Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alleherzlich, jedenfalls diejenigen, die zu dieser frühen Uhr-zeit schon eingetroffen sind.Wir setzen unsere Haushaltsberatungen – Tagesord-nungspunkt 1 – fort:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2011
– Drucksache 17/2500 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungFinanzplan des Bundes 2010 bis 2014– Drucksache 17/2501 –Überweisungsvorschlag:HaushaltsausschussVereinbarungsgemäß soll die heutige Aussprache eineRedezeit von insgesamt dreieinhalb Stunden umfassen.Dazu gibt es offenkundig keine neuen Anträge.andbflBeGp––RedetWir beginnen die heutigen Haushaltsberatungen mitdem Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung, Einzelplan 12.Das Wort erhält zunächst der BundesministerDr. Peter Ramsauer.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung:Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren aufden Rängen und vor den Fernsehgeräten! Inbegehen wir den 20. Jahrestag der Wiedervunseres Vaterlandes, und die meisten von unoch und haben noch vor Augen, wie das
Wenn wir uns heute im geeinten Deutschland und ins-esondere in den neuen Bundesländern umsehen, so dür-en wir mit Fug und Recht sagen: In der Stadtentwick-ung, im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und imereich der gesamten Bausubstanz und Baukultur ist Be-indruckendes geschaffen worden.
erade auch die Verkehrs-, Bau- und Stadtentwicklungs-olitik des Bundes hat dazu Erhebliches beigetragen.
So ist das, Herr Kahrs, genau. Danke.
Wir sind bestens dabei.extVon der Vielzahl an Verkehrs- und Bauprojekten so-wie Maßnahmen der Städtebauförderung profitieren da-bei nicht nur die Bürgerinnen und Bürger in den neuenLändern, sondern Gewinner dieser Entwicklung sind wiralle, ist unser ganzes Land in West und Ost.Liebe Kolleginnen und Kollegen, damals wie heuteist sich die unionsgeführte Bundesregierung des überra-genden Stellenwerts einer gut ausgestatteten Verkehrsin-frastruktur für den Wohlstand und die Chancen unseresLandes bewusst. Ich darf zunächst einmal den Verkehrs-bereich ansprechen. Wir müssen mit Blick auf unsereVerkehrswege zwei ganz zentrale Aufgaben schultern.Wir müssen erstens die gute Qualität unseres Bestands-, und wir dürfen es nicht auf Verschleißssen uns zweitens bereits heute rüsten fürg weiterentwickelnden Mobilitätserfor-enschen und der Wirtschaft von morgen. 16 Tagenereinigungns wissenDDR-Erbenetzes erhaltenfahren. Wir müdie sich ständidernisse der M
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Hier ist natürlich die herausragende Herausforderung dieVerkehrszunahme, die wir prognostizieren müssen. Wirbrauchen also weiterhin einen bedarfsgerechten Aus-und Neubau neben dem Erhalt, und zwar für alle Ver-kehrsträger.
Unsere Verkehrswege sind die entscheidenden Le-bensadern unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft.Deshalb müssen wir auch bereit sein, die dazu erforderli-chen finanziellen Mittel in ausreichender und verant-wortbarer Weise zur Verfügung zu stellen.
– Das machen wir schön, Herr Kahrs, wenn es in den an-stehenden Haushaltsberatungen darum geht, dies sicher-zustellen.
– Ich nehme Sie beim Wort. Mit Ihnen ist manchmalnoch ganz gut reden. Aber dann hört es schon bald auf,wenn man in die Weiten Ihrer Fraktion hineingeht.
Ich glaube, es ist uns gelungen, im Bundeshaushalteine durchaus ansehnliche Verkehrsinvestitionslinie zuverankern. Für die Jahre 2011 bis 2014 wird sie ausweis-lich des vorliegenden Finanzplans mit konstant9,7 Milliarden Euro auf einem höheren Niveau festge-schrieben, als dies in den Jahren 2001 bis 2008 mitdurchschnittlich 9,4 Milliarden Euro der Fall war. Daskann sich durchaus sehen lassen. Aber eine klare Priori-tätensetzung ist dennoch erforderlich. Priorität müssensolche Projekte haben, die den größten gesellschaftli-chen, aber vor allen Dingen auch den größten ökonomi-schen Nutzen aufweisen. Beim Neubau wird es also vor-rangig um die Beseitigung von Engpässen und denAusbau überlasteter Hauptverkehrsachsen gehen.Ich möchte beispielhaft ein Zukunftsprojekt heraus-greifen. Für unser Land als führende Exportnation isteine Verbesserung der Hinterlandanbindung der Hä-fen auch und vor allen Dingen auf der Schiene von he-rausragender Bedeutung.
– Herr Beckmeyer, Sie auch. Es wird schon besser. – DieRealisierung der sogenannten Y-Trasse – das ist die Ver-bindung von Hannover, die sich y-mäßig Richtung Bre-men und Hamburg verzweigt – ist ein Projekt, das keinisoliertes Prestigeprojekt darstellt, sondern ist pure Not-wendigkeit, damit wir für die Zielorte und für die Ab-satzwege fertiger Produkte in Gesamtdeutschland einestimmige und zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur be-reitstellen können.
– Das ist ja fast wie früher zu Zeiten der Großen Koali-tion.–tsiJpjrgddvwasl1cmEeRmRLKBzshftPg
Stimmt, und weit darüber hinaus.Wir alle, glaube ich – jetzt komme ich zu einem wich-igen Punkt –, sind gut beraten, immer den gesamtwirt-chaftlichen Nutzen derartiger Projekte deutlich stärkern das öffentliche Bewusstsein zu rücken.
eder von uns weiß um das Konfliktpotenzial von Groß-rojekten. Das war immer so, und leider Gottes fängt esetzt wieder an. Wir wissen um die langen Planungszeit-äume, und wir wissen um die langen, oft jahrzehntelan-en Entscheidungsprozesse. Wenn dann aber endlicher Startschuss für die Realisierung eines Projekts fällt,ann sollten die Entscheidungen, die diesen Projektenorangegangen sind, auch respektiert und mitgetragenerden.Ich möchte hier ganz offen das Projekt Stuttgart 21nsprechen. Die Bundeskanzlerin hat vorgestern an die-er Stelle schon das Notwendige gesagt. Stuttgart 21,iebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Projekt, das über5 bis 20 Jahre hinweg nach allen Regeln rechtsstaatli-her Kunst als Projekt und als Baurecht zustande gekom-en ist.
s kann deshalb nicht hingenommen werden, dass nachiner solchen Rechtsfindung nach allen Regeln desechtsstaats entgegenstehende Kräfte für sich ein ver-eintlich höherrangiges Recht reklamieren, das demecht nach rechtsstaatlichen Regeln entgegensteht.
iebe Kolleginnen und Kollegen, ein Staat – –
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Schlecht?Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,au und Stadtentwicklung:Ich bin mitten in diesem Gedanken. Das ist ein sehrentraler Gedanke; er ist nicht nur verkehrspolitisch,ondern gesamtgesellschaftspolitisch wichtig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Staat, der diesinnehmen würde, würde sich als Rechtsstaat dem Zwei-el preisgeben. Die Politik muss natürlich zu den Resul-aten klarer rechtsstaatlicher Prozeduren stehen. Dieolitik muss zu dem stehen, was der Rechtsstaat hervor-ebracht hat.
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Zu diesen Prozeduren gehören ganz ausdrücklich auchBürgerbeteiligungen. Dazu gehören Parlamentsbe-schlüsse, Gemeinderatsbeschlüsse, Gerichtsverfahren,Gerichtsurteile und vieles mehr. Tut die Politik diesnicht, dann wirkt sie selbst daran mit, dass Respektlosig-keit ihr selbst gegenüber und gegenüber dem Rechtsstaatum sich greift.
An die Adresse der SPD als größte Oppositionsfrak-tion sage ich: Stehen Sie zu diesem Projekt! Nehmen Siesich ein Beispiel an Ihren Kolleginnen und Kollegen vonder Südwest-SPD im Landtag von Baden-Württemberg!Ihr Spitzenkandidat Nils Schmid hat noch am vergange-nen Samstag klipp und klar festgestellt:
Aber wir wackeln nicht … Die SPD steht in der Sa-che weiter zu Stuttgart 21 und dem Bau der Neu-strecke Wendlingen–Ulm.Und vorgestern, am Mittwoch:Die verkehrlichen, ökologischen und städtebauli-chen Vorteile überwiegen deutlich. Ein Ausstiegaus dem Projekt würde sich auf die Verkehrsinfra-struktur in Baden-Württemberg fatal auswirken.Besser noch:Ich persönlich bin auch bereit, Seite an Seite mitden Kollegen von den anderen Befürworter-Par-teien gegen den Ausstieg zu streiten.Donnerwetter, kann ich nur sagen. Klatschen!
– Guter Mann, Herr Kahrs.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich weißzwar nicht, wer von der SPD sprechen wird, aber HerrBeckmeyer würde zum Beispiel gleich sagen: Zu demhaben Sie nichts gesagt, dazu haben Sie nichts gesagt,dazu haben Sie nichts gesagt. Sie wissen ganz genau,dass ich zu allem gern stundenlang sprechen würde. Inden verbleibenden anderthalb Minuten möchte ich nocheinige Punkte anreißen.Zukunft der Städtebauförderung: Das ist ein Thema,das uns allen intensiv am Herzen liegt. Die Einschnitte,die jetzt im Entwurf stehen, sind für uns alle schmerz-lich. Ich möchte mir aber den Hinweis erlauben: Wir allemiteinander können stolz darauf sein, in den schwierigenJahren der Wirtschafts- und Finanzkrise gerade denKommunen mit zweistelligen Milliardensummen ausdem Konjunkturpaket II – 10 Milliarden Euro, die durchKomplementärmittel und Länder- und Gemeindemittelaufgestockt wurden – geholfen zu haben. Diese Mittelsind vom Zweckcharakter her in Bereiche der Städte-bauförderung und der energetischen Gebäudesanierunghineingeflossen. Das waren großartige Erfolge, und da-ran war natürlich auch die SPD beteiligt.awHhhVwsdkbGbdVmzfeSgPmgttSPahdcmhizRBdg
Beim Thema energetische Gebäudesanierung gehörtuch zur Wahrheit, dass, weil das Programm ein Rennerar, wir noch im Jahr 2009 damit begonnen haben,aushaltsmittel aus den Jahren 2010 und 2011 vorzuzie-en, um sie in diesen Bereich hineinzupumpen. Vorzie-en heißt, dass sie später haushaltsmäßig nicht mehr zurerfügung stehen. Das wissen auch Sie von der SPD,eil Sie selbst daran mitgewirkt haben. Jetzt müssen wirehen, wie wir damit in den schwierigen Verhandlungen,ie in den Haushaltsberatungen vor uns stehen, zurecht-ommen.Eine Reihe von weiteren Themen wäre zu nennen,eispielsweise die Verkehrssicherheit. Wir müssen unsedanken darüber machen, wie wir sie im Haushalt nochesser dotieren können. Ich nenne die Elektromobilität,ie Stärkung des Logistikstandorts Deutschland und dieernetzung von Verkehrsträgern. Wir haben in den kom-enden Wochen reichlich Gelegenheit, all diese Themenu erörtern. Ich als verantwortlicher Ressortministerreue mich auf diese Gespräche und lade die Oppositionin, konstruktiv mitzuarbeiten.Besten Dank.
Für eine Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
chlecht das Wort.
Herr Minister Ramsauer, seit Jahren wird in Stuttgartegen Stuttgart 21 protestiert. Seit Ende Juli hat dieserrotest gewaltige Ausmaße angenommen. Es wird dortehrmals in der Woche protestiert. Große Teile der Stutt-arter Bevölkerung beteiligen sich an diesen Demonstra-ionen. Wir hatten in der letzten Woche eine Demonstra-ion mit 70 000 Teilnehmern. Man kann schätzen, dass intuttgart mittlerweile bei den vielen Demonstrationen einersonenkreis von 100 000 bis 200 000 Menschen aktivn den Protesten gegen Stuttgart 21 beteiligt war. Daseißt, fast die Hälfte der Bevölkerung in Stuttgart hat sichurch aktives Handeln gegen dieses Projekt ausgespro-hen. Vor diesem Hintergrund finde ich es schon sehrerkwürdig, wenn Sie diesen Protest als „entgegenste-ende Kräfte“ bezeichnen. Das empfinden die Menschenn Stuttgart sicherlich als eine Verhöhnung ihres Einsat-es für ihre Interessen und für ihre demokratischenechte.Danke schön.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,au und Stadtentwicklung:Sehr geehrter Herr Kollege, ich bedanke mich füriese Frage. Wenn Sie sagen, es habe seit Jahren Protesterößerer und kleinerer Art gegeben, dann möchte ich da-
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ran erinnern, dass dieses Projekt seit Jahren von einemgroßen Lager ständig gefordert worden ist.
Ich betone, dass heute, wie ich zitiert habe, auch dieLandtagsfraktion der SPD im Landtag von Baden-Württemberg ganz offensichtlich nach wie vor zu die-sem Projekt steht, und zwar unmissverständlich. Seit‘ anSeit‘, hat der Spitzenkandidat gesagt, stehe er dazu. Icherinnere auch daran, dass im Rahmen aller rechtsstaatli-chen Genehmigungs-, Verwaltungs- und Verfahrenspro-zeduren und Gerichtsverfahren alle erdenklichen zur De-batte stehenden Aspekte abgewogen worden sind unddass alle an diesem Prozess Beteiligten mit allen rechts-staatlichen Mitteln das Ihre haben beitragen können. Dasist das, was ein Rechtsstaat bieten muss, und das, was erbieten kann. Ich als verantwortlicher Politiker muss aberdann auch fordern, dass die Ergebnisse solcher rechts-staatlichen Prozeduren gesamtgesellschaftlich akzep-tiert werden.
Ich erinnere an ein weiteres Moment: die Legitima-tion. Ich habe von 15 bis 20 Jahren gesprochen. Geradein den letzten Jahren haben Wahlen aller Art stattgefun-den. Zwei Beispiele: Zu dem Zeitpunkt, als das letzteMal der Stuttgarter Oberbürgermeister Schuster gewähltworden ist, war es nicht so, dass von diesem Projektnoch nie die Rede gewesen wäre. Dieses Projekt war da-mals zur Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl klarauf der Tagesordnung. Dieser Oberbürgermeister ist miteinem guten Ergebnis wiedergewählt worden, und dieMenschen wussten, wofür er steht.
Vor vier Jahren wurde der baden-württembergischeLandtag mit einem Ergebnis gewählt, das mich nurfreuen kann. Auch damals hat Stuttgart 21 klar im Raumgestanden.
Diejenigen, die heute für dieses Projekt stehen, sindnicht nur irgendwann in letzter Zeit gewählt worden,sondern sie sind mit hervorragenden Ergebnissen wie-dergewählt worden vor dem Hintergrund, dass sie fürdieses Projekt stehen. Ich lasse deshalb keinerlei Zweifelan der rechtsstaatlichen sowie gesellschaftlichen und ge-samtpolitischen Legitimation dieses Projekts.
Nächster Redner ist der Kollege Uwe Beckmeyer für
die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, zudem zuletzt angesprochenen Thema ein Satz. Nach mei-ner Kenntnis wird in 2011 in Baden-Württemberg ge-wDslfwlgghul–hcAskgftktDFdnrdhzIuDdiPtDchÖtnsJdma
das ist wunderbar –, weil das, was in diesem Haus-altsentwurf zu finden ist, schmerzlich, in einigen Berei-hen aber auch unverständlich ist.
ls oppositioneller Sozialdemokrat muss ich das in die-er Rede natürlich sagen; ich werde daran nicht vorbei-ommen.Zum Fachpolitischen. Es gibt Schwerpunktsetzun-en – es geht immerhin um viel Geld –, die mit meinemachpolitischen Verständnis von Verkehrs- und Baupoli-ik überhaupt nicht in Einklang zu bringen sind. Manann nicht sagen: „Wir machen etwas mit Elektromobili-ät“, dann aber im Haushalt die Ansätze dafür vergessen.as geht nicht. Man kann doch nicht am Ende dieinanzausstattung für all die Elektromobilitätsprojekte inen Regionen in Deutschland vergessen. Man kann dochicht die Ansätze für Maßnahmen zur CO2-Reduzie-ung – wir alle wissen, dass das Handwerk und die Bun-esrepublik Deutschland insgesamt sehr davon profitiertaben – im Grunde halbieren. Wir haben in Deutschlandurzeit eine Debatte über Integration. Und was passiert inhrem Haushalt? Die Mittel für die Städtebauförderungnd für das Programm „Soziale Stadt“ werden halbiert.as sind doch gerade die Programme, mit denen wir inen Städten und Kommunen wirken können.
Das ist doch das, was Politik ausmacht. Es geht nichtmmer nur um Milliarden, sondern auch darum, kleinerojekte zu pflegen, zu unterstützen, am Leben zu hal-en, zu helfen, dass die Gesellschaft zusammenwächst.afür haben Sie in Ihrem Haushalt ein ganz wesentli-hes Werkzeug. Und was passiert? Wir stellen fest: Siealbieren die Ansätze. Vor der bundesrepublikanischenffentlichkeit muss offengelegt werden, weshalb Sie dasun. Warum kürzen Sie dort? Ist das Ihr Politikverständ-is? Ist das Ihre Schwerpunktsetzung, von der Sie ge-prochen haben?Das geht so weiter. Wir haben im Norden schon überahre ein maritimes Bündnis. Mit Kanzler Schröder hatas angefangen, Kanzlerin Merkel hat es fortgesetzt. Da-it wollen wir etwas für Kapitäne und die Ausbildungn der Küste machen. Und was passiert? Es wird massiv
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gekürzt. Das maritime Bündnis wird von der öffentli-chen Seite aufgekündigt. Da kann mich der Hinweis:„Wir bekommen die Y-Trasse“, für die Sie momentandie Planungsmittel bereitstellen, aber auch keinen Centmehr, gar nicht beruhigen. Das ist nur die Wurst, die unsvor die Nase gehängt wird, aber am Ende des Tages istkeine Substanz vorhanden. Ihre Staatssekretäre gehenvon einer Veranstaltung in der Bundesrepublik zurnächsten, verkünden alles, versprechen alles,
aber es ist keine Substanz da.
Wir hören das überall, in Bremen, in Hamburg, bei denVertretungen. Es wird alles versprochen. Schaut man inden Haushalt, stellt man fest: Das ist irgendwie nur vir-tuell. Es steht nicht im Haushalt. Man kann es nicht fin-den. Es ist nicht finanziert. Dennoch wird es verspro-chen. Ich frage mich: Woher nehmen Sie eigentlich dieChuzpe, so zu verfahren? Ist das eine andere Wirklich-keit?Sie selbst haben in Ihrem Koalitionsvertrag, um einanderes Thema anzusprechen, gesagt: Wir wollen demdeutschen Verkehrsgewerbe helfen. Wir setzen die Maut-erhöhung aus. – Das klingt erst einmal toll, aber wennman sich das genauer anschaut, stellt man fest: Sie hel-fen der Verkehrswirtschaft überhaupt nicht. Es werdenerst einmal Einnahmen in Höhe von 80 Millionen Euroweggekürzt, die Sie ansonsten im nächsten Jahr bekom-men würden und die dann vielleicht auch in die Straßefließen könnten. Doch Sie setzen die Mauterhöhung ausund verzichten auf die Einnahmen. Was heißt das dannfür die Verkehrswirtschaft? Alle Unternehmen, die soklug waren – das war ja auch unsere Absicht –, in die Er-neuerung ihres Fuhrparks zu investieren, und eine Erhö-hung der laufenden Betriebskosten in Kauf genommenhaben, indem sie Euro-4- und Euro-5-Fahrzeuge ange-schafft haben, werden nun bestraft.
Und das betrifft nun überwiegend deutsche Unterneh-men. Alle diese können keine Vorteile aus ihren Investi-tionen ziehen, während mehr als ein Drittel der nichtnachgerüsteten Euro-3-Fahrzeuge, für die nun keine hö-here Maut fällig wird, aus dem Ausland kommt.
Was machen Sie also? Sie bestrafen im Grunde diejenigenUnternehmen in Deutschland, die ihren Fuhrpark erneuerthaben, und unterstützen die ausländischen Unternehmen,die noch Euro-3-Fahrzeuge haben. Das ist völliger Un-sinn. Das ist eine völlig falsche Schwerpunktsetzung inder Mautpolitik.
Ich bin der Meinung, dass wir uns auch den Baubereichnoch einmal genau anschauen sollten. Es war ziemlich hef-tig, was vonseiten der CSU, Ihrem eigenen Landesver-band, Herr Minister, und vonseiten der Bauministerkon-fLgrbMaWwIPbzkNezPzdadiIUkbsEqnwnsdfdSVwwtmilDdBs
Wir können zunächst einmal in keinster Weise einenmbau des Haushaltes feststellen. Vielmehr halten Sierampfhaft an einer Investitionslinie fest. Sie selbst ha-en gesagt, Sie müssten 10 Milliarden Euro halten. Dochelbst das schaffen Sie nicht. Es sind nur 9,75 Milliardenuro für Investitionen vorgesehen. Das hat zur Konse-uenz, dass bei Straße, Schiene und Wasserstraße imächsten Jahr im Grunde kein neues Projekt angefangenerden kann, weil das Geld dafür nicht da ist. Sie kön-en neue Projekte im Augenblick in keiner Form dar-tellen. Darum sind alle vollmundigen Ankündigungen,ie im Land getätigt werden, stark von der Realität ent-ernt, um es nicht drastischer auszudrücken.
Ihr Spitzenpersonal erklärt etwas anderes. Ich sage anieser Stelle noch einmal: Das ist nicht seriös. Diechiene ist unterfinanziert, die Straße ist unterfinanziert.iele Warnrufe aus der Fachbeamtenschaft Ihres Hauseserden leider ignoriert. Man hat so den Eindruck: Ent-eder sind Sie nicht informiert, oder Ihre Entourage fil-ert alle entsprechenden Informationen weg und sie kom-en nicht an Sie heran, oder aber die Spitze des Hausesst derart von sich selbst überzeugt, dass sie meint, fach-ich alles besser zu wissen.
as Ergebnis ist nicht in Ordnung. Es ist gefährlich fürie deutsche Verkehrswirtschaft und für die deutscheauwirtschaft, eine solche Politik fortzusetzen, meineehr geehrten Damen und Herren.
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Der legendäre Franz Josef Strauß hat einmal gesagt:Es kann nicht ein Neuer, noch bevor er sein Amt über-nimmt, Vollkommenheit erwerben, um das Amt über-nehmen zu dürfen. – Herr Minister, Ihr Amtsantritt istjetzt ein Jahr vorbei. Nun geht es langsam ans Einge-machte. Wir erwarten von Ihnen, dass mehr dabei he-rauskommt. Kommen Sie heraus aus der Wagenburg Ih-res Leitungszirkels! Machen Sie mit uns Politik!Wir haben uns vorhin sehr darüber gefreut, dass Sieganz bestimmte Projekte angekündigt haben. Aber Siemüssen jetzt auch etwas dafür tun, dass die Oppositionmit Ihnen zusammenarbeitet. Ich habe schon einmal ineiner Haushaltsdebatte gesagt: Machen Sie Vorschläge,und wir werden darüber nachdenken. Machen Sie bei-spielsweise Vorschläge zu einer Nutzerfinanzierung vonVerkehrsprojekten.Aber was Sie momentan machen, ist abenteuerlich.Sie wollen demnächst – auch das haben Sie angekündigt –die Mittel aus der Maut der Straße zuführen. Aber dasreicht für die Straße nicht. Sie werden also weiterhin Fi-nanzierungsbeiträge aus dem Haushalt für die Straßebrauchen. Auch für die Schiene werden Sie mehr Finan-zierungsmittel aus dem Haushalt einsetzen müssen.Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, dann werden Siefeststellen, dass auch das nicht zu einer Art Geldvermeh-rung in diesen Bereichen führt. Es führt möglicherweisenur dazu, dass Sie damit eine Diskussion zur Einführungeiner Pkw-Maut anstoßen.
Herr Kollege Beckmeyer!
Jawohl, Herr Präsident, ich komme zum Schluss.
Wie schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie merken,
in diesem Haushaltsentwurf ist der Wurm drin. Ich habe
versucht, dies an einigen Beispielen darzustellen. Ich
hoffe, dass die Koalitionsfraktionen aus sich heraus ein
wenig mehr Kraft entfalten, um das eine oder andere
noch zu korrigieren. Wir würden uns jedenfalls darüber
freuen. Wir Sozialdemokraten werden einige Anträge für
die Haushaltsberatung am 6. Oktober einbringen, um Ih-
nen ein bisschen zu helfen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Dr. Claudia Winterstein ist die nächste Rednerin für
die FDP-Fraktion.
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Der Haushalt für das Jahr 2011 wird eine deutlicherendwende einleiten. Hier stellt sich die christlich-libe-ale Koalition ihrer Verantwortung, die enorme Ver-chuldung, die Sie mit zu vertreten haben, endlich in denriff zu bekommen, um dann wieder Gestaltungsmög-ichkeiten zu haben.
as sind wir auch unserer jungen Generation schuldig.ür sie müssen wir die Grundlagen für ein stabilesachstum unserer Volkswirtschaft erhalten und aus-auen. Eine gut ausgebaute und intelligent vernetzteerkehrsinfrastruktur ist eine der wichtigsten Grundla-en.
Deswegen betrachtet die Koalition neben der Konso-idierung der Staatsfinanzen den Ausbau der Infra-truktur als ein sehr wichtiges Ziel ihrer Politik.
hne solide Staatsfinanzen nehmen wir uns den Hand-ungsspielraum, um auch in Zukunft Verkehrspolitik zuestalten. Jeder Euro, den wir für Kredite ausgeben müs-en, fehlt uns nicht zuletzt bei den Straßen und Schienen.Der hier vorliegende Entwurf zum Einzelplan 12 be-ücksichtigt beide Ziele in gleicher Weise. Trotz derchwierigen Rahmenbedingungen durch die Schulden-remse und das Sparpaket bleiben die Investitionen imerkehrsbereich auf einem akzeptablen Niveau. Dennie müssen bedenken: Fast 10 Milliarden Euro werdenm nächsten Jahr in Straße, Schiene und Wasserstraße in-estiert. Im Haushalt 2008, also vor den Konjunkturhil-en, lagen die Investitionen im Verkehrsbereich beinapp über 9 Milliarden Euro. Es fließt im Jahre 2011lso mehr Geld in die Sanierung und den Ausbau unserererkehrswege als vor der Wirtschaftskrise.
Auch Sie, Herr Beckmeyer, hätten in den letzten vierder acht Jahren die Möglichkeit gehabt – ich frageich: wo waren Sie eigentlich in diesen Jahren? –,
iese Ansätze noch höher zu setzen, da Sie sich ja keineedanken darüber machen, woher Sie das Geld bekom-
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men, sondern sich nur Gedanken darüber machen, wieSie es ausgeben.
Ob das nun eines verantwortungsbewussten Politikerswürdig ist, darüber kann man streiten.Jedenfalls muss der Einzelplan 12 auch seinen Bei-trag erbringen. Einer von vielen Einsparvorschlägen derRegierung betrifft die Kürzung von Programmmitteln imBereich der Stadtentwicklung; Sie haben das schon ge-sagt. Dieser Bereich wurde in den beiden letzten Jahrenum zusätzliche Mittel aus dem Konjunkturprogramm Iaufgestockt. Diese Sonderausgaben fallen jetzt weg.Darüber hinaus leistet der Bereich Städtebau seinenBeitrag zur Haushaltskonsolidierung. Das ist eben leiderso. Wenn Sie jetzt sagen: „Wir brauchen das nicht, wirwollen weiterhin die Gelder ausgeben“, dann sagen Sieuns bitte, woher sie kommen sollen. Durch die Förder-summe von 305 Millionen Euro, die der Bund den Län-dern und Kommunen für städtebauliche Projekte zurVerfügung stellt, bleibt die Möglichkeit erhalten, auchweiterhin Impulse für die Stadtentwicklung zu setzen.Die Städtebauförderung ist durch ihre Vielzahl vonProgrammen kompliziert und zum Teil unüberschaubargeworden. Ich denke, dass eine Verknappung der Mittelvielleicht auch dazu führt und Anreize bietet, Pro-gramme zu bündeln und effizienter zu gestalten.
– Ja. – Ein weiterer Sparbetrag soll nach bisheriger Pla-nung das CO2-Gebäudesanierungsprogramm erbringen.
Seit dem Start im Jahre 2006 wurde die energetischeHaussanierung mit 7,2 Milliarden Euro durch den Bundunterstützt. Jetzt soll das Programm zurückgefahrenwerden, mit Mitteln von 440 Millionen Euro in 2011aber noch aktiv bleiben.Nun erinnere ich mich sehr gut daran, dass HerrTiefensee dafür in der letzten Regierung verantwortlichwar, Herr Beckmeyer. Ich frage mich: Warum hat erdenn die 1,5 Milliarden Euro, die er pro Jahr zur Verfü-gung gestellt hat, nicht noch weiter erhöht? Warum hater den Einsatz von 400 Millionen Euro vorgezogen?
– Sie müssen auch einmal die Vergangenheit sehen. Siehaben doch gesagt: Die Mittel haben nie gereicht. So ge-sehen hätte Herr Tiefensee den Bereich der CO2-Gebäu-desanierung in den letzten Jahren noch wesentlich besserausstatten können. Er hat es aber nicht getan. Aus wel-chem Grund? Weil eben schlichtweg die Gelder nichtvorhanden waren.
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Es ist zum Beispiel fraglich, ob ein Zwang zur Sanie-ung nicht einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumarstellt.
ir dürfen Hauseigentümer und Mieter nicht überfor-ern. Nicht jeder ist in der Lage, entsprechende Summenur Sanierung aufzubringen.
Wir wollen die nächsten Wochen nutzen, um darüberu diskutieren, wie wir das CO2-Gebäudesanierungspro-ramm in Zukunft ausgestalten können.Eines muss man aber ehrlicherweise sagen: Derzeitefinden sich die Bauzinsen auf einem sehr niedrigeniveau. Dadurch besteht auch ohne staatliche Förderungin hoher Anreiz für Sanierungsmaßnahmen. Außerdemind bei solchen Förderprogrammen auch Mitnahme-ffekte zu beachten, wenn zum Beispiel ein Bauherr deneubau sowieso nach den neuesten Standards geplantatte. Die Förderung muss also vor allen Dingen dort an-ommen, wo sie gebraucht wird.Wir denken über den aktuellen Haushaltsentwurf hi-aus darüber nach, wie in Zeiten knapper öffentlicherassen eine ausreichende Finanzierung der Verkehrs-ege erreicht werden kann. Das schaffen wir einerseitsurch die effektive Verteilung der vorhandenen Gelder,ndem wir klare Schwerpunkte in der Verkehrspolitiketzen, wie etwa Erhalt vor Ausbau und die Beseitigungon Engpässen an wichtigen Knotenpunkten und Haupt-trecken.Andererseits wollen wir mehr privates Kapital für dienfrastruktur mobilisieren. Es werden zu den bereits er-olgreich laufenden Projekten in öffentlich-privater Part-erschaft neue hinzukommen. Darüber hinaus wollenir durch die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruk-urgesellschaft einen geschlossenen Finanzierungskreis-auf bei der Straße schaffen. Die Einnahmen aus derkw-Maut sollen vollständig in die Straße zurückflie-en. Das entspricht übrigens einer langjährigen Forde-ung der FDP. Es erhöht die Akzeptanz der Maut.usätzlich soll die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft kre-itfähig werden, um bei der Finanzierung von Auto-ahnprojekten mehr Spielraum zu erhalten.Meine Damen und Herren, wir wollen ganz klar einerendwende in der Haushaltspolitik einleiten: solidetaatsfinanzen statt ungezügelter Ausgabenpolitik. Dasst das Versprechen gegenüber unserer jungen Genera-
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tion; denn auf Schuldenbergen können unsere Kindernicht spielen.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Roland Claus für die
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Die Linke steht für eine Verkehrs-, Bau- und Stadt-entwicklungspolitik, die stets von sozialer Verantwor-tung und demokratischer Teilhabe aller an den Güternder öffentlichen Daseinsvorsorge ausgeht: Was alle brau-chen, muss öffentlich zugänglich sein; Mobilität und ur-banes Leben müssen bezahlbar sein.Wir reden hier über den Infrastrukturhaushalt. Um eseinmal plastisch zu machen: Es gibt nicht einen einzigenWahlkreis eines Bundestagsabgeordneten, der von die-sem Etat nicht berührt wäre; er hat enorme Auswirkun-gen. Wenn Sie von der Bundesregierung etwas mutigerwären, dann hätten Sie einen wirklichen Infrastrukturetatgeschaffen, indem Sie das Wirtschafts- und Landwirt-schaftministerium hier integriert hätten.Sie sehen: Die Opposition geht den Haushalt lustvollund kreativ an. Das Zahlenwerk von BundesministerRamsauer ist allerdings ein Anschlag auf Mut und Krea-tivität.
Dafür will ich ein paar Beispiele nennen.Sie wollen mit diesem Haushalt die Etats zweier be-sonders erfolgreicher Förderprogramme – die Städte-bauförderung und die energetische Gebäudesanie-rung – im Vergleich zu diesem Jahr halbieren. Wer sichso seiner eigenen Stärken beraubt, nimmt sich doch denSpielraum zum Gestalten. Ich finde, das, was Sie hiervorführen, ist nun wirklich absurd.
Deshalb bekommen Sie wie wir Briefe von Architek-ten, Wohnungsgesellschaften, Kirchen und Mieterverei-nigungen, die sich darüber beschweren. Es muss Ihnendoch zu denken geben, wenn sich Ortsvereine von CSU,Grünen, SPD und Linken gleichermaßen über diesenUnsinn beschweren. Dass Sie nicht in der Lage sind, da-raus Schlüsse zu ziehen, ist ebenfalls absurd.
– Das schreckt inzwischen niemanden mehr.
Das Neue an diesem Widerstand ist: Diejenigen, dieuns diese Beschwerdebriefe schicken, argumentieren inerster Linie nicht betriebswirtschaftlich. Sie sagen nicht:MamgmkklrmwnavmziwDdrgLdtfbZazMktUz2afMHTrnHZS
Ich will Ihnen von einem Erlebnis erzählen. Ich standor kurzem auf einer halb fertiggestellten ICE-Brücke ineinem Wahlkreis, die über die Unstrut führt. Sie gehörtur ICE-Strecke Nürnberg–Leipzig. Ingenieurtechnischst das außerordentlich beeindruckend; die Fahrstreckeird dann irgendwann eine halbe Stunde kürzer sein.ie Wahrheit der neuen Trasse heißt aber auch, dassann Kulturstädte wie Weimar, Naumburg und andereegelrecht vom Fernverkehr abgehängt werden. Ichlaube, diese Logik der Metropolendominanz ist keineogik von heute, sondern von gestern. Das Interessanteabei ist: Ihre Ideen von vorgestern werden heute in Be-on gegossen; aber es sind eben Ideen von vorgestern.Es gibt auch ganz andere Logiken. In Sachsen-Anhaltand die Internationale Bauausstellung statt, eine sehreeindruckende Veranstaltung, deren Motto „Weniger istukunft“ lautete. Es ging um die Hinwendung zu einernderen Entwicklungslogik. Aber dafür braucht es eineukunftsfähige Infrastrukturpolitik. Dafür muss manut haben und dann auch Geld anfassen.Herr Bundesminister, in Ihrem Etat sind alle Baulich-eiten des Bundes in Berlin und Bonn versammelt. Sieragen künftig eine spezielle Verantwortung dafür, denmzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlinu vollziehen. Die Linke hat Ihnen dazu bereits im Jahr006 einen entsprechenden Antrag vorgelegt. Nun hatuch der Bundesverteidigungsminister – er ist ein re-ormfreudiger Typ – erkannt, dass es besser wäre, seininisterium in Berlin anzusiedeln.
err Ramsauer, wir fordern Sie auf: Packen Sie es an!reten Sie für die Wiedervereinigung der Bundesregie-ung in Berlin ein! Wir versprechen Ihnen dabei: Kei-em Bonner wird es schlechter gehen.
err Minister, wir Ossis haben gut gelernt, zwischen deneilen zu lesen, auch bei Ihrer Rede. Demnach wollenie, dass Ihr Etat nicht so bleibt, wie er ist. Hierin stim-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6275
Roland Claus
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men wir überein. Bessern Sie Ihren Etat; denn so, wie erist, ist er Mist.
Herr Kollege Claus, es wird in Bonn sicher nachhal-
tige Beruhigung auslösen, wenn ein Vertreter Ihrer Frak-
tion die Bundesregierung zur Wiedervereinigung auffor-
dert.
Nächster Redner ist der Kollege Winfried Hermann
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und
Herren! Liebe Kollegen! Wir debattieren heute über die
Grundzüge des Haushalts des Ministeriums für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung.
Eines der Grundprobleme dieses Haushalts – vor allem
im Verkehrsbereich – ist, dass wir eine große Lücke ha-
ben zwischen den Ansprüchen, die gestellt werden, und
den Mitteln, die tatsächlich zur Verfügung stehen.
Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit – man
müsste eigentlich sagen: zwischen Wahn und Wirklich-
keit – ist gewaltig.
Schauen wir uns an, welche Kosten im Bundesver-
kehrswegeplan für den vordringlichen Bedarf vorgese-
hen sind: im Bereich Schiene noch 35 Milliarden Euro
und im Bereich Straße noch 28 Milliarden Euro. Im
Schienenbereich stehen uns in den kommenden 5 Jahren
aber nur maximal 5 bis 6 Milliarden Euro und im Stra-
ßenbereich maximal 10 Milliarden Euro für Neubau-
investitionen zur Verfügung. In dieser Situation hätte
ich vom Minister erwartet, dass er sagt: Es ist Zeit zur
Einkehr, zum Nachdenken, zum Nachrechnen und auch
zur Umkehr. Wir müssen uns von unbezahlbar teuren,
nicht durchsetzbaren Projekten verabschieden.
Das tun Sie nicht. Dazu haben Sie nicht den Mut.
Das ist übrigens der Grund, warum in Stuttgart so
viele Menschen Tag für Tag auf die Straße gehen. Sie
protestieren nicht, wie die Kanzlerin meint, gegen einen
neuen Bahnhof. Nein, diese Menschen fragen sich: Wa-
rum wird in Stuttgart ein gut funktionierender Kopf-
bahnhof nicht einfach bezahlbar und schnell moderni-
siert? Warum wird er zerstört? Warum wird ein Park für
einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zerstört,
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Sie fragen sich: Wie kann es sein, dass sich Politiker
n Gremien über Jahre hinweg schöne Zahlen vorlegen
assen und nie kritisch nachfragen? Wie kann es sein,
ass ein Gremium wie der Haushaltsausschuss des Deut-
chen Bundestages – Herr Kollege Barthle, Sie waren
abei – das Projekt Stuttgart 21 und die Neubaustrecke
or anderthalb Jahren verabschiedet hat, was mit
,8 Milliarden Euro veranschlagt wurde und inzwischen
,1 Milliarden Euro kosten soll?
ie Neubaustrecke wurde damals mit 2 Milliarden Euro
eranschlagt, inzwischen wurde zugegeben, dass es
Milliarden Euro sind.
n einem von uns vorgelegten Gutachten haben wir Ih-
en dargelegt, dass es wohl eher 4 oder 5 Milliarden
uro sein werden.
lles in allem schlucken beide Projekte 10 bis 11 Mil-
iarden Euro. Das ist die Summe, die Sie zum Ausbau
es gesamten deutschen Schienengüterverkehrs drin-
end brauchten.
iese Art von Geldverschwendung geht den Leuten so
as von auf den Keks, in Schwaben ganz besonders.
Herr Kollege Hermann, darf Ihnen der Kollege Kalb
ine Zwischenfrage stellen?
Gerne, das verlängert meine Redezeit, und ich kann
ann meine Gedanken noch besser ausführen. Vielen
ank.
Herr Kollege Hermann, würden Sie erstens zugeben,ass es eine klare Finanzierungsvereinbarung zwischenem Bund und den übrigen Beteiligten gibt und dass dieinanzielle Beteiligung des Bundes seinerzeit auforschlag des damaligen Bundesverkehrsministersiefensee
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6276 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Bartholomäus Kalb
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exakt begrenzt wurde und hier keine nachteiligen Aus-wirkungen zu erwarten sind?Würden Sie zweitens zugeben, dass Sie die Öffent-lichkeit in die Irre führen, weil bei allen Planungen undKostenangaben der Kostenstand des Jahres 2004 zu-grunde gelegt wird und es natürlich eine Eskalation beider Preisentwicklung gibt?
Vielen Dank. – Tatsächlich wird bei diesen Großpro-
jekten immer mit veralteten Zahlen gerechnet, damit
nicht auffällt, wie teuer sie sind.
Wir wissen heute zum Beispiel – nach Angaben der
Bahn –, dass die Neubaustrecke 3 Milliarden Euro kos-
tet. Das ist exakt das Doppelte von dem, was der Haus-
haltsausschuss vor anderthalb Jahren als Verpflichtungs-
ermächtigung beschlossen hat. Bei Neubaustrecken
– das wissen Sie so gut wie ich – ist der Bund alleiniger
und ausschließlicher Finanzier. Dass Baden-Württem-
berg dem Bund in diesem Zusammenhang ungefähr
1 Milliarde Euro schenkt, ist eher ein Glück, man könnte
auch sagen: Dummheit. Auf jeden Fall muss das nicht
geschehen.
Beim Bahnhof ist es das Gleiche. Der Bund wird
nicht alleine bezahlen. Alle Beteiligten werden mehr be-
zahlen. Aber auch hier hat man jahrelang mit falschen
Zahlen gerechnet.
Jetzt komme ich zum Thema Demokratie. Herr
Minister, Sie haben gefragt: Was haben diese Leute für
ein Demokratieverständnis? Bei den Protesten in Stutt-
gart höre ich von den Leuten immer wieder, dass sie
nicht verstehen können, dass sich gewählte Parlamenta-
rierinnen und Parlamentarier so wenig mit der Frage be-
schäftigen, was solche Großprojekte wirklich kosten,
wie hoch die Baurisiken und die Kostenrisiken sind. Die
Leute fragen: Wie kann es sein, dass solche Gremien auf
der Basis völlig falscher Zahlen Beschlüsse fassen und
diese anschließend noch nicht einmal korrigieren?
Nach der Haushaltsordnung des Deutschen Bundestages
und den darin festgelegten Prinzipien der Sparsamkeit
und der Wirtschaftlichkeit wäre es Ihre Pflicht, diese Be-
schlüsse von vor anderthalb Jahren komplett infrage zu
stellen.
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en Bahnhof abreißt und damit Tatsachen schafft. Man
ill das Projekt durchprügeln, und das stinkt den Leuten.
s stinkt ihnen, dass Sie so tun, als sei über alles ge-
chwätzt worden, als sei alles geregelt, als könne man
ichts mehr umkehren.
as ist die Wahrheit, aber die verstehen Sie nicht.
Sie haben gesagt, dass es genügend Möglichkeiten
ab, Einfluss zu nehmen.
ie täuschen sich. Ich begleite dieses Projekt seit Anfang
er 90er-Jahre. Die Bevölkerung ist nie gefragt worden,
b sie einen neuen Bahnhof haben möchte, ob sie einen
utzen in diesem Projekt sieht. Sie ist nie gefragt wor-
en. In den allgemeinen Wahlen hat die Bevölkerung der
DU die Mehrheit gegeben. Die Krux an einer allgemei-
en Wahl ist nun einmal, dass man nicht über einzelne
unkte abstimmen kann. Viele CDU-Wähler haben Sie
weifellos gewählt, obwohl sie gegen Stuttgart 21 wa-
en. Das wird sich ändern. Das werden Sie sehen. Das
rkennt man an den aktuellen Umfragen. Ich kann nur
agen: Es ist noch Zeit zum Umdenken. Wir sagen klipp
nd klar: Es ist höchste Zeit zum Nachdenken und zum
inlenken. Schluss mit den Abrissarbeiten! Moratorium!
ie Zahlen müssen auf den Tisch. Wir müssen wissen,
as das kostet und welchen Nutzen das wirklich bringt.
s muss auch auf den Tisch, was der Ausstieg kosten
ürde. Wir brauchen seriöse und ehrliche Berechnungen
nd keine Mondzahlen.
Herr Kollege Hermann.
Wenn diese Zahlen auf dem Tisch liegen, dann kannie Bevölkerung abstimmen. Entweder Sie machen beier Volksbefragung und dem Volksentscheid mit oderie bekommen bei der Wahl, bei der Sie sowieso dabeiind, die Quittung.Vielen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6277
Winfried Hermann
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Arnold Vaatz ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Abweichend von dem, was ich ei-gentlich vorhatte, muss ich erst einmal etwas zu derRede von Herrn Hermann sagen.Wenn ich über Stuttgart 21 rede, ist das nicht authen-tisch, weil ich nicht von dort komme
und in meinem Wahlkreis andere Probleme habe. Ichmöchte Ihnen etwas Prinzipielles zu dem Gesamtpro-blem sagen. Ihre Politik, die Politik der Grünen,
besteht seit vielen Jahren darin, Planungsprozesse solange wie möglich zu verzögern, immer neue Ein-spruchsmöglichkeiten zu schaffen
und nach erfolgreicher Verzögerung mit der verändertenSachlage zu argumentieren und zu sagen, das Ganze seijetzt nicht mehr zeitgemäß.
Wenn Sie diese Strategie in diesem Land weiter bis zumExzess treiben, kommen wir an einen Punkt, an dem wirin diesem Land nicht mehr investieren können. Das müs-sen Sie wissen. Sie tragen dafür die volle Verantwortung.
Im Übrigen sollten Sie nicht so laut nach Volksent-scheiden rufen. Ich habe in Dresden erlebt, wie Sie mitdem Resultat von Volksentscheiden umgehen.
Sie holen dann eine Reihe von Demonstranten auf dieStraße. Diese Demonstranten waren in Dresden immerdie Minderheit. Sie waren allerdings, wenn sie gesam-melt auftraten, ganz eindrucksvolle Kulissen.
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Wir reden heute über den Einzelplan 12. Wenn Sie ge-tatten, möchte ich Sie bitten, vor allen Dingen diejeni-en, die schon länger im Parlament sind, ehrlich zurück-ublicken, was in aller Regel geschehen ist, wenn vonaushaltskonsolidierung die Rede war. In aller Regel ister konsumtive Teil des Haushaltes nahezu unangetasteteblieben, und der investive Teil war sozusagen derteinbruch, wo man sich bedient hat. Das mag ein be-uemer Weg sein, aber diesen bequemen Weg ist die Ko-lition, insbesondere Wolfgang Schäuble, in diesem Fallicht gegangen. Vielmehr haben wir zum ersten Malonsolidierung und Schonung des investiven Haushalts-eils zusammengebracht. Das halte ich für eine ganzroße Leistung dieser Koalition.
Wir haben also auch im Verkehrshaushalt die Investi-ionslinie auf hohem Niveau gehalten. Kern unserererkehrspolitik bleibt – das bildet der Haushalt ganz ein-eutig ab – die Sicherstellung unserer Infrastruktur-inanzierung. Allerdings brauchen wir, da auch in Zu-unft das Geld knapp sein wird, neue umfassendeonzepte, um das, was wir uns vorgenommen haben,urchzusetzen. Wir müssen in erster Linie beachtenhier verändern sich die Dinge in Deutschland ein kleinenig –, dass die Erhaltung unserer Verkehrswege inukunft mehr Aufmerksamkeit fordern wird als früher.Peter Ramsauer ist am Anfang seiner Rede auf dashema 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung eingegan-en. Wenn Sie sich fragen, weshalb ein so ungeheuerroßer Finanz- und Investitionsbedarf in Ostdeutschlandestanden hat, dann müssen Sie sich vergegenwärtigen,ass Instandhaltung über viele Jahre in Ostdeutschlandin Fremdwort war. Wir bekamen ab und zu schöne neuetraßen – das ist richtig –, aber an denen wurde dannber ein, zwei oder drei Jahrzehnte nichts getan. Dasührte zu dem Zustand, den wir 1990 hatten. Dies dürfenir in der Bundesrepublik Deutschland auf keinen Fallemals wieder zulassen. Demzufolge ist Instandhaltungichtig.
Für den Schienenbereich haben wir die Leistungs-nd Finanzierungsvereinbarung für das Bestandsnetz.as ist eine gute Tat, die unter der Ägide unserer sozial-emokratischen Freunde vernünftig unter Dach undach gebracht worden ist. Dergleichen brauchen wir inukunft für die Straße aber auch. Ich hoffe, dass uns daselingen wird.
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6278 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Arnold Vaatz
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Wir sagen aber auch ganz deutlich, und unser Haus-halt bringt das zum Ausdruck: Mobilität muss bezahlbarbleiben. Das ist ein ganz wichtiger Zielpunkt, den wiranstreben. Das heißt insbesondere, dass man nicht dau-ernd mit kostentreibenden Vokabeln in der Öffentlich-keit jonglieren sollte. Über Finanzierungsfragen solltenwir erst reden, wenn sich diese aus einem Konzept he-raus ergeben. Es darf nicht zuerst eine Vokabel in dieWelt geworfen und dann die konzeptionelle Frage nach-gereicht werden. Das ist keine richtige Politik. Demzu-folge sagen wir auch, dass die Einführung einer Pkw-Maut nicht auf der Tagesordnung steht.
Das Bundesverkehrsministerium hat jetzt die großeMöglichkeit, möglicherweise ideologisch bedingteDenkverbote von früher abzustreifen und die vorhande-nen Spielräume besser auszunutzen. Grundlage seriösenHandelns ist es meines Erachtens, dass man nicht zuerstnach mehr ruft, sondern mit dem, was man hat, so effi-zient wie möglich umgeht.Wir konnten die Infrastrukturinvestitionsmittel aufhohem Niveau verstetigen. Wir müssen uns aber überle-gen, ob wir uns in bestimmten Bereichen des Bundes-haushalts in Zukunft von diesen nicht unabhängiger ma-chen können und machen müssen; denn Unabhängigkeitist eine wichtige Grundlage für Planungssicherheit.Wir brauchen verkehrsträgerbezogene Finanzie-rungskreisläufe. Das gilt sowohl für die Einnahmen ausder Lkw-Maut, die wieder vollständig für die Straße ein-zusetzen sind, wie auch für die Trassenerlöse derSchiene, die komplett in die Schieneninfrastruktur zu-rückfließen müssen. Das halte ich für ein wichtiges Ge-bot der Transparenz. Wenn wir das unterlassen, dannwerden wir das nötige Vertrauen in eine vernünftige Ver-kehrspolitik in der Öffentlichkeit nicht einwerben kön-nen. Demzufolge müssen wir dies mit aller Konsequenzangehen.
In einem ersten Schritt müssen wir noch für denHaushalt 2011 die haushaltstechnischen Änderungen be-zogen auf die Straße schaffen. Die Einnahmen aus derLkw-Maut müssen wieder ausschließlich für Investitio-nen in die Straße eingesetzt werden. In diesem Zusam-menhang sehe ich auch den mit der Lkw-Maut verbun-denen Anspruch, im Bundeshaushalt prinzipiell mehrTransparenz herzustellen.In einem zweiten Schritt gilt es dann, ein Geschäfts-modell für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungs-gesellschaft zu entwickeln. Dieses muss die direkteZuweisung der Lkw-Maut an die Gesellschaft unterWegfall der Jährlichkeit ermöglichen. Dabei muss ihrauch eine beschränkte Kreditfähigkeit eingeräumt wer-den.Wir haben über die Kreditfähigkeit der VIFG schonviel diskutiert. Es ist richtig, wenn das Finanzministe-rium sagt: Die VIFG kann Kredite nicht zu besserenKonditionen als der Bundeshaushalt aufnehmen und un-terliegt zudem auch der Schuldenbremse. Sie kann sichandgfdgwIBGgsr–brdn–EeulDolDgAghb
Wissen Sie, wir sind der Deutsche Bundestag. Wir ha-en die Haushaltssouveränität, und wir können in unse-en Verhandlungen über den Bundeshaushalt genau überiese Fragen ausführlich reden. Dazu leiste ich hier ei-en Beitrag.
Sie brauchen nicht zu klatschen.
inen Satz muss ich Ihnen noch sagen. – Herr Präsident,inen Augenblick Geduld.Ich sage auch: Wir müssen aufpassen, dass wir ausnseren Fachhaushalten nicht ein Sammelbecken für al-es machen.
azu gehört zum Beispiel, dass wir einmal überprüfen,b es passend ist, das Programm „Soziale Stadt“ tatsäch-ich aus diesem Investitionshaushalt zu finanzieren.
as ist es nicht. Stadtfeste zu organisieren, ist nicht Auf-abe des Bundesbau- und Verkehrsministers.
us dem Grunde sage ich: Das mag Sinn haben, aber esehört in den richtigen Haushalt, nämlich in den Haus-alt für Arbeit und Soziales. Ich hoffe, dass uns hier einisschen mehr Ordnung gelingt.Vielen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6279
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Nun hat der Kollege Kahrs für die SPD-Fraktion das
Wort.
Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Minister! Liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Wenn man die Reden heute hier hört, dann fragt man
sich, wer hier gerade in welche Rolle geschlüpft ist. Herr
Minister, ich habe Ihre Rede gehört und zu großen Teilen
klatschen können. Sie war fantastisch. Ich frage mich
aber, wer hier jetzt die Regierung stellt und wie das am
Ende funktionieren soll.
Ich habe gerade eben auch den Kollegen Vaatz gehört,
der nun ob seiner Rede von allen beglückwünscht wird.
Ich habe ernsthaft nicht verstanden, wie das, was Sie sa-
gen, mit dem, was Sie uns schriftlich vorgelegt haben, in
irgendeiner Form übereinstimmt.
Herr Minister, Sie und Ihre Staatssekretäre – Ihre fünf
Jungs hinter Ihnen – sind wirklich eine feine Truppe. Es
macht viel Spaß, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, und
ich muss sagen: Es ist auf der privaten Ebene immer eine
helle Freude.
Bei aller persönlichen Sympathie muss ich aber auch
ganz ehrlich sagen: Ich weiß angesichts dessen, was Sie
tun, nicht, ob Sie auf der Sachebene Ihrer Aufgabe wirk-
lich ernsthaft gewachsen sind.
Wenn man sich einmal die unterschiedlichen Aussa-
gen zu Ihrem Haushalt anhört, dann wundert man sich.
Zum einen haben Sie einen Kollegen – das sind manch-
mal die Gefährlichsten –, nämlich den Kollegen Röttgen.
Der erklärte zu den Streichungen beim CO2-Gebäude-
sanierungsprogramm – man soll es ja gar nicht für
möglich halten –:
Diese Kürzungen werden die Sanierungsrate mas-
siv senken und drastische Auswirkungen auf Wirt-
schaft und Arbeitsmarkt haben.
Wenn Deutschland seine ambitionierten Klimaschutz-
ziele verwirklichen wolle, müssten dauerhaft wieder
2 Milliarden Euro pro Jahr für das Gebäudesanierungs-
programm zur Verfügung stehen. – Das sagte Minister
Röttgen.
Als Sozialdemokrat habe ich jetzt ein kleines Problem
damit. Ich habe in meiner Fraktion tapfer dafür ge-
kämpft, dass wir von den mieseligen 400 Millionen
Euro, die Sie für dieses CO2-Gebäudesanierungspro-
gramm übergelassen haben, auf 1,5 Milliarden Euro
hoch wollen. Jetzt hat mich der Röttgen um 500 Millio-
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ine Kehrtwende der Regierung bei der Förderung der
nergiesanierung von Wohnungen angedeutet hat. Er
agte der Bild-Zeitung:
Das CO2-Sanierungsprogramm sollte auf bis zu
3 Milliarden Euro im Jahr aufgestockt werden.
lso: Lesen bildet, Denken hilft!
Jetzt haben wir hier also einen Haushaltsentwurf zum
O2-Gebäudesanierungsprogamm, in dem 400 Millio-
en Euro stehen. Der Bundesumweltminister sagt: Es
üssen mindestens 2 Milliarden Euro sein, sonst sind die
iele der Bundesregierung überhaupt nicht zu halten. –
as ich davon zu halten habe, weiß ich ja. Schließlich
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dieSU mit ihrem Entwurf über 400 Millionen Euro, dieDU, der Minister, mit dem Entwurf über 2 Milliardenuro und die FDP, Ihr Staatssekretär, mit gleich 3 Mil-iarden Euro.Die Kollegin Winterstein hat die ganze Zeit etwas da-on erzählt, dass man keine Schulden machen dürfe undparen müsse; hier ganz besonders.
azu kann ich nur sagen, dass das eine lustige Mischungst. Was das allerdings mit einer soliden Haushalts-nd Regierungspolitik zu tun hat – Haushaltsklarheitnd -wahrheit, das sagen Sie ja immer gerne –, weißicht einmal der Kollege Barthel Kalb. Er schüttelt näm-ich die ganze Zeit den Kopf. Er ist ein feiner Kerl, aberuch er ist ratlos.
Ich weiß, dass du nicht nervös bist. Du bist schon soange dabei; dich wird niemand aus der Ruhe bringen. –ch bemühe mich in dieser Frage nicht. Ich finde, dassher der Minister unruhig werden sollte.
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6280 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Johannes Kahrs
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Wenn man sich die Presse weiter anschaut, liest manso schöne Überschriften wie: „Soziale Kälte statt Heiz-kostenzuschuss“. Über den Heizkostenzuschuss könnenwir noch an anderer Stelle reden.Ein Thema, das auch ganz amüsant ist, ist das ThemaStädtebauförderung; das hatten wir eben.
Sie haben uns gerade gesagt, die Mittel hierfür würdenhalbiert. Über den Sinn, Unsinn und Zweck der Städte-bauförderung ist bereits viel gesagt worden. Dass sierichtig, wichtig und gut ist, hat die CDU/CSU-FDP-Ko-alition in ihrer Koalitionsvereinbarung geschrieben. Inder Koalitionsvereinbarung, die Sie geschrieben haben– das ist die Grundlage Ihrer Arbeit; das, was Sie für vierJahre vereinbart haben –, kann man nachlesen
– sie ist nicht für jeden Sozialdemokraten die Grundlageeiner vernünftigen Politik; aber lichte Momente sollteman durchaus zitieren –:Die Städtebauförderung leistet einen unverzichtba-ren Beitrag zur lebenswerten Gestaltung von Städ-ten und Gemeinden.– Herr Vaatz, das haben Sie eben als Stadtteilfeste so ab-gekanzelt. –Wir werden die Städtebauförderung als gemein-schaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kom-munen auf bisherigem Niveau, aber flexibler fort-führen.Gegen Flexibilität hat niemand etwas. Aber das Niveauwar die Ansage.In einer Presseerklärung des Bundesverbandes deut-scher Wohnungs- und Immobilienunternehmen – ein sehrsolider, sehr ehrenwerter Verband, meistens von Hanse-aten geführt – steht – manchmal hilft es, zu lesen –: Den-noch sieht der Haushaltsentwurf der Bundesregierungvor, im Haushalt des BMVBS die Mittel für die Städte-bauförderung zu halbieren, von ursprünglich geplanten610 Millionen Euro auf 305 Millionen Euro. – Jetzt neh-men wir den Koalitionsvertrag dieser Regierung, dannnehmen wir den Haushaltsentwurf, und dann wundernwir uns; denn eigentlich sollte man glauben, dass hierdie gleichen Herrschaften tätig gewesen sind.Nachdem wir jetzt die Presselage studiert, die unter-schiedlichen Ministermeinungen und die Unterschiedezwischen CSU, CDU und FDP zur Kenntnis genommenhaben, kann ich noch kurz auf den Haushalt zu sprechenkommen. Herr Minister, ich habe wirklich sehr ge-schätzt, was Sie zu den wichtigen Themen gesagt haben,nämlich zu den Häfen, dass sie die Lebensader unsererRepublik seien, und zu den Hinterlandverkehren. Esist eine Supersache, dass Sie als Bayer das verstandenhaben. Ich nehme an, der Kollege Ferlemann hat etwasdamit zu tun. Er – der übrigens von mir sehr geschätzteKollege ist aus Otterndorf; bei der Elbsanierung ist dasfür ihn nicht immer so einfach – hat auf einer Veranstal-twkaGwAidgiLmdhrdhWdsku–ugPudrDmie–ngg
Aber das klitzekleine Problem bei der Sache ist, dassie anderen Jungs, die da sitzen, das Gleiche tun. Sie alleehen durch ihre Wahlkreise und Bundesländer – egal obn Bayern oder Baden-Württemberg – und erzählen deneuten das, was sie hören wollen. Auch ich als Sozialde-okrat tue das immer gerne. Aber wenn man schonurch die Länder und Kommunen geht und Ortsumge-ungen, Elbvertiefungen, die Y-Trasse und all das, wasichtig, wichtig und gut ist, verspricht, dann müsste manas auch im Haushalt wiederfinden – Stichwort: „Haus-altsklarheit und Haushaltswahrheit“.
Allerdings ist das, was wir sehen, mehr Wunsch undahn, weil finanziell nicht unterlegt. Wir haben dochas Problem, dass all die schönen Dinge nicht unterlegtind. Bei der Y-Trasse, so erklärte uns Herr Grube vorurzem, habe er leider nur die Planungskosten, von Baund Investitionen nichts, gar nichts.
Das ist richtig. Aber wir haben doch eine mittelfristigend eine langfristige Finanzplanung, und Sie wissen: Esibt bestimmte Vorläufe, und es muss Geld da sein. Dasroblem ist: Es ist kein Geld da.Herr Grube sagte, dass die Y-Trasse unverzichtbarnd notwendig, zurzeit aber nicht finanzierbar ist. Voriesem Hintergrund erscheint die Arbeit dieser Regie-ung, dieser Koalition in einem anderen Licht. Fraur. Winterstein sagt zwar zu Recht: Man muss das, wasan tut, auch finanzieren können. Aber da erinnere ichmmer an Theo Waigel;
r ist ja ein respektabler Mann.
Ja, ja. – Er hat gesagt: Haushaltssanierung gelingtur in einem Dreischritt: erstens Einnahmeverbesserun-en, zweitens Wachstumsförderung, drittens Einsparun-en.Die Einnahmeverbesserungen haben Sie versemmelt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6281
Johannes Kahrs
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Ich will jetzt nicht wieder mit Ihrer Nummer mit denHotels anfangen. Sonst bekomme ich gleich Ärger vonmeinem Lieblingsstaatssekretär;
das muss ich nicht haben. Auch über die anderen Punktehaben wir schon diskutiert; auch da haben Sie geloost.Wachstumsförderung ist das, was wir in der GroßenKoalition so wunderbar getan haben. Wir haben Kon-junkturpakete geschnürt. Sie canceln jetzt leider all dieseKonjunkturpakete. Dabei kommt aber nichts heraus.Wachstumsförderung findet bei Ihnen also nicht statt.Sie fördern nicht Wachstum, sondern Sie streichen.
– „Unglaublich“, Herr Döring, ist in der Tat das einzigeWort, mit dem man beschreiben kann, was Sie leisten,wenn man das überhaupt „leisten“ nennen kann.
Zum Schluss möchte ich ganz kurz sagen: Die Elb-vertiefung wollen wir natürlich alle. Bei Otterndorf müs-sen wir aufpassen; das wissen wir. Der Nord-Ostsee-Kanal ist super, die Y-Trasse auch.Ein allerletztes Wort zu Stuttgart 21. Da wir hier undheute gehört haben, dass die CSU Lobeshymnen auf dieSPD in Baden-Württemberg gesungen hat, sage ich Ih-nen: Erstens ist die SPD in Baden-Württemberg gut,zweitens in den Umfragen deutlich unterbewertet,
und drittens glauben wir, dass das, was in Baden-Württemberg geschieht, kluge, kühle und solide den-kende Köpfe erfordert. Ich kann den Kollegen Hermannverstehen. Ein kleiner Wutanfall ist gut für Wahlaussa-gen.
Lieber Kollege Kahrs.
Ich komme zum Ende.
Ich könnte Ihnen zwar noch stundenlang zuhören.
Bedauerlicherweise hat Ihnen Ihre Fraktion aber eine
miserabel kurze Redezeit zugestanden.
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ine solche Meldung habe ich aber nicht erhalten. Des-
egen nähern wir uns dem grausamen Ende Ihrer Rede-
eit.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss, allerdings
icht, ohne noch darauf hinzuweisen: Stuttgart 21 ist
ichtig; die SPD hat dazu eine klare Ansage gemacht. Es
st aber auch richtig, die Bevölkerung zu fragen, zu über-
eugen und in der Sache mitzunehmen.
adurch vermeidet man solche Demonstrationen.
Herr Minister, Sie haben gute Argumente. Nutzen Sie
ie, statt auf die Demonstranten, die das Gefühl haben,
ass sie von Ihnen alleine gelassen werden, immer nur
einzudreschen“.
Vielen Dank.
Das Wort erhält nun der Kollege Patrick Döring für
ie FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Esst ein Stück weit tragisch, dass die Opposition immerirtuelles Geld ohne Ende hat,
ass diejenigen, die regieren, aber mit der Realität ope-ieren müssen. Ebenso ist es intellektuell unredlich, dassie über diesen Einzelplan völlig losgelöst von deraushaltswirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland,nseres Staatswesens, diskutieren.
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6282 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Patrick Döring
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Das, was wir gehört haben, war ein Wunschkonzert,
insbesondere vonseiten der Sozialdemokraten. Sie be-tonten zwar, all Ihre Vorschläge seien wohlfeil durch-dacht und leicht umsetzbar. Aber die KolleginWinterstein und andere haben schon deutlich gemacht:Wir investieren mehr in die Verkehrswege, als es die Re-gierungen, an denen Sie beteiligt waren, jemals getan ha-ben.
Mit Ausnahme der zwei Jahre, in denen sich Deutsch-land in einer Konjunkturkrise befunden hat und wir Kon-junkturpakete aufgelegt haben, investieren wir mehr.
Das ist die Wahrheit.
Mit diesem Phantomschmerz kommen Sie nicht klar,liebe Kolleginnen und Kollegen.
Man kann über Unterfinanzierung, Planungen oderVersprechungen diskutieren, aber eines ist auch klar: DieProjekte, über die wir aktuell sprechen und die so starkim Fokus sind, sind alle unter einer anderen Regierungentstanden. Auch die Finanzierungsvereinbarung zu demumstrittenen Projekt im Südwesten trägt die Unterschrifteines Sozialdemokraten, nämlich von WolfgangTiefensee.
Jetzt werfen Sie das uns vor die Füße und beklagen sich,dass wir nicht genug Mittel auskehren können. Auch dasist intellektuell unredlich.
– Geschätzter Kollege Hermann, ich komme noch da-rauf, keine Bange.Man kann auch das Thema CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm isoliert betrachten und den Blick nurin den Einzelplan werfen. Aber falls es Ihnen entgangenist: Diese Bundesregierung und diese Koalition arbeitengerade an einem umfangreichen Energiekonzept, durchdas es zu zusätzlichen Haushaltseinnahmen kommt.Selbstverständlich werden wir darüber reden, wie wirdie Mittel aus diesem Sondervermögen einsetzen wer-den. Wenn wir uns in der Koalition darüber einig sind,dass die Gebäudesanierung einen wesentlichen BeitragzwIwmsRWGddsdgnAdssgedhhElmDgDBf1vw
nsofern muss man sein Horizontproblem – keiner weiß,ie klein sein Horizont ist – auch dadurch lösen, dassan andere Politikbereiche mit einbezieht.Ich persönlich finde es auch bemerkenswert, ge-chätzte Kolleginnen und Kollegen, dass alle bisherigenedner der Opposition es geschafft haben, kein einzigesort über die gesamtstaatliche Situation zu verlieren.anz im Gegenteil, Herr Kahrs hat eben gesagt, wir wür-en angeblich kein Wachstum bewirken. Dabei ist dieeutsche Wirtschaft in diesem Quartal so stark gewach-en, wie es in den meisten Quartalen der Regierungszeiter Sozialdemokraten nicht der Fall war.Wir brauchen keine Konjunkturprogramme, weil wirute Politik machen. Das ist die Wirklichkeit.
Wir haben so wenig Arbeitslose in unserem Land wieie zuvor in der Regierungszeit der Sozialdemokraten.
uch das ist offensichtlich ein Phantomschmerz. Dennas ist die Wahrheit in diesem Land, auch wenn Sie nocho viele nette Reden halten: Die Wirtschaft funktioniertehr gut, weil diese Regierung gute Politik macht.
Ich will nicht auf die gespielte Empörung des Kolle-en Hermann zu dem Infrastrukturprojekt in Stuttgartingehen, weil ich glaube, dass die Art der Diskussion,ie Sie dort anzetteln, weit über die Grenzen Stuttgartsinaus und auch für dieses Haus eine große Bedeutungat.
s ist demokratietheoretisch und politisch brandgefähr-ich, einen Unterschied zwischen Legalität und Legiti-ität zu machen.
as tun Sie permanent.Es gibt ein Planfeststellungsverfahren. Das ist übri-ens spannend, weil die Kollegin Künast, die dieebatte leider nicht mehr verfolgen kann, immer vonürgerrechten redet: Wir haben in Stuttgart ein Plan-eststellungsverfahren durchgeführt, in dem über0 000 Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgernon den Behörden einzeln und individuell abgearbeitetorden sind.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6283
Patrick Döring
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Deshalb hat es über 15 Jahre gedauert. Jetzt der Bundes-republik Deutschland – unabhängig davon, wer regiert –vorzuwerfen, dass das ganze Projekt nicht mehr legitimund legal ist, weil es 15 Jahre gedauert hat und zu Kos-tensteigerungen gekommen ist, ist schlicht unredlich.Das wird das Land nicht weiterbringen.
Es gibt klare Prozesse und Verfahren. Bürgerbeteili-gung ist ein hohes Gut. Es gibt kein Land in der Europäi-schen Union, das seine Bürgerinnen und Bürger in Plan-feststellungsverfahren so stark und intensiv beteiligt wiedie Bundesrepublik Deutschland.
Aber worüber soll eigentlich abgestimmt werden,Frau Kollegin? Soll über die Oberverwaltungsgerichts-urteile oder über die 1 200 Seiten der Planfeststellungabgestimmt werden? Nein, liebe Kolleginnen und Kolle-gen, wenn wir anfangen, Legitimität und Legalität ge-geneinander auszuspielen, dann werden wir in diesemLand – das hat der Kollege Vaatz richtigerweise gesagt –keine Möglichkeit haben, Infrastrukturprojekte durchzu-setzen, wenn wir gleichzeitig unsere Verfahren zumin-dest halbwegs am Leben erhalten wollen, und ich binsehr dafür, dass man das tut.
Ich komme zum Schluss. Der Deutsche Bundestag hatsich kurz vor der Wahl 2005 einstimmig für das ProjektWendlingen–Ulm und für Stuttgart 21 positioniert. Esgab einen Antrag der damaligen rot-grünen Koalition.Der verkehrspolitische Sprecher der SPD hat damals ineiner Pressemeldung gejubelt: Schön, dass auch Unionund FDP bei diesem tollen Projekt mit im Boot sind!
Die Zurückweisung muss jetzt ganz knapp erfolgen.
Nun, wo es ein bisschen brenzlig wird, gehen einige
von der Fahne. Der Kollege Kahrs hat sich positioniert;
das habe ich sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen.
Ich sage Ihnen: Es war klug, dass der Deutsche Bun-
destag neben vielen anderen Institutionen im Jahre 2005
den Weg bereitet hat. Ihr Minister hat dann eine Finan-
zierungsvereinbarung geschlossen. Diese Regierung
wird sich ganz getreulich der Umsetzung dieses einstim-
migen Beschlusses des Deutschen Bundestages – ein-
stimmig, also mit Ihren Stimmen, Kollege Hermann –
zuwenden.
Vielen Dank.
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ir haben die Wiederaufbereitungsanlage in Wackers-orf nicht gebaut. Der Schnelle Brüter in Kalkar ist nichtn Betrieb gegangen, weil sich die Grundlagen verändertatten. Es gehört doch zum politischen Vermögen, zu er-ennen, dass sich Verhältnisse verändern. Es hat von An-ang an begründete Skepsis gegenüber dem Projekttuttgart 21 gegeben. Schon vor 14 Jahren ist ein Büch-ein erschienen, in dem ganz vieles wunderbar zusam-engefasst ist. Es hat allerdings auch eine Menge Ver-prechungen und Vorstellungen gegeben, was es Tollesibt.
In den letzten Monaten ist aber eine ganze Reihe vonakten auf den Tisch gekommen, die bisher unter Ver-chluss gehalten waren.
Die bisher unter Verschluss waren.
ch spreche noch darüber. – Es ist deshalb nicht ehren-ührig, wenn man seine Meinung ändert; das ist eigent-ich das Vernünftige. Der vernünftige und erst recht derolitische Verstand gebietet es, dann die Meinung zu än-ern.
Ich will noch etwas zum Rechtsstaat sagen. Er kenntas Prinzip von Treu und Glauben. Dieses Prinzip isterletzt worden. Wer vor diesem Hintergrund nach demotto verfährt: „Augen zu und durch“, und wie dieanzlerin sagt, das sei standfest, der irrt. Das ist nichttandfest, sondern starrsinnig oder sogar suspekt.
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6284 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Sabine Leidig
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Schon im Oktober 2008 hat der BundesrechnungshofFundamentalkritik geübt und gesagt: Stuttgart 21 mussals Projekt des Bundes anerkannt und unter parlamenta-rische Kontrolle gestellt werden. – Das haben Sie igno-riert. Die Deutsche Bahn AG hat beschlossen, dass derBau jetzt losgeht.
Seit dieser Bau losgegangen ist, gibt es jede Woche eineDemonstration, und zwar jeden Montag. Das Wort„Montagsdemonstrationen“ haben Sie, glaube ich, schoneinmal gehört.
– Es ist nicht die Linke, die dort demonstriert, sonderndie Bevölkerung von Stuttgart. Gehen Sie doch einfacheinmal dorthin, und schauen Sie sich an, mit welchenLeuten Sie es dort zu tun haben!
Am Anfang waren es nur zwei Leute, die dort demon-striert haben. Als ich im Februar dort war, waren esschon 2 000. Als ich vor 14 Tagen dort war, waren es20 000 Leute. Damals hat der evangelische Prälat vonStuttgart gesprochen. Er hat dieses Projekt mit demTurmbau zu Babel verglichen. Sie sollten darüber nach-denken, was das bedeutet.Am 8. Juli hat der Stern über ein Gutachten berichtet,das die Landesregierung vor zwei Jahren in Auftrag ge-geben, aber auch zwei Jahre unter Verschluss gehaltenhatte. Darin ist die Rede vom „hohen Stabilitätsrisiko“und von „einer geringen Gestaltungsmöglichkeit desFahrplanes“. Es wird konkret nachgewiesen, dass sichder Schienennahverkehr durch das Projekt verschlech-tern wird.
Am Ende dieses Berichts heißt es wörtlich:Aufgrund der Brisanz der vorliegenden Resultateist absolutes Stillschweigen erforderlich.Ich bitte Sie, das ist doch unverantwortlich. Da könnenSie nicht von Demokratie reden.
Am 11. August hat das Umweltbundesamt seine Stu-die zur Entwicklung der Schieneninfrastruktur vorgelegt,und die Verfasser meinen, dass Stuttgart 21 umgehendgestoppt werden müsste, weil es kein Nadelöhr beseitigt,sondern ein neues schafft.
Zwei Tage später lässt Grube das erste Loch in denNordflügel des Bahnhofs reißen.DSWbsAddEKdüDkDwzlt–iRdgdad
ie Folge davon sind Menschenketten und spontanetraßenblockaden. Sie müssen sich einmal Ursache undirkung vor Augen führen.
Am 26. August bringt der Stern ein Interview mit demerühmten Architekten Frei Otto, der diesen unterirdi-chen Bahnhof übrigens einmal entworfen hat. Dieserrchitekt befürchtet ein schlimmes Baudesaster, nach-em er die geologischen Untersuchungen gesehen hat,ie auch nicht veröffentlicht worden sind.
r sagt, man müsse jetzt die Notbremse ziehen. Über dieostensteigerungen muss ich gar nicht mehr sprechen;enn dazu hat der Kollege Winfried Hermann geredet.
Die Bürgerinnen und Bürger im Schwabenland sindber diese Expertisen und Argumente bestens informiert.as, womit wir es hier zu tun haben, ist kein Kommuni-ationsproblem.
ie Bürgerinnen und Bürger fragen sich mit Recht,arum dieses Projekt auf Biegen und Brechen durchge-ogen werden soll und warum die Alternativen, die vor-iegen, systematisch ignoriert werden, obwohl sie kos-engünstiger sind.
Sie müssen sie sich einmal angucken. Lassen Sie unsm Parlament darüber reden.
Man fragt sich, warum sich Bahnchef Grube wie einambo gebärdet und einen intakten Bahnhof zerstört,
er übrigens zusammen mit Leipzig einen Wettbewerbewonnen hat, welcher Bahnhof der pünktlichste ist.
Frau Kollegin!
Man fragt sich natürlich auch, warum Ministerpräsi-ent Mappus eigentlich sein Amt als Regierungschefufs Spiel setzen will.Herr Präsident, wollen Sie mir sagen, dass meine Re-ezeit zu Ende ist? – Okay.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6285
Sabine Leidig
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Man fragt sich natürlich auch, ob ein Grund ist, dassVertreter von Bilfinger Berger in diesem Beirat sitzen.Man fragt sich, ob ein Grund ist, dass die Bahnvorständeaus der Automobilindustrie kommen. Jedenfalls be-fürchtet man, dass die Verantwortlichen für dieses Pro-jekt so verstrickt und so bestochen sind, dass sie nichtmehr zurückkönnen. Die Leute begreifen nicht, was hierabläuft. Die Mehrheit der Menschen in Baden-Württem-berg hat dafür kein Verständnis.Das Schild, das ich jetzt hochhalte, hängt in Stuttgartinzwischen überall: in den Wohnblocks, in denen dieeinfachen Leute wohnen, aber auch in der Halbhöhen-lage, in der die Architekten, die Künstler, die Lehrerin-nen und Lehrer wohnen.
Frau Kollegin, Sie sind nun wirklich weit über Ihre
Redezeit.
Diese Leute, viele ehemalige CDU-Wählerinnen und
-Wähler, sind nicht einfach gegen irgendetwas. Sie
kämpfen für ihre Stadt.
Ich entziehe Ihnen jetzt das Wort.
Es ist höchste Zeit, dass der Bundesrat sie dabei un-
terstützt.
Im Übrigen schließe ich die Kolleginnen und Kolle-
gen der Linken, die glauben, den Plenarsaal mit T-Shirts
bereichern zu müssen, vom weiteren Verlauf der Sitzung
aus. Sie verlassen bitte unverzüglich den Plenarsaal.
Nächster Redner ist der Kollege Stephan Kühn für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-ehrter Herr Minister Ramsauer, das Engagement, das Siehier für Stuttgart 21 an den Tag legen, hätte ich mir beider Aufstellung des Etats für das CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm und für die Städtebauförderung ge-wünscht.
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6286 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
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chen kann. Deshalb heißt es in Ihrem Konzept zu Recht:Die Gebäudesanierung muss deutlich besser ausgestattetwerden.
Außerdem heißt es dort: Der Schlüssel zur Energieeffi-zienz ist der Gebäudebereich.Doch Sie haben Ihre Hausaufgaben bei der Etatauf-stellung einfach nicht gemacht.
Ich habe manchmal den Eindruck, wir seien die Regie-rung und Sie die Opposition. Herr Ramsauer spricht sichöffentlich gegen diese Kürzungen aus, obwohl er für denEtat zuständig ist. Staatssekretär Mücke fordert sogar3 Milliarden Euro für das CO2-Gebäudesanierungspro-gramm. Richtig! Sie haben mich das letzte Mal nochschief angeschaut, als ich – bescheiden, wie ich war –2 Milliarden Euro für das CO2-Gebäudesanierungspro-gramm gefordert habe. Herr Staatssekretär Mücke gehtrichtigerweise noch darüber hinaus.
Lassen Sie mich abschließend auf die Bedeutung derStädtebauförderung eingehen. Es ist nicht so – das istangesprochen worden –, dass die Bauminister sich im-mer einig sind und ihre Beschlüsse im Verhältnis 16 : 0treffen. Aus gutem Grund ist das so; denn sie wissen ge-nau, dass, wenn die Städtebauförderung in dem Ausmaßgekürzt wird, wie Sie das im Etat vorgesehen haben, einInvestitionsstopp droht und in den Kommunen keineneuen Projekte mehr begonnen werden können. Es wirdein ganz wichtiger Aspekt angesprochen, den Sie, HerrKollege Vaatz, diffamiert haben. Ich meine den sozialenZusammenhalt. Dabei geht es nicht um irgendwelcheStadtteilfeste. Ich bringe ein Zitat aus der Bauminister-konferenz:Die Städtebauförderung stärkt wie kein anderesPolitikinstrument die Integration unterschiedlichersozialer Schichten und von Zuwanderern vor Ort.Das ist der Kern des Programms „Soziale Stadt“, nichtdie Finanzierung von irgendwelchen Stadtteilfesten.
Sie, Herr Vaatz, wissen genauso gut wie ich, dass dieStädtebauförderung ein unverzichtbarer Beitrag zumAufbau Ost ist. Wenn wir demografische Prozesse, dieim Osten wesentlich eher und massiver als in den altenBundesländern auftreten, bremsen wollen, dann ist esentscheidend, ob es uns gelingt, die Innenstädte und dieWohnquartiere aufzuwerten, oder ob nichts passiert undwir sie der Abwanderung preisgeben.Wir werden unsere Vorschläge in die Etatverhandlun-gen einbringen. Wir haben gehört, dass die Regierungmit dem von ihr vorgelegten Entwurf nicht zufrieden ist.Ich bin gespannt auf die Haushaltsberatungen und hoffe,dass wir gerade in den Bereichen CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm und Städtebauförderung am Ende desTddEsp2lhWHDmthewuhsEdSdgwBredarVdEiedWd
Nächster Redner ist der Kollege Reinhold Sendker für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!s lohnt, nicht nur über Stuttgart 21 zu sprechen,ondern auch über herausragende Essentials des Einzel-lans 12, des Verkehrshaushalts. In den zurückliegenden0 Jahren, also seit der Einheit Deutschlands, wurden al-ein im Rahmen der Verkehrsprojekte „Deutsche Ein-eit“ fast 40 Milliarden Euro in Straße, Schiene undasserwege investiert. Die Bahnfahrt von Berlin nachamburg – das werden unser hochverehrter Kollegeirk Fischer und andere mir bestätigen – dauert nichtehr vier Stunden, sondern, bei Pünktlichkeit, 99 Minu-en. Dank der milliardenschweren Investitionen gehteute vieles besser und komfortabler. Damit sind wir aufinem guten Kurs.
Gerade weil gute Verkehrsinfrastruktur Wettbe-erbsvorteile bringt, neigt ein Großteil der Investoren innserem Land dazu, eine moderne Infrastruktur deutlichöher zu gewichten als niedrige Arbeitskosten. In die-em Licht sind es drei Punkte, die beim vorliegendentatentwurf 2011 als hocherfreulich zu nennen sind:Erstens. Wir können heute miteinander feststellen,ass die Investitionen im Bereich von Verkehr, Bau undtadtentwicklung inklusive der Konjunkturpakete, die inen beiden zurückliegenden Jahren auf Rekordniveauelegen haben, ihre Wirkung voll erreicht haben. Dasar erfolgreiche Politik zur Bekämpfung der Krise.
Zweitens. Auch vom Bundeshalt 2011 geht ein klaresekenntnis zur Stärkung von Wachstum und zur Siche-ung und Schaffung von Arbeitsplätzen aus. Deshalb ists erfreulich, wenn unser Minister hier feststellen kann,ass es trotz Auslaufens der Konjunkturprogramme unduch bei Berücksichtigung der Haushaltskonsolidie-ungsbeiträge keine nennenswerten Abstriche bei dererstetigung der Investitionslinie auf knapp 10 Milliar-en Euro jährlich geben wird. Auch das ist ein großerrfolg – das sollte man hier nicht bestreiten – und findetn der Öffentlichkeit sowie bei den Verbänden breite An-rkennung. Fakt ist auch, dass diese Investitionslinieeutlich höher liegt als in den Jahren vor der Finanz- undirtschaftskrise.Drittens. Im kommenden Jahr, 2011, summieren sichie Investitionen sowie die Mittel nach dem Gemeinde-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6287
Reinhold Sendker
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verkehrsfinanzierungsgesetz und für den Verwaltungsbe-reich auf insgesamt 11,6 Milliarden Euro. 40 Prozentsind Investitionen. Damit ist dieser Einzelhaushalt nachwie vor der größte Investitionshaushalt des Bundes, ver-ehrte Anwesende. Darin steckt nicht der Wurm; das istweiterhin eine gute Basis für die Ertüchtigung unsererVerkehrsinfrastruktur als einem der Grundpfeiler einererfolgreichen Wirtschaftspolitik.
Sie, meine Damen und Herren der Opposition, habenin den vergangenen Tagen und auch heute Morgen wie-der unsere Haushaltskonsolidierungsbeiträge kritisiert.Da muss ich Sie nach Ihren Alternativen fragen. Auchbei mir hat sich der Eindruck verfestigt: Die Oppositionhat Geld im Überfluss wie in einem Märchenland. MeineDamen und Herren, kommen Sie in die Realität zurück!Kritisieren Sie nicht nur, sondern nennen Sie bitte auchIhre Alternativen! Das ist Haushaltspolitik. Darum bittenwir Sie.
Vielleicht wollen Sie aber auch gar nicht sparen, son-dern weiter Schulden machen, wie das aktuell in Nord-rhein-Westfalen der Fall ist. Was dort geschieht, ist inmeinen Augen verantwortungslos; denn weiter Schuldenauf dem Rücken unserer Kinder zu machen, ist doch inWahrheit die unsozialste Politik, die es gibt.
Natürlich hätten wir angesichts steigender Verkehrs-leistungen in unserem Land gern mehr oder zumindestso viele Finanzmittel wie in den beiden Vorjahren zurVerfügung; das räume ich ein. Da dem nicht so ist, müs-sen wir Prioritäten setzen, auch – das will ich hier in dieDiskussion einbringen – mithilfe privater Investoren,vor allem was die Effizienz der Verkehrsprojekte angeht,die man mit Planungssicherheit deutlich verbessernkann, insbesondere beim mehrstufigen Ausbau unsererBundesautobahnen.ÖPP – lassen Sie mich das noch hinzufügen – sindnicht nur eine wirtschaftliche Alternative zum konven-tionellen Straßenbau, sondern erreichen mit der Bün-delung der baubedingten Staus auf einen bestimmtenZeitraum auch einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen.Deswegen unterstütze ich das, was meine Vorredner ausder Koalition gesagt haben: Zielführend ist die Herstel-lung eines Nutzerfinanzierungskreislaufs Straße, wieihn der Koalitionsvertrag ausdrücklich vorsieht – vordem Hintergrund der Forderung nach mehr Transparenz,nach mehr Planungs- und Finanzierungssicherheit.Vor allem, weil Deutschland über eines der am bestenausgebauten Verkehrsnetze Europas verfügt, ist es vonhoher Bedeutung, die Qualität der Bestandsnetze beiSchiene, Straße und Wasserwegen zu sichern und, wennnötig, durch Aus- und Neubau Engpässe zu beseitigen,insbesondere mit Blick auf die leistungsfähige Hinter-landanbindung deutscher Seehäfen.wSuvtndrlEtzDdd2Lnwddvpngvrds6mhfssmJut1bzi–dbEd
Herr Kollege Beckmeyer, wir sind der Auffassung,ass wir auch die jungen Menschen früh an die Risiko-ereitschaft im Verkehrsgeschehen heranführen sollten.s ist ganz besonders im ländlichen Raum zielführend,ie Menschen da heranzuführen.
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6288 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Reinhold Sendker
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Überaus erfolgreich im Bereich von Bau- und Stadt-entwicklung entwickelte sich das CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm, konjunkturpolitisch, wohnungspoli-tisch und klimapolitisch. Daher ist die Kürzung derAnsätze für dieses Programm im Rahmen der Haushalts-konsolidierung schmerzlich: Ich freue mich aber nun da-rüber, dass durch das Energiekonzept der Bundesregie-rung neue Perspektiven eröffnet werden.Die Städtebauförderung leistet ein Vielfaches des-sen, was sie kostet. Das heißt, auch sie stellt eine Er-folgsgeschichte dar. Die Kritik an den Kürzungen istalso sachlich begründet, wir nehmen sie ernst.Verehrte Frau Kollegin Dr. Winterstein, die Debatteüber die Mittelkürzungen sollten wir darüber hinaus alsMöglichkeit betrachten, die Effizienz der Programmedurch Bündelung insgesamt zu verbessern, –
Herr Kollege!
– um den immer wieder kritisierten Überschneidun-
gen zu begegnen.
Meine Damen und Herren, wir freuen uns darüber,
dass unser Minister hier Nachprüfungen angekündigt
hat. Wir freuen uns auch darüber – damit komme ich
zum Schluss, Herr Präsident –, dass er ein Herz für länd-
liche Räume hat. Wir begrüßen ebenso den Einzelplan 12
insgesamt, nicht nur vor dem Hintergrund der notwendi-
gen Haushaltssanierungsmaßnahmen, sondern auch des-
halb, weil er das Fundament für die Fortsetzung einer er-
folgreichen und zukunftsfähigen Politik im Bereich von
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für unser Land dar-
stellt.
Herzlichen Dank.
Letzter Redner zu diesem Geschäftsbereich ist der
Kollege Dr. Max Lehmer, ebenfalls für die CDU/CSU-
Fraktion.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Der vorgelegte Haushalt zeigt, wieman Verkehrspolitik unter den gegebenen Bedingungenverantwortbar gestalten kann. Das sage ich ganz aus-drücklich. Im Rahmen des allgemeinen Sparzwangsbeim Gesamthaushalt ist es leider unvermeidlich, dassauch der Haushalt des Bundesministers für Verkehr, Bauund Stadtentwicklung Einschränkungen hinnehmenmuss. Ich sage das als jemand, der, was die Realisierungvon Großprojekten angeht, betroffen ist. Ich erwähnezum Beispiel die Projekte im Großraum München unddie TEN-Strecke Paris–München–Bratislava–Budapest.gppeDiuAWg1nmnepkKsvpskjgWjsgAwn2sPgetIFvswSGndsrr
Noch ein Wort zur Lkw-Maut. Politik muss realitäts-ah und verlässlich sein. Deshalb wird die Lkw-Maut011 nicht erhöht. Deutschland wird damit als Logistik-tandort gestärkt. Ich denke, auch das ist verantwortlicheolitik.Verkehrs- und Baupolitik wird zumeist am dafür ein-esetzten Geld gemessen. Das greift aber zu kurz; dennine gute und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger vor-eilhafte Politik ist auch bei knappen Kassen möglich.ch nenne hier zum Beispiel die Stichworte „begleitetesahren mit 17“ und „Wechselkennzeichen“. Die damiterbundenen Maßnahmen hat unser Verkehrsministerehr pragmatisch und schnell umgesetzt. Das ist es, wasir beispielhaft unter freiheitlicher Verkehrspolitik iminne der Bürger verstehen.Aus dem Baubereich hierzu noch ein Beispiel. Dieeräusche spielender Kinder dürfen nicht wie Maschi-enlärm und damit als Lärmbelästigung behandelt wer-en. Durch eine Gesetzesänderung im Bau- und Immis-ionsschutzrecht werden wir Kindertagesstätten auch ineinen Wohngebieten ermöglichen. Ich glaube, da gehö-en sie auch hin.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6289
Dr. Max Lehmer
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Die Städtebauförderung schreibt seit 40 Jahren Er-folgsgeschichte, wie uns allen bekannt ist. Aber auchhier müssen wir verantwortungsvoll handeln. Nicht nurdas Bundesverkehrsministerium muss sparen, sondernauch die Länder haben enorme Haushaltszwänge undstehen unter Druck. Das hat sich, wie der Herr Ministerrichtig ausgeführt hat, auf der Konferenz der Landesbau-minister deutlich gezeigt. Wir sind also gemeinsam mitden Beteiligten gefordert, hier eine tragfähige Lösung zufinden, damit die Städtebauförderung auf hohem Niveaufortgeführt werden kann, und zwar auch im Westen.Es ist dringend nötig, im Dialog mit allen Beteiligtendie vielfältigen Programme, die es im Bereich Städtebaugibt, zu bündeln, effizienter zu machen – das ist einegroße Herausforderung – und dafür zu sorgen, dass inden nächsten Jahren mit weniger Geld eine intelligentereStadtentwicklung betrieben werden kann. Ich denke, dasist ein gutes Ziel.
Ähnlich verhält es sich mit dem CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm. Niemand bestreitet den Nutzen diesesProgramms für den Klimaschutz und auch für die Volks-wirtschaft. Die durch das Programm ausgelösten Investi-tionen sind so hoch und haben einen solchen Nutzen,dass sich das Programm – das wurde schon ausgeführt –eigentlich selbst trägt. Denn zusätzliche Steuereinnah-men und Sozialbeiträge in Verbindung mit vermiedenenKosten der Arbeitslosigkeit führen zu Einnahmen, diehöher sind als die damit verbundenen Ausgaben. Auchdas ist nachgewiesen.Außerdem müssen wir bedenken, dass die vorgese-hene Halbierung der Programmmittel – das hat der Bun-desverkehrsminister richtig dargelegt – vor dem Hinter-grund des Energiekonzepts der Bundesregierung eineNeubewertung erfahren muss und erfahren wird. Das istsehr wichtig. Sie von der Opposition dürfen den aktuel-len Haushaltsansatz in diesem Bereich nicht mit denZielvorgaben, die wir im Energiekonzept haben, ver-wechseln. Die Steigerung der Energieproduktivität umdurchschnittlich 2,1 Prozent jährlich und die Verdoppe-lung der Sanierungsrate bei der Sanierung des Gebäude-bestands sind ohne Frage richtige und notwendige Maß-nahmen, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen.
Herr Kollege!
Ich komme gleich zum Ende, Herr Präsident. – Es ist
aber nicht zielführend, diese Sanierungsrate mit Zwang
erreichen zu wollen. Hier setzen wir ganz klar auf An-
reize,
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Wir kommen nun zur Schlussrunde.
Erster Redner in der Schlussrunde ist der Kollege
orbert Barthle für die CDU/CSU-Fraktion.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Wenn wir jetzt in die Schlussrunde der erstenesung dieses Haushalts eintreten, dann ist es sicherlichngebracht, die Debatten dieser Woche kurz Revue pas-ieren zu lassen. Wir werden jetzt in intensive Beratun-en im Haushaltsausschuss eintreten. Wir werden unseden Einzelplan, jeden Titel noch einmal genau an-chauen, und wir werden wägen und prüfen. Wir werdenicherlich auch die einen oder anderen Vorschläge ausen Reihen der Opposition aufnehmen und schauen, wasich realisieren lässt.Man kann zunächst einmal feststellen, dass einer deröhepunkte dieser Woche die wirklich kämpferischend ideenreiche Rede unserer Bundeskanzlerin war.
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6290 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Norbert Barthle
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Wir haben in einer wirklich gehaltvollen Rede unse-res Finanzministers hören können, wie die einzelnenPunkte unseres Zukunftspakets zusammenzubindensind, wie das Konzept, das diesem Paket zugrunde liegt,aussieht. Das fand ich sehr erhellend.
Die Opposition dagegen hat aus meiner Sicht einenFehlstart hingelegt. Kollege Gabriel trat als Oppositions-führer auf und sprach davon, dass es keine große intel-lektuelle Herausforderung sei, eine Oppositionsrede zuhalten. Nun, seine Rede wurde diesem Anspruch ge-recht. Aber leider macht es das nicht leichter, darauf zureagieren. Ein wirklich konstruktives, sinnvolles Alter-nativkonzept zur Bewältigung der Herausforderungender Zukunft habe ich nicht hören können. Das muss manam Ende dieser Woche auch feststellen.
Wir stehen jetzt vor der anspruchsvollen Herausforde-rung, dass wir ab dem Jahr 2011 bis zum Jahre 2016mindestens 80 Milliarden Euro weniger neue Schuldenmachen, dies mit weiteren Impulsen für Wachstum undBeschäftigung verbinden und dabei die Sozialkassennicht gefährden. Ich stelle fest: Die Koalition gestaltetZukunft. Wir haben ein tragfähiges Konzept vorgelegt.Wir kürzen die Ausgaben um 3,8 Prozent. Wir verbes-sern die Einnahmen, ohne das Wachstumspotenzial zugefährden.
Wachstumsfördernde Investitionen und Impulse bleibenerhalten; wir sparen nicht bei Bildung und Forschung.Wir nehmen aber durchaus Unternehmen, Banken, Ver-waltungen und auch den Sozialbereich in den Blick,wenn es um die Konsolidierung des Haushalts geht.
Ein weiterer Höhepunkt dieser Woche war die De-batte über den Etat des Umweltministers. Ich kann fest-stellen: Es ist der Bundesregierung gelungen, ein zu-kunftsweisendes Energiekonzept zu erarbeiten, dasentscheidende Weichen für nachhaltiges wirtschaftlichesWachstum stellt und in den kommenden Jahren Beschäf-tigung sichern wird. Dabei werden die Energieversor-gungsunternehmen in den nächsten Jahren einen Beitragvon immerhin rund 30 Milliarden Euro leisten müssen.Die Opposition stellt es aber so dar, als ob das Klientel-politik wäre, als ob wir den Energieversorgern etwashinterherwerfen würden.
Meine Damen und Herren, schauen Sie sich doch ein-mal die Situation an! Werfen Sie einen einzigen Blick indie Meldungen der Ratingagenturen. Schauen Sie sichdie Reaktion der Aktienmärkte an. Schauen Sie, was dieAnalysten zur Situation der Energieversorger sagen.Dann werden Sie schlauer. Eines muss man auchfsslzdkDlZZeddsuEDdwmDUnSEdfdKEmd4db
ie Energieversorger leisten erstens einen wirkungsvol-en Beitrag zur Reduzierung der Neuverschuldung.weitens ebnen sie den Weg in das neue, regenerativeeitalter. Der Umweltminister sagt immer: Die Kern-nergie bildet die Brücke. Ich sage: Wir haben eine gol-ene Brücke, wenn nicht gar die Golden Gate Bridge inas regenerative Zeitalter geschaffen. Das muss man ent-prechend würdigen.
An dieser Stelle muss man schon betonen: Wenn Rotnd Grün hier regieren dürften, würden sie 30 Milliardenuro einfach auf der Straße liegen lassen.
as ist so, als ob Sie einen Lastwagen voller Geld vorie Tür gestellt bekommen und diesen anzünden, nureil draufsteht: kommt von den Kernenergieunterneh-en.
as wäre ein Verwerfen von Volksvermögen in großemmfang, wie es schlimmer kaum sein könnte. Wenn manur eine Sekunde darüber nachdenkt, welche neuenparpakete notwendig wären, um diese 30 Milliardenuro zu erwirtschaften, dann relativiert sich jede Kritik,ie Sie in dieser Woche vorgetragen haben.
Lassen Sie mich auf das eingehen, was schon heuterüh besprochen wurde – das war auch ein Höhepunktieser Woche –: Stuttgart 21. Da gab es eine Rede desollegen Winfried Hermann; er ist leider nicht mehr da.
r hat auch die Haushälter angesprochen. Erst einmaluss man dem Kollegen Winfried Hermann mit Blick aufen Umfang der Kosten für Stuttgart 21, nämlich rund,5 Milliarden Euro, sagen: Sie verschenken 30 Milliar-en Euro; damit könnte man Stuttgart 21 sechsmalauen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6291
Norbert Barthle
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Winfried Hermann meinte, wir Haushälter hätten unsdas nicht genau angeschaut. Ich erinnere mich sehr gutan die Sitzung, bei der er extra zu uns in den Haushalts-ausschuss gekommen ist. Wir haben uns die Unterlagensehr genau angeschaut und lange mit uns gerungen, obwir die langfristigen Verpflichtungsermächtigungen indie Haushalte einstellen. Wir haben uns also die Zahlensehr genau angeschaut. Winfried Hermann hat als Aus-schussvorsitzender Zugang zu diesen Zahlen und zu al-len vertraglichen Vereinbarungen. Er weiß es also besserund nennt trotzdem falsche Zahlen; er stellt die Fakten-lage falsch dar. Das halte ich für nicht tragbar; das istkein verantwortungsvolles Handeln. Das muss man demKollegen ganz klar sagen.
Eines ist auch wichtig – BundesbauministerRamsauer hat bereits darauf hingewiesen –: Bei Stutt-gart 21 geht es inzwischen nicht mehr nur um die Finan-zen. Es geht um den Kernbereich unseres Rechtsstaates.Es geht darum, ob man sich noch darauf verlassen kann,dass Verträge Gültigkeit haben.
Es geht darum, ob die Unterschrift eines SPD-Verkehrs-ministers unter einem Vertrag noch Gültigkeit hat. Esgeht darum, ob sich ein Investor noch darauf verlassenkann, wenn Projekte politisch und vertraglich festgelegtsind. Glaubt irgendein Mensch in diesem Saal, dass dieBahn einen einzigen Euro in Stuttgart investieren würde,wenn dieses Projekt bzw. diese begonnene Maßnahmegestoppt werden müsste? Glaubt irgendjemand, dassnoch ein Investor in ein größeres Projekt investierenwürde, wenn er sich auf vertraglich festgelegte Verein-barungen nicht verlassen könnte? Wenn in Deutschlandder Satz „Pacta sunt servanda“ keine Gültigkeit mehrhat, dann werden wir zur Bananenrepublik, dann werdenwir zum Entwicklungsland. Das müssen sich vor allemdie Grünen, die sich an dieser Stelle vom Acker gemachthaben, genau überlegen.
Wenn es so käme, dass dieses begonnene Bauprojekt,das sich in wirtschaftlicher Hinsicht rechnen wird – dasrechnet Ihnen der Bahnchef klipp und klar vor –,
gestoppt werden müsste, dann bekäme das in diesen Ta-gen aktuelle Buch „Deutschland schafft sich ab“ vonHerrn Sarrazin eine ganz neue Bedeutung.Damit komme ich zu einem weiteren Kritikpunkt, derin dieser Woche immer wieder vorgetragen wurde, undzwar dem der sozialen Schieflage. Die Kollegen von derOpposition weisen immer wieder darauf hin, dass die so-zial Schwachen in unserem Lande nicht die VerursacherdmiZWgzfdsmzSdDbsnsMDAsnlGsbfnsAbSstulmLswFHq
an muss immer wieder darauf hinweisen: Das obersterittel unserer Steuerpflichtigen trägt 80 Prozent desufkommens der Einkommensteuer. Wir belasten un-ere starken Schultern schon erheblich. Wenn es nach Ih-en ginge, dann würden wir die Steuererhöhungen soange nach oben treiben, bis alle weggehen und gar keineld mehr kommt. Das ist der entscheidende Unter-chied zwischen uns. Mit einer solchen Strategieeheben wir aber nicht das strukturelle Defizit. Die Er-ahrungen anderer Staaten zeigen es: Wer auf der Ein-ahmeseite für Zuwachs sorgt, verbessert nicht dietrukturellen Defizite, sondern erlaubt sich auch mehrusgaben.Uns geht es darum, das strukturelle Defizit abzu-auen. Das ist der entscheidende Unterschied. An diesertelle setzt unser Konzept an. Ich bin überzeugt: Mit un-erem Konzept, das wir in den kommenden Wochen in-ensiv beraten und weiter gestalten werden, gelingt esns, den Bundeshaushalt wieder auf solide Beine zu stel-en und damit die Voraussetzung für mehr Wachstum,ehr Beschäftigung und mehr Wohlstand in diesemande zu schaffen. Das ist im Sinne der Menschen in un-erem Land. Das erwarten sie von uns. Daran arbeitenir.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Carsten Schneider für die SPD-
raktion.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!err Kollege Barthle hat eben begonnen, für die Redner-ualitäten und die Inhalte der Reden, die in dieser Wo-
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Carsten Schneider
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che gehalten wurden, Noten zu verteilen. Ich will darananknüpfen, möchte mich aber nicht auf Personen, son-dern auf den Haushalt und auf das, was Sie vorgelegt ha-ben, beziehen. Man kann klar sagen: Mathematik geradenoch ausreichend, aber Volkswirtschaftslehre, Sozial-kunde und Ethik mangelhaft und ungenügend.
Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich erklären,warum ich die Mathematik für gerade noch ausreichendhalte. Es stellt sich die Frage: Ist das, was Sie hier vorge-legt haben, nicht nur nicht sozial ungerecht – daraufkomme ich noch –, sondern auch ausreichend im Hin-blick auf die Erfordernisse der Schuldenbremse, so wiewir sie im Grundgesetz im vergangenen Jahr mit großerMehrheit im Bundestag verabschiedet haben?
Der entscheidende Ausgangspunkt dafür ist das Jahr2010.
– Warten Sie doch einmal, Herr Kollege Fricke, Sie ha-ben nachher genügend Zeit, zu antworten. – Bei der ers-ten Anwendung der Schuldenbremse ist entscheidend,dass wir im Parlament wissen, worüber wir abstimmen,
das heißt, dass wir vom Finanzministerium bezüglichder Zahlen nicht an der Nase herumgeführt werden undes keine Tricksereien gibt.
Entscheidend ist die Frage: Wie sieht das voraussicht-liche Ist, das Ergebnis des Jahres 2010 aus?
Der Kollege Schäuble hat bereits einen Zickzackkurshingelegt. Am Anfang des Jahres gab Ihr Haus die Aus-kunft, dass Sie das Haushaltssoll des Jahres 2010 anset-zen wollen. Das waren 80 Milliarden Euro. Das habe ichschriftlich, und ich gebe es Ihnen gern. Das war die Ant-wort Ihres Staatssekretärs, Herrn Kampeter, auf eineschriftliche Anfrage. Das wären 80 Milliarden Euro ge-wesen. Dann hätten Sie in den nächsten Jahren wenigersparen müssen, als jetzt von ihnen vorgelegt.
Dann haben Sie festgestellt, dass es aufgrund derKonjunkturprogramme und der erfolgreichen Politik, diewir gemeinsam betrieben haben, bedeutend besser lief,worüber wir uns freuen. Angesichts dessen war es wirk-lich nicht mehr zu akzeptieren, es bei den 80 MilliardenEuro zu belassen. Sie sind also von weniger ausgegan-gen. Im Juni, nachdem Sie bis zur NRW-Wahl alles ver-srdiSibps–WDedDhruFwZmrIsDtscb–sdr
Ich merke, dass Sie getroffen sind.
Sie tun so, als wären Sie die Sparmeister der Nation.as die Konjunktur betrifft, läuft bisher alles von selbst.ie Frage ist jetzt: Strengen Sie sich genügend an, wenns darum geht, Einnahmen und Ausgaben so anzupassen,ass wir das Defizit so schnell wie möglich verringern?as wird sich im November zeigen.Herr Bundesfinanzminister, ich würde gerne heuteier Folgendes von Ihnen erfahren: Werden Sie die vo-aussichtlichen Ist-Zahlen im November akzeptieren
nd zur Grundlage machen, und zwar auch für dieinanzplanung, die Sie im nächsten Jahr fortschreibenerden? Wenn dem so wäre, müssten Sie die richtigenahlen in den Blick nehmen, könnten nicht tricksen undüssten außerdem die Einnahmeseite dieses Staates be-ücksichtigen.
ch bin sehr gespannt, was Sie darauf sagen. Bisher be-tand Ihre Finanzpolitik nur aus einem Zickzackkurs.as ist der eine Kritikpunkt.Der zweite Kritikpunkt betrifft die Frage: Wen belas-en Sie hier eigentlich? Wenn Einnahmen und Ausgabeno weit auseinanderklaffen, dann müssen Sie diese Lü-ke schließen; das ist vollkommen klar. Diesem Vorha-en verschließen wir uns nicht.
Ich werde konkrete Vorschläge machen. Beruhigen Sieich. Ich werde sagen, wie wir uns das vorstellen.
Das, was Sie vorgelegt haben, geht einseitig zulastener sozial Schwachen, zulasten derer, die sich nicht weh-en können. Bei denen schlagen Sie knallhart zu.
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Carsten Schneider
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Sie kürzen nur im Sozialbereich. Sie kürzen das Eltern-geld für Arbeitslosengeld-II-Empfänger, sie kürzen beimRentenversicherungsanspruch für Arbeitslosengeld-II-Empfänger, und Sie kürzen bei den Eingliederungsleis-tungen. Alles, was konkret belegt ist, bezieht sich aufden Sozialbereich.
Kein einziger Vorschlag betrifft die Gehaltsklasse derer,die hier sitzen. Weder bei der Steuer noch bei den staatli-chen Leistungen sind für diese Gehaltsklasse Mehrbelas-tungen geplant – gar nichts. Sie sind vollkommen blind,wenn es um die soziale Balance in diesem Land geht.
Im Gegenteil. Sie haben gesagt, Sie wollen die Steu-ern senken und die Abgaben nicht erhöhen. Das war im-mer Ihr Spruch. Jetzt führen Sie eine neue Steuer ein. Sienennen das zwar Luftverkehrsabgabe; es ist aber eineneue Steuer.
Ich wünsche mir, dass das auf dem FDP-Parteitag end-lich einmal beschlossen wird. Machen Sie sich doch ein-mal ehrlich!
Ein wirkliches Problem, das wir in diesem Land ha-ben, ist die Binnennachfrage. Wir haben eine zu ge-ringe Bruttolohnentwicklung und eine sehr hohe Abga-benlast. Wir haben keine hohe Steuerlast, sondern einehohe Abgabenlast in den unteren Einkommensberei-chen.
Was passiert durch Ihre Politik? Aufgrund der Gesund-heitspolitik Ihres Ministers, die die CDU/CSU mit ver-antwortet, werden die privaten Krankenversicherungenaus dem Steuersäckel quersubventioniert und gepäppelt,und der normale Arbeitnehmer zahlt die Zeche dafür.
Die zusätzlichen Belastungen durch die Steigerung desGesundheitsversicherungsbeitrages plus einmalige Leis-tungen plus Steigerung des Arbeitslosenversicherungs-beitrages um mehr als 1 Prozent führen bei einemNormalverdiener – 27 000 Euro pro Jahr – zu einer zu-sätzlichen Belastung um monatlich 22,50 Euro. Das istdie Rechnung, die Sie den normalen Arbeitnehmern inDeutschland präsentieren.
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Zweitens. Wir plädieren dafür – wir halten das für denntscheidenden Punkt, damit Ihre Maßnahmen über-aupt in irgendeiner Weise akzeptiert werden könnten –,ass dieses unsinnige Steuersenkungs- und Klientelge-chenkegesetz für die Hotels vom Beginn dieses Jahresurückgenommen wird. Das macht 3 Milliarden Euro.
Das ist nicht gelogen. – Natürlich ist die Zahl bereinigtm die Kindergelderhöhung. Sonst wäre es sogar mehr;ber diese Erhöhung wollen wir gar nicht zurückneh-en.
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Carsten Schneider
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Drittens: effizienter Steuervollzug in Deutschland;dazu gibt es auch ein Gutachten des Bundesrechnungs-hofs. Führen Sie doch einmal in Ihrer Verantwortung alsRessortminister Gespräche mit den Landesverwaltungendarüber, dass Unternehmen in Deutschland fast nichtmehr geprüft werden, dass, wenn es dazu kommt, dasquasi schon ein Schicksalsschlag ist.
Wir fordern die Einführung einer Bundessteuerverwal-tung, damit Steuermoral und Steuergerechtigkeit wiederdurchgesetzt werden. Das würde 11 Milliarden Eurobringen.
Ich weiß, dass das mit den Ländern besprochen werdenmuss. Aber die wollen auch ein bisschen Geld; manmuss nur an die Ausgaben für Bildung denken. Da mussman einmal verhandeln.Viertens. Zu den Kürzungen im Verwaltungsbereich,die Sie mit dem Rasenmäher machen, insbesondere imBereich des Personalabbaus, will ich Ihnen klar sagen,dass ich das sehr kritisch sehe.
Was passiert? Sie wollen dort mit der Sense ran.
Das bedeutet, dass Sie weitere Auslagerungen – diesehalte ich für nicht mehr akzeptabel – vornehmen. Siewollen öffentliche Fürsorge und auch Beratung auf Bun-desebene, Beratung des Parlaments und der Regierung,also die Steuerung eines Landes, auf externe Berater,Anwälte etc. und letztendlich Lobbyisten auslagern. Dasakzeptieren wir nicht mehr. Wir glauben vielmehr, dasswir die 65 Milliarden Euro für Beschaffung, die insge-samt im Bundeshaushalt sind, überprüfen sollten. Wirwerden vorlegen, wie man dort 10 Prozent sparen kann.Auch dann kommen Sie auf eine Summe von6 Milliarden Euro.Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, setzt beider Gerechtigkeit von Besteuerung an.
Sie machen keinen einzigen Vorschlag – ich habe dasvorhin gesagt –, um diejenigen, die in diesem Land mehrverdienen, ein bisschen zur Verantwortung zu ziehen.Wir hatten in den vergangenen Jahren enorme Vermö-genszuwächse, und es betrifft im Übrigen auch die, diedafür gesorgt haben, dass wir in die Krise geschliddertsind. Wir sind für eine Erhöhung des Spitzensteuersat-zes. Auch das bringt nach dem Konzept der SPD5 Milliarden Euro mehr Staatseinnahmen für den Bil-dungsbereich und für die Konsolidierung.Unser Konzept steht.
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Das Wort hat nun Kollege Jürgen Koppelin für die
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichinde, diese Haushaltswoche hat deutlich gemacht, wasie Koalition will. Haushaltsdebatte ist keine Vertei-ungsdebatte mehr,
ie das in früheren Jahren der Fall war. Hier geht es umas Sparen und das Abbauen von Schulden.Das habe ich vermisst, Kollege Schneider. Sie habenicht ein Wort zu unseren Schulden gesagt, nicht einort zu den hohen Zinsen, die wir zahlen müssen, undass wir davon herunterkommen müssen. Ihre Redebei-räge in dieser Woche vermitteln den Eindruck, dasswei und zwei nicht vier sind, sondern fünf oder sechs.twas anderes bieten Sie hier nicht. Sie haben nicht einort zu den Schulden gesagt.
Was Sie hier gerade vorgetragen haben, das sind dochuftbuchungen. Sie wissen genau, dass das Luftbuchun-en sind.Kein Wort von der Opposition zu dem, was wir – ichinde, das muss man anerkennen – zurzeit in Deutsch-and erleben: einen boomenden Export, Investitionen dereutschen Wirtschaft, Wachstumssprünge. Das heftenir uns nicht allein an – das unterscheidet uns vielleichton früheren Regierungen –; aber wir haben die Rah-enbedingungen dafür geschaffen, dass die Wirtschaftachsen kann, dass wir diese Wachstumssprünge ma-hen können.
as ist das Verdienst dieser Bundesregierung.
Ich glaube, es gibt keine Alternative zur Haushalts-anierung. Dazu haben Sie sich aber überhaupt nicht ge-ußert. Ich kann nur sagen: Dieser Boom bietet diehance zur Haushaltssanierung. Wir müssen aber sehrorsichtig damit umgehen. Den Fehler früherer Regie-ungen, Steuermehreinnahmen gleich auszugeben und
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Dr. h. c. Jürgen Koppelin
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den Schuldenberg so zu belassen, werden wir Freien De-mokraten jedenfalls nicht begehen.Der Parteivorsitzende der SPD, Herr Gabriel, beklagt– ich will das einmal aufgreifen; man müsste eigentlichviel mehr Ihrer Argumente aufgreifen, sofern es über-haupt Argumente sind –, wir würden nicht vom Gemein-wohl sprechen. Er selbst hat übrigens kein Wort zumThema Gemeinwohl gesagt. Er hat uns auch nicht er-klärt, was er unter Gemeinwohl versteht.Ich freue mich, dass der frühere Finanzminister PeerSteinbrück, der ein Buch veröffentlicht hat, heute anwe-send ist; denn heute kann man in der Süddeutschen Zei-tung lesen – und das sollte auch Herr Gabriel lesen –:Von den jüngsten politischen Beschlüssen seinerPartei zeigte sich Steinbrück nicht begeistert: „DieSPD hat in den letzten zwei Monaten im Wesentli-chen Rentner und Transferempfänger angespro-chen.“
Weiter heißt es:Steinbrück … zeigte sich auch skeptisch über dieReformfähigkeit der SPD.Herr Steinbrück, ich werde mir Ihr Buch kaufen. Dasscheint wirklich spannend zu sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe auch fest-gestellt, dass es vonseiten der Opposition nicht eineneinzigen Sparvorschlag gibt,
sondern nur allgemeines Gejammer und allgemeinesKlagen, wir müssten mehr Geld ausgeben. Gleichzeitigfordern Sie uns auf, Schulden abzubauen. Ich kann Ihnennur sagen: Das wissen wir auch. Für Kürzungen, die wirvornehmen müssen, für unangenehme Aufgaben bei derBeratung des Haushalts werden wir keinen Beifall be-kommen. Das weiß man.Aber eines sage ich Ihnen auch bei dieser Gelegen-heit: Die Haushaltspolitik von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen wird uns jedenfalls kein Vorbild sein.
Da Herr Gabriel mehrmals aus Medien zitiert hat, ma-che ich das jetzt auch, obwohl das eigentlich nicht meineArt ist. Vor einigen Wochen las ich zum Beispiel imSpiegel über die Haushaltspolitik der rot-grünen Koali-tion in Düsseldorf: „Politik der neuen Löcher“. Dort istauch beschrieben, wie Sie beim Schuldenmachen trick-sen. So viel dazu. Das wird für uns kein Vorbild sein.Bei dieser Gelegenheit will ich auch sagen – weil im-mer von Schieflage die Rede ist –, dass Sie offensicht-lich vergessen haben, dass diese Koalition zu Beginndieses Jahres das Kindergeld angehoben hat. Ich weißaadvpeDjerswBbigSskdFzgslTFwlRalwttMae
as war richtig und wichtig.Genauso – und das fehlt bei Ihnen – setzen wir unsetzt schwerpunktmäßig für Bildung und Forschungin. Das wird ein Schwerpunkt der Arbeit dieser Regie-ung sein. Dies dient kommenden Generationen undchafft Arbeitsplätze. Sie haben nicht mit einem Wort er-ähnt, welche positiven Impulse wir als Koalition fürildung und Forschung setzen. Ich behaupte, damit ha-en Sie ein Problem, weil die sozialdemokratische Partein den vergangenen Jahren immer forschungsfeindlichewesen ist.
ie sind die forschungsfeindliche Partei in Deutschland.
Um es anders zu sagen: Die Sozialdemokraten habenich 1966 zum letzten Mal für Forschung eingesetzt. Ichann mich noch gut daran erinnern. Willy Brandtrückte auf einen Knopf, und in Westdeutschland gab esarbfernsehen. Bei dieser Gelegenheit haben Sie sichum letzten Mal für Forschung eingesetzt.
Außerdem werfen Sie uns Klientelpolitik vor. Hierfüribt es viele Beispiele. Der Herr Präsident hat dafür ge-orgt, dass wir im Plenum so tolle Tafeln haben. Viel-eicht wäre es möglich, während der Debatte auf diesenafeln zu zeigen, was Gerhard Schröder und Joschkaischer mit welchen Firmen verdienen. Dann zeigt sich,as Klientelpolitik ist.
Daneben haben Sie etwas völlig ausgeblendet, was imetzten Jahr bei den Sozialdemokraten noch eine großeolle gespielt hat – ich bin dem Minister Brüderle mehrls dankbar –: Sie, die Sozialdemokraten, hätten die Mil-iarden zu General Motors getragen. Sie hatten das vor,ir haben das verhindert. Das ist der Erfolg unserer Poli-ik. Unser Weg war richtig und Ihrer war falsch. So hät-en Sie die Milliarden verbrannt.
achen wir uns nichts vor: General Motors hat die SPDn der Nase herumgeführt.Gerade von den Sozialdemokraten könnte man mehrrwarten. Sie nehmen in diesen Tagen Ihre gesamte Re-
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Dr. h. c. Jürgen Koppelin
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gierungspolitik zurück, und ich habe gelesen, FranzMüntefering – dafür habe ich viel Verständnis – habe er-klärt, dass er zum Bundesparteitag der Sozialdemokratennicht kommen werde, weil er etwas Besseres vorhabe.So war es gestern in den Agenturmeldungen zu lesen.Ich kann das gut verstehen.Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozial-demokraten, haben uns bei einer der größten und wich-tigsten Aufgaben, die diese Koalition in den letzten Mo-naten bewältigt hat, völlig im Stich gelassen, nämlich beider Rettung des Euros. Das war Schwerstarbeit. Das Ver-dienst dieser Regierung ist es, den Euro mit stabilisiertzu haben,
während Sie versagt haben. Sie haben – unter einem so-zialdemokratischen Finanzminister – dafür gesorgt, dassGriechenland in die Euro-Zone aufgenommen wurde,obwohl Sie genau wussten, dass die Daten nicht stimm-ten. Wir haben das jetzt wiedergutzumachen. Das sindIhre Fehler gewesen.
Ich gebe zu – damit habe ich kein Problem –: Auchdiese Regierung hat Fehler gemacht, gerade zu Beginn.Eines ist aber klar – ich glaube, auch den Bürgern wirddas inzwischen klar –: Zu dieser Koalition gibt es trotz-dem keine Alternative; denn die Alternative wäre Rot-Rot-Grün,
und wir sehen gerade in Nordrhein-Westfalen und an-derswo – der Herr Präsident musste heute einige von denLinken ausschließen –, wohin das führt.Herr Gabriel hat davon gesprochen, dass diese Regie-rung für die Opposition keine große intellektuelle He-rausforderung bedeute. Das hat man bei Ihren Reden ge-merkt. Schade; Sie hätten sich mehr Mühe geben sollen.Ich kann nur sagen: Wir gehen einen unbequemenund anstrengenden Weg, einen Weg, der nicht einfachist. Man bekommt wenig Beifall dafür.
Ich sage Ihnen aber auch: Kommende Generationen wer-den es uns danken.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Dietmar Bartsch für die Fraktion
Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrKoppelin hat eben davon gesprochen, dass Schulden ab-gebaut werden. Das ist mir hier im Haushalt wirklichnicht aufgefallen. Daneben soll das Wachstum von derRggneSsgcaNzzEJüEvwbaaHhnvrvFwSHüDbHSa
Gerade weil Herr Steinbrück heute auch hier ist, las-en Sie mich noch einmal daran erinnern: Es ist ja nochar nicht so lange her, dass die Kanzlerin davon gespro-hen hat, das Jahr 2011 werde das erste Jahr mit einemusgeglichenen Haushalt sein. Das war einmal das Ziel.un weiß ich, dass die Krise und vieles andere mehr da-wischengekommen ist. Die Zahlen, die wir heute ver-eichnen können, sind aber ganz einfach: 60 Milliardenuro an neuen Schulden in diesem Jahr, im nächstenahr werden es 57,5 Milliarden Euro sein, im Jahre 2012ber 40 Milliarden Euro und 2013 über 30 Milliardenuro. Diese Regierung macht neue Schulden in Höheon fast 200 Milliarden Euro.In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlandurde in keiner Legislaturperiode ein solcher Schulden-erg angehäuft. Sie hingegen kündigen das schon jetztn. Das ist die Realität.
Herr Schäuble löst Herrn Waigel als Schuldenministerb. Das ist die schlichte Realität.
err Schäuble ist der Schuldenminister. Das, was Sieier im Plenum immer postulieren, ist weder nachhaltigoch verantwortungsbewusst und auch nicht solide. Sieerfrühstücken mit Ihrer Politik die Einnahmen des Jah-es 2040. Das ist die Zukunft unserer Kinder und Enkel.Ich habe hier in der Debatte – das ist völlig absurd –on mindestens vier Leuten von der FDP – zum Beispielrau Homburger, Frau Winterstein und Frau Piltz – denunderschönen Satz gehört: Kinder können nicht aufchuldenbergen spielen. – Dieser Satz ist richtig klasse.
andlungsmaxime dieser Regierung ist er aber ebenberhaupt nicht.
as ist die Realität. Im Gegenteil: Sie betreiben Raub-au an der Zukunft unseres Landes und verengen dieandlungs- und Gestaltungsspielräume durch Ihrechuldenaufnahme. Sie häufen nämlich Schuldenbergen. Das ist die Realität.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6297
Dr. Dietmar Bartsch
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Frau Merkel hat ja recht: Jeder fünfte Euro wird fürden Schuldendienst eingesetzt. Herr Schäuble, was pas-siert eigentlich, wenn die Zinsen ansteigen? Das ist janicht völlig ausgeschlossen. Was tun Sie eigentlich,wenn wir hier in die Situation kommen, dass wir völligneue Aufgaben bewältigen müssen?
Als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre,müssen wir auch noch konstatieren, dass es nicht nur ei-nen, sondern diverse Schattenhaushalte gibt.
Über diese hat niemand hier vor laufender Kamera ir-gendein Wort verloren. Ich möchte nur noch einmal da-ran erinnern: Im vergangenen Jahr haben wir den Ban-kenrettungsschirm
– ich komme noch dazu – mit 480 Milliarden Euro be-schlossen. Inzwischen schaut es bei den Sondervermögenfolgendermaßen aus: Der Finanzmarktstabilisierungs-fonds umfasst 36 Milliarden Euro, der Investitions- undTilgungsfonds 7,5 Milliarden Euro und der Euro-Rettungs-schirm fast 150 Milliarden Euro. Für Griechenland sindüber 20 Milliarden Euro vorgesehen.
– Das weiß ich doch, Herr Fricke; keine Belehrungen. –Das alles sind Schattenhaushalte, und es besteht die Ge-fahr, dass dieses Geld weg ist. Das ist die Realität.
Ich möchte an dieser Stelle nur eine Sache zur HREsagen: In der letzten Woche haben wir festgestellt, dassdie HRE offensichtlich ein Fass ohne Boden wird.
Die inzwischen über 140 Milliarden Euro für Hilfen undGarantien umfassen, wie Sie alle wissen, den halbenBundeshaushalt.
Das ist die Realität. Ich erinnere mich noch: HerrSteinbrück kam einmal in die Fraktion der Linken undhat bei der ersten Tranche von 25 Milliarden Euro ge-sprochen. Danach sei aber wirklich Schluss, kein Euromehr, meinte er. Die Realität ist 140 Milliarden Euro, einFass ohne Boden.Das Problem ist folgendes: An einem Wochenendebeschließen Sie weitere 40 Milliarden Euro am Parla-ment vorbei. Es ist doch völlig klar, dass die Menschendann sagen, das am Parlament vorbei und nach Gutsher-renart zu tun, habe mit Demokratie nichts zu tun. Abergenau das tun Sie bei der HRE, und leider ist es so, dassletztlich Rentner und Steuerzahler für diese Summen zurKasse gebeten werden.dsdDhnmggpogggdatgFidhHdRSmtalSihIDgnsImmVvlvdd
Sie sagen, mit dem Haushalt werde die Wirtschaft an-emessen belastet. Aber niemand glaubt doch ernsthaft,ass die Luftverkehrsteuer die Wirtschaft belastet. Sielle sagen, dass diese Kosten selbstverständlich in Rich-ung Passagiere weitergegeben würden. Ich bin nicht ge-en die Luftverkehrsteuer; das ist überhaupt nicht dierage. Sie haben diese Steuererhöhung beschlossen, undch finde sie vernünftig. Aber sagen Sie nicht, Sie wür-en die Wirtschaft belasten. Das ist schlicht die Unwahr-eit.Noch unwahrer ist es bei der Brennelementesteuer.err Barthle, es ist richtig, wenn gesagt wird, dass Sieen Energiekonzernen Geld hinterherwerfen. Das ist dieealität.
ie haben einen Deal mit den Energiekonzernen ge-acht. Die Regierung hat eben keine angemessene Be-eiligung der Wirtschaft bei der Überwindung der Kriseuf den Zettel genommen. Das ist unsere Hauptkritik.Ein Markenzeichen Ihrer Politik ist, dass Sie die wirk-ich Vermögenden nicht zur Kasse bitten. Damit spaltenie das Land. Ich möchte noch einmal an die Zahlen er-nnern: Im letzten Jahr – das war das große Krisenjahr –atten wir beim Bruttoinlandsprodukt minus 5 Prozent.n diesem Jahr ist die Zahl der Vermögensmillionäre ineutschland relevant um 6,4 Prozent auf 861 700 gestie-en. Sie sind nicht in der Lage, auch nur mit einer Maß-ahme an die Reichen und Superreichen dieser Gesell-chaft zu gehen. Sie schonen die privaten Geld- undmmobilienvermögen. Das ist inakzeptabel, meine Da-en und Herren von der Regierungskoalition.
Sie sagen zu Recht, eine Haushaltskonsolidierungüsse mit Zukunftsinvestitionen verbunden werden.öllig d’accord. Ja, wir müssen investieren, wir müsseniel mehr machen. Mehr Geld für Bildung ist grundsätz-ich ein richtiger Ansatz. Aber das, was Frau Schavanorgelegt hat, ist letztlich halbherzig und ein Ausdrucker Kräfteverhältnisse in der Koalition. Insgesamt istieser Haushaltsentwurf vor allem auch Politik zulasten
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Dr. Dietmar Bartsch
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der Länder und Kommunen. Das, was Sie hier beschlie-ßen, ist die Realität: Sie produzieren neue Haushalts-löcher.Weil wir vorhin die Debatte dazu geführt haben,möchte ich eines noch deutlich hervorheben: Das, wasSie bei der Kürzung der Städtebauförderung machen– mir muss einmal jemand erklären, wie man auf einesolche Idee kommen kann –, ist grandios falsch. DassSie die Mittel für die energetische Gebäudesanierungstreichen, ist grandios falsch. Das sind Zukunftsinvesti-tionen. Hier muss trotz klammer Kassen eher noch etwasdraufgelegt werden. Korrigieren Sie das im Laufe derHaushaltsberatungen! Unsere Unterstützung haben Siedafür in jedem Fall.
Im Übrigen widerspricht das sogar Ihrem eigenenKoalitionsvertrag. Lesen Sie einmal nach, was Sie dortzu diesen beiden Punkten geschrieben haben. Da stehtnämlich etwas anderes. Sie verletzen also Ihren eigenenKoalitionsvertrag.
Carsten Schneider hat darauf hingewiesen: Was dieBinnenkonjunktur betrifft, ist die Frage des Mindest-lohns natürlich relevant, ebenso wie die Aufstockerpro-blematik. Ich glaube, das hat die SPD beschlossen. Kanndas sein?
Das war ein großer Fehler.
Die Aufstockerproblematik wird durch die Einführungeines Mindestlohns reduziert, und die Binnennachfragewird gestärkt. Für die Binnennachfrage tun Sie real näm-lich gar nichts. Die Linke bleibt bei ihrer Forderung:Diejenigen, die die Krise zu verantworten haben undjetzt schon wieder sehr große Gewinne einfahren, müs-sen zur Kasse gebeten werden.
Das ist in dieser Situation ohne Wenn und Aber notwen-dig. Wir müssen die Einnahmen erhöhen. Herr Barthle,Ihre Politik, auf der Einnahmeseite um Gottes willennichts zu tun, ist falsch. Deswegen möchte ich auf einigePunkte eingehen.Es ist richtig, den Spitzensteuersatz bei der Einkom-mensteuer zu erhöhen. Er kann etwas später einsetzen;aber er muss wieder in Richtung 50 Prozent angehobenwerden. Das ist angesichts dieser Krise notwendig.
– Wer das mit dem Steuersatz war? Zu Ihrer Regierungs-zeit bis 1998 lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent.
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Ja, die Sozialdemokraten. Aber jetzt muss man ihn er-öhen.
iese Krise hat uns nämlich vor andere Herausforderun-en gestellt.Die Finanztransaktionsteuer ist bereits mehrfach er-ähnt worden. Hier haben Sie unsere volle Unterstüt-ung. Ich habe allerdings manchmal das Gefühl, dass Sieieses Vorhaben nicht mit vollem Enthusiasmus ange-en. Tun Sie das, Herr Schäuble! Ich wäre dafür. Dienterstützung der Linken haben Sie. Das wird Ihnen aufuropäischer Ebene wirklich helfen.
Mein nächster Punkt. Mit der Entlastung von Erbenroßer Vermögen haben Sie zu Beginn dieser Legislatur-eriode eine Fehlentscheidung getroffen.
ehmen Sie eine generelle Korrektur der Erbschaft-teuer vor! Über die Erbschaftsteuer nehmen wir viel zuenig Geld ein. Diese 4 Milliarden Euro sind faktischichts.
Das ist mir klar. Herr Fricke, lassen Sie doch die Be-ehrungen. Ich erkläre Ihnen das alles.
ir brauchen eine Reform der Erbschaftsteuer. Nehmenie sich die USA zum Vorbild. Dann erzielen wir Ein-ahmen im zweistelligen Milliardenbereich.
Die Kernforderung, die die Linke angesichts derrise erhebt, ist die Einführung einer Millionärssteuer.ie Zahl der Vermögensmillionäre habe ich Ihnen ge-annt. Was ist denn so schlimm daran, oberhalb einesreibetrags von 1 Million Euro eine Steuer in Höhe vonProzent zu erheben?
adurch würde niemand verarmen. Für die zweite Mil-ion müsste ein Betrag von 50 000 Euro gezahlt werden.adurch würden zweistellige Milliardenbeträge in dieffentlichen Haushalte fließen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6299
Dr. Dietmar Bartsch
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Das ist die Realität.
Wir haben doch die völlig kuriose Situation, dass dasVolumen der Sparvermögen selbst im Krisenjahr 2009um 200 Milliarden Euro gestiegen ist. Warum schöpfenwir da nicht etwas ab? Das wäre angesichts der Situationnotwendig.
Zu den Militärausgaben, zu denen ich sehr viel sagenkönnte, möchte ich mich jetzt nicht äußern.Mich hat sehr gefreut, dass die Bonn/Berlin-Frageauch von Abgeordneten der Union und der FDP ange-sprochen worden ist.
– Ich unterstütze das sehr, Herr Westerwelle. Ich unter-stütze es sehr, wenn endlich die Zusammenführung derBundesregierung hier in Berlin erfolgt.
Das wäre auch eine Sparmaßnahme.
Die Linke ist auf der Seite derjenigen, die dies vorschla-gen.
– Herr Westerwelle, Sie wissen doch, dass nach wie vorsechs Ministerien in Bonn sind.
Das ist falsch. Alle Ministerien sollten nach Berlin um-ziehen. Sie können am Wochenende trotzdem in IhreHeimat nach Bonn fahren; das verwehrt Ihnen ja nie-mand.
Zu den Maßnahmen, die Sie durchgeführt haben, willich ein paar Bemerkungen machen. Mir muss einmal je-mand von der Union erklären, wie die Streichung desElterngeldes für Hartz-IV-Empfänger mit dem Adjektiv„christlich“ zu verbinden ist.
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Genauso verhält es sich im Übrigen mit dem Heizkos-enzuschuss. Sie führen die Begründung an, die Energie-osten seien gesunken, und sagen, deswegen hätten siehn in etwa halbiert. Wenn Sie ihn halbiert hätten, wäreas noch nachzuvollziehen. Aber Sie streichen ihn gänz-ich. Wieder sind es die sozial Schwächsten der Gesell-chaft, bei denen Sie total „mutig“ sind. Natürlich ver-andeln Sie mit denen auch nicht, anders als mit dennergiekonzernen. Die Konzerne laden Sie sonntags ein,ann schließen Sie einen Deal, und am Ende kommt ir-endeine Summe heraus. Warum reden Sie nicht auchit denjenigen, die von dieser Maßnahme betroffenind, oder warum gelangen Sie nicht durch die Debattenm Parlament zu der Erkenntnis, dass die Richtung Ihrerolitik eine grundsätzlich falsche ist?
s ist grundsätzlich falsch, bei den sozial Schwächstenu sparen.Ich mache Ihnen gerne Sparvorschläge. Nehmen wiroch nur den Militärhaushalt. Wie finden Sie die Idee,en Transportflieger A400M zu streichen? Das würdeMilliarden Euro ausmachen.
ie denken Sie über den Eurofighter? Damit könntenir 10 Milliarden Euro einsparen.Wie könnten wir über eine Reform der Wehrpflichtwir sind für die Abschaffung – dahin kommen, dass iniesem Bereich weniger Geld ausgegeben wird? Warumenken Sie nicht darüber nach, die Auslandseinsätzeirklich zurückzufahren? Für den Afghanistan-Einsatzahlen wir 1 Milliarde Euro. Das alles sind unsinnigeeldausgaben.
Die Linke hat in den Beratungen reichlich Sparvor-chläge gemacht und wird dies auch weiter fortsetzen.ch würde auch gerne auf das Liberale Sparbuch derDP zurückkommen. Wie viele Staatssekretäre sollteningespart werden?
s ist leider kein einziger eingespart worden. Dabei binch zutiefst davon überzeugt, dass man sich einige wirk-ich sparen könnte.
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Dr. Dietmar Bartsch
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– Ich sage Ihnen auch Namen, Herr Fricke, kein Pro-blem.
Ich will etwas ansprechen, das mir wichtig ist, weilmit diesem Haushalt auch die Problematik der Ost-West-Spaltung vertieft wird: Die Sozialkürzungen proEinwohner sind in den neuen Ländern mit 76 Euro dop-pelt so hoch wie in den alten Bundesländern, wo sie etwa36 Euro betragen. Das sollten Sie sich auf der Zunge zer-gehen lassen, meine Damen und Herren. Wir wollendoch nicht, dass 20 Jahre nach der deutschen Wiederver-einigung die Menschen im Osten noch als Menschenzweiter Klasse betrachtet werden. Deswegen muss mansich, wenn es um Einsparungen geht, auch diesen Aspektvor Augen führen.Wir haben im Osten weiterhin fast doppelt so hoheArbeitslosenzahlen und eine geringere Wirtschaftskraftals im Westen. Deshalb kann man in dieser Situationdort nicht besonders hohe Einsparungen vornehmen.Denn auch das vertieft die Spaltung in diesem Lande.
Frau Merkel hat in ihrer Rede am Mittwoch viel überZusammenhalt gesprochen. Ich halte es grundsätzlichfür einen richtigen Ansatz, dieses Substantiv und die da-mit verbundene Problematik in den Mittelpunkt zu stel-len. Realität ist aber, dass dieser Haushalt nicht den Zu-sammenhalt fördert; er ist vielmehr durch und durch einHaushalt für Lobbyisten. Er richtet sich gegen Arbeits-lose, Familien und Kinder. Er ist unsozial, ungerecht undunsolide.
Nehmen Sie die Vorschläge der Opposition an, damitDeutschland gerechter wird!Danke schön.
Das Wort hat nun Kollegin Priska Hinz für die Frak-tion Bündnis 90/Die Grünen.Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrBarthle und Herr Koppelin, es war zu erwarten, dass Siesich und die gesamte Koalition heute wie schon dieganze Woche rühmen, welch tollen Sparhaushalt Sievorgelegt haben und wie hervorragend Sie das Problemder Schuldenbremse lösen. Ich will aber kurz daran er-innern, dass Sie Anfang des Jahres ein Schuldenbe-schleunigungsgesetz verabschiedet haben
und dass Sie dann bis zur NRW-Wahl abgetaucht sind,als es um die Reduzierung der Nettoneuverschuldungund die Einhaltung der Schuldenbremse ging. Wir könn-tsdegEsAgsarHbp5VldswHsaAazSt–RsHmrruuLn
Wir wissen auch, dass die Verschuldung des Bundesigantische 1,045 Billionen Euro beträgt und dass inzwi-chen jeder fünfte Euro im Bundeshaushalt für Zinsenusgegeben wird. Wir wissen aber auch, dass die Regie-ung mit dem Finanzplan bis zum Jahr 2014 nur dieälfte des Weges aufgezeigt hat, wie die Schulden-remse eingehalten werden kann, und zudem im Finanz-lan einen Haufen Luftbuchungen vorgenommen hat.
Als globale Minderausgabe sind für das Jahr 2014,6 Milliarden Euro veranschlagt. An Kürzungen dererwaltungsausgaben sind für das Jahr 2014 3,9 Mil-iarden Euro vorgesehen, und die Einsparungen durchie Streitkräftereform, die auch noch nicht hinterlegt ist,ind mit 3 Milliarden Euro veranschlagt. Damit kommenir auf 12,5 Milliarden Euro, die sehr wackelig sind.
inzu kommen Schattenhaushalte und möglicherweiseteigende Zinslasten. Sie häufen damit eine Hypothekuf, die Sie der neuen Regierung vor die Füße kippen.ber ich sage Ihnen: Wir nehmen die Herausforderungn. Wir werden es schaffen, die Tendenz hin zu einer so-ialen, ökologischen und finanziellen Verschuldung, dieie vorantreiben, umzukehren. Wir werden in der nächs-en Regierung bessere Finanzpläne vorlegen.
Es ist mir klar, dass es Sie aufregt, dass wir die nächsteegierung übernehmen wollen. Aber Sie werden schonehen, wie wir das schaffen.Herr Schäuble, Sie haben bei der Einbringung desaushalts darauf hingewiesen, dass es eine hohe Zustim-ung in der Bevölkerung zum Sparkurs gibt. Das istichtig; darin stimme ich Ihnen zu. Aber die Bevölke-ung will auch, dass es gerecht zugeht. Die Bürgerinnennd Bürger haben derzeit überhaupt nicht das Gefühlnd sind nicht der Meinung, dass diese Regierung in derage ist, eine gerechte Steuerpolitik zu machen und ei-en gerechten Sparkurs zu fahren, weil zwei Drittel der
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Priska Hinz
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Belastungen im Sozialbereich verankert werden und nurein Drittel der Belastungen auf die Wirtschaft zukommt.
Das ist nicht gerecht. Das können Sie nicht einfach mitder allgemeinen Aussage wegwischen, auch die Bevöl-kerung wolle sparen. Vielmehr müssen Sie aufzeigen,wie es gerecht zugehen kann. Wir machen das in unserenVorschlägen immer.
Sie streichen über 30 Milliarden Euro bei den Ärms-ten und Arbeitslosen: beim Heizkostenzuschuss, beimWohngeld und beim Elterngeld für Langzeitarbeitslose.In der gestrigen Debatte über die Sozialpolitik wurdeüber das Lohnabstandsgebot philosophiert. Sie sind bis-lang nicht in der Lage, das Problem mit dem Lohnab-standsgebot durch die Einführung eines Mindestlohns zulösen. Das wäre das Gebot der Stunde.
Sie verschieben auch noch zulasten der Zukunft und derKommunen, indem Sie die Streichung des Rentenbei-trags für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger im Haushaltverankert haben. Das heißt, dass die Arbeitslosen ihreArmut im Alter fortsetzen und die Kommunen als Trägerder Grundsicherung dies künftig bezahlen müssen. Sosieht Ihre Haushaltspolitik aus; so sieht Ihre Konsolidie-rung aus. Das ist nicht in Ordnung, weil das eine falschePrioritätensetzung ist.
Der letzte Tag der Wirtschafts- und Finanzkrise wirdder erste Tag des Fachkräftemangels sein. Schon jetztfehlen Ingenieure und Pflegekräfte. Was tun Sie geradein diesem Bereich? Sie kürzen die Mittel für die Wieder-eingliederungsmaßnahmen. Aber gerade die Langzeit-arbeitslosen brauchen Möglichkeiten der Umschulungund der Weiterbildung und kein Streichkonzert. Notwen-dig wäre, dass die Bundesregierung im Ganzen ein Wei-terbildungskonzept hätte. Aber auch im Bereich des Bil-dungsministeriums wird gespart, und zwar unteranderem 20 Prozent bei der Weiterbildung. 20 Prozent!Zwar bleibt noch immer viel Geld übrig. Aber das wirdfalsch ausgegeben. Da, wo Sie sparen, sparen Sie unge-recht. Das ist keine sinnvolle Haushaltspolitik. Wir ha-ben Ihnen ein Konzept vorgelegt, aus dem hervorgeht,wie in drei Jahren 1 Million Weiterbildungsangebotedurch das Bildungsministerium geschaffen werden kann,und zwar sowohl im Umschulungsbereich als auch imBereich der Weiterbildung. Sie verschärfen dagegen denFachkräftemangel, anstatt ihm zu begegnen.Des Weiteren kommt hinzu: Sie brauchen vier Minis-ter, die permanent Pressekonferenzen geben – Herr deMaizière, Frau Schavan, Frau von der Leyen und der all-gegenwärtige Herr Brüderle –, um über eine Lösung desProblems der Zuwanderung zu diskutieren. Aber Sieschaffen es nicht, eine Einigung herzustellen und in die-sem Land die Zuwanderung für Hochqualifizierte zu re-ghiddödssKanDzaMiwzMzicstRdBsz–sdLg–svwtFm
Herr Kauder, das haben Sie die ganze Woche lang ver-ucht, aber das wird Ihnen nicht gelingen;
enn Fakt ist, dass Sie den Atomkonzernen für ihreaufzeitverlängerungen 100 Milliarden Euro an Zusatz-ewinnen schenken.
Herr Barthle, die Brennelementesteuer wollen wirchon seit vielen Jahren einführen, aber ohne Laufzeit-erlängerung,
eil wir der Meinung sind, dass die Atomindustrie na-ürlich auch in der Frage der Endlagersuche und in derrage, wie Müll entsorgt werden soll, beteiligt werdenuss.
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Priska Hinz
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Meine Damen und Herren, es kann doch wohl nichtsein, dass es einen Deal am Parlament vorbei gibt unddass man die Zahlungen in den Fonds, den Sie jetzt im-mer so in den Mittelpunkt stellen, dadurch reduzierenkann, dass man in den einzelnen Atomkraftwerken Si-cherheitsauflagen erfüllt.
– Wir wollen Sicherheitsauflagen, aber wir wollen kei-nen Rabatt auf Sicherheit. Wir wollen nicht, dass sichdie Atomindustrie von Sicherheitsauflagen freikaufenkann.
Meine Damen und Herren, Herr Barthle, das, was anZahlungen in den Fonds hineingeht, hat die Atomindus-trie nach einer Betriebslaufzeit von drei Wochen wiederraus.
Das ist der Deal, den Sie mit der Atomindustrie gemachthaben.
Und der Bundesumweltminister? Der Bundesumwelt-minister saß während dieses Deals draußen vor der Tür.Das muss man sich einmal vorstellen.
– Ja, vielleicht hat er vor der Tür oder zu Hause geschla-fen, das ist mir auch egal. Wenn man als Bundesumwelt-minister aber ein bisschen Selbstachtung hat, dann dürfteman so etwas nicht nur nicht mitmachen, dann müssteman eigentlich zurücktreten, meine Damen und Herren.
In jedem Fall ist dies die dreisteste Klientelpolitik, diedas Land jemals gesehen hat. Das ist neben der sozialenSchieflage und dem ökologischen Rückschritt das Be-merkenswerteste, was wir in dieser Haushaltswoche zudiskutieren haben.
Wir werden Ihnen in den Haushaltsberatungen zeigen,dass es ganz anders gehen kann, dass man den Haushaltkonsolidieren und trotzdem mehr in Klimaschutz, Bil-dung und soziale Gerechtigkeit investieren kann. Wir ha-ben die Möglichkeit, ökologisch schädliche Subventio-nen zu streichen, und zwar, wie das Umweltbundesamtsagt, in einer Höhe von über 40 Milliarden Euro.Wir gehen noch nicht einmal so stark heran. Wir sa-gen, dass im ersten Jahr 12 Milliarden Euro ausreichen.Auch das wäre ein erklecklicher Teil, der zur ökologi-schen Modernisierung des Landes beitragen würde.mawgdEelskWzHhdnnasJdtevpeIsIAdnTzsadsfrb
Auch wir sind der Meinung, dass wir Strukturrefor-en brauchen. Die Bundessteuerverwaltung ist schonngesprochen worden. Es gibt weitere Bereiche. Weilir einen handlungsfähigen Staat wollen und für eineerechte Steuerpolitik sorgen wollen, kämpfen wir fürie Erhöhung des Spitzensteuersatzes, für eine gerechterbschaftsteuer und für eine Finanztransaktionsteuer aufuropäischer Ebene. Das ist die Alternative zur unsozia-en Politik von Schwarz-Gelb. Wir werden Ihnen in die-en Haushaltsberatungen aufzeigen, wie man einen Zu-unftshaushalt aufstellen kann.Danke schön.
Das Wort hat nun der Bundesminister der Finanzen,olfgang Schäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-en:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Die erste Lesung des Entwurfs des Bundeshaus-alts 2011 geht ihrem Ende entgegen. Ich will doch inieser Debatte, nachdem ich den Rednerinnen und Red-ern der Opposition sorgfältig zugehört habe, daran erin-ern: Wir kommen aus der schwersten Wirtschaftskrise,us dem schwersten wirtschaftlichen Einbruch, verur-acht durch die Finanz- und Bankenkrise von vor zweiahren. Deswegen haben wir höhere Defizite, als wir iner mittelfristigen Finanzplanung unterstellt haben. Esut mir ein bisschen leid, Herr Kollege Bartsch. Es ist zuinfach, zu sagen, Frau Merkel habe für 2011 ein Defiziton null angekündigt. Klar, in der mittelfristigen Finanz-lanung stand es so, aber inzwischen hat sich die Weltin wenig verändert.
ch habe bisher nicht gehört, dass irgendjemand in die-em Hause infrage gestellt hat, dass es richtig war, unternkaufnahme exorbitant hoher Defizite die schlimmenuswirkungen dieser Wirtschaftskrise, insbesondere aufem Arbeitsmarkt, zu bekämpfen. Deswegen sollten Sieicht in einer so billigen und demagogischen Weise zweiage später so etwas tun.
Eine zweite Bemerkung: Wenn man der Oppositionuhört, klingt es so, als würden wir nicht genügend kon-olidieren, wenn wir aber konsolidieren, dann angeblichn der falschen Stelle. Die Kunst ist, dass wir so konsoli-ieren, dass wir die Chance für eine nachhaltige wirt-chaftliche Aufwärtsbewegung nicht zerstören, sondernördern. Das nennt man wachstumsfreundliche Defizit-eduzierung. Die ist international vereinbart. Es ist vielezweifelt worden, ob das geht. Die Bundesrepublik
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Deutschland beweist zurzeit zur Überraschung vieler inder Welt, dass es möglich ist.
Damit wird der Instrumentenkasten für die nachhaltigeReduzierung der zu hohen Defizite ein bisschen kleiner.Die Vorstellung, man könne einfach beliebig Steuern er-höhen
– ich komme gleich dazu –, hat wenig mit der wirtschaft-lichen Überzeugung zu tun, dass wir alles daransetzenmüssen, den Weg aus der Krise zu finden. Im letztenJahr ist das Bruttoinlandsprodukt um 4,7 Prozent zu-rückgegangen. Wenn das Bruttoinlandsprodukt in die-sem Jahr wirklich um 3 Prozent steigt, dann liegen wirimmer noch deutlich unter dem Niveau von 2008. Des-wegen müssen wir bei allem, was wir tun, die wirtschaft-lichen Auswirkungen mit bedenken. Daran führt keinWeg vorbei. Deswegen sind die meisten Instrumente, dieSie uns vorschlagen, völlig ungeeignet, wenn wir einewachstumsfreundliche und beschäftigungsfreundlicheDefizitreduzierung vornehmen wollen.
Es kommt noch etwas hinzu – das will ich für Ihre Ar-gumentationslinien für die weiteren Beratungen dochnoch einmal anmerken –: Wenn man Defizite reduzierenwill, muss man auch die Kraft haben, Leistungen, die ineiner besonderen Situation vorübergehend eingeführtworden sind, dann, wenn die Voraussetzungen nichtmehr gegeben sind, wieder zurückzunehmen. Deswegen,Herr Kollege Schneider, mit allem Respekt: Der Ver-gleich der Investitionsquoten ohne Berücksichtigungdessen, dass das Konjunkturprogramm ausläuft, ist ein-fach ein irreführender.
Genau so ist es übrigens mit dem Heizkostenzuschussfür Wohngeldempfänger. Er ist eingeführt worden, alsder Preis für einen Barrel Rohöl bei nahezu 200 Dollarlag. Inzwischen beträgt er zum Glück wieder weniger alsdie Hälfte. Deswegen ist es richtig, dass wir das zurück-führen.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Schneider?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:
Herr Kollege Schneider.
Herr Minister, ich will gern auf Ihre Anmerkung zumVergleich der Investitionsquoten 2010 und 2011 einge-hen. Vorhin habe ich ausgeführt, dass die Ausgaben, be-rkktgDdtzmdZdDrANbmfbifnlrIwhsGznag–n
eswegen müssen wir die bereinigten Zahlen 2010 mitenen für 2011 vergleichen, und da sinkt der Investi-ionsanteil.Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-en:Herr Kollege Schneider, wenn Sie die Investitionenit dem Gesamtvolumen des Haushalts vergleichen,ann werden Sie feststellen, dass Sie nicht recht haben.um ersten Mal legen wir einen Haushalt vor, bei demie Ausgaben kontinuierlich von Jahr zu Jahr sinken.
as ist der Schlüssel für eine nachhaltige Defizitreduzie-ung.
Wir haben bei unserem Zukunftspaket die investivenusgaben sehr bewusst geschont, so gut es irgend ging.atürlich haben wir im Bereich der disponiblen Mittelei den Einzelplänen eine gewisse Vorgabe gemacht. Dieuss jedes Ressort in seiner eigenen Verantwortung er-üllen. Darüber wird es im Einzelnen noch Debatten ge-en, auch im Zuge der weiteren Haushaltsplanung. Abernsgesamt ist unser Konsolidierungskurs ein wachstums-reundlicher, der die Investitionen schont. Die Investitio-en in Bildung und Forschung haben wir sogar erhöht.
Weil Sie die Bemerkung gemacht haben, Herr Kol-ege Schneider: Unterstellen Sie mir bitte nicht Trickse-eien! Das ist nicht in Ordnung.
ch habe frühzeitig hier gesagt, mehrfach, bei der erstenie bei der zweiten und dritten Lesung des Bundeshaus-alts 2010: Wir werden als Ausgangsmarke für dastrukturelle Defizit gemäß der Schuldenbremse desrundgesetzes, die wir zum ersten Mal anwenden, dasum Zeitpunkt der Fortschreibung der mittelfristigen Fi-anzplanung – das ist der entscheidende Punkt –
bsehbare tatsächliche strukturelle Defizit zugrunde le-en. – Genau das haben wir getan.
Genau so habe ich es gesagt, und genau so tun wir es.
Wir können die mittelfristige Finanzplanung dochicht im parlamentarischen Verfahren fortschreiben.
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Deswegen gilt: Wir brauchen für die Schuldenbremsedie mittelfristige Perspektive, und genau dies haben wirmit der Formulierung des strukturellen Defizits in 2010sichergestellt. Das hatte ich vorher angekündigt, und ge-nau das machen wir. Werfen Sie mir also nicht Trickse-reien vor! Das ist nicht in Ordnung.
Gestatten Sie noch eine Frage des Kollegen
Schneider? – Ja.
Herr Minister, ich wollte Ihnen in dem Punkt nichtTricksereien vorwerfen. Ich habe ja gesagt: Ich habe dieSorge, dass es so sein könnte. Deswegen frage ich ganzgezielt und konkret: Was ist für die Aufstellung der Fi-nanzplanung 2012, die Sie im Juni 2011 beschließenwerden, maßgeblich, das Ist-Ergebnis des Jahres 2011
– Entschuldigung, 2010 –, was auch die Bundesbank inihrem letzten Monatsbericht empfiehlt, oder die nichtganz so guten Zahlen vom Juni dieses Jahres, weil diedazu führen, dass Sie ein höheres Defizit haben unddementsprechend in den Folgejahren weniger abbauenmüssen?
Sind Sie also engagiert oder nicht?Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-zen:Herr Kollege Schneider, schauen Sie sich doch nocheinmal die Schuldenbremse im Grundgesetz an. Ichempfehle übrigens überhaupt, sich noch einmal anzu-schauen, was wir in der Föderalismuskommission ge-meinsam erreicht haben und was nicht. Eine Bundes-steuerverwaltung haben wir nicht erreicht. Deswegensollte man sie nicht ein paar Monate später schon wiederals den großen Vorschlag zur Lösung aller Probleme indie Debatte einbringen. Das ist doch unseriös.Nach den Regeln des Grundgesetzes müssen wir dasim Jahr 2010 vorhandene strukturelle Defizit in gleichenJahresbeträgen
bis 2016 zurückführen. Deswegen haben wir 2012 kei-nen Beurteilungsspielraum. Die Entscheidung war beider Aufstellung der mittelfristigen Finanzplanung imSommer 2010 zu treffen. Und wir haben sie getroffen.
Jetzt würde ich gern noch eine Bemerkung zu derFrage machen, wie sich all das sozial auswirkt. VerehrteKdhznCsARehfdwüasdpnSWnaw–wASvsatw–ESlsw
lle Ihre Vorschläge führen jedoch genau in die falscheichtung. Für uns ist die Entwicklung am Arbeitsmarktntscheidend. Was wir machen, ist wirklich sozial nach-altige Politik, und diesen Weg werden wir fortsetzen.Herr Kollege Schneider, es hat mich schon tief betrof-en gemacht, wie Sie damit – womit Sie sich schon iner rot-grünen Regierungszeit beschäftigt haben, womitir uns während unserer gemeinsamen Regierungszeitber vier Jahre beschäftigt haben und womit wir unsuch in Zukunft beschäftigen müssen – umgegangenind, nämlich mit der Frage: Wie können wir angesichtser Entwicklung des globalen Wettbewerbs um Arbeits-lätze, Investitionsstandorte und Marktanteile ein ver-ünftiges Beschäftigungsniveau für unser Land sichern?o einfach ist das Thema Mindestlohn nämlich nicht.enn wir Regelungen treffen, die dazu führen, dassoch mehr Arbeitsplätze in der industriellen Produktionuf andere Kontinente verlagert werden, dann erweisenir der sozialen Gerechtigkeit einen Bärendienst.
Herr Kollege Poß, ich würde doch einmal nachlesen,elche Reden Sie persönlich im Zusammenhang mit dergenda 2010 gehalten haben.
ie werden sehr schnell finden, dass Sie sich da sachlichertieft mit dem Problem des Lohnabstandsgebotes be-chäftigt haben. Dabei geht es darum, dass wir daraufchten müssen, dass nicht ein Niveau bei den Sozialleis-ungen festgeschrieben wird, das auf dem Arbeitsmarkt,ie er im Zeitalter der Globalisierung – –
Warum lassen Sie mich eigentlich nicht einen Satz zunde sprechen? Sie werden offenbar nervös, wenn manie an Ihre eigenen Reden erinnert.
Das Problem ist, dass wir bei dem Standard an Sozial-eistungen in Deutschland, der richtig ist und auf den wirtolz sein können, den wir aber wieder und wieder durchirtschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit er-
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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arbeiten müssen, ein Niveau haben, das weit über demliegt, zu dem in anderen Ländern Menschen arbeiten, einProblem, das wir nur durch eine vernünftige Kombina-tion bzw. Abgrenzung von Sozialleistungen und Löhnenlösen können.
Wenn Sie das als Quersubventionierung diffamieren,versperren Sie sich den Weg zu einer sachgerechten Lö-sung dieser Probleme. Es ist nicht einfach, diesen Wegzu gehen, aber es ist notwendig. Man darf ihn aber nichtdurch Diffamierung versperren. Deswegen werbe ich da-für, dass wir all das nicht aus dem Blick verlieren. Dafürbrauchen wir übrigens die Tarifpartner. Was die zum ge-setzlichen Mindestlohn sagen, sollten Sie sich im Einzel-fall auch etwas genauer anschauen. Dann könnten Sieauch hören: Dadurch wird die Tarifautonomie ausge-höhlt.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir uns aufdem Weg aus der schwersten Krise seit langem befinden,sollten wir unsere Verantwortung für Europa nicht ge-ringschätzen. Wir haben in den ersten Monaten diesesJahres in der so auch nicht erwarteten Situation, dasssich die Krise eines Landes ganz schnell und unabsehbarauf andere Euro-Länder und weit darüber hinaus aus-breiten kann, eine neue Dimension der Verflechtung derFinanzmärkte erkennen können. Wir wissen, dass die In-strumente des europäischen Stabilitäts- und Wachstums-paktes geschärft werden müssen, um in dieser Situationbestehen zu können. Wir wissen, dass es dazu unver-meidlich ist, dass alle Länder ihre Defizite reduzieren,so, wie wir es vereinbart haben. Wir wissen, dass dabeiDeutschland beobachtet wird: Halten wir es ein odernicht? Schaffen wir es in einer Weise, die Arbeitsplätzenicht gefährdet, sondern fördert? Wenn wir das schaffen,nehmen wir unsere Verantwortung für Europa wahr.Denken Sie daran: Hätten wir den Euro nicht gehabt,wären die Auswirkungen der Krise für unser Land nochschlimmer gewesen.
Wir müssen alles daransetzen, die Stabilität in Europaund für den Euro zu verteidigen. Dazu muss jeder seineVerantwortung wahrnehmen. Die BundesrepublikDeutschland tut es auch nach dem Urteil aller sachver-ständigen Institutionen. Die Europäische Zentralbankwie auch die Europäische Kommission sagen: Deutsch-land ist auf dem richtigen Weg.Die Ergebnisse am Arbeitsmarkt, Wirtschaftsentwick-lung und Steuereinnahmen geben uns recht. Deswegendürfen wir nicht den Fehler machen, dass wir auf demWeg, den wir jetzt erfolgreich eingeschlagen haben undwo sich die ersten Erfolge abzeichnen, in der Entschlos-senheit wieder nachlassen. Nein, wenn wir Generatio-nengerechtigkeit und Nachhaltigkeit ernst meinen undwenn uns die soziale Verpflichtung gegenüber allen Tei-len unserer Bevölkerung auch in der Zukunft wichtig ist,ddhtntüwBAliatsdHSmdhaukrtsbsdENBEfGmesdsDD
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem
ächsten Redner das Wort erteile, möchte ich eine Mit-
eilung bekannt geben.
Der Bundestagspräsident Norbert Lammert hat mir
bermittelt, dass an dem Zwischenfall, der passierte,
ährend er präsidiert hat, auch der Kollege Herbert
ehrens von der Fraktion Die Linke beteiligt war. Die
nwesenden wissen, worum es sich handelt: ein unpar-
amentarisches Verhalten, eine Demonstration, die nicht
n dieses Haus gehört. Der Bundestagspräsident möchte
usdrücklich den Kollegen Herbert Behrens in die Sank-
ionen einschließen. Auch für ihn gilt also der Aus-
chluss von Plenardebatten für zwei Tage.
Nun erteile ich dem Kollegen Klaus Hagemann von
er SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat zumchluss das Thema Europa angesprochen. Lassen Sieich zu Beginn einige Gedanken hinzufügen; denn wiriskutieren zurzeit nicht nur über den deutschen Haus-alt, sondern wir reden in den Gremien des Bundestagesuch über den Haushalt 2011 der Europäischen Unionnd über die finanzielle Vorausschau 2014 bis 2020. Wirönnen also praktisch von einer Schicksalsgemeinschafteden.Wir hatten in diesem Jahr große Ereignisse zu bewäl-igen. Ich nenne die Hilfe für Griechenland. Die deut-che Beteiligung an der solidarischen Unterstützungeträgt immerhin 6 Milliarden Euro. Kurz danach, sozu-agen nur Stunden danach, gab es die Ad-hoc-Entschei-ung für den Rettungsschirm und für die Stabilität desuro. Hier geht es ebenfalls um eine Bürgschaft, die imotfall in Anspruch genommen würde. Der Anteil derundesrepublik Deutschland beträgt 148 Milliardenuro. Es geht schließlich noch um EU-Zahlungshilfenür Nicht-Euro-Staaten wie Lettland oder Ungarn.Der Kollege Jürgen Koppelin hat ebenfalls das Themariechenland angesprochen. Herr Kollege, ich kannich nicht daran erinnern, dass die FDP damals gegenine Aufnahme Griechenlands in den Euro-Raum ge-timmt hat. Ich kann mich auch nicht daran erinnern,ass die Union gegen eine Aufnahme gestimmt hat. Dasei hier unterstrichen.
as jetzt Rot-Grün vorzuwerfen, empfinde ich als unfair.as ist nicht gerecht und wäre auch historisch falsch.
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6306 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Klaus Hagemann
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Ich möchte noch einen anderen Gedanken aufgreifen,der diese Woche geäußert worden ist. Frau Bundeskanz-lerin hat von der „historischen Schuld“ durch die Ände-rung des Stabilitätspaktes im Jahre 2005 gesprochen.Er wurde ja deswegen geändert, um zukünftig solcheprozyklischen Phasen zu verhindern.
Es sollte vielmehr in wirtschaftlich guten Zeiten gespartwerden, um in wirtschaftlich schlechten Zeiten, wie inden Jahren 2008, 2009 und 2010, mehr ausgeben zu kön-nen. Genau das ist in den Stabilitätspakt eingearbeitetworden, und das ist beschlossen worden.Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin,
wir hätten die von Ihnen zu Recht gelobten Konjunktur-programme, die wir in der Großen Koalition beschlossenhaben, die Verlängerung beim Kurzarbeitergeld oder dieKonjunkturprogramme I und II etwa, die wir vorgenom-men haben, die Sie jetzt auch loben und die Ihnen auchdie guten Zahlen auf dem Arbeitsmarkt bringen, garnicht durchführen können, wenn nicht der Stabilitätspaktgeändert worden wäre. Auch das sollten wir noch einmalunterstreichen.
Das Gleiche gilt auch für die Logik der Schulden-bremse. Auch das ist die Grundlage. Kollege Fricke, Siekönnen es abstreiten. Es ist aber so.Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Siemich zu Griechenland noch einiges hinzufügen bzw. fra-gen. Es wurden ja nun die Kontrollberichte vorgelegt.Da lobt die EZB die Entwicklung, und auch der Bundes-finanzminister tut dies. Die Kommission lobt die Ent-wicklung. Der Internationale Währungsfonds lobt dieEntwicklung. Nur, in den Medien hört und liest man et-was ganz anderes. Ich bin verunsichert. Ich weiß nunnicht, was sich hier alles tut.Auf eine Frage, Herr Bundesfinanzminister, möchteich noch eingehen. Sie hatten ja mit Herrn Ackermann ineiner öffentlichen Präsentation sehr groß herausgestellt,dass sich die privaten Banken an den Kosten mit betei-ligen, dass es hier um 8 Milliarden Euro gehe, an denensich die Privaten, also die, die verdienen, indem sie Kre-dite auch nach Griechenland vergeben haben, beteiligen.Ich habe Ihr Haus gefragt, welche Entwicklung dieZahlen nehmen, welche Ergebnisse vorliegen. Ich habekeine Antwort bekommen. Es hieß: Man könne es nichtund wisse es nicht. – Ich hoffe und wünsche nur, dass dieZahlen Ende dieses Jahres wirklich vorgelegt werden,dass dann geprüft wird und dass Sie dann genau so hef-tig darauf pochen – wie Sie es bei der gemeinsamen Prä-sentation getan haben –, dass die privaten Banken sichhier beteiligen, dass die, die Gewinne gemacht haben, anden Kosten beteiligt werden.Wir wissen, die Financial Times Deutschland titeltedamals: „Ackermanns Charity Show“. Ich hoffe, dassdduvvivIhTtDdgmsedpmmsuwtehzesdnztBtbma5DShWAßh
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6307
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Strafzahlungen und vom Entzug des Stimmrechts dieRede.
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gestern in Brüssel ge-tagt; ich würde gerne wissen, welche Zwischenergeb-nisse – mehr ist jetzt noch nicht zu erwarten – es gibt.
Die Presse berichtet sehr negativ, dass hier noch alles of-fen sei. Es scheint mir, als habe sich Deutschland in die-ser Frage stark isoliert.
Ich hoffe, es ist nicht so. Es gibt aber heftigen Wider-stand von Italien, Großbritannien und den osteuropäi-schen Ländern. Herr Minister, Frau Bundeskanzlerin, ichfrage nur: Wie ist der Sachstand? Was muss hier getanwerden? Wie kann das Parlament in die Entscheidungeneinbezogen werden?Schließlich kann man den Medien entnehmen: Esscheint in der Unionsfraktion zu „rumoren“ – das istnicht mein Wort, Sie können es so nachlesen –, weil dieMaximalziele, die Sie genannt haben, nicht erreicht wer-den und es wenig Spielraum in der Gestaltung gibt.Gerade in der Sommerzeit konnte man lesen, dass dieBundeskanzlerin und der Außenminister von „deutscherStabilitätskultur“ sprechen, als ob am deutschen Wesendie Welt genesen müsste.
Wir sollten zuerst vor der eigenen Türe kehren. Dann er-kennen wir: Wenn man mit dem Finger auf andere Men-schen zeigt, zeigen drei Finger auf einen selbst. Mit un-serem Verhalten sind wir nämlich nicht solch ein großesVorbild; Kollege Fricke, das sage ich auch selbstkritisch.Auch die deutsche Verschuldungsquote liegt bei 80 Pro-zent; auch unsere Neuverschuldungsquote liegt deutlichüber 3 Prozent. Deshalb wäre es für die anstehendenVerhandlungen sicherlich gut, ein wenig bescheidenerbei der Formulierung zu sein und etwas weniger groß-spurig aufzutreten.Zum Schluss möchte ich auf den EU-Haushalt unddie Beratungen, die dazu anstehen, eingehen – meineRedezeit ist abgelaufen –: Warum sieht der Vorschlagvor, dass die Verwaltungskosten der Europäischen Unionso stark steigen? Warum müssen die Personalkosten sostark steigen? Diese Fragen sind zu stellen. Die Frage istauch: Warum muss immer noch so viel Geld – 40 Pro-zent des EU-Etats – für die Agrarpolitik zur Verfügunggestellt werden? Frau Aigner hat gesagt, daran dürfenicht gerüttelt werden. Wir müssen jetzt über all dieseFragen diskutieren.jPfWpitdUmDssgZubaZgwHEKHFiSjsIedhssidN
Was mich am meisten ärgert: Wenn man eine Wocheaushaltsdebatten verfolgt, wenn man hier also sitzt, dieröffnungsrunde hört, dann die Fachdebatten und dieanzlerrunde usw., denkt man immer, dass es in diesemaus zwei verschiedene Oppositionen gibt. Es gibt dieachopposition, die sagt: Oh Gott, ihr spart da; das dürfthr nicht! Mehr Geld ausgeben! Ihr gebt auch an anderertelle nicht genug Geld aus, ihr tut dieses nicht, ihr tutenes nicht. – Und dann kommt der Kollege Schneider,tellt sich hier hin und sagt:
hr spart nicht. – Liebe SPD, ihr müsst euch irgendwannntscheiden: Seid ihr der Meinung, dass ihr auf dem Bo-en der Verfassung steht und die Schuldenbremse ein-alten wollt? Oder versucht der Kollege Schneider miteinen Konstruktionen, die noch nicht einmal die Verfas-ung berücksichtigen, daran herumzudrehen? Was wollthr? Ihr wollt die Zahlen sehen. Die Zahlen sind das, wasie Opposition so stört. Wir sind gemeinsam mit unserenachbarn, mit unseren Freunden in Polen,
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6308 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Otto Fricke
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die Wachstumslokomotive in Europa. Das passt euchnicht. Das wollt ihr nicht wahrhaben.
Deswegen versucht ihr immer wieder, unser Landschlechtzureden, statt den Leuten Mut zu machen, dasses nach vorne geht.
Das Wachstum ist auf hohem Niveau, und die Ar-beitslosigkeit befindet sich auf dem niedrigsten Stand.Das hatten Sie in elf Jahren SPD-Regierung nie. Auchdas scheint Ihnen Probleme zu bereiten.Dann erleben wir Folgendes – Carsten Schneider wardafür das beste Beispiel –: Zu Beginn seiner Rede sagt er– die Bürger draußen im Land hören das –: Ich macheIhnen nachher ein paar Vorschläge, wo wir einsparenkönnen. – Ich sage den Bürgern: Diese SPD, diese Grü-nen und diese Linken können Ihnen keine Einsparvor-schläge machen, weil sie unter Einsparen verstehen, dassman mehr Geld einnimmt.
Für jeden verständigen Bürger bedeutet Einsparen, dassman den Mut hat, an die Ausgaben heranzugehen. Dasist Verantwortungspolitik und nicht Gesinnungspolitik.Das müssten Sie sich mal merken.
Diese Regierung geht einen nicht einfachen Weg. Siemuss bittere Medizin verteilen. Sie muss sagen: Ja, wirwissen, dass wir die Verfassung einhalten müssen; wirwissen, dass wir in den nächsten Jahren aufgrund derVerfassung diese bittere Medizin nehmen müssen. Wirgehen an Ausgaben heran, die wir für nicht notwendighalten,
wir gehen auch an Ausgaben heran, die Sie nie abgebauthaben. Wir machen das aus einem einfachen Grund: Wirwollen diese Schuldenberge – Herr Kollege, Sie wissen,dass sie seit Jahrzehnten existieren –, auf denen Kindernun wirklich nicht spielen und erst recht nicht, Herr Kol-lege Hagemann, lernen können, abbauen.
Wir wollen sie abbauen. Dafür muss man auch mal sa-gen: Nein, das geht nicht. Man kann nicht immer nur sa-gen: Ja, wir geben mehr.
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Im Sozialbereich ist eine Kürzung um 1,7 Prozent1,7 Prozent von diesen riesigen Ausgaben – vorgese-en. Man kann einzelne Punkte kritisieren, aber insge-amt zu sagen: „Das ist schlecht“, ist nicht ehrlich. Dennan muss sich fragen: Wer sorgt denn mit über 3 bisProzent bei den Steuereinnahmen dafür, dass diesertaat endlich schwarze Zahlen schreibt? Das sind dieteuerzahler, diejenigen, die arbeiten, diejenigen, die iner Krise die größten Belastungen haben, Unternehmer,elbstständige usw. Die verlieren Sie völlig aus demlick und vergessen, dass sie die wesentlichen Trägerür die Einnahmen unseres Landes, unseres Sozialstaatsind. Die interessieren Sie gar nicht, das ist Ihr Problem.
Sie versuchen immer wieder, zu unterstellen: Die Ko-lition hat ja noch gar nichts erreicht.
ch sage Ihnen klar: Es ist schon ziemlich viel erreichtorden. Wir haben ein Wachstumsbeschleunigungsge-etz verabschiedet, und was passiert? Das Wachstumat sich beschleunigt.
Ja, das tut Ihnen weh, aber es hat sich beschleunigt. Daönnen Sie so viel reden, wie Sie wollen; es ist so. Wol-en Sie vielleicht auch noch bestreiten – das ist Ihr Pro-lem: Sie würden ja am liebsten das bestreiten –, dassich das Wachstum beschleunigt hat? Selbst das wollenie nicht wahrhaben.Was ist mit der Sozialversicherung? Der Minister hatas genau dargestellt. Wir haben ein Sozialversiche-ungsstabilisierungsgesetz auf den Weg gebracht. Undas passiert? Die Beiträge laufen eben nicht aus demuder.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6309
Otto Fricke
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– 1 Prozent mehr. Herr Schneider, Sie sagen, die Ar-beitslosenversicherung wird um 1 Prozent erhöht?
– Aha, das wird sie nicht, es sind nämlich nur0,2 Prozent. Da kann man wieder einmal sehen: Zahlensollte man immer klar und präzise nennen. Man solltenicht versuchen, herumzuschummeln. Das ist keineHaushaltspolitik, sondern der Versuch, mit Polemik wei-terzukommen.
Ich möchte etwas zu dem Vorwurf sagen, unsere Poli-tik sei unsozial. Wenn eine christlich-liberale Koalitionin einem Sparhaushalt eine Sozialquote erreicht, dieüber der Sozialquote von Rot-Grün liegt, wenn wir einenhöheren Prozentsatz für Soziales ausgeben, als Rot-Grünes jemals geschafft hat – dann zu sagen, das wäre unso-zial, ist auch nur ein Ignorieren von Zahlen. Das sindWunschgebilde, aber keine Politik.
Jetzt kann man sagen, dass SPD, Grüne und Linkesparen wollen. Sagen wir einmal, wir glauben ihnen.Nehmen wir einfach an, dass das so ist. Können wirdann nicht auch schauen, ob sie das tatsächlich machen?Schauen Sie nach NRW – ich habe das bereits in der Er-öffnungsrunde gesagt –:
Im Jahr 2011, in dem wir planen, die Neuverschuldungvon 71 Milliarden Euro zur Zeit von Peer Steinbrück auf57 Milliarden Euro zu reduzieren – wahrscheinlich wirdes noch weniger werden –, wollen Sie die Neuverschul-dung in NRW erhöhen. Was plant Rot-Grün in NRW mitUnterstützung der Linken für das Jahr 2011, obwohl dieVerschuldungsbremse auch für die Länder gilt? Sie erhö-hen die Ausgaben, obwohl sie eigentlich irgendwann beinull ankommen müssen. Das ist keine ehrliche Politik.Das ist Scheinpolitik und bringt dieses Land nicht voran.Ich jedenfalls bin froh, dass diese Koalition in dieserWoche Mut gefasst hat und ihre Ziele deutlich gemachthat. Sie hingegen sind planlos und ziellos. Das wird Ih-nen in den nächsten Wochen auf die Füße fallen.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Kollege Hans Michelbach für die
CDU/CSU-Fraktion.
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ie Debatten haben klar gezeigt, dass die Koalition aufinem richtigen und guten Weg ist:
ie Krisenbekämpfung, das Krisenmanagement ist er-olgreich; die Wirtschaft wächst weiter; die Themenachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit werden strategischngegangen.Bei all diesen Debatten stellt sich die Frage: Warumind wir diesbezüglich erfolgreicher als alle anderen In-ustriestaaten? Auf diese Frage muss es doch eine Ant-ort geben. Die Antwort lautet: weil wir die richtigenolitischen Rahmenbedingungen schaffen, weil es eineonsequente Konsolidierungspolitik und neues Ver-rauen in der Wirtschaft und am Finanzmarkt gibt.
o bieten wir den Menschen, insbesondere der jungeneneration, neue Chancen. Wir sind derzeit das Wachs-ums- und Chancenland Nummer eins in Europa. Das istie Wahrheit.
Natürlich gibt es in dieser Zeit viele Probleme, für dieir in den weiteren Beratungen und darüber hinaus Lö-ungsansätze finden müssen. Wir haben – das sollte manich vor Augen führen – innerhalb von nur zwei Jahreninen makroökonomischen Wohlstandsverlust von etwa70 Milliarden Euro zu verkraften und zu überwinden.
as ist eine Herkulesaufgabe. Wir wollen alles daran-etzen, zukünftige Krisen dieser Art zu verhindern. Wirerden nicht nachlassen. Wir werden Handlungsfähig-eit, Verlässlichkeit und konzeptionelle Gestaltungskraftufbringen, wenn es darum geht, die zweifellos beste-enden Herausforderungen anzugehen.Von der Opposition habe ich in dieser Woche außerolemik nichts gehört. Gerade heute muss ich sagen:ier werden teilweise Unwahrheiten gepflegt. Da ichchon länger in diesem Hause arbeiten darf, möchte ichagen, was mich vor allem stört: Die Verunglimpfungemokratischer Institutionen seitens der Opposition be-eutet einen Niedergang der demokratischen Kultur. Da-it sollten wir aufhören. Das sollten wir in dieser Formicht weiter betreiben.
egriffe wie „Käuflichkeit“ und „Trickserei“ sind außenor zu lassen.
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6310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Dr. h. c. Hans Michelbach
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Wir gehen die Schuldenreduzierung aktiv an. DasKonsolidierungspaket ist ausgewogen, maßvoll, kon-junkturschonend und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Esgibt keinen sozialen Kahlschlag. Im Gegenteil: DerHaushaltsansatz ist so hoch wie nie. Sie kommen nichtan der Tatsache vorbei, dass wir mehr als 50 Prozent desHaushaltsvolumens für Soziales ausgeben.
Die Opposition beklagt die Schulden, fordert abergleichzeitig neue Mehrausgaben. Wie passt das zusam-men? Welch ein Widerspruch! Sie kennen nur Neid-debatten und sagen den Leuten nicht die Wahrheit. Es istnotwendig, bei den sozialen und staatlichen Leistungenmaßvoll einzusparen. Das ist es, was wir wahrnehmenmüssen.Ich glaube, dass es eine Antwort auf die demografi-schen Veränderungen gibt; die populistische Aufkündi-gung der SPD bezüglich der Verlängerung der Lebens-arbeitszeit ist das falsche Signal. Wir gehen auch diesteuerpolitischen Aufgaben an. Wir haben die Familienund die Bezieher geringer Einkommen zu Beginn diesesJahres in wesentlichem Maße steuerlich entlastet.
Wir gehen die Steuervereinfachung an. Wir widmen unsder Gemeindefinanzreform, und wir werden auch eineMehrwertsteuerreform in die politische Debatte einbrin-gen.
Es hilft überhaupt nicht, immer wieder die Hotel-steuer, wie Sie es bezeichnen, anzusprechen. Tatsacheist, dass hier eine Selbstfinanzierung stattfindet. Die In-vestitionen in diesem Bereich haben viel mehr Umsatz-steuer und auch Lohnsteuer generiert. Ich danke denBetrieben, dass sie diese Mittel inzwischen für Arbeits-plätze und Investitionen nutzen.
Wir gehen die Probleme im Zusammenhang mit derFinanzmarktkrise, den Stabilitätsanforderungen an denEuro und der Finanzmarktregulierung an. Wir habendas Primat der Politik über die Finanzmärkte wiederübernommen und die Finanzierungschancen für dieWirtschaft wieder erhöht. Es ist ganz klar: Wir wolleneine Stärkung des europäischen Stabilitäts- und Wachs-tumspaktes zur Währungssicherung vornehmen. EineVerlängerung des Euro-Rettungsfonds ist von uns abzu-lehnen. Es gibt europaweit Verhandlungen. Deshalbkann man nicht über Nacht eine Finanzmarkttransak-tionsteuer beschließen. Das hätte Wettbewerbsnachteilefür den Finanzplatz Deutschland zur Folge. – All dies istauf der Agenda. Deutschland und die Bundesregierungnehmen in all den Fragen der Regulierung des Finanz-marktes eine Vorreiterrolle in Europa ein. Diese Vorrei-twIlcMcvScnZwmltsEhrtLeg„EfNSsdw–S
ch danke Dr. Wolfgang Schäuble dafür.
Solide Staatsfinanzen sind ein wesentlicher Eckpfei-er für Wachstum und Beschäftigung und ein Markenzei-hen der Union. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, denenschen die Wahrheit zu sagen und deutlich zu ma-hen, dass an der Haushaltskonsolidierung kein Wegorbeigeht. Das wissen die Menschen in unserem Land.ie wissen, dass wir aufhören müssen, Schulden zu ma-hen, dass wir nicht mehr über die staatlichen Verhält-isse leben dürfen. Es ist nicht in Ordnung, wenn dieinskosten höher sind als die Investitionen. Das mussieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden.Unser Staat braucht Leistungsvermögen. Es mussöglich sein, dass sich Leistung für unsere Menschenohnt. Wir sagen Ja zu Leistung. Wir sagen Ja zu Eigen-um. Wir sagen Ja zu neuer moderner Technologie. Wiragen Ja zu unserem Land, zu unseren Bürgern und zumrfolg in den nächsten Monaten und Jahren. Der Haus-alt, den wir heute in erster Lesung beraten, ist dafür derichtige Ansatz.Danke schön.
Das Wort hat nun Lothar Binding für die SPD-Frak-
ion.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!iebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächstine Bemerkung zu Otto Fricke machen, weil es michelegentlich erschreckt, wenn jemand von der FDP vonnotwendig“ spricht.
r hat nämlich gesagt: Wir kürzen nur Ausgaben, die wirür nicht notwendig halten. „Notwendig“ impliziert eineot, zu wenden.
ie kürzen bei jemandem, dem 359 Euro zur Verfügungtehen. Mich würde interessieren, ob Sie schon jemalsavon haben leben müssen, um überhaupt zu wissen,ovon Sie reden.
Ja, zu einer anderen Zeit.Deshalb muss man einmal genauer reflektieren, wasie sagen und in welchen Bereichen Sie kürzen wollen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6311
Lothar Binding
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Ich würde nicht Begriffe wie Wildsäue, Gurkentruppeoder „schlagende Verbindung“ nennen. Ich würde abersagen, dass wir einen gravierenden Fachkräftemangelhaben – im Kabinett.
Herr Minister Brüderle zum Beispiel reklamiert eingroßes Stoppschild für staatliche Maßnahmen, ruht sichaber gleichzeitig auf genau den staatlichen Maßnahmenaus, die Steinbrück, Steinmeier und Olaf Scholz nochinitiiert haben, und bezeichnet dies als sein Wachstum.Das haben wir schon oft gehört. Wenn er einen Stoppstaatlicher Maßnahmen fordert, erkennt man gleich denGedankengang. Er lobt das Wachstum, um dann sofortwieder mit staatlichen Maßnahmen die Binnennachfragezu stören. Eine Kürzung bei den Schwachen trifft genaudiejenigen, die maßgeblich die Nachfrage in Deutsch-land erzeugen.Besonders gravierend sind die beabsichtigten Maß-nahmen zur energetischen Sanierung. Die energetischeSanierung führt doch dazu, dass der Handwerker einenAuftrag bekommt. Das Besondere daran ist: Wenn dieGemeinden die energetische Sanierung durchführen, dieKrise vorbei ist und vielleicht schon die nächste Krisekommt, dann erzielen diese Gemeinden im Betriebs-haushalt dieser Gebäude hohe Einsparungen. Das ist da-rüber hinaus sogar ökologisch sinnvoll, weil sie dann Öleinsparen. So einfach ist das, und so schlecht ist IhrePolitik, wie man anhand dieses Beispiels zeigen kann.
Die Kürzungen bei der Städtebauförderung werdenvorgenommen, nachdem die Kommunen schon mehr-fach belastet wurden. Die Gewerbesteuereinnahmenwurden durch die Absenkung der Zurechnungen redu-ziert. Außerdem wurde die Gewinnverlagerung für Kon-zerne erleichtert. Hinzu kommt die Umsatzsteuerredu-zierung für Hotels. All das wirkt auf den Haushalt derKommunen.Ich möchte einen Gedankengang aufgreifen, denPeter Friedrich gestern geäußert hat. Er hat einen Kolle-gen der Koalition gefragt, wie Wirtschaftspolitik im Zu-sammenhang mit der Umsatzsteuerermäßigung fürHotels eigentlich funktioniert. Man gibt zum Beispielden Hotels 1 Milliarde Euro. – Er hat allerdings etwasvergessen. Davon ziehen wir 1 Million Euro Möven-pick-Steuer ab, damit es korrekt ist. Dann sind wir bei999 Millionen Euro. – Laut Angaben des DEHOGA sindbisher gut 100 Millionen Euro investiert worden. In die-sem Jahr wurden 200 Millionen Euro investiert, also100 Millionen Euro mehr. Wenn Sie 1 Milliarde Euro für100 Millionen Euro Investitionen eingesetzt haben, dannfrage ich mich, was das mit Wirtschaftspolitik zu tun hat.
Auch die Kürzungen beim Wohngeld nach SGB IIund bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen belastendie Kommunen. Ein kleiner Rechenfehler ist, dass in Ih-ren Finanztableaus ein BrennelementesteueraufkommenmsbbSgdVRDKA–mdWmDmlüMkhPdwEddkdabJdvedGHpz
Ihr lernt es aber nicht. Ich bringe immer Bilder mit, da-it man es versteht. Die Gelben waren übrigens immerabei. Ihr müsst also ganz still sein.Die Verschuldung hat sich über 60 Jahre aufgebaut.as macht aber Frau von der Leyen? Nehmen wir ein-al diesen Zollstock als Maßstab für die Verschuldung.ie rot-grünen Jahre machten dann bestenfalls 20 Zenti-eter aus. Man kann das doch nicht als Analysegrund-age für diesen Haushalt nehmen. Die Verschuldung istber viele Jahre aufgebaut worden.Ausgerechnet dieser Finanzminister sagt: Zum erstenal ist die Neuverschuldung kontinuierlich gesun-en. – Herr Dr. Schäuble, kennen Sie diese Grafik? Sieat einen ganz charakteristischen Punkt. Bis zu diesemunkt war Steinbrück Finanzminister, danach Sie. Denicken Bauch, dieses Ausmaß der Neuverschuldung,erfe ich Ihnen nicht vor. Er ist Folge der Krise. Denntschuldungspfad aber – diese dünne Stelle hier – ver-anken wir Steinbrück. Dafür hat er ein dickes Lob ver-ient; denn das ist die Basis, auf der Sie heute arbeitenönnen.
Zum Stabilitätspakt hat der Freund Klaus Hagemannas Notwendige gesagt. Ich glaube, dass Sie sich damituf sehr dünnem Eis bewegen.Ich will noch ein Beispiel nennen, weil ich Elektrikerin. Sie sprechen von Elektromobilität und preisen sie.etzt habe ich ein Problem: Ich finde den Haushalt anieser Stelle geradezu magersüchtig und würde gerneon einem von Ihnen wissen wollen, wo dazu eigentlichtwas steht. Wie kann ich aus dem Haushalt ableiten,ass Sie die Elektromobilität befördern wollen?Sie sagen: Wir haben kein Geld. Wo soll das ganzeeld herkommen?
err Döring hat gesagt, wir würden bei diesem Einzel-lan ein Wunschkonzert veranstalten, ohne das Gesamteu sehen, und spricht dann noch von einem Energiekon-
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6312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Lothar Binding
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zept. Frau Winterstein fragte am letzten Tag der Debatte:Wo sollen wir das Geld hernehmen? – Wir haben es Ih-nen mehrfach erklärt. Die Antwort ist gar nicht kompli-ziert; Sie müssen der Opposition nur ein bisschen zuhö-ren. Es ist viel Geld da, und zwar in bestimmten Händen.Wenn Sie sich das unversteuerte Privatvermögen inDeutschland und der Welt anschauen, haben Sie soforteine gute Idee, wenn Sie sie denn haben wollen. Schauenwir einmal auf die Gewinne der Energiekonzerne. FälltIhnen da etwas ein? Schauen Sie auf die Entwicklungder privaten Vermögen, auf die Einkommen in derFinanzwirtschaft – der Banker zum Beispiel – und aufdie Gewinngestaltung der Konzerne, die Sie durch dasAußensteuergesetz erleichtert haben. Jährlich werden250 Milliarden Euro vererbt. Die Einnahmen aus derErbschaftsteuer haben 4 Milliarden Euro ausgemacht. Esgab einen schwierigen Kompromiss, und Sie haben dasnoch einmal abgesenkt.Zur Gegnerschaft im Kabinett hinsichtlich derFinanztransaktionsteuer. Man ist immer ein bisschenirritiert, wenn das von Einzelnen vorgetragen wird. Ichhabe gestern die Probe aufs Exempel gemacht. Für denHaushalt für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung ist Dirk Niebel zuständig. Ich habe ihn gefragt:Trägst du die Finanztransaktionsteuer mit? – Hat er ge-nickt oder den Kopf geschüttelt? Was glauben Sie, waser gemacht hat? Nein, er trägt sie nicht mit; er hat denKopf geschüttelt.Man könnte sich auch noch einmal mit einer Verbrei-terung der Bemessungsgrundlage bei der Einkommen-steuer befassen oder mit diesem verrückten Kreditmedia-tor, der einige Millionen Euro kostet
und eine wahnsinnige Wirksamkeit haben soll. DiesesWort höre ich immer wieder in der Volkswirtschaft.
Das sind schon tolle Ergebnisse dieses Kabinetts. DasMeisterstück ist das Auslassen der Banken, der Verursa-cher der gravierendsten Krise der Nachkriegsgeschichte.Das nehmen wir Ihnen persönlich übel.
Auch durch so etwas wie den Mindestlohn würde IhrHaushalt stabilisiert werden. Dazu fällt Ihnen aber nichtsein. Ich würde nach Theo Waigel sagen: Einnahmever-besserung? Fehlleistung! Wachstumsförderung? Fehl-leistung!
Einsparungen? Bei den Armen!Ich bedanke mich vielmals für Ihre Aufmerksamkeit,wobei ich noch auf Norbert Barthle eingehen will; denner hat uns einen ganz wichtigen Hinweis gegeben. Er hatnämlich gesagt, wir sollten uns einmal die Bewertungender Ratingagenturen für Deutschland angucken.EntDWFlgwFHbOSksIHatSSütDtTdsDn
Das Wort hat nun Claudia Winterstein für die FDP-
raktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Die vergangenen Tage der Haushaltsdebatte ha-en aufschlussreiche Erkenntnisse über den Zustand derpposition hier im Deutschen Bundestag geliefert. Herrchneider, als Replik auf Ihre oberlehrerhafte Benotungann ich nur sagen: Setzen, sechs! Sie haben nichts ver-tanden.
ch frage mich, wie es dazu nach so vielen Jahren imaushaltsausschuss kommen kann. Das ist enttäuschend.
Es wurde viel polemisiert, gepoltert und gepöbelt,ber leider eben nicht sachgerecht diskutiert. Den Auf-akt damit machte der Möchtegern-Oppositionsführerigmar Gabriel am Mittwoch bei der Generaldebatte.ein Auftritt war wirklich ein Glanzstück. Zur Debatteber den Bundeshaushalt hat er gesagt, sie sei keine in-ellektuelle Herausforderung; so begann er seine Rede.adurch erklärt sich wohl auch, warum die SPD-Frak-ion gerade ihn als Redner ausgewählt hat.
rotzdem muss ich sagen: Ich hatte das Gefühl, dass eras überhaupt nicht verstanden hat.Herr Gabriel zitierte sehr gerne negative Zeitungs-chlagzeilen, um die Politik der Regierung zu kritisieren.as geht aber auch andersherum. Focus Online schriebach den Reden von Sigmar Gabriel und der Bundes-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6313
Dr. Claudia Winterstein
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kanzlerin: Staatsfrau punktet gegen Politrambo. – Ichfinde das sehr bezeichnend.
Es ist auch eine schöne Beschreibung für die weiterenDebatten, die wir in den letzten Tagen zwischen Koali-tion und Opposition erlebt haben. Bei der Oppositionwar an konstruktiver Kritik überhaupt nichts zu hören.Es war eher wie eine Märchenstunde. Im Prinzip wurdennur selektive Wahrnehmungen deutlich. Man redete anden Realitäten vorbei.
Sie stimmen zwar mit uns überein, dass wir einen Ab-bau der Staatsverschuldung im Interesse der jungenGeneration brauchen, aber gleichzeitig halten Sie uns beijedem Einzelplan vor, dass wir ganz schrecklich seien,weil wir Kürzungen vornähmen. Sie sagen, wir dürftenes nicht hier tun und nicht dort, aber benennen keine Al-ternativen. Wenn es ernst wird, tauchen Sie ab und ver-leugnen die Realität. Das ist eine Haltung nach demMotto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.– Damit kann man keine verantwortungsvolle Politikmachen, meine Damen und Herren von der Opposition.
Sie haben in den guten Jahren vor der Krise, als dieSteuereinnahmen sprudelten, die Chance vertan, dieHaushaltskonsolidierung ernsthaft anzugehen. Das warverantwortungslos, Herr Schneider. Ich frage mich, wasSie in den letzten Jahren eigentlich getan haben. Siemüssen sich im Nachhinein doch einmal überlegen, wel-che Chancen Sie gehabt haben. Sie aber haben nichts ge-tan; Sie haben einfach nur weiterhin Geld ausgegeben.
Das ist nicht der Weg, den wir einschlagen.Ein Vorwurf, der von der Opposition in den letztenTagen vorgebracht wurde, war, der Haushaltsentwurf seisozial unausgewogen. Als Berichterstatterin für den So-zialetat möchte ich dazu nur kurz sagen: Es ist nicht nurso, dass sich Ihr Vorwurf von der sozialen Schieflagelängst abgenutzt hat, auch inhaltlich ist er nicht haltbar.Trotz Kürzungen wird der Anteil der Sozialausgaben imHaushalt 2011 noch immer deutlich höher liegen als je-mals zu rot-grünen Regierungszeiten.
Auch bei der Arbeitsmarktförderung des Bundes steht2011 deutlich mehr Geld pro Kopf zur Verfügung alsnoch vor fünf Jahren. Statt 2 860 Euro werden es im Jahr2011 4 400 Euro pro Arbeitslosem sein. Der Vorwurf,Schwarz-Gelb sei unsozial, ist also völlig absurd.
Der vorliegende Etatentwurf stellt einen fairen Aus-gleich aus Abgaben der Wirtschaft und vertretbaren Kür-zdvgashzPhASDSlsrCKdswtMimwkghdsd
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Das
erlängert Ihre Redezeit.
Nein, ich würde gerne fortfahren.
Die Sozialausgaben umfassen mehr als die Hälfte des
esamten Haushaltes; das wissen Sie. Es ist klar, dass
uch in diesem Bereich gespart werden muss. Die Oppo-
ition hat in den Debatten aber keine eigenen Vorschläge
ierzu eingebracht. Das ist ein finanzpolitisches Armuts-
eugnis.
Wir werden, mit dem Sparpaket als Grundlage, einen
aradigmenwechsel in der Finanzpolitik einleiten. Vor-
erige Regierungen sind immer den einfachen Weg der
usgabensteigerung über Steuererhöhungen und neue
chulden gegangen.
ie christlich-liberale Koalition ist entschlossen, die
chuldenpolitik der letzten Jahrzehnte zu beenden. So-
ide Staatsfinanzen statt ungezügelter Ausgabenpolitik,
o lautet unser Motto. Das sind wir unserer jungen Gene-
ation schuldig.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun Norbert Brackmann für die CDU/
SU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Der vorgelegte Haushaltsentwurf inklusiveer Finanzplanung bis 2014 markiert einen Zeitenwech-el. Wir haben seit 60 Jahren immer davon gelebt, dassir jedes Jahr mehr ausgegeben haben, und uns gestrit-en, wo wir die Prioritäten setzen. Wir sind jetzt das ersteal in einer Phase, in der wir nicht darüber diskutieren,n einem Jahr Ausgaben zurücknehmen zu müssen. Viel-ehr leiten wir ein Jahrzehnt ein, in dem wir uns immerieder hier werden treffen müssen, um darüber zu dis-utieren, wie wir den Haushalt wieder in Ordnung brin-en und Ausgaben kürzen.Dies tun wir nicht nur, um die Schuldenbremse einzu-alten; dahinter stehen auch Ziele. Bei der Verfolgungieser Ziele dürfen wir die Menschen, für die wir hieritzen und von denen wir gewählt worden sind, nicht ausem Blick verlieren. Wir müssen an die junge Genera-
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6314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Norbert Brackmann
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tion denken, die eine Perspektive braucht. „Perspektive“heißt, das Leben selbst gestalten zu können. „Selbst ge-stalten“ heißt, diese Möglichkeit auch in finanziellerHinsicht zu haben und nicht nur alte Schulden abtragenzu müssen.
– Liebe Frau Hagedorn, wir wollen auch allen arbeitsfä-higen Menschen – darauf komme ich nachher zurück –eine realistische Möglichkeit geben, einen Arbeitsplatzzu bekommen; auch an diese Menschen müssen wir den-ken.
– Frau Hagedorn, das Ergebnis Ihrer Politik, ein paarJahre hochgerechnet, können Sie in Griechenland be-trachten.
Wir müssen auch an diejenigen denken, die eine sichereRente wollen und nicht erleben wollen, dass ihre Renteauf einmal um 20 Prozent gekürzt wird.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssenüber den Tag hinaus denken und ganz deutlich sagen– das geht ein wenig unter –: Eine schleichende Enteig-nung durch immer höhere Preissteigerungsraten wollenwir verhindern. Zur Stabilität gehört auch, dass wir denMenschen, die wenig verdienen, Sicherheit geben.
Die Voraussetzungen dafür sind solide Staatsfinanzen,langfristig angelegt und vor allen Dingen nachhaltig an-gelegt;
sonst wird aus unseren Bemühungen nichts werden.Maßnahmen, durch die die Ausgaben reduziert werden,sind deutlich wachstumsfreundlicher als einnahmeorien-tierte Maßnahmen wie die, die Sie heute Morgen vorge-schlagen haben; denn diese führen nicht dazu, dass wirvorankommen. Die Verschuldungsspirale müssen wirdurchbrechen.
Nur wenn wir dauerhaft höchstens so viel ausgeben, wiewir einnehmen,
kommen wir auf einen vernünftigen Kurs.sFDvWtstwdS–dAdskdnTwztDbGtbG
Eine intellektuelle Leistung wäre es gewesen, in die-er Woche eine langfristige Alternative zum vorgelegteninanzplan aufzuzeigen.
azu habe ich in dieser Woche aber überhaupt nichtson Ihnen gehört.
as die Einzelthemen, die Sie emotionalisiert haben, be-rifft, gibt es eine lange Liste; aber eine langfristige Per-pektive zeigen Sie nicht auf.Sie haben schon bei den Beratungen des Haushal-es 2010 bestritten, dass diese Regierung Erfolg habenird. Was ist tatsächlich passiert? Wie hoch war dennie Arbeitslosigkeit zum Ende der Amtszeit von Herrnchröder, von dem bei seiner heutigen Tätigkeit – –
Ja, ja. Aber bei seiner heutigen Tätigkeit ahnt niemand,ass er noch der SPD angehört. – Zum Ende von Schrödersmtszeit gab es fast 5 Millionen Arbeitslose. Wir habeniese Zahl auf deutlich unter 4 Millionen Arbeitslose ge-enkt. Es wurde vorausgesagt, dass die Arbeitslosigkeitrisenbedingt wieder auf dasselbe Niveau wie zu Zeitener SPD-Regierung steigen wird, also auf fast 5 Millio-en Arbeitslose.
atsächlich läuft die Entwicklung darauf hinaus, dassir in diesem Jahr nur noch gut 3 Millionen Arbeitsloseu verzeichnen haben. Die Wirtschaftsforschungsinsti-ute prognostizieren, dass wir im nächsten Jahr imurchschnitt sogar deutlich weniger als 3 Millionen Ar-eitslose haben werden.
erade die SPD sollte wissen, dass die beste Sozialpoli-ik, die es gibt, diejenige ist, die die Menschen in Arbeitringt und ihnen eine persönliche Perspektive eröffnet.
enau das werden wir mit unserer Politik erreichen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010 6315
Norbert Brackmann
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer demRufer im eigenen Land nicht glaubt, der kann gerne indie Welt schauen.
Schauen wir uns doch einmal an, was in der amerikani-schen Presse im Moment über Deutschland geschriebenwird.
Deutschland wird als „Powerhouse“ bezeichnet.
Es ist die Rede von „Germany’s Superstar Economy“.Im Wall Street Journal hieß es in der letzten Wocheschlicht: das deutsche Wunder.
Unser Plan, durch Ausgabenkürzungen Wachstum zugenerieren, wird als intelligent bezeichnet. Sie hingegenbeurteilen unsere Leistung als katastrophal. HerrSchneider bewertete unsere Konsolidierungsbemühun-gen vorhin als ungenügend. Herr Binding sprach von ei-ner Fehlleistung.
Ich sage Ihnen: Wer zu solchen Einschätzungen kommt,der hat nicht die vielen Arbeitslosen, die danach streben,endlich in Arbeit zu kommen, im Blick, sondern der hatden Blick auf die Menschen in unserem Land verloren.Das werden wir nicht zulassen.
Darauf, dass sich eine so gute Wirtschaftspolitik, dieauf Wachstum und Stabilität ausgerichtet ist, auch woan-ders auszahlt,
ist noch gar nicht eingegangen worden. Wir als Muster-knaben in Europa sind derzeit die Einzigen neben Finn-land, die keine Risikoaufschläge zahlen, wenn wir unsam Finanzmarkt bedienen. Es wird häufig beklagt, dasswir 38 Milliarden Euro für Zinsen aufwenden müssen.Wenn wir ein europäisches Mittelmaß an Zinsen aufzu-bringen hätten, dann müssten wir allein in diesem Haus-halt 15 Milliarden Euro mehr für Zinsen aufbringen unddamit das Sparpaket, das die Regierung für das nächsteJahr vorgeschlagen hat, mehr als verdoppeln. Darunterwürden alle Menschen in der Republik leiden, insbeson-dere diejenigen, die von Transferleistungen des Staatesleben, weil wir sie einfach nicht mehr bezahlen könnten.Auch das ist ein Stück Wahrheit.rfUHnrkbWLwdtKBarmwkunhWtswShddßwSvs
Was wir wegen der Mehrjährigkeit unserer Anforde-ungen benötigen, ist Nachhaltigkeit und das Wir-Ge-ühl, dass wir da durch wollen. So wie es uns bei dermweltpolitik gelungen ist, brauchen wir auch in deraushaltspolitik Nachhaltigkeit.Für die Sicherheit dieser und der nachfolgenden Ge-erationen, für eine nachhaltige Haushaltskonsolidie-ung und für solide Finanzen müssen wir auch die Netto-reditaufnahme in 2011 deutlich unter die Zahl von 2010ringen. Diese Erkenntnis ist mittlerweile Allgemeingut.ir alle wissen es, aber nur wenige handeln danach.Alexander von Humboldt hat einst gesagt: „Gelehrteeute wissen es, tapfere tun es.“ Alle in diesem Hauseissen es. Die christlich-liberale Koalition wird es tun.Danke schön.
Als letztem Redner in der heutigen Debatte erteile ich
em Kollegen Leo Dautzenberg für die CDU/CSU-Frak-
ion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebeolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass die ersteeratung des Haushaltes gezeigt hat – so sehen wir dasls Finanzpolitiker –, dass die Haushaltskonsolidie-ung Grundlage einer nachhaltigen Finanz-, Finanz-arkt- und damit auch Wirtschaftspolitik ist. Wann,enn nicht jetzt sollten wir das schaffen, wo uns dieonjunkturellen Aspekte wieder hoffnungsfroh stimmennd wir, wie Herr Schäuble ausgeführt hat, vielleicht imächsten Jahr wieder so weit sind, dass wir das aufgeholtaben, was wir in der Wirtschaftskrise als Einbruch imachstum, nämlich um knapp 5 Prozent, ertragen muss-en? Dadurch wird noch einmal klar, um welche Dimen-ionen es dabei geht.Wenn man jetzt, wo die Konjunkturlage wieder besserird und wir auch Gott sei Dank gemeinsam mit derPD die Schuldenbremse in der Verfassung verankertaben, Ihre heutigen Ausführungen hört und wenn manaran denkt, wie sich manche Bundesländer und auchie neue Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen äu-ern, dann muss man fragen: Haben Sie aus dem, wasir gemeinsam gemacht haben, nichts gelernt? Wollenie jetzt wieder den gegenteiligen Weg gehen?
Das ist Ihr Dilemma. Die Umfragewerte sind auch da-on abhängig, dass man zu etwas steht, das man gemein-am gemacht hat, und sich nicht davon verabschiedet.
Metadaten/Kopzeile:
6316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 60. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 2010
Leo Dautzenberg
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Was Stabilitätspolitik anbelangt, Kollegin Hagedorn,haben Sie kritisiert, wir würden uns auf europäischerEbene als Musterknaben aufspielen. Schröder undEichel waren es doch, die 2003 den Stabilitäts- undWachstumspakt aufgeweicht haben, was dazu geführthat, dass auch die anderen europäischen Ländern keineHaushaltsdisziplin mehr befolgt haben
auf die Agenda zu setzen. Mit dem Finanzmarktstabili-sierungsgesetz und dem Finanzmarktstabilisierungsfort-entwicklungsgesetz haben wir die Grundlagen für dieRettung und Stabilisierung von Banken gelegt. Wennman dem Wortlaut dieser Gesetze weiterhin folgt, dannwird einem klar, dass nach der Phase der Konsolidierungeine Neustrukturierung im öffentlichen Bankensektor,insbesondere bei den Landesbanken, stattfinden muss.Wenn man sieht, wie sich die Auswirkungen vonBasel III demnächst darstellen werden, dann muss mansagen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, in der Über-und dass die Verschuldung in den Ländern gestiegen ist.Das ist dann in der Euro-Krise kulminiert. Wenn wir Ur-sache und Wirkung genau auseinanderhalten, dann wares auch die nicht mehr verantwortbare Verschuldung dereinzelnen Staaten in Europa, die zur Schwäche des Eurogeführt hat.Von daher ist es eine konsequente Politik, dass sichauch unser Finanzminister gemeinsam mit der Kanzlerinzuletzt noch vorgestern, glaube ich, auf europäischerEbene dafür eingesetzt hat, dass wir zu weiteren Krite-rien der Stabilitätspolitik auf europäischer Ebene kom-men und dass wir dort Vereinbarungen und Systemeschaffen, die keine kurzfristigen Euro-Rettungsschirmemehr erforderlich machen. Damit kommen wir zu einerlangfristigen Stabilitätspolitik. Das ist die Grundlage,um innerhalb des Euro-Raums zu Stabilität zu kommenund die Inflation zu bekämpfen. Deshalb betonen wir Fi-nanzpolitiker, dass mittelfristig die Vorgaben des Konso-lidierungspakets in jedem Haushalt Schritt für Schrittumgesetzt werden müssen. Wir haben jetzt die Chance,dies auf den Weg zu bringen. Es kann sicherlich in ein-zelnen Bereichen noch zu Veränderungen bei den Stell-schrauben kommen. Aber es muss klar sein, dass nun dievereinbarten Eckpunkte und Volumina, die die Grund-lage bilden, realisiert werden.Wir können bereits Erfolge in den Fragen betreffendden Finanzmarkt und insbesondere im Bereich einer ef-fizienten Regulierung vorweisen, Stichwort Basel III.So hat sich die deutsche Finanzierungskultur bei denBanken im angelsächsischen Raum durchgesetzt, wennes um die Anerkennung des Kernkapitals geht. BeimKernkapital geht es nicht nur um reines Beteiligungska-pital, sondern auch um sogenannte Mezzanine-Struktu-ren wie stille Beteiligungen. Aber das ist nur der Über-gang. 2023 muss das Ganze neu austariert werden. Es istdaher richtig, dass unser Finanzminister dies zum Anlassnimmt, weitere Strukturmaßnahmen im öffentlichenBankensektor und insbesondere bei den LandesbankengWFeGBduIWlsFtahsgode(Dangsphase die entsprechenden Maßnahmen auf deneg zu bringen.Die Regierung zieht eine weitere Konsequenz aus derinanzkrise auf nationaler Ebene und bringt den Entwurfines Restrukturierungsgesetzes auf den Weg. Diesesesetz soll gewährleisten, dass sogenannte systemischeanken restrukturiert und abgewickelt werden können;as war bisher nicht möglich. Mit der Bankenabgabend dem Restrukturierungsgesetz einschließlich einesnsolvenzrechts für Finanzinstitute wird der richtigeeg beschritten.Diese Bundesregierung und die Regierungskoalitioneisten mit dem Haushalt, der einen Einstieg in die Kon-olidierung darstellt, und den Regelungen betreffend dieinanzmärkte einen wesentlichen und notwendigen Bei-rag zur Sicherung der Zukunft Deutschlands.In diesem Sinne vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 17/2500 und 17/2501 an den Haus-
altsausschuss vorgeschlagen. – Sind Sie damit einver-
tanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
en so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 29. September 2010, 13 Uhr,
in.
Ich wünsche Ihnen ein freundliches Wochenende.
Die Sitzung ist geschlossen.