigung arm sind.


(Andrea Nahles [SPD]: So ist es!)


Sie arbeiten jeden Tag schwer und haben trotzdem kein
ausreichendes Einkommen.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


Ich glaube, wir alle kennen Menschen, denen es so geht:
Frisöre, Verkäuferinnen und Floristinnen. Gemäß Tarif-
lohn verdienen sie pro Stunde 6,49 Euro, 5,94 Euro oder
4,93 Euro. Ich betone: Das sind Tariflöhne im Westen.

Wer hart arbeitet, sollte davon leben und eine Familie
ernähren können. Diese Menschen können es definitiv
nicht. Damit stellt sich die Frage: Wie lässt sich ihre
Existenz sichern? Als eine Antwort auf diese Frage wird
der Mindestlohn diskutiert. Diese manchmal sehr auf-
geregte Diskussion wird nicht immer von Sachkenntnis
getragen. Es gibt mehrere Möglichkeiten zur Einführung
von Mindestlöhnen. Wie auch immer: Es bleibt eine aus-
schließliche Inanspruchnahme der Arbeitgeber. Die Ver-
antwortung für die Existenzsicherung wird den Unter-
nehmen aufgebürdet. Dies ist aber eine Aufgabe des
Staates. Das sehe ich eben anders als Sie, Frau Nahles.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Existenzsicherung ist eine Aufgabe des Staates?)


Aufgabe der Unternehmen ist nicht die Existenzsiche-
rung, sondern eine gerechte Entlohnung. Sicher gibt es
Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer ausnutzen. Aber
Lohnwucher ist sittenwidrig. Dafür gibt es bereits heute
ausreichende Regelungen. Gerade in den kleinen und
mittelständischen Betrieben werden Sie keinen Lohn-
wucher finden; denn diese Betriebe leben entgegen Ihrer
zum Teil sehr verzerrten Wahrnehmung nicht von, son-
dern durch und mit ihren Arbeitnehmern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir sprechen – so in meiner Heimat – von Betrieben
mit durchschnittlich zwölf Mitarbeitern. Da kennt der
Betriebsinhaber jeden Mitarbeiter von Angesicht zu An-
gesicht, weiß um seine familiären Verhältnisse. Diese
Betriebe haben übrigens nicht das Vermögen der so ge-
nannten Globalplayer. Inzwischen gibt es nicht wenige
Mittelständler in Deutschland, die ihre Altersversorgung
auflösen und ihren privaten Besitz belasten, um ihren
Betrieb, auch im Interesse der Arbeitnehmer, fortführen
zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Das ist Ergebnis der schlechten Politik, die wir ertragen müssen!)


80 Prozent der deutschen Arbeitnehmer werden von
diesem Mittelstand beschäftigt. Am Arbeitsmarkt kann
also nicht bestehen, wer Politik zulasten dieser Betriebe

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(C (D acht. Da stellt sich die Frage, wie sich dort ein Minestlohn auswirken würde. Beim Bau oder bei den Geäudereinigern stellt die branchenbezogene Mindestohngrenze ein probates Mittel dar – der Kollege Weiß at das ausgeführt –, vor allem aus Gründen des Außenchutzes. Deswegen hat die große Koalition reagiert und as Entsendegesetz erweitert. Wir werden in diesem Zuammenhang prüfen, ob eine Erstreckung auf weitere ranchen sinnvoll ist. Das dürfen wir allerdings nur mit nd nicht gegen den Mittelstand tun, sonst würden wir eitere Arbeitsplätze vernichten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Damit würden wir nicht nur die Beschäftigten treffen,
ondern wir würden auch denjenigen eine Chance neh-
en, die keine Arbeit haben. Ganze Teile unserer Bevöl-

erung sind vom Arbeitsleben ausgeschlossen. Wir müs-
en erreichen, dass genau diese Menschen wieder Arbeit
inden und eine Perspektive erhalten. Das ist übrigens
irklich eine Frage sozialer Gerechtigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein gesetzlicher Mindestlohn wird gering qualifizier-
en oder langzeitarbeitslosen Menschen keinen einzigen
euen Arbeitsplatz bringen. Im Gegenteil, er wird Ar-
eitsplätze zerstören. Ist er zu niedrig und liegt unter
em gezahlten Marktlohn, ist er wirkungslos. Ist er zu
och, vernichtet er Jobs.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das habe ich gesagt! Meine Formulierung! Das kann nicht verkehrt sein!)


nd er entlässt den Staat – ich komme darauf zurück –
us einer Verantwortung, die ihn alleine trifft, nämlich
ür eine Existenzsicherung zu sorgen. Ich zitiere inso-
eit den Sachverständigenrat:

Die Realisierung von Verteilungs- oder Gerechtig-
keitszielen ist ... eine staatliche Aufgabe, die ...
nicht ... über Eingriffe in die Lohnfindung in Form
gesetzlich vorgeschriebener Mindestlöhne erfolgen
sollte.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr vernünftig!)


Jemand, der am ersten Arbeitsmarkt nur ein geringes
inkommen erzielt, muss unterstützt werden; überhaupt
eine Frage. Ein Mensch muss von seiner Arbeit leben
önnen. Aber wir können die Gesetze des Marktes
icht außer Kraft setzen. Die soziale Verantwortung der
xistenzsicherung trifft uns als Staat.

Aus diesem Grund müssen wir das Arbeitseinkom-
en fördern. Dazu brauchen wir die Kombination aus

igenem Arbeitseinkommen und ergänzender staatlicher
eistung.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Schmeißen Sie doch nicht ständig Einkommen und Lohn durcheinander!)


ur so kann der Niedriglohnsektor belebt werden. Nur
o erhalten gering qualifizierte Arbeitnehmer und Lang-






(A) )



(B) )


Gitta Connemann
zeitarbeitslose die Chance auf den Einstieg in den Ar-
beitsmarkt. Das ist sozial gerecht.

Lassen Sie es mich abschließend mit Abraham
Lincoln sagen – und das an die Adresse der Linken –:

Ihr werdet die Schwachen nicht stärken, indem ihr
die Starken schwächt. Ihr werdet denen, die ihren
Lebensunterhalt verdienen müssen, nicht helfen, in-
dem ihr die ruiniert, die sie bezahlen. Ihr werdet
keine Brüderlichkeit schaffen, indem ihr Klassen-
hass schürt.

Recht hatte er.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dank Frau Connemann hatte die FDP sechs Minuten mehr Redezeit! – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Der Lincoln hatte Sklaven! Er war ein Sklavenbesitzer und sollte daher nicht zitiert werden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605806700

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich der Kollegin Angelika Krüger-Leißner von
der SPD-Fraktion das Wort.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1605806800

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat heute wieder
einmal gezeigt, dass man dem Thema Mindestlohn nicht
gerecht werden kann, wenn man es sich sehr leicht
macht. – Ich schaue in bestimmte Richtungen.

Für mich gab es immer einen guten Grund, dass wir in
Deutschland zu diesem Instrument bisher nicht gegriffen
haben, auch um eine starke Tarifautonomie zu erhalten;
denn die Lohnbildung zwischen starken Tarifpartnern
hat für mich einen hohen Stellenwert und ist das bessere
Mittel im Vergleich zu einer politischen Festlegung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber die Situation in Deutschland hat sich geändert;
das müssen wir feststellen. Der Markt regelt immer mehr
die Tarife und er regelt sie nicht gut. Ich sage: Jede Zeit
braucht ihre Antworten, auch in Bezug auf die Mindest-
löhne. Gerade in Ostdeutschland merken wir immer
mehr, dass tarifliche Löhne nicht eingehalten werden.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


Die Tarifbindung liegt in Ostdeutschland mittlerweile
unter 45 Prozent. Im Westen sind es noch 63 Prozent,
aber mit sinkender Tendenz.

Selbst wenn die Tarife eingehalten werden, liegen die
Löhne oft weit unter dem, was einer einigermaßen fairen
Entlohnung entspricht:


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


3,06 Euro für eine Friseurin in meinem Heimatland
Brandenburg, 4,15 Euro für den Wachdienst, um nur ei-
nige Beispiele für Dumpinglöhne zu nennen. Das dürfen
wir aus meiner Sicht nicht mehr zulassen. Das hat mit

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(C (D ürde, Anstand und Gerechtigkeit nichts mehr gemein. ugleich sind diese Löhne die Folge einer deutlichen erschiebung der Kräfteverhältnisse bei den Tarifpar eien – zugunsten der Arbeitgeberseite. Ich denke, das ann niemanden hier in diesem Hause freuen. Die Folgen sind uns deutlich vor Augen gehalten orden. Wir haben gestern hier das Problem der gesell chaftlichen Gruppe der Ausgeschlossenen und Chanenlosen diskutiert. Wir haben festgestellt, dass das beonders in Ostdeutschland ein großes Problem ist. hancenlosigkeit heißt hier zuallererst Arbeitslosigkeit. hancenlosigkeit heißt aber auch, dass es kaum Aussicht ibt, eine Arbeitsstelle zu bekommen, über die man seien Lebensunterhalt auch nur annähernd bestreiten ann. Drei große A sind die Folge: sozialer Abstieg, Ausrenzung und Armut. Das überträgt sich mittlerweile uch auf die Kinder, die kaum noch Chancen haben, dieer Situation zu entfliehen. Je nach Berechnung sind zwischen 19 Prozent und 6 Prozent aller ostdeutschen Beschäftigten im Niedrigohnsektor tätig. Ich denke aber, dass die bloße Existenz on Niedriglöhnen unter 1 300 Euro nicht das eigentlihe Problem ist. Das Problem besteht vielmehr darin, ass die Niedriglohnquote immer größer wird, dass exrem niedrige Löhne unter 5 Euro pro Stunde immer äufiger werden und dass die Lohnspreizung ansteigt. In einer Heimat, dem Bundesland Brandenburg, arbeiten ittlerweile mehr als 60 000 Menschen für Armuts öhne, die unter 50 Prozent des Durchschnitts liegen. Sie lle brauchen staatliche Zuschüsse, um einigermaßen ber die Runden zu kommen. Hier wächst ein soziales Problem heran, das offenbar ithilfe der Tarifparteien alleine nicht mehr zu lösen ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)


uch wenn die Dramatik der Situation vor allem Ost-
eutschland betrifft, sollten wir uns nichts vormachen:
ir haben ein Problem, das weiter zunimmt und nach

nd nach das ganze Land angeht.


(Beifall der Abg. Andrea Nahles [SPD] und des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Was wir in der Debatte über die Chancenlosen disku-
iert haben, ist richtig und wichtig. Wir haben festge-
tellt, dass wir mehr Bildung brauchen. Das stimmt. Wir
rauchen mehr zielgerichtete Förderung für den Einzel-
en und wir brauchen einen ehrlichen dritten Arbeits-
arkt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber wir brauchen auch eine gerechte Entlohnung
nd mehr Chancengleichheit und wir müssen das Aus-
inanderdriften der Gesellschaft beenden. Das bedeutet
n der Konsequenz auch, dass wir einen Mindestlohn
rauchen.






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
Ich will eines deutlich sagen: Ich bin für die Vereinfa-
chung von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen und
die Ausweitung des Entsendegesetzes – ich hoffe, dass
wir das als Nächstes gemeinsam mit den Gewerkschaf-
ten bei der Zeitarbeit schaffen –, ich bin aber auch für
die Festlegung eines gesetzlichen Mindestlohnes, wenn
er notwendig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Für mich ist das ein gangbarer Weg.

Ich halte aber nichts von Festlegungen auf irgendei-
nen Betrag nach dem Motto „Wer die höchste Zahl in
den Raum wirft, ist am sozialsten“, wie es in dem Antrag
der Linken der Fall ist.


(Widerspruch des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


Eine solche Gleichung geht nicht auf.

Ich halte auch nichts von der These, dass sich ein
Mindestlohn und ein Kombilohn generell ausschließen
müssen. Man kann für bestimmte Gruppen beides sehr
sinnvoll vereinbaren.

Eines steht aber fest: Ein Mindestlohn muss sehr
sorgsam eingeführt werden. Minister Müntefering hat
mit dem Stufenplan einen sehr guten Vorschlag einge-
bracht. Ich meine, dass wir diesen Weg gemeinsam ge-
hen sollten.

Danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605806900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 16/1878 und 16/2978 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 15 a bis 15 d
auf:

15 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung gemeinsamer Dateien von Polizeibehör-
den und Nachrichtendiensten des Bundes und
der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz)


– Drucksache 16/2950 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergän-
zung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes

(Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz)


– Drucksache 16/2921 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss c)

Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Thilo
Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Rechtsschutzlücken bei der Terrorbekämp-
fung schließen

– Drucksache 16/821 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Anti-Terror-Gesetze – Zeitliche Befristung
beibehalten und Rechtsschutz der Betroffenen
verbessern

– Drucksache 16/2081 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Bundesminister Wolfgang Schäuble das Wort.

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
icht nur die Kofferbomben oder die Anschlagsplanun-
en in London zeigen, dass die Bemühungen um die Si-
herheit vor den Gefahren des internationalen Terro-
ismus auf der Liste der politischen Prioritäten stehen.
s gibt sicherlich keine hundertprozentige Sicherheit.
ber dies befreit uns nicht von der Notwendigkeit, das
enschenmögliche zu tun. Das wichtigste Instrument,
nschläge zu verhindern, ist, rechtzeitig zu wissen, was
ie Planungen sind. Deswegen ist Information das
ichtigste präventive Mittel, wenn es darum geht, An-

chläge zu verhindern und Sicherheit zu gewährleisten.
ie Vernetzung von Informationen ist das Wichtigste,
enn es darum geht, die Effizienz zu steigern.

Die Untersuchungen der Amerikaner nach dem
1. September 2001 zeigen: Sie hatten zwar alle Infor-
ationen, waren aber nicht in der Lage – wir wären dazu

enauso wenig in der Lage gewesen –, sie zu vernetzen.
eswegen ist es ein großer Fortschritt, wenn wir nun den
ntwurf eines Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Da-

eien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des
undes und der Länder verabschieden. Hier werden auf






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
kluge Weise die Belange des Quellen- und Geheim-
schutzes und die Notwendigkeit des Datenschutzes in
Einklang gebracht sowie auf intelligente Weise Volltext-
und Indexdatei miteinander verbunden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte mich bei allen sehr herzlich bedanken, die
an dem schwierigen Prozess der Abwägung zwischen
den verschiedenen, gleich wichtigen Gesichtspunkten
mitgewirkt haben. Der Quellen- und Geheimschutz ist
für die Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste
genauso wichtig wie der Datenschutz für die Funktions-
fähigkeit unserer freiheitlich-demokratischen Grundord-
nung. Alles muss so verknüpft werden, dass es den An-
forderungen der Gewährleistung von Sicherheit gerecht
wird. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, den wir mit
den Ressorts der Bundesregierung und den
Koalitionsfraktionen – bei diesen bedanke ich mich
herzlich – sorgfältig abgestimmt haben, tragen wir dem
Rechnung. Zukünftig haben alle Sicherheitsbehörden bei
gesuchten oder verdächtigen Personen unmittelbaren
Zugriff auf die notwendigen Informationen. Sie wissen
dann, welche Behörden welche Informationen haben. Es
ist darauf ausgerichtet, dass die zuständigen Stellen mit-
einander kommunizieren, was ganz wichtig ist. Es gibt
zudem eine Regelung, die es ermöglicht, dass dies im
Eilfall auf Knopfdruck funktioniert, sodass wir keine
Zeit verlieren. Ich glaube, dies ist eine optimale Lösung.
Deswegen bin ich froh, dass wir heute diesen Gesetzent-
wurf vorlegen. Wir bereiten das Bundeskriminalamt da-
rauf vor, dass, wenn das Gesetz in Kraft tritt, wir schnell
alles in die Tat umsetzen können, um die Zusammenar-
beit voranzubringen.

Ich will noch eine Bemerkung zum Terrorismusbe-
kämpfungsergänzungsgesetz machen. Wir haben eine
Evaluierung der zeitlich befristeten Gesetzgebung vor-
genommen und haben festgestellt, dass sie sich im We-
sentlichen bewährt hat. Deswegen wollen wir die Gel-
tungsdauer verlängern. Wir schlagen aber vor, dies in
dem einen oder anderen Punkt praxisgerechter zu gestal-
ten und die Instrumente des Terrorismusbekämpfungs-
ergänzungsgesetzes auch zur Bekämpfung von Extre-
mismus einzusetzen, wenn er einen Gewaltbezug hat.
Ich glaube, das ist gerade angesichts der Sorgen wichtig,
die wir uns über die Zunahme rechtsextremistischer und
gewaltbezogener Tendenzen machen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wenn er Gewaltbezug hat!)


– Richtig, soweit er einen Gewaltbezug hat.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber keinen terroristischen!)


– Herr Wieland, ich führe gerne eine Debatte darüber, ob
der gewaltbezogene Rechtsextremismus nicht auch er-
fordert, dass wir zu seiner Bekämpfung auch rechtsstaat-
liche Instrumente zur Terrorismusbekämpfung einsetzen,
wenn wir nicht nur Sonntagsreden halten, sondern von
montags bis freitags unsere Pflicht wahrnehmen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Ich sage ganz ruhig und freundlich: Angesichts der atsache, dass überall in Europa die Gefahr des „homerown“ Terrorismus zunimmt – das ist in Deutschland icht anders als in Großbritannien –, müssen wir den achrichtendiensten die Möglichkeit geben, Daten im nland zu erheben, die Daten eines Kraftfahrzeughalters, nd zwar auch außerhalb der Dienstzeiten des Kraftahrt-Bundesamtes, im Rahmen des automatisierten Daenabrufs abfragen zu können, zum Beispiel. Von dieser ualität sind die Verbesserungen durch das Terrorismusekämpfungsergänzungsgesetz. Es geht nicht um grundätzliche Änderungen, sondern darum, Bewährtes nhand der Erfahrungen aus der Praxis so weiterzuentickeln, dass wir im Kampf für Sicherheit, im Kampf egen den Terrorismus, die große Bedrohung unserer eit, unsere Verantwortung wahrnehmen und das Menchenmögliche tun. Ich füge eine letzte Bemerkung hinzu. Natürlich wird er Kampf gegen die Bedrohung durch den internationaen Terrorismus nicht allein mit polizeilichen und nachichtendienstlichen Maßnahmen, mit Maßnahmen der nneren Sicherheit zu gewinnen sein, sondern er wird mmer auch erfordern, dass wir unseren Beitrag leisten, m die Konflikte und die Entwicklungen weltweit beerrschbarer zu machen. Dieser Zusammenhang, der in ielen Debatten in diesem Haus thematisiert wird, muss uch in dieser Debatte deutlich gemacht werden. Neben er Gewährleistung von Sicherheit dürfen wir den ampf um die Köpfe und Herzen derjenigen nicht aufeben, die vielleicht in die Fänge der Hassprediger, der erroristen und derjenigen, die Anschläge planen, fallen önnten. Das Potenzial dieser Menschen müssen wir öglichst klein halten. Auch darum bemühen sich die undesregierung und die Koalition. Ich bitte das Hohe Haus um eine zügige Beratung des esetzentwurfs, weil ich glaube, dass das Gesetz notendig ist, um die innere Sicherheit in unserem Lande ngesichts der Bedrohung durch den Terrorismus weiter u verbessern. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt die Kollegin Gisela Piltz von der DP-Fraktion. Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kolle en! Ziel des vorgelegten Gesetzentwurfes ist es, den Inormationsaustausch durch die beteiligten Behörden zur ekämpfung des Terrorismus zu verbessern. Diese Forerung unterstützt meine Fraktion voll und ganz. (Beifall des Abg. Jörg van Essen [FDP] – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es klatscht aber nur van Essen! – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Einsamer Beifall von van Essen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605807000
Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1605807100

Sie hat sich für die Verbesserung dieses Austausches
eit Jahren eingesetzt. Herr Minister, wenn es denn auch






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
aus unserer Sicht ein kluger Gesetzentwurf ist, dann
werden wir ihm gerne zustimmen. Im Übrigen sichern
wir Ihnen aber auch zu, ihn zügig zu beraten. Da sind
wir an Ihrer Seite. Das ist gar keine Frage.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Lobenswert!)


– Wir haben nie etwas anderes gesagt. Das Problem ist
nur, dass es wegen Maximalforderungen insbesondere
konservativer Innenminister aus einigen Bundesländern
in der Vergangenheit nicht gelungen ist, dieses Thema
früher in den Deutschen Bundestag einzubringen.


(Beifall bei der FDP)


Das Bundesverfassungsgericht und das Grundgesetz
machen uns deutliche Vorgaben. Hier möchte ich zum
einen das Trennungsgebot hervorheben. Ich möchte
heute gar nicht mit den Kollegen der CDU/CSU darüber
diskutieren, ob das im Grundgesetz steht oder nicht.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Es steht nicht!)


Wir werden eine Anhörung dazu haben. Ich sage Ihnen
schon heute: Selbst wenn es nicht im Grundgesetz steht,
ist es für uns ein wichtiges Verfassungsprinzip.


(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das ist unbestritten!)


Daher werden wir das ernsthaft prüfen müssen. Wir wer-
den diesen Gesetzentwurf zum anderen aber auch am
Recht auf informationelle Selbstbestimmung messen
müssen. Wir werden am Ende zustimmen, wenn wir der
Ansicht sind, dass dieses Gesetz verfassungsgemäß ist.

Wir haben noch einige Probleme mit diesem Gesetz-
entwurf. Dass nicht nur wir diese haben, sondern bei-
spielsweise auch die Länder Baden-Württemberg und
Nordrhein-Westfalen, haben die Sitzungen des Rechts-
und Innenausschusses des Bundesrates diese Woche ge-
zeigt; denn auch dort wurden Anträge gestellt, denen
zum Teil im Innenausschuss gefolgt worden ist, zum Teil
nicht. Man sieht, dass die IMK-Vereinbarung offensicht-
lich doch nicht so eindeutig war und nicht so eindeutig
in diesen Gesetzentwurf eingeflossen ist, wie das oft ge-
sagt worden ist.


(Beifall bei der FDP)


Ein grundsätzliches Problem für uns betrifft die
Datensparsamkeit. Jede Sammlung und Weitergabe
von Daten bedeutet einen Eingriff in das Recht auf infor-
mationelle Selbstbestimmung und dieser bedarf einer be-
sonderen Rechtfertigung. Maßstab ist dabei immer die
Effektivität und Zweckmäßigkeit dieser Speicherung
und Weitergabe. Da stellt sich uns insbesondere bei dem
Merkmal der Religionszugehörigkeit die Frage: Wenn
die Erhebung eines Merkmals einen Mehrwert gegen
null generiert, brauchen wir es dann wirklich? Das ist
unser erstes Problem.


(Beifall des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])


Das zweite Problem ist aus unserer Sicht das so ge-
nannte Freitextfeld, wo ergänzende Hinweise und Be-

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(C (D ertungen gespeichert werden können. Damit wird den olizeibehörden aus unserer Sicht der Zugriff auf nicht esicherte Informationen eröffnet, die als solche für die rfüllung ihrer Arbeit nicht unbedingt notwendig und eder geeignet noch erforderlich sind. Die Polizei kann ei der Verfolgung von Straftätern – normalerweise uellengeschützte – Geheimdienstinformationen bekomen. Das ist aus unserer Sicht durchaus fragwürdig. Von aher schließen wir uns der Protokollnotiz des nordhein-westfälischen Innenministers an, der dies ausrücklich kritisiert hat. Damit verbunden ist nämlich ein weiteres Problem: ie Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden. Diees Problem wollen wir uns sicherlich nicht auch noch sozusagen en passant – aufhalsen. Das Freitextfeld ist in bisschen wie eine Missgeburt, ein Kompromiss zwichen Index und Volltext, eine für eine große Koalition ypische Konzession. Das ist aus unserer Sicht falsch. Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Speicherung on Daten von Kontaktpersonen sehen wir sehr kriisch. Dabei handelt es sich um Personen, bei denen Analtspunkte für eine Verbindung mit dem Terrorismus prechen. Was bedeutet das denn? Sie verleihen Ihr andy an jemanden, Sie telefonieren mit jemandem: eicht das schon? Wir jedenfalls werden genau darauf chten, dass vom Terrorismus bisher wirklich unberührte enschen durch diesen Gesetzentwurf nicht in Verdacht eraten können, mit Terrorismus etwas zu tun zu haben. ir freuen uns, dass uns die Länder Baden-Württemberg nd Nordrhein-Westfalen im Bundesrat zur Seite stehen. Auch die Regelung des Eilfalls ist aus unserer Sicht ehr kritisch zu sehen; denn damit könnte durch die Hinertür ein umfassender Gebrauch der Daten eingeführt erden. (Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Ach, ach, ach! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, natürlich! Die werden nur noch Einfälle haben!)


(Beifall des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])


Das ist immer so. Ich muss Ihnen nicht erzählen, wie
ieses System funktioniert.

Ich komme zum Schluss. Nach § 6 Gemeinsame-Da-
eien-Gesetz soll auch eine Verwendung der Daten zu ei-
em anderen Zweck als zur Aufklärung oder zur Be-
ämpfung des Terrorismus zulässig sein. Mit diesem
usnahmefall werden aus unserer Sicht die Datenver-
endung nochmals deutlich erweitert und das Tren-
ungsgebot nochmals ausgehöhlt. Auch das können wir
o nicht mittragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich wiederhole unser Angebot: Wir arbeiten gern an
inem verfassungsgemäßen Gesetz mit. Aber wenn es
arum geht, dass das Trennungsgebot und das Recht auf
nformationelle Selbstbestimmung ausgehöhlt werden
ollen, dann können wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Gisela Piltz

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605807200

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Hofmann von

der SPD-Fraktion.


Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1605807300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Zum ersten Mal in der gro-
ßen Koalition legen CDU/CSU und SPD nun gemeinsam
Gesetze im Bereich der Politik der inneren Sicherheit
vor. Anders als auf vielen anderen Fachgebieten, bei-
spielsweise bei der Gesundheitsreform oder der Steuer-
reform, haben es die Innenpolitiker geschafft, sich zu ei-
nigen, ohne ständig negative Schlagzeilen zu liefern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Produkt ist negativ, das Sie vorlegen!)


Natürlich war in den internen Gesprächen – das wis-
sen auch wir – lange nicht alles eitel Sonnenschein. Es
entbrannte eine intensive Debatte, zum Beispiel über das
Trennungsgebot. Eine solche Debatte gab es auch im
Plenum; Frau Piltz hat das ebenfalls angesprochen. Wir
hatten auch intensive Diskussionen über die Fragen „In-
dexdatei“ und „Volltextdatei“. Wir haben es geschafft,
auf der fachlichen Ebene gut zusammenzuarbeiten und
zwei gute Gesetzesentwürfe vorzulegen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Für uns, die SPD, möchte ich betonen: Natürlich
bauen wir auf dem Terrorismusbekämpfungsgesetz
auf, das wir unter Rot-Grün 2002 geschaffen haben. Die
Staatsaufgaben Freiheit und Sicherheit wurden schon da-
mals in verfassungsrechtlich gut vertretbarer Weise in
Einklang gebracht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Die Evaluation dieses Gesetzes hat ergeben, dass die
grundsätzliche Regelung angemessen und erfolgreich
ist,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sie denn gemacht?)


was sich beispielsweise bei der Aufklärung des Hamas-
Finanzierungsnetzwerkes in Europa gezeigt hat. Trotz-
dem machten die Sicherheitsbehörden von dem zur Ver-
fügung gestellten Instrumentarium nur sehr restriktiv
Gebrauch: insgesamt nur 99 Anwendungsfälle in drei
Jahren.

Befürchtungen bestimmter Medien und politischer
Gruppierungen, es könnte zu ähnlichen Überreaktionen
kommen, wie ich sie in den USA durch den Patriot Act
und weitere Gesetze sehe, sind nicht eingetreten. Diesen
erfolgreichen Weg werden wir angesichts der fortbeste-
henden Bedrohung durch den internationalen Terroris-
mus weiter beschreiten.

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(C (D Den Kritikern möchte ich sagen: Nicht nur der echtsschutz, sondern auch der Rechtsgüterschutz ist ine essenzielle Legitimationsgrundlage und gehört zu en herausragenden Aufgaben unseres Staates. Meine Damen und Herren, mit der Einbringung des ntwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Terrorisusbekämpfungsgesetzes soll das Bekämpfungsgesetz on 2002 um weitere fünf Jahre verlängert werden. Wie ie Evaluierung gezeigt hat, hat sich dieses Gesetz beährt. Es soll auf der Grundlage von Erfahrungen aus er Praxis verbessert werden. Wir werden wiederum ine Evaluierung und Befristung festschreiben. Dabei ird ein externer Wissenschaftler einbezogen, der im invernehmen mit dem Bundestag ausgewählt wird. Das st qualitativ etwas Neues. Hier werden die Kontrollechte des Bundestages gestärkt. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schuldeingeständnis!)


Ich möchte auf Ihren Zuruf „Schuldeingeständnis“ ein-
ehen. Wir – Sie und ich, die Grünen ebenso wie die
PD und die anderen – versuchen, bei dem Thema Eva-

uierung weiterzukommen. Wir alle wissen, dass wir hier
rst am Anfang stehen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben verhindert, dass wir weiterkommen!)


ir bemühen uns weiterzukommen und sind auch be-
eits einen Schritt weiter.


(Beifall bei der SPD)


ei diesem Schritt handelt es sich um etwas Neues und
utes. An dieser Stelle können sicherlich auch Sie uns

ustimmen.

Die jetzige Ausgestaltung der Befristungs- und die
valuationsklausel sind das Verdienst der SPD-Fraktion.

Bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang
uch bei dem Bundesdatenschutzbeauftragten, Peter
chaar, dessen Rat wir im Rahmen der beiden Gesetzge-
ungsverfahren mehrmals eingeholt haben, dass er dazu
eigetragen hat, dass wir dem Datenschutz den ange-
essenen Stellenwert einräumen konnten.

Festhalten möchte ich aber auch: Die SPD-Fraktion
at Wert darauf gelegt, dass die Auskunftsrechte nicht
uf den gesamten Extremismus ausgedehnt werden, son-
ern nur, soweit ein Bezug zum Terrorismus eindeutig
uf der Hand liegt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


Zum Trennungsgebot brauche ich heute wohl keine
eiteren Ausführungen zu machen. Das werden wir in
en Anhörungen und den Ausschussberatungen sicher-
ich noch debattieren müssen. Im Zusammenhang mit
er Antiterrordatei haben sich das Bundesjustizministe-
ium und die Justizministerin, Frau Zypries, große Ver-
ienste erworben und rechtsstaatlich einwandfreie Ver-
ahrensvorschläge unterbreitet.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Frank Hofmann (Volkach)

Problematisch fand ich als Vertreter des Deutschen
Bundestages, der immer gesagt hat: „Hierbei handelt es
sich um ein Gesetz, das vom Bundestag zu verabschie-
den ist“, dass sich die Innenministerkonferenz für
meine Begriffe zu sehr zu einem Ersatzgesetzgeber auf-
schwingen wollte. Das war nicht die richtige Ebene.
Wenn es eine Errichtungsanordnung gibt, an der die Län-
der mitarbeiten sollen, da sie hierzu etwas zu sagen ha-
ben, dann soll das auf dieser Ebene bleiben.


(Beifall bei der SPD – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer saß denn bei Beckstein auf dem Schoß? Das war doch Schily!)


Dem Wunsch der Länder, noch weitere Polizeibehör-
den, die Zugang zur Antiterrordatei haben, benennen zu
können, stehen wir als SPD-Fraktion skeptisch gegen-
über. Wir sind noch nicht von der unbedingten Notwen-
digkeit überzeugt und wollen noch einmal prüfen, ob wir
den Kreis der beteiligten Behörden angesichts des sen-
siblen Datenmaterials nicht begrenzen können. Aber
selbst bei einer Ausweitung auf andere Antiterrorspe-
zialdienststellen wäre klar: Der Schutzmann auf der
Straße hat keinen Zugriff auf diese Daten.

Wir haben des Weiteren darauf geachtet, dass die An-
titerrordatei nicht zu einem Selbstbedienungsladen wird.
Die Anfragen sind zu kontrollieren und der Austausch ist
zu dokumentieren. Für mich bleibt es – anders als dies
Frau Piltz sieht – bei dem Grundsatz einer Indexdatei.
Die von einigen Bundesländern, insbesondere von Bay-
ern und Niedersachsen, favorisierte Volltextdatei hat sich
aus meiner Sicht nicht durchsetzen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer in den
beiden vorgelegten Gesetzentwürfen Schritte in den
Überwachungsstaat zu erkennen glaubt, muss auch nach
den nächsten Anschlägen dazu stehen können. Auch wir
würden gern die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bür-
ger um den Datenschutz und um die Grundrechte herum
bauen. Das aber geht an der Realität vorbei. Zur Klar-
stellung: Die Regierungskoalition hat die Einrichtung ei-
ner Antiterrordatei beschlossen, keiner Antibürgerdatei.

Eine Analyse des internationalen Terrorismus, die le-
diglich das Problem der Überreaktion des Staates thema-
tisiert und mit dem Schlagwort „Überwachungsstaat“
beschreibt, ist naiv und praxisfremd.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Eine Politik der inneren Sicherheit ist immer eine
Gratwanderung. Es geht um das Austarieren von Erfor-
derlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit.
Wir glauben, dass dies mit den vorliegenden Gesetzent-
würfen gelungen ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605807400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau von der

Fraktion Die Linke.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ach den terroristischen Anschlägen in den USA am 1. September 2001 wurden auch in der Bundesrepublik ahlreiche so genannte Antiterrorgesetze in Kraft geetzt. In Anlehnung an den Namen des damaligen Bunesinnenministers Otto Schily wurden sie salopp „Ottoakete“ genannt. Heute nun nähern wir uns Schäuble I“. (Zuruf von der SPD: Schäuble hat gar nicht so viel damit zu tun!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605807500

ieder geht es um mehr Befugnisse für die Geheim-
ienste und um weitere Eingriffe in Grund- und Bürger-
echte.

Wir haben damals die „Otto-Pakete“ abgelehnt. Ich
age es vorweg: Die Fraktion Die Linke wird auch den
ntwurf des vorliegenden Ergänzungsgesetzes ablehnen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine große Überraschung!)


m Kern geht es dabei um zweierlei: Die so genannten
icherheitsgesetze, die damals befristet wurden, sollen
um einen verlängert und zum anderen verschärft wer-
en. Ich komme zunächst zur Verlängerung. Dazu mel-
en auch die FDP und die Grünen in ihren Anträgen
weifel an – zu Recht, finde ich. Denn niemand verlän-
ert ein Gesetz oder einen Vertrag, wenn er nicht davon
berzeugt ist, dass dieser gut und richtig ist. 2001 und
002 wurde deshalb auch versprochen, die „Otto-Pa-
ete“ binnen drei oder vier Jahren genau daraufhin zu
ntersuchen, also – wie es auf Fachdeutsch heißt – zu
valuieren. Diese Evaluierung hat bis heute nicht umfas-
end stattgefunden. Es gab lediglich – das hat der Minis-
er dargestellt – eine regierungsinterne Überprüfung. Die
atte dann allerdings das zu erwartende Ergebnis: ein
elbstlob mit – wie der Minister heute sagte – der einen
der anderen lebensnahen Präzisierung. Eine wirkliche
berprüfung von Wirkungen und Folgen der „Otto-Pa-
ete“ hat es bis heute nicht gegeben.

Doch es gibt zwei Ausnahmen. Das Bundesverfas-
ungsgericht hat zwei wesentliche Elemente der Antiter-
orpakete als verfassungswidrig kassiert: den großen
auschangriff und das Luftsicherheitsgesetz. Das war
ber bestimmt keine Empfehlung zur Verlängerung und
eiterführung dieser Politik, sondern eine Ohrfeige für
ot-Grün. Ich sage Ihnen voraus, dass auch Sie sich,
enn Sie so weitermachen, in Karlsruhe eine solche
hrfeige abholen.


(Beifall bei der LINKEN)


Schon deshalb wird die Linke der Verlängerung nicht
ustimmen. Das wäre falsch, weil die Gesetze tief in ver-
riefte Bürgerrechte ein- und rechtsstaatliche Prinzipien
ngreifen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger werden
nter Generalverdacht gestellt und entsprechend behan-
elt. Das ist das Wesen der alten und der neuen Anti-
errorgesetze. Bürgerinnen und Bürger werden nicht als
ouverän, sondern als potenzielle Gefahr betrachtet. Das

ehnen wir grundsätzlich ab.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Petra Pau
Damit bin ich bei den Ergänzungen zum Antiterror-
gesetz, die von der Bundesregierung bereits beschlossen
wurden und nun von den Unionsparteien und der SPD
dem Bundestag vorgeschlagen werden. Zählt man die
zahlreichen Einzelvorschläge zusammen, erkennt man
drei große Linien. Linie 1: Die Geheimdienste werden
enthemmt und aufgerüstet. Linie 2: Der Datenschutz
wird zum Abschuss freigegeben. Linie 3: Der Abbau
von Bürgerrechten wird grenzüberschreitend forciert.
Das sind tiefe Einschnitte – zwar freundlich verpackt,
mit Demokratie aber unvereinbar.

Ein konkretes Beispiel. Zuweilen wird der Eindruck
genährt, unsere Sicherheitsbehörden seien geradezu ge-
lähmt, weil sie über zu wenig Daten verfügten. Ich
wollte es nun genauer wissen. Die Bundesregierung hat
mir spezifisch und konkret geantwortet – zwar unvoll-
ständig, aber immerhin. Demnach gibt es bei den ver-
schiedenen Sicherheitsbehörden über 160 spezifische
Dateien, die sich auf Kriminalität bzw. Terrorismus be-
ziehen. In diesen Dateien gibt es über 60 Millionen Da-
tensätze über Personen und Personengruppen, die ver-
dächtigt werden. Ich frage Sie: 60 Millionen Datensätze
– zumeist geheim gehalten und zugleich legal erhoben –
in einem Land mit 80 Millionen Einwohnern?


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Jetzt vermischen Sie aber die Zahlen!)


Das ist eine Überwachungsqualität, der niemand ernst-
haft zustimmen kann, der das Grundgesetz sowie Bür-
ger- und Freiheitsrechte ernst nimmt.


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das sagen die Richtigen!)


Nun wollen Sie zudem noch eine Zentraldatei, die
gemeinsam von der Polizei und den Geheimdiensten ge-
speist und genutzt wird. Die Linke wird das aus zwei
Gründen ablehnen. Erstens wird damit – davon war
heute schon die Rede – das Trennungsgebot zwischen
Polizei und Geheimdiensten unterlaufen. Zweitens ist es
egal, wie Sie diese Zentraldatei ausgestalten, als Voll-
textdatei, als Indexdatei oder als Mischform: Die Ge-
heimdienste werden zum Schluss immer die Deutungs-
hoheit über die Polizei haben. Das halte ich für schlicht
grundgesetzwidrig.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: So ein Unfug!)


Die Linke jedenfalls wird nicht die Geltungsdauer
von Gesetzen verlängern, die die Bürgerrechte derart in-
frage stellen. Die Linke wird keine Gesetze ergänzen,
die so den Rechtsstaat infrage stellen. Wir werden also
nicht die Arbeit jener übernehmen, vor denen uns diese
Gesetze angeblich schützen sollen.

Abschließend: Sicherheit ist ein hohes Gut. Jede und
jeder hat Anspruch darauf.


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Und zwar unabhängig vom Geldbeutel!)


Natürlich muss der Staat dem entsprechen. Aber sobald
sich die Sicherheit des Staates über die Rechte der Bür-

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(C (D erinnen und Bürger erhebt, ist Widerspruch angesagt. enau deshalb widerspricht die Linke heute. Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Wieland von ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol egin Pau, wir als Grüne haben nach dem 11. September 001 die so genannten Otto-Kataloge – so hat man sie emeinhin genannt – mitgetragen. (Petra Pau [DIE LINKE]: Sie waren da noch nicht dabei! – Weitere Zurufe)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605807600
Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605807700

Der gute Otto Schily pflegte nichts zu verschenken; er
flegte schon gar nicht den Bürgerinnen und Bürgern
akete zu schicken. Das war nicht sein Staatsverständ-
is. Von daher: Lassen wir es bei „Kataloge“!

Wir haben sie nicht mitgetragen, um, wie Ihre Frak-
ion immer falsch kolportiert, vor – Kollege Benneter hat
inmal vorgeschlagen, zu sagen: unser aller Otto, der
anz Große –


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


iesem unser aller Schily den Kotau zu machen, sondern
eil auch wir der Ansicht waren, dass auf die Globali-

ierung auch des Terrors, die wir erlebt haben, nicht nach
em Motto „Alles bleibt, wie es ist; wir ändern gar
ichts“ reagiert werden kann, sondern das maßvoll Not-
endige getan werden muss. Aus dieser Vergangenheit

tehlen wir Grüne uns nicht davon. Dazu stehen wir.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU] – Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])


Frau Jelpke, anders als der Kollege Grindel werfe ich
hnen nicht vor, dass Sie möglicherweise mal den „Ar-
eiterkampf“ verteilt haben. Aber dass Sie noch heute,
ach 30 Jahren, Leitartikel des „Arbeiterkampfes“ in un-
eränderter Form hier vorzulegen pflegen, ist wirklich
twas befremdlich.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das gilt auch für Frau Pau, die einen völlig abstrakten
egriff von Bürgerrechten hat und sich der Notwendig-
eit entzieht, dieses Spannungsverhältnis zu definieren
nd auszuhalten. Wir tun das jedenfalls nicht.

Deswegen ärgert es uns wirklich – das sage ich an die
amen und Herren der Sozialdemokratie gerichtet –,
ass das, was wir seinerzeit als Begrenzungen und
chranken in diese Gesetze hineingeschrieben haben,
un von Ihnen einfach weggewischt wird


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)

Wolfgang Wieland
und wir dann auch noch begeistert sein sollen, Herr Kol-
lege Hofmann.

Erstens. Es sollte vor dem Ablauf eine tatsächliche
Evaluierung stattfinden, eine Evaluierung, die dann na-
türlich auch zu Ergebnissen führt, aber nicht dazu, dass
man sagt: Wir machen alles weiter wie bisher. – Nichts
soll danach wegfallen. Auch Befugnisse, die nie ange-
wandt worden sind, sollen bleiben.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)


Es war im Übrigen eine Selbstevaluierung des Ministe-
riums


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das wird besser!)


– ja –, endend am 31. Dezember 2004. Der Bundes-
innenminister hat es noch nicht einmal für nötig gehal-
ten, das zu aktualisieren. Dann hat man gesagt: Das
ganze Instrumentarium bleibt, zum Beispiel der Lausch-
angriff zur Eigensicherung der Beamtinnen und Beam-
ten. Wie es heißt: nie in Anspruch genommen. Auskunft
bei Postdienstleistern: nie in Anspruch genommen. Das
alles soll so bleiben.

Das ist so, als ob man eine soziale Einrichtung sich
selbst evaluieren lässt. Sie stellt dann fest: Wir haben
eine Spätsprechstunde. Da ist in vier Jahren nie ein
Mensch erschienen, aber wir führen sie weiter. Vielleicht
kommt ja doch mal irgendjemand.

Die Evaluierung, die Sie vorschlagen, ist doch eine
Reise nach Absurdistan.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605807800

Herr Kollege Wieland, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wiefelspütz?


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605807900

Gerne. Eine Frage von Herrn Wiefelspütz führt uns

immer weiter.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605808000

Bitte schön.


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1605808100

Herr Kollege, die sozialdemokratische Bundestags-

fraktion erwartet von Ihnen, dass Sie diesem Gesetz zu-
stimmen, weil es ein vernünftiges Gesetz ist.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605808200

Das ist bis jetzt noch keine Frage.


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1605808300

Ich bitte Sie, zu meinem Hinweis, dass wir von Ihnen

erwarten, dass Sie diesem Gesetz zustimmen, einmal
Stellung zu nehmen.

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(C (D Sehr gerne. – Wir erwarten, dass in der gesamten par amentarischen Beratung und insbesondere in der Anhöung die absolut notwendigen Änderungen dieses Gesetes erfolgen werden. Dann können wir, ähnlich wie die DP, darüber reden. Aber dann muss noch sehr viel an em, was Sie hier vorgelegt haben, geändert werden. Als Zweites hatten wir seinerzeit als Verfahrenssicheung die Antragsund die Anordnungsbefugnisse urch die Hausspitzen, den Minister oder den Chef des undeskanzleramts, festgeschrieben. Diese Befugnis ollen Sie jetzt nicht mehr. Als Drittes hatten wir Befugnisse differenziert nach iensten: nach dem Inlandsnachrichtendienst und dem erfassungsschutz. Aber Sie weiten das jetzt einfach auf AD und BND aus. Das ist vergleichbar mit Eltern, die llen ihren Kindern ein Fahrrad schenken, weil ein Kind um Geburtstag ein Fahrrad bekommen hat. Was ist das ür eine unsinnige Logik? (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Zeigen Sie mir die Familie, in der nur ein Kind ein Fahrrad bekommt! Was ist das für ein Familienbegriff?)

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605808400

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


arum soll der BND, den man – ich zitiere – als Augias-
tall ausmisten müsste, weitere Befugnisse bekommen
nd warum sollen so, um beim Bild zu bleiben, weitere
iecher da hineingetrieben werden? Das darf doch nicht
ie Antwort auf die Affären der letzten Monate sein.

Noch einmal: Zu einem solchen Entwurf, lieber Kol-
ege Wiefelspütz, können wir nicht Nein sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Bravo! Zugabe!)


Ich meine: nicht Ja sagen. Dieser Gesetzentwurf macht
ns geradezu sprachlos. Das wäre wohl die richtige Ant-
ort.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)


lle drei Nachrichtendienste, unabhängig von ihrer ei-
entlichen Aufgabe, gleich zu behandeln, kann es nicht
ein.

Der entscheidende Punkt ist: Diese Maßnahmen wa-
en doch für die Terrorismusbekämpfung vorgesehen.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Ja!)


ntweder man braucht sie zur Terrorismusbekämpfung
der man braucht sie zu anderen Zwecken. Der Bundes-
nnenminister sagte, es gebe so genannte Mischformen.
ie erweitern die Regelungen nicht nur auf islamistische
assprediger und auf Rechtsextreme – das geht rechtlich

igentlich nicht –, Sie erweitern auch auf andere Perso-
en, unabhängig davon, aus welcher Motivation diese
ersonen Gewalt bejahen. Ob gegen Rechts oder gegen
inks: Sie beginnen mit Bin Laden und werden irgend-
ann bei irgendeinem Sozialforum in der Bundesrepu-
lik enden, das zum Beispiel zum Kampf gegen Heu-

(B)







(A) )



(B) )


Wolfgang Wieland
schrecken aufruft. Diese Erweiterung können wir also
nicht mittragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Über die Antiterrordatei haben wir vor drei Wochen
diskutiert. Dabei haben wir unsere Bedenken vorgetra-
gen. Wir haben die Befürchtung, dass viel zu viele Daten
eingestellt werden und dass viel zu viele nicht definierte
Polizeidienststellen, Herr Kollege Hofmann, auf diese
Daten Zugriff nehmen können. Dies kann natürlich nicht
ein Dorfpolizist tun, aber zum Beispiel die zuständige
Abteilung einer Großstadtpolizei.

Es droht, dass der Eilfall – er ist als Ausnahmefall ge-
dacht – zum Regelfall wird. Denn eine Gefahr für Leib
und Leben ist bei terroristischer Bedrohung in der Regel
anzunehmen, wie zum Beispiel im Fall der beiden Kof-
ferfunde. Es droht also, dass das Umschwenken auf die
Volltextdatei zur Regel wird. Auch das wollen wir nicht.

Abschließend will ich sagen: Es ist eine akademische
Diskussion, Kollege Binninger, ob das Trennungsgebot
Verfassungsrang hat oder nicht.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das ist entschieden!)


Ich will diese Diskussion gar nicht führen. Spannend
wird es nur, wenn jemand das Trennungsgebot abschaf-
fen will. Erst dann würde sich die Frage stellen, ob das
Gebot von der Verfassung geschützt ist. Wir wollen dies.
Aufgrund unserer NS-Vergangenheit ist das Trennungs-
gebot bei uns schärfer gefasst als in anderen Ländern.
Das bedeutet, dass die Nachrichtendienste keine Exeku-
tivbefugnisse haben und dass die Polizei keine geheim-
dienstlichen Befugnisse hat.

Wenn wir jetzt eine Art gemeinsames Notizbuch für
beide schaffen – das ist ja diese Datei –, dann muss völ-
lig klar sein, dass es hier lediglich um Kooperationen,
nicht um eine Verschmelzung oder Vermischung geht.

Das muss bei der Ausgestaltung klar werden. Wir
wollen die parlamentarische Auseinandersetzung in und
nach der Anhörung und wir wollen, dass Sie sich nicht
dem Änderungsbedarf, den wir hier sehen, verschließen,
sondern die Ohren und Ihr Herz öffnen, Herr Kollege
Wiefelspütz, dann werden wir weitersehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605808500

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Bosbach

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1605808600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lieber Herr Kollege Wieland, Sie hatten gerade
einen süßen Versprecher. Das ist nicht weiter schlimm,
das ist uns allen schon passiert. Interessant war aber,
dass Sie anschließend gesagt haben: „Dieser Gesetzent-
wurf macht uns geradezu sprachlos“, aber in der kurzen
Zeit mehr Vokabeln als jeder andere Redner hier im Par-
lament gebracht haben. Sagen wollten Sie aber eigent-

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(C (D ich etwas anderes. Sagen wollten Sie nämlich: Wenn ir noch in einer Koalition mit der SPD wären, dann ürden wir natürlich zustimmen, aber jetzt sind wir in er Opposition und deshalb dürfen wir das nicht mehr. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Eine Bemerkung zur Kollegin Pau. Was Sie gesagt
aben, war wenigstens halb richtig, aber leider nur halb.


(Zuruf von der Linken: Immerhin!)


ie akustische Wohnraumüberwachung war kein Be-
tandteil der beiden „Otto-Kataloge“ und ist auch nicht
erfassungswidrig. Richtig ist allerdings, dass das Bun-
esverfassungsgericht die Voraussetzungen enger ge-
asst hat.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir schon vorher gemacht!)


uch das Luftsicherheitsgesetz ist nicht verfassungswid-
ig. Richtig ist allerdings, dass die umstrittenste Vor-
chrift des Gesetzes vom Bundesverfassungsgericht au-
er Kraft gesetzt worden ist.

Frau Kollegin Piltz, herzlichen Dank, dass Sie mit so
roßer Liebenswürdigkeit auf das starke Engagement
er konservativen Innenminister in unserem Land hinge-
iesen haben. Es wäre nur schön gewesen, wenn Sie mit
azu gesagt hätten, dass die konservativen Innenminister
n diesem Land diejenigen sind, die bei der Bekämpfung
er Kriminalität mit Abstand am erfolgreichsten sind.
as sollte man an dieser Stelle auch einmal sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In aller Kürze: Der 20. Oktober 2006 ist ein guter Tag
ür die innere Sicherheit in Deutschland, weil wir
leich zwei wichtige Gesetzgebungsvorhaben mit neuen,
it unverzichtbaren Instrumenten für die Sicherheitsbe-

örden in unserem Land auf den Weg bringen.

Deutschland ist Teil eines großen Gefahrenraumes.
ir haben eine anhaltend besorgniserregende Bedro-

ungslage und es ist unsere Aufgabe als Parlamentarier,
lles zu tun, was menschenmöglich und rechtsstaatlich
nbedenklich ist, um die Menschen in unserem Land so
icher wie nur möglich vor den Gefahren des internatio-
alen Terrors zu schützen.

Mit dem Entwurf des Terrorismusbekämpfungsergän-
ungsgesetzes machen wir gerade das, was angemahnt
orden ist, die Evaluierung, die Überprüfung der schon

xistierenden Gesetze zur Beantwortung der Frage: Gibt
s Schutzlücken, die wir schließen müssen? Auch die
euen Vorschriften werden befristet sein, auch die neuen
orschriften werden überprüft werden, im Übrigen nicht
ur von denjenigen, die die Vorschriften selber geschrie-
en haben. Da werden wir auch externen Sachverstand
inzuziehen.


(Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Mit der Einführung der Antiterrordatei kommt nun
ine jahrelange, quälende Debatte zum Abschluss. Wir






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach
haben in Deutschland auf Bundesebene und auf Länder-
ebene 38 Behörden mit Sicherheitsaufgaben. Es geht ge-
rade nicht darum, neue Daten zu erheben; es geht nicht
darum, neue Datensammlungen anzuhäufen, sondern es
geht nur um eine bessere Vernetzung dieser Sicherheits-
behörden und darum, dass wir zu einem schnelleren Da-
tenaustausch kommen.

Niemand in der Union und in der Koalition stellt das
Trennungsgebot in Frage. Insbesondere wollen wir
keine Vermischung von nachrichtendienstlichen und po-
lizeilichen Kompetenzen.

Das so häufig zitierte Gebot der Trennung von Polizei
und Geheimdiensten wird allerdings häufig völlig miss-
verstanden. Das Trennungsgebot bedeutet doch nicht ein
Verbot von Informationsaustausch. Schon nach gelten-
der Rechtslage können Behörden selbstverständlich In-
formationen austauschen.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die jüngste Maßnahme in Niedersachsen, die vorläu-
fige Festnahme, war nur dank einer engen Zusammenar-
beit von Verfassungsschutz und Polizei möglich. Bei-
spiel Nena-Konzert in Duisburg: Die Erkenntnisse
waren vom Verfassungsschutz gesammelt worden, der
Zugriff erfolgte selbstverständlich durch die Polizei.

Wir wollen gerade nicht den Nachrichtendiensten
polizeiliche Befugnisse übertragen, wir wollen den Poli-
zeien keine nachrichtendienstlichen Befugnisse übertra-
gen, aber wir wollen auch nicht, dass die 38 Behörden
mit Sicherheitsaufgaben nach der Methode arbeiten: Ich
weiß etwas, was du nicht weißt. Das Trennungsgebot be-
sagt doch nicht, dass sich der Staat künstlich dumm stel-
len muss.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)


Die Behörden müssen die Informationen haben, die sie
brauchen, um die innere Sicherheit in Deutschland ge-
währleisten zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn der Staat auf all seinen Ebenen all das wüsste,
was man auf den einzelnen Ebenen weiß, dann wären
wir viel sicherer, als wir es zurzeit sind.


(Beifall der Abg. Kristina Köhler [Wiesbaden] [CDU/CSU])


Wir können doch nur der Hoffnung Ausdruck verleihen,
dass die Behörden nicht nebeneinander, sondern mitei-
nander arbeiten. Jetzt geben wir ihnen ein Werkzeug für
eine bessere Vernetzung der Informationen an die Hand,
die insbesondere dann wirksam sein wird, wenn Gefahr
in Verzug ist. Es werden keine neuen Daten erhoben. Für
Fälle der Eilbedürftigkeit haben wir eine besondere Re-
gelung vorgesehen.

Wir befinden uns nicht auf dem Weg in den Überwa-
chungsstaat. Wir wollen keinen Überwachungsstaat.
Frau Pau, vor 16 Jahren haben wir Gott sei Dank einen
Überwachungsstaat auf deutschem Boden abgeschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D elches Interesse sollten wir daran haben, einen neuen berwachungsstaat einzurichten? Wir wollen auch keien Polizeistaat. Selbst die Polizei möchte keinen Polieistaat. Aber wir möchten einen starken Staat, der die ürger wirksam zu schützen weiß. Herr Kollege Wieland, deshalb ist es gut, dass Sie icht in den alten rhetorischen Rhythmus verfallen sind nach dem Motto: Sicherheit oder Freiheit –, sondern esagt haben: Es gibt ein Spannungsverhältnis zwischen icherheit und Freiheit. Innerhalb dieses Spannungsverältnisses, das in der Tat nicht zu bestreiten ist, bewahrt ie Koalition Maß und Mittel. ir tun das, was wir tun müssen, ohne dabei rechtsstaatiche Grundsätze zu verletzen. Wann kommt die Datei? Das ist die wichtigste Frage. er Bundesinnenminister hat zu Recht eine zügige Bera ung angemahnt. Wir müssen gründlich und zügig beraen. Es gibt legitime Fragen, zum Beispiel, ob es nicht otwendig ist, den Begriff „Kontaktperson“ – mögliherweise im Gesetzestext und nicht erst in der Begrünung – näher zu konkretisieren. Im Übrigen: Ich habe die FDP, anders als die Grünen nd die Linkspartei, nicht so verstanden, dass sie dieses esetz – schon bevor wir es beraten haben – rundweg blehnt, sondern so, dass sie sich dieses Gesetz noch einal gründlich angucken will. (Gisela Piltz [FDP]: Gründlich angeguckt haben wir uns das! Sie müssen sich noch bewegen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


s wäre gut, wenn man nicht Nein sagt, bloß weil man in
er Opposition ist. Je größer die Mehrheit für das Vorha-
en im Parlament ist, desto höher ist auch die demokrati-
che Legitimation in einem Rechtsstaat.

Die beiden Gesetzgebungsvorhaben beweisen, dass
ie innere Sicherheit bei dieser Koalition in guten Hän-
en ist.

Danke fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605808700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Max Stadler von

er FDP-Fraktion.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich einmal wieder ein Vernünftiger!)



Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1605808800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Zu Beginn dieser Woche haben wir uns alle über die
esorgnis erregende Meldung erschrocken, dass die
ahl rechtsextremistischer Gewalttaten stark angestie-
en ist. Das hat daran erinnert, dass es einmal ein NPD-
erbotsverfahren gegeben hat, das im Wesentlichen da-

an gescheitert ist, dass die eine Sicherheitsbehörde nicht






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
wusste, was die andere gemacht hat. Ein solches Fiasko
können wir uns bei der Terrorismusabwehr nicht leisten.


(Beifall bei der FDP und der SPD)


Deswegen sagt die FDP: Im Prinzip ist es richtig und
vernünftig, wenn man die vorhandenen Daten besser
miteinander vernetzt.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Dabei sind aber – selbstverständlich – rechtsstaatliche
Prinzipien zu beachten. Lieber Kollege Frank Hofmann,
in der Rede war vorhin ein Satz, der noch einmal über-
dacht werden sollte:

Auch wir würden gern die Sicherheit für die Bürge-
rinnen und Bürger … um die Grundrechte herum
bauen. Das aber geht an der Realität vorbei.

Eine solche Position darf nicht Ausgangspunkt einer De-
batte über innere Sicherheit im Deutschen Bundestag
sein.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit diesem sehr schiefen Ansatz gerät man nämlich in
die Nähe derer, die die Einhaltung von Grundrechten als
ein Hindernis für die innere Sicherheit betrachten. Rich-
tig ist doch, dass wir die innere Sicherheit auf den
Grundrechten aufbauen müssen. Das ist der richtige An-
satz.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben Zweifel, ob das mit dem Gesetzentwurf
zur Errichtung gemeinsamer Dateien gelungen ist. Frau
Piltz hat die Kritikpunkte genannt, insbesondere die
Möglichkeit, in einem Eilfall Informationen zu erhalten,
die aus guten Gründen bei den Geheimdiensten bleiben
müssten und nicht für die Polizei geeignet sind. Diese
Möglichkeit, in Eilfällen die normalen Regeln zu umge-
hen, kann so nicht bestehen bleiben.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Haben Sie eine bessere Idee, Herr Stadler?)


In der Sachverständigenanhörung muss in dieser Sache
Klarheit geschaffen werden. Dort brauchen wir Ände-
rungen, um nur einen Punkt zu nennen.

Nun haben Sie heute die Verlängerung der so genann-
ten Schily-Kataloge mit auf die Tagesordnung gesetzt.
Ich halte es für ein unangemessenes Verfahren, zwei so
wichtige Gesetzesvorhaben in einer knappen Debatte ab-
zuhandeln.


(Beifall der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nur ganz kurz: Kollege Wieland, dass Ihnen ein Lap-
sus Linguae unterlaufen ist, erklärt sich daraus, dass Sie
dem Gesetzentwurf vor fünf Jahren zugestimmt haben.
Sie konnten Ihrer Anhängerschaft dies nur plausibel ma-
chen, indem Sie gesagt haben: Das Gesetz gilt nur be-
fristet und wird später evaluiert.

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(C (D (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollten wir ja auch!)


etzt sehen wir: Eine Evaluierung, die derjenige macht,
er das Gesetz selber geschrieben hat,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist nichts wert!)


st das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir müssen in Zukunft zu neuen Regeln kommen und zu
iner neuen Qualität, also zu einer echten Evaluierung,
ie externen Sachverstand und Bürgerrechtler einbe-
ieht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605808900

Herr Kollege Stadler, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Hartmann?


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1605809000

Ja, für die bin ich sehr dankbar. Denn sonst hätte ich

eine Rede jetzt beenden müssen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605809100

Bitte schön, Herr Hartmann.


Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1605809200

Herr Stadler, wir arbeiten ja in der Innenpolitik und

m Untersuchungsausschuss gut zusammen. Deshalb hab
ch mit Bedauern gesehen, wie knapp Ihre Redezeit be-

essen ist.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


ch möchte Ihnen mit meiner Zwischenfrage die Chance
eben, diese zu verlängern. Ich habe aber natürlich vor
llem und zuerst ein drängendes Fragebedürfnis.

Sie haben darauf hingewiesen, wie kritisch manches
us Ihrer Sicht zu bewerten ist. Ich habe aber auch sehr
ohl verstanden, dass Sie trotz dieser kritischen Anmer-
ungen bereit und willens sind, den Gesetzgebungspro-
ess der grundsätzlichen Notwenigkeit wegen weiter po-
itiv zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund möchte ich
ie fragen: Wir haben den Datenschutzbeauftragten
ehr eng in beide großen Gesetzgebungsverfahren einge-
unden, übrigens auf Bitten des Kollegen Hofmann. Fin-
en Sie es nicht mit uns gemeinsam positiv, dass der Da-
enschutzbeauftragte diesem Gesetzgebungsverfahren,
nd zwar so, wie wir es heute einbringen, grundsätzlich
ositiv und offen gegenübersteht?


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1605809300

Lieber Herr Kollege Hartmann, Ihre Freundlichkeit

ir gegenüber ist heute wirklich grenzenlos. Sie geben
ir Gelegenheit, die Sprache noch einmal auf einen

anz wichtigen Punkt zu bringen.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Habt ihr das abgesprochen?)







(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
Sie sagen zu Recht, dass der Datenschutzbeauftragte
dem Gesetzgebungsvorhaben im Grundsatz zustimmt.
Wir vertreten – Frau Piltz hat es ausgeführt – hinsicht-
lich der Zentraldatei die Auffassung, dass ein Index das
Richtige ist, weil man das System nicht komplett ändern
darf. Geheimdienste in der Bundesrepublik Deutschland
dürfen viel – und dies ohne richterliche Erlaubnis. Die
Polizei ist dazu berufen, konkrete Gefahren abzuwehren,
und sie unterliegt bei ihren Eingriffen engen Grenzen,
insbesondere sind vielfach richterliche Vorbehalte zu be-
achten. Solche Systeme kann man nicht beliebig vermi-
schen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es muss bei den bewährten Regeln des Datenaustau-
sches bleiben. Eine solche neue Datei kann, wie Kollege
Bosbach versprochen hat, eigentlich nur den Sinn haben,
dass die Technik verbessert


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: So ist es!)


und der Austausch schneller wird. Aber die grundlegen-
den Prinzipien müssen erhalten bleiben. Ihre Frage gibt
mir Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass dies
nach Meinung der FDP im bisherigen Entwurf nicht ge-
währleistet ist.

Um Ihre Frage umfassend zu beantworten,


(Heiterkeit)


weise ich darauf hin, dass ein letzter Punkt ebenfalls
noch nicht gewährleistet ist. Er ist aber ganz entschei-
dend. Durch das, was von der großen Koalition vorge-
schlagen wird, bekommen die Geheimdienste im Ver-
gleich zu dem, was Herr Schily seinerzeit im Eiltempo
durchgesetzt hat, noch mehr Eingriffsbefugnisse. Es ist
doch das Logischste auf der Welt, dass man als Gegen-
gewicht die Kontrolle der Geheimdienste verbessern
muss.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sie haben noch nichts zum Datenschutzbeauftragen gesagt!)


Ich verstehe nicht, Herr Kollege Hartmann, warum
sich die große Koalition weigert, sich den entsprechen-
den Gesetzentwürfen der Opposition anzuschließen. Die
FDP hat längst dem Entwurf eines Gesetzes zur Kon-
trolle der Geheimdienste eingebracht. Wenn Sie den Ge-
heimdiensten erneut weitere Befugnisse übertragen wol-
len, wäre jetzt der richtige Moment, auch ihre Kontrolle
zu verbessern. Denn das ist dringend notwendig.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Jetzt musst du noch die Frage beantworten! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nicht vorbeugend noch nicht gestellte Fragen beantworten!)


Damit ist Ihre Frage, wie ich glaube, umfassend beant-
wortet.

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(C (D (Heiterkeit – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Die ist überhaupt noch nicht beantwortet!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605809400

Herr Kollege Stadler, nach dieser, wie es die Ge-

chäftsordnung vorschreibt, kurzen und präzisen Ant-
ort bitte ich Sie, zum Schluss zu kommen.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1605809500

Mein Schlussgedanke lautet: Wir müssen uns des Ge-

ankens bewusst werden, dass es auch einen Grund-
echtsschutz durch Verfahren gibt. Dieser Grundrechts-
chutz durch Verfahrensbestimmungen bzw. durch
ontrolle ist in den vorliegenden Gesetzentwürfen noch
icht hinreichend berücksichtigt. Deswegen müssten wir
n den Ausschüssen noch jede Menge Nachbesserungen
ornehmen, wenn wir am Ende des Gesetzgebungspro-
esses tatsächlich zustimmen können sollen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605809600

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Uwe Benneter

on der SPD-Fraktion.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1605809700

Meine Damen und Herren! Terror macht Angst. Ter-

oristen wollen Angst machen. Terroristen wollen verun-
ichern. Terroristen wollen Überreaktionen provozieren.
as sind die Hintergründe dieser Gefahren- bzw. Bedro-
ungslage. Die große Koalition hat mit Außenmaß und
en richtigen Mitteln getan, was notwendig ist. Auch bei
ieser Koalition ist die innere Sicherheit unseres Staates
n guten Händen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: In besseren!)


Wir müssen zur Kenntnis nehmen, welche Reaktionen
nsere demokratische Verfassung von uns verlangt. Von
er Opposition wird immer wieder behauptet, wir würden
nsere Verfassung infrage stellen bzw. die Bürgerrechte
icht in ausreichendem Maße berücksichtigen.

Ich meine, gerade bei diesem Thema geht es darum,
ass der Staat die Bürgerrechte sichert und seiner Ver-
flichtung nachkommt, die Bürger zu schützen. Dadurch
ut er genau das, was ihm die Verfassung vorschreibt: die
ürgerrechte zu gewährleisten.

Dass wir unsere Bürger schützen, ist unbestritten.
etzt geht es um die Frage, wie wir die Sicherheit der
ürger am sinnvollsten schützen können. Nicht die Bür-
er sind die potenzielle Gefahr, Frau Pau. Vielmehr müs-
en wir jetzt die potenzielle Gefährdung der Bürger im
lick haben.

Mit unseren Gesetzentwürfen sorgen wir dafür, dass
as Erforderliche und das Verhältnismäßige getan wird.
as, was erforderlich und verhältnismäßig ist, ist auch
erfassungsgemäß. Wir lassen nicht zu, dass die Gren-
en zwischen Strafverfolgung, polizeilicher Gefahrenab-






(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter
wehr, Geheimdienst und Militär planiert werden. Man-
che Kollegen sprechen in dieser Diskussion vom Krieg.
Sie meinen, bei der Bekämpfung des Terrors müssten
militärische Grundsätze gelten. Das ist aber nicht der
Fall. Der BND ist und bleibt ein Auslandsgeheimdienst.
Ihm werden keine zusätzlichen Befugnisse übertragen.
Die Behauptung – verschiedentlich wurde sie hier aufge-
stellt –, der BND dürfe nun all das, was der Verfassungs-
schutz bisher im Inland tun durfte, auch tun, ist falsch.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Der BND bekommt kein Fahrrad, sondern höchstens
eine Klingel, um hier tätig werden zu können.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Klingel braucht er noch weniger! Die ist viel zu laut!)


– Für Sie bekommt er eine Luftpumpe.


(Heiterkeit – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Ja! Aber eine mit heißer Luft!)


Der BND und die Geheimdienste bekommen keine Ein-
griffsbefugnisse, sondern lediglich Auskunftsbefug-
nisse. Diese Befugnisse können sie nicht verpflichtend
durchsetzen. Auch darauf haben wir ganz besonders ge-
achtet.

Nun komme ich auf das Trennungsgebot zu spre-
chen. Was ist das Trennungsgebot? Es ist nicht entschei-
dend, ob es sich dabei um eine verfassungsrechtliche
Vorschrift handelt oder nicht. Das Trennungsgebot be-
sagt, dass die Geheimdienste gerade keine operativen
Eingriffsbefugnisse bekommen dürfen,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


und zwar deshalb, weil sie sehr weit im Vorfeld Informa-
tionen einholen dürfen und mit diesen Informationen an-
ders umgehen dürfen, als das die Polizei ohnehin nur bei
konkretem Tatverdacht tun darf.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605809800

Herr Kollege Benneter, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wieland?


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1605809900

Bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605810000

Bitte, Herr Wieland.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605810100

Herr Kollege Benneter, stimmen Sie mir zu, dass der

Verfassungsschutz nach der alten Gesetzeslage nur Aus-
kunftsrechte hatte, aber keine -pflichten statuiert wur-
den – mit einem gewissen Erstaunen wurde vom Bundes-
innenministerium festgestellt, dass immer Auskunft er-
teilt wurde, auch wenn es keine Verpflichtung dazu gab –,
und dass das Recht, von Finanzdienstleistern, von Ban-
ken, von Telekommunikationsunternehmen Auskunft zu
verlangen, nun auch den anderen Nachrichtendiensten
eingeräumt werden soll?

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(C (D Ja, doch ausdrücklich nur zur Abwehr und Bekämp ung des internationalen Terrorismus, nicht, um – wie es ier behauptet wird – ihnen die gleichen Rechte zu geen, die der Verfassungsschutz im Inland hat. Jeder hat einen ausdrücklich festgelegten Aufgabenkatalog. Das uss man klar trennen. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Und von sonstigem Extremismus“, das habt ihr doch auch gesagt!)

Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1605810200


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605810300

Herr Kollege Benneter, erlauben Sie auch eine Zwi-

chenfrage des Kollegen Ströbele?


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Jetzt fahren die schweres Geschütz auf!)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1605810400

Bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605810500

Bitte schön, Herr Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Kollege Benneter, es ruft mich auf den Plan,

ass Sie sagen, diese Befugnisse gelten nur für die Be-
ämpfung des internationalen Terrorismus. Haben Sie
chon einmal einen flüchtigen Blick auf § 3 Abs. 1 des
undesverfassungsschutzgesetzes geworfen?


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ja!)


ie wollen mit Ihrem Terrorismusbekämpfungsergän-
ungsgesetz erreichen, dass all diese Befugnisse – die,
ie vorher geschaffen worden sind, und die, die jetzt zu-
ätzlich geschaffen werden sollen – nicht nur bei der Be-
ämpfung des internationalen Terrorismus gelten, son-
ern beispielsweise auch bei der Überwachung und
ufklärung von Bestrebungen von Gewaltbefürwortern

m Inland, was mit Terrorismus überhaupt nichts zu tun
at. Der Kollege Wieland hat bereits darauf hinge-
iesen, dass auf dieser Grundlage in der Vergangenheit

n Deutschland immer wieder Organisatoren von De-
onstrationen


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Castorgegner!)


der Vereine, von denen man angenommen hat, dass in
hnen Befürworter von Gewalt verkehren, überwacht
orden sind. Geben Sie mir deshalb Recht, dass schon
ie Überschrift des Gesetzes, die Sie offenbar gelesen
aben und aufgrund deren Sie vermuten, dass es sich um
in Terrorismusbekämpfungsgesetz handelt, ein Etiket-
enschwindel ist? Denn unter diesem Etikett verbirgt
ich etwas ganz anderes: dass die Befugnisse der Ge-
eimdienste erheblich ausgeweitet werden, auch auf
iele andere Gebiete der Gefahrenabwehr.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Eindeutig Nein!)







(A) )



(B) )


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1605810600

Herr Kollege Ströbele, Sie werden verstehen, dass ich

Ihnen nicht Recht gebe in dem, was Sie mir da in den
Mund legen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir von der SPD haben gerade im Vorfeld sehr genau
darauf geachtet, dass es hier keine Vermengung, keine
Vermischung gibt, dass hier nicht planiert wird, dass Ex-
tremismus und Terrorismus nicht zusammengeworfen
werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Sie müssen den Gesetzestext einmal genau lesen! Dann
werden Sie feststellen, dass für die Anwendung zwei Vo-
raussetzungen vorliegen müssen: internationaler Terro-
rismus und Gewaltbezogenheit. Das betrifft beispiels-
weise auch islamistische Hassprediger, die wir zum
Vorfeld des Terrorismus zählen. Deshalb sind auch sie
Gegenstand der Bekämpfungsstrategie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Sehr gut! Jetzt hat er’s! Hat auch lange gedauert!)


Ich habe darauf hingewiesen: Verfassungsmäßigkeit
liegt vor, wenn etwas verhältnismäßig und erforderlich
ist. Erforderlich ist es, möglichst frühzeitig vollständige
Informationen aus allen möglichen Quellen zu bekom-
men. Erfolgreich ist nur die Terrorismusbekämpfung, die
dem Terror einen Schritt voraus ist, sowohl bei der Prä-
vention als auch bei der Recherche und der Aufklärung.
Wir müssen diesem Netzwerk des Terrors ein Netzwerk
der Sicherheit gegenüberstellen. Das tun wir mit diesen
beiden Gesetzen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Noch einmal: Wir werden keine neuen Daten erhe-
ben, sondern alle bisher schon bei den 38 nebeneinan-
derher arbeitenden Behörden vorhandenen Daten sollen
nach Verabschiedung der Gesetzentwürfe aufgrund der
technischen Möglichkeiten lediglich schneller abgerufen
werden können und verfügbar sein. Nur das wird in die-
sem Gesetz geregelt.

Zu den Erweiterungen. Das Bundesverfassungsge-
richt hat uns gerade in diesen Tagen bestätigt, dass die
Regelungen über den IMSI-Catcher, mit dem Mobilte-
lefone abgehört und Standorte erforscht werden können,
verfassungsgemäß sind. Verfassungsgemäß ist eben das,
was zur Terroristenabwehr erforderlich ist, und das tun
wir in diesem Zusammenhang.

Die Regelungen über die Sicherstellung bei einem
Geldwäscheverdacht – bei einem solchen Verdacht kön-
nen wir natürlich tätig werden – erweitern wir jetzt auch
auf die Fälle, in denen es um einen Terrorismusverdacht
geht, sodass wir dann auch hier entsprechend vorgehen
können. Gerade hier spielen Finanzquellen ja immer
eine große Rolle.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr gut!)


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(C (D Es ist geradezu genial, dass die Justizministerin auf en Einfall gekommen ist, die entsprechende Datei weizuteilen, um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ahren. Sie wird in eine offene und in eine verdeckte, rweiterte Datei aufgeteilt. An all die Daten in der erweierten Datei kommt nicht nur der kleine Schutzmann auf er Straße nicht heran, sondern auch andere haben keien Zugriff. Wir werden darauf achten, dass der Zugriff uf die wirklich zentralen Sicherheitsbehörden bechränkt wird, die sich mit dem internationalen Terrorisus befassen, und dass auf diese Datei nur zugegriffen erden kann, wenn es um den internationalen Terrorisus geht. Herr Wieland, wir tun hier also maßvoll und zügig, ber gründlich das Notwendige. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)


ir erweitern, aber wir verschärfen nicht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)


ir werden das künftig auch noch besser evaluieren. Ich
äume Ihnen gerne ein, dass das noch nicht ausgereicht
at. Es waren ja auch nur drei Jahre.

Denken Sie aber immer daran: Optimale Sicherheit
edeutet auch ein großes Stück Freiheit. Wer Angst hat,
st unfrei. Deshalb müssen wir die Erforderlichkeit und
ie Verhältnismäßigkeit immer im Auge behalten. Da-
urch werden wir dann auch die Bürgerrechte sichern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605810700

Das Wort hat jetzt der Kollege Stephan Mayer von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1605810800

Sehr geehrter Herr Präsident! Mehr sehr verehrten

olleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Die heutige De-
atte zeigt, dass die große Koalition allen Unkenrufen
um Trotz handlungs- und entscheidungsfähig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Nachdem in der letzten Legislaturperiode keine Eini-
ung erzielt werden konnte, ist es jetzt in weniger als ei-
em Jahr gelungen, sich auf zwei wichtige Gesetzent-
ürfe zur Gewährleistung der inneren Sicherheit zu

inigen. Das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz
nd das Gemeinsame-Dateien-Gesetz sind zwei wichtige
eilensteine, um Deutschland sicherer zu machen.
urch das Gemeinsame-Dateien-Gesetz wird endlich er-
öglicht, dass alle Sicherheitsbehörden des Bundes und

er Länder wissen können, was sie wissen müssen.

Der Föderalismus in Deutschland ist ein Markenzei-
hen und hat sich bewährt. In der Vergangenheit hat sich
ber gezeigt, dass durch die Zersplitterung – es gibt ins-






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

gesamt 38 Sicherheitsbehörden des Bundes und der Län-
der – gewisse Probleme in der Praxis auftauchen. Hierbei
muss uns eines klar sein: Auch durch eine gemeinsame
Antiterrordatei werden wir nicht zu 100 Prozent vor al-
len Gefahren des internationalen Terrorismus geschützt.
Es wäre falsch und unehrlich, zu suggerieren, dass die
Politik ein Allheilmittel hat, um jegliche terroristischen
Angriffe auszuschließen. Für eines müssen wir aber Ga-
rant sein: Eine effiziente und umfassende Bekämpfung
des internationalen und insbesondere des islamistischen
Terrorismus darf nicht daran scheitern, dass einer Sicher-
heitsbehörde Informationen nicht zur Verfügung stehen,
die eine andere Sicherheitsbehörde hat.

Durch die nunmehr konzipierte Antiterrordatei wird
den Sicherheitsbehörden in Deutschland das notwendige
Rüstzeug geboten, um präventiv, zielgenauer und infor-
mierter arbeiten zu können. Gleichzeitig aber wahrt sie
in angemessener und ausgewogener Art und Weise die
berechtigten Interessen der einstellenden Sicherheitsbe-
hörden und des Quellenschutzes sowie selbstverständ-
lich die erforderlichen Vorgaben des Datenschutzes.

Dennoch halte ich es für enorm wichtig, dass man in
begründeten Fällen bestimmten Staatsschutzbehörden
der Länder den Zugriff auf die vorhandenen Erkennt-
nisse erlaubt; denn gerade die Aufklärung krimineller is-
lamistischer Strukturen sowie die Bearbeitung herausra-
gender Staatsschutzdelikte erfordert es, dass man bei
Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im Einzelfall
sehr zügig und ohne Zögern die Kenntnisse der örtlichen
Polizeivollzugsdienste mit den Kenntnissen der überört-
lichen Staatsschutzdienste vereinigen kann.

Gerade die Gott sei Dank fehlgeschlagenen Koffer-
bombenattentate in Dortmund und Koblenz haben ge-
zeigt: In Zukunft werden im Bereich des islamistischen
Terrorismus immer mehr kleine autonome Gruppierun-
gen eine Rolle spielen, die zum Beispiel durch Selbstra-
dikalisierung entstehen und die sich aus Personen zu-
sammensetzen, die bisher entweder gar nicht oder kaum
auffällig in Erscheinung getreten sind. Es muss deshalb
unbedingt gewährleistet sein, dass zum Beispiel die In-
formation, dass einer der drei dringend Tatverdächtigen
der Kofferbombenattentate vor wenigen Monaten noch
als Rädelsführer einer Demonstration in Kiel gegen die
Mohammed-Karikaturen in Erscheinung getreten ist, al-
len Sicherheitsbehörden in Deutschland sehr zügig und
in geeigneter Weise zur Verfügung steht.

Da derzeit und aller Voraussicht nach auch in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten im Bereich des Terro-
rismus die größte Gefahr für die westliche Zivilisation
vom islamistischen Terrorismus ausgehen wird, ist es
ebenso notwendig und angebracht, dass zu den erweiter-
ten Grunddaten, die in der Antiterrordatei abgerufen
werden können, auch das Merkmal der Religionszuge-
hörigkeit zählt.

Einen weiteren wichtigen gesetzlichen Pfeiler stellt
das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz dar. Die-
ses Gesetz ist die sachgerechte, konsequente und erfor-
derliche Fortsetzung der bisherigen Terrorismusbekämp-
fungsgesetze aus dem Jahr 2002, die sich generell

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(C (D ewährt, aber in der Praxis gewisse Defizite offenbart aben. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


So ist es richtig, dass nunmehr auch dem Bundesver-
assungsschutz zur Aufklärung verfassungsfeindlicher
estrebungen im Inland diese Befugnisse eingeräumt
erden können. Gerade das Beispiel der Hassprediger
at gezeigt, dass es häufig einen fließenden Übergang
wischen Extremismus und Terrorismus gibt. Es muss
öglich sein, den Personen, die mit ihrer fundamentalis-

ischen und der westlichen Welt gegenüber hasserfüllten
gitation bisher unbedarfte und unauffällige Personen
erhetzen, mit den gleichen polizeilichen Präventions-
nd Aufklärungsmaßnahmen begegnet werden kann wie
en terrorverdächtigen Personen selber.

Das Gesetz muss in meinen Augen auf jeden Fall in
ünf Jahren auf seine Praxistauglichkeit und Effizienz
in überprüft werden. Die Frage ist allerdings, ob man
it einer Befristung der Geltung des Gesetzes den gro-

en Sicherheitsinteressen Deutschlands und der Bürge-
innen und Bürger in ausreichendem Maße Rechnung
rägt.

Die Begriffe Freiheit und Sicherheit stehen, wie
chon erwähnt, in einem demokratischen Rechtsstaat in
inem interessanten Spannungsverhältnis. Eines sollte
ns allerdings klar sein: Trotz des vorhandenen Span-
ungsverhältnisses bedingen sich Freiheit und Sicherheit
egenseitig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


uch Sicherheit ist ein elementares Bürgerrecht. Ohne
icherheit gibt es kein Leben in Freiheit. Die beiden Ge-
etzentwürfe, die wir heute in erster Lesung behandeln,
tellen einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Sicher-
eit in Deutschland dar. Ich kann deshalb nur an Sie alle
ppellieren: Unterstützen Sie diese Gesetze mit Ihrer
timme, um die Sicherheit in Deutschland zu erhöhen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605810900

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

un der Kollege Dr. Carl-Christian Dressel von der SPD-
raktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carl-Christian Dressel (SPD):
Rede ID: ID1605811000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn

einer Ausführungen zum Gemeinsame-Dateien-Gesetz
ann ich meinen Vorrednern nur zustimmen. Der An-
chlag vor wenigen Wochen in unserem eigenen Land
at uns die Gefahr des internationalen Terrorismus un-
ittelbar vor Augen geführt. Auch die Anschläge in
panien und Großbritannien haben auf furchtbare Weise






(A) )



(B) )


Dr. Carl-Christian Dressel
gezeigt, dass sich Europa insgesamt im Fadenkreuz der
Terroristen befindet.

Damit haben wir leider einen guten Grund dafür, uns
mit dem Thema zu beschäftigen. Ich denke, wir stimmen
im ganzen Haus überein, dass das Bedrohungspoten-
zial, das vom internationalen Terrorismus ausgeht, sich
in den letzten Jahren nicht verringert, sondern vergrößert
hat.

Deutschland ist Teil eines weltweiten Gefahrenrau-
mes. Auch die Meinung der Öffentlichkeit ist ein wichti-
ger Indikator für die tatsächliche Bedrohung. Die Angst
vor Terror ist stark angestiegen. Eine Meinungsumfrage
von Allensbach vom 17. Oktober dieses Jahres belegt,
dass die Furcht vor Terroranschlägen in Deutschland
größer ist als je zuvor. Die Terroristen haben das Ziel,
Terror – lateinisch für: Furcht – zu verbreiten, also er-
reicht. Wenn man bedenkt, dass das Sicherheitsbedürfnis
eines der wichtigsten Grundbedürfnisse des Menschen
ist, ist es gerade unsere Pflicht als Staat, allen Bürgerin-
nen und Bürgern Sicherheit zu gewähren, und zwar – das
sage ich gerade in Ihre Richtung, Frau Pau – unabhängig
vom Geldbeutel.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Petra Pau [DIE LINKE]: So soll es sein!)


Dazu gehört für mich, dass unsere Sicherheitsbehör-
den auf Instrumente zugreifen können, die sie in die
Lage versetzen, vernetzt der erhöhten Gefahr durch den
nicht minder vernetzt operierenden internationalen Ter-
rorismus effektiv zu begegnen. Zu beachten ist dabei die
Verhältnismäßigkeit. Eine angemessene Sicherheitspo-
litik beeinträchtigt die Freiheitsrechte nur so viel wie nö-
tig und so wenig wie möglich. Dem Bereich des Daten-
schutzes kommt dabei eine zentrale Stellung zu.

Mit dem im Gesetzentwurf vorgesehenen Verfahren
wird – das sage ich im Gegensatz zu Ihnen, Herr
Wieland – die geplante Datei aus den Grunddaten beste-
hen, die abgerufen werden können. Andererseits gibt es
die so genannten erweiterten Grunddaten, die auch Tele-
kommunikationsanschlüsse, Bankverbindungen und – nur
soweit im Einzelfall erforderlich – die Religionszugehö-
rigkeit beinhalten. Diese Daten können aber nur auf An-
frage im Einzelfall durch die speichernde Behörde unter
Beachtung der geltenden Übermittlungsvorschriften
weitergeleitet werden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sei denn, es handelt sich um einen Eilfall!)


Machen wir uns nichts vor: Die Übermittlung von
Daten ist bei Zusammenarbeit zwischen Nachrichten-
diensten und Polizeibehörden bislang schon im Einzel-
fall möglich, wie Herr Bosbach vorhin richtig ausgeführt
hat. Dafür gibt es bereits Vorschriften. Wir müssen nur
die Vernetzung ermöglichen, damit von diesen Vor-
schriften zugunsten der Bürgerinnen und Bürger Ge-
brauch gemacht werden kann.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dies erfolgt durch eine Indexdatei und das ist gut so.
Frau Pau, mir ist es nicht egal, ob eine Indexdatei oder

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(C (D ine Volltextdatei zur Verfügung gestellt wird. Eine Vollextdatei, die in großem Umfang personenbezogene Inormationen zum Abruf bereitstellt, gibt es mit uns nicht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Petra Pau [DIE LINKE]: Das beruhigt mich!)


Ebenso darf es nicht sein, dass jede Sicherheitsbe-
örde unbeschränkten Zugriff auf alle vorhandenen Da-
en hat. Auch in Zukunft wird nicht jeder alles wissen,
ird es auch keinen Teil geben, der alles weiß, sondern
ird jeder wissen, was er wissen muss, um den Terroris-
us zu bekämpfen.

Wir versetzen durch das Gemeinsame-Dateien-Gesetz
ie Sicherheitsbehörden in die Lage, unter strikter Be-
chtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Planungen
nd Vorbereitungshandlungen im Bereich des Terroris-
us rechtzeitig aufzudecken und eine effektive Arbeit

um Wohle der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes
u leisten. Lassen Sie uns auch in den künftigen Bera-
ungen die Grundlage der Verhältnismäßigkeit nicht aus
en Augen verlieren. Ich bin mir sicher, dass wir damit
u einem guten Ergebnis kommen werden, genau so wie
ir mit dieser Vorlage schon einen guten Start hinbe-
ommen haben,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben nur Sie!)


ofür ich mich bei den Innen- und Rechtspolitikern der
oalitionsfraktionen und auch bei den zuständigen Mi-
isterien herzlich bedanke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Niemand lobt die Koalition, also muss sie es selber tun!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605811100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/2950, 16/2921, 16/821 und 16/2081
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
orgeschlagen. Die Vorlage auf Drucksache 16/821 soll
ederführend im Ausschuss für Menschenrechte und Hu-
anitäre Hilfe beraten werden. Sind Sie damit einver-

tanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
en so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Errichtung und zur Regelung der Aufga-
ben des Bundesamts für Justiz

– Drucksache 16/1827 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/3009 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder
Dr. Carl-Christian Dressel






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt kei-
nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär
Alfred Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1605811200


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Der Gesetzentwurf zur Errichtung des Bundesamts für
Justiz ist für mich sehr erfreulich,


(Vorsitz: Vizepräsidentin Petra Pau)


und zwar deshalb, weil wir das „Richtfest“ für eine Bun-
desbehörde feiern, die zum Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums der Justiz gehört.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Bonn!)


Ich danke allen Damen und Herren Abgeordneten, die
ihren Beitrag dazu geleistet haben und noch immer leis-
ten. Mein besonderer Dank gilt nicht Ihnen, Herr
Wieland; er gilt aber den Abgeordneten des Haushalts-
ausschusses, die die Ampel schnell auf Grün gestellt ha-
ben, und vor allem den Abgeordneten des Rechtsaus-
schusses, die das für die Justiz wichtige Vorhaben
konstruktiv gefördert haben.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war überfällig!)


Auch beim Bundesinnenministerium möchte ich mich
ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit bei den Vor-
bereitungen bedanken. Mein Dank gilt auch den Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern in unserem Haus, die die-
ses Vorhaben gut und gründlich vorbereitet haben.

Wir schaffen indes keine neue Behörde mit völlig
neuen Aufgaben. Es gibt nur ein neues Dach. Das Bun-
desamt für Justiz wird Aufgaben gebündelt wahrneh-
men, die bisher auf unterschiedliche Stellen verteilt wa-
ren. Damit wollen wir die jeweilige Kernkompetenz
stärken und Verfahrensabläufe optimieren – ganz im
Sinne des Programms der Bundesregierung „Moderner
Staat – Moderne Verwaltung“. Diese Umstrukturie-
rung wird zudem finanzneutral im Bundeshaushalt voll-
zogen werden. In einer Zeit knapper Kassen ist dieser
Aspekt nicht unerheblich.

Das Bundesamt für Justiz wird im Kern sämtliche
Aufgaben der Dienststelle Bundeszentralregister des
Bundesgeneralanwalts übernehmen, zum Beispiel die
Führung verschiedener Register. Dazu kommen Aufga-
ben, die derzeit noch vom Bundesjustizministerium erle-
digt werden, wie etwa das Verkündungs- und Bekannt-
machungswesen.

Die Verwaltungsaufgaben können zum Teil von Be-
diensteten unserer jetzigen Dienstelle Bonn wahrgenom-

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(C (D en werden. Die Arbeitsplätze bleiben somit – nur in nderer Organisationsform – in der Bundesstadt Bonn rhalten. Wir tragen damit dem Berlin/Bonn-Gesetz echnung und wollen die Dienststelle Bonn erhalten. ie weiteren Inhalte und Aufgaben des Bundesamts für ustiz wird Herr Kollege Dr. Dressel erläutern. Dem internationalen Rechtsverkehr kommt eine mmer größere Bedeutung zu. Ich bin davon überzeugt, ass die neue Bundesoberbehörde in ihrer vorgesehenen truktur für viele Fragen, die sich künftig in diesem Zuammenhang stellen, ein kompetenter Ansprechpartner ein wird. Dies schafft Transparenz und Bürgernähe. Deshalb ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass die erzeit auf den Generalbundesanwalt, das Bundesveraltungsamt und die Bundesländer verteilten Zuständigeiten in Auslandsunterhaltssachen im Bundesamt für ustiz zusammengeführt werden. Den Vorschlag des undesrates, dem Bundesamt die Zuständigkeit für die bermittlung ausgehender Ersuchen nach dem UN-Un erhaltsübereinkommen zu übertragen, haben wir daher erne aufgegriffen. Es freut mich, dass es in der Schlussphase des Gesetzebungsverfahrens noch gelungen ist, zu der gegenwärig beim Bundesverwaltungsamt angesiedelten Zustänigkeit als Empfangsstelle zu einer einvernehmlichen ösung zu kommen. Dies ist eine bürgerfreundliche trukturverbesserung, da gerade auch für die Beteiligten m Ausland nun ein einheitlicher Ansprechpartner zur erfügung stehen wird. Die Diskussion – auch im Bundesrat – über weitere uständigkeitsübertragungen auf das Bundesamt für ustiz bestärkt uns darin, dass wir mit diesem Projekt auf em richtigen Weg sind. Weitere Aufgabenzuweisungen rfolgen durch das gerade verabschiedete Gesetz über lektronische Handelsregister und Genossenschaftsegister sowie das Unternehmensregister, EHUG, sowie as Gesetz zur Umsetzung des Haager Übereinkommens ber den internationalen Schutz von Erwachsenen, das ls Regierungsentwurf vorliegt. Sie sehen: Das Bundesamt für Justiz ist bereits jetzt uf Wachstum ausgerichtet. Optimismus im Hinblick auf ie weitere Entwicklung ist deshalb mehr als angezeigt. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Sabine Leutheusser chnarrenberger für die Fraktion der FDP. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Normalerweise ist die Errichtung einer Behörde icht unbedingt etwas, was man mit Beifall begrüßen nd unterstützen sollte. Wir, die FDP-Fraktion, untertützen aber die Errichtung eines Bundesamtes für Jusiz, weil hier sinnvollerweise Aufgaben aus unterschiedichen Bereichen zusammengeführt werden. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Die Justiz muss sich neuen Herausforderungen stellen, die sich insbesondere aus der zunehmend enger werdenden justiziellen Zusammenarbeit in Europa und der Wahrnehmung vielfältiger internationaler Verpflichtungen ergeben. Die Bündelung und Konzentration von Aufgaben ist geeignet, einen Beitrag zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und Effektivität der Justiz zu leisten. Ich hoffe, dass das zu errichtende Bundesamt für Justiz positive Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger hat. Für uns ist ein entscheidender Aspekt, dass durch die Bündelung von Aufgaben – diese könnten sonst aufgrund mangelnder Übersichtlichkeit nicht so gut erledigt werden – eine Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen wird, die schnell und bürgerfreundlich reagiert. Das erwarten wir von dem neuen Bundesamt für Justiz. Nach unserer Meinung ist es daher richtig, ein solches Amt zu errichten. Wir halten es ebenfalls für richtig, dass bestimmte Aufgaben des Generalbundesanwalts auf das Bundesamt für Justiz übertragen werden; denn so richtig hat sich bislang nicht erschlossen, warum internationale familienrechtliche Angelegenheiten, die sich aus dem Auslandsunterhaltsgesetz, verschiedenen Sorgerechtsübereinkommen und dem Haager Adoptionsübereinkommen ergeben, ausgerechnet vom Generalbundesanwalt in Karlsruhe wahrgenommen werden müssen. Da hier ein enger Sachzusammenhang mit den Kernaufgaben des Generalbundesanwalts nicht erkennbar ist, unterstützen wir die Zusammenführung der Aufgaben beim Bundesamt für Justiz, das nun zur nationalen Kontaktstelle für Angelegenheiten der justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union wird. Angesichts der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer besseren Vernetzung der Justizarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehen wir hier einen ständigen Zuwachs an Aufgaben. Es ist daher gut, dass die Aufgaben an einer Stelle zusammengeführt werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605811300
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1605811400




(A) )


(B) )


Wir unterstützen das Vorhaben, das Bundesamt für
Justiz in Bonn anzusiedeln. Ich erinnere daran, dass das
Bundeszentralregister damals im Rahmen des Berlin/
Bonn-Gesetzes – das war quasi ein Tauschgeschäft –
nach Bonn gekommen ist. Das hatte auch mit der dama-
ligen Aufgabenverteilung des Bundesministeriums der
Justiz zu tun. Das Berlin/Bonn-Gesetz gilt nach wie vor.
Das mag man kritisieren, aber das ist nun einmal die
rechtliche Grundlage. Da das Bundeszentralregister in
Zukunft Nukleus des Bundesamtes für Justiz ist – über
300 Stellen des Bundeszentralregisters werden beim
Bundesamt für Justiz angesiedelt –, ist es nach unserer
Meinung richtig, es in Bonn zu belassen. Es wäre jeden-
falls teurer geworden, das Bundeszentralregister und das
zu errichtende Bundesamt für Justiz, wie vorgeschlagen,
in Berlin oder in einem der neuen Bundesländer anzusie-
deln. Das hätte natürlich Kosten des Umzugs mit sich
gebracht. Jetzt aber wurden nicht von vielen Stellen
viele Aufgaben nach Bonn verlagert, sondern die meis-
ten Aufgaben waren schon dort angesiedelt. Daher sagen
wir in diesem Punkt: Jawohl, der Standort Bonn ist ge-
rechtfertigt. – Ich will am Rande bemerken, dass unserer

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(C (D einung nach langfristig ein Zusammenführen gerade er Ministerien in Berlin erfolgen muss. b es wirklich eine Dienststelle BMJ in Bonn neben em Bundesamt für Justiz geben muss, kann man sehr ohl hinterfragen – natürlich leichter, wenn man kein bgeordneter aus dem Wahlkreis Bonn ist. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Für uns ist ganz entscheidend, dass der Grundsatz der
aushaltsneutralität nicht nur jetzt, sondern auch

ünftig Maßstab bei der Entwicklung des Bundesamtes
ür Justiz ist. In diesem Zusammenhang hat uns Abge-
rdneten nicht gefallen, dass bis zur letzten Sekunde ein
treit innerhalb der Bundesregierung zwischen dem Jus-

iz- und dem Innenministerium stattgefunden hat. Das
nnenministerium wollte vielleicht gerne Aufgaben los-
erden, aber keine Stellen übertragen. Das hätte das
undesverwaltungsamt vielleicht etwas geschmälert; ich
eiß es nicht. Es gab ein Gezerre über viele Wochen
inweg. Jetzt hat man einen Kompromiss gefunden. Ob
er mit diesem geteilten In-Kraft-Treten, das im Gesetz-
ntwurf vorgesehen ist, so glücklich ist, bezweifle ich.
ber insgesamt – das habe ich dargelegt – stimmen wir
em Gesetzentwurf zur Errichtung des Bundesamts für
ustiz zu.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605811500

Das Wort hat der Kollege Dr. Ole Schröder für die

DU/CSU-Fraktion.


Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1605811600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Wir von der CDU/CSU-Fraktion
aben uns dem Bürokratieabbau verschrieben und das ist
uch mein ganz persönliches Anliegen. Jetzt wird mit
em vorliegenden Gesetz das Bundesamt für Justiz, also
ine neue Behörde, gegründet. Da mag sich mancher
ürger zu Recht fragen, was das mit weniger Bürokratie
nd mit schlankem Staat zu tun hat und vor allen Dingen
as das kosten wird.

Lassen Sie uns diese Punkte im Einzelnen betrachten.
uerst die Frage, ob die neue Behörde mit dem Ziel ei-
es schlanken Staates zusammenpasst. Schauen wir uns
ls Erstes an, was die Behörde machen soll, welche Auf-
aben das Bundesamt für Justiz erledigen soll. Die Be-
örde wird vor allen Dingen bestehende Aufgaben aus
em Bundesjustizministerium und vom Generalbundes-
nwalt übernehmen. Hinzu kommen einzelne Aufgaben
us dem Zuständigkeitsbereich anderer Bundesressorts
ie beispielsweise die Zwangsvollstreckung. Wir schaf-

en hier also keine zusätzliche Bürokratie. Das Bundes-
mt für Justiz wird lediglich Aufgaben übernehmen, die
isher von anderen Stellen ausgeführt wurden. Im Ge-
enteil: Wir verschlanken die Institutionen, die Aufga-
en an das Bundesamt abgeben. Wir gestalten Strukturen






(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
übersichtlicher als bisher. Im Laufe der Jahre haben das
Ministerium und der Generalbundesanwalt mehr oder
weniger wahllos administrative Tätigkeiten übernom-
men bzw. übernehmen müssen, obwohl diese eigentlich
nicht richtig zu den einzelnen Institutionen passten.

Dazu kommt, dass sowohl europäisches als auch in-
ternationales Recht in den vergangenen Jahren stetig an
Bedeutung hinzugewonnen hat, und zwar durch die vo-
ranschreitende europäische Integration, durch eine zu-
nehmende internationale Verflechtung der Wirtschafts-
räume und durch die wachsende Mobilität der Men-
schen. Diese Entwicklung erfordert immer stärker, dass
die Vertragspartner bzw. die Mitgliedstaaten zentrale
Anlaufstellen bzw. eine internationale Kontaktstelle für
den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr benennen
können. Das gilt natürlich auch für Deutschland. Eine
zentrale Anlaufstelle ist wichtig für die ausländischen
Institutionen, sie ist aber auch besonders wichtig für die
Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, die sich an
diese Stellen wenden wollen oder wenden müssen.

Betrachten wir beispielsweise die Aufgabe im Bereich
des Auslandsunterhaltsrechts. Bisher sind zuständig:
das Bundeszentralregister nach dem Auslandsunterhalts-
gesetz, das Bundesverwaltungsamt für eingehende Ersu-
che nach dem Gesetz zum UN-Unterhaltsübereinkom-
men und – nach demselben Abkommen – die Länder für
die ausgehenden Ersuche.

Eine solche Verteilung von Kompetenzen in einem
Rechtsbereich ist doch von niemandem zu verstehen. Es
macht keinen Sinn, dass nach dem Gesetz die 16 Länder
für ausgehende Ersuche zuständig sind, während der
Bund für eingehende Ersuche zuständig ist. Genauso
wenig sinnvoll ist es, die Regelung der Zuständigkeiten
davon abhängig zu machen, aus welchem Land ein Ge-
such gestellt wird. Bei Ersuchen aus den USA und Süd-
afrika war bisher der Generalbundesanwalt zuständig.
Bei Ersuchen aus Mexiko, Brasilien oder europäischen
Ländern ist das Bundesverwaltungsamt der richtige An-
sprechpartner. Das macht keinen Sinn.

Wir alle profitieren von der Zusammenführung der
Aufgaben: die Bürger, die dann wissen, an wen sie sich
wenden sollen, und der europäische und internationale
Rechtsverkehr durch einen einheitlichen Ansprechpart-
ner. Wir erreichen durch einen Gleichlauf der Verfahren
eben auch Synergieeffekte: Die Verfahren können be-
schleunigt werden; Sach- und Personalkosten können
eingespart werden.

Neben den Auslandsunterhaltsangelegenheiten wird
dem Bundesamt für Justiz noch eine Reihe weiterer Auf-
gaben übertragen, die zum Teil bereits genannt worden
sind. Ich denke, wir können hier auf eine detaillierte
Aufzählung verzichten.

Lassen Sie mich aber noch auf zwei ganz wesentliche
Bereiche eingehen:

Erstens. Das Bundesamt für Justiz wird die Aufgaben
der Dienststelle Bundeszentralregister, die bisher vom
Generalbundesanwalt erfüllt worden sind, übernehmen.
Aufgrund der Aufgabenübertragung kann die dortige
Dienststelle komplett aufgelöst werden. Die Neuorgani-

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(C (D ation ermöglicht, dass sich der Generalbundesanwalt uf seine originäre Kompetenz konzentrieren kann. Die ührung der verschiedenen Register gehört ebenso weig zu den Kernkompetenzen einer Strafverfolgungsbeörde wie die schon angesprochenen familienrechtlichen ngelegenheiten. Zweitens. Das Bundesamt für Justiz übernimmt eine eihe von Tätigkeiten des Bundesministeriums, deren erbleib in ministerieller Zuständigkeit nicht sinnvoll st. Beispiele hierfür sind die Wahrnehmung von Aufgaen auf dem Gebiet der internationalen Konflikte, in indschaftssachen und Aufgaben im Rahmen der euroäischen und internationalen Zusammenarbeit im Justizereich. Auch hier ist der wesentliche Vorteil, dass das undesministerium sich jetzt auf seine originären minis eriellen Aufgaben konzentrieren kann. Wir kommen nun zur ganz entscheidenden Frage: as kostet uns das alles? Veranschlagt im Haushalt sind ür die Gründung einmalige Kosten in Höhe von 00 000 Euro. Das Bundesministerium hat uns versihert, dass wir diese Veranschlagung eher unterals berschreiten werden. Die Mittel hierfür können inneralb des Etats durch Umschichtungen erbracht werden. ine entsprechend niedrige Veranschlagung ist nur desalb möglich, weil die räumliche Unterbringung des undesamtes in Bonn genau dort erfolgt, wo momentan ie Dienststelle Bundeszentralregister und die Diensttelle Bonn des Justizministeriums angesiedelt sind. Auch die laufenden Kosten der Umstrukturierung hat an im Griff. Für die übertragenen Aufgabenfelder sind uch bisher Personalkosten und Sachkosten angefallen; ie müssen lediglich umgeschichtet werden. Mittelbis angfristig ist unser Ziel natürlich, Kosteneinsparungen u erreichen. Dabei wirken dann die Synergieeffekte, die urch die Konzentration der Aufgaben erzielt werden. uch die Personalkosten können mittelfristig gesenkt erden, weil die Ministerialzulage natürlich abge chmolzen wird. Die Kosten waren eben der ganz entscheidende Fakor für die Standortwahl. Nur dadurch, dass quasi mit der ufgabe auch die Räumlichkeiten vom Ministerium und om Bundeszentralregister auf das neue Bundesamt für ustiz übergegangen sind, ist die weitestgehende Kosteneutralität möglich. Jede andere Standortentscheidung ätte erheblichen organisatorischen und finanziellen ufwand bedeutet. Ich finde, die Standortentscheidung ist auch gegenber den Mitarbeitern des Bundeszentralregisters fair. as Bundeszentralregister musste ja erst vor wenigen ahren von Berlin nach Bonn ziehen. Sehr geehrte Damen und Herren, zusammenfassend leibt festzustellen, dass wir mit der Gründung des undesamtes für Justiz drei wesentliche Ziele erreichen: rstens das BMJ wie auch zweitens der Generalbundesnwalt können sich jetzt auf ihre Kernaufgaben konzenrieren. Drittens wird für den internationalen Rechtsverehr eine zentrale Anlaufstelle geschaffen. Für die Zukunft verbleibt jetzt noch die Aufgabe, die ingeleitete Reorganisation des Bundesjustizministeiums zu vollenden. Durch die Ausgliederung der nicht Dr. Ole Schröder ministeriellen Aufgaben in das Bundesamt für Justiz ist es auch aus sachlichen Gründen nicht mehr notwendig, eine Außenstelle des Ministeriums in Bonn zu unterhalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass die vom Bundesministerium für Justiz vorgesehene Aufgabenverteilung Vorbildfunktion für andere Ministerien haben kann, indem man sich hier in Berlin auf die ministeriellen Aufgaben konzentriert und die nachgelagerten, die administrativen Aufgaben in Bonn wahrnimmt. Diese Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin ist vernünftig. Wir sollten jetzt den Mut haben, das Berlin/Bonn-Gesetz entsprechend zu überdenken und eine Neuordnung vorzunehmen. Vielen Dank. Die Rede des Kollegen Wolfgang Nešković für die Fraktion Die Linke nehmen wir zu Protokoll.1)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605811700

Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag für die Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605811800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Schröder, Sie haben völlig Recht. Wir reden von
Bürokratieabbau. Es ist aus finanziellen Gründen not-
wendig, jeden Euro zweimal anzuschauen, bevor man
ihn ausgibt. In dieser Situation bedarf es einer besonde-
ren Rechtfertigung, ein neues Bundesamt zu schaffen.

Wir haben uns im Rechtsausschuss den Stellenkegel
genau angeschaut. Wir haben feststellen können, dass
keine neuen Stellen geschaffen werden. Sämtliche Stel-
len werden durch Umstrukturierungen dem neuen Bun-
desamt zugeschlagen. Selbst der Leiter, also der Präsi-
dent, des neuen Bundesamts, verursacht keine
zusätzliche finanzielle Belastung des Haushaltes, da
seine Stelle aus Stellen des Bundeszentralregisters ge-
schaffen wird. Mit diesem Bundesamt sind keine neue
Bürokratie und keine Mehrausgaben verbunden.

Man muss sich auch der Frage stellen, ob es richtig
und notwendig ist, ein solches Bundesamt zu errichten.
Die Bundesrepublik Deutschland braucht eine natio-
nale Anlaufstelle für diverse neue Aufgaben, die uns
sowohl im völkerrechtlichen Verkehr als auch in der
Europäischen Union zuwachsen. Es ist richtig, diese na-
tionale Anlaufstelle in Form eines Bundesamts zu orga-
nisieren.


(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Danke, Herr Kollege Wieland.


(Beifall bei der SPD)


Es ist auch richtig, dass wir sowohl das Bundesjustiz-
ministerium als auch den Generalbundesanwalt von den

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D
W1) Anlage 2

(C (D ufgaben entlasten, die nicht zum Kernbereich ihrer Täigkeit gehören. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die einzelnen Punkte, die Aufgabenbereiche, die in
iesem neuen Bundesamt zusammengefasst werden,
ind schon aufgeführt worden. Die Zustimmung zur Er-
ichtung dieses neuen Bundesamtes fällt mir umso leich-
er, als sie mit einem positiven Lerneffekt bei den Kolle-
innen und Kollegen von der Fraktion der CDU/CSU
erbunden ist. Meine Damen und Herren von der SPD-
raktion, Sie werden sich daran erinnern, dass die Union

n den letzten Legislaturperioden immer wieder vehe-
ent dagegen gewettert hat, dass Entschädigungen für
pfer rechter Gewalttaten gewährt werden. Nun stel-

en wir fest, dass die große Koalition einmütig die Be-
ältigung der Aufgabe der Entschädigung der Opfer

echter Gewalt dem neuen Bundesamt für Justiz zuwei-
en will. Damit erkennen Sie gleichzeitig die Notwen-
igkeit dieser Aufgabe an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ch bin sehr zufrieden, dass Sie insofern wieder an die
atsächlichen Probleme und Aufgaben, die im justiziel-
en Bereich wahrzunehmen sind, herangekommen sind.

Es gibt über die Aufgaben, die im Bundesamt zusam-
engeführt werden sollen und in diesem Gesetz schon

ufgeführt sind, hinaus weitere Aufgaben. Eine haben
ir Grünen schon parat. Die Grünen haben heute der
ffentlichkeit ein Gesetz zur Reform der Telekommuni-
ationsüberwachung in Deutschland vorgestellt. Die sta-
istische Erfassung der Telekommunikationsüberwa-
hung in Deutschland und die Aufarbeitung der Daten
ur Präsentation beim Bundestag bewerkstelligt zurzeit
och die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Tele-
ommunikation, Post und Eisenbahnen. Es ist durchaus
innvoll, auch diese Aufgaben dem neuen Amt zu über-
ragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


In diesem Sinne sage ich: Wir wünschen dem neuen
undesamt eine gute Arbeit, ein gutes Gelingen. Wir als
rüne werden dem Gesetzentwurf selbstverständlich zu-

timmen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Der Montag hat am Freitag noch lucida intervalla!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605811900

Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege

r. Carl-Christian Dressel für die SPD-Fraktion das
ort.






(A) )



(B) )


Dr. Carl-Christian Dressel (SPD):
Rede ID: ID1605812000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

am 1. Januar des kommenden Jahres das Gesetz über die
Errichtung des Bundesjustizamts – mit, wie ich denke,
breiter Mehrheit in diesem Hause beschlossen – in Kraft
tritt, wird am Standort Bonn zunächst einmal nichts an-
deres geschehen, als dass dort Türschilder ausgewech-
selt werden. Es entfällt das Schild „Der Generalbundes-
anwalt beim Bundesgerichtshof“ und es kommt das
Schild „Bundesjustizamt“. Das ist auch schon alles, was
man in Bezug auf den Standort sagen kann. Die nahezu
400 Beschäftigten des Bundeszentralregisters als Bonner
Dienststelle des Generalbundesanwalts werden weiter in
Bonn arbeiten können. Wer, wie im Ausschuss gesche-
hen, irgendwelche Benachteiligungen der neuen Bundes-
länder oder die Nichteinhaltung des Koalitionsvertrages
vermutet,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll der Kollege Danckert gewesen sein!)


handelt nur populistisch. Wir schaffen keine neue Bun-
desbehörde. Wir bündeln nur Zuständigkeiten in einem
Haus.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang am Rande
bemerken, dass ich es, gerade im Hinblick auf die Schaf-
fung von neuen Stellen, gut finde, dass Potsdam, wie
diese Woche beschlossen, Sitz der Bundesstiftung für
Kultur wird. So realisiert man die Vorgaben des Koali-
tionsvertrages. Damit können wir zufrieden sein.

Zufrieden sein können wir auch damit, dass die ange-
sprochene Umstrukturierung im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Justiz kostenneutral im Bun-
deshaushalt vollzogen wird. Weder werden neue Stellen
geschaffen, noch werden Stellenhebungen durchgeführt.
Meines Erachtens ist das, was wir im Geschäftsbereich
des Bundesministeriums der Justiz schaffen, vorbildlich
für die Aufteilung der Aufgaben zwischen Bonn und
Berlin: Die politisch-steuernden Funktionen werden in
Berlin wahrgenommen, während das Bundesjustizamt in
Bonn – zusammengesetzt aus den Zuständigkeiten des
Generalbundesanwalts, den Zuständigkeiten des Bun-
desverwaltungsamts und den Exekutivzuständigkeiten
des Justizministeriums – arbeitet.

Das Bundesjustizamt wird verschiedene Zuständig-
keiten haben: als zentrale Verwaltungsbehörde für den
grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, aber auch als
Vollzugsbehörde für andere Aufgaben. Wir als Deut-
scher Bundestag sind vor wenigen Wochen den ersten
Schritt gegangen, indem wir im Gesetz über das elektro-
nische Handels- und Unternehmensregister bereits die
Zuständigkeit des Bundesjustizamts festgeschrieben ha-
ben.

Jetzt gehen wir zusammen den zweiten Schritt, indem
wir dieses Bundesjustizamt errichten.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den zweiten Schritt vor dem ersten!)


Ministerium und Generalbundesanwalt werden sich
dann auf die Kernkompetenzen konzentrieren können.

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(C (D nsbesondere das Bundesministerium wird nicht mehr innwidrig als erstinstanzliche Verwaltungsbehörde einesetzt. Wir haben dann eine Bundesoberbehörde, die ls kompetenter Ansprechpartner mehr Transparenz und ürgernähe gewährleisten wird. Damit machen wir un ere Justiz für den nationalen, den europäischen und den nternationalen Justizverkehr fit. Ich freue mich darüber, dass nach dem, was von den isherigen Rednern gesagt worden ist, wir dieses Gesetz umindest unter den Fraktionen, die gesprochen haben, instimmig verabschieden können. Ich danke Ihnen. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bunesregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf Druckache 16/1827 zur Errichtung und zur Regelung der Aufaben des Bundesamts für Justiz. Der Rechtsausschuss mpfiehlt auf Drucksache 16/3009, den Gesetzentwurf n der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenien, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zutimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist amit in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke von en übrigen Fraktionen angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a und 27 b auf: a)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605812100
Stokar von Neuforn, Kai Gehring, Monika Lazar,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Datenschutzaudit umsetzen – Gütesiegel
stärkt Bürgerrechte und schafft Akzeptanz für
wirtschaftliche Innovationen

– Drucksache 16/1499 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela
Piltz, Ernst Burgbacher, Jens Ackermann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Datenschutz-Audit-Verfahren und Daten-
schutz-Gütesiegel einheitlich regeln

– Drucksache 16/1169 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Kultur und Medien






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten
erhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Silke Stokar von Neuforn für die Fraktion des Bünd-
nisses 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
Deutsche Bundestag hat sich bereits im Jahre 2003 auf
ein Datenschutzaudit verständigt. § 9 a des Bundesda-
tenschutzgesetzes sieht vor, dass die näheren Anforde-
rungen an die Prüfung und Bewertung eines Auditver-
fahrens durch ein besonderes Gesetz geregelt werden
sollen. Dieser klare Auftrag des Bundestages wurde
von der Exekutive bis heute nicht umgesetzt.

Ich bekenne offen: Es hat hier auch unter Rot-Grün
bedauerlicherweise nicht die erforderlichen Fortschritte
gegeben. Der ehemalige Bundesinnenminister Otto
Schily hat jede Modernisierung im Datenschutz blo-
ckiert und die SPD musste beim Thema Datenschutz im-
mer wieder neu zum Jagen getragen werden, sodass wir
durch die Neuwahl in die Situation gekommen sind, dass
wir das Informationsfreiheitsgesetz zwar geschafft ha-
ben, das Thema Datenschutzaudit aber bedauerlicher-
weise wieder einmal liegen blieb.

Wir wollen das Thema Datenschutzaudit nicht ad acta
legen; ganz im Gegenteil: Wir suchen neue Bündnispart-
ner. Im Bereich der Wirtschaft haben wir sie längst ge-
funden. Auch ohne bundesgesetzliche Regelung entwi-
ckeln sich Gütesiegel für den Datenschutzbereich. So
hat sich beispielsweise die Firma Coca-Cola durch
TÜViT zertifizieren lassen. Das Gütesiegel „quid!“
– Qualität in Datenschutz – wurde in einem von der
Bundesregierung geförderten Forschungsprojekt entwi-
ckelt. Es entstehen derzeit auch aktuell immer neue
IT-Sicherheitszertifikate.

Angesichts entsprechender Bemerkungen aus den
Reihen der SPD, die ich auf dem Weg hierher gehört
habe, könnte man sich die Frage stellen: Wofür brauchen
wir noch eine gesetzliche Regelung, wo doch der Markt
sich die erforderlichen Zertifikate selbst schafft? Aber
genau an dieser Stelle liegt das Problem. Was fehlt, sind
anerkannte Kriterien für das Datenschutzaudit. Ein
Wildwuchs an Zertifikaten nutzt weder der Wirtschaft
noch wird dadurch das notwendige Vertrauen der Ver-
braucherinnen und Verbraucher geschaffen. Wenn dieser
Wildwuchs so weitergeht, dann gibt es vielleicht dem-
nächst ein Gütesiegel aus den USA, worauf steht: Die
Fluggastdaten sind bei der CIA in den besten Händen. –
Solche Gütesiegel wollen wir nicht. Wo Datenschutz
draufsteht, muss erkennbar und verlässlich Datenschutz
drin sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


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(C (D Die datenschutzrechtliche Qualität von Produkten, ienstleistungen und Datenverarbeitungssystemen in irtschaft und Verwaltung muss nach einem einheitli hen Prüfschema bewertet werden. Wir wollen Anreize etzen, Datensicherheit und Datenvermeidung schon bei er Produktentwicklung mitzudenken. Zielsetzung des atenschutzaudits ist es auch, einen Wettbewerb um die ntwicklung und um den Einsatz datenvermeidender echnologien auszulösen. Insofern – das könnte auch bei er SPD irgendwann einmal ankommen – ist es ein Innoationsthema und ein wirtschaftsfreundliches Thema. ie ich vorhin bereits gesagt habe: Die Wirtschaft ist in iesen Bereichen viel weiter als die Politik. Ich finde es gut, wenn wir zu einem Ergebnis komen könnten. Wir sollten versuchen, die alten Gräben uzuschütten. Wir sollten uns erneut und offen mit dem hema Datenschutzaudit auseinander setzen. Vielleicht önnten wir uns in Form einer Anhörung im Innenauschuss auf den aktuellen Stand der gesellschaftlichen ebatte bringen. Im Zusammenhang mit den RFID-Chips, über die ir schon geredet haben, kommt die EU zu dem Ergebis, dass die Marktfähigkeit dieser neuen Technologie ntscheidend davon abhängt, dass Datenschutz und Daensicherheit gewährleistet sind. Die Forderung steht im aum, das entsprechende Vertrauen in der Bevölkerung u schaffen, um eine Akzeptanz für neue Produkte im ereich der Informationstechnologie zu erreichen. Das rreichen wir aber nur, wenn wir mit verlässlichen Güteiegeln und Prüfkriterien arbeiten. Ich halte das Datenschutzaudit für ein Thema, bei em wir den Versuch unternehmen sollten, fraktionsbergreifend einen Schritt weiterzukommen. Wenn wir s schaffen, das Datenschutzaudit in Deutschland umzuetzen, dann wäre es ein Reformschritt nach vorne. Wir rleben bei der großen Koalition ja nicht allzu oft, dass s einen Schritt nach vorne gibt. Das Ergebnis wäre ehr Qualität im Datenschutz. Damit würden wir, wie chon gesagt, auch Anreize für die Entwicklung neuer rodukte im Bereich der Informationstechnologie schafen. Reden Sie einmal mit den Unternehmen der ITranche. Sie sind längst auf der Seite der Grünen und nterstützen uns bei unserer Forderung nach einem Daenschutzaudit. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605812200

Für die Unionsfraktion hat das Wort die Kollege

eatrix Philipp.


Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1605812300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Frau Stokar, ich konnte vorhin Ihrer Rede – ich
ekenne, dass das öfter der Fall ist – phasenweise zu-
timmen.






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will aber nicht allzu viel Hoffnung wecken.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie aber! Sie sind eine Hoffnungsbringerin!)


Wir sollten uns weiterhin an der Sache orientiert aus-
einander setzen.

Sie wissen auch, dass ich immer für das Zuschütten
von Gräben bin. Vielleicht könnte man das durch die von
Ihnen angeregte Anhörung erreichen. Es war aber auch
wieder nur so halb richtig. Richtig ist, der Deutsche Bun-
destag hat sich 2003 darauf verständigt, aber nur mit
Mehrheit. Wir sind schon damals – wie Sie sich sicher-
lich erinnern können – gegen das jetzt zur Diskussion
stehende Datenschutzaudit gewesen, weil wir gesagt ha-
ben, es wird in erheblichem Maße den Mittelstand und
die Industrie belasten. Und nach wie vor sind wir der
Auffassung, dass es Dinge gibt, für die wir keine Ge-
setze brauchen, die von den Betroffenen im Zweifelsfall
also selbst geregelt werden können. Das wird sicherlich
– da stimmen wir zu – in der Ausschussberatung noch
einmal eine Rolle spielen.

Es ist sicher auch immer interessant, wenn nach und
nach der Sand im Getriebe der letzten Regierungskoali-
tion sichtbar wird. Das ist sicher interessant, aber es ist
nicht immer zielführend und manchmal auch nicht nach-
vollziehbar.

Die Bedenken, die es dagegen gegeben hat, dieses
Ausführungsgesetz zu schaffen, teilen wir heute noch
immer. Wie gesagt, im Jahr 2000/2001 sind ausführliche
Debatten über diesen § 9 a BDSG geführt worden. Ich
glaube, im Moment müssen wir alles andere tun, als die
mittelständische Wirtschaft, die es in den meisten Fällen
betrifft, zusätzlich zu belasten.

Sie haben darauf hingewiesen, was wir damals mitge-
tragen haben:

Zur Verbesserung des Datenschutzes und der Da-
tensicherheit können Anbieter von Datenverarbei-
tungssystemen und -programmen und datenverar-
beitende Stellen ihr Datenschutzkonzept sowie ihre
technischen Einrichtungen durch unabhängige und
zugelassene Gutachter prüfen und bewerten lassen
sowie das Ergebnis der Prüfung veröffentlichen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau, freiwillig!)


Damit sind wir völlig einverstanden. So weit, so gut.
Dann heißt es aber weiter:

Die näheren Anforderungen an die Prüfung … so-
wie die Auswahl und Zulassung der Gutachter wer-
den durch besonderes Gesetz geregelt.

Das haben wir schon damals nicht für richtig gehalten
und eigentlich haben sich die Bedingungen, die damals
dazu geführt haben, dass wir Nein gesagt haben, eher
verschärft, wenn ich mir im Augenblick die Situation an-
schaue.

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(C (D Ich finde es auch ein bisschen bemerkenswert – das ann ich mir einfach nicht verkneifen –, dass Sie eigentich einige Jahre Zeit hatten, das umzusetzen. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hätte es gemacht! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Jawohl, das ist gut. Mit dieser Inaussichtstellung haben
ie vier Jahre lang gelebt und das eigentlich nicht er-
ähnt, nun sollen wir aber unverzüglich Ihre Hausaufga-
en machen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da saß ein völlig bockiger Minister!)


as ist eigentlich nicht so ganz in Ordnung.

Was könnte in solchen Anregungen denn stehen?
weifellos Bewertungsmaßstäbe, die dazu geeignet
ind, dass der Verbraucher etwas mehr Sicherheit – Sie
aben das Vertrauen genannt – empfindet. Dagegen ist
icherlich überhaupt nichts zu sagen. Wir wehren uns
ur dagegen, dass staatlicherseits, vonseiten der Regie-
ung, ein Gesetz mit diesem Inhalt, wie Sie es angespro-
hen haben, erlassen wird.

Wir sind in Sachen Datenschutz auch kein Entwick-
ungsland. Ich denke, das muss man auch einmal sagen.

ir haben Kontrollinstanzen, wir haben Aufsichtsbe-
örden, die kontrollieren. Wir haben in großen und grö-
eren Firmen betriebliche Datenschutzbeauftragte, die
hrer Aufgabe sehr intensiv und verantwortungsvoll
achkommen. Also würde damit so etwas wie eine dritte
ontrollinstanz geschaffen werden. Das halten wir vor
em Hintergrund des angestrebten Abbaus von Bürokra-
ie für nicht ganz richtig.

Ich habe heute Morgen die Debatte aufmerksam ver-
olgt und dabei gedacht: Es gibt zwischen Ihnen und uns
chon einen wesentlichen Unterschied in der Auffas-
ung, wie man mit Daten und Datenschutz umgeht.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Das ist wirklich so. Das hat sich heute Morgen bis hin
ur Debatte über die Terrorismusbekämpfung gezeigt.
atenschutz ist für mich immer noch eine Frage der
bwägung. Vielleicht ist es hier oder da tatsächlich nö-

ig, diese Abwägung anders vorzunehmen. Oder besser:
ir nehmen sie anders vor als Sie und sind im Zweifels-

all bereit, im Sinne der Terrorismusbekämpfung hier
nd da Einschränkungen der persönlichen Freiheit hin-
unehmen, wenn das tatsächlich zu mehr Sicherheit
ührt.

Vielleicht müssen diese Dinge mehr offen ausgetra-
en werden. Wir sind dafür, dass man die Wirtschaft, die
ndustrie auffordert, sich in diesem Sinne mehr der
chaffung eines Gütesiegels zu öffnen, als das bisher der
all ist. Ich stimme Ihnen auch zu, um Wildwuchs kann
s dabei nicht gehen.

Ich denke, darüber werden wir uns in der Ausschuss-
eratung intensiv austauschen. Diesem Antrag auf






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp
Ausschussberatung werden wir selbstverständlich auch
zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605812400

Die Kollegin Gisela Piltz hat für die FDP-Fraktion

das Wort.


Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1605812500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir sprechen heute über ein Versäumnis der letzten Bun-
desregierung; das ist schon mehrfach angesprochen wor-
den. Es droht aber immer mehr zu einem Versäumnis
dieser Bundesregierung zu werden.

Bereits im Jahr 2001 – auch das wurde schon ausge-
führt – wurde das Datenschutzaudit als bloße Pro-
grammnorm in das Bundesdatenschutzgesetz aufge-
nommen. Damit kann es aber leider nicht umgesetzt
werden. So ist das im Leben. Bereits im Dezember 2004
hat es in diesem Hause zu diesem Thema einen aus mei-
ner Sicht ziemlich eindeutigen – einstimmigen – Be-
schluss gegeben. Für diejenigen, die ihn vergessen ha-
ben, lese ich ihn mit Ihrer Genehmigung vor. In
Drucksache 15/4597 steht:

Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die Bundes-
regierung noch in dieser Legislaturperiode ein Aus-
führungsgesetz zu § 9 a des Bundesdatenschutzge-
setzes vorlegt, damit dieses wichtige Element der
jüngsten Novellierung nicht weiter leer läuft. Dabei
ist einer möglichst unbürokratischen Lösung der
Vorzug zu geben, die sich an den realen Interessen
der Anbieter und Verbraucher orientiert.

Das war aus meiner Sicht – wenn ich das so sagen darf –
eine ganz große Koalition für das Datenschutzaudit und
das Datenschutzgütesiegel.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Heute wurde oft gesagt: Im Prinzip wollen wir es;
aber nicht so. Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht
einen für alle gangbaren Weg finden sollten. Aus meiner
Sicht spricht nichts dagegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist eine Sache, dass die letzte Bundesregierung das
nicht geschafft hat. Frau Stokar, Sie dürfen es mir nicht
übel nehmen, dass ich es lustig finde, dass Sie – ebenso
wie wir – einen Antrag gestellt haben; schließlich konn-
ten Sie das bei Herrn Schily lange nicht durchsetzen. Ich
habe eine Ahnung, warum das so war.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit endet doch nicht meine Politik! Das wäre ja traurig!)


– Damit endet sie nicht. Wenn man sich aber an das erin-
nert, was in der letzten Legislaturperiode passiert ist und

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(C (D as nicht, was gesagt wurde und was nicht, dann findet an es schön, dass manche Sachen doch wieder auf den isch kommen. An manchen Punkten hätten wir uns eine ffentliche Äußerung Ihrer Fraktion in Sachen Datenchutz gewünscht. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir!)


ie haben wir häufig nicht gehört. Die FDP stand damit
ft alleine. Das wissen Sie genau.


(Beifall bei der FDP)


Aus unserer Sicht sind ein Datenschutzaudit und ein
ütesiegel sinnvoller denn je; denn immer mehr Men-

chen tummeln sich im Internet. Das Datenschutzgüte-
iegel hat zwar nicht nur mit dem Internet zu tun; wir
rauchen es aber insbesondere für Transaktionen im
nternet. Wenn wir wollen, dass die Menschen das In-
ernet nutzen – übrigens möchte auch der Staat, dass die

enschen das Internet nutzen, um über E-Government
iele Behördengänge zu sparen –, dann macht es Sinn,
afür zu sorgen, dass die Nutzer sich mittels eines simp-
en Verfahrens darüber informieren können, ob ihre
ransaktionen sicher sind. Dafür könnte dieses Siegel
orge tragen. Deshalb unterstützen wir das.

Dem Gütesiegel wird häufig entgegengehalten, dass
s zu viel Bürokratie mit sich brächte. Frau Philipp, das
aben auch Sie vorhin gesagt. Wenn wir ein typisch
eutsches Verfahren installieren würden, wenn wir es
lso überfrachten würden, wäre das der Fall. Ich glaube
ber, dass man auch ein relativ einfaches Verfahren in-
tallieren kann: Man kann klare Kriterien setzen, die ein-
uhalten sind. Ich glaube, dass wir ein solches Genehmi-
ungsverfahren, das nicht typisch deutsch ist, erfinden
önnen.

Ein solches Verfahren wäre flexibel und würde die
irtschaft wenig belasten. Eines ist klar: Die FDP
öchte den Mittelstand nicht weiter belasten. Ganz im
egenteil: Wir wollen dem Mittelstand – überhaupt al-

en deutschen Unternehmen – eine Chance bieten; denn
ir halten es für einen Wettbewerbs- und Innovations-
orteil, wenn deutsche Unternehmen mit einem solchen
iegel werben können.

Dass das geht und dass die Welt davon nicht unter-
eht, zeigen die Erfahrungen, die man in Schleswig-Hol-
tein gesammelt hat. Schleswig-Holstein hat als erstes
nd einziges Bundesland ein solches Ausführungsge-
etz.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Aber nicht für privat!)


Private können aber darauf zurückgreifen. Es ist in ers-
er Linie nur für staatliche Stellen. Aber wenn private
tellen für den Staat arbeiten, können sie das ebenso er-
alten.

Von daher denke ich, dass die Welt nicht untergegan-
en ist. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn ein Land
it einem solchen Gesetz Erfahrungen gemacht hat, die

eigen, dass es geht. Wir halten es für sinnvoll, das jetzt
uch für private Unternehmen möglich zu machen. Ich






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
glaube, dass nichts dagegen spricht. Wenn ich die Rede
von Frau Philipp richtig verstanden habe, dann komme
ich zu dem Schluss, dass wir uns in einem Berichterstat-
tergespräch darüber verständigen sollten, wie wir mit
dem Thema umgehen. Denn ich finde, es sollte nicht da-
ran scheitern, dass die einen es so und die anderen es an-
ders verstehen. Wir sollten im Interesse des Datenschut-
zes und der Nutzer ein solches Siegel einführen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605812600

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Dr. Michael

Bürsch.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1605812700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dies ist

der Tag der großen Gemeinsamkeiten. Nicht nur bei der
Debatte über das Bundesamt für Justiz, sondern auch
hier werden wir feststellen, dass es inhaltlich keine ent-
scheidenden Meinungsunterschiede gibt, allenfalls Un-
terschiede hinsichtlich des Zeitpunkts. Datenschutz – da
sind wir uns alle einig – ist einerseits eine sehr wichtige
Materie, andererseits leider auch eine sehr komplexe.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habt ihr schon sieben Jahre blockiert und jetzt ist immer noch der falsche Zeitpunkt?)


Deshalb richte ich im Voraus eine grundsätzliche Be-
merkung an Frau Kollegin Stokar und an die Adresse der
FDP. Bei der Diskussion über Regelungen zum Daten-
schutz, wie sie heute auf der Tagesordnung stehen, sind
vor allem Gründlichkeit und Genauigkeit geboten.
Schließlich geht es um ein essenzielles Bürgerrecht, das
wir mühsam erkämpft haben, nämlich um die informa-
tionelle Selbstbestimmtheit des einzelnen Bürgers und
der einzelnen Bürgerin. Diese Selbstbestimmtheit ist in
unseren Augen – zumal wir heute in einer Wissensge-
sellschaft leben – zentraler Bestandteil der subjektiven
Freiheitsrechte und deshalb ein besonders schützenswer-
tes Gut.

Die Wissens- und Informationsgesellschaft ist da-
durch charakterisiert, dass in ihr ein immer größerer Da-
tenstrom in Bewegung gerät, der durch sämtliche Berei-
che des modernen Lebens fließt und immer mehr
Informationen über den einzelnen Menschen – als Kon-
sument oder als Kunde – erfasst werden. Die zuneh-
mende weltweite Vernetzung von Computern erhöht
ganz wesentlich die Möglichkeit von Datenmissbrauch
und -manipulation. Sie stellt für den Einzelnen eine
kaum noch zu überblickende Gefahr für die Souveränität
seiner Handlungen und Entscheidungen dar.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus?)


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(C (D In der Diskussion über den Datenschutz muss allerings auch im Lichte der Informationsfreiheit die Frage ach dem Sinn weiterer Gesetze gestellt werden dürfen. chließlich ist es eine Materie, die sich ohnehin schon urch ein relativ kompliziertes Geflecht von Regelungen uszeichnet. Es geht um widerstreitende Interessen: eierseits um die Sorge um legitime Freiheitsansprüche es Einzelnen, andererseits – Frau Philipp hat darauf ingewiesen – um die Furcht vor der Erschaffung weiteer bürokratischer Hemmnisse und Barrieren. Daher uss bei aller guten Absicht, die informationelle elbstbestimmtheit zu schützen, immer im Auge behal en werden, dass man so wenig wie möglich neue Büroratie schafft. Denn Bürokratie ist stets in der Gefahr, ich zu verselbstständigen, manche gute Absicht zu konerkarieren oder manchmal sogar ins Absurde zu führen. Die Antwort auf die hier aktuelle Frage, warum man in Datenschutzauditgesetz braucht, fällt nahezu lakoisch aus. Ein Datenschutzaudit würde helfen, den Daenschutz effektiver und besser zu machen. Da sitzen wir lle im selben Boot. Worum geht es? In § 9 a Bundesdaenschutzgesetz ist die Einführung eines allgemeinen atenschutzaudits vorgesehen. Das Audit ist die Prü ung und Bewertung des Datenschutzniveaus datenverrbeitender Stellen durch unabhängige Sachverständige. ffen ist lediglich die Frage, wie ein Datenschutzaudit etztlich auszugestalten ist. Wenn der Bundesbeauftragte ür den Datenschutz schon in seinem Tätigkeitsbericht 003/2004 die Frage stellt, wann ein solches Datenchutzaudit endlich komme, dürfte ihm in der Sache aum jemand ernsthaft widersprechen. Zwei Punkte scheinen mir wichtig zu sein. Zum einen ann man das Prinzip Freiwilligkeit beim Datenschutz icht hoch genug bewerten. Ich halte auf dieses Prinzip roße Stücke, weil es vor allem den Akteuren in der irtschaft Spielräume lässt, über das Ob und insbeson ere über das Wie eines Audits selber zu entscheiden. us der Lebenserfahrung muss man sagen: Auf das, ozu sich jemand freiwillig verpflichtet hat, kann man ich im Zweifelsfalle etwas mehr verlassen als auf die efolgung und nötige Kontrolle gesetzlicher Regelunen. Auch die Grünen weisen in ihrem Antrag zu Recht arauf hin. Als Schleswig-Holsteiner bedanke ich mich n diesem Zusammenhang ganz besonders für das von llen Seiten ausgesprochene Lob für mein Bundesland, as in diesem Bereich schon mit einem Modellprojekt orangeschritten ist. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Da ist der Datenschutzbeauftragte ja auch ein Grüner!)


Das führt mich zu meinem zweiten Punkt, der aus
em ersten folgt: Datenschutz darf für Unternehmen und
ienstleister in Zukunft nicht mehr als Verhinderungs-
der Abschreckungsinstrument gelten. Vielmehr – da-
auf hat der Datenschutzbeauftragte wiederholt hinge-
iesen – müssen die positiven Aspekte des Datenschut-

es als Bestandteil der Qualität der angebotenen
ienstleistungen betont werden.

Das Datenschutzaudit muss sich aus meiner Sicht zu
inem echten Standortvorteil für Unternehmen entwi-






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
ckeln. Wirtschaftlicher Erfolg muss sich unmittelbar aus
der Freiwilligkeit solcher Datenschutzmaßnahmen erge-
ben. Die Frage nach Art und Umfang eines Daten-
schutzauditgesetzes muss daher besonders genau geprüft
werden.

An genau dieser Stelle setzen wir mit unseren noch
bestehenden Bedenken an. Sie sind nicht inhaltlicher,
sondern im Wesentlichen zeitlicher Natur. Zum Gesetz-
gebungsverfahren gehört unermüdliche Überzeugungs-
arbeit: in der Politik, in der Wirtschaft und natürlich
auch innerhalb der Verwaltung. Schließlich ist es die
Verwaltung, die für die Umsetzung zuständig ist.

Frau Kollegin Stokar, aufgrund unserer Erfahrungen
mit dem Informationsfreiheitsgesetz wissen wir: Es hat
lange gedauert – das ist unbestritten –, aber letztendlich
haben wir gesiegt. Wir haben ein Gesetz zustande ge-
bracht. Sechs Jahre sind zwar eine lange Zeit, aber der
Erfolg hat uns Recht gegeben.


(Gisela Piltz [FDP]: Ohne die FDP hätten Sie dieses Gesetz nicht durch den Bundesrat gebracht!)


Wir haben diese Zeit genutzt, um auch die Verwaltung
davon zu überzeugen, dass dieses Vorhaben sinnvoll ist.
Denn es nützt nichts, wenn man es mit einer Verwaltung
zu tun hat, die eine Maßnahme nicht unterstützen will.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605812800

Kollege Bürsch, möchten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Stokar zulassen?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1605812900

Ich nehme gerne eine Zwischenfrage von Frau Stokar

und auch von jedem anderen Mitglied dieses Hohen
Hauses entgegen. Frau Kollegin, da wir in der vorigen
Koalition zusammengearbeitet haben, freue ich mich na-
türlich ganz besonders auf Ihre Frage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Bürsch, nachdem die SPD-Fraktion das
Datenschutzauditgesetz unter Rot-Grün sieben Jahre
lang trotz inhaltlicher Debatten blockiert hat – darauf
hatte ich hingewiesen – und Sie sich heute hier hinstellen
und sagen, für die SPD-Fraktion sei noch nicht der rich-
tige Zeitpunkt gekommen, frage ich Sie: Könnten Sie
mir mitteilen, wann in etwa die SPD Ihrer Meinung nach
in der Lage sein wird, im Hinblick auf ein modernes Da-
tenschutzauditgesetz eine Entscheidung zu treffen?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1605813000

Frau Kollegin, ich kann Ihnen mit nur einem einzigen

Wort antworten: bald.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie es uns doch etwas genauer! Vielleicht in Jahrhunderten!)


Gut Ding braucht Weile. Wie es auch beim Informa-
tionsfreiheitsgesetz der Fall war, haben wir die Zeit sinn-
voll genutzt. Wir nutzen sie auch weiterhin. Momentan

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(C (D nterziehen wir uns der Mühe der Ebene, die Verwaltung nd andere, die wir dafür ins Boot holen müssen, davon u überzeugen, dass wir ein solches Audit brauchen und eine Rahmenbedingungen jetzt festlegen müssen. Das wird auf jeden Fall noch in dieser Legislatureriode geschehen. Meine zeitliche Antwort lautet daer: Es wird bald passieren. Jetzt könnten Sie in Gesetestexten nachlesen, wie der Begriff „bald“ in echtlicher Hinsicht zu verstehen ist. „Bald“ bedeutet: twas länger als unverzüglich. Denn das heißt bekanntich: ohne schuldhaftes Zögern. Wir brauchen noch etas länger. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich befürchtet!)


Zusammengefasst möchte ich sagen: Gerne schließen
ir uns inhaltlich dem Ansinnen der Grünen, der Libera-

en und all derer in diesem Hohen Hause, die den Daten-
chutz hochhalten wollen, an. Aber wie schon beim In-
ormationsfreiheitsgesetz brauchen wir noch Zeit, um
irklich alle, die dieses Gesetz anwenden sollen, ins
oot zu holen. Denn wenn es um die Abwehr von un-

iebsamen Gesetzen geht, zeigt sich, wie viel Fantasie
ine Verwaltung haben kann; das wissen wir. Ich kann
as aufgrund meiner zehnjährigen Verwaltungserfahrung
estätigen.

Das Motto im Hinblick auf das Datenschutzauditge-
etz, das wir alle wollen, lautet: Ende gut, alles gut, und
as bald.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, bravo!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813100

Der Kollege Jan Korte spricht nun für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das,

as ich jetzt sage, kann man als Mitglied der Linksfrak-
ion nicht oft sagen: Heute liegen zwei überraschend
ute Anträge vor, die wir aus vollem Herzen unterstüt-
en.

Die Kollegin Piltz hatte Recht – ich habe im Protokoll
achgesehen –: Im Jahre 2001 gab es in diesem Hause
ine regelrechte Aufbruchstimmung, als man sich vor-
ahm, Europas modernstes Datenschutzrecht zu schaf-
en. Allein seine Umsetzung funktioniert nicht; das müs-
en wir heute erneut zur Kenntnis nehmen. Auch im
ebruar 2005, als es um den 19. Tätigkeitsbericht des
atenschutzbeauftragten ging, waren die Erwartungen
och. Es ist einstimmig beschlossen worden, noch in der
5. Wahlperiode, ein Ausführungsgesetz vorzulegen.
eschehen ist nichts.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Bald!)







(A) )



(B) )


Jan Korte
Das betrifft nicht nur das Auditgesetz, sondern auch das
Gendiagnostikgesetz und den Arbeitnehmerdaten-
schutz. Da fragt man sich schon, ob das nicht System
hat. Offensichtlich will die Mehrheit dieses Hauses es
nicht.

SPD und Grünen muss ich in diesem Falle zur Seite
stehen: Dass es in der 15. WP nicht geklappt hat, ein
Ausführungsgesetz zu verabschieden, hat etwas damit zu
tun, dass diese Wahlperiode – zum Glück – wesentlich
kürzer ausgefallen ist. Deshalb haben Sie dies nicht
mehr umsetzen können; das will ich zu Ihren Gunsten
gerne anmerken.

Zu den beiden Anträgen. Ich finde, dass das Thema
Datenschutz nach wie vor aktuell ist, weil viele Unter-
nehmen personenbezogene Daten ihrer Kunden mit tech-
nischen Mitteln verarbeiten müssen. Insbesondere die
kleinen Unternehmen dürfen den Schutz dieser Daten
nicht als lästige Behinderung ihrer Geschäftstätigkeit
wahrnehmen, sondern müssen ihn als Qualitätsmerkmal
und als Vermarktungschance begreifen. Gerade die klei-
nen und mittleren Unternehmen werden dankbar dafür
sein, wenn sie vorbildlichen Schutz der ja wirklich sen-
siblen Daten ihrer Kunden durch ein Gütesiegel doku-
mentieren können. Das ist ein konkreter Vorteil gegen-
über den großen Konzernen, wenngleich diese das unter
finanziellen Gesichtspunkten schon jetzt realisieren kön-
nen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Er hat verstanden!)


– Danke.

Ich bin mir sicher, dass das Niveau des Datenschutzes
dadurch insgesamt steigen wird und dass die Menschen
in diesem Lande dadurch für die Bedeutung des Daten-
schutzes insgesamt stärker sensibilisiert werden. Nicht
zuletzt sind die Verbraucherinnen und Verbraucher die
Nutznießer eines geregelten Auditverfahrens mit ver-
gleichbaren Standards. Anhand eines Auditsiegels erhält
jeder Bürger die Möglichkeit, konkret zu prüfen, ob der,
dem er Zugriff auf seine schützenswerten Daten zu ge-
währen gedenkt, ein seriöser Geschäftspartner ist. Auch
deswegen ist dieser Vorschlag sinnvoll.

Ich glaube, über das, was der Kollege Bürsch gesagt
hat, herrscht Einigkeit in diesem Hause. Deswegen freue
ich mich, dass auch wir von der Linksfraktion heute ge-
meinsam mit allen anderen Fraktionen diesen beiden
Anträgen zustimmen können.


(Beifall des Abg. Wolfgang Gunkel [SPD])


Das ist eine schöne Sache. Es wäre allerdings schön,
wenn das öfter so wäre.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! – Gisela Piltz [FDP]: Das liegt aber nicht an uns!)


– Das liegt nicht an uns, das hängt von der Qualität des-
sen ab, was uns vorgelegt wird.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sind nicht alle so vernünftig wie wir!)


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(C (D Angesichts der Debatte über die Antiterrordatei und ber weitere Eingriffe in die Grundrechte – ich möchte och einmal an die Vorratsdatenspeicherung erinnern – äre es ein gutes Zeichen für die Verbraucher, wenn wir eute, zum Wochenende, dem gemeinsam zustimmen. ir werden das tun. Die Anträge sind sinnvoll. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813300

Ich schließe die Aussprache, muss allerdings den Kol-

egen Korte enttäuschen: Heute kann nicht einstimmig
bgestimmt werden, weil interfraktionell vorgeschlagen
st, die Vorlagen auf den Drucksachen 16/1499 und
6/1169 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
chüsse zu überweisen – es sei denn, es kommt jetzt aus
em Plenum der Vorschlag, anders zu verfahren.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das machen wir einstimmig!)


Sie sind damit einverstanden. Dann sind die Überwei-
ungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 d auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marie-
Luise Dött, Katherina Reiche (Potsdam),
Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Marco Bülow, Dirk Becker, Petra
Bierwirth, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Deutschlands Verantwortung national und
international mit einer umfassenden Strategie
zur biologischen Vielfalt wahrnehmen

– Drucksache 16/1996 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Bericht der Bundesregierung zur Lage der
Natur

– Drucksache 15/5903 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Nationale Biodiversitätsstrategie zügig vor-
legen

– Drucksache 16/1497 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Rainder Steenblock,
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Verstöße gegen FFH-Richtlinie umgehend
abstellen

– Drucksache 16/1670 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Auch dazu höre
ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Als erster Redner in dieser Debatte hat der Bundes-
minister Sigmar Gabriel das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über
den Bericht der Bundesregierung zur Lage der Natur und
die dazu vorliegenden Anträge wird heute gemeinsam
beraten. Ich glaube, es ist sinnvoll, darauf hinzuweisen,
dass der Bericht der Bundesregierung zur Lage zur Natur
noch aus der letzten Legislaturperiode stammt. Einem
Auftrag des Parlaments folgend wurde damit erstmals
auf der Basis aktueller naturwissenschaftlicher Daten
eine politische Bewertung durch die Bundesregierung
vorgenommen.

Im Ergebnis wird in diesem Bericht eine ganze Reihe
von Hausaufgaben formuliert, die wir noch zu erledigen
haben. Ich nenne die wichtigsten: Es wird die Entwick-
lung einer nationalen Strategie zum Schutz der biolo-
gischen Vielfalt gefordert, es wird die Dringlichkeit des
Schutzes des nationalen Naturerbes unterstrichen und es
wird gefordert, Deutschland solle mehr Verantwortung
im internationalen Naturschutz wahrnehmen.

Ich will zu diesen Hausaufgaben nur so viel sagen:
Wir haben diese nationale Strategie zum Schutz der bio-
logischen Vielfalt erarbeitet. Sie befindet sich derzeit in
der Ressortabstimmung. Wir werden darüber im Hause

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(C (D icher noch zu diskutieren haben. Innerhalb der Bundesegierung wird sie derzeit abgestimmt. Die Dringlichkeit des Schutzes des nationalen Kulurerbes ist bereits in die Koalitionsvereinbarung aufgeommen worden. Wir haben es immerhin geschafft, 25 000 Hektar Fläche als nationales Kulturerbe zusamenzufassen, den Verkauf zu verhindern und eine Stif ung zu organisieren. Wir debattieren derzeit auch im ahmen der Haushaltspolitik über die schwierigste dabei u lösende Aufgabe, nämlich wie wir mit dem Personal mgehen, das bisher in der Bundesverwaltung dafür zutändig war. Wir haben es zunächst einmal geklärt. Ich laube, das ist ein Riesenschritt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist selten, dass Sie von den Grünen als Erstes klat-
chen, aber ich glaube, es gibt noch genug Themen, über
ie wir miteinander debattieren müssen.

Ich finde, es war eine gute Entscheidung der Bundes-
egierung, die nächste UN-Konferenz zur biologischen
ielfalt nach Deutschland einzuladen. Im Jahre 2008

ind wir Gastgeber.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das war eine gute Entscheidung!)


Jetzt klatschen die Bonner zuerst. – Ich glaube, wenn
an so etwas tut, dann ist es auch richtig, darauf hinzu-
eisen, dass das Gastgeberland natürlich eine besondere
erantwortung dafür hat, im eigenen Land dazu beizu-

ragen, dass die vorhandene Artenvielfalt nicht mehr so
tark bedroht wird. Deswegen will ich zu Beginn gerne
in paar Bemerkungen dazu machen.

Schauen Sie sich um! Wir diskutieren über dieses
hema und mit einigen wenigen Ausnahmen, über die
ir Fachpolitiker uns sicher ganz besonders freuen, sit-

en im Wesentlichen die Fachpolitiker hier. Ich glaube,
ir müssen zugeben, dass das Thema biologische Viel-

alt, Artenvielfalt nicht im Mittelpunkt der öffentlichen
ebatte steht. Wir haben nicht den Eindruck, dass viele
enschen Verständnis dafür haben.

Wann regen sich die Menschen bei uns auf? Das tun
ie, wenn sie merken, dass Wilderer in Afrika Elefanten
der Löwen töten, weil das für uns natürlich wichtige
ymboltiere sind. Wenn es bei uns aber darum geht, ein
iotop zu schützen, dann macht man sich schnell über
en Feldhamster oder die Mopsfledermaus lustig, weil
ie uns weniger interessieren. Man muss offen sagen:
er Schutz unserer kleinen Biotope ist im Kern der Auf-

rag, den wir in unserem Land zu erfüllen haben. Der
eldhamster und die Mopsfledermaus oder auch Bruno,
er Bär, sind eben die Tiere, die wir bei uns zu schützen
aben.


(Beifall der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])







(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Es ist sehr schwer, den Afrikanern klar zu machen,
dass sie ihre Elefanten und Löwen nicht töten sollen,
wenn bei uns der erste Braunbär, der um die Ecke
kommt, erschossen wird.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Koalitionsbruch!)


– Ja, ich hatte viel Verständnis für die schwierige Lage
des Kollegen Schnappauf, trotzdem ist das international
schwer zu verstehen, was durch die entsprechenden Dis-
kussionen deutlich wird. – Für die Afrikaner und die
Asiaten ist es auch schwer zu verstehen, dass wir ihnen
immer kluge Ratschläge geben, wie sie die von uns so
sehr geliebten Großtiere doch bitte schützen sollen,
wenn sie gleichzeitig sehen, dass die Artenvielfalt bei
uns dramatisch abnimmt, weil wir für die bei uns heimi-
schen Arten relativ wenig tun und weil wir nicht bereit
sind, sie zu schützen.

Dass die Artenvielfalt bei uns zurückgeht, wird durch
ein paar Zahlen, wie ich finde, dramatisch deutlich:
Weltweit gibt es 400 000 bis 450 000 Pflanzen- und Pilz-
arten. In Deutschland haben wir ganze 7 Prozent davon.
Man muss wissen, dass von den Biotopen, die wir für
den Schutz dieser Pflanzen und Pilze haben, über
60 Prozent bedroht sind. Weltweit gibt es über
1,4 Millionen Tierarten. In Deutschland haben wir weni-
ger als 4 Prozent davon. Davon sind mehr als 36 Prozent
vom Aussterben bedroht.

Das heißt, wenn wir über Artenvielfalt und Biodiver-
sität reden, dann reden wir gleichzeitig über eine drama-
tische Lage in unserem Land. In Europa ist sie übrigens
nicht viel anders. Wir sind weit davon entfernt, die 2010-
Ziele zum Stopp des Rückgangs der weltweiten Arten-
vielfalt in unserem eigenen Land und in Europa zu errei-
chen. Wenn wir es mit dem Thema ernst meinen, dann
müssen wir es schaffen, dass das öffentliche und auch
das politische Interesse über die Fachpolitik hinausgeht.

Wir können jetzt eine Menge über den Antrag der
Grünen zur FFH-Richtlinie und über den Antrag der
Koalitionsfraktionen diskutieren. All das wird geduldi-
ges Papier bleiben, wenn es uns nicht gelingt, beim
nächsten Mal eine Öffentlichkeit zu erreichen, die über
die hier im Parlament Anwesenden hinausgeht, was auch
mit der Tageszeit zusammenhängt, zu der wir über die-
ses Thema diskutieren.


(Beifall im ganzen Hause)


– Ich sage das durchaus selbstkritisch. Diese Kritik ist
nicht an einen Einzelnen gerichtet. Aber wir müssen eine
größere Öffentlichkeit erreichen, sonst haben wir mit
diesem Thema keine Chance und sonst bleibt all das,
was wir sagen und aufschreiben, relativ bedeutungslos.

Man kann zu diesem Thema unterschiedliche Zu-
gänge finden. Vielleicht ist der Zugang, den wir traditio-
nell wählen, an das Verständnis zu appellieren und die
Bedeutung der Schöpfung hervorzuheben, wichtig. Aber
er ist nicht schlagkräftig genug, um andere davon zu
überzeugen, dass dieses Thema über die Fachpolitik hi-

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(C (D aus eine Bedeutung hat. Lassen Sie mich also ein wirtchaftliches Thema aufgreifen, von dem ich glaube, dass s im Zusammenhang mit der Bewahrung der Artenvielalt zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Wenn man nicht selber ein ökologisches Verständnis at oder aus christlichen oder religiösen Gründen – aufrund des Respekts vor der Schöpfungsgeschichte – eien Zugang zum Erhalt der Artenvielfalt findet, dann ibt es einen ökonomischen Zugang, der in Zukunft ehr in den Mittelpunkt der Debatte gestellt werden uss. Wir wissen, dass heute 6,5 Milliarden Menschen uf der Erde leben. In absehbarer Zukunft wird diese ahl auf 9 Milliarden steigen. Wir wissen, dass wir auf er Basis begrenzter Rohstoffe, die wir traditionell nuten, die wirtschaftliche Entwicklung dieser 6,5 Milliaren und in Zukunft 9 Milliarden Menschen vorantreiben üssen. Wir haben nicht unbegrenzt Energie, Öl und as. Wir haben auch nicht unbegrenzt Kupfer und viele ndere Rohstoffe, die wir brauchen, um die wirtschaftlihe Entwicklung voranzutreiben. Wenn wir das wissen und wenn wir gleichzeitig wisen, dass die Intelligenz der Natur in Form nachwachender Rohstoffe vielfach geeignet ist, diese begrenzten ohstoffe so zu ersetzen, dass man bei der Produktion on Industriegütern oder Medikamenten keine Qualitätserluste hat und dabei gleichzeitig eine wesentlich gerinere Belastung der Umwelt durch die industrielle Prouktion erreichen kann, dann ist das nicht nur eine Frage er Vernunft und der Verantwortung, sondern auch der konomischen Klugheit, stärker als in der Vergangenheit uf diese Intelligenz der Natur zu setzen. In Braunschweig hat das Deutsche Zentrum für Luftnd Raumfahrt am Forschungsflughafen seinen Sitz. Es xperimentiert damit, traditionelle Werkstoffe in der uftfahrtindustrie, also zum Bau von Flugzeugen, eben icht mehr durch Stahl, Aluminium oder Kunststoff beeitzustellen, sondern durch nachwachsende Rohstoffe. s ist erstaunlich, was an Materialfestigkeit und Quali ätssicherung mit einem völlig anderen Rohstoff erreicht erden kann. Wenn Sie mich vor ein paar Jahren gefragt ätten, ob es möglich ist, Flugzeugteile aus nachwachenden Rohstoffen zu bauen, dann hätte ich zumindest twas ungläubig geguckt. In der Mikrobiologie, der Weißen Biotechnologie, ibt es die Möglichkeit, Enzyme synthetisch herzustelen, die in Waschmitteln genauso gut wirken, aber die mwelt wesentlich weniger schädigen. Auch die Nano echnologie bietet viele Chancen. Wir haben – das sage ch deutlich, weil das eine kritische Debatte ist – bis hiein in die Gentechnik nicht nur Risiken, sondern auch hancen. Es klatscht zwar nur die eine Seite, aber debattieren üssen wir über dieses Thema; (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Politischer Applaus!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn davor können wir uns nicht drücken.






(A) )


)

Bundesminister Sigmar Gabriel
Wenn man sehr viel Wasser nutzen muss, um aus ei-
ner Kartoffel ein bisschen Stärke für die chemische
Industrie zu gewinnen, und wenn es in Zukunft eine Kar-
toffelsorte gibt, bei der nicht die Gefahr der Ausstäu-
bung oder der Kontamination auf andere landwirtschaft-
liche Flächen besteht und die auch nicht die
Mikroorganismen in der Erde verändert, bei der man
aber gleichzeitig weniger Wasser braucht, um sogar
mehr Stärke für die chemische Produktion bereitzustel-
len, dadurch weniger Abwasser verbraucht und damit
die Umwelt weniger belastet. Dann müssen wir zumin-
dest darüber reden, ob es sich nicht lohnt, diesem For-
schungsprozess nachzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


– Ich sage nicht, dass man darüber nicht unterschiedli-
cher Auffassung sein kann. Aber man kann dieser Frage
nicht ausweichen, wenn man weiß, dass aus 6,5 Milliar-
den irgendwann 9 Milliarden Menschen werden.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie müssen es noch einmal sagen!)


– Die Frage, ob wir dieses Wissen nur dazu benutzen, es
uns gegenseitig vorzuhalten, sagt auch etwas über die
Ernsthaftigkeit der Debatte aus.

Mir geht es in der Sache um Folgendes: Wenn wir
merken, dass wir mit dem altruistischen Zugang, die Ar-
tenvielfalt zu schützen, nicht weit genug gekommen
sind, müssen wir einen zweiten Zugang, nämlich ökono-
mische Vernunft, bei der Frage anmahnen, ob wir zulas-
sen, dass die Artenvielfalt immer geringer wird. Denn
wenn die Intelligenz der Natur in Zukunft stärker genutzt
werden soll, dann darf man natürlich nicht die Dumm-
heit begehen, den Bestand der Natur ständig zu verrin-
gern, wodurch immer mehr Pflanzenarten, immer mehr
Tierarten, immer mehr Fläche, immer mehr Biotope ver-
loren gehen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


sondern dann muss ein ökonomisches Interesse beste-
hen, die Artenvielfalt zu erhalten. Ich sage das selbstver-
ständlich nicht, um damit eine Ökonomisierung herbei-
zuführen, bei der nur noch das Bestand hat, was einem
wirtschaftlichen Verwertungsinteresse entspricht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813400

Herr Minister Gabriel, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Koppelin – was auch ermöglichen
würde, die Redezeit genauer einzuschätzen?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Wenn ich erst den Gedanken zu Ende führen darf,
gerne.

Ich meine ausdrücklich nicht, dass man die Rechtfer-
tigung des Naturschutzes aus sich selbst heraus an die
Seite stellen und nur noch ökonomisches Verwertungsin-
teresse im Blick haben sollte. Aber mich bedrückt, dass
diese Diskussion die Mitte der Gesellschaft noch lange
nicht erreicht hat. Deshalb müssen wir dafür Sorge tra-
gen, dass bei der Frage, ob wir die Artenvielfalt erhalten

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(C (D der weiter dazu beitragen wollen, dass sie zerstört wird, ie ökonomische Vernunft stärker in den Blick rückt. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bitte schön, Herr Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1605813500

Herr Bundesminister, da mir an Ihrer Rede auffällt,

ass überwiegend nur CDU/CSU und FDP klatschen:
ann es sein, dass die SPD-Fraktion das, was Sie sagen,
och nicht begriffen hat?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Nein, die SPD-Fraktion hat das von mir so oft gehört
nd so viel Beifall geklatscht, dass sie sich derzeit mit
reundlicher Zustimmung zufrieden gibt. Das ist der ein-
ige Grund, Herr Kollege Koppelin.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Die FDP ist echt eine Kasperfraktion geworden!)


Ich habe gedacht, die Ernsthaftigkeit der Debatte ist
urch Ihre Anwesenheit größer. Manchmal nützt natür-
ich Anwesenheit allein nichts, Herr Koppelin; man

uss auch versuchen, in die Sache einzusteigen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren, ich habe – das sage ich in
ller Offenheit – jetzt nichts von dem vorgetragen, was
ir das Haus klugerweise zu dem Thema aufgeschrieben

at. Ich könnte eine Menge zur FFH-Richtlinie und zu
nderen Themen sagen. Ich bin froh, dass wir es ge-
chafft haben, dass die Klagen zurückgenommen worden
ind, dass wir alle pünktlich gemeldet haben und dass
ir Natura 2000 erreicht haben. Das ist übrigens auch

in Erfolg der großen Koalition, in sehr vertrauensvoller
usammenarbeit mit den Ländern. Auf diese Ausführun-
en verzichte ich jetzt und gebe sie notfalls zu Protokoll,
alls dazu die Chance besteht.

Ich wäre aber dankbar, wenn Sie mithelfen würden,
ie entscheidende Menschheitsfrage, wie wir mit unserer
iologischen Vielfalt in den kommenden Jahren umge-
en, mehr in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen und
ielleicht etwas ernsthafter mit dem Thema umzugehen,
ls sich nur gegenseitig vorzuwerfen, wer gerade
latscht und wer nicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Herr Koppelin gehört auch zur Artenvielfalt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813600

Herr Minister, es geht nicht, dass Sie Ihre Rede zu

rotokoll geben. Aber ich denke, die Werbung war so
eutlich, dass die Kollegen, die das alles nachlesen wol-
en, sich Ihr Manuskript gern bei Ihnen abholen.

(B)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Das Wort hat die Kollegin Angelika Brunkhorst für
die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1605813700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Sorge um die sich beschleunigende Abnahme der Arten-
vielfalt ist groß. Die Abnahme betrifft alle Regionen die-
ser Welt. Es geht um den Erhalt der Biodiversität. Das ist
ein schweres Wort. Wenn ich damit vor Ort argumen-
tiere, dann fragen alle Hörer erst einmal: Was, bitte
schön, ist das denn? – Ich denke, wir sollten, um das
Thema ein bisschen unter die Leute zu bringen, diesen
Begriff vielleicht nur in den Fachgremien benutzen. Ich
spreche jetzt – ich hoffe, ich halte es durch – von der Ar-
tenvielfalt.

Das ist auch für die FDP ein wichtiges Thema. Wir
haben uns diesbezüglich gerade in dieser Sitzungswoche
mit den Naturschutzverbänden getroffen, um herauszu-
finden, was für sie die Topthemen sind. Dabei wurde
deutlich, dass auch dieses Thema bei ihnen ein
Topthema ist.

Ich will jetzt keine Zahlen nennen, wie groß der Ver-
lust ist oder wie weit wir bereits von der Substanz leben,
sondern ich will nur darauf hinweisen, dass wir von der
Substanz leben und dass wir dafür sorgen müssen, dass
dieser Zustand gestoppt wird. Um das wirklich zu schaf-
fen, bedarf es sehr starker Anstrengungen. Der Minister
hat den Erfolg eben schon zumindest mit einem Frage-
zeichen versehen. Die Bundeskanzlerin hat angekündigt,
den Schutz der biologischen Vielfalt unter der EU-Rats-
präsidentschaft ab 2007 und der Führung des G-8-Gip-
fels zu einem Topthema zu machen.

Ich möchte – aus nationaler Sicht betrachtet – darauf
hinweisen, dass es zum guten Stil gehört – das gilt zu-
mindest für die Liberalen –, sich mit Vertretern von wis-
senschaftlichen Einrichtungen zu treffen, um das eigene
Wissen zu komplettieren. Wir haben in diesem Sommer
wissenschaftliche Einrichtungen insbesondere an der
Küste besucht, um uns über die Meere zu informieren.
Dort ist das Hauptaugenmerk zunächst einmal darauf ge-
richtet, die Artenvielfalt zu dokumentieren; denn die
Meere sind noch weitgehend unerforscht.

Ich bin von den Wissenschaftlern darauf hingewiesen
worden, dass wir Politiker unser Hauptaugenmerk weni-
ger auf Grenzwerte oder Konzentrationen als auf Wir-
kungsketten im Ganzen richten sollten. Das bedarf eines
regen Dialogs und Kontakts mit den Fachleuten.


(Beifall bei der FDP)


Deutschland wird im Mai 2008 die neunte CBD-Ver-
tragsstaatenkonferenz der Vereinten Nationen ausrich-
ten. Ich hatte die Möglichkeit, an der siebten Konferenz
in Malaysia teilzunehmen. Ich kann bezeugen, dass die
Verhandlungsführung der deutschen Mitarbeiter dort ein
sehr hohes Ansehen genossen hat. Das wünsche ich mir
auch für die Zukunft. Wir waren dort Ansprechpartner
für viele kleinere Nationen. Ich denke, wir waren insbe-
sondere deswegen so interessant für die anderen, vor

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(C (D llem die kleineren Länder, weil wir deren Belange, kulurellen Hintergründe und Traditionen sensibel aufgeommen haben. Das wünsche ich mir auch für die zuünftigen CBD-Konferenzen. Nun möchte ich die weltweiten Bemühungen um den rhalt der biologischen Vielfalt ansprechen. Ich denke, s geht dabei um zwei vordringliche Ziele. Zum einen eht es darum, Wissensdefizite aufzuarbeiten, und zwar icht nur auf nationaler Ebene, sondern auch durch die utzung und Stärkung der vernetzten internationalen orschungsaktivitäten. Zum anderen geht es auch daum, konkrete und praktikable Instrumente für die Zuunft anzubieten, um dort, wo entsprechende Entwickungen erkennbar sind, irreversible Schäden abwenden u können. Die bisherigen CBD-Vertragsstaatenkonferenzen haen deutlich gemacht, dass der Hauptanteil des biologichen Reichtums in wenigen Ländern der Welt konzenriert ist. In 15 Ländern finden sich 80 Prozent der iologischen Vielfalt. Von diesem Reichtum können die änder profitieren. Er bietet ihnen eine Entwick ungschance bzw. die Chance, die Armut zu überwinden. eshalb sind Anstrengungen insbesondere vonseiten der ndustrienationen notwendig, die über das notwendige arktwirtschaftliche und technische Know-how verfü en, um den Support leisten zu können. Statt einseitig uf ihren Nutzen bedacht zu sein, sollten sie sich als artner mit entsprechenden Pflichten verstehen, um dieen Ländern die Wertschöpfung ihrer eigenen Ressouren zu ermöglichen. Das ist uns sehr wichtig. Letztlich werden wir alle weltweit davon profitieren, enn wir so vorgehen. Denn der Schutz der biologi chen Vielfalt bietet in einer globalisierten Welt auch en nachfolgenden Generationen die Chance, das genetiche Reproduktionspotenzial zu erhalten und damit zuätzliche Medikamente und Heilverfahren zu entwikeln. Ich möchte zum Schluss noch auf den Antrag der rünen eingehen, den ich in den meisten Punkten als rledigt ansehe. Auch hierbei ist wieder die Tendenz zu rkennen, im vorauseilenden Gehorsam die europäichen Vorgaben über eine Eins-zu-eins-Umsetzung hiaus zu erfüllen. Das Mahnverfahren gegen Deutschland st aber inzwischen eingestellt worden. Insofern bin ich ufrieden. Ich möchte an dieser Stelle all den Unbekannen herzlich danken, die im Hintergrund dafür gesorgt aben, dass es zu einem lautlosen Abschluss des Verfahens gekommen ist. Die Broschüre des BMU ist meines Erachtens gut zu esen. Sie ist mit den vielen Bildern auch nett anzuchauen. Sie ist letztlich eine gute Broschüre für den ürger, nicht unbedingt für mich als Politikerin. Die chnittmengen werden sehr gut dargelegt. Es wird aufezeigt, was beispielsweise Landwirtschaft, Industrieolitik und die Jagd mit Naturschutz zu tun haben. Ich ünsche mir aber, dass zukünftige Broschüren etwas Angelika Brunkhorst konkreter sind und Handlungsanweisungen für die Politik geben. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche allen ein schönes Wochenende. Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin Marie-Luise Dött. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist Freitagnachmittag. Wir denken langsam an das Wochenende und die Arbeit in unseren Wahlkreisen und hoffen, etwas Zeit mit unseren Familien, Freunden, Verwandten und Bekannten zu verbringen; das ist auch richtig so. In den letzten Tagen haben wir im Plenum des Bundestages sowie in den Ausschüssen, den Fraktionen und den Arbeitsgruppen über viele so genannte harte Themen diskutiert und entschieden, von der Abrüstungspolitik über die Rentenpolitik bis hin zur Bekämpfung des Terrorismus. Am Ende der Sitzungswoche widmen wir uns nun einem so genannten weichen Thema, dem Naturschutz. Dem möchte ich aber sofort widersprechen; denn der Naturschutz ist in Wahrheit gar kein weiches Thema. Oder ist die Stabilisierung des Klimas, die die Natur leistet, etwa ein weiches Thema? Ist die Versorgung mit sauberer Luft etwa ein weiches Thema? Ist fruchtbarer Boden, den die Natur bildet, ein weiches Thema? Ist trinkbares Wasser, das eine intakte Natur zur Verfügung stellt, ein weiches Thema? Sind etwa erneuerbare Rohstoffe nur dann ein hartes Thema, wenn wir über deren Besteuerung sprechen? Natürlich nicht! Bei all den Fragen nach den Funktionen der Natur und den Herausforderungen des Naturschutzes geht es um nicht mehr und nicht weniger als um unsere natürlichen Lebensgrundlagen, um die Basis unserer bloßen Existenz. Das als weich zu bezeichnen wäre schlicht verfehlt. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605813800

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1605813900

Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist
das härteste Thema überhaupt. Die Natur braucht uns
nicht, aber wir brauchen die Natur. Ich könnte jetzt leicht
und locker einige Gefährdungen aufzählen, denen unsere
natürlichen Lebensgrundlagen heutzutage ausgesetzt
sind. Ich könnte die Degradierung von Ökosystemen
nennen, auf die Zerstörung der Regenwälder hinweisen,
die Überfischung der Meere anprangern, die Folgen des
Klimawandels analysieren sowie auf das größte Arten-
sterben seit der Zeit der Dinosaurier eingehen. Diese und
andere Gefährdungen werden aber bei allen möglichen
Gelegenheiten und zur Genüge aufgezählt. Ich will das
nicht wiederholen. Zwar müssen wir – selbstredend – die
Gefährdungen beim Namen nennen, brauchen wir diffe-
renzierte wissenschaftliche Fakten über die Natur, die

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(C (D kosysteme und deren Gefährdungen, um unser Haneln danach auszurichten. Aber viel zu oft verkürzt sich iese Übung auf das Entwerfen von Katastrophenszenaien, das Malen düsterer Zukunftsbilder und das Entwikeln von Horrorvisionen. Genau das brauchen wir icht. Solche Bilder machen Angst und Angst ist ein chlechter Ratgeber. Der Naturschutz hat in der Vergangenheit viel zu oft it düsteren Bildern operiert. Er war viel zu oft eine pielwiese von fundamentalistischen Zukunftspessimis en. Er hat sich damit oft in eine Ecke manövriert, in der hn keiner mehr so richtig ernst genommen hat. In diese cke gehört der Naturschutz aber nicht. Dafür ist er viel u wertvoll und wichtig. Um die unzweifelhaft vorhanenen und wachsenden Probleme beim Schutz unserer atürlichen Lebensgrundlagen wirklich anzugehen, rauchen wir keinen fundamentalistischen Zukunftspesimismus. Angst lähmt Kraft und verhindert Kreativität. ir brauchen aber viel Kreativität und Kraft. Wir brauhen einen optimistischen, zukunftsorientierten Umweltnd Naturschutz. Diverse Beispiele hat unser Minister abriel schon gebracht; darauf brauche ich jetzt im Spe iellen nicht einzugehen. Vielen Dank dafür. Wir müssen den Menschen und insbesondere den in irtschaft und Gesellschaft Verantwortlichen die Frei eit geben, Kreativität und Kraft für den Schutz der Umelt zu entwickeln, und wir müssen sie in die Lage ver etzen, mit dieser Freiheit verantwortlich umzugehen. ine Gesellschaft, in der alle aus tief empfundener Verntwortung heraus schonend mit ihrer Umwelt umgehen, rreicht letztendlich einen besseren Schutz von Umwelt nd Natur, als dies staatliche Regelungsflut jemals önnte. Dies ist keine Schwärmerei über ein ideales Geellschaftsbild. Dies wird ganz konkret, wenn es darum eht, neue detaillierte Vorschriften zu ersinnen oder lieer Ziele zu vereinbaren und einen Rahmen zu definieen, in dem viele verantwortliche Akteure ihre Kreativiät einsetzen, um die gemeinsamen Ziele so effektiv wie öglich zu erreichen. Hier gilt der Grundsatz: mehr Umeltschutz durch mehr Freiheit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Angelika Brunkhorst [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Leitplankenkonzept des Wissenschaftlichen
eirats der Bundesregierung Globale Umweltverände-

ungen, WBGU, ist in meinen Augen ein solcher zu-
unftsorientierter Ansatz. Oft wird davon gesprochen,
inen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des
chutzes der Natur und den berechtigten Interessen der
utzung zu finden. Das klingt zunächst gut und ist bei
ielen Einzelentscheidungen auch der richtige Weg. Die
rfahrung lehrt aber, dass allzu oft die Natur angesichts
bermächtiger Interessen im Endeffekt den Kürzeren
ieht und ein vermeintlich gerechter Ausgleich der Inte-
essen einer Prüfung am Prinzip der Nachhaltigkeit nicht
tandhält, weil der Naturhaushalt eben doch derart belas-
et wird, dass zukünftigen Generationen Entwicklungs-
nd Nutzungsmöglichkeiten genommen werden. Das






(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött
Leitplankenkonzept des WBGU sieht demgegenüber
vor, Grenzen zu definieren, deren Überschreitung jetzt
oder in der Zukunft intolerable Folgen mit sich bringt.
Das Überschreiten dieser Leitplanken in dem Bereich
der Nichtnachhaltigkeit sollte dabei so weit wie möglich
verhindert werden. Ich halte das deshalb für einen zu-
kunftsorientierten Ansatz, weil innerhalb der Leitplan-
ken breite Entwicklungsspielräume eröffnet werden.
Dieses Konzept, auf den Schutz der Ökosysteme ange-
wandt, braucht keine Katastrophenszenarien, sondern
öffnet den Blick für eine nachhaltige Zukunft. Genau das
ist es, was wir brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine der zentralen Forderungen, also gewissermaßen
eine Leitplanke, die sich daraus für die globale Ebene er-
geben und die auch der WBGU formuliert hat, ist, reprä-
sentative Ausschnitte aller großen Ökosysteme der Erde
zu schützen. Hierfür wird ein Netzwerk von Schutzge-
bieten benötigt, das repräsentative Beispiele aller natür-
lichen Ökosystemtypen der Erde einschließt. Wir tragen
in Deutschland beispielhaft mit der Sicherung des natio-
nalen Naturerbes zu einem solchen globalen Schutzge-
bietsnetz bei. Darauf können wir stolz sein. Wir leisten
damit auch einen Beitrag zum Schutz des Klimas; denn
ein erheblicher Teil des Kohlenstoffs ist in den Wäldern,
den Mooren und auch in den tierischen Organismen ge-
bunden. Wenn wir diese schützen, verhindern wir zu-
gleich die Freisetzung des darin gebundenen CO2 und
damit eine Verschärfung des Treibhauseffektes. Mit gu-
tem Recht kann man diese Zusammenhänge sehr kurz
zusammenfassen: Naturschutz ist Klimaschutz.

Dies gilt natürlich ganz besonders dort, wo immer
noch in erschreckend hohem Maße und oft mit wachsen-
der Tendenz Raubbau an der Natur betrieben wird.
Die CO2-Mengen, die durch die Abholzung des Regen-
waldes oder durch die Vernichtung von Mooren und an-
deren Feuchtgebieten freigesetzt werden, tragen ganz er-
heblich zum Treibhauseffekt bei. Diesen Ländern dabei
zu helfen, die Ursachen für den Raubbau zu überwinden,
ist also nicht nur eine moralische Pflicht; es ist in unse-
rem ureigenen Interesse. Wir müssen unserer internatio-
nalen Verantwortung gerecht werden, die wir als große
Industrienation haben. Dazu gehört, dass wir zuerst un-
sere Hausaufgaben machen. Nur dann können wir mit
Recht von anderen fordern, ihre Verantwortung ebenfalls
wahrzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich weiß, dass das von manchen nicht gerne gehört wird.
Aber wir müssen, wie ich schon sagte, in unserem urei-
genen Interesse Vorreiter, Beispielgeber und Vorbild bei
der Verwirklichung des Prinzips der Nachhaltigkeit sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über
die biologische Vielfalt, die viel zitierte CBD, ist ein
modernes Instrument des Naturschutzes, weil es den
Schutz der biologischen Vielfalt und ihre nachhaltige

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(C (D utzung integriert. Dieses Übereinkommen berücksichigt mit dem Ziel des gerechten Ausgleichs der ökonomichen Vorteile, die aus der Nutzung der genetischen Resourcen der biologischen Vielfalt entstehen, auch die erechtigten Wünsche der Entwicklungsländer nach eier nachhaltigen Entwicklung. Nur zur Erinnerung: Bioogische Vielfalt ist die Vielfalt der Arten, die Vielfalt er Lebensräume, in denen diese Arten leben, und die enetische Vielfalt innerhalb der Arten; Frau Brunkhorst at darauf schon hingewiesen. Die CBD ist also ein ahrhaft umfassendes Übereinkommen und das macht ie für die globale Umweltpolitik so wertvoll. Deutschland als Vertragspartei des Übereinkommens nd als Ausrichter der nächsten Vertragsstaatenkonfeenz hat eine besondere Verantwortung, an der Umsetung und Weiterentwicklung der CBD konstruktiv mituarbeiten. Wir fordern die Bundesregierung deshalb in em von den Koalitionsparteien heute vorgelegten Anrag auf, eine umfassende und anspruchsvolle nationale trategie zur biologischen Vielfalt als Beitrag zu einer eltweiten nachhaltigen Entwicklung vorzulegen. Wir nterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ie bereits begonnenen Arbeiten zu einer solchen Strateie engagiert fortzusetzen. Ich freue mich darüber, dass s diese Bundesregierung ist, die nach sieben Jahren ot-Grün diese Strategie vorlegen wird. In der vergangenen Woche fand hier in Berlin die eutschlandpremiere des Films des früheren amerikaischen Vizepräsidenten Al Gore über seinen Einsatz für en Umweltund insbesondere den Klimaschutz statt. ngeachtet der Rolle Al Gores, die jeder bewerten mag, ie er es für richtig hält, zeigt dieser Film sehr einrucksvoll, was Klimawandel ist, was seine Ursachen ind und was wir tun können. Ich würde mir wünschen, ass die Geografie-, Biologie-, Religionsund Politikehrer Deutschlands mit ihren Klassen in die Kinos geen und diesen Film anschließend im Unterricht besprehen. Das wäre für die Bildung eines größeren mweltbewusstseins sehr wichtig. Ich erwähne diesen Film aber auch aus einem anderen runde. Natürlich, so möchte man es fast formulieren, erden in dem Film auch Schreckensszenarien aufge eigt. Aber dies ist nur ein kleiner Teil der Inhalte. Am nde steht die Botschaft: Wir haben die Fähigkeit, die reativität und die Instrumente, die Dinge zu ändern. ir müssen es nur wollen. Allein unser Wille ist ent cheidend. – Dies ist eine positive und zukunftsgerichete Botschaft, die die Menschen zu verantwortlichem andeln auffordert. iese Botschaft müssen wir an die Menschen weitergeen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wohenende. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814000

Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Lutz

Heilmann das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Dött, ich muss Sie leider enttäuschen: Ich
bin weder Ökofundamentalist noch Pessimist. Ich bin
Optimist. Ich liebe das Leben und ich liebe meine Fami-
lie.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben den herausragenden Stellenwert des Natur-
schutzes gerade deutlich gemacht. Ich möchte nur daran
erinnern, dass wir hier am 30. Juni eine Föderalismus-
reform verabschiedet haben, die den Naturschutz in die
Kleinstaaterei zurückgebracht hat. Wir werden der
Dinge harren, die da auf uns zukommen.

Doch nun zu dem, was ich eigentlich sagen wollte.
Am Donnerstag titelte die „Süddeutsche Zeitung“ auf
Seite 2: „Tropennächte in Freiburg“. Am Mittwoch
konnte man ebenfalls in der „Süddeutschen Zeitung“ le-
sen, dass uns langfristig um bis zu 50 Meter steigende
Wasserspiegel erwarten werden. Wissen Sie, welche
Auswirkungen sich daraus für das Land Schleswig-Hol-
stein, das Land zwischen den Meeren, ergeben? Ein
Beispiel: Der Bungsberg bei Lübeck hat eine Höhe von
circa 140 Metern über dem Meeresspiegel. Herr Kollege
Liebing – ich weiß, Sie wohnen auf Sylt –, haben Sie
sich schon mal nach einer neuen Wohnung umgeschaut? –
Ich möchte zukünftig keinen anderen Wahlkreis haben.
Ich möchte weiterhin in Schleswig-Holstein aktiv sein.
Darum müssen Maßnahmen ergriffen werden, die si-
cherstellen, dass wir weiterhin dort leben können.

Angesichts der Auswirkungen des Klimawandels
wird die heutige Debatte der Thematik nur zum Teil ge-
recht. Lassen Sie mich dazu einige grundsätzliche Ge-
danken äußern. Es wurde bereits gesagt: Die Natur ist
unsere Lebensgrundlage; der Mensch ist Teil der Natur.
Die Natur schützt unser Leben und das Leben der nach-
folgenden Generationen. Sie ist auch – der Bundesminis-
ter hat schon darauf hingewiesen – ein wichtiger Roh-
stofflieferant. Bei einer weiteren Schädigung der Natur
durch Artenvernichtung, durch Zerstörung von Lebens-
räumen sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen. Las-
sen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, der Natur
eine Chance im Klimawandel zu geben!

Wird die derzeitige Politik der Bundesregierung den
vor uns liegenden Aufgaben gerecht? Ich sage: Nein.
Vielmehr liefert sie Stoff für ein Drama nach Shakespeare.
Herr Minister, Sie sprachen die ökologische Vernunft an.
Vor Ort lassen Sie das vermissen. Gerade auch Politiker
aus Ihrer Partei betreiben zum Beispiel in Lübeck den
Ausbau des Flughafens und damit eine weitere Ein-
schränkung von FFH-Gebieten.

Nun einige Gedanken zur Biodiversitätsstrategie.
1993 hat die Bundesrepublik Deutschland die Konven-
tion aus dem Jahr 1992 unterschrieben. Jetzt haben wir

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(C (D as Jahr 2006. Sage und schreibe 14 Jahre sind seither ns Land gegangen. Den Verlust und die Gefährdung von ierund Pflanzenarten hat der Minister bereits angeprochen. Ich frage mich, warum eine fertige Strategie um Schutz der Artenvielfalt in der Schublade liegen leibt. Bei Hartz IV haben Sie nicht so viele Skrupel. azu jagen Sie im Prinzip jeden Monat eine Verschär ung und weitere Diskriminierungen der Betroffenen urch dieses Haus. Nun noch einige Gedanken zu den vorliegenden Anrägen. Der Antrag der Koalition wird unserer Aufgabe icht gerecht. Frau Dött, Sie haben es bereits gesagt: Wir üssen unsere Hausaufgaben hier machen. – Tun Sie as dann aber auch! Schreiben Sie das in Ihren Antrag nd sprechen Sie nicht nur von internationaler Verantortung, wie Sie es in diesem Antrag tun. Lassen Sie uns Vorbild sein und auf Verkehrsprojekte nd Infrastrukturprojekte verzichten, die diesem Ziel wiersprechen. Nun noch einige Gedanken zu dem Antrag der Frakion des Bündnisses 90/Die Grünen. Auch ich frage ich, was Sie sieben Jahre lang in der Regierungsverntwortung getan haben. Sie hatten schon vor 2005, als ndlich ein Referentenentwurf für eine Strategie ins Gepräch kam, die Möglichkeit, hier aktiv zu werden. Jetzt zur FFH-Problematik. Sie, liebe Kolleginnen nd Kollegen von den Grünen, haben in Ihren Antrag eschrieben, dass die Bundesregierung aufgefordert erden soll, das EuGH-Urteil zügig umzusetzen. Das ist ichtig, aber überflüssig. Die Bundesregierung – der err Minister unterhält sich gerade – (Zuruf von der CDU/CSU: Auch das muss mal sein!)


üsste sich an Recht und Gesetz halten und das Urteil
msetzen, obwohl ich mir angesichts der von der Bun-
esregierung zu dieser Thematik vorgelegten Eckpunkte
icht sicher bin, ob das der Fall sein wird. Sie wollen
ich Zeit nehmen bis zum Jahre 2007 – allein diese Zeit-
erzögerung macht deutlich, dass meine Zweifel wohl
erechtigt sind –, obwohl – das ist für mich nicht ein-
ichtig – nach Einschätzung der Bundesregierung das
undesnaturschutzgesetz lediglich in fünf Paragrafen
eändert werden muss.

Zurück zum Antrag der Fraktion der Grünen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Zurück zum Thema!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von der grünen Frak-
ion, das Bundesnaturschutzgesetz, das Sie einst als Er-
olg Ihrer Regierungszeit betitelten, ist, wie gerade vom
uGH festgestellt wurde, ein Freifahrtschein zur Ver-
ichtung von Arten. Das sollte Ihnen zu denken geben.

Ich appelliere an Sie: Hören Sie auf, an dem Ast zu
ägen, auf dem wir sitzen! Lassen Sie uns gemeinsam
die Betonung liegt auf „gemeinsam“ – endlich effek-

ive Schritte zum Schutz der Natur und zum Schutz der
rtenvielfalt tun. Dazu gehören zum Beispiel eine wirk-

iche Vernetzung von Schutzgebieten im Rahmen von






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(B) )


Lutz Heilmann
Natura 2000, eine wirklich anspruchsvolle Biodiversi-
tätsstrategie, eine Verringerung der Flächenversiegelung
und vieles andere mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel zu tun.
Lassen Sie uns ganz einfach anfangen!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814200

Das Wort hat die Kollegin Undine Kurth für die Frak-

tion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe
verbliebenen Kolleginnen und Kollegen hier im Raum!
Liebe Gäste auf den Tribünen! Dass in ungefähr 490 Ta-
gen die Bundesrepublik Gastgeberin der 9. Vertragsstaa-
tenkonferenz zum Übereinkommen über die Biologische
Vielfalt ist, ist mehrfach erwähnt worden und keinem im
Raum neu. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass in
diesen 490 Tagen rund 49 000 Arten diesen Erdball ver-
lassen haben werden. Sie verschwinden – Sie beschrie-
ben es vorhin – mit all ihrem Potenzial, mit allem, was
mit Blick auf nachwachsende Rohstoffe und medizini-
sche Anwendung in ihnen steckt, mit ihrer Schönheit und
mit ihrer Vielfalt. Während in den letzten 200 Millionen
Jahren ungefähr 90 Arten pro 100 Jahre ausgestorben
sind, schaffen wir heute 100 Arten an einem Tag.

Ich denke, diese Zahlen haben deutlich gemacht, wie
groß der Handlungsdruck ist; denn das kann nicht gut
gehen. Ich frage Sie, Frau Dött, welche fundamentalisti-
schen Zukunftspessimisten Sie eigentlich gemeint ha-
ben. Auf jeden Fall haben die es nicht zu verantworten,
dass wir an diesen Punkt gekommen sind, an einen
Punkt, der wahrlich bedenklich ist. Angesichts der Situa-
tion, in der wir uns befinden, finde ich die Debatte, die
wir hier führen, teilweise ziemlich oberflächlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Warum fühlen Sie sich denn angesprochen?)


– Warum beschwören Sie denn immer wieder dieses
Fundamentalistenbild, wenn es darum geht, Dinge ernst-
haft beim Namen zu nennen und zu sagen, wie kritisch
eine Situation ist? Es hilft nichts, nur zu sagen, so
schlimm werde das alles schon nicht, wir würden die
Kurve noch kriegen.

Wir wissen, dass der Klimawandel eines der größten
Probleme für die Artenvielfalt ist. Es wird wärmer. Vie-
len Pflanzen mag das gut gefallen – die Stechpalme ist
Richtung Norden unterwegs; das ist schön –, anderen
wird es zu warm. Sie verlassen diese Erde, weil sie den
Klimawandel nicht überstehen. Die Arten, die nicht auf-
grund der Folgen des Klimawandels sterben oder sich
zurückziehen müssen, verschwinden, weil ihnen die be-
stäubenden Insekten fehlen oder weil wir ihre Lebens-
räume komplett vernichten. Auch da gehen wir munter
zur Sache.

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(C (D Es ist richtig, dass wir heute diese Debatte führen. ir müssen uns aber auch fragen, wie konsequent wir abei sind. Klimawandel ist – ein jeder spricht davon – in wichtiges Problem. Aber sobald wir über Verkehrsolitik reden, hört die Unterstützung schon auf. s ist schwer, mit all jenen, die den Klimawandel beklaen, über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutchen Autobahnen zu reden. Doch beides hängt unmitelbar zusammen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf von der FDP: Jetzt kommt das wieder aus der Mottenkiste!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es heißt also, mit den Herausforderungen umzugehen
nd solche Debatten ernsthaft zu führen. Deshalb ist es
ichtig, dass der Staatssekretärsausschuss im Jahre 2005
eschlossen hat, die Biodiversität zum Schwer-
unktthema der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie für
as Jahr 2006 zu machen. Nur so ist diese Nachhaltig-
eitsstrategie wirklich komplett. Dieses Thema gehört
nbedingt dazu.

Herr Heilmann, Sie haben gefragt, was wir bisher ge-
acht haben. Das Bundesnaturschutzgesetz war ein

iesengroßer Fortschritt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie Punkte, an denen nachgebessert werden muss, haben
ir schon damals angesprochen. Es ist doch völlig nor-
al, dass man an einem bestehenden Gesetz Verbesse-

ungen vornimmt. Wer damals die Debatte miterlebt hat,
eiß, was für ein elementarer Fortschritt das Bundesna-

urschutzgesetz war.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


eden Sie mit den Verbänden! Sie werden es bestätigt
ekommen.


(Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Und was hat der EuGH dazu gesagt? Das habe ich mir nicht ausgedacht!)


Die große Koalition, die sich jetzt mit dem Thema be-
asst, fängt ja nicht bei null an. Es gab ja bereits den Ent-
urf einer Biodiversitätsstrategie aus dem August 2005.
llerdings muss ich sagen, dass das Arbeitsklima der
roßen Koalition im Moment von einer ziemlichen Ge-
ächlichkeit gekennzeichnet ist. Ich glaube nicht, dass

as an Ihnen liegt, Herr Minister. Es ist bestimmt nicht
infach – Sie deuteten das auch schon an –, dieses
hema zwischen den Ressorts zu verhandeln. Wir müs-
en aber mehr daraus machen, als nur darüber zu reden.
ch war dabei, als die Bundeskanzlerin in Bonn zu dem
estakt „100 Jahre Naturschutz als Staatsaufgabe“ eine,
ie ich fand, wunderbare Rede gehalten hat. Nur habe

ch leider den Eindruck, dass das Beste an der Rede ist,
ass man sie zitieren kann. Ich habe nicht den Eindruck,
ass das Gesagte bereits Grundlage des Regierungshan-
elns ist.






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(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)

Wenn wir uns als Gastgeber der 9. Vertragsstaaten-
konferenz nicht blamieren wollen, dann müssen wir da
deutlich mehr Druck machen, mehr Tempo vorlegen.
Wie gesagt, Herr Minister, unsere Unterstützung haben
Sie dabei. Wir wissen, dass das nicht leicht sein wird,
aber natürlich wenden wir uns auch an Sie und sagen: Da
muss einfach mehr Druck in die Hütte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist schon mehrfach erwähnt worden: Es ist nicht
Sache der anderen, nicht der Dritten und Vierten Welt,
der Entwicklungsländer, uns die Biodiversität zu erhal-
ten. Das ist, bitte schön, unsere ureigene Aufgabe. Da
müssen wir vorbildlich vorangehen. Wir können nicht
von anderen verlangen, etwas zu tun, wozu wir nicht be-
reit sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen zum Beispiel eine Entkopplung von
Wirtschaftswachstum und Bodenverbrauch. Das ist
allen klar. Aber wenn wir das Ziel, das wir immer propa-
gieren, nämlich im Jahr 2020 den täglichen Flächenver-
brauch auf 30 Hektar reduziert zu haben – nicht mehr,
wie heute, 100 Hektar, sondern nur noch 30 Hektar am
Tag zu verbrauchen –, wirklich erreichen wollen, dann
müssen wir endlich in die Puschen kommen.

Es gibt noch mehr solcher Themen.

Wenn wir alle ernst meinen, dass uns der Erhalt der
Artenvielfalt am Herzen liegt, dann müssen wir uns fra-
gen lassen, warum wir es nicht einmal hinbekommen,
gemeinsam so einfache Anfangsschritte wie den, ein
Verbot des Imports von Wildvögeln zu erlassen – jeder
weiß, wie viele Arten dadurch gefährdet werden, was
das für riesige Entnahmen aus der Natur sind –, zu be-
schließen, oder warum wir nicht einmal ein Urwald-
schutzgesetz hinbekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Leider haben Sie, meine Damen und Herren von der gro-
ßen Koalition, dem nicht zugestimmt.

Frau Brunkhorst, Sie haben richtigerweise angespro-
chen, dass wir relativ wenig über das maritime Leben
wissen. Es ist ein großer, unbekannter Kontinent. Trotz-
dem sind wir nicht in der Lage, die Schleppnetzfische-
rei zu verbieten. Wir wissen überhaupt nicht, was wir da
anrichten, aber machen fröhlich weiter. Dann können wir
uns diese Bekenntnisreden hier sparen. Entweder sind
wir bereit zu handeln, oder wir lassen es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Richtigerweise ist angesprochen worden, dass es ein
schwer zu vermittelndes Thema, ein sperriges Thema ist.
Die 9. Vertragsstaatenkonferenz ist eine wunderbare Ge-
legenheit, eine Kommunikationsstrategie vorzulegen,
die mehr Menschen erreicht und die dieses wichtige
Thema stärker in das Bewusstsein vieler holt, vor allem
in das Bewusstsein der Entscheider in den anderen Häu-
sern; denn was uns unter den Begriffen der – angebli-
chen – Entbürokratisierung, der Vereinfachung und der
Verschlankung an Zurückfahren von Standards und Zu-

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(C (D ückfahren von notwendigen Auseinandersetzungen und rüfungen im Sinne des Naturschutzes und des Artenchutzes alles angeboten wird, ist teilweise verblüffend. ch habe den Eindruck: Nicht nur in den anderen Häuern, sondern auch in den Industrieund Handelskamern muss Umweltbildung wirklich zu Erfolgen führen. Es ist nötig, dass wir uns alle endlich deutlich mahen, ob uns dieses Thema wichtig ist oder nicht. Wenn s uns wichtig ist, dann müssen wir uns auch unbequeme useinandersetzungen zutrauen, dann müssen wir denen idersprechen, die sagen: Das geht gerade nicht, das önnen wir uns im Moment nicht leisten, das hemmt die irtschaftliche Entwicklung. – Wir müssen den Mut haen, auch Unbequemes deutlich und laut auszusprechen. Ich danke Ihnen und fordere Sie auf, das zu tun. Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Dirk ecker. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen nd Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich öchte zu Beginn eines feststellen: Trotz einiger inhalt icher Unterschiede waren Sie, Frau Brunkhorst, Frau ött und Frau Kurth, in großen Teilen sehr bemüht, sich uf die Sache zu beschränken. Das macht deutlich, dass ns dieses Problem gleichermaßen beschäftigt, weil es ine große Herausforderung nicht nur für die Politik ist. Herr Heilmann, Sie sind selbst schuld, dass ich Sie icht mit erwähne. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das este an Ihrer Rede waren für mich der Gruß und der unsch zum Wochenende. Was Sie inhaltlich vorgetra en haben, hat sich wieder mal – wieder mal! – erschöpft n einem Beweinen, in Kritik dahin gehend, es sei alles icht weit genug. Sie sind nicht bereit, auch einmal Fortchritte anzuerkennen und zu sagen: Wir haben in den etzten 20 Jahren mit dem Umweltbundesamt oder auch n 100 Jahren Naturschutz in Deutschland einiges auf en Weg gebracht, darunter auch etwas, das wir als Voreigeobjekte international präsentieren können. Wir sind noch lange nicht am Ziel – das hat der Bunesumweltminister deutlich gemacht –, aber von Ihnen öre ich immer nur Kritik. Ich hätte mich gefreut, wenn ie auch einmal gesagt hätten, an welchen Punkten Sie enn inhaltlich anders einsteigen wollen. Das haben Sie icht getan. Sie bleiben Antworten schuldig und kritisieen. Das ist zu wenig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814300

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605814400

Ich will es einmal anders deutlich machen: Natur-
chutz und biologische Vielfalt sind nicht nur ein politi-
ches Thema. Dieses Thema berührt die Menschheit ins-
esamt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu
rwähnen, dass sich mehr als 5 Millionen Ehrenamtliche
n diesem Bereich in NGOs organisieren. Wenn man






(A) )



(B) )


Dirk Becker
ständig sagt, es sei viel zu wenig passiert, dann ist es das
falsche Signal an diese Menschen. Man sollte vielmehr
betonen, dass diese Menschen dazu beigetragen haben,
dass wir auf einem guten Weg sind und dass bereits eine
Menge erreicht wurde. Dieser Punkt kommt mir zu kurz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich komme jetzt zum eigentlichen Thema, nämlich
zum Schutz der biologischen Vielfalt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814500

Kollege Becker, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Heilmann?


Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605814600

Bitte.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814700

Herr Kollege Becker, Sie konnten meiner Rede ent-

nehmen, dass die Linke die Umsetzung von konkreten
Maßnahmen fordert. Es geht zum Beispiel um die Ver-
netzung im Rahmen von Natura 2000, die Rückführung
der Flächeninanspruchnahme und eine anspruchsvolle
Biodiversitätsstrategie. Was die Regierungskoalition in
ihrem Antrag gefordert hat, reicht da nicht aus.


Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605814800

Herr Kollege, Sie sprachen gerade von Natura 2000.

In diesem Zusammenhang sollten Sie Folgendes zur
Kenntnis nehmen: Wir haben 13 Prozent der Landflä-
chen – das sind ein Drittel der AWZ – unter Schutz ge-
stellt. Damit haben wir mehr getan, als es unserer Ver-
pflichtung entspricht. Das ist ein Erfolg der Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie sich daran beteiligen möchten, dann nehmen
wir Sie gerne mit ins Boot.

Ansonsten haben Sie immer nur Gedanken zu Anträ-
gen der anderen Fraktionen von Ihnen geäußert. Ich habe
vermisst, dass Sie Ihre eigenen Positionen dargestellt ha-
ben. Es tut mir Leid, das sagen zu müssen. Vielleicht
habe ich aber auch ein Nickerchen gemacht und es des-
wegen nicht mitbekommen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Du bist immer hellwach!)


– Danke.

Ich möchte wieder zu meinem Beitrag zurückkehren.

Wir haben in allen Beiträgen etwas über die Bedeu-
tung der biologischen Vielfalt gehört. Wir wissen, dass
der Verlust der biologischen Vielfalt neben der Bedro-
hung durch den Klimawandel die größte umweltpoliti-
sche Gefährdung und Herausforderung ist. Herr Minister
Gabriel hat zu Recht die Frage gestellt: Wer nimmt das
Thema überhaupt in angemessener Weise wahr? Wir
führen hier eine Fachdebatte unter Umweltpolitikern.
Wir führen auch Debatten mit den NGOs. Aber die Bür-
gerinnen und Bürger, auf deren Verhalten es maßgeblich
ankommt, haben wir sicherlich noch nicht so erreichen

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(C (D önnen, wie es erforderlich wäre, um die Einsicht in die otwendigkeit von Verhaltensänderungen zu wecken. – ch habe gerade den Zuruf „Er ist ein Lipper!“ gehört. azu kann ich nur sagen: Auch die Lipper gehen verantortungsvoll mit der Natur um. (Sigmar Gabriel, Bundesminister: Das ist eine ehrenvolle Bezeichnung!)


Wir müssen uns die Frage stellen, was die Politik tun
ann, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass eine
otwendigkeit für die Änderung von Verhaltensmustern
esteht. Herr Gabriel hat zu Recht darauf hingewiesen,
ass es in Deutschland auf diesem Gebiet noch viel zu
un gibt. Gleichwohl glaube ich, dass die Situation für
ns Politiker, unabhängig von unserer Auffassung, recht
omfortabel ist, weil die Menschen in Deutschland hin-
ichtlich dieses Themas aufgeklärt sind.

Das ist in anderen Ländern nicht der Fall. Ich weiß
eispielsweise nicht, wie man in einem Land, in dem
enschen vielleicht vom Raubbau an der Natur ab-

ängig sind, diesen Menschen erklären will, warum sie
as unterlassen müssen; denn es geht um ihre Existenz.
uf diese Frage müssen wir den Menschen in Peru, In-
onesien oder wo auch immer eine Antwort geben. Ohne
lternativen für die Existenzsicherung aufzuzeigen, ha-
en wir hinsichtlich des Naturschutzes gerade im Be-
eich der Urwälder – Frau Kurth hat das Thema Urwald-
chutzgesetz bereits angesprochen – kaum eine Chance,
u einem Umdenken zu bewegen. Das gilt erst recht für
ine Änderung der Verhaltensweisen.

Über das Urwaldschutzgesetz diskutieren wir heute
icht. Daher will ich dazu nur eine kurze Bemerkung
achen. Sie kennen sicherlich die Argumente. In dem

on Ihnen vorgeschlagenen Urwaldschutzgesetz ist eine
icht kontrollierbare Zertifizierung enthalten.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)


ie bringt einen enormen Aufwand mit sich und bedarf
iner sehr langen Umsetzungszeit. Dafür ist die Bereit-
chaft zur Mitarbeit der Staaten, in denen es Urwälder
ibt, notwendig. Das heißt, wir brauchen eine breite Be-
eitschaft auf internationaler Ebene. Deutschland alleine
ann hier keinen ausreichenden Beitrag leisten.

Wir haben klar gesagt, dass das FLEG in der derzeiti-
en Ausgestaltung nicht ausreichend ist. Aber wir wer-
en uns für eine Verbesserung einsetzen. Dazu stehen
ir.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis dahin sind die Urwälder abgeholzt, lieber Kollege!)


Das ist eine Behauptung. Das von Ihnen vorgeschla-
ene Zertifizierungssystem würde daran nichts ändern.

Ich möchte jetzt ganz konkret auf Maßnahmen einge-
en. Was wollen wir tun? – Wir haben mit der CBD ein
nstrument, das ohne Frage eine Menge Schwierigkeiten
u bewältigen hat. Wir kennen die Probleme, im Rah-
en der CBD zu Ergebnissen zu kommen. Fakt ist, dass
ir zwei wichtige Ziele haben. Wir haben vereinbart, bis






(A) )



(B) )


Dirk Becker
zum Jahr 2010 den Verlust an biologischer Vielfalt si-
gnifikant zu reduzieren. Auf EU-Ebene wird dieses Ziel
dahin gehend konkretisiert, den Verlust bis dahin ganz
einzuschränken. Für uns Sozialdemokraten ergeben sich
daraus resultierende Verpflichtungen und Verantwortun-
gen für die Politik in diesem Land, und zwar auf drei
Ebenen: Das ist die nationale Ebene, das ist die Ebene
der EU und das ist die internationale Ebene.

Ich möchte ganz kurz einige Punkte aufgreifen:
NATURA 2000 habe ich erwähnt. Herr Minister
Gabriel, in dem Bericht zur Lage der Natur, den wir in
Bonn in einer öffentlichen Ausschusssitzung schon hin-
reichend beraten haben, haben Sie einige Punkte deut-
lich gemacht. Den Stopp des Flächenverkaufs und das
nationale Naturerbe haben Sie selbst erwähnt. Ich
möchte zwei weitere Bereiche aufgreifen, nämlich die
Notwendigkeit der Verringerung des Flächenverbrauchs
von derzeit rund 100 auf 30 Hektar täglich bis zum
Jahr 2020, aber auch die Stärkung der Agrarumweltpro-
gramme, die wir aufgelegt haben, sowie die Erarbeitung
der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt.

Ich darf Ihnen namens meiner Fraktion für den vorge-
legten Bericht danken. Er ist umfangreich, und ich
denke, er ist trotz aller aufgeworfenen Probleme auch für
die weitere Arbeit motivierend. Zumindest werden wir
ihn so aufnehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auf EU-Ebene – damit komme ich zu Ihnen, Frau
Kurth – sehen wir sehr wohl die Notwendigkeit, zu Ver-
besserungen bei FLEGT zu kommen und möglicherweise
auch im Rahmen von bilateralen Abkommen mit den be-
troffenen Staaten den Urwaldschutz voranzubringen. Wir
sehen ähnliche Notwendigkeiten zur Verringerung der
Einfuhr bedrohter Tierarten und Pflanzen – da sind wir
überhaupt nicht auseinander –, aber auch zum Ausbau des
europäischen Schutzgebietnetzes NATURA 2000 und zu
weiteren Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt,
die in der Diskussion häufig leider viel zu kurz kommt.
Wenn man bedenkt, welchen Anteil die Meere an der ge-
samten Oberfläche haben, bedarf es auch hier weiterer
Anstrengungen.

Der letzte Blick geht natürlich auf die internationale
Herausforderung, die sich auch der Bundesrepublik
Deutschland stellt. Zum einen möchte ich ganz bewusst
den Bereich der verstärkten Entwicklungszusammen-
arbeit nennen. Ich verweise hier auf unseren Koalitions-
vertrag, in dem wir uns klar zu dem VN-Ziel bekannt ha-
ben, nämlich bis 2010 mindestens 0,51 Prozent des
Bruttonationaleinkommens für diesen Bereich auszuge-
ben. Mir ist es wichtig, das hier ausdrücklich zu erwäh-
nen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605814900

Herr Kollege Becker, gestatten Sie eine weitere Zwi-

schenfrage, dieses Mal von der Kollegin Bulling-
Schröter?

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(C (D Ich bin jetzt fast am Ende meiner Rede und möchte as gern zu Ende bringen. Bitte, das ist Ihre Entscheidung. Als weitere Bereiche in dem internationalen Engage ent der Bundesrepublik Deutschland gelten natürlich uch die Schaffung eines gerechten Vorteilsausgleichs owie der Ausbau des bisher erfolgten Wissensaustauches. Andere Länder müssen nicht die gleichen Fehler achen, die wir begangen haben. Es ist wichtig, sie an em teilhaben zu lassen, was wir bereits erarbeitet haen, natürlich auch an dem Bereich des Technologieransfers. Minister Gabriel hat es deutlich gemacht: Die undesrepublik Deutschland stellt weltweit ungefähr 9 Prozent im Bereich der Umwelttechnologien. In eutschland sind in diesem Bereich 1,5 Millionen Men chen beschäftigt. Ich persönlich finde es nicht ehrenrührig, wenn wir nsere Anstrengungen zum internationalen Naturschutz it anderen verbinden, indem wir entsprechend auch eutsche Technologien in neue Märkte einbringen, der mwelt damit einen zusätzlichen Dienst erweisen, aber amit natürlich auch beispielsweise für den Mittelstand n Deutschland neue wichtige Impulse schaffen. Herr Minister, wir werden intern zur Frage der Genechnologie noch eine interessante Diskussion führen. Es ibt auch andere Auffassungen als die Ihre, das muss ich ier auch einmal sagen dürfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605815000
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605815100
Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605815200

ch denke, wir werden im Interesse der Sache diese Ar-
umente auch austauschen. Aber das machen wir be-
anntermaßen immer intern, wir Sozialdemokraten tun
o etwas ja nie öffentlich.


(Heiterkeit – Zuruf von der CDU/CSU, zur SPD gewandt: Das habe ich auch immer gehört!)


Abschließend noch zur Rolle Deutschlands im Jahr
008, wenn wir die neunte Vertragsstaatenkonferenz zu
ast haben.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605815300

Kollege Becker, das schaffen wir nun wirklich nicht

ehr. Das Leuchten da sagt Ihnen ganz deutlich etwas.
inden Sie bitte einen letzten Satz!


Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1605815400

Ich werde den letzten Satz finden. – Im Jahr 2006 ha-

en wir die Welt zu Gast bei Freunden begrüßt. Es ging
m die schönste Nebensache mit dem größten Medien-
nteresse. 2008 wird das anders sein. Das Medieninte-
esse ist geringer, die Sache umso bedeutender. Durch
ine engagierte Politik wollen wir unserer Verantwor-






(A) )



(B) )


Dirk Becker
tung für den Schutz der biologischen Vielfalt und damit
unserer Verantwortung für nachfolgende Generationen
sowie für einen gerechten regionalen Ausgleich gerecht
werden.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und Ihnen,
Frau Präsidentin, für Ihre Geduld.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605815500

Kollege Becker, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu

mehreren Premieren. Sie haben heute Ihre erste Rede im
Plenum des Bundestages gehalten und dabei gleich alles,
was einem während einer Rede widerfahren kann, erlebt:
Zwischenfragen, auf die Sie geantwortet haben, Zwi-
schenfragen, die Sie zurückgewiesen haben, und Zwi-
schenrufe, die es eigentlich gar nicht gibt, weil auf der
Regierungsbank Ruhe zu herrschen hat.


(Heiterkeit)


Alles Gute für die weitere Arbeit!


(Beifall)


Für die Unionsfraktion hat nun das Wort der Kollege
Dr. Christian Ruck.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605815600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Becker hat in seiner Jungfernrede noch etwas geschafft:
Er hat in einer umweltpolitischen Debatte das Gewicht
der Entwicklungspolitik erwähnt. Ich bin froh darüber,
dass auch ich, wenngleich zu später parlamentarischer
Stunde, im Kreise vieler altbekannter Kollegen Umwelt-
politiker einige entwicklungspolitische Ausführungen
machen darf.

Ich glaube, dass wir, wenn es um biologische Vielfalt
geht, die alte Rio-Connection, die Phalanx zwischen
Entwicklungs- und Umweltpolitikern, wieder zum Le-
ben erwecken müssen. 80 Prozent der Tier- und Pflan-
zenarten – das wurde schon gesagt – leben in 15 Top-
Zentren der Biodiversität, die sämtlich in Entwicklungs-
ländern liegen: von Bolivien und Brasilien über Kenia
und Südafrika bis nach Indonesien und zu den Philippi-
nen.

Umweltpolitisch sind die Entwicklungsländer so-
wohl Opfer als auch Täter. Bei der Klimaverschlechte-
rung, die immer noch mehrheitlich durch Industrieländer
entsteht, sind sie Opfer. Sie sind auch Opfer mancher
kontraproduktiven Regelungen im Welthandelssystem.
Auf der anderen Seite sind sie aber auch Täter, wenn es
um mangelnden politischen Willen der Entscheidungs-
träger zum sorgfältigen Umgang mit natürlichen Res-
sourcen geht, wenn es um Korruption, schlechte Regie-
rungsführung usw. geht.

Fest steht: Die flächendeckende Umweltzerstörung
in Entwicklungsländern läuft nahezu ungebremst weiter
und nimmt dramatische Formen an. Die Hälfte des ur-
sprünglichen tropischen Regenwaldes ist inzwischen
vernichtet. In manchen Ländern sind es schon fast

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(C (D 00 Prozent. 1 Milliarde Menschen ist von der zunehenden Verwüstung des Planeten existenziell bedroht. ie Folge ist nicht nur ein zunehmendes Artensterben; ewaltige ökologische, ökonomische und politische Proleme sind ebenfalls Folgen der Zerstörung. Ein Beispiel afür ist die Klimaverschlechterung – auch das wurde chon angesprochen – durch brennende Urwälder. In anchen Jahren stammt die Hälfte des CO2-Ausstoßes on diesen ungelöschten Bränden. Aber auch der Verlust an wirtschaftlichen Chancen ist on Bedeutung. 40 Prozent des Weltmarkthandels beruen auf biologischen Verfahren und Produkten. Eine Verchlechterung der Lebensbedingungen führt zu einer assiven Migration – vor allem innerhalb des Südens, mmer stärker aber auch von Süd nach Nord –, die erhebichen politischen Sprengstoff birgt. Das erkennt man, enn man an die Wasserproblematik im Nahen Osten, in ordafrika und anderswo denkt. All diese sozialen prengsätze könnten auch uns teuer zu stehen kommen. Die Analysen sind bekannt. Nach der Anhörung, die ir diese Woche im Ausschuss für wirtschaftliche Zu ammenarbeit und Entwicklung durchgeführt haben, ind eigentlich auch die Gegenmaßnahmen bekannt. Es st bekannt, was technisch und politisch zu tun wäre. Es ibt viele hervorragende Projekte, gerade auch im Rahen unserer Entwicklungszusammenarbeit. Ich denke um Beispiel an unser Nationalparkprojekt im Kongo, as wir mit Zähnen und Klauen über all die Jahre verteiigt haben und das immerhin der zweitgrößte Arbeitgeer des gesamten östlichen Kongo ist. Ich denke an unere Küstenregenwaldschutzprojekte in Brasilien über ll die Jahre hinweg. Ich denke auch daran, dass durch nsere EZ wieder ganze Wüstenlandstriche zum Leben rweckt worden sind. Kollege Ruck, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Kurth? Ja, bitte. Bitte schön, Frau Kurth. Undine Kurth RÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605815700
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605815800
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605815900
Vielen Dank, Herr Kollege, für diese Möglichkeit.

Angesichts dessen, was Sie gerade schildern – diese
ussagen teilen wir vollständig –, möchte ich an Sie die
rage richten, ob es vor dem Hintergrund des Geschil-
erten nicht vielleicht doch richtig gewesen wäre, der
lugticketabgabe zuzustimmen, um wenigstens ein
isschen mehr Geld für die so dringend benötigte Ent-
icklungszusammenarbeit zu bekommen und um die
änder, von denen Sie gerade berichten – sie sind in ho-
em Maße betroffen und auch in hohem Maße Täter –,
arin zu unterstützen, hier Abhilfe zu schaffen?


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Gute Frage!)







(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605816000

Frau Kollegin, die aktuelle Diskussion über die Flug-

ticketsteuer wurde erst vor zwei Wochen durch den ei-
nen oder anderen Antrag bereichert. Wir haben unsere
Meinung dazu breit dargelegt. Sie lautet, dass wir durch-
aus offen sind für alles, was uns dazu verhilft, den ver-
sprochenen Anteil in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoin-
landsproduktes im Jahr 2010 zu erreichen. Wir sind
durchaus offen, aber diese Maßnahmen müssen erstens
wirklich etwas erreichen und zweitens realisierbar und
vernünftig sein.

Es stellt sich die Frage: Sind wir da allein oder wie
viele schließen sich uns an?


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)


Das muss geklärt werden. Das andere ist: Sie, die Grü-
nen, haben sehr auf das französische Modell rekurriert.
Das französische Modell ist – das ist die Meinung inner-
halb der Koalition – für uns untauglich; denn dabei
kommt zu wenig heraus. Deswegen muss man einige
ernsthafte Detailfragen stellen. Ich sage aber noch ein-
mal: Wir sind für alles offen, was dazu führt, dass wir bis
2010 das, was wir versprochen haben, auch mit Ihrer
Unterstützung, umsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In diesem Sinne lassen Sie mich noch einmal darauf
zurückkommen, dass wir international gute Ansätze ha-
ben. Ich darf an dieser Stelle sagen, dass es hervorra-
gende öffentliche Projekte gibt, bei denen wir mit NGOs
zusammenarbeiten und die wirklich funktionieren. Aber
die Trendumkehr ist nicht in Sicht. Da dürfen wir uns
nichts vormachen.

Immer dann, wenn die Rezepte bekannt sind, aber
nicht richtig umgesetzt werden, müssen wir politische
Strukturen überwinden oder verbessern. Dazu viel-
leicht noch einige Stichworte: Die Entwicklungspolitik
wurde ja schon erwähnt. Wir müssen die Entwicklungs-
politik weltweit effizienter gestalten. Wir brauchen eine
bessere internationale Arbeitsteilung. Wir müssen noch
einmal über Schlüsselsektoren – kein Gießkannenprin-
zip – sprechen. Was befördert Entwicklung? Was beför-
dert ländliche Entwicklung? Was können wir tun, um
Kapazitäten aufzubauen? Und vor allem: Was können
wir tun, um entweder Good Governance, gute Regie-
rungsführung, zu erzwingen oder langfristig schlechte
Regierungsführung zu transformieren? Das ist ganz
wichtig. Denn es bedeutet, die Entscheidung in die Län-
der selbst zu tragen und sie selbst zu verantwortungsbe-
wusstem und umweltbewusstem Handeln zu befähigen.
Das muss uns gelingen. Dazu müssen wir einen Beitrag
leisten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das machen wir schon!)


– Das machen wir schon, aber wir müssen es – das sage
ich ausdrücklich – weltweit effizient gestalten. Die Ar-
beitsteilung funktioniert international eben nicht, zum
Beispiel nicht zwischen uns und der EU, zwischen uns

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(C (D nd der Weltbank, zwischen der Weltbank und der EU sw. Wir müssen und werden in unserer Entwicklungsolitik neue Akzente und Initiativen im Bereich der iodiversität setzen und entwickeln. Das steht im oalitionsvertrag und dazu bekennen sich beide Koali ionspartner. Wir haben uns zwischen den Koalitionsartnern im AWZ darüber verständigt, dass wir im ächsten Jahr, also 2007, im Vorfeld der Vertragsstaatenonferenz von 2008 diese neuen Initiativen und Akzente rarbeiten wollen. Darüber hinaus müssen wir durch den Schutz der Bioiversität Einkommen sichern; auch das ist schon angelungen. Die Menschen vor Ort müssen am Schutz der atürlichen Ressourcen unmittelbar Geld verdienen könen. Dabei geht es um die Frage: Wem gehört das Einommen aus dem Wissen der Genpools, zum Beispiel im egenwald? Das muss genau organisiert werden; auch ier sind wir uns einig. Ich möchte noch einen weiteren wichtigen Punkt anprechen: den Klimaschutz und die Biodiversität. Wir üssen einen neuen Anlauf nehmen, um auch den chutz der Naturwälder in das Kiotoprotokoll aufzuehmen. Das ist damals nicht gelungen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen die Schwellenländer beim Schutz der
atürlichen Ressourcen mehr als bisher in die Pflicht
ehmen. Das gilt auch, wenn man sich vergegenwärtigt,
uf welche Art und Weise zum Beispiel die Volksrepu-
lik China in Afrika auftritt. Darüber müssen wir mit
en Schwellenländern reden.

Wir müssen die großen Konzerne in die Verantwor-
ung nehmen, vor allem diejenigen, die in sehr natursen-
iblen Bereichen agieren. Ebenso müssen wir die WTO-
erhandlungen zu einem Abschluss bringen, der ein
ehr an Umwelt- und Ressourcenschutz und eine Ver-

esserung der Armutsbekämpfung bedeutet.

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass in die-
em Haus in den letzten Wochen und Monaten andere
hemen im Vordergrund standen. Dabei ging es von der
ituation im Irak bis zum Libanoneinsatz der Bundes-
ehr.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605816100

Kollege Ruck, wie der Kollege Becker schon be-

erkte, bin ich ein sehr geduldiger Mensch.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605816200

Jawohl.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605816300

Aber ich finde, jetzt sollten Sie zum Schluss kommen.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605816400

Frau Präsidentin, ich bin im Sinkflug.


(Heiterkeit)







(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
Die größte tickende Zeitbombe ist die Verwüstung
unseres Planeten. Um diese Entwicklung zu vermeiden,
sollten wir im Rahmen der G 8, im Verlauf unserer EU-
Ratspräsidentschaft und auf der im Jahre 2008 in unse-
rem eigenen Land stattfindenden Vertragsstaatenkonfe-
renz einen neuen Anlauf nehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605816500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/1996, 15/5903, 16/1497 und
16/1670 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 sowie Zusatz-
punkt 14 auf:

29 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP

Eckpunktevereinbarung zum Einsatz von
Erntehelfern in der Landwirtschaft grundle-
gend überarbeiten

– Drucksache 16/2685 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Ulrike Höfken, Kerstin Andreae, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Qualifizierung statt Quoten – Vermittlungs-
agenturen für landwirtschaftliche und andere
grüne Berufe

– Drucksache 16/2991 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Auch
dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Das Wort hat der Kollege Dr. Geisen für die FDP-
Fraktion.


Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1605816600

Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen

und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Wir debat-
tieren heute über einen Antrag der FDP zum Einsatz von
Erntehelfern in der Landwirtschaft. Darin fordern wir

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(C (D ine grundlegende Überarbeitung und Korrektur der gelenden Eckpunkteregelung für die Jahre 2006 und 2007. ie aktuelle Regelung, so meinen wir, ist praxisfremd nd gefährdet die Existenz vieler Sonderkulturbetriebe n Deutschland. Dies ist für uns, die FDP, nicht hinnehmbar. Wir forern, die verschärfte Kontingentierung der ausländichen Saisonarbeitskräfte aufzuheben. Schwarz-Rot uss diesen gravierenden Fehler dringend korrigieren. b in Winzereien, in Obstund Gemüseanbaubetrieben der im Gartenbau – in all diesen Bereichen ist man auf ie unbürokratische Vermittlung von Erntehelfern ngewiesen, olange inländische Arbeitskräfte nicht in ausreichenem Maße zur Verfügung stehen. Die bisherigen Erfahrungen belegen eindeutig, dass s schwierig ist, für diese Tätigkeiten inländische Areitskräfte zu gewinnen. Die Gründe dafür kennen wir lle: die hohen körperlichen Anstrengungen, die gerinen Verdienstmöglichkeiten und vieles andere. In dieem Zusammenhang möchte ich beispielhaft auf die verichtenden Ergebnisse der Umfrage des Deutschen auernverbandes vom Sommer dieses Jahres verweisen, ie einmal mehr belegen, dass die von Schwarz-Rot verchärfte Kontingentierung im letzten Jahr in der Praxis läglich versagt hat. iese Tatsache möchten die verantwortlichen Bundesinister Müntefering und Seehofer anscheinend nicht ur Kenntnis nehmen. Mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zur Vermittlung on Arbeitslosen an die Landwirtschaft sind die Proleme des deutschen Arbeitsmarktes nicht zu lösen. as ist Planwirtschaft und kann nicht funktionieren. ie jetzige Regelung passt auch nicht in unser Europa er offenen Grenzen. Das Einzige, was die Minister mit iesem planwirtschaftlichen Schulterschluss erreichen, st, dass sie die Existenz vieler landwirtschaftlicher Beriebe in Deutschland gefährden. (Jürgen Koppelin [FDP]: Das ist denen doch egal!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sehr wahr!)


(Beifall bei der FDP)


roße Mengen Spargel und Erdbeeren mussten auf den
eldern bleiben, weil nicht genügend Erntehelfer zur
erfügung standen. Auch die Weinlese wird beeinträch-

igt. Ich frage Sie von der CDU/CSU und der SPD: Soll
ich dieses Trauerspiel im nächsten Jahr wiederholen?
ollen Spargel, Erdbeeren, Kirschen und Gemüse im
ommenden Jahr erneut auf den Feldern vergammeln?
ie sollen die Sonderkulturbetriebe ihre Chancen am
arkt nutzen, wenn ihnen die erforderlichen Saisonar-

eitskräfte fehlen?






(A) )



(B) )


Dr. Edmund Peter Geisen
Leider hält die Bundesregierung halsstarrig an ihrem
Kurs in Richtung noch mehr Staatswirtschaft fest. Das
ist falsch und für die FDP völlig inakzeptabel.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte an dieser Stelle noch einmal vor allem an die
Vertreter von CDU und CSU appellieren, ihren Worten
endlich Taten folgen zu lassen. Die Agrarpolitiker der
Union haben wie die der FDP das Scheitern der Eck-
punkteregelung immer wieder beklagt. In dieser für die
Landwirtschaft zentralen Frage darf es aber nicht weiter
bei Worten bleiben – die Kontingentierung muss endlich
weg.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Beifall der beiden anwesenden FDP-Abgeordneten!)


Anders als bei den bürokratischen und finanziellen Be-
lastungen, die aus dem Scheitern des bilateralen Abkom-
mens mit Polen resultieren, liegt die Verantwortung in
dieser Frage einzig und allein bei Schwarz-Rot. Sie al-
leine haben zu verantworten, dass es hierfür noch immer
keine praxisgerechte Lösung gibt.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Haben Sie im Ausschuss gepennt, Herr Geisen?)


Auch der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen ist unserer Meinung nach nicht zielführend. Ich
meine, wir haben Agenturen genug und auch genügend
freie Plätze zur Qualifizierung im Agrarbereich; das ist
nachweislich so. Was wir brauchen, sind eben Saison-
arbeitskräfte. Dauerarbeitskräfte haben hier keine Zu-
kunft. Die Zeit der allgemeinen Handarbeitsstufe ist vor-
bei; das müssten Sie alle wissen. Und das ist auch gut so.
So viel zum Grünen-Antrag.

Die verschärfte Eckpunkteregelung ist das Werk der
Minister Müntefering und Seehofer.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Das ist ohnehin eine tolle Kombination!)


Es wird allerhöchste Zeit, dass diese praxisfremde und
unternehmensfeindliche Kontingentierung korrigiert
wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koali-
tion, zwingen Sie Ihre Minister, die Wirklichkeit in der
Landwirtschaft anzuerkennen und den Weg für Korrek-
turen endlich frei zu machen!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP – Jürgen Koppelin [FDP]: Der Kollege hat das Wesentliche gesagt! – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Zahlen Sie dann auch die Sozialversicherungsbeiträge in Polen?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605816700

Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin Gitta

Connemann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich tamme von einem Hof in Ostfriesland. Meine Familie aut dort seit mehr als 40 Jahren Erdbeeren an. Über 0 Jahre lang wurden die Früchte von Arbeitnehmerinen aus unserem Dort geerntet. Es gab damals keine Proleme, weder sprachlich noch administrativ, es mussten eine aufwendigen Anwerbeoder Arbeitserlaubnisverahren durchgeführt werden, Kosten für ausländische ozialversicherung fielen nicht an. Das Wichtigste: Unere Mitarbeiterinnen identifizierten sich mit unserem etrieb und wir auch mit ihnen. Das ging so sehr lange eit. Mitte der 80er-Jahre schieden diese Arbeitnehmerinen aus Altersgründen nach und nach aus. Deutscher achwuchs war nicht zu finden. Die Erntearbeit ist unestritten hart, aber in diesen Jahren hatte sich auch das nsehen körperlicher Arbeit geändert. Sie genoss eine Anerkennung mehr – eine Einstellung, die sich leier bis heute hartnäckig hält. In diesen Jahren hatte sich aber auch der Arbeitsarkt verändert. Es gab genügend Arbeitsplätze in be ehrteren Branchen. In den folgenden Jahren wurden einen Eltern dann jedes Jahr aufs Neue Hilfeempfän er zugewiesen. 1995 fanden sich von 36 angekündigten räften nur sechs ein. Die Ernte konnte nicht eingeracht und Lieferverträge konnten nicht eingehalten erden. Ab 1996 wichen meine Eltern auf Anraten der ehörden auf Mitarbeiter aus Polen aus – wie übrigens uch viele andere Betriebe in Deutschland. Die Zahl der aisonarbeitskräfte aus osteuropäischen Ländern tieg in den folgenden Jahren kontinuierlich an, während ie Arbeitslosigkeit in Deutschland gleichzeitig wuchs. 2005 standen 4,9 Millionen Arbeitslosen 320 000 Saionarbeitnehmer gegenüber. Ich frage mich: Kann und arf das sein? Ist Deutschen diese Arbeit wirklich nicht umutbar? Wohl kaum. Muss nicht jeder Versuch unterommen werden, inländische Arbeitnehmer in die Saionarbeit zu vermitteln? Ich meine: Ja. Für die Betroffeen wird die Arbeitslosigkeit damit befristet beendet. ie Chance auf eine dauerhafte Beschäftigung in Betrieen, die eine ähnliche Tätigkeit wie die Saisonarbeit anieten, wird erhöht, die Einkommenssituation wird veressert und die Aufwendungen der Gesellschaft für ersicherungsbeiträge und Sozialleistungen können ver ingert werden. Vor diesem Hintergrund musste über eine Änderung er Eckpunkteregelung nachgedacht werden. Gemäß der euen Eckpunkteregelung für die Jahre 2006 und 2007 ollen verstärkt auch inländische Arbeitslose durch eine ezielte Arbeitsvermittlung und enge Zusammenarbeit it den landwirtschaftlichen Betrieben für die Saisonar eit gewonnen worden. Diese Zielsetzung ist richtig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1605816800

(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesregierung erklärte aber auch – das schei-
en Sie überhört zu haben, Herr Dr. Geisen –, dass es da-
urch nicht zu Einbußen bei der Aufgabenerledigung






(A) )



(B) )


Gitta Connemann
kommen darf. Das war keine leere Ankündigung; denn
schon in der Saison hat die Bundesregierung durch das
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Ar-
beit und Soziales die Regelung im Sinne der Betriebe
verbessert und zum Beispiel durch eine Härtefallrege-
lung ergänzt. Ein Monitoring wird durchgeführt.

Die gemeinsamen Anstrengungen der Arbeitsverwal-
tung und der Betriebe haben zu einem Teilerfolg auf dem
Weg zu mehr Beschäftigung geführt. Laut den Ergebnis-
sen der ersten Befragungswelle zur Saisonbeschäftigung
in der Landwirtschaft wurde bei immerhin 63 Prozent
der befragten Betriebe eine ausreichende Anzahl inländi-
scher Bewerber vorgeschlagen. Das ist ein Teilerfolg,
den es nach dem Willen der FDP-Fraktion nicht geben
würde; denn diese will eine vollständige Abschaffung
der Neuregelung. Dies ist umso unverständlicher, als der
vereinbarte Monitoringprozess noch gar nicht abge-
schlossen ist.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Ganz genau!)


Die Ergebnisse der zweiten Befragungswelle werden
erst am Montag vorgestellt.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Richtig, genau!)


Es geht der FDP also offensichtlich nicht um die Sache,
sondern um reine Opposition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Teil der CDU/CSU muss auch in der Opposition sein!)


Insoweit trifft ein Wort des Schriftstellers Hans Kasper
zu, der den Begriff Opposition einmal wie folgt definiert
hat:

Stets anderer Meinung zu sein ist das Gegenteil da-
von, eine eigene Meinung zu haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Genauso empfinde ich Ihr Verhalten. Meine Damen
und Herren von der FDP-Fraktion, damit dienen Sie der
Sache der Landwirtschaft übrigens nicht. Diese hat be-
rechtigte Anliegen, die aber nur ernst genommen wer-
den, wenn sie auch seriös begleitet werden.

Es gibt offensichtlich Handlungsbedarf. Die bereits
zitierte Befragung hat nämlich auch ergeben, dass
37 Prozent der Betriebe keine Vorschläge auf ihre Ver-
mittlungsgesuche erhielten. Die Erfahrungen sind regio-
nal sehr unterschiedlich. In vielen Gebieten Ostdeutsch-
lands konnte das benötigte Kontingent inländischer
Saisonarbeitskräfte erfüllt werden. In einigen Regionen
West- und Süddeutschlands gab es dagegen erhebliche
Probleme.

Dafür gibt es Gründe. Die Zahl der zur Verfügung ste-
henden Arbeitslosen ist regional unterschiedlich. Außer-
dem ist der Anbau von Sonderkulturen in bestimmten
Regionen konzentriert. Und: Die Bereitschaft zu einer
Arbeitsaufnahme ist offensichtlich nicht überall gleich
ausgeprägt.

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(C (D Ich wende mich an die Kollegen von Bündnis 90/Die rünen. Ich freue mich, dass Sie in der Zielsetzung mit ns übereinstimmen. Wir teilen sicherlich auch die Einchätzung der Problematik. Aber ich glaube nicht, dass ir der Lösung durch die Einrichtung von Vermittlungs genturen näher kommen. Die Agenturen und die Zenren für Arbeit haben sich zwar bemüht, die Qualifikaion der Arbeitslosen – das wollten Sie ja mithilfe der ermittlungsagenturen erreichen – durch Trainingsmaßahmen zu verbessern. Aber eines ist eben schlecht öglich, nämlich Arbeitslose zu motivieren, die sich of ensichtlich nicht motivieren lassen. Fragen Sie zum Beispiel den Kollegen Georg chirmbeck. Im Stadtund Landkreis Osnabrück lag im rühjahr dieses Jahres die Zahl der Arbeitslosen bei 2 000. Mit der Arbeitsagentur wurde alles unternomen, um einen Teil dieser Arbeitslosen in regionale Sai onbetriebe zu vermitteln: Trainingsmaßnahmen wurden urchgeführt und finanzielle Anreize in Form von Aufandsentschädigungen, Durchhalteprämien und Ein tiegsgelder gesetzt. Das Ergebnis: Fünf Arbeitnehmer blieben während er ganzen Saison. Alle anderen traten die zugewiesene rbeitsstelle nicht an oder gaben sie nach einigen wenien Tagen auf. Etliche Betriebe erlitten Ernteausfälle, pargelfelder wurden umgepflügt, Früchte verrotteten uf dem Feld. Die Leidensfähigkeit dieser Betriebe ist berschritten. Handlungsbedarf besteht; denn diese Beriebe brauchen eine ausreichende Planungsgrundlage ür das nächste Jahr. Die derzeitige Unsicherheit führt dazu, dass einige etriebe über eine Reduzierung ihres Anbaus nachdenen. Damit wäre ein Verlust von Dauerarbeitsplätzen ie auch von Marktanteilen bei Obst und Gemüse verunden. Diese Entwicklung als Folge der neuen Eckunkteregelung wäre fatal. Daher muss über eine Wei erentwicklung nachgedacht werden. Dabei sind die nteressen der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe u berücksichtigen. Dafür müssen wir aber zwingend as Ergebnis des Monitorings abwarten. Es ist zu erwaren, dass sich der aufgezeigte Trend verstetigen wird. Damit stellen sich folgende Fragen: Wie kann stärker uf regionale Gegebenheiten Rücksicht genommen weren? Warum haben manche Arbeitsagenturen oder Zenren für Arbeit die vereinbarte Flexibilisierung nicht wie orgesehen angewandt? Danach können zusätzliche ausändische Kräfte genehmigt werden, wenn keine ausreihende Anzahl an inländischen Bewerbern vorhanden st. Waren die Arbeitsanweisungen für Sanktionen im alle eines unentschuldigten Fehlens ausreichend? Wie uss die Härtefallregelung ausgeweitet werden, damit ine ständige Verfügbarkeit der notwendigen Arbeitsräfte sichergestellt wird? Wie können wir den Arbeitgeern helfen, die einen Arbeitsvertrag mit einem Inländer bgeschlossen haben, der seine Arbeit nicht aufnimmt der abbricht, und zwar ohne Anrechnung auf sein Koningent? Ist ein Übergang von der 80 : 10 : 10zu einer 0 : 10-Regelung erforderlich? Und, und, und. Gitta Connemann Unser gemeinsames Ziel muss bleiben, mehr inländische Beschäftigte für Saisonarbeiten zu gewinnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Wir können es uns nicht gefallen lassen, dass diese Ar-
beit grundsätzlich nicht von Deutschen verrichtet wird.
Körperliche Arbeit ist wertvoll. Sie ist notwendig und
vor allem ehrbar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieser Umdenkungsprozess kann aber nicht allein auf
Kosten der landwirtschaftlichen Betriebe vorangetrieben
werden. Diese müssen verlässliche Personalplanungen
vornehmen können. Deshalb müssen wir die bestehen-
den Teilprobleme lösen. Die vorliegenden Anträge tra-
gen dazu allerdings nicht bei. Wir werden sie deshalb
beide ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605816900

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin

Dr. Kirsten Tackmann das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Gäste! Über das Thema Saisonarbeit
müssen wir sehr differenziert und gleichzeitig grundsätz-
lich diskutieren.

Es geht um eine existenzielle Frage im ländlichen
Raum, nämlich Arbeitsplätze. Ich nenne hier einmal die
Zahl 400 000. Das ist nach Schätzungen der IG BAU die
Anzahl der Arbeitsplätze, die im ländlichen Raum unter-
dessen nur noch zeitweise zur Verfügung stehen. Diese
Arbeitsplätze sind aus verschiedenen Gründen – einige
sind schon genannt worden – für den heimischen Ar-
beitsmarkt wenig attraktiv. Dafür haben sie zu einer eu-
ropaweiten Wanderarbeiterbewegung beigetragen, und
zwar mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen, über
die wir einmal reden müssten.

Es gibt noch mehr Zeitarbeitsplätze im ländlichen
Raum; es gibt sie im Tourismus, in den Hotels und in
den Restaurants. Was bedeutet Saisonarbeit? Saisonar-
beit stellt keine Lebensperspektive dar; denn sie bietet
erstens keine soziale Absicherung, zweitens keine Al-
terssicherung und ist drittens auch für den Moment oft
nicht existenzsichernd. Sie ist prekär, wie man heute
sagt. Trotzdem teile ich das Anliegen, dass diese
400 000 Arbeitsplätze wieder dem heimischen Arbeits-
markt zugänglich gemacht werden müssen. Wenn dies
das Anliegen der Eckpunkteregelung ist, dann unter-
stützte ich sie insoweit. Aber eine Quotenregelung allein
ist keine Lösung.

Die Vermittlungsprobleme allerdings nur mit Faulheit
oder fehlender Leistungsfähigkeit einheimischer Ar-
beitskräfte zu erklären, ist nahezu absurd. Denn schauen
wir uns doch einmal die Erntehelferjobs an: 3,50 Euro
im Osten, 5 bis 6 Euro im Westen sind unter bundesdeut-

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(C (D chen Lebensverhältnissen Armutslöhne. Sie sind auch ngesichts der Schwere der Arbeit nicht leistungsgeecht. Bürokratische Abläufe bieten zudem wenig Aneiz für so kurzzeitige Arbeitsaufnahmen. Unterbrinung, Arbeitsbedingungen und Anfahrt sind gelegentlich roblematisch. Vielleicht sollten wir zur Erlangung von elbsterfahrung einmal eine Aktion „MdBs in die Ernte“ achen; dann könnten wir über dieses Thema vielleicht onkreter sprechen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Edmund Peter Geisen [FDP] und des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Trotz der beschriebenen Bedingungen gibt es auch
ute Erfahrungen mit der Vermittlung von Erntehelfern.
ch kenne zum Beispiel Brandenburger Betriebe, die
icht nur 10 Prozent, sondern 100 Prozent einheimische
rntehelfer beschäftigen, auch heutzutage. Von guten
rfahrungen hat mir im August auch die Fachagentur für
andwirtschaft bei der BA in Eberswalde berichtet. Dort
urden 118 Saisonarbeitskräfte regional vermittelt und
28 nach Hessen. 90 Prozent blieben zwei Monate,
0 Prozent sogar vier Monate. Außerdem kenne ich das
rojekt „Agrotime“ in Potsdam, wo bis zum
ugust 2006 220 Erntehelfer vermittelt wurden. Dort

ag die Abbrecherquote unter 10 Prozent.

Es liegt also wohl auch an der Durchführung und an
er Betreuung der Erntehelfer und der Betriebe,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Herr Geisen, nicht schwatzen, sondern zuhören! – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist doch Ihre Debatte, Herr Geisen!)


b die Eckpunkteregelung zu einem Desaster geführt hat
der nicht.

Aber seien wir einmal ehrlich: Die fehlende Aussicht
uf reguläre Beschäftigung zwingt Menschen in Saison-
rbeit, obwohl sie keine soziale Perspektive bietet. Das
st ein Grund dafür, dass die Erfahrungen in Ost und

est so unterschiedlich sind. Aber genau das ist die
irkliche Herausforderung: Wie können wir Saisonar-
eit mit einer sozialen Perspektive verbinden? Wir soll-
en im Ausschuss einmal über französische Arbeitge-
erzusammenschlüsse diskutieren. Diese teilen sich
icht nur die Maschinen – das ist ja auch bei uns üblich –,
ondern sie beschäftigen auch Personal gemeinsam, und
war ganzjährig und sozial abgesichert, trotz Saisonar-
eit.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist zum Vorteil für beide Seiten.

Die vielfältigen Tätigkeiten in den verschiedenen Be-
rieben sind eine permanente Weiterbildung: Im Frühjahr
eht es in die Gärtnerei, im Sommer aufs Feld, im
erbst in die Baumschule und im Winter in die Holz-

rnte oder ins Sägewerk. Das sind nur einige Beispiele.
enn es einmal gar nichts zu tun gibt, werden Weiterbil-

ungen organisiert.






(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
Im Jahr 2004 gab es in Frankreich 4 100 solcher Ar-
beitgeberzusammenschlüsse allein in der Landwirt-
schaft.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817100

Kollegin Tackmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Geisen?


Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817200

Ja, selbstverständlich.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Hälfte der anwesenden FDP-Fraktion stellt Zwischenfragen!)



Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1605817300

Frau Tackmann, wie stellen Sie sich bei der hohen

Technisierung und Automatisierung auch in der Land-
wirtschaft und eher einer Zunahme dieser Technisierung
konkret vor, eine größere Anzahl von Arbeitskräften in
Einsatz zu bringen? Wollen Sie bestimmte Tätigkeiten
wieder auf eine andere Arbeitsebene bringen? Können
Sie ein Beispiel nennen?


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben war das doch noch die Handarbeit, die keine Zukunft hat!)


– Es gäbe zum Beispiel die Handarbeit. Aber ich kann
mir nicht vorstellen, wie Sie 400 000 Arbeitnehmer wie-
der in die Landwirtschaft bringen wollen.


Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817400

Mir geht es darum, dass man mit einer Verstetigung

der Arbeitsverhältnisse Menschen eher motivieren kann,
eine solche Arbeit aufzunehmen, als es vielleicht der
Fall ist, wenn sie die Aussicht haben, nur zwei Monate
oder vielleicht sogar nur einen Monat Spargel zu ste-
chen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das, was in
Frankreich möglich ist, hier nicht möglich sein soll.
Frankreich hat keine weniger technisierte Landwirt-
schaft; dort gibt es genau die gleichen Strukturprobleme.
Ich denke, wenn das in Frankreich möglich ist, müsste
das auch in Deutschland möglich sein. Es liegt eher an
den gesetzlichen Bedingungen als an fehlendem Willen
und fehlenden Möglichkeiten, wenn das hier nicht funk-
tioniert.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817500

Eine weitere Zwischenfrage lasse ich nicht zu, Herr

Geisen. Sie haben der Kollegin Tackmann schon gehol-
fen, dass ich ihre Rede nicht ab- oder unterbrechen
musste. Aber nun muss sie zu ihrem Schlusssatz kom-
men.


Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817600

Ich komme zu meinem Schlusssatz. – Jedenfalls ha-

ben die Arbeitgeber in den Arbeitgeberzusammenschlüs-
sen offensichtlich auch große Vorteile; denn sie haben
Personal, das sich dem Betrieb verbunden fühlt, auf das
sie jederzeit zugreifen können und das für die Arbeiten

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(C (D ualifiziert ist. Wir haben seit 2004 mit einem solchen rojekt im Spreewald Erfahrungen sammeln können. Ich ürde gerne mit Ihnen im Ausschuss darüber diskutieren nd freue mich auf die Diskussion. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817700

Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin

robinski-Weiß.


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1605817800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn fachfremde Le-
erinnen und Leser die Presseartikel zum Thema Saison-
rbeitskräfte in der Landwirtschaft verfolgen, dann
önnten sie leicht vermuten, die Landwirte, Verbände,
ie Regierung, aber auch wir übten uns in Prozentrech-
ung. Varianten wie „80 + 10 + 10“ oder „90 + 10“ geis-
ern als Kurzform durch die Presse und spalten die Ein-
eweihten in Befürworter oder Gegner.

Dabei geht es doch um Arbeitsplätze. Ein Blick in
ie aktuelle Statistik zeigt, dass die Arbeitslosenzahlen
esunken sind. Dennoch hatten wir im September immer
och 4,23 Millionen Arbeitslose. Es gibt deshalb keinen
rund, in unseren Anstrengungen nachzulassen, Ar-
eitssuchende wieder in Beschäftigung zu bringen.

Ende 2005 hat – das ist bereits ausgeführt worden –
as Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemein-
am mit den Verbänden der Landwirtschaft und des Gar-
enbaus sowie der IG BAU Eckpunkte für die verstärkte
ermittlung von inländischen Arbeitskräften in die Sai-
onbeschäftigung festgelegt. Die Agenturen für Arbeit
nd die Arbeitsgemeinschaften erhielten das Rüstzeug,
m die Integration von Arbeitslosen so effektiv wie
öglich zu unterstützen. Denn das unbestrittene Ziel
ar und ist es, den landwirtschaftlichen Betrieben wei-

erhin die notwendige Sicherheit für ihre Personalpla-
ung zu bieten, damit sie ihre Ernten zuverlässig und
hne Schäden einbringen können.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Herr Geisen, ich kann den von Ihnen genannten Hor-
orzahlen nicht folgen.

In Prozenten ausgedrückt wurden jedem Betrieb
0 Prozent statt wie bisher nur 68 Prozent mittel- und
steuropäische Saisonarbeitskräfte ohne vorherige Prü-
ung von Vermittlungsmöglichkeiten inländischer Kräfte
ewilligt. Weitere 10 Prozent des Bedarfs können durch
usländische Arbeitskräfte gedeckt werden, wenn nach
rüfung des Bedarfs durch die Arbeitsagenturen keine

nländischen Arbeitssuchenden zur Verfügung stehen.

Ganze 10 Prozent des bisherigen Arbeitskräftebedarfs
ollen durch die Gewinnung von inländischen Arbeits-
räften ausgeglichen werden. Auch hier wurde nach-
eislich ein flexibles Verfahren angeboten. Trotz der ho-
en Arbeitslosenzahlen wurden dieses Ziel und der Weg
ahin seit der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers






(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß
von vielen als untragbar, ja sogar als Zumutung zurück-
gewiesen. Nur wenige haben ihre Verantwortung auch
gegenüber der Gesellschaft erkannt und sind aktiv ge-
worden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605817900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Geisen?


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1605818000

Es ist gleich 15.45 Uhr und ich halte den Antrag der

FDP-Fraktion ohnehin für überflüssig. Ich möchte keine
Zwischenfrage zulassen, sondern mit meiner Rede fort-
fahren.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Gerade zwei von 61 FDP-Abgeordneten sind bei der Beratung des eigenen Antrags anwesend!)


Es ist viel einfacher, die Einmischung des Staates in
die Wirtschaft und in den Arbeitsmarkt zu beklagen,
Herr Geisen. Die inländischen Arbeitssuchenden wurden
schnell mit Attributen wie unmotiviert, unflexibel und
faul abgeurteilt. Regelmäßig vor, während und erst recht
nach der Ernte wurde gefordert, die Eckpunkteregelung
abzuschaffen oder wenigstens gründlich zu überarbeiten.

Dass es auch andere Beispiele gibt – die Arbeitsagen-
turen, Arbeitsgemeinschaften oder die zugelassenen
kommunalen Träger arbeiten erfolgreich mit den Arbeit-
gebern zusammen und die Landwirte haben sehr wohl
deutsche Erntehelfer gefunden, die flexibel sind und auf
die sich die Landwirte verlassen können –, wird leider
weniger lautstark propagiert.


(Dr. Edmund Peter Geisen [FDP]: Also kann alles so bleiben?)


Solche Beispiele kann ich Ihnen aus meinem Wahlkreis,
der Ortenau, nennen. Die Arbeitsfördergesellschaft Orte-
nau hat sich weder von Unkenrufen noch von früheren
Misserfolgen abschrecken lassen. Dank einer intensiven
Auswahl geeigneter Arbeitsloser, Trainingsmaßnahmen
und Praktika – das ist schon erwähnt worden – konnten
viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsver-
hältnisse abgeschlossen werden. Ich will auch einmal
Zahlen nennen. 600 Arbeitssuchende wurden von der
kommunalen Arbeitsförderung in der Ortenau für den
Einsatz in der Landwirtschaft vorgeschlagen. Immerhin
wurden davon 168 Praktikanten rekrutiert. 118 gingen
schließlich – das sind fast 70 Prozent – ein sozialversi-
cherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein. Na-
türlich sind im Laufe der Zeit einige wieder ausgeschie-
den. Dennoch ist die Zahl derjenigen in einem
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis groß
geblieben. Ähnliche Erfahrungen hat der Maschinen-
und Betriebshilfsring Breisgau in Baden-Württemberg
gemacht. Positive Erfahrungen gibt es auch in anderen
Regionen. Ganz wichtig ist – das ist schon ausgeführt
worden –, dass 72 Prozent der befragten Landwirte mit
den inländischen Saisonarbeitskräften zufrieden waren
und wieder auf diese zurückgreifen würden.

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(C (D Ich sehe gar keine Notwendigkeit, die Eckpunktereelung zu ändern; denn sie bietet eine echte Chance, enschen in Arbeit zu bringen. Wir brauchen vielmehr in differenziertes Bild. Die Erfahrungen mit der Eckunkteregelung sind regional sehr verschieden. Erste onitoringberichte zur Spargelund Erdbeerernte bestä igen gerade im Osten gute Ergebnisse. Ich kann das für en Südwesten bestätigen. Der zweite Befragungszyklus äuft – Frau Connemann hat das bereits ausgeführt – zw. wird in der nächsten Woche vorgestellt. Deswegen ann ich nicht verstehen, warum Sie zum jetzigen Zeitunkt einen Antrag einbringen. ch bin nicht bereit, vor einer detaillierten Analyse der efragungsergebnisse zu beurteilen, ob die ergriffenen aßnahmen im Rahmen der Eckpunkteregelung ausrei hend sind bzw. angepasst werden müssen, oder Aussaen zu treffen, welche zusätzlichen Maßnahmen ergrifen werden müssen. Warten wir den Bericht ab! (Zuruf des Abg. Dr. Edmund Peter Geisen [FDP])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ganz gewiss nicht, Herr Geisen.

Eines ist bereits klar geworden: Für die regional un-
enügende Deckung des Arbeitskräftebedarfs sind nicht
llein die Kontingentierung der ausländischen Saisonar-
eitnehmer oder mangelnde Vermittlungsbemühungen
er Arbeitsagenturen verantwortlich.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir an dem
iel der verstärkten Vermittlung inländischer Arbeits-
uchender in die landwirtschaftliche Saisonarbeit fest-
alten. Ich gehe sogar so weit und sage, dass die Kontin-
entierung weitaus besser und erfolgreicher ist als ihr
uf; denn ohne sie hätte kaum ein Arbeitgeber den
chritt gewagt, wieder verstärkt inländische Arbeits-
räfte zu beschäftigen. Schon aus diesem Grund sollten
ir an einer Kontingentierung festhalten. Schließlich
eht es hier um Menschen, die dadurch einen Arbeits-
latz finden und in ihrem Wertegefühl wieder gestärkt
erden.

Herr Kollege Geisen, das Gesetz ist nicht praxisfremd
nd ist alles andere als ein Ausdruck von Planwirtschaft.
ir lehnen deshalb den Antrag der FDP ab. Gestatten

ie mir abschließend die Bemerkung, dass Ihnen Ihr An-
rag nicht so wichtig gewesen zu sein scheint. Zu diesem
chluss komme ich, wenn ich sehe, dass von 61 FDP-
bgeordneten gerade noch zwei Abgeordnete – vorhin
aren es noch drei – übrig geblieben sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD], zur FDP gewandt: Das war doch euer Antrag! Der war angeblich so wichtig!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605818100

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Höfken für die

raktion des Bündnisses 90/Die Grünen.






(A) (C)



(B) )



Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605818200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Gäste! Frau Connemann hat zwar in ih-
rer Rede Einsicht gezeigt. Aber im Wahlkampf hat die
CDU/CSU den Bauern noch vollmundig billige Arbeits-

nieren kann, haben die Beispiele, die die Kollegen ge-
bracht haben, gezeigt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605818300

kräfte aus dem Osten versprochen, während Bauernver-
bandspräsident Sonnleitner die Bauernbefreiung ausge-
rufen hat. Herausgekommen sind eine Eins-zu-eins-
Umsetzung der europäischen Regelung betreffend das
Sozialrecht sowie eine Quote.

Aber nun verlangt die FDP, im Tourismus, in der Gas-
tronomie – das sind riesige Bereiche – und in der Land-
wirtschaft ausländische Saisonarbeitskräfte, wie Sie
schreiben, wieder ungehemmt einsetzen zu können. Ich
finde, das missachtet ganz massiv die Situation von Mil-
lionen von Arbeitslosen und von Ausbildungssuchenden
in unserem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Edmund Peter Geisen [FDP]: Das ist nationalistisch!)


Gerade heute Morgen ist doch darüber gesprochen wor-
den. Es sind nicht nur die 400 000, die in der Landwirt-
schaft arbeiten, sondern es sind noch viel mehr im Tou-
rismus und in der Gastronomie. Die FDP verweist ferner
auf die niedrigen Löhne in der Landwirtschaft, was übri-
gens nur zum Teil zutrifft. Hier würden die Einführung
von Mindestlöhnen oder auch Qualitätsanforderungen
bei der Unterbringung sehr viel weiter führen und der
richtigere Weg sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Edmund Peter Geisen [FDP]: Die beschweren sich doch gar nicht, die Arbeiter! Die sind alle sehr zufrieden!)


Richtig ist jedenfalls, dass die Eckpunkte nicht so er-
folgreich sind, wie sie vielleicht sein könnten, würde
daraus etwas anderes gemacht. Es gibt in der Landwirt-
schaft und den grünen Berufen, den verwandten Berei-
chen, einen wachsenden Bedarf nach qualifizierten und
motivierten Fachkräften. Das trifft auf die saisonale
Beschäftigung zu, aber das trifft auch auf Dauerarbeits-
verhältnisse zu; denn die Landwirtschaft spezialisiert
sich weiter. Auch nach Saisonarbeitskräften ist die
Nachfrage vielfältig. Es geht nicht nur um das Spargel-
stechen, sondern es geht auch um die Weinlese, den
Rebschnitt, den Obstbau, die Baumschulen, den Zier-
pflanzenbau, Garten- und Landschaftsbau, Holzwirt-
schaft und um Arbeitsplätze in der Tierhaltung. Das ist
ein ganz breites Spektrum von Einsatzmöglichkeiten.

Bei intelligenter Vermittlung – da sehen wir Bedarf,
nachzubessern; sowohl Frau Connemann als auch Frau
Drobinski-Weiß haben das im Prinzip angedeutet – und
ausreichender Qualifizierung entstehen auch Perspekti-
ven für eine ganzjährige Beschäftigung. Deswegen ist
das Ziel, das mit den Eckpunkten verbunden ist, wirklich
richtig. Es hapert an der Umsetzung. Dass das funktio-

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(D Kollegin Höfken, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Geisen? Herr Geisen, ich bitte um Verständnis. Die Kollegen ollen wohl nicht mehr. ch will mich nicht gänzlich unbeliebt machen. Dann müssen wir diese Debatte in den Ausschüssen nd in der zweiten und dritten Lesung führen. Es gibt positive Beispiele wie Potsdam-Mittelmark nd Unna/Westfalen. Wir als Grüne schlagen vor, grüne genturen zu schaffen, die durch Qualifizierung, Schaf ung von Beschäftigungspools, die auch Frau Tackmann rwähnt hat, und eine entsprechende Unterstützung von rbeitssuchenden sowohl den Betrieben entgegenekommen als auch den arbeitsuchenden Menschen helen, damit diese eine vernünftige Perspektive auf eine ualifizierte und ganzjährige Beschäftigung in den grüen Berufen bekommen. In diesen Bereichen kann man ut arbeiten. Das sind gute Berufe. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)

Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605818400

(Beifall bei der CDU/CSU und SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605818500
Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605818600


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605818700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 16/2685 und 16/2991 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Schluss
nserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 25. Oktober 2006, 14 Uhr,
in.

Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise und ein er-
olgreiches und hoffentlich auch erholsames Wochen-
nde.

Die Sitzung ist geschlossen.