Protokoll:
5116

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 116

  • date_rangeDatum: 28. Juni 1967

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:23 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 116. Sitzung Bonn, den 28. Juni 1967 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Meis 5753 A Überweisung der Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 4. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1966 an den Haushaltsausschuß 5753 A Amtliche Mitteilungen 5753 B Zur Geschäftsordnung Genscher (FDP) 5754 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5754 C Fragestunde (Drucksachen V/1943, zu V/1943, V/ 1946) Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Weitergabe von Priessenkungen an die Verbraucher Höcherl, Bundesminister . . . . . 5755 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 5755 C Fellermaier (SPD) . . . .. . . 5755 D Reichmann (FDP) 5756 B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 5756 B Logemann (FDP) 5756 C Porten (CDU/CSU) 5757 A Fragen des Abg. Borm: Politischer Schriftwechsel zwischen Prof. Dr. Theodor Heuss und Dr. Konrad Adenauer Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär 5757 B Borm (FDP) 5757 C Moersch (FDP) . . . . . . . 5758 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 5758 B Dr. Enders (SPD) . . . . . . . 5758 C Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 5758 D Mertes (FDP) 5759 A Ertl (FDP) 5759 A Frage der Abg. Frau Funcke: Verbesserung der Altvorräte-Entlastung im Mehrwertsteuergesetz Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 5759 C Frau Funcke (FDP) . . . . . . 5759 D Dr. Imle (FDP) 5760 B Schmidt (Kempten) (FDP) 5760 B IT Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 Fragen des Abg. Logemann: Förderung agrarpolitischer Studienkreise und deren Publikationen aus Bundesmitteln Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5760 C Logemann (FDP) . . . . . . . 5761 A Ertl (FDP) 5761 B Fragen des Abg. Genscher: Unzureichende Kapazität der Buchungsmaschinen und Automaten für die Neuprogrammierung — Bundeshilfen für Neuanschaffungen Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär 5761 C Fragen des Abg. Dr. Hofmann (Mainz) : Übernahme von Zins- und Tilgungsleistungen zur Förderung der gemeindlichen Investitionen Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5762 B Dr. Hofmann (Mainz) (CDU/CSU) . . 5762 D Fragen des Abg. Maucher: Auswirkungen des Grunderwerbsteuererlasses auf Erwerb eines Grundstücks bzw. Eigenheimes — Einbeziehung der Unfallbeschädigten 5763 A Frage des Abg. Moersch: Beschleunigte Installierung von Kernkraftanlagen Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 5763 B Moersch (FDP) . . . . . . . . 5763 C Frage des Abg. Kubitza: Beteiligung der Bundesregierung an dem geplanten Biochemischen Zentrum in Martinsried bei München Dr, Stoltenberg, Bundesminister . . 5763 D Fragen des Abg. Flämig: Abbau des Uranvorkommens in der Gemarkung Menzenschwand Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 5764 A Flämig (SPD) 5764 C Dröscher (SPD) 5765 A Faller (SPD) 5765 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Gewinnspanne der Deutschen Bundespost bei den den Rundfunkanstalten berechneten Leitungskosten Bornemann, Staatssekretär . . . . 5765 C Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 5766 A Frage des Abg. Dichgans: Nächtliche Postbeförderung durch Düsenflugzeuge Bornemann, Staatssekretär . . . . 5766 B Dichgans (CDU/CSU) . . . . . . 5766 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Plan einer generellen Gebührenerhöhung bei Einführung des Farbfernsehens Bornemann, Staatssekretär . . . . 5766 D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 5767 A Fragen der Abg. Frau Funcke: Vorbereitung der Diplom-Kaufleute und Diplom-Volkswirte in den Bundesministerien auf die zweite Staatsprüfung — Bedarf der Bundesverwaltung an wirtschaftswissenschaftlich vorgebildeten Beamten Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 5767 B Fragen des Abg. Corterier: Gesetzentwurf über die Volksentscheide nach Art. 29 GG 5767 D Fragen des Abg. Prochazka: Angeblicher Plan zur Auflösung des Bundesluftschutzverbandes — Aufbau des Selbstschutzes in der Bevölkerung Benda, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 5768 A Prochazka (CDU/CSU) . . . . . . 5768 C Fragen des Abg. Zebisch: Abwesenheit der Prager Ehrengäste bei Übernahme des neuen Linienverkehrs München—Prag wegen nicht rechtzeitiger Zustellung der Einreisevisen — Visaerteilung an tschechoslowakische Staatsangehörige 5769 A Sammelübersicht 20 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 18. Oktober 1965 bis 31. Mai 1967 eingegangenen Petitionen (Drucksache V/1843) . . . 5769 B Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache V/1930) 5769 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 III Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlossene Einhundertfünfte, Einhundertzehnte und Einhundertvierzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1826, V/1904; V/1827, V/1905; V/1828, V/1906) 5769 B Beratung des Berichts des Verteidigungsausschusses über die Beratungen anläßlich der Rücktrittsgesuche des damaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Trettner, und des damaligen Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Panitzki (Drucksache V/1745) Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP). 5770 A, 5773 D, 5776 C Petersen (CDU/CSU) 5770 C Berkhan (SPD) 5772 D Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär 5776 B Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 44/67/EWG (Erstes Durchführungsgesetz EWG Zucker) (Abg. Bauknecht, Dr. Ritgen, Klinker u. Gen.) (Drucksache V/1726); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1969), Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1913) — Zweite und dritte Beratung — . . . 5776 D Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen für Getreide, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch (Durchführungsgesetz EWG Getreide, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch) (CDU/CSU, SPD) (Drucksache V/1833); Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1935) — Zweite und dritte Beratung — dazu Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG Milch und Milcherzeugnisse und des Durchführungsgesetzes EWG Getreide (Drucksachen V/1623, V/1935) — Zweite Beratung — 5777 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Weinwirtschaft (Weinwirtschaftsgesetz) (Drucksache V/1208); Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1839) — Rückverweisung — 5777 C Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikomiß- und Stiftungsrechts (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/1837) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/1881) — Zweite und dritte Beratung — 5777 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Juni 1964 mit der Republik von Portugal über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen (Drucksache V/1595); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache V/1864) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5778 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. April 1966 mit der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Regelung von Wasserentnahmen aus dem Bodensee (Drucksache V/1665); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache V/1868) — Zweite und dritte Beratung — 5778 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (Drucksache V/1601); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen (Drucksache V/1830) — Zweite und dritte Beratung — Frau Lösche (SPD) 5778 D Entwurf eines Gaststättengesetzes (Drucksache V/205) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/1652) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5779 A Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Verordnung Nr. 17 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache V/1518); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/1927) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5779 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (Bundesrat) (Drucksache V/1007); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/1929) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5779 C Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Drucksache V/1517); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (Drucksache V/1936) — Zweite und dritte Beratung — 5779 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1967 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1967) (Drucksache V/1531); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (Drucksachen V/1882, zu V/1882) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5780 A IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes (Drucksache V/1473); Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (Drucksache V/1746) — Zweite und dritte Beratung — 5780 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes (Drucksache V/1397); Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (Drucksache V/1831) — Absetzung von der Tagesordnung — 5780 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln und bei Überlassung von eigenen Aktien an Arbeitnehmer (Drucksache V/507) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache V/1933) — Zweite und dritte Beratung — 5780 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (Drucksache V/1812); Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1971), Erster Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen V/1941, zu V/1941) — Zweite und dritte Beratung —Schlee (CDU/CSU) 5781 B, 5784 C, 5786 C Busse (Herford) (FDP) . . 5782 A, 5785 C Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) . . . 5782 C Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . . 5783 A Seuffert (SPD) . . . . . . . . 5783 B Genscher (FDP) . 5783 C, 5784 B, 5787 A Dr. Wahl (CDU/CSU) . . . . . . 5783 D Hirsch (SPD) . . . . . . . . . 5785 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5786 B Memmel (CDU/CSU) . . . . . . 5786 D Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes (Drucksache V/1792); Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache V/1937) — Zweite und dritte Beratung — 5787 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Februar 1966 mit der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr auf der Roßfeldstraße (Drucksache V/1704); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschuß (Drucksache V/1923) — Zweite und dritte Beratung — . . . 5787 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Februar 1966 mit der Republik Osterreich über den Durchgangsverkehr auf den Straßen an der Walchen Ache und am Pittenbach sowie zum Bächen- und Rißtal im deutschen und österreichischen Grenzgebiet (Drucksache V/1705); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/1924) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5788 A Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung des staatlichen Schleppmonopols auf den westdeutschen Kanälen (Drucksache V/1703); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/1922) — Zweite und dritte Beratung — . . . 5788 C Entwurf eines Gesetzes zu den Änderungen vom 21. Mai 1965 des Übereinkommens über ein einheitliches System der Schiffsvermessung (Drucksache V/1819); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/1939) — Zweite und dritte Beratung — 5788 D Entwurf eines Gesetzes über die Gebäude- und Wohnungszählung 1968 (Wohnungszählungsgesetz 1968) (Drucksache V/1813); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1972), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (Drucksache V/1934) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5789 A Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Drucksache V/1713) — Erste Beratung — 5789 C Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (SPD) (Drucksache V/1724) — Erste Beratung — 5789 C Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Drucksache V/1749) — Erste Beratung — 5789 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Dezember 1966 mit dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache V/1782) — Erste Beratung — . . . 5789 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG-Richtlinie Frisches Fleisch und des Fleischbeschaugesetzes (Drucksache V/1795) — Erste Beratung — 5789 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. Dezember 1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen (Drucksache V/1805) — Erste Beratung — 5790 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 V Entwurf eines Gesetzes über den rechtlichen Status der Rhein-Main-Donau-Großschifffahrtsstraße zwischen dem Main und Nürnberg und über die damit zusammenhängenden Eigentumsverhältnisse (Drucksache V/1820) — Erste Beratung — . . . 5790 A Entwurf eines Umstellungsschlußgesetzes (Drucksache V/1870) — Erste Beratung — 5790 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Krankenpflegegesetzes (Bundesrat) (Drucksache V/1896) — Erste Beratung — 5790 B Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/1921) — Erste Beratung — 5790 C Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses über den Antrag der Abg. Bauer (Würzburg), Dr. Wahl u. Gen. betr. Internationales Jahr für Menschenrechte (Drucksachen V/1172, V/1739) . . . . . 5790 C Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses über den Antrag der Fraktion der SPD betr. deutsche Auslandsschulen (Drucksachen V/435, V/1862), in Verbindung mit Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Kulturarbeit im Ausland (Drucksachen V/692, V/1863) Kahn-Ackermann (SPD) . 5790 D, 5794 A Dr. Martin (CDU/CSU) . 5791 C, 5794 C Moersch (FDP) 5792 C Dr. Kopf (CDU/CSU) 5795 C Erklärungen nach § 36 GO Rasner (CDU/CSU) 5797 A Mertes (FDP) 5797 B Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/1339); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1974), Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksachen V/1918, zu V/1918) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Even (CDU/CSU) 5797 D Dr. Reischl (SPD) 5799 B Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) 5800 D, 5804 D Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) . . . 5802 A Dr. Bardens (SPD) 5805 B Dr. Kraske (CDU/CSU) 5805 D Bühling (SPD) 5808 B Dr. Friderichs (FDP) 5809 B Schmidt-Vockenhausen (SPD) . . 5811 C Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 5812 A Begrüßung der chilenischen Senatoren von Mühlenbrock und Pablo . . . . . . . 5813 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften (Bundesrat) (Drucksache V/1743) — Erste Beratung — Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 5813 D Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 5814 D Busse (Herford) (FDP) . . . . . . 5817 B Dr. Reischl (SPD) 5819 A Memmel (CDU/CSU) . . . . . 5821 D Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Bildungsurlaub (Drucksachen V/965, V/1815) . . . . . . . . . . 5822 C Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses über den Antrag betr. Übergangshilfen für Zweitraffinate (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Mertes u. Gen.) Drucksachen V/933, V/1789) . . . . . 5822 C Schriftlicher Bericht .des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen über den Raumordnungsbericht 1966 der Bundesregierung (Drucksachen V/1155, 1912) . . 5822 D Schriftlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen über den Antrag betr. Bericht über die Lage der Nation (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksachen V/1407, V/1898) 5822 D Schriftlicher Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen über die Vorlage des Bundesministers für Verkehr betr. erweiterter Verkehrswegeplan für das Zonenrandgebiet (Drucksachen V/1498, V/1919) 5823 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen über die Vorlage des Bundesministers für Finanzen betr. Zustimmung des Bundesrates und des Deutschen Bundestages nach § 47 der Reichshaushaltsordnung zur Begebung einer Optionsanleihe der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (Lufthansa) von 150 000 000 DM mit bedingter Erhöhung des Grundkapitals um 25 000 000 DM VI Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 unter Ausschuß des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre (Drucksachen V/1711, V/1911) 5823 B Mündlicher Bericht des Innenausschusses über den Bericht des Bundesministers des Innern betr. Gesamtfinanzierung der Olympischen Spiele 1972 in München (Drucksachen V/1733, V/1917) . . . . 5823 B Ubersicht 14 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/1931) . . . 5823 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Infanterie-Kaserne in NürnbergSchweinau (Drucksachen V/1451, V/1784) 5823 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehern. Otto-Flugzeugwerke in München-Schwabing (Drucksachen V/1597, V/1785) . . . 5823 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet . der individuellen Förderung von Ausbildung und Fortbildung (Drucksache V/1580) Frau Freyh (SPD) 5824 A Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 5825 A Moersch (FDP) 5825 B, 5829 A Frau Schroeder (Detmold) (CDU/CSU) 5826 C Dr. Heck, Bundesminister 5827 A Dr. Meinecke (SPD) . . . . . . 5830 C Beratung des Antrags der Abg. Wächter, Dr. Effertz, Logemann, Reichmann, Peters (Poppenbüll) u. Gen. und der Fraktion der FDP betr. Exportförderung von Milcherzeugnissen (Drucksache V/1866) Wächter (FDP) . . . . . . . . 5831 A Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 5833 C Ertl (FDP) 5834 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Entschließungsantrag der . Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gem. §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Umdruck 141, Drucksache V/1846) 5834 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Antrag betr. schnelle Behebung von Sturmschäden in Privat- und Staatswaldungen (Abg. Ertl, Dr. Effertz, Logemann, Wächter, Reichmann, Walter und Fraktion der FDP) (Drucksachen V/1558, V/1876, zu V/1876), in Verbindung damit: Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1973) . . . . . . . 5835 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Abänderung der Verordnungen Nr. 23 und 158/66/EWG des Rats über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Pfirsiche Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufpreises für Tomaten Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Zitronen Verordnung des Rats betr. Änderungen der gemeinsamen Qualitätsnormen für Tomaten (Drucksachen V/1787, V/1849, V/1852, V/1856, V/1875) 5835 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Reis Verordnung des Rats über die Regelung für Reis und Bruchreis mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und den überseeischen Ländern und Gebieten Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 16/64/EWG bezüglich der Erstattung für Reis, der in nach dritten Ländern ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten ist (Drucksachen V/1786, V/1855, V/1877) . . 5835 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kornmission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festlegung der Rechnungseinheit für die gemeinsame Agrarpolitik (Drucksachen V/1796, V/1878) . . 5835 C Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 VII Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Vermarktungsnormen für Eier (Drucksachen V/1614, V/1908) . . 5835 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Festsetzung der Grundregeln für Interventionen bei Getreide eine Verordnung des Rats über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr und die Kriterien für die Festsetzung des Erstattungsbetrags für Getreide (Drucksachen V/1848, V/1853, V/1914) . . 5835 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kornmission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 13/64/EWG hinsichtlich der Erstattungen, die für die Milcherzeugnisse gewährt werden, die in nach dritten Ländern ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten sind eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 111/64/EWG hinsichtlich bestimmter gezuckerter Milcherzeugnisse (Drucksachen V/1855, V/1873, V/1938) . . 5835 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kornmission der EWG für eine Verordnung des Rats über die allgemeinen Regeln für die Gewährung der Erstattungen bei der Ausfuhr von Zucker nach dritten Ländern Verordnung des Rats über die Regeln für die vorherige Festsetzung von Abschöpfungsbeträgen für Getreide (Drucksachen V/1850, V/1915) . . . . . 5836 A Mündlicher Bericht des Innenausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG und EAG für eine Verordnung Nr..../67/EWG des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 63 des Rats über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission Verordnung Nr. .../67/EURATOM des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 14 des Rats über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission Verordnung Nr..../67/EURATOM, ...167/ EWG der Räte zur Änderung der Verordnung der Räte über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder des Gerichtshofes (Drucksachen V/1811, V/1916) 5836 A Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Beihilfen an Unternehmen des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (Drucksachen V/1849, V/1940) . . . . . 5836 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Tätigkeiten des Aufsuchens (Schürfen und Bohren) bei der Erdöl- und Erdgasgewinnung (CITI- Hauptgruppe 13) (Drucksachen V/1616, V/1928) 5836 B Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Dreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen V/1673, V/1897) . . . . . 5836 C Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertelfte, Einhundertachte, Einhundertdreizehnte, Einhundertundsiebente, Einhundertundsechste und Einhundertundneunte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1816, V/1899; V/1821, V/1900; V/1859, V/1901; V/1747, V/1902; V/1748, V/1814, V/1903) . 5836 C Antrag betr. Förderung des Wiederaufbaus der Dresdener Oper (Abg. Dichgans, Majonica, von Eckardt, Dr. Lenz [Bergstraße] u. Gen.) (Drucksache V/1239) Dichgans (CDU/CSU) 5837 B Mischnick (FDP) 5837 D Nächste Sitzung 5838 D Anlagen 5839 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5753 116. Sitzung Bonn, den 28. Juni 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Frau Albertz 28. 6. Bazille 30. 6. Dr. Bucher 28. 6. Corterier 30. 6. Cramer 30. 6. Dr. Dahlgrün 30. 6. Diekmann 28. 6. Dr. Geißler 30. 6. Hamacher 30. 6. Frau Herklotz 30. 6. Holkenbrink 30. 6. Frhr. von Kühlmann-Stumm 28. 6. Kriedemann* 30. 6. Kunze 30. 6. Lenz (Trossingen) 30. 6. Dr. Lohmar 30. 6. Lücker (München) * 30. 6. Frau Dr. Maxsein 30. 6. Merten 30. 6. Michels 30. 6. Neumann (Stelle) 29. 6. Peters (Norden) 30. 6. Frau Pitz-Savelsberg 30. 6. Frau Schanzenbach 30. 6. Schulte 30. 6. Seibert 28. 6. Stooß 30. 6. Struve 30. 6. Vogt 30. 6. Wolf 29. 6. Zebisch 28. 6. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 276 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) - Drucksachen V/1812, V/1941 -. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 1 erhält § 441 folgende Fassung: „,§ 441 Mitwirkung des Finanzamts in sonstigen Fällen Das Finanzamt hat die Rechte eines Nebenklägers, sobald 1. die Staatsanwaltschaft wegen eines Steuervergehens die öffentliche Klage erhoben oder das Gericht nach § 265 der Strafprozeßordnung auf die Möglichkeit der Verurteilung wegen eines Steuervergehens hingewiesen hat oder 2. die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren nach § 430 zuständig geworden ist. Das Finanzamt kann Revisionsanträge und Anträge auf Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens Anlage zum Stenographischen Bericht auch ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts anbringen." Bonn, den 27. Juni 1967 Brand und Fraktion Anlage 3 Umdruck 279 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG) - Drucksachen V/1812, V/1941 -. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 1 wird nach § 433 folgender neuer § 433 a eingefügt: „§ 433 a Öffentlichkeit der Verhandlungen Die Öffentlichkeit ist auch auszuschließen, wenn der Angeklagte es beantragt und anderenfalls das Bekanntwerden wichtiger betrieblicher oder beruflicher Geheimnisse zu besorgen ist." Bonn, den 28. Juni 1967 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 4 Umdruck 280 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Arndt (Berlin/Köln), Hirsch, Kurlbaum, Dr. Müller-Emmert, Porzner, Dr. Reischl und Genossen zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) - Drucksachen V/1339, V/1918 -. Der Bundestag wolle beschließen: §§ 34, 35 und 36 werden gestrichen. Bonn, den 28. Juni 1967 Dr. Arndt (Berlin/Köln) Hirsch Kurlbaum Dr. Müller-Emmert Porzner Dr. Reischl Arendt (Wattenscheid) Frau Eilers Faller Felder Hölzle Jacobi (Köln) Könen (Düsseldorf) Frau Korspeter Frau Kurlbaum-Beyer Matthöfer Metzger Neemann Reitz Dr. Stammberger Strohmayr Anlage 5 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) zu Punkt 7 der Tagesordnung Dieses Gesetz enthält auch Aussagen über die Grundsätze und den Umfang der Erstattung von Wahlkampfkosten. Nachdem durch den Art. 29 des Grundgesetzes dem Bundesgesetzgeber auch Aufträge erteilt sind, die Wahlen erforderlich machen, halte ich es für richtig, daß wir uns schon heute darüber im klaren sind, daß entsprechende Regelungen auch für Organisationen notwendig sind, die Volksentscheide nach Art. 29 des Grundgesetzes vorbereiten. Eine entsprechende Regelung wird also 5840 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 bei Verabschiedung eines Gesetzes nach Art. 29 des Grundgesetzes notwendig sein. Anlage 6 Ergänzende Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 7. Juni 1967 auf die Frage des Abgeordneten Dröscher vom 5. April 1967 *) Ich habe zwischenzeitlich mit dem Bundesminister für Wirtschaft, dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen, dem Verband der Lebensversicherungsunternehmen e. V. und — als repräsentativem Versicherer — mit der AllianzLebensversicherungs AG Fühlung aufgenommen, um Unterlagen für die Beantwortung Ihrer Fragen zu gewinnen. Die Äußerungen dieser Stellen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Sowohl der Verband der Lebensversicherungsunternehmen e. V. als auch die Allianz-Lebensversicherungs AG vertreten den Standpunkt, daß ein Härtefonds, dessen Mittel aus Erträgnissen der Lebensversicherungsunternehmen fließen müßten, nicht eingerichtet werden könne. Dies wird vornehmlich mit dem nach meiner Auffassung zutreffenden Argumenten begründet, die von den Lebensversicherungsunternehmen erwirtschafteten Überschüsse stünden den derzeit beitragzahlenden Versicherten zu. Nur durch die Ausschüttung dieser Gewinne an die Versicherten gelinge es den Versicherern, der Geldentwertung zu begegnen. Die Unternehmen selbst beanspruchten nur einen geringen Teil des Reingewinns; so habe z. B. die AllianzLebensversicherungs AG ausweislich ihres Geschäftsberichts für 1966 von einem Gesamtüberschuß von 246,5 Mio DM als Gewinnanteil 242,5 Mio DM an die Versicherten ausgeschüttet, jedoch nur 4 Mio DM an die Aktionäre und den Aufsichtsrat. Die Allianz-Lebensversicherungs AG weist ferner — m. E. nicht zu Unrecht — darauf hin, daß durch Leistungen zur Vorfinanzierung der nur mit 31/2 % Zinsen bei 1 %iger Tilgung zugeteilten Ausgleichsforderungen, die fast ausschließlich zur Bedienung von Altversicherungen eingesetzt werden, den derzeit beitragzahlenden Versicherten ein jährlicher Zinsausfall von fast 9 Mio DM nur im Bereich dieses einen Unternehmens zugunsten der Altversicherten entstehe. Der Bundesminister für Wirtschaft hält es ebenfalls nicht für vertretbar, die Mittel für den von Ihnen angeregten Härtefonds aus den Erträgen der Lebensversicherungsunternehmen aufbringen zu lassen, er ist jedoch bereit, mit der Versicherungswirtschaft in entsprechende Verhandlungen einzutreten, wenn er auch nicht mit einem Erfolg rechnet. Auch der Bundesminister für Wirtschaft weist auf die geringen eigenen Gewinne der Lebensversicherungsunternehmen hin. Nach seinen Unterlagen haben diese Unternehmen 1965 insgesamt nur 20,883 Mio DM Dividenden ausgeschüttet, eine Summe, die er nicht als überhöht ansieht. Schließlich sind die Lebensversicherungsunternehmen ebenso wie der Bundesminister für Wirtschaft und auch ich der Meinung, daß die Versicherer überfordert wären, wenn sie einen *) Siehe 103. Sitzung Seite 4834 A Härtefonds zu verwalten hätten und sie insbesondere in jedem Einzelfall die Entscheidung treffen müßten, ob ein Antragsteller bedürftig ist oder nicht. 2. Es war mir leider nicht möglich, zu Ihrer Frage nach der Zahl der heute noch lebenden Versicherungsnehmer der Geburtsjahrgänge 1880-1893 mit Versicherungssummen von mehr als 10 000 RM genaue Angaben zu erhalten. Nach Mitteilung des Verbandes der Lebensversicherungsunternehmen e. V. würde jede Zahlenangabe nicht nur einen nach seiner Auffassung nicht vertretbaren Arbeitsaufwand bedingen, sondern darüber hinaus auch eine erhebliche Fehlerquote enthalten, zumal da bei vielen Gesellschaften keine Unterlagen mehr über die in Betracht kommenden Altversicherungen vorlägen. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen konnte auch keine genauen Zahlen angeben, legte jedoch eine Schätzung vor, die auf früher ermittelten Zahlen der Allianz-Lebensversicherungs AG beruht, wobei diese Zahlen aufgrund bestimmter Erfahrungssätze auf die gesamte Lebensversicherungswirtschaft übertragen wurden. Dabei ist das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen von folgenden Voraussetzungen ausgegangen: a) Es wurde unterstellt, daß es sich um Kapitalversicherungen mit einem durchschnittlichen Ablaufalter von 65 Jahren handelt. Den Geburtsjahrgängen 1880-1893 entsprechen dann die Ablaufjahre 1945-1958. b) Da die Ablaufjahre 1945-1947 vor der Währungsreform liegen, wurden sie und die dazugehörigen Geburtsjahre 1880-1882 außer Betracht gelassen. c) Die Aufgliederung des Bestandes der Allianz nach Ablaufjahrgruppen machte eine Zusammenfassung der Geburtsjahrgänge in die Gruppen 1883-1887, 1888-1892, 1893 und später, erforderlich. In die Untersuchungen wurden deshalb nur die Geburtsjahrgänge der beiden ersten Gruppen (1883-1892) einbezogen. d) Wie auch bei früheren Schätzungen wurde der Bestand der Allianz, der sich auf die Zugangsjahre bis 1939 mit Ausnahme der aufgebesserten Kapitalzwangsversicherungen bezieht, mit dem Faktor 7 multipliziert, um den gesamten deutschen Versicherungsbestand zu erfassen. Unter diesen Voraussetzungen ergab die Schätzung, daß gegenwärtig noch rund 45 000 Versicherungsnehmer leben dürften, die am Währungsstichtag eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 10 000 RM oder höher hatten. Dabei ist von der nominellen RM-Versicherungssumme ausgegangen worden und nicht von dem Anspruch am Währungsstichtag (Prämienreserve). Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen weist jedoch ausdrücklich darauf hin, daß es sich nur um eine rohe Schätzung handelt, da die vorliegenden Unterlagen die Ermittlung eines genaueren Ergebnisses nicht ermöglichten. Ich bedauere es, Ihr Schreiben und Ihre Anfrage nicht zufriedenstellender beantworten zu können, hoffe aber, Ihnen mit vorstehenden Angaben gedient zu haben.
Gesamtes Protokol
Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511600000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst eine erfreuliche Mitteilung machen. Heute feiert der Abgeordnete Meis seinen 65. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall.)

Dann habe ich mitzuteilen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 14. Juni 1967 gemäß § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im vierten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1966 übersandt, die den Betrag von 10 000 DM übersteigen — Drucksache V/1885 —. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird diese Vorlage dem Haushaltsausschuß überwiesen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister des Innern hat am 7. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dorn, Moersch und der Fraktion der FDP betr. Pressekonzentration — Drucksache V/1579 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1884 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 14. Juni 1967 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die
Verordnung Nr. 78/67/EWG des Rates vom 18. April 1967 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 163/66/EWG zur Festlegung der Bedingungen für die Erteilung der Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Olivenöl
keine Bedenken erhoben habe.
Der Bundesminister des Innern hat am 16. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Fellermaier, Haage (München) und Genossen betr. Verbesserungen im Touristenverkehr — Drucksache V/1790 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1895 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 20. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller (Berlin), Stingl, Meis, Frau Jacobi (Marl) und Genossen betr. Unterschiedliche steuerliche Behandlung des Krankenhauspflegepersonals — Drucksache V/1692 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1920 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 21. Juni 1967 gemäß § 1 Abs. 3 der Reichsschuldenordnung die Anleihedenkschrift 1966 übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme auf.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 22. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller (Berlin), Stingl und Genossen betr. Leistungen des Bundes für Berlin — Drucksache V/1841 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1944 verteilt.
Der Bundesminister der Justiz hat am 22.. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Urheberrecht — Rechte der Worturheber — Drucksache V/1835 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1932 verteilt.
Der Präsident des Bundestag hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die Einhundertdreizehnte Verordnung zur Anderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzung für Sardellen) — Drucksache V/1859 — an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 6. Oktober 1967.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat am 20. Juni 1967 den Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) — Drucksache V/1339 — in der Fassung der Beschlüsse des Innenausschusses dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO überwiesen.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 111/64/EWG hinsichtlich bestimmter gezuckerter Milcherzeugnisse
— Drucksache V/1873 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr.
44/67/EWG über einzelne Maßnahmen zur gemeinsamen
Marktorganisation für Zucker für das Wirtschaftsjahr 1967/68
— Drucksache V/1886 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über die Regelung für Getreidemischfuttermittel
— Drucksache V/1887 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Regelung der Einfuhren und Ausfuhren von Verarbeitungserzeugnissen aus Getreide und Reis
— Drucksache V/1888 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Festsetzung der Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Eier
— Drucksache V/1889 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Festsetzung der Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Geflügelfleisch
— Drucksache V/1890 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und der Standardqualität für geschlachtete Schweine für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 1967
— Drucksache V/1891 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über die gemeinsame Handelsregelung für Eieralbumin und Milchalbumin und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 48/67/EWG
— Drucksache V/1892 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
5754 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28, Juni 1967
Vizepräsident Schoettle
Richtlinie des Rates über die Einführung gemeinschaftlicher Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln ergänzt durch den neu vorzulegenden Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Einsetzung eines Ständigen Futtermittelausschusses
Beschluß des Rates zur Einsetzung eines Ständigen Veterinärausschusses
Richtlinie des Rates zur Regelung gesundheitlicher Fragen
beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch
Richtlinie des Rates zur Regelung gesundheitlicher und lebensmittelrechtlicher Fragen beim Handelsverkehr mit Fleischerzeugnissen
Richtlinie des Rates zur Regelung viehseuchenrechtlicher und gesundheitlicher Fragen bei der Einfuhr von Rindern und Schweinen und von frischem Fleisch aus Drittländern
Beschluß des Rates zur Einsetzung eines Ständigen Lebensmittelausschusses
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 5. November 1963 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 23. Oktober 1962 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für färbende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Antioxydantien, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Kakao und Schokolade
Richtlinie des Rates über Konfitüren, Marmeladen, Gelees und Maronenkrem
— Drucksache V/1893 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1967
Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Werbung für Arzneispezialitäten und über die Packungsbeilage
— Drucksache V11894 —
überwiesen an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 27. Oktober 1967
Verordnung Nr. 113/67/EWG des Rates vom 6. Juni 1967 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnungen Nr. 55/65/EWG und Nr. 56/65/EWG, die besondere Bestimmungen über den Absatz bestimmter Käsesorten enthalten
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rates zur Festlegung der besonderen Vorschriften für die unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG fallenden Waren, die aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder aus den überseeischen Ländern und Gebieten in die Mitgliedstaaten eingeführt werden
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Genscher.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0511600100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, den Antrag der FDP betreffend Wettbewerbsfähigkeit der Tageszeitungen — Drucksache V/1722 — auf die Tagesordnung zu setzen. Die Behandlung dieses Antrages ist dringlich, weil er vor allem die kleineren und mittleren Tageszeitungen in die Lage versetzen soll, durch Neuinvestitionen ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem im Herbst beginnenden Farbfernsehen herzustellen. Wir bitten deshalb die anderen Fraktionen um Unterstützung, damit durch eine Meinungsäußerung noch vor den Parlamentsferien eine Aufforderung an die Bundesregierung gerichtet werden kann.
Meine Damen und Herren, wir wollen mit diesem Antrag eine wirksame Hilfe für die Tageszeitungen erreichen. Es handelt sich hier nicht um einen Propagandaantrag wie bei der Drucksache V/1874, die vom 1. Juli 1967 an Wirkung haben soll, deren Unterzeichner aber, wie ich sehe, heute gar nicht oder nur vereinzelt anwesend sind, offensichtlich also ihren Antrag selbst nicht ernst nehmen. Unser Antrag dagegen, der keine Gesetzesänderung notwendig macht, der auch nicht zu einer Haushaltsüberschreitung führt und deshalb auch nicht die Vorstellungen über die mittelfristige Finanzplanung beeinträchtigt, kann sehr schnell heute behandelt werden und sehr wirksam vor allem den kleineren und mittleren Tageszeitungen helfen.
Wir bitten deshalb die anderen Fraktionen nachdrücklich um Verständnis für den Antrag auf Behandlung in der heutigen Sitzung und um Unterstützung in der Sache.

(Beifall in der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511600200
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0511600300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer so spricht wie der Herr Kollege Genscher, will Propaganda machen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Daran kann kein Zweifel bestehen. Herr Kollege Genscher, wenn es Ihnen mit Ihrem Antrag ernst gewesen wäre und wenn Sie nicht einem Antrag aus den Reihen der Koalitionsfraktionen etwas hätten entgegensetzen wollen, dann wären Sie früher mit dieser Sache gekommen.

(Abg. Genscher: Unser Antrag geht dem anderen Antrag zeitlich vor!)

— Herr Kollege, es geht jetzt nicht mehr allein um die Priorität von Tagen; es geht hier um eine Sache, die seit vielen Monaten in diesem Hohen Hause erörtert wird. Es gibt keinen Vorschlag, keinen Gedanken, der nicht in den Plenardebatten um die Hilfe für die Zeitungen bereits aus dem Hohen Hause von Kollegen aller Fraktionen, auch Ihrer Fraktion, vorgetragen worden ist. Das Hohe Haus hat die Bundesregierung aufgefordert, uns bis zum Herbst Vorschläge zur Hilfe für die Presse zu machen.

(Abg. Genscher: Der Worte sind genug gewechselt!)

— Ja, deshalb ist jetzt die Bundesregierung am Zuge. Meine Damen und Herren, Sie haben ja selbst gerade in der Drucksache V/1884 vom Bundesminister des Innern eine ausführliche Antwort auf alle Sie interessierenden Fragen erhalten.
Meine Damen und Herren, wir sehen in diesen Tagen, da wir unmittelbar vor der Sommerpause stehen, keinen Gewinn mehr für die Sache, wenn dieser Antrag heute behandelt wird. Die Koalitionsfraktionen widersprechen der Aufsetzung auf die Tagesordnung, und ich bitte, den Geschäftsordnungsantrag der FDP abzulehnen, weil er, wie Herr Kollege Genscher deutlich gemacht hat, heute nur als Propagandaantrag vorgezogen werden soll.

(Beifall bei der SPD.)

Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5755

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511600400
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Geschäftsordnungsantrag der Fraktion der FDP, ihren Antrag Drucksache V/1722 auf die Tagesordnung zu setzen. Wer stimmt diesem Antrag zu? — Die Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir treten dann in die
Fragestunde
— Drucksachen V/1946, V/1943, zu V/1943 —
ein und beginnen mit den Dringlichen Mündlichen Anfragen Drucksache V/1946 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Fragen 1 und 2 des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) :
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung sicherstellen, daß die sich aus den EWG-Marktordnungen am 1. Juli 1967 ergebenden Preissenkungen tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben werden?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß insbesondere die Preissenkung für Getreide auf jeden Fall an den Endverbraucher weitergegeben werden muß?
Herr Bundesminister, wollen Sie bitte antworten.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511600500
Zur ersten Frage:
Die Preisfestsetzungen im Rahmen der EWG-Marktordnungen beziehen sich lediglich auf die Stufe der Erzeuger- bzw. Großhandelspreise. Auf den nachfolgenden Stufen bilden sich die Preise bei unserem Wirtschaftssystem allein nach dem Marktmechanismus. Die administrativen Preismaßnahmen der Bundesregierung bzw. des Ministerrats erschöpfen sich daher im Bereich der Erzeugerpreise.
Es ist aber darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zu den Preissenkungen die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, daß durch die Erweiterung des Marktes Angebot und Nachfrage in den der Erzeugerstufe nachgeordneten Bereichen stärker zur Geltung kommen. Wegen der Vereinheitlichung der Erzeugerpreise in der Gemeinschaft ist zu erwarten, daß sich der Wettbewerb um die Gunst der Käufer von Agrarerzeugnissen voll im Bereich des Handels in dem nunmehr größer gewordenen Wirtschaftsraum abspielt, mit der Folge, daß die Kostenvorteile infolge der Senkungen der Erzeugerpreise an die Endverbraucher soweit als möglich weitergegeben werden. Erste Ansätze dazu werden bereits sichtbar, indem die Mühlenwirtschaft eine Preissenkung für Mehl ab 1. Oktober 1967 angekündigt hat.
Zur zweiten Frage: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Senkungen der Erzeugerpreise an die Verbraucher weitergegeben werden müssen, sofern nicht in den Bereichen zwischen Erzeuger und Endverbraucher die Preissenkungen zum Ausgleich oder teilweisen Ausgleich von Kostensteigerungen benutzt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511600600
Eine Zusatzfrage.

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0511600700
Herr Bundesminister, ist die Antwort nicht ein wenig enttäuschend, da Sie ja gar nicht konkret sagen können, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreifen wird, um die Erzeugerpreissenkungen bis zum letzten Verbraucher durchgehen zu lassen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511600800
Herr Kollege, den entscheidenden Anteil hat die Bundesregierung durch ihre Beschlüsse beigetragen. Das ist kein enttäuschender, sondern ein sehr positiver und wichtiger Beitrag. Zweitens hat die Bundesregierung laufend durch Publikationen und durch die Darstellung der Zusammenhänge dazu beigetragen, die Öffentlichkeit, vor allen Dingen den Verbraucher, der hier der entscheidende Faktor ist, aufmerksam zu machen. Sie wissen genauso wie ich, wie der Preismechanismus bei uns spielt. Er spielt sehr erfolgreich und führt gerade auf dem hier angesprochenen Sektor zu einer Anpassung an die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511600900
Herr Dr. Schmidt!

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0511601000
Herr Bundesminister, wären Sie in der Lage — Sie haben das jetzt in den letzten Tagen getan —, auch in den nächsten Wochen die Öffentlichkeit auf diesen Tatbestand hinzuweisen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511601100
Ich habe das erst vor wenigen Tagen in einem umfangreichen Artikel in der Zeitung „Die Welt" gemacht. Wir machen das in vielen Fachzeitschriften. Je nach Bedarf wird dies fortgesetzt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511601200
Herr Fellermaier!

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0511601300
Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie die Erklärung aus Kreisen des Backgewerbes, die ebenfalls in der „Welt" veröffentlich worden ist, wonach durch die Senkung des Getreidepreises mit einer Verteuerung bei Brot- und Backwaren nicht zu rechnen sei?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511601400
Ich habe in der Antwort auf die zweite Frage schon gesagt, daß es zwischen Erzeuger und Endverbraucher viele Stufen gibt, die jeweils andere Kostenelemente zu berücksichtigen haben. Ich bin überzeugt, daß diese Wirtschaftskreise ihre Auffassung auch der Öffentlichkeit darlegen müssen, weil bereits aus der bisherigen Diskussion ein nicht unbedeutender Druck auf sie ausgeht. Das zeigt sich bei den Mühlen, die sich entschlossen haben, zum 1. Oktober die Mehlpreise zwischen 3,50 und 4 DM zu senken. Das ist schon eine Wirkung der Aufklärungsaktion und vor allem der Entscheidungen, die die Bundesregierung mit getroffen hat.
5756 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511601500
Herr Fellermaier!

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0511601600
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung bereit, über den jährlichen Bericht über die Auswirkungen der EWG-Marktorganisation hinaus zu dem speziellen Fall der Preissenkungen ab 1. Juli dem Hohen Hause zum 1. November einen Bericht zu geben, ob die Preissenkungen auf Grund der EWG-Marktordnungen sich tatsächlich bis zum Endverbraucherpreis ausgewirkt haben?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511601700
Ich würde vorschlagen, Herr Kollege, daß der Zeitraum etwas erweitert wird. Wir müssen ja Übergangszeiträume einlegen. Wie Sie wissen, gehen diese Übergangszeiträume bis zu drei Monaten. Ich würde sagen, man sollte uns die Möglichkeit geben, diese Ubersicht bis zum 1. Januar zu erstellen. Dabei darf ich aber darauf aufmerksam machen, daß es sehr schwierig und außerordentlich kompliziert ist, in einen Preismechanismus hineinzuleuchten. Es spielen hier vielfältige Kostenelemente eine Rolle. Zusätzlich wirkt sich bei dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage aus, daß die Nachfrage auf einigen entscheidenden Agrar- und Nahrungsmittelsektoren eine mangelhafte Elastizität aufweist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511601800
Herr Reichmann!

Martin Reichmann (FDP):
Rede ID: ID0511601900
Herr Bundesminister, ist auf Grund der jetzigen Situation zu erwarten, daß die Preissenkung bei Getreide in der Praxis zu einer Vergrößerung der Spanne zwischen Erzeuger und Verbraucher führt?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511602000
Zunächst haben wir als erstes Ergebnis, daß die Mühlen ihre Preise senken. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie vermuten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511602100
Herr Dr. Rinderspacher!

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0511602200
Herr Bundesminister, darf ich im Anschluß an die Frage meines Kollegen Fellermaier fragen, ob die Bundesregierung die Absicht hat, durch eine breite Verbraucheraufklärung den Wettbewerb auf dem Markt der Ernährungsgüter noch mehr als bisher zu fördern.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511602300
Wir tun sehr viel auf diesem Sektor, und die Verbraucherverbände tun auch sehr viel. Es ist nicht nur die Bundesregierung berufen, es sind alle Beteiligten berufen. Wir werden das tun, was in unseren Kräften steht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511602400
Herr Dr. Rinderspacher!

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0511602500
Herr Bundesminister, sind Sie der Auffassung, daß die Preissenkungen für Futtergetreide auch auf die Endverbraucherpreise bei Veredelungsprodukten wie z. B. Geflügel, Eier und Schweinefleisch durchschlagen müssen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511602600
Ich habe schon gesagt, daß die Preise nicht allein von diesem Kostenbestandteil, sondern auch von anderen Marktelementen wie Angebot und Nachfrage abhängen. Aber die Voraussetzungen dazu liegen zweifellos vor.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511602700
Herr Logemann!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0511602800
Herr Minister, sind Sie nicht der Meinung, daß es gerade im Augenblick dringend notwendig ist, die Verbraucheraufklärung und -beratung dadurch zu intensivieren, daß Sie von Ihrem Haus aus laufend die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise im Vergleich zu den Verbraucherpreisen veröffentlichen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511602900
Wir bringen laufend solche .Gegenüberstellungen und benützen dazu, wie Sie wissen, vor allem auch das Fernsehen, um 20 Millionen Zuschauer für dieses Thema zu interessieren. Das tun auch andere. Es ist kein Anlaß, uns besonders zu mahnen. Wir wissen ganz genau, welche Verpflichtungen wir haben, und versuchen, diesen Verpflichtungen aus eigener Initiative gerecht zu werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511603000
Herr Logemann!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0511603100
Herr Minister, man kann immer wieder feststellen, daß gerade der Verbraucher über die Entwicklung der Erzeugerpreise eben nicht aufgeklärt ist.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511603200
Den Verbraucher in diesem Sinne gibt es nicht. Es gibt Verbraucher, die sehr wohl aufgeklärt sind, und es gibt andere, die sich gar nicht aufklären lassen wollen. Das ist die Wirklichkeit.

(Beifall in der Mitte.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511603300
Herr Dr. Schmidt (Gellersen) :

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0511603400
Herr Bundesminister, werden Sie das Zahlenmaterial über die möglichen Senkungen, .das sie gestern oder vorgestern der Öffentlichkeit übergeben haben, noch weiter vertiefen und der Öffentlichkeit noch einmal so klar darlegen, daß niemand daran vorbei kann, diese Preissenkungen auch wirklich weiterzugeben?
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5757

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511603500
Ich bin gern bereit, diese Bemühungen zu intensivieren, vor allem mit Ihrer Hilfe.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511603600
Herr Porten!

Josef Porten (CDU):
Rede ID: ID0511603700
Herr Minister, wären Sie, wenn Sie bereit sind, die Kostensenkungen, die Sie hier dargestellt haben, der Öffentlichkeit nahezubringen, auch bereit, ihnen die Kostensteigerungen gegenüberzustellen, damit die Verbraucher echt aufgeklärt werden?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0511603800
Herr Kollege Porten, ich habe in meiner Antwort auf die zweite Frage wörtlich erklärt, daß es auch andere Elemente gibt, die eine Gegenwirkung erzeugen. Die Beurteilung wird genauso korrekt sein wie die Beurteilung im ersten Fall.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511603900
Keine weitere Frage mehr.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts. Zunächst rufe ich die Frage 1 des Abgeordneten Borm auf:
Wo befindet sich der politische Schriftwechsel zwischen dem ehemaligen Bundespräsidenten Prof. Dr. Theodor Heuss und dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer?
Bitte, Herr Staatssekretär von und zu Guttenberg!

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511604000
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Borm zusammen zu beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511604100
Sind Sie einverstanden?

(Abg. Borm: Ich bin einverstanden!)

— Dann rufe ich auch die Frage 2 des Abgeordneten Borm auf:
Wann wird die Bundesregierung den gesamten in Frage 1 erwähnten Schriftwechsel veröffentlichen?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511604200
Die Antwort lautet:
Die Schreiben, die zwischen dem ehemaligen Bundespräsidenten Professor Dr. Heuss und dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Adenauer gewechselt wurden, befinden sich im Bundespräsidialamt und in den jeweiligen Sachvorgängen des Bundeskanzleramts. Ein Teil dieser Sachvorgänge befindet sich bereits im Zwischenarchiv in Bad Godesberg. Eine Veröffentlichung von Schreiben, die zwischen dem ehemaligen Bundespräsidenten Professor Dr. Heuss und dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Adenauer gewechselt wurden, ist zur Zeit nicht beabsichtigt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511604300
Herr Borm!

Dr. William Borm (FDP):
Rede ID: ID0511604400
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der verstorbene Herr Bundespräsident Theodor Heuss kurz vor seinem Tode den Wunsch geäußert hat, dieser Schriftwechsel möge nach seinem und dem Ableben von Dr. Konrad Adenauer veröffentlicht werden?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511604500
Von diesem Wunsch des verstorbenen Herrn Bundespräsidenten Heuss ist mir nichts bekannt. Hingegen darf ich Sie, Herr Kollege, vielleicht davon informieren, daß Bundespräsident Heuss am 18. Januar 1961 einem bekannten Journalisten geschrieben hat — ich zitiere —:
Die interessanten Teile — dieses Schriftwechsels —
in der Zeit des Bundespräsidentenamts werden gewiß lange nicht veröffentlicht werden können, etwa der ganze farbige Briefwechsel, der bei einer Reihe wichtiger Dinge zwischen dem Kanzler und mir geführt worden ist.
Es gibt ein weiteres Schreiben des verstorbenen Bundespräsidenten Heuss an einen bekannten Politiker vom 14. Dezember 1959, in dem es wörtlich heißt:
Es ist staatsmännische Notwendigkeit, daß der Briefwechsel mit Adenauer trotz unendlichem Ansturm von Neugierigen verwahrt geblieben ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511604600
Herr Borm zu einer Zusatzfrage.

Dr. William Borm (FDP):
Rede ID: ID0511604700
Würde die Bundesregierung ihren Standpunkt revidieren, wenn ihr Zeugen benannt werden, die aussagen können, daß Herr Dr. Theodor Heuss kurz von seinem Tod gesagt hat, diese Schriftwechsel mögen nach seinem Ableben und dem Ableben von Konrad Adenauer veröffentlicht werden?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511604800
Wenn ein solches Wort des Herrn Bundespräsidenten Heuss bezeugt werden kann, wird es sicherlich mit zur Meinungsbildung der Bundesregierung beitragen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511604900
Herr Borm!

Dr. William Borm (FDP):
Rede ID: ID0511605000
Hätte die Bundesregierung irgendwelche Bedenken, wenn eine Veröffentlichung aus den Kopien heraus ohne Inanspruchnahme der Originale erfolgte?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511605100
Die Bundesregierung kann eine Veröffentlichung aus Kopien heraus nicht verhindern, die sie nicht in der Hand hat.
5758 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511605200
Herr Abgeordneter Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511605300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, oder sind Sie bereit, das nachzuprüfen, daß der verstorbene Bundespräsident Heuss einige Zeit vor seinem Tode gegenüber Zeugen geäußert hat, daß er besonderen Wert darauf lege, daß nach dem Tode von Dr. Konrad Adenauer das Schreiben veröffentlicht werde, das er zur Frage der Bundespräsidentenwahl 1959 an Herrn Dr. Konrad Adenauer gerichtet hat?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511605400
Von einer derartigen Äußerung des Herrn Bundespräsidenten Heuss ist der Bundesregierung nichts bekannt. Ich wiederhole jedoch, daß im gegenwärtigen Augenblick keine Veranlassung zu einer derartigen Veröffentlichung vorliegt. Ich glaube, daß man hierbei in Betracht ziehen muß, daß in diesem Schriftwechsel Sachvorgänge enthalten sind, die noch immer aktuell sind, und daß darin auch von Personen die Rede ist, die noch im politischen Leben stehen.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511605500
Herr Staatssekretär, wie weit dehnen Sie den Begriff des Staatsgeheimnisses in diesem Zusammenhang aus, und wie wollen Sie das Staatsgeheimnis gegenüber dem Interesse der historischen Forschung abgrenzen?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511605600
Ich möchte glauben, daß das eine Frage ist, die generell beantwortet werden muß. Es ist selbstverständlich, daß die Akten der Bundesregierung an die Archive, zunächst an das Zwischenarchiv in Bad Godesberg, abgegeben werden und daß dort dann laufend geprüft wird, welche Teile dieser Akten sich für die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Veröffentlichung eignen.

(Abg. Moersch meldet sich zu einer weiteren Frage.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511605700
Nein, Sie haben keine Frage mehr! Sie haben zwei Zusatzfragen. Entschuldigen Sie, wenn jeder Zusatzfragesteller seinerseits die Fragen noch multiplizieren wollte, kämen wir mit der Fragestunde nie zu Ende.
Herr Schulze-Vorberg!

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0511605800
Herr Staatssekretär, gibt es Grund zu der Annahme, daß eine Veröffentlichung des Briefwechsels auch deshalb nicht tunlich wäre, weil z. B. die ursprüngliche Partei unseres früheren Bundespräsidenten und vor allen Dingen einzelne FDP-Politiker sehr persönlich durch eine volle Veröffentlichung dieses Briefwechsels getroffen werden könnten?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511605900
Herr Kollege, ich will hier keine Motivforschung hinsichtlich der Frage betreiben, warum die Bundesregierung mit diesem Problem befaßt wird. Eines ist sicher richtig: In dem Meinungsaustausch, der zwischen dem Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer und dem Herrn Bundespräsidenten Heuss seinerzeit stattgefunden hat, sind eine Reihe von Personen berührt, und zwar auch Personen der beiden Parteien der beiden beteiligten Staatsmänner.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511606000
Herr Dr. Enders!

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0511606100
Herr Staatssekretär, haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, welchen Zeitraum man darunter verstehen kann, wenn der frühere Herr Bundespräsident an die Journalistin geschrieben hat: „Dieser Briefwechsel kann lange nicht veröffentlicht werden"?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511606200
Ich glaube, daß das Wort, das ich hier zitiert habe, daß nämlich dieser Schriftwechsel — wörtlich — „gewiß lange nicht veröffentlicht werden kann", natürlich hinsichtlich einzelner Teile dieses Briefwechsels verschieden beurteilt werden muß. Es wird sicherlich Teile geben, die man früher, und Teile, die man später wird veröffentlichen können oder müssen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511606300
Herr Dr. Enders!

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0511606400
Wird dieser Schriftwechsel gegebenenfalls der wissenschaftlichen Forschung als Unterlage gegeben?

(Abg. Moersch: Eben nicht, das ist es ja!)


Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511606500
Ich habe vorhin schon gesagt und darf es wiederholen, daß die Akten von Behörden, die an das Zwischenarchiv und später an das Bundesarchiv abgegeben werden, zur gegebenen Zeit der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stehen werden. Die Frage, wann die gegebene Zeit sein wird, steht im Ermessen der abgebenden Behörden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511606600
Herr Könen (Düsseldorf)!!

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0511606700
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung eine Möglichkeit anbieten, diesen von mir langsam als peinlich empfundenen Komplex im Kreise verantwortlicher Politiker — also nicht nur der FDP-Fragesteller — und Angehöriger der Bundesregierung offen zu erörtern?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511606800
Die Bundesregierung sieht im gegenwärtigen Augenblick keine Veranlassung, einer Veröffentlichung dieses Briefwechsels näherzutreten, und sieht auch keine Veranlassung, einem größeren oder kleineren Kreise von Mitgliedern dieses Hauses die hier in Frage stehenden Briefe zugänglich zu machen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5759

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0511606900
Herr Staatssekretär, darf ich daraus entnehmen, daß Sie bereit sind, lieber hier im Hause eine Katze-um-den-heißen-BreiDiskussion zu führen?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511607000
Ich glaube, daß dieser Ausdruck dem Sachverhalt, um den es hier geht, nicht entspricht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511607100
Herr Mertes!

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0511607200
Herr Staatssekretär, stimmt meine Information, daß Historikern, die diesen Briefwechsel auswerten wollten, der Zugang zu diesen Briefen vom Innenminister verwehrt wurde?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511607300
Diese Frage kann ich Ihnen im Augenblick nicht beantworten. Aber ich bin gern bereit, sie zu prüfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511607400
Herr Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511607500
Herr Staatssekretär, ist aus der Antwort an den Kollegen Schulze-Vorberg zu entnehmen, daß es doch Personen gibt, seien es Journalisten, seien es Politiker, die vom Inhalt dieser Briefe Kenntnis haben, und daß das der Bundesregierung bekannt ist?

(Abg. Moersch: Die haben Durchschläge!)


Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511607600
Ich muß annehmen, Herr Kollege, daß Sie mich mißverstanden haben; denn meine Antwort an Herrn Schulze-Vorberg lautete, daß in diesen Briefen die Rede ist von noch lebenden Politikern der beiden Parteien, denen die beiden Staatsmänner angehört haben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511607700
Herr Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511607800
Herr Staatssekretär, Sie haben damit einen Sachverhalt bestätigt, den Herr Schulze-Vorberg bereits angedeutet hat. Er muß von den Briefen Kenntnis haben.

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511607900
Ich bin leider nicht in der Lage, zu sagen, woher Herr Kollege Schulze-Vorberg seine Kenntnis — wenn er sie besitzt — hat.

(Zuruf von der SPD: An der Quelle saß der Knabe!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511608000
Herr Schulze-Vorberg!

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0511608100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß gerade die beiden Staatsmänner, um die es hier geht, Professor Heuss und Konrad Adenauer, sich im Umgang mit der
Presse durch einen außerordentlichen Freimut auszeichneten und aus ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht haben?

Freiherr Karl Theodor von und zu Guttenberg (CSU):
Rede ID: ID0511608200
Ich folge dieser Beurteilung, Herr Kollege SchulzeVorberg.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511608300
Damit ist dieser Geschäftsbereich erledigt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe die Frage 21 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Will die Bundesregierung angesichts der Entwicklung in der lagerhaltenden Wirtschaft nicht doch eine Verbesserung der Altvorräteentlastung im Mehrwertsteuergesetz erwägen?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Leicht.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511608400
Die Entlastung der Altvorräte von der Bruttoumsatzsteuer ist, wie Sie wissen, Frau Kollegin — Sie waren ja selber daran beteiligt —, in der zweiten und dritten Lesung des Mehrwertsteuergesetzes eingehend beraten worden. Die Frage stand in engem Zusammenhang mit der Höhe der Steuersätze und mit dem Stufenplan für die Neuinvestitionen. Die Beratungen führten zu dem Ergebnis, daß die Altvorräte über die vom Finanzausschuß vorgeschlagene durchschnittliche Entlastung in Höhe von 57 % hinaus in Höhe von rund 70 % entlastet werden sollen.
Die Bundesregierung berät zur Zeit über die mehrjährige Finanzplanung für die Jahre bis 1971. Im Rahmen dieser Beratungen wird im Zusammenhang mit der gegenwärtigen konjunkturellen Situation u. a. geprüft, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Hohen Hause eine weitere Verbesserung der Entlastung der Altvorräte, bezogen auf die 'erworbenen und nicht be- oder verarbeiteten Altvorräte, vorgeschlagen werden kann.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511608500
Frau Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0511608600
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß eine Verbesserung der Altvorräteentlastung sehr viel billiger ist als der Ausfall, der im Augenblick bei der Umsatzsteuer durch .die Rezession entsteht, und als die etwaigen Belastungen durch einen neuen Eventualhaushalt?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511608700
Diese Frage kann man nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten, Frau Kollegin. Da müßte man auch noch andere Überlegungen und andere Ursachen, die zu jenen Erscheinungen geführt haben, mit in Erwägung ziehen. Ich kann nur nochmals sagen, daß wir diese Fragen sehr sorgfältig prüfen und schon sehr bald eine Entscheidung darüber treffen werden.
5760 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511608800
Frau Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0511608900
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Verhältnisse in der lagerführenden Industrie bekannt und damit auch die ungeheure Eilbedürftigkeit einer besseren Altvorräteentlastung? Denn .die Bestellungen für das Jahresende sind ja schon längst angelaufen bzw. müßten in wenigen Tagen anlaufen.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511609000
Mir sind die Schwierigkeiten bekannt, gnädige Frau, und sicherlich wird es nicht mehr lange dauern, bis die Entscheidungen gefallen sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511609100
Herr Dr. Imle!

Dr. Wolfgang Imle (FDP):
Rede ID: ID0511609200
Herr Staatssekretär, können Sie schon irgendwelche Angaben machen, inwieweit die Entlastung der Altvorräte noch weiter zugelassen werden soll?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511609300
Ich habe von „Prüfungen" gesprochen, Herr Kollege Imle, und Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, wenn ich hier keine Einzelheiten dieser in der Prüfung befindlichen Fragen nenne, — zumal da, wie Sie wissen, in der nächsten Woche das Kabinett über eine ganze Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung — unter anderem auch über diese Frage — beraten und Entscheidungen fällen wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511609400
Herr Dr. Imle!

Dr. Wolfgang Imle (FDP):
Rede ID: ID0511609500
Wird man davon ausgehen können, Herr Staatssekretär, daß die Regelungen, die ins Auge gefaßt sind, den Firmen ein Anlaß sein werden, wieder auftragswilliger zu werden?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511609600
Wenn eine solche Entscheidung in dieser Richtung fällt, Herr Kollege Imle, dann muß sich das erfüllen, was Sie meinen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511609700
Herr Schmidt (Kempten) :

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0511609800
Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie inzwischen auch zu der Auffassung gekommen sind, daß es bei der Verabschiedung der Mehrwertsteuer besser gewesen wäre, eine Lösung in dem Sinne zu finden, wie sie von unserer Fraktion vorgeschlagen wurde?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511609900
Davon bin ich nicht überzeugt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511610000
Wir kommen zu den Fragen des Abgeordneten Logemann.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511610100
Ich darf die Fragen des Herrn Kollegen Logemann, wenn es gestattet wird, zusammen beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511610200
Dann rufe ich die Fragen 22, 23 und 24 des Abgeordneten Logemann gemeinsam auf:
Sind dem „Agrarpolitischen Studienkreis e. V. Prien am Chiemsee" von einem Beamten des Bundesfinanzministeriums finanzielle Starthilfen aus dem für solche Vorhaben geeigneten Bundeshaushaltstitel angeboten worden?
Unter welchen Voraussetzungen können agrarpolitische Studienkreise und deren Publikationen aus Bundesmitteln gefördert werden?
Wie hoch sind die Staatssubventionen für die unter 23 genannten Institutionen und Publikationen insgesamt?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511610300
Dem ,,Agrarpolitischen Studienkreis e. V.", Prien am Chiemsee, sind von einem Beamten des Bundesministeriums der Finanzen keine finanziellen Starthilfen aus dem für solche Vorhaben geeigneten Bundeshaushaltstitel angeboten worden. Vielmehr hat der Vorsitzende des „Agrarpolitischen Studienkreises e. V.", Herr Dr. Steding, im Jahre 1966 einen Beamten meines Ministeriums um Feststellung gebeten, ob die Möglichkeit bestehe, dem Verein, den die Finanzbehörden voraussichtlich als gemeinnützig anerkennen würden, aus Bundeshaushaltsmitteln eine einmalige Starthilfe zu gewähren. Da der Beamte die Frage aus eigener Kenntnis nicht sofort beantworten konnte, sagte er Prüfung und Fühlungnahme mit den zuständigen Stellen zu. Noch bevor diese auf Ressortebene zum Abschluß gebracht werden konnten, teilte der Vorsitzende Dr. Steding dem Beamten unter dem 23. Februar 1967 mit, daß der „Agrarpolitische Studienkreis e. V." nach nochmaliger Überlegung aus grundsätzlichen Erwägungen darauf verzichte, Subventionen aus Bundesmitteln zu beantragen. Damit war die Angelegenheit für mein Haus erledigt.
Für die Beantwortung der beiden folgenden Fragen, Herr Kollege, ist an sich das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuständig. Da ein Sachzusammenhang zu der ersten Frage, die ich eben zu beantworten versuchte, unmittelbar besteht, erlaube ich mir, die beiden folgenden Fragen zu übernehmen und die Antworten zu geben, die mir vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zugeleitet worden sind.
Zu Frage 2! Bisher sind an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten keine Anträge auf Förderung von agrarpolitischen Studienkreisen und deren Publikationen aus Bundesmitteln gestellt worden. Falls ein solcher Antrag gestellt würde, müßte im einzelnen geprüft werden, ob der Studienkreis und seine Publikationen gefördert werden können. Die Entscheidung würde sich vor allem nach dem wissenschaftlichen Wert
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5761
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
der Publikation für die Agrarpolitik zu richten haben.
Zu Frage 3! Aus dem Einzelplan 10 werden keine Studienkreise und deren Publikationen gefördert.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511610400
Herr Logemann!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0511610500
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Veröffentlichungen des „Agrarpolitischen Studienkreises" — die „Agrarbriefe", die dieser Kreis herausgibt — bekannt?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511610600
Sicherlich sind sie den zuständigen Stellen der Bundesregierung bekannt.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0511610700
Darf ich dann fragen, oh Ihnen auch bekannt ist, daß im Agrarbrief Nr. 3 der Herausgeber des Agrarbriefes, also der Agrarpolitische Studienkreis, unter dem 23. Februar 1967 an den betreffenden Ministerialrat in Ihrem Hause schreibt, daß er nach dem Ergebnis gemeinsamer Überlegungen zwar bereit gewesen sei, sich für eine Starthilfe durch den für solche Vorhaben geeigneten Bundeshaushaltstitel einzusetzen, daß man für diese seine Bereiterklärung und das dabei zum Ausdruck gebrachte Vertrauen aufrichtig dankbar sei, es aber nicht in Anspruch nehmen wolle.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511610800
Ich habe Ihnen doch soeben gesagt, Herr Kollege, daß der Beamte meines Hauses, nachdem er angegangen worden war, eine Prüfung der Frage der Starthilfe zugesagt hat, daß aber, bevor die Prüfung abgeschlossen war, aus grundsätzlichen Erwägungen auf eine solche Hilfe aus Bundesmitteln verzichtet worden ist.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0511610900
Ich lese den Inhalt des Briefes anders.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511611000
Herr Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511611100
Herr Staatssekretär, werden aus anderen Mitteln des Bundeshaushalts, also außerhalb des Einzelplans 10, agrarpolitische Publikationen durch Staatsmittel gefördert?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511611200
Sie haben Verständnis dafür, Herr Kollege, wenn ich unter Vorbehalt, weil ich jetzt nicht alles im Kopf haben kann, sagen muß: Ich glaube nicht, daß für Studienkreise und ihre Publikationen agrarpolitischer Art Förderungen aus Titeln außerhalb des Einzelplans 10 erfolgen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511611300
Herr Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511611400
Herr Staatssekretär, können Sie mir nach nochmaliger Prüfung schriftlich eine Nachricht darüber zukommen lassen, welche Publikationen durch Staatsmittel entweder aus dem Einzelplan 10 oder außerhalb des Einzelplans 10 gefördert werden?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511611500
Soll sich das auf agrarpolitische Publikationen erstrecken?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511611600
Ja.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511611700
Ich werde die Frage prüfen lassen und Ihnen darüber sicherlich eine Auskunft geben können.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511611800
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Genscher auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß eine große Zahl der in der Wirtschaft vorhandenen Buchungsmaschinen und Automaten für die durch die Einführung der Mehrwertsteuer erforderlich werdende Neuprogrammierung keine ausreichende Kapazität besitzen?
Ist der Fragesteller im Saal? — Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Moersch übernommen.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511611900
Vielleicht darf ich, wenn Einverständnis besteht, die beiden Fragen des Herrn Kollegen Genscher zusammen beantworten, Herr Präsident, da sie in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511612000
Ich nehme an, daß der Fragesteller einverstanden ist, und rufe ferner die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Genscher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, durch Sonderabschreibungen oder in anderer Weise Hilfen für die Anschaffung neuer Buchungsmaschinen und Automaten für die in Frage 25 erwähnte Neuprogrammierung zu gewähren, um diese durch eine Gesetzesänderung erforderlich werdenden Investitionen zu erleichtern?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511612100
Die mit dem Systemwechsel verbundenen Änderungen im Rechnungswesen sind der Bundesregierung aus Untersuchungen bekannt, die von der Wirtschaft hierüber angestellt worden sind und an denen Beamte des Bundesfinanzverwaltung beteiligt waren. Die zusätzliche Belastung der Buchungsanlagen hat ihre Ursache im Nettoprinzip, d. h. in der getrennten Erfassung von Entgelt und Steuerbetrag für die eingehenden und ausgehenden Rechnungen.
Auf der Rechnungsausgangsseite werden diese Schwierigkeiten durch Erleichterungen beseitigt, die in der ersten Durchführungsverordnung zum Mehrwertsteuergesetz vorgesehen sind. Nach dieser Verordnung, die im kommenden Monat verkündet werden soll und die vorher noch am 4. Juli, wie mittlerweile bekanntgeworden ist, mit den zuständigen Stellen der Wirtschaft besprochen werden wird,
5762 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
wird den Unternehmern gestattet, daß sie bei den ausgehenden Rechnungen zunächst die Bruttobeträge aufzeichnen und die Steuer erst zum Schluß des Voranmeldungszeitraums summarisch aus diesen Bruttobeträgen herausrechnen.
Auf der Rechnungseingangsseite ist eine so weitgehende Erleichterung nicht möglich. Hier kann es daher im Einzelfall vorkommen, daß die vorhandenen Zähl- oder Rechenwerke nicht ausreichen. Wie aber unsere Untersuchungen gezeigt haben, ist es vielfach möglich, die Buchungsanlagen durch das Einsetzen zusätzlicher Zählwerke oder durch eine technische Umstellung den erweiterten Anforderungen anzupassen. Kann die Kapazität nicht ausgeweitet werden, gibt es eine Reihe von praktikablen Hilfslösungen. Sie lassen sich solange anwenden, bis eine Erneuerung der Rechenanlage ohnehin vorgesehen werden muß.
Es kann davon ausgegangen werden, daß Neuanschaffungen von Buchungsmaschinen und Buchungsautomaten mit Rücksicht auf die Einführung der Mehrwertsteuer in der Regel nicht erforderlich sein werden. Sonderabschreibungen oder andere Hilfen für die Anschaffung solcher Maschinen und Automaten können somit nicht in Betracht kommen. Es wird sich zwar nicht vermeiden lassen, daß den Unternehmen im Einzelfall durch erforderlich werdende Änderungen und Umstellungen bei den vorhandenen Buchungsanlagen zusätzliche Kosten entstehen. Da diese Kosten in aller Regel aber verhältnismäßig niedrig sein dürften, erscheint es durchaus zumutbar, daß sie die Unternehmen allein tragen. Die Bundesregierung kann deshalb auch insoweit die Gewährung von Sonderabschreibungen oder anderen Hilfen nicht befürworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511612200
Keine weitere Frage.
Dann rufe ich die Frage 27 des Abgeordneten Dr. Hofmann (Mainz) auf:
Entspricht es der finanz- und wirtschaftspolitischen Konzeption der Regierung zur weiteren Anregung der Investitionstätigkeit der deutschen Gemeinden, insbesondere der deutschen Großstädte, daß die Bundesrepublik über die Länder Zins- und Tilgungsleistungen in einer bestimmten Höhe für bestimmte Jahre zur weiteren Förderung der Investitionstätigkeit übernimmt?
Herr Staatssekretär!

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511612300
Ich bitte auch hier um die Genehmigung, die Fragen 27 und 28 wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511612400
Dann rufe ich noch die Frage 28 des Abgeordneten Dr. Hofmann (Mainz) auf:
Wenn die Frage 27 von der Bundesregierung mit Nein beantwortet werden müßte, entspricht es dann den finanz- und wirtschaftspolitischen Konzeptionen und den Absichten der Bundesregierung, auf die Länder der Bundesrepublik dahin gehend
- Einfluß zu nehmen, daß dieselben ihren Gemeinden (insbesondere Städten und Mittelpunktgemeinden) Anregungen zur weiteren und schnellen Investitionstätigkeit geben, indem sie die erforderlichen Zins- und Tilgungsleistungen in bestimmter Höhe für bestimmte Jahre übernehmen?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511612500
Die Gemeinden haben
den größten Anteil an den öffentlichen Investitionen. Bei der Vielzahl kommunaler Bauaufgaben ist auch damit zu rechnen, daß die Gemeinden über eine ausreichende Reserve baureifer dringlicher Projekte verfügen, die nach Klärung der Finanzierung alsbald in Angriff genommen werden können. Die Bundesregierung hält es deshalb für notwendig, die gemeindlichen Investitionen in die Bemühungen um eine Konjunkturbelebung durch verstärkte öffentliche Investitionen soweit wie möglich einzubeziehen.
Zu diesem Zweck kommt neben der Mobilisierung der finanziellen Reserven der einzelnen Gemeinden, auf die ich bereits in der Fragestunde vom 13. Juni 1967 auf eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Spitzmüller hingewiesen habe, grundsätzlich auch die Bereitstellung zusätzlicher staatlicher Mittel für gemeindliche Investitionen, sei es in der Form von Kapitalzuschüssen, sei es in der Form von Zuschüssen zum Schuldendienst, in Betracht. Bei der Festlegung der Form solcher finanziellen Hilfen wird zu berücksichtigen sein, daß Schuldendienstzuschüsse das Kapitalgefüge verzerren und die Lenkungsfunktion des Zinses beeinträchtigen können.
Im Hinblick auf die sachliche Begrenzung der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeit des Bundes liegt die Entscheidung über entsprechende Maßnahmen jedoch bei den Ländern. Die Bundesregierung wird in den laufenden Verhandlungen mit den Ländern die ihr gegebenen Möglichkeiten einer zusätzlichen Konjunkturbelebung über die Gemeindehaushalte mit zur Erörterung stellen.

Dr. Josef Hofmann (CDU):
Rede ID: ID0511612600
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung, daß ein großer Bedarf an gemeindlichen Investitionen besteht, die von größter, ich möchte sagen: von allergrößter Bedeutung für die nachhaltige Sicherung des Wirtschaftswachstums sind, und daß aus diesem Grunde die gemeindlichen Investitionen im Rahmen der konjunkturpolitischen Maßnahmen bevorzugt gefördert werden sollten?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511612700
Herr Kollege Dr. Hofmann, den Gemeinden obliegt der für die Wirtschaftsentwicklung wichtige Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Ich teile daher die Auffassung, daß die gemeindlichen Investitionen im Rahmen der geplanten Maßnahmen mit einem gewissen Vorrang gefördert werden sollten.

Dr. Josef Hofmann (CDU):
Rede ID: ID0511612800
Herr Staatssekretär, wären Sie nicht mit mir der Meinung, daß eine Aufstockung der ERP-Mittel möglich sein sollte, um den Gemeinden direkt helfen zu können und damit die verfassungsrechtlichen Probleme, die sich bei den Ländern aufwerfen könnten, zu vermeiden?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0511612900
Ich glaube, Herr Kollege Dr. Hofmann, daß von der verfassungsrechtlichen Seite her dieser Weg zumindest eher gangbar wäre als andere Wege, die zunächst ange-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5763
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
sprochen worden sind. Ich werde mir erlauben, diese Frage prüfen zu lassen und sie unter Umständen schon bei den jetzigen Verhandlungen mit zur Erörterung zu stellen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511613000
Es wären hier noch die drei Fragen des Abgeordneten Maucher aus zu Drucksache V/1943 zu behandeln.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich der Erlaß der Grunderwerbsteuer, wenn mit Hilfe der Kapitalabfindung ein Grundstück erworben wird, sich sehr segensreich auswirkt und den Beschädigten ermöglicht, zu einem Eigenheim zu kommen, was in vielen Fällen sonst nicht der Fall wäre?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Unfallbeschädigten, obwohl sie unter gleichen Voraussetzungen neuerdings die Kapitalabfindung in Anspruch nehmen können, aus der in Frage 99 erwähnten Vergünstigung ausgeschlossen sind?
Ist die Bundesregierung bereit, eine gesetzliche Änderung vorzunehmen, daß auch die Unfallbeschädigten in die in Frage 99 erwähnte Vergünstigung miteinbezogen werden?
Sie gehören zum Geschäftsbereich ,des Bundesministers der Finanzen. Es ist aber festzustellen, daß die Fragen im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet werden.
Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Zunächst die Frage 115 des Abgeordneten Moersch aus der Drucksache zu V/1943:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dem Bericht der Europäischen Atomgemeinschaft zu ziehen, in dem aus wirtschaftlichen Gründen eine beschleunigte Installierung von Kernkraftanlagen vorausgesagt wird?
Bitte, Herr Bundesminister!

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511613100
Die Bundesregierung stimmt mit den Auffassungen der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft über die Bedeutung der künftigen Entwicklung der Kernenergie im Zehnten Gesamtbericht über die Tätigkeit der Gemeinschaft überein. Die Förderungsmaßnahmen ,der Bundesregierung im Rahmen des deutschen Atomprogramms sind darauf ausgerichtet, die deutsche kerntechnische Industrie schnell und wirksam in die Lage zu versetzen, sich im internationalen Konkurrenzkampf zu behaupten. Dem dient vor allem die Förderung der drei Demonstrationskraftwerke, von denen das Kernkraftwerk in Gundremmingen seit dem vorigen Jahr in Betrieb ist, während die Kernkraftwerke Lingen und Obrigheim im nächsten Jahr mit der Stromlieferung ins Netz beginnen werden. Die Bundesregierung rechnet damit, daß schon in den nächsten Wochen Baubeschlüsse auf rein kommerzieller Grundlage ohne Staatshilfe über den Bau von zwei 600-MW-Kernkraftwerken gefällt werden. Dies würde einen entscheidenden Schritt in der Einführung der Kernenergie in Deutschland und in die allgemeine Energiewirtschaft bedeuten. Für die Zukunft werden sich die Förderungsmaßnahmen des Bundes für die kerntechnische Entwicklung hauptsächlich auf solche Reaktoren konzentrieren, die eine besonders gute Ausnutzung der Kernbrennstoffe bei niedrigen Stromgestehungskosten ermöglichen. Das sind vor allem die schnellen und thermischen Brutreaktoren.
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Atomkommission wird vom Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung zur Zeit ein drittes deutsches Atomprogramm für die Jahre 1968 bis 1972 ausgearbeitet, in dem die Ziele und Schwerpunkte für die Förderung der kerntechnischen Entwicklung in Deutschland neu festgelegt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511613200
Herr Abgeordneter Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511613300
Herr Minister, halten Sie die Forderung des Deutschen Atomforums nach staatgicher Hilfe für die Entwicklung solcher Kraftwerksanlagen u. a. für eine Folge des Verstromungsgesetzes, oder glauben Sie, daß ohne dieses Gesetz solche Subventionen nicht nötig wären?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511613400
Herr Kollege Moersch, ich habe soeben gesagt, daß wir hoffen und erwarten, daß jetzt große Kernkraftwerke von den Energieversorgungsunternehmungen ohne Staatshilfe gebaut werden. Wir werden 'dennoch die Vorschläge des Deutschen Atomforums sehr sorgfältig prüfen. Ich darf sagen, daß ich die Auffassung des Deutschen Atomforums teile, daß wir auf dem Gebiete der Exportförderung bestimmte zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um Wettbewerbsbenachteiligungen zu vermeiden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511613500
Herr Moersch!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511613600
Herr Minister, in welchem Umfang glauben Sie, daß es Ihnen gelingen wird, Ihre Vorstellungen hinsichtlich der Förderung der Kernkraftwerke im Kabinett und in der Koalition gegenüber den Tendenzen durchzusetzen, die vor allem auf die Erhaltung der herkömmlichen Energiequellen abzielen?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511613700
Ich glaube, daß es der Bundesregierung und dem Bundestag gelingen wird, ein Konzept zu verwirklichen, das uns den vollen, ungehinderten Übergang zur Kernenergie ermöglicht und in eine Harmonie bringt mit notwendigen Förderungs- und Anpassungsmaßnahmen für den deutschen Steinkohlenbergbau.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511613800
Ich rufe die Frage 83 des Abgeordneten Kubitza auf:
In welcher Weise ist die Bundesregierung an dem von der Max-Planck-Gesellschaft in Martinsried bei München geplanten Biochemischen Zentrum beteiligt?
Bitte, Herr Minister!

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511613900
Die Max-Planck-Gesellschaft beabsichtigt, für die drei Münchener Max-PlanckInstitute biochemischer Arbeitsrichtung, das Institut für Biochemie, das Institut für Eiweiß- und Lederforschung und das Institut für Zellchemie, einen Neubaukomplex zu errichten. Sie hat für die-
5764 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28, Juni 1967
Bundesminister Dr. Stoltenberg
sen Zweck in den letzten Jahren Gelände in Martinsried bei München angekauft..
Die Kosten des Projekts werden ebenso wie bei den sonstigen Baumaßnahmen der Gesellschaft im Rahmen des jährlichen allgemeinen Zuschusses von Bund und Ländern auf Grund des Verwaltungsabkommens zur Förderung von Wissenschaft und Forschung gemeinsam aufgebracht.
Bis Ende 1966 hat die Gesellschaft 118 000 DM für Planungen und vorbereitende Arbeiten zur Errichtung des Biochemischen Zentrums ausgegeben. Für 1967 sind weitere 50 000 DM für die Vorarbeiten vorgesehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511614000
Herr Kubitza, eine Zusatzfrage? — Ich rufe dann die Fragen 84, 85 und 86 des Abgeordneten Flämig auf:
Wie weit sind die Bemühungen gediehen, in der Gemarkung Menzenschwand durch fach- und sachgerechte Bohrungen feststellen zu lassen, ob das bisher größte in der Bundesrepublik Deutschland entdeckte Uranvorkommen sich für den Abbau eignet?
Worauf sind die Verzögerungen des Fortganges der Untersuchungen des Uranvorkommens bei Menzenschwand zurückzuführen?
Besteht an den Untersuchungen des Uranvorkommens bei Menzenschwand ein besonderes öffentliches Interesse?
Können die Fragen zusammen beantwortet werden? —
Bitte, Herr Minister!

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511614100
Die Bohrarbeiten konnten noch nicht beginnen. Die Gewerkschaft Brunhilde hat Anfang März dieses Jahres mit dem zuständigen Geologischen Landesamt und Oberbergamt Einigung über ein Programm erzielt, das zwölf Kerntiefbohrungen vorsieht, die zum Teil über, zum Teil unter Tage angesetzt werden sollen. Mit diesem Programm haben sich inzwischen alle beteiligten Landesbehörden einverstanden erklärt. Die Gemeinde Menzenschwand wendet sich jetzt noch dagegen, daß das Programm von der Gewerkschaft Brunhilde durchgeführt wird, die bisher die Erkundungsarbeiten betrieb.
Die Gemeinde Menzenschwand hat bisher bergbauliche Untersuchungsarbeiten abgelehnt, weil sie eine Beeinträchtigung des Fremdenverkehrs befürchtete. Wenn sie sich jetzt dagegen wendet, daß das Bohrprogramm von der Gewerkschaft Brunhilde durchgeführt wird, so ist das offenbar auf eine Verstimmung wegen der bisherigen Bemühungen der Gewerkschaft Brunhilde um einen Fortgang der Untersuchungsarbeiten zurückzuführen.
Das besondere öffentliche Interesse der Bundesregierung an einer völligen Erkundung und Erschließung der Uranlagerstätte bei Menzenschwand besteht unvermindert weiter. Auch die Landesregierung Baden-Württemberg hält an der Auffassung fest, daß an der Untersuchung des Uranvorkommens bei Menzenschwand bei dem hohen Urangehalt des dort gefundenen Erzes ein öffentliches Interesse besteht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511614200
Herr Flämig!

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0511614300
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß Behauptungen von Repräsentanten der örtlichen kommunalen Behörden, lediglich ein privates Bergbauunternehmen der Bundesrepublik sei an Probebohrungen interessiert, auf falschen Voraussetzungen beruhen?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511614400
Derartige Behauptungen, die mir nicht bekannt sind, sind zweifellos völlig unzutreffend.

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0511614500
Herr Minister, nachdem Sie ein öffentliches Interesse bejaht haben, darf ich fragen: Gibt es für die Bundesregierung eine Möglichkeit, eine Gebietskörperschaft zu zwingen, die überwiegenden Interessen der Gesamtheit unseres Volkes vor die Interessen einer die Bedeutung der Sache offensichtlich gar nicht voll erfassenden Minderheit zu stellen?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511614600
Wenn die Ausnahmegenehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde des Landes vorliegt und wenn das bergrechtliche Grundabtretungsverfahren vom zuständigen Oberbergamt durchgeführt ist, kann die Gemeinde zur Duldung der im September 1963 eingestellten Unterschungsarbeiten gezwungen werden. Wie Ihnen bekannt ist, Herr Kollege, stehen bei unseren ausgeprägten Rechtsmitteleinnichtungen jedoch der Gemeinde zahlreiche juristische Möglichkeiten zu Gebote, einen solchen Beschluß zunächst noch in Frage zu stellen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511614700
Herr Flämig!

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0511614800
Herr Minister, ist also zu befürchten, daß, nachdem die Sache zur Zeit völlig ruht, jetzt erst der Rechtsweg beschritten werden muß und daß wir ohne die Beschreitung des Rechtsweges nicht mehr vorankommen werden?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511614900
Ich hoffe, daß dies nicht der Fall ist. Da die Gemeinde sich jetzt grundsätzlich mit den von den Landesbehörden vorgeschlagenen Bohrungen einverstanden erklärt hat, ist es nicht einzusehen, daß die Frage, welche Gesellschaft die Bohrungen durchführt, noch als ein objektiver Grund für eine Behinderung angesehen werden kann.

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0511615000
Herr Minister, was werden Sie denn nun in Ihrem Ministerium jetzt selbst tun, um die Sache rasch voranzutreiben?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511615100
Die zuständigen Mitarbeiter meines Ministeriums haben in dieses Problem schon ungewöhnlich viel Zeit und Arbeitskraft investieren müssen. Das Einvernehmen mit den Landesbehörden, das erzielt wurde, ist auch ein positives Ergebnis. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, diese letzte noch offene Frage in Kürze zu klären.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5765

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511615200
Herr Dröscher!

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0511615300
Herr Minister, können Sie sagen, wieviel Zeit bei der Uranfindung .dadurch vergangen ist, daß diese doch recht kurzsichtigen und höchstens rein lokalen Interessen vorgeschoben worden sind?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511615400
Die Untersuchungen sind jetzt schon vier Jahre eingestellt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511615500
Herr Dröscher!

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0511615600
Herr Bundesminister, glauben Sie, daß eine Volkswirtschaft wie unsere es sich erlauben kann, wegen eines solchen begrenzten Interesses vier Jahre lang in einer so entscheidenden Frage stillzuhalten?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511615700
Ich glaube nicht, daß dadurch schon ein wirtschaftlicher Schaden für die Bundesrepublik eingetreten ist. Sie wissen aber, daß in unserer Verfassungsordnung und in unserer Rechtsordnung, die den Schutz der Belange des einzelnen und lokaler Körperschaften sehr in den Vordergrund stellen, die staatlichen Möglichkeiten, notwendige und vernünftige Entscheidungen herbeizuführen, außerordentlich behindert sind. Das ist die Kehrseite eines ausgeprägten Rechtsgedankens, den wir bejahen, der aber leider zum Teil mißbraucht wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511615800
Sie haben keine Frage mehr, Herr Dröscher. Sie haben zwei Zusatzfragen gestellt; Ihr Kontingent ist erschöpft.

(Abg. Dröscher: Es sind drei Fragen!) - Sie haben ja keine Frage gestellt.

Herr Faller!

Walter Faller (SPD):
Rede ID: ID0511615900
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Weigerung der Gemeinde Menzenschwand, mit der Gewerkschaft Brunhilde zusammenzuarbeiten, darauf beruht, daß diese Gewerkschaft nachweislich gegen bergrechtliche Bestimmungen in Menzenschwand verstoßen hat, sich in einer sehr scharfen Art gegenüber der Gemeinde geäußert hat und auch gegen sie gearbeitet hat?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0511616000
Mir ist bekannt, daß es Spannungen und Differenzen in den zurückliegenden Jahren, 1963 vor allem, gegeben hat. Ich glaube aber nicht, daß diese Differenzen und Spannungen jetzt ein Grund dafür sein können, in einem genau definierten und sachlich von allen anerkannten Verfahren der Gewerkschaft jegliche Mitwirkung zu versagen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511616100
Dann rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zunächst die Frage 77 des Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Wie hoch ist die Gewinnspanne der Deutschen Bundespost bei den den in der Bundesrepublik arbeitenden Rundfunkanstalten berechneten Leitungskosten?
Herr Staatssekretär, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511616200
Herr Abgeordneter, Ihre Frage betrifft drei verschiedene Sachverhalte.
Erstens. Für die Bereitstellung von Leitungen für den Tonrundfunk erhält die Deutsche Bundespost von den Rundfunkanstalten Gebühren nach der Verordnung für Privatfernmeldeanlagen. Eine Gewinnspanne ist in diesen Gebührensätzen nicht enthalten. Die Sätze sind im Gegenteil nicht einmal kostendeckend. Die Kostenunterdeckung betrug in den Jahren 1962 bis 1965 zusammen rund 46 Millionen DM.
Zweitens. Für den laufenden Betrieb des Fernseh-Rundfunks werden keine gesonderten Gebühren für die Leitungen von den Rundfunkanstalten erhoben. Vielmehr werden die Leitungskosten pauschal mit anderen von der Deutschen Bundespost für den Fernseh-Rundfunk zu erbringenden Leistungen abgegolten. Von dem pauschalen Anteil, den die Deutsche Bundespost von .der Fernseh-Rundfunkgebühr behält, muß sie nicht nur die Ausgaben für die Bereitstellung von Fernsehleitungen für Bild und Ton für alle drei Fernsehprogramme, sondern auch die für das Betreiben der Fernsehsendeanlagen für das 2. und 3. Programm sowie die Ausgaben für den Einzug und die Abrechnung der Fernsehteilnehmergebühren, für das Erteilen von Empfangsgenehmigungen, für den Funkstörungsmeßdienst usw. bestreiten.
Die Höhe der Pauschale soll nach einem demnächst in Kraft tretenden Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern für die Jahre 1966 bis 1968 monatlich 1,40 DM betragen. Die Gesamteinnahmen der Deutschen Bundespost aus diesen Anteilen dürften voraussichtlich bis Ende 1968 die Kosten decken, die der Deutschen Bundespost für die oben erwähnten Leistungen entsehen.
Drittens. Daneben werden für die vorübergehende Überlassung von Fernsehleitungen, also für den Einsatz von Fernseh-Richtfunkreportagegeräten und für den internationalen Fernsehprogrammaustausch, besondere Gebühren erhoben. Nach dem erwähnten Verwaltungsabkommen werden künftig auch für die vorübergehende Überlassung von Leitungen für nationale Fernsehübertragungen Gebühren fällig. Diese Gebühren — für den Einsatz von FernsehRichtfunkreportagegeräten, internationalen Fernsehprogrammaustausch und nationale Fernsehübertragungen — bringen heute und voraussichtlich auch in Zukunft der Deutschen Bundespost keinen Gewinn.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511616300
Herr Kahn-Ackermann.
5766 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0511616400
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann, daß besonders die im letzten Bereich von der Bundespost erhobenen Gebühren die höchsten in ganz Europa sind und daß sich einzelne Rundfunkanstalten schon überlegt haben, ob sie sich eigene Flugzeuge zum Transport der Filme anschaffen sollen, anstatt 'sie über die Leitungen . der Bundespost überspielen zu lassen, weil die Gebühren so exorbitant hoch sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511616500
Nach welchen Gesichtspunkten die Fernsehleitungsgebühren in anderen europäischen Ländern festgesetzt werden, ist sicher von Fall zu Fall verschieden. Es müßte im einzelnen nachgeprüft werden, ob der Grundsatz der Kostendeckung in diesen Fällen immer gewahrt ist. Wenn andere technische Mittel es ermöglichen, eine billigere Übertragung von Programmen als über Fernsehleitungen vorzunehmen, so kann .das nicht dazu führen, daß Fernsehleitungen unter den Kosten zur Verfügung gestellt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511616600
Herr Kahn-Ackermann!

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0511616700
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir eine detaillierte Aufstellung über die tatsächlichen Betriebskosten dieser unter Punkt 2 und Punkt 3 angeführten, den Rundfunkanstalten überlassenen Leitungen und die Erträgnisse zu geben, die, sagen wir einmal, im Jahre 1966 daraus erwirtschaftet worden sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511616800
Die Kosten für Fernseh- und Rundfunkleitungen werden aus einer Globalrechnung ermittelt, und es wird nicht möglich sein, über sie eine detaillierte Aufstellung vorzulegen. Die Kostenrechnung für das Jahr 1966 liegt uns noch nicht vor.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511616900
Keine weitere Frage. — Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Dichgans auf:
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost das Nachtstartverbot für Düsenflugzeuge in Düsseldorf-Lohausen ab Oktober 1967 durchbrechen und allnächtlich nach Mitternacht ein Düsenflugzeug zur Postbeforderung starten lassen will?
Herr Staatssekretär Bornemann, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511617000
Die Deutsche Lufthansa, die das Nachtluftpostnetz befliegt, hat damit begonnen, im Zuge der Modernisierung diesen Verkehr von Kolbenmaschinen auf Düsenflugzeuge umzustellen. Dies entspricht einer allgemeinen Entwicklung im Luftverkehr. Nach den vorliegenden neuesten Informationen wird die Umstellung für den Nachtflug in Düsseldorf-Lohausen aber noch nicht im Oktober 1967 vorgenommen werden, sondern voraussichtlich zu Beginn des Jahres 1968.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511617100
Herr Abgeordneter Dichgans!

Dr. Hans Dichgans (CDU):
Rede ID: ID0511617200
Gibt .es für die Bundespost Lärmgrenzen, erkennt also die Bundespost an, daß sie Lärm oberhalb einer bestimmten Grenze den Mitbürgern nachts nicht zumuten darf, oder ist die Bundespost der Meinung, daß sie zu beliebigen Nachtstunden an beliebigen Orten beliebig viel Lärm machen darf, wenn es nur die Postbeförderung beschleunigt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511617300
Selbstverständlich ist auch die Bundespost daran interessiert, bei Durchführung des Nachtluftpostverkehrs die Belästigung der Bevölkerung durch Lärm auf ein Minimum zu begrenzen, soweit ihr dazu überhaupt Möglichkeiten gegeben sind. Wenn die Deutsche Lufthansa ihre Flotte umrüstet, so hat die Deutsche Bundespost keinen Einfluß darauf und kann sich dieser Maßnahme nicht entgegenstemmen. Sie muß vielmehr im Interesse der Postkunden bemüht bleiben, die modernen und schnellen Beförderungsmittel für die Postbeförderung einzusetzen. Es wäre nicht zu vertreten, daß gerade in einem besonders volkreichen Bundesland die Postversorgung schlechter würde als in anderen Ländern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511617400
Herr Dichgans!

Dr. Hans Dichgans (CDU):
Rede ID: ID0511617500
Ist die Bundespost bereit, dem Gesundheitsausschuß dieses Hohen Hauses darzulegen, warum es unmöglich ist, die Luftbeförderung der Post von Düsseldorf nach Wahn zu verlegen, wo ein Nachtstartverbot nicht besteht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511617600
Ja, die Bundespost ist dazu bereit.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511617700
Frage 79 des Abgeordneten Schmidt (Kempten) :
Teilt die Bundesregierung die vom Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länderminister, Präsident Altmeier, vertretene Meinung, daß die Einführung des Farbfernsehens im Herbst dieses Jahres als „echte zusätzliche Leistung" eine generelle Gebührenerhöhung der Funk- und Fernsehgebühren rechtfertige, obwohl zweifelsfrei feststeht, daß auf längere Zeit nur ein geringer Teil der Rundfunk- und Fernsehteilnehmer in den Genuß der „zusätzlichen Leistungen" kommen wird?
Herr Staatssekretär, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511617800
Wie bereits dem Herrn Bundestagsabgeordneten Kubitza hier auf eine ähnliche Anfrage am 22. Februar dieses Jahres von dem Herrn Bundespostminister mitgeteilt wurde, hatte die Bundesregierung bisher keine Veranlassung, sich aus Anlaß der Einführung des Farbfernsehens mit der Frage einer Änderung der geltenden Gebühren zu befassen.
Das Farbfernsehen führt sowohl auf der Seite der Programmgestaltung als auch auf der technischen Seite zu höheren Aufwendungen als das SchwarzWeiß-Fernsehen. Ob diese höheren Aufwendungen
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5767
Staatsekretär Bornemann
eine Anhebung der Fernseh-Rundfunkgebühren erforderlich machen, vermag die Bundesregierung nicht zu beurteilen, da ihr die Kostenlage der Rundfunkanstalten nicht bekannt ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511617900
Herr Schmidt (Kempten) !

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0511618000
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß meine Frage auf Grund einer kürzlichen Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten Altmeier als Präsident der Rundfunkkommission der Länder gestellt worden ist und daß ich daher um eine Stellungnahme der Bundesregierung zu dieser Frage bitte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511618100
Der Text Ihrer Frage sagt es, Herr Abgeordneter. Aber die Bundesregierung hat bisher keinen Anlaß gehabt, diese Frage zu prüfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511618200
Herr Abgeordneter Schmidt!

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0511618300
Heißt ,das, daß eine solche Äußerung ohne eine Stellungnahme der Bundesregierung im Raume stehenbleiben kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511618400
Falls in den kommenden Jahren eine Gebührenerhöhung nicht zu umgehen sein sollte, wird geprüft werden müssen, ob eine solche unterschiedliche Behandlung der Schwarz-Weiß-Fernsehgeräte und der Farbfernsehgeräte gerechtfertigt ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511618500
. Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern und rufe die Frage 7 der Frau Abgeordneten Funcke auf:
Wie viele Diplom-Kaufleute und Diplom-Volkswirte werden in den Bundesministerien auf die zweite Staatsprüfung vorbereitet?
Ist die Frau Kollegin Funcke anwesend? — Wird die Frage übernommen? — Herr Abgeordneter Rutschke übernimmt die Frage. Herr Staatssekretär Benda, bitte!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511618600
Darf ich, Herr Präsident, die Fragen 7 und 8 wegen des sachlichen Zusammenhanges zusammen beantworten, wenn der Fragesteller einverstanden ist?

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511618700
Ich nehme an, er ist einverstanden. — Dann rufe ich zusätzlich die Frage 8 auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Zahl der zur Zeit in den Bundesministerien auf die zweite Staatsprüfung vorbereiteten Diplom-Kaufleute und Diplom-Volkswirte für den Bedarf aller Bundesministerien und nachgeordneten Dienststellen an wirtschaftswissenschaftlich vorgebildeten Beamten ausreicht?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511618800
Zur ersten Frage: Für
den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in der Bundesverwaltung und für den höheren Postdienst werden zur Zeit 37 Referendare mit wirtschaftswissenschaftlicher Vorbildung ausgebildet. Im einzelnen sind dies sieben Diplom-Kaufleute, 27 Diplom-Volkswirte, ein Diplom-Handelslehrer und zwei DiplomSozialwirte. Neun Referendare befinden sich gegenwärtig in der Staatsprüfung.
Zur zweiten Frage: Die Zahl der zur Zeit in Ausbildung befindlichen oder ihre Ausbildung abschließenden Referendare reicht nicht aus, um den. Bedarf der Bundesverwaltung an wirtschaftswissenschaftlich vorgebildeten Beamten zu decken. Leider haben sich bis zum Jahre 1966 nicht genügend Diplom-Kaufleute und Diplom-Volkswirte entschlossen, ebenso wie etwa die Juristen einen zweieinhalbjährigen Vorbereitungsdienst mit einer Beschränkung auf den Unterhaltszuschuß abzuleisten. Statt dessen haben sie die Verwendung als Angestellte mit einer entsprechenden Vergütung vorgezogen. Auch in der Bundesverwaltung mußten daher weiterhin wirtschaftswissenschaftlich vorgebildete Angestellte eingestellt werden, um die entsprechenden Aufgaben erfüllen zu können. Bei Eignung und Bewährung können diese Angestellten in das Beamtenverhältnis übernommen werden, wenn der Bundespersonalausschuß ihre Befähigung festgestellt hat. Im Jahre 1966 ist dies bei 45 Angestellten mit wirtschaftswissenschaftlicher Vorbildung geschehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511618900
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe die Fragen 9 und 10 des Abgeordneten Corterier auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in absehbarer Zeit einen Gesetzentwurf über die Volksentscheide nach Artikel 29 des Grundgesetzes in den Gebieten mit erfolgreichen Volksbegehren vorzulegen?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß weitere Verzögerungen eines Volksentscheids schon im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der Baden-Frage vom 30. Mai 1956 nicht mehr zn verantworten sind?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 27. Juni 1967 lautet:
Die Bundesregierung ist sich des Auftrages bewußt, den Art. 29 GG dem Bundesgesetzgeber und damit allen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG zur Gesetzesinitiative befugten Verfassungsorganen, also auch dem Bundestag und dem Bundesrat auferlegt. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf das Urteil des Bundesverlassungsgerichts vom 30. Mai 1956. Die Bundesregierung sieht aber gegenwärtig keine Möglichkeit, diesen Auftrag nach den Vorschriften des Art. 29 GG zu verwirklichen.
Die Bundesregierung hat im Dezember 1962 den Entwurf eines Ersten Neugliederungsgesetzes im Bundestag eingebracht, um als erste Phase eine Dauerlösung für die Baden-Frage herbeizuführen. Der Entwurf fand jedoch in den Ausschüssen des Bundestags keine Mehrheit. Der Streit ging vor allem um die Formulierung der Abstimmungsfrage, die nach dem Vorschlag des Innenausschusses und dem Wunsch der Altbadener alternativ sein sollte, wozu eine Änderung des Art. 29 GG oder die Wiederbelebung des Art. 118 GG notwendig gewesen wäre. Für keine der beiden Lösungsmöglichkeiten war eine verfassungsändernde Mehrheit zu erwarten. Auch von den Vertretern Altbadens wurde der Entwurf schließlich abgelehnt.
Besprechungen und ein Schriftwechsel mit den Vertretern des Heimatbundes Badenerland im Juni 1966 gaben gleichfalls keine Veranlassung, die Erfolgsaussichten für eine Lösung der Baden-Frage günstiger zu beurteilen. Anfang März 1967 erklärte .der Vorsitzende des Heimatbundes Badenerland (lt. „Stuttgarter Zeitung" vom 4. März 1967), daß für die Lösung der Baden-Frage nur ein konstitutiver Volksentscheid in Frage käme und wies „alle Abstimmungsverfahren, bei denen die Wiederherstellung des Landes Baden nach einem erfolgreichen Volksentscheid von einer weiteren Initiative des Bundesgesetzgebers oder einer Volksabstimmung über die Neugliederung im ganzen Bundesgebiet abhängig gemacht werde", als ungeeignet zurück. Die Forderung nach einem konstitutiven Volksentscheid setzt ebenfalls eine grundlegende Änderung ides Art. 29 GG voraus, wofür sich gegenwärtig ebensowenig eine Möglichkeit .abzeichnet.

Vizepräsident Schoettle
Die übrigen erfolgreichen Volksbegehren des Jahres 1955 beziehen sich überwiegend auf den mittel rheinisch-hessischen Raum und stehen in einem unlösbaren Zusammenhang mit der Gesamtkonzeption der Neugliederung. Ihre Abwicklung kann deshalb nicht als Teillosung vorweggenommen, sondern nur im Zusammenhang mit der Neugliederung des gesamten Bundesgebiets durchgeführt werden.
Es folgt Frage 11 des Abgeordneten Prochazka:
Treffen Meldungen zu, wonach schon sehr konkrete Pläne betrieben werden, den Bundesluftschutzverband aufzulösen, mindestens ihm aber wesentliche Punkte seines gesetzlichen Auftrages (§ 31 des Ersten Gesetzes über Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung und § 3 des Gesetzes zur Errichtung des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz), nämlich Organisation des Selbstschutzes und Ausbildung der Selbstschutzkräfte, abzutrennen?
Ist Herr Kollege Prochazka anwesend? — Ja, Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511619000
Auch hier würde ich bitten, Herr Präsident, die Fragen 11 bis 13 zusammen beantworten zu dürfen, wenn der Fragesteller einverstanden ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511619100
Ich nehme an, er ist einverstanden. — Dann rufe ich zusätzlich die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Prochazka auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß unter stillschweigender Duldung der ministeriellen Ebenen auf den kommunalen Ebenen schon weitgehende Bestrebungen im Gange sind, den gesetzlich klar festgelegten einheitlichen Aufbau des Selbstschutzes in der Bevölkerung zu ignorieren und die Entwicklung des Selbstschutzes in der Bevölkerung den subjektiven Intentionen auf Orts- und Kreisebene zu überlassen?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die beabsichtigten, in Frage 11 erwähnten neuen Entwicklungen in der freiwilligen Helferschaft des Bundesluftschutzverbandes wie auch des Selbstschutzes Gegenstand stärkster Unruhe sind?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511619200
Zur ersten Frage: Herr Kollege Prochazka, Aufgabenstellung und Organisation und damit die Frage der künftigen Gestaltung des Bundesluftschutzverbandes im Rahmen der notwendigen organisatorischen Umgliederung des Zivilschutzes werden zur Zeit überdacht. Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht gefallen. Allgemein darf ich aber in Erinnerung rufen, was Sie zweifellos wissen, daß die Haushaltslage des Bundes eine Umplanung der zivilen Verteidigung bedingen wird. Im Hinblick auf die wahrscheinlich erheblichen Kürzungen der Haushaltsmittel auch in der Zukunft wird nicht zu umgehen sein, daß auch der Bundesluftschutzverband Einschränkungen in seiner Organisation und in der Aufgabenstellung hinnehmen muß. Welcher Art diese möglichen Einschränkungen im einzelnen sein werden, kann ich, wie ich bereits ausführte, zur Zeit noch nicht sagen.
Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Kollege Prochazka: In Ziffer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Leitung des zivilen Luftschutzes im Luftschutzort von 1961 wird bestimmt, daß dem örtlichen Luftschutzleiter die Leitung des Selbstschutzes obliegt. Auch nach dem noch nicht in Kraft getretenen Selbstschutzgesetz soll die Zuständigkeit im Bereich des Selbstschutzes in Wohnstätten beim Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinde liegen. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die zur Zeit bestehenden Vorschriften nicht beachtet oder gar mißachtet werden.
Zur dritten Frage: Der Bundesregierung ist bekannt, daß einzelne Planungsüberlegungen — ich wiederhole: Überlegungen, keine Entscheidungen — zur Straffung der Gesamtorganisation des Zivilschutzes bei Dienststellen des Bundesluftschutzverbandes bekanntgeworden sind. Die Bundesregierung glaubt aber, daß zur Unruhe bei den freiwilligen Helfern kein Anlaß besteht, da die Bundesregierung den Gedanken und die Aufgaben des Selbstschutzes weiterhin fördern wird. Dabei wird sie der freiwilligen Mitarbeit der Bürger ganz besondere Bedeutung beimessen.
Ich benutze sehr gern diese Gelegenheit, um für die Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen, daß sie die bisherige Arbeit der freiwilligen Helfer sowohl des Bundesluftschutzverbandes als auch darüber hinaus im gesamten Bereich des Zivilschutzes vollauf würdigt und anerkennt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511619300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Prochazka.

Herbert Prochazka (CSU):
Rede ID: ID0511619400
Herr Staatssekretär, Sie haben zwar bereits zum Ausdruck gebracht, daß diese Arbeit anerkannt wird. Erkennt aber die Bundesregierung darüber hinaus an, daß es sinnvoller wäre, die Arbeit der freiwilligen Helfer in der derzeitigen gesetzlichen Struktur etwas mehr zu unterstützen, als — wie planerisch beabsichtigt — ein Vielfaches der dafür benötigten Mittel in ein technisch bestausgerüstetes Zivilschutz-Korps oder ähnliches zu investieren, dessen taktischer Wert im Notstandsfall ohne funktionsfähigen Selbstschutz ohnedies fragwürdig wäre?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511619500
Die Einrichtung des Zivilschutz-Korps beruht auf dem von diesem Hohen Hause und dem Bundesrat beschlossenen Gesetz. Im übrigen sind die Argumente, die für und wider bestimmte organisatorische Lösungen sprechen, wie ich bereits gesagt habe, Gegenstand der Überlegungen. Sie werden bei der Entscheidung, die noch nicht vorliegt, natürlich berücksichtigt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511619600
Herr Prochazka!

Herbert Prochazka (CSU):
Rede ID: ID0511619700
Herr Staatssekretär, muß die Bundesregierung darüber hinaus nicht erkennen, daß der Zivilschutz überhaupt in Frage gestellt wird, wenn die unabdingbare Voraussetzung, hierfür, nämlich ein auf einheitlichen Richtlinien aufgebauter funktionsfähiger Selbstschutz der Bevölkerung, nicht gewährleistet ist?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511619800
Alle diese Fragen werden bei den Überlegungen, die zur Zeit angestellt werden, berücksichtigt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511619900
Keine weiteren Fragen mehr.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5769
Vizepräsident Schoettle
Die Fragen 14, 15 und 16 des Abgeordneten Zebisch:
Stimmen Zeitungsmeldungen in Bayern, daß bei der Übernahme des neuen Linienverkehrs München—Prag die Ehrengäste aus Prag nicht teilnehmen konnten, weil sie ihre beantragten Visa nicht rechtzeitig erhielten?
Sind Äußerungen bayerischer Omnibusunternehmen richtig, daß in der in Frage 14 erwähnten Angelegenheit Bonn zu schwerfällig war? In Prag bekäme man innerhalb von vier Tagen, wenn es eilt, die notwendigen Visa.
Wie lange dauert es im Schnitt, bis ein tschechoslowakischer Staatsangehöriger sein notwendiges Visum in Deutschland erhält?
werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 27. Juni 1967 lautet:
Zu 1) :
Auf die von Ihnen angeführten Pressemeldungen habe ich den geschilderten Sachverhalt nachprüfen lassen. Dabei hat sich ergeben, daß alle im Zusammenhang mit der Eröffnung des Linienbusverkehrs Prag—München am 13. Juni 1967 hier eingegangenen Einreiseanträge tschechoslowakischer Staatsangehöriger bereits im Mai 1967 genehmigt worden sind.
Zu 2):
Sollten solche Äußerungen bayerischer Omnibusunternehmer vorliegen, sind sie unzutreffend. Die Einreisegenehmigungen für die Kraftfahrer der Omnibuslinie konnten erst nach Eingang der erforderlichen Zustimmung der Ausländerbehörde in München, aber auch bereits am 31. Mai 1967 erteilt werden.
Zu 3) :
Im Zusammenwirken aller beteiligten Behörden ist es gelungen, die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Sichtvermerksanträge tschechoslowakischer Staatsangehöriger auf zwei Wochen seit Eingang bei der innerdeutschen Behörde zu beschränken. Darüber hinaus werden in besonderen Ausnahmefällen solche Einreiseanträge innerhalb weniger Tage, manchmal auch innerhalb weniger Stunden entschieden.
Die Fragen 97 und 98 des Abgeordneten Moersch sollen am Freitag beantwortet werden.
Damit ist die Fragestunde beendet.
Ich rufe den Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 20 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 18. Oktober 1965 bis 31. Mai 1967 eingegangenen Petitionen
— Drucksache V/1843 —Im Einverständnis mit dem Hause; das ich voraussetze, rufe ich gleich den Punkt 3 der Tagesordnung mit auf:
Beratung der Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
— Drucksache V/1930 —
Ich nehme an, daß das Wort von seiten des Petitionsausschusses nicht gewünscht wird.
Wir stimmen über die Anträge zu den beiden Sammelübersichten ab. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Anträge des Ausschusses sind angenommen.
Ich rufe den Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung beschlossene Einhundertfünfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzungen und Zollkontingente 1967 — Agrarwaren — II. Teil)
— Drucksachen V/1826, V/1904 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Punkt 5 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung beschlossene Einhundertzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Seidengarne — 1967)
— Drucksachen V/1827, V/1905 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wir kommen zur Abstimmung über den Vorschlag des Ausschusses. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Punkt 6 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung beschlossene Einhundertvierzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Rohmagnesium — 1967)
— Drucksachen V/1828, V/1906 — Berichterstatter: Abgeordneter Lange
Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Verteidigungsausschusses (5. Ausschuß) über die Beratungen anläßlich der Rücktrittsgesuche des damaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Trettner, und des damaligen Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Panitzki
— Drucksache V/1345 —
Berichterstatter: Abgeordneter Schultz (GauBischofsheim)

Ich erteile dem Abgeordneten Schultz als Berichterstatter das Wort.
5770 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst noch eine redaktionelle Änderung des Berichtes bekanntgeben. Dann möchte ich noch zwei, drei Bemerkungen zum Bericht machen.
Auf Seite 2 — linke Spalte — der Drucksache V/1745 steht unter „I. Vorbemerkung" im letzten Absatz folgender Satz:
Ebenso wie bei den Beratungen über das Waffensystem Starfighter zu Beginn des Jahres, erstattet der Verteidigungsausschuß auch jetzt dem Plenum einen Bericht, ohne von ihm dazu beauftragt worden zu sein, und zwar aus denselben Gründen wie in dem früheren Fall.
In diesem Satz ist hinter „zu Beginn des Jahres" die Zahl 1966 einzufügen. Das hängt damit zusammen, daß der Bericht an sich Ende vergangenen Jahres fertiggestellt war. Die Überarbeitung und die Verabschiedung im Verteidigungsausschuß haben dann noch geraume Zeit in Anspruch genommen, so daß wir in das Jahr 1967 hineingekommen sind. Deswegen ist hier diese redaktionelle Änderung notwendig.
Zum zweiten darf ich sagen, daß an dem Bericht die Kollegen Petersen von der CDU/CSU-Fraktion und Berkhan von der SPD-Fraktion als Mitberichterstatter mitgewirkt haben. Ich glaube, ich spreche in Ihrer aller Namen, wenn ich diesen beiden Kollegen für ihre faire Mitarbeit hier herzlichen Dank sage.

(Beifall.)

Es unterstreicht u. a., daß es sich hier um einen gemeinsamen Bericht des Auschusses handelt, was bei der sehr schwierigen Materie, die zu behandeln gewesen ist, sicher von allen Interessierten und Beteiligten als ein Vorzug betrachtet werden kann.
Zum dritten möchte ich sagen, daß der Bericht bewußt auf die Wertung des Verhaltens der beteiligten Personen, über die hier gesprochen wird, verzichtet. Der Bericht versucht nur, aus der Fülle des Materials, das zu behandeln gewesen ist, eine objektive Darstellung der Fakten herauszukristallisieren. Die Wertungen und die Schlußfolgerungen aus diesem Bericht bleiben somit dem Leser oder der Debatte in diesem Hohen Hause überlassen.
Schließlich darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, daß der Verteidigungsausschuß eine Empfehlung an das Bundesministerium der Verteidigung ausgesprochen hat, nämlich diesen Bericht bis zur Bataillonsebene zu verteilen. Wir haben keinen Beschluß darüber gefaßt, weil man der Meinung war, das könne man nicht tun, das würde praktisch nicht in die Geschäftsordnung hineinpassen. Trotzdem möchte ich es hier bekanntgeben. Die Mehrzahl der Mitglieder des Ausschusses sah in der Arbeit des Verteidigungsausschusses einen wichtigen Vorgang, so daß sie die Empfehlung für notwendig hielt, den Soldaten in der Bundeswehr Kenntnis von der Arbeit dieses Hohen Hauses zu geben.
Ich hielte es für normal und richtig, wenn das Bundesministerium der Verteidigung diesem Wunsch des Ausschusses Rechnung tragen würde, und zwar möglichst bald nach Abschluß der Debatte in diesem
Hohen Hause. Wir würden damit keine neue Übung einführen, sondern nur etwas tun, was wir bei den Berichten des Wehrbeauftragten schon kennen. Es würden nämlich Dinge, die über bestimmte Sachfragen hinausgehen, die also ein allgemeines Interesse für sich in Anspruch nehmen können, auch der Truppe bekanntgemacht. In der Zeit, als diese Dinge im Gange waren, nämlich im vergangenen Jahr, konnte man sich — zumindest teilweise — des Eindrucks nicht erwehren, daß die Unterrichtung der Truppe über das, was vorging, nicht ausreichend gewesen ist.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511620000
Das Wort hat der Abgeordnete Petersen.

Peter Petersen (CDU):
Rede ID: ID0511620100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorgänge, die dem diesem Hohen Hause am 11. Mai unterbreiteten Bericht zugrunde liegen, liegen jetzt fast ein Jahr zurück. Dadurch hat dieser Bericht und haben die damit zusammenhängenden Vorgänge lediglich noch für die Historiker eine Bedeutung als zeitgeschichtlich interessante und wichtige Episode. Die aktuelle politische Bedeutung besteht heute nicht mehr. Deshalb möchte ich versuchen, einige Fragen zu untersuchen, die im Zusammenhang mit den zahlreichen Sitzungen und den sehr ausführlichen und sorgfältigen Beratungen des Verteidigungsausschusses im letzten Herbst in der deutschen Öffentlichkeit laut geworden sind.
Sie erinnern .sich an die Aufregung, die zunächst in der Öffentlichkeit herrschte, als im August letzten Jahres bekanntwurde, daß der Generalinspekteur Trettner seinen Rücktritt erklärt hatte und der Inspekteur der Luftwaffe in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war. Man stellte damals in den Zeitungen die Frage, ob etwa wieder ein „Aufstand der Generäle" stattgefunden habe, ob ein „Staat im Staate" im Entstehen sei. Ich glaube, man kann jetzt eindeutig sagen, daß von einem „Aufstand der Generäle" in keiner Weise gesprochen werden kann; denn ein General, der einen Aufstand machen will, wird sich ja nicht dadurch seiner Macht begeben, daß er seine Uniform auszieht. Der Vorgang als solcher ist in einer Demokratie völlig normal und legitim, daß nämlich ein hoher Offizier, der, aus welchen Gründen auch immer, mit der politischen Führung nicht übereinstimmt, seinen Rock auszieht, um dann, wie General Trettner das im Ausschuß auch dargelegt hat, in der Öffentlichkeit als Zivilist, als Bürger in diesem Staat, seine unterschiedliche Meinung zu vertreten.
Wir alle erinnern uns z. B. an zwei dramatische Vorgänge in den Vereinigten Staaten, einer alten, bewährten Demokratie, wo im Jahre 1951 der populärste General, den es damals gab, nämlich General MacArthur, über Nacht vom damaligen Präsidenten Truman entlassen wurde. Es gab damals auch Hearings im zuständigen Ausschuß des Senats, die drei Tage und fast drei Nächte dauerten und deren Protokolle ein außerordentlich interessantes zeitgeschichtliches Dokument darstellen. MacArthur selber wurde dann — auch das ist sicher noch bekannt —
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5771
Petersen
aufgefordert, vor beiden Häusern des amerikanischen Kongresses zu sprechen. Er sprach dann zum Schluß das berühmte Wort: „Old soldiers never die, they just fade away", alte Soldaten sterben niemals, sie sind dann einfach nicht mehr da.
Für uns Deutsche vielleicht noch wichtiger war ein ähnlicher Vorgang im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Vorsitzenden der gemeinsamen Generalstäbe der Vereinigten Staaten, General Taylor, Ende der 50er Jahre, als er nämlich der Ansicht war, daß die Grundkonzeption der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik des amerikanischen Präsidenten den
Anforderungen seiner Zeit nicht mehr entsprach. Damals trat Taylor zurück, nachdem er sich intern nicht hatte durchsetzen können, ein in einer Demokratie — ich wiederhole das — völlig normaler, legitimer Vorgang. Er schrieb damals ein erregendes Buch ,,,The Uncertain Trumpet", in dem er seine Konzeption darlegte, die er dann im Auftrag des Nachfolgers von Präsident Eisenhower, nämlich Präsident Kennedy, gemeinsam mit dem neu ernannten Verteidigungsminister McNamara in die Wirklichkeit umsetzte.
Meine Damen und Herren, ich will damit sagen, daß der Rücktritt eines Generals in einer Demokratie keineswegs eine Krise des Staates oder eine Krise eben dieser Demokratie darstellt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Krise wäre dann gegeben, wenn dieser General versuchte, als General gegen die politische Führung zu meutern. Die Krise wäre auch gegeben, wenn — und das wirft man ja gerade den Generälen des Dritten Reiches vor — die Generäle zwar nicht einverstanden wären, aber doch weiter mitmachten. Insofern, glaube ich, ist es nicht angezeigt, an den Motiven dieser beiden Generäle in irgendeiner Weise zu zweifeln oder ihnen hinsichtlich ihrer Motive mit Mißtrauen zu begegnen.
Eine zweite Frage, die damals auftauchte, war, ob nicht in der Bundeswehr eine Krise herrsche. Sie erinnern sich an die Schlagzeile: „Krise in der Bundeswehr" . Auch diese Frage können wir heute aus einem gewissen Abstand sehr viel ruhiger und sehr viel genauer beantworten. Der Rücktritt wurde von dem amtierenden Minister sofort damit beantwortet, daß zwei hervorragend geeignete und völlig unumstrittene Offiziere an die Stelle des zurückgetretenen Generalinspekteurs und des Inspekteurs der Luftwaffe traten. Der Vorgang als solcher, der damals in der Öffentlichkeit erhebliches Aufsehen erregte, der uns aus der Sommerpause zurückholte und der in der ganzen Weltpresse große Aufmerksamkeit fand, ist von der Bundeswehr selber ohne große Aufregung überstanden worden. Es kann wirklich nicht nachgewiesen werden, daß sich etwa in den Rängen der Bundeswehr eine Unruhe und eine Unsicherheit verbreitet hätten. Sicher haben sich die Soldaten und die Offiziere und hat sich vor allen Dingen die Generalität gefragt, was da eigentlich los sei. Es kamen ja Diskussionen in Gang, die wir in diesem Haus dadurch aufgefangen haben, daß wir als Verteidigungsausschuß uns eingeschaltet und den beiden Generälen, die inzwischen Zivil
angezogen hatten, die Möglichkeit gegeben haben, in aller Breite ihren Standpunkt darzulegen. Das geschah im Interesse der Sache, deshalb nämlich, weil wir als Parlament dafür zuständig und dafür verantwortlich sind, dann, wenn tatsächlich Mängel sichtbar werden, mit dem Gewicht dieses Hauses und mit dem Gewicht des Verteidigungsausschusses das Ministerium zu veranlassen, diese Mängel abzustellen.
Die dritte Frage, die damals laute wurde, ist die Frage nach den Gründen für die Rücktritte. In beiden Fällen bestand ein konkreter Anlaß, der dann — wenn Sie mir diesen etwas saloppen Ausdruck verzeihen — das Faß zum Überlaufen brachte. Es wurden dabei einige Grundfragen deutlich, die sowohl von uns als Parlament zu behandeln sind, als auch für die Bundesregierung und insbesondere das Verteidigungsministerium immer aktuell bleiben werden, nämlich vor allem die Grundfrage nach dem Verhältnis zwischen Soldaten und Zivilisten. Das war eigentlich — jedenfalls für mich — der interessanteste Teil bei den Stunden und Tage dauernden Sitzungen: die Auseinandersetzungen darüber, welche Stellung eigentlich 'ein Beamter dem Soldaten, ein Angestellter dem Offizier gegenüber hat, ob der eine den anderen kontrolliert, ob Mißtrauen die heutige Verfassungswirklichkeit mitbestimmt hat oder ob es in einer Demokratie ein normaler Vorgang ist, daß die eine Institution die andere kontrolliert. Die Engländer nennen so etwas „checks and balances", also ein System, in dem die verschiedenen soziologischen Größen sich gegenseitig gewichtsmäßig ausgleichen und dafür sorgen, daß nicht eine das Übergewicht bekommt. Das fängt ja beim Parlament bereits an: Wir haben den Auftrag, die Bundesregierung zu kontrollieren. Wir beide, Parlament und Bundesregierung, werden vom Bundesverfassungsgericht kontrolliert. Die Teilung der Gewalten ist ein Verfassungsprinzip. Das geht hinunter in die Behörden und 'selbstverständlich auch in die Bundeswehr. Jede große Behörde, jeder große Apparat muß kontrolliert werden; das gehört zum Wesen der Demokratie.
In diesem Zusammenhang darf ich ein kritisches Wort sagen. Ich habe manchmal den Eindruck, daß unter Generälen eine zu große Empfindlichkeit gegenüber Kritik besteht. Jedes Parlament, jede Gewerkschaft, jede Universität, alles, was in diesem Staat eine irgendwie geartete Gemeinschaft oder soziologische Größe darstellt, hat sich der Kritik zu stellen. Ein kritischer Zeitungsartikel über irgendein Bataillon oder einen General ist kein Unglück, sondern ein normaler Vorgang.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Etwas mehr Gelassenheit scheint mir auch von seiten der Bundeswehr in dieser Richtung angezeigt zu sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber die Frage geht eigentlich noch tiefer. Die Frage geht nämlich darauf hinaus — das wurde in den zum Teil sehr unerfreulichen Auseinandersetzungen vor dem Ausschuß deutlich —, daß ein so großer Apparat, wie ihn die Bundeswehr mit ihren Hunderttausenden von Soldaten und Hunderttau-
5772 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Petersen
senden von Zivilisten darstellt, nur funktionieren kann, wenn den führenden Leuten in jeder Ebene klar ist, daß sie einer Sache dienen, die größer ist als sie selbst,

(Beifall bei der CDU/CSU)

die auch größer ist als der wichtigste Mann in diesem Bereich. Wenn wir es verlernen, uns selber hinter die Sache zurückzustellen, dann wird nicht nur die Bundeswehr, dann wird auch unsere Demokratie unglaubwürdig.
Als Abgeordneter möchte ich ein kritisches Wort dazu sagen, das ich nicht nur auf die Bundeswehr angewendet wissen will, sondern auch auf uns, auf jeden, der in der Öffentlichkeit den Mund aufzumachen wagt. Ich muß Ihnen ganz offen sagen, daß ich mich manchmal in meinem Wahlkreis gar nicht wohlfühle, wenn ich daran denke — ich spreche jetzt nur einmal für unsere Partei, aber das gilt sinngemäß für die anderen auch —, mit welchen großen Worten wir einen Wahlkampf führen. Da steht an jedem Baum unter dem Bild von mir: „Es geht um Deutschland" . Die Frage, die sich mir stellt, hier in Bonn, wenn ich hierherkomme, ist: Geht es uns wirklich um Deutschland, oder geht es uns um uns selbst? Wenn wir als Parlament diese Frage nicht vernünftig beantworten, dann verlieren wir die Glaubwürdigkeit draußen im Volk und die innere Vollmacht in dem fruchtbaren Gespräch, in der ständigen geistigen Auseinandersetzung mit den Soldaten, die diesen freiheitlichen Raum zu sichern haben. Viel wichtiger als die Einzelfragen, um die es in dem Ihnen vorliegenden Bericht geht, sind diese Grundfragen, auf die wir im Ausschuß gestoßen sind und auf die wir uns auch als einzelne Abgeordnete dieses Hohen Hauses stoßen lassen sollten.
Eine weitere Frage, die mich bewegt und die ich immer wieder an das Bundesverteidigungsministeriuni stellen möchte — wahrscheinlich gilt sie nicht nur für das Verteidigungsministerium, sondern für jeden großen Apparat —, ist, ob es eigentlich ein Minister dulden darf, daß die unmittelbar unter ihm sich befindlichen Spitzenleute nicht miteinander reden bzw. daß ihre persönlichen Beziehungen enorm gespannt sind, ob es nicht erforderlich gewesen wäre, an irgendeinem Punkt dieser Entwicklung Halt zu sagen und zu sagen: Entweder, Kameraden, vertragt ihr euch, oder ich muß euch ersetzen; denn es geht um mehr als um das Schicksal des einen Zivilisten oder des anderen Generals. Ich glaube, das ist eine Lehre, die jeder Chef einer großen Behörde aus dieser Angelegenheit zu ziehen hat. Die Beamten der Bundeswehr haben eine dienende Funktion. Das ist völlig eindeutig klargestellt worden. Aber alle Soldaten — ich sage: alle Soldaten — haben ebenfalls eine dienende Funktion, und die Sache, der sie dienen — das sagte ich vorhin schon —, ist wichtiger und größer als der Größte unter ihnen.
Einige andere Schlußfolgerungen nur als Stichworte! Besonders in den Gesprächen mit dem General Panitzki ist deutlich geworden, daß es für einen verantwortlichen General kaum zu ertragen ist, wenn er für einen Bereich verantwortlich gemacht wird, der größer als der Bereich seiner Befehlsbefugnis ist.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Das ist sehr leicht auszusprechen, das ist aber in einer so hochtechnisierten Armee ungeheuer schwierig durchzuführen. Ich erlaube mir deshalb die Empfehlung an das Verteidigungsministerium, immer wieder zu prüfen, ob der Mann, der für einen Bereich verantwortlich ist, auch die Befugnisse hat, in diesem Bereich Anordnungen zu geben. Wenn das nämlich nicht der Fall ist, dann ist es unfair, diesen Mann über seinen Bereich hinaus verantwortlich zu machen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Verteidigungsauschuß hat sich in diesen Sitzungen sehr gründlich bis in die Einzelheiten hinein mit den Vorgängen in der Bundeswehrspitze beschäftigt. Ich glaube, wir haben etwa 700 Fragen gestellt. Ich halte das für gut und für wichtig und bin persönlich für diesen Anschauungsunterricht, den wir dadurch bekommen haben, dankbar.
Wenn diese Sitzungen dazu geführt haben, unser Ohr zu schärfen, unsere Beziehungen zu den Soldaten zu intensivieren und das Vertrauen der Soldaten zum Parlament zu untermauern und zu verstärken, dann hat die für uns alle schmerzhafte Sache einen Sinn gehabt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511620200
Das Wort hat .der Herr Abgeordnete Berkhan.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0511620300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß zunächst einmal Klage darüber führen, verehrter Herr Staatssekretär Adorno, daß die erste Reihe der Regierungsbank nur durch eine Person besetzt ist.

(Zurufe von der Mitte: Kabinettssitzung!)

Ich sage Ihnen das nicht, weil Sie derjenige sind, der dort sitzt, sondern weil ich darum bitten möchte, der Regierung einmal zu sagen, daß sich der Verteidigungsausschuß sehr viel Mühe mit diesem Bericht gegeben hat. Viele Kolleginnen und Kollegen auf allen Seiten des Hauses haben beim Ausbruch der Situation, über die heute der Bericht erstattet wird, mit großer Sorge auf die Bundeswehr und auf die Führung des Staates geblickt. Es wäre deshalb angemessen, wenn die Nachfolger der zurückgetretenen Herren hinter Ihnen sitzen und einmal zur Kenntnis nehmen würden, wie die Parlamentarier, z. B. mein Kollege Petersen und der Berichterstatter, ihren Auftrag und ihre Aufgabe sehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP.)

Denn diese Bundeswehr — so sagte es Herr Dr. Barzel, so sagte es Herr von Kühlmann-Stumm — vielleicht waren Sie es, Herr Dr. Mende; es kann sein, daß ich mich in dem Namen täusche — und so sagte es der verstorbene Fraktionsvorsitzende der SPD, Fritz Erler — ist eine Bundeswehr des ganzen
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5773
Berkhan
Volkes, und das ganze Volk fühlt sich dafür verantwortlich.

(Allseitiger Beifall.)

Das soll stehenbleiben.
Ich möchte die Debatte nicht ausweiten, aber auf den Brief hinweisen, den General Trettner bei seinem Rücktritt an seinen Minister, also an den Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, geschrieben hat. Alle Kollegen im Verteidigungsausschuß kennen den ehemaligen Generalinspekteur, den höchsten General, als einen ruhigen Mann. Als langjähriges Mitglied des Verteidigungsausschusses will ich hier ganz offen sagen: ich habe ihn mitunter als einen zu ruhigen General kennengelernt. Der Brief beginnt mit den Worten: „Wie ich aus den Zeitungen ersehe, ...". Der General Trettner legt dar, daß eine für ihn sehr wichtige Sache ihm nicht über den Schreibtisch oder in Besprechungen, sondern aus einer Zeitung zur Kenntnis gekommen ist. Wir haben keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß diese Tatsache durch Herrn Trettner richtig dargestellt worden ist. Ich meine, schon dieser Brief deutet an, daß zu der Zeit im Verteidigungsministerium nicht die richtige Zusammenarbeit zwischen Soldaten, Beamten und Angestellten und Arbeitern, um sie alle zu nennen, geherrscht hat.
Ohne daß ich Ihre Rede, Herr Kollege Petersen, vorher kannte, kann ich für meine Fraktion sagen: wir stimmen Ihnen im Grundsatz und in der Tendenz voll zu. Wir unterstützen das, was Sie gesagt haben.
Aber ich darf das ergänzen. Der Ablauf der Verhandlungen im Verteidigungsausschuß, die Meisterung der Situation in der Bundeswehr, die Meisterung dieser Situation in der politischen Debatte ist ja auch der noblen Haltung der beiden zurückgetretenen Generale zu verdanken. Sie beide haben demonstriert, wie man in einer Demokratie ein hohes militärisches Amt haben und gleichzeitig das Primat der Politik gebührend achten kann. Ich finde, das Haus wäre gut beraten, wenn es den beiden Herren hier heute Dank sagte für diese noble Haltung.

(Beifall bei allen Fraktionen.)

Wir stimmen Herrn Petersen zu: es war weder eine Staatskrise noch eine Krise der Bundeswehr, und wir stimmen ihm zu, wenn er sagt, daß der verantwortliche Minister sehr schnell Nachfolger ernannt hat und dabei dafür gesorgt hat, daß die Situation eingeebnet wurde. Aber wir dürfen doch nicht vergessen, daß diese Nachfolger mit erhöhten Vollmachten, um die ihre Vorgänger über Monate, über Jahre gerungen hatten, ausgestattet wurden, daß also jetzt etwas selbstverständlich gegeben wurde, was vorher zurückgehalten wurde. Ich finde, ein etwas klügeres Verhalten der verantwortlichen politischen Führung hätte dafür Sorge getragen, daß eine Situation dieser Art gar nicht erst eingetreten wäre.
Verehrter Herr Kollege Petersen, es stimmt, daß die Demokratie nur funktioniert, wenn viele Kontrollen eingebaut werden, wenn einer den anderen kontrolliert. Aber vielleicht darf ich den Satz umkehren: Die Situation muß dann auch so sein, daß bei gleichwertigen Aufträgen — nicht bei gleichen, aber bei gleichwertigen — der andere auch den einen kontrollieren kann. — Sie lächeln. Sie wissen genau, worum es mir jetzt geht. Wir beide sind uns sicher einig. Der andere ist in der Situation dem einen gegenüber etwas schlecht behandelt worden. Aus dem Bericht wird deutlich, daß wir das Ministerium aufgefordert haben, ein Gesetz vorzulegen. Wir haben diese Forderung in der Haushaltsberatung wiederholt, und wir werden ja sehen, was dabei herauskommt. .
Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie sagen, es wäre gut, wenn hohe militärische Führer von Zeit zu Zeit etwas mehr Gelassenheit zeigten. Eine andere Situation, die wir beide kürzlich bei einer Tasse Kaffee besprachen, Herr Petersen, führt mich dazu, zu sagen: das gilt auch für höhere Polizeiführer. Etwas mehr Gelassenheit stünde uns allen gut an. Sie haben dies dann später ja sogar auf sich selbst ausgeweitet. Insofern können wir nicht erwarten, daß die Bundeswehr nun eine besondere Rolle in unserem Staate übernimmt. Sie wird immer nur die Gelassenheit zeigen, die wir alle, das Parlament, die Regierung, die Verwaltungen, die Polizeiführer, die Feuerwehr — ich will sie nicht alle aufzählen, aber die Bürgermeister sollte ich vielleicht noch nennen —, demonstrieren. Wir können nicht verlangen, daß die einen in Gelassenheit und Ruhe eine Situation zu meistern versuchen, bei der die anderen sehr wenig Gelassenheit gezeigt haben.
Lassen Sie mich mit dem Hinweis abschließen, daß ein Rücktritt eines Generals sicher keine Staatskrise ist. Aber ebensowenig haben wir Anlaß, die Tatsache, daß der höchste General der Bundeswehr zurücktritt, zu verniedlichen und als einen Normalzustand anzusehen. Es muß sich auch wirklich lohnen, zurückzutreten. Ich finde die Folgerungen, die das Ministerium aus dem Rücktritt der beiden Generale gezogen hat, beachtlich, und insofern glaube ich, daß die beiden Generale ihr Ziel erreicht haben. Ich bin froh, daß der Berichterstatter hier darauf hingewiesen hat, daß der Ausschuß eine Empfehlung gegeben hat — gegen eine Stimme, bei einigen Enthaltungen. Bei dieser Empfehlung sollten wir es belassen. Wir können unmöglich _den Kollegen des Parlaments abverlangen, daß sie das, was wir in mühseligen Sitzungen erarbeitet haben und was hier im Bericht in einer Konzentration niedergelegt ist, alles so weit begreifen und verarbeiten können, um nun unserer Empfehlung durch Beschluß beizutreten. Wir glauben, die Empfehlung des Verteidigungsausschusses reicht aus, und wir sind sicher, Herr Staatssekretär, das Haus wird nicht ohne Not und ohne Mühe über die Empfehlung des Verteidigungsausschusses hinweggehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0511620400
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Petersen hat zu Beginn seiner Aus-
5774 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Schultz (Gau-Bischofsheim)

führungen, wenn ich ihn richtig verstanden habe, gesagt, dieser Bericht und sein Gegenstand seien heute praktisch nur noch von historischem Interesse und wir hätten heute — vielleicht denkt er an die Debatte, die wir am 21. September 1966 sozusagen als Zwischenbericht über diese Angelegenheit gehabt haben — nur noch, und zwar bei sehr geringer Anteilnahme des Hauses an diesen Fragen, den Abgesang in dieser Angelegenheit vorzunehmen. Mir scheint, verehrter Herr Kollege Petersen, daß die Sache doch nicht so historisch ist, wie Sie sie ansehen; vielmehr sind die Probleme, die wir im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres im Verteidigungsausschuß erörtert haben, nach wie vor, obwohl die Zeit bei uns sonst sehr schnell vorangeht und man sehr schnell vergißt, ungelöst oder zumindest — ich will das „ungelöst" etwas einschränken — nur in gewissen Bereichen etwas gelöst. Die Fragen der Organisation der -Streitkräfte, der Organisation der Landesverteidigung usw. sind hinter sicherlich aktuelleren politischen Ereignissen zurückgetreten. Sie sind aber nach wie vor offen,. und auch die neue Bundesregierung, der neue Bundesverteidigungsminister und sein neuer Staatssekretär haben zu ihrer Lösung bisher noch nichts beigetragen. Es ist selbstverständlich, daß man eine Zeit der Einarbeitung zugestehen muß, aber ich meine, wir müßten nun doch allmählich sehen, wie sich die Mehrheit in diesem Hohen Hause und wie sich auch die Bundesregierung überhaupt zu den angesprochenen Fragen stellt.
Wir haben diese Fragen immer wieder angesprochen — deswegen will ich jetzt auch nicht im einzelnen auf sie eingehen —, auch bei der letzten Haushaltsberatung, aber wir haben bei der Mehrheit dieses Hauses wenig Echo und wenig Bereitschaft zur Diskussion gefunden. Es sind mehr oder weniger nur alte, wohlbekannte Vokabeln wiederholt worden, die, so glauben wir, .der Weiterentwicklung der Welt um uns herum nicht Rechnung tragen.
Herr Kollege Petersen, wenn Sie meinen, daß der Rücktritt der Generäle legitim und ein gutes Mittel der Demokratie war, dann stimme ich Ihnen voll zu. Was mich allerdings etwas bekümmert, ist die Tatsache, daß dieser Rücktritt nicht wegen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Verteidigungskonzeption erfolgt ist, sondern daß im wesentlichen Mängel in der Organisation des Verteidigungsministeriums zum Rücktritt geführt haben. Und ich wiederhole, was ich vorhin gesagt habe: hier haben wir noch nicht sehr viel geändert gesehen. Deswegen meine ich, daß in der Bundeswehr nach wie vor ein gewisses Unbehagen vorhanden ist, zumindest bei allen denen, die in verantwortlicheren Stellen mitdenken müssen, wie das vom Staatsbürger in Uniform verlangt wird.
Herr Kollege Petersen, ich würde Ihnen empfehlen, sich auch einmal in der Truppe umzuhören und selber zu fragen — vielleicht wird man Ihnen das nämlich aus gewissen Befürchtungen heraus von sich aus gar nicht sagen —, wie groß in der Truppe draußen auch heute noch die Reputation von Herrn Trettner und Herrn Panitzki ist. Sie werden dann auch feststellen, daß man in der Truppe höhere Erwartungen an diesen Rücktritt geknüpft und daß man gehofft hat, aus diesem Rücktritt würden mehr Folgerungen gezogen werden.

(die Probleme noch ungelöst auf dem Tisch liegen. Das gilt z. B. für das Organisationsgesetz der Streitkräfte gemäß § 66 des Soldatengesetzes. Wenn ich den Herrn Minister richtig verstanden habe, ist er nach wie vor der Meinung -er unterscheidet sich darin nicht von seinen Vorgängern, zumindest nicht von seinem Vorvorgänger —, daß man ein solches Organisationsgesetz nicht schaffen könne oder solle, weil man einen solchen lebendigen Organismus, wie es das Verteidigungsministerium ist, nicht in ein Korsett zwängen könne; alles Argumente, die wir schon öfters gehört haben. Der Vorvorgänger des jetzigen Ministers war ebenfalls dieser Meinung. Bei Minister von Hassel hatte sich eine gewisse Sinneswandlung in dieser Frage ergeben. Allerdings kam es dann nicht zu einem Organisationsgesetz. Nun hat Minister Schröder gemeint, da man kein solches Gesetz schaffen wolle und da außerdem die Organisationsgewalt der Bundesregierung ausreichend sei, solle man das Gesetz ändern und diesen Paragraphen herausnehmen. Das ist sicher ein Vorschlag. Nur müssen sich natürlich das Hohe Haus und der Verteidigungsausschuß dann darüber klar sein, was man von dem letzten Satz des Berichtes zu halten hat: Der Ausschuß war sich ferner darüber einig, daß das Problem der Organisation der gesamten Landesverteidigung einschließlich des Ministeriums einer gesonderten gründlichen Erörterung im Verteidigungsausschuß bedarf, bei der die hier gewonnenen Kenntnisse ausgewertet werden müssen. Wir sind zu dieser gründlichen Erörterung bisher noch nicht gekommen. Das mag an dem Zeitmangel liegen. Ich habe aber in der letzten Zeit das Gefühl gewinnen müssen, daß wiederum die Mehrheitsparteien in diesem Hause an der Erörterung dieser Frage nicht sehr interessiert sind, obwohl ich nach wie vor der Auffassung bin, daß das eine sehr wichtige Frage ist. Besonders verwundert mich die Stellung der SPD-Fraktion. Herr Kollege Schmidt hat nämlich am 21. September gesagt: Wir wissen auch, daß die Soldaten ein Organisationsgesetz erwarten, von dem sie sich durchgreifende Verbesserungen erhoffen. Dies ist damals gesagt worden, und es ist meiner Auffassung nach auch heute noch richtig. Man muß natürlich versuchen, das, was man als richtig erkannt hat, in der Politik auch durchzusetzen. Das ist sicherlich manchmal schwierig, aber hier fehlt überhaupt der Impetus, der Wille, das noch durchzusetzen. Unerfüllt bleibt nämlich das Problem — und das scheint mir sehr wichtig zu sein —, daß diese Bundeswehr einen durchgehenden Befehlsstrang vom Generalinspekteur bis zum jüngsten Soldaten haben sollte. Das ist eine alte Forderung von uns, und wir Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5775 Schultz haben sie in der Debatte am 21. September hier erneut vorgebracht. Herr von Hassel hat damals gesagt — wenn ich das zitieren darf —: Mein neuer Vorschlag — bezüglich der truppendienstlichen Befugnisse für den Generalinspekteur — sieht deshalb vor, daß vom Kompaniechef über den Bataillonskommandeur usw., den Kommandierenden General, den Inspekteur der Teilstreitkräfte bis hinauf zum Generalinspekteur ein durchgehender Befehlsstrang geschaffen wird. Auch in dieser Konstruktion 'handelt der Generalinspekteur selbstverständlich im Auftrage des Ministers . . . Ich meine, das kann nur geschehen, wenn man ein Gesetz dazu verabschiedet. Zumindest ist mir das aus früheren Erörterungen mit dem damaligen Bundesverteidigungsminister so erinnerlich. Meine Frage an das Ministerium lautet also: Soll das nicht geschehen? Ist man von dieser Konzeption wieder abgerückt? Ich darf darauf verweisen, daß der General de Maizière in einem seiner Briefe, die 'er vor Übernahme seines Amtes mit Herrn von Hassel ,gewechselt hat, diese Forderung aufgestellt hat. Frage: Ist man über diese Forderung zur Tagesordnung übergegangen? Schließlich noch einmal präzis n die Mehrheit in diesem Hause und an die Regierung die Frage: Wann soll das Problem der Organisation der gesamten Landesverteidigung überhaupt in Angriff genommen werden, und wann soll es diskutiert werden? Wir haben morgen die erste Debatte über die Notstandsgesetzgebung, die zumindest einen Teil der Verteidigung auf dem zivilen Sektor regeln soll. Mir scheint, alle unsere Verteidigungsbemühungen und -anstrengungen und die Geldausgaben, die wir vornehmen, leiden darunter, daß wir bisher nicht zu einer Gesamtplanung, zu einer Gesamtorganisation der Landesverteidigung gekommen sind. Eine große Aufgabe für die Große Koalition! Wir würden gerne daran mitarbeiten. Man muß endlich einmal erkennen, daß Abschrekkung und Verteidigung auch eine solche Gesamtplanung und Organisation verlangen. Schließlich bleibt nach wie vor die Frage offen —das geht auch aus diesem Bericht hervor, den wir vorgelegt haben —: Welche Auslegung soll Art. 87 b des Grundgesetzes für die Zukunft erfahren? Art. 87 b ist der Artikel, der die Aufgaben der Bundeswehrverwaltung regelt. Bleibt es bei der bisheriegen extensiven Auslegung, oder von welcher Ebene an ließe sich eine stärkere Zusammenfassung ermöglichen? Herr Kollege Petersen hat von dem Prinzip der Demokratie und in ihm von „checks and balances" gesprochen. Das ist sicher richtig, was er hier ausgeführt hat. Nur ist die Frage zu stellen, wo dieses Prinzip richtig und notwendig ist und wo es anfängt, in Unsinn und letzten Endes in Behinderung dessen umzuschlagen, was geschaffen werden soll. Sicher sind hier Unterlagen vorhanden oder müßten sich beschaffen lassen, wenn man sich die Operations-Research-Arbeiten ansähe, die im Verteidigungsministerium gemacht worden sind oder gemacht werden. Denn hier wird doch wohl die Rationalität der Verwaltung schlechthin durchleuchtet. Mich würde einmal interessieren, ob das richtig ist, was solche Spezialisten zwar nicht in Berichten, aber mündlich gesagt haben, daß etwa 40 % — ich nehme an, der Prozentsatz ist ein bißchen hoch gegriffen — der für die Bundeswehr aufgewandten Mittel nicht in Verteidigungsbereitschaft umgesetzt werden, sondern in stillem Grabenkrieg zwischen Referaten im Hause und nachgeordneten Behörden verpulvert werden. Das ist eine Frage, die einmal hier beantwortet werden sollte: Von welcher Ebene ab ist für eine bessere Führung und damit für eine bessere Einsatzbereitschaft eine stärkere Zusammenfassung und Unterstellung von Zivil und Militär notwendig? Herr Kollege Petersen hat in seiner Rede gesagt, die Grundfrage sei, wie die Stellung von Zivilisten und Soldaten zueinander in diesem Verteidigungsinstrument sei. Mir scheint das nicht so entscheidend zu sein, wenn Sie die persönlichen Empfindlichkeiten des einzelnen vielleicht abrechnen. Es scheint mir also nicht entscheidend zu sein, ob der Betreffende Uniform anhat und nur deswegen befehlen kann oder ob er Zivil anhat und deswegen auch den Uniformierten befehlen kann. Es kommt, wie wir alle wissen, darauf an, daß man den richtigen Mann am richtigen Platz hat. Aber gerade, wenn man das richtig organisieren will und dann auch die richtige Personalbewirtschaftung betreiben will, muß man natürlich über den Sand, der im Getriebe ist, Bescheid wissen. Ich weiß nicht, ob das Ministerium schon so sehr über den Sand Bescheid weiß oder überhaupt wissen will, der bei ihm im Getriebe ist. Ein dritter Punkt. Sie ersehen aus dem Bericht auch, daß die Frage der Personalbewirtschaftung in den Untersuchungen und auch in der Debatte vom 21. September eine Rolle gespielt hat. Es ist hier der Teilstreitkraft Luftwaffe eine bestimmte Mitwirkung in der Personalführung gegeben worden. Ich hatte damals am 21. September schon darüber gesprochen und hatte vorgeschlagen, sich zu überlegen, ob nicht die Personalbewirtschaftung überhaupt zu den Teilstreitkräften bzw. zur Hauptabteilung Streitkräfte für die Bundeswehr selbst gehört. Ich hatte damals einen zustimmenden Zuruf aus der SPD-Fraktion bekommen: „Da gehört sie hin!". Aber dieses Problem ist noch weiter auf dem Tisch. Es ist nicht anders gelöst worden als bisher. Daß es die optimale Lösung ist, wage ich nach wie vor zu bezweifeln. Ich darf vielleicht noch einmal darauf hinweisen, daß sich gerade der Generalinspekteur bei seinem Vortrag vor dem Verteidigungsausschuß des längeren über' das Unbehagen verbreitet hat, das in der Bundeswehr vorhanden sei. Als einen der Gründe dieses Unbehagens hat er angeführt, daß die personale Führung zu abstrakt sei, d. h. daß der Soldat mehr oder weniger das Gefühl habe, nicht geführt zu werden, nicht einen Mann zu haben, von dem er wisse, daß er ihm befehlen müsse, daß der Soldat vielmehr 'das Gefühl habe, letzten Endes 5776 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 Schultz von dem Apparat selbst anonym geführt zu werden. Auch dieses Problem ist nach wie vor vorhanden. Das können Sie feststellen, wenn Sie nach draußen hören. Ich meine, auch dieses Problem müßte angepackt und gelöst werden. Ich kann nicht die Auffassung teilen — damit komme ich zum Abschluß —, daß dieser Bericht Historie ist. Er ist vielmehr nach wie vor sehr aktuell, und es wird sehr darauf ankommen, wie die Reputation des Ausschusses, der Abgeordneten, draußen ist, wie wir mit diesen Fragen weiter verfahren, ob wir sie weiter vor uns herschieben oder ob wir zu einer Lösung kommen wollen. Die Folgerungen, die bisher aus den Ereignissen des Sommers und des Herbstes 1966 gezogen worden sind, erscheinen mir nicht ausreichend. Man sollte sich nicht der Meinung hingeben, daß das Auswechseln von Personen ausreicht, um diese Probleme zu lösen. Wir müssen allerdings sagen, daß wir zu diesen Personen volles Vertrauen haben und daß sie seinerzeit wohl eine gute Auswahl dargestellt haben. Die Gründe, die zu dem Rücktritt der Generäle geführt haben, bestehen aber nach wie vor, und wir laufen Gefahr, daß Ähnliches wieder einmal vorkommt; das könnten wir, glaube ich, nicht ohne innere Erschütterung in der Bundeswehr hinnehmen. Ich meine also, daß die Aufgaben noch vor uns stehen. Das Wort hat Herr Staatssekretär Adorno. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich auf das eingehen, was Herr Kollege Berkhan im Hinblick darauf ausgeführt hat, daß die Regierungsbank nur durch den zuständigen Staatssekretär besetzt ist. Ich darf, Herr Kollege Berkhan, darauf aufmerksam machen, daß zur Zeit eine Kabinettssitzung stattfindet und daß die Regierungsbank deshalb nicht stärker besetzt sein kann. Das zuständige Haus ist ja vertreten. Weiter darf ich auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Schultz eingehen und hier feststellen, daß nach Auffassung der Bundesregierung von einem Unbehagen in der Bundeswehr nicht die Rede sein kann. Im Gegenteil, der Standort der Bundeswehr in der Gesellschaft ist heute so unbestritten, daß die Bundeswehr keinen Anlaß hätte, von einem Unbehagen zu sprechen. Im übrigen wäre die Beratung der Frage eines Organisationsgesetzes ein Anlaß, bei dem ein solches Unbehagen in der Truppe festgestellt werden könnte. (Zuruf von der FDP: Wann kommt das Gesetz?)


(Vorsitz : Vizepräsident Dr. Jaeger.)


(Zuruf von der SPD: Jawohl!)


(Beifall bei der FDP.)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511620500
Eduard Adorno (CDU):
Rede ID: ID0511620600

(Zuruf von der FDP.)

Der Herr Bundesminister der Verteidigung hat während der Haushaltsdebatte darauf hingewiesen, daß die Organisation eines so großen Hauses einer
ständigen Überprüfung bedarf. Das Hohe Haus hat dieser Meinung insofern entsprochen, als es den Beschluß gefaßt hat, die Erörterung über den Antrag der FDP bezüglich des Organisationsgesetzes im Verteidigungsausschuß vorzunehmen. Meine Damen und Herren, diese Erörterung wird sicher stattfinden. Übrigens hat im Laufe der vergangenen Jahre immer wieder eine Anpassung der Organisation des Ministeriums stattgefunden. Ich erinnere nur an die Einrichtung von drei Hauptabteilungen.
Es dient, glaube ich, am wenigsten der Bundeswehr selbst, wenn im Parlament immer wieder die Auffassung vertreten wird — insbesondere im Hinblick auf die Fragen der Organisation —, die Bundeswehr sei von einem Unbehagen ergriffen. Das ist sicher nicht der Fall, und wir sollten deshalb auch den Standort der Bundeswehr in der Gesellschaft nicht erneut durch solche Hinweise gefährden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511620700
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier ein Mißverständnis nicht stehen lassen. Ich habe in keiner Weise von einem Unbehagen gesprochen, was den Standort der Bundeswehr in der Gesellschaft angeht, sondern habe — so war es zum mindesten zu verstehen, ich habe mich wahrscheinlich schlecht ausgedrückt — über das Unbehagen der Truppe über manche Maßnahmen der oberen Führung, des Ministeriums usw. gesprochen. Das glaubte ich deutlich gemacht zu haben. Aber ich möchte es jetzt noch einmal sagen: Es dreht sich um das Unbehagen, das die Truppe über ihre obere Führung und viele Dinge, die damit zusammenhängen, empfindet.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511620800
Wird 'weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Ich stelle fest, daß der Bundestag den Bericht des Verteidigungsausschusses zur Kenntnis genommen hat.
Als nächsten Punkt rufe ich Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Bauknecht, Dr. Ritgen, Klinker und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 44/67/EWG (Erstes Durchführungsgesetz EWG Zucker)

— Drucksache V/1726 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/1969 —
Berichterstatter: Abgeordneter Müller (Ravensburg)

Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5777
Vizepräsident Dr. Jaeger
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß)

— Drucksache V/1913 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Effertz (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf: §§ 1 bis 22, Einleitung und Überschrift, alles in der Ausschußfassung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so 'beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? — Keine Enthaltungen! Einstimmig angenommen!
Ich komme zu Punkt 12 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen für Getreide, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch (Durchführungsgesetz EWG Getreide, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch)

— Drucksache V/1833 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß)

— Drucksache V/1935 —Berichterstatter: Abgeordneter Saxowski (Erste Beratung 113. Sitzung)

dazu
Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG Milch und Milcherzeugnisse und des Durchführungsgesetzes EWG Getreide
— Drucksachen V/1623, V/1935 — Berichterstatter: Abgeordneter Saxowski
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung von dem erstgenannten Gesetz die §§ 1 bis 24, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird wiederum nicht begehrt.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? — Keine Enthaltungen! Einstimmig angenommen!
Ich komme dann zu dem zweiten Antrag des Ausschusses, den als zweiten zitierten Gesetzentwurf für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Weinwirtschaft (Weinwirtschaftsgesetz)

—Drucksache V/1208 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß)

— Drucksache V/1839 —
Berichterstatter: Abgeordneter Gibbert (Erste Beratung 84. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Es ist mir vorgetragen worden, daß die Vorlage an die Ausschüsse zurückverwiesen werden soll, die bisher damit befaßt waren. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts
— Drucksache V/1837 —
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß)

— Drucksache V/1881 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe die Art. 1, 2, 3, 4, die Einleitung und die Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
5778 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Juni 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik von Portugal über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen
.— Drucksache V/1595 —
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß)

— Drucksache V/1864 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl (Erste Beratung 103. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1, 2, 3, 4, die Einleitung und die Überschrift auf.
— Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Regelung von Wasserentnahmen aus dem Bodensee
— Drucksache V/1665 —
Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß)

— Drucksache V/1868 —Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Hubert

(Erste Beratung 109. Sitzung)

Ich danke der Berichterstatterin für ihren Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung die
Art. 1, 2, 3, die Einleitung und die Überschrift auf.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 17 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
— Drucksache V/1601 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen (11. Ausschuß)

— Drucksache V/1830 —
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Lösche (Erste Beratung 107. Sitzung)

Die Berichterstatterin wünscht, ihren Bericht zu ergänzen. Ich erteile ihr das Wort.

Dorothea Lösche (SPD):
Rede ID: ID0511620900
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes — Drucksache V/1601 — liegt Ihnen auf Drucksache V/1830 der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen vor. Im Namen des Ausschusses bitte ich, der folgenden redaktionellen Änderung zuzustimmen. In Art. 1 Ziffer 2 soll in Nr. 4 a in der ersten Zeile das Wort „oder" durch „und" ersetzt werden, so daß es heißt: „4 a. Einbringen und Einleiten von Stoffen in Küstengewässer ...". Diese redaktionelle Änderung ist zu empfehlen, da auch in dem geltenden § 3 des Wasserhaushaltsgesetzes das Wort „und" steht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621000
Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihren Schriftlichen Bericht und die Ergänzung. Diese formelle Berichtigung wird nunmehr den Beratungen zugrunde gelegt.
Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1 bis 5 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird in der allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall; dann ist diese geschlossen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5779
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 2 des Ausschußantrags auf Drucksache V/1830. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von ,der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gaststättengesetzes (GastG)

— Drucksache V/205 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß)

— Drucksache V/1652 —Berichterstatter: Abgeordneter Wieninger (Erste Beratung 19. Sitzung)

Ich danke ,dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Aus der Mitte des Hauses ist bei mir beantragt worden, den Entwurf an den Rechtsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung der Verordnung Nr. 17 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
— Drucksache V/1518 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß)

— Drucksache V/1927 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß (Erste Beratung 99. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung §§ 1 bis 7 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. Keine
Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung
— Drucksache V/1007 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß)

— Drucksache V/1929 —
Berichterstatter: Abgeordneter Opitz (Erste Beratung 67. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort begehrt? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir haben dann noch über die Ziffern 2 und 3 des Auschußantrags auf Drucksache V/1929 abzustimmen. Wird ,das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den Ziffern 2 und 3 des Ausschußantrags zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig beschlossen.
Ich rufe Punkt 21 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
— Drucksache V/1517 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1970 — Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß)

— Drucksache V/1936 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres

(Erste Beratung 107. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Meine Damen und Herren, an mich sind zwei Wünsche herangetragen worden. Der eine geht da-
5780 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
hin, dieser Punkt möge von der Tagesordnung abgesetzt werden. Mit dem anderen wird um Rückverweisung an die beiden Ausschüsse, die damit befaßt waren, gebeten. Welches ist der Wunsch des Hauses?

(Abg. Rösing: Zurückverweisen!)

— Herr Rösing sagt: Zurückverweisen! — Kein Widerspruch; dann ist der Gesetzentwurf an die Ausschüsse, die mit ihm bisher befaßt waren, zurückverwiesen.
Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans 'des ERP-Sondervermögens für .das Rechnungsjahr 1967 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1967)

— Drucksache V/1531 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen (23. Ausschuß)

— Drucksachen V/1882, zu V/1882 —Berichterstatter: Abgeordneter Lange
Abgeordneter Dr. Frerichs

(Erste Beratung 100. Sitzung)

Ich danke den Berichterstattern für ihren Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung die §§ 1 bis 10, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir haben nun noch unter II der Drucksache V/1882 einen Entschließungsantrag, den ich als ganzen zur Diskussion und Abstimmung stelle. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes
— Drucksache V/1473 —
Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (5. Ausschuß)

— Drucksache V/1746 —
Berichterstatter: Abgeordneter Felder (Erste Beratung 99. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht begehrt.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Zweite und. dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes
— Drucksache V/1397 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/... — Berichterstatter
b) Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (5. Ausschuß)

— Drucksache V/1831 —
Berichterstatter: Abgeordneter Neumann (Stelle)


(Erste Beratung 93. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen, Schriftlichen Bericht. Es ist vorgeschlagen, die zweite und dritte Beratung von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.

(Abg. Rösing: Einverstanden!)

— Es erfolgt kein Widerspruch. Dieser Punkt ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln und
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5781
Vizepräsident Dr. Jaeger
bei Überlassung von eigenen Aktien an Arbeitnehmer
— Drucksache V/507 —
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß)

— Drucksache V/1933 —Berichterstatter: Abgeordneter Meis (Erste Beratung 38. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht begehrt.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
— Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (AOStrafÄndG)

— Drucksache V/1812 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/ 1971 —Berichterstatter: Abgeordneter Bremer
b) Erster Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß)

— Drucksachen V/1941, zu V/1941 — Berichterstatter: Abgeordneter Schlee (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke dem Berichterstatter für den Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1 mit Umdruck 276 *) und den Ihnen noch nicht vorliegenden Umdruck 279 **) zum gleichen Artikel auf.
Wer wünscht den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 276 zu begründen? — Herr Abgeordneter Schlee!

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0511621100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Begründung des Antrags auf Umdruck 276 darf ich folgendes ausführen.
*) Siehe Anlage 2
**) Siehe Anlage 3
Nach dem Entwurf der Regierung sollte in Zukunft das Finanzamt die Stellung eines Nebenklägers einnehmen, wenn das Strafverfahren auf Grund öffentlicher Anklage oder nach voraufgegangenem Strafbefehl durch Einspruch zu einem gerichtlichen Verfahren geworden ist. Hiergegen haben sich zunächst Bedenken erhoben. Der Rechtsausschuß und auch der Finanzausschuß haben sich in Berlin dafür ausgesprochen, dem Finanzamt nicht die Stellung eines Nebenklägers zu geben, sondern ihm nur das Recht einer Anhörung einzuräumen, also das Recht, in der Hauptverhandlung die Gesichtspunkte hervorzuheben, die von seinem Standpunkt aus für die Entscheidung oder für die Beweiserhebung maßgebend und wichtig sind.
Nun hat sich aber ergeben, daß die Länder besonderen Wert darauf legen, daß die Finanzbehörden auch in Zukunft zur Wahrnehmung der Rechte des Steuerfiskus als Nebenkläger auftreten können. Ich glaube, diese Frage ist nicht so wichtig, daß man ihretwegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses riskieren sollte.
Ich darf Ihnen aus der Begründung des Entwurfs eines Ordnungswidrigkeitengesetzes vorlesen, an welchen anderen Stellen noch den Fachbehörden im gerichtlichen Verfahren die Stellung des Nebenklägers eingeräumt werden soll. Es handelt sich z. B. um § 25 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, um das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das Außenwirtschaftsgesetz, das Gesetz über das Kreditwesen, das Gesetz über das Hypothekenbankwesen und das Schiffsbankengesetz. Sie sehen also, es wäre keine ganz außergewöhnliche Ausnahme, wenn das Finanzamt auch in Zukunft — wie bereits bisher nach der Reichsabgabenordnung — die Rechte eines Nebenklägers bekäme. Das würde vor allen Dingen bedeuten, daß das Finanzamt unabhängig von der Einstellung der Staatsanwaltschaft berechtigt wäre, Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts einzulegen.
Ich darf darauf hinweisen, daß die Finanzbehörde ebenso wie die Staatsanwaltschaft und auch alle anderen Behörden verpflichtet ist, ihre Rechte in einem Verfahren nicht einseitig als Gegner des Angeklagten auszuüben, sondern nach objektivem Ermessen das Richtige zu tun. Sie muß also unter Umständen auch zugunsten des Angeklagten von ihren Rechten Gebrauch machen.
Aus den vorgetragenen Gründen bitte ich Sie, dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Wiederherstellung der ursprünglichen Fassung des Entwurfs, wonach also dem Finanzamt die weitergehenden Rechte eines Nebenklägers im gerichtlichen Verfahren eingeräumt werden sollen, zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621200
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir zuerst über diesen Änderungsantrag der CDU/CSU diskutieren und abstimmen und uns erst dann dem Antrag der FDP, der eine andere Frage betrifft, zuwenden. Vielleicht ist bis dahin auch der Antrag der FDP im
5782 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
Hause verteilt, was uns die Beratungen erleichtern würde.
Das Wort zu dem Änderungsantrag Umdruck 276 hat Herr Abgeordneter Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0511621300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Bei den Beratungen dieses Gesetzentwurfs im Rechtsausschuß, der mitberatend beteiligt war, hat uns ein Problem sehr eingehend beschäftigt, und zwar auf Grund von Hinweisen des Kollegen Dr. Arndt, der die Bedeutung des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaft in einem Rechtsstaat besonders hervorgehoben und gewürdigt hat. Die eigentliche Diskussion im Rechtsausschuß bezog sich zwar auf einen anderen Punkt - der leider nicht so geregelt worden ist, wie meine Freunde und auch die Rechtsausschußmitglieder der SPD es damals gewünscht haben —, aber die jetzt zur Erörterung stehende Frage hängt damit aufs engste zusammen.
Die erste Frage, die sich hier stellt, ist doch die: Ist es wirklich erforderlich, in einem Steuerstrafverfahren neben der staatlichen Anklagebehörde eine zweite staatliche Institution zu haben, die die Rechte des Staates in diesem Verfahren vertritt? Man hat vorgetragen, daß es sich hier um ein Spezialgebiet handle, das besondere Sachkunde erfordere und daher die Einschaltung des sachkundigen Finanzamts verlange. Meine Damen und Herren, schwierige rechtliche Fragen, die besondere Sachkunde erfordern, treten nicht nur in Steuerstrafverfahren, sondern treten ebensosehr in allen möglichen anderen Strafverfahren auf. Es ist die selbstverständliche Pflicht sowohl des Staatsanwalts wie des Richters, der nicht laufend mit solchen Fragen befaßt ist, sich in die entsprechende Materie einzuarbeiten und von sich aus die erforderlichen Anträge zu stellen, Entschlüsse, Beschlüsse und Entscheidungen zu treffen.
Wir haben nicht verkannt, daß eine gewisse Mitwirkung des Finanzamts auch in solchen Fällen zweckmäßig erscheint, und haben daher eine Regelung getroffen, wie sie auch in anderen Gesetzen vorzufinden ist. Aber mehr zu tun, neben den Staatsanwalt, der den Staat in dem Verfahren vertritt, nun einen weiteren Ankläger zu stellen — denn darum handelt es sich beim Nebenkläger und um nichts anderes —, der selbst abweichend von dem berufenen Organ, dem Staatsanwalt, Anträge, Beweisanträge, Strafanträge stellen kann, ja der, wie in dem Antrag der CDU ausdrücklich gesagt ist, selbst unabhängig von dem und gegen den Willen der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen kann, halten wir nicht für zweckmäßig.
Diese Institution sollten wir um so weniger einführen, als damit ein Exempel für alle möglichen Fälle geschaffen würde. Was wir hier dem Finanzamt einräumen würden, könnten wir dann nicht mit Fug und Recht anderen Behörden verweigern. Wir würden damit einen gewaltigen Einbruch in das bestehende System unserer strafprozessualen Ordnung, die von dem Prinzip des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaft ausgeht, vollziehen.
Wir glauben, daß das nicht im Sinne einer geordneten Rechtsstaatlichkeit liegt, und bitten daher, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621400
In der Beratung des Umdrucks 276 hat der Herr Abgeordnete Dr. Arndt das Wort.
Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den wir jetzt beraten, ist notwendig geworden, weil von der Reichsabgabenordnung des Jahres 1919 leider gesagt werden mußte und muß, daß sie elementare rechtsstaatliche Prinzipien verletzt. Nach der Reichsabgabenordnung war das Finanzamt in einer Person Geschädigter, Ankläger und Richter. Das ist jetzt in dem entscheidenden Punkt des Richtersseins behoben worden durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, und zwar durch seinen Ausspruch, daß die rechtsprechende Gewalt — und jede Bestrafung ist Ausübung rechtsprechender Gewalt — nach dem Grundgesetz ausschließlich den Richtern und den Gerichten zusteht. Das ist der Hintergrund, vor dem wir diese Frage hier zu beraten haben.
Ich möchte Sie dringend bitten, den Antrag der CDU-Fraktion abzulehnen, weil hier noch ein Rest an Einbruch in rechtsstaatliche Prinzipien ist. Es gehört zu den großen rechtsstaatlichen Ideen des 19. Jahrhunderts, das Anklagerecht bei Gerichten von der Verwaltung zu trennen. Die Exekutive sollte kein unmittelbares Anklagerecht haben. Dazwischen steht die Staatsanwaltschaft als etwas anderes. Das sind Gedanken, die von einem so namhaften und hervorragenden Mann wie Friedrich Carl von Savigny entwickelt worden sind. Wir sollten im Jahre 1967 nicht hinter das zurückgehen, was man vor mehr als 100 Jahren an Rechtsstaatlichkeit geschaffen hat.

(Beifall bei der FDP,)

Gäbe man hier dem Finanzamt Nebenklägerrechte, so würde man von diesem Prinzip abgehen und einen Präzedenzfall setzen, der nachher dazu führen könnte, daß auch in anderen Fällen und auf anderen Gebieten das Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft durchbrochen wird.
Natürlich ist der Staatsanwalt für seine Person ein Beamter. Aber die Staatsanwaltschaft ist eine Institution der Rechtspflege. Sie ist der Rechtspflege zugeordnet und untersteht daher auch nicht dem mit Exekutive betrauten Minister, der für ein Sachgebiet zuständig ist, sondern sie untersteht allein dem Minister, der für die Rechtspflege zuständig ist. Das wird hier durchbrochen, auch zu Lasten eines Angeklagten, dem gegenüber der Staat gleich mit zwei Stimmen spricht.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß alle berechtigten Interessen der Finanzbehörde gewahrt sind; denn es heißt jetzt in der Fassung, die vom Rechtsausschuß vorgeschlagen und vom Finanzausschuß bestätigt worden ist, ausdrücklich:
Das Gericht gibt dem Finanzamt Gelegenheit,
die Gesichtspunkte vorzubringen, die von sei-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5783
Dr. Arndt (Berlin/Köln)

nem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Verfahren nach § 153 Abs. 3 der Strafprozeßordnung einzustellen. Der Termin zur Hauptverhandlung wird dem Finanzamt mitgeteilt. Sein Vertreter erhält in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort.
Das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen sind dem Finanzamt mitzuteilen.
Niemand bestreitet, daß die Finanzbehörde hier lebhafte Interessen zu verteidigen hat. Aber diesen Interessen ist durch unsere Fassung vollauf Rechnung getragen.
Ich bitte Sie herzlich, nicht von dem rechtsstaatlichen Grundprinzip aller modernen Rechtspflege in Deutschland abzugehen, daß einzig und allein die Staatsanwaltschaft anklagen kann.

(Beifall links und rechts.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stark.

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID0511621600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich für meine Person und als Berichterstatter für dieses Gesetz im Rechtsausschuß gegen den Änderungsantrag meiner Fraktion aussprechen.
Wir haben dieses Problem sowohl im Rechtsausschuß als auch im Finanzausschuß sehr eingehend beraten und sind zu der Überzeugung gekommen, daß kein berechtigtes Interesse an der Einführung der Nebenklage im Finanzamtsverfahren besteht. Es wird immer wieder gesagt, das liege im Interesse des Beschuldigten. Davon kann nicht die Rede sein. Das Interesse des Beschuldigten ist dadurch gewahrt, daß wir die Anhörung des Finanzamts im Strafverfahren eingebaut haben.
Ich bitte deshalb dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621700
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0511621800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will der Diskussion keineswegs in die grundsätzlichen Tiefen folgen, denen sie teilweise zugeführt worden ist. Am allerwenigsten will ich hier das Urteil des Bundesverfassungsgerichts diskutieren, durch das diese Angelegenheit jetzt so eilbedürftig geworden ist, ein Urteil, das immerhin mit einer sehr knappen Mehrheit zustande gekommen ist. Die Mehrheit wird ja diesmal zum erstenmal bekanntgegeben. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, daß die Meinung, die mein Freund Dr. Adolf Arndt hier vorgetragen hat, nicht in allen Teilen der Fraktion der SPD geteilt wird. Es ist niemals die Rede davon gewesen, das Finanzamt irgendwo als Richter einzusetzen. Das ist auch bisher niemals der Fall gewesen. Das Finanzamt war zu Vergleichen über Strafansprüche ermächtigt, aber
es konnte nicht als Richter ohne Einwilligung des betroffenen Teiles auftreten. Das ist auch jetzt nicht die Frage. Die Nebenklägerrolle des Finanzamts in derartigen Dingen ist in vielen Gesetzen immer eine geläufige Sache gewesen. Das Finanzamt hat im Interesse aller Steuerpflichtigen eine legitime Rolle in der Verteidigung der Steueransprüche des Staates. Diese Rolle kann meines Erachtens nicht ohne weiteres der Staatsanwaltschaft überlassen werden, und das, was in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist, nämlich eine Art Oberaufsicht der Staatsanwaltschaft über das Finanzamt, indem die Staatsanwaltschaft jederzeit das Verfahren an sich ziehen kann, ist meines Erachtens nur erträglich, wenn dem Finanzamt wenigstens die Nebenklägerrolle erhalten bleibt. Ich will hier in keinerlei Wertungen der verschiedenen Tätigkeiten des Finanzamts und der Staatsanwaltschaft eintreten. Darüber habe ich vielleicht andere Ansichten, als sie hier vorgetragen worden sind. Ich für meine Person werde jedenfalls dem Antrag der CDU/CSU zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511621900
Das Wort hat der Abgeordnete Genscher.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0511622000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich hier als zweiter Redner der FDP spreche, so habe ich im Gegensatz zu meinen Vorrednern von CDU und SPD nicht die Absicht, eine andere Meinung als die meiner Fraktion zu vertreten. Ich möchte vielmehr das unterstreichen, was Herr Kollege Busse hier vorgetragen hat.
Ich glaube, daß das Finanzamt in diesem Strafverfahren schon deshalb eine besonders starke Mitwirkung hat, weil ihm in der Regel die Aufgaben der Staatsanwaltschaft übertragen sind. In seiner Hand befinden sich die Ermittlungen, und es wäre rechtssystematisch nicht vertretbar, wenn eine Behörde, die vorher zugleich Ermittlungsbehörde war, dann im nachhinein noch die Stellung eines Nebenklägers hätte. Alle Gesichtspunkte, die hier für die Begründung der Nebenklage vorgetragen worden sind, werden ausreichend gewürdigt durch die jetzt gefundene Fassung des § 441. Wir bitten deshalb, den Antrag der CDU/CSU abzulehnen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511622100
Meine Damen und Herren! Wird noch das Wort gewünscht? — Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wahl.

Dr. Eduard Wahl (CDU):
Rede ID: ID0511622200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage ist im Rechtsausschuß streitig gewesen. Es ist jedenfalls nicht so, daß man sagen kann, weil das Finanzamt die Ermittlungen geführt habe, könne es im Anklageverfahren weiter keine Rolle spielen. Im Gegenteil, normalerweise ist doch der Staatsanwalt derjenige, der im Strafprozeß die Ermittlungen führt, und zugleich auch derjenige, der nachher im Prozeß die Hauptanklagefunktion hat. Ich habe im Rechtsausschuß die Frage gestellt, wie es dann ist, wenn Staatsanwaltschaft und Finanzamt nach der ersten Instanz
5784 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Wahl
verschiedener Meinung sind. Ich bin der Ansicht, wenn wir dem Finanzamt die Möglichkeit einräumen, das Strafverfahren von sich aus in Gang zu bringen, müßte es auch bei der Entscheidung über die Einlegung der Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts, die auf seinen Antrag ergeht, mitwirken.
Aus diesem Grunde bin ich dafür, daß das, was Herr Seuffert so einleuchtend dargelegt hat, nun entsprechend dem Antrag unserer Fraktion von diesem Hohen Hause beschlossen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511622300
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 276, in Artikel 1 Nr. 1 § 441 eine neue Fassung zu geben, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, daß wir die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag der CDU/CSU zuzustimmen wünscht, wird gebeten, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zum Umdruck 279 der Fraktion der Freien Demokratischen Partei, der inzwischen verteilt ist.
Zur Begründung erteile ich dem Abgeordneten Genscher das Wort.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0511622400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag wollen wir in Abweichung von dem geltenden Recht für Strafverfahren nicht eine Ermessensentscheidung des Gerichts über den Ausschluß der Öffentlichkeit statuieren, wenn das Bekanntwerden wichtiger betrieblicher oder beruflicher Geheimnisse zu besorgen ist, sondern auf Antrag des Angeklagten eine Rechtspflicht zum Ausschluß der Öffentlichkeit. In jedem Fall kann aber das Gericht prüfen, ob tatsächlich ein solches Bekanntwerden wichtiger betrieblicher und beruflicher Geheimnisse zu besorgen ist.
Der Antrag gründet sich auf die Besonderheit des Steuerstrafverfahrens. Sie wissen, daß im normalen Veranlagungsverfahren eine Erklärungspflicht vorausgeht, die durch das Steuergeheimnis geschützt wird. Wir haben nun die Sorge, daß bei der Anwendung des alten Rechtes die Auskunftspflicht nicht mehr mit der gleichen Sorgfalt erfüllt werden wird, wie es jetzt der Fall ist.
Darüber hinaus stehen hier nicht nur die Belange des Angeklagten im Steuerstrafverfahren zur Debatte, sondern natürlich auch die Belange des Betriebes und damit auch die Arbeitsplätze. Schon die Bekanntgabe weniger Zahlen mit finanzieller Bedeutung aus einem Betrieb kann der Konkurrenz wesentliche Einsichten in Absichten und Planungen gewähren. Aus diesem Grunde bitten wir Sie, sich auch nicht von dem Gesichtspunkt leiten zu lassen, man könne hier für die Angeklagten im Steuerstrafverfahren kein Sonderrecht im Sinne einer Vergünstigung schaffen. Schließlich ist doch die Öffentlichkeit von Strafverfahren nicht schon ein vorweggenommener Teil der Strafe; vielmehr soll die Öffentlichkeit der Verhandlungen im wesentlichen des rechtsstaatliche Verfahren sichern. Wir glauben aber, daß bei Abwägung der Interessen, wenn tatsächlich eine Preisgabe betrieblicher oder beruflicher Geheimnisse zu besorgen ist, den Interessen des Betriebes und der beruflichen Stellung der Vorzug gegeben ist.
Wir haben diesen Antrag bewußt so formuliert, daß das Gericht prüfen kann, ob diese Gefahr vorliegt. Ich betone noch einmal, der Unterschied im Vergleich zum geltenden Recht besteht nur darin, daß das Gericht die Öffentlichkeit ausschließen muß und nicht nur ausschließen kann. Aus der normalen Praxis ist bekannt, daß von dieser Kann-Bestimmung nur sehr zögernd Gebrauch gemacht wird.
Wir bitten Sie, im Interesse einer wirklichen Gewährleistung des Steuergeheimnisses, auch im betrieblichen Interesse und damit im Interesse der Arbeitnehmer in den Betrieben, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511622500
Das Wort hat der Abgeordnete Schlee.

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0511622600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen. Nach § 169 unseres Gerichtsverfassungsgesetzes hat die Hauptverhandlung grundsätzlich öffentlich stattzufinden. Ich weiß aus meiner richterlichen Erfahrung sehr wohl, daß das ein Grundsatz ist, der sehr vielen Angeklagten nicht gefällt. Aber es ist hier nicht der Ort, darüber zu entscheiden, ob wir diesen Grundsatz ändern wollen oder nicht. Bei der jetzt zu treffenden Entscheidung müssen wir von diesem Grundsatz ausgehen.
Es gibt aber von diesem Grundsatz schon bisher Ausnahmen, und es wird sie auch in der Zukunft geben. Nach § 172 des Gerichtsverfassungsgesetzes kann das Gericht die Öffentlichkeit für die gesamte Verhandlung oder einen Teil von ihr ausschließen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, der Staatssicherheit, der Sittlichkeit oder eines wichtigen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu besorgen ist. Über die Frage, ob die Öffentlichkeit auszuschließen ist, weil ein wichtiges Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis gefährdet werden könnte, kann, wenn das Gericht es für angemessen erachtet, oder muß sogar — wenn es nämlich der Angeklagte verlangt — in nichtöffentlicher Verhandlung beraten und entschieden werden.
Nun glaube ich nicht, meine Damen und Herren, daß es nach dem Grundgesetz überhaupt zulässig wäre, für den Angeklagten, der wegen einer Steuerstraftat vor Gericht steht, eine Ausnahme zu machen. Ich bin überzeugt, daß das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor allem eines aussprechen wollte: Strafbare Vergehen gegen die Steuerpflichten sind kriminelle Straftaten wie auch alle anderen, und der Steuerstraftäter ist ein wegen einer krimi-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5785
Schlee
nellen Straftat Angeklagter wie auch ein anderer Angeklagter. Von dieser Auslegung des Urteils her genügt allein die Tatsache, daß es sich bei dem Vergehen um ein Steuervergehen handelt, nicht, Privilegien für eine bestimmte Gruppe von Vergehen auszusprechen.
Meine Damen und Herren, man kann nicht sagen, später komme erst einmal der Freispruch oder die Verurteilung. Dieses Risiko einer eventuellen öffentlichen Verhandlung, einer Beeinträchtigung des Ansehens, muß jeder hinnehmen. Sie kennen alle die Fälle, in denen Ärzte oder sonst angesehene Personen dieses Risiko ebenso eingehen müssen, daß sie sich vor Gericht stellen müssen. Auf der anderen Seite aber haben sie das Recht — und auch das Verständnis des Gerichts —, daß die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Ich glaube nicht, daß es der Sinn des Urteils ist, und ich glaube auch nicht, daß es unser Recht wäre, für bestimmte Täter ein Privilegium in der Verhandlung vor Gericht zu schaffen.
Ich weise auch darauf hin, daß es bisher nicht anders war. Auch die Reichsabgabenordnung kannte auf einen Strafbescheid des Finanzamts hin den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, und sie kannte ebenso die Erhebung einer öffentlichen Anklage durch den Staatsanwalt oder auch durch das Finanzamt. In beiden Fällen konnte die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, immer aber nur auf Grund dieser Bestimmung des Gerichtsverfassungsgesetzes, wenn es zum Schutz eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses notwendig war.
Nach meiner Meinung ist es auch kein gutes Argument, daß es sich über den Angeklagten hinaus um das Interesse des ganzen Betriebs handle. Meine Damen und Herren, insbesondere meine Damen und Herren von der Freien Demokratischen Partei, das stimmt nicht überein mit unserer Anschauung von der freien Wirtschaft, in der die Unternehmer tätig sind und in der sie mit ihrem Betrieb identifiziert werden. Wir können nicht sagen — das kommt immer mehr auf —: Dort, wo es zum Nutzen des Unternehmers ist, ist er vollverantwortlich und geht alles auf seine Kosten, auf seine Lasten und auf seinen Vorteil, aber dort, wo es zum Schaden ausfallen könnte, identifizieren wir ihn nicht mit seinem Betrieb, sondern da abstrahieren wir, da betrachten wir den Betrieb als ein mehr oder weniger selbständiges Wesen, das über den Unternehmer hinaus seine Berechtigung hat. Der Unternehmer ist der Mann, der das Recht hat, über seine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu verfügen. Daher hat er dafür auch einzustehen.
Im übrigen werden Sie erleben, daß die Praxis der Gerichte niemals einen Mißbrauch der Öffentlichkeit zum Nachteil des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses befürchten läßt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511622700
Das Wort hat der Abgeordnete Hirsch.

Martin Hirsch (SPD):
Rede ID: ID0511622800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem, was Herr Kollege Schlee soeben zu diesem Antrag gesagt hat, ist kaum etwas hinzuzufügen. Man kann gerade nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts unmöglich denjenigen, die wegen eines Steuervergehens angeklagt sind, ein Privileg geben. Das würde darauf hinauslaufen, daß man doch Steuervergehen weiterhin als eine Art Kavaliersdelikt betrachtet. Das sind sie nicht! Wenn man einen einfachen Zechpreller bestraft — mit Recht —, der sich wegen ein paar Pfennigen einen Vorteil verschafft hat, muß man wegen eines Steuervergehens in gleicher Weise vorgehen; denn das, was ein Staatsbürger dabei gegenüber dem Staat tut, ist haargenau dasselbe wie Zechprellerei. Wenn ein anderer, der wegen eines kriminellen Delikts angeklagt ist, nicht dieses Privileg hat, wie es hier verlangt wird, kann man es auch demjenigen, der ein Steuervergehen begeht, unmöglich zubilligen. Das wäre wahrscheinlich sogar eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Ich bitte daher, den Antrag abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511622900
Herr Abgeordneter Busse!

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0511623000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Ich glaube, insbesondere durch die letzten Ausführungen, Herr Kollege Hirsch, ist doch ein falscher Zungenschlag in die ganze Angelegenheit hineingekommen. Wir wollen uns gar nicht schützend vor den Steuerstraftäter stellen. Das ist nicht der Sinn. Kein Wort bei uns und keine Anregung bei uns, daß ihm Sonderrechte, daß ihm Privilegien zugebilligt werden sollten! Wir sehen nur ganz einfach die besondere Situation eines solchen Verfahrens. Da ist es nun einmal unabweislich — das liegt in der Natur der Sache —, daß die Stellung eines solchen Angeklagten enorm dadurch erschwert wird, daß er in diesem Verfahren Dinge offenbaren muß, die mit dem eigentlichen Strafzweck nur mittelbar zusammenhängen, die aber in seine Betriebsangelegenheiten weit eingreifen und an denen die Öffentlichkeit nur insofern Interesse hat, als sie der Konkurrenz manches Material liefern können.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511623100
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Memmel?

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0511623200
Herr Kollege Busse, sind Sie nicht der Meinung, daß Sie, wenn Sie dem Angeklagten das Recht geben, daß auf seinen Antrag die Öffentlichkeit auszuschließen ist, damit dem Angeklagten ein Stück der Prozeßleitung und Prozeßführung geben, die eigentlich nur dem Richter zustehen?

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0511623300
Herr Kollege, Sie übersehen, daß unser Antrag zwei Teile hat.

(Abg. Memmel: Wenn er es beantragt!)

Wir haben einmal das Antragsrecht des Angeklagten. Das ist sogar eigentlich selbstverständlich, daß er das jederzeit beantragen kann. Wir haben aber zweitens die Einschränkung, daß diesem Antrag nur dann stattgegeben werden muß, wenn die Gefährdung eines wichtigen Betriebs- oder Berufsgeheim-
5786 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Busse (Herford)

nisses zu besorgen ist. Das ist der zweite Teil unseres Antrags.
Von der bestehenden Rechtslage unterscheidet sich dieser Antrag nur dadurch, daß bisher der Richter dann die Öffentlichkeit ausschließen kann, während wir diese Ausschließung zwingend vorschreiben wollen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Ich glaube, das hat seinen guten Grund. Ich kann mir sehr wohl vorstellen — und ich habe diese Fälle erlebt —, daß ein Angeklagter in seiner Verteidigung, die doch sein gutes Recht ist, ganz einfach dadurch gehemmt ist, daß er, wenn der Richter nicht die Ausschließung der Öffentlichkeit beschlossen hat — er braucht es nach den bestehenden Gesetzen nicht —, bei gewissen Dingen immer in dem Konflikt ist: Soll er sie nun in einer öffentlichen Verhandlung offenbaren, oder soll er sie nicht offenbaren?
Diese Konfliktsituation, in die der Angeklagte hineinkommt, soll vermieden werden. Das ist der einzige Zweck unseres Antrags, nicht eine Begünstigung oder eine besondere Bevorzugung eines Steuerstraftäters, im Gegenteil. Wir haben bei uns in der Fraktion dieses Problem sehr deutlich angeschnitten. Glauben Sie mir, es ist mit der nötigen Offenheit erörtert worden. Nur diesen Zungenschlag bitte ich doch zu vermeiden, als ob wir hier einem Steuerstraftäter besondere Rechte einräumen wollten. Wir wollen lediglich, daß auch er seine Verteidigung so führen kann, wie es notwendig ist.
Etwas Wesentliches kommt hinzu. Durch unsere Formulierung wird ein Übergehen eines solchen Antrags, obgleich die Voraussetzungen vorliegen, ein Revisionsgrund werden. Ich glaube, daß die Überprüfung derartiger Fragen durch ein höheres Gericht ein wirklich gutes Mittel ist, um auch hier nachher zum richtigen Recht zu kommen. Das ist doch der letzte Grund dieses ganzen Antrags.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511623400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0511623500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß hier nur die Vorwegnahme strafrechtlicher Verfahrensvorschriften vorgesehen ist. Es soll noch die materielle Regelung folgen, nämlich die Ausweitung der Ordnungswidrigkeiten. In Zukunft sollen praktisch alle leichtfertigen Steuerverkürzungen zu Ordnungswidrigkeiten werden, so daß in diesem Verfahren nur noch die vorsätzlichen Steuerhinterziehungen übrig bleiben. Unter diesem Gesichtspunkt sollte man auch in Betracht ziehen, daß sich bei vorsätzlichen Steuerhinterziehungen gerade im Vorverfahren der Angeklagte nicht ausgerechnet auf das Steuergeheimnis sollte berufen können; denn nur darum geht es hier praktisch.

(Widerspruch bei der FDP.)

Die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind im
Rahmen der Strafprozeßordnung bzw. des Gerichtsverfassungsgesetzes ausreichend geschützt, wie uns
das Herr Schlee dargelegt hat. Im übrigen: Würde ein Angeklagter geltend machen, es werde möglicherweise ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis verletzt, so wäre auch bei der gegenwärtigen Regelung des Gerichtsverfassungsgesetzes eine willkürliche Entscheidung des Richters ein Revisionsgrund.
Es ist nicht einzusehen, weshalb hier eine Regelung, die ganz klar für das gesamte Strafrecht getroffen worden ist, in bezug auf das Steuerstrafverfahren geändert werden sollte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511623600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlee.

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0511623700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dem Antrag der Freien Demokraten in der Tat um eine Privilegierung der Steuersünder im gerichtlichen Verfahren.

(Zuruf von der FDP: Ist ja nicht wahr!)

Denn Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, auf die also nach dem Gerichtsverfassungsgesetz Rücksicht genommen werden soll, werden ja nicht nur in einem Strafverfahren wegen eines Steuervergehens Gegenstand der Verhandlung, sondern können in vielen anderen Strafverfahren Gegenstand der Verhandlung werden, z. B. bei Betrug und bei Untreue, und sie können auch in einem Zivilprozeß Gegenstand eines Verfahrens werden und werden es auch tatsächlich soundso oft. Die Kammern für Handelssachen haben sich häufig gerade mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu beschäftigen.
Wenn Sie also den Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses haben wollen — meiner Meinung nach müßte er dann immer gleich sein —, dann müssen Sie beim Gerichtsverfassungsgesetz ansetzen

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Sehr richtig!)

und verlangen, daß überall da, wo ein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis in Rede steht, eine Partei den Ausschluß der Öffentlichkeit verlangen kann. Was Sie aber hier verlangen, ist eine einseitige Privilegierung desjenigen, der sich wegen eines Steuervergehens zu verantworten hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511623800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Genscher, oder sind Sie 'schon fertig? — Dann ist die Zwischenfrage erledigt.
Das Wort hat der Abgeordnete Memmel.

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0511623900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich mich Ihnen, Herr Kollege Busse, zuwenden. Ich will Ihnen nur sagen, was mich an Ihrem. Antrag stört. Sie schreiben: „Die Öffentlichkeit ist auch auszuschließen, . . .". Diese Bestimmung würde den Richter zwingen, dann die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn der Angeklagte es beantragt und zu befürchten ist, daß anderenfalls wichtige betriebliche oder berufliche Geheim-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5787
Memmel
pisse bekanntwerden könnten; er würde gar nicht anders können. Das stört mich. Wenn Sie schrieben: ,,,Die Öffentlichkeit kann auch ausgeschlossen werden, ...", dann könnte man darüber reden.
Das zweite, was mich stört, ist: Wer soll denn letzten Endes darüber entscheiden, ob das Bekanntwerden wichtiger betrieblicher oder beruflicher Geheimnisse zu besorgen ist? Geht es nur nach der Meinung des Angeklagten, oder ist das ein objektives Merkmal,

(Abg. Genscher: Ein objektives Merkmal!) das auch wieder der Richter festzustellen hat?

Das sind die Punkte, die mich an Ihrem Antrag stören.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511624000
Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

(Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Ich wollte nur eine Zwischenfrage stellen!)

— Dann ist Herr Abgeordneter Genscher der nächste Redner.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0511624100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Memmel, das Ermessen ist jetzt schon gegeben; dazu brauchen wir keine Rechtsänderung. Wir wollen, daß hier eine zwingende Vorschrift geschaffen wird. Allerdings sollen die objektiven Voraussetzungen geprüft werden. Wenn wir die Meinung des Angeklagten hätten zugrunde legen wollen, dann hätten wir wie Sie wissen, den Antrag anders formulieren müssen. Hier geht es darum, daß die objektiven Voraussetzungen gewürdigt werden.
Ich glaube, es ist auch ganz falsch, zu sagen, daß hier eine Privilegierung von Angeklagten im Steuerstrafverfahren beabsichtigt werde. Es wird lediglich der Besonderheit dieses Verfahrens Rechnung getragen. Eine dieser Besonderheiten ist, daß in jedem Falle dem Strafverfahren Auskunfterteilungen durch den Steuerpflichtigen vorausgegangen sind, die er auf Grund einer Rechtspflicht gemacht hat. Diese Rechtspflicht haben wir statuiert im Interesse des Fiskus, um wahrheitsgemäße Aussagen zu erzwingen. Eine solche Rechtspflicht besteht aber bei allen anderen Verfahren, die Sie hier genannt haben, vor dem Strafverfahren nicht. Aus dieser Besonderheit ergibt sich auch diese besondere Regelung des Ausschlusses der Öffentlichkeit unter bestimmten objektiven Gesichtspunkten in der Hauptverhandlung.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511624200
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich lasse zunächst abstimmen über den Umdruck 279, einen Änderungsantrag der Fraktion der FDP, in Art. 1 Nr. 1 einen neuen § 433 a einzufügen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr über Art. 1 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Art. 2 bis 8, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Offenbar wurde bereits genügend diskutiert. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Siebenten Gesetzes zur Änderung des Milch-
und Fettgesetzes
— Drucksache V/1792 —
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß)

— Drucksache V/1937 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frey (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 28 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Februar 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
5788. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
land und der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr auf der Roßfeldstraße
— Drucksache V/1704 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/1923 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lemmrich (Erste Beratung 109. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimme. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 29 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Februar 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr auf den Straßen an der Walchen Ache und am Pittenbach sowie zum Bächen- und Rißtal im deutschen und österreichischen Grenzgebiet
— Drucksache V/1705 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/1924 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lemmrich (Erste Beratung 109. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 30 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes aber die Aufhebung des staatlichen Schleppmonopols auf den westdeutschen Kanälen
- Drucksache V/1703 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/1922 —
Berichterstatter: Abgeordneter Haase (Kellinghusen)


(Erste Beratung 109. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf die §§ 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. .
Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Wird das Wort begehrt? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Änderungen vom 21. Mai 1965 des Übereinkommens über ein einheitliches System der Schiffsvermessung
— Drucksache V/1819 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/1939 —Berichterstatter: Abgeordneter Wendelborn (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung die Artikel 1 bis 5, die Einleitung und die Überschrift auf. — Das Wort wird nicht begehrt.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5789
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer in der Schlußabstimmung dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, Sie müssen sich heute morgen körperlich sehr betätigen. Aber wir kommen dafür auch rasch voran.

(Heiterkeit.)

Ich rufe Punkt 32 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gebäude- und Wohnungszählung 1968 (Wohnungszählungsgesetz 1968)

— Drucksache V/1813 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1972 —
Berichterstatter: Abgeordneter Mengelkamp
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (9. Ausschuß)

— Drucksache V/1934 —
Berichterstatter: Abgeordneter Wurbs (Erste Beratung 113. Sitzung)

Ich danke den Herren Berichterstattern für ihre Berichte und rufe in zweiter Beratung die §§ 1 bis 11, die Einleitung und die Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort begehrt? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir haben noch über den Punkt 2 des Ausschußantrags auf Drucksache V/1934 abzustimmen. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig so beschlossen.
Der Punkt 33 soll erst am Freitag behandelt werden.
Ich rufe Punkt 34 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes
— Drucksache V/1713 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Verteidigungsausschuß — federführend — und an den Innenausschuß zur Mitberatung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes
— Drucksache V/1724 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Verteidigungsausschuß — federführend — und an den Rechtsausschuß zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
— Drucksache V/1749 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Finanzausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 37 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Dezember 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
— Drucksache V/1782 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Finanzausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 38 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG-Richtlinie Frisches Fleisch und des Fleischbeschaugesetzes
— Drucksache V/1795 —
Auf Begründung und Aussprache wird wiederum verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend — und an den Ausschuß für Ernäh-
5790 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaeger
rung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 39 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. Dezember 1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen
— Drucksache V/1805 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Rechtsausschuß — federführend — und an den Innenausschuß zur Mitberatung vor. Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 40 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den rechtlichen Status der Rhein-Main-DonauGroßschiffahrtsstraße zwischen dem Main und Nürnberg und über die damit zusammenhängenden Eigentumsverhältnisse
— Drucksache V/1820 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Verkehrsausschuß sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Punkt 41 der Tagesordnung soll erst am Donnerstag behandelt werden.
Damit komme ich zu Punkt 42 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Umstellungsschlußgesetzes
— Drucksache V/1870 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Punkt 43 soll, wie ich höre, erst am Nachmittag behandelt werden.
Damit komme ich zu Punkt 44 der Tagesordnung:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Krankenpflegegesetzes
— Drucksache V/1896 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 45 der Tagesordnung auf:
Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
— Drucksache V/1921 —
Heute führen wir nur die erste Beratung durch.
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen vor. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 46 der Tagesordnung auf:
Beratung -des Schriftlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Bauer (Würzburg), Dr. Wahl und Genossen
betr. Internationales Jahr für Menschenrechte
— Drucksachen V/1172, V/1739 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Czaja
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig beschlossen.
Ich rufe Punkt 47 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. deutsche Auslandsschulen
— Drucksachen V/435, V/1862 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Martin Zugleich rufe ich Punkt 48 auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Kulturarbeit im Ausland
— Drucksachen V/692, V/1863 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Martin
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Martin für seine beiden Schriftlichen Berichte. Die Aussprache wird verbunden. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann!

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0511624300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr glücklich, daß diese beiden Anträge, -die in diesem Hause -seit 18 Monaten behandelt werden, endlich zur Verabschiedung gelangen. Sie beinhalten eine Reihe von Anregungen für notwendige organisatiorische Verbesserungen und Änderungen auf dem Gebiet unserer auswärtigen Kulturpolitik, die der Herr Minister selber gestern vor der Presse als -die dritte Säule seiner Außenpolitik bezeichnet hat. Es -ist das erstemal,
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5791
Kahn-Ackermann
daß ein deutscher Außenminister dieser Arbeit eine derartige politische Bedeutung und Wertung beigemessen hat.
Ich hoffe, die in beiden Anträgen enthaltenen Empfehlungen, die sich auch in den Anregungen, Hoffnungen und Absichten wiedergefunden haben, die der Minister gestern der Öffentlichkeit vorgetragen hat, tragen dazu bei, daß diese Änderungen nun zügig durchgeführt werden und nicht mehr so lange auf sich warten lassen, wie das bisher der Fall gewesen ist.
Ich habe Anlaß zu dieser Bemerkung, weil 'sich dieses Haus vor drei oder vier Jahren zu einem ähnlichen Schritt veranlaßt gesehen hat und es bis zum heutigen Tage noch nicht gelungen ist, die Regierung dazu zu 'bewegen, einige der Wünsche dieses Hauses auf dem Gebiet der auswärtigen Kulturarbeit zu erfüllen. Ich nehme 'die Erklärung, die der Minister gestern abgegeben hat, zum Anlaß für die Hoffnung, daß wir in Zukunft nicht mehr so lange auf die Erfüllung unserer Wünsche warten müssen.
Insbesondere möchte ich wünschen, daß der Antrag, der sich mit unserem Auslandsschulwesen befaßt, von der Regierung baldmöglichst einer sorgfältigen Prüfung unterzogen wird und ,die darin enthaltenen Anregungen in die Wirklichkeit umgesetzt werden, weil dieser Zweig unserer auswärtigen Kulturarbeit der kostspieligste ist, wenn wir an das Ziel der Erhaltung und Verbreitung der deutschen Sprache als einer der ,großen Kultursprachen dieser Erde denken, und weil ,er von allen Zweigen wohl der reformbedürftigste ist.
Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders darauf hinweisen, daß sich alle Parteien dieses Hauses mit Nachdruck dafür ausgesprochen haben, daß die längst fehlende pädagogische und administrative Aufsicht in Form einer unselbständigen Bundesoberbehörde, einer Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, so rasch wie möglich errichtet wird. Ich habe Anlaß zu dieser Bemerkung, weil durch das Votum eines Ausschusses dieses Hauses die Errichtung dieser für unsere kulturelle Außenpolitik wirklich vordringlichen Institution weiter hinausgezögert wird, weil man ferner den Bundesrechnungshof beauftragt hat, neuerliche Untersuchungen über die Zweckmäßigkeit der Errichtung einer solchen Behörde in der vom Parlament geforderten Form anzustellen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit ganz offen sagen: Ich habe den Eindruck — und ich glaube, dieser Eindruck deckt sich mit ,dem vieler Kollegen in diesem Hause —, daß manches, was wir auf dem Gebiet der auswärtigen Kulturpolitik anstreben, durch administrative Maßnahmen unnötig behindert wird, die ausschließlich, sagen wir einmal, auf die innere Struktur ,der Verwaltung unseres Landes abgestellt sind und nicht auf die notwendige Beweglichkeit und Anpassung, die im Bereich der auswärtigen Kulturpolitik erforderlich sind.
Aus diesem Grund bitten wir die Regierung nachdrücklich, sich durch nichts davon abhalten zu lassen, die notwendige Zentralstelle für unser Auslandsschulwesen so schnell wie möglich zu errichten
und die dazu notwendigen Personalvorlagen dem Haushaltsausschuß durch den Finanzminister zuzuleiten, weil jedes halbe Jahr das hier weiter verstreicht, nicht etwa der Sparsamkeit durch eingesparte Stellen Vorschub leistet, sondern im Gegenteil die unnötige Ausgabe von möglicherweise bis an die Millionen gehenden Beträgen bedeutet, 'da wir gegenwärtig einfach nicht in der Lage sind, den ganzen Schulkomplex so zu übersehen und zu beurteilen, wie das notwendig wäre.
Lassen Sie mich also mit dem Appell an die Regierung schließen, daß sie die von den Koalitionsparteien einstimmig gebilligten Anträge schnellstens 'beherzigen möge. Der Minister sollte seine gestrigen Ankündigungen vor der Presse möglichst rasch realisieren, damit die in Aussicht genommenen Reformen der von ihm nunmehr als „dritte Säule" seiner Außenpolitik bezeichneten auswärtigen Kulturbeziehungen rasch Resultate zeitigen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511624400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0511624500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Herr Kahn-Ackermann vorgetragen hat und was dem Bericht zugrunde liegt, den ich zu erstatten hätte, ist ein sehr wichtiger Vorgang innerhalb des Aufbaues der auswärtigen Kulturpolitik. Es ist natürlich keine Weisheit von heute oder gestern, wenn man sagt, daß die Kulturpolitik die „dritte Säule der Außenpolitik" sei. Gott sei Dank gehört das zu den grundlegenden, gemeinsamen Überzeugungen der deutschen Öffentlichkeit, des Bundestages und der Bundesregierung, und ich glaube, davon sollten wir ausgehen.

(Abg. Kahn-Ackermann: der Minister hat es gestern zum erstenmal gesagt! Es ist das erste Mal, daß ein deutscher Außenminister das gesagt hat!)

— Da befinden Sie sich in einem historischen Irrtum, Herr Kahn-Ackermann. Lesen Sie die Akten des Deutschen Bundestages nach. Sie werden sogar einige der Ausführungen finden, die in dem Begleitschreiben bei der Übergabe des Buches gemacht worden sind, wörtliche Zitate früherer Außenminister, z. B. den Passus: „Mit der Wirtschaft bekommt man Partner, mit Kultur Freunde." Also wenn wir Textkritik treiben wollen, dann landen wir in der Kontinuität des Aufbaus der Kulturarbeit im Ausland. Wir wollen uns darüber nicht streiten, Herr Kahn-Ackermann. Es hat sich ja im Hause ein Consensus über die Bedeutung dieser Sachen herausgebildet, und wir wollen es dem Außenminister danken, daß er das hier so formuliert hat, wie der Bundestag das von ihm erwartet und wünscht.
Nun zur Sache selber. Die Zentralstelle für die Schulen im Ausland ist deswegen ein wichtiger Vorgang, weil wir damit zum erstenmal die Möglichkeit in die Hand bekommen, die Schulen draußen sachgerecht zu orientieren, sachgemäß zu leiten. Worauf
5792 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Martin
kommt es uns dabei an? Es kommt uns dabei darauf an, daß eine Dienststelle entsteht, die von Pädagogen geleitet wird, die die Schulen im Ausland unter diese Gesichtspunkte stellt. Das ist deshalb wichtig, weil die Entwicklung der Schulen im Ausland sehr rapide ist. Die Formen, die Bedingungen haben sich geändert. Die einzelnen Völker und Nationen verhalten sich in verschiedener Weise dazu. Sie versuchen, ihre Bildungsvorstellungen in unsere Schulen hineinzubringen. Wir haben das Interesse, diese Schulen zu einer echten Begegnung werden zu lassen. Wir wollen zeigen, was von uns aus gesehen Bildung, Erziehung, Wissenschaft im ganzen ist, und wir wollen natürlich auf diesem Wege das Bild von unserem Land darstellen, so wie sich das gehört.
Die 70 Millionen DM, die für die Schulen aufgewendet werden, müssen sach- und fachgerecht verwaltet werden. Dazu gehört die pädagogische Aufsicht über diese Schulen, dazu gehören Überlegungen über die Lehrpläne, dazu gehört die Auswahl der Lehrer, die wir hinaussenden, dazu gehört, daß man . sich eine Möglichkeit verschafft, die vielfältigen Erfahrungen, die diese Lehrer mitbringen, bei einem Um- und Aufbau der Pädagogik für diese Schulen auszuwerten. Das ist vollkommen sachgemäß und sollte getan werden, und zwar — hier stimme ich meinem Vorredner zu — ohne jeden Verzug und ohne jede bürokratische Hemmung.
Das ist auch deshalb geboten, weil diese Institution einen positiven Kompromiß aus der Zuständigkeit von Bund und Ländern darstellt. Es ist ein großer Verhandlungserfolg, und man muß es dem Auswärtigen Amt der Kultusministerkonferenz hoch anrechnen, daß sie an einer Stelle gezeigt haben, daß der Föderalismus funktionieren kann und sich auch sinnvoll institutionalisieren läßt, wie das hier in diesem Falle geschehen ist.
Wir haben ja in Deutschland, im Gegensatz etwa zu den Franzosen, ein besonderes System auswärtiger Kulturpolitik entwickelt. Wir gehen davon aus, daß das policy making vom Auswärtigen Amt, vom Außenminister, von der Bundesregierung ausgeht, daß es aber die Autonomie der Kultur, die eigenen Gesetze, denen hier zu folgen ist, notwendig machen, daß die Organisation der Gesellschaften angemessen mitwirkt. Ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Regierung und Goethe-Institut, Internationes, DAAD und Deutscher Forschungsgemeinschaft liegt uns sehr am Herzen. Wir müssen den Interessen des Staates ebenso gerecht werden wie den spezifischen Möglichkeiten des kulturellen Bereichs. Wir wollen letzten Endes, daß unsere Kulturarbeit im Ausland den freien Fluß der Gesellschaften untereinander ermöglicht. Die Zentralstelle bietet eine solche Möglichkeit; sie zeigt, daß eine Aufgabe halbwegs autonom außerhalb des Amtes wahrgenommen werden kann.
Ich möchte damit schließen und möchte Sie alle herzlich bitten, dem vorliegenden Antrag, der ein gemeinsamer Antrag des Kulturpolitischen Ausschusses und des Auswärtigen Ausschusses ist, Ihre Zustimmung zu geben. Der Tenor dieses Antrags ist, daß die Bundesregierung unverzüglich und ohne Zeitverlust die Zentralstelle, an der wir nun drei Jahre arbeiten, jetzt auch einrichten soll,
Ich möchte die Gelegenheit benutzen, der Regierung dafür zu danken, daß sie auch in diesem Jahr trotz enormer finanzieller Schwierigkeiten den langsamen Auf- und Anstieg der Kulturarbeit im Ausland nicht vernachlässigt hat. Wir haben allen Anlaß, dafür dankbar zu sein, daß auch in diesem Jahr die Fortführung und zum Teil die Ausweitung der Kulturarbeit im Ausland möglich geworden ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511624600
Das Wort hat Herr Abgeordneter Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511624700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So erfreulich es ist, daß der Bundesminister des Auswärtigen gestern in einer Pressekonferenz zu diesen Fragen Stellung genommen hat, so muß ich doch anmerken, Herr Kahn-Ackermann, es wäre noch erfreulicher gewesen, wenn er die Gelegenheit benutzt hätte, das, was er gestern auf der Pressekonferenz gesagt hat, heute anläßlich der Behandlung dieser Anträge — von -Ihrer Fraktion ursprünglich gestellt — hier im Plenum zu sagen. Das entspräche dem parlamentarischen Brauch.
Ich habe an der Sache selbst nichts zu kritisieren. Aber ich meine, es ist einfach eine Stilfrage. Wir hatten kürzlich in der Etatdebatte den Herrn Bundesaußenminister hierzu gehört; er wurde von sich aus initiativ. Das war in der Tat das Neue. Ich glaube, da ist Ihnen eine kleine Verwechslung unterlaufen, Herr Kahn-Ackermann: das jedenfalls war neu, daß der Minister von sich aus auf diese Fragen zu sprechen kam. Aber die Fortsetzung hätte eigentlich hier im Parlament stattfinden sollen.

(Abg. Dr. Huys: Die haben Kabinettsitzung!)

— Nun gut, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, Herr Kollege Huys, daß man hier im Hause umdisponiert. Man hätte diesen Tagesordnungspunkt ja auch morgen oder am Freitag oder heute nachmittag behandeln können. Wenn man es will geht es sehr wohl. Ich bin der Meinung, es ist ein Zeichen einer mangelnden Koordinierung und eines gewissen Nichtvertrautseins mit diesen Fragen.
Der Antrag selber gibt der Bundesregierung eine Menge Arbeiten auf, und zwar, wie ich meine, sehr viele Arbeiten, die uns wiederum die Grundlage zu einer Meinungsbildung geben sollen, nicht nur dem Parlament, sondern auch der gesamten Öffentlichkeit.
Ich möchte auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen, der hier vielleicht nicht so ganz zum Ausdruck kommt — das ist kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung —, den Gesichtspunkt nämlich, daß auswärtige kulturelle Zusammenarbeit nicht nur im Ausland selber, sondern ganz besonders auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland für Ausländer stattzufinden hat. Ich betone das deshalb, weil hier zum Teil Erscheinungen sichtbar geworden sind, die uns zu Kritik Anlaß geben. Ich glaube, daß wir zu einseitig vorgehen. Das hängt sicherlich mit der Verfassungslage und mit der Kompetenzabgrenzung innerhalb der Bundesregierung
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Moersch
zusammen, die nicht gerade optimal ist. Wir legen zu wenig Wert darauf, diejenigen Ausländer zu unterstützen, die willens und in der Lage sind, etwa längere Zeit wissenschaftlich in Deutschland zu arbeiten, und die dazu lediglich private Einrichtungen schaffen wollen. Das ist — unabhängig vom Akademischen Austauschdienst, der sehr verdienstvoll arbeitet — z. B. bei gewissen amerikanischen Sommeruniversitäten der Fall, die sich bei uns niedergelassen haben. Es ist auch der Fall — etwa in den steuerrechtlichen Fragen — bei der Einrichtung von Colleges amerikanischen Ursprungs, die auf Grund von Vereinsgründungen in Amerika hier tätig werden. Meine Kritik richtet sich gegen gewisse Eifersüchteleien — ich muß das mal so sagen —, die anscheinend in bestimmten Kultusverwaltungen gegenüber solchen Einrichtungen vorhanden sind, vielleicht auch in Kreisen der einen oder anderen Universität. In Deutschland ist offensichtlich nur möglich und gut, was von amtlicher Stelle, von oben herunter verordnet wird. Wenn aber Ausländer bei uns von sich aus initiativ werden, dann werden sie unter Umständen von Behörden noch daran gehindert.
Wir sollten bei dieser Gelegenheit die Bundesregierung eindringlich bitten, auf dem Wege der Zusammenarbeit der einzelnen Ressorts und der Zusammenarbeit mit den Ländern dafür zu sorgen, daß beispielsweise die Forschungsstätten für Ausländer im Inland erheblich gestützt und ausgebaut werden. Ich verweise nur auf einige wenige, z. B. in der Germanistik, auf die es hier ankommt, etwa unser zentrales Literaturarchiv in Marbach/Neckar und andere mehr. Das ist etwa ein Beispiel dafür, wie man hier mit geringen Mitteln viel Wirkung erzielen kann.
Ganz besonders aber müssen wir daran interessiert sein, daß möglichst viele Ausländer — ich denke sowohl an Angehörige der Ostblockvölker, als auch an Angehörige etwa der amerikanischen Staaten — bei uns als junge Studenten schon in einem Zwischenstadium — etwa in Junior Colleges und ähnlichen Einrichtungen — Sprachkenntnisse und Kenntnisse von Land und Leuten erwerben können. Wenn die Koordinierung im Bereich der Bundesregierung verlangt wird, muß man auch auf eine bessere Koordinierung zwischen Bund und Ländern drängen.
In diesem Zusammenhang scheint mir die Frage überlegenswert zu sein, ob es. nicht richtig wäre —und ich meine: es ist richtig —, die Auslandsabteilung des Bundespresseamtes wieder ganz zum Auswärtigen Amt hinüberzunehmen, wo sie früher — nicht in diesem Staate, sondern früher — einmal war. Die Spaltung zwischen einer Kulturabteilung im Auswärtigen Amt und einer Auslandsabteilung beim Bundespresseamt, ist für die gesamte Arbeit im Grunde nicht förderlich. Um eine Einheit der gesamten Bemühungen herzustellen, sollte die Auslandsabteilung vom Auswärtigen Amt übernommen werden. Das wäre auch haushaltstechnisch von großem Nutzen und würde manche Personalschwierigkeiten, auf die auch in dem Antrag hingewiesen wird, auf die Dauer leichter beheben lassen. Das
wäre eine Tat, die zur Klärung beitragen würde und die uns insgesamt nur nützen könnte; denn diese beiden Bereiche fließen ineinander über. Man kann sie gar nicht so scharf voneinander trennen, wobei zwangsläufig sehr oft der Kulturreferent gleichzeitig draußen als Pressereferent oder als PresseAttaché, wie immer Sie das nennen wollen, fungieren muß.
Ein Problem werden wir wohl vorläufig nicht lösen können: die Frage unserer kulturellen Repräsentation bei internationalen Veranstaltungen. Das hängt mit der Länderkompetenz zusammen. Aber es ist bedauerlich, daß sich bei bestimmten privaten kulturellen Veranstaltungen im Ausland oft niemand findet, der gewissermaßen als der erste Repräsentant, als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland oder gewissermaßen als Delegationschef auftreten könnte. Dafür fühlt sich offensichtlich niemand verantwortlich. Darüber gibt es ganz erhebliche und, wie ich meine, berechtigte Klagen. Das ist auch eine Frage des Stellenwertes und vielleicht auch eine Frage der Information darüber, was überhaupt im Ausland stattfindet und wer hinausfährt. Es gibt hier niemanden, bei dem man sich sozusagen abmelden könnte oder müßte, wenn man zu solchen Tagungen eingeladen wird und hinfährt. Es gibt niemanden, der das weitergibt und dafür sorgt, daß eine vernünftige Koordinierung der deutschen Beteiligten stattfindet..
Weiter erhebt sich die Frage — wie gesagt: das hätte wohl am besten der Bundesaußenminister hier ausgeführt —, wie es eigentlich um die praktischen Möglichkeiten einer verstärkten Kontaktaufnahme mit den Ostblockstaaten auf kulturellem Gebiet bestellt ist. Diese Frage wird in dem Antrag ja auch aufgeworfen. Der Bundesaußenminister hat gestern, wenn ich das recht gelesen habe, sehr treffend gesagt, daß mit dem Ende des kalten Krieges auch hier andere Erwägungen angestellt werden müßten und daß wir auf eine Partnerschaft im wissenschaftlichen Bereich wie auch in anderen Bereichen hinarbeiten müßten. Das zu verdeutlichen, ist sicher eine der wichtigen Aufgaben. Wir werden hoffentlich, wenn der unter Punkt 9 des Antrages bis zum 1. Oktober 1957 angeforderte Bericht fristgemäß vorliegen sollte — was ich wegen der kurzen Zeitpause im Augenblick noch ein bißchen bezweifeln muß —, im Herbst Gelegenheit haben, über diese speziellen Fragen zu sprechen. Hier sind neue, große und sehr bedeutsame Aufgaben für uns erwachsen, nicht im Sinne einer Kulturpolitik, wie das so oft mißverständlich gesagt wird, sondern im Sinne einer Zusammenarbeit auf kulturellem Gebiet. Wir sollten ganz deutlich machen, daß es nicht ein eigentlich politisches Instrument zu sein hat, sondern daß die kulturelle Zusammenarbeit gewissermaßen die Fundamente legt, auf denen man dann auch die politischen Beziehungen aufbauen kann.
Eine Schlußbemerkung im Hinblick darauf, daß wegen der Kabinettssitzung und trotz der Tatsache, daß wir Parlamentarische Staatssekretäre geschaffen haben, deren spezielle Funktion es sein sollte, den Minister im Bundestag zu vertreten,
5794 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Moersch
wenn er durch andere Regierungsgeschäfte abgehalten ist, hier niemand von diesen Herren anwesend ist: das ist hoffentlich nicht als Symptom für die tatsächliche Einschätzung dieser Frage im Bundeskabinett zu werten.

(Beifall bei der FDP.)

Es widerspräche jedenfalls all dem, was wir aus dem Munde des Bundesministers des Auswärtigen hier gehört haben. Wir hoffen, daß den Worten bei der Pressekonferenz und bei der Etatdebatte nun alsbald auch die Taten folgen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511624800
Das Wort hat der Abgeordnete Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0511624900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht unsere Absicht, hier in eine Fachdebatte über Detailfragen der auswärtigen Kulturpolitik einzutreten. Es wäre auf manches von dem, was der Kollege Moersch hier gesagt hat, zu erwidern. Es kann auch nicht unsere Aufgabe 'sein, in die Organisationshoheit der Bundesregierung einzugreifen.
Ich möchte aber einen Gedanken aufgreifen. Der Minister hat in seinem Vorwort zu dem Bericht über die kulturpolitische Arbeit des Auswärtigen Amtes für das Jahr 1966, der gestern der Öffentlichkeit übergeben worden ist, sehr richtig festgehalten, daß Ziel, Inhalt, Operationsmethoden dieser ganzen Aufgabe — auch die Zusammenarbeit mit den Ländern und alles, was dazu gehört neu überdacht werden müssen und daß er sich dazu eines Instrumentes bedienen möchte, das es früher gegeben hat, das aber leider nur — so möchte ich sagen — ein Dornröschendasein geführt hat. Ich meine den Kulturpolitischen Beirat beim Auswärtigen Amt.
Ich glaube, ich gebe dem Wunsch aller in dieser Sache Beteiligten Ausdruck, wenn ich sage, daß wir von der Bundesregierung erwarten, daß sie diesen Beirat unverzüglich neu beruft und ergänzt, mit geeigneten Persönlichkeiten besetzt, dafür sorgt, daß er arbeitsfähig wird, und daß sie ihm die Aufgabe gibt, die der Minister umrissen hat, nämlich Ziel, Inhalt und Operationsmethode unserer Kulturpolitik neu zu definieren. Dabei wird manches besprochen werden müssen, was in unseren Anträgen enthalten ist.
Die Welt ist in einem ständigen Prozeß der Veränderung begriffen; vieles, was man sich in der amtlich geförderten Kulturpolitik vor Jahren ausgedacht hat, mag auf die heutigen Verhältnisse nicht mehr anwendbar sein.
Dies möchte ich mit dem Wunsch verbinden — er bezieht sich auf einen anderen Punkt, den der Kollege Moersch hier angesprochen hat —, daß die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf diesem Gebiet dringlich neu gestaltet wird, weil sich ein Teil unserer auswärtigen Kulturpolitik in der Tat nicht draußen, sondern innerhalb Deutschlands abspielt. Ich wünschte, daß der Herr Bundeskanzler
oder der Herr Bundesaußenminister sich einmal einen Tag Zeit nimmt, um mit den Ministerpräsidenten der Länder und ihren Kultusministern die zahlreichen auf diesem Gebiet nun seit Jahren anstehenden und ungelösten Probleme zu besprechen und den Ministerpräsidenten der Länder mit allem Nachdruck zu sagen, daß, um eine bessere und effektivere Form in vielen unserer derartigen Operationen zu finden, eine verständnisvollere und eingehende Kooperation der Länder nicht entbehrt werden kann. Vor allem ist es notwendig, daß innerhalb der Länderregierungen auch ein größeres Interesse für ihre nicht zu leugnende Mitverantwortung auf diesem Gebiet geweckt wird. Das mußte, glaube ich, zu diesem Punkte noch gesagt werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511625000
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Martin. -

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0511625100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte ist nun über meinen Bericht — Zentralstelle usw. — hinausgegangen, und das ist der Grund, weswegen ich teilweise zur Beantwortung der Ausführungen von Herrn Moersch und von Herrn Kahn-Ackermann noch einmal kurz das Wort ergreife. Ich habe mir den Bericht eben durchgesehen. Er ist eine tüchtige Aufstellung über das, was geschehen ist. Dieser Bericht zeigt, daß wir uns in einer Art von Konsolidierung dieser Arbeit befinden. Das wirft natürlich die Frage auf, wie es weitergehen soll.
Meine Ausführungen sollen dazu dienen, die Regierung anzuregen, sich dazu einige Gedanken zu machen, denn es ist ja auch die Aufgabe des Parlaments, nicht nur Vergangenes zur Kenntnis zu nehmen oder zu würdigen, sondern auch zu sagen, was wir wollen.
Ich glaube, folgendes ist wichtig. Wir haben seit 1955 einen ständigen Anstieg der Mittel gehabt, und wir müssen uns jetzt überlegen, wo das endet. Ich möchte es für wünschenswert halten, daß der Anteil der auswärtigen Kulturpolitik im Haushalt fixiert wird. Wir müssen wissen: was braucht ein Land in der Lage, in der sich die Bundesrepublik befindet, endgültig für diese Aufgabe, welche Summe ist dafür notwendig? Nach den Erfahrungen, die wir bisher haben, kann man mit Sicherheit sagen, daß der Betrag, der jetzt zur Verfügung steht, nicht ausreicht, um das Ganze dieser großen Aufgabe abzudecken. Wir müssen uns also damit vertraut machen, daß dieser Betrag noch ansteigt, und wir müssen bei unseren Planungen und Überlegungen auch wissen, wie viel das im ganzen ausmachen wird.
Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren. Die Institutionen der Kulturpolitik im Ausland sind in einem gewissen Maße zufällig entstanden oder historisch bedingt. Wenn Sie sich einmal eine Weltkarte vornehmen und feststellen, wo Institute und Schulen sind, und wenn Sie dann an Hand derselben Karte einmal überlegen, wo die Entscheidungspunkte und die Schwerpunkte deutscher Außenpolitik liegen, wo es am nötigsten ist zu wirken, werden Sie sehen, daß sich diese beiden Gesichtspunkte nicht ohne weiteres decken. Die Regionalisierung und
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5795
Dr. Martin
die Verteilung unserer Arbeit müssen neu überdacht werden.
Ich brauche hier dem Hause nicht zu sagen, wo die entscheidenden Punkte für die Zukunft Deutschlands liegen. Ich möchte aber nachdrücklich darauf hinweisen, daß das nachgezogen werden muß.

(Abg. Moersch: Wo liegen sie?)

— Aber Herr Moersch, einem so „geländegängigen" Parlamentarier wie Ihnen brauche ich das doch nicht zu sagen. — Das muß also geschehen.
Nun noch einmal zurück zu den Finanzen! Wir haben gestern in einem Gespräch mit dem GoetheInstitut und in Erwartung eines Berichts der Bundesregierung noch einmal Klarheit über folgendes bekommen. Die Frage, ob sich die deutsche Sprache als Wissenschafts- und Kultursprache in der Welt durchsetzen wird, wird sich nach der Meinung der besten Fachleute in den nächsten Jahren entscheiden. Es ist gestern gesagt worden, daß eine große Aktion, auch mit finanziellen Konsequenzen, notwendig ist, um das, wenn es überhaupt zu erreichen ist, zu erreichen. Ich denke, der Bundestag sollte eine solche Sache nachhaltig unterstützen. Wir haben darum gebeten. Wir werden dem Hohen Hause von unserem Ausschuß aus einen Bericht über die Situation der deutschen Sprache und so etwas wie ein Aktionsprogramm für die Wiederherstellung der Weltgeltung der deutschen Sprache vorlegen.
Schließlich ein Letztes, was für die Zukunft zu bedenken ist. In den letzten beiden Jahren und im Zusammenhang mit der Regierungserklärung hat sich ganz deutlich gezeigt, daß Osteuropa ein Schwerpunkt unserer Kulturarbeit ist. Hier tritt zugleich das Problem zutage, daß die klassischen Mittel der Kulturpolitik im Ausland in den osteuropäischen Staaten wegen der dort gegebenen besonderen Verhältnisse nicht oder nicht ohne weiteres anwendbar sind. In dem Bericht des Außenministers ist sehr schön gesagt, daß es zwei Säulen der auswärtigen Kulturpolitik gibt, nämlich die Schulen und die Institute. Diese beiden Säulen aber lassen sich nun einmal in Osteuropa nicht aufrichten. Wir brauchen also dort eine neue, eine einfallsreiche, eine adäquate, den Verhältnissen angepaßte und ihnen Rechnung tragende Kulturpolitik, die natürlich auch mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden muß. Das ist das Neue, was vor uns steht und was wir zu betreiben haben.
Hier ist zu sagen, daß sich dabei die Konstruktion, das Grundschema unserer Kulturarbeit bewährt. In diesen Ländern können wir wirksam werden, sind wir wirksam und müssen wir weiter wirksam bleiben nicht primär durch die Organe des Staates, sondern durch die Organe der Gesellschaft — wenn ich das einmal einander gegenüberstellen darf — mit den zahlreichen Institutionen in unserem Lande, die sich darum bemühen.
Ich möchte Herrn Moersch in einem Punkte entschieden recht geben. Die Kulturarbeit im Ausland ist eine Sache von Geld und von Personen. Aber sie gelingt nur, wenn die deutsche Kultur selber etwas von Faszination und Überzeugungskraft hat, wenn bei anderen Völkern die Meinung herrscht, daß sie ein wichtiger Teil der Weltzivilisation ist, daß sie unentbehrlich ist als ein Beitrag zum Ganzen, und deshalb endigt es natürlich hier in der Kulturpolitik. Ein sehr mutiger Mann, Dr. Roß vom Goethe-Institut, hat gesagt, es sei klar, daß die deutsche Kultur wieder ein Gegenwartsphänomen sei, daß sie in der Literatur, in der Wissenschaft, in den darstellenden Künsten heute wieder Leistungen habe, die die Aufmerksamkeit der Welt erregen. Wir wollen hoffen, daß das stimmt. Wir im Bundestag wollen alles tun, damit das, was er die Faszination der deutschen Kultur nennt, auch eine Wirklichkeit wird in diesem Lande.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511625200
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, auf die Uhr zu blicken.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kopf.

(Abg. Moersch: Wo ist Professor Stein heute?)


Dr. Hermann Kopf (CDU):
Rede ID: ID0511625300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An der Entwicklung und dem Aufbau des deutschen Auslandsschulwesens hat der Deutsche Bundestag eine entscheidende Mitverantwortlichkeit und Mitwirkung. Schon vor einer ganzen Anzahl von Jahren ging es auf seine Initiative zurück, daß die Mittel, die für das Auslandsschulwesen zur Verfügung gestellt worden sind, um ein Beträchtliches erhöht worden sind. Wir haben seitdem Jahr für Jahr Steigerungen gehabt. Heute haben wir die erfreuliche Tatsache, daß das deutsche Auslandsschulwesen, das im letzten Weltkrieg weitgehend zerstört worden ist. in einem hohen Maße wiederaufgebaut werden konnte.
Man muß aber die Ministerien von Aufgaben, die nicht ministerieller Natur sind, entlasten. Darum begrüßen wir es, daß durch die Schaffung der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen diejenigen administrativen und technischen Aufgaben, die man im Auswärtigen Amt mit dem besten Willen nicht bewältigen und ausführen kann, auf eine andere Dienststelle delegiert werden. Herr Kollege Martin hat den Kreis der Aufgaben dieser Zentralstelle umrissen. Sie hat neben diesen administrativen Aufgaben auch pädagogische Aufgaben, und sie hat Aufgaben der Schulinspektion. Diese Funktionen können nur dann ausgeübt werden, wenn dieser Stelle ein gewisses Maß von Eigenständigkeit zukommt. Das war der Grund dafür, daß der Auswärtige Ausschuß nach langen Beratungen in Übereinstimmung mit dem Unterausschuß „Auslandskulturarbeit" der Meinung gewesen ist, es sei trotz der Forderungen einer Rationalisierung nicht erwünscht, diese zu schaffende Zentralstelle in das Verwaltungsamt in Köln einzugliedern, es sei vielmehr richtiger, sie als eine sogenannte unselbständige Bundesoberbehörde dem Auswärtigen Amt zu unterstellen. Wir halten das für richtig, und wir bitten das Hohe Haus, diese Empfehlung zu geben.
Meine Vorredner haben zu dem Verhältnis von Bund und Ländern gesprochen. Dieses Verhältnis spielt gerade bei der Gestaltung der Auslandskul-
5796 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Kopf
turarbeit eine große Rolle. Wer ist der Repräsentant der deutschen Kultur nach außen? Das ist schwer zu beantworten. Und doch tritt diese Frage immer und immer wieder auf. Sie tritt auf, wenn wir Jahr für Jahr die UNESCO-Delegation zusammenstellen. Sie hat eine Rolle gespielt, als es sich darum handelte, den deutschfranzösischen Vertrag im kulturellen Bereich zu exekutieren. Hier hat man eine gute pragmatische Lösung gefunden: Der jetzige Bundeskanzler war Beauftragter sowohl der Bundesregierung als auch der Länder und hat in dieser Doppelfunktion die Aufgabe in einer Weise erfüllt, die dem Verhältnis von Bund und Ländern Rechnung trug. Aber immer und immer wieder taucht dieses Problem auf. In dem heutigen Antrag des Ausschusses wird gefordert, daß nicht nur die Wissenschaftsministerkonferenz, sondern auch die Erziehungsministerkonferenz institutionalisiert wird. Dies bedeutet, daß auch hierfür wieder eine Lösung gefunden werden muß, damit der Bund und gleichzeitig die Länder in einer solchen Konferenz vertreten werden.
Man hat bisher pragmatische Lösungen gesucht und gefunden, und man kann bei gutem Willen pragmatische Lösungen auch finden. Trotzdem ist es angebracht, daß Bund und Länder diese Frage einmal miteinander intensiv behandeln und prüfen, ob man über die pragmatischen Lösungen hinaus nicht vielleicht auch gewisse Lösungen mehr prinzipieller Art finden kann, natürlich unter Beachtung der Verfassung, ohne Änderung der Verfassung, aber doch zu dem Zweck, eine Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund zu gewährleisten und eine kulturelle Repräsentanz des Bundes und der Länder, und damit der gesamten deutschen Kultur, sicherzustellen.
Innerhalb der Bundesrepublik betreiben viele Organisationen Auslandskulturarbeit. Die Zahl dieser Organisationen ist erschreckend hoch. Es war richtig, daß man schon vor Jahren den Weg gewählt hat, privaten 'oder vielleicht auch offiziösen Organisationen diese Tätigkeit der Auslandskulturarbeit zu übertragen. Nicht der Bund selber hat diese Aufgaben in Angriff genommen, sondern er hat sich gewisser Auftragsorganisationen bedient, denen er auch seine Mittel zur Verfügung stellt. Aber was uns bisweilen erschreckt, das ist die erschreckend hohe Zahl dieser Organisationen. Es liegen hier auch gewisse Überschneidungen vor, und auch eine gewisse Doppelarbeit wird betrieben.
Der Antrag des Auswärtigen Ausschusses verlangt eine Koordination der Arbeit dieser Auftragsorganisationen. Aber diese Koordination wird noch nicht ausreichend sein. Wir werden hier auch einer gewissen Feldbereinigung und Durchforstung bedürfen. Es soll auch an dieser Stelle anerkannt werden, daß diese Auftragsorganisationen eine große und verdienstvolle Arbeit geleistet haben, jede an ihrem Platz. Niemand sollte das irgendwie verkennen. Trotzdem wird es notwendig sein, hier eine gewisse Konzentration der Arbeit vorzunehmen, eine gewisse Koordination, aber auch eine gewisse Bereinigung der Arbeit überhaupt, auch wenn wir an
dem Prinzip der Auftragsorganisation grundsätzlich festhalten wollen.
Es ist von der Bedeutung der deutschen Sprache gesprochen worden. Wir wissen alle, daß die deutsche Sprache in ihrer Geltung durch den Ausgang des letzten Krieges einen großen Rückschritt erlitten hat und daß es bis heute nicht gelungen ist, diesen Rückschritt wieder aufzuholen. Wir bemühen uns darum in den europäischen und in den internationalen Gremien. Die Bundesregierung bemüht sich, der deutschen Sprache wieder schrittweise einen Teil ihrer früheren Geltung zurückzugewinnen. Wir sind bescheiden geworden in unseren Ansprüchen. Wir wollen die Ansprüche nicht übersteigern. Ich zweifle, ob die deutsche Sprache wieder eine Weltgeltung erwerben kann. Aber sie besitzt eine europäische Bedeutung. Über die europäische Bedeutung hinaus besitzt sie auch eine Bedeutung als Wissenschaftssprache in der Welt. Daran wollen wir festhalten. Es ist begrüßenswert, daß hier ein Bericht über die Situation der deutschen Sprache in der Welt erbeten worden ist. Wir wissen uns einig mit der Bundesregierung in dem Bestreben, der deutschen Sprache wieder denjenigen Platz zurückzugewinnen, den sie als Repräsentant der deutschen Kultur in der Welt mit Recht verdient, auch wenn wir uns von jeder Übersteigerung einer Prätention hinsichtlich der Geltung der deutschen Sprache fernhalten möchten.
Schließlich noch ein Wort zu unseren kulturellen Beziehungen zu den Oststaaten. Es war wiederum der Deutsche Bundestag, der bereits vor einer Reihe von Jahren — ich glaube, es war bereits 1962 — im sogenannten Jaksch-Bericht zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Verbesserung der Beziehungen zu den Oststaaten wünscht und daß diese Verbesserung nicht nur auf dem wirtschaftlichen Gebiet, sondern namentlich auch auf dem kulturellen Gebiet erfolgen sollte. Viele Dinge sind inzwischen angelaufen, viele Maßnahmen sind getroffen worden. Es ist hier nicht der Ort, über Detailfragen zu sprechen. Aber es sei etwas Grundsätzliches zum Ausdruck gebracht: daß wir als Deutsche wünschen, diese kulturellen Beziehungen zu den Staaten des Ostens wieder anzuknüpfen, sie zu verstärken und sie auszubauen. Gerade durch die weitere Belebung der kulturellen Beziehungen können wir — das gilt aber auch für die Vertreter der Oststaaten — uns bewußt machen, daß wir eine gemeinsame kulturelle Vergangenheit in Europa haben, deren Tradition wir weiter pflegen möchten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511625400
Meine Damen und Herren, wird noch weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Zu Punkt 47 lasse ich über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1862 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5797
Vizepräsident Dr. Jaeger
Zu Punkt 48 lasse ich über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1863 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, das Wort zu einer Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0511625500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für meine Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511625600
Dr. Dehler hat damit gegen jene ungeschriebenen Verpflichtungen verstoßen, die den Mitgliedern des Präsidiums dieses Hohen Hauses mit der Annahme ihrer Wahl zum Präsidenten oder Vizepräsidenten erwachsen. Wir fordern jetzt hier im Plenum des Bundestages Vizepräsident Dr. Dehler erneut auf, der Würde seines hohen Amtes entsprechend zu handeln und die dem Kollegen Lücke zugefügte Beleidigung zurückzunehmen. Ohne eine solche — im Grunde doch wohl selbstverständliche — Zurücknahme sind wir gezwungen, Dr. Dehler die für die Leitung dieses Hauses notwendige Unvoreingenommenheit und Objektivität zu bestreiten.

(Zuruf von der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511625700
Das Wort zu einer Erklärung gemäß § 36 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mertes.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0511625800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für meine Fraktion habe ich die folgende Erklärung abzugeben.
Die gegen den Kollegen Dr. Dehler erhobenen Vorwürfe sind unberechtigt. Ich weise sie im Namen der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei zurück.
Der Bundesminister des Innern hat seine Qualifizierung durch den Kollegen Dehler selbst provoziert. Er hat gegen die Freie Demokratische Partei den Vorwurf erhoben, sie habe sich nicht immer staatserhaltend verhalten. Er hat vor Berliner Oberschülern Erklärungen abgegeben, die für den Verfassungsminister einer parlamentarischen Demokratie besonders bedenklich erscheinen. Sie sollen wegen ihres außergewöhnlichen Charakters hier nicht wiederholt werden. Er hat schließlich in der Aussprache des Deutschen Bundestages am 9. Juli 1967 gegen den Kollegen Dorn den nach seinem eigenen Vorbringen unbegründeten Vorwurf der bewußten Verleumdung erhoben.
Auf Grund dieses Gesamtsachverhalts nahm der Abgeordnete Dr. Dehler bei seiner Qualifizierung des Bundesministers des Innern ein berechtigtes Interesse wahr.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511625900
Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.03 Uhr bis 15.00 Uhr.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626000
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Gemäß interfraktioneller Vereinbarung rufe ich nunmehr Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz)

— Drucksache V/1339 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1974
Berichterstatter: Abgeordneter Mengelkamp
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (6. Ausschuß)

Drucksachen V/1918, zu V/1918 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Even (Erste Beratung 90. Sitzung)

Der Berichterstatter Dr. Even wünscht, seinen Schriftlichen Bericht zu ergänzen. Ich erteile ihm das Wort.

Dr. Bert Even (CDU):
Rede ID: ID0511626100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter muß ich leider das Hohe Haus um Nachsicht bitten, daß in der Drucksache V/1918 eine Reihe von Druckfehlern zu berichtigen ist; sie hängen mit den technischen Schwierigkeiten der vorigen Sitzungswoche zusammen.
In § 1 Abs. 1 Satz 1 muß es heißen:
Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Im Abs. 2 des § 1 sind ebenfalls zwei Worte verwechselt worden. Im ersten Halbsatz sind die Worte „Gestaltung des politischen Willens" durch die Worte „Bildung des politischen Willens" und in der vierten Zeile die Worte „Bildung der öffentlichen Meinung" durch die Worte „Gestaltung der öffentlichen Meinung" zu ersetzen.
In § 6 Abs. 2 muß es in der Nr. 1 eingangs heißen: „1. Namen sowie Kurzbezeichnung".
In § 7 Abs. 1 Satz 4 muß es heißen „auf das Gebiet eines Stadtstaates" und nicht „des Stadtstaates". •
In § 16 Abs. 2 muß es in der ersten Zeile heißen: „eines übergeordneten Gebietsverbandes".
In § 18 Abs. 3 Nr. 2 muß statt des Singulars „im Wahlkreis" der Plural „in Wahlkreisen" genommen werden.
5798 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Even
Schließlich muß in § 19 Abs. 2 die Bezugnahme in Satz 2 anstatt „§ 19" richtig „§ 20" heißen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir nun, in Ergänzung meines Schriftlichen Berichts die tragenden Motive der Ausschußfassung zu erläutern. Das Parteiengesetz ist vom Innenausschuß als ein wesentlicher Beitrag zur Festigung und Sicherung der Demokratie im Innern verstanden worden. Es ist in der vorliegenden Fassung nicht ein Gesetz, das den Status quo legalisiert, wie es einige Kritiker behaupten; denn alle Parteien werden ihre innere Struktur neu durchdenken, werden ihre Satzung reformieren und ihre Buchführung umstellen müssen.
Der Entwurf geht dabei davon aus, daß der Gesetzgeber durch Art. 21 des Grundgesetzes den politischen Parteien einen besonderen Verfassungsrang eingeräumt hat, indem er die parlamentarische Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland kraft zwingenden Verfassungsrechts als Parteienstaat formte. Das bedeutet allerdings nicht, daß der freie gesellschaftliche Grundcharakter der politischen Parteien in Deutschland verlassen werden könnte. Es bedeutet aber auch nicht die Übernahme des im 19. Jahrhundert herrschend gewesenen Verständnisses der Parteien als bloße Wahlvereine oder gar Honoratiorenklubs. Vielmehr hat sich der Innenausschuß den modernen, wesentlich weiter gefaßten Parteienbegriff zu eigen gemacht, der vom Grundgesetz gewährleistet wird und in den letzten 20 Jahren auch in der deutschen Verfassungswirklichkeit ausgeprägt worden ist.
Danach umfaßt das legitime Kraftfeld der Parteien neben der Teilnahme an Wahlen die Feststellung und Artikulierung des Willens der Bürger, die Einflußnahme auf die öffentliche Meinungsbildung, die Vertiefung der politischen Bildung überhaupt, das Hinführen der Bürger zur aktiven Teilnahme am politischen Leben, die Ausbildung befähigter Bürger zur Übernahme öffentlicher Ämter und die Einwirkung auf die staatliche Willensbildung mit dem ständigen Einsatz für eine enge Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen.
Hinsichtlich der inneren Ordnung ist der Innenausschuß davon ausgegangen, daß jedem Mitglied entsprechend seiner Befähigung, Aktivität und Überzeugungskraft die Möglichkeit zu mitbestimmender Teilnahme und zum Aufstieg in der Parteiorganisation gegeben wird. Die Gewinnung neuer Mitglieder, vor allen Dingen auch jüngerer Mitglieder, wird nur möglich sein, wenn es den Parteien gelingt, ihr innerparteiliches Leben wesentlich attraktiver zu gestalten, als das vielfach der Fall gewesen ist. Gleichzeitig muß das Mitglied vor Verbandswillkür geschützt werden und im Streitfall ein gerechtes Verfahren gewährleistet bekommen.
Auf der anderen Seite war der Innenausschuß allerdings der Meinung, daß es entgegen einer Reihe von Vorschlägen aus der politischen Wissenschaft nach dem Grundgesetz unzulässig wäre, den Parteien etwa so etwas wie eine Mustersatzung gesetzlich aufzuzwingen. Wir waren der Auffassung, daß es gerade den Konsequenzen der innerparteilichen Demokratie entsprechen würde, wenn man im
gesetzlichen Rahmen den Mitgliedern einen möglichst breiten Spielraum läßt, wie sie ihre satzungsrechtlichen Besonderheiten im Einzelfall auszugestalten beabsichtigen.
Einen wesentlichen Teil der Beratungen nahm das Problem der Wahlkampfkostenerstattung ein, ausgelöst durch das bekannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966. Die hier vorgesehene Wahlkampfkostenerstattung — das muß unterstrichen werden — ist in Wirklichkeit nur eine Bezuschussung zu den Gesamtaufwendungen der Parteien für Wahlkämpfe. Denn über die hier geregelte Kostenerstattung hinaus müssen die Parteien ihre Organisation, ohne die eine Wahlkampfführung überhaupt nicht möglich ist, mit Eigenmitteln finanzieren. Auch gehören die geldwerten, aber unentgeltlich gewährten Dienstleistungen von Tausenden von Vertrauensleuten zu den Eigenleistungen der Parteien. Die Einsatzbereitschaft und der Opferdienst dieser vielen tausend Mitarbeiter verdienen in der Öffentlichkeit mehr Anerkennung, als das bisher der Fall gewesen ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Anteil der verschiedenen Parteien an dem Gesamtkostenaufwand der voraufgegangenen Bundestagswahlen, den wir mit rund 95 Millionen DM errechnet haben, wird nach dem Verhältnis der Zweitstimmen pauschaliert. Diese Aufschlüsselung ist wegen der klaren Stimmenzahlen auf Grund der voraufgegangenen Wahlergebnisse zweifelsfrei zu ermitteln. Sie ist praktisch leicht durchführbar und vor allen Dingen einwandfrei demokratisch legitimiert, weil nämlich in Zukunft, meine Damen und Herren, jeder Wähler weiß, daß er durch seine Stimmabgabe gleichzeitig über die Höhe der Wahlkampfkostenerstattung für die gewählte Partei mit entscheidet. Durch die neue Regelung senken sich übrigens die Bundeszuschüsse an die Parteien, auf vier Jahre berechnet, von bisher 152 auf 96 Millionen DM.
In Hinblick darauf, daß Verbandsbeiträge allgemein und Spenden an gemeinnützige Vereinigungen steuerabzugsfähig sind, erschien es dem Innenausschuß gerechtfertigt, auch Parteibeiträge und Kleinspenden an Parteien bis zu einer bestimmten Höhe so zu behandeln. Der Innenausschuß hat dabei sorgfältig geprüft, ob der Gleichheitsgrundsatz verletzt werden könnte. Er ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der gewandelten Strukturen der Parteien in den letzten zehn Jahren, ihrer Beitragsstaffeln, ihrer Mitgliederzahlen und der Höhe ihrer Durchschnittsbeiträge, zu dem Ergebnis gekommen, daß dies jedenfalls bei der hier vorgesehenen Begrenzung nicht der Fall ist. Der Finanzausschuß hat diese Frage ebenfalls geprüft und ist zu dem gleichen Ergebnis gekommen.
Bei der Rechenschaftslegung sieht die Ausschußfassung vor, daß die Parteien jährlich eine von unabhängigen Wirtschaftsprüfern kontrollierte Einnahmerechnung .veröffentlichen müssen. Zu diesem Zweck haben die Parteien über alle rechenschaftspflichtigen Einnahmen Bücher zu führen. Die Einnahmen werden in sieben Hauptkategorien unterteilt, und Spenden, deren Gesamtwert eine be-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5799
Dr. Even
stimmte Höhe überschreitet, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen. Dadurch soll die Finanzierungsgrundlage der jeweiligen Partei durchschaubar und bei großen Zuwendungen der Spende r auch namentlich bekanntgemacht werden.
Hinsichtlich des Inkrafttretens ist zu betonen, daß nach dem Willen des Innenausschusses die Parteien bereits im Laufe des Jahres 1968 alle satzungsmäßigen Voraussetzungen zu schaffen haben, damit vom 1. Januar 1969 an den Vorschriften hinsichtlich der inneren Ordnung in vollem Umfang entsprochen werden kann.
Was den Rechenschaftsbericht angeht, so müssen die politischen Parteien bereits in diesem Jahre ihre Buchführung so gestalten, daß sie vom 1. Januar 1968 an in der Lage sind, die in dieser Richtung hier gestellten Erfordernisse zu erfüllen, d. h. daß sie im Jahre 1969 einen Rechenschaftsbericht bereits für das Jahr 1968 veröffentlichen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenausschuß war sich darüber im klaren, daß man die Demokratie nicht allein und nicht einmal in erster Linie mit Gesetzen sichern kann. Entscheidend ist das Verhalten der Staatsbürger selbst, die durch ihre Bereitschaft zur Mitarbeit und notfalls zum Opfer den Bestand des Rechtsstaates gewährleisten müssen. Die Verabschiedung des Parteiengesetzes sollte Anlaß sein, diese Mitverantwortung aller nachdrücklich zu betonen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und die mündliche Ergänzung. Soweit er Berichtigungen am Text des Gesetzes vorgetragen hat, werden sie der weiteren Beratung zugrunde gelegt.
Meine Damen und Herren, ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1 bis 33 auf. — Hierzu wird das Wort nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Bestimmungen sind angenommen.
Ich komme zu den §§ 34, 35, 36 und dem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Arndt und Genossen. *)
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Reischl.

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511626300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Frage der Steuerbefreiung von Parteibeiträgen und von Spenden für die Parteien gibt es einen seit Jahren andauernden Streit, der auch schon einmal zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nämlich am 24. Juni 1958, geführt hat. Der Bericht des Herrn Kollegen Even, den er gerade auch mündlich ergänzt hat, setzt sich bei den Bestimmungen
*) Siehe Anlage 4
der §§ 34 bis 36 auch mit dieser Frage auseinander. Es wurden zwei Gründe angeführt, die dort geprüft worden sind und aus denen im Innenausschuß eine Regelung, wie sie in diesen Paragraphen vorgesehen ist, für verfassungsmäßig gehalten wurde. Einmal wird angeführt, daß auch Verbandsbeiträge allgemein und Spenden an gemeinnützige Vereinigungen steuerabzugsfähig seien, so daß es gerechtfertigt sei, auch Parteibeiträge und Parteispenden bis zu einer bestimmten Höhe ebenso zu behandeln.
Als zweites wird angeführt, daß auch sorgfältig gepüft worden sei, ob der Gleichheitsgrundsatz verletzt werde. Sowohl der Innenausschuß als auch der Finanzausschuß verneinen dies, und zwar unter Berücksichtigung, wie sie sagen, aller Umstände, insbesondere der gewandelten Struktur der Parteien, der Beitragsstaffeln, der Mitgliederzahlen usw.
Die Antragsteller, die nun den Antrag auf Streichung, den zu begründen ich die Ehre habe, stellen, haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerade im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen noch einmal sorgfältig geprüft. Ich möchte zur Begründung des Antrags folgendes ausführen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1958 zwei Gründe angeführt, aus denen es die Steuerbefreiung von Zuwendungen an politische Parteien — die damals bis zu einem sehr viel höheren Betrag, nämlich bis zu 10 °/o der Gesamteinkünfte oder bis zu 2 vom Tausend des Umsatzes reichte — für unzulässig hält. Einmal sah es darin einen Verstoß gegen die Chancengleichheit der Parteien. Insoweit kann man der vom federführenden Innenausschuß vertretenen Meinung zustimmen. Die im Bericht angeführten Gründe für die Auffassung, daß angesichts der gewandelten Parteienstruktur bei einer Begrenzung des Satzes auf 600 DM jährlich eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit nicht vorliege, dürften wohl zutreffen.
Das Bundesverfassungsgericht hat aber noch einen zweiten Grundsatz verkündet, und zwar den Grundsatz der formalen Gleichbehandlung jedes Bürgers im Vorfeld der Wahl. Neben den Grundsatz der Chancengleichheit, der auf die Partei abstellt, tritt hier also der Grundsatz der Gleichbehandlung jedes Bürgers vor der Wahl. Hier sind nun die Antragsteller der Meinung, daß auch bei einer Begrenzung auf 600 DM jährlich eine Verletzung dieses Grundsatzes der formalen Gleichbehandlung aller Staatsbürger im Vorfeld der Wahl vorliegt, weil die Empfänger größerer Einkommen gegenüber denjenigen kleinerer Einkommen privilegiert werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur in der Entscheidung vom 24. Juni 1958, sondern auch in anderen Entscheidungen diesen Grundsatz der formalen Gleichbehandlung der Staatsbürger im Bereich der politischen Willensbildung sehr ernst genommen und hat ihn sehr streng und eng ausgelegt. Die Durchbrechung dieses Grundsatzes ist vom Bundesverfassungsgericht nur bei Vorliegen ganz zwingender Gründe für zulässig gehalten worden, so z. B. — bei der 5 %-Klausel — im Interesse der Sicherung einer funktionsfähigen Regierung.
5800 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Reischl
Nun müßte also auch hier ein solcher ganz besonderer Grund vorliegen, der eine Abweichung vom Grundsatz der formalen Gleichbehandlung des Staatsbürgers zulässig erscheinen läßt. Denn daß die Staatsbürger durch die vorgesehene Regelung ungleich behandelt werden, und zwar auch bei einer Begrenzung auf 600 DM, liegt offen auf der Hand. Einmal gibt es eine große Zahl von Einkommensempfängern, die wegen ihres geringen Einkommens überhaupt keine oder nur sehr wenig Steuer zahlen müssen, und es gibt auch Leute mit relativ hohem Einkommen, die wegen ihrer Kinderzahl usw. nur sehr wenig Steuer zahlen. Hier haben wir also schon einmal einen Kreis von Staatsbürgern, dem dieser Steuervorteil nicht zugute kommt. Was aber ganz besonders gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, ist die Tatsache, daß Aktionäre und Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung einen doppelten Steuervorteil genießen, weil sie einmal bei der Körperschaftsteuer und zum anderen bei der Einkommensteuer die 600 DM absetzen können und damit in noch höherem Maße eine Privilegierung ihres politischen Einflusses durch Geldhingabe erfahren. Gerade das war es, was das Bundesverfassungsgericht damals veranlaßt hat, jene Regelung für verfassungswidrig zu erklären.
Man kann natürlich nicht voraussagen, wie das Bundesverfassungsgericht bei Prüfung dieses Gesetzes entscheiden würde. Aber wenn ich alle bisherigen Entscheidungen durchsehe, die diesen formalen Gleichheitsgrundsatz gerade in bezug auf das Stadium vor der Wahl sehr, sehr ernst nehmen, und wenn ich weiterhin berücksichtige, daß durch das gleiche Gesetz die Wahlkampfkostenerstattung eingeführt wird, die den Parteien ohnehin Mittel zuführt — notwendige Mittel zuführt —, dann läßt sich angesichts dieser Sachlage kaum ein so schwerwiegender Grund finden, der eine Ausnahme von dem Grundsatz der formalen Gleichbehandlung zulassen wird.
Ein Zweites! Der Schriftliche Bericht beruft sich auch auf die Gleichbehandlung mit Verbandsbeiträgen und Spenden an gemeinnützige Vereinigungen. Hier hat das Bundesverfassungsgericht gerade in seiner Entscheidung von 1958 sehr klar unterschieden. Es hat gesagt, daß ein großer Unterschied allein schon deswegen bestehe, weil die Gelder für politische Parteien zu einem bestimmten Zweck, nämlich zur Durchsetzung politischen Willens, hingegeben würden und weil außerdem das Ergebnis der Willensbildung, nämlich die Mehrheitsentscheidung, für alle Staatsbürger gelte, ohne Rücksicht darauf, ob sie solche Gelder hingegeben hätten. Bei den Vereinigungen ist es demgegenüber ja völlig anders: hier geht es um die Unterstützung einer bestimmten Vereinigung, und die Willensbildung dieser Vereinigung hat keineswegs Einfluß etwa auf alle Staatsbürger, auch auf diejenigen, die kein Geld an diese Vereinigung gegeben haben.
Namens der Antragsteller muß ich also sagen, daß aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1958 doch noch sehr, sehr schwerwiegende Bedenken gegen die Regelung der §§ 34 bis 36 des Gesetzentwurfs bestehen, weswegen wir auch die Streichung beantragen.
Ich darf noch einen anderen Gesichtspunkt anführen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem neuen Urteil vom 19. Juli 1966 eine öffentliche Finanzierung der Parteien nur insoweit zugelassen, als es sich um den Ersatz notwendiger Wahlkampfkosten handelt. Nun ist aber eine Finanzierung durch Steuerverzicht, durch Steuervergünstigungen auch eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln. Ich fürchte, daß das Bundesverfassungsgericht bei einer neuerlichen Prüfung auch hierin einen Verstoß nicht nur gegen sein Urteil von 1958, sondern auch gegen sein Urteil von 1966 sehen wird, so daß die Regelung, wie ich fürchte, einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung nicht standhalten wird.
Abschließend darf ich im Namen der Antragsteller an Sie appellieren, unseren Antrag zu unterstützen. Denn der Gesetzgeber sollte keine Regelung treffen, die den Spruch des Bundesverfassungsgerichts in irgendeiner Weise zu unterlaufen versucht. Ich will nicht sagen, daß damit das Bundesverfassungsgericht in Mißkredit kommen würde, — viel eher wir, die wir uns nicht an die verfassungsmäßige Ordnung in diesem Punkt halten. Gerade wir als Gesetzgeber sollten die einzige Grenze, die uns gesetzt ist, nämlich die Grenze der Verfassung, sehr, sehr sorgfältig einhalten. Wenn in einer so wichtigen Sache zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts vorliegen, dann sollten wir es uns sehr sorgfältig überlegen, ob wir diese Urteile auch nur annähernd berühren und uns der Gefahr aussetzen wollen, daß unser Beschluß in dieser Sache als verfassungswidrig wieder aufgehoben wird.
Noch eines gebe ich anschließend zu bedenken. Es ist schon oft beklagt worden, daß die Wirksamkeit der politischen Parteien in der Öffentlichkeit — Herr Kollege Even hat es gerade auch gesagt — nicht immer die Anerkennung findet, die ihr zukommt. Aber es macht keinen guten Eindruck und könnte unserer Wirksamkeit in der öffentlichkeit eher abträglich sein, wenn wir gerade in einer Sache, die uns als politische Parteien selber betrifft, also sozusagen in eigener Sache, eine gesetzliche Bestimmung erlassen, die zumindest hart an die Grenze der Verfassung gerät und bei der die Gefahr besteht, daß das Bundesverfassungsgericht sie wieder aufheben wird.
Ich darf Sie also bitten, unserem Antrag zu folgen und die §§ 34 bis 36 zu streichen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626400
Das' Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Güde.

Dr. Max Güde (CDU):
Rede ID: ID0511626500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, für meine Freunde der Begründung und dem Antrag, den wir soeben gehört haben, zu widersprechen. Das war, bei allem Respekt vor der juristischen Gelehrsamkeit des Kollegen Dr. Reischl, ein verfassungsrechtliches Skrupulantentum. Allein aus der Sorge, man könnte auf verfassungsrechtliche Widersprüche stoßen, sollte und dürfte dieses Haus nicht
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5801
Dr. h. c. Güde
vor seiner. eigenen Entschlußfreiheit und seiner eigenen Verantwortung zurückschrecken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)

Das Ganze unserer Verfassung ist auf eine gesunde Spannung angelegt, nicht so, daß das Bundesverfassungsgericht an Stelle des Gesetzgebers regiert, sondern so, daß das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Kontrolle ausübt, aber die verfassungsmäßige Verteilung der Funktionen dabei erhalten bleibt. In diesem Konzept unserer Verfassung — einer gesunden Verfassung überhaupt — liegt die erste Verantwortung für die richtige verfassungsmäßige Gestaltung der staatlichen Ordnung beim Gesetzgeber. Man darf den Gesetzgeber nicht einengen und in seiner Verantwortung beschneiden. Das ist das erste, was man zu dem Antrag sagen muß. Man soll nicht vor dem Skrupel zurückweichen, sondern man soll sich besinnen; im Respekt vor dem Verfassungsrecht — man darf es nicht verkehren —, nicht im Respekt nur vor dem befürchteten Spruch des Verfassungsgerichts, sondern im Respekt vor dem, was man selbst für richtig hält,

(Beifall bei der CDU/CSU)

soll man seine Entschlüsse fassen.

(Zuruf von der SPD: Darum geht es ja!)

— Ganz genau, Herr Kollege; deswegen darf man nicht argumentieren: Möglicherweise werden wir vom Bundesverfassungsgericht mißbilligt werden — da wir keine Propheten sind, werden wir das nicht mit Sicherheit sagen können —, sondern wir müssen uns selbst fragen, ob wir gezwungen sind, vor dem Verfassungsrecht gewisse Folgerungen zu ziehen oder nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat selbst in vielen Entscheidungen die Grenze zwischen seinen eigenen Kompetenzen und denen des Gesetzgebers gezogen. Es hat gesagt: Dem Gesetzgeber muß natürlich ein weiter Raum der Gestaltungsfreiheit bleiben, ihm muß ein weiter Raum gesetzgeberischen Ermessens bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat selbst seine Schranke dahin beschrieben, daß die äußersten Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten sein müssen, um das Urteil der Verfassungswidrigkeit zu rechtfertigen. Er hat erklärt, daß es nicht darauf ankommt, ob die Lösung des Gesetzgebers die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste ist, und daß das Bundesverfassungsgericht nicht von diesem Gesichtspunkt her die bessere oder vernünftigere Lösung an diese Stelle setzen kann, sondern daß die Lösung des Gesetzgebers, wenn sie in sich möglich ist, nicht verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht — ich zitiere immer das Gericht selber — will und darf nicht an die Stelle des Gesetzgebers treten. Es darf nicht dem Gesetzgeber seine Gesetze vorschreiben. Das ganz allgemein.
Nun ganz konkret. Der Kollege Dr. Reischl hat für die Antragsteller auf die Entscheidungen im 8. Band aus dem Jahre 1958 und aus dem 20. Band, der das letzte Urteil zur Parteienfinanzierungsfrage enthält, Bezug genommen. Sagen wir es mit dem gebührenden Respekt: das Urteil im 8. Band aus
dem Jahre 1958 ist in seinen Grundlagen natürlich erschüttert. Das Bundesverfassungsgericht ist in der letzten Entscheidung — sagen wir es vorsichtig — nicht ganz auf denselben Pfaden gewandelt wie im Jahre 1958, und es ist schwer, aus den beiden Urteilen die gemeinsame verbindliche Grundlage noch herauszustellen. Die Berufung auf das Urteil von 1958 darf also keineswegs wörtlich erfolgen. Sie können nicht sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat damals schon die steuerbegünstigte Spende für verfassungswidrig erklärt. So darf man nicht sagen, denn jene Entscheidung stand unter ganz konkreten soziologischen Analysen, die sehr genau daraufhin untersucht werden müssen, ob sie für diese Regelung jetzt noch zutreffen. Ich sage: Nein!
Der Innenausschuß hat in seiner Vorlage die Grenzen so eng gezogen, daß die alten Bedenken nicht geltend gemacht werden können. Der Herr Kollege Reischl hat das für die Frage der Gleichheit der Wettbewerbschancen eben selbst zugegeben. Dazu brauche ich also nichts mehr zu sagen. Geblieben ist nur der allgemeine Gleichheitseinwand, und da muß man sagen: das ist skrupulös, denn die Auswirkung in dieser Beziehung ist so geringfügig, daß sich der Bürger in seiner Gleichheit dadurch nicht ernstlich betroffen fühlen wird und betroffen fühlen kann.
Der Herr Kollege Reischl hat insofern — zurückgehend auf Wendungen des letzten bundesverfassungsgerichtlichen Urteils — gesagt, es müsse ein besonderer Grund für eine Art von staatlicher Bezuschussung der Parteien geltend gemacht werden können, denn sie sei ja im Grunde im letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts mißbilligt worden. Es liegt schon eine ganze Menge Literatur über dieses Urteil vor, und mit Recht, meine Damen und Herren, hat man — sich lösend von dem Wortlaut, auf den man niemand binden kann — gesagt: Es kommt nur darauf an, ob eine bestimmte Form der Finanzierung die Freiheit der Parteien und mit ihr die Freiheit des Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes beeinträchtigt oder nicht. In Wirklichkeit ist die verfassungsrechtliche Schranke die, daß Sie sich als Gesetzgeber fragen müssen: Wird, wenn wir diese steuerbegünstigte Spende wieder zulassen, dadurch die Freiheit der Parteien beeinträchtigt — nein, sicher wird sie das nicht —, oder wird dadurch die Freiheit des Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes beeinträchtigt? Nein, ich sage vielmehr, hier ist durch die Nichtigerklärung der letzten Parteienfinanzierung ganz offensichtlich ein Spielraum geschaffen, den der Gesetzgeber aus der ihm zustehenden Rechtsmacht ausfüllen kann. Denn auch das gilt: wo das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, öffnet es zugleich der Gestaltungsmacht des Gesetzgebers den Weg neu.
Deswegen sage ich, meine Damen und Herren: es gibt keinen Grund, aus dem Sie diese maßvolle und vernünftige Partie des Entwurfs ablehnen müßten. Im Gegenteil, wenn Sie das Ganze einmal überschauen, werden Sie sehen, daß das eine sinnvolle und zu rechtfertigende Ergänzung des halb vom Bundesverfassungsgericht erzwungenen, halb auch
5802 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. h. c. Güde
vom Gesetzgeber zusätzlich geschaffenen Systems der Finanzierung dessen ist, was die Parteien in Staat und Gesellschaft zu leisten haben. Ich bitte Sie also, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der übrigen Fraktionen.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß Sie,. Herr Kollege Güde, unserem Kollegen Reischl Argumentationen unterstellt haben, die meinem Freunde Reischl ganz fern liegen, das tut mir leid; denn das fördert nicht gerade die Sachlichkeit der Debatte. Reischl hat hier weiß Gott nicht die Auffassung vertreten, man sollte skrupulös sagen, eine solche Gesetzgebung werde möglicherweise vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben, und deshalb wolle man sich aus Ängstlichkeit doch lieber davon fernhalten. Das hat Reischl nicht gesagt.
Sie brauchen niemanden hier zu erzählen, daß das Bundesverfassungsgericht kein Gesetzgeber ist. Es weiß jeder hier im Hause, daß ihm nur die Kontrolle obliegt. Das, was hier vorgetragen worden ist, ist vielmehr die eigene Sorge, ob das, was in dem Entwurf des Gesetzes steht, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Ich glaube, diese Sorge haben wir doch gemeinsam; auch Sie wünschen doch nichts in das Gesetz hineinzuschreiben, wovon man befürchten müßte, daß ihm so ernste Bedenken entgegenstehen, daß es wiederum zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt, die dem Bundestag eine objektive, natürlich nicht in böser Absicht vorgenommene Verletzung der Verfassung nachweist.
Das Bundesverfassungsgericht ist sehr behutsam in seinen Entscheidungen und nimmt sehr Bedacht auf den Ruf der gesetzgebenden Körperschaft; denn es weiß genau, daß dieser Ruf der gesetzgebenden Körperschaft in der Bevölkerung entscheidend ist für das Ansehen der Demokratie. Aber auch wir sollten etwas Bedacht nehmen auf den Ruf des Bundesverfassungsgerichts und sollten uns, zumindest nicht unnötig, in die Lage und Rolle hineinbringen, sozusagen wider den Stachel zu löcken, weil uns irgendeine Entscheidung nicht gefällt. Selbstverständlich sind dem Bundesverfassungsgericht Grenzen gesetzt, und es hat diese Grenzen, glaube ich, auch immer eingehalten.
Nun muß ich etwas sehr Kritisches sagen, Herr Kollege Güde. Ich habe auch bei Ihnen wie bei manchem anderen den Eindruck, als ob Sie sich nicht hinreichend mit dieser Rechtsprechung beschäftigt hätten; sonst hätten Sie manches nicht ausführen können, was Sie gesagt haben. Es steht seit 1958 in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, daß den Parteien finanzielle Mittel vom Staat zur Verfügung gestellt werden können. Ich glaube sogar sagen zu können, daß die Entscheidung aus dem Jahre 1958 in diesem Punkte weiter geht als die Entscheidung von 1966. Das wird in der Öffentlichkeit
vielfach verkannt; ich muß dazu gleich noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen.
Damals, im Jahre 1958, hat das Bundesverfassungsgericht den Parteien wegen der zentralen Stellung, die sie im gesamten Verfassungswesen einnehmen und die in den Wahlen besonders wirksam wird, organschaftliche Funktionen im inneren Bereich des Verfassungswesens zuerkannt. Das ist ein Wort, was da steht. Dann wird daraus vom Bundesverfassungsgericht auch noch die Folgerung gezogen: es muß, da die Durchführung von Wahlen eine öffentliche Aufgabe ist und den Parteien dabei eine entscheidende Rolle zukommt, auch zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, 'sondern auch für die. die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen. Das ist eine nahezu unbegrenzte Zusage. Das, woran es immer wieder gehapert hat, waren die Modalitäten. Das Urteil von 1966 sagt ja nicht, daß die Parteien nicht Zuschüsse zu ihren Kosten von Staats wegen bekommen können, sondern sagt nur: Das habt ihr euch nicht genug überlegt; ihr könnt das nicht im Haushaltsgesetz machen wegen des Bepackungsverbots; es geht nicht, ohne daß ein Parteiengesetz erlassen wird; es müssen Maßstäbe aufgestellt, Grenzen gesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat immer nur die Modalitäten beanstandet, niemals in seiner Rechtsprechung die staatliche Mitfinanzierung von politischen Parteien. Es hat im Gegenteil schon 1958 in einer sehr weiten Form, die weitergeht als 1966, den Grundsatz ausgesprochen, daß den politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung gestellt werden können.
Ich sage das auch deswegen — denn ich glaube, daß zwischen uns viel Übereinstimmung besteht —, weil das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache leider Beifall von der falschen Seite bekommen hat. Es ist gesagt worden, das Bundesverfassungsgericht habe nun den politischen Parteien einmal kräftig auf die Finger geklopft. Ich weise in aller Öffentlichkeit zurück. Wer das sagt, hat von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Ahnung. Wenn man in der Rechtsprechung einen Tadel sehen will, dann für die nicht unerheblich großen Kreise unserer Bevölkerung, die noch nie etwas anderes für die politischen Parteien getan haben, als auf sie zu schimpfen.

(Beifall.)

Das ist gar nicht im Sinne des Bundesverfassungsgerichts. Das will mit seinen Ausführungen tadeln, daß in unserem Volke, Gott sei es geklagt, nicht genug Gemeinsinn besteht, um einzusehen, welche Aufgabe die politischen Parteien haben, und ihnen dann auch die entsprechenden Mittel freiwillig und sogar durch Opfer zur Verfügung zu stellen.
Ich will noch weitergehen. Man kann heute erkennen, wer Gegner der Demokratie ist. Das erkennt man nicht an seinen Ausdrücken; alle sind ja angeblich heute Demokraten. Aber man erkennt ihn daran, daß er gegen die politischen Parteien ist, daß er gegen die Finanzierung der politischen Parteien ist, daß er gegen die Diäten der Abgeordneten ist und daß er gegen den Bau von Parlamentsge-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5803
Dr. Arndt (Berlin/Köln)

bäuden ist, die man braucht; sie sind die wichtigsten Gebäude im ganzen Land, weil dort die politischen Entscheidungen getroffen werden. Daran erkennt man heute Gegner der Demokratie.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn meine Freunde und ich jetzt den Antrag eingebracht haben, die Paragraphen zu streichen, die eine Unterstützung der Parteien auf mittelbarem Wege durch steuerliche Begünstigung vorsehen, so glaube ich, daß ich es nicht nötig habe, auch nur den geringsten Argwohn abzuwehren, als ob wir uns in eine Parteigegnerschaft hinein begeben wollten. Wir wollen vielmehr nur vermeiden, daß wiederum Modalitäten der Unterstützung gewählt werden, die so nicht gehen, wie es nicht beim Haushaltsgesetz ging, wie es 1958 nicht beim Steueränderungsgesetz ging. Das wollen wir aus eigener Überzeugung vermeiden.
Nun muß ich doch einmal — ich bitte um Entschuldigung, aber es ist nicht viel — mit hoffentlich freundlicher Erlaubnis des Herrn Präsidenten die Sätze des Bundesverfassungsgerichts anführen, auf die es ankommt. Gott sei Dank begründet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen nicht in einem Juristenchinesisch, sondern so, daß jeder Mensch das verstehen kann. Ich glaube, es wird einfach sein. Ich lese es auszugsweise; es ist kurz, aber verständlich:
Der Bürger,
— sagt das Gericht —
der einer politischen Partei Geld spendet, bekennt sich damit in der Regel zu den Zielen dieser Partei, ähnlich wie wenn er ihr seine Wahlstimme geben würde. Er macht von seinem Recht auf Teilhabe an der politischen Willensbildung Gebrauch. Dieses Recht äußert sich in der lebendigen Demokratie nicht nur in der Stimmabgabe bei den Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung. Aus diesem Grunde ist der Gleichheitssatz nicht nur im Bereich des Wahlrechts im engeren Sinne, sondern auch in diesem Vorfeld der politischen Willensbildung streng formal zu verstehen. Der Gesetzgeber braucht zwar nicht faktisch vorhandene, unterschiedliche Möglichkeiten der Einflußnahme auf diesen Prozeß auszugleichen. Wenn er aber gesetzliche Bestimmungen erläßt, die dem einzelnen besondere Möglichkeiten für eine solche Einflußnahme eröffnen, so darf dadurch nicht eine Differenzierung eintreten, die zu einer Privilegierung finanziell leistungsfähiger Bürger führt.
Quintessenz: Zunächst einmal ist gesagt worden, daß politische Spenden etwas ganz anderes sind als Beiträge zu Geflügelzüchtervereinen, Olympia-Klubs und Ähnliches mehr. Hier wird Politik gemacht durch die Hingabe von Geld. Das ist entsprechend der Wählerstimmgabe — das behalten Sie bitte im Gedächtnis! —, und das, sagt das Gericht, darf nicht so gemacht werden, daß es zu einer Privilegierung der finanziell Leistungsfähigeren wird.
Nach einer Auslassung, die nicht so wichtig ist, geht es weiter:
Die durch das Grundgesetz errichtete demokratische Ordnung trägt insoweit einen formalen Charakter, als sie unbeschadet der bestehenden sozialen Unterschiede im Bereich der politischen Willensbildung alle Staatsbürger grundsätzlich absolut gleich bewertet. ...
Der Grundsatz der progressiven Besteuerung
führt nun aber dazu, daß diejenigen Bürger, die durch Parteispenden von ihrem demokratischen Recht auf Teilhabe an der staatlichen Willensbildung Gebrauch machen, als Steuerzahler einen unterschiedlichen materiellen Vorteil erlangen. Da dem Geld bei den Wahlvorbereitungen eine bedeutende Rolle zukommt, und da eine Partei, die über große Geldmittel verfügt, unter Umständen eine wirksamere Propaganda entfalten kann als eine Partei mit geringeren finanziellen Mitteln, kann der Spender mit hohem Einkommen seiner politischen Meinung zu einer größeren Werbekraft verhelfen und damit seinem politischen Einfluß eine größere Wirkung verschaffen als der Spender mit kleinem Einkommen. Da bei Spenden an politische Parteien der Bezieher eines großen Einkommens einen absolut und relativ höheren Betrag an Steuern erspart als der Bezieher eines kleinen Einkommens, wird die politische Meinung des ersten sozusagen prämiiert. Eine solche, durch ein Gesetz gescharfene unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einflußnahme auf die politische Willensbildung je nach der Höhe des Einkommens verträgt sich aber nicht mit dem Grundsatz der formalen Gleichheit, der die Ausübung politischer Rechte in der freien Demokratie beherrscht.
Das ist das Bundesverfassungsgericht, das sind seine Erwägungen, und daraus will ich jetzt noch einmal die Nutzanwendung ziehen, weil Sie da immer mit einem Einwand kommen, der nicht stimmt. Sie sagen, das seien hier so kleine Beträge, daß das keine Rolle spiele. Es ist richtig, das ist auf 600 DM begrenzt. Das ist ein großer Unterschied gegen damals. Jetzt ist es so, daß im Höchstfall von 600 DM Spende oder Beitrag das Finanzamt 53 % vergütet, also etwas über 300 DM, und im Mindestfall, also bei dem untersten Lohnsteuerzahler, die Vergütung etwa 120 DM ist. Man könnte sagen, die Differenz dazwischen sei nicht erheblich, obgleich das Bundesverfassungsgericht extrem auf der radikalen Gleichheit der Bürger in diesem Falle beharrt.
Aber Sie vergessen immer eines. Sie vergessen immer die Millionen Menschen, die keine Lohnsteuer zahlen, die nicht lohnsteuerpflichtig sind, weil sie mit ihrem Einkommen als Arbeitnehmer darunter liegen oder weil sie Hausfrauen sind oder weil sie noch in der Ausbildung sind oder weil sie Rentner sind. Sie müssen sich einmal klarmachen, was denn die steuerliche Vergünstigung heißt. Die steuerliche Vergünstigung bedeutet, daß das Finanzamt einen gewissen Prozentsatz dazugibt, bis zu 53 % vom Höchstbetrag von 600 DM. Es ist also
5804 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Arndt (Berlin/Köln)

ein unsichtbarer Zuschuß aus Steuergeldern an den Bürger, der so viel verdient, daß er Lohn- oder Einkommensteuer zahlt. Das ist genau die Ungleichbehandlung, die das Bundesverfassungsgericht in diesem Vorfeld der politischen Willensbildung ausschließen will, weshalb es sagt, daß hier die absolute Gleichheit in formaler Hinsicht zwischen allen Bürgern herrscht.
Und nun einmal vom Juristischen weg zum Sozialen hin. Es ist doch auch eine Ungerechtigkeit, daß der, der ein höheres Einkommen erzielt, für seine 600-Mark-Spende 300 DM vom Finanzamt als stillen, unsichtbaren Zuschuß bekommt, so daß ihn seine Spende oder sein Beitrag in Wirklichkeit eben keine 600, sondern nur 300 Mark kosten, die Rentnerin aber, die mit viel Mühe, weil ihr an den Wahlen viel liegt, 20 DM aufbringt — für die Frau ein Vermögen! —, vom Finanzamt auch nicht einen roten Heller Zuschuß dazu bekommt. Hier wird im Kern die Gleichheit der Menschen angegriffen, die in diesem Bereich des politischen Vorfeldes nur so absolut sein kann, wie das Bundesverfassungsgericht es im Jahre 1958 mit einfachen, doch überzeugenden Worten dargetan hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626700
Herr Abgeordneter Dr. Arndt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Moersch?
Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) : Ja, bitte schön!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511626800
Herr Abgeordneter Dr. Arndt, wenn Sie diese Konsequenz ziehen — wären Sie dann auch bereit, sie in anderen Bereichen zu ziehen, z. B. bei der Absetzung von Beiträgen zu Berufsvereinigungen usw., wo ja auch derjenige nichts von der steuerlichen Absetzbarkeit hat, der keine Steuern zahlt?
Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) : Aber, Herr Kollege Moersch, ich habe ja doch vorgelesen, daß das Bundesverfassungsgericht sagt: die politische Spende ist etwas ganz anderes als alle übrigen Mitgliederspenden und -beiträge, und zwar weil sie bereits ein Akt der politischen Willensbildung ist. Das ist das Entscheidende.

(Abg. Moersch: Was ist denn der Berufsstandsbeitrag nach Ihrer Meinung?)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511626900
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Memmel?
Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) : Ja, aber als letzte!

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0511627000
Herr Kollege Arndt, wenn dem so ist, wie im Bundesverfassungsgerichtsurteil steht, daß nämlich der Spender durch eine Spende sich zu einer Partei bekennt — gibt es da nicht manchen Spender, der sich zu vielen Parteien, vielleicht sogar zu allen Parteien, bekennt?

(Heiterkeit.)

Dr. Arndt (Berlin/Köln) (SPD) : Das weiß ich nicht, das müssen Sie den Spendern überlassen.
Meine Damen und Herren, ich will Sie nicht zu lange aufhalten; ich will zusammenfassen. Das, was sich beim Bundesverfassunggericht rechtlich zeigt, das zeigt sich im gesellschaftlichen Leben, sozial, dadurch, daß wir zwei Kategorien von Bürgern und Wählern bekommen: eine Kategorie, die für ihre Beiträge und Spenden Staatszuschüsse bekommt, und eine andere Kategorie — und das ist gerade die schwächere —, die, wie auch immer sie sich anstrengen mag, von diesem stillen, verschwiegenen, unsichtbaren staatlichen Zuschuß ausgeschlossen ist. Ich glaube, das sollten wir nicht machen. Ich habe da eine noch wesentlich größere Sorge als vor dem Bundesverfassungsgericht: ich glaube, mit einer solchen Manipulation machen wir die Demokratie bei der Bevölkerung unglaubwürdig.

(Beifall bei der SPD.)

Und warum? Es ist doch nicht notwendig! Wir haben in der Frage ,der Wahlkostenerstattung einen breiten Gestaltungsraum. Wenn Sie den Bleistift zur Hand nehmen — ich spreche jetzt hier sehr offen — und sich einmal ausrechnen, was Sie glauben, davon zu haben --- ich glaube, daß die Parteien wenig davon haben; es ist einfach so, daß, wer bisher 600 Mark bezahlt hat, auch weiterhin 600 Mark zahlt, aber 200 bis 300 Mark auf das Finanzamt abwälzt. Die Parteien werden nicht viel von dem Gelde sehen; wenn Sie das annehmen, sind Sie sowieso im Irrtum.
Also: Das, was notwendig ist an staatlichen Zuschüssen zur Parteifinanzierung, das soll geschehen und das muß geschehen. Aber nicht in dieser Modalität, bei der Sie, glaube ich, das Verhängnisvolle daran immer noch nicht ganz durchschaut haben. Ich bitte Sie: überlegen Sie sich das. Wir sind hier wieder auf einem gefährlichen Weg, der unter Umständen zu einer erheblichen Verstärkung der Parteiverdrossenheit führt. Das wollen wir alle den politischen Parteien nicht antun.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511627100
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güde.

Dr. Max Güde (CDU):
Rede ID: ID0511627200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein paar Sätze der Erwiderung. Ich bitte den Herrn Kollegen Dr. Arndt, nachzulesen, was Herr Kollege Reischl gesagt hat. Er wird dort ein paarmal die .Sätze finden: Nehmen wir uns in acht, vielleicht wird uns das Bundesverfassungsgericht wieder mißbilligen. Aber ich will gar nicht mehr vom Skrupulantentum reden. Denn Herr Dr. Arndt war nicht skrupulös in dem Vorwurf gegen mich, ich hätte die Dinge nicht genügend nachgelesen. Wenn es nicht ein wenig unhöflich wäre, dann würde ich über die ganze Geschichte schweigen. Aber das geht ein wenig zu weit, Herr Kollege Dr. Arndt. Ich habe einmal die Ehre gehabt, in dieser Frage vor dem Bundesverfassungsgericht mit Ihnen zusammen aufzutreten und zu plädieren,
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5805
Dr. h. c. Güde
und ich habe mich auch dort schon wie heute einigermaßen sorgfältig darauf vorbereitet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Herr Kollege Dr. Arndt hat, sage ich jetzt ganz bescheiden, die Maßstäbe des Gleichheitssatzes — von dem wir alle wissen, daß es keine absolute Gleichheit geben kann —(Beifall bei der CDU/CSU)

so übertrieben, daß man darüber nicht mehr viel sagen sollte. Ich will nur noch einmal das Lesen, was er vorgelesen hat, und dabei den Satz mitlesen, den er nicht mit vorgelesen hat. In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht nämlich:
Die durch das Grundgesetz errichtete demokratische Ordnung trägt insoweit einen formalen Charakter, als sie unbeschadet der bestehenden sozialen Unterschiede im Bereich der politischen Willensbildung alle Staatsbürger grundsätzlich absolut gleich bewertet. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes
— das ist der Satz, den er nicht mitgelesen hat —
ist nur aus zwingenden Gründen möglich.
Und dann kommt eine Verweisung auf die Fünfprozentklausel im Wahlrecht. Ich zitiere diesen Satz bewußt und mit Akzent, weil auch hier ganz klar zu erkennen ist: Es gibt keine absolute Gleichheit, sondern der Gesetzgeber soll ein vernünftiges Maß von Gleichheit anwenden. Ich sage mit Bewußtsein nicht: aus zwingenden Gründen, sondern: aus vernünftigen Gründen. Nicht aus unvernünftigen, nicht aus begünstigenden Gründen darf der Gesetzgeber abweichen; aber es genügen auch vernünftige Gründe, die das verfassungsrechtliche Ziel nicht beeinträchtigen.
Ich muß noch einmal sagen: Die Prüfung, die der Gesetzgeber über alle Sätze der zwei Urteile — die teils nicht miteinander übereinstimmen — hinweg anzustellen hat, die Frage, auf die es ankommt, ist, ob die Form der Finanzierung, wie sie nun in den §§ 34 und 35 vorgesehen ist, die Freiheit der Parteien beeinträchtigt — und ich sage dazu noch einmal: nein — oder ob sie die Freiheit des Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes beeinträchtigt. Sie müssen sich fragen, ob es angesichts des Vorrechnens auf Heller und Pfennig wahr ist, daß die politische Willensbildung durch diese Steuerbegünstigung beeinflußt wird. Ich kann nur sagen: vernünftigerweise nein, sie kann gar nicht beeinträchtigt sein, und deswegen bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511627300
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (SPD):
Rede ID: ID0511627400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen nur noch ein Argument zu bedenken geben. Wir sind jetzt dabei, eine ganze Reihe von Steuervergünstigungen in allen möglichen Bereichen abzubauen. Wir müssen
das tun, und wir werden dem Bürger in nächster Zeit allerhand Neuigkeiten auf diesem Gebiet zumuten müssen. Ich glaube, wir werden unglaubwürdig, wenn wir nun ausgerechnet im Bereich der Parteienfinanzierung in dieser Situation heute genau umgekehrt handeln. Ich bitte, auch das mit zu bedenken.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511627500
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Arndt und Genossen auf Umdruck 280 *) sieht vor, die ,§§ 34, 35 und 36 zu streichen. Ich kann dem nach der Übung des Hauses nur in der Weise entsprechen, daß ich über die Paragraphen selber abstimmen lasse. Diejenigen, die die Streichung wollen, müssen dann mit Nein stimmen. Ich bin aber wohl mit den Antragstellern darin einig, daß man über alle drei Paragraphen gemeinsam abstimmen lassen kann, weil es sich um den gleichen Vorgang und um das gleiche Prinzip handelt. Ich wiederhole: Wer dem Antrag der Abgeordneten Dr. Arndt und Genossen zustimmen will, muß mit Nein stimmen. Wer den Antrag von Dr. Arndt ablehnt, muß für die Paragraphen, also mit Ja stimmen.
Wer den §§ 34, 35 und 36 der Vorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -
Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen. Der Änderungsantrag ist damit erledigt.
Wir kommen nunmehr zu den §§ 37, 38, 39, 40, 41, der Einleitung und der Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kraske.

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0511627600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion, für die zu sprechen ich die Ehre habe, begrüßt es, daß mit der heutigen zweiten und dritten Lesung die Beratungen über das Parteiengesetz noch vor der Sommerpause ihren Abschluß finden. Dennoch braucht man sicher kein Prophet zu sein, um voraussehen zu können, wie viele Kommentare nach der Verabschiedung dieses Gesetzes mit einem kritischen, vielleicht mit einem maliziösen „Endlich" beginnen werden. 18 Jahre — so wird es etwa heißen — nach Inkrafttreten des Grundgesetzes hat der Bundestag endlich die ihm in Art. 21 auferlegte Verfassungspflicht erfüllt und ein Parteiengesetz erlassen. In diese Kritik wird sich zugleich der Vorwurf mischen,
*) Siehe Anlage 4
5806 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Kraske
auch jetzt, nach 18 Jahren, sei das Gesetz weniger dem Eifer der Parteien, als vielmehr ihren leeren Kassen zu danken. Wir haben das oft genug gelesen.
Ich möchte dem widersprechen. Die in diesem Hause vertretenen Parteien haben längst vor dem Karlsruher Urteil, nämlich vor mehr als drei Jahren, mit der gemeinsamen Beratung eines Gesetzentwurfs begonnen. Dieser Entwurf wiederum ging auf Vorarbeiten der Bundesregierung in der zweiten und dritten Legislaturperiode zurück. Es trifft also in keiner Weise zu, daß man den Auftrag des Grundgesetzes etwa 18 Jahre lang ignoriert habe.
Die Verzögerung während der ersten Jahre — ich glaube, das sollte hier ausdrücklich festgestellt werden — ging auf die umfangreichen sachlichen Vorarbeiten zurück, die zu leisten waren. Die Verzögerung der letzten Jahre hat ihren Grund allein in dem Bedürfnis der Parteien und Fraktionen, wenn irgend möglich einen gemeinsamen Entwurf einzubringen. Die Tatsache, daß ein für die künftige Entwicklung der Parteien so wichtiges Gesetz in seinen wesentlichen Punkten auf dem Konsensus aller hier im Haus vertretenen Parteien beruht, scheint uns die Dauer der vorbereitenden Beratungen voll und ganz zu rechtfertigen.
Es ist oftmals hervorgehoben worden, daß unser Grundgesetz den Parteien einen besonderen Rang gibt. Mit dem heute zur Entscheidung anstehenden Parteiengesetz gehen wir einen beträchtlichen Schritt weiter. Wer keine Scheu vor großen Worten hat, kann dieses Gesetz mit gutem Recht die Magna Charta eines freien demokratischen rechtsstaatlichen Parteienwesens nennen. Es ist jedenfalls von großer Bedeutung, daß die Parteien künftig nicht nur in der Verfassung verankert sind, sondern daß nunmehr ein eigenes Gesetz ihre Aufgaben, ihre Rechtsstellung, ihre Pflichten und die Grundsätze ihrer Finanzierung regelt.
Dabei ist es sicher ebenso falsch, wenn gelegentlich von einem Parteifinanzierungsgesetz gesprochen wird und der übrige Inhalt des Gesetzes als freundliche Arabeske abgetan wird, wie es umgekehrt ganz töricht wäre, etwa nur von den Bestimmungen über die innere Ordnung und von der Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrags zu sprechen und dabei die Finanzierungsfragen schamhaft zu verschweigen. Die Vorschriften über die innere Ordnung der Parteien, ihre Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Einnahmen und die Bereitstellung öffentlicher Mittel sind ein Ganzes. Eines bedingt das andere, und eines wäre ohne das andere kaum zu rechtfertigen.
Es ließe sich nun vieles zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzes und insbesondere zur Frage der inneren Ordnung demokratischer Parteien sagen. Ich beschränke mich dennoch auf eine einzige Bemerkung zu diesem Thema.
Wenn die in diesem Hause vertretenen Parteien ihre Satzungen auf Grund des jetzt vorliegenden Parteiengesetzes nicht grundlegend zu ändern, sondern nur in einzelnen Bestimmungen den neuen gesetzlichen Erfordernissen anzupassen haben, wie dies die CDU bereits vor Verabschiedung des Gesetzes auf ihrem letzten Parteitag getan hat, dann spricht das wahrhaftig nicht gegen das Parteiengesetz, sondern nur für die demokratischen Parteien in diesem Land.

(Beifall in der Mitte.)

Behauptungen, wie man sie kürzlich in einer Zeitschrift lesen konnte — der vorliegende Entwurf begünstige den Status quo, er stärke autoritäre Tendenzen in den Parteien und sei ohne demokratisierende Wirkung —, stellen die Tatsachen auf den Kopf, auch wenn sie von 16 Wissenschaftlern unterschrieben sind.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.)

Aber, meine Damen und Herren, Besorgnis, Unverständnis und Kritik der Öffentlichkeit werden sich vor allem an den Bestimmungen des Entwurfs über die Erstattung der Wahlkampfkosten entzünden und deswegen erlauben Sie mir, vor allem zu dieser Frage einige Bemerkungen zu machen.
Wir alle in diesem Hause wissen, in welchem Maße sich im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte die Anforderungen erhöht haben, die mit Recht an die Parteien gestellt werden. Moderne Parteien, die ernst genommen werden wollen, müssen sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Werbung an Maßstäben messen lassen, die die Wirtschaft setzt. Sie müssen sich in der Qualität ihres Apparates neben einer Vielzahl hervorragend und meist viel besser ausgestatteter Verbände und Organisationen behaupten können. Sie bedürfen in zunehmendem Maße wissenschaftlicher Planungsarbeit, und sie brauchen eine Organisation, die sie ständig bis in den letzten Kreis hinein präsent macht.
Das kostet von Jahr zu Jahr mehr Geld. Denkt man daran, daß zu den laufenden Kosten die Kosten der Wahlkämpfe hinzukommen, so muß man feststellen, daß keine Partei in der Lage ist, ihre Aufwendungen allein aus Beiträgen ihrer Mitglieder und aus Spenden ihrer Anhänger zu bestreiten.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Das gilt im übrigen wahrhaftig nicht nur für unser Land. Wenn heute in fast allen freiheitlichen Demokratien das Thema der öffentlichen Parteienfinanzierung auf der Tagesordnung steht, dann ist das wirklich kein weltweites Komplott irgendwelcher geldgieriger Parteifunktionäre, sondern nur ein Symptom dafür, daß die Aufgaben der Parteien eben überall gewachsen sind, während — wiederum überall — gleichzeitig die individuelle Opferbereitschaft, die Spendenfreudigkeit und der uneigennützige Idealismus zurückgegangen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Frau Kalinke: Leider wahr!)

Die Parteien müssen also, wollen sie ihre Aufgaben auch nur annähernd erfüllen, zwingend öffentliche Mittel in Anspruch nehmen. Dabei war sich allerdings die CDU/CSU-Fraktion mit den anderen Fraktionen dieses Hauses immer einig, daß die öffentliche Hand am ehesten einen Zuschuß zu den laufenden Kosten der Parteien, also zur Finanzie-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5807
Dr. Kraske
rung ihres ständigen personellen und sachlichen Aufwandes, ihrer Infrastruktur, leisten sollte, während gerade die Wahlkämpfe von den Parteien selbst finanziert werden sollten. Das Bundesverfassungsgericht war dagegen, wie Sie wissen — und das ist heute hier schon zur Sprache gekommen —, ganz anderer, entgegengesetzter Meinung. Es hat uns durch sein Urteil vom vergangenen Sommer gezwungen — ich sage das mit allem schuldigen Respekt, aber doch ohne meine innere Überzeugung verleugnen zu können —, gegen unsere bessere Überzeugung den schlechteren Weg zu gehen.
Wenn wir diesen vom Bundesverfassungsgericht nun gewiesenen Weg der Erstattung der Wahlkampfkosten mit dem vorliegenden Entwurf beschreiten, dann tun wir das allerdings ohne alle Ausflüchte und erst recht ohne das Gefühl, uns irgendwo und bei irgend jemandem dafür entschuldigen zu müssen. Die demokratischen Parteien haben für diesen unseren Staat Leistungen zu erbringen. Deswegen haben sie ein Recht darauf, daß ihnen ein Teil ihrer Kosten abgenommen wird.
Ich weiß, daß das nicht übermäßig populär ist, und ich kann hier nur an das anschließen, was Herr Kollege Dr. Arndt vorhin in anderem Zusammenhang gesagt hat. Denn was ist in diesem Land schon populär, wenn es Geld kostet? Jeder in unserem Lande wünscht sich z. B. eine erstklassige Regierung. Aber die Minister müssen sich eigentlich schon fast dafür entschuldigen, daß sie Gehälter beziehen.

(Zustimmung in der Mitte.)

Jeder in unserem Lande bejaht die parlamentarische Demokratie; sie beruht auf einer ganz breiten Zustimmung. Aber Abgeordnetendiäten sind eines der beliebtesten Ärgernisse unter den Spießbürgern dieses Landes, und der Bundestag sollte am besten in ein paar alten Baracken untergebracht werden!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

So ist es eben auch mit den politischen Parteien. Ich meine, wir sollten uns hier anläßlich der dritten Lesung dieses Gesetzes nicht scheuen, das einmal ganz offen zu sagen. Jeder weiß in diesem Lande, daß wir sie brauchen, daß ohne sie ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat nicht funktionieren kann. Aber Geld dürfen sie nicht kosten!
Wir sollten uns dadurch nicht allzusehr beeindrucken lassen. Der Appell, die Parteien müßten sich selbst finanzieren — ihn hören wir ja nun seit Jahren —, sie müssen eben einfach ihre Mitgliederzahlen verdoppeln und ihr Beitragsaufkommen vervielfältigen, wird am lautesten und am leidenschaftlichsten von denen vorgetragen, die zu allerletzt bereit sind, sich in einer Partei zu engagieren und dafür persönliche Opfer zu bringen.

(Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der FDP.)

Gerade darum kann ich diesen Appell nicht sehr überzeugend finden, sosehr wir als Parteien den Auftrag sehen, unseren Mitgliederbestand zu verstärken.
Im übrigen sollten die Gegner einer öffentlichen Teilfinanzierung der Parteien doch gelegentlich darüber nachdenken, daß auch die finanzielle Eigenständigkeit von Parteien ihren Preis kostet, dann nämlich, wenn Idealismus allein nicht mehr ausreicht, sie zu tragen. Ich frage mich, ob sie wirklich diesen Preis gern zahlen würden. Denn das beginnt dann mit Spenden, für die politische Gegenleistungen erwartet würden, das setzt sich dann fort in einer Mitgliederwerbung, die desto erfolgreicher sein würde, je mehr sie an das nackte Eigeninteresse — wo man keinen Idealismus findet, bleibt dies allein übrig — appelliert durch eine rücksichtslose Interessen- oder Patronagepolitik, und das endet schließlich dort — meine Damen und Herren, wir haben es erlebt —, wo fanatisierte Bürger zur Finanzierung ihrer Partei ihr eigenes Blut verkaufen. Die Partei ist dann allerdings auch danach. Man kann eben nicht alles haben. Aber man sollte auch diese Zusammenhänge gelegentlich bedenken, wenn man so schnell mit der Forderung bei der Hand ist, die Parteien sollten sich ganz und gar allein finanzieren.
Daß die Parteien andererseits mit der Entgegennahme öffentlicher Mittel ganz erhebliche Verpflichtungen übernehmen, steht außer jeder Frage. Es ist wahrhaftig kein Zufall, 'daß das Parteiengesetz die Erstattung der Wahlkampfkosten an die termingemäß erfolgende Rechnungslegung findet. Selbstverständlich stehen auch die Vorschriften über die innere Ordnung der Parteien in einem unauflöslichen Zusammenhang mit ihrer öffentlichen Teilfinanzierung. Immerhin — und das sollte man überall zur Kenntnis nehmen — unterwerfen sich ja die Parteien mit dem Parteiengesetz doch einer Normierung, die ihre eigene Entscheidungsfreiheit in Satzungsfragen ganz erheblich einschränkt. Wir sagen dennoch ja dazu. Wir sagen ja, weil wir in dem vorliegenden Entwurf in allen seinen Teilen ein Ganzes sehen.
Wenn ich in diesem Zusammenhang ein letztes Wort über die in dem vorliegenden Entwurf vorgesehene steuerliche Begünstigung von Beiträgen und Spenden, über die wir eben in der zweiten Beratung debattiert haben, sage, dann fühle ich mich zwischen so hervorragenden Juristen als Doktor der Philosophie ein wenig an das Wort erinnert, das wir in diesem Hohen Hause von dem Herrn Bundeskanzler mehrfach gehört haben: Prophete links, Prophete rechts. Ich frage mich, wie ich mich, wie wir uns zwischen diesen juristisch fundierten Argumenten nun entscheiden sollen. Ich kann für meine Person lediglich sagen, daß es dann wohl nur möglich ist, die politische Vernunft und die eigene Erfahrung mitheranzuziehen.
Auf dieser Grundlage bin ich allerdings folgender Meinung: Wenn das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom vergangenen Jahr die Parteien für ihren laufenden Haushalt ausdrücklich auf Beiträge und Spenden verwiesen hat, dann stellt sich in der Tat die Frage, ob die Parteien weiterhin — auch wenn es hier Unterschiede gibt; Herr Dr. Arndt hat daran erinnert — gegenüber einer gar nicht zu übersehenden Vielzahl gemeinnütziger, wohltätiger,
5808 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Kraske
menschenfreundlicher und wahrscheinlich sogar tierfreundlicher Vereine und Organisationen immer wieder in der Aufbringung ihrer eigenen Mittel benachteiligt werden sollen. Wir sind der Meinung, daß dies der Fall sein kann. deshalb schließen wir uns dem Urteil des Berichterstatters und unseres Kollegen Dr. Güde an, daß die vorgesehene Regelung auch das Karlsruher Spendenurteil von 1958 respektiert. Ich gestehe aber ganz offen, daß es dabei für mich nicht nur um finanzielle Erwägungen geht, so wichtig sie sein mögen; mindestens ebenso wichtig scheint mir die Aufhebung der Diskriminierung der Parteien zu sein, die wir seit dem Karlsruher Urteil von 1958 immer als sehr schmerzlich empfunden haben.
Lassen Sie mich zum Abschluß folgendes sagen: Der vorliegende Entwurf betritt in manchen Punkten Neuland. Er ist darüber hinaus — wie sollte das anders sein — in mancher Beziehung das Ergebnis von Kompromissen zwischen den Parteien und den Fraktionen. Er mag also nicht jedem in jedem Punkt gefallen. Dennoch sind wir überzeugt, daß der Entwurf den Forderungen des Grundgesetzes Rechnung trägt, daß er die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hinreichend berücksichtigt, vor allem aber, daß er den Parteien und der demokratischen Ordnung dieses Landes das gibt, was gebraucht wird. Aus diesen Gründen wird die Fraktion der CDU/CSU dem vorliegenden Entwurf ihre Zustimmung geben.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der anderen Fraktionen.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511627700
Das Wort hat der Abgeordnete Bühling.

Reinhard Bühling (SPD):
Rede ID: ID0511627800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, daß der Entwurf des Parteiengesetzes in der Öffentlichkeit eine vielfache Kritik erfahren hat. Er ist kritisiert worden zu verschiedenen Zeitpunkten, von verschiedenen Gesichtspunkten und von verschiedenen Standpunkten aus. Diese Kritik wird auch nicht aufhören, wenn wir heute nach der Verzögerung von 18 Jahren seit der Verkündung des Grundgesetzes diesen Parteiengesetzentwurf endgültig verabschieden. Das kann auch gar nicht anders sein bei einem Gesetz, das so heterogene Interessen vereinbaren muß und das so verschiedene Parteien mit verschiedener Satzung, mit verschiedener Geschichte, mit verschiedener Struktur auf einen gemeinsamen Nenner bringen muß.
Ich möchte mich aber besonders mit einem Punkt der Kritik auseinandersetzen, der hart ist und der auch wesentlich wäre, wenn er begründet wäre, nämlich mit dem Vorwurf, dieses Gesetz leiste autoritären Tendenzen Vorschub und begünstige Tendenzen dieser Art. Dazu ist zunächst zu sagen: das Verlangen, wir müßten mehr für die Demokratisierung tun, ist schon nach dem ursprünglichen Entwurf meines Erachtens ungerechtfertigt. Es ist aber noch mehr ungerechtfertigt, wenn man sich vor Augen führt,
was im Laufe der Beratungen an diesem Gesetz gerade hinsichtlich der inneren Struktur der Parteien geändert worden ist. Ich darf aus der Fülle der Beispiele nur aufführen, was der Innenausschuß alles neu eingeführt hat; es ist keineswegs eine erschöpfende Aufzählung.
Wir haben die obligatorische Urabstimmung geschaffen. Sicherlich wird sie nicht häufig vorkommen, aber trotzdem: die Urabstimmung, das Zurückgehen auf die Mitgliedschaft selber, ist ein sehr wesentlicher Schritt, auch wenn sie nur für den seltenen Fall der Verschmelzung oder Auflösung von Parteien in Betracht kommt. Wir haben hierfür ein geschichtliches Beispiel.
Wir haben eine weitgehende Publizität geschaffen,
indem wir festgelegt haben, daß jedermann beim Bundeswahlleiter alle Unterlagen über Satzungen und Vorstände der Parteien einsehen kann. Wir haben — auch das ist auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit sehr wichtig — die Ausschlußgründe normiert, soweit es überhaupt rechtlich und praktisch möglich ist. Sicher kann man keine Art von Strafgesetzbuch für innerparteiliche Vergehen für Mitglieder der CDU, für Mitglieder der SPD oder für Mitglieder der FDP schaffen. Aber wir haben doch die Grenzen, die für einen Ausschluß gesetzt sind, sehr deutlich aufgeführt. Wir haben den Begriff des Vorsatzes eingeführt. Wir haben verlangt, daß der Nachweis geführt werden muß, daß ein Mitglied seiner Partei einen schweren Schaden zugefügt haben muß. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Schritt zum Schutze individueller Interessen.
Wir haben die Besetzung der Schiedsgerichte geregelt, und zwar so weitgehend, daß nach menschlichem Ermessen jede Willkür ausgeschlossen ist, sofern man das überhaupt durch Gesetz tun kann. Wir haben dafür gesorgt, daß sogar der Anschein einer Willkür dadurch ausgeschlossen wird, daß dem Angeklagten oder dem Beschuldigten oder wie immer man ihn nennen will, der vor einem solchen Schiedsgericht steht, auch die Möglichkeit gegeben wird, ein Mitglied des Schiedsgerichts wegen Befangenheit abzulehnen. Ich glaube, mehr an Rechtsstaatlichkeit kann es in dieser Beziehung gar nicht geben.
Wir haben schließlich nach langer Debatte in das Gesetz auch die Zusicherung gebracht, daß jedem Mitglied, das vom Ausschluß bedroht ist, zwei schiedsgerichtliche Instanzen zur Verfügung stehen.
Last not least — aus der Fülle der Beispiele soll es das letzte sein — haben wir das Antragsrecht von ganz unten nach ganz oben im Gesetz verankert. Gerade das ist uns von den Vertretern der politischen Wissenschaft ans Herz gelegt worden, und das erschien uns auch sehr berechtigt. Mehr ist, glaube ich, zum Schutze der einzelnen Mitglieder kaum möglich. Ich glaube, wir haben das Optimum an Rechtsstaatlichkeit erreicht. Alles andere muß man der Satzung überlassen.
Wir dürfen nicht verkennen, daß zu viele Einzelfragen, die jede Satzungsfreiheit der Parteien unmöglich machen, im Grunde genommen auch wieder das einzelne Mitglied entmündigen. Die Autonomie
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5809
Bühling
der Parteien muß bleiben. Schließlich soll gerade die Satzung dem einzelnen Mitglied die Möglichkeit geben, den Grad der innerparteilichen Demokratie und ihrer Wirksamkeit weitgehend selber zu bestimmen. Diese Möglichkeit der Einwirkung durch die Satzung und auf die Satzung muß bestehen. Die wirksame Mitwirkung der Mitglieder an der Politik ihrer Partei — das ist vorhin mit Recht schon hervorgehoben worden — kann durch den Gesetzgeber nur angregt werden. Letzten Endes muß sie aus dem eigenen Interesse der Mitgliedschaft selber hervorgeben. Nur wenn das entsprechende Interesse da ist, wird die Satzung entsprechend sein und wird die Mitwirkung der Mitglieder entsprechend sein. Wir glaubten deswegen, zwischen der gesetzlichen Normierung oder Bevormundung auf der einen Seite und der Satzungsautonomie und inneren Freiheit der Parteien auf der anderen Seite einen Mittelweg gehen zu müssen. Wir hoffen, daß wir richtig zwischen Scylla und Charybdis hindurchgesteuert sind. Wir haben uns bei diesem Mittelweg zwischen Zuviel und Zuwenig sehr vielfältig und sehr gründlich beraten lassen und sehr viele Anregungen aufgenommen. Wohl selten sind bei einem Gesetz so viele Formulierungen immer wieder neu durchdacht und neu gefaßt worden.
Aus all diesen Erwägungen glaube ich, daß die Lücke, die nunmehr gemäß Art. 21 des Grundgesetzes nach 18 Jahren geschlossen wird, in der unter den gegebenen Umständen bestmöglichen Weise geschlossen wird. Namens der SPD-Fraktion möchte ich Sie deshalb bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511627900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friderichs.

Dr. Hans Friderichs (FDP):
Rede ID: ID0511628000
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich bin geneigt, mich dem anzuschließen, was Herr Dr. Kraske über das „endlich" gesagt hat, und möchte mich insoweit nur auf ihn beziehen.
Zum Inhalt des Gesetzes hat der Berichterstatter Dr. Even das Wesentliche vorgetragen, meine Herren Vorredner ebenso. Erlauben Sie mir nur, noch einmal auf einen einzigen Punkt im sachlichen Bereich kurz zurückzukommen, nämlich auf das, was insbesondere Herr Kollege Dr. Arndt hier vorgetragen hat. — Ich sehe ihn im Augenblick nicht. — Doch!

(Abg. Scheel: Er ist ganz links!)

Entschuldigung, so weit links habe ich ihn nicht vermutet.

(Heiterkeit.)

Herr Kollege Dr. Arndt, es ist nun einmal das Wesen der Steuerprogression, daß sie unterschiedlich wirkt. So ist beispielsweise der Kirchgang .des einen Bürgers und des anderen Bürgers je nach ihren Einkommensverhältnissen unterschiedlich teuer, weil nämlich auch die Kirchensteuer progressiv ist. Genauso ist jeder Beitrag zu irgendeinem Verband, ob zum Berufsverband oder zur Arbeitnehmerorganisation, nämlich der Gewerkschaft, dann unterschiedlich billig oder teuer, wenn die Betreffenden Steuern zahlen. Wenn der Arbeitnehmer, der Gewerkschaftsbeitrag zahlt, nicht steuerpflichtig ist, weil er unterhalb der Proportionalzone liegt, ist für ihn die Steuerbegünstigung eben am geringsten. Das ist nun einmal das Wesen der Progression. Da handelt es sich nicht um ein Problem der Parteienfinanzierung, das Sie angesprochen haben, sondern um ein Problem des Steuerrechts, und da sollte es erörtert werden, aber nicht im Augenblick hier.

(Beifall bei der FDP und in der Mitte.)

Ich selbst hatte wegen der Chancengleichheit ein einziges Bedenken, und das betraf die politischen Parteien. Ich mußte nämlich feststellen, .daß die Sozialdemokratische Partei Deutschlands die höchste Mitgliederzahl und laut Beitragsordnungen der Parteien den höchsten Beitragssatz hat. Da bekam ich Bedenken, daß sie am meisten begünstigt sei. Darüber habe ich mich hinweggesetzt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten in der Mitte.)

Aber nun zum Gesetz selbst. Was mich bedrückt — und ich glaube, das sollte man heute einmal hier aussprechen dürfen —, ist, daß in ,dem Augenblick, in dem wir einem Verfassungsauftrag nachkommen, wir zweifellos in der Bevölkerung ein Unbehagen erzeugen. Dieses Unbehagen wird aus zwei Gründen erzeugt: erstens weil dieser Deutsche Bundestag, wie die Bevölkerung meint, ein Gesetz in eigener Sache verabschiedet — Herr Kollege Kraske, das ist ein Problem, das ja auch bei den Diätenfragen eine Rolle spielt — und zweitens weil die veröffentlichte Meinung dahin geht, das Gesetz diene nur dem Zweck der Finanzierung. Das muß deswegen nachdenklich stimmen, weil die Bevölkerung grundsätzlich ein Ja zur Demokratie sagt, und deren notwendiger Bestandteil sind nun einmal die politischen Parteien. Es stimmt doppelt bedenklich deswegen, weil die Parteien, .die notwendiger Bestandteil der Demokratie sind, zu der die Bevölkerung ja sagt, trotzdem unbeliebt sind, obwohl alle indirekt sagen: Wir brauchen sie. Das hat uns veranlaßt, einmal eine Untersuchung darüber anzustellen, was denn eigentlich die Bürger unter „Demokratie" verstehen. Und da kam allerdings ein Erschreckendes heraus. Nach Ausschluß aller möglichen Fehlerquellen verstand die Mehrheit der Bevölkerung unter „Demokratie" Wohlstand. Ich habe damals in der eigenen Partei gesagt: Wißt ihr, was das heißt? Das heißt, wenn der Wohlstand vermeintlich abbricht, kann auch die Demokratie gefährdet werden. Das ist ein Problem, das man anläßlich der Verabschiedung des Parteiengesetzes sehen sollte.
Das Gesetz als solches bringt mit Sicherheit keine Festigung des Parteienstaates und damit nicht den Fortbestand der Demokratie. Das Gesetz als solches schafft nach unserer Überzeugung nur eine Voraussetzung für den geregelten Fortbestand der Parteien. Das ist das Ziel derer, die es erarbeitet haben. Das Gesetz schafft nur eine der Voraussetzungen.
5810 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Friderichs
Wir selbst sollten — das ist eine Mahnung an uns selbst — jetzt nicht selbstzufrieden sein und so tun, als ob alles in Ordnung wäre. Das Gesetz regelt nur und ausschließlich das Formale und nicht mehr. Lassen Sie mich hier ganz bewußt sagen: Über die Substanz dieses Gesetzes entscheiden wir, die wir hier sitzen, und nicht das Gesetz und nicht die Regierung. Die politischen Parteien haben es zu erfüllen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD.)

Wir schaffen ein Gesetz, das wir selber geltend machen, und dieser Verpflichtung sollten wir uns auch heute bewußt sein — aber das alles in einer Situation, in der Unbehagen in der öffentlichen Meinung, Unbehagen in unserem Volke vorhanden ist, Mißvergnügen mit den Parteien, Mißvergnügen mit dem Staat, kurzum, wenn ich es artikulieren darf, wie man es landläufig um die Ohren geschlagen bekommt: mit denen in Bonn. Das drückt sich einmal aus in einem plötzlichen Aufschnellen einer politischen Partei, die nicht in diesem Hause vertreten ist, der NPD, wobei hier die Parallele zum Wohlstandsabbruch sichtbar ist — zum falschverstandenen Demokratieverständnis. Es drückt sich nach meiner Überzeugung auch in den Demonstrationen von Studenten aus, sei es in Köln, sei es in Berlin.
Ich glaube, wir sollten uns bei diesem Grundgesetz der Parteien — wenn ich es so bezeichnen darf — mit dieser Frage einen Moment beschäftigen. Erlauben Sie mir hier — mit der Genehmigung des Präsidenten —, wenige Sätze von dem zu zitieren, was Professor Scheuch heute in der „Welt" schreibt. Scheuch sagt:
Vielleicht ist es eine der wesentlichsten Ursachen für die jetzige Unruhe an den Hochschulen, daß uns diese Generation bei Worte nimmt, daß sie praktische Demokratie und Freiheit dort erwartet, wo wir Demokratie und Freiheit nur sagen. Dieser Widerspruch zwischen Erwartungen und Realität scheint dabei als Widerspruch nur empfunden zu werden; zu artikulieren und zu analysieren vermögen die Studenten ihre Unruhe nicht. In dieser Situation ist es dann oft zufällig, an welchen Objekten die Unruhe zum aktiven Protest wird.
Ich glaube, wir, die wir in diesem Hause sitzen, sollten nicht fragen, wer die Studenten aufputscht, sondern wir sollten uns der Frage zuwenden, wo die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Agitation liegen. So zu fragen, ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren! Ich habe die Weimarer Zeit nicht miterlebt. Ich bin zu jung dazu. Die Älteren in der eigenen Fraktion haben mir gesagt, auch damals habe es bei den Studenten begonnen, weil sie erfahrungsgemäß früher das artikulieren, was nach gewisser Verzögerungszeit die Bevölkerung auch auszudrücken pflegt. Wir müssen also diesen Tatbestand beachten, und wir sollten ihn gerade beim Grundgesetz der Parteien, der Träger dieses Staates, dieser Demokratie, mit beachten. Die Studenten scheinen zu spüren, daß die Entwicklungen der letzten Zeit der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland nicht unbedingt genutzt haben, daß sie sie nicht unbedingt gestärkt haben.
Ich wage — auch wenn einige sich provoziert fühlen —, jetzt folgendes auszusprechen: Der Weg von der formierten Gesellschaft bis zur gezielten Wahlrechtsänderung ist nicht weit. Beispiel: Wenn der amtierende Bundesinnenminister meint, man könne oder solle die NPD durch die Einführung eines anderen Wahlrechts verhindern und damit sei alles in Ordnung, verkennt er, daß damit nämlich nichts in Ordnung ist — außer dem Formalen, aber auch nicht mehr. Wenn hier so oft die Gemeinsamkeit aller Parteien in der Deutschlandpolitik verlangt wird, verkennen diejenigen, die sie fordern, daß Gemeinsamkeit kein Beweis für Richtigkeit ist.

(Beifall bei der FDP.)

Ich hoffe, daß zu diesem entscheidenden politischen Thema in diesem Hohen Hause eine Vielzahl von Vorstellungen, die nicht aufeinander abgestimmt sind, vorhanden ist, und hoffe, daß diese Vorstellungen nicht umgemünzt werden in ein falsch verstandenes Gemeinsamkeitsidyll, um dann, verbrämt als Pseudoideologie, verkauft zu werden. Das schadet richtiger, aufrechter Politik.

(Beifall bei der FDP.)

Verstehen Sie das alles bitte nur als Beispiel; ich möchte noch ein weiteres anfügen. Ich habe hier einmal unter dem Widerspruch der linken Seite des Hauses gesagt, daß ich gegen Kohlepolitik mit Herz und für Energiepolitik mit Verstand sei. Die Dinge liegen ganz eng beieinander. Auch hier werden Worte herausgeschleudert, die mit den wahren Situationen nichts zu tun haben.
Vielleicht artikulieren die Studenten auch noch etwas anderes. Vielleicht vermissen sie in diesem Hohen Hause die Opposition. Dieses Hohe Haus war zu lange ohne faktische Opposition und nur mit einer formalen Opposition versehen. Es hatte leider seit 1959/60 keine kräftige, harte, die Regierung provozierende Opposition.

(Beifall bei der FDP.)

Das führt dazu, daß man der Opposition, wenn sie wie die jetzige in der Haushaltsdebatte ihre Aufgabe im demokratischen Sinne wahrnimmt, seitens eines Pressekonzerns Filibustern, seitens der früheren Opposition Indielängeziehen, was letztlich dasselbe ist, vorwirft.

(Beifall bei der FDP.)

Meine Damen und Herren, ein konsequenter Weg.
Um den Weg fortzusetzen: Der Bundeskanzler droht mit Rücktritt. Ich zitiere wörtlich:
Sollte das Parlament in den Fragen, die ich für wesentlicher halte, anders entscheiden, so werde ich diese Entscheidungen nicht ausführen, sondern meinen Platz einem Willigeren räumen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Kann er das nicht? Darf er das nicht?)

Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5811
Dr. Friderichs
— Meine Damen und Herren, es ist das gute Recht des Bundeskanzlers, dies zu erklären. Ob es die Demokratie fördert, wenn diese Erklärung abgegeben wird, bevor die Parlamentsparteien überhaupt wissen, worum es im einzelnen geht, das zu beurteilen möchte ich allerdings Ihnen überlassen. Ich glaube, wir alle sollten dem Herrn Parlamentspräsidenten Dr. Gerstenmaier dafür danken, daß er ein richtiges Empfinden für demokratische Verhaltensweisen unmittelbar nach dieser Äußerung artikuliert hat.

(Beifall bei der FDP.)

Lassen Sie mich gerade an dieser Stelle noch einmal Scheuch zitieren:
Wird der Unterschied zwischen Realität und Anschein in der Politik größer und sollen Zweifel an diesem Unterschied durch obrigkeitsstaatliches Verhalten entmutigt werden, dann ist allerdings die Vorbedingung gegeben, daß eine zunächst nicht politisch gemeinte Unruhe zum politischen Faktum wird.
Das bezogen auf die Studenten.
Meine Damen und Herren, das Parteiengesetz, umreißt unsere formale. Stellung, Wir,. die politischen Parteien, die hinter diesen Fraktionen stehen, müssen es ständig mit Wirklichkeit erfüllen. Unbehagen läßt sich bei denen, die es ausdrücken, nicht mit Gewalt, auch nicht mit Knüppeln beseitigen, sondern nur durch Änderung des Verhaltens jener, die es verursacht haben. Das als Mahnung an uns selbst.

(Beifall bei der FDP.)

Proklamieren wir doch in dieser Situation, die nach meiner Auffassung ernster ist, .als es viele von uns zur Zeit meinen, nicht ständig selbst, wir müßten der Jugend wieder Ideale geben! Erlauben Sie mir, mit der Genehmigung des Präsidenten mit der Zitierung eines Briefes zu schließen, den der Sekretär des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Lothar Erdmann kurz vor seiner Ermordung im KZ Sachsenhausen an seinen Sohn geschrieben hat. Er scheint mir in dieser Situation zu passen. Erdmann schreibt:
Manche älteren Leute sagen, die Aufgabe der Jugend sei Enthusiasmus, Hingabe, Glaube, Gehorsam, Enthusiasmus? — Ja, aber nur für Menschen und Ideen, zu denen man sich auch dann leidenschaftlich positiv stellen kann, wenn man sie auf Herz und Nieren prüft. Glaube? — Gewiß, aber nur an glaubwürdige Menschen, nur an Gedanken, die aus der Wahrheit sind und keiner Reklame bedürfen. Die Wahrheiten, die heute auf den Märkten ausgeklingelt werden, sehen verdächtig nach Ausverkauf billiger Ramschware aus. Gehorsam? — Sicherlich. Aber er ist nur da am Platze, wo ein einfacher Zweckgedanke klare Unterordnungsverhältnisse verlangt. Überall sonst ist der Verzicht auf Prüfung einer Auslieferung der eigenen Zukunft und der unseres Volkes an den historischen Zufall, das blinde historische Verhängnis, das oft genug diejenigen zu Führern bestellte, denen blind zu gehorchen ein Verbrechen an der
eigenen Generaton wie den kommenden Geschlechtern wäre.
Wir Freien Demokraten stimmen dem Gesetzentwurf zu in der Hoffnung, daß alle Parteien dieses Hauses ihn als eine zwingende Aufforderung empfinden, das Gesetz mit Sinn und Wirklichkeit zu erfüllen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511628100
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Spitzmüller hat eine schriftliche Erklärung abgegeben, die ich mit Ihrer Genehmigung zu Protokoll gebe. *)
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0511628200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Friderichs hat sich soeben ausführlich mit dem Unbehagen in der deutschen Öffentlichkeit, in der Jugend und mit vielen anderen Fragen beschäftigt. Ich bitte um Verständnis, daß ich jetzt nicht im einzelnen hierauf eingehe, zumal wir in manchem nicht übereinstimmen. Aber, Herr Kollege Dr. Friderichs, mit dem, was wir heute tun — ich glaube, darin stimmen wir überein —, nehmen wir der deutschen Öffentlichkeit in einer bestimmten wichtigen Frage das Unbehagen. Wir erfüllen jetzt den Verfassungsauftrag, den wir 18 Jahre nicht erfüllen konnten, und wir erfüllen ihn mit einem Gesetz, das, wie die Aussprache und auch Äußerungen der öffentlichen Meinung in vielen Bereichen ergeben haben, zu wesentlichen Ergebnissen geführt hat.
Erstens: Die innere Ordnung der Parteien wird hier gesetzlich in einer Weise normiert, daß wir sagen können: Das ist eine gute Ordnung für die politischen Parteien, und eine Partei, die sich nicht danach richtet, macht vor der deutschen Öffentlichkeit deutlich, daß ihr diese notwendige innere demokratische Ordnung fehlt.
Zweitens: Darüber hinaus verwirklichen wir den Verfassungsauftrag des Art. 21 in der die Frage des Rechenschaftsberichts und alles, was damit zusammenhängt, wenn auch in diesem Bereich Kompromissen von allen Seiten des Hauses zugestimmt würde, um einen gemeinsamen Beschluß zu erreichen.
Drittens: Die Auseinandersetzungen um dieses Gesetz haben deutlich gezeigt, Herr Kollege Dr. Friderichs — das sollte ebenfalls heute hier gesagt werden, daß der Bundestag zum Gespräch über Argumente bereit ist. Wir haben das durch das Hearing deutlich gemacht. Vieles von dem, was in der öffentlichen Diskussion gesagt worden ist, hat in den Bestimmungen des Gesetzes seinen Niederschlag gefunden. Insofern sehe ich auch für weitere Auseinandersetzungen über große Fragen, wie beispielsweise über die Grundgesetzergänzung, in Hearings einen wichtigen Weg, die öffentliche Meinung zu Wort kommen zu lassen, mit ihr im Gespräch• zu bleiben und Ergebnisse gegebenenfalls in der Gesetzgebung ihren Niederschlag finden zu lassen.
*) Siehe Anlage 5
5812 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Schmitt-Vockenhausen
Meine Damen und Herren, ich würde mich sehr freuen, wenn unser heutiger Beschluß dazu beitragen würde ein Stück dieses Unbehagens, von dem heute hier gesprochen wurde, auszuräumen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511628300
Das Wort hat Herr Staatssekretär Benda.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511628400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Parteiengesetz in der heute dem Hohen Hause zur Verabschiedung vorliegenden Fassung ist nicht auf Grund einer Vorlage der Bundesregierung, sondern auf eigene Initiative der Fraktionen dieses Hohen Hauses entstanden. Die Gründe dafür hat Herr Abgeordneter Dr. Even in seinem Schriftlichen Bericht über die Beratungen des Innenausschusses bereits eingehend dargelegt. Die Bundesregierung hat seit langer Zeit ein hohes Interesse an der Erfüllung des in Art. 21 des Grundgesetzes enthaltenen Verfassungsauftrags genommen. Auch das nunmehr durch die Initiative der Fraktionen selbst entstandene Parteiengesetz beruht zu einem wesentlichen Teil auf den gutachtlichen Stellungnahmen der bereits 1955 vom Bundesinnenminister berufenen Professorenkommission. Darüber hinaus sind wesentliche Teile des im Jahre 1959 von der Bundesregierung vorgelegten Regierungsentwurfs in dem jetzt zur Verabschiedung vorgelegten Entwurf enthalten.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung begrüßt die Verabschiedung dieses Parteiengesetzes. Sie erblickt in ihm eine bis in die Einzelheiten hin wohldurchdachte Regelung. Sie glaubt, daß sie einen wertvollen Beitrag zur Fortentwicklung des Parteienwesens und damit unserer parlamentarischen Demokratie darstellt.
Der besondere Dank des Bundesinnenministers für eine, wie wir glauben, sehr sorgfältige Arbeit gilt dem Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Herrn Abgeordneten SchmittVockenhausen, dem Berichterstatter des Ausschusses, Herr Abgeordneten Dr. Even, und allen anderen Mitgliedern des Innenausschusses, ebenso den vom Innenausschuß angehörten Sachverständigen auf den verschiedenen Gebieten, die wesentliche Anregungen für die Regelung von Einzelfragen gegeben haben.
Die Bundesregierung begrüßt es besonders, daß der Entwurf der Fraktionen in der jetzt vorliegenden Fassung zahlreiche Bestimmungen zur Sicherung eines demokratischen Parteilebens enthält, deren Ziel die Gewährleistung einer von den Mitgliedern selbst ausgehenden Willensbildung innerhalb der Parteien ist.
Für die Erstattung von Wahlkampfkosten für Bundestagswahlen ist eine Regelung gefunden worden, die den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen nach unserer Auffassung entspricht. Die Pauschalierung dieser Kosten in Verrechnungsform kommt zugleich praktischen Erfordernissen entgegen.
Durch diese und die übrigen Bestimmungen des Parteiengesetzes wird eine Regelung getroffen, die dem Verfassungsauftrag entspricht und den demokratischen Parteien die ihnen nach dem Grundgesetz zukommende Stellung einräumt. Die Verabschiedung des Parteiengesetzes — und jetzt, Kollege Dr. Friderichs, darf ich einen Satz so vortragen, wie er in meinem Manuskript steht — wird daher einen wichtigen Abschnitt in der Festigung der vom Grundgesetz vorgezeichneten Ordnung darstellen.
Ich knüpfe nun auf Grund Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Dr. Friderichs, folgendes an. Ich stimme mit ihnen darin überein, daß selbstverständlich die gesetzliche Regelung wie jede rechtliche Regelung nur die Voraussetzungen schafft, von denen allein das Ziel nicht abhängt. Selbstverständlich muß das Gesetz mit Leben erfüllt werden, und dieses Leben hineinzubringen ist in erster Linie mit unsere Verantwortung. Dennoch glaube ich — und ich wiederhole es —, daß wir heute einen wichtigen Abschnitt in der Festigung der vom Grundgesetz vorgezeichneten Ordnung erreichen.
Ich darf, wenn Sie gestatten, noch zwei Bemerkungen zu Ihren Ausführungen im übrigen anschließen. Erstens, Herr Dr. Friderichs, möchte ich ausdrücklich sagen: ich weiß nicht, so Sie Ihre Auffassung herleiten, der Herr Bundesinnenminister Lücke habe — ich weiß nicht, bei welcher Gelegenheit — gesagt: Schaffen wir die NPD per Wahlrecht ab — ich vereinfache jetzt den Sinn Ihrer Ausführungen —, dann ist alles in Ordnung.
Zu dem ersten Teil Ihrer Ausführungen, das Problem der NPD sei auch ein Motiv für die Wahlrechtsänderung, bekenne ich mich persönlich. Das habe ich persönlich einmal auf einer Wahlrechtstagung gesagt. Gut, darüber mögen wir uns bei passender Gelegenheit unterhalten, ob diese Aussage richtig oder falsch ist.
Das zweite, dann sei alles in Ordnung, ist mit Sicherheit weder von mir geschweige denn von dem Herrn Bundesinnenminister, von dem auch eine Äußerung wie die erste nicht bekannt ist, jemals gesagt, gedacht oder bei anderer Gelegenheit gemeint worden.

(Abg. Moersch: Warum haben Sie es dann überhaupt gesagt?)

— Herr Kollege Moesch, ich habe mich doch eben bemüht, darzustellen, daß das nicht gesagt worden ist. Also stellt sich doch die Frage nach dem Warum nicht. Aber lassen wir das im Augenblick. Wir werden in diesem Hause noch ausführlich Gelegenheit haben, uns darüber zu unterhalten.
Ich möchte nur zu Ihren allgemeinen Bemerkungen, Herr Dr. Friderichs, etwas sagen, wobei ich .Herrn Schmitt-Vockenhausen zustimme, daß man bei anderer Gelegenheit darüber noch einmal eingehender reden sollte. Sie haben über die Rolle verschiedener Parteien in der Opposition gesprochen. Nun, von dieser Stellung aus, in der ich jetzt spreche, steht mir da gar keine Zensur zu. Ich will auch gar keine abgeben. Ich kann mir natürlich vorstellen, daß es für eine Partei, die bisher in der Opposition war und nun in der Regierung ist, eine
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Parlamentarischer Staatssekretär Benda
andere Situation ist und für eine Partei, die erst in der Regierung war und dann in der Opposition, auch. Für eine Partei, die erst in der Regierung war und es auch jetzt noch ist, aber jetzt mit einem anderen Partner, ist das ebenfalls eine neue Situation. So entsteht für jeden von uns das Problem der Anpassung an die veränderten Verhältnisse. Auch das gehört zu den Tugenden der Demokratie, daß man sich bemühen muß — und es auch schaffen kann —, das zu bewältigen.
Wenn Sie aber die Rolle der Opposition, als die Sie sich hier feiern, mit Recht daran charakterisieren, daß die Opposition Alternativen setzt und anderer Meinung ist als die anderen, dann müssen Sie freundlicherweise den anderen, die nicht Opposition sind, gestatten, auch anderer Meinung zu sein als Sie in den verschiedenen Fragen. Dazu gehört insbesondere auch die gar nicht von mir hier vorzunehmende Wertung von Vorträgen etwa in der letzten Beratung des Haushalts, die, nach meiner Auffassung ganz zutreffend im Inhalt, teilweise als „Filibustern" gewertet worden sind; zutreffend in dem Sinne, daß nach meiner persönlichen Auffassung der Gehalt einzelner Ausführungen nicht in einem ausgeglichenen Verhältnis zu ihrer Länge stand. Nun, das ist eine Meinung, über die man natürlich streiten kann; aber das ist eben meine Meinung, die ich bei dieser Gelegenheit einmal sagen darf. — Herr Moersch?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511628500
Herr Staatssekretär, wären Sie so freundlich, dem Hohen Hause einmal zu erklären, was es mit dem Begriff „Filibustern", der ja aus dem amerikanischen Repräsentantenhaus und Senat kommt, überhaupt auf sich hat?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0511628600
Nein, Herr Kollege Moersch, so freundlich bin ich nicht; das kommt mir auch gar nicht zu — schon gar nicht von hier aus —, dem Hause verfassungsrechtliche Vorträge zu diesem Punkt zu halten, wiewohl ich das könnte. Ich habe es also eben auf eine Kurzfassung gebracht

(Abg. Moersch: Und die war falsch!) und möchte mich darauf beschränken.


(Abg. Moersch: Sie war eindeutig falsch!)

— Na gut, Herr Moersch; wir reden einmal darüber. Ich glaube, das geschieht alles noch einmal hier, und dann können wir uns im einzelnen um die Interpretation bemühen. Aber vielleicht kommen wir mit dem letzten Satz der Einigung schon näher. Herr Dr. Friderichs hat am Schluß seiner Rede ein sehr eindrucksvolles Zitat gebracht, in dem gesagt worden ist — und da ist wohl etwas daran —, daß nicht immer derjenige, der behauptet, daß er die Wahrheit rede, mehr verkaufe auf dem Markt, von dem mal gesprochen wurde, als billige Ramschware. Nun, eben das ist es, und über diese Frage muß man sich von Fall zu Fall hier unterhalten. Das gehört zu der Auseinandersetzung in diesem Hause, die wir miteinander auch in Zukunft führen wollen, so wie bisher, Herr Kollege Dr. Friderichs.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0511628700
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Einige Gegenstimmen. Enthaltungen? — Ohne Enthaltungen bei einigen Gegenstimmen mit sehr großer Mehrheit angenommen.
Ich darf festhalten, daß die Petitionen gemäß Ziffer 2 des Antrages des Ausschusses für erledigt erklärt sind.
Meine Damen und Herren, ich habe das Vergnügen, die chilenischen Senatoren von Mühlenbrock und Pablo auf der Diplomatentribüne zu begrüßen.

(Beifall.)

Ich rufe Punkt 43 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften
— Drucksache V/1743 —
Wird der Gesetzentwurf begründet?

(Zuruf: Jawohl!)

— Es ist eine vom Bundesrat eingebrachte Vorlage. Der Bundesrat gibt keine Begründung; aber die Bundesregierung nimmt Stellung. Der Herr Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511628800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat am 11. November 1966 den Beschluß gefaßt, das „Dritte Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften" einzubringen. Dieser Entwurf liegt dem Hohen Hause in der Drucksache V/1743 mit der Stellungnahme der Bundesregierung vor, die das Kabinett am 3. Mai 1967 beschlossen hat.
Die Regierung stimmt den Zielen des Gesetzentwurfs des Bundesrats im Grundsatz zu, hat jedoch in einigen Punkten eine Erweiterung vorgeschlagen. Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz darf ich die Vorlage begründen.
Meine Damen und Herren! Die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Sicherheit der Wohnung sind die Probleme, welche die Bevölkerung heute am meisten beschäftigen. Das haben die unterschiedlichen Feststellungen in der Bundesrepublik auch in jüngster Zeit immer wieder ergeben. Der Gesetzentwurf trägt diesem Schutzbedürfnis Rechnung. Es ist kein Zufall, daß in seinen Vorschriften Parallelen zum Arbeitsrecht zu finden sind. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene neue Sozialklausel erkennt das Interesse des Vermieters an der Beendigung eines Mietverhältnisses an, wenn es mit der Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht. Sie gewährt dem Mieter Schutz gegen unberechtigte Härten. Das Ziel ist eine gerechte Abwägung der Interessen beider Partner.
Die Sozialklausel in ihrer jetzigen Fassung war bereits von der Absicht getragen, einer echten Part-
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Bundesminister Dr. Lauritzen
nerschaft von Mietern und Vermietern die Wege zu ebnen. Aber diese Absicht wurde nicht voll erreicht. Die Gerichte halten sich nicht für befugt — ich zitiere hier eine Entscheidung des Landgerichts Hagen —, der Vorschrift des § 556 a BGB „größere soziale Tendenzen beizulegen, als der Gesetzgeber durch die Fassung des Gesetzestatbestandes angeordnet hat" . Es wurde daher auch bei einer so angesehenen Institution wie dem Deutschen Anwaltstag in diesem Jahr in Bremen zum Ausdruck gebracht, die Sozialklausel verdiene ihren Namen nicht und habe sich nur in seltenen Ausnahmefällen als Nothilfe bewährt.
Bisher war dem Mieter ein Widerspruchsrecht gegen die Kündigung gegeben, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorlagen und die . Kündigung einen. Eingriff in die Lebensverhältnisse des Mieters bewirkte, dessen Härte auch unter voller Würdigung der Belange des Vermieters nicht zu rechtfertigen war. Nur wenn der Mieter diese Kumulation gesetzlicher Stolperdrähte — wenn ich es einmal so formulieren darf — überspringen konnte, durfte das Gericht eine Verlängerung des Mietverhältnisses anordnen.
Die neue Fassung der Sozialklausel soll zum Ausdruck bringen, daß die Klausel keine Ausnahmevorschrift für extreme Härtefälle darstellt. Sie soll vielmehr eine gerechte Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter gewährleisten. Der nun vorliegende Gesetzentwurf beabsichtigt nichts anderes als eine Verbesserung, die es den Gerichten ermöglicht, die schon früher bekundete Absicht des Gesetzgebers zu erfüllen.
Der Entwurf in der Fassung der Ihnen vorliegenden Stellungnahme der Bundesregierung trägt der besonderen gesellschaftspolitischen Bedeutung der Wohnung Rechnung, ohne die Stellung des Eigentümers mehr als unbedingt notwendig und verfassungsrechtlich zulässig einzuengen. Die Mietwohnung, in der die große Mehrzahl der Bürger ihr Heim begründet, bildet die Grundlage für die Entwicklung und Entfaltung des Familienlebens. Ehe und Familie stehen nach Art. 6 des Grundgesetzes unter dem besonderen Schutz des Staates. Dem will die Neufassung der Sozialklausel Rechnung tragen.
Die von der Bundesregierung vorgelegte Fassung basiert auf einem Gesetzentwurf, den der Bundesrat auf Antrag der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein beschloß.
In der Stellungnahme der Bundesregierung ist vorgesehen, daß der Mieter einer Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann, wenn die Beendigung eine Härte für ihn und seine Familie bedeutet. Weist jedoch der Vermieter nach, daß sein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses überwiegt, dann entfällt das Widerspruchsrecht des Mieters. Das ist keineswegs, wie gelegentlich behauptet wurde, ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht des Vermieters. Mit dieser Neufassung der Sozialklausel folgen wir lediglich dem Verfassungsauftrag des sozialen Rechtsstaates. Besondere verfassungsrechtliche Pflichten für den Gesetzgeber — das hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil
vom 1. Juli 1964 festgestellt — ergeben sich aus der Bedeutung, welche die Mietwohnung als Mittelpunkt der menschlichen Existenz hat.
Meine Damen und Herren, neu eingefügt ist in den Gesetzentwurf durch die Stellungnahme der Bundesregierung der Art. IV, der das Gerichtsverfahren behandelt. Die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht soll in jedem Fall mit einer Güteverhandlung beginnen. Die Parallele zum Arbeitsrecht, auf die ich anfangs schon hinwies, wird hier deutlich. Die Bundesregierung erhofft sich von dieser Rechtsvorschrift eine ständige Abnahme der Rechtsstreitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

Die vorgesehene Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für Rechtsmittel gegen Urteile oder Beschlüsse der Amtsgerichte soll der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen, die bisher auf einem so wichtigen Gebiet wie dem des Mietrechts fehlte. Beabsichtigt ein Oberlandesgericht von der Entscheidung eines anderen abzuweichen, soll künftig die Vorlage der Sache beim Bundesgerichtshof erforderlich sein. Es wird nun nicht mehr möglich sein, daß in Zukunft widerstreitende Urteile verschiedener Gerichte bei gleichem Sachverhalt zitiert werden können.
Im übrigen darf ich mich auf die Ihnen vorliegende Drucksache beziehen. Das Gesetz wird nach unserer Überzeugung dem Rechtsfrieden und der Partnerschaft zwischen Vermieter und Mieter dienen, die wir doch alle anstreben wollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511628900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Hauser.

Dr. Hugo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0511629000
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Als die Sozialklausel 1960 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt wurde, war es der Wille des Gesetzgebers, daß sie ihrer Wirkung nach etwa in der Mitte liege zwischen den Kündigungsbeschränkungen des allzu starren Mieterschutzgesetzes und der freien Kündbarkeit, wie sie einst bei Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches um die Jahrhundertwende statuiert worden war. Beides sind extreme Grenzpositionen, die in ein neues soziales Mietrecht nicht mehr übernommen werden konnten, wenn man einerseits die Wohnungswirtschaft in die soziale und freie Marktwirtschaft überführt, andererseits aber die Wohnung — wie der Herr Minister soeben schon dargelegt hat — als den Mittelpunkt, als das Heim betrachtet, in dem eine Familie ihre volle Entfaltung finden soll. Man war damals der Überzeugung, daß mit dieser neuen Bestimmung in der Tat die sozialen Schwierigkeiten und nicht zurechtfertigende Härten, die mit einer Kündigung immer verbunden sind, behoben werden könnten.
Dabei dachte der Gesetzgeber keineswegs daran, etwa nur bei ganz außergewöhnlichen Situationen die Möglichkeit zur Fortsetzung des Mietverhältnisses
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Dr. Hauser (Sasbach)

einzuräumen. Vielmehr sollte dort, wo zusätzliche Schwierigkeiten beim Wohnungswechsel oder bei der Ersatzraumbeschaffung auftreten, die Sozialklausel des § 556 a des Bürgerlichen Gesetzbuches durchgreifen, so etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft der Frau, bei Kinderreichtum oder bei hohem Alter, eben dort, wo diese Umstände eine Belastung mit sich bringen können, die über die Unbequemlichkeiten hinausgehen, die mit jedem Wohnungswechsel verbunden sind. Ziel des § 556 a BGB sollte aber nicht allein die Beseitigung von Härten, sondern bereits ihre wesentliche Milderung sein.
So wollte der Gesetzgeber 1960 im § 556 a BGB eine Bestimmung schaffen, mit der er bei grundsätzlich freier Kündbarkeit des Wohnungsmietverhältnisses seine Verpflichtung zur Verwirklichung der Sozialstaatlichkeit zu erfüllen gedachte. Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch in der Formulierung der Bestimmung erkennbar, selbst wenn die Wortfassung mit besonderer Betonung auf den Einzelfall abstellt. Mit den verwendeten Begriffen wollte der Gesetzgeber gerade im Einzelfall die soziale Unbilligkeit beseitigen, die sich in einer sozialen Marktwirtschaft im freien, wenn auch sozial gebundenen Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage aus den Umständen des Einzelfalles ergeben könnte.
Die Rechtsprechung ist in den knapp vier Jahren, in denen die Sozialklausel in den weißen Kreisen anwendbar geworden ist, diesen Überlegungen des Gesetzgebers nicht uneingeschränkt gefolgt. Je länger, desto mehr hat sich aber doch eine Auslegung entwickelt, die. den Vorstellungen des Gesetzgebers besser entspricht. Dies wurde erst jüngst auch von dem Mieterverein in Wiesbaden in einem Gespräch mit dem „Wiesbadener Kupier" eingeräumt, das Sie in der Ausgabe dieser Zeitung vom 10. Juni dieses Jahres lesen können.
Auch das Argument, das heute gern in die Debatte geworfen wird, um die Unzulänglichkeit der Sozialklausel zu beweisen, daß nämlich nur 2 % aller Räumungsstreitigkeiten zugunsten des Mieters entschieden würden, ist nicht stichhaltig. Denn immerhin sind von den im Jahre 1965 entschiedenen 42 683 Räumungsprozessen in der Bundesrepublik nicht nur 771 Prozesse zugunsten des Mieters ausgegangen, sondern 8721 Klagen sind auf sonstige Weise, wie es in der Statistik der Gerichte heißt, erledigt worden.

(Abg. Jacobi [Köln] : Statistiken geben nicht das Bild des Lebens wieder!)

— In der Statistik der Gerichte, Herr Jacobi! — Dabei handelt es sich ganz wesentlich um die Rücknahme der Räumungsklage, nachdem ein außergerichtlicher Vergleich vorausgegangen war. Solche Vergleiche gehen aber erfahrungsgemäß zugunsten der Mieter aus, da hier das angestrebte Ziel einer Fortsetzung des Mietverhältnisses erreicht wurde.
Mit den 771 abgewiesenen Räumungsklagen zusammen haben damit 9438 Klagen im Sinne des Mieters positiv geendet. Dies aber sind nicht nur 2 % sondern rund 22 % der im Jahre 1965 abgeschlossenen Räumungsfälle. Hierzu kommt noch, daß bestimmt nicht alle übrigen Fälle mit einem
Räumungsurteil abgeschlossen wurden, sondern auch durch gerichtliche Vergleiche endeten, die ihrerseits wiederum, wie angestrebt, eine Verlängerung des Mietverhältnisses gebracht haben, so daß sich unweigerlich ein Gesamtergebnis feststellen läßt, daß für die Mieter weit günstiger liegt als nur bei 2 % der Räumungsverfahren.
Ich bin der Überzeugung, daß sich die Rechtsprechung sicherlich auf eine gute Mittellinie einpendeln würde. Die Rechtsprechung braucht nun einmal immer einige Zeit, um zu einer einigermaßen einheitlichen Rechtsfindung zu kommen. Dies zeigte sich auch bei dem alten Mieterschutzgesetz, wo sich trotz der Vielfältigkeit der Lebensverhältnisse und trotz des Mangels einer obergerichtlichen Rechtsprechung eine solche einheitliche Linie durch lange Jahre erhalten hat. Dies wäre auch im vorliegenden Fall nicht anders.
Ich räume aber ein, daß sich an diesen Anlaufschwierigkeiten, mit denen sich die Rechtsprechung erst zurechtfinden muß, die Kritik entzündet hat, daß die Sozialklausel — um ein oft zitiertes Wort aufzunehmen — geradezu zum Stein des Anstoßes geworden ist. Denn mit der heutigen Vorlage, die gleich zwei Vorschläge zur Revision vor allem des § 556 a des Bürgerlichen Gesetzbuches enthält, nämlich die auf Anregung des Landes Schleswig-Holstein entwickelte Gesetzesinitiative des Bundesrates und sodann die Stellungnahme der Bundesregierung hierzu, die ihrerseits nun einen zusätzlichen Vorschlag unterbreitet, ist es seit Beginn der Praktizierung der Sozialklausel bereits das dritte Mal, daß sich der Bundestag mit diesem Problem beschäftigen muß.
Ich gebe auch zu, daß sich der Wille des Gesetzgebers sicherlich in einer entsprechenden Wortfassung deutlicher ausdrücken ließe, als es geschehen ist, um so wirklich Schutz für die Fälle zu bieten, für die er notwendig sein soll. So lassen sich wohl Korrekturen denken, um die Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter wirklich so vornehmen zu können, wie sie vom Gesetzgeber gewollt ist.
Wenn etwa in der derzeit geltenden Fassung des § 556 a von der „vollen Würdigung der Belange des Vermieters" die Rede ist, so bleibt zu überlegen, ob dieser Begriff nicht die Gewichte zu sehr zugunsten des Vermieters verschiebt. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß der Richter bei Abwägung der gegenseitigen Interessen die Belange beider Teile „voll" zu würdigen hat. Sind aber bei den sachlichen Voraussetzungen, von denen der Anspruch auf Fortsetzung eines Mietverhältnisses abhängt, die Worte hinsichtlich der zu berücksichtigenden Belange des Vermieters zusätzlich hinzugefügt, so erhalten eben diese Vermieterbelange ein größeres Gewicht, wenn man diese Worte nicht nur als reine Füllworte ansehen will, die damit aber auch ohne weiteres entbehrt werden könnten.
Aber über diesen Korrekturen darf der Blick auf die Eigentumsgarantie, wie sie in Art. 14 des Grundgesetzes verankert ist, nicht verlorengehen. Beim Studium mancher Veröffentlichungen gewinnt man den Eindruck, daß die im ersten Weltkrieg begonnene und nach Abschluß des zweiten fortgesetzte
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Dr. Hauser (Sasbach)

totale Reglementierung des Wohnungswesens fast eine selbstverständliche Dauerbeschränkung des Hauseigentümers geworden wäre. Wollte man aber einer solchen Auffassung nachgeben, dann hätte dies zur Folge, daß die normale Eigentumsgarantie für den Hauseigentümer von vornherein nur noch ein minimaler Rest bliebe, nämlich der, der übrigbliebe, wenn man die staatlichen Reglementierungen abgelaufener Notzeiten von dem normalen Eigentumsbegriff abzöge. Aber auch dem Hauseigentümer wird das volle Eigentum gewährleistet.
Sicherlich kann der Gesetzgeber in Zeiten des Wohnungsmangels — darüber haben wir uns immer wieder auseinandergesetzt und haben darüber gesprochen — die Sozialbindung des Eigentums besonders herausstellen und den Mietern einen besonderen Schutz angedeihen lassen, wie dies auch in der Zeit des Mieterschutzgesetzes der Fall war. Aber darüber hinaus muß eben das elementare Grundrecht des Eigentums vom Gesetzgeber respektiert werden, das in sich das Recht zur freien Verfügung enthält.
Die Sozialklausel fordert vom Vermieter berechtigterweise eine Rücksichtnahme, wenn auf seiten des Mieters besondere Umstände vorliegen, die eine Kündigung zu dieser Zeit selbst unter Würdigung der Belange der Gegenseite nicht rechtfertigen.
Um diese Rangordnung der Werte nicht zu verwischen und damit dem Hauseigentümer womöglich eine Bindung aufzuerlegen, die das Eigentumsrecht seinem Zwecke entfremden könnte — um ein Wort von Professor Forsthoff aufzunehmen —, erscheint es auf alle Fälle erforderlich, bei dem Vorschlag der Bundesregierung zur Neufassung des § 556 a eine Korrektur zu überlegen. Um deutlich zu unterstreichen, daß die Sozialklausel keine Ausnahmebestimmung für extreme Fälle darstellt, wie sie in manchen Gerichtsentscheidungen qualifiziert wurde, schlägt die Bundesregierung vor — und der Herr Minister hat es vorhin noch einmal erläutert —, der Mieter könne die Fortsetzung des Mietverhältnisses schon dann verlangen, wenn seine Beendigung eine Härte bedeute. Hier müßte aber zumindest von einer unverhältnismäßigen, vielleicht auch empfindlichen Härte oder einer, wie Sie selber, Herr Minister Lauritzen, vorhin meinten, unberechtigten Härte die Rede sein, die das Durchgreifen der Sozialpflichtigkeit rechtfertigt.

(Zuruf des Abg. Jacobi [Köln].)

— Denn eine Härte, Herr Jacobi, liegt, ganz allgemein gesprochen, ja schon dann vor, wenn der Mieter seine Mieträume aufgeben, wenn er umziehen und sich anderswo neu einrichten muß.
Solche den üblichen Rahmen nicht überschreitenden Unbequemlichkeiten können aber einen Einbruch in die Struktur des Eigentums nicht rechtfertigen. Vielmehr muß gerade die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel auch hier gestellt und beantwortet werden, und zwar aus folgenden Erwägungen: Das Mietverhältnis ist ein rein obligatorisches, rein schuldrechtliches Verhältnis, wie sicherlich niemand in Abrede stellen kann. Die Anwendung der Sozialklausel aber bringt eine gewisse „Verdinglichung" dieser nur obligatorischen Rechtsposition mit sich, die jedoch so schwerwiegend ist, daß sie sich ohne Vorliegen einer entsprechenden, vom Gesetz anerkannten causa nicht legitimieren läßt; dies um so mehr, als ja auch die verlängerten Kündigungsfristen ganz zugunsten des Mieters wirken. Wenn man darüber hinaus einen zusätzlichen Schutz mit der Sozialklausel schafft, so müssen in der Tat die Voraussetzungen hierfür fester umrissen sein, um eben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Mittels mehr zu entsprechen, als dies im Regierungsentwurf geschehen ist.
Überlegungen löst auch der Vorschlag der Bundesregierung aus, der dem Vermieter die Pflicht zu einer besonderen Rechtsbelehrung seines Mieters über die Widerspruchsfrist zuweisen möchte. Sowenig sonst im Bürgerlichen Gesetzbuch eine ähnliche Rechtsmittelbelehrung vorgesehen ist, sowenig ist einzusehen, warum gerade hier eine solche Verpflichtung festgelegt werden soll; muß sich doch jeder Staatsbürger über seine Rechte und Pflichten selbst verlässigen, um sich in dem gesteckten gesetzlichen Rahmen die für ihn notwendigen Informationen zu verschaffen und anzueignen. Wenn er dies unterläßt, so geht dies zu seinen Lasten. Ich vermag nicht einzusehen, warum gerade im Mietrecht der allgemein gegebene Grundsatz verlassen werden soll. Selbst wenn in den rückliegenden knapp vier Jahren seit Inkrafttreten des sozialen Mietrechts der eine oder andere Mieter die Gesetzesfristen .übersehen und versäumt hat, so werden doch mit der Zeit auch diese gesetzlichen Vorschriften zu den selbstverständlichen Überlegungen der Betroffenen gehören, auf die sie dann ohne weiteres achten werden.
Schließlich sehe ich keine einleuchtende Veranlassung, weshalb der Vermieter die Gründe seiner Kündigung auf Verlangen seines Mieters darlegen sollte, ehe dieser Widerspruch eingelegt und damit zu erkennen gegeben hat, daß er die Kündigung nicht unbesehen hinzunehmen bereit ist; belastet es doch den Mieter in keiner Weise, wenn er zunächst Widerspruch erhebt und damit quasi ein formelles Verfahren in Gang bringt, um dann eben seine Chance abzuwägen, wenn er mit der Geltendmachung dieses Widerspruchs die Bekanntgabe der Kündigungsgründe fordert. Er kann ja jederzeit in diesem Vorverfahren ohne irgendwelche geldlichen Nachteile oder Belastungen seinen Widerspruch zurücknehmen. Zudem sind die Gestaltungsrechte im bürgerlichen Recht, zu denen selbstverständlich auch die Kündigung zählt, stets frei ausübbar, ohne daß sie begründet werden müssen. Von diesem Grundsatz sollte man eigentlich auch im Mietrecht nicht ohne zwingenden Anlaß abgehen, sofern nicht der Mieter mit seinem Widerspruch deutlich gemacht hat, daß er zu seinen Gunsten die Sozialpflichtigkeit einer Kündigung entgegensetzen möchte. Wenn wir erst nach Erhebung des Widerspruchs dem Vermieter eine Pflicht zur Mitteilung der Kündigungsgründe aufgeben, dann entsprechen wir auch der Forderung, die der große Rechtslehrer Otto von Gierke in die Worte gekleidet hat: Der Gesetzge-
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Dr. Hauser (Sasbach)

ber soll nur in Notfällen gehalten sein, die Pflicht des richtigen Gebrauchs in dem gebotenen sozialen Umfang zur Rechtspflicht zu stempeln.

(Abg. Jacobi [Köln] : Das geschah aber in einer unkomplizierten Zeit!)

Die übrigen in der Vorlage enthaltenen Änderungen gesetzlicher Bestimmungen, vor allem die Verfahrensvorschriften, haben nicht das gleiche Gewicht wie die soeben besonders hervorgehobenen Punkte. Ich denke hier an die Festlegung einer ausschließlichen gerichtlichen Zuständigkeit, die Streitigkeiten um eine Mietwohnung an den Ort der belegenen Sache bindet — dieser Vorschlag ist ohne weiteres akzeptabel —; ich denke auch an die Erweiterung des Rechtsweges in Mietsachen, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu fördern und auf diese Weise möglichst schnell zu gültigen Leitsätzen zu kommen, wenn auch nach meinen Überlegungen zumindest das Oberlandesgericht nur für Grundsatzentscheidungen zuständig sein sollte, nicht schon für Berufungen gegen amtsgerichtliche Urteile. Ich denke auch an die Einführung eines obligatorischen Güteverfahrens für Räumungsprozesse und Verfahren auf Fortsetzung des Mietverhältnisses. Gerade hier vermögen wir noch nicht abzusehen, ob und inwieweit eine derartige Einrichtung wirklich Erfolg bringt. Auf ialle Fälle werden wir damit die Bemühungen unterstreichen, zwischen den Mietparteien eine partnerschaftliche Vereinbarung zu erleichtern. Gerade dieser Einrichtung möchten wir darum Erfolg wünschen.
Ich habe nur einige Punkte aus der Vorlage herausgegriffen, um darzutun, wo bei den kommenden Beratungen in den zuständigen Ausschüssen der Schwerpunkt der Diskussion liegen muß. Eines wollen wir bestimmt nicht: daß, wenn wir dort die Neufassung der Sozialklausel beschließen, die Justiz dadurch überfordert wird. Wir wollen aber auch nicht, daß der Widerspruch künftig zum Regelfall bei einer Kündigung werden soll. Was als Leitziel dabei vor uns stehen muß, darf ich mit den Worten des Herrn Ministers Heinemann wiedergeben, die er vor wenigen Tagen bei dem Bremer Anwaltstag nach Professor Radbruch zitierte. Er sagte: Wir haben bisher zuviel Rechtschirurgie und zuwenig Rechtshygiene betrieben; wir haben die Rechtspflege bisher zu sehr als Streitsache, statt vor allem als Streitverhütung aufgefaßt.
In der Tat, auch dieses Hohe Haus hat die Aufgabe, mit einer Novellierung, wie sie hier vorgeschlagen ist, mehr Rechtshygiene statt Rechtschirurgie zu betreiben. Damit versuchen wir erneut, jenes partnerschaftliche Ziel zu verwirklichen, das schon immer mit dem Abbau der Wohnungszwangswirtschaft angestrebt wurde. Wir hoffen zuversichtlich, daß wir dieses Ziel wirklich erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511629100
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0511629200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen!
Nach den grundlegenden Ausführungen, die der Herr Kollege Dr. Hauser zu den anstehenden Problemen gemacht hat und denen wir im weitesten Umfange zustimmen können, kann ich mich jetzt verhältnismäßig kurz fassen.
Wir sind mit der Problematik der beiden Gesetzesvorlagen, die heute zur Erörterung stehen, mindestens schon so lange beschäftigt, wie ich diesem Hohen Hause anzugehören die Ehre gehabt habe; ja, sie wurde schon vorher erörtert. Die Sozialklausel des § 556 a hat nicht nur heute in der Diskussion gestanden. Sie ist das Ergebnis einer langen Auseinandersetzung über alle möglichen Fragen und Intentionen gewesen. Sie hat dann die Zustimmung der Mehrheit dieses Hauses gefunden.
Dabei war wir uns bei der Beratung schon darüber im klaren, daß wir kein Gesetz machen wollten und sollten, das jederzeit wieder in seinen Einzelheiten zur Disposition des Gesetzgebers stünde. Vielmehr haben wir das Bürgerliche Gesetzbuch in der klaren Erkenntnis und in dem Wollen geändert, eine Dauerregelung zu schaffen, die nicht von Zufälligkeiten des Tages oder gewisser Zeitläufte wieder abhängig sein sollte.
Über die Frage, ob sich die so geschaffene Regelung bewährt hat, kann man kaum zweierlei Meinung sein. Trotz der zahlreichen Bedenken, die gerade wir damals gegen diese Klausel gehabt haben, weil wir sie als zu weitgehend ansahen, wird man, glaube ich, feststellen können — und zwar jeder, der im täglichen Leben mit diesen Dingen zu tun hat —, daß das, was geschaffen worden ist, sich bewährt hat.

(Abg. Jacobi [Köln] : Na, na, na!)

— Da wollen wir nicht das mystische Zahlenspiel treiben mit den 2 % oder wieviel Prozent. Was wesentlicher ist, Herr Jacobi, sind die gar nicht zu erfassenden und zu zählenden Fälle, in denen auf Grund der neuen Bestimmungen wirklich im partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter Dinge geregelt worden sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU.)

Diese Zahlen kennen Sie nicht, und diese Zahlen sind viel erheblicher als die 40 000 oder 48 000 Prozesse, von denen hier immer wieder die Rede ist.

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : Sehr richtig!)

Dieses entscheidende Ziel, das auch hier wieder herausgestellt worden ist — eine echte Partnerschaft zu erreichen —, ist wichtiger als das ständige Herumkurieren an einem Gesetz, das Dauerwirkung haben sollte.

(Beifall bei der FDP.)

Glauben Sie, die Sie diese Vorlage gemacht haben, wirklich, daß Zwangsmietverträge echte Partnerschaftsverhältnisse gründen?

(Abg. Jacobi [Köln] : Angst und Sorge aber auch nicht!)

Die Zwangsverhältnisse haben wir jahrzehntelang kennengelernt. Echte Partnerschaft begründen sie nicht, Herr Kollege Jacobi. Darum geht es. Sie wird auch dann nicht gegründet, wenn der Richter durch
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Dr. Busse (Herford)

Spruch ein Mietverhältnis fortsetzt. Wenn die Parteien zu der Erkenntnis gelangen, sie passen nicht zueinander, dann gehen sie besser auseinander, oder aber sie meinen, daß sie die Dinge unter sich als erwachsene, vernünftige Menschen, die ihr Schicksal selbst in der Hand haben, regeln können. So sollten wir das sehen.
Nun zu etwas anderem, und da scheiden sich wirklich die Geister. Ich muß gestehen, daß ich bei allem Verständnis, das ich vielleicht noch für den Antrag des Bundesrats aufbringen könnte, erschreckt war, als ich die Vorlage der jetzigen Bundesregierung sah. Das hat nichts mit Opposition oder Nichtopposition zu tun, sondern hier stehen tatsächlich Dinge zur Erörterung, die wir in langen Jahren gemeinsam gewollt und verteidigt haben. So wie das jetzt vorgesehen ist, wird es nun wirklich nicht gehen. Wie liegen denn die Dinge? Was verlangt man vom Eigentümer? Man verlangt von ihm, der doch nur völlig legitim von einem Recht Gebrauch macht, das ihm das Gesetz gibt, nämlich ein Mietverhältnis zu kündigen, daß er dartun soll, er habe an der Kündigung berechtigte Interessen, mehr Interesse als der Mieter an der Nichtkündigung. Beim Mieter soll ausreichen, daß er dartut, eine Härte liege vor. Herr Dr. Hauser hat bereits dankenswerterweise darauf hingewiesen, daß diese Ausdrucksweise mißverständlich ist. Jede Kündigung pflegt eine Härte mit sich zu bringen. Wenn damit nicht gesagt sein soll, daß die normale Härte, die eben jede Kündigung mit sich bringt, schon ausreichen soll, um den Widerspruch zu begründen, dann hätte man das auch in das Gesetz schreiben und eine bessere Formulierung finden sollen. Beim Vermieter aber heißt es, daß er den Widerspruch nur abwehren kann, wenn er ein „überwiegend berechtigtes Interesse" daran hat, daß das Mietverhältnis vertragsgemäß endet. Man dreht also die Dinge, die bisherigen Rechtsvorstellungen entsprechen, genau um.
Wenn das Eigentum überhaupt noch ein Gewicht haben soll, wenn es noch ein Gewicht haben soll, daß der Mietvertrag lediglich ein obligatorischer Vertrag ist, dann kann es doch nur so geregelt werden, daß es Sache des Mieters ist, darzutun, daß in diesem Fall die Ausübung des Kündigungsrechts sozial nicht gerechtfertigt ist. Ja, noch mehr verlangt man vom Eigentümer, der ein gesetzlich statuiertes Recht gebraucht. Er soll gleichzeitig demjenigen, dem er kündigt, sagen: Aber du hast die Möglichkeit, das und das innerhalb der und der Frist dagegen zu machen. Eine völlig neue Institution in unserem bürgerlichen Rechtsdenken! Seit wann sagt man demjenigen, der kündigt: Du mußt aber gleich darauf hinweisen, daß es Möglichkeiten gibt, gegen diese Kündigung anzugehen. Das zu erforschen, das nachzusuchen, ist doch wahrlich Sachedesjenigen, dem gekündigt wird. Diese Überlegungen sollte man bei der weiteren Behandlung in Betracht ziehen.
In diesem Zusammenhang einiges, was mir bis heute einigermaßen unverständlich ist. Ich erwarte gern Aufklärung darüber. Ich habe jahrzehntelang in gerichtlicher Praxis gestanden und weiß, daß
gerade der Amtsrichter durchweg bemüht ist, eine Regelung im Einverständnis der Beteiligten herbeizuführen, weil er weiß, wie einschneidend die Entscheidungen in einem Mietprozeß für beide Beteiligten sein können. Das kann er heute. Dafür brauchen wir keine gesetzliche Bestimmung. Warum diese ganze Geschichte wieder mit der zwingend vorgeschriebenen Güteverhandlung? Die wird in geeigneten Fällen der Richter, der vernünftig ist — und von dem können wir normalerweise ausgehen -; von selbst vornehmen.
Meine Damen und Herren, nun aber gar noch unseren normalen Rechtsweg in dieser Situation so umzugestalten, wie es die Vorlage tut, und ausgerechnet die Mietsachen zum Oberlandesgericht in die Berufsinstanz zu bringen, ich glaube, deutlicher kann man eigentlich nicht demonstrieren, .wie abstrus hier langsam aber sicher das Denken geworden ist; ich kann hier wirklich keinen anderen Ausdruck mehr gebrauchen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung — darüber sind wir uns alle klar — ist ein bedeutendes Ziel, und es wäre gut und wünschenswert, wenn sie auch in Mietsachen insbesondere deshalb erreicht werden könnte, weil hier zum Teil neue Rechtsgebiete, neue Rechtssituationen, neue Rechtsfragen aufgetreten sind, die nach höherer gerichtlicher Rechtsprechung rufen. Aber dann soll man einen anderen Weg suchen, der wirklich zu einer Vereinheitlichung und Klarstellung dieser Rechtsprechung führt, und nicht den doch wirklich reichlich primitiven Weg wählen, daß man einfach alle Berufungsfälle vor das Oberlandesgericht bringt. Die Oberlandesgerichte werden entzückt sein, wenn sie von dieser Vertrauenskundgebung des Gesetzgebers und insbesondere der Regierung hören werden.
Zum Abschluß noch einmal: Zwei Grundfragen stehen hier zur Entscheidung. Ich will nur einmal folgendes Beispiel nehmen. Ich nehme an, Gründe des Mieters und Gründe des Vermieters sind gleichgewichtig — denn das ist die entscheidende Frage —; wer soll dann Recht bekommen? Wenn die Gründe ungleichgewichtig sind, entsteht kein entscheidendes Problem. Das Problem liegt in der Beantwortung der Frage der Gleichgewichtigkeit. Wer die Garantie des Eigentums, das allerdings sozial bedingt ist, unseres Grundgesetzes ernst nimmt, wird in diesem Falle nur dem das Recht zusprechen können, der auf Grund eines befristeten obligatorischen Vertrages zeitweilig auf gewisse Nutzungen seines Eigentums verzichtet hat. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite geht weit darüber hinaus. Ich hatte das nicht immer sehr große Vergnügen, in einer Fülle von Mietstreitigkeiten tätig zu sein, als ich noch wirklich in der Praxis stand. Und ich habe selbst in den Zeiten, in denen wir erheblich größere Schwierigkeiten, erheblich größere Sorgen gehabt haben, immer wieder gefunden, daß das Gros der Menschen bereit und gewillt ist, seine Verhältnisse — und dazu gehört insbesondere das Mietverhält-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5819
Dr. Busse (Herford)

nis — in eigener Verantwortung zu regeln und zu gestalten. Härtefälle zu vermeiden, ist Aufgabe des Staates. Weiterzugehen, ist Bevormundung des Staatsbürgers. Diese Bevormundung lehnen wir ab!

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511629300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reischl,

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511629400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu der Frage des Mietrechts und vor allem zu dieser Vorlage für die SPD-Fraktion folgendes ausführen.
Zunächst einmal, glaube ich, ist gerade von unserer Fraktion in diesem Hause schon mehr als einmal festgestellt worden, daß die bisherige Sozialklausel, nämlich der § 556a BGB in der Fassung, die er im Jahre 1960 bekommen hat, mangelhaft ist. Ich muß sagen, daß das heute unter den Juristen, die mit der Gerichtsbarkeit zu tun haben — ganz gleich auf welcher Seite —, weitgehend unbestritten ist. Ich will jetzt das ganze Zahlenspiel, das Herr Kollege Hauser so schön zerpflückt hat, nicht wieder von vorn anfangen; ich will nicht über die 2 oder 3 % oder die 22 % sprechen. Vor allem aber möchte ich nicht näher darauf eingehen, was denn eigentlich unter „sonstiger Erledigung" zu verstehen ist.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr gut!)

Wenn wir nämlich eine unvollkommene Sozialklausel haben, die das Partnerschaftsverhältnis, das auch meiner Auffassung nach zwischen Mieter und Vermieter bestehen sollte, eben nicht in der Weise sicherstellt, wie das notwendig wäre, dann haben wir als „sonstige Erledigung" im wesentlichen die Tatsache zu verstehen, daß der Schwächere den Stärkeren nachgeben muß. Das ist doch der Kern dieser „sonstigen Erledigung". Das stellt man fest, wenn man sich wirklich im Lande umhört und erfährt, daß z. B. Mietverhältnisse in der Weise geändert werden, daß plötzlich um die Hälfte mehr Miete bezahlt werden mußte. Das ist dann doch einfach unter dem Druck der Verhältnisse geschehen, unter dem Druck einer unzulänglichen Sozialklausel und unter dem Druck der Rechtsprechung, die mit dieser Sozialklausel nicht fertig wurde und nicht fertig werden konnte. Insoweit muß ich meine richterlichen Kollegen hier vor den Vorwürfen ausdrücklich in Schutz nehmen; denn so, wie die Klausel da stand, hat sie das, was nachträglich in sie hineingedeutet wird, eben einfach nicht erfüllt.
Wenn also — wie der Herr Kollege Busse jetzt getan hat — davon gesprochen wird, daß in dem größten Teil der Fälle wirklich eine partnerschaftliche Erledigung erfolgt sei, dann kann ich hinter einen solchen Satz nur ein großes Fragezeichen setzen; denn diese Partnerschaft war eben unter der bisherigen Sozialklausel eine Partnerschaft zwischen einem sehr viel Stärkeren und einem sehr viel Schwächeren, der dazu noch, wenn er sich auf den für ihn immerhin kostspieligen und mit Nervenbelastung verbundenen Prozeß einläßt, damit rechnen muß, daß er diesen Prozeß verliert und dem
Verlust des Prozesses auch noch sein gutes Geld nachwirft. Auch das muß man in dem Zusammenhang einmal bedenken. Deswegen sage ich, es hat keinen Sinn, hier mit Zahlen herumzuwerfen. Ich berufe mich auch nicht auf die 2 oder 3 %; dafür bin ich nüchtern genug. Ich lasse die 22 % gern gelten, aber es soll mir keiner damit kommen, daß die „sonstige Erledigung" und die partnerschaftliche Erledigung eine echte partnerschaftliche Erledigung zwischen Gleichberechtigten gewesen seien.
Ich glaube, ich brauche das Hohe Haus in der vorgerückten Stunde gar nicht mehr allzu lange zu beschäftigen, indem ich auf die sonstigen Mängel der Sozialklausel eingehe. Ich kann mich weitgehend auf das beziehen, was ich vor etwa einem Jahre an dieser Stelle zur Begründung unseres Antrags zur Änderung der Sozialklausel — Drucksache V/564 — gesagt habe.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sehr richtig!)

Es ist so, daß die Gerichte die Sozialklausel, so wie sie bisher war, ihrem Wortlaut nach angewendet haben, und wir wissen aus der Rechtsprechung, daß — wir mögen das bedauern oder nicht, das ist gleichgültig — der objektivierte Wille des Gesetzgebers gilt; jedenfalls wird es so ausgelegt. Die Gerichte haben die Sozialklausel ihrem Wortlaut nach als Notstandsklausel ausgelegt. Nur wenn beim Mieter ein echter Notstand vorlag, bekam er auf Grund der bisherigen Klausel vor den Gerichten Recht.
Wenn man nun sagt, es werde mit der Zeit zu einem Einpendeln der Rechtsprechung kommen, dann frage ich mich, wie lange das wohl dauern wird. Wenn man selber aus der Justiz stammt, weiß man, daß das Einpendeln einer Rechtsprechung eine ganz schöne Zeit dauern kann. Es dauert noch länger, wenn in erster Instanz die Amtsgerichte zuständig sind und wenn die oberste Instanz praktisch das Landgericht ist, wenn also eine Vielzahl von über die ganze Bundesrepublik verstreuten Gerichten in dieser Frage entscheiden muß und durch die jetzige Rechtszugsordnung gar keine Möglichkeit gegeben ist, in dieser Frage obergerichtliche Entscheidungen zu bekommen. Ich fürchte, auf ein Einpendeln der Rechtsprechung könnten wir noch lange warten.
Nun muß ich sagen, es ist eine erfreuliche Sache
ich bitte, auch das zu bedenken —, daß der Anstoß hier aus dem Bundesrat, also von den Ländern, kam, deren Gerichte mit der Sozialklausel fertig werden mußten. Interessanterweise waren es ein CDU- und ein SPD-regiertes Land, nämlich Schleswig-Holstein und Hamburg, die miteinander den Anstoß dazu gegeben haben, daß es zu dieser Änderung kommen soll. Ich glaube, auch das sollte man in dem Zusammenhang berücksichtigen.
Nun zu dem Vorschlag der Bundesregierung, der hier von Herrn Kollegen Hauser in einer erfreulich gemäßigten Form und von Herrn Kollegen Busse sehr scharf kritisiert worden ist. Ich darf dazu grundsätzlich folgendes sagen. Kein Mensch -
auch wir nicht — will zurück zu dem totalen Mieterschutz, wie er unter dem Mieterschutzgesetz bestanden hat. Ganz abgesehen davon, daß wir ein
5820 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung, Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Dr. Reischl
Dreiklassenmietrecht hatten, weil das Mieterschutzgesetz nicht mehr für alle Wohnungen galt, war es auch in seiner ganzen Konstruktion weiß Gott nicht die ideale Lösung. Auch wir sagen bereits seit Jahren, daß es notwendig ist, zu einer wirklichen Sozialklausel zu kommen, die die Sozialgebundenheit des Eigentums gesetzlich normiert.
Hier muß ich zu einer Äußerung Stellung nehmen, die Herr Kollege Hauser getan hat. Er sagte, die Sozialgebundenheit des Eigentums an Wohnungen bestehe nur im Zeichen des Wohnungsmangels.

(Widerspruch des Abg. Dr. Hauser [Sasbach].)

— Herr Kollege Hauser, Sie haben es so ähnlich gebracht. Ich unterstelle Ihnen, daß das in der Hitze des Gefechts passiert ist. Ich weiß — wir wollen uns hier nicht darüber streiten —, daß Sie es nicht so gemeint haben. Ich will nur davor warnen, so etwas auch nur anklingen zu lassen. Denn das Eigentum an Wohnungen ist immer sozial gebunden, gleichgültig ob Wohnungsmangel besteht oder nicht. Darüber muß man sich völlig im klaren sein.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511629500
Herr Abgeordneter Reischl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511629600
Ja, bitte sehr!

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0511629700
Herr Kollege Reischl, stellt sich nicht die Frage, wie stark die Sozialgebundenheit ist, sehr unterschiedlich, je nachdem ob so wie nach 1945 ein ausgesprochener Wohnungsmangel da ist oder ob man nach dem Bau von Hunderttausenden von Wohnungen heute Gott sei Dank wieder zu einem ausgeglicheneren Wohnungsmarkt gekommen ist? Ich glaube, nichts anderes hat Herr Hauser gesagt.

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511629800
Frau Kollegin, darauf komme ich gleich noch, wie diese Sozialgebundenheit auszulegen ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf eines klar hinweisen. Für mich war sehr interessant, daß Herr Kollege Busse die Abwägung, die in § 556 a Abs. 1 der Fassung der Regierungsstellungnahme enthalten ist, abgelehnt hat und dabei zu einer Fassung zurückgekehrt ist, die er oder mindestens die Sprecher seiner Fraktion — wenn ich mich nicht irre — hier schon einmal abgelehnt haben. Die Fassung unserer Fraktion in Drucksache V/564 bringt genau diese Abwägung. Dort wird gesagt, eine Kündigung sei nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt sei. Das haben Sie damals in aller Schärfe abgelehnt, während Sie jetzt den Begriff der sozialen Rechtfertigung doch hineingebracht haben.
Zum Rechtscharakter des Mietverhältnisses noch ein Wort. Ich lasse dahingestellt, ob es in allem und jedem dem Arbeitsverhältnis gleichgesetzt werden kann. Eines steht aber fest: Es mag ein obligatorischer Vertrag sein, der im BGB geregelt ist, aber es ist ein obligatorischer Vertrag ganz besonderer Art, weil er sich, wenn er sich auf Wohnungen bezieht, auf ein ganz besonderes Rechtsgut bezieht. Dieses Rechtsgut ist etwas anderes, als wenn ich ein Auto oder einen Esel oder sonst etwas vermiete. Hier geht es darum, daß einer Familie die Lebensgrundlage zur Verfügung gestellt wird. Die Entziehung dieser Lebensgrundlage kann, wenn sie ohne jede Begründung erfolgt, nicht ohne weiteres hingenommen werden. Insoweit muß das Eigentum an Wohnungen in anderer Weise sozial gebunden sein, als es das sonstige Eigentum ist. Wer diese Grundlage verkennt, wird nie zu einer gerechten Lösung kommen.
Gerade in diesem Zusammenhang darf ich auch noch auf einen Einwand eingehen, den der Herr Kollege Hauser gebracht hat. Er hat sich dagegen gewandt, daß der Mieter vorzeitig über die Gründe der Kündigung Auskunft geben müsse. Herr Kollege Hauser, ich glaube, da haben Sie den Zusammenhang der beiden Bestimmungen nicht ganz richtig verstanden. In § 564 Abs. 3 steht, daß auf Verlangen des Mieters der Vermieter über die Gründe der Kündigung unverzüglich Auskunft zu erteilen hat. Ich glaube, wenn der Mieter das verlangt, ist das nicht ungerechtfertigt. Das wird immer geschehen. Normalerweise wird der Mieter den Vermieter fragen: Ja, warum denn?, und dann muß der Vermieter es ihm auch sagen und wird es ihm übrigens auch sagen.
Nun ist aber die Rechtsfolge, daß eine bestimmte Verlängerung der Widerspruchsfrist eintritt, in § 556 a nur dann gebunden, daß entgegen diesem ausdrücklichen Verlangen die Auskunft nicht erteilt wird. Dieser Zusammenhang scheint mir doch sehr berechtigt zu sein, um unnötige Widersprüche zu vermeiden. Der Mieter, der den Vermieter fragt: Ja, warum kündigst du mir?, tut das doch nicht ins Blaue hinein. Er wird es tun, um sich darüber schlüssig zu werden, ob es Sinn hat, Widerspruch einzulegen; denn er muß eine Härte dartun. Das kann er doch nur, wenn er auch die Gründe des Vermieters kennt, damit er ungefähr sieht, was ihm entgegengesetzt werden wird, wenn sich der Vermieter auf seine überwiegenden eigenen Interessen beruft. Infolgedessen scheint mir eine solche Regelung angemessen zu sein, weil wir damit unnötige Widersprüche vermeiden. Das ist auch der Sinn dieser gesetzgeberischen Regelung. Insoweit möchte ich sie auf jeden Fall bejahen.
Ich möchte auch auf eine Frage im Zusammenhang mit der Sozialklausel noch Antwort geben, die der Herr Kollege Busse gestellt hat. Er hat nämlich gefragt: Was geschieht denn nun, wenn die Gründe des Vermieters und die Gründe des Mieters völlig gleichberechtigt sind? Ich abstrahiere jetzt also die Gründe und lasse im Moment das Eigentum beiseite. Ja, Herr Kollege Busse, da ist die Lösung ganz einfach. Dann tritt beim Vermieter das Eigentum dazu, und damit überwiegen seine Gründe. Das ist doch wohl selbstverständlich.

(Abg. Busse Gesetz!)

— Doch, doch, so ist es auch gemeint.

(Abg. Busse steht aber nicht drin!)

Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5821
Dr. Reischl
— Also, wir wollen uns darüber nicht streiten. Wir werden in den Ausschüssen noch darüber reden können. Aber das ist für mich völlig klar. Wenn die Gründe auf beiden Seiten völlig gleichwertig sind, dann kann den Ausschlag natürlich nur das Eigentum geben. Das ist doch ganz selbstverständlich. Ich glaube, das wird von keiner Seite bestritten.
Ich möchte damit die Debatte über die Sozialklausel im Plenum abschließen. Wir sollten es unterlassen, auf alle Einzelheiten einzugehen. Deswegen setze ich mich auch nicht mit allen Einwendungen auseinander, die gebracht worden sind. Nur auf eines möchte ich hinweisen. Es ist hier nur die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit vorgesehen. Ich glaube, man sollte, zumindest für den Fall, in dem überhaupt keine vernünftigen Gründe für die Kündigung vorhanden sind, dem Richter auch eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit ermöglichen. Darüber müssen wir in den Ausschüssen noch reden. Ich möchte es bei dieser Anmerkung belassen.
Zu den übrigen Teilen des Entwurfs, die meine Fraktion im Grundsatz völlig bejaht, darf ich kurz folgendes sagen. Was die Güteverhandlung betrifft, so wissen wir beide, Herr Kollege Hauser, sehr genau, daß man über die Wirksamkeit einer solchen Verhandlung streiten kann. Es hängt vor allem davon ab, wie der Richter beschaffen ist, ob er nämlich in dieser Phase eine gütliche Einigung zustande bringt — dann schafft er es übrigens auch, ohne daß die obligatorische Güteverhandlung vorher da ist — oder nicht. Aber ich glaube, wir haben auch eine ganze Reihe von Richtern, die das vielleicht nicht so verstehen und die darauf hingestoßen werden müssen, daß sie zuerst versuchen müssen, den Weg des Ausgleichs zu gehen. Deswegen scheint mir eine obligatorische Güteverhandlung bei Mietsachen ein sinnvoller Weg zu sein.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511629900
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511630000
Bitte sehr.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0511630100
Herr Kollege Dr. Reischl, Sie haben mit einigem Recht auf die Persönlichkeit des Richters und seine Fähigkeit, zu einer gütlichen Einigung zu führen abgehoben. Aber können Sie diese Fähigkeit dadurch herbeizaubern, daß Sie jetzt eine derartige Gütebestimmung ausdrücklich hier normieren, obwohl es das in der Zivilprozeßordnung schon gibt?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0511630200
Frau Kollegin, herbeizaubern kann man die 'Fähigkeit nicht, aber man kann den Richter, auch den, der vielleicht weniger Fähigkeit hat, eine Güteverhandlung zu führen, dazu zwingen, sie wenigstens zu führen. Der wird nämlich unter anderen Umständen sofort mit der streitigen Verhandlung beginnen, weil es ihm nicht liegt, einen Ausgleich zu suchen.

(Abg. Memmel: Das macht er nie!)

— Na, lassen wir es dahingestellt; es hängt vom Einzelfall ab.
Die Frage der Verringerung des Kostenrisikos soll von uns durchaus bejaht werden.
Nun noch ein letztes. Es ist die Frage des Rechtsweges angeschnitten worden, und es ist gerügt worden, daß das Oberlandesgericht unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts Berufungsinstanz werden soll. Hier gäbe es natürlich einen anderen Weg; es gäbe den Weg, der in anderen Entwürfen schon einmal vorgesehen war: daß man eine Revision an das Oberlandesgericht gegen die Entscheidungen der Landgerichte zuläßt und dadurch also höchstrichterliche Entscheidungen herbeiführt. Aber ich glaube, hier müssen wir etwas anderes in Erwägung ziehen. Seit langen Jahren gehen Überlegungen dahin, ob es überhaupt sinnvoll ist, zwei Arten von erster Instanz zu haben, nämlich eine mit einem Richter und eine mit drei Richtern. Wenn man in absehbarer Zeit zu der Regelung käme, daß es ohnehin nur noch ein Gericht erster Instanz gibt, würden die Berufungen ohnehin zum Oberlandesgericht gehen müssen. Ich sehe also auch in einer vorgezogenen Regelung dieser Art keine so schreckliche Überlastung .der Oberlandesgerichte.
Ich jedenfalls würde diese Regelung deshalb vorziehen — aber wir können im Ausschuß noch darüber reden, wie wir es im einzelnen machen wollen —, weil es zwingend notwendig ist, gerade zu einer solchen Generalklausel, wie es notgedrungen die Sozialklausel sein muß, möglichst bald zu höchstrichterlicher Rechtsprechung zu kommen. Das ist nur dadurch erreichbar, daß wir die Dinge ans Oberlandesgericht bringen, weil dann nämlich noch die Vorlagepflicht an den Bundesgerichtshof kommt, wenn ein Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will; wir bekommen dann sehr bald einheitliche' Entscheidungen. Das sollten wir alle begrüßen. Denn alles menschliche Arbeiten an Gesetzestexten ist, wie wir aus unserer eigenen Erfahrung wissen, mangelhaft. Wir werden als Gesetzgeber nie dem letzten Fall gerecht werden können. Deswegen wird es dringend notwendig sein, daß sich sehr bald gerade zu einer solchen Generalklausel eine höchstrichterliche Rechtsprechung bildet, die den Instanzgerichten eine vernünftige Richtlinie dafür gibt — und sie halten sich ja in der Regel daran —, wie die Interessen des Vermieters und des Mieters gegeneinander abzuwägen sind.
Ich glaube, das sollte der Kern der ganzen Sache sein. Wir sollten froh sein, wenn es uns mit der Verabschiedung dieser Vorlage gelingt, wirkliche Partnerschaft zwischen dem Vermieter und dem Mieter herzustellen. Wenn uns das gelungen sein wird, werden wir hier in diesem Hause keine Mietrechtsdebatten mehr führen müssen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511630300
Das Wort hat der Abgeordnete Memmel.

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0511630400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat eine Vorlage
5822 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Memmel
gemacht, in der er die Änderung zweier Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches verlangt, nämlich des § 556 a und des § 564 a. Das ist die eigentliche Sozialklausel. Dann hat er noch eine Änderung der Zivilprozeßordnung verlangt, und zwar die Einfügung eines § 23 b — dieser betrifft den Gerichtsstand — und eines § 1025 a — dieser betrifft die Schiedsgerichtsklausel —. Damit war die Vorlage fertig. Und was macht jetzt die Bundesregierung? Sie erweitert diesen Katalog und verlangt eine Änderung des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte. Sie verlangt insbesondere in Art. IV § 2 etwas, was nach meiner Meinung unnötig ist, nämlich eine obligatorische Gütevorverhandlung, wenn ich es so nennen darf. Dabei ist doch bekannt, daß in der ZPO steht, daß der Richter in jeder Lage des Verfahrens gehalten ist, auf eine gütliche Erledigung des Streits hinzuwirken. Das tut auch jeder Richter, schon im eigenen Interesse, weil er sich nämlich dann das Urteilabsetzen spart. Schon deswegen macht er's, ganz abgesehen von der Abkürzung des Verfahrens.
Was wird in dem Art. IV noch verlangt? — Ich ziehe also gegen den Art. IV, gegen diese Erweiterung durch die Bundesregierung zu Felde. — Es wird verlangt, daß nunmehr das Oberlandesgericht gegen die Endurteile der Amtsgerichte als Rechtsmittelinstanz entscheidet. Da gibt es also keinerlei Beschränkung mehr, sondern da kommt jeder Streit zwischen dem Mieter und seinem Vermieter, auch über die Rumpelkammer, vor das Oberlandesgericht. Ich verstehe Sie, Herr Kollege Reischl, nicht ganz, daß Sie als Oberlandesgerichtsrat kein Wort dagegen gefunden haben, daß man jetzt das Oberlandesgericht mit den Mietstreitigkeiten belasten will.
Noch ein Punkt. Bei der Änderung der Rechtsanwaltsgebührenordnung will man für den Vergleich dem Anwalt nur noch die halbe Verhandlungsgebühr zugestehen. Ich habe leider von Mitte 1951 bis Ende 1953, also zweieinhalb Jähre lang, das bittere Brot des Mietrichters gegessen: jede Woche zwei Sitzungstage nur mit Mietsachen, an jedem Sitzungstag 40 Sachen auf dem Speisezettel. Ich denke nicht gern an diese Zeit, aber ich verstehe etwas von dieser Materie. Wer sie kennt, der weiß, daß auch die von der Bundesregierung begehrte Novellierung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte ein schweres Hemmnis für die gütliche Erledigung des Rechtsstreits sein wird.
Mehr will ich zu dem Thema nicht sagen. Ich wiederhole meine Frage: War es denn notwendig — und ich wäre begierig, die Stellungnahme der Bundesregierung dazu zu hören —, daß man das jetzt so erweitert, indem man noch alle möglichen Dinge hineinpackt, während es an sich doch nur um die Änderung der sogenannten Sozialklausel ging, und war es nötig, an unserem ganzen Rechtsmittelsystem eine so entscheidende Änderung vorzunehmen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511630500
Ich schließe die Aussprache.
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Rechtsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen zur Mitberatung. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 49 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik (8. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Bildungsurlaub
— Drucksachen V/965, V/1815 —
Berichterstatter: Abgeordneter Budde
Abgeordneter Dr. Kübler
Ich danke den Herren Berichterstattern für ihren Schriftlichen Bericht.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1815 ab. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. -
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Punkt 50 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal), Bading, Mertes und Genossen
betr. Übergangshilfen für Zweitraffinate — Drucksachen V/933, V/1789 —Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Kurlbaum-Beyer
Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihren Schriftlichen Bericht.
Eine Aussprache wird nicht begehrt. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1789 ab. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Punkt 51 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (9. Ausschuß) über den Raumordnungsbericht 1966 der Bundesregierung
— Drucksachen V/1155, V/1912 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Gleissner
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1912 ab. Wer zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 52 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fra-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5823
Vizepräsident Dr. Dehler
gen (4. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP
betr. Bericht über die Lage der Nation
— Drucksachen V/1407, V/1898 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Seume
Abgeordneter Dr. Gradl
Ich danke den Herren Berichterstattern für ihren Schriftlichen Bericht.
Auch hier wird keine Aussprache verlangt. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1898 ab. — Widerspruch erhebt sich nicht. Ich stelle die Annahme des Antrages fest.
Ich rufe Punkt 53 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen (4. Ausschuß) über die Vorlage des Bundesministers für Verkehr
betr. erweiterter Verkehrswegeplan für das Zonenrandgebiet
— Drucksachen V/1498, V/1919 —Berichterstatter: Abgeordneter Höhmann

(Hessisch Lichtenau), Abgeordneter Hösl

Auch hier wird eine Aussprache nicht verlangt. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1919 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 54 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen (23. Ausschuß) über die Vorlage des Bundesministers der Finanzen
betr. Zustimmung des Bundesrates und des Deutschen Bundestages nach § 47 der Reichshaushaltsordnung (RHO) zur Begebung einer Optionsanleihe der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (Lufthansa) von 150 000 000 DM mit bedingter Erhöhung des Grundkapitals um 25 000 000 DM unter Ausschluß des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre
— Drucksachen V/1711, V/1911 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frerichs
Wir stimmen — nachdem das Wort nicht gewünscht wird — über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1911 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Punkt 55 der Tagesordnung wird heute nicht beraten.
Ich rufe Punkt 56 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts ,des Innenausschusses (6. Ausschuß) über den von der Bundesregierung vorgelegten Bericht des Bundesministers des Innern
betr. Gesamtfinanzierung de r Olympischen Spiele 1972 in München
— Drucksache V/1733, V/1917 —
Berichterstatter: Abgeordneter Müller (Mülheim)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Bericht.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1917 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Punkt 57 der Tagesordnung:
Beratung der Ubersicht 14 des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache V/1931 —
Es wird durchweg Nichtbeteiligung des Bundestages vorgeschlagen. — Ich darf die Zustimmung des Hauses zu dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1931 feststellen.
Punkt 58 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen (23. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Infanterie-Kaserne in NürnbergSchweinau an die Stadt Nürnberg
— Drucksachen V/1451, V/1784 —Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
Ich darf die Zustimmung des Hauses zu dem Antrag auf Drucksache V/1784 feststellen.
Wir kommen zum Punkt 59 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen (23. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Otto-Flugzeugwerke in MünchenSchwabing an die Firma Gummi-Mayer KG in Landau/Pfalz
— Drucksachen V/1597, V/1785 —Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
Auch hier darf ich die Zustimmung des Hauses zu dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1785 feststellen.
Dann rufe ich Punkt 60 der Tagesordnung auf:
Beratung des von der Bundesregierung beschlossenen Berichts über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der individuellen Förderung von Ausbildung und Fortbildung
— Drucksache V/1580 —
5824 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Freyh.

Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0511630600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Berichte sind vom Parlament zunächst einmal unter dem Gesichtspunkt zu diskutieren, ob sie zwei Erwartungen erfüllen. Wir haben mit diesen Berichten die Erwartung verbunden, daß sie erstens einen gründlichen Überblick über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung geben und zweitens eine Stellungnahme der Bundesregierung wie auch der Bundesländer enthalten, wie die nach wie vor dringliche Frage der individuellen Ausbildungsförderung künftig besser gelöst werden kann.
Dem ersten Verlangen nach systematischer Darstellung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse sind die Berichte im großen und ganzen nachgekommen, wenn auch in den Ausschußberatungen noch eine Reihe von Lücken zu füllen sein werden. Das gilt z. B. für den Bericht der Bundesregierung in der Hinsicht, daß darin auf die Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Steuerfreibeträge im Zusammenhang mit der Ausbildung verzichtet worden ist.
Die Berichterstattung hätte allerdings in der Behandlung der. Materie auch anders ausfallen können, wenn sich Bund und Länder auf einen gemeinsamen Bericht verständigt hätten, der die Lücken und Ungleichheiten der bestehenden Regelungen deutlicher gemacht hätte, also von dem bewußten Willen zur Verbesserung getragen worden wäre.
So wird es nun Aufgabe der Ausschußarbeit bleiben, noch einmal zu verdeutlichen, wo die wichtigsten Aussagen der Berichte liegen, z. B. daß bei den jetzt angewandten Methoden der mittlere Bereich der Ausbildung, also insbesondere der Bereich der Realschulen, der Gymnasien und Berufsfachschulen, in der Förderung nur unzureichend berücksichtigt worden ist, und zwar trotz aller vermehrten Anstrengungen, auf die im Länderbericht hingewiesen worden ist.
Gerade in diesem Bereich wird außerdem zunehmend bemerkbar werden, daß die sogenannte Kategorienförderung langsam wegfällt, die in den letzten Jahren wenigstens für eine bestimmte Gruppe junger Menschen ohne besondere soziologische Schichtung die Chancengleichheit gewährleisten konnte. In diesem Zusammenhang wäre es sicherlich wünschenswert gewesen, wenn der Bericht der Bundesregierung auch auf die Erfahrungen eingegangen wäre, die in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Kategorienförderung gemacht worden sind. Denn Erfolgskontrolle sollte sich nicht nur auf die Wiedergabe von Prozentsätzen und Zahlenangaben beschränken und hätte in diesem Zusammenhang sicherlich auch Anhaltspunkte für die weitere Beratung des Problems der Ausbildungsförderung vermitteln können.
In der sachlichen Darstellung — damit darf ich meine Bemerkungen zu dem ersten Punkt der Erwartungen, die das Parlament an diesen Bericht geknüpft hat, abschließen — wird die Auffassung des Hauses, daß die individuelle Ausbildungsförderung der Vereinheitlichung und Verbesserung bedarf, durchaus unterstrichen.
Anders sieht es hinsichtlich der erwarteten Reformvorschläge der Berichte aus. Bei dem Länderbericht kann man sich dem Eindruck nicht verschließen, daß er trotz ausdrücklichen Verzichts auf eine Stellungnahme zu der langjährigen Diskussion um die Neuregelung zwischen den Zeilen gewissermaßen aus der Defensive argumentiert. Zur Erklärung der Unterschiede von Land zu Land werden immer wieder strukturelle, regionale und auch politische Unterscheidungen bemüht, und im Tenor wird darzustellen versucht, daß man neben dem umfangreichen Bereich der indirekten Förderungsmaßnahmen wie Schuldgeld- und Lernmittelfreiheit und Beförderungskosten das nach besten Kräften Mögliche getan habe. Das mag aus einer solchen Sicht zutreffen, löst aber nicht das Problem der sozial gerechten, auf Chancengleichheit zielenden Ausbildungsförderung. Nach der Lektüre des Länderberichts kann man den Eindruck gewinnen, als habe es in der Bundesrepublik nicht die jahrelange Debatte über gezielte Ausbildungsförderung gegeben.
Aber auch die Bundesregierung war nicht in der Lage, als Ergebnis ihrer Untersuchungen aufzuzeigen, in welcher Richtung eine Lösung der Aufgaben zu suchen ist. Die Ankündigung aus dem Ressortministerium im Zusammenhang mit diesem Bericht, daß hier Sachverhalte verdeutlicht werden sollen, die eine Entscheidung ermöglichen sollten, hat der Familienminister offenbar nicht auf seine Initiative, sondern auf das Parlament beziehen wollen. Hier wird also die wichtige politische Aufgabe der Beratungen liegen müssen. Die Regierung hat den eindeutigen Auftrag dieses Hauses, Vorschläge zur Neuregelung vorzulegen. Die Ausschußberatungen werden dazu Gelegenheit bieten.
Man sollte sich nicht scheuen, in diesem Zusammenhang auch die in der Diskussion befindliche Grundgesetzänderung zu erwägen, wenn ein anderer Weg der befriedigenden Neuregelung nicht gefunden werden kann, und man sollte sich auch nicht scheuen, zur Finanzierung der Ausbildungsförderung die Ausbildungsfreibeträge aus der Steuergesetzgebung mit in Erwägung zu ziehen, von denen der Herr Bundesfamilienminister in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit sehr häufig spricht, allerdings bisher nicht in diesem Hause.

(Abg. Moersch: Er ist überhaupt nicht da!)

— Ich habe es gesehen, Herr Kollege, und bedaure es außerordentlich.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511630700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin Freyh?

Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0511630800
Ja, bitte sehr!

Peter Blachstein (SPD):
Rede ID: ID0511630900
Frau Kollegin, halten Sie es für der Sache entsprechend, daß die Bundesregierung bei dieser Diskussion nicht anwesend ist?
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5825

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511631000
Ich darf vielleicht bemerken, daß ich veranlaßt habe, den Herrn Bundesminister für Familie und Jugend darüber zu verständigen, daß wir den Bericht erörtern.

(Beifall.)


Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0511631100
Herr Minister Dr. Heck hat an dieser Stelle kürzlich davon gesprochen, daß wir in der Frage der Ausbildungsbeihilfen auch das nächste Jahr nicht weiterkommen werden. Eine solche Auffassung sollte begründet werden. Bis heute ist das nicht geschehen. Es ist unerläßliches Ziel der Ausschußberatungen, auf eine rasche Lösung zu drängen, nicht nur ,deshalb, weil das Parlament seit Jahren diese Forderung an die Bundesregierung richtet, sondern auch deshalb, weil diejenigen, die außerhalb des Parlaments auf die Notwendigkeit einer Neuordnung hinweisen, das Recht auf eine Antwort haben.
Aus dem Bericht der Bundesregierung können wir entnehmen, ,daß .der Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Wirtschaftswachstum und der damit verbundenen Sicherung des allgemeinen Lebensstandards in seiner Bedeutung erkannt worden ist. Wir wissen auch, wie es in einem der letzten Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung 'der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hieß, daß es geboten ist, Investitionen in ,den Menschen langfristig zu planen, da sie nur langsam ausreifen. In diesem Sinne ist aber auch die Ausbildungsförderung eine langfristige Investition. Sie muß ihren Platz in den langfristigen Überlegungen der Bundesregierung finden. Deshalb möchte ich abschließend noch einmal unterstreichen, daß eine rasche Regelung nötig ist.
Es ist vorgeschlagen, den Bericht zur Mitberatung an den Ausschuß für Arbeit und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ich bin der Auffassung, daß auch der Wissenschaftsausschuß mitberatend sein sollte, vor allem deshalb, weil er nicht nur sachkundig ist, sondern weil von ihm die Initiativen zu diesem Bericht ausgegangen sind.

(Beifall.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511631200
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511631300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat schwierig, einen solchen Bericht in Abwesenheit des Ministers zu diskutieren. Ich will gerne einräumen, daß die Debatte jetzt vielleicht zeitlich etwas überraschend kommt, finde aber, daß es eine überhaupt nicht zu erklärende Tatsache ist, daß bei einer Bundestagsdebatte von dieser Dauer die Regierungsbank seit langem gähnend leer ist. Ich bedaure außerordentlich, daß in dieser Form die Art des Verhältnisses zum Parlament zum Ausdruck zu kommen scheint.
Ich danke der Kollegin Frau Freyh dafür, daß sie uns hier einen Katalog kritischer Punkte zu diesem Bericht vorgetragen hat. Frau Kollegin Freyh war allerdings in .der Form relativ zurückhaltend, obwohl die Sache selbst eine größere Schärfe nicht
nur verdient, sondern geradezu notwendig macht, wenn das Parlament die Absicht hat, sich mehr als bisher bei solchen Aufträgen Respekt zu verschaffen. Denn ich glaube, es gibt in anderen Ressorts kaum ein Vorbild dafür, daß Aufträge, klare Aufträge des Parlaments, die zum Teil acht Jahre zurückliegen, wenn ich mich an den ersten Auftrag in dieser Sache recht erinnere, von der Bundesregierung und dem zuständigen Minister einfach ignoriert und nicht ausgeführt werden. Das ist, mit Verlaub gesagt — —

(Abg. Matthöfer: Sie waren doch selbst lange in der Regierung!)

— Herr Matthöfer, ich darf Ihre Bemerkung, die ich gerne zur Kenntnis nehme, damit zurückgeben, daß ich sage: Sie haben offensichtlich trotz Regierungsbeteiligung nicht mehr erreicht als wir.

(Zuruf von der SPD: Warten Sie mal ab!)

Damals, als wir in der Regierung waren, waren wenigstens noch die Minister anwesend. Seit Sie in der Regierung sind, ist das auch nicht mehr der Fall.

(Beifall bei der FDP.)

Das Problem ist hier nicht: Regierung und Opposition, sondern das Problem ist hier: Parlament und Regierung, und zwar nicht die Regierung im ganzen, sondern das Problem heißt: Bundesminister Dr. Bruno Heck. Denn er ist der Mann, der seit Jahren in diesem Ressort nichts geleistet hat, was irgendwie eine Konzeption sichtbar werden lassen könnte. Offenbar hat er dennoch viel Zeit in diesem Ressort, denn er ist gleichzeitig Generalsekretär seiner Partei. An Zeitmangel kann es also nicht liegen, sondern es kann nur daran liegen, daß ihm der ganze Bereich, den die Sachkundigen mit Jugendpolitik umschreiben, im Grunde bisher gleichgültig geblieben ist.
Das scheint mir eine Feststellung zu sein, die das ganze Parlament zu treffen hat. Denn dieses Parlament hat wiederholt Entschließungen gefaßt, Aufträge gegeben, Anträge verabschiedet — und zwar auf Anregung aller Fraktionen, insbesondere auch auf Anregung der Kollegen von der SPD —, die sehr präzise sagen, was diese Regierung nach Meinung des ganzen Parlaments eigentlich tun sollte; wohl gemerkt: einstimmig verabschiedete Beschlüsse!
Geschehen ist außer diesem merkwürdigen Bericht nichts; merkwürdig deshalb — ich will es gleich verdeutlichen —, weil er in Wahrheit der Ausdruck einer Art von Verfassung ist, die nicht dem Grundgesetz entspricht. Es ist nämlich ein Doppelbericht, es sind zwei Berichte. Übrigens ist ebenso bedauerlich wie die Abwesenheit der Bundesregierung auch die Tatsache, daß kein Mitglied des Bundesrats an dieser Debatte teilnimmt, obwohl der damalige amtierende Präsident des Bundesrats diesen Bericht mit unterschrieben hat und obwohl der Bundesrat oder vielmehr die Länder außerordentlichen Wert darauf gelegt haben, einen eigenen Bericht zu erstatten, und es bisher sogar fertiggebracht haben, daß der Bildungsbericht in seiner Gesamtheit, der ja eigentlich verlangt war, hier nicht er-
5826 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Moersch
stattet wird, sondern daß die Bildungsaufgaben getrennt werden von den mehr sozialpolitischen Aufgaben. Das scheint den Ländern das durch die Verfassung gebotene Verfahren zu sein. Wir können dem nicht folgen.
Tatsächlich stellt dieser Bericht zumindest in einem Punkt eine zutreffende Diagnose, aus dem aber die Verantwortlichen bisher nicht im mindesten Konsequenzen gezogen haben. Ich darf ins Gedächtnis zurückrufen, was hier drinsteht und was in schöner Offenheit vom Minister für Familie und Jugend geradezu als eine Art Selbstkritik vorgebracht wird:
Die gegenwärtige Problematik liegt darin, daß Bundes- und Länderregelungen nebeneinander stehen, so vor allem in der Förderung von Schülern weiterführender Schulen ... Es drängt sich die Frage auf, ob und inwieweit die Bestimmungen vereinheitlicht werden sollten bei gleichzeitiger gesetzlicher Regelung der allgemeinen Studienförderung nach dem Honnefer Modell und verwandter Studienförderungen, um sie aus der allein auf Haushaltsrecht beruhenden Förderung herauszunehmen.
Diese Frage drängt sich überhaupt nicht auf, weil sich das Parlament in dieser Frage längt entschieden hat und klare Aufträge gegeben hat. Derjenige, der das geschrieben hat, befindet sich also offensichtlich im Irrtum. Das Parlament ist viel weiter als der Bericht der Bundesregierung. Festzustellen, daß etwas nicht in Ordnung ist, und das dem Parlament mitzuteilen, genügt für die Erfüllung des Auftrages nicht; denn daß etwas nicht in Ordnung ist, wußten wir selber, als wir diesen Bericht von der Bundesregierung verlangten. Was wir vielmehr wissen wollten, ist, was hier eigentlich geschehen soll, und zwar verbunden mit präzisen Vorstellungen. Wie gesagt, von all dem ist bisher nichts zu sehen.
Ich freue mich, daß inzwischen der zuständige Minister eingetroffen ist. Vielleicht hören wir etwas darüber, Herr Minister Heck, weshalb Sie mit den Ministerpräsidenten und den zuständigen Ministern der Länder offensichtlich noch niemals die ernsthaften Gespräche geführt haben, die im Bundestag immer wieder gefordert worden sind. Mir jedenfalls ist nichts davon bekanntgeworden. Wenn diese Gespräche geführt worden sein sollten, muß es sehr geheim zugegangen sein. Auf jeden Fall scheint bei diesen etwaigen Gesprächen kein Ergebnis zustande gekommen sein, denn sonst wäre dieser Bericht anders ausgefallen. Diese Erklärung ist der zuständige Minister diesem Parlament schuldig, weil es längst seinen Willen bekundet hat, daß die Zersplitterung in der Ausbildungsförderung beendet und eine einheitliche, möglichst gesetzliche Regelung gefunden wird. Wir sind natürlich gern bereit, wenn es sich herausstellen sollte, daß es nur mit Grundgesetzänderungen geht, an diesen Änderungen mitzuarbeiten. Ich glaube allerdings, daß man sogar eine gesetzliche Regelung ohne Grundgesetzänderung finden könnte; aber das mag dahingestellt bleiben.
Jedenfalls ist dieser Bericht nicht mehr und nicht weniger als eine Selbstaufforderung an den Bundesminister für Familie und Jugend, das zu tun, was
seines Amtes ist und was er bisher versäumt hat.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511631400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schroeder.

Christa Schroeder (CDU):
Rede ID: ID0511631500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann diesen Bericht nur begrüßen und sich freuen, daß er uns jetzt vorliegt, den Ausschüssen überwiesen wird und daß die Ausschüsse mit einer reellen und ordentlichen Grundlage jetzt an die Beratungen herangehen können. Der Bericht selbst schildert den leidvollen Gang des Ausbildungsförderungsgesetzes, das von allen Fraktionen dieses Hauses immer wieder erbeten worden ist, die vielen Fragen nach diesem Gesetz, und er schildert auch, wie die Bemühungen aus allen Fraktionen dieses Hauses immer wieder an dem Widerstand der Länder gescheitert sind.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0511631600
entweder die Regelung durch ein Bundesgesetz oder immer noch wieder die Regelung durch ein Verwaltungsabkommen des Bundes und der Länder. Wir werden uns in den Ausschüssen sehr genau überlegen müssen, welchen Weg wir jetzt gehen können und was wirklich zu einem Erfolg führt. Ich glaube, daß heute keiner von uns schon sagen kann, ob etwa ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern wirklich zu einem Erfolg führt. Wir wissen heute auch noch nicht, ob die Länder zu dem von uns — von allen Fraktionen dieses Hauses — seit. Jahren gewünschten einheitlichen Ausbildungsförderungsgesetz ja sagen.
Wir hatten versucht, wenigstens in dem Rahmen, in dem der Bund seine Zuständigkeiten hat, den Familien zu helfen, die durch die Ausbildung ihrer Kinder besonders belastet und betroffen sind. Dabei ging es um die berühmte Ausbildungszulage, die neulich hier leider wegen der Finanzknappheit der Streichung zum Opfer gefallen ist. Unsere Fraktion war es, die immer noch wenigstens versucht hat, das uns Mögliche zu tun.
Wir alle miteinander wissen, daß wir ein Ausbildungsförderungsgesetz brauchen, das über den Art. 74 Nr. 7 GG hinausgeht, das nicht im engen Sinne nur ein Fürsorgegesetz ist. Wir alle miteinander wollen ein Ausbildungsförderungsgesetz, das allen jungen Menschen die Chancengleichheit gibt, das die Ausschöpfung der Begabungsreserven sicherstellt und das das richtige Maß der Eigenleistung festgelegt. Das wird uns allen sicher noch als Problem bevorstehen: welches ist das richtige Maß an Eigenleistung, was kann heute vom Bund und von den Ländern getan werden?
Sie haben es eben gesagt, es sei ein etwas merkwürdiger Bericht, weil er in zwei Teile zerfällt, in den Bericht über die Ausbildungsförderung des Bundes und in den über die Ausbildungsförderung der Länder. Ich glaube aber, daß er doch immerhin sehr deutlich zeigt, daß einiges getan worden ist. Nur ist
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5827
Frau Schroeder (Detmold)

es eine sehr unübersichtliche Landschaft. Die Vielfältigkeit, die der Bericht aufzeigt, ist ein Beweis mehr dafür, wie sehr wir die Vereinheitlichung brauchen und wie sehr wir sie anstreben müssen. Wir haben dadurch aber auch eine gute Grundlage, nun einmal zu prüfen, welches Modell für ein einheitliches Ausbildungsförderungsgesetz des Bundes in praktischer Hinsicht am besten ist. Das alles kann in den Ausschüssen jetzt gründlichst beraten und besprochen werden. Wir haben Zahlen über die finanzielle Auswirkungen. Wir haben jetzt Zahlen darüber, inwieweit die verschiedenen Förderungsmodelle in Anspruch genommen werden. Das alles wird uns etwas weiterhelfen.
Meine Fraktion jedenfalls begrüßt diesen Bericht als eine gute Grundlage und als einen Schritt weiter auf dem von uns angestrebten Weg zu diesem Ausbildungsförderungsgesetz. Wir bitten um Überweisung an die genannten Ausschüsse.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511631700
Ich darf zur Entschuldigung des Herrn Bundesministers für Familie und Jugend feststellen, daß er nicht damit rechnen konnte, daß der Tagesordnungspunkt 60 so früh aufgerufen wurde. Er hat jetzt das Wort.

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511631800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte meinerseits um Entschuldigung, daß ich zu Beginn der Debatte nicht dagewesen bin. Ich hatte kurz zuvor von meinem Fraktionsgeschäftsführer die Auskunft erhalten, daß ich vor morgen 17 Uhr nicht mit der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes zu rechnen hätte.

(Zurufe von der Mitte.)

Es ist etwas schwer, jetzt auf Ausführungen zu antworten, die ich nicht gehört habe.

(Abg. Matthöfer: Die kennen Sie doch aus den letzten acht Jahren!)

— So alt bin ich als Minister noch nicht, verehrter Herr Kollege; es sind erst gut vier Jahre. Aber Sie haben recht, das Problem ist in diesem Hause schon oft behandelt worden. Es ist erstaunlich, daß immer wieder eine Frage zur Diskussion gestellt wird, über die in diesem Hause am Schluß doch Einigkeit bestand, nämlich darüber, daß wir hier auf dem Wege der Gesetzgebung nicht weiterkommen. Dieses Haus hat mit den Stimmen aller Fraktionen eine Entschließung verabschiedet; danach soll die Bundesregierung den Versuch unternehmen, dieses wichtige Thema in einem Verwaltungsabkommen mit den Ländern zu regeln. Die Frau Kollegin Freyh hat in einer Dokumentation des VDS für ihre Partei, wie ich meine, den Sachverhalt sehr richtig festgehalten. Es heißt dort:
Der zentrale Punkt ist sicherlich die Frage, ob man die Bemessungsgrundlagen nur auf die wirtschaftlich schwächsten Bevölkerungsgruppen zuschneidet oder eine breite sozial gerechte Ausbildungsförderung anstrebt. Die engen Maßstäbe der öffentlichen Fürsorge —
und nur dafür könnte eine Bundeskompetenz in Anspruch genommen werden — haben bisher weder in der Kriegsfolgenförderung noch bei allen aufgetretenen Schwierigkeiten in der Anpassung an veränderte Lebenshaltungskosten in der Studentenförderung gegolten und stehen deshalb der Einbeziehung dieses Systems entgegen. Wenn man sich nicht auf die Sozialhilfekompetenz des Bundes zurückziehen will, bedarf es also, gleichgültig in welcher Form die Ausbildungsförderung schließlich verwirklicht wird, der Übereinkunft mit den Ländern.
Nun kann die Frage gestellt werden: Was hat die Bundesregierung getan, um zu einer solchen Übereinkunft mit den Ländern zu kommen. Ich habe in der Sache mit dem damaligen Präsidenten der Kultusministerkonferenz, dem baden-württembergischen Kultusminister Professor Hahn, verhandelt. Auf Grund dieser Aussprache ist das Thema auf der darauffolgenden Kultusministerkonferenz in Berlin behandelt worden. Die Kultusminister haben in der Sache keine Entscheidung getroffen, sondern eine Kommission beauftragt, diesen Komplex zu untersuchen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511631900
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Westphal? — Bitte!

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0511632000
Herr Minister, würden Sie so freundlich sein, uns zu sagen, wann diese Verhandlung mit dem Vorsitzenden der Konferenz der Kultusminister stattgefunden hat?

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511632100
Ich habe das Datum im Augenblick nicht gegenwärtig. Wie gesagt, ich komme eigentlich ohne Unterlagen hierher. Aber das ist schon sehr lange her.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0511632200
Würden Sie bestätigen, daß es mehr als zwei Jahre her ist?

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511632300
Ja, natürlich; ich fange in meiner Darstellung auch von vorn an.
Auf Grund dieser meiner Besprechungen mit dem baden-württembergischen Kultusminister ist dieses Thema, wie gesagt, in der darauffolgenden Kultusministerkonferenz in Berlin behandelt worden. Man hat eine Kommission eingesetzt; diese Kommission hat ihre Arbeiten bis heute noch nicht abgeschlossen. Die neueste Auskunft, die wir darüber erhalten haben, wann wir mit den Vorstellungen der Kultusministerkonferenz rechnen könnten, lautet: frühestens im Herbst dieses Jahres. Ich bin eigentlich sehr dankbar für Ihre Frage, Herr Kollege, weil sie tatsächlich deutlich macht, wie schwierig dieses Thema bei dieser Haltung der Länder von uns aus zu behandeln ist.
Ich habe hier eine Äußerung einer Stelle, die sich sonst in dieser Sache mir gegenüber nicht sonderlich freundlich äußerst, eine Äußerung des VDS von
5828 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Bundesminister Dr. Heck
seiner Beschlußsammlung in Göttingen. Der VDS hat dort festgestellt:
Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien haben die Notwendigkeit eines Ausbildungsförderungsgesetzes zur Gewährleistung des materiellen Vollzugs der im Grundgesetz verankerten Grundrechte erkannt und diesbezüglich Rohentwürfe erstellt. Die Bundesregierung und die Fraktion der SPD haben diskussionsreife Entwürfe vorgelegt, deren gründliche Beratung und erst recht Verwirklichung aber wohl noch lange auf sich warten lassen wird, da der überspitzte Kulturföderalismus jegliche Initiative schon im Ansatz abwürgt.
Ich will mich nicht der Wertung dieser Aussage anschließen, aber der Sachverhalt ist genau getroffen.
Nun habe ich noch mitbekommen, wie Herr Moersch an mich die Frage gerichtet hat, warum ich nicht mit den Ministerpräsidenten verhandelt hätte. Ganz einfach, Herr Moersch, weil sich der Bundeskanzler diese Verhandlungen mit den Ministerpräsidenten für die Ministerpräsidentenkonferenz vorbehalten hat. Ich bin vom Kabinett lediglich ermächtigt worden, mit den Kultusministern zu verhandeln, um vorbereitende Gespräche zu führen. Das habe ich getan.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511632400
Herr Abgeordneter Westphal möchte eine Zwischenfrage stellen.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0511632500
Es tut mir leid, Herr Minister, daß ich Sie noch einmal unterbreche. Aber es handelt sich doch um den vorigen Bundeskanzler, der sich das vorbehalten hat.

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511632600
Natürlich!

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0511632700
Deshalb möchte ich fragen, ob der neue Bundeskanzler auch diesen Vorbehalt gemacht hat oder ob es für Sie in diesem halben Jahr vielleicht nicht doch schon eine Möglichkeit gegeben hat, von sich aus Initiativen zum Gespräch mit den Chefs der Länder zu ergreifen.

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511632800
Herr Kollege, inzwischen hat sich die Frage weiter entwickelt; sie ist jetzt in den gesamten Gesprächskreis über die Finanzreform und die Gemeinschaftsaufgaben mit einbezogen worden. Das ist wiederum ein Beratungsfeld, an dem ich direkt nicht beteiligt bin. Heute haben im Kabinett die ersten Beratungen stattgefunden; ich kann von mir aus nur hoffen, daß dieses leidige Thema im Rahmen dieser Verhandlungen zwischen Bund und Ländern endlich zu einer einvernehmlichen Regelung kommt.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511632900
Herr Minister, Frau Abgeordnete Freyh möchte noch eine Frage stellen.

Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0511633000
Herr Minister, wenn die Frage der Ausbildungsförderung doch immer wieder
im Zusammenhang mit der möglichen Erklärung zu einer Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund und Ländern erörtert wird, wie ist es dann möglich, daß solche Vorstellungen von Ihnen gar nicht in diese Erörterungen eingebracht worden sind?

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511633100
Ich habe von vornherein den Standpunkt vertreten, daß das Problem der Ausbildungsbeihilfen einheitlich nur in einem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern vernünftig geregelt werden könne. Dieser meiner Auffassung haben sich dann die drei Fraktionen im Bundestag angeschlossen. Meine Bemühungen gingen dahin, erstens einmal über Verhandlungen des Regierungschefs im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz grundsätzlich zu klären, ob die Länder zu einem solchen Verwaltungsabkommen bereit sind oder nicht; zweitens über den Inhalt eines solchen Abkommens vorbereitende Gespräche mit den Kultusministern zu führen. Diese Besprechungen sind geführt worden, und die Kommission, die die Kultusminister eingesetzt haben, ist immer noch dabei, eine Stellungnahme zu erarbeiten.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511633200
Eine weitere Frage der Abgeordneten Frau Freyh.

Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0511633300
Herr Minister, ist es nicht auch nach Ihrer Auffassung erforderlich, daß Sie sich angesichts mehrerer Möglichkeiten, die bestehen oder zumindest in der Diskussion sind, um diese Materie zu regeln, nicht nur auf ein Modell festlegen, wie es ja übrigens auch der Bundestag in seinem letzten Beschluß mit den Grundsätzen, die er verwirklicht sehen möchte — ganz gleich in welcher Form —, auch noch einmal ausdrücklich bestätigt hat?

Dr. Bruno Heck (CDU):
Rede ID: ID0511633400
Von dem Zeitpunkt ab, wo der Plan der Finanzreform aufgetaucht ist, wo generell überlegt wurde, eine gewisse Flurbereinigung zwischen Bund und Ländern in den Bereichen durchzuführen, in denen Doppelkompetenzen oder Kompetenzstreitigkeiten vorhanden sind, war klar, daß dies künftighin der einzig mögliche Weg sein würde, in dieser Sache zu einem Ergebnis und zum Ziele zu kommen. Aber ich bin von mir aus nicht in der Lage — die Kabinettsdisziplin und die Kabinettsloyalität verbieten es mir, das im einzelnen nachzuweisen —, die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in dieser Sache vorwegzunehmen.
Ich habe, was ich bedauere, nur den Schluß der Ausführungen des Kollegen Moersch gehört. Herr Kollege, wenn Sie der Auffassung sind, daß hier ein Zeitmangel nicht vorgelegen haben können, haben Sie natürlich recht. An einem Mangel an Zeit ist die Regelung der Ausbildungsbeihilfen tatsächlich nicht hängen geblieben, sondern, wie die Studenten freundlicherweise festgestellt haben, an der Tatsache, daß zwischen Bund und Ländern in dieser Frage nicht einmal darüber ein Einvernehmen erzielt werden konnte, daß es sich um eine gespaltene
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5829
Bundesminister Dr. Heck
Kompetenz handelt und man deswegen das gesamte Problem eines einheitlichen Ausbildungsbeihilfensystems am zweckmäßigsten in einem Verwaltungsabkommen nach dem Vorbild des Honnefer Modells regeln sollte. Das ist der Sachverhalt. Es hätte wenig Sinn, das gleiche Thema in Variationen weiter vorzutragen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511633500
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511633600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war am Schluß die Stimme eines resignierenden Ministers; denn ich finde, es ist eine nicht befriedigende Feststellung, daß es bei uns eben ganz schlecht steht — das haben wir eigentlich gewußt —, auch im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, Herr Minister Dr. Heck. Und die Tatsache, daß sich der Bundeskanzler das Gespräch vorbehalten hat und daß Sie deswegen nicht mit den Ministerpräsidenten haben sprechen können, macht die Sache nicht besser, sondern eher schlechter.

(Beifall bei der FDP. — Zuruf des Abg. Westphal.)

— Gut, einverstanden. Aber es gibt inzwischen einen, der das aus der Ländersicht regeln könnte, Herr Westphal.
Ich möchte aber noch etwas zu einem anderen Punkt sagen, nämlich zur verfassungsrechtlichen Lage. Wir haben uns doch hier eigentlich recht merkwürdige Sitten angewöhnt. Sehen wir uns doch einmal die Unterschriften unter dem Bericht an! Da steht zunächst Bundeskanzler Kiesinger. Das ist verfassungrechtlich ganz klar. Darunter steht dann: Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder, Unterschrift: Albertz, Regierender Bürgermeister von Berlin. Nun frage ich mich, wie in ein Dokument des Bundestages bzw. der Bundesregierung eine Unterschrift mit dieser Amtsbezeichnung kommt. Im Grundgesetz kann ich sie einfach nicht finden. Diese Frage wäre doch einmal zu klären. Ich finde es äußerst bedenklich, wenn sich hier ein Staatenbund, vertreten durch einen selbstgewählten Präsidenten der Ministerpräsidentenkonferenz, zu einem Verfassungsorgan neben dem des Bundeskanzlers aufschwingt. Wenn wir uns das auf die Dauer gefallen lassen, wenn wir ungeschriebene und merkwürdige Zustände schließlich auch noch in Dokumenten festhalten und diese verbreiten und drucken, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir in dieser Sache nicht weiterkommen. Herr Minister Dr. Heck, das ist mehr als ein Formfehler, das ist meiner Ansicht nach die Selbstaufgabe der gesamtstaatlichen Verantwortung des Bundes, was hier niedergelegt ist. Wenn nämlich der Verfassungsgesetzgeber eine Ministerpräsidentenkonferenz als Bundesorgan, nicht als Landesorgan, hätte schaffen wollen, dann hätte er das getan. Das hat er aber nicht gewollt, und zwar aus sehr guten Gründen, weil wir nämlich ein Bundesstaat sind und kein Staatenbund.

(Beifall bei der FDP.)

Wenn Sie hier .auf diese Weise den Staatenbund zur Türe hereinlassen, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn man nicht einmal ein Verwaltungsabkommen mit Ihnen schließen will. Das ist doch so ungefähr das Verhältnis, das Sie sonst zu ausländischen Potentaten haben, was sich in diesem Fall hier ausbreitet.

(Beifall bei der FDP.)

Das ist deswegen so merkwürdig, weil Sie, Herr Dr. Heck, ja nicht etwa einer völlig anderen Partei angehören und in einer ganz anderen Demokratie zu Hause wären, als es die Ministerpräsidenten der Hälfte der Länder sind. Umgekehrt gilt das auch für die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion. Wenn hier im Kabinett die Sache gesperrt wird, was hindert Sie eigentlich daran oder was hindert eigentlich die beiden großen Parteien und Fraktonen hier im Bundestag daran, mit ihren Parteifreunden in den Ländern — da gibt es auch Landtagsabgeordnete, die Vernunft haben — solche Dinge einmal durchzusprechen? Aber uns einfach zu sagen: „Das geht nicht — das haben wir in diesem Dokument festgestellt —, das 'ist leider Gottes durch dieses dumme Grundgesetz alles nicht möglich, die Länder pochen auf ihren Rechten", so einfach sollten Sie es sich, Herr Dr. Heck, und sollte es sich der ganze Bundestag nicht machen. Wir haben sicherlich manchmal die gleichen Schwierigkeiten mit unseren Ländervertretern in diesen Dingen. Aber Sie sind nun einmal hier in einer Koalition zusammengekommen mit der ausdrücklichen Begründung, es seien so große Gemeinschaftsaufgaben im Verhältnis Bund — Länder zu lösen, daß nur Sie sie lösen könnten. Und jetzt bekommen wir hier mehr oder weniger einen Offenbarungseid in dieser Frage.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511633700
Frau Abgeordnete Freyh möchte eine Frage stellen. —

Dr. Martin Frey (CDU):
Rede ID: ID0511633800
Herr Kollege Moersch, jetzt bin ich aber doch in der Versuchung, Sie einmal zu fragen, was Sie daran hindert, den von Ihnen im vorigen Sommer sehr massiv angekündigten Gesetzentwurf vorzulegen.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511633900
Frau Kollegin Freyh, ich bin sehr dankbar für diese Frage. Das haben wir gestern öffentlich erklärt. Daran hindert uns die nicht vorliegende Finanzplanung der Bundesregierung, zu der wir die Absicht haben — und auch beschlossen haben — ein Gesamtkonzept entgegenzustellen. Wenn wir jetzt ein Teilgebiet herausnehmen — wir hätten es tun können —, ohne gewisse Informationen zu haben, die wir als Oppositionspartei nicht haben können, dann wäre es manchen ein Leichtes, sich ausgerechnet auf dieses Teilgebiet 'zu stürzen.

(Abg. Blachstein: Noble Zurückhaltung, Herr Moersch!)

— Das ist sehr wichtig, Herr Blachstein, Sie haben ganz recht. Wissen Sie, wir sind durch Schaden klug geworden. Wenn wir es getan hätten, hätten wir es Ihnen sehr leicht gemacht, sich heute beispielsweise
5830 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Moersch
auf solche Dinge zu stürzen. Der Gesetzentwurf selbst ist fertig, aber die entscheidenden Zahlen, die wir zum Teil nicht haben können, ehe nicht die Bundesregierung den Worten die Taten folgen läßt, fehlen uns. Wir müssen es dann in ein Konzept einordnen, das die Prioritäten festsetzt. Ich kann deswegen Ihre Neugierde in diesem Augenblick nicht befriedigen. Ich nehme an, Sie hätten es in unserer Situation keineswegs anders gemacht. Nachdem aber der ganze Bundestag in der Frage, was geschehen soll, eindeutig entschieden hat, wie die Prioritäten innerhalb des Gesetzes zu sehen sind, hatten wir keinen Anlaß, dieses Gesetz zu einem Zeitpunkt vorzulegen, wo Sie selbst im Bundeskabinett offensichtlich an einer gewissen Ratlosigkeit über das Thema Prioritäten leiden. Wir werden im Herbst, wenn wir in Ruhe Ihre Rechnung nachgerechnet haben und unsere Rechnung dagegen aufgemacht haben, auch diesen Vorschlag mit einbauen. Das ist unsere feste Absicht, so haben wir uns das vorgenommen. Sie können der Opposition nicht vorwerfen, daß sie Ihnen keine Angriffsfläche bietet, sondern wir müssen Sie auffordern, uns mit Hilfe Ihresgroßen Apparates zu sagen, was Sie nun wirklich wollen. Solange Sie die Stimme eines Familien- und Jugendministers hören, der Ihnen nur sagen kann: Es geht leider nicht, werden Sie nicht erwarten können, daß wir Ihnen gewissermaßen des Rätsels Lösung liefern.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511634000
Herr Abgeordneter Westphal möchte eine Frage stellen.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0511634100
Herr Moersch, würden Sie dann wenigstens bestätigen, daß die SPD, als sie in der Opposition war, im Jahre 1962 einen fertigen Gesetzentwurf zu diesen Thema vorgelegt hat, während Sie, als Sie voriges Jahr noch in der Regierung waren — das hat Frau Freyh soeben bestätigt —, Ihren groß angekündigten Gesetzentwurf nicht vorgelegt haben?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0511634200
Herr Kollege Westphal, Wahrheiten bestätige ich außerordentlich gern. Nur haben Sie die Geschichte nicht ganz zu Ende erzählt; vielleicht war es in der Frage nicht möglich. Denn das Schicksal Ihres Entwurfs ist auch das Schicksal Ihres Verhältnisses zu den Ländern innerhalb der SPD. Das wissen Sie ganz genau. Wir wollen das hier nicht mehr aufrühren. Sie sind mutiger gewesen, als Sie es nachher durchstehen konnten. Frau Kollegin Freyh hat ja hier die Verfassungsfrage angeschnitten. Ich habe gesagt: Wenn es daran hängt, sind wir bereit, das mit durchzusetzen. Es hat keinen Sinn, groß nachzurechnen. Ich habe ausdrücklich betont, daß Sie gewisse Initiativen entfaltet haben, für die wir sehr dankbar sind. Das soll für's erste genügen.
Damit, meine Damen und Herren, ist dieses Kapitel aber meiner Ansicht nach nicht abzuschließen. Denn hier zeigt sich, daß das Grundgesetz, so wie es 1949 verabschiedet worden 'ist, durch die Machtverhältnisse da und dort in Wahrheit verbogen worden ist und daß das Problem der gesamtstaatlichen
Verantwortung in diesem Bundestag so lange diskutiert werden muß, bis es von allen Seiten gleich gesehen wird, damit wir nie mehr erleben werden, daß ein Organ eine Bundestagsdrucksache unterschreibt, das es nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers überhaupt nicht geben kann und nicht geben wird, ein Organ, das meiner Ansicht nach etwas neben der Legalität agiert, auch wenn es vorhanden ist.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511634300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (SPD):
Rede ID: ID0511634400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, nur einen Gesichtspunkt jetzt noch zu beleuchten, den wir nicht unterschlagen sollten: Das Parlament geht in dieser Woche in eine wahrscheinlich dreimonatige Sommerpause. Am Ende dieses Monats werden an einigen deutschen Universitäten die Studenten ihren Willen bekunden, daß mehr für die Bildung getan werden muß. An einigen Universitäten und in einigen Ländern werden sie gegen die sogenannte „Bildungsdemontage" protestieren.
Ich möchte hier nur eines erklären. Wir sollten in Zukunft diese Dinge etwas mehr nach „vorne schauend" diskutieren. Wir sollten nicht immer wieder in der Vergangenheit herumrühren, warum es so gekommen ist und warum das so lange verzögert wurde. Wir sollten als Deutscher Bundestag auch einmal erklären, daß wir zumindest eines verstehen: daß ein Teil des gesellschaftspolitischen Unbehagens der Jugend unserer Bevölkerung und der Studentenschaft auch darin begründet ist, daß die Zersplitterung der Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik bis jetzt keine eindeutige und vernünftige, für die Zukunft gültige Lösung gefunden hat.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Wenn wir das von unserer Seite aus sagen, dann haben wir vielleicht für manches in Zukunft etwas mehr Verständnis, was uns bisher ziemlich unverständlich erscheint. Das sollte man einmal von diesem Ort betonen!
Wir sollten uns jetzt alle bemühen, in den Ausschüssen rasch zu beraten, um gemeinsam mit den Ländern zu beweisen, daß der Kulturföderalismus noch funktionsfähig ist.

(Beifall.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511634500
Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Arbeit zur Mitberatung und an den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung vor. Frau Abgeordnete Freyh hat zusätzlich Überweisung an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik beantragt. Bestehen dagegen Bedenken? — Es ist so beschlossen.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5831
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 61 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Wächter, Dr. Effertz, Logemann, Reichmann, Peters (Poppenbüll) und Genossen und der Fraktion der FDP
betr. Exportförderung von Milcherzeugnissen — Drucksache V/1866 —
Herr Abgeordneter Wächter hat das Wort zur Begründung.

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0511634600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag Drucksache V/1866 möchte die FDP-Fraktion das Hohe Haus auf ein Problem aufmerksam machen, welches die Fachleute der Agrarpolitik schon seit langem interessiert und bewegt und auch Gegenstand der Vereinbarungen bei dem Getreidepreisabkommen im September 1964 war. Dieses Problem ist schlechthin die Förderung des deutschen Agrarexports.
Wir sind seit langem kein reines Agrarimportland mehr. Bei Kartoffeln liegt die Erzeugung erheblich über dem Bedarf. Aber auch bei Schweinefleisch und Eiern werden wir in den nächsten Jahren in gewissem Umfang Ausfuhrland werden.
Insbesondere Frankreich und die Niederlande fördern die Ausfuhr von Agrarprodukten schon seit Jahren in der großzügigsten Weise, während die uns gegebenen Möglichkeiten nur in ganz beschränktem Maße ausgenutzt werden.
Der Antrag der FDP-Fraktion befaßt sich zunächst nur mit der Förderung des Exports von Milchprodukten in Drittländer als dem zur Zeit wichtigsten Problem. Bekanntlich ist letztmalig der Milchrichtpreis in der Bundesrepublik für dieses Jahr auf 38,5 Pf bei 3,7 % Fett festgesetzt worden. Gleichzeitig wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Beihilfen in diesem Jahr um weitere 2,25 Pf pro kg zu kürzen. Die Beihilfen wurden am 1. April 1967 um 1,7 Pf gekürzt. Die Bundesländer haben die Landesprämie ebenfalls um 0,8 Pf abgebaut. Dabei sind die Verhältnisse bei den einzelnen Bundesländern stark unterschiedlich. Nordrhein-Westfalen beispielsweise zahlt nichts mehr, Rheinland-Pfalz zahlt für die weitere Zukunft 2 Pf.
Nach der EWG-Verordnung Nr. 13/64 ist zwar der Richtpreis kein Garantiepreis. Demgegenüber liegen aber die konkreten Zusagen des Bundeslandwirtschaftsministers vor — ich bedaure außerordentlich, daß er heute abend nicht anwesend ist —, daß dieser Richtpreis in der Bundesrepublik erreicht wird. Dabei berufe ich mich auf das Schreiben des Bundeslandwirtschaftsministers vom Herbst 1966 an die Abgeordneten dieses Hohen Hauses. Mittlerweile befindet sich Herr Höcherl mit dieser sehr deutlichen Zusage unter Anwendung verschiedener strategischer Mittel auf dem Rückzuge und hat neue Auffangstellungen bezogen, die allerdings bei den Landtagswahlen dann zeitweise vorverlegt wurden.
Bei der zweiten Lesung des Einzelplanes 10 haben auch die Kollegen Peters und Dr. Schmidt (Gellersen) von der SPD die Verwirklichung dieser Preisvorstellungen von Minister Höcherl bestritten. Vor allem hat der Kollege Dr. Schmidt (Gellersen) gegenüber Minister Höcherl den Vorwurf erhoben, daß er in dieser für ihn aussichtslosen Situation in einem Brief an den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes die Feststellung traf, daß der Richtpreis nur unter den größten Anstrengungen im Markt zu erreichen sei, wenn er nicht überhaupt in Frage gestellt sei.
Dr. Schmidt (Gellersen) hätte es nach seinen Ausführungen für besser gehalten, wenn dieser Brief überhaupt nicht geschrieben worden wäre, weil damit der Bundesregierung das Hohngelächter der Agrarpresse erspart geblieben wäre.
In der mitternächtlichen Debatte bei der Verabschiedung des Einzelplans 10 in der zweiten Lesung ist auf der anderen Seite auch die Kleine Anfrage von der SPD vom Oktober 1966 angesprochen worden. Dabei hat — das sollte noch einmal in Ihre Erinnerung zurückgerufen werden — Dr. Schmidt (Gellersen) gesagt, das seien Höcherlsche Märchen, die nie verwirklicht werden könnten. Mittlerweile sind wir zu dem Ergebnis gekommen, daß Dr. Schmidt (Gellersen) mit dieser Prognose völlig recht hat.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes sieht in diesem Richtpreis einen einklagbaren Wechsel. Ich kann nicht sagen, ob der von mir zitierte Brief den Präsidenten Rehwinkel veranlaßte, auf einer am 19. Mai in Blaufelden veranstalteten Kundgebung, als er sich speziell mit den Schattenseiten von Minister Höcherl beschäftigte, zu sagen, daß Minister Höcherl manchmal der Landwirtschaft ein X für ein U vormache und daß er laufend versuche, der Landwirtschaft lahme Gäule zu verkaufen. Ich meine allerdings, daß man, auch wenn bekannt ist, daß Lahmheit bei Pferden nicht unter Gewährsmängel fällt, doch einen guten Freund, wenn man ihm ein lahmes Pferd verkauft, vorher darauf aufmerksam machen sollte.
Ich weiß, daß durch diese aus der Stellung der Opposition notwendigen Feststellungen der Herr Bundeslandwirtschaftsminister nicht tief berührt wird. Er hat bekanntlich die einmalige, und ich wäre fast versucht, zu sagen: die beneidenswerte Fähigkeit, mit all diesen Vorwürfen besonders leicht fertig zu werden.
Nun besagt diese von mir schon zitierte EWG-Verordnung, daß die nationalen Regierungen verpflichtet sind, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß dieser Richtpreis erzielt wird. Wie will aber die Bundesregierung — und das ist eine Frage — diese Verpflichtung jetzt einlösen? Darauf erwarten wir eine Antwort, und auch die deutsche Landwirtschaft hat endlich Anspruch auf eine klare Auskunft.
Voraussetzung für das Erreichen des Richtpreises ist auch die Förderung des Exports milchwirtschaftlicher Produkte. Das geht auch aus einem Gutachten der Bundesanstalt für Milchforschung hervor. Auf Grund des § 8 des Durchführungsgesetzes EWG-Milch- und Milcherzeugnisse vom Oktober 1964 gewährt die Bundesregierung zwar bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen Erstattungen. Entscheidend
5832 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Wächter
ist aber, daß die im Rahmen der EWG-Verordnung gegebenen Möglichkeiten nur unzureichend gegenüber den anderen Partnerstaaten ausgenutzt werden.
Während die Bundesregierung nach den EWG-Bestimmungen zu den Einnahmen des EWG-Fonds für 1966/67 gut 30 % aufzubringen hat, erhält sie aus diesem Fonds für Erstattungen bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen gerade 6 Millionen DM zurück, während Frankreich 82 Millionen und Holland 181 Millionen DM zurückerhalten. Bislang erhielten wir aus diesem Fonds 7/10 an Erstattungen zurück, während wir ab 1. Juli 1967 — und das ist sehr entscheidend für die kommende Exportpolitik — nach dem Bruttoprinzip 10/10 aus dem Fonds zurückerhalten.
Die Bundesregierung hat also bewußt zuungunsten ihrer eigenen Volkswirtschaft auf mögliche Mittel aus diesem Fonds verzichtet. Währenddessen nutzten die anderen EWG-Staaten nicht nur die Finanzierungsmöglichkeiten aus, sondern bauten sich — und das ist sehr entscheidend — ihren Markt am Weltmarkt aus, wie das insbesondere aus dem stark expandierenden französischen Export deutlich zu erkennen ist.
Wir konnten 1966 nur 2000 t Butterkonzentrat exportieren, während Frankreich, Holland und Belgien mit Hilfe von Fondsmitteln einen Export von über 67 000 t Butter in Drittländern durchführen konnten. Dadurch hielten sie ihre Buttervorräte in überschaubaren Grenzen, während bei uns der Buttervorrat eine überdimensionale Höhe von mittlerweile 70 000 t erreicht hat.
Wir nehmen aus dem Fonds Rückerstattungen für 1966 für den Export von ganzen 500 t Kondensmilch in Anspruch, während wir selbst aus den Niederlanden 40 000 t Kondensmilch importierten, was angeblich dadurch möglich war, daß die Holländer ihren eigenen Export mit überhöhten, nicht EWG-konformen Erstattungen unterstützten.
Die speziellen Exportmöglichkeiten für Butter können für den englischen Markt, der mit 477 000 t der größte Importmarkt ist, von uns einfach nicht aus genützt werden, weil wir kein Kontingent haben. Aber die EWG-Länder Frankreich, Holland und Belgien sind mit einem Kontingent von 26 000 t beteiligt und haben dieses Kontingent im letzten Jahr noch um 7000 t aufstocken können.
Was den Export nach sonstigen Drittmärkten anlangt, so könnte insbesondere nach Japan und Chile exportiert werden. An der letzten Ausschreibung nach Japan über 10 000 t und nach Chile über 2000 t konnten wir uns wegen fehlender Rückerstattungen nicht beteiligen. Es ist mit gleichen Ausschreibungen noch in diesem Jahr zu rechnen.
Speziell für Butterkonzentrat hat die Bundesregierung in der letzten Woche mit der Elften Änderungsverordnung eine Aufstockung des Exportkontingents um 2000 t ermöglicht. Das ist ein kleiner, aber durchaus nicht ausreichender Schritt.
Es wird anerkannt, daß mit dem Absatz von verbilligter Lagerbutter der Verzehr gesteigert wurde.
Aber ein wesentlicher Nachteil des verbilligten Absatzes von Butter aus der Einlagerung besteht darin, daß dadurch der Frischbutterverkauf zurückgedrängt wird und nun diese Frischbutter in die Einlagerung geht. Der effektive Mehrabsatz, der dadurch erreicht werden kann, wird auf nur 20 % geschätzt. Das bedeutet, daß ein Mehrabsatz von 1 kg eine Verbilligung von 5 kg zur Voraussetzung hat. Bei einer Verbilligung von zur Zeit 40 Pf je kg und den entstehenden Lagerhaltungskosten, die ebenfalls auf 40 Pf geschätzt werden, betragen also die Gesamtkosten des effektiven Mehrabsatzes pro kg 4 DM. Dieser Betrag wird auch notwendig sein, wenn man zu konkurrenzfähigen Weltmarktpreisen exportieren wollte.
Wir werden mit dem zur Zeit auf 70 000 t angewachsenen Butterberg, der sicher noch steigen wird, nur fertig, wenn wir analog dem, was andere Partnerstaaten tun, in folgender Form vorgehen: generelle Möglichkeiten des Exportes in Drittländer, verbilligter Absatz von Kühlhausbutter am Binnenmarkt und ebenso verbilligter Absatz von Butterschmalz am Binnenmarkt.
Der Verzicht auf Mittel aus dem Garantiefonds ist aber offenbar auch heute noch die Politik des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Das wird sichtbar durch die Zehnte Änderungsverordnung vom 31. März 1967 über Erstattungen bei Milcherzeugnissen, in der sogar eine weitere Beschränkung von Erstattungen vorgesehen ist. Bei Butter bleibt es beim alten, es werden nach wie vor keine Erstattungen gewährt. Bei Kondensmilch ist durch die Zehnte Änderungsverordnung der angelaufene Export von Kondensmilch unter 7,5 % Fett und vor allen Dingen auch von Sterilmilch praktisch nicht mehr möglich. Bei gezuckerter Kondensmilch mit weniger als 8 % ist durch die genannte Verordnung der Erstattungssatz auf 40 % ermäßigt worden. Das bedeutet für dieses Produkt ebenfalls eine vollkommene Konkurrenzunfähigkeit auf dem Weltmarkt. Die Kürzung erfolgte so kurzfristig, daß laufende Verträge nicht eingehalten werden konnten.
Für Magermilchpulver wird durch die neue Verordnung der Erstattungsbetrag ebenfalls unterhalb dem anderer Mitgliedstaaten liegen. Das ist um so schwerwiegender, als der Export von Magermilchpulver das entscheidende Ventil für die Milcheiweißüberschüsse ist.
Nur bei Schmelzkäse mit mehr als 30 % Fett liegt die Erstattung bei 100 %; bei anderen Käsesorten liegt sie bei durchschnittlich 67 %.
Ebenso werden von der Bundesregierung die nach dem EWG-Recht zulässigen Zusatzbeträge als Transporterstattung beim Export in Drittländern nicht voll genutzt. Wir sind uns der Schwierigkeiten bewußt, die sich in der EWG aus dem Milchproblem ergeben.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511634700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0511634800
Herr Kollege Wächter, darf ich Sie fragen, ob Sie nicht mit mir übereinstimmen,
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5833
Fellermaier
daß diese differenzierten Darlegungen und die Zitate aus Statistiken eigentlich besser im Fachausschuß behandelt würden als hier im Hohen Hause, insbesondere angesichts dessen spärlicher Besetzung.

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0511634900
Ich bin mit Ihnen nicht ganz einig. Ich bin der Überzeugung, daß gerade dieses Problem für die Öffentlichkeit von besonderer Bedeutung ist.
Aber lassen Sie mich jetzt zum Schluß kommen, Herr Kollege Fellermaier. Die EWG ist als Ganzes gesehen ein Milchüberschußgebiet. 1966 wurden in der EWG 2,5 Millionen Tonnen mehr erzeugt als verbraucht. Für die Zukunft wird sich in Frankreich noch eine erhebliche Steigerung der Milchproduktion ergeben. Frankreich fördert diese Entwicklung. Die französische Milchwirtschaft hat sich zu einem großen Exportkonzern zusammengeschlossen. Sein Umsatz wird voraussichtlich 2,3 bis 2,4 Milliarden Franken im Jahr erreichen. Man geht davon aus, daß Frankreich 1970 15 % der milchwirtschaftlichen Produktion ausführen muß. Dadurch wird das Problem zweifellos noch schwieliger.
Aus dieser Situation leite ich die nicht ernst genug zu nehmende Frage an das Bundeslandwirtschaftsministerium ab: Bestehen Pläne beim Bundeslandwirtschaftsministerium, die Milchproduktion in der Bundesrepublik zu beschränken? Falls sie bestehen sollten, werden wir uns in dieser Richtung bis zum letzten zur Wehr setzen. Die Frage erfordert eine klare ehrliche Antwort des Ministers. Ich bringe noch einmal zum Ausdruck: wir bedauern, daß er nicht anwesend ist.
Wir bitten um Überweisung des FDP-Antrages an den Ernährungsausschuß — federführend —, so wie es im Ältestenrat beschlossen worden ist. Wir bitten weiter darum, daß zu den Beratungen im Ernährungsausschuß neben dem Deutschen Bauernverband der Raiffeisenverband,

(Zuruf von der SPD: Gehört das hierher?)

der Verband der privaten Molkereien und darüber hinaus auch das Milch- und Fettkontor hinzugezogen werden.
Wir sind gleichzeitig der Meinung, daß bei diesen Beratungen der Bundesfinanzminister einmal grundsätzlich seine Konzeption über die gesamte EWG-Agrarfinanzierung entwickeln sollte, weil das für uns außerordentlich entscheidend ist. Aus diesem Grunde werden wir diesen Antrag auch schriftlich an den Vorsitzenden des Ernährungsausschusses und gleichzeitig an den stellvertretenden Vorsitzenden richten.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511635000
Ich darf bemerken: die Begründung und die Aussprache über diesen Antrag waren nicht vorgesehen. Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist also hinreichend entschuldigt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Bauer (Wasserburg).

Josef Bauer (CSU):
Rede ID: ID0511635100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haben Sie keine Sorge, ich mach's bestimmt kürzer; aber das, was alles hier erzählt worden ist, kann doch einfach nicht stehenbleiben. Es kommt ja ins Protokoll, und dann meint man am Ende, daß das alles stimmt, was hier gesagt worden ist. Das ist doch einfach nicht der Fall.
Erste Frage, Herr Wächter: Wo ist denn eigentlich der größere Butterberg, bei uns oder bei den Franzosen? Sie haben ständig die Franzosen zitiert. Sie hätten gut daran getan, darauf aufmerksam zu machen, daß unser Butterberg im Verhältnis zur Versorgungsmenge, die wir für unsere Bevölkerung brauchen, sich relativ bescheiden ausnimmt gegenüber dem anderer Länder in der EWG. Das muß man doch einfach auch sagen, wenn man die ganze Wahrheit sagen will.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511635200
Herr Ertl will eine Zwischenfrage stellen.

Josef Bauer (CSU):
Rede ID: ID0511635300
Ich habe zwar versprochen, daß ich mich kurz fasse; aber in Gottes Namen!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511635400
Herr Kollege Bauer, Sie halten es so eng mit der Wahrheit. Würden Sie dann sagen, daß die Darstellung des Raiffeisenverbandes und des Deutschen Bauernverbandes falsch ist, daß der Butterberg durch Importe entstanden ist?

Josef Bauer (CSU):
Rede ID: ID0511635500
Diese Darstellung ist mindestens nicht ganz zutreffend.
Zweitens zur Handhabung. Herr Kollege Wächter, Sie sagen, in den anderen Ländern würden die Erstattungen viel großzügiger gehandhabt. Fragen Sie einmal die Kollegen aus dem Europäischen Parlament. Die erfahren dort immer das genaue Gegenteil, daß augenblicklich wir auf dem Gebiet der Erstattungen viel mehr tun, als die anderen, aus der Vergangenheit schon bekannten klassischen Exportländer auf diesem Gebiet bisher tun. Damit haben Sie wieder einmal etwas behauptet, was einfach nicht aufrechtzuhalten ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511635600
Herr Kollege Wächter möchte eine Frage stellen.

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0511635700
Geben Sie mir recht, Herr Kollege Bauer, daß die anderen EWG-Länder — hier nenne ich zunächst einmal Frankreich, Holland und Belgien — ihre Buttervorräte durch Exporte in Drittländer um rund 67 000 t abbauen konnten, während wir uns überhaupt nicht in den Export einschalten konnten, weil uns keine Rückerstattungen zugestanden wurden, weil wir selbst von der nationalen Seite her diese Schritte nicht unternommen haben?

Josef Bauer (CSU):
Rede ID: ID0511635800
Herr Kollege Wächter, wissen Sie denn nicht, was diese Bundesregierung in den abgelaufenen 24 Monaten eigentlich schon aufgewendet hat, um mit diesem Problem
5834 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Bauer (Wasserburg)

in einer vernünftigen Weise fertigzuwerden? Und würden Sie es etwa vertreten, daß wir in einem noch größeren Ausmaß in das von Ihnen so sehr gelobte Butter-Öl-Geschäft einsteigen, wo wir 4 DM je kg zulegen müssen und wo wir am Anfang einer Entwicklung sind, von der wir noch nicht wissen, ob sie zu einer wirklich vernünftigen Lösung unseres Problems führt?
Drittens haben Sie hier so beredt für die notwendige Erstattung bei der Ausfuhr von Magermilchpulver Ausführungen gemacht. Herr Wächter, wir hätten unser Magermilchpulver in der Vergangenheit gar nicht in der Menge herbringen können, auch wenn wir hohe Beträge erstattet bekommen hätten. So flüssig war dieser Markt in den letzten zwölf Monaten. Auch das muß man wissen, wenn man sich vor dieses Hohe Haus stellt und Erstattungen für ein Geschäft verlangt, das bisher ohne eine Mark Erstattung glänzend gelaufen ist.
Lassen Sie mich noch ein Weiteres sagen — das müssen Sie auch Ihrem früheren Finanzminister Dr. Dahlgrün zugute halten —: Seit wir das System der Erstattungen haben, haben diese und die vorausgehende Bundesregierung die Beträge für die Erstattungen von Jahr zu Jahr vergrößert. Herr Wächter, ich glaube, auch das muß man sagen, wenn man Klage führt.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511635900
Gestatten Sie noch eine Frage des Abgeordneten Wächter?

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0511636000
Geben Sie mir darin recht, Herr Kollege Bauer, daß die Bundesrepublik mit ihren Erstattungssätzen für Magermilch unter dem Durchschnitt der Erstattungssätze der anderen EWG-Länder liegt?

Josef Bauer (CSU):
Rede ID: ID0511636100
Das mag verschiedene Gründe haben.

(Abg. Wächter: Nennen Sie sie doch!)

Dennoch, sage ich Ihnen, Herr Wächter: Wir hätten gar keine Mark Erstattung gebraucht. Wir hätten trotzdem in der letzten Zeit nicht genügend Magermilchpulver herbringen können. Der Magermilchpulvermarkt war so flüssig, daß wir drauf und dran waren, unsere eigene Futtermittelindustrie nicht mehr versorgen zu können. Das sind Tatsachen.
Ich bin nur deshalb hier heraufgegangen, weil ich nicht haben will, daß hier wirtschaftliche Daten verzerrt dargestellt werden. Deshalb bin ich da, Herr Wächter, und ich bin gern bereit, im Ausschuß den Beweis für die Einzelheiten anzutreten.
Lassen Sie mich noch etwas anderes sagen. Ich bin der Meinung, daß diese Bundesregierung und auch der Bundeslandwirtschaftsminister, den Sie hier angreifen zu müssen geglaubt haben, den größten Erfolg auf dem Gebiet der Erstattung dadurch erzielt haben, daß es ihnen gelungen ist, bei der Erstattung endlich von dem bisherigen Netto- zum Bruttoprinzip zu kommen, was uns Deutschen auch die Möglichkeit verschafft, uns hier entsprechend zu betätigen.
Herr Wächter, ich glaube mich erinnern zu können, daß Sie selbst und Ihre Freunde es waren, die im Ernährungsausschuß des Deutschen Bundestages diesen Erfolg des Bundeslandwirtschaftsministers besonders hervorgehoben und gelobt haben. Damals war es ganz anders. Da waren Sie noch in der Bundesregierung. Jetzt sind Sie in der Opposition. Trotzdem soll die Wahrheit Wahrheit bleiben.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511636200
Das Wort hat der Abgeordnete Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0511636300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie hier nicht lange aufhalten. Aber, Herr Kollege Bauer, die FDP hat noch nie die Einführung des Bruttoprinzips kritisiert. Wir begrüßen das. Wenn Sie unsere Großen Anfragen und unsere Anträge im Ernährungsausschuß nachlesen, werden Sie feststellen, daß wir immer wieder darauf bestanden haben.
Ich möchte aber die Gelegenheit nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß der Bundesfinanzminister, den ja nun die CSU stellt, in Zukunft ein sehr wesentliches Wort über das Volumen der Erstattungen zu sprechen haben wird. Darüber werden wir uns noch mit allen Konsequenzen zu unterhalten haben; denn soweit ich informiert bin, drängt gerade auch die Bundesregierung — und ich verstehe die Sorgen des Bundesfinanzministers — auf eine Beschränkung des Garantieteils des Fonds. Darüber werden wir uns sehr ernsthaft und sehr kritisch zu unterhalten haben; denn wenn man A sagt, muß man auch B sagen, und das B-Sagen wird die neue Regierung erst noch einlösen müssen. Das A haben wir gesagt. Wir waren auch damals bereit, hier mitzumachen. Sie werden das erst noch nachweisen müssen.
Bezüglich der Glaubhaftigkeit meines Kollegen Wächter darf ich hier noch feststellen, daß all das, was hier gesagt worden ist, auf authentischen Unterlagen von Molkereien beruht. Es liegen auch beredte Klagen von maßgeblichen milchwirtschaftlichen Verbänden darüber vor, daß die Bundesregierung nicht das gleiche wie andere Partnerstaaten der EWG zur Erstattung bei Milchprodukten tut.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511636400
Ich schließe die Aussprache und stelle fest, daß das Haus den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates zustimmt.
Ich rufe Punkt 62 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes
— Umdruck 141, Drucksache V/1846 —Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5835
Vizepräsident Dr. Dehler
Es ist vorgeschlagen, den Antrag für erledigt zu erklären. — Das Haus stimmt zu.
Ich rufe Punkt 63 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Ertl, Dr. Effertz, Logemann, Wächter, Reichmann, Walter und der Fraktion der FDP
betr. schnelle Behebung von Sturmschäden in Privat- und Staatswaldungen
— Drucksachen V/1558, V/1876, zu V/1876 — Berichterstatter: Abgeordneter Bewerunge
in Verbindung damit
Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1973 — Berichterstatter: Abgeordneter Brese
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir können dann über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1876 mit der Änderung von Ziffer 7 abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 64 bis 73, bei denen es sich um Berichte über EWG-Vorlagen handelt, zusammen auf:
64. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Abänderung der Verordnungen Nr. 23 und 158/66/EWG des Rats über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse
Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Pfirsiche
Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Tomaten
Verordnung des Rats zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Zitronen
Verordnung des Rats betreffend Änderungen der gemeinsamen Qualitätsnormen für Tomaten
— Drucksachen V/1787, V/1849, Y/1852, V/1856, V/1875 —
Berichterstatter: Abgeordneter Seither
65. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten
Vorschläge der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Reis
Verordnung des Rats über die Regelung für Reis und Bruchreis mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und den überseeischen Ländern und Gebieten
Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 16/64/EWG bezüglich der Erstattung für Reis, der in nach dritten Ländern ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten ist
— Drucksachen V/1786, V/1855, V/1877 —Berichterstatter: Abgeordneter Blume
66. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festlegung der Rechnungseinheit für die gemeinsame Agrarpolitik
— Drucksachen V/1796, V/1878 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritz
67 Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Vermarktungsnormen für Eier
— Drucksachen V/1614, V/1908 —Berichterstatter: Abgeordneter Welslau
68. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für
eine Verordnung des Rats zur Festsetzung der Grundregeln für Interventionen bei Getreide
eine Verordnung des Rats über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr und die Kriterien für die Festsetzung des Erstattungsbetrags für Getreide
— Drucksachen V/1848, V/1853, V/1914 — Berichterstatter: Abgeordneter Saxowski
69. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für
eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 13/64/EWG hinsichtlich der Erstattungen, die für die Milcherzeugnisse gewährt werden, die in nach dritten Ländern
5836 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Dehler
ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten sind
eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 111/64/EWG hinsichtlich bestimmter gezuckerter Milcherzeugnisse
— Drucksachen V/1855, V/1873, V/1938 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frey
70. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für eine
Verordnung des Rats über die allgemeinen Regeln für die Gewährung der Erstattungen bei der Ausfuhr von Zucker nach dritten Ländern
Verordnung des Rats über die Regeln für die vorherige Festsetzung von Abschöpfungsbeträgen für Getreide
— Drucksachen V/1850, V/1915 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Effertz
71. Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses (6. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG/ EAG für eine
Verordnung Nr. . . ./67/EWG des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 63 des Rats über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission
Verordnung Nr. . . ./67/EURATOM des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 14 des Rats über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission
Verordnung Nr. . ../67 EURATOM, . . ./67/ EWG der Räte zur Änderung der Verordnung der Räte über die Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder des Gerichtshofes
— Drucksachen V/1811, V/1916 —
Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt-Vokkenhausen
72. Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine
Verordnung des Rats über Beihilfen an Unternehmen des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs
— Drucksachen V/849, V/1940 — Berichterstatter: Abgeordneter Schwabe
73. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine
Richtlinie des Rats über die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Tätigkeiten des Aufsuchens (Schürfen und ,Bohren) bei der Erdöl- und Erdgasgewinnung (CITI-Hauptgruppe 13)
— Drucksachen V/1616, V/1928 —Berichterstatter: Abgeordneter Stein (Honrath)

Die Herren Berichterstatter wünschen nicht das Wort. Auch eine Aussprache wird nicht begehrt.
Wir können über die Anträge auf den Drucksachen V/1875, V/1877, V/1878, V/1908, V/1914, V/1938, V/1915, V/1916, V/1940 und V/1928 zusammen abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Die Tagesordnungspunkte 74 bis 79 kann ich ebenfalls zusammen aufrufen:
74. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Dreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —— Drucksachen V/1673, V/1897 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
75. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Einhunderelfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollsätze gegenüber den USA)
— Drucksachen V/1816, V/1899 —Berichterstatter: Abgeordneter Lange
76. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertachte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Gewebe aus Seide oder Schappeseide)
— Drucksachen VV/ 1821, V/1900 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
77. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertdreizehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzung für Sardellen)
— Drucksachen V/1859, V/1901 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
78. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung er-
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967 5837
Vizepräsident Dr. Dehler
lassene Einhundertundsiebente Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzungen und Zollkontingente 1967 — Agrarwaren — III. Teil)

— Drucksachen V/1747, V/1902 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
79. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene
Einhundertundsechste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Angleichungszölle — Verlängerung 1967)

Einhundertundneunte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Angleichungszölle — 8. Neufestsetzung)

— Drucksachen V/1748, V/1814, V/1903 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
Es handelt sich um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit den Änderungen des Deutschen Zolltarifs bzw. der Änderung der Einfuhrliste. In all diesen Fällen hat das Haus von den Berichten des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen Kenntnis zu nehmen.
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich stelle fest, daß das Haus Kenntnis genommen hat.
Als letzten Punkt rufe ich den Tagesordnungspunkt 80 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dichgans, Majonica, von Eckardt, Dr. Lenz (Bergstraße) und Genossen
betr. Förderung des Wiederaufbaus der Dresdener Oper
— Drucksache V/1239 —
Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Dichgans.

Dr. Hans Dichgans (CDU):
Rede ID: ID0511636500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Antrag sieht vor, daß aus dem Bundesvermögen 30 Millionen DM für den Wiederaufbau der Dresdner Oper zur Verfügung gestellt werden sollen. Er geht von der Vorstellung aus, daß es an der Zeit sei, einen kleinen Teil des Geldes, das uns die Amerikaner vor zwanzig Jahren geschenkt haben, in neuen, der veränderten Situation angepaßten Formen unseren mitteldeutschen Mitbürgern zur Verfügung zu stellen. Unsere Spende für die Metropolitan-Opera liefert den Präzedenzfall, der den Politikern und Juristen die Entscheidung so sehr erleichtert.
Natürlich gibt es Bedenken. Die Fachleute, die für die verschiedenen Vermögensmassen zuständig sind — z. B. das ERP-Vermögen, die Erlöse aus Verkäufen des Bundesvermögens —, haben naturgemäß die Gelder, die vielleicht verfügbar wären, anderweitig verplant. Es gibt auch juristische Bedenken, weil die Vorschriften auf diesen neuen Tatbestand nicht passen. Aber ich glaube nicht, daß es Aufgabe
der ersten Plenardiskussion ist, diese Probleme zu lösen. Wenn wir einen politischen Willen haben, finden wir selbstverständlich auch einen Weg. Die Ausschüsse werden ihn finden.
Der Dresdner Oberbürgermeister hat den Vorschlag bereits sehr schroff abgelehnt, — allerdings nicht sofort. Vier Wochen lang, nachdem der Antrag in der Presse der Bundesrepublik veröffentlicht worden war, wurden die Nachrichten drüben völlig unterdrückt. Offenbar hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie man antworten wollte. Am Ende kam dann die Ablehnung. Aber diese Ablehnung sollte uns nicht beirren. Es handelt sich darum, was wir selbst tun, welche Konsequenzen wir aus unserer These ziehen wollen, daß Deutschland noch immer ungeteilt ist.
Daraus ergeben sich einige Fragen: Sind wir beredt, die Anliegen unserer mitteldeutschen Mitbürger ebenso zu behandeln wie unsere eigenen und sie bei einer Rangfolge der verschiedenen Anliegen so einzureihen, wie es der Bedeutung der Sache entspricht, also etwa: sind wir bereit, die Dresdner Oper ebenso einzureihen wie die Münchner Oper, mit Vorrang vor anderen Opernhäusern der Bundesrepublik, denen wir zur Zeit nicht die Mittel zur Verfügung stellen können, die sie gern von uns haben möchten und die wir ihnen auch gern geben möchten?
Damit kommen wir zu der Geldfrage: Besteht unsere Deutschlandpolitik darin, daß wir von unserem Überfluß — wenn wir Überfluß haben — etwas für Mitteldeutschland abgeben, oder sind wir bereit, mit den mitteldeutschen Mitbürgern auch dann zu teilen, wenn das Geld bei uns knapp wird?
Herr Präsident, in der ersten Lesung will ich diese Frage nur stellen. In der dritten Lesung werden wir die Antwort hören.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511636600
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0511636700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gute Wille, der aus diesem Antrag spricht, ist unverkennbar, und, Herr Kollege Dichgans, es fällt mir etwas schwer, gerade Ihnen gegenüber die eine oder andere kritische Bemerkung über die Form zu machen. Es ist nicht etwa so, daß ich glaubte, die Sache wäre es nicht wert. Ganz im Gegenteil! Dazu bin ich persönlich viel zu sehr mit der Dresdner Oper verbunden, und zwar nicht nur aus der Zeit bis 1945, sondern auch aus der Zeit nach 1945, als es darum ging, zu verhindern, daß die SED die Ruine in die Luft sprengte. Meine Tätigkeit als Stadtverordneter in Dresden hat mir manche Möglichkeit gegeben, da einiges zu tun.
Ich teile auch nicht die Bedenken technischer Art, die vorgebracht werden und von denen Sie schon gesagt habe, daß sie geprüft werden müssen. Ich
5838 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Mittwoch, 28. Juni 1967
Mischnick
meine, man sollte solche Schwierigkeiten auf jeden Fall überwinden.
Wir sollten aber das, was bisher an Reaktion aus Dresden gekommen ist, nicht so leicht nehmen. Ich meine das nicht in dem Sinne, daß wir resignieren sollten, sondern ich halte es für notwendig, uns darüber klar zu werden, daß man auch eine solche Frage, von uns positiv beurteilt, praktisch nur lösbar sein wird, wenn es gelingt, zu einer Entkrampfung zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu kommen. Es ist ja nicht mit unserem guten Willen getan, mit einem bestimmten Betrag, mit einem angemessenen Betrag mitzuhelfen, sondern es geht auch darum, das uns vorschwebende Ziel zu erreichen.
Wir werden davon ausgehen müssen — zumindest bei dem derzeitigen Stand —, daß ein Beschluß des Bundestages, eine Entschließung, eine Handlung der Regierung, eine Bereitstellung im Haushaltsplan auf entsprechende Vorbehalte, Bedenken, wahrscheinlich — wie es die bisherigen Äußerungen gezeigt haben — sogar auf Ablehnung stößt.
Im Gesamtdeutschen Ausschuß sollte überlegt werden, ob es Möglichkeiten und Wege gibt, das zu überwinden, was heute an Widerständen auf der anderen Seite vorhanden ist, ob man Formen finden kann, die nicht den Eindruck erwecken, hier werde versucht, von staatlicher Seite etwas zu tun.
Ich bin überzeugt, daß wir Wege finden können — wenn wir gemeinsam das Ziel bejahen, hier etwas zu tun, um dieses Bauwerk zu retten —, daß wir Möglichkeiten schaffen können, dieses Bauwerk wieder aufzubauen.
Es wäre aber gut, wenn wir uns gemeinsam dazu bereit fänden, das zu verhindern, was an negativer politischer Ausschlachtung damit möglich ist. Wir sollten versuchen, das ganze, ich möchte fast sagen, als eine private Tat aufzuziehen, an der wir hier von allen Seiten beteiligt sind, und vielleicht das Interesse nicht nur von uns, sondern auch von anderen auf diese Möglichkeit lenken. Ich will hier nicht in die Einzelheiten gehen. Es gibt schon seit längerer Zeit Überlegungen darüber, welche Wege vielleicht gangbar sind, die es erleichtern, zum Ziele zu kommen, das hiermit gestellt ist, nämlich ein über den Rahmen der Bundesrepublik und Mitteldeutschlands hinaus bekanntes Bauwerk wieder zu dem Glanz zu bringen, den es einmal gehabt hat. Daß das, was in dieser Dresdner Oper früher geboten wurde und heute noch an anderer Stelle geboten wird, nach wie vor über den Rahmen unseres Vaterlandes hinaus Wirkung hat, das können wir auch heute noch feststellen. Die Gastspiele der Dresdner Staatskapelle innerhalb der Bundesrepublik haben deutlich gemacht, welche Wirkungen von diesem Orchester nach wie vor auf die Bevölkerung, nicht nur auf die früher in Mitteldeutschland Lebenden, sondern auch auf diejenigen, die nicht in Mitteldeutschland lebten, ausgehen.
Meine Bitte geht deshalb dahin, daß wir versuchen, einen Weg zu finden, der den formellen Antrag überflüssig macht, aber das Ziel, das mit diesem Antrag gestellt ist, doch erreichen läßt.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0511636800
Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, den Antrag an den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. -
Widerspruch erfolgt nicht; die Überweisung ist beschlossen.
Damit stehen wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 29. Juni 1967, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.