Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich. Bevor wir in unsere Tagesordnung
eintreten, die nach Vereinbarung zwischen den Fraktio-
nen erweitert werden soll, möchte ich zunächst dem Kol-
legen Kauder zu seinem 60. Geburtstag gratulieren, den
er vor wenigen Tagen gefeiert hat, und im Namen des
Hauses dazu meine und unser aller herzlichen Glück-
wünsche übermitteln.
Heute auf den Tag genau hat der Kollege Detlef Parr
seinen 67. Geburtstag. Das alleine wäre kein Grund für
eine Sondersitzung des Bundestages, aber ich weiß, dass
es ihm gut gefällt, dass seine voraussichtlich letzte Teil-
nahme an einer Sitzung des Deutschen Bundestages just
an seinem Geburtstag stattfindet. Deswegen nutze ich
die Gelegenheit gerne, meine guten Wünsche mit dem
herzlichen Dank für die gute Arbeit hier im Hause zu
verbinden.
Wir müssen zwei Wahlen zu Gremien vornehmen, be-
T
c
t
G
g
d
d
A
d
l
s
v
s
Redet
vor wir in unsere Tagesordnung eintreten. Für den
Beirat der Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr schlägt die Fraktion der CDU/CSU
die Kollegin Julia Klöckner und die Fraktion der SPD
die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß vor. Sind Sie mit
diesen Vorschlägen einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann sind die beiden Kolleginnen in den Beirat der
Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr
gewählt.
Die Fraktion der SPD hat außerdem mitgeteilt, dass
der Kollege Dr. Dieter Wiefelspütz als stellvertretendes
Mitglied aus dem Vermittlungsausschuss ausscheidet.
Als Nachfolger wird der Kollege Klaus Uwe Benneter
vorgeschlagen. Sind Sie auch mit diesem Vor
verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. D
Kollege Benneter zum stellvertretenden M
Vermittlungsausschusses gewählt.
schlag ein-ann ist deritglied des
Metadaten/Kopzeile:
26298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Afghanistan, dieses leidgeprüfte Land, hat eine bes-sere, eine friedlichere Zukunft verdient. Das ist unser al-ler Hoffnung. Wie in einem Brennglas werden in demVorfall vom Freitag alle grundsätzlichen Fragen sicht-bar, die wir uns seit Beginn des Einsatzes der Bundes-wehr in Afghanistan immer wieder stellen müssen. Des-halb ist es richtig, und ich sage, es ist notwendig, dasswir darüber heute im Bundestag debattieren. Als deut-sche Bundeskanzlerin möchte ich in diesem Hause fest-halten:Erstens. Die lückenlose Aufklärung des Vorfallsvom letzten Freitag und seiner Folgen ist für mich unddie ganze Bundesregierung ein Gebot der Selbstver-ständlichkeit. Die Bundeswehr wird mit allen zur Verfü-gung stehenden Kräften genau dazu beitragen. Den Er-gebnissen kann und will ich heute nicht vorgreifen. Ichstehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden,aber ich stehe genauso dafür ein, dass wir Vorverurtei-lungen nicht akzeptieren werden.
Ich sage nach dem, was ich in den letzten Tagen erlebthabe, ganz deutlich: Ich verbitte mir das, und zwar vonwem auch immer, im Inland genauso wie im Ausland.
Genau darüber habe ich auch mit dem NATO-Generalse-kretär Rasmussen gesprochen, und zwar sehr unmissver-ständlich. Eine umfassende Bewertung des Angriffs undseiner Folgen ist mir, ist dem Bundesminister der Vertei-digung, ist der Bundesregierung insgesamt absolut wich-tig. Auf der Grundlage aller Fakten wird sie erfolgen: of-fen und nachvollziehbar.Zweitens. Der Kampfeinsatz der Bundeswehr zu-sammen mit unseren Partnern im NordatlantischenBündnis in Afghanistan ist notwendig. Er trägt dazu bei,die internationale Sicherheit, den weltweiten Friedenund Leib und Leben der Menschen hier in Deutschlandvor dem Übel des internationalen Terrorismus zu schüt-zen. Das stand am Anfang dieses Einsatzes, und das giltbis heute. Das ist unsere Überzeugung. Das fand und fin-det die Zustimmung der afghanischen Regierung, undwir wissen, wie viele einfache Afghanen uns immer wie-der bitten, sie im Kampf gegen die Taliban nicht alleinzu lassen.AsShgezAwntgEtdvbAawKnthZssvvakKWuusFVsVodnnk
Drittens. Die zweite Präsidentschaftswahl infghanistan markiert den Beginn einer neuen Qualitäts-tufe in den Beziehungen zwischen der internationalentaatengemeinschaft und dem Staat Afghanistan. Es ste-en Entscheidungen über neue Schritte an, Entscheidun-en, die getroffen werden müssen, und zwar auch, wenns den Vorfall vom Freitag nicht gegeben hätte. Mit derweiten Präsidentschaftswahl muss für die Autoritäten infghanistan der Beginn der Übernahme eigener Verant-ortung in einer neuen Qualität verbunden sein.
Ich bin mit Staatspräsident Sarkozy und Premiermi-ister Brown der Auffassung, dass jetzt, nach der zwei-en Präsidentschaftswahl, der richtige Moment ist, umemeinsam mit der neuen afghanischen Führung amnde dieses Jahres festzulegen, wie diese Verantwor-ungsübernahme messbar geschehen kann. Wir schlageneshalb dem Generalsekretär der Vereinten Nationenor, noch in diesem Jahr eine Konferenz einzuberufen,ei der über Stand und Perspektiven der zukünftigenfghanistan-Politik zu befinden sein wird. Ich erwarteuf dieser Konferenz Zielvorgaben zum politischen undirtschaftlichen Aufbau des Landes. Dabei wird dieonferenz klarzustellen haben, dass und wie die afgha-ischen Verantwortlichen alles in ihrer Macht Stehendeun müssen, um Kriminalität, Korruption und Drogen-andel zu unterbinden.
Die Konferenz wird außerdem weitere klar umrisseneielgrößen festzulegen haben, die die nächste afghani-che Regierung auf gute Regierungsführung, auf Rechts-taatlichkeit und auf die Einhaltung der Menschenrechteerpflichten. Vor allem aber muss die Konferenz Ziel-orgaben zur Zahl und Qualität der auszubildendenfghanischen Sicherheitskräfte machen einschließlichlarer Zeitvorgaben, in denen dies zu geschehen hat. Dieonferenz wird festzuhalten haben, welches der besteeg ist, um unser Engagement gerade auch den lokalennd regionalen Gegebenheiten des Landes anzupassennd die jeweiligen Machthaber vor Ort auf die gemein-amen Ziele verlässlich zu verpflichten.Mit anderen Worten: Mit dieser Konferenz geht esrankreich, Großbritannien und Deutschland darum, dieoraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir entschlos-en eine international abgestimmte Übergabestrategie inerantwortung entwickeln können. Denn unser überge-rdnetes politisches Ziel ist und bleibt ein Afghanistan,as selbst für seine Sicherheit sorgen kann, ein Afgha-istan, das wirksam verhindert, dass seine Regionen er-eut Heimstatt des internationalen Terrorismus werdenönnen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26299
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelInnerhalb der nächsten fünf Jahre – das ist die Lauf-zeit des nächsten Afghan Compact – müssen hier sub-stanzielle, qualitative Fortschritte erzielt werden, die esden internationalen Truppen Schritt für Schritt ermögli-chen, sich mehr und mehr zurückzuziehen. Das meineich, wenn ich von einer „Übergabestrategie in Verant-wortung“ spreche. Diese Worte sind miteinander ver-bunden: Übergabestrategie in Verantwortung. Damit er-reichen wir unser Ziel.Viertens. Unser Engagement in Afghanistan war vonAnfang an auf das Miteinander von wirtschaftlicherEntwicklung und Sicherheit ausgerichtet. Das eine– so unsere Überzeugung – funktioniert ohne das anderenicht. Beides muss ineinandergreifen. Deshalb beteiligtsich die Bundesregierung mit erheblichen Mitteln anAufbau- und Entwicklungsprojekten: von der Infrastruk-tur über Bildungsprogramme bis hin zu Ausbildungs-maßnahmen für die Polizei. Es ist weitgehend auf dasbeharrliche Engagement der Bundesregierung und auchdes Deutschen Bundestages zurückzuführen, dass nun-mehr alle unsere Partner, auch alle in der NATO, vondiesem Ansatz überzeugt sind. Wurde die Bundeswehrin der Vergangenheit oft als Brunnenbauer verspottet, soist die Politik der vernetzten Sicherheit heute Konsensunter den Verbündeten. Das ist ein nachhaltiger Erfolgdeutscher Afghanistan-Politik.
Dafür danke ich allen, die daran mitgewirkt haben.Ich danke allen in der Bundesregierung: dem Außen-minister, der Entwicklungsministerin, natürlich demVerteidigungsminister und dem Innenminister. Nur aufdieser Basis konnte die internationale Gemeinschaft indiesem Sommer wirksam Unterstützung leisten, damitdie zweiten Präsidentschaftswahlen abgehalten werdenkonnten. Die Menschen in Afghanistan haben unter teilsschwierigen Bedingungen ihre Stimme abgegeben. Siehaben damit großen Mut bewiesen, und sie haben einBekenntnis für Frieden, Einheit und Demokratie abge-legt. Ihnen gehört unser Respekt.
Wir verschließen dabei vor den Unzulänglichkeiten imUmfeld der Wahlen nicht die Augen. Die Überprüfungdurch die Wahlbeschwerdekommission ist außerordent-lich wichtig. Aber dass es – im Unterschied zu vielen an-deren Staaten – eine solche Instanz gibt, zeigt den demo-kratischen Fortschritt, den wir in Afghanistan schonsehen können.
Fünftens. Von Beginn an haben wir uns mit unserenPartnern dafür eingesetzt, dass die Region über Afgha-nistan hinaus in Lösungsansätze einbezogen wird. Sohat der Bundesaußenminister einen solchen Prozess mitBegegnungen der afghanischen und der pakistanischenRegierung bereits frühzeitig eingeleitet. Er ist nunmehrauch Teil der internationalen Strategie geworden.iguadmeemdniWpeFsmbBAGWGshtusPimuuEvd
Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie; wirchützen unsere Bürger, ihr Leben und ihre Unversehrt-eit mit den zu Gebote stehenden rechtsstaatlichen Mit-eln.
Deutschland steht in dieser Welt in festen Bündnissennd Partnerschaften; deutsche Sonderwege sind grund-ätzlich keine Alternative deutscher Außenpolitik.
Es ist Aufgabe jeder politischen Führung, diese dreirinzipien in der konkreten geschichtlichen Wirklichkeitmmer wieder neu zur Geltung zu bringen. Das gehörtit zu den schwersten Aufgaben. Denn letztlich geht esm den Schutz von Leben
nd bei den Aufträgen der Bundeswehr auch um deninsatz von Leben. Niemand täusche sich: Die Folgenon Nichthandeln werden uns genauso zugerechnet wieie Folgen von Handeln.
Metadaten/Kopzeile:
26300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelDas sollte jeder bedenken, der ein ZurseitetretenDeutschlands bei der Bekämpfung des internationalenTerrorismus auch und gerade in Afghanistan fordert.Wir dürfen nie die Umstände vergessen, die die Bun-desregierung unter der Führung meines Amtsvorgängersund unter meiner Führung bis heute zum Afghanistan-Einsatz bewogen haben: das von den Taliban und al-Qaida beherrschte Afghanistan,
das die Brutstätte des Terrors vom 11. September 2001war. Am Freitag jähren sich die Anschläge zum achtenMal. Dem 11. September 2001 folgten weitere verhee-rende Anschläge auch in Europa, in Madrid und London.Auch Deutschland – das wissen wir – ist im Visier.Die Vorhaben der Sauerland-Gruppe wurden glückli-cherweise vereitelt; sie hätten verheerende Folgen habenkönnen. Die Ausbildung dieser Attentäter erfolgte inAfganistan. Deshalb sollte niemand die Ursachen ver-wechseln: Der Afghanistan-Einsatz ist unsere Reaktionauf den Terror – er ist von dort gekommen – und nichtumgekehrt.
Der Einsatz der Bundeswehr war und ist im dringen-den Interesse der Sicherheit unseres Landes. Er beruhtauf Resolutionen des Sicherheitsrates der VereintenNationen. Die Entsendung unserer Soldaten ist seitAnfang 2002 von jeder Bundesregierung verantwortetworden. Die jährlichen Anpassungen und Verlängerun-gen haben jeweils eine breite Unterstützung im Parla-ment erhalten. Das ist nicht zuletzt im Interesse unsererSoldatinnen und Soldaten ausgesprochen wichtig. Ichdanke ausdrücklich allen, die – auch aus der Oppositionheraus – bei diesen Entscheidungen Verantwortung über-nommen haben. Unsere Soldatinnen und Soldatenriskieren bei diesem Einsatz ihr Leben. Dafür haben wirihnen zu danken, genauso wie wir unseren Polizistenund zivilen Aufbauhelfern für ihren Einsatz zu großemDank verpflichtet sind.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Han-deln Deutschlands auf der Basis der drei Grundprinzi-pien deutscher Außenpolitik eröffnet die Möglichkeit,dass Afghanistan ein stabiler, selbstständiger Partner imKampf gegen den internationalen Terrorismus wird undkeine Verbündeten mehr im eigenen Land braucht. Dasist eine der schwierigsten internationalen Herausforde-rungen unserer Zeit. Sie zu meistern, ist mein Ziel unddas Ziel der Bundesregierung. Dafür arbeitet die Bun-desregierung, und dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstüt-zung, auch in der Zukunft.Herzlichen Dank.
bdnDrRüvew–dcsdhmc–stbaWHLrNuWSmdsm
Wir gehen davon aus, dass diese Regierungserklärungine Regierungserklärung der gesamten Regierung ge-esen ist. Wir gehen davon aus, dass sich diejenigen80 Prozent, 90 Prozent in diesem Hohen Hause –, dieen Afghanistan-Einsatz mit der Abgabe ihrer persönli-hen Stimme beschlossen haben, hier jetzt keinenchlanken Fuß machen. Ich glaube, dass diejenigen, dieen Afghanistan-Einsatz überparteilich mit beschlossenaben, sich hinter dieser Regierungserklärung versam-eln können. Hier haben Sie für Deutschland gespro-hen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil Sie dazwi-chenrufen, will ich Ihnen Folgendes sagen: Ich akzep-iere und respektiere, dass Sie eine andere Haltung ha-en. Ich hoffe aber eines: dass die Debatte im Anschlussn diese Regierungserklärung keine Fortsetzung desahlkampfes in diesem Hause wird.
ier geht es nicht um Parteien, hier geht es um unserand; das ist es, worüber wir in dieser Stunde debattie-en sollten.
Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, möchte ich mitachdruck begrüßen, dass Sie Worte des Mitgefühlsnd der Trauer gesprochen haben. Sie haben dieseorte für Deutschland gewählt. Das ist aus unserericht, aus Sicht der Freien Demokraten, richtig, ange-essen, notwendig und überfällig gewesen, damit nichter Eindruck erweckt wird, die Fakten zu allem seienchon bekannt und wir könnten abschließend urteilen.Es ist richtig: Wenn Fehler gemacht worden sind,üssen wir als ganzes Land die Verantwortung dafür
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26301
)
)
Dr. Guido Westerwelleübernehmen. Richtig ist aber auch: Wenn man die Fak-ten noch nicht kennt, wäre es falsch, eine Vorverurtei-lung vorzunehmen. Deswegen – dieses kritische Wortgehört dazu – ist es nicht in Ordnung, dass vor dieserDebatte, vor dieser Regierungserklärung eine Informa-tionspolitik stattgefunden hat, die mehr zur Verwirrungals zur Aufklärung beigetragen hat. Die Regierungser-klärung, die Sie abgegeben haben, war auch deswegenüberzeugend, weil Sie gar nicht den Versuch unternom-men haben, zu behaupten, alles sei schon aufgeklärt. Eswäre gut, wenn alle Kabinettsmitglieder vorher so ge-handelt hätten.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist richtigund wichtig, dass wir alle, die wir diesem Einsatz zuge-stimmt haben, die Verantwortung nicht abgegebenhaben.
– Das ist wahr. Mit „wir“ meine ich uns, die wir diesemEinsatz zugestimmt haben. Es ist hinreichend bekannt,dass Sie eine andere Haltung einnehmen. Das ist ja auchIhr gutes Recht. – Wir alle, die wir diesem Einsatz jaauch aus der Opposition heraus zugestimmt haben, ha-ben von Anfang an die Überzeugung gehabt, dass dieserEinsatz so schnell wie möglich beendet werden soll.Niemand schickt doch leichtfertig Soldaten in ein ande-res Land, niemand schickt leichtfertig Soldaten nachAfghanistan. Jeder, der diesen Beschluss gefasst hat,möchte, dass unsere Frauen und Männer so schnell wiemöglich gesund zurückkehren.Niemand tut das leichten Herzens. Wir tun das, umdie Sicherheit unseres eigenen Landes, der Bürgerinnenund Bürger in Deutschland, in Mitteleuropa, zu gewähr-leisten und zu verbessern. Zuallererst deswegen sind wirin Afghanistan. Es geht um die Freiheit und die Sicher-heit unserer Bürgerinnen und Bürger.
Deswegen ist es auch richtig, dass wir gemeinsamdem Ziel verpflichtet bleiben, so schnell wie möglichaus Afghanistan rauszugehen. Das Ganze kann aberweder kopflos noch überstürzt stattfinden; denn wennwir jetzt überstürzt und kopflos abziehen würden, dannwäre Afghanistan am nächsten Tag wieder das Rück-zugsgebiet der Terroristen in der ganzen Welt. Das kannniemand ernsthaft verantworten.Denjenigen, die es sich heute leicht machen, weil siean den Wahltag denken, möchte ich zurufen: BedenkenSie bitte auch, welche Diskussion es in diesem Landegäbe, wenn wir als Vertreter des Volkes, wissend, welcheGefahr es für unser Volk gibt, so tun würden, als gäbe esdiese Gefahr nicht. Wenn etwas passiert, dann findetplötzlich eine ganz andere Diskussion statt. Unsere Auf-gabe ist es, zu verhindern, dass etwas passiert.
mAghbKtwshdtdikzmbTdlindwetsIaThhbsnAsBbsABwRca
Frau Bundeskanzlerin, es ist gleichwohl notwendig,ass wir feststellen: Wenn wir das Konzept der selbst-ragenden Sicherheit im Bündnis durchsetzen wollen,ann müssen wir auch unseren Verpflichtungen, die wirnternational übernommen haben, nachkommen. Wirritisieren seit längerer Zeit, dass der Aufbau der Poli-eischulung nicht in dem Umfang von uns wahrgenom-en wird, wie wir uns international dazu verpflichtet ha-en.
Wenn wir raus aus Afghanistan wollen, ohne dass dererrorismus dort sofort wieder die Überhand gewinnt,ann müssen wir dafür sorgen, dass es dort eigene staat-iche Hoheits- und Sicherheitsstrukturen gibt. Deswegenst der Polizeiaufbau, die Schulung der Polizei, in Afgha-istan von ganz besonderer Bedeutung. Dass derzeit le-iglich 43 Polizeivollzugsbeamte dort wirken – das isteniger als die Hälfte der Anzahl, die wir im Rahmeniner internationalen Verpflichtung bereitstellen woll-en –, ist und bleibt ein Defizit, das wir uns hier gemein-am ansehen müssen.
ch denke, wir, die wir Verantwortung tragen, und zwarlle, ob Regierung oder Opposition, müssen diesemhema, dem Aufbau der eigenen Staats- und Sicher-eitsstrukturen in Afghanistan, mehr Nachdruck verlei-en.
Das ist ein tragischer, furchtbarer Freitag gewesen,ei dem wir alle noch nicht wissen, wie viele Opfer tat-ächlich ums Leben gekommen sind. Wir wissen auchoch nicht, wer wirklich welche Verantwortung trägt.ber eines möchte ich hier doch feststellen. Man kann esich nicht so einfach machen, zu sagen: „Das war dieundeswehr“, und das ist es dann auch gewesen. Ichitte, zu berücksichtigen, was in Deutschland losgewe-en wäre, wenn diese beiden Tanklaster für einennschlag gegen uns, unsere Verbündeten und unsereundeswehr tatsächlich zum Einsatz gebracht wordenären. Auch das muss, denke ich, in der Abwägung imahmen einer wirklich sachlichen Bewertung angespro-hen werden, und auch darauf möchte ich nachdrücklichufmerksam machen.
Metadaten/Kopzeile:
26302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Guido Westerwelle
Deswegen hoffe ich von ganzem Herzen, dass einesnicht passiert: dass unsere politische Auseinanderset-zung, die naturgemäß drei Wochen vor einer Bundes-tagswahl verschärft ist, dazu führt, dass man sich mitkleiner Münze einen Wahlkampf auf dem Rücken derFrauen und Männer der Bundeswehr leistet. Sie leisteneinen großartigen Einsatz, und dafür möchte ich mich andieser Stelle bedanken.
Ich möchte jedenfalls für die stärkste Oppositions-fraktion in diesem Hause nachdrücklich unterstreichen,dass wir uns mit dieser Linie einverstanden erklären unddass wir sie unterstützen und kritisch begleiten werden.Aber ich bleibe dabei: Das ist eine Angelegenheit, dienicht zwischen Parteien im Wahlkampf besprochen wer-den sollte. Das ist kein Wahlkampfmanöver. Hier geht esum unser Land; hier geht es darum, wie wir mit unseremLand in der Welt dastehen. Es geht in Wahrheit um un-sere Sicherheit, unsere Freiheit und unseren Frieden.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun der Bundesminister des Auswärti-gen, Dr. Frank-Walter Steinmeier.
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desAuswärtigen:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Noch wissen wir nicht genau, wie viele Men-schen bei dem Luftangriff am vergangenen Freitag inAfghanistan ums Leben gekommen sind. Noch wissenwir nicht, wie viele Zivilisten unter den Opfern waren.Aber eines wissen wir: Dieser Luftangriff war nicht ir-gendein bedauerlicher Zwischenfall, und wir könnennach diesem Ereignis natürlich nicht ohne weiteres zurTagesordnung übergehen. Dieser Freitagmorgen hat – obwir das wollen oder nicht – ein Schlaglicht auf unserenAfghanistan-Einsatz geworfen und ihn neu ins Rampen-licht gerückt. Natürlich gibt es – das verstehe ich – da-rüber eine öffentliche Diskussion. Ich verstehe auch,dass Diskussionen nicht nur bei uns, sondern auch imeuropäischen und außereuropäischen Ausland geführtwerden.Eines allerdings verstehe ich nicht – das können wirauch nicht so lassen –, nämlich dass, bevor die Untersu-chungen abgeschlossen sind, Vorverurteilungen, auch imAusland, stattfinden. Deshalb habe ich seit dem vergan-genen Wochenende mit vielen europäischen Außen-ministern telefoniert und ihnen gesagt: Ihr müsst bittegenauso abwarten wie wir, bis öffentlich beurteilt wer-den kann, ob der Einsatz gerechtfertigt war oder nicht.gaIfAhudmddsVbdmumwAtßeAMunvazuhlAus3teV–riAAd
Ich habe aber nicht nur mit den europäischen Kolle-en telefoniert, sondern vor allen Dingen vorgesternuch mit meinem afghanischen Kollegen, Herrn Spanta.ch habe ihm im Namen der Bundesregierung das Mitge-ühl für die möglicherweise unschuldigen Opfer zumusdruck gebracht, die es gegeben hat. Vor allen Dingenabe ich ihm versichert, dass es bei unserer Philosophiend unserem Verständnis des Einsatzes bleibt.Niemand hier im Saal war so naiv, zu glauben, dasser Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan nurit militärischen Mitteln zu gewinnen sei. Weit vor an-eren haben wir gesagt, dass wir in Afghanistan nurann miteinander Erfolg haben werden, wenn wir die-em in 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg geschundenenolk helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Wir ha-en immer gesagt – dabei bleibt es –: Wenn es notwen-ig ist, gegen terroristische Kräfte vorzugehen, dannüssen dabei zivile Opfer vermieden werden. Das warnsere Politik in allen Gremien der NATO. Ich freueich, dass wir uns damit durchgesetzt haben. Aber icheiß auch: Wie immer die Untersuchung ausgeht, die imugenblick stattfindet, einfacher wird es insgesamt na-ürlich nicht. Ich sehe das ja im Augenblick auf den Stra-en. Es gibt viele, die unterwegs sind und nach den ganzinfachen Antworten suchen. Es werden Schilder mit derufschrift „Sofort raus aus Afghanistan“ hochgehalten.enschlich kann man das noch nachvollziehen. Das istnangenehm. Das ist quälend. Es geht nicht schnell ge-ug; es ist gefährlich. Aber ich sage auch: So menschlicherständlich es ist, dass man sich von Aufgaben, die un-ngenehm sind, trennen möchte, möglichst nichts damitu tun haben will, so ist das gleichzeitig unpolitisch undnhistorisch und deshalb nicht zu verantworten.
Viele, die so tun, als gäbe es eine einfache Antwort,aben aus meiner Sicht ein paar Dinge vergessen, näm-ich dass das Nein zum Irakkrieg und das Ja zu unseremfghanistan-Engagement zusammengehören
nd dass am Anfang etwas war – das dürfen wir in einerolchen Debatte nicht einfach zynisch übergehen –:000 Opfer bei den Anschlägen in New York am 11. Sep-mber. Ich habe in guter Erinnerung – weil ich damalserantwortung getragen habe –
hören Sie einen Augenblick zu, bevor Sie zynisch da-auf antworten! –,
n welchem Zustand dieses Land war, als sich nach dennschlägen in New York in schneller Reihenfolge dienschläge auf Djerba und Bali sowie in Casablanca wie-erholten, darunter immer deutsche Opfer. Ich habe in
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26303
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeierguter Erinnerung, als die Anschläge näher kamen, nachMadrid und London. Ich weiß, dass die Angst in diesemLand davor ehrlich war, dass die terroristische Gefahrnicht nur besteht, sondern dass Terroristen auch hier inDeutschland zuschlagen könnten. Deshalb haben wir unsengagiert. Vielleicht haben wir nicht zu jeder Zeit inAfghanistan alles richtig gemacht. Das will ich auch garnicht behaupten. Aber niemand war so naiv, zu glauben,dass wir dort nur mit militärischen Mitteln agieren könn-ten. Immer haben wir uns auf den Wiederaufbau konzen-triert, weit vor anderen. Immer haben wir gesagt: Wirmüssen diesem geschundenen Volk auf die Beine helfen.Und immer haben wir gesagt: Wir werden am Ende ge-meinsam mit der afghanischen Regierung nur gewinnen,wenn wir die Herzen der Afghanen gewinnen. Insofernziehe ich für mich noch immer die Zwischenbilanz: Wirsind in unser Engagement in Afghanistan nicht kopfloshineingestolpert. Weil das so ist, dürfen wir dort auchnicht einfach kopflos hinaus. Das geht nicht. Das istnicht zu verantworten.
Wenn ich sage: „Wir können da nicht einfach kopflosraus“, dann heißt das natürlich nicht – Herr Westerwelle,hier haben Sie völlig recht –, dass die Aufgabe der Bun-deswehr in Afghanistan eine Daueraufgabe ist oder so-gar zu einer Daueraufgabe werden soll. Die Bundeswehrist zusammen mit den anderen europäischen Truppen-verbänden, die dort sind, keine Besatzungsarmee. Des-halb sind wir nicht für die Ewigkeit da. Ich sage Ihnenhier das, was ich schon vor diesen Ereignissen von Don-nerstagnacht auf Freitagnacht und zur Wahl in Afghanis-tan gesagt habe, nämlich dass die Wahl eines neuen Prä-sidenten in Afghanistan ein Einschnitt sein muss. Einschlichtes „Weiter so“ kann es danach nicht geben. Waswir dann von dem gewählten und im Amt befindlichenafghanischen Präsidenten brauchen, ist eine klare An-sage, wie wir in welchen Schritten und in welchen Zeit-abständen zu mehr afghanischer Eigenverantwortungkommen. Im Kern geht es doch immer darum, dass dieAfghanen selbst Sicherheit im Land garantieren. Dazugehört ganz zuvörderst aus meiner Sicht, Herr Schäuble,die Festlegung der endgültigen Stärke der afghanischenPolizei ebenso wie die Festlegung der endgültigenStärke der afghanischen Armee. Darüber haben wir nochkeine Vereinbarung mit der afghanischen Regierung.Das muss vereinbart werden, und das steht jetzt an.
Dazu gehören auch die Festlegung von Ausbildungs-standards für die afghanische Armee und die afghani-sche Polizei, die Festlegung von Ausrüstungsstandardsund natürlich auch – Herr Westerwelle, Sie haben das inBezug auf die Polizei angesprochen; die Polizisten, dieSie genannt haben, sind nur die, die im europäischenRahmen im Einsatz sind; dazu kommen die, die wir imbilateralen Polizeiausbildungsprojekt haben, aber imKern haben Sie recht – klare Verantwortlichkeiten inner-hiDksjAfgisgeWQureZaSendzhhdcLWatFrdrSkF
er geeignete Ort, das alles zu verabreden und dafürlare Vereinbarungen mit dem neuen afghanischen Prä-identen zu machen, ist der Afghan Compact. Der stehtetzt zur Neuverhandlung an. Wir müssen in diesemfghan Compact – das ist mein Ziel – klare Perspektivenür die schrittweise Übergabe unserer Aufgaben in af-hanische Hände festlegen. Für dieses Vorgehen werbech seit Wochen. Ich darf Ihnen sagen: Es gibt wach-ende Unterstützung, jedenfalls der europäischen Kolle-en, für dieses Vorgehen. Das ist aus meiner Sicht derinzige, aber, wie ich finde, ehrliche und verantwortlicheeg, um eine Perspektive in Hinsicht auf Dauer undualität unseres Einsatzes in Afghanistan zu gewinnennd damit eben auch eine Perspektive für die Reduzie-ung deutscher Truppen in Afghanistan zu gewinnen,ine Perspektive, von der ich sage, dass sie mit klareneitangaben unterlegt werden muss. Meine Bitte an alle,ußerhalb und innerhalb dieses Parlamentes, ist: Lassenie uns bitte der Öffentlichkeit nicht vormachen, es gäbeinen anderen Weg.
Ich erinnere mich – damit komme ich zum Schluss –och an meinen letzten Besuch in Afghanistan. 24 Stun-en nach einem Angriff auf eine Patrouille, bei demwei seiner Kameraden ums Leben gekommen sind,abe ich mit einem jungen Soldaten gesprochen. Ichabe länger mit ihm gesprochen, und er hat mir am Endees Gesprächs gesagt: Herr Außenminister, seien Sie si-her, wir wissen, warum wir hier sind; wir werden diesesand nicht in der Steinzeit zurücklassen.
ir hier zu Hause, finde ich, dürfen nicht weniger ver-ntwortlich reden als dieser deutsche Soldat in Afghanis-an.Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Oskar Lafontaine,
raktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Die Bundeskanzlerin hat noch einmal den Einsatzer Bundeswehr in Afghanistan mit dem Argument ge-echtfertigt, dieser Einsatz diene der internationalenicherheit, er diene dem Frieden und er diene der Be-ämpfung des internationalen Terrorismus. Für meineraktion möchte ich die gegenteilige Schlussfolgerung
Metadaten/Kopzeile:
26304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Oskar Lafontaineziehen: Wir fordern den Rückzug der Bundeswehr ausAfghanistan, weil wir der festen Überzeugung sind, dassder Einsatz der Bundeswehr nicht der internationalen Si-cherheit dient, nicht dem Frieden und er auch nicht ge-eignet ist, den internationalen Terrorismus zu bekämp-fen.
In der Kürze der Zeit kann ich nur wenige Argumenteaufgreifen. Ein klassisches Argument, das immer wiederins Feld geführt wird, ist das Argument, ein deutscherSonderweg sei zu vermeiden; die Bundeskanzlerin hat esebenfalls wieder ins Feld geführt. Wäre dieses Argumentzutreffend, meine Damen und Herren, dann hätten wiruns auch am Irakkrieg beteiligen müssen, dann wäre hierder deutsche Sonderweg im Hinblick auf unsere interna-tionalen Interessen nicht gerechtfertigt gewesen.
Sie haben dies als CDU-Vorsitzende damals auch so ge-sehen. Wäre das Argument des unzulässigen deutschenSonderweges richtig, dann hätten die Kanadier völligfalsch entschieden, als sie jetzt schon ein Abzugsdatumfestgesetzt haben. Warum haben wir nicht zumindest denMut, uns so zu entscheiden wie die Kanadier?
Es ist interessant, dass Sie die zivile Komponenteheute wieder betont haben. Das ist im Moment leidervöllig unglaubwürdig; denn in den letzten Monaten istdas krasse Gegenteil geschehen: Es ist nicht die zivileKomponente gestärkt worden – das sollte man in einersolch tragischen Situation nicht beschwören –, sonderndie militärische Komponente. Alles, was man hört, läuftdarauf hinaus, dass die militärische Komponente weitergestärkt werden soll. Man darf auch in einer solchschwierigen Situation über diesen Sachverhalt nicht hin-wegtäuschen.
Nun komme ich zum entscheidenden Punkt. Die Be-hauptung, Sie bekämpften den internationalen Terro-rismus, wird von denen widerlegt, die, wenn man sowill, von der fachlichen Seite damit befasst sind. Es istdoch gut, dass dies der Kommandeur McChrystal zumersten Mal in aller Klarheit festgestellt und Ihre Ausfüh-rungen hier krass widerlegt hat, ja, als – so möchte icheinmal sagen – nicht rational, als nicht vernünftig, alsnicht nachvollziehbar dargestellt hat. Ich trage hier ein-mal vor, was dieser Kommandeur zu den Kampfeinsät-zen, die Sie gerechtfertigt haben, vorgetragen hat. Ersagt, dass der Krieg in Afghanistan nicht mit konventio-nellem militärischem Denken gewonnen werden könne,das darauf abzielt, den Gegner zu bekämpfen. Aus kon-ventioneller Sicht stelle sich die Tötung von zwei Auf-ständischen in einer Gruppe von zehn so dar, als seiennur noch acht Gegner übrig. In einem von Clans undStämmen geprägten Umfeld wie Afghanistan sei es aberso, dass die zwei Getöteten viele Verwandte hätten, dienach solchen Vorfällen Rache schwörten. Im Fall von zi-vgesrddtWhiwgLurdsEwSeunbmvz–SvtDSvviwM
ie soll dabei überhaupt logisch argumentiert werden?Nichts anderes ist in den letzten Jahren passiert. Des-alb hat sich die Anzahl der Anschläge erhöht, deshalbst das Land immer unsicherer geworden, deshalb habenir dort – vielleicht in guter Absicht – mehr Unheil an-erichtet, Jahr für Jahr: Immer mehr Menschen sind umseben gekommen, Soldaten und Zivilisten, Zivilistennd Soldaten. Sosehr ich anerkenne, Frau Bundeskanzle-in, dass Sie hier vorgetragen haben, dass Sie bedauern,ass Zivilisten, also Unschuldige, ums Leben gekommenind: Ich bedauere – auch aufgrund meiner persönlichenrfahrung –, dass Soldaten dort ums Leben kommen. Ichürde mir wünschen, dass dort, in Afghanistan, keineoldaten ums Leben kommen.
Was wir erkennen müssen, ist, dass wir dort gegenine Kultur kämpfen,
nd dieser Kampf gegen eine Kultur ist nicht zu gewin-en. Die Kultur, um die es geht, hat der Oberbefehlsha-er der ISAF ganz klar angesprochen. Wir haben es dortit einer Stammeskultur zu tun. Diese Stammeskulturerpflichtet all diejenigen, die im Verwandtenkreis Toteu beklagen haben, auf Blutrache.
An die Adresse der Grünen. Ich weiß, dass Sie jetztchwierigkeiten haben: Sie haben diesen Krieg mitzu-erantworten und wollen sich jetzt aus dieser Verantwor-ung herauswinden.
as ist keine noble Haltung.
ie müssen auch zu dieser Verantwortung stehen.Wir sind der Auffassung, dass der Ansatz, der hierorgetragen worden ist – dass die zivile Komponente zuerstärken sei –, natürlich letztendlich das Eingeständnisst, dass die militärische Komponente gescheitert ist,eil sie die Folgen hat, die ich vorhin hier zitiert habe.an kann sich vor dieser Logik nicht wegdrücken. Wir
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26305
)
)
Oskar Lafontainebewirken das Gegenteil von dem, was wir eigentlich be-wirken wollen.Dies wird durch die Erklärung der Dienste hier in derBundesrepublik auch noch bestärkt. Es ist gerade in denletzten Tagen erneut gemeldet worden – wir haben im-mer wieder darauf hingewiesen –, dass die Dienste in derBundesrepublik sagen: Der Kampfeinsatz in Afghanis-tan, den die Bundeskanzlerin gerechtfertigt hat, erhöhtdie Terroranschlagsgefahr in Deutschland. Ich fragehier für meine Fraktion: Ist es Aufgabe der Bundesregie-rung, durch ihr Handeln dafür Sorge zu tragen, dass sichdie Terroranschlagsgefahr in Deutschland erhöht?
– Ja, es ist unglaublich, welche Politik Sie machen; dahaben Sie völlig recht. Sie haben kein rationales Argu-ment, um diese Politik überhaupt noch zu rechtfertigen.
Am Schluss sage ich noch etwas zu dem häufig vor-gebrachten Argument, es handele sich hier um einenHilfseinsatz, um eine humanitäre Intervention. Alle in-ternationalen Organisationen, die sich in der Hilfeengagieren, weisen immer auf folgenden Sachverhalthin: Mit viel weniger Geld könnte man ungleich mehrMenschen vor dem Tod durch Hunger und vor dem Toddurch Krankheit bewahren, ohne dass man einen einzi-gen anderen Menschen töten müsste. – Das ist das mora-lische Dilemma, in dem Sie stecken. Deshalb bleiben wirbei der These: Krieg ist kein Mittel der Politik. ZiehenSie die Bundeswehr aus Afghanistan ab!
Das Wort erhält nun der Bundesminister der Verteidi-gung, Dr. Franz Josef Jung.
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-gung:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Lafontaine, lassen Sie mich eine Bemer-kung zu Ihren Ausführungen machen. Wenn wir IhrerAufforderung folgen würden, dann – der felsenfestenÜberzeugung bin ich – würde dies eine Gefährdung derBürgerinnen und Bürger in Deutschland, eine Gefähr-dung ihrer Sicherheit bedeuten, weil Afghanistan wiederzurückfallen würde: in den Status eines Ausbildungs-camps für den Terrorismus und in die Herrschaft der Ta-liban. Dies wäre eine Bedrohung von Frieden, Freiheitund Sicherheit in unserem Land. Deshalb können wir imIImnlttdawtwtsSssssvbwdcSPPunrsfWtgtcHenbatrzAau
Die Ereignisse vom Freitag haben auch deutlich ge-acht, in welch schwieriger Situation unsere Soldatin-en und Soldaten diesen Einsatz für unsere Sicherheiteisten. Durch die bevorstehende Wahl und durch Debat-en, die hier immer wieder geführt werden – dies regis-rieren die Taliban –, sind wir weiter in den Blickpunkter Taliban gerückt. Wir sind in Gefechtssituationen her-usgefordert. Wir mussten uns in Kampfhandlungen be-ähren, um Sicherheit dort zu gewährleisten. Die Situa-ion vom Freitag hat aus meiner Sicht auch gezeigt,elch konkrete Bedrohungslage dort für unsere Solda-innen und Soldaten vorhanden war. Deshalb haben un-ere Soldatinnen und Soldaten, die im Interesse unserericherheit ihr Leben riskieren und einen derartigen Ein-atz auf sich nehmen, unseren Dank und unsere Unter-tützung verdient.
Deshalb halte ich es auch für richtig, dass wir in einerolch schwierigen Situation unseren Oberst, der die Ent-cheidung getroffen hat, nicht alleinstehen lassen, wennoreilig von schweren Fehlern gesprochen wird. Wir ha-en gleichzeitig andere Informationen – Sie kennen sieahrscheinlich – von dem Polizeichef von Kunduz, vonem Gouverneur von Kunduz, von dem Geheimdienst-hef von Kunduz, von dem Chef der ANA, sprich: dertreitkräfte, von Kunduz und von dem Vorsitzenden desrovinzrats. Sie haben in ihrer Erklärung gegenüber demräsidenten festgestellt, dass bei dieser Situation Talibannd deren Verbündete getötet worden sind.Weil es jetzt auch andere Informationen gibt, ist esotwendig und richtig, dass wir alles daransetzen, unse-en Beitrag zur sachgerechten Aufklärung zu leisten. Ichage noch einmal: Wenn es zivile Opfer gegeben hat,ordert dies unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl.
ir werden uns auch darum kümmern, dass die Situa-ion vor Ort geregelt wird. Das halte ich für einen wichti-en Punkt. Aber um Entscheidungen in dieser Richtungreffen zu können, muss erst das abschließende Untersu-hungsergebnis vorliegen.
Wir hatten eine sehr konkrete Bedrohungslage iminblick auf unser Lager in Kunduz. Als unser Oberstrfahren hat, dass zwei Tanklastzüge durch Gewaltmaß-ahmen in die Hände der Taliban gelangt sind – sie ha-en einen der Fahrer ermordet –, war ihm klar, dass diesuch eine sehr konkrete Gefahrenlage für unsere Solda-innen und Soldaten bedeutete. Meine Damen und Her-en, versetzen Sie sich einmal in diesen Abwägungspro-ess und in diese Situation: Er hatte durch klareufklärungsmittel den eindeutigen Hinweis, dass es sichusschließlich um regierungsfeindliche Kräfte handeltnd dass vier Talibanführer dabei waren. Deshalb hat er
Metadaten/Kopzeile:
26306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundesminister Dr. Franz Josef Jungeine Gefahr für unsere Soldatinnen und Soldaten gese-hen. Stellen Sie sich einmal vor, welcher Schaden durcheine Detonation zweier solcher Tanklastwagen hätte an-gerichtet werden können. Wir haben das sehr konkret inKabul gesehen. Mit der Entscheidung, die unser Oberstin dieser schwierigen Situation getroffen hat,
darf man ihn nicht alleinlassen. Ich finde, es ist richtig,wenn man unsere Soldatinnen und Soldaten in dieserschwierigen Situation unterstützt, statt sie mit Vorverur-teilungen alleinzulassen.
Ich denke, dass es richtig und notwendig ist – ich habeauch mit General McChrystal darüber gesprochen –, dasswir in dieser Situation einerseits alles tun, um ordnungs-gemäß aufzuklären, dass wir andererseits aber auch wei-terhin gemeinsam im Rahmen von ISAF und NATO un-seren Auftrag zur Gewährleistung von Stabilität undSicherheit in Afghanistan erfüllen. Denn man mussauch sehen, welche Erfolge wir dort bereits erzielt ha-ben. Wir dürfen nicht verkennen, was sich alles erheb-lich verbessert hat: die Bildungschancen junger Men-schen, die Situation der Universitäten, die medizinischeVersorgung, die Infrastruktur bis hin zu einer Informa-tionsgesellschaft. Es geht schrittweise voran. Das giltauch für die Unterstützung und Ausbildung der afghani-schen Kräfte. Die vergangene Wahl ist nach 30 JahrenBürgerkrieg die erste Wahl, die in Verantwortung derafghanischen Regierung und im Wesentlichen abgesi-chert durch afghanische Kräfte durchgeführt worden ist.Inzwischen führen die ANA-Streitkräfte 50 Prozent derEinsätze selbst durch.
Wir konnten bereits die Stadt Kabul in die Sicherheits-verantwortung Afghanistans übergeben. Die Tatsache,dass im Norden, in unserem Verantwortungsbereich, biszu 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zur Wahl ge-gangen sind, trotz der Drohung der Taliban, ihnen dieFinger abzuhacken, wenn sie daran die blaue Tinte alsZeichen für die Teilnahme an der Wahl finden, ist einAusdruck von Mut der Bevölkerung und auch ein Be-weis für Stabilität und zukünftige positive Entwicklung.
Ich kann nur unterstreichen, dass wir weiterhin unse-ren Beitrag zur Umsetzung der vernetzten Sicherheitleisten, um das Vertrauen der Menschen dort zu gewin-nen. Als ich in diesem Jahr in Kunduz war, haben mirdie Bürgerinnen und Bürger versichert, dass 90 Prozentder Bevölkerung an unserer Seite stehen. Wir werden aufder Afghanistan-Konferenz alles daransetzen, um eineklare Zielorientierung zu entwickeln – Ausbildung vonStreitkräften und Ausbildung von Polizei –, damit Af-ghanistan selber in der Lage ist, für seine Sicherheit zusorgen.Die Bundeswehr wird im Interesse der Sicherheit un-serer Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihren BeitragludBerDgvAdThrvSEhDFMSgMAw
Der nächste Redner ist Jürgen Trittin für die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-hrter Herr Jung, Sie haben mit Ihrem, wie ich finde,echt hilflosen Auftritt hier eines belegt:
ie Informationspolitik dieser Bundesregierung zu Af-hanistan ist ein Desaster. – Das sagt einer Ihrer Amts-orgänger, Volker Rühe.
Überhaupt, liebe Frau Merkel, ist Ihr Umgehen mitfghanistan eigentlich nur mit dem Wörtchen „ver-ruckst“ zu beschreiben.
rotz dieses schwersten Zwischenfalls, den es gegebenat, mussten Sie von der Opposition zu dieser Regie-ungserklärung getrieben werden. Sie mussten vor Jahrenon uns dazu getrieben werden, endlich einmal unsereoldatinnen und Soldaten in Afghanistan zu besuchen.hrlich gesagt: Das ist beschämend. Eine offene Haltungierzu wäre angemessen gewesen.
as haben Sie heute nur mühsam versucht nachzuholen.
In Afghanistan führen die Taliban einen Bürgerkrieg.ür den Tod unschuldiger Zivilisten, für hinterhältigeorde sind in erster Linie sie verantwortlich.
ie sind es, die das Völkerrecht nicht einhalten. Sie brin-en den schmutzigen Krieg in die Dörfer.
it Blick auf Sie, Herr Lafontaine, sage ich: Dass es infghanistan Krieg gibt, heißt nicht, dass die Bundes-ehr dort einen Krieg führt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26307
)
)
Jürgen Trittin
Ich will das mit einem Zitat belegen:Die Bundeswehr ist in Afghanistan nicht im Krieg… Sie arbeitet auf der Grundlage des völkerrechtli-chen ISAF-Mandats zur Stabilisierung des Landes.
Das stammt von Wolfgang Nešković, dem Rechtspoliti-ker Ihrer Fraktion. Ich sage Ihnen: Wolfgang Neškovićhat vollständig recht. Aber dann dürfen Sie hier nichtsolche Reden halten, wie Sie sie gehalten haben.
Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ha-ben einen schwierigen Auftrag. Sie riskieren ihr Leben,und sie sollen das Leben Unschuldiger nicht gefährden.Das verdient Respekt und Anerkennung. Deswegenkann es in dieser Debatte nicht darum gehen, irgendwel-che Schuldigen zu finden. Aber es geht in der Tat darum,die Fakten auf den Tisch zu legen.
Es kann nicht akzeptiert werden, dass diese Operationverniedlicht wird. Frau Merkel, es handelt sich hier nichtum irgendeinen Vorfall. Es handelt sich um einen Ein-schnitt, der deutlich machen kann und der in der Öffent-lichkeit den Eindruck hat entstehen lassen, dassDeutschland in Afghanistan zu einer anderen – ich sagean dieser Stelle: zu einer falschen – Strategie übergegan-gen ist. Darum geht es.Wenn es zivile Opfer gegeben hat, dann muss man zudieser Verantwortung auch stehen. Wie man damit an-ders als Herr Jung umgeht, hat der Oberkommandierendevon ISAF, Stanley McChrystal, bewiesen. Er hat sich soverhalten, wie wir es uns lange gewünscht haben: Nachdem Vorfall hat er sich an den Ort des Geschehens bege-ben. Er hat mit den Opfern gesprochen. Er hat sich ent-schuldigt. Er hat sich also gemäß den neuen Einsatzricht-linien für solche Zwischenfälle verhalten, die lauten:„apologize“, „compensate“, „investigate“ – entschuldi-gen, entschädigen und dann untersuchen. Das ist die rich-tige Reihenfolge, und die hätte ich mir auch von unseremBundesverteidigungsminister gewünscht.
Wie sind Sie vorgegangen? Sie haben als Erstes dieUnwahrheit gesagt. Sie haben behauptet, das Ganze habesich in 40 Minuten abgespielt. Die Wahrheit ist: Es hatsechs Stunden gedauert. Es hat übrigens zwölf weitereStunden gedauert, bis nach dem Bombardement Aufklä-rer vor Ort gewesen sind. Das ist das Ergebnis der Unter-richtung, die Sie uns heute in den Ausschüssen gegebenhaben. Schließlich haben Sie gesagt, Sie seien sicher, eshabe keine zivilen Opfer gegeben. Im Ergebnis gebenSie heute zu, dass eine solche Möglichkeit nicht auszu-schließen ist. Ihr Grundsatz ist ein anderer als der, dendie Amerikaner an dieser Stelle beherzigt haben. IhrGrundsatz lautet offensichtlich: Vertuschen, leugnenudmrsgisUddiÜsnzinRdssdStRDsIBvdemuzfnbCnfJbdFLz
Sie sind heute zu einer Belastung für die deutsche Af-hanistan-Politik geworden. Sie haben mit Ihrer Haltungnzwischen dafür gesorgt, dass Deutschland in einencharfen Gegensatz zu seinem engsten Verbündeten, denSA, geraten ist und dass im Rat der Außenministeriese Isolierung kollektiv kritisiert worden ist. Dass esurch den Bundesverteidigungsminister dazu gekommenst, dafür tragen Sie, Frau Merkel, die Verantwortung.ber diesen Punkt muss man diskutieren.
Ich will an dieser Stelle etwas hinzufügen. Wir führeneit drei Jahren eine Debatte um den Begriff der ver-etzten Sicherheit. Wir haben in diesem Haus eineniemlich breiten Konsens, dass dies der richtige Ansatzst, um Afghanistan zu stabilisieren. Nur müssen Sie sichach drei Jahren der Diskussion und nach vier Jahrenegierungszeit die Frage gefallen lassen: Was ist mitem Ansatz der vernetzten Sicherheit geschehen? Datellen wir fest: Es ist zwar möglich, in Wochenfrist bei-pielsweise den Einsatz von AWACS-Flugzeugen, dieort noch gar nicht angekommen sind, freizugeben. Aberie sind nicht in der Lage gewesen, die Zahl der Polizis-innen und Polizisten auf das Maß zu bringen, das dieseegierung international zugesagt hat.
as heißt, Sie reden von vernetzter Sicherheit; aber Sieetzen sie nicht um.Was sollen wir denn davon halten, wenn Sie heute inhrer Regierungserklärung sagen: „Ich habe mit Gordonrown die Abhaltung einer internationalen Konferenzerabredet“? Wir hätten von Ihnen erwartet, dass Sieem Parlament, der deutschen Öffentlichkeit im Rahmeniner Regierungserklärung in aller Deutlichkeit sagen,it welchen Vorstellungen, mit welchen Maßnahmennd mit welchen Zeitplänen Sie, die Bundesregierung,u dieser Konferenz gehen. Wir sind sehr wohl der Auf-assung, dass es einer zeitlichen Abzugsperspektive ge-auso bedarf, wie es einer zeitlichen Aufbauperspektiveedarf. Aber von vernetzter Sicherheit und vom Afghanompact zu reden und nicht eine einzige konkrete Maß-ahme vorzuschlagen, ist die Ankündigung, mit demortzufahren, was Ihre Afghanistan-Politik der letztenahre gekennzeichnet hat, nämlich durchwursteln, umloß nicht aufzufallen, weil Sie wissen, wie unpopuläras Thema ist. Das ist mit dem Geschehen am letztenreitag geplatzt.
Ich sage Ihnen eines: Alle Argumente gegen dieinkspartei, die sagt, wir würden die Truppen sofort ab-iehen, dahin gehend, ein solches Vorgehen würde die-
Metadaten/Kopzeile:
26308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Jürgen Trittinses Land in einen Bürgerkrieg ganz anderen Ausmaßesstürzen, sind richtig. Es ist falsch, diese Forderung zu er-heben. Aber ich sage Ihnen auch: Wenn Sie mit dieserPolitik des Durchwurstelns so weitermachen, werden Sieam Ende genau da landen, wo die Linkspartei schonheute ist, nämlich in einem kopflosen Abzug, weil Siedie notwendigen Anforderungen für den zivilen Aufbauund für den Polizeiaufbau nicht auf die Reihe bekommenhaben. Deswegen muss Schluss sein mit diesem Durch-wursteln; denn das führt ins Chaos, auch in Afghanistan.
Das Wort hat nun der Kollege Eckart von Klaeden,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!Herr Kollege Trittin, ich finde es außerordentlich bedau-erlich, dass Sie wenige Tage vor der Bundestagswahl derVersuchung nicht widerstanden haben, die Afghanistan-Debatte zu einer Wahlkampfdebatte zu machen.
Ich habe nichts dagegen, im Wahlkampf über Afghanis-tan zu sprechen. Aber die Art und Weise, wie Sie denVorfall und seine Folgen vom letzten Freitag, die nochaufgeklärt werden müssen, als Tatsachen dargestellt ha-ben, und wie Sie dies versucht haben in einen Vorwurfgegen die Bundesregierung umzuwandeln, ist in hohemMaße unseriös.
Sie hätten durchaus sagen können, dass nach all dem,was uns bisher an Erkenntnissen vorliegt, festzustellenist, dass den beteiligten Soldaten, insbesondere demOberst, der den Befehl gegeben hat, keine Pflichtverlet-zung vorzuwerfen ist, dass die Informationen, aufgrundderer die Entscheidung getroffen wurde, ganz wesentlichauch aus amerikanischen Quellen stammen und dass dieWirkung der eingesetzten Waffe – ihm wurde eine an-dere vorgeschlagen – aufgrund der Entscheidung desdeutschen Offiziers geringer ausgefallen ist. Diese As-pekte gehören zur Wahrheit dazu. Sie hätten sie erwäh-nen müssen, wenn es Ihnen tatsächlich um eine sachge-rechte Beurteilung und nicht um Wahlkampf gegangenwäre.
Herr Lafontaine hat wieder einmal vorgeführt, wieman in der Debatte um den Afghanistan-Einsatz Ursacheund Wirkung verwechseln kann. Es ist richtig: Die Be-kämpfung des internationalen Terrorismus ist gefähr-lich. Sie ist mit Gefahren verbunden, nicht nur in Afgha-nistan, sondern auch hier. Aber noch viel gefährlicherwäre es, den Forderungen der Terroristen nachzugebenund Afghanistan im Stich zu lassen.dbsAiBvWmtdgnecdRtgwdtDSmnhkKbsGgtendddkzspwsdsguuwKBd
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26309
)
)
udem standen diese Lastwagen ständig unter Luft-eobachtung.Ich sage aber auch: Für diese schlechte Leistung istls letztes Glied in der Kette nicht allein dieser Kom-andeur haftbar. Nein, und das muss in aller Klarheitesagt werden: Die Hauptverantwortung tragen diejeni-en, die im Deutschen Bundestag immer der Verlänge-ung des ISAF-Mandats zugestimmt haben. Das ist dieahrheit.
eder in unserem Land kann auf der Webseite des Bun-estages die namentlichen Abstimmungen aufrufen undachlesen, wer zugestimmt hat.
Metadaten/Kopzeile:
26310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Gert WinkelmeierAuch das sage ich Ihnen: Dieser Vorfall ist nicht dieletzte Stufe der Eskalation der Gewalt. Das ist eine neueQualität. Ich bin sicher, dass sich der nächste Bundestagmit diesen Gewalttaten noch öfter auseinandersetzenmuss. Wenn nicht endlich umgedacht wird, gerätDeutschland immer tiefer in den Sumpf eines nicht ge-winnbaren Krieges. Ziehen Sie die Bundeswehr soschnell wie möglich aus Afghanistan ab! Das wäre dieLösung.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulrike Merten für
die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Die Bundeswehr ist eine Parla-mentsarmee. Nur mit einem konstitutiven Beschluss desDeutschen Bundestages kann die Bundeswehr auf An-trag der Bundesregierung in bewaffnete Auslandsein-sätze entsendet werden.Das Parlamentsbeteiligungsgesetz ist hierfür dierechtliche Grundlage. Das ist aber lediglich die formaleEbene. Sie ist wichtig, aber hinter dem Parlamentsbetei-ligungsgesetz und dem Umstand, dass das Parlament zu-stimmen oder ablehnen kann, steht für jede Bundesregie-rung natürlich auch die Notwendigkeit, das Parlamentvor einer Antragstellung soweit wie möglich einzubezie-hen und zu hören, inwieweit das Parlament bereit und inder Lage ist, mitzugehen. Wenn das gelingt, hat das imbesten Fall zur Folge, dass es einen lange andauerndenund über alle Parteigrenzen hinwegreichenden Konsensgibt. Deshalb ist die im Parlamentsbeteiligungsgesetzverankerte Pflicht der Bundesregierung, das Parlamentüber alle Vorfälle im Verlauf eines Einsatzes zu infor-mieren, eine weitere wichtige Grundlage dafür, dass ei-nem im Laufe eines Einsatzes sozusagen nicht das Parla-ment verloren geht und der Rückhalt, den die Soldatenbrauchen, nicht schwindet.Herr Minister, ich will hier deutlich sagen – ich habedas auch an anderer Stelle getan –: Es wäre gut gewesen,wenn Sie dies berücksichtigt und das Parlament frühzei-tig eingebunden hätten.Natürlich sind wir durch eine schriftliche Informationeinbezogen gewesen; das ist auch in Ordnung. Aber da-rüber hinaus mussten wir in der Zeitung lesen, dass Sie,Herr Minister, und auch der Parlamentarische Staats-sekretär Kossendey sich sehr ausführlich über Detailsgeäußert haben. Das ist immer schlecht; das Parlamentsollte sich das – ich finde: zu Recht – nicht gefallen las-sen. Wie sollen wir den Bundeswehreinsatz in Afghanis-tan, den ich hier nur stellvertretend für unser Engage-ment im Ausland nenne, den Bürgerinnen und Bürgernerklären, ja, sie davon überzeugen, wenn nicht in jedemFall versucht wird, uns als Partner zu gewinnen? Ichmeine damit keine Komplizenschaft, sondern den Rück-hcbezDstnDnFnwdaddmwwerAwggAsBSmsdwcmkssefscdbbgNuOend
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26311
)
)
Metadaten/Kopzeile:
26312 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26313
)
)
Die Betriebsräte haben genauso verantwortlich ge-handelt. Man hätte protestieren können. Die unterneh-merische Vernunft hat sich durchgesetzt, auch bei denArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Man hat in vie-len Fällen zusammengehalten.Die zweite Stärke unserer Wirtschaft ist, dass sich derMittelstand als besonders stabil erwiesen hat. Er hat esnicht einfach, aber er hat sich als das Rückgrat unseresLandes erwiesen. Das, was seit der Schaffung der sozia-len Marktwirtschaft von Ludwig Erhard immer unserCredo war, dass nämlich die Wettbewerbsbeschränkungdazu da ist, dass kleine und große Unternehmen des Mit-telstandes in einem fairen Wettbewerb miteinander agie-ren können, hat sich in dieser schwierigen Situation alsdie Stärke unseres Landes herausgestellt.Ohne überheblich zu sein, dürfen wir drittens sagen:Auch die politischen Institutionen unseres Landes habensich als handlungsfähig erwiesen. Bundesregierung, Ver-waltung, Bundestag, Bundesrat: Sie alle – ich schließedie Kommunen mit ein – haben ihre Handlungsfähigkeitbei der Umsetzung des Infrastrukturprogramms gezeigt.Wir können stolz auf das sein, was unser Land in denletzten zwölf Monaten geleistet hat.
Am Anfang sind wir viel dafür kritisiert worden – ge-rade auch international –, wie wir unsere Konjunktur-programme anlegen. Inzwischen gibt es ein breitesNachahmungsprogramm, ob es die Kurzarbeit, die Um-weltprämie für Autos oder alle Versuche der Stabilisie-rung des Binnenmarktes sind. Die Maßnahmen werdenin vielen europäischen Ländern und auch in den Verei-nigten Staaten von Amerika angewandt.Unser Programm war also richtig, inklusive des Infra-strukturprogramms für die Kommunen – was die Bau-wirtschaft in diesen Tagen auch bestätigt –, und wir sa-gen: Wir arbeiten für die Zukunft. Wir machen aus dieserKrise eine Chance. Wir machen etwas Positives aus die-ser Krise.Ein Thema, das uns auch in den nächsten Monatenbeschäftigen wird, ist die Kreditklemme. Viele Unter-nsskdiezelgdbswgdevnwggnvlmpDuluRDRDhsk–aSeb
Es war auch richtig, in unserem Konjunkturprogrammin großes Kredit- und Bürgschaftsprogramm aufzu-egen. Wir haben jetzt erste Erfahrungen mit diesem Pro-ramm. Ich kann nur sagen: Es hat sich herausgestellt,ass wir selbstverständlich jedes Unternehmen gleichehandeln. Wir behandeln die kleineren und die mittel-tändischen Unternehmen genauso wie die großen, undir können von den etwa 4 Milliarden Euro, die im Au-ust ausgereicht worden sind, sagen, dass zwei Dritteler Gelder – gemessen an der Zahl der Unternehmen ists ein viel größerer Anteil; dort sind es über 99 Prozent –on mittelständischen Unternehmen in Anspruch ge-ommen werden und sie die Genehmigung bekommenerden. Jedes Unternehmen hat in unserem Land dieleiche Chance. Alle Unternehmen werden von unsleich behandelt.
Ich will aber hier keinen Rückblick machen, sondernur an einem Faktum aufzeigen, dass wir in den letztenier Jahren vorangekommen sind. Trotz der internationa-en Finanz- und Wirtschaftskrise haben wir derzeit im-erhin noch 1,25 Millionen mehr sozialversicherungs-flichtige Beschäftigungsverhältnisse als Ende 2005.as ist ein Erfolg der Großen Koalition. Das stabilisiertnsere sozialen Sicherungssysteme.
Allen Unkenrufen zum Trotz haben sich unsere sozia-en Sicherungssysteme als stabil erwiesen. Am Anfangnserer Regierungsarbeit sah es so aus, als hätten wir imentensystem eine Lücke von 2 bis 3 Milliarden Euro.urch die verbesserte Beschäftigungslage haben wir imentensystem heute Rücklagen von 15 Milliarden Euro.er Gesundheitsfonds, der so vielfältig kritisiert wird,at sich als ein ausgesprochener Stabilisator in dieserchwierigen Situation erwiesen. Das wird auch in Zu-unft der Fall sein.
Klatschen Sie lieber, Herr Stiegler, als dass Sie sichufregen!
ie sind doch der Meinung, dass der Gesundheitsfondsine tolle Sache ist. Klatschen Sie! Das wäre doch vielesser.
Metadaten/Kopzeile:
26314 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Meine Damen und Herren, worum geht es in der Zu-kunft? Ich glaube, wir haben in den letzten Monaten er-fahren, dass die soziale Marktwirtschaft als unsere ge-sellschaftliche Ordnung das richtige Wertefundament füreine zukunftsfähige Wirtschaft ist.
Sie gibt uns die Maßstäbe und Möglichkeiten, auch imRahmen dieser sozialen Marktwirtschaft Weiterentwick-lungen vorzunehmen und auf die Herausforderungen des21. Jahrhunderts zu reagieren.Ich will an dieser Stelle deutlich machen: Es war rich-tig, dass wir uns mit der Vergütung von Managern be-fasst haben.
– Ich weiß ja, dass Sie weitergehende Vorstellungen hat-ten, Herr Poß. Ich kann Ihnen Folgendes sagen – darüberwerden wir uns wahrscheinlich jetzt nicht mehr einigwerden –:
Wenn Sie zum Beispiel die Versteuerung ab einem Ver-dienst von 1 Million Euro fordern und glauben, damitwürden Sie dem Problem gerecht werden,
dann kann ich Ihnen nur sagen, dass man das in Amerikagemacht hat. Das hat zu einer extensiven Verwendungvon Boni geführt, über die wir jetzt wieder sprechen, undwir versuchen, sie zu unterbinden.
Das ist doch der Punkt. Das alleine hilft doch nicht. Da-rin sind wir halt unterschiedlicher Meinung, aber einigeshaben wir zustande gebracht.
Wir haben seitens der Bundesanstalt für Finanzdienst-leistungen Mindestanforderungen für Boni definiert,die ihresgleichen suchen. Natürlich spüren wir alle,selbst wenn wir in einigen Fragen unterschiedlicher Mei-nung sind – das ist auch gut so; wenn wir jetzt im Wahl-kampf sind, können wir uns unterscheiden –, dass dieFrage nach Managervergütungen und Bonuszahlungenetwas mit dem tiefen Empfinden der Menschen für Ge-rechtigkeit in der sozialen Marktwirtschaft zu tun hat.
DMdsdevJtsssDwdwSvrwuudzeseDiuDssnwAmksmbdBüdbs
Die zweite Lehre ist, dass wir in Zukunft unsere Wirt-chaftsweise stärker auf Nachhaltigkeit ausrichten müs-en.
eshalb halte ich es für außerordentlich wichtig – ichill ein Lob für uns alle äußern;
as hat bislang keiner in der Welt nachgemacht –, dassir, Bund und Länder, die Kraft aufgebracht haben, einechuldenbremse für die Zukunft im Grundgesetz zuerankern und uns zu einer nachhaltigen Haushaltsfüh-ung zu verpflichten. Ich danke allen, die dabei mitge-irkt haben.
Ich sehe einen dritten Punkt, wenn es um die Zukunftnserer Wirtschaft geht. Wir können stolz darauf seinnd uns darüber freuen, dass wir breit aufgestellt sind,ass wir eine breite Industriestruktur haben. In der jet-igen Krise hat sich gezeigt, dass die Länder, die sichinseitig orientieren und keine Vielfalt haben, sehr vielchwerer betroffen sind. Ich sage für die Zukunft: Solltes einen ernsthaften Streit über Industriegesellschaft undienstleistungsgesellschaft gegeben haben, müssen wirhn aufgeben. Wir brauchen beide. Beide müssen Säulennseres zukünftigen wirtschaftlichen Erfolgs sein.
eshalb ist die Debatte, ob wir weg von der Position müs-en, vorne beim Export und sogar Exportweltmeister zuein, natürlich falsch. Wir müssen alles daran setzen, in-ovative Produkte zu haben, um den Export als eine derirklich wichtigen Säulen unserer Wirtschaft zu stärken.ber richtig ist auch, dass wir gleichzeitig darauf achtenüssen, dass sich der Dienstleistungsbereich entwickelnann. So ist es richtig, darauf zu setzen, dass wir im Ma-chinenbau und der Feinmechanik stark sind sowie denodernen Fahrzeugbau nach vorne bringen. Deshalb ha-en wir in unserem Konjunkturprogramm zum Beispielie Elektromobilität gefördert. Deshalb haben wir, dieundesregierung, einen Plan bzw. ein Konzept, das weitber diese Legislaturperiode hinausreicht, aufgestellt, ausem hervorgeht, wie wir die Elektromobilität nach vorneringen. Wir werden mit den betreffenden Unternehmenprechen müssen und sie darauf aufmerksam machen,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26315
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkeldass sie in einer so wichtigen Frage zusammenarbeitenmüssen; denn es nutzt uns nichts, wenn jeder deutscheAutomobilproduzent mit einem anderen Anbieter zusam-menarbeitet, um die Batterieentwicklung voranzubringen.Wir wollen vielmehr – genauso wie unsere Vorfahren amAnfang des 20. Jahrhunderts die ersten Benzinautos ge-baut haben – diejenigen sein, die bei der Elektromobilitätvorne dabei sind.
Natürlich ist es richtig, dass wir auf Energieeffizienzund erneuerbare Energien setzen und die Medizintechnikvoranbringen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wirvernünftige Rahmenbedingungen für die wirtschaftlicheEntwicklung und die Industrie schaffen. Dazu sage ich,wenn ich in die Zukunft schaue: Wir müssen alles ver-hindern, was zu prozyklischen Effekten bei der Unter-nehmensbesteuerung führt. Wir haben eine erste Korrek-tur vorgenommen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir nichtin einigen Monaten noch einmal nachsteuern müssen.
Ich würde das jedenfalls für wichtig halten, weil es dieZukunft unserer Wirtschaft beeinflusst.Wir haben in dieser Legislaturperiode – das mussweiterentwickelt werden – den Dienstleistungsbereichgestärkt. Wir haben ihn gestärkt, indem wir angefangenhaben, den privaten Haushalt zu einem Arbeitgeber zumachen. Das ist eine ganz wichtige Initiative gewesen;denn in einer alternden Gesellschaft, in der wir mehrDienstleistungen von Menschen für Menschen brauchen,muss der Haushalt als Arbeitgeber gestärkt werden. Die-ser Weg ist eingeleitet – wir sind Gott sei Dank darüberhinweg, dass wir über das Dienstmädchenprivileg strei-ten –, und wir alle wissen: Von der Kinderbetreuung bishin zu handwerklichen und anderen Dienstleistungensollten wir den Haushalt stärken, weil er auch Menschen,die keine ganz gute Ausbildung haben, eine Beschäfti-gungschance bietet und die Arbeit im Haushalt gleich-zeitig anderen Menschen dient und diesen Freude macht.
Alles in allem müssen wir vor allen Dingen wiederunsere mittelständische Basis stärken. Hier geht es da-rum, dass wir eine kluge Steuerpolitik betreiben. Ichglaube, dass es in der jetzigen Zeit nicht richtig ist, einSignal für Steuererhöhungen zu setzen, weil diese auchmittelständische Unternehmen und selbstständige Perso-nengesellschaften treffen. Die aber brauchen wir, denendürfen wir keine Knüppel zwischen die Beine schmei-ßen, sondern wir müssen ihnen sagen: Ihr habt ein Zu-hause bei uns, ihr dürft nicht abwandern; denn die Ar-beitsplätze sollen bei uns in Deutschland entstehen.
Ich sage ganz eindeutig: Diese Bundesregierung hatmit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für wichtigeWeiterentwicklungen gesorgt. Damit werden gerade dieUmwelttechnologien und die neuen Energien gefördert.DluVwzb––asDnmUUbwhghtmnimBsgwdsdaVGmzazFd
Natürlich will die das. –
Herr Kelber, Sie können doch erfreut sagen, was wirlles erfolgreich miteinander verabschiedet haben. Esind tolle Nummern gewesen.
as wäre doch ohne die CDU/CSU-Fraktion weiß Gotticht gegangen. – Allerdings sind wir diejenigen, die im-er wieder darauf geachtet haben, dass Wirtschaft undmwelt zusammengehen, weil es nichts nützt, wennmweltpolitik Jobs kostet. Umweltpolitik muss Jobsringen.
Das zentrale Thema, das uns im nächsten Jahrzehntesentlich begleiten wird, ist die Bildungspolitik. Ichabe mich außerdem dafür eingesetzt, dass wir die Inte-rationsaufgabe im Bundeskanzleramt ansiedeln. Dasat sich bewährt. Es ist zu einem Nationalen Integra-ionsplan von Bund, Ländern und Kommunen gekom-en. Da ist noch vieles umzusetzen, und das wird dieächste Legislaturperiode bestimmen. Aber der Ansatzst richtig. Integration ist eine Schwerpunktaufgabe unduss weiterentwickelt werden.
ildung ist das zentrale Thema für die Frage des Wohl-tands in der Zukunft. Darüber sind wir uns parteiüber-reifend einig, wenngleich wir über die Ausgestaltung,ie häufig, unterschiedliche Meinungen haben. Ich binafür, dass wir uns für ein gegliedertes Schulsystem ent-cheiden und dass wir natürlich die Durchlässigkeit for-ern, aber gleichzeitig Leistung belohnen und Leistungs-nreize setzen, auch schon bei Kindern. Ich halte, miterlaub gesagt, nichts davon, dass man wie in Berlinymnasialplätze in Zukunft verlosen will. Das scheintir die falsche Antwort auf die Frage, wie wir vorgehen,u sein.
Wir kennen die unterschiedlichen Zuständigkeiten,ber wir wissen, dass wir in der Bildungspolitik natürlichusammenarbeiten müssen. Deshalb habe ich – nicht zurreude aller Ministerpräsidenten, um es vorsichtig auszu-rücken – zu einem Bildungsgipfel zusammen mit der
Metadaten/Kopzeile:
26316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelBundesbildungsministerin und dem Bundesarbeitsminis-ter eingeladen. Wir haben konkrete Vereinbarungengetroffen, die wichtig sind: Halbierung der Zahl derSchulabbrecher, Investition von 10 Prozent des Bruttoin-landprodukts in Forschung und Bildung bis zum Jahr2015. Wir haben Pakte zur Förderung der Hochschulab-solventen abgeschlossen. Für die Förderung der For-schungseinrichtungen wird es jedes Jahr einen Zuwachsder Mittel von 5 Prozent geben. Da gibt es jetzt ein hohesMaß von Berechenbarkeit für die Zukunft. Wir haben ge-sagt, die Exzellenzinitiative muss weitergeführt werden,weil wir nur mit exzellenten Forschungs- und Hochschul-institutionen die Zukunft wirklich gestalten können.
Meine Damen und Herren, ich bin dafür – ich will dasganz klar sagen –, dass wir die Schulpolitik bei den Län-dern belassen. Aber ich bin dagegen, dass die Schulpoli-tik in den Ländern so ausgestaltet wird, dass man inDeutschland nicht umziehen kann. Deshalb war es wich-tig, dass die Kultusminister sich auf gleiche Standardsgeeinigt haben. Außerdem bin ich dagegen, dass wir zu-lassen, dass Schulabsolventen von den Industrie- undHandelskammern das Zeugnis ausgestellt wird, dass sienicht ausbildungsfähig sind. So etwas kann sich unserLand nicht leisten. Deshalb war der Bildungsgipfel einErfolg und muss gleich in der nächsten Legislatur-periode umgesetzt werden.
Auch daran zeigt sich, dass wir unsere Arbeitswelt ge-rade an der Anerkennung für diejenigen ausrichten müs-sen, die Bildung – vom Kleinkind bis hin zur Weiterbil-dung in den Betrieben – vermitteln.Wenn ich einen kritischen Punkt zu unserem Kon-junkturprogramm sagen darf: Die Weiterbildungsmög-lichkeiten, die wir in diesem Konjunkturprogramm an-geboten haben, wurden von den Unternehmen leidersehr zögerlich angenommen.
Lebenslanges Lernen wird eine Aufgabe sein, die unsin den nächsten Jahren begleitet. Hier müssen wir sehrviel mehr Druck machen. Mit dem Erreichten kann mannoch nicht zufrieden sein.
Meine Damen und Herren, wir haben nach innen eini-ges auf den Weg gebracht. Es zeichnet sich ab, wo dieAufgaben der nächsten Legislaturperiode liegen. Ich bindafür, dass wir alles tun, um den Zusammenhalt unsererGesellschaft zu fördern. Das bedeutet Motivation für je-den. Ich sage: Die Krise ist erst vorbei, wenn wir aus derTalsohle wirklich heraus sind und wieder da sind, wo wirvorher waren. Deshalb brauchen wir auch Motivation fürdie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deshalbgibt es innerhalb der Großen Koalition eine unterschied-liche Auffassung darüber, ob wir gerade bei der kaltenProgression, bei der Steuererhöhung durch die Hintertür,für diejenigen, die den Tag über arbeiten, die Überstun-den machen, die ein bisschen mehr Gehalt haben, auchdlBnUisaWkfnmbd–kmsatdnbEEWgwggEmsperK
ns ist bewusst geworden, dass die Europäische Unionn dieser Zeit eine ganz wesentliche Bedeutung hat. Wirollten uns nur einmal vorstellen, was in der Finanzkriseuf uns zugekommen wäre, wenn wir keine gemeinsameährung wie den Euro gehabt hätten – nicht auszuden-en! Aber ich sage auch: Erfolgreich konnte das nurunktionieren, weil wir an bestimmten Grundprinzipienicht gerüttelt haben. Klar ist: Mit der Union ist nicht zuachen, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentral-ank aufzugeben, wie das in einigen Papieren aus Teilenieses Hauses gefordert wurde.
Das hat nichts mit Parteitagsrede zu tun, Herr Heil, Sieennen vielleicht nichts anderes mehr, sondern es hat miteinen europapolitischen Aktivitäten zu tun.
Ich habe Herrn Trichet versprochen, dass die Europäi-che Zentralbank unabhängig bleibt, und ich werde michuch dafür einsetzen, dass der Stabilitäts- und Wachs-umspakt nicht angetastet wird, sondern die Leitlinie fürie Zukunft unseres Landes bleiben wird.
Eine abschließende Bemerkung. Wir werden heuteoch über den Lissabon-Vertrag beraten. Dieser Lissa-on-Vertrag ist eine Bekräftigung unseres europäischenngagements.
r bringt Europa näher zu den Bürgerinnen und Bürgern.ir hatten dazu ein Urteil des Bundesverfassungs-erichts, das besagt, dass das Parlament mehr Mit-irkungsrechte braucht. Dieses Urteil wird heute um-esetzt, und die Bundesregierung hat dabei, sofern sieefragt war, konstruktiv mitgearbeitet.Dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil ist in deruropäischen Union mit großem Interesse aufgenom-en worden, weil es natürlich die Frage stellt: Wie wirdich Deutschland in der Europäischen Union in Zukunftositionieren? Ich habe zugesagt – ich werde das auchinhalten –, am 17. September, wenn wir uns zur Vorbe-eitung des G-20-Gipfels treffen, meinen europäischenollegen zwei Dinge noch einmal deutlich zu machen:
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26317
)
)
Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelErstens. Urteile des Bundesverfassungsgerichts sindin Deutschland bindend bezüglich der Anwendung vonGesetzen, also auch des Lissabonner Vertrags.
Zweitens. Deutschland wird sein proeuropäischesEngagement beibehalten, und es wird weiter Motor derEuropäischen Union sein.
Das sind die beiden Botschaften für den Gipfel.Eine letzte Bemerkung. Es ist so, dass wir uns in we-nigen Tagen zum nächsten G-20-Gipfel treffen werden.Die Finanzminister sind bereits am Wochenende in Lon-don zusammengekommen. Es geht darum, dass keinFinanzplatz, keine Institution und kein Produkt in derKrise ungeregelt bleiben. Was wir uns in der Krise vor-genommen haben, muss auch umgesetzt werden. Wirsind hier auf einem guten Weg, aber es gibt noch einigeszu tun.Ein Punkt, der mir neben der Frage der Zahlung vonBoni besonders am Herzen liegt, ist, dass wir nie wiederin eine Situation geraten dürfen, in der Banken Staatenerpressen können, weil sie so groß sind, dass sie glau-ben, den Staaten sozusagen die Pistole auf die Brust set-zen zu können.
Es wird an internationalen Regeln gearbeitet, was die Ei-genkapitalhinterlegung anbelangt, damit Banken das vonihnen eingegangene Risiko selber tragen müssen.
Ich spüre schon wieder, dass die Ersten die verschie-denartigsten Ausreden finden, warum dies nun geradenicht sein muss und warum Wachstum doch viel schnel-ler zustande kommen könnte, wenn man solche Siche-rungen nicht hätte.
Für mich ist die Lehre – die werde ich zusammen mitdem Finanzminister beim G-20-Treffen in Pittsburghauch ganz deutlich machen –: nicht auf diese Stimmenhören, sondern auf nachhaltiges Wachstum setzen – imSinne der sozialen Marktwirtschaft, im Sinne der Prinzi-pien, die Deutschland stark gemacht haben.
Das wird uns in unserer weiteren Arbeit prägen.Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
DBdngKgWnKpDKZDr2SssDJnksVSA2wdggsDAatD
Aber auch bei dem Bereich, den Sie hier für sich re-lamiert haben, gilt: Sie haben gar nicht mehr den An-pruch erhoben, wirklich perspektivisch Politik für unserolk anzugehen.
ie haben als Regierungskoalition gar nicht mehr dennspruch erhoben, zu sagen, wo unser Land in 10, 15,0 Jahren stehen soll. Eigentlich befasst sich mittler-eile jede Regierungserklärung und jede Rede, die ausen Reihen der Regierung gehalten wird, nur mit der Ta-espolitik.Aber auch da, wo Sie meinen, Sie hätten besondersut gewirkt, haben Sie in Wahrheit die meiste Zeit ver-agt. Ich denke insbesondere an die Bankenaufsicht.ie Bundeskanzlerin hat hier von dieser Stelle aus nachusbruch der Finanzkrise in einer Regierungserklärungngekündigt – unter dem Beifall übrigens auch der Frak-ion der CDU/CSU –, dass die Bankenaufsicht ineutschland neu und schlagkräftiger sortiert werden
Metadaten/Kopzeile:
26318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
Dr. Guido Westerwellemuss, weil die Zersplitterung bei dieser wichtigen Ho-heitsaufgabe Lähmung bedeutet. Neun Monate ist dieseBankenkrise in Deutschland mittlerweile alt, und wir ha-ben auch im Deutschen Bundestag die gesamte Zeit da-rüber diskutiert. Aber bis zur Stunde haben Sie in derBankenaufsicht nichts zustande gebracht. Wir haben die-selbe verkorkste, zersplitterte Bankenaufsicht wie vorder Krise. Nicht einmal die Krise haben Sie richtig be-wältigt und notwendige strukturelle Reformen eingelei-tet.
Wir brauchen eine Politik, die die Mittelschicht inunserem Land wieder stärkt. Der Rückgang der Mittel-schicht ist aus unserer Sicht die gefährlichste Entwick-lung, übrigens nicht nur der letzten vier Jahre, sondernder letzten zehn Jahre. Vor zehn Jahren hatte die Mittel-schicht in unserer Gesellschaft einen Anteil von unge-fähr zwei Dritteln. Heute muss man feststellen, dass dieMittelschicht in unserem Land nur noch etwas mehr alsdie Hälfte der Bevölkerung ausmacht. Das heißt, dieMittelschicht schrumpft. Das ist in Wahrheit die Heraus-forderung für die Gesellschaftspolitik in unserem Land.Denn wir wollen keine Gesellschaft, die nur noch ausArm und Reich besteht. Vielmehr brauchen wir einestarke Mittelschicht, die in unserer Gesellschaft gewis-sermaßen als Klammer dient. Wenn die Mittelschichtschrumpft, dann wachsen Spaltung und Ungerechtigkeitin unserem Land.Aus diesem Grund brauchen wir einen Neuanfang miteinem fairen Steuersystem in Deutschland.
Nun heißt es, dass eine Politik der fairen Steuern nichtfinanzierbar sei. Es heißt, dass die Vorschläge für ein fai-res Steuersystem, die wir vorgelegt haben, nicht umsetz-bar seien. Das bestreite ich mit Nachdruck. Ich lassemich auch nicht durch die angeblich amtlichen Berech-nungen des Bundesfinanzministers bezüglich der Hor-rorkosten eines fairen Steuersystems irritieren.Herr Minister Steinbrück, Sie werden ja in dieser De-batte noch reden.
Sie sind der Mann, der so viel Schulden gemacht hat wiekein Finanzminister zuvor.
Sie haben in der gesamten Zeit in Bezug auf die Finanz-politik immer falsch gelegen. Hören Sie doch wenigs-tens jetzt auf, den Leuten etwas Falsches vorzumachen!Sie sagen, Sie können kein faires Steuersystem inDeutschland durchsetzen. Dann gehen Sie; wir machenes, wir können es nämlich!
– Das kommt jetzt, Herr Heil. Sie freuen sich doch schondie ganze Zeit darauf.
csBnEMdWSAdgSkpsdz3ngIzgdKdSDFteSmu86g
Sie haben vor der Wahl überall auf dem Plakat heiligeide geschworen, Sie würden die Bürger entlasten; eineehrwertsteuererhöhung gebe es nicht. Jeder von Ihnen,er hier sitzt, hat in Sachen Mehrwertsteuer die eigenenähler belogen, nur um an die Regierung zu kommen.ie haben in Wahrheit unglaubwürdige Politik gemacht.
Wir brauchen ein faires Steuersystem, das Arbeit undnstrengung belohnt. Das ist möglich, und es ist auchringend nötig. Damit müssen wir bei den Familien be-innen, indem wir die Familien entlasten. Nach demteuermodell, das Deutschland braucht, wäre eine vier-öpfige Familie erst ab 40 000 Euro überhaupt steuer-flichtig. Das ist eine familienfreundliche Politik; das istozial.Dass gewisse Gewerkschaftsfunktionäre mittlerweileazu aufrufen, ausgerechnet die Partei, nämlich die SPD,u wählen, die mit der Mehrwertsteuererhöhung umProzentpunkte die unsozialste Politik gegen Arbeit-ehmer gemacht hat, die man machen konnte, finde ichanz schön scheinheilig.
ch habe nicht die Absicht, das in dieser Generaldebatteu verschweigen.Meine Damen und Herren, wir haben in den vergan-enen vier Jahren jedes Jahr Vorschläge gemacht, wieer Staat Geld sparen kann.
ein einziges Mal sind Sie darauf eingegangen. Statt-essen fangen Sie wieder an – im Augenblick mit einerchwarz-gelbe-Socken-Kampagne –, den Menschen ineutschland Angst davor zu machen, dass Union undDP die Mehrheit erlangen und in der nächsten Legisla-urperiode an die Regierung kommen.
Dazu möchte ich Ihnen zunächst einmal sagen, dasss in Deutschland natürlich längst ganz anders läuft, alsie glauben. Nach den letzten Landtagswahlen werdenit Sachsen die sechs größten Bundesländer von Unionnd FDP regiert. Das heißt, von etwas mehr als0 Millionen Deutschen leben drei Viertel, nämlich0 Millionen, mittlerweile in Ländern, die schwarz-elbe Regierungen haben. In diesen Ländern kann jeder)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26319
)
)
Dr. Guido Westerwelleerkennen, dass soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlicheVernunft keine Gegensätze sind, sondern einander be-dingen. Das werden wir auch auf Bundesebene durchset-zen.
Lassen Sie bitte Ihre seltsamen Entgleisungen sein,mit denen Sie in unsere Richtung zielen! Da sind zu-nächst einmal die Plakate, die Sie vor der letzten natio-nalen Wahl, der Europawahl, gedruckt haben; wir ha-ben sie alle gesehen. Es ist schon eine Kunst – dafürhaben Sie bei der Wahl die entsprechende Quittung kas-siert –, dass die SPD auf jedem dritten Plakat vor denHaien der FDP gewarnt hat. Das ist deswegen drollig,weil Sie wissen, wie die Sache ausgegangen ist. Aberauch für uns liegt darin eine gewisse Ironie: Sie habenmehr Plakate gegen die FDP geklebt, als wir Plakate füruns kleben konnten.
Das ist bemerkenswert, weil es nach hinten losgegangenist.Jetzt haben Sie sich etwas Neues ausgedacht. Weil ichin der letzten Woche eine, wie ich finde, Selbstverständ-lichkeit ausgesprochen habe, nämlich dass der Sozial-staat für die Bedürftigen und nicht für die Findigen daist, höre ich beispielsweise von Ihrer Vizechefin, FrauNahles:
Selten wurde in solcher Klarheit zum Ausdruck ge-bracht, dass liberale Politik zulasten der Schwächstengeht.Ich möchte Ihnen einen Auszug aus einem bemer-kenswerten Interview vortragen, das Gerhard Schröder,der immer noch der SPD angehört, einmal gegeben hat.Er hat als Bundeskanzler fast wörtlich das gesagt, wofürSie mich jetzt im Augenblick kritisieren. Er hat nämlichgesagt: Wer arbeiten kann, aber nicht will, der kann nichtmit Solidarität rechnen. Es gibt kein Recht auf Faulheitin unserer Gesellschaft. – Ich habe das fast wortgleichgesagt.
Es ist richtig: Früher hätte sich jeder anständige Sozial-demokrat hinter den anständigen, fleißigen Leuten ver-sammelt und genau dasselbe gesagt. So weit sind Sieheute mit Ihrer linken Gehirnwäsche gekommen.
fuahvhdg–ftHsrDlftEAndMidpwrDDdSggübd
Tatsächlich war es die Haushaltsvorlage mit Rekord-erschuldung, warum wir diese Debatte heute angesetztaben. Ich möchte darauf eingehen, weil es wichtig ist,arüber zu reden, wofür das Geld der Deutschen ausge-eben worden ist.
Es mag ja sein, dass Sie es mit Ihrem Einfluss schaf-en, zu verhindern, dass die Opposition Sie in den wich-igsten Fernsehsendungen stellen kann.
ier müssen Sie es aber ertragen, zu hören, was wir zuagen haben.
Ich will darauf eingehen, wofür das Geld der Bürge-innen und Bürger in Wahrheit ausgegeben worden ist.a ist beispielsweise die Abwrackprämie, die jetzt aus-äuft. 5 Milliarden Euro haben Sie sozusagen über Nachtür die Abwrackprämie gefunden. Das heißt, für alte Au-os hatten wir in Deutschland mal eben 5 Milliardenuro übrig. Gleichzeitig sagen Sie: Bei Bildung undusbildung geht es leider nicht; dafür haben wir zu we-ig Geld in den Staatskassen.Jetzt, wo die Abwrackprämie ausgelaufen ist, weiß je-er, was passiert. Wir wissen nämlich genau, dass dieenschen, die dieses Jahr ein Auto gekauft haben, diesm nächsten Jahr nicht noch einmal tun werden, weil esieses Jahr so schön war. Das kostet natürlich Arbeits-lätze. Aber dieser Abbau findet nach der Bundestags-ahl statt. Darum kann sich ja dann die nächste Bundes-egierung, also wir, kümmern.
iese Art und Weise halte ich für völlig inakzeptabel.ie Reparaturwerkstätten und der Gebrauchtwagenhan-el leiden darunter und sind zum Teil pleitegegangen.ie haben nicht auf die Mittelständler geschaut, die auf-rund der Abwrackprämie pleitegegangen sind. Eine Re-ierung, die mal eben 5 Milliarden Euro für alte Autosbrig hat, soll nie wieder sagen, für faire Steuern und füressere Bildung sei in Deutschland kein Geld vorhan-en. Wir zeigen Ihnen, dass es besser geht.
Metadaten/Kopzeile:
26320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Guido WesterwelleWenn es eine Sache gibt – außer dass die Mittel-schicht geschrumpft ist, dass Sie dafür gesorgt haben,dass die Schulden immer höher werden, und dass von Ih-nen immer höhere Steuern durchgesetzt worden sind; icherinnere an den Wortbruch –,
die unser Land in wirklich große Schwierigkeiten bringt,dann ist es insbesondere die Tatsache, dass Bildung alsBürgerrecht in Deutschland immer mehr infrage gestelltwird.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel – ich rechne das einmal um,weil ein entsprechender Zuruf gemacht wurde –: DieMittel für die Abwrackprämie betrugen 5 MilliardenEuro. Mit diesen Mitteln könnte man ein perfektes Stipen-dienprogramm für Studenten elternunabhängig 25 Jahrelang zahlen.
Das Geld gehört in helle Köpfe
und nicht in alte Autos. Sie verstehen es nicht.Im Zusammenhang mit der Bildung müssen wir fest-halten, dass uns die OECD in diesem Jahr bescheinigthat, dass in keinem vergleichbaren entwickelten Landder Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft undden Bildungschancen eines Kindes so unerfreulich istwie hier in Deutschland.
Sie können nicht so tun, als seien daran andere schuld.Sie meinen immer, für Krisen und Missstände sei dieOpposition verantwortlich. Ich darf darauf aufmerksammachen: Sie regieren seit elf Jahren –
erst mit dem Finanzminister Lafontaine, dann mit demFinanzminister Eichel und jetzt mit dem FinanzministerSteinbrück. Für die Prioritätensetzung, die in der Finanz-politik falsch gelaufen ist, können Sie nicht die Opposi-tion verantwortlich machen. Dafür sind Sie verantwort-lich. Sie hatten die Macht. Sie haben nichts gemacht.
Ich kann der Koalition insgesamt einen Vorwurf nichtersparen.
Sie sagen, es gebe eine zersplitterte Bildungslandschaft.Frau Bundeskanzlerin, Sie sagen, eine Familie müssearK–msublDBsbkiEiBBsdmSFnefgUwsDIlnOAddrswBimS
ie Föderalismusreform hat doch die Zersplitterung derildungslandschaft befördert. Dafür tragen Sie gemein-am die Verantwortung.Meine Damen und Herren, es ist so, dass wir nicht nureim Thema „Leistungsbereitschaft, Leistungsgerechtig-eit, soziale Verantwortung“ und beim Thema Bildungn unserem Land nicht wirklich vorangekommen wären.s ist auch notwendig, dass wir in dieser letzten Debatte,n der wir über diese vier Jahre der Großen Koalitionilanz ziehen, über ein Kernanliegen, das gerade von derundeskanzlerin wieder verteidigt worden ist – die Ge-undheitsreform –, reden. Diese Gesundheitsreform,ie Sie in Kraft gesetzt haben, und der Gesundheitsfondsachen alles teurer, und nichts wird besser.
ie wissen das auch. Beitragserhöhungen waren dieolge. Im nächsten Jahr sollen – so ist die Finanzpla-ung der Regierung – allein 12 Milliarden Euro an Steu-rgeldern in das bürokratische Monstrum Gesundheits-onds gesteckt werden.Ich will hier in aller Ruhe und in großer Klarheit sa-en – auch Ihnen, meine Damen und Herren von dernion –: Diese Gesundheitspolitik von Ulla Schmidtird in einer Koalition aus Union und FDP beendet, weilie zulasten der Bürgerinnen und Bürger in ganzeutschland geht. Ich sage das, damit das klar ist.
ch freue mich – Herr Ramsauer, Sie werden es sicher-ich gleich Herrn Seehofer erzählen –, dass ich in ihm ei-en kräftigen Verbündeten haben werde.
der hat Herr Söder das, was er dazu gesagt hat, nicht inbstimmung mit seiner Partei gesagt?Meine Damen und Herren, es ist dringend notwendig,ass wir in dieser Richtung vorankommen. Wir haben iniesem Hause in den Generaldebatten über einen Be-eich, der meines Erachtens durch eine erhebliche Ver-chlechterung gekennzeichnet ist, selten diskutiert. Ichill es trotzdem tun. Ich sprach eben von Bildung alsürgerrecht. Das Thema, wie mit den Bürgerrechtennsgesamt in den letzten Jahren umgegangen worden ist,üsste uns hier beschäftigen. Unter Rot-Grün mit Herrnchily hat es begonnen; unter Schwarz-Rot mit Herrn
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26321
)
)
Dr. Guido WesterwelleSchäuble wurde es fortgesetzt: Es hat noch nie so wenigRespekt seitens der Mehrheit gegenüber den Bürgerrech-ten gegeben. Noch nie wurden Entscheidungen einer Re-gierung vom Verfassungsgericht in Karlsruhe so oft kas-siert. Das muss hier erwähnt werden.
Wir halten es für einen wirklichen Fehler, dass mandiese Politik weiter fortsetzt. Bürgerrechte sind die Frei-heitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen da-rauf, dass sie stärker geschützt und respektiert werden.Gläserner Patient, gläserner Bankkunde, gläserner Steu-erzahler, gläserner Autofahrer, Aufhebung des Bank-geheimnisses usw. usf. – eine solche Politik darf es nichtlänger geben.Wie oft hört man von den Konservativen: Wer nichtszu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.
– Sie rufen: Richtig! Das ist Obrigkeitsdenken.
Jeder selbstbewusste Bürger in dieser Gesellschaft musssagen: Weil ich nichts zu verbergen habe, verbitte ich esmir, vom Staat wie ein gemeiner Krimineller unter Ge-neralverdacht gestellt und permanent überwacht zu wer-den. Das müsste in diesem Land unser Anspruch sein.Wir sind die Volksvertreter und damit auch diejenigen,die Bürgerrechte schützen sollen.
In der Energie- und Umweltpolitik ging es in Wahr-heit nicht um einen rationalen Energiemix, sondern esherrschte Irrationalität. Zwar hat der UmweltministerKnut aus dem Berliner Zoo adoptiert, aber das war wohldas Einzige, das in Erinnerung bleibt.
Eine solche Umweltpolitik ist mit Abstand zu wenig.Das ist in Wahrheit nur Kulisse. Eine vernünftige Um-weltpolitik will das Zeitalter der erneuerbaren Energienerreichen. Aber sie weiß auch, dass wir in dieses Zeit-alter Brücken brauchen.
Es macht keinen Sinn, dass wir in Deutschland die mo-dernsten Energieanlagen der Welt abschalten, um amTag danach den Strom aus sehr viel unsichereren Kraft-werken, vorzugsweise aus dem Ausland, einzukaufen.
Deswegen brauchen wir eine neue, vernünftige, rationaleEnergiepolitik mit einem rationalen Energiemix.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in sol-chen Generaldebatten üblich, Klartext zu reden. Wir ha-ben eine solche Debatte nicht angesetzt, damit Sie in derGroßen Koalition eine Bühne bekommen, um sich ge-gWrDpa–üskbdrMlDAHAliJdtddbwstkWgdi
Ja, damit habt ihr wenigstens einen Zuschauer. Es istberhaupt keine Frage, dass ich mir das anschaue.
In Wahrheit geht es um etwas anderes: Es geht um un-er Land. Unser Land braucht eine Politik, die an die Zu-unft denkt und nicht nur in der Krise stecken bleibt. Wirrauchen eine Politik der klaren Verhältnisse: Raus auser Großen Koalition, aber nicht rein in eine Linksregie-ung! Wir brauchen eine klare bürgerliche Mehrheit deritte. Dafür stehen wir.Ich danke sehr für Ihre freundliche Aufmerksamkeit,iebe Genossinnen und Genossen.
Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen,r. Frank-Walter Steinmeier.Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desuswärtigen:Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! In 19 Tagen wird ein neuer Bundestag gewählt.
uch wenn manche im Augenblick statt von der Wahlieber vom Wetter reden, Herr Koppelin: Den Menschenst klar – seien Sie gewiss –, dass wir vor schwierigenahren stehen, Jahren, die unser Land prägen und verän-ern werden, entweder zum Besseren oder zum Schlech-eren. Es geht darum, ob wir bereit und in der Lage sind,ie richtigen Lehren aus den Krisen zu ziehen, ob wir iner Lage sind, die soziale Balance in diesem Lande zuehalten, und ob wir uns auf den Weg hin zu einemirklich nachhaltigen Wachstumsmodell machen.
Ich bin sicher, die Menschen werden ganz genau hin-chauen, Herr Westerwelle, wer die richtigen Antwor-en auf die Fragen der Vergangenheit hat und wer einelare Vorstellung davon hat, wohin die Reise gehen soll.er sich den notwendigen Lehren aus der Krise verwei-ert, der wird nicht mit seiner Politik scheitern, sonderner wird schon bei den Wahlen scheitern; das garantierech Ihnen.
Metadaten/Kopzeile:
26322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierWir haben in den letzten Monaten auch Glück gehabt;das ist wahr. Aber dass die Krise die Menschen inDeutschland nicht mit aller Wucht getroffen hat, dasalles ist doch nicht vom Himmel gefallen. Wir haben inDeutschland Brücken gebaut, die bisher einigermaßengetragen haben. Das ist doch nichts anderes, HerrWesterwelle, als das Ergebnis von Politik.Trotz des Wahlkampfs sage ich: Das ist ein gemeinsa-mer Erfolg aller Beteiligten. Deshalb will ich die Gele-genheit nutzen, während der letzten Rede im DeutschenBundestag in dieser Legislaturperiode allen Abgeordne-ten, gleich welcher Partei, zu danken. Ich weiß, dass wirüber vieles gestritten haben; auf einzelne Instrumentewerde ich gleich eingehen. Ich weiß, dass wir in Aus-schüssen und im Plenum gestritten haben, dass wir nachKompromissen gesucht haben. Am Ende haben wir aber– auch das ist die Wahrheit – unter unglaublichem Zeit-druck im September und im Oktober vergangenen JahresEntscheidungen gefällt, von denen ich überzeugt bin,dass sie den allermeisten Menschen in Deutschland auchweitergeholfen haben. Ich danke Ihnen dafür, dass dasgelungen ist.
Ich darf noch einmal an die Diskussionen über denweit gespannten Rettungsschirm für die Banken erin-nern, die wir zu Recht geführt haben. Der Rettungs-schirm hat immerhin verhindert, dass es bei uns zu ei-nem Zusammenbruch größerer Institute gekommen ist.Ich darf an den Streit erinnern, den wir darüber geführthaben, ob es ein Konjunkturprogramm geben soll und,wenn ja, in welchem Umfang. Wir haben das miteinan-der entschieden. Ich darf daran erinnern, dass wir für einInvestitionsprogramm für Städte und Gemeinden ge-kämpft haben. In all Ihren Orten zu Hause sind in denSommerferien Schulen und Kindergärten saniert wor-den.
Ich stehe auch, Herr Westerwelle, für die Umwelt-prämie. Das sage ich Ihnen ganz offen. Es ist nämlichkein guter Ratschlag, den Menschen zu sagen: Wir ha-ben noch schwierige Monate und Jahre vor uns, deshalbwäre es gut gewesen, die 250 000 Arbeitsplätze sofortpreiszugeben. Das ist doch kein Ratschlag für eine Re-gierung und für ein Parlament: „auf besseres Wachstumhoffen“.
Ich erwähne ausdrücklich die Diskussion um dasKurzarbeitergeld. Wir haben auf Vorschlag von OlafScholz hin nicht nur die Bezugsdauer verlängert,sondern wir haben es vor allen Dingen attraktiver ge-macht. Zehntausende Unternehmen in Deutschlandnutzen die Möglichkeit der Kurzarbeit.All das zusammengenommen – ich will kein einzel-nes Instrument zu weit hervorheben –, stelle ich fest:Dieser Mix von Instrumenten war es, der am Ende dazugAmggfsbp–pf–KurlLmm2fMUBKdihdmt–nIdMgrRdbpH
Ich möchte besonders einen Kollegen hervorheben.ieber Peter Struck, du warst so etwas wie der Haus-eier der Großen Koalition. Du warst derjenige, der im-er gesagt hat: Die beiden großen Volksparteien haben005 keinen Wahlkampf für eine Große Koalition ge-ührt, aber es war eben das Ergebnis des Wählervotums.it Blick auf die vergangenen vier Jahre sage ich imnterschied zu Ihnen, Herr Westerwelle: Wir haben daseste daraus gemacht. Dass die Bilanz der Großenoalition, dass die Bilanz dieser Regierung eine sozial-emokratische Handschrift trägt,
st ganz wesentlich das Verdienst von Peter Struck. Des-alb dir, lieber Peter, ganz herzlichen Dank.
Ich bleibe dabei: Unser politisches System hat sich iner wirtschaftlichen Krise bewährt. Eines ist mir und deneisten von Ihnen, denke ich, aber auch klar: Das Ver-rauenskapital, das wir uns in den letzten Monatendavon bin ich überzeugt – erarbeitet haben, darf jetzticht leichtfertig verspielt werden.
ch bin davon überzeugt, dass es weltweit eine Rückkehrer Politik geben wird. Der Glaube an die ungehemmtenarktkräfte ist erschüttert. Nur einige Großbanken – dasilt auch für Deutschland – glauben noch an die Selbst-einigungskräfte des Bankensektors und an erzielbareenditen von über 25 Prozent. Und weil das so ist, mussie Politik gerade jetzt am Ball bleiben. Gerade jetztrauchen wir eine mutige Politik, eine Politik mit Kom-ass und Richtung. Wer, wie mancher hier im Hause,err Westerwelle, bei dem Begriff Sozialstaat in erster
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26323
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierLinie an bezahlte Faulheit denkt, der hat diesen Kom-pass eben nicht.
Wer in einer solchen Situation, in der den meisten inDeutschland klar ist, was in den nächsten Monaten undJahren auf uns zukommen wird, massive Steuersenkun-gen verspricht, täuscht die Wähler über das hinweg, wasin diesem Land wirklich möglich ist. Und auch das kos-tet Vertrauen in Demokratie.
Eines darf ich Ihnen hier im Saal und darüber hinausversichern: Mit meiner Partei, mit der SPD, wird es kei-nen Abbau des Sozialstaates geben. Mit der SPD bleibtes bei einem handlungsfähigen Staat.
Damit kein Missverständnis über das Staatsverständnisder SPD aufkommt: Wenn ich von einem handlungsfähi-gen Staat spreche, dann meine ich nie einen Staat, derdie Bürger von morgens bis abends bevormundet, son-dern dann rede ich von einem Staat, der in der Lage ist,Beistand zu leisten. Und wie notwendig das ist, sehenwir doch gerade jetzt, in der Krise.
Ich bin fest davon überzeugt – das entspricht nichtdem Programm der FDP –, dass wir vor Jahren stehen, indenen der Rückzug des Staates nicht mehr auf dem Pro-gramm stehen wird. Ganz im Gegenteil: Was wir brau-chen, ist nicht ein Rückzug des Staates, sondern dieRückkehr von Politik.
Deshalb sage ich: Die Jahre, die vor uns liegen, werdenentweder mutige Jahre der Gestaltung, oder es werdenverlorene Jahre sein, Herr Westerwelle. Die letzten wa-ren es nicht, meine Damen und Herren.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir daswirklich wollen, wenn wir die Kraft haben, wenn wirden Mut haben und wirklich einsteigen, den internatio-nalen Finanzmärkten neue Regeln geben können. Sieerinnern sich: Peer Steinbrück und ich haben Anfang desJahres Vorschläge dazu gemacht. Wir haben das, was wirfür notwendig halten, auch auf den Tisch dieses Hausesgelegt. Peer, dir einen ausdrücklichen Dank für deinenunermüdlichen Einsatz. Lass dich bitte nicht unterkrie-gen, nicht in Pittsburgh, nicht in Brüssel und erst rechtnicht zu Hause.
Wir können die Weichen in der Wirtschaft anders stel-len. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir sie andersstellen müssen: weg vom schnellen Geld, weg von einerPolitik der Ausplünderung von Unternehmen und hin zumIddkamDKrFfdvwsssmEiUimvugcdAMafEnamlarklzAmie
Ich habe – im Unterschied zu vielen anderen – gesagt,ie ich mir den Weg in die Zukunft dieses Landes vor-telle. Ich habe das Konzept dazu öffentlich zur Diskus-ion gestellt. Ich habe dargestellt, wo wir ansetzen müs-en, um Arbeit, Arbeitsplätze und Wohlstand vonorgen zu schaffen.
s geht um Energie- und Ressourceneffizienz. Wir sindnmitten einer großen, einer gewaltigen technologischenmwälzung. Stichwort Effizienzrevolution: Niemandn der Welt ist besser aufgestellt als wir in Deutschlandit leistungsfähigen Großunternehmen, mit einem inno-ativen Mittelstand, mit hervorragenden Ingenieurennd Facharbeitern. Ich sage Ihnen: Wenn uns daselingt, wenn wir den Mut und die Kraft haben, die Wei-hen jetzt richtig zu stellen, dann können wir Ausrüsterer Welt von morgen sein. Ich füge hinzu: Wir müssenusrüster der Welt sein, wenn wir Arbeitsplätze undenschen mit der dafür erforderlichen Qualifikation inusreichender Zahl bei uns halten wollen.
Ich freue mich, dass über diese Vorschläge eine öf-entliche Diskussion entstanden ist. Entgegen mancherrwartung ärgere ich mich nicht; denn Kritik gab esicht aus der Fachwelt, nicht aus der Wirtschaft, sondernllenfalls von der politischen Konkurrenz. Einige habenir vorgehalten, das Ziel Vollbeschäftigung sei unred-ich. Ich sage: Ich werde mich niemals mit Massen-rbeitslosigkeit in diesem Lande abfinden.
Noch viel wichtiger ist mir aufgrund meiner Erfah-ung in der Politik: Wer sich keine anspruchsvollen,eine hohen Ziele setzt, wird immer hinter seinen Mög-ichkeiten bleiben. Deshalb sage ich: Nur wer die Dingeusammen sieht, nur wer sieht, wie Bildung, Forschung,rbeitsmarkt, Integration und Gleichstellung zusam-enwirken und ineinandergreifen, wird in der Lage sein,n diesem Lande die Weichen richtig zu stellen. Wir sinds.
Metadaten/Kopzeile:
26324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Ich nenne nur ganz kurz ein Beispiel zur Energiepoli-tik: Ich finde es richtig, dass wir uns im letzten Jahr auf-gemacht haben, Vorreiter bei der Klimapolitik zu sein.Aber es geht nicht an, dass wir auf der einen Seite inter-national Musterschüler sind und auf der anderen Seite imWahljahr hier bei uns zu Hause Energiepolitik von ges-tern machen.
Deshalb sage ich ganz deutlich: Wer jetzt ein Zurück zurKernenergie proklamiert, der dreht die Energiewendezurück,
der wird dafür sorgen, dass wir den Vorsprung, den wirim Augenblick bei der neuen Energietechnologie haben,sehr schnell wieder einbüßen. Er wird vor allen Dingendafür sorgen, dass die Arbeitsplätze, die wir in diesemBereich so dringend brauchen, in Zukunft nicht mehrentstehen.Eine letzte Bemerkung mit Blick auf den vergangenenSamstag: Wer den Atomkonsens von 2000 infrage stellt,reißt einen alten gesellschaftlichen Großkonflikt in die-sem Lande wieder auf. Frau Merkel, Sie kennen dasnoch aus den 90er-Jahren: volle Zwischenlager, ver-strahlte Castoren und kein Ausweg in der Energiepolitik.Das ist jedenfalls nicht die Energiepolitik, die unserLand braucht. Deshalb sage ich mit Sigmar GabrielsWorten: Es muss beim Ausstieg aus der Atomenergiebleiben.
Wenn ich von Weichenstellungen rede, dann geht esum Arbeit und Umwelt, aber auch um Löhne undGehälter. Es muss in diesem Hause doch ein gemeinsa-mer Grundsatz sein, dass Menschen, die arbeiten, vonihrem Lohn auch vernünftig leben können müssen.
Das ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern – dasist mir mindestens genauso wichtig; das sage ich mitgroßer Ernsthaftigkeit – das ist auch ein Gebot wirt-schaftlicher Vernunft. Denn unser deutsches Wirtschafts-modell wird nur dann nachhaltig sein, wenn wir einenstarken Export haben; dafür arbeite ich. Wir dürfen unsaber nicht nur auf den Export stützen, sondern müssengleichzeitig auch für eine starke Binnennachfrage sor-gen. Anders funktioniert das nicht. Das ist nicht nur einsozialdemokratischer Wachstumstraum, sondern das,worüber ich rede, ist auch eine wirtschaftliche Notwen-digkeit. Deshalb brauchen wir in unserem Land anstän-dige Löhne, meine Damen und Herren.
Wer anständige Löhne will, der muss auch den zwei-ten Schritt tun und sagen: Da Löhne Angelegenheitender Tarifvertragsparteien sind, brauchen wir auch starkeGewerkschaften, die darüber verhandeln. Wie Sie wis-sen, bin ich viel unterwegs, und ich weiß, dass dieserRribSsdAac–afcsBdsdnunsaIhhdmhknegdiGdWwkzdmhdv
Wir sind in dieser Frage ein Stück vorangekommen,ber nicht weit genug. Ich kämpfe vor allen Dingen da-ür, dass das, was wir erreicht haben, nicht rückabgewi-kelt wird. Darum geht es.
Die zentrale Aufgabe des nächsten Jahrzehnts – dasage ich nicht einfach nur so daher – wird das Themaildung sein. Sie werden bestimmt sagen: Das sagt je-er. Das ist wahr, das sagen alle. Bildung ist die Schlüs-elaufgabe, der wir uns stellen müssen. Gelingt es uns, iniesem Bereich Fortschritte zu machen, wird uns auch dasächste Jahrzehnt gelingen, mit ordentlichem Wachstumnd zum Vorteil unserer Gesellschaft. Wenn wir aberichts tun, wenn wir die Weichen falsch oder gar nichttellen, dann haben wir im nächsten Jahrzehnt beides:uf der einen Seite einen Mangel an Facharbeitern undngenieuren und auf der anderen Seite trotzdem eineohe Arbeitslosigkeit. Diesen Weg dürfen wir nicht ge-en. Deshalb müssen wir die Weichen beim Thema Bil-ung richtig stellen.
An dieser Stelle widerspricht noch keiner. Aber dieeisten werden unterschiedliche Vorstellungen davonaben, welche Konsequenzen das hat. Ich sage: Bildungostet Geld, und wir dürfen uns in den nächsten Jahrenicht künstlich arm machen. Wer es mit der Bildungrnst meint, der muss auch bereit sein, dafür Geld auszu-eben. Dafür muss aber auch Geld eingenommen wer-en.
Ich weiß, dass es im Wahlkampf nicht ganz einfachst, Vorschläge zu machen, woher das dafür benötigteeld kommen soll; auch wir haben intern lange überiese Frage diskutiert. Wir sind allerdings der Meinung:enn wir beim Thema Bildung ernst genommen werdenollen, dann müssen wir auch sagen, woher das Geldommen soll. Ich habe die Einführung eines zweipro-entigen Aufschlags auf den Spitzensteuersatz, den Bil-ungssoli, vorgeschlagen. Das wäre verträglich. Ich habeit vielen Wirtschaftsvertretern Gespräche geführt. Manat mir gesagt: Wenn ihr wirklich sicherstellen könnt,ass das Geld, das dadurch reinkommt, für die Bildungerwandt wird, dann bin ich bereit, das zu zahlen. – Ich
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26325
)
)
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeiersage: Wenn wir das machen, dann geht jeder Cent davonin die Bildungspolitik, dahin, wo er dringend gebrauchtwird.
Nun geht diese Legislaturperiode zu Ende, und Ge-setze werden nicht mehr gemacht.
Dennoch tragen wir noch ein paar Tage gemeinsam dieRegierungsverantwortung. Frau Merkel, Sie werden zu-sammen mit Peer Steinbrück die Bundesregierung aufdem G-20-Gipfel vertreten. Sie haben erklärt, dass Siesich für strenge Regeln für die internationalen Finanz-märkte einsetzen wollen. Ich versichere Ihnen: Meineund unsere Unterstützung haben Sie dabei.
Glaubwürdig wird die deutsche Öffentlichkeit diesePosition aber nur dann finden, wenn wir das, was wir in-ternational fordern, auch zu Hause tun.
Unser Oberlateiner kommt gleich noch. Hic Rhodus,hic salta, würde er wahrscheinlich sagen. Aber ich mussanfügen, dass es mit der CDU/CSU leider über vieleMonate hinweg nicht möglich war, die steuerliche Ab-setzbarkeit von Abfindungen, die sich nicht nur auf diefesten, sondern auch auf die variablen Bestandteile vonGehältern beziehen, einzuschränken.
Es war auch nicht möglich, den Boni-Wahnsinn ernsthaftzu begrenzen. Wir hatten vorgeschlagen, den festen undden flexiblen Gehaltsbestandteil in ein vernünftiges Ver-hältnis zu bringen. Das ist uns leider nicht gelungen. Sobleibt es eine Aufgabe für die kommenden internationa-len Verabredungen. Peer Steinbrück wird in Pittsburghdafür kämpfen. Ich möchte Sie, Frau Bundeskanzlerin,bitten, ihn darin mit Nachdruck zu unterstützen.
19 Tage sind es noch bis zur Bundestagswahl. Ich binso gespannt wie Sie alle. Sie wissen, dass wir bis zumletzten Tag gespannt bleiben werden, weil sich die Men-schen offenbar immer später entscheiden und weil manin einem Parlament mit vermutlich sechs Parteien immerschlechter voraussagen kann, in welchen Konstellatio-nen und Koalitionen es nach der Wahl weitergeht, wel-ches Bündnis regieren wird. Deutschland braucht jeden-falls – darum geht es mir nur – in den nächsten vierJahren eine Regierung, die von dem Willen, zu gestalten,beseelt ist;
eine Regierung, die mit aller Kraft die Arbeitslosigkeitbekämpft; eine Regierung, die Arbeit zu fairen Bedin-gruddDfsgmaldrwrsaIiuweuSDjw
Ich wünsche meinem Land, dass ihm eine andere Re-ierung erspart bleibt, eine Regierung nämlich, die sichit weniger zufriedengibt; eine Regierung, die den Staatrm macht; eine Regierung, die das Gesundheitswesenieber privatisieren als stabilisieren will; eine Regierung,ie den Kündigungsschutz schwächen will; eine Regie-ung, die die Mitbestimmung als Folklore abtut. Ichünsche mir, dass das an unserem Land vorbeigeht.
Aber mir geht es wie Ihnen, meine Damen und Her-en: Die Wählerinnen und Wähler werden ihr Urteilprechen. Ich kann Ihnen versichern: Dieses Urteil wirdnders ausfallen, als sich das manche hier wünschen.
ch bin fest davon überzeugt: Dieses Land, Deutschland,st ein sozialdemokratisches Land,
nd es gibt nur eine Sozialdemokratische Partei. Deshalberden sich Ihre Blütenträume von Schwarz-Gelb nichtrfüllen. Das war 2002 nicht so, das war 2005 nicht so,nd das wird 2009 wieder nichts.Herr Westerwelle, es geht um unser Land – da habenie recht –, aber es geht nicht um Sie.
Das Wort hat der Vorsitzende der Fraktion Die Linke,
r. Gregor Gysi.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habeetzt drei Wahlkampfreden gehört. Es wird Sie nichtundern: Sie alle haben mich nicht überzeugt,
Metadaten/Kopzeile:
26326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Gregor Gysiwobei ich sagen muss: Bei Frau Merkel habe ich ver-standen, dass sie Kanzlerin bleiben will. Welche Politiksie machen will, kam aber irgendwie nicht zum Aus-druck. Dann habe ich Sie, Herr Steinmeier, nicht ganzverstanden; das ging ein bisschen durcheinander. WollenSie Vizekanzler bleiben oder mit uns koalieren? Dashabe ich jetzt nicht richtig verstanden.
Bei Herrn Westerwelle habe ich verstanden, dass erVizekanzler werden will. Das alles kann aber doch keineWahlmotivation sein.Im Übrigen verstehe ich die FDP und die SPD nicht.Warum kämpfen Sie die ganze Zeit gegeneinander? Wersich ernsthaft entschieden hat, die FDP zu wählen, derkommt doch nicht zur SPD, und wer sich, aus welchenGründen auch immer, entschieden hat, die SPD zu wäh-len, der kommt doch nicht zur FDP.
Ich wollte Ihnen nur sagen: Das können Sie beide ein-fach vergessen.
In einem Punkt muss ich Herrn Stiegler verteidigen,Frau Merkel: Sie können keinen Applaus mehr anord-nen; das geht nicht mehr. Die Zeiten sind vorbei. Wennman nicht klatschen will, dann lässt man das einfachbleiben.
Das ist Ihnen gar nicht aufgefallen: Es gab schon dreiLandtagswahlen. Ich darf das hier einmal sagen: Wirhaben in Sachsen gut, in Thüringen sehr gut und imSaarland gigantisch abgeschnitten. Das darf man docheinfach einmal feststellen.
Ich möchte jetzt der SPD und den Grünen nur zweiTakte sagen: Erstens. Wenn man drittstärkste Kraft ist,dann kann man nicht so tun, als ob die Wählerinnen undWähler der SPD einen doppelten Wert haben wie dieWählerinnen und Wähler der Linken. Das steht wederim Grundgesetz noch in der Landesverfassung von Thü-ringen. Man muss einmal lernen, Wahlergebnisse zu re-spektieren. Das ist doch nicht zu viel verlangt, auch vonder SPD nicht.
Zweitens. Ich habe festgestellt, dass die SPD und dieGrünen in Thüringen und die Grünen im Saarland dieSondierungsgespräche weit hinter den 27. September2009 hinausschieben wollen.–nSrlsSwdEddlWdcMavgbsBrWwenwWznU–Jwkngk
Hören Sie doch einmal zu! – Dazu möchte ich Ihnenur Folgendes sagen: Ich verstehe Sie beide. Sie von derPD sagen sich: Wenn wir zur Union gehen, dann verlie-en wir Stimmen, wenn wir zur Linken gehen, dann ver-ieren wir auch Stimmen. Sie von den Grünen sagenich: Wenn wir zur Union gehen, dann verlieren wirtimmen, wenn wir zur Linken gehen, dann verlierenir auch Stimmen. Deshalb denken Sie: Verschieben istas Beste.
ines sage ich Ihnen beiden aber auch: Wer verschiebt,er verliert auch Stimmen. Und das ist auch richtig so.
Jetzt komme ich zur Politik zurück. Mit Ausnahmeer Linken gibt es in diesem Bundestag doch in Wirk-ichkeit eine Konsenssoße. Es gibt zwei nennenswerteidersprüche zwischen Ihnen: der eine bei der Nutzunger Atomenergie – Herr Steinmeier hat das angespro-hen –, der andere beim flächendeckenden gesetzlichenindestlohn; das stimmt. Dann ist bei den Kernfragenber auch Schluss.Nehmen wir den Krieg in Afghanistan, über den wirorhin diskutiert haben. Sie alle sind einer Meinung undlauben im Ernst, man könne Terrorismus mittels Kriegekämpfen. Ich sage Ihnen: Im Krieg sterben immer Un-chuldige und Unbeteiligte. Dabei entsteht Hass, und diein Ladens nutzen diesen Hass, um neue Terroristen zuekrutieren. Deshalb ist das das völlig falsche Mittel.ir müssen raus aus der Spirale der Gewalt, geradeenn wir den Terrorismus bekämpfen wollen.
Deutschland ist inzwischen der drittgrößte Waffen-xporteur der Welt. Es gibt keinen Krieg, an dem wiricht mitverdienen. Solange an Kriegen so viel verdientird, hören sie auch nicht auf. Das müssen wir ändern.ir müssen den Waffenexport verbieten.
Nehmen wir einen weiteren Punkt: die Rentenkür-ung. Sie haben die Rentenformel und damit das Renten-iveau geändert. Darin waren sich wieder alle vier einig:nion, FDP, SPD und Grüne.
Natürlich. Sie alle haben die Rentenkürzung um zweiahre beschlossen. Ich sage Ihnen eines: Was mich daranirklich stört, ist, dass nicht einmal die SPD auf die Ideeommt – bei der Interessenlage der anderen kann ich esoch irgendwie nachvollziehen –, einen anderen Weg zuehen. Wir könnten doch drei Punkte beschließen. Wirönnten erstens regeln, dass in der künftigen Generation
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26327
)
)
Dr. Gregor Gysinicht nur die abhängig Beschäftigten, sondern alle, dieein Einkommen beziehen – auch Abgeordnete, Ärztin-nen und Rechtsanwälte –, in die Rentenkasse einzahlenmüssen. Das wäre ein gewaltiger Schritt.
Zweitens könnten wir die Beitragsbemessungsgren-zen aufheben. Dann muss eben ein Siemens-Chef seinenBeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung aus seinemgesamten Einkommen statt nur aus einem kleinen Teildavon zahlen. Als dritter Punkt sollte der damit verbun-dene Rentenanstieg abgeflacht werden.Das wären drei Reformen. Dann könnte jeder einevernünftige gesetzliche Rente erhalten. Aber die SPDhat zugestimmt, die Rente einfach um zwei Jahre zu kür-zen, und dann sagen Sie, Herr Steinmeier, dass Sie kei-nen Sozialabbau mitmachen. Eine Rentenkürzung umzwei Jahre ist doch wohl ein gigantischer Sozialabbau.
Nehmen wir die Agenda 2010 und die Hartz-IV-Gesetze. Sie alle sind für Hartz IV. Wir sagen: Das istein Akt falscher Gleichmacherei und ein Akt der Demü-tigung. Deshalb wollen wir Hartz IV überwinden. Aberwir sind in diesem Bundestag die Einzigen, die das wol-len.
– Ja, ja. Nachher stimmen wir über einen Antrag ab.Darauf bin ich schon gespannt. Darin geht es um die Er-höhung des Schonvermögens. Das fordert auch die FDP.Mal sehen, wie Sie nachher abstimmen.Ich war bei Hart aber fair zu Gast.
Dort trat eine Frau auf, die teilzeitbeschäftigt ist und zu-sätzlich ALG II bekommt. Deren Tochter hat in denFerien drei Wochen gearbeitet, um sich von dem dabeiverdienten Geld eine Gitarre zu kaufen, und dann hat dasAmt der Frau mitgeteilt, dass ihr dieses Geld vomALG II abgezogen wird. Ich finde, das ist ein Skandal.Nachher können wir entscheiden, dass das ein Ende hat.Mal sehen, was Sie nachher beschließen. Ich bin sehr ge-spannt.
Sie alle haben die Senkung des Spitzensteuersatzesbeschlossen. Herr Steinmeier, Sie wollen ihn um zweiProzentpunkte erhöhen. Ich darf Sie daran erinnern, dasswir unter Herrn Schröder mit einem Spitzensteuersatzvon 53 Prozent begonnen haben, den Sie auf 42 Prozentgesenkt haben. Davon hat Kohl nur geträumt. Er hat sichdas nie getraut. Das haben die SPD und die Grünen um-gesetzt. Das ist die Wahrheit, und das führte dann letzt-lich auch zu einem Sozialabbau.
Keine andere Partei im Bundestag außer der Linkenwill eine Vermögensteuer, auch die Grünen nicht. SiewaznSsWspowuitsduhreVpsrmddaSdibSsHkkDkmul4vmmbbgSw
Metadaten/Kopzeile:
26328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Hat sich strukturell irgendetwas an der Situation derOstdeutschen durch Sie in den letzten vier Jahren ver-bessert? – Gar nichts!
Noch immer wird mir erzählt, geringerer Lohn bei län-gerer Arbeitszeit im Osten führe zum Abbau der Ar-beitslosigkeit. Aber sie ist dort noch immer doppelt sohoch. Wenn eine naturwissenschaftliche These durch ein19-jähriges Experiment widerlegt ist, könnten Sie end-lich sagen: gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei gleicherArbeitszeit. Das sagen diejenigen, die vereinigen wollen.
Nehmen wir den Niedriglohnsektor als Beispiel.19 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse in den altenBundesländern sind Niedriglohnverhältnisse. In denneuen Bundesländern sind es 41 Prozent. Teilzeitbeschäf-tigungsverhältnisse: Insgesamt macht das 17 Prozent derBeschäftigungsverhältnisse in den alten Bundesländernaus, aber 65 Prozent der Arbeitsverhältnisse in denneuen Bundesländern. Ein weiteres Beispiel: Nach wievor haben wir keine gleiche Rente für gleiche Lebens-leistung. Wir haben dazu 17 Anträge gestellt. Ichmöchte, dass Sie, Frau Merkel, und Sie, Herr Steinmeier,aber auch Sie, Herr Westerwelle, und Sie, Frau Künastund Herr Trittin, den Menschen im Osten nur drei Fra-gen beantworten: Warum dürfen geschiedene Frauen ausder ehemaligen DDR – im Unterschied zu allen anderenFrauen – keinen Versorgungsausgleich bekommen, wiewir es beantragt haben? Warum stimmen Sie nicht derKorrektur zu, dass die 1990 gestrichenen Anwartschafts-jahre von Hausfrauen, die über Jahre „Marken geklebt“und Anwartschaftsjahre erworben haben, wieder aner-kannt werden? Warum können Sie all dem nicht zustim-men?
Warum können Sie nicht der Korrektur der 1990 gestri-chenen gesetzlichen Rentenansprüche von eingetragenenFamilienmitgliedern privater Handwerker zustimmen?WdASFzlSulsSsdismeWmNddgGpIfHlIn1vmskB
Das Wort hat die Vorsitzende der Fraktionündnis 90/Die Grünen, Renate Künast.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26329
)
)
Vizepräsidentin Petra Pau
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur miteinem Satz auf die sehr engagierte Rede des KollegenGysi eingehen: Lieber Gregor Gysi, wärst du doch ein-fach in Berlin Wirtschaftssenator geblieben und hättestdort all die guten Ideen realisiert, über die du hier gere-det hast,
dann hättest du dich hier nicht mit so einem hochrotenKopf engagieren müssen. Wir allerdings hätten dann ge-wusst, ob den guten und engagierten Worten auch jemalsTaten folgen. Interessiert hätte es mich schon.
Ich will es damit bewenden lassen und einige Wortezur Bundeskanzlerin und ihrer heutigen Rede zur Situa-tion Deutschlands sagen. Diese Rede der Bundeskanzle-rin war nicht wegweisend, sondern das war im Gegenteildie typische Schlafwagenrede von Angela Merkel – mankann auch sagen: eine Valiumrede –, die dem Drei-Punkte-Schema folgte: erstens das Thema benennen,zweitens eine Frage stellen und sich drittens um die Ant-wort drücken. Das hat sich durch ihre komplette Redegezogen.
Wir haben die Situation, dass diese Gesellschaft unddieses Land vor wirklich tiefgreifenden Problemen ste-hen. Wir haben den Klimawandel, also das größteMarktversagen, das wir kennen. Wir haben eine durchein zutiefst ungerechtes Bildungssystem blockierte Ge-sellschaft. Wir haben die höchste Verschuldung seit60 Jahren. Wir haben eine Weltwirtschafts- und Finanz-krise mit Kurzarbeit und vermutlich bevorstehendenEntlassungen. Sie, Frau Merkel, haben fast alle Themenbenannt, aber keine einzige Antwort gegeben. Das reichtdefinitiv nicht aus.
Man könnte sagen: Frau Merkel hat heute wieder einmalKreide gefressen, weil sie alles benennt, sich aber um dieAntwort drückt. Das war wie in der Großen Koalition.Frau Merkel vorneweg bietet immer kurzfristige Schein-lösungen, kuriert ein bisschen am System herum, und amEnde wird noch die soziale Marktwirtschaft beschworen.Aber was wir wirklich brauchen, ist eine Neuausrich-tung, eine Neustrukturierung der Wirtschaft inDeutschland. Wir hatten auch in den Schlüsselindus-trien, zum Beispiel in der Chemieindustrie und in derAutomobilindustrie, schon vor der Krise eine großeÜberproduktion und große Strukturprobleme. Wer diesesLand aus der Krise herausführen will, der darf nicht sa-gen, dass wir wieder wie vor der Krise sein wollen, son-dern er muss jetzt neue Antworten geben. Aus der KrisekmddzWsrnhddrstOOJnhWAolseMgseszNvmawbdAzwKWbdb
Man muss nach vier Jahren Großer Koalition einesagen: Deutschland hat vier verlorene Jahre hinter sich,ben weil es keine Neuausrichtung gab. Deutschland hatich verschuldet, ohne zu wissen, wer dafür eigentlichahlen soll. Deutschland hat in diesen vier Jahren keineeuausrichtung auf Zukunftsprojekte vorgenommen.Sie von der Koalition behaupten – Frau Merkel heuteorneweg –, Sie bauten Brücken. Brücken bauen Sie im-er nur ins Nichts. Die Abwrackprämie oder die Kurz-rbeit: Was folgt denn danach? Mir kommt es so vor, alsürden Sie an einem Ufer anfangen, eine Brücke zuauen. Nur leider endet sie in der Mitte des Sees, da, woer See am tiefsten ist. Wer kauft Autos nach Ablauf derbwrackprämie? Was produzieren die Automobilkon-erne und deren Zulieferer eigentlich, wenn die Ab-rackprämie ausgelaufen ist? Wie sollen angesichts vonohlekraft- und Atomkraftwerken – ich erinnere an Ihreünsche, deren Laufzeiten zu verlängern – die erneuer-aren Energien, die damit verbundene Effizienz und dieamit einhergehenden Jobmöglichkeiten wachsen? Sieauen keine Brücken in die Zukunft, sondern Sie haben
Metadaten/Kopzeile:
26330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Renate Künastin den vergangenen vier Jahren lauter Brücken insNichts gebaut.
Was sind denn die dringendsten Probleme? Schauenwir uns einmal den Sozialbereich an. Dazu hat FrauMerkel heute wieder einmal gar keine Antwort gegeben.Sie hat gesagt – dieser Satz ist mir aufgefallen –, dasThema Kündigungsschutz sei für sie abgehakt. Ichweiß nicht, wie sie es meint: Denkt sie an die Reduzie-rung oder an den Erhalt des Kündigungsschutzes? Mankann an dieser Stelle nur in das Grundsatzprogramm derCDU schauen. Was ist ihre Reaktion auf die Sorgen derMenschen in diesem Land? Diese Menschen fragen, obihr Job sicher ist, ob ihnen gekündigt wird, ob sie einenneuen Job finden. Dazu sagt die Kanzlerin, das ThemaKündigungsschutz sei für sie abgehakt. Das Grund-satzprogramm der CDU von 2007 besagt, eine Flexibili-sierung des Kündigungsschutzes sei ein Gebot derGerechtigkeit. Das bedeutet, dass kleinere Unternehmen– Unternehmen bis 20 Personen – mehr Möglichkeitenhaben sollen, Arbeitnehmern zu kündigen.
Das Ganze wird präzisiert durch Papiere, von denenHerr Guttenberg mittlerweile nichts mehr wissen will.Wenn ich mir vorstelle, dass auch noch die Westerwelle-FDP der Regierung angehört, dann weiß ich, wie Sozial-politik Ihrer Meinung nach in Zukunft aussehen soll.Schon deshalb muss man Schwarz-Gelb verhindern.
Was sind Ihre Sorgen um das Soziale? Nehmen wireinmal die Menschen in diesem Land, die wirklich einenVollzeitjob haben und denken, dass sie von ihrer HändeArbeit sich selber ernähren können, also nicht aufs Amtlaufen müssen – was ich für selbstverständlich, für eineFrage der Würde halte. In Thüringen bekommen eineFriseurin 3,18 Euro die Stunde und ein Wachmann4,32 Euro die Stunde. Für den Kollegen Gregor Gysi:Bis vor kurzem zahlte auch Berlin für so manchen outge-sourcten Wachmann 5 Euro die Stunde. Das änderte sicherst, nachdem andere immer wieder mit dem Finger da-rauf hingewiesen hatten. Gut, dass auch andere Stimmenbekommen und euch nachhelfen können, mein Lieber!Die CDU sagt zu diesem Thema: Mindestlöhneschränken die notwendige Flexibilität der Unternehmenein und verteuern die Arbeit. Auch das CDU-Wahlpro-gramm besagt: Das für ein menschenwürdiges Leben– das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –notwendige Einkommen sichert nicht ein einheitlichergesetzlicher Mindestlohn. Ja, wer denn dann?
Es kann doch nicht sein, dass Unternehmen Profit ma-chen, dass deren Arbeitnehmer zum Amt laufen und dassdie öffentliche Hand nachher von nicht eingenommenenSteuern Wohngeld und anderes finanziert.
EnGveüJdnßdmazbtFdddnktts1HFfnddCndrLwohDdmFeMf2Ld
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26331
)
)
Wir sagen: Diese Generation muss sich Gedankenübers Abzahlen machen. Deshalb müssen in dieser Ge-neration diejenigen, die von dieser Wirtschafts- undFinanzweise profitiert haben, anfangen, den Schaden zubeseitigen. Deshalb geht es nicht an, eine Steuersenkungzu versprechen. Was wir jetzt brauchen, ist eine befris-tete Vermögensabgabe, die gezielt gezahlt wird, um mitdem Abtragen der Schulden zu beginnen.
Worüber haben Sie an dieser Stelle und heute nochnicht geredet, Frau Merkel? Sie haben auf allen vergan-genen Terminen wohltuende Worte über die Finanz-marktregulierung gesprochen. Sie kündigen jetzt schonwieder schöne Dinge an. Aber auch London undWashington waren Ankündigungen. Da hieß es von Ih-nen: Kein Staat, kein Produkt, kein Institut soll unregu-liert bleiben. – Nun kommt Pittsburgh. Schon wieder einVersprechen! Für uns stellt sich aber die Frage: Wannpassiert denn endlich was?Die Kanzlerin hat sich hier gerade mit ganz viel Emo-tion über den Vertrag von Herrn Eick echauffiert, der beiArcandor nach sechs Monaten Arbeit insgesamt15 Millionen Euro Abfindung erhält. Darüber kann mansich trefflich aufregen, das ist mehr als unanständig, aberwer mit dem Finger darauf zeigt, ist als Nächstes gefor-dert, zu sagen, warum er oder sie nicht selbst etwas da-gegen getan hat. Weil in Deutschland Vertragsfreiheitherrscht – das ist auch gut so –, können wir die nichtzwingen, einen anderen Vertrag abzuschließen. Wirkönnten aber dafür sorgen, dass in Zukunft nicht derAufsichtsrat, sondern ganz öffentlich die Hauptver-sammlung über die Gehälter entscheidet. Das könntenwir gesetzlich festlegen.
Dann wüsste jeder, was Sache ist, und könnte sich dage-gen entscheiden.
Was könnte man noch tun, und was hätte man geradetun können? Sie haben das Gesetz über die Angemessen-heit der Managervergütungen verabschiedet. Warumhaben Sie in dieses Gesetz denn nicht die einzig sinn-volle Vorschrift hineingeschrieben, nämlich die, dassGehälter oder Boni nur bis zur Höhe von 1 Million Eurosteuerlich abzugsfähig sind, also nur bis zu dieser Höheauf dem Rücken des Steuerzahlers gewährt werden?
Dazu hat die CDU/CSU Nein gesagt. Dazu hat auchFrau Merkel Nein gesagt. Aber das wäre das Richtige.
DV1mlzdVegandWBFsrnnaBsursssWAwku9ndldjEMsmvfiaBB
Jetzt kommen Sie damit, dass man eine rechtlicheerankerung des Rückforderungsrechts für den Fall ver-inbart habe, dass die Profite einer Firma nicht ganz soroß gewesen seien wie erwartet. Dies reicht uns nichtus. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass große Gehältericht zulasten des Steuerzahlers gehen. So einfach istas.Ich habe aufmerksam beobachtet, wie Herresterwelle engagiert gefordert hat, zum Beispiel dieankenaufsicht zu verbessern und Ähnliches. Er hat dieDP als Partei der Bürgerrechte dargestellt. Ich wolltechon glauben, Sie seien die Partei der Verbraucher-echte. Ich denke aber, die FDP wäre gut beraten, nichtur zu reden, sondern bei den Themen Banken, Arbeit-ehmerrechte, Datenschutz und Internetrechte einmaluf ihre Landesminister zu achten. Wenn Sie hier denürgerrechtler geben, während Herr Wolf beim Verfas-ungsgericht mit der Forderung der Onlinedurchsuchungnd Herr Goll mit der Forderung der Sicherungsverwah-ung gegen die Wand läuft und die FDP in Niedersach-en das Polizeigesetz gar nicht erst durchbringt, ist dasehr doppelbödige Politik.
Was wir brauchen, ist ein Aufbruch zu einer ökologi-chen und sozialen Modernisierung dieses Landes.ir hätten mit einem Zehntel des Geldes, das Sie für diebwrackprämie ausgegeben haben, einen riesigen Ent-icklungsboom bei der Elektromobilität auslösenönnen. Sie haben eine Brücke nur bis zur Wahl gebaut,nd es besteht die Befürchtung, dass sofort danach0 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. Sie denken immeroch nicht darüber nach, wie eine gute Struktur für dieeutsche Wirtschaft aussehen müsste. Ich habe mir ehr-ich gesagt die Augen gerieben, als ich gehört habe, dassieses Bundeskabinett beschlossen hat, für 2015 ein Pro-ekt der unbemannten Mondfahrt mit 1,5 Milliardenuro zu finanzieren. Was wollen wir eigentlich auf demond? Wir wollen doch nicht Letzter auf dem Mondein, sondern die Ersten, die Elektromobile mit einerodernen Technologie haben, welche in der Lage sind,on Flensburg bis München statt nur 80 Kilometer zuahren. Damit wäre man vorne.
Diese Gesellschaft muss man so aufbauen, dass mann vier Jahren 1 Million neue Jobs schafft. Das kann manuch: durch erneuerbare Energien, durch Investitionen inildung und soziale Gerechtigkeit. Dafür muss aber derlaumann in der Industrie endlich grün werden. Dafür
Metadaten/Kopzeile:
26332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Renate Künastmuss man den Mut haben, der Wirtschaft nicht hinter-herzulaufen und sie die Gesetze schreiben zu lassen,sondern ihr einen Ordnungsrahmen zu setzen. Wenn dieCDU plakatiert: „Wir haben die Kraft“,
dann sage ich Ihnen ehrlich: Sie haben vier Jahre langnicht die Kraft und nicht den Mut gehabt, der WirtschaftLeitplanken zu setzen, um zu verhindern, dass sie aufKosten der Umwelt ihr Wachstum und ihren Profit orga-nisiert. Das ist die Wahrheit.
Sie propagieren immer noch: Weiter mit der Atom-energie! Das ist genauso falsch. Wer jetzt Hand an dieVereinbarungen zum Atomausstieg legt und Verlänge-rung fordert, schadet diesem Land, weil auf diese Weisekeine neuen Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbarenEnergien und der effizienten Technologien entstehen,sondern nur die Profite der Atombetreiber erhöht wer-den. Aber wir haben verstanden: Wenn der Atomkonsensfür Sie und die Atomkonzerne nicht gilt, dann gilt erauch nicht mehr für die Menschen in diesem Land, diediese Risikotechnologie mehrheitlich nicht wollen. Dannkämpfen wir dafür, dass die Atomwerke noch schnellerabgeschaltet werden.
Kollegin Künast, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ja. – Wir kämpfen dafür, dass die Menschen in Gorle-
ben nicht mit Gutachten, die in Zeiten einer schwarz-gel-
ben Bundesregierung vorsätzlich gefälscht wurden, über
den Tisch gezogen werden.
Wir kämpfen dafür, dass die Kinder in diesem Land
nicht an Leukämie sterben, wenn sie in der Nähe eines
Atomkraftwerks wohnen. Wir kämpfen dafür, dass man
die soziale Frage für die Frauen endlich löst, indem man
ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft macht.
Wir kämpfen für ein Bildungssystem, bei dem jedes
Kind unabhängig vom Bildungsabschluss seiner Eltern
die Chance hat, sich zu entwickeln.
Wir wissen: Am 27. September steht dieses Land vor
einer Richtungsentscheidung, weil es darum geht, wie
wir aus der Krise herauskommen und wie wir die Wei-
chen für ein ökologisches Wachstum stellen, das nicht
zulasten der Umwelt geht. Die Debatte in der Zukunft
geht darum: entweder erneuerbare Energien oder Atom-
energie, entweder Bildung oder Steuersenkung.
Frau Kollegin Künast, Sie müssen jetzt bitte zum
Schluss kommen.
w
h
t
H
m
d
t
p
F
s
t
v
m
w
g
s
h
D
5
w
W
d
d
E
u
s
L
t
h
f
E
a
d
K
Das Wort hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Frak-
ion, Volker Kauder.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Was bewegt die Menschen im Augenblick ameisten? – Das sind die Fragen: „Sind wir schon durchie Krise durch?“ und „Bleibt mein Arbeitsplatz erhal-en?“ Für diejenigen, die in Arbeit sind, ist die Arbeits-latzsicherheit und für die jungen Menschen ist dierage, ob sie einen Ausbildungsplatz bekommen und obie nach ihrer erfolgreichen Ausbildung weiterbeschäf-igt werden, das zentrale Thema. Deswegen sagen wiron der Union: „Arbeit für alle“ ist unser Thema. Dafürüssen wir in den nächsten Wochen und Monaten undahrscheinlich auch in den nächsten Jahren ganz ener-isch arbeiten.
Dass wir nicht nur davon sprechen – Arbeit für alle –,ondern dass wir von diesem Thema auch etwas verste-en, haben wir in den vergangenen vier Jahren gezeigt.enn die rot-grüne Bundesregierung hat uns überMillionen Arbeitslose hinterlassen. Diese Zahl habenir auf unter 3 Millionen zurückgeführt.
enn es also einer bewiesen hat, dass er es kann,
ass er es schafft, die Arbeitslosigkeit zurückzuführen,ann war es die Union.
Wir haben dies mit den richtigen Konzepten gemacht.s ist völlig klar: Wir brauchen Wachstumsantriebe, dienser Land nach vorne bringen und die unsere Wirt-chaft motivieren. Die Stärke der Wirtschaft in unseremand beruht auf dem Mittelstand und den Familienbe-rieben, in die Menschen ihr ganzes Vermögen gestecktaben. Diese Menschen stehen mit Haut und Haaren da-ür ein, dass die Firma fortgeführt wird. Ihr Risiko undrtrag ist nicht nur Ertrag und Risiko der Firma, sondernuch der ganzen Familie. Wenn Sie in diesem Bereichie Steuern erhöhen, dann nehmen Sie gerade denen dieraft, auf die es in dieser Zeit besonders ankommt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26333
)
)
Volker KauderEinen größeren Unsinn, als die zu bestrafen, von denenwir erwarten, dass sie etwas machen, habe ich in derletzten Zeit nicht gehört.Um dieses Land voranzubringen, brauchen wir auchdie Motivation der Menschen. Unsere Unternehmen sindkeine Ansammlungen von Betriebsgebäuden und vonMaschinen. In unseren Unternehmen arbeiten Men-schen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Von die-sen erwarten wir, dass sie ihre ganze Kraft einsetzen.Aber wenn diese die Botschaft erhalten, jede Überstundeist mit besonders hohen Abgaben verbunden, dann istdies keine Motivation. Ich nenne beispielsweise die Er-zieherin, die jetzt zwar 120 Euro mehr bekommt, dieaber von diesem Bisschen einen großen Teil an das Fi-nanzamt und in die Sozialversicherung zahlen muss.Deswegen ist es richtig, wenn wir sagen: Wir werden dieunteren und mittleren Einkommen entlasten, damit derSatz stimmt: Wer arbeitet, muss mehr haben als derje-nige, der nicht arbeitet.
Dass da Sozialdemokraten nicht mitmachen können,kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich kann zwar nochnachvollziehen, dass ein Finanzminister seinen Haushaltzusammenhalten will und sagt: Es gibt vielleicht keinenSpielraum. – Aber eines kann ich überhaupt nicht akzep-tieren: dass es immer dann einen Spielraum für die Sen-kung von Steuern gibt, wenn das Bundesverfassungsge-richt es verlangt, und nie dann, wenn wir der Meinungsind, wir sollten dies machen.
Ich sage Ihnen: Wir werden die Bezieher unterer undmittlerer Einkommen entlasten.Jetzt will ich ein klares Wort sagen: Natürlich gehörtzu unserer Wirtschaft auch, dass sie über ausreichendEnergie zu einem akzeptablen Preis verfügen kann.Wenn ich auf die offizielle Homepage des Bundesum-weltministers schaue, sehe ich dort, dass die erneuerba-ren Energien aktuell einen Anteil von 15,1 Prozent amGesamtstrom haben. Die Prognose lautet: 2020 wird derAnteil der erneuerbaren Energien 30 Prozent betragen.Ich habe noch ganz normal rechnen gelernt – keineanderen Mittel verwendet, auch keine Mengenlehre –,nämlich dass eins plus eins zwei ist. Deswegen weiß ich,dass in zehn Jahren 70 Prozent Energie fehlen werden.Frau Künast, Sie haben ein paar schnoddrige Bemerkun-gen gemacht.
Ich sage Ihnen eines: In der Energiepolitik stellen Sie garkeine Fragen mehr, sondern sagen einfach: „Wir steigenaus der Atomenergie aus“, ohne mir zu erklären, wo die70 Prozent Strom herkommen sollen, die im Jahre 2020fehlen werden.DbÜEbudArEdmnabDdENMsdsmsdsdAttEbmMBSmM
eswegen sage ich Ihnen: Machen Sie Ihre Hausaufga-en!Wir haben ausdrücklich erklärt: Wir brauchen für einebergangszeit, bis wir durch Einsparen und erneuerbarenergien das Problem der Energieversorgung gelöst ha-en, Kohlekraftwerke, die modern gestaltet sein sollen,nd Kernkraftwerke, die sicher laufen. Wir haben nichtavon gesprochen, dass das unsere Wunschform ist.ber eines muss ich sagen: Es ist in höchstem Maße un-edlich, wenn sich Grüne und andere der Lösung einerndlagerung verweigern; denn gerade diejenigen, dieen Ausstieg wollen, wissen, dass beim Ausstieg Atom-üll anfällt. Dieser muss irgendwohin. Deswegen ist esicht in Ordnung, nach dem Motto zu verfahren: Werussteigt, hat kein Problem mit der Endlagerung. Sie ha-en es erst recht.
ies muss eine neue Koalition lösen.Es geht derzeit vor allem darum, dass wir Antwortenarauf geben, was die Menschen jetzt von uns erwarten.s kommt dabei darauf an – dies sage ich mit allemachdruck –, den Menschen keine Angst, sondern ihnenut zu machen. Wir brauchen Menschen, die zuver-ichtlich nach vorne schauen und zuversichtlich durchiese Krise gehen, und keine Menschen, die ängstlichind. Ich kann Ihnen sagen – auch an die Adresse vonanchem Sozialdemokraten gerichtet –: Wer Ängstechürt, wird die Stimmen der Wählerinnen und Wählerafür zu Recht nicht bekommen.
Reden wir vielmehr davon, was notwendig ist. Dazuage ich Ihnen: Wir sind auf einem guten Weg:Erstens. Diese Koalition hat einen wichtigen Einstiegahin gehend gemacht, dass auch in Zukunft moderneutos in Deutschland gebaut werden. Die Automobil-echnologie wird auch in Zukunft eine Schlüssel-echnologie sein. Deswegen ist es richtig, dass wir in dielektromobilität einsteigen.Zweitens. Die Pharmazie wird ein wichtiges Themaleiben. Wir haben zusammen mit den deutschen Phar-azieunternehmen in wichtigen Bereichen eine moderneedizin zu entwickeln. Deswegen werden natürlich dieiologie, die Pharmazie, aber auch die Gentechnologie
chlüsseltechnologien für den Aufbruch in eine Zukunftit Arbeitsplätzen für qualifiziert ausgebildete jungeenschen sein. Auf diesem Weg gehen wir voran.
Metadaten/Kopzeile:
26334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Volker KauderNatürlich ist auch klar, dass Bildung das Thema ist.Als Bundespolitiker sind wir für Bildung in einem be-grenzten Maße zuständig.
Ich sage Ihnen aber eines: Auch als Bundespolitiker kön-nen wir uns mit bildungspolitischen Fragen auseinander-setzen sowie dafür sorgen und werben, dass dort, wo wiran Landesregierungen beteiligt sind, der richtige Wegeingeschlagen wird.Ich sage Ihnen nur eines: In den Ländern, in denen esein differenziertes Schulsystem gibt und in denen mansich sehr intensiv um die jungen Leute kümmert, umihnen je nach Fähigkeiten und Stand der Entwicklung zuhelfen, haben wir bessere Ergebnisse erzielt als in denLändern, in denen Sie nur über Gesamtschulen diskutiertund in der Bildungspolitik nicht den richtigen Weg ein-geschlagen haben.
Es ist doch nicht von ungefähr gekommen, dass zuZeiten von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen die Elternauf die Barrikaden gegangen sind und sich ein Schul-system nahe an den Kindern gewünscht haben, nichtnahe an der Ideologie von Rot-Grün. Das war der ent-scheidende Punkt.
Wir sollten auch in den natürlich vom Wahlkampf ge-prägten Diskussionen der nächsten Wochen klarmachen,worum es geht. Wir von der Union werden das machen.Uns geht es darum, dass Menschen, die sich jetzt inKurzarbeit befinden und sich die Frage stellen, wie esweitergeht, von uns eine Perspektive bekommen unddass sich diese Menschen Hoffnung machen können,weil sie sehen: Da gibt es welche, die genau den richti-gen Weg vorgeben. Mit Mut, Zuversicht und dem richti-gen politischen Konzept führen wir dieses Land durchdie Krise und aus der Krise heraus. Dafür bin ich AngelaMerkel außerordentlich dankbar.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Peer
Steinbrück.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn Sie das doch in Ihren Beziehungen zu Schwei-zer Bankern sowie zu Vertretern der Schweizer Regie-rung einmal ausgesprochen und auf den Punkt gebrachthätten! Sie haben hier „Kavallerie“ gerufen, um michgleich einzunorden.Ich überlege noch, ob ich jetzt eine Wahlkampfredehalteocvn––hsf–dsu–dwgDdkgNwlBemtjwRGdvDeadded
der eine Parlamentsrede. Was ich definitiv nicht ma-hen werde, ist, das Parlament mit einer Talkshow zuerwechseln, Herr Westerwelle. Der Fehler wird miricht passieren.
Sie treten ja ganz anders auf.
Nein. Sie versuchen, mir meine große Klappe vorzu-alten, obwohl Sie selber eine Maulsperre brauchen. In-ofern ist es für Sie schwierig, hier mit Steinen zu wer-en.
Den brauche ich nicht immer, genauso wenig wie Sie;as haben Sie mit Ihrer Rede gezeigt. Wir können das-elbe Tempo halten, Herr Westerwelle. Da stehen wirns in nichts nach.Heute in sieben Tagen ist es ein Jahr her, dass sichdie Pleite von Lehman Brothers war das Epizentrum –as Beben weltweit ausbreitete. Zwei Tage später hättenir es mit dem Fall von AIG mit einer Situation zu tunehabt, die in der Tat nicht nur in der Bundesrepublikeutschland, sondern weltweit zu einer Kernschmelzeer gesamten Finanzmarktarchitektur hätte führenönnen. Weltweit hat es entsprechende Erschütterungenegeben. Es kam zu Übersprungeffekten.Ich habe damals sehr früh zwei Sätze gesagt: Erstens.ach dieser Krise wird die Welt nicht mehr so aussehenie vor der Krise. Diejenigen, die das bis heute nicht ge-ernt haben, sollten es durch die Beiträge des Deutschenundestages langsam lernen. Zweitens. Das ist nicht nurine Krise, sondern eine Zäsur. Wir haben es nicht nurit einer enormen ökonomischen Wertvernichtung zuun, sondern wir haben es auch mit erheblichen sozialen,a mit gesellschaftlichen Konsequenzen zu tun. Darüberill ich gerne einige Worte verlieren.Wichtig ist gewesen – das war die Leitschnur dieseregierung, die wir gut eingehalten haben –, dabei vieredanken nicht nur zu verfolgen, sondern uns auch iner konkreten Politik daran zu halten.Erstens. Wir wollten keine Schlangen von Menschenor der Filiale eines deutschen Kreditinstitutes sehen.
as diesbezügliche Bild, dass sich vor der Filiale einernglischen Bank Schlangen von Menschen bildeten, dieus Verunsicherung und Angst ihr Geld abhoben, hatiese Politik sehr geprägt, weil wir gleichzeitig wussten,ass solche Bilder in Deutschland vor dem Hintergrundiner historischen Traumatisierung aus dem 20. Jahrhun-ert eine völlig andere Wirkung haben als im Vereinig-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26335
)
)
Bundesminister Peer Steinbrückten Königreich mit einer sehr viel kontinuierlicheren undweniger tragisch entwikkelten Geschichte des 20. Jahr-hunderts.Zweitens. Wir wollten verhindern – dabei standen wirim Obligo auch internationaler Zusagen –, dass einedeutsche Bank, egal welcher Säule zugehörig, mögli-cherweise einen Dominosteineffekt auslöst, sodass an-dere Banken betroffen sind und plötzlich eine systemati-sche Erschütterung erfolgt, die weit über Deutschlandhätte hinausgehen können.Drittens. Wir wollten verhindern, dass sich eine sol-che Krise wiederholt. Anders als manche Oppositions-politiker behaupten, lässt sich belegen, was uns in diesenletzten zwölf Monaten an Regulierungsmaßnahmen undder Umsetzung des Prinzips, dass kein Finanzmarktteil-nehmer, kein Finanzmarktprodukt, kein einzelnerFinanzmarkt ohne Aufsicht und ohne Regelung sein soll,gelungen ist.Viertens. Wir wollten nicht tatenlos zusehen, dassMillionen von Menschen unverschuldet in die Arbeitslo-sigkeit hineingeraten. Das ist der Sinn der Konjunktur-pakete I und II gewesen. In diesem Sinne, glaube ich,dass die Große Koalition in diesen zwölf Monaten eingutes Krisenmanagement geleistet hat.
Im internationalen Vergleich sind wir bisher nichtschlecht durch diese Krise gekommen. Die Konjunk-turprogramme bekommen intern und vor allen Dingenauch von ausländischen Beobachtern sehr viel bessereZensuren als von der Opposition. Es gibt eine Studie, dieselten zitiert wird – ich glaube von der Boston Consul-ting Group –, die insbesondere dem Konjunkturpaket IIim internationalen Vergleich Bestnoten gibt. Diese Stu-die spielt im politischen Schlagabtausch aber nur sehrselten eine Rolle.Die von Herrn Westerwelle so kritisierte Abwrackprä-mie ist inzwischen von mehreren Staaten, nicht zuletzt inden USA, ebenfalls eingeführt worden. Wenn er denndie Rolle bekommt, in die er gerne hinein möchte, dannkann er der amerikanischen Regierung ja vorhalten, wel-chen Mist sie gerade mit der Abwrackprämie gebaut hat.
Der allerletzte Kronzeuge für eine analytische Auf-arbeitung dieser Krise, die allerletzte Instanz, die uns ra-ten kann, wie wir über Leitplanken und Verkehrsregelnaus dieser Krise herauskommen, ist nun wirklich dieFDP.
Ich kenne keine andere politische Kraft, auch in diesemHaus, die die Monstranz der entfesselten Märkte in derZeit nach Reagan und Thatcher so hochgehalten hat wiedie FDP.
IdMFPgkaziPSnTktotegivtZcddsdnThbZnRarSmtK
Deshalb haben Sie bis heute auch kein Verhältnis zurinanzmarktkrise. Ich kenne von Ihrer Fraktion, Ihrerartei keinerlei Beiträge zur Aufarbeitung, die in ir-endeiner Form von nennenswerter Bedeutung sind. Ichenne entsprechende Beiträge von anderen Parteien,ber von der FDP kenne ich keine. Ich kenne keine ein-ige analytische Aufarbeitung, nur ein Stichwort, auf dasch später zu sprechen komme. Ich kenne kein konzisesapier, keine konzise Position von Ihnen über das, wasie konkret an Finanzmarktregulierung in Zukunft fürotwendig halten. Da ist nichts.
In Ihren Reden verirren Sie sich immer wieder in demhema Bankenaufsicht. Darüber kann man reden; ichomme gleich darauf zu sprechen. Aber mit diesem Sei-enschritt lenken Sie in Wirklichkeit davon ab, dass Ihrrdnungspolitischer Faden gerissen ist.
Sie lenken davon ab, dass Ihre ideologische Markt-heologie gescheitert ist, sonst müssten Sie sich auf mehrinlassen, als nur diesen Hinweis zur Bankenaufsicht zueben. Im Übrigen verschweigen Sie dabei regelmäßign fast allen Ihren Beiträgen, Herr Westerwelle, dass esier oder fünf gesetzliche Initiativen der Großen Koali-ion zur Verbesserung der Bankenaufsicht gegeben hat.uletzt wurde übrigens im Juni ein Banken- und Versi-herungsaufsichtsgesetz mit überwältigender Mehrheites Parlamentes beschlossen.Sie verschweigen auch regelmäßig in den Parlaments-ebatten, dass wir es längst mit einer neuen Auf-ichtsrichtlinie zur Zusammenarbeit von BaFin und Bun-esbank zu tun haben, unbenommen der Tatsache, dassational wie international selbstverständlich weiterehemen zur Verbesserung der Bankenaufsicht anste-en.Das, was ich faszinierend an dem finde, was Sie hieretreiben, Herr Westerwelle, möchte ich anhand einesitats des Journalisten Nils Minkmar verdeutlichen. Erennt das die akustische Möblierung des öffentlichenaumes. Sie verwenden immer dieselben Stichworte,ber immer mit einer selbst verordneten Begrenzung Ih-es Blickwinkels.Ich will Ihnen drei Beispiele aus Ihrer Rede geben.ie behaupten mit großem Affront, großem Tempera-ent und auch in einer erheblichen Lautstärke: Wirragen dafür Sorge, dass Familien – verheiratet, zweiinder – mit einem Jahreseinkommen von bis zu
Metadaten/Kopzeile:
26336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundesminister Peer Steinbrück40 000 Euro keine Steuern bezahlen müssen. Dabei istdies längst Fakt!
Die genaue Zahl beträgt nicht 40 000 Euro, sondern39 000 und ein paar Zerquetschte, und zwar dank einerSteuerpolitik, die schon unter Schröder und später in derGroßen Koalition gemacht worden ist. All diese Fami-lien – verheiratet, zwei Kinder – zahlen, unter Anrech-nung des Kindergeldes, in Deutschland keine Steuern.
Sie zahlen Sozialversicherungsabgaben. Da Sie sich im-mer auf dem Gebiet der Steuerpolitik verirren, gilt: Vor-sicht an der Bahnsteigkante! Das geht meistens schief.
– Sie versuchen, einen Nerv zu treffen: die größte Steu-erhöhe in der Geschichte der Republik. Ich stehe garnicht lange an, um zu bestätigen, dass das mit der Mehr-wertsteuer so gelaufen ist und dass das im Kurzzeitge-dächtnis der Menschen drin ist; da gebe ich Ihnen recht.Das ist, wie ich glaube, einer der Gründe, warum sichCDU/CSU und SPD darauf geeinigt haben, an dem Re-gelsatz der Mehrwertsteuer nicht herumzufummeln. WasSie aber regelmäßig verschweigen, ist, dass in der Zeitdieser Großen Koalition, wenn man die Gesamtheit allersteuer- und abgabenpolitischen Beschlüsse betrachtet,eine Nettoentlastung für die Bürgerinnen und Bürgerherausgekommen ist.
Das kommt bei Ihnen nicht vor.So ähnlich ist es auch dann, wenn Sie sich auf andereFelder begeben, insbesondere, wenn Sie über Tatbe-stände der Unternehmensbesteuerung reden, zum Bei-spiel über die exorbitant hohe Substanzbesteuerung inDeutschland. Wissen Sie eigentlich, dass die Substanz-besteuerung in Deutschland im Vergleich mit anderenOECD- und EU-Staaten eine der niedrigsten ist?
Das wissen Sie nicht, aber Sie stellen sich trotzdemmit Aplomb hier hin und reden in einer Form über dieStaatsverschuldung, dass man glauben könnte, wir hät-ten zurzeit nicht die größte Wirtschaftskrise seit Grün-dung der Republik. Mein Vorgänger in Sachen „größteRekordschuldenzahl“ hatte wirtschaftlich gute Zeiten.Damals betrug das Wachstum gut 1 Prozent. Das ist aberein Unterschied zu minus 5 oder minus 6 Prozent. Inso-fern ist der Hinweis auf den Schuldenstand unzweifel-haft richtig. Ich werde darauf zurückkommen, wenn esum Ihre Steuersenkungsarien geht. Wenn Sie Ihre Ana-lyse in die Tatsache eingebettet hätten, dass wir nach ei-nJsrutvcgsi7thgEnVA2EhhdDimSnwöwAdlKngwEFu
Ihre Hinweise zur Abwrackprämie hatten Talkshow-harakter. Darüber kann ich lange reden. Im Übrigenilt: Die Logik der Bundesregierung ist in diesem Zu-ammenhang völlig richtig gewesen. Eine Leitindustrien Deutschland, an der nach wie vor ungefähr00 000 bis 800 000 Arbeitsplätze hängen, vor dem Hin-ergrund eines der größten Einbrüche, die es je gegebenat, zu stabilisieren, war völlig richtig. Ich möchte mirar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn man Ihrenmpfehlungen gefolgt wäre und diese Abwrackprämieicht eingeführt hätte. Der Hinweis, das sei ein reinerorzieheffekt, ist richtig. Es ging ja gerade darum, dieutomobilindustrie in dem sehr ungünstigen Jahr 2009/010 zu stabilisieren, um den möglichen negativenffekt in den Jahren 2010, 2011 und folgende in einemoffentlich besseren konjunkturellen Umfeld zu haben.
Den Einwand der Grünen lasse ich nicht gelten. Esat keine dezidierte ökologische Lenkungsüberlegungabei gegeben.
er konjunktur- und arbeitsmarktpolitische Effekt standm Vordergrund. Abgesehen davon hat die Abwrackprä-ie natürlich einen ökologischen Lenkungseffekt. Wennie zehn Jahre alte Klitschen durch neue Autos mit ei-em anderen Emissionswert ersetzen, hat das einen Um-elteffekt.
Ich sprach vorhin davon, dass wir nicht nur über diekonomischen Folgen dieser Krise zu reden haben. Das,as Sie und ich im Wahlkampf erleben, sind die sozialenuswirkungen. Etwas komplizierter ausgedrückt, heißtas: Viele Leute zweifeln an der Balance dieser sozia-en Marktwirtschaft. Man kann auch sagen: Dieserise hat die legitimatorischen Grundlagen dieses Ord-ungs- und Wirtschaftsmodells auf die Tagesordnungehoben. Genau darum geht es in diesem Bundestags-ahlkampf und bei der Bildung einer neuen Regierung:s geht um den Spannungsbogen zwischen dem, wasranz Müntefering sittenwidrig niedrige Löhne nennt,nd der Frage, wie wir zukünftig mit Mindestlöhnen um-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26337
)
)
Bundesminister Peer Steinbrückgehen – Sie wollen sie wieder abschaffen – auf der einenSeite und den sittenwidrig hohen Abfindungen und Boniund der Frage, wie wir diese eingrenzen können, auf deranderen Seite. Da ist uns vieles gelungen. Wir haben einGesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungenverabschiedet, das derzeit unter Wert verkauft wird. Wirhätten gerne mehr.Es wird sehr stark darauf ankommen, auf internatio-naler Ebene andere Länder zu motivieren, die Boni stär-ker zu begrenzen, damit dieser Wettlauf von Land zuLand – Ähnliches gibt es bei Bundesligaspielern – auf-hört. In London ist etwas Wichtiges beschlossen worden:Zum ersten Mal haben wir eine Limitierung beschlossen,keine Limitierung auf absolute Zahlen – das können Sienicht machen –, aber eine Limitierung im Verhältnis derfixen Bestandteile zu den variablen Bestandteilen. Eswird sehr stark darauf ankommen, dass wir in Pittsburgh,nachdem das weiter aufgearbeitet worden ist, dazu kom-men, dieses Verhältnis zu definieren, zum Beispiel 3:1,um ein Beispiel zu nennen. Diese internationale Festle-gung müssen wir dann durch die jeweils nationalen Ban-kenaufsichten durchsetzen.Wir haben auch eine Mindestanforderung im Bereichdes Risikomanagements durchgesetzt. Dadurch wirdzum ersten Mal die Bankenaufsicht in die Lage versetzt,Vergütungssysteme dahin gehend zu überprüfen, ob siean dem nachhaltigen Unternehmenszweck orientiert sindund nicht infolge einer Quartalsbilanzorientierung inGang gesetzt werden.
Eine drängende Frage, die die Menschen beschäftigt,lautet: Wer zahlt die Zeche? Die zweite große Frage, diesie stellen, lautet: Ziehen wir die richtigen Lehren ausdem, was in diesen Irrsinn geführt hat? Sie repräsentie-ren die Denke, die in diese Krise geführt hat. Genau diewollen wir nicht mehr.
Ich will zwei, drei Bemerkungen zu den vollmundi-gen Steuerversprechungen, die vorgetragen werden, ma-chen. Ich werde wahrscheinlich auch in die Beete derEmpfindlichkeiten der Union hineintreten. Die Netto-kreditaufnahme des Bundes im nächsten Jahr wirdwahrscheinlich bei 100 Milliarden Euro liegen stattgeplanter 6 Milliarden Euro. In der mittelfristigen Fi-nanzplanung haben wir als Bund bereits jetzt durch Steu-erausfälle 150 Milliarden Euro weniger. Die Staats-verschuldung wird von 1,6 Billionen auf wahrscheinlich1,7 oder 1,8 Billionen Euro steigen. Die damit verbunde-nen Zinslasten werden steigen. Die Spielräume, über dieSie als Souverän zu entscheiden haben mit Blick auf diewichtigen Zukunftsfelder Bildung, Infrastruktur, For-schung und Entwicklung sowie Mittelstand werdendadurch immer weiter eingeengt. Wie man angesichtsdieser Lage trotz Wahlkampfes vollmundig Steuerver-sprechungen machen kann, die sowohl die Einnahme-situation der Kommunen und damit die DaseinsvorsorgevsBdgeriMmEk„dfmdu–swnTHWdingrehsDdpTdEinksa
Der Hinweis von Herrn Kauder ist nicht tragfähig mitlick auf die Umsetzung einer Entscheidung des Bun-esverfassungsgerichtes, die sich im Bürgerentlastungs-esetz niederschlägt. Dies bewirkt ab 1. Januar 2010ine Entlastung in Höhe von 9 Milliarden Euro. Aber Sieeden über den Faktor zwei oder drei; von der FDP willch gar nicht reden. Das Simulationsmodell, das wir iministerium allein bezogen auf die Lohn- und Einkom-ensteuer plus Kinderfreibetrag gemacht haben, hat alsrgebnis 90 Milliarden Euro bei voller Jahreswirksam-eit. Das ist kein Witz. Das ist nicht die AbteilungAgitation und Propaganda“. Insbesondere mit Blick aufie Absenkung des Spitzensteuersatzes in Ihrem Dreistu-enmodell aus verteilungspolitischen Gesichtspunktenuss man hervorheben, dass die FDP etwas vorschlägt,as im oberen Bereich achtmal so viel Entlastung wie imnteren Bereich bringt.
So sind sie.Das Bemerkenswerte ist, dass Sie nicht einmal dabeitehen bleiben. Die nächsten Nummern kommen. Sieollen die Refinanzierungsmöglichkeiten bei der Unter-ehmensteuer rückgängig machen. Gute Reise, Herrhiele! Wie machen wir das denn bezogen auf denaushalt? Sie wollen die Gewerbesteuer abschaffen.as halten denn CDU- und CSU-Kommunalpolitikeravon? Das, was Sie kompensatorisch einführen wollen,st ziemlich unsicher und nimmt jedenfalls den Kommu-en das Interesse, über eine eigene wirtschaftskraftbezo-ene Einnahmequelle das zu tun, wofür alle Sonntags-eden halten: Pflege von Handwerk und Gewerbe in demigenen Gemeindegebiet, weil man eine Rendite davonat. Das kommt bei denen nicht mehr vor. Die Erbschaft-teuer – schön und sauber – wird in Zweifel gezogen.ie steuerpolitischen Vorstellungen, die da deutlich wer-en, würden bei ihrer Umsetzung die Achse dieser Re-ublik definitiv aushebeln.
eile Ihrer Vorstellungen sind leider Gottes nicht weitavon entfernt. Ich mache Ihnen eine Prophezeiung:gal, wie die nächste Zusammensetzung der Regierungst, keines dieser Versprechen wird erkennbar in derächsten Legislaturperiode realisiert werden können,ein einziges.
Das sollten wir aus der letzten Operation Mehrwert-teuer als Lerneffekt mitnehmen; das richtet sich nichtn Sie von der FDP, sondern an uns alle. Abgesehen da-
Metadaten/Kopzeile:
26338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Bundesminister Peer Steinbrückvon sollte man darauf hinweisen, dass ein Teil der Mehr-wertsteuererhöhung an anderer Stelle zu Entlastungengeführt hat, und zwar bei den Arbeitslosenversiche-rungsbeiträgen. Das wird immer verschwiegen.
– Von 6,5 auf 2,8 Prozent herunter, lieber Herr Gysi, isteine Entlastung in Höhe von 30 Milliarden Euro.
– Ja, Sie sind ein Experte der Steuerpolitik, mit dem esschwer ist, zu streiten. Da braucht man 90 Minuten, umdas zu erklären, was Sie in 5 Minuten geredet haben.
Herr Bundesminister, ich muss Sie darauf aufmerk-
sam machen, dass Sie natürlich weiterreden können, al-
lerdings inzwischen auf Kosten des Kollegen Stiegler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist schade, weil ich hier gerade so schön in Fahrt
bin.
– Ja, einiges daran stört Sie; aber Ihre Steuerpolitik
werde ich Ihnen weiter vorführen. Das ist mein Kirch-
hof, was Sie da sagen.
Am 27. September dieses Jahres wird, wie ich glaube,
über drei wichtige Grundsatzfragen entschieden:
Erstens. Ziehen wir Lehren aus dem Irrsinn, und zwar
national und – indem wir uns entsprechend einbringen –
auch international?
Zweitens. Sorgen wir für einen handlungsfähigen
Staat, der wichtige öffentliche Dienstleistungen bezahl-
bar hält, auch für diejenigen, die dies privat sonst sehr
viel teurer bezahlen müssten? Das gilt insbesondere für
Bildung und die Frage der kostenlosen Zugänge zu Bil-
dung.
Drittens. Halten wir diese Gesellschaft weltoffen, to-
lerant und so zusammen, dass die innere, die soziale Sta-
bilität, die soziale Kohäsion nicht aufgegeben wird im
Zuge dieser Wirtschafts- und Finanzkrise?
Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Hermann
Otto Solms das Wort.
F
g
F
i
w
h
I
v
„
B
M
s
u
J
I
f
B
m
I
e
s
u
F
g
l
z
P
d
W
g
m
E
b
w
a
i
ch nenne einige Beispiele: „Grundsätze für Manager-ergütungen“ vom 24. März 2009,
Liberale Antworten auf die Finanzkrise“ – das ist eineschluss unseres Bundesparteitages in Hannover imai dieses Jahres –, „Verbraucherrechte im Finanzmarkttärken“ vom 5. Mai 2009
nd ein Papier mit dem Titel „Bankeninsolvenz“ vomuni dieses Jahres, in dem wir die Einführung eines demnsolvenzverfahren vorgelagerten Restrukturierungsver-ahrens vorschlagen. Außerdem haben wir gefordert, dieankenaufsicht neu zu strukturieren und vieles andereehr.
ch möchte nur darauf hinweisen: Bei diesem Thema ists genauso wie in der Steuerpolitik: Sie nehmen die Vor-chläge der Opposition nur lückenhaft zur Kenntnis,
m dann umso rücksichtsloser draufschlagen zu können.Auch Ihre Berechnungen der Steuerausfälle sind reineantasie. Das Bundesfinanzministerium hat einem Bür-er gegenüber schriftlich dargelegt – dieses Schreibeniegt mir vor –, dass es die Steuerausfälle nicht genau be-iffern kann. Mit Schätzungen können wir aber keineolitik machen. Selbstverständlich werden wir aufgrundes neuen Tarifs Steuerausfälle zu verzeichnen haben.ir haben aber eine ganze Reihe von Maßnahmen vor-eschlagen, durch die diese Steuerausfälle deutlich ge-indert würden.
Im März dieses Jahres sprachen Sie von 25 Milliardenuro, im Mai von 70 Milliarden Euro, und jetzt sind Sieei 90 Milliarden Euro. Am Wahltag sagen Sie dannahrscheinlich, dass die Vorschläge der FDP zu Steuer-usfällen von 150 Milliarden Euro führen würden. Dasst überhaupt nicht konkret und auch völlig unhaltbar.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26339
)
)
Dr. Hermann Otto SolmsZu dem, was die SPD will, haben Sie kein Wort ge-sagt.
Warum haben Sie nicht über die Steuererhöhungsvor-schläge gesprochen, über die in der SPD diskutiert wird?Es wäre richtig gewesen, diese Alternative hier deutlichzum Ausdruck zu bringen.
Ich bitte Sie daher: Wenn Sie sich mit der Oppositionund der FDP beschäftigen, sollten Sie sich erst einmalderen Vorschläge anschauen.Vielen Dank.
Herr Minister, Sie können antworten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Solms, vielleicht konnten Sie nicht hier
sein; aber selbstverständlich hat sich Herr Steinmeier zu
den Vorschlägen der SPD geäußert. Er hat insbesondere
darauf hingewiesen, dass wir den Spitzensteuersatz um
2 Prozent erhöhen wollen, um das damit verbundene
Steueraufkommen direkt und unmittelbar Bildungszwe-
cken zukommen zu lassen.
Von dieser Maßnahme werden Verheiratete ab einem zu
versteuernden Einkommen in Höhe von 250 000 Euro
betroffen sein. Fragen Sie doch einmal die Zuschauer
auf der Tribüne, wer von ihnen verheiratet ist und
250 000 Euro oder mehr verdient! – Wo ist also das Pro-
blem, wenn davon nur sehr wenige Menschen in
Deutschland betroffen sind?
Für das, was Sie zu Ihren Einsparvorschlägen gesagt
haben, bin ich Ihnen sehr dankbar – denn das war ein
Steilpass –: Die Vorschläge, die ich in Ihrem Liberalen
Sparbuch lese, würden auf einen absoluten Raubbau an
unseren sozialen Sicherungssystemen und in der
Arbeitsmarktpolitik hinauslaufen. Diese Maßnahmen
würden ausgerechnet jene Bereiche treffen, die aufgrund
von Absicherung und Sozialpartnerschaft in der Krise
die wichtigste stabilisierende Funktion haben.
Diese Vorschläge werden durch Ihre Relativierung
des Kündigungsschutzes ergänzt. Das, was Sie wollen,
hätte zur Folge, dass 2,4 Millionen Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer mehr als bisher keinen Kündigungs-
schutz mehr hätten. Über die Relativierung der paritäti-
schen Mitbestimmung, die Sie in Ihrem Programm for-
dern, können wir gern diskutieren.
v
I
g
z
g
–
t
d
f
v
S
a
e
ü
k
s
b
s
F
p
w
K
l
a
v
-
s
d
d
l
l
F
s
D
H
g
ch hätte gern einmal gewusst, wo sich die FDP konkret
eäußert hat: zu Leerverkäufen,
um Eigenbehalt im Zusammenhang mit Risiken, zu Ei-
enkapitalkennziffern, zum Thema Liquiditätspuffer und
darüber wird nämlich auf internationaler Ebene disku-
iert – zur Überwachung bis ins Management hinein
urch Colleges of Supervisors. Auch was die Bekämp-
ung der Steuerhinterziehung angeht, haben Sie nichts
orgelegt. Da haben Sie sich nur mir gegenüber über
tilfragen ausgelassen und meine Wortwahl kritisiert,
ber auf die Substanz meiner Vorschläge sind Sie nie
ingegangen. Dabei haben Sie auch einmal regiert und
brigens mit Blick auf die Schuldenentwicklung eine
eineswegs geringere Verantwortung zu tragen als wir.
Gehen wir auf das, was in den letzten zehn Jahren
tattgefunden hat, noch einmal ein: Es hat eine lange De-
atte darüber gegeben – übrigens gar nicht im Wider-
pruch zu Positionen der FDP –, ob wir den Finanzplatz
rankfurt auf Augenhöhe halten können mit Finanz-
lätzen wie London und New York. Die Alternative
äre gewesen, dass der Finanzplatz Frankfurt in die
reisklasse absteigt und damit der Finanzplatz Deutsch-
and nicht auf Augenhöhe bleibt – und das bei einer Re-
lökonomie, die nach wie vor die drittgrößte oder
iertgrößte der Welt ist und Finanzmarktprodukte und
dienstleistungen möglichst in Deutschland abrufen
ollte und nicht etwa in Mailand, in Den Haag, in Lon-
on oder New York. Darüber ging die Debatte zu Beginn
ieses Jahrzehnts.
Selbstkritisch füge ich hinzu, dass sich wahrschein-
ich die gesamte Politik den damit verbundenen Deregu-
ierungsmechanismen zu sehr ergeben hat. Aber die
DP ist die allerletzte Partei, die mir vorhalten kann, sie
ei ordnungspolitisch auf der anderen Seite gewesen.
Das Wort hat der Kollege Oskar Lafontaine, Fraktion
ie Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Herr Bundesfinanzminister, Sie haben eine Redeehalten, der man über weite Strecken zustimmen
Metadaten/Kopzeile:
26340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Oskar Lafontainekönnte. Es macht regelrecht Spaß, Ihnen zuzuhören. –Jetzt rennt er gerade raus. – Es ist wirklich eine Unsitte,dass Regierungsmitglieder gleich im Anschluss an ihreRede gehen. Das gibt es selbst im Dorfparlament nicht.
Ich wende mich jetzt anderen Themen zu und setzemich auseinander mit dem, was Herr Kauder vorgetra-gen hat – wenn er überhaupt noch im Saal ist. HerrKauder hat die Sorge der Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer um ihren Arbeitsplatz aufgegriffen und dieSorge derjenigen, die sich in Ausbildung befinden undsich fragen, ob sie weiter beschäftigt werden. In diesemZusammenhang wurde vorhin gesagt, die sozialeMarktwirtschaft sei in eine Krise geraten. Das ist rich-tig. Die Krise der sozialen Marktwirtschaft besteht darin– davon war heute noch nicht die Rede –, dass die großeMehrheit der Bevölkerung vom wachsenden Wohlstandabgekoppelt wird. Wir hatten das niemals vorher. Das istdie Folge von ordnungspolitischen Weichenstellungen,die fehlerhaft sind. Wir hatten es niemals vorher, dassder Reichtum der Volkswirtschaft zugenommen hat, aberdie Löhne, die Renten und die sozialen Leistungen ge-sunken sind. Deshalb ist die soziale Marktwirtschaft ineiner Krise. Sie ist gar keine soziale Marktwirtschaftmehr.
Denn „soziale Marktwirtschaft“ heißt, dass die großeMehrheit der Bevölkerung, wenn der Wohlstand wächst,beteiligt wird. So platt ist die Definition von sozialerMarktwirtschaft. Hier wird immer mit Begriffen um sichgeworfen, ohne dass irgendeiner definiert, was er darun-ter versteht.Lustig ist immer wieder, wenn sich die CDU aufLudwig Erhard beruft. Ich bin davon überzeugt: KeinEinziger von Ihnen hat Erhards Standardwerk gelesen;sonst könnten Sie sich nicht auf ihn berufen. In diesemStandardwerk wird nämlich im Hinblick auf die sozialeMarktwirtschaft eine Grundforderung erhoben: dass dieArbeitnehmer im Rahmen des Produktivitätszuwachsesein Lohnwachstum haben müssen, damit das in denKonsum fließt. Gegen diese Grundforderung Erhards ha-ben Sie über zehn Jahre verstoßen, und Sie haben esnicht einmal gemerkt, meine sehr geehrten Damen undHerren. Das möchte ich hier einmal anmerken.
Offensichtlich kennen Sie die Zusammenhänge nichtmehr.Dann kommt die Frage nach der Motivation derMenschen. Die Motivation der Menschen, sagte HerrKauder – ich sehe ihn im Moment ebenfalls nicht; auchdas ist sehr „motivierend“, wenn man solche Debattenführt –, liege ihm besonders am Herzen. Wenn manernsthaft will, dass die Menschen motiviert sind, dannmnzWvmMmgelzbZsAgMgmjnmSlbdKdsWswdzmpdNLemdbst
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26341
)
Ich appelliere an das Präsidium des Deutschen Bun-
estages, gegenüber dem Verfassungsorgan Bundes-
egierung kenntlich zu machen, dass das keine Art und
eise des Umgangs ist. Wir hier sind die Parlamentarier.
in Minister redet hier, greift die Abgeordneten an – das
st völlig in Ordnung –, und wenn dann geantwortet
ird, haut er ab. So ist kein Dienstgeschäft zu machen.
afür gibt es auch keine Entschuldigung.
Das wollte ich hier zu Protokoll geben.
Herr Kollege Westerwelle, Ihr Appell ist angekom-
en, obwohl Sie sicher wissen, dass in einer Kurzinter-
ention auf den vorangegangenen Redner einzugehen
t.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Peter Ramsauer,
DU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-en und Kollegen! Bevor ich auf einige wirtschaftlicheragen zu sprechen komme, möchte ich einen Aspektufgreifen, den die Frau Bundeskanzlerin in ihrer Redeu Beginn dieser Debatte angesprochen hat, nämlich dieuropäische Dimension, die heute über der gesamtenebatte schwebt und auch beim nächsten Tagesord-ungspunkt dieser Plenarsitzung im Zusammenhang miter Ratifizierung des Lissabon-Vertrages zur Spracheommt.Ich begrüße ausdrücklich Ihre Ankündigung, Frauundeskanzlerin, dass Sie bei der schwedischen Präsi-entschaft beantragt haben, beim nächsten Europäischenat am 17. September auf die Tagesordnung zu setzen,ass Sie über den Fortgang des Ratifikationsprozesseses Lissabon-Vertrages berichten werden. Ich begrüßeuch ausdrücklich Ihre Ankündigung, dass Sie dort ge-enüber den Regierungen der anderen Mitgliedsländernd auch gegenüber der Kommission und ihrem Präsi-enten eine wichtige Klarstellung vornehmen werden,ämlich dass die Auslegung des Lissabon-Vertrageselbstverständlich nur nach Maßgabe des Urteils desundesverfassungsgerichts vom 30. Juni erfolgen kann.
ur in dieser Auslegung kann der Lissabon-Vertrag ge-ehen werden, und ich füge ausdrücklich hinzu: Das be-ieht sich nicht nur auf die Politik Deutschlands im Inne-en. Vielmehr ist diese Interpretation auch dann zu)
Metadaten/Kopzeile:
26342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Peter Ramsauerbeachten, wenn sich aus dem Vertrag von außen her– von europäischer Seite – für Deutschland eine Wir-kung ergeben soll. Die Auslegung bezieht sich auf bei-des: auf innen und auf außen.
Im Grunde genommen ist das völlig selbstverständ-lich; denn dies entspricht dem Charakter und der Wertig-keit – auch der verfassungspolitischen Wertigkeit – desBundesverfassungsgerichts. Ich möchte dazu HeribertPrantl, einen der kritischsten Journalisten unserer Repu-blik, zitieren, der vorletzte Woche in der SüddeutschenZeitung zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtsgeschrieben hat, das Bundesverfassungsgericht ver-lange:Der Lissabon-Vertrag sei nur nach „Maßgabe derGründe“ des Urteils mit dem Grundgesetz verein-bar … Dass es darüber im Bundestag … Streit gibt,ist unverständlich.Ich verstehe dies auch nicht. Deshalb haben die Kolle-ginnen und Kollegen meiner Fraktion die von mir ebenbeschriebene Maßgabe dazu, wie der Lissabon-Vertragausschließlich interpretiert werden kann, in einer Erklä-rung zur Abstimmung niedergelegt. Ich freue mich, FrauBundeskanzlerin, dass auch Sie als Mitglied der Fraktiondiese Erklärung unterschrieben haben.
Ich kann die Kritik vonseiten der SPD-Bundestags-fraktion daran, dass wir solche Selbstverständlichkeitenzum Ausdruck bringen, in keiner Weise verstehen. Ichverstehe nicht, warum sich die SPD weigert, eine solcheSelbstverständlichkeit auch im Hinblick darauf zu for-mulieren, dass wir damit die Interessen Deutschlands aufeuropäischer Ebene auf bestmögliche Weise wahrenkönnen. Die SPD widersetzt sich mit dieser Weigerungder Wahrung der deutschen Interessen auf europäischerEbene.
Ich verstehe dies umso weniger, als sonst gerade dieSPD-Fraktion immer nach mehr Basisdemokratie, Teil-habe, Mitbestimmung und plebiszitären Elementen ruft.
Mit dieser zusätzlichen Klarstellung in Bezug auf dieRechte des Parlaments hätten auch die Kolleginnen undKollegen der SPD diesem Anliegen Rechnung getragen.Ich möchte noch einen anderen Aspekt aufgreifen, derdie wirtschaftliche Lage betrifft. Auch hier ist in beson-derer Weise die europäische Ebene gefordert. Wir habenin allen Debatten dieses Hohen Hauses zur Wirtschafts-und Finanzkrise über alle möglichen Sektoren unsererWirtschaft und Finanzwelt gesprochen. Aber bislang,auch heute nicht, ist kein einziges Mal ein Wirtschafts-bwIvWAdasduiüawmkLspdDdwlDeennLdbdmLttsBdbdsd
ir sind sehr für die Stärkung der Metropolregionen.ber wir treten genauso energisch dafür ein, dass auchie ländlichen Räume gestärkt werden. Wenn wir überlle Bereiche der Wirtschaft sprechen, in denen es kri-enhafte Zuspitzungen gibt, müssen wir heute auch überie dramatischen Entwicklungen in der Landwirtschaftnd insbesondere in der Milchwirtschaft sprechen.
Ich bin ehrlich gesagt etwas überrascht darüber, dassch der Erste am heutigen Tag bin, der diese Problematikberhaupt aufgreift. Allen liegt sonst in Sonntagsredenn guten Zuständen und Bedingungen für unsere Land-irtschaft. Ich möchte herausheben: Es gibt eine funda-ental unterschiedliche Sichtweise, wann und wo in Zu-unft Landwirtschaft produzieren soll. Die einen sagen,andwirtschaft solle in Zukunft nur noch dort möglichein, wo weltweit oder europaweit am allerbilligstenroduziert werden kann. Diese Sichtweise teilen wir aus-rücklich nicht.
enn wenn das die Maßgabe künftiger Standortentschei-ungen und der Förderpolitik in der Landwirtschaftäre, könnte die Landwirtschaft nicht nur in Deutsch-and, sondern in Europa in weiten Bereichen einpacken.eswegen bekennen wir uns ausdrücklich dazu, dassine landwirtschaftliche Produktion und insbesondereine Milchproduktion auch in strukturschwachen Regio-en und in solchen Regionen ermöglicht werden, in de-en es aufgrund der topografischen und landschaftlichenagen große Erschwernisse gibt.Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklichie Bemühungen unserer Agrarministerin Ilse Aigner lo-en,
ie aus gegebenem Anlass leider nach Brüssel reisenusste, um zu kämpfen und sich für die bäuerlicheandwirtschaft und insbesondere für die Milchviehbe-riebe einzusetzen. Ich halte es für vollkommen inakzep-abel, dass sich die Europäische Kommission und insbe-ondere die zuständige Kommissarin bei den gestrigeneratungen der Agrarminister in Brüssel vehement wi-ersetzt haben, Sofortmaßnahmen zugunsten der Milch-etriebe zu ergreifen, obwohl 15 von 27 Mitgliedslän-ern solche Maßnahmen verlangt haben. Es darf nichtein, dass eine einzelne Kommissarin ganz allein überie Zukunft der Landwirtschaft in Europa befindet.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26343
)
)
Dr. Peter Ramsauer– Ich höre das Wort „konservativ“. Jawohl, ich bekenne:Ich bin ein Konservativer, aber auch ein Liberaler. Ichbin ein Konservativer, wenn es um eine gesunde Wirt-schaft und insbesondere um vernünftige Bedingungenfür die Landwirtschaft geht. Das ist guter Konservatis-mus.Ich verlange von der Europäischen Kommission undihrem Präsidenten, sich der wichtigen Belange und Nöteder bäuerlichen Landwirtschaft und insbesondere derMilchwirtschaft in Europa und Deutschland anzuneh-men.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Jörg Tauss.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Der Tagesordnungspunkt 1 des heutigen Nachmittagslautet: Zur Situation in Deutschland. Ich glaube, es wärebesser gewesen, wenn der Tagesordnungspunkt geheißenhätte: Zur wirtschaftlichen Situation in Deutschland. Dasist wichtig und der Schwerpunkt. Aber zur Situation inDeutschland gehört meines Erachtens ein bisschen mehr,beispielsweise dass wir im Moment in einem Wahl-kampf sind, der erneut – ich schaue die Frau Präsidentinan, die in Sachen Rumänien sehr engagiert ist – zulastenanderer Menschen geführt wird – Koch lässt grüßen –, indiesem Fall der Menschen in Rumänien. Aber auchChinesen und andere wurden in diesem Wahlkampfschon erwähnt. Frau von der Leyen führt einen Wahl-kampf mit falschen Anschuldigungen gegen Indien, demsie unterstellt, nicht das Notwendige gegen Kinderpor-nografie zu tun. Frau Bundeskanzlerin, ich glaube, eswäre Zeit, dass sich diese Bundesregierung für dieFalschaussagen und die Verbreitung offenkundigerUnwahrheiten über die entsprechenden Staaten und auchIndien gegenüber dem Parlament und der deutschenÖffentlichkeit entschuldigt.Zur Lage gehört auch, wenn man über Rumänien re-det, das Folgende: Ich habe vorhin die Zeit genutzt, umein bisschen zu googeln. Man kann feststellen, dass wirin großem Maße Menschen aus Rumänien anwerben, da-mit diese für Menschen in Deutschland die Pflege über-nehmen. Ich zitiere aus einem entsprechenden Angebot:Eine Rumänin lebt als Haushaltshilfe in Ihrem Haus. Sieist fast rund um die Uhr präsent. – Es schließt mit demhumanitären Absatz: Bitte beachten Sie aber, dass auchdiese Menschen Freizeit haben. – Ich glaube, das sagtmehr über die Situation dieses Landes aus als manchanderes, über das wir gelegentlich diskutieren.Die Freiheitsrechte und die Bürgerrechte, die eigent-lich keine Randnotiz sein sollten – auf dem Rand desZweieurostücks sind die Worte „Einigkeit und Recht undFreiheit“ vermerkt –, waren in der heutigen Debatte eineRszAvdgbwmdnzDra1dgutnBSdtdsznDGsdgisuvdmsfdvhrdI–IgMwe
Vielleicht noch etwas zum Zustand des Parlaments.Darüber rede ich gerne nachher mit dem Kollegen. –ch kümmere mich im Moment sehr um inhaftierte Blog-er in Aserbaidschan. Menschen, die im Internet ihreeinung gesagt haben, sind in diesem Land verhaftetorden. Ich bin selbstverständlich hingefahren, zumaliner der Betroffenen einmal Praktikant in meinem Büro
Metadaten/Kopzeile:
26344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Jörg Tausswar. Wissen Sie, was die Auskunft der Bundestagsver-waltung war, als ich gesagt habe, ich würde gerne dort-hin fliegen? Ich habe den Bescheid bekommen, dass ichals Abgeordneter selbstverständlich eine Bildungsreiseunternehmen könnte – dafür könnte ich auch meineBonusmeilen, die ich erflogen habe, verwenden –, aberfür eine Reise in Sachen Menschenrechte dürfte ichBonusmeilen nicht verwenden. Das ist der ZustandDeutschlands im Jahr 2009.Man könnte mit dem fortfahren, was vom KollegenWesterwelle zum Bundesverfassungsgericht gesagt wor-den ist. Ich bin froh, dass bereits richtiggestellt wordenist, dass die Anregung zur Onlinedurchsuchung ausFDP-Kreisen in Nordrhein-Westfalen gekommen ist.Lieber Kollege Westerwelle, ich traue Ihnen ebenso zu,etwas für die Bürgerrechte zu tun, wie ich mir zutraue,eine Kuh zu werfen. Sie haben immer nur ein taktischesVerhältnis zu den Menschenrechten gehabt. Dort, wo Sieregiert haben, haben Sie mit dem Thema Menschen-rechte, wie Sie an den aktuellen Landesregierungensehen, nichts zu tun gehabt.Was die Terroristen angeht, so würde ich Ihnen, HerrLafontaine, sehr empfehlen, nicht in die Kerbe zu hauen,in die auch der Herr Innenminister immer haut; denn mitdem Schüren von Terrorangst werden immer mehr Bür-gerrechte und Menschenrechte in diesem Land einge-schränkt.Last, but not least, Frau Präsidentin, zur Lage inDeutschland gehört auch – das ist angesprochen worden– der Mindestlohn. Lassen Sie mich angesichts der Tat-sache, dass ich heute wohl meine vorläufig letzte Redehalte, den Garderobenfrauen und anderem Personal imDeutschen Bundestag danken. Vielleicht könnten wir,bevor wir salbungsvolle Reden halten, mit Blick auf un-sere Fahrerinnen und Fahrer, auf die, die hier alsPersonal arbeiten und bei denen ich mich herzlichbedanke, anfangen, über einen Mindestlohn zu reden.
Das wäre gut und würde dieses Parlament ehren. Ich är-gere mich jedes Mal – ich schäme mich fast –, wenn ichan unseren Garderobenfrauen vorbeilaufe, weil ich im-mer daran denken muss, welche finanzielle Leistungdiese bei einer auswärtigen Firma beschäftigten Kräftebekommen.
Herr Kollege Tauss!
Frau Präsidentin. Ich bedanke mich für Ihre Geduld. –
Ich wünsche Ihnen alles Gute und einen schönen Tag.
Vielleicht können Sie den einen oder anderen Punkt über
die Zukunft Deutschlands, den ich angesprochen habe,
hier in diesem Parlament berücksichtigen.
Besten Dank.
S
K
g
t
ü
D
U
s
L
k
f
w
d
L
w
i
s
F
L
M
P
ü
S
s
C
W
i
r
b
I
n
D
R
a
G
as ist wieder einmal ein Beweis für die Eintracht in dernion; CDU und CSU sind eben wie feindliche Ge-chwister.
ieber Peter Ramsauer, statt über die Landwirtschaft zulagen, lasst uns das Kartellrecht ändern und die Nach-ragemacht der großen Einkäufer hier beenden. Dasäre die richtige Reaktion. Es ist eines der Grundübel iner deutschen Wirtschaftsordnung, dass wenige dieeute ausbeuten können.
Bemerkenswert an der Rede des Kollegen Ramsauerar auch, dass er Freiherr zu Guttenberg vollkommengnoriert hat. Guttenberg wird zwar plakatiert und darfich in Bierzeltreden austoben, aber mehr erlaubt derutterneid innerhalb der CSU nicht. Früher hätte manobpreis und Dank zum Ausdruck gebracht. Wennichael Glos hier noch gesessen hätte, dann hätte sicheter Ramsauer in unberechtigtem Lobpreis und Dankberschlagen. Heute hat er beredt geschwiegen.Er hat in gewisser Weise recht. Während sich Olafcholz bezüglich Mindestlohn und Kurzarbeit überallchmücken kann, fällt einem bei Guttenberg Hanshristian Andersens Des Kaisers neue Kleider ein.
er hinschaut, der sieht, dass nur ein paar Hofschranzenn der Presse und in der Union des Kaisers neue Kleiderühmen und sagen: Was hat der alles für Taten voll-racht!
ch sage Ihnen: Vor dem 27. September wird das Kindoch kommen und feststellen, dass der Kaiser nackt ist.er erste, der uns das jetzt gesagt hat, war Peteramsauer durch sein beredtes Schweigen.
Im Zusammenhang mit Herrn Guttenberg fällt miruch noch Das Bildnis des Dorian Gray ein. Dorianray war der wunderbare Jüngling, der porträtiert
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26345
)
)
Ludwig Stieglerwurde, bevor sich Lebensweg und Bildnis trennen; dasBild wird auf dem Speicher aufbewahrt, während derJüngling durch die Welt zieht. Lange Zeit haben sich alleGrausamkeiten des Jünglings nicht an ihm gezeigt– auch Guttenberg sieht man nichts an –, aber am Bildnisist es sichtbar geworden. Wenn ich an das industriepoliti-sche Papier des Ministeriums denke, dann fürchte ich,dass das wahre Bild von Guttenberg im Archiv des Bun-deswirtschaftsministeriums ist.
Da sind zum Beispiel die Pläne für die Abschaffung desKündigungsschutzes. Jetzt tut er noch, als sei er unschul-dig. Ihr werdet sehen: Wenn er die Gelegenheit dazu be-käme – aber wir werden alles tun, dass er diese Gelegen-heit nicht bekommt –, würde dieses schöne Bild zerstörtwerden. Belassen wir es also bitte bei der jetzt bestehen-den Illusion!Auch die Frau Bundeskanzlerin war heute ganz me-lancholisch-sachlich.
Sie hat in die Vergangenheit geschaut, weil sie mit demneuen Verlobten nicht in die Zukunft schauen kann.
Wenn ich mir vorstelle, wie sich dieser neue Verlobteaufgeführt hat: Einen solchen Kerl würde ich nicht heira-ten.
Er sagt Ihnen schon jetzt, Sie hätten alles falsch gemachtund seien die schrecklichste Frau der Welt;
aber die Ehe kann er kaum erwarten. Eine solche Ehewürde allein wegen mentalen Vorbehalts angefochten.
Es war so, dass hier die Nebelschleier über die Zu-kunft gehängt werden – wie in einer Inszenierung vonSchlingenschief.
– Entschuldigung; Schlingensief. Ich war zu sehr auf„schief“ fixiert.
Da gibt es nur Nebel und irgendwelche Verhängnisse.
– Nein, ich sage heute nichts Lateinisches, sondern dieWahrheit.–kthsIwLnwdZsteStPdIuhaSsaDhhSTwKi
Frank-Walter Steinmeier hat eben gezeigt, was er inukunft haben will: eine starke Exportwirtschaft, einetarke Binnenwirtschaft, starke Löhne, damit das Wachs-um auch in der Binnenwirtschaft gelingen kann. Das istine Perspektive, und dafür sorgt auch die Kraft derPD.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit unserer SPD-Frak-ion danken. Wohin wäre die Union gelaufen, wenn nichteter Struck mit seiner Truppe sie immer auf dem Pfader Tugend gehalten hätte?
ch sage einen ganz herzlichen Dank an unsere Fraktionnd an Peter Struck, der das Kunststück fertiggebrachtat, einerseits sozialdemokratische Konzepte zu machen,ndererseits auch mit den schwarzen Brüdern undchwestern zu hantieren,
ie vom rechten Weg, vom falschen Weg abzuhalten unduf den Pfad der Tugend zu bringen.
as hat er geschafft, und dafür danken wir ihm ganzerzlich.
Meine Damen und Herren, beim letzten Wahlkampfaben Sie mit offenem Visier gekämpft, heute kämpfenie mit der Tarnkappe. Aber ich sage Ihnen: Auch diearnkappe wird Ihnen nicht helfen; denn die Menschenissen: Ohne die soziale Kompetenz und die sozialeraft der Sozialdemokratie kommen wir nicht anständign das nächste Jahrzehnt.
Metadaten/Kopzeile:
26346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Ludwig StieglerIch sage Ihnen: Servus! Alles Gute! Die SPD-Frak-tion ist auf der Wacht.
Herzlichen Dank, Ludwig Stiegler, für diese letzte hu-morvolle Rede.
Wir wünschen dir im Namen des Hohen Hauses allesGute für deinen dritten Lebensabschnitt.
Ich schließe die Aussprache und rufe die Tagesord-nungspunkte 2 a bis 2 d auf:2 a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesGesetzes über die Ausweitung und Stärkungder Rechte des Bundestages und des Bundes-rates in Angelegenheiten der EuropäischenUnion– Drucksache 16/13923 –– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Umsetzung der Grundgesetz-änderungen für die Ratifizierung des Vertragsvon Lissabon– Drucksache 16/13924 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für die Angelegenheiten der EuropäischenUnion
– Drucksachen 16/13985, 16/13994 –Berichterstattung:Abgeordnete Michael StübgenMichael Roth
Markus LöningDr. Diether DehmRainder Steenblock2 b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Änderung des Gesetzes über dieZusammenarbeit von Bundesregierung undDeutschem Bundestag in Angelegenheiten derEuropäischen Union– Drucksache 16/13925 –dtBdStBU
nen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Änderung desGesetzes über die Zusammenarbeit von Bundund Ländern in Angelegenheiten der Europäi-schen Union– Drucksache 16/13926 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für die Angelegenheiten der EuropäischenUnion
– Drucksachen 16/13987, 16/13996 –Berichterstattung:Abgeordnete Michael StübgenMichael Roth
Markus LöningDr. Diether DehmRainder Steenblockd) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Wolfgang Nešković, Dr. Diether Dehm,Alexander Ulrich, weiteren Abgeordneten undder Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfseines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset-zes
– Drucksache 16/13928 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für die Angelegenheiten der EuropäischenUnion
– Drucksachen 16/13988, 16/13997 –Berichterstattung:Abgeordnete Michael StübgenMichael Roth
Markus LöningDr. Diether DehmRainder SteenblockZu den Gesetzentwürfen liegen ein Änderungsantrager Fraktion der FDP, drei Änderungsanträge der Frak-ion Die Linke, drei Änderungsanträge der Fraktionündnis 90/Die Grünen sowie ein Entschließungsantrager Fraktion Die Linke vor.Über den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU,PD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen über die Auswei-ung und Stärkung der Rechte des Bundestages und desundesrates in Angelegenheiten der Europäischennion werden wir später namentlich abstimmen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26347
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der KollegeThomas Oppermann, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen und
Kolleginnen! Heute machen wir mit den Europagesetzen
vom Bundestag aus den Weg für die Ratifizierung des
Vertrages von Lissabon frei. Dieser Vertrag wird die de-
mokratischen Entscheidungssysteme der Mitgliedslän-
der noch stärker mit der Europäischen Union verzahnen.
Das macht die Union demokratischer und handlungsfä-
higer und setzt sie in den Stand, auf der Basis gemeinsa-
mer Werte die legitimen Interessen von 500 Millionen
Europäern in einer globalisierten Welt effektiv und nach-
haltig zu vertreten – besser, als jedes einzelne Mitglieds-
land dies tun könnte.
Wir haben in kurzen, aber intensiven Beratungen gute
Kompromisse erzielt zwischen Bundesrat und Bundes-
tag sowie zwischen Mehrheit und Opposition im Bun-
destag. Der Kompromiss sieht vor, dass der Bundestag
bei vertragsgestaltenden Entscheidungen umfassend mit-
wirken muss und darf. Die Bundesregierung ist nach in-
nen voll rechenschaftspflichtig und nach außen uneinge-
schränkt verhandlungsfähig. Das ist ein gutes Ergebnis.
Gut ist auch, meine Kollegen und Kolleginnen von
der CSU, dass der Entschließungsantrag vom Tisch ist.
Wir brauchen keine neuen Klagearten beim Bundesver-
fassungsgericht. Wir brauchen keine irritierenden Vorbe-
halte gegen den Vertrag. Wir brauchen keine imperativen
Mandate.
Im Übrigen ist es nicht so, dass der Vertrag nur nach
Maßgabe der Gründe des Urteils verfassungsgemäß ist.
Vielmehr ist der Vertrag ohne Wenn und Aber verfas-
sungsgemäß. Durch die Begleitgesetze, die wir heute
verabschieden, wird der Vertrag mit der Ratifizierung
Rechtskraft erlangen. Er erlangt Rechtskraft, weil wir
ihn mit einem verfassungskonformen Begleitgesetz in
Kraft setzen, aber nicht weil das Bundesverfassungsge-
richt weitergehende Äußerungen dazu macht.
Sie, meine Damen und Herren von der CSU, müssen
sich heute entscheiden, ob Sie in der antieuropäischen
Ecke bleiben wollen oder ob Sie sich auf die Seite derer
stellen wollen, die für ein vereintes, soziales und demo-
kratisches Europa streiten.
Ich habe den Eindruck, dass sich hinter mancher – nicht
hinter allen – antieuropäischen Attitüde in Wirklichkeit
nationales Denken versteckt. Aber weil nationales Den-
ken antiquiert ist, weil es nicht in eine moderne Gesell-
schaft passt, wird das so nicht gesagt. Stattdessen wird
der ganze politische Frust an Europa abgelassen.
G
K
L
–
t
r
b
d
v
w
r
G
f
s
A
l
g
m
t
K
i
p
s
Im Europaausschuss haben die CSU-Abgeordneten
auweiler, Silberhorn und Lintner 15-mal gegen die
oalition abgestimmt, 7-mal im Schulterschluss mit der
inkspartei.
Mit Diether Dehm und den Kollegen von der Linkspar-
ei. – Ich muss sagen: Ich habe mich gewundert über die
andständigen Positionen, die Sie da eingenommen ha-
en. Das ist eine antieuropäische Allianz an den Rändern
es Deutschen Bundestages.
Zu dem europäischen Geist und dem, was wir heute
erabschieden, passt es auch nicht, wenn der nordrhein-
estfälische Ministerpräsident abfällige und tendenziell
assistische Äußerungen über Rumänen macht.
enauso wenig passt dazu, wenn Oskar Lafontaine aus-
ührt, er müsse deutsche Arbeitsplätze gegen europäi-
che Fremdarbeiter schützen.
uch das ist kein europäischer Tonfall.
Ich finde, wir brauchen keinen Nationalismus, weder
inken noch rechten. Was wir brauchen, ist ein friedferti-
es, innovatives, ökonomisch starkes, soziales und de-
okratisches Europa. Dem kommen wir mit dem Ver-
rag von Lissabon ein gutes Stück näher.
Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem
ollegen Silberhorn.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der Umstand, dassch mit einigen Kollegen in der letzten Woche im Euro-aausschuss gegen, wie Sie sagen, die Koalition abge-timmt habe,
Metadaten/Kopzeile:
26348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Thomas Silberhornhat den Grund, dass es der Koalition zu meinem Bedau-ern nicht gelungen ist, alle Anträge gemeinsam abzu-stimmen. Sie wissen: Die schriftlichen Anträge derKoalition lagen am Mittwoch um 10 Uhr vor. Die CSU-Landesgruppe hatte ihre Änderungswünsche bereits amFreitag vorher vorgelegt.
Wenn die Einbringung nicht anders möglich ist, müssenwir eben eigene Anträge einbringen.Es war im Übrigen bezeichnend, Herr Trittin, dassviele Anträge, die von meiner Seite eingebracht wordensind, mit Anträgen der Grünen oder auch der FDP inhalt-lich identisch waren.
Das hat den schlichten Hintergrund, dass wir alle diezweitägige Sachverständigenanhörung ernst genommenund die Anliegen, die von den Sachverständigen vielfachan uns herangetragen worden sind, aufgegriffen und inAntragsform gefasst haben.Ich werde diesem Begleitgesetz am Ende aus Über-zeugung zustimmen, weil der Bundestag deutlich mehrInformations- und Mitwirkungsrechte erhält, als er bis-her hat. Aber ich hätte mir schon gewünscht, dass mandenjenigen, die an Sonntagen über mehr Demokratie,Bürgernähe und Transparenz in der Europapolitik reden,nicht jedes neue Informations- und Mitwirkungsrechtdes Bundestages förmlich aus der Nase ziehen muss.Es bleibt dabei: Wir hätten etwas mehr Demokratie,Transparenz und Bürgernähe in der deutschen Europa-politik erreichen können. Gleichwohl begrüßen wir, dasswir einen großen Schritt nach vorne machen. Wir wer-den deshalb aus Überzeugung dieser Begleitgesetzge-bung zustimmen.Vielen Dank.
Herr Kollege Oppermann, bitte.
Herr Silberhorn, ich finde es erfreulich, dass Sie sich
am Ende entschließen, den Gesetzen zuzustimmen. Sie
haben anfangs noch gegen den Vertrag von Lissabon ge-
stimmt.
Wenn das ein Lernprozess ist, der auch den Rest der
CSU erfasst, dann hat sich die Auseinandersetzung mit
Ihnen gelohnt.
Im Übrigen haben Sie im Ausschuss Anträge gestellt,
die sich aus den Verhandlungen ergeben haben. Es lagen
ausverhandelte Gesetzentwürfe vor. Sie haben aber ge-
meinsam mit der Linkspartei abgestimmt, und das nicht,
weil Sie mehr Transparenz nach Europa bringen wollten,
s
s
s
t
p
w
t
F
g
g
s
Ö
H
H
A
g
u
n
L
n
n
s
W
r
d
e
u
z
E
f
d
s
s
r
i
H
Ich gebe das Wort dem Kollegen Markus Löning,
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-en! Die FDP-Fraktion hat dieses Gesetzespaket mit ein-ebracht, weil sich hier die Linie der Vernunft durchge-etzt hat. Die euroskeptisch angehauchte Linie, die in derffentlichkeit von den Kollegen auf der linken Seite desauses vertreten worden ist, hat sich nicht durchgesetzt.err Oppermann, an dieser Stelle muss ich aber sagen:uch die Linie, dem Parlament möglichst wenig zu sa-en
nd möglichst alles geheim zu halten, wäre nicht die Li-ie der FDP gewesen. Wir sind froh, dass sich nicht dieinie der Geheimbündelei, sondern die Linie der Ver-unft durchgesetzt hat.
Zwei Punkte konnten wir leider nicht durchsetzen; ei-en Punkt bringen wir hier noch einmal ein. Das Interes-ante an diesen beiden Punkten ist, dass alle sie wollten.ir haben vorgeschlagen – dazu gibt es unseren Ände-ungsantrag –, dass alle finanziellen Verpflichtungen, dieie Bundesregierung gegenüber der Europäischen Unioningeht, vom Bundestag kontrolliert werden,
nd zwar sowohl im Zufluss als auch im Haushaltsvoll-ug. Ich erinnere beispielsweise an den Europäischenntwicklungsfonds, den Europäischen Globalisierungs-onds und an Galileo. Für diese Projekte wurden im Ratreistellige Millionenbeträge und teilweise mehr zuge-agt, ohne dass der Gesetzgeber dazu auch nur ein Wortagen konnte. Deswegen fordere ich Sie als Parlamenta-ier auf: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! Esst nötig, dass der Bundestag die volle Kontrolle imaushaltsrecht, auch was die EU angeht, behält.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26349
)
)
Markus Löning
Die Tatsache, dass auch der andere Punkt abgelehntwurde, ist eigentlich noch bizarrer. Wir wollten fest-schreiben, dass die Bundesregierung dem Bundestag dieGelegenheit gibt, einen deutschen Kandidaten für dieEuropäische Kommission anzuhören. Ein Kandidat, dersich im Europäischen Parlament einer Anhörung stellenmuss, soll sich auch einer Anhörung der Bundestags-abgeordneten stellen. Das ist ein Symbol für mehr Trans-parenz und für mehr Mitbestimmung des Bundestages.Alle Kollegen quer durch die Fraktionen haben gesagt:Ja, wir wollen das. – Trotzdem wurde dieser Vorschlagabgelehnt. Das ist die eigentliche Krux und illustriert,worauf es am Ende des Tages ankommen wird. Es istgut, dass jetzt mehr Rechte in einem Gesetz und nichtnur in einer Vereinbarung normiert sind. Am Ende desTages wird es aber darauf ankommen, dass die Mehrheitin diesem Haus, die Mehrheit, die die Regierung trägt,den Mut aufbringt, diese Rechte auch einzufordern undauszufüllen. Wenn das nicht passiert, sind diese Gesetze,diese Mitwirkungsrechte des Bundestages nichts wert.
Wir haben in dieser Legislaturperiode leider mehrfacherlebt, dass sich die Koalitionsfraktionen entweder nichteinigen konnten oder am Ende des Tages den Mut nichtaufgebracht haben, wichtige europäische Entscheidun-gen in das Plenum einzubringen und das Plenum darüberentscheiden zu lassen. Das muss sich ändern. Im nächs-ten Deutschen Bundestag wird die Mehrheit – es wirdeine andere Mehrheit sein, die die nächste Bundesregie-rung tragen wird –
die neue Bundesregierung anders kontrollieren – mitmehr Selbstbewusstsein, mit mehr Mitsprache. Ansons-ten macht sich der Deutsche Bundestag in dieser Fragevöllig unglaubwürdig.Meine Damen und Herren, angesichts des langen Pro-zesses der Debatte – über den Verfassungsvertrag bis hinzum Lissabonner Vertrag – müssen wir uns darauf kon-zentrieren, den Blick nach vorne zu richten. Die Men-schen sind es leid, unsere Debatten über Stimmrechtsfra-gen, darüber, ob es einen Kommissar mehr oder wenigergeben soll, und über irgendwelche technischen Abspra-chen zu hören. Es wird darauf ankommen, die europäi-sche Politik mit Leben zu erfüllen – und nicht mitGeschacher um Posten, Stimmenmehrheiten und Ge-schäftsordnungsfragen. Es wird darauf ankommen, dasssich die europäische Politik mit der neuen Kommissionwieder eine vernünftige Agenda gibt. Es wird darauf an-kommen, dass die europäische Politik nach vorne blickt,für die Menschen arbeitet und nicht über Institutionenund Mehrheitsfragen streitet.Lassen Sie mich einige wenige Punkte aufzählen, dieauch für den Bundestag wichtig sind. Wir sollten nichtvergessen, die bilateralen Beziehungen gerade zu unse-ren europäischen Partnern in den nächsten Jahren mitvdewdcabtlgsvsaBsigvEmraeVCHePhdwmdzkdmsdbrswb
Ich gebe das Wort dem Kollegen Gunther Krichbaum,
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eute ist ein guter Tag für den Deutschen Bundestag undin guter Tag für den Bundesrat, aber ebenso für denarlamentarismus in Deutschland. Wir verabschiedeneute die vier Begleitgesetze zum Vertrag von Lissabon,ie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts not-endig wurden. Die Mitwirkungs- und Mitbestim-ungsmöglichkeiten und -rechte des Bundestages wer-en damit deutlich gestärkt.Einem Eindruck möchte ich aber entgegentreten, undwar dem Eindruck, es hätte in der Vergangenheit gareine Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages iner Europapolitik gegeben. Es handelt es sich hier viel-ehr um einen kontinuierlichen Prozess. Wir haben un-ere Rechte gerade gegenüber der Bundesregierung überie Jahre hinweg kontinuierlich ausgebaut. Das, was wirislang in der sogenannten Zusammenarbeitsvereinba-ung, der BBV, geregelt hatten, hat nun seinen Nieder-chlag im Gesetz gefunden. Das ist sicherlich gut so,eil wir damit ein höheres Maß an Verbindlichkeit ha-en.
Metadaten/Kopzeile:
26350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Gunther KrichbaumIch möchte den Gedanken des Kollegen Löning hin-sichtlich der Vernetzung aufgreifen. Ja, wir brauchen fürdie Zukunft eine stärkere Vernetzung der nationalen Par-lamente in Europa. Aber ich darf auch hier daran erin-nern, dass es mittlerweile die fest etablierte COSACgibt, wie wir die Konferenz der Europaausschüsse derParlamente der EU-Mitgliedstaaten technisch nennen, inder wir uns in Europa regelmäßig begegnen. Wir habenein Verbindungsbüro des Bundestages in Brüssel. Wirhaben – auch das darf man in diesem Zusammenhang ru-hig einmal erwähnen – gut arbeitende Stiftungen derParteien in nahezu allen europäischen Ländern. Auchdas trägt dem Gedanken der Vernetzung der Parlamenta-rier untereinander Rechnung.Aber zurück zum sogenannten Begleitgesetz und zurBBV. Wir haben die Vorgaben des Bundesverfassungs-gerichts eins zu eins umgesetzt und sind sogar darüberhinausgegangen. Die Schwierigkeit bestand aber darin,eine Balance zu finden; denn gerade wir als DeutscherBundestag haben ein elementares Interesse daran, dassdie eigene Regierung in Brüssel und damit in Europahandlungsfähig bleibt. Nur dann stärken wir das Ge-wicht Deutschlands und nutzen die Potenziale des Ver-trages von Lissabon, die uns dieser Vertrag erst gibt.Eines aber muss an dieser Stelle klar sein: Der Deut-sche Bundestag ist ein oberstes Verfassungsorgan. Des-wegen haben wir die Einschätzungsprerogative darüber,wie wir die europäische Integration in Zukunft verant-worten und gestalten. Dafür sind in erster Linie wirverantwortlich, nicht ein anderes oberstes Verfassungs-organ, das Bundesverfassungsgericht. Wir tragen dieVerantwortung gegenüber unseren Wählerinnen undWählern.
Das dürfen wir als Bundestag einmal sehr selbstbewusstsagen.Mit der heutigen Verabschiedung der Begleitgesetzefolgen wir vor allem der zeitlichen Vorgabe des Bundes-verfassungsgerichts; denn die Begleitgesetze sollten vorder Ratifizierung in Kraft treten. Auch hier haben wirunsere Hausaufgaben gemacht.Die Erarbeitung der Begleitgesetze geschah untergroßem Zeitdruck. Ich möchte deshalb vor allem denFraktionsarbeitsgruppen und den Berichterstattern inner-halb der Arbeitsgruppen danken. Ich möchte auch derBundestagsverwaltung und ihren zahlreichen Mitarbei-tern danken; denn die Erarbeitung und die Beratungenerfolgten während der sogenannten parlamentarischenSommerpause. Es ist – das möchte ich hervorheben – einechtes Parlamentsgesetz. Es ist ein Gesetz, das aus derMitte des Parlaments heraus entwickelt wurde. Daraufhaben wir als Parlamentarier sehr großen Wert gelegt.Wir äußern nun aber die Erwartung, dass die Ratifi-zierung, nachdem wir unsere Aufgaben erledigt haben,schnell vonstatten geht. Ich meine damit, dass dieUrkunde in Rom hinterlegt werden kann. Dann ist dasRatifizierungsverfahren abgeschlossen. Was möglicheneuerliche Klagen gegen die Begleitgesetze angeht, soärzkRcswIrEdLsbuPiWMFdMdEdkßbPsSdPaEsgmdbsghmBEsmbi
r fördert die Rechte des Bundestages und die Rechtees Europäischen Parlamentes; denn erst der Vertrag vonissabon schafft bei aller Diskussion um die Begleitge-etze das, was wir eigentlich wollen und was wir anstre-en.Er macht Europa handlungsfähiger, demokratischernd auch transparenter. Erst dann können wir uns denroblemen zuwenden, die die Bürgerinnen und Bürgerm Kern beschäftigen, nämlich Fragen und Probleme derirtschaft und der Beschäftigung, worum wir heuteorgen in den Debatten gerungen haben. Es geht umragen der Finanzmarktkontrolle, des Klimaschutzes,es Verbraucherschutzes, aber auch darum, dass wir dieöglichkeiten nutzen, die uns der Binnenmarkt gibt,enn nur dann können wir die Freiheitspotenziale deruropäischen Union ausschöpfen. Nur dann können wirie europäische Integration weiter gestalten. Nur dannönnen wir die Probleme lösen, die auch für uns als gro-er Mitgliedstaat eine Schuhgröße zu groß wären. Wirrauchen das europäische Miteinander, damit wir imrozess der Globalisierung bestehen können.Ja, die heute vorgelegten Gesetzentwürfe sind verfas-ungsfest. Wir hatten eine zweitägige Anhörung mitachverständigen durchgeführt. Diesen gilt mein Dank;enn sie haben in den zwei Tagen ihre Expertise in denrozess eingebracht. Mein Dank gilt an dieser Stelleuch Minister Prof. Dr. Reinhart, dem Vorsitzenden desuropaausschusses des Bundesrates; denn auch hier hatich gezeigt, dass es bei den ansonsten manches Mal ent-egengesetzten Positionen gut war, diese Anhörung ge-einsam durchzuführen.Wir müssen die Rechte, die wir heute bekommen, fürie Zukunft nutzen. Es wurde in den anderen Debatten-eiträgen, auch vom Kollegen Oppermann, schon ange-prochen. Der Deutsche Bundestag erhält mit den heuti-en Gesetzen mehr Rechte, aber daraus fließt auch einöheres Maß an Verantwortung. Dieser Verantwortungüssen wir insofern gerecht werden, als wir uns alsundestag auch organisatorisch darauf einrichten. Dieuropapolitik muss wieder stärker in den Fachausschüs-en stattfinden, nicht allein im Europaausschuss. Sieuss dort gelebt werden. Dort werden auch die Pro-leme behandelt.Die Arbeit des Europäischen Parlamentes muss hiern Berlin besser dargestellt werden. Hier laufen viel zu
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26351
)
)
Gunther Krichbaumhäufig die Dinge nebeneinander her. Dann erst erkennenauch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort und hier beiuns, wie wichtig die Arbeit des Europäischen Parlamentsist.Wir haben unsere Aufgaben erledigt. Ich möchte Sieum die Zustimmung bitten und den Bundespräsidentenum die Hinterlegung und damit um den Abschluss desVerfahrens.Vielen Dank.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Alexander Ulrich,
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir haben die Vorredner gehört. Sie alle freuen sich überdie zusätzlichen Rechte, die der Deutsche Bundestag inZukunft in den Angelegenheiten Europas hat. Man sollteaber darauf hinweisen, dass man dafür, dass der Bundes-tag diese Rechte bekommen hat, der Fraktion Die Linkeund auch dem Kollegen Gauweiler Danke schön sagenmuss; denn das waren diejenigen, die nach Karlsruhe ge-gangen sind und das letztlich erstritten haben.
CDU/CSU, FDP und Grüne haben das immer als anti-europäische Reflexe begriffen und nie verstanden, dasssie sich durch das, was sie tun, ihrer eigenen Rechte, ih-rer Möglichkeiten berauben. Jetzt hört man, dass das al-les ein wohldosierter Gang war. Deshalb kann manschon sagen, dass heute ein Stück weit Demokratie zu-rückgewonnen worden ist,
von der Regierungspolitik zum demokratischen Han-deln. Das ist, wie gesagt, auch ein Verdienst unsererFraktion Die Linke.
Herr Oppermann, Sie erklären, dass die Fraktion DieLinke und CSU-Politiker antieuropäisch gehandelt hät-ten. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Willy Brandtpflegte den großen Satz zu sagen: Mehr Demokratie wa-gen. Dass Sie Fraktionen und Abgeordnete, die zum Bei-spiel bei wichtigen europäischen Entscheidungen denVolksentscheid wollen, als antieuropäisch bezeichnen,zeigt, wie verkommen die Sozialdemokratie mittlerweileist.eWdIAhdTTkkdmdDnwgiIlhsAwECNguszwtsbsAkB
Ganz nebenbei: Wenn Sie das zu politischen Rändernrklären, dann haben Sie damit auch erklärt, dass Klausowereit zum politischen Rand gehört; denn Berlin haten EU-Verträgen im Bundesrat nicht zugestimmt. Auchhre Partei hat mitgemacht.
uch das gehört zur Ehrlichkeit dazu.Wir als Linke haben über die kompletten vier Jahreinweg die Debatte über die EU-Verfassung und dannen Vertrag von Lissabon geführt. Das war das zentralehema im EU-Ausschuss und damit auch das zentralehema der Europapolitik im Bundestag.Wie oft hat man gesagt, Europa ist in der Krise? Dannam die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Die Bundes-anzlerin hat sich sehr früh dafür feiern lassen, sie hätteie EU-Verträge gerettet. Mittlerweile wissen wir, da hatan zu früh gejubelt; denn die deutsche EU-Ratspräsi-entschaft war auch in dieser Hinsicht ein Flop.
anach kamen die Iren, die verstanden haben, dass esicht zu einer anderen Entscheidung kommen kann,enn man der EU-Verfassung nur einen anderen Titelibt, aber 95 Prozent der Inhalte beibehält. Deshalb kannch hier nur sagen: Wir hoffen, dass die No-Campaign inrland erfolgreich ist und wir uns in der nächsten Legis-aturperiode nochmals über dieses Vertragswerk unter-alten müssen.
Wir haben immer gesagt, wir lehnen die EU-Verfas-ung nicht aus antieuropäischen Gründen ab. An diedresse der Union, die hier gerne zujubelt, sage ich: Werie Ministerpräsident Rüttgers die Bevölkerung einesU-Mitgliedslands so bezeichnet und wer das wie dieDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzlerin durchichtssagen toleriert, ist ein wahrer Antieuropäer. Soeht man mit den Menschen eines Mitgliedslandes nichtm. Sie sollten sich für solch antieuropäische Reflexechämen!
Wir haben immer gesagt, wir wollen, dass Europa so-ial, demokratischer und friedlich gestaltet wird. Dasaren und sind die Hauptgründe, warum wir diese Ver-räge ablehnen. Wir fühlen uns durch das Bundesverfas-ungsgericht und Ihre Argumentation in dieser Ansichtestätigt. Das Bundesverfassungsgericht zeigt zum Bei-piel auf, dass die EU-Verfassungsverträge aufgrund derusgestaltung des Begleitgesetzes nicht verfassungs-onform sind. Nur durch eine verbindliche Regelung desegleitgesetzes wird das verfassungskonform.
Metadaten/Kopzeile:
26352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Alexander UlrichHerr Oppermann, ich finde es schön, dass Sie sichhier und heute dazu geäußert haben. Es wäre aber sinn-voll gewesen, wenn Sie bei den Beratungen manchmalwirklich dabei gewesen wären. Vieles von dem, was Siein der Öffentlichkeit gesagt haben, hat gezeigt, dass Sievon dieser Materie wenig Ahnung haben. Als Parlamen-tarischer Geschäftsführer waren Sie zwar dabei, von derSache aber haben Sie keine Ahnung. Sie konnten mit„Seehofer als Bettvorleger“ zwar glänzen, aber zu denInhalten haben Sie auch heute wenig gesagt.
Die Mehrheit der Abgeordneten in diesem Hauswollte und will weiterhin eine Europäische Union, dieden wirtschaftlich Mächtigen verpflichtet ist. Wir habendas sehr oft gesagt. Auch die SPD hat im Zusammen-hang mit den EuGH-Urteilen zu Viking, Laval usw. ge-meinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund Erklä-rungen zur Fortschrittsklausel abgegeben. Die SPD hatdie Gewerkschaften aber auch da im Stich gelassen undbei der Klausel für den sozialen Fortschritt mit Nein ge-stimmt. Wenn Sie jetzt gemeinsam mit den Gewerk-schaften Wahlkampf machen wollen, müssen Sie auchsagen, dass Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer in dieser Sache im Stich gelassen haben. Sie habennichts dagegen getan, dass die Regelungen durch denEuropäischen Gerichtshof eingeschränkt wurden. Auchda hat die Sozialdemokratie vollkommen versagt.
Wir haben heute die letzte Plenarsitzung in dieser Le-gislaturperiode. Für Rainder Steenblock und MarkusLöning ist die heutige Plenarsitzung die letzte. Im Euro-paausschuss haben wir oft darum gekämpft, dass auchdie kleineren Fraktionen eine tatsächliche Mitsprache inEuropaangelegenheiten bekommen. Wir haben oft ver-sucht, Parlamentsrechte zu erhalten. Ich glaube, auch diekleinen Fraktionen hatten einen Anteil an dieser BBV.Weil ihr heute zum letzten Mal da seid, sage ich: Wir ha-ben zwar unterschiedliche Standpunkte, aber Dankeschön für eure Arbeit. Ich glaube, ihr gehört auch zu de-nen, denen es um das Parlament und nicht um Regie-rungshandeln geht. Europa kann man sozialer machen,aber nicht mit dieser SPD und nicht mit dieser CDU/CSU.Vielen Dank.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Manuel Sarrazin,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wennwir denn der Linken dafür dankbar sein sollten, dass sievor dem Bundesverfassungsgericht den Vertrag von Lis-sabon, der die Grundlage für die Einführung von mehrParlamentsrechten ist, beklagt hat und ganz kippenwollte, weil wir mit den Gesetzen jetzt mehr Rechte be-kommen, denke ich mir: Wir können Ihnen doch höchs-thSIrgwsZbldstfdludmRnttWwonfsdndddvpuvBüsBf
Erklärungen, bayerische Ministerpräsidenten, Linke,usatzanträge, Koalitionsstreit – ich habe heute Nachtei Mondschein nicht einschlafen können und mir über-egt, was ich heute sagen könnte. Man könnte versuchen,as gegen die CSU zu wenden. Man könnte die SPD, un-ere Wechselwähler oder die Linke ansprechen. Interna-ionale Solidarität hat ja etwas mit Europa zu tun. Inso-ern wären Marx und Lenin von euch enttäuscht.
Das Wichtige, das wir heute beschließen, ist, dass wir,er Deutsche Bundestag, uns stärker dafür verantwort-ich erklären, welche Politik in Europa gemacht wird,nd dass wir sagen: Europäische Politik ist nicht nur vonen Europaabgeordneten, von der Europäischen Kom-ission und vielleicht noch von einem Minister, der imat sitzt, relevant zu erklären, sondern wir als Abgeord-ete des Deutschen Bundestages sind verantwortlich,reten ein, fühlen uns zuständig, informieren und disku-ieren über das, was in Europa passiert. Das ist dasichtigste, was wir heute beschließen.
Das erklären wir unseren Wählern. Es liegt an uns,as in Europa passiert. Wenn es an uns Bundestagsabge-rdneten liegt, dann liegt es auch an unseren Wählerin-en und Wählern, dass Europa in der Integration weiterortschreiten kann. Ich muss über diese Parlamentsrechteagen: Das Verfassungsgerichtsurteil ist kritisiert wor-en. Ich als europäischer Föderalist persönlich war auchicht unbedingt glücklich und brauchte einige Zeit. Aberie befriedende Wirkung des Verfassungsgerichtsurteilsarf nicht infrage gestellt werden. Es steht außer Frage,ass die Bundesrepublik Deutschland eine Integrations-erantwortung hat. Wir als Bundestag sind dazu ver-flichtet, an der europäischen Integration teilzuhaben.
Diese befriedende Wirkung des Verfassungsgerichts-rteils besteht in Bezug auf die Verbesserung der Rechteor allem auch darin, dass die alte grüne Forderung, dieBV auf Gesetzesrang zu bringen, in weiten Teilenbernommen wurde. Es bezieht sich allerdings – aus un-erer Sicht zu Unrecht – nicht auf einen ganz wichtigenereich. Praktisch alle Redner, auch aus den Koalitions-raktionen und erst recht aus der Regierung, betonen im-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26353
)
)
Manuel Sarrazinmer wieder: Europa brauchen wir, weil die großen Fra-gen der internationalen Sicherheit, die Fragen derzukünftigen Entwicklung der Welt nur noch von Europabeantwortet werden können. Deswegen halten wir es fürunbedingt erforderlich, nachzubessern – am besten durchZustimmung zu unseren Änderungsanträgen heute – undden Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits-politik hinter die sonstigen Politikbereiche zurückzustu-fen; sonst wird dies der Bedeutung dieser Politikbereichefür Europa, aber auch der Kommunikation mit unserenWählern, die wir leisten müssen, nicht gerecht.Noch etwas anderes ist wichtig. Wenn wir uns an-schauen, was das Verfassungsgericht sagt, sehen wir,dass es etwas ganz Grundsätzliches für die EuropäischeUnion feststellt. Die europäische Integration sorgt nichtdafür, dass ein europäischer Überstaat existiert. Die eu-ropäische Integration sorgt auch nicht dafür, dass dieWählerinnen und Wählern weniger demokratischeRechte haben. Das Verfassungsgericht sagt ganz deut-lich: Durch den Prozess der europäischen Integrationund auch durch den Vertrag von Lissabon werden dieHandlungsfähigkeit der Demokratie und damit die Mög-lichkeiten der Menschen, über demokratische Wahlenauf Politik Einfluss zu nehmen, gestärkt, weil übernatio-nale Interessenfelder und übernationale Fragestellungenvon Politik überhaupt belangbar werden.
Wenn wir uns anschauen, wo wir mit diesen Geset-zesvorlagen angelangt sind, denen wir zustimmen wer-den und die wir zum großen Teil auch mit einbringen,und wenn wir berücksichtigen, dass viele unserer Forde-rungen eingeflossen sind und wir im Bereich der Ge-meinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, beim Um-gang mit der Notbremse und bei der schrittweisenFestlegung der gemeinsamen Verteidigungspolitik undder Rechtfertigung gegenüber dem Bundestag noch wei-tergehen wollten, dann müssen wir eines feststellen: AmEnde der Regierungszeit dieser Großen Koalition wirdder Ratifikationsprozess des Vertrages von Lissabon, derim Hinterzimmer der Regierung ohne ausreichende In-formation des Parlaments begonnen hat, im DeutschenBundestag mit einer Entscheidung abgeschlossen, dieden Deutschen Bundestag neu in die Verantwortungnimmt und die Parlamentsrechte gerade hinsichtlich derInformation stärkt.Deswegen sage ich: Ich wünsche mir, dass diese Ge-setze, die hier heute beschlossen und nächste Woche rati-fiziert werden, auch in Irland, Tschechien und Polen rati-fiziert werden und für das nächste deutsche Parlamentund für die nächste deutsche Bundesregierung Anspornsind, den Auftrag von heute ernst zu nehmen und damitEuropa einen Schritt weiterzubringen.Ich bedanke mich.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Henry Nitzsche.
l
v
w
l
d
G
d
l
s
v
D
d
B
d
h
d
J
f
A
l
d
d
P
A
r
g
s
R
s
i
G
o
f
r
d
f
f
s
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der Deut-che Bundestag bei Fragen der Kompetenzerweiterungn Zukunft mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Vomedanken her ist dies begrüßenswert. Nur wurde dabeiffenbar vergessen, dass wir es in Deutschland nicht mitreien Abgeordneten zu tun haben, sondern mit willfäh-igen Parteisklaven,
ie nur abnicken, was ihnen ihre Partei- und Fraktions-ührung vorgibt.
Das beste Beispiel ist die Verabschiedung des Re-ormvertrages im letzten Jahr. Dieser wurde samt verfas-ungswidrigem Begleitgesetz mit deutlich mehr als zwei
Metadaten/Kopzeile:
26354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Henry NitzscheDritteln der Stimmen angenommen, was hinterher nochals großer Tag für Deutschland gefeiert wurde. Dabeiwar dieser Tag einer der Tiefpunkte der deutschenGeschichte.
Ich habe damals zu Recht an das Ermächtigungsgesetzvon 1933 erinnert.
Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit von Ihnen auchdem heute vorliegenden Gesetzentwurf zustimmt undsich somit zum Totengräber der deutschen Souveränitätmacht.
Es gibt hier aber auch noch selbsternannte Freiheits-kämpfer, die CSU zum Beispiel. Pünktlich vor der Bun-destagswahl kritteln Sie am Reformvertrag herum undbetonen, wie dankbar Sie Ihrem Kollegen Gauweilersind: „Danke, Peter, dass du das für uns durchgeboxthast!“ Ich frage mich aber, warum Sie alle im April ver-gangenen Jahres so fröhlich für den Vertrag vonLissabon gestimmt haben. Sie hatten wohl Angst vor derKnute von Frau Merkel!Da war die Linksfraktion schon mutiger. Sie hat sogargegen den Vertrag gestimmt und in Karlsruhe geklagt.Allerdings frage ich mich: Aus welchen Motiven? Wahr-scheinlich können Sie sich mit der allgemeinen Reise-freiheit in der Europäischen Union nicht so ganz an-freunden. Oder fehlt Ihnen etwa der antifaschistischeSchutzwall –
Herr Kollege Nitzsche.
– ich komme zum letzten Satz –, damit Sie sich in der
„EUdSSR“ richtig wohlfühlen? Ich nehme Ihnen jeden-
falls nicht ab, dass Sie sich um die Interessen Deutsch-
lands sorgen – wie keiner in diesem Hause.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Angelica Schwall-
Düren, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-gen! Lassen Sie uns zu einem demokratischen Diskurszurückkehren.
Wir sind gestern in Bonn gewesen und haben„60 Jahre Deutscher Bundestag“ gefeiert. Bundestags-pAwtebcsenbpEaUutftsduAdDsAihvuswbDBdVesDVgbpgniEmr
rneut vortragen und die Bundeskanzlerin nach Brüsselchicken wollen, damit sie dort erklärt, dass es ineutschland Vorbehalte gegenüber dem Lissabonnerertrag gibt, und Sie außerdem eine Selbstentmündi-ung propagieren und fordern, dass nicht der Gesetzge-er, sondern das Bundesverfassungsgericht vorab über-rüfen solle, ob europäische Rechtsakte in Ordnungehen, dann kann ich die Frau Bundeskanzlerin nur war-en: Wenn sie die Europareputation der CDU schädigt,st das ihre Sache, aber wenn die Bundeskanzlerin dieuropareputation Deutschlands schädigt, dann ist dasehr als bedauerlich und dient sicherlich nicht den Inte-essen Deutschlands in der Europäischen Union.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26355
)
)
Dr. Angelica Schwall-DürenSchwierig war es gelegentlich auch mit dem Bundes-rat. Ich möchte die Auseinandersetzung um die Frageder Daseinsvorsorge erwähnen. In der Situation, dass wirzum ersten Mal in einem europäischen Vertrag die natio-nale Kultur im Bereich der Daseinsvorsorge als schüt-zenswert festgeschrieben haben, meinte der Bundesrat,die Gelegenheit nutzen zu können, seine Rechte nochweiter auszudehnen. Dem konnten wir zum Glück ein Pvorsetzen. Die Rechte des Bundesrates werden nicht ge-schwächt; aber es wird dem Bundesrat auch nicht mög-lich sein, weitere Schwierigkeiten zu machen.Was wir nun ins Auge fassen müssen – da hat HerrLöning recht –, sind die Konsequenzen aus den neuenGesetzen. Die Arbeit des EU-Ausschusses wird sich ver-ändern müssen. Wir werden Schwerpunkte setzen müs-sen, und wir werden darüber nachdenken müssen – ichmöchte das hiermit vorschlagen –, auch im EU-Aus-schuss ein Berichterstatterregime einzuführen, damit wirunsere Verantwortung für die europäische Integrationumsetzen können und der Bundestag hier stärker als inder Vergangenheit beteiligt wird.Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich möchte michdem Dank von Herrn Krichbaum anschließen: VieleMenschen haben viele Tage bis spät in die Nacht darangearbeitet, dass diese Gesetze heute vorliegen. Die SPDist froh, dass wir heute so weit gekommen sind und ent-sprechend der Präambel weiter dynamisch an der Inte-gration der Europäischen Union arbeiten können – alsein Mitgliedstaat in dieser Gemeinschaft, die für denFrieden der Welt arbeitet.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Gauweiler, CDU/
CSU-Fraktion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir bleiben
leider nur fünf Minuten, sodass ich, Frau Schwall-
Düren, auf Ihre Rede nicht im Einzelnen antworten
kann.
Ich empfehle Ihnen nur, sich Ihren Redebeitrag vom
Dezember 2007 bei der Einbringung der verfassungs-
widrigen alten Begleitgesetze durchzulesen und diese
Rede in den nächsten drei Wochen im Wahlkampf fest
unter Verschluss zu halten. Ich hätte von Ihnen wenigs-
tens ein Wort der Selbstkritik erwartet,
dass hier im Haus ein in dieser fundamentalen Weise
verfassungswidriges Gesetz verabschiedet worden ist.
Sie haben von Bremsmanövern gesprochen. Das
wichtigste Bremsmanöver überhaupt war die von der
C
z
s
s
t
G
z
h
r
A
r
a
d
S
n
s
w
v
d
n
p
d
W
f
l
s
d
v
n
d
l
r
Ich möchte hier ganz kurz drei Punkte ansprechen:
Herr Kollege Gauweiler, einen Augenblick bitte. Ich
alte Ihre Redezeit auch an.
Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen zuhö-
en müssen Sie schon.
Ich glaube auch, dass Sie zugehört haben. Es warusdruck Ihrer Erregung; das freut mich ja.Erstens. Mit dem neuen Begleitgesetz wurde viel er-eicht. Alle Prozessbevollmächtigten, die in Karlsruheufseiten der Kläger dabei waren, haben erklärt, dassiesem neuen Begleitgesetz zugestimmt werden kann.ie können mir also auch noch über die Abstimmung hi-aus danken, Herr Kollege. Mit diesem neuen Begleitge-etz wurde auch mehr erreicht – das, was hier gesagtorden ist, stimmt –, als vom Bundesverfassungsgerichterlangt worden ist. Der Bundestag und teilweise aucher Bundesrat haben in 30 Fällen zum Teil fundamentaleeue Rechte erhalten.Für zwölf Arten von Beschlüssen ist in Zukunft einarlamentarisches Zustimmungsgesetz zwingend erfor-erlich, zum Beispiel zur Einführung eines einheitlichenahlverfahrens zum Europäischen Parlament, zur Ein-ührung einer gemeinsamen Verteidigung und zur Fest-egung der Eigenmittel der EU.Für sechs weitere Arten von Beschlüssen ist ein zu-timmender Parlamentsbeschluss des Deutschen Bun-estages erforderlich, zum Beispiel zur Wahrnehmungon Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen, zu Maß-ahmen zum Schutz von Arbeitnehmern bei Beendigunges Arbeitsvertrages und zu Maßnahmen der Umweltpo-itik. Dazu waren alle Kompetenzen, auch die Erweite-ungskompetenzen, nach Brüssel weitergegeben worden.
Metadaten/Kopzeile:
26356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Peter GauweilerIch frage mich, warum Sie sich über Papiere im Wirt-schaftsministerium aufregen, wenn Sie die Kompeten-zen im Arbeits- und Sozialrecht so intensiv nach Brüsselabgeben wollen.In drei Fällen, nämlich in dem sogenannten Notbrem-severfahren, beispielsweise beim Strafrecht und bei derHerstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, sind inZukunft verbindliche Weisungen des Bundesrates unddes Bundestages möglich.Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts kann inZukunft nur aufgrund verfassungsrechtlicher Ermächti-gung durch das deutsche Grundgesetz verwirklichtwerden. Das Bundesverfassungsgericht kann die Unan-wendbarkeit einzelner Rechtsakte der EuropäischenUnion in Deutschland feststellen.Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen möchte: Siemeinen immer, nicht ohne Süffisanz über uns reden zukönnen. Sie sagten, dass die gemeinsame Erklärung zurAbstimmung vom Tisch sei. Mit dieser Erklärung solltedie Bundesregierung aufgefordert werden, dafür zu sor-gen, dass im Europäischen Rat festgestellt wird, dass derLissabon-Vertrag nur nach Maßgabe der im Urteil desBundesverfassungsgerichts dargelegten Gründe gültigist. Das, was Herr Ramsauer hier dazu gesagt hat, warvöllig richtig. Diese Erklärung des Bundestages, mit derdie Bundesregierung dazu aufgefordert werden sollte, istdeswegen obsolet, weil die Bundeskanzlerin, übrigensheute hier in dieser Sitzung, dem Parlament erklärt hat,dass sie eine solche Erklärung dem Europäischen Ratund der schwedischen Präsidentschaft gegenüber abge-ben wird. Ich danke ihr dafür.
Der dritte und letzte Punkt ist der Streit um die Fort-entwicklung der Integration. Herr Kollege Oppermann,Sie haben gesagt, in Wahrheit solle klammheimlich derNationalismus befördert werden, man würde es sich nurnicht so richtig trauen. Ich weiß nicht, ob Sie sich in ei-nen Bayern hineindenken können, aber ich sage es trotz-dem: Es ist für unsereinen von München und von Bayernaus und nach der Erfahrung von 1871 nur ein graduellerUnterschied, ob man von Berlin oder von Brüssel bevor-mundet wird.
– Richtig. Ich spreche betont einfach. – Unser Anliegenist, Leuten entgegenzuwirken, die einer Verwechslungunterliegen. Ich fürchte – das sage ich mit Respekt –,dass auch Sie die Bildung eines vereinten Europas mitimmer mehr Zentralismus verwechseln. Dagegen wen-den wir uns.
Jeder redet in seinem Programm von Bürgernähe.Aber diese Nähe des Bürgers entsteht nicht in einerMammutzentrale für 450 Millionen Menschen, sondernvor Ort, wo der Bürger lebt, wo seine Sprache verstan-dvndddRMEmCMSmsAgltSDttDmsswr
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
ichael Roth, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s ist schon ein etwas seltsames Schauspiel heute Nach-ittag: Wir erleben eine sich stabilisierende Allianz ausSU und Linkspartei. Wer hätte das noch vor wenigenonaten für möglich gehalten?
ymbol dieser wachsenden und gedeihlichen Zusam-enarbeit ist Herr Gauweiler.Herr Gauweiler, die CSU war doch bislang immer sotolz darauf, zur politischen Bundesliga zu gehören.ber was Sie eben abgegeben haben, war schlechte Re-ionalliga. Darüber muss man sich schon wundern. Viel-eicht liegt es daran, Herr Gauweiler, dass Sie beabsich-igen, sich hier zum europapolitischen Star aufzuspielen.ie sind aber eigentlich nur ein europapolitischer Mops.ie europapolitischen Stars sind nämlich diejenigen un-er uns in allen Fraktionen, die jahrein, jahraus, tagein,agaus europapolitische Kärrnerarbeit leisten.
as sind diejenigen, die schon seit Jahren konstruktivitarbeiten und Verantwortung tragen.Ich bin gespannt, ob Sie dem nächsten Europaaus-chuss angehören, Herr Gauweiler. Dann darf ich Siechon jetzt im Klub der europapolitischen Ackergäuleillkommen heißen. Da geht es nämlich nicht alleine da-um, dass man vor das Bundesverfassungsgericht zieht,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26357
)
)
Michael Roth
sondern dass man in der tagtäglichen Arbeit kontrolliert,Verantwortung übernimmt – Sie können genügend Kol-leginnen und Kollegen Ihrer eigenen Fraktion fragen –und sich der mühseligen Kleinarbeit ergibt. Vielleichthaben Sie Zeit dafür. Wir würden uns darüber freuen.
Gestatten Sie mir zum Schluss der Debatte noch einpaar klare Worte zum Bundesverfassungsgericht. Ichhatte den Eindruck, dass sich nicht wenige Kolleginnenund Kollegen hinter dem Bundesverfassungsgericht ver-stecken. Für mich ist aber der Deutsche Bundestag daserste Verfassungsorgan. Wir sagen, wo es europapoli-tisch langgeht.
Wir sollten unsere Verantwortung nicht an das Bundes-verfassungsgericht abgeben.Ich widerspreche dem Bundesverfassungsgericht– das sage ich deutlich – in mindestens zwei Punkten.Der erste Punkt: Ich halte das Urteil im Hinblick auf dasEuropaparlament für wenig akzeptabel.
Was dort über das Europäische Parlament gesagt und ge-schrieben wird, hat mit der europapolitischen Wirklich-keit in Brüssel überhaupt nichts gemein. Das muss manden Richterinnen und Richtern einmal ins Stammbuchschreiben dürfen.
Der zweite Punkte – insofern freue ich mich über dieDebatte der vergangenen Woche –: Das Bundesverfas-sungsgericht bedient sich aus meiner Sicht eines über-holten Souveränitätsgedankens. Diese nationale Souve-ränität, von der das Bundesverfassungsgericht spricht,hat mit dem 21. Jahrhundert und den Herausforderungender Globalisierung nichts zu tun.
Wir sind zur europapolitischen Zusammenarbeit ver-pflichtet. Es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Wirmüssen uns fragen, inwieweit wir in Partnerschaft mitdem Europaparlament Europa demokratischer und hand-lungsfähiger machen können. In dieser Hinsicht ist derVertrag von Lissabon sicherlich nicht die letztinstanzli-che, aber eine akzeptable Antwort. Deshalb treten wiralle gemeinsam in der SPD-Bundestagsfraktion dafürein, dass dieser Vertrag so schnell wie nur irgend mög-lich in Kraft treten kann.
Wir freuen uns über neue gesetzliche Regelungen so-wie neue Chancen und Optionen für den Deutschen Bun-destag, aber auch für den Bundesrat. Aber viel wichtigerals Gesetzesänderungen ist die politische Praxis. Ich bingespannt, ob wir als Deutscher Bundestag, die Fachaus-schüsse und insbesondere der Europaausschuss, dieserwgwtdmGeIgog1dmFeRgmrEsBGsaDgGSBWrCsLdzssSu1)
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-chen Union empfiehlt unter Buchstabe a seinereschlussempfehlung auf Drucksache 16/13985, denesetzentwurf auf Drucksache 16/13923 in der Aus-chussfassung anzunehmen. Hierzu liegen Änderungs-nträge vor, über die wir zuerst abstimmen.Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktionie Linke auf Drucksache 16/14013? – Wer stimmt da-egen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist beiegenstimmen der Fraktion Die Linke mit dem Rest dertimmen des Hauses abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktionündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/14017? –er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ände-ungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und CDU/SU bei Enthaltung der Fraktion der FDP und Gegen-timmen der Fraktion Die Grünen und der Fraktion Dieinke abgelehnt.Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf iner Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-eichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-etzentwurf ist damit in zweiter Beratung bei Gegen-timmen der Fraktion Die Linke mit dem Rest dertimmen des Hauses angenommen.Dritte Beratungnd Schlussabstimmung.Anlagen 2 und 3
Metadaten/Kopzeile:
26358 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerWir stimmen nun über den Gesetzentwurf auf Verlan-gen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD namentlichab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze anden Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Ab-stimmung und weise darauf hin, dass im Anschluss andie namentliche Abstimmung noch etliche andere Ab-stimmungen folgen werden.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ichschließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be-kannt gegeben.Wir kommen nun zum Änderungsantrag der FraktionBündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/14018. Werstimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der SPD,CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke abgelehnt.Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen einge-brachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung derGrundgesetzänderung für die Ratifizierung des Vertragsvon Lissabon. Der Ausschuss für die Angelegenheitender Europäischen Union empfiehlt unter Buchstabe bseiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13985,den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/13924 in der Aus-schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, diedem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmenwollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiterBeratung mit den Stimmen der SPD, Bündnis 90/DieGrünen, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen derFraktion Die Linke angenommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf istdamit in dritter Beratung mit demselben Ergebnis wie inzweiter Beratung angenommen.Tagesordnungspunkt 2 b. Abstimmung über den vonden Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Bünd-nis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurf zur Än-derung des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bun-desregierung und Deutschem Bundestag in Angelegen-heiten der Europäischen Union. Der Ausschuss für dieAngelegenheiten der Europäischen Union empfiehlt inseiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13986,den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/13925 in der Aus-schussfassung anzunehmen.Hierzu liegen Änderungsanträge vor, über die wir zu-erst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantragder Fraktion der FDP auf Drucksache 16/14011? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungs-antrag ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstim-men der Opposition abgelehnt.DgdsDBWrCDdzsLBuGGdzdteüledsdsdwEBduGGdnSAdDtBUsg
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26359
)
)
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Peter GauweilerDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerJosef GöppelPeter GötzDr. Wolfgang GötzerUHMMMMDOHGUUMJBEPCRKFJAHSDABHSABSVEJDMNDHTGDDDADHKDPInEDDTSWDFMPDMte Granoldermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundonika Grüttersr. Karl-Theodor Freiherrzu Guttenberglav Guttingolger Haibacherda Hasselfeldtrsula Heinenda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzehristian Hirteobert Hochbaumlaus Hofbauerranz-Josef Holzenkampoachim Hörsternette Hübingerubert Hüppeusanne Jaffke-Wittr. Hans-Heinrich Jordanndreas Jung
artholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen Kampeterlois Karlernhard Kaster
olker Kauderckart von Klaedenens Koeppenr. Kristina Köhler
anfred Kolbeorbert Königshofenr. Rolf Koschorrekartmut Koschykhomas Kossendeyunther Krichbaumr. Günter Kringsr. Martina Krogmannr. Hermann Kuesndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertelmut Lampatharina Landgrafr. Max Lehmeraul Lehriedergbert Liebingduard Lintnerr. Klaus W. Lippoldr. Michael Lutherhomas Mahlbergtephan Mayer
olfgang Meckelburgr. Michael Meisterriedrich Merzaria Michalkhilipp Mißfelderr. Eva Möllringarlene MortlerCSDBDFEHRDBRDTHDPEKKDFJKDDPAHDDDKNGBCAIDDBUWKMBTJJCGAMMTLMHADAVGMKParsten Müller
tefan Müller
r. Gerd Müllerernd Neumann
r. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otteita Pawelskir. Joachim Pfeiffereatrix Philippuprecht Polenzaniela Raabhomas Rachelans Raidelr. Peter Ramsauereter Rauenckhardt Rehbergatherina Reiche
laus Riegertr. Heinz Riesenhuberranz Romerohannes Röringurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Rucketer Rzepkanita Schäfer
ermann-Josef Scharfr. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanr. Andreas Scheuerarl Schiewerlingorbert Schindlereorg Schirmbeckernd Schmidbauerhristian Schmidt
ndreas Schmidt
ngo Schmitt
r. Andreas Schockenhoffr. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummerilhelm Josef Sebastianurt Segnerarion Seibernd Sieberthomas Silberhornohannes Singhammerens Spahnhristian Freiherr von Stettenero Storjohannndreas Stormax Straubingeratthäus Streblhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenans Peter Thulntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Uwe Vogelerhard Wächterarco Wanderwitzai Wegnereter Weiß
InKAKWEWWWSGDNEDKDUKUPVCGDKBEDCMDDKDEDSHPKAEGDPSMIrGADMKGAWHBAHDRDP
Metadaten/Kopzeile:
26360 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26361
)
)
Tagesordnungspunkt 2 d. Abstimmung über den vonder Fraktion Die Linke eingebrachten Entwurf eines Ge-setzes zur Änderung des Grundgesetzes, Art. 23, 45 und93. Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-schen Union empfiehlt in seiner Beschlussempfehlungauf Drucksache 16/13988, den Gesetzentwurf der Frak-tion Die Linke auf Drucksache 16/13928 abzulehnen.Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmenwollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthal-tungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Bera-tung bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke mit denrestlichen Stimmen des Hauses abgelehnt. Damit entfälltnach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Druck-sache 16/14014. Wer stimmt für diesen Entschließungs-antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DerEntschließungsantrag ist bei Gegenstimmen der FraktionDie Linke mit den restlichen Stimmen des Hauses abge-lehnt.Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,teile ich Ihnen mit, dass sich die Fraktionen verständigthaben, die heute Morgen aufgesetzten Zusatzpunkte 2 abis 2 g – es handelt sich um Beschlussempfehlungen desPetitionsausschusses – von der Tagesordnung abzuset-zen. Sind Sie mit der Vereinbarung einverstanden? – Dasist der Fall. Dann ist das so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 e auf. Eshandelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zudenen keine Aussprache vorgesehen ist.Tagesordnungspunkt 4 a:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung derSanierung von Unternehmen– Drucksache 16/13927 –Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-schusses
– Drucksache 16/13980 –Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Günter KringsJoachim StünkerSabine Leutheusser-SchnarrenbergerSevim DağdelenDer Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-empfehlung auf Drucksache 16/13980, den Gesetzent-wurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD aufDrucksache 16/13927 in der Ausschussfassung anzuneh-men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in derAusschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmenvon SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU bei Ge-genstimmen der Fraktionen der FDP und Die Linke an-genommen.Dritte BeratunguGGdzlonfBCBefPHtgbl
in Englisch)KOM 338 endg.; Ratsdok. 11917/09– Drucksachen 16/13912 A.4, 16/13982 –
Metadaten/Kopzeile:
26362 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerBerichterstattung:Abgeordnete Daniela RaabJoachim StünkerMechthild DyckmansSevim DağdelenDer Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 16/13982, in Kenntnis der Unter-richtung festzustellen, dass der Vorschlag der EU-Kom-mission für einen Rahmenbeschluss des Rates über dasRecht auf Verdolmetschung und Übersetzung in Straf-verfahren keinen Bedenken hinsichtlich der Einhaltungdes gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Subsidia-rität begegnet. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DieBeschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzenHauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 e:Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Klaus Ernst,weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIELINKEFreigrenzen im SGB II erweitern – Erhöhungdes Schonvermögens und Anrechungsfreiheitfür Ferienjobs– Drucksache 16/14012 –Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmenvon SPD, CDU/CSU bei Enthaltung der FDP und Ge-genstimmen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen undDie Linke abgelehnt.Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-nung um die Beratung einer Beschlussempfehlung desAusschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-schäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zurDurchführung eines Strafverfahrens zu erweitern unddiese jetzt als Zusatzpunkt 3 aufzurufen. Sind Sie damiteinverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so be-schlossen.Ich rufe somit den Zusatzpunkt 3 auf:Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-schäftsordnung zu einem Antragauf Genehmigung zur Durchführung einesStrafverfahrens– Drucksache 16/14010 –Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschussfür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnungempfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-sache 16/14010, die Genehmigung zur Durchführung ei-nes Strafverfahrens zu erteilen. Wer stimmt für dieseBeschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-men des ganzen Hauses angenommen.
––AkCfpkaswLdk
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26363
)
)
Ich sage „abermals“; denn der Deutsche Bundestaghat bereits 1998 beschlossen, Unrechtsurteile aufzuhe-ben. Die Deserteure, die zunächst von dieser Aufhebungausgenommen wurden, wurden am 17. Mai 2002 miteinbezogen. Die letzte Lücke schließen wir heute. Mitdem Gesetzentwurf, den wir heute beraten und beschlie-ßen werden, beenden wir eine weitere Phase im Prozessder Bewusstseinswerdung bezüglich des Unrechts derNS-Militärjustiz.Ich freue mich, dass auch neue Erkenntnisse zu dieserEntschließung geführt haben: zum einen die Studie desMilitärhistorikers und SPD-Sachverständigen in der An-hörung Wolfram Wette mit dem Titel Das letzte Tabu,und zum anderen von der rechtswissenschaftlichen Seiteein Gutachten, das der frühere BundesverfassungsrichterHans Hugo Klein für das Bundesjustizministerium er-stellt hat. Darin wird festgestellt, dass der Tatbestand desKriegsverrats von den Nazimachthabern so verändertwurde, dass er den Anforderungen, die man an rechts-staatliche Strafnormen stellen muss, nicht mehr genügte.Diese Ergebnisse führten dankenswerterweise auch inweiten Teilen dieses Hauses zu einem Umdenken. Es istwichtig, dazuzulernen und umdenken zu können. DieVorschrift war rechtsstaatswidrig, und Urteile, die auf-grund rechtsstaatswidriger Vorschriften ergangen sind,können keinen Bestand haben. Dazu möge sich derDeutsche Bundestag heute bekennen, indem er dieKwsrtdWmHrdFeswFHwtfzürlKmsbaD1CgcgG3rdAAf
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Max Stadler,
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Dieses Thema ist so wichtig, dass es richtig ge-esen ist, sich darauf zu einigen, am Ende der Legisla-urperiode noch eine Aussprache im Plenum durchzu-ühren und nicht, wie manche überlegt haben, die Redenu Protokoll zu geben.Bereits seit mehreren Jahren diskutiert der Bundestagber die Aufhebung von NS-Urteilen wegen Kriegsver-ats. Die FDP freut sich, dass es zum Ende dieser Legis-aturperiode gelungen ist, fraktionsübergreifend einenonsens zu finden. Wenn der Deutsche Bundestag heuteit den Stimmen aller Fraktionen den vorliegenden Ge-etzentwurf verabschiedet, so ist dies bei diesem sensi-len Thema ein wichtiges Zeichen für die Betroffenen,ber auch für den Rechtsstaat.Der Umgang mit Urteilen aus der Nazizeit hat deneutschen Bundestag wiederholt beschäftigt. In der3. Wahlperiode hat die damalige Koalition aus CDU/SU und FDP das NS-Aufhebungsgesetz auf den Wegebracht. Einstimmig wurde 1998 beschlossen, dass sol-he strafgerichtlichen Verurteilungen durch Gesetz auf-ehoben werden, die gegen elementare Grundsätze dererechtigkeit verstoßen haben und die nach dem0. Januar 1933 zur Durchsetzung der Politik des Nazi-egimes gefällt worden sind.Davon betroffen waren insbesondere Entscheidungen,ie auf gesetzlichen Vorschriften beruhten, die in einernlage zu dem Gesetz zusammengefasst worden sind.usdrücklich hat der Gesetzgeber aber immer die Auf-assung vertreten, dass auch andere Verurteilungen Ge-
Metadaten/Kopzeile:
26364 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Dr. Max Stadlergenstand der Generalklausel des § 1 des NS-Aufhe-bungsgesetzes sein könnten. Das bedeutet: Auch Urteile,die nicht ausdrücklich in der Anlage erwähnt sind oderdie Sachverhalte betroffen haben, die dort nicht aufge-führt sind, konnten sehr wohl als nichtig angesehen wer-den, weil sie gegen elementare Rechtsgrundsätze versto-ßen haben. Dazu gehörten nach Auffassung der FDPunzweifelhaft auch Entscheidungen wegen Kriegsver-rats.Der Gesetzgeber hat längere Zeit gemeint, dass mitder Gesetzgebung von 1998 das Thema angemessen be-handelt worden sei. Dies ist auch die Auffassung derFDP-Fraktion gewesen. Gleichwohl ist es in der Folge-zeit immer wieder zu Forderungen gekommen, aus-drücklich die heute in Rede stehenden Urteile per Gesetzaufzuheben. Grund dafür waren neuere wissenschaftli-che Abhandlungen; Sie haben es bereits erwähnt, HerrKollege Dressel. Insbesondere war für die FDP-Fraktionauch das Gutachten des ehemaligen VerfassungsrichtersProfessor Klein von Bedeutung. Darin wurde ausgeführt,dass die Vorschriften über den Kriegsverrat mit rechts-staatlichen Grundsätzen schlechterdings unvereinbar ge-wesen seien. Der Sachverhalt, der zu einer Verurteilunghabe führen können, sei dort nicht präzise beschrieben.Es mangelte also an dem Grundsatz der Bestimmtheit ei-ner Strafnorm. Auch was die Rechtsfolgen betrifft – aus-nahmslos musste die Todesstrafe verhängt werden, wasvöllig unverhältnismäßig war –, kann dieses damaligeGesetz nur als Unrecht bezeichnet werden.Aufgrund dieser neueren Erkenntnisse hat sich dieFrage gestellt, ob es nachträglich doch noch geboten ist,die Vorschriften über den Kriegsverrat in die Anlagezum NS-Aufhebungsgesetz aufzunehmen. Diese Auffas-sung hat sich nunmehr durchgesetzt. Ich will gerne aner-kennen, dass sich aus den Reihen der Parlamentarier derKollege Jan Korte in dieser Angelegenheit besondersengagiert hat.
Dies gilt ebenso für den Kollegen Wolfgang Wieland imInnenausschuss und die Kollegin Christine Lambrechtim Rechtsausschuss.
Meine Damen und Herren, die FDP war immer derAuffassung, dass es sich bei diesen Urteilen um typi-sches NS-Unrecht gehandelt hat. Wir waren also nichtder Meinung, dass die Entscheidung des Gesetzgebersvon 1998 solche Urteile nicht betroffen hätte. Aber wirschließen uns gerne der sich mittlerweile durchsetzendenAuffassung an, dass es ein richtiges Zeichen ist, wennder Gesetzgeber diese Urteile heute noch einmal aus-drücklich aufhebt. Deswegen stimmen wir dem frak-tionsübergreifenden Gesetzentwurf zu.
CMSvdbDwuhagdma–lnks1nsdShnDdrsd
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26365
)
)
Wir sagen ganz klar: Die entsprechende Vorschrift istin die Anlage zu § 2 des NS-Aufhebungsgesetzes aufzu-nehmen, weil wir im Grunde genommen nicht mehr ve-rifizieren können, ob es Fälle gibt, in denen es tatsäch-lich um Kriegsverräter geht, aber ungeachtet dessen, objemand Kriegsverräter war oder nicht, nicht sagen: Dasist ein prima Kerl, heben wir das Urteil auf. Diesen Un-terschied möchte ich an dieser Stelle für meine Fraktionheute ganz besonders herausgearbeitet haben.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich gebe dem Kollegen Jan Korte, Fraktion Die
Linke, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Eine Frage, Herr Gehb, müssen Sie schon beantworten,nämlich wie Sie den Widerstand des 20. Juli 1944 ein-schätzen. Das müssen Sie uns einmal darlegen.
Heute treffen wir eine wichtige Entscheidung. Ichfreue mich ganz besonders, dass Ludwig Baumann alsVorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Mili-tärjustiz heute bei uns im Plenum ist. Herzlich willkom-men, Ludwig Baumann.
Auch wenn ich dazu ein wenig Lust verspüre, will ichnicht darüber sprechen, was hier in den letzten drei Jah-ren gesagt und wie diskutiert wurde. Ich will auch nichtdarüber reden - man kann hier eine andere Positionhaben -, was aus parteitaktischen Erwägungen in denletzten drei Jahren abgelaufen ist. Ich will auch nicht nä-her darauf eingehen, dass es schon relativ absurd ist,dass ausgerechnet der Name derjenigen Fraktion, diedieses Thema seit dreieinhalb Jahren vorangebracht hat,nicht auf diesem Antrag steht. Aber geschenkt! Wirstimmen auf jeden Fall zu; das haben wir immer gesagt.Uns geht es um die Sache. Deswegen werden wir heutensdudmUrAdhwbdptmmtdgeDadrgrDldfzdw„DEWßkwDEC
Zum anderen haben wir es hier mit Bestimmungen iner Fassung von 1934 zu tun. Spätestens da muss manellhörig werden und sich diese Bestimmung, über dieir hier diskutieren, anschauen. Die Fassung von 1934einhaltet eben kein Recht, wie es das in anderen Län-ern gegeben hat, sodass sie heute als gültiger Bezugs-unkt gelten könnte. Genau damit haben wir es nicht zuun, sondern der Kriegsverrat war zentrales Terrorinstru-ent zur Aufrechterhaltung der Disziplin in der Wehr-acht. Er war Teil des gesetzlichen Unrechts. Eine Ab-rennung ist nicht möglich.Fritz Bauer, der hessische Generalstaatsanwalt, hatamals im Zusammenhang mit den Verunglimpfungenegen die Widerständler des 20. Juni, die wir jedes Jahrhren, Folgendes gesagt:Ein Unrechtsstaat wie das Dritte Reich ist über-haupt nicht hochverratsfähig.as ist der Kern der Auseinandersetzung. Was, bitte, istn einem Angriffs- und Vernichtungskrieg verratswür-ig? Jeder, der diesen Krieg verraten hat, verdient unse-en größten Respekt, um das ganz klar zu sagen. Darumeht es heute.
Ich möchte sagen, dass wir heute keine Regelung er-eicht hätten, wenn es darüber keine gesellschaftlicheebatte gegeben hätte. Sie alle wissen, die Debatten deretzten 60 Jahre über die Rolle der Wehrmacht und überen NS-Justizapparat waren heftige Debatten. Deswegenreue ich mich, dass heute alle Fraktionen diesem Antragustimmen werden; denn er bedeutet – das finde ich iner Tat auch aufseiten der Union politisch bemerkens-ert; das gebe ich gerne zu – das Ende eines Denkens:Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.“er heutige Antrag bedeutet das Ende dieses Denkens.s freut mich, dass alle Fraktionen zustimmen werden.enn es andere Positionen gibt, die auch deutlich geäu-ert wurden, ist das in Ordnung. Was ich nicht verstehenonnte, ist, wie hier herumgeeiert und herumtaktierturde, anstatt sich mit der Sache auseinanderzusetzen.as bedauere ich sehr.
Trotzdem glaube ich, dass wir heute eine wichtigentscheidung treffen. Auch ich bedanke mich beihristine Lambrecht und Wolfgang Wieland für den ge-
Metadaten/Kopzeile:
26366 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)Jan Kortemeinsam eingebrachten Gruppenantrag. Der Antrag, dendie Linke eingebracht hat, wurde zwar inhaltlich von al-len geteilt, aber es bestand eben das Problem der Ein-bringer. Deswegen haben wir einen Gruppenantrag ge-macht. Danach hat dann auch die CDU/CSU-Fraktionund die gesamte SPD-Fraktion diesem Anliegen stattge-geben. Das ist eine wichtige Entscheidung und würdigtein Stück weit das Kämpfen und Streiten von Leuten wieLudwig Baumann in den letzten Jahrzehnten der Bun-desrepublik.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Wieland,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Satz„Was lange währt, wird endlich gut.“ geht mir hier nichtso einfach über die Lippen. Zum einen hat es zu langegedauert und zu lange gewährt. Das muss man in Rich-tung von Herrn Baumann zugestehen. Viele seiner Ka-meraden sind inzwischen tot und haben diese Rehabili-tierung nicht mehr erlebt.Zum anderen muss man ganz deutlich sagen: LieberKollege Gehb, einige zentrale Fragen sind offenbar im-mer noch nicht geklärt.Wir haben letzte Woche eine Woche im Zeichen desGedenkens an den Beginn des Zweiten Weltkrieges ge-habt. Die Kanzlerin hat in Polen eine Rede gehalten. Beidieser Gelegenheit wurde in den Medien noch einmalviel über den Krieg berichtet. Auch ich habe dabei nochNeues gelernt. Ich wusste beispielsweise nicht, dass die-ser Krieg mit einem Angriff auf die polnische Zivil-bevölkerung begann – als Erstes wurde eine polnischeStadt bombardiert –, dass man von Anfang an mit Mas-senexekutionen gearbeitet hat, weil es den Widerstand inpolnischen Dörfern tatsächlich gab oder gegeben habensoll, dass der Mythos der sauberen Wehrmacht, den mangerne verbreitet, und der SS und der Sondereinsatzgrup-pen, die angeblich nur gewütet haben sollen, vom erstenTag an falsch gewesen ist, dass der Plan nicht nur zurVernichtung des europäischen Judentums, sondern auchder polnischen Intelligenz von Anfang an durchgesetztwurde. In Krakau wurden Professoren ermordet, nurweil sie intelligent waren. Das alles war geplant. Das al-les hat man gemacht.Jetzt stellt sich die Frage: War es nicht ehrenwert, ei-nen solchen Krieg zu verraten, war das nicht eine bes-sere Haltung, als ihn zu führen, als den Mut nicht aufzu-bringen, zu desertieren, als die Befehle bis zum Ende zubefolgen? Das ist die entscheidende Frage. Hier habenSie immer noch keine Klarheit geschaffen, Herr KollegeGehb. Die Konservativen in diesem Land haben in50 Jahren Aufarbeitung leider immer noch keine Klar-heit gewonnen.
mgdShssdswrmdvn–SdsKwtBdsaSkbvggLsDFspIT
ann müssen Sie auch fragen, was mit den amerikani-chen Bauernsöhnen aus Kentucky ist, die in Hürtgen-ald, die in der Eifel gefallen sind. War es in deren Inte-esse nicht richtig, so viele militärische Details wieöglich zu verraten? Diese Frage muss man stellen.Als Letztes: Die Untersuchungen haben ergeben, dassie Fälle, die abgeurteilt wurden, keine Fälle des Verratson militärischen Geheimnissen waren. Das kommt jaoch dazu.
Ja, aber Sie haben darauf abgestellt.
ie haben gesagt: wenn es so gewesen wäre! Die Männeres 20. Juli haben Angriffspläne verraten, sogar schonehr früh. Sie sind nach London geflogen und haben denriegsverrat begangen, weil sie den Krieg verhindernollten. Sie haben genau das getan. Auch sie haben rich-ig gehandelt, und auch sie verdienen unseren Respekt.
Es war ein ganz langer Weg in der Geschichte derundesrepublik, bis zunächst einmal anerkannt wurde,ass die Männer des 20. Juli keine Verräter sind. Jetztind wir sozusagen bei den Gefreiten, bei den Schützenngekommen, die heute auch rehabilitiert werden.Von dem, was Ralph Giordano einmal die zweitechuld der Deutschen genannt hat, nämlich die Unfähig-eit, nach dem Krieg aufzuarbeiten, auch zu bestrafen,eispielsweise auch die Richter des Volksgerichtshofsor Gericht zu bringen, wird ein ganz kleines Stück ab-etragen, aber wirklich nur ein ganz kleines Stück.Mein Dank gilt Jan Korte. Er hat dieses Thema aufge-riffen. Wir hätten jederzeit dem Gesetzentwurf derinkspartei zugestimmt. Wir haben das auch immer ge-agt. Wir wollten nicht, dass er beerdigt wird. Meinank gilt auch Christine Lambrecht, die in der SPD-raktion mit anderen zusammen das Ruder herumgeris-en hat; sonst wäre eine weitere Legislaturperiode ver-lempert worden. Das muss man ganz deutlich sagen.nsofern freue ich mich dann doch noch an dem heutigenag.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26367
)
)
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist Christine
Lambrecht, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Quasi in letz-
ter Minute beschließen wir heute die Rehabilitierung der
letzten Opfergruppe der NS-Zeit. Noch vor ein paar Wo-
chen hätte es wahrscheinlich niemand für möglich gehal-
ten, dass wir das doch noch hinbekommen. Ich muss sa-
gen, es freut mich sehr und macht mich auch ein
bisschen stolz, dass wir es als Parlament geschafft ha-
ben, uns zusammenzuraufen und diese wichtige Frage in
der letzten Sitzung zur Abstimmung zu bringen.
Es ist zwar schon oft gesagt worden, aber ich möchte
trotzdem die Gelegenheit ergreifen und den Kollegen
Jan Korte und Wolfgang Wieland danken, die mich un-
terstützt haben, als wir einen Gruppenantrag auf den
Weg gebracht haben, mit dem wir – so will ich es einmal
sagen – noch einmal Bewegung in die Angelegenheit ge-
bracht haben. Weil das Ganze dermaßen ins Stocken ge-
kommen ist, haben wir befürchtet, dass darüber nicht
mehr entschieden werden könnte. Deswegen haben wir
die unübliche und nicht regelmäßig genutzte Möglich-
keit des Gruppenantrags gewählt. Ich glaube, das war in
dieser hochmoralischen und wichtigen Angelegenheit
der richtige Weg.
Ich bin ganz oft von Journalisten gefragt worden: Wa-
rum setzen Sie sich für diese Opfergruppe ein, die Men-
schen sind doch alle tot? Das hört sich auf den ersten
Blick zynisch an. Ich glaube aber, man muss trotzdem
eine Antwort darauf geben. Gewiss, nach unserem heuti-
gen Kenntnisstand gibt es niemanden, der während der
NS-Zeit wegen Kriegsverrats verurteilt worden ist und
heute noch lebt. Aber ich glaube, wir müssen auch den
Hinterbliebenen zu ihrem Recht verhelfen.
Beim Lesen der vielen Zuschriften, die ich bekom-
men habe, wurde mir erst bewusst, wie schwierig es ge-
rade für die Hinterbliebenen war, mit dem Stigma, mein
Vater, mein Sohn, mein Bruder waren Kriegsverräter, in
der Nachkriegszeit zu leben. Es war ja keineswegs so,
dass, als der Krieg vorbei war, das Naziunrecht nicht
mehr vorhanden war und auf einmal alle Antifaschisten
waren, sondern dort, wo dieses Urteil im Raum stand,
hat der eine oder andere Nachbar selbstverständlich mit
dem Finger auf die Frau gedeutet, deren Mann wegen
Kriegsverrats verurteilt wurde.
Auch Kinder wurden in der Schule deswegen – heute
würde wir sagen – gemobbt. Es gab unglaublich schwere
Schicksale. Die Menschen haben das in sich hineinge-
fressen, manche sind daran sogar zerbrochen. Ich
glaube, dass es wichtig ist, dass wir nicht nur den eigent-
lichen Kriegsverrätern, sondern auch ihren Angehörigen
i
i
w
s
a
g
d
i
K
m
g
A
S
s
g
v
b
h
V
E
s
d
N
m
g
z
e
g
u
u
p
d
k
b
s
U
w
d
s leuchtet mir bis heute nicht ein, warum ich Men-
chen, die zu Unrecht verurteilt wurden, dadurch zu Hel-
en machen soll, dass ich deren Unrechtsurteile aufhebe.
ein, ich gebe ihnen lediglich ihr Recht zurück. Das hat
it Heldentum überhaupt nichts zu tun.
Persönlich will ich erklären, dass jede Tat, die dazu
eführt hat, Widerstand gegen das NS-Regime deutlich
u machen oder den Krieg um nur einen Tag, um nur
ine Stunde zu verkürzen, dass jede Tat, die das Schwei-
en der Waffen früher herbeigeführt hat und die Befrei-
ng von Auschwitz und der anderen Konzentrations-
nd Vernichtungslager früher ermöglicht hat, für mich
ersönlich eine Heldentat war. So gab es viele Helden in
ieser Zeit, viele unbesungene Helden.
Ich hoffe, dass das Ergebnis dieser langen, zähen Dis-
ussion, dass die Aufhebung dieses NS-Unrechts darin
esteht, dass sich auch heute und in der Zukunft Men-
chen finden werden, die gegen Unterdrückung,
nrecht, Ausbeutung und Krieg aufstehen; denn dann
ären die Menschen, denen wir heute Gerechtigkeit wi-
erfahren lassen, nicht umsonst gestorben.
Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Metadaten/Kopzeile:
26368 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerWir kommen zur Beschlussempfehlung des Rechts-ausschusses auf Drucksache 16/13979 zu dem von denFraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurf, dem von denAbgeordneten Jan Korte, Christine Lambrecht,Wolfgang Wieland und weiteren Abgeordneten einge-brachten Gesetzentwurf sowie dem von der Fraktion DieLinke eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung desGesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Un-rechtsurteile in der Strafrechtspflege.Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionender CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen aufDrucksache 16/13654. Der Rechtsausschuss empfiehltunter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die An-nahme des Gesetzentwurfs. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. –Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf istdamit in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzenHauses angenommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf istdamit in dritter Beratung ebenfalls mit den Stimmen desganzen Hauses angenommen.
Mit der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf ent-fällt die Abstimmung über die beiden weiteren Gesetz-entwürfe auf Drucksachen 16/13405 und 16/3139.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetztnoch über ein paar Petitionen abstimmen; es tut mir leid.Im Übrigen weise ich darauf hin, dass ein Änderungs-antrag der Linken auf Drucksache 16/14016 vorgelegenhat und nicht darüber abgestimmt worden ist. Es ist jaüber einen Gesetzentwurf abgestimmt worden. Ich bitte,dies zur Kenntnis zu nehmen. Wir können über ihn nichtmehr abstimmen, weil über den Gesetzentwurf bereitsabgestimmt worden ist. Ich wollte der Form halber da-rauf hinweisen.Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen desPetitionsausschusses.Tagesordnungspunkt 4 f:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 617 zu Petitionen– Drucksache 16/13951 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 617 ist mit den Stimmendes ganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 g:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 618 zu Petitionen– Drucksache 16/13952 –tStvBttdtmStmdtmg(C(DWer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 618 ist ebenfalls mit dentimmen des ganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 h:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 619 zu Petitionen– Drucksache 16/13953 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 619 ist mit den Stimmenon SPD, CDU/CSU, FDP bei Enthaltung desündnisses 90/Die Grünen und Gegenstimmen der Frak-ion Die Linke angenommen.Tagesordnungspunkt 4 i:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 620 zu Petitionen– Drucksache 16/13954 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 620 ist mit den Stimmenes ganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 j:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 621 zu Petitionen– Drucksache 16/13955 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 621 ist bei Gegenstim-en des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Rest dertimmen des Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 k:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 622 zu Petitionen– Drucksache 16/13956 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 622 ist bei Gegenstim-en der Fraktion Die Linke mit dem Rest der Stimmenes Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 4 l:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 623 zu Petitionen– Drucksache 16/13957 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ungen? – Die Sammelübersicht 623 ist bei Gegenstim-en der FDP mit dem Rest der Stimmen des Hauses an-enommen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 8. September 2009 26369
(C)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerTagesordnungspunkt 4 m:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 624 zu Petitionen– Drucksache 16/13958 –Wer stimmt dafür? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –Die Sammelübersicht 624 ist mit den Stimmen von SPD,Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU bei Enthaltung derFDP und Gegenstimmen der Fraktion Die Linke ange-nommen.Tagesordnungspunkt 4 n:Tagesordnungspunkt 4 q:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 628 zu Petitionen– Drucksache 16/13962 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Sammelübersicht 628 ist mit den Stimmen derKoalition gegen die Stimmen der Opposition angenom-men.Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind da-mit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung und so-Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 625 zu Petitionen– Drucksache 16/13959 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 625 ist bei Zustimmungvon SPD, CDU/CSU, FDP und Gegenstimmen desBündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linkeangenommen.Tagesordnungspunkt 4 o:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 626 zu Petitionen– Drucksache 16/13960 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 626 ist mit den Stimmender Fraktionen Die Linke, SPD, CDU/CSU bei Gegen-stimmen des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDPangenommen.Tagesordnungspunkt 4 p:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 627 zu Petitionen– Drucksache 16/13961 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Sammelübersicht 627 ist mit den Stimmenvon SPD und CDU/CSU bei Enthaltung der FDP und beiGegenstimmen des Bündnisses 90/Die Grünen und derFraktion Die Linke angenommen.m1vvgDsEddudiuonslDuD(Dit am Ende der voraussichtlich letzten Sitzung in der6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages.Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter uns liegenier arbeitsreiche Jahre, Jahre kontroverser Debatten,ielfach aber auch der Übereinstimmung über Fraktions-renzen hinweg. Wir führten in grundlegenden Frageniskussionen, die Höhepunkte unserer parlamentari-chen Demokratie darstellten.Ich möchte Ihnen allen für Ihr Engagement und Ihreninsatz ganz herzlich danken. Das gilt insbesondere fürie Schriftführerinnen und Schriftführer, die das Präsi-ium tatkräftig unterstützt haben.
Mein besonderer Dank gilt den vielen Kolleginnennd Kollegen, die dem neuen, dem 17. Deutschen Bun-estag nicht mehr angehören werden. Ich wünsche Ihnenm Namen aller alles erdenklich Gute für die Zukunft.Mein Dank gilt aber auch den vielen Mitarbeiterinnennd Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung, die vorder hinter den Kulissen ihre Dienste geleistet haben undoch leisten. Ohne sie könnten wir unsere parlamentari-che Arbeit überhaupt nicht machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche uns al-en in den nächsten Wochen einen fairen Wahlkampf.en Zuschauerinnen und Zuschauern auf der Tribünend vor den Bildschirmen wünsche ich eine gute Woche.anke für Ihre Aufmerksamkeit.Die Sitzung ist geschlossen.