Gesamtes Protokol
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich gebe zuerst folgendes bekannt: Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert um die erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Böhm , Dr. Dresbach, Dr. Reif und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen — Drucksache 1269 — und um die gestern nicht erledigten Tagesordnungspunkte.
Zweitens. Folgende Ausschüsse haben gebeten, im Verlauf der heutigen Plenarsitzung Ausschußsitzungen abhalten zu dürfen: der Haushaltsausschuß und der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau hat unter dem 14. März 1955 die Kleine Anfrage 100 der Abgeordneten Dr. Becker und Genossen betreffend Zeitverlust im Bauwesen durch Verwaltungsaufwand — Drucksache 738 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1277 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit hat unter dem 16. März 1955 die Kleine Anfrage 161 der Fraktion der DP betreffend Versorgungsbezüge nach dem Bundesversorgungsgesetz für kriegsbeschädigte landwirtschaftliche Haussöhne — Drucksache 1226 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1276 vervielfältigt.
Bevor ich in die Tagesordnung eintrete, gebe ich das Wort zur Geschäftsordnung dem Abgeordneten Dr. Kopf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am 27. Februar 1955 das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar mit 264 Stimmen gegen 201 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen angenommen. Im Verlauf der ausführlichen Debatte sind die Gesichtspunkte und die Bedenken derjenigen Mitglieder dieses Hauses, die glaubten, dem Abkommen ihre Zustimmung nicht geben zu können, in eingehender Weise dargelegt worden. Wenn tauch im Verlauf dieser Debatte Auffassungen über gewisse Bestimmungen des Statuts geäußert worden sind, die von französischerseits geäußerten Auffassungen in einzelnen Punkten abweichen, so ist doch entscheidend, daß das Abkommen als Ganzes und als solches von der Mehrheit dieses Hauses gebilligt worden ist.
Der Deutsche Bundestag hat durch diese Entscheidung seine grundsätzliche Stellungnahme zu dem Abkommen dargelegt. Es entspricht einem Gesetze der Demokratie, daß die von der Mehrheit dieses Hauses getroffene Entscheidung als die Entscheidung des gesamten Hauses anzuerkennen und zu respektieren ist.
In wenigen Tagen wird sich der Rat der französischen Republik mit dem Abkommen über die Saar befassen. Die Stellungnahme Frankreichs ist somit in Bälde zu erwarten. Nachdem von deutscher Seite eine grundsätzliche Entscheidung über das Saarabkommen getroffen worden ist, erscheint es meiner Fraktion notwendig, im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erneut eine Debatte über das Statut der Saar zu eröffnen. Wir halten es vielmehr für richtig, zunächst die grundsätzliche Entscheidung Frankreichs abzuwarten. Es kommt hinzu, daß der Wortlaut der Erklärungen der französischen Regierung über das Saarabkommen durch die Presse bekanntgeworden ist und daß es keinerlei Schwierigkeiten macht, diesen Wortlaut auch in den Protokollen der französischen Kammer, die hier vorliegen, einzusehen. Es scheint uns auch in diesem Moment nicht so sehr wichtig zu sein, zu erfahren, ob und welche Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und Frankreich wegen der Frage der Saar schweben. Es ist vielmehr von ent-
scheidender Bedeutung, daß in den nächsten Tagen die grundsätzliche Stellungnahme Frankreichs zur Frage der Saar zu erwarten ist. Unter diesen Umständen erscheint es uns zweckmäßig, zunächst die Stellungnahme der französischen Regierung zu dem Abkommen über die Saar abzuwarten.
Es kommt aber noch eines hinzu. Wir haben gehört, daß die Saarregierung inzwischen eine Initiative ergriffen und in Aussicht genommen hat, an die Regierungen der beiden Mächte heranzutreten, um eine Klarstellung gewisser Bestimmungen herbeizuführen. Auch hier scheint es uns notwendig zu sein, daß zunächst die Stellungnahme der beiden Regierungen zu diesem zu erwartenden Ersuchen der Saarregierung vorliegt.
Unter diesen Umständen erscheint es uns urtunlich, in der heutigen Sitzung den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 1245 zu behandeln, und ich beantrage daher namens meiner Fraktion, diesen Antrag von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mommer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Ausführungen des von mir sehr verehrten Kollegen Dr. Kopf darauf hinauslaufen sollen, daß alles klar sei und kein Grund sei, sich weiter mit dem Saarabkommen zu beschäftigen, dann muß ich doch sagen, daß es mich erstaunt, daß gerade Herr Dr. Kopf das sagt, der bei der Debatte über dieses Abkommen die ganze Sache immerhin so unklar fand, daß er sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten hat.
Es ist richtig, daß wir lange und gründlich über dieses Abkommen diskutiert haben. Aber bei der Abstimmung ist die Mehrheit, die dem Abkommen zugestimmt hat, von der Interpretation ausgegangen, die der Herr Bundeskanzler hier gegeben hat. Sie hat angenommen, daß diese Interpretation gültig sei und daß sie auch im wesentlichen vom Vertragspartner Frankreich anerkannt werde.
Aber schon während der Debatte und noch mehr nachher, insbesondere durch das Kommuniqué der französischen Regierung vom 4. März, ist bewiesen worden, daß die Interpretation und die Behauptungen des Herrn Bundeskanzlers in entscheidenden Punkten unrichtig sind.
Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, er habe mit Mendès-France die Freiheit an der Saar für die Dauer vereinbart, nicht nur für drei Monate. Herr Mendès-France kann sich nach Pressemeldungen an diese Vereinbarung nicht erinnern.
Schwarz auf weiß, Herr Bundeskanzler, haben Sie es leider nicht mit nach Hause gebracht, und die französische Regierung sagt nunmehr in ihrem Kommuniqué vom 4. März das genaue Gegenteil von dem, was Sie uns hier versichert haben.
Ich darf mir erlauben, zwei Sätze aus diesem Kommuniqué vorzulesen. Es heißt dort:
Art. VI, der ein Infragestellen des europäischen
Statuts des Saarlandes nach der Annahme
durch eine Volksabstimmung ausschließt, enthält keine Zweideutigkeit. Jede politische Tätigkeit oder Propaganda, die auf eine gegenwärtige oder künftige Änderung des Statuts hinzielen würde, solange dieses Thema noch nicht in den Friedensverhandlungen angeschnitten wurde, wäre ungesetzlich.
Sie würde mit dem Zweck des Vertrags in Widerspruch stehen, der, wie aus der Präambel und den Artikeln I, VI, VIII und IX hervorgeht, darin liegt, dem Saarland eine für seinen Wohlstand unerläßliche politische Stabilität zu sichern, die deutsch-französische Verständigung zu erhalten und die friedlichen Beziehungen zwischen den europäischen Nationen zu festigen.
In dem Kommuniqué, das die französische Regierung noch während der Debatte hier im Bundestag herausgegeben hat, wurde das noch deutlicher gesagt. Es wurde gesagt: Es wird keine freien Landtagswahlen geben.
Zu diesen „freien Landtagswahlen" darf man nicht mit der Propaganda auftreten, die darauf abzielt, später einmal, im Friedensvertrag zumindest, das Saargebiet auch faktisch wieder in das deutsche Gebiet einzugliedern. Der Vertragspartner sagt also: Es gibt keine freien Wahlen an der Saar.
Und noch etwas anderes, was inzwischen eingetreten ist und was auch die Position der Bundesregierung schwer erschüttert hat: Nach Artikel XII des Abkommens über das Statut der Saar sollen die Grundsätze der saarländisch-französischen Wirtschaftsbeziehungen, die jetzt in Konventionen festgelegt sind, durch einen französisch-saarländischen Vertrag neu geregelt werden mit der Maßgabe, daß gleichartige Beziehungen zur Bundesrepublik geschaffen werden. Die Bundesregierung hat daraus, ich glaube, mit Recht, gefolgert — aber leider hat sie es auch nicht schriftlich vereinbart —, daß diese Verhandlungen über die französisch - saarländischen Wirtschaftsbeziehungen wegen der gleichartigen Beziehungen zur Bundesrepublik zu dritt geführt werden müssen, daß die Bundesregierung dabei beteiligt sein muß. Unsere Auffassung, die wir vertreten haben, ist es, daß diese Verhandlungen überhaupt erst nach Inkrafttreten des Abkommens, und zwar dann erst mit einer frei gewählten Saarregierung stattfinden dürfen. Inzwischen aber haben wir es erlebt, daß die französische Regierung Faure mit Johannes Hoffmann verhandelt und daß sie sich zum Ziel gesetzt haben, noch vor der Debatte im Rat der Republik vollendete Tatsachen zu schaffen und die französischsaarländischen Wirtschaftsbeziehungen neu zu regeln. Dabei ist die Bundesregierung völlig ausgeschaltet worden, trotz der Demütigung, der sie sich selbst ausgesetzt hat, als sie mit Johannes Hoffmann persönlich Kontakt aufnahm.
Es ist also festzustellen, daß die Mehrheit des Bundestages diesem Abkommen unter falschen Voraussetzungen zugestimmt hat.
Der Vertragspartner hat Ihnen schwarz auf weiß
mehrfach bestätigt, daß diese Voraussetzungen
falsch sind. Deshalb ist es unser Anliegen, die
Gegensätzlichkeiten, die doch so offensichtlich sind, die seit dem Entstehen des Abkommens schon offensichtlich waren und jetzt noch deutlicher geworden sind, auszuräumen. Es ist eine eigenartige Methode, sich bei solchen Gegensätzlichkeiten zwischen Vertragspartnern ,auf Gerichte und Kommissare zu verlassen, während das Abkommen noch nicht rechtsgültig geworden ist. In einem solchen Fall gibt es nur einen anständigen Weg, und diesen Weg muß man im Interesse der deutschfranzösischen Beziehungen gehen. Dieser Weg heißt: Vor Inkrafttreten des Abkommens die Gegensätze aus dem Wege räumen.
Deshalb verlangen wir neue Verhandlungen über dieses Abkommen. Wenn das nicht geschieht, dann befürchten wir — und das beweist sich doch schon in der kurzen Geschichte, die dieses Abkommen hat —, daß dies kein Vertrag ist, um die deutsch-französischen Beziehungen zu verbessern, sondern ein Vertrag, der sie fortlaufend vergiften wird. Deshalb bitten wir, unseren Antrag nicht von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Wir müssen ihn hier behandeln, wir müssen die Dinge klären, ehe nachher der ganze üble Streit über die Bedeutung dessen, was da niedergelegt wurde, losgeht. Wir beantragen, unseren Antrag heute zu behandeln.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich schließe die Aussprache zur Geschäftsordnung und komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Absetzung des Punktes 1 der heutigen Tagesordnung zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Punkt 1 der heutigen Tagesordnung ist abgesetzt.
Meine Damen und Herren, wir fahren jetzt fort in der
Zweiten Beratung des Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 1252, Umdrucke 310 bis 315, 317 bis 333)
,
die wir gestern schon begonnen hatten.
Ich rufe auf § 12 Abs. 2 Ziffer 1 und dazu die Umdrucke 312, 314, 325, 330*) und 332**).
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um notwendige und höchst erwünschte Rationalisierungen im Verkehr auch im Bereich der Versorgung mit Lebensmitteln nicht zu erschweren, und vor allen Dingen, um Kostensteigerung in den Bereichen der Lebenshaltung, die am empfindlichsten sind, bei Nahrungsmitteln nämlich, zu vermeiden, haben meine Freunde bereits im Ausschuß vorgeschlagen, eine Reihe besonders wichtiger Lebensmittel von der beabsichtigten Erhöhung der Beförderungsteuer auszu-
*) Siehe 73. Sitzung, Anlagen 17, 18, 21, 24. **) Siehe Anlage 3.
nehmen. Dabei ist ihnen die Mehrheit des Ausschusses leider nur in einigen Fällen gefolgt. Wir halten es deshalb für notwendig, Sie zu bitten, diese Ausnahmeliste um einige Punkte zu erweitern. Ich darf Ihnen versichern, daß wir uns bei der Auswahl der Vorschläge, die wir Ihnen hier machen, auf das Äußerste beschränkt haben, um nicht Einnahmeausfälle heraufzubeschwören, die vermieden werden könnten.
Wir bitten Sie mit Umdruck 312*), die Liste zu erweitern um inländische Gemüse, Nahrungsfette, Schlachtvieh, Fleisch und Fleischwaren sowie um Inlandsgetreide. Lassen Sie mich bitte zu den einzelnen Positionen hier einige Begründungen vortragen.
Wenn unsere gemüseerzeugende Landwirtschaft mit ihren ausländischen Konkurrenten wirklich in Wettbewerb treten können soll, müssen wir ihr dabei helfen. Im wesentlichen muß das geschehen im Bereich des Angebots, bei der Vermarktung, und es ist nicht richtig, wenn wir die großen Anstrengungen, die die beteiligten Menschen persönlich mit ihrer Arbeitskraft und ihrer Intelligenz machen, durch steuerliche Belastungen aufhalten. Mehr und mehr konzentriert sich das Angebot auf große Märkte, und das ist für die Anbieter wichtig, da sie nur auf diese Weise einen ordentlichen Preis erzielen können, und es ist wichtig für den Verbrauch. Um aber ein zügiges Angebot auf den großen Märkten zu ermöglichen — übrigens an den gleichen Stellen, an denen sich auch die Auseinandersetzung über die Preise im Vergleich zum Auslandsgemüse abspielt — , müssen es die Absatzgenossenschaften z. B. bewerkstelligen können, das Gemüse aus den Gebieten, die ja nicht immer gerade an den Zentren des Verzehrs, sondern eher am Rande liegen, dort hinzufahren, und da ist der Lastwagen natürlich allen anderen Einrichtungen überlegen. Wir möchten Sie deshalb bitten, hierfür dieselben Ausnahmen zuzugestehen, die für Frischfische, für inländisches Obst usw. im Ausschuß schon akzeptiert worden sind.
Was die Nahrungsfette angeht, so ist die Butter aus der Sonderbelastung herausgenommen. Es erscheint mir daher unverständlich, die Margarine, die ja in der Volksernährung, insbesondere bei den kaufkraftschwächeren Schichten, eine wesentlich größere Rolle als die Butter spielt, der höheren Besteuerung zu unterwerfen. Dazu kommt noch eins. Gerade die Versorgung mit Margarine muß zügig erfolgen. Margarine verträgt keine lange Lagerung, und jeder weiß, daß der Werkfernverkehr hier eine Rolle spielt, die ihm niemand anders abnehmen kann. Wir bitten Sie deshalb, hier ebenfalls den niedrigeren Tarifsatz zuzugestehen.
Zum Schlachtvieh eine Bemerkung. Wer mit den Dingen vertraut ist, weiß, daß das, was wir als Marktnotierung lesen, keineswegs der Betrag ist, der dem Erzeuger auch tatsächlich ausgezahlt wird. Von diesem Marktpreis gehen eine ganze Reihe von Unkosten zu Lasten des Erzeugers ab. Zu diesen Unkosten gehören auch die Frachten, aber auch die Gewichtsverluste, die auf dem Wege vom Hof des Erzeugers bis zum Markt auftreten. Auch hier ist es Ziel aller vernünftigen Bemühungen, die der Landwirtschaft von der anderen Seite, von der Seite der Vermarktung her helfen wollen, die Wege so kurz wie möglich zu machen, die Verkehrsmittel so modern wie nur möglich zu gestal-
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 17.
ten. Es wäre uns allen sicher sehr erwünscht, wenn die Fahrzeuge der landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaften z. B. — die Viehverwertungsgenossenschaften spielen ja hier eine besonders große Rolle — in der Lage wären, das Vieh jeweils in der denkbar kürzesten Zeit auf den Markt zu transportieren, auf dem es wahrscheinlich den besten Preis erzielt, und das ist dann Werkfernverkehr. Ob es sich nun um den Viehhandel oder um die Genossenschaften handelt, es ist unserer Meinung nach nicht einzusehen, warum diese mögliche Rationalisierung durch den höheren Gebührensatz aufgehalten werden soll.
Was Fleisch und Fleischwaren angeht, so sind wir im Augenblick gerade wieder einmal in einer Debatte um die Spannen und die Kosten, hervorgerufen durch die Schweinepreise, die, wie Sie wissen, in der letzten Zeit sehr erheblich abgesunken sind. Wir halten es für absolut falsch, daß in diesem Augenblick sozusagen der Kostenrechnung ein neues Moment hinzugefügt wird. Wir möchten hier auch keinen Vorwand schaffen, der die Auseinandersetzung um die Relation zwischen Viehpreisen und Fleischpreisen beeinträchtigen könnte. Wir möchten deshalb auch für Fleisch und Fleischwaren den niedrigeren Satz haben.
Zum Schluß ein Wort zum Inlandsgetreide. Wir haben uns in unserer Getreidepolitik von jenem sehr unsympathischen System, in dem das Auslandsgetreide frachtfrei an die Mühlen geliefert wurde, zu dem viel besseren System durchgerungen, daß, abgesehen von einer verhältnismäßig kleinen Getreidemenge, die große Masse des Auslandsgetreides auf Kosten desjenigen, der es verarbeiten will, und nicht mehr zu Lasten des Steuerzahlers herangeführt werden muß. Das haben wir getan, um den Absatz des inländischen Getreides zu erleichtern, um die sogenannten toten Winkel auszuräumen und die Kosten zu vermeiden, die mit der Ausräumung dieser toten Winkel über die Einfuhr- und Vorratsstellen usw. früher verbunden waren. Die Mühlen, vor allen Dingen die mittleren Mühlen, die nicht an den Wasserstraßen liegen, sind darauf angewiesen, Inlandsgetreide zu verarbeiten, und sie führen dieses Inlandsgetreide nach jahrzehntelanger Übung vom Erzeuger oder von dem Lager der dörflichen Genossenschaften mit ihren Lkws in ihre Mühlen. Wir möchten deshalb auch hier weder einen neuen Vorwand für Kostensteigerung noch ein neues Handikap für die Mühlen haben, nachdem wir ihnen nun das von ihnen gewünschte Verfahren nicht gewähren konnten. Aus diesem Grunde bitten wir Sie auch für das Inlandsgetreide um den Satz von 1 Pfennig je Tonnenkilometer.
Es liegen hier noch eine Reihe von anderen Anträgen vor, die sich mit der gleichen Angelegenheit befassen, so z. B. der Antrag auf Umdruck 330, der eine Ausnahmegenehmigung für einen viel kleineren Kreis von Waren, eigentlich überhaupt nur für das, was im Ausschuß schon beschlossen worden ist, also unter Ausschluß dessen, um das wir Sie diese Liste zu erweitern bitten, nur dann gewähren will, wenn jeweils bei einer Fahrt nur die hier aufgeführten Güter befördert werden. Wir glauben, daß das Verfahren dadurch außerordentlich erschwert wird und daß es außerdem auch die Möglichkeiten einengt, die hier dem Werkfernverkehr belassen werden müssen, wenn er seine Aufgabe erfüllen soll. Das gleiche gilt für die Anträge. die sich mit einem bescheideneren Katalog begnügen wollen.
Wir sind der Meinung, daß wir Ihnen nichts für eine Ausnahmeregelung vorschlagen, was nicht durch die Natur der Sache absolut gerechtfertigt ist, und bitten Sie deshalb, unseren Antrag auf Umdruck 312 anzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk zu Umdruck 314*).
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe dem, was Kollege Kriedemann dargelegt hat, eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich darf deshalb nur einen Antrag begründen, und zwar den Antrag auf Umdruck 314, der verlangt, das Gemüse in die Liste der vergünstigt zu befördernden Güter aufzunehmen. Hier wurde eine Liste von Nahrungsgütern aufgestellt, die leicht verderblich sind, wie z. B. frische Fische, Obst, Obstprodukte usw. Es ist nicht einzusehen, daß dabei das frische inländische Gemüse unberücksichtigt bleiben soll. Sowohl vom Großhandel als auch vom Erzeuger selbst werden Obst und Gemüse meistens gemeinsam befördert, und ich glaube, daß hier auch unbedingt eine gemeinsame Einreihung notwendig ist.
Es wurde heute, wie auch Herr Kollege Kriedemann soeben erwähnte, noch eine weitere große Liste vorgelegt. Wir werden uns in Kürze, wenn das Landwirtschaftsgesetz in diesem Hause beraten wird, einmal darüber unterhalten müssen, ob Nahrungsgüter überhaupt noch auf irgendeine Weise verteuert werden dürfen, ob sie neue Belastungen ertragen können. Ich habe mich trotzdem nur auf diesen einen Punkt konzentriert und bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen. Dabei bitte ich auch zu beachten, daß es sich beim Gemüse wirklich um ein leicht verderbliches Nahrungsgut handelt, das mit dem LKW befördert werden muß, weil es eine andere Möglichkeit der Beförderung heute einfach nicht mehr gibt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schneider zu Umdruck 332.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bestreben, Ausnahmelisten recht umfangreich zu gestalten, liegt natürlich nahe und ist auch verständlich. Auf der anderen Seite ist hier gestern bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß gerade die Besteuerung im Werkfernverkehr ein Kernstück des Gesetzes überhaupt ist. Wenn das Gesetz in einem solchen Umfang durchlöchert wird, wie es sich hier anbahnt, dann können wir — um mit den Worten des Kollegen Schmidt zu sprechen — das Gesetz in den Eimer tun.
Wir sollten uns also unbedingt darauf beschränken, nur in den allernotwendigsten Fällen zu Ausnahmeregelungen zu kommen. Diese Fälle hat der Finanzausschuß des Bundestages in der Vorlage im großen und ganzen bereits zusammengestellt.
Zu dem Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 312 möchten meine Freunde die Ablehnung empfehlen. Sollte sich das Hohe Haus dazu nicht entschließen können, dann sollte man wenigstens über die beantragten Ausnahmen einzeln abstimmen. Ich möchte diesen Antrag hiermit stellen.
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 18.
Darüber hinaus möchte ich namens meiner Freunde allerdings noch den Antrag stellen, Tageszeitungen auszunehmen, und zwar aus folgendem Grunde: Gerade in den verkehrsungünstig gelegenen Gebieten besteht für die Presse keine andere Möglichkeit, als die Zeitungen unverzüglich mit eigenen Fahrzeugen abzufahren. In etwa sind die Zeitungen den Lebensmitteln gleichzusetzen, da auch sie nach wenigen Stunden verderben, d. h. praktisch nicht mehr brauchbar, nicht mehr aktuell sind.
— Jawohl, geistige Nahrung, Herr Kollege MüllerHermann! Darüber hinaus sind die Preise der Zeitungen bekanntlich so kalkuliert, daß eine Verteuerung im vorliegenden Falle unweigerlich dazu führen müßte, daß die Zeitungen schlechthin teurer werden. Ich bemerke dabei ausdrücklich, daß ich diesen Antrag auf Tageszeitungen beschränkt wissen möchte. Es kann sich also nicht um Rundfunkzeitschriften, die wöchentlich erscheinen, oder sonstige Wochenzeitungen handeln, sondern ausschließlich um täglich erscheinende Zeitungen.
Ich darf also abschließend beantragen, bezüglich des Umdrucks 312 eine Teilabstimmung über die von der SPD-Fraktion beantragten Ausnahmeregelungen vorzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher zum Umdruck 327*).
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen da vor einer etwas komplizierten Entscheidung, weil in den einzelnen Anträgen manche dieser Punkte sich etwas überschneiden und durcheinandergehen.
— Das stimmt wohl! Aber, Herr Kollege Kriedemann, seien Sie mir doch endlich einmal etwas freundlicher gesinnt! Sie sind hier auf einem falschen Weg. Was Sie da ausgeführt haben, das hat ja teilweise das geneigte Ohr von mir und meinen engeren Freunden gefunden. Darüber brauchen wir uns gar nicht zu streiten. Wenn hier über die einzelnen Nahrungspositionen abgestimmt wird — das können wir nicht verhindern, das ist ja nach der Geschäftsordnung möglich —, dann werden Sie sehen, daß ein Teil meiner Freunde diesen Positionen zustimmen wird.
Jetzt kommt aber die andere Frage: Nachdem Ihr Antrag der weitergehende ist, da er innerhalb des Westgebietes keine Grenze kennt, kommt natürlich ein zweiter Gesichtspunkt hinzu: Sie können mir glauben, auch ich möchte den Grundsatz vertreten, daß wir wenigstens das Wichtigste unter die Ausnahmebestimmungen bringen und zugleich vielleicht gewisse Abgrenzungen vornehmen. Wir wollen es also bei den Ausnahmen, die schon in den Ausschußverhandlungen genehmigt worden sind, belassen.
Ich habe auch Verständnis für die Tageszeitungen. Das ist eine Frage für sich, ist aber nicht so entscheidend. Für uns handelt es sich hier um die lebensnotwendigen Güter, Güter die zur Ernährung des Volkes erforderlich sind. Wir wollen hier unter keinen Umständen — darin folge ich Ihnen völlig, Herr Kollege Kriedemann — einen Vor-
*) Siehe Anlage 2. wand haben, daß bei wichtigen Nahrungsgütern Kostenerhöhungen vorgenommen werden. Das ist für die Versorgung der Bevölkerung entscheidend. Dabei blicke ich auch schon mit einem Auge auf das Paritätsgesetz der Landwirtschaft. Wenn wir hier Kostenänderungen vornehmen, dann tun wir uns später bei den Korrekturen, um die Gleichberechtigung der Landwirtschaft herzustellen, außerordentlich schwer. Das möchte ich vorausschicken. Deswegen ist es eine besonders wichtige Frage, die man nicht so mit einer Handbewegung abmachen kann.
Wir haben uns nun im Rahmen der CSU-Landesgruppe überlegt, wie man die Dinge ungefähr gestalten kann. Viele der Freunde der CSU, dankenswerterweise auch von der FDP, von allen Fraktionen, glaube ich, haben den Antrag ebenfalls unterschrieben.
Ich möchte mich jetzt einmal auf das Wesentliche beschränken.
— Meine Damen und Herren, ich wäre schon froh, wenn hier etwas mehr Ruhe herrschen würde. Denn wenn man hier solche Fragen erörtert, wird es einem bei dieser Unruhe verflucht schwer gemacht, die Dinge zur Darstellung zu bringen. Gerade auf den Gebieten, an denen die Herrschaften kein Interesse haben — das möchte ich einmal ganz allgemein für die einzelnen Gebiete sagen —, wird denen, die hier das fachmännische Wissen vertreten, die Arbeit durchaus erschwert.
Das muß einmal ausgesprochen werden. Deshalb bitte ich doch um mehr Gehör. Es handelt sich gerade bei solchen Beratungen auch darum, den Kollegen, die sich orientieren wollen, noch in letzter Minute eine gewisse Unterlage für ihre Abstimmung zu geben.
Wir haben uns hier also auf das Wesentlichste beschränkt. Wir haben erst einmal den Kreis herausgenommen, der zur Brotversorgung gehört. Darüber könnten wir uns ja miteinander verständigen. Das ist der Kreis, der sich gruppiert um die Aufnahme ides Brotgetreides, um die Abgabe des Mehls und die Versorgung der Landbevölkerung mit Mühlenprodukten. Hier ist der Lastwagenverkehr der Müllerei ganz selbständig herangewachsen und spielt vielfach eine ganz andere Rolle als etwa der Fernlastverkehr einzelner Werke. Hier handelt es sich gleichzeitig und Zug um Zug um die Versorgung der Bevölkerung in einem weiteren oder engeren Umkreis, um die Versorgung der Bäckereien mit Mehl. Hier wird die Ware hingefahren. Wir haben es nachgerechnet: die Nahzone von 50 km genügt nicht ganz, und deswegen meinen wir, wir sollen hier die Zone auf 100 km ausdehnen, so daß also die Ermäßigung auf 1 Pfennig bei einer Entfernung von 100 km eintritt. Damit hätten wir das Gröbste bei der Brotversorgung ausgeräumt. Das Ganze muß sich ja auf inländisches Brotgetreide beschränken. Wir haben das Futtergetreide nicht einbezogen, sondern gerade wegen der Brotversorgung der Bevölkerung nur das inländische Brotgetreide, damit in der Brotversorgung der Bevölkerung, in der Versorgung der Landwirtschaft mit den Mühlennachprodukten keine Verteuerung eintritt.
Das ist der eine Tatbestand. Ich könnte, wenn ich wollte, noch länger darüber reden; aber ich glaube, ich habe es genügend erläutert.
Der zweite Punkt ist - erschrecken Sie jetzt nicht! —, daß ich in dem Antrag hier, Herr Präsident, folgende Änderung vornehmen möchte: — —
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In welchem, Herr Abgeordneter?
In dem Antrag Umdruck 327. Er soll folgendermaßen lauten:
Bei der Beförderung von inländischem Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukten,
— Komma; das Wort „sowie" soll entfallen —
von Vieh in Spezialfahrzeugen sowie von Bier, — —
— Erschrecken Sie nicht!
Mein bayrisches Herz ist geradezu empört,
wenn ich da in der Ausschußfassung lese, daß Mineralbrunnen begünstigt sind und daß der Gesundbrunnen unseres Biers dabei außer Betracht gelassen ist.
Dabei ist die Sache so: Wir wollen auch hier keine übermäßige Ausdehnung, sondern wollen es auch hier auf die Zone von 100 km beschränkt wissen. Denn auch der Lastwagenverkehr mit Bier, darüber können wir uns einig sein, hat seine Besonderheiten, weil auch er die Kundschaft unmittelbar versorgt; die Lastwagen fahren überall hin. Mit der Bahn kann man die Versorgung der Bevölkerung gar nicht so durchführen. Das ist gewissermaßen historisch herausgewachsen. Was früher das Pferdefuhrwerk geleistet hat — die Bahn hat das auch früher nicht gemacht —, das macht jetzt das motorisierte Fuhrwerk, das die Bevölkerung mit dem notwendigen Stoff versorgt.
Schon aus Gründen der Gleichheit zwischen den alkoholfreien Getränken und dem Bier wäre es wünschenswert, dem Bier wenigstens eine kleine Berücksichtigung zuteil werden zu lassen und so den Verhältnissen Rechnung zu tragen.
Dann habe ich noch einen Punkt, über den wir uns auch einigen können: den Transport von Vieh in Spezialfahrzeugen. Bitte sehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will das erläutern. Wir sehen auf der Landstraße, wie der Transport von Vieh in Spezialfahrzeugen vor sich geht. Hier spielt der Nutz- und Zuchtviehverkehr eine sehr große Rolle. Man befördert die wertvolleren Tiere nicht gern mit der Bahn; die kommen auf diesen Viehspezialwägen durch die Lande. Das sieht jeder, der auf der Autobahn und auf den wichtigen Landstraßen fährt. Und außerdem hat sich herausgestellt, daß heute eine ganz andere Versorgung der Viehmärkte Platz greift, als das früher der Fall gewesen ist. Deswegen ist auch hier ein besonderer Verkehr herangewachsen, dem man in diesem Gesetz Rechnung tragen sollte.
— Ja; wir wollen aber die Begünstigung auf 100 km beschränken, Herr Kollege Kriedemann. Jetzt machen Sie mich auf etwas aufmerksam. Wenn ich das so anschaue, — glauben Sie mir:
ich bin nicht geneigt, immer nur den engsten Interessenten zu folgen. Ich betone ausdrücklich: den engsten Interessenten zu folgen. Nehmen wir einmal an, eine Mühle hat bei ihrem Geschäftsverkehr einen Radius von 50 km im Nahverkehr. Der ist sowieso frei.
— Ja, lassen Sie mich das erklären! Bei Vieh ist es ein Radius bis 100 km. Damit hat sich schon ein großer Teil der Kundschaft versorgt. Jetzt kommt aber hinzu: Die Versorgung innerhalb der 100-Kilometer-Zone genießt den verbilligten Satz. Wenn ein Unternehmen beispielsweise 100 Einheiten absetzt und 60 Einheiten im Umkreis der 100 km verfrachtet werden, dann beträgt die Belastung des Unternehmens, aufs Ganze gerechnet, nicht die 3 oder 4 oder 5 Pfennig, sondern hier ergibt sich eine Durchschnittsfracht, weil die Frachtentfernungen bei der Versorgung der Bevölkerung sehr unterschiedlich sind.
Bei unserm Antrag ist auch zu berücksichtigen, daß wir den beteiligten Kreisen sehr weitgehend entgegenkommen. Sie sehen, wir haben uns bemüht, die Dinge so zu gestalten, daß Sie mit freudigem Herzen zustimmen können. Hier geht es um die Versorgung der Bevölkerung und darum, den Verkehr funktionsfähig zu erhalten, der naturgemäß so heranwachsen mußte. Denn der Lastkraftwagen hat hier eine ganz andere Bedeutung als bei anderen Berufszweigen.
Ich bitte Sie daher, unserm Änderungsantrag Umdruck 327 die Zustimmung erteilen zu wollen. Wenn der Antrag der SPD in einer Reihe von Punkten nicht zur Annahme gelangt, wird das eine besondere Rolle spielen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bei der Fülle der Ausnahmeanträge das Gefühl, daß wir in eine Zangenwirkung kommen, während sich die Gesetzgebung bemüht, ein grundlegendes Ziel zu erreichen. Es beginnt nun beim Bier und endet bei den Tageszeitungen, und es geht über die Lebensmittelabteilung herüber. Ich wage dabei die Frage zu stellen: Was bleibt dann überhaupt noch übrig?
Es wird hier betont, die Notwendigkeit des Lkw-Einsatzes ließe sich nicht leugnen. Davon bin ich auch überzeugt. Ich möchte noch zur Unterstützung sagen, daß nach den Zahlen des Berlin-Verkehrs die überwiegende Menge der Güter nicht über die Schiene, sondern mit dem Lkw befördert wird. Je höher wir aber den Satz schrauben wollten — und jetzt erinnere ich Herrn Staatssekretär Hartmann an die Besprechungen im Finanzausschuß —, desto mehr Anträge auf Ausnahmen würden wir bekommen.
Ich habe deshalb — ich bin ja gestern hier sozusagen mit fliegenden Fahnen untergegangen — den Antrag gestellt, bei den 3 Pfennig zu bleiben. Schön, man will ja weiter. Aber im Ausschuß selbst, Herr Staatssekretär, kamen wir an die berühmte Klin-
gelgrenze, und es war der Gedanke aufgetaucht: bis zu welchem Pfennigsatz pro Tonnenkilometer — da bitte ich heute einmal den Punkt festzulegen — könnten wir gehen, um Ausnahmen zu vermeiden? Denn die Frage stellt sich jetzt weiterhin: wie weit kann die Finanzverwaltung, können die Kontrollorgane dann hier überhaupt noch mitkommen?
Das ist das Entscheidende dabei, und ich bitte die Finanzverwaltung, darauf hier eine klare Antwort zu geben. Ob wir nun den einen oder anderen Artikel der Lebensmittelabteilung des Warenhauses Soundso noch mit hereinnehmen oder nicht, ist eine andere Frage. Aber wie weit ist die Belastungsgrenze zu ziehen? Wie weit können wir ohne Ausnahmen auskommen? Wie weit könnten wir und müßten wir überhaupt Ausnahmen machen? Können wir die Ausnahmen mit Spezialfahrzeugen fassen? Das glaube ich nicht; das ist nämlich auch nur eine kalte Theorie. Wir haben gar nicht soviel Spezialfahrzeuge, um diese Kataloge überhaupt noch kontrollieren zu können.
Das Wort haben also nicht wir jetzt, sondern das Wort hätte jetzt für die Verwaltung und wegen der berühmten Klingelgrenze der Herr Bundesfinanzminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich gebe bekannt, daß der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht ab 10 Uhr im Zimmer 02 Süd tagt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich preise mich jeden Tag glücklich, daß ich Vertreter eines Wahlkreises bin, der nicht mit Abnormitäten ausgestattet ist,
der nicht im Schatten der Zonengrenze oder sonstwo liegt. In den zwanziger Jahren hat Georg Bernhard dem Zentrum einmal den Vorwurf gemacht, es ziehe bedenkliche Nahrung aus der Tatsache der Besetzung des Rheinlandes. Ich habe manchmal den Eindruck, daß manche Kollegen hier sehr bedenkliche Nahrung aus den Zuständen ziehen, die nun einmal durch die Besatzung, durch die Grenzziehung geschaffen worden sind. Ich persönlich jedenfalls freue mich und preise mich glücklich, so mittenmang in Westgermanien zu liegen.
Dazu noch ein Wort, und da darf ich die Ausführungen meines Kollegen Körner weiterführen. Es geht keine Versammlung eines Wirteverbandes, einer Handwerkerinnung, eines Bauernverbandes oder eines Industrieverbandes vorbei, wo nicht zum Schluß der Vorsitzende oder der Geschäftsführer des Verbandes, wenn er sonst nichts mehr zu sagen weiß, in den Ruf ausbricht: Verwaltungsvereinfachung tut uns not! Meine Damen und Herren, wir, die Gesetzgeber in diesem Hause, sind allmählich die schlimmsten Komplikateure der Verwaltung geworden
mit dieser ständig wachsenden Kasuistik in unserer Gesetzgebung, der Berücksichtigung beruflicher und regionaler Besonderheiten. Wer kann eigentlich noch in der Verwaltung durch diese Gesetzgebungen hindurchfinden? Ich glaube, die Menschen des gehobenen Dienstes, die in allen Verwaltungsbehörden das Rückgrat darstellen, können mit dieser Kasuistik, wie sie hier von Interessenverbänden eingeschmuggelt wird, nicht mehr durchkommen.
Ein weiterer Gesichtspunkt: Sind wir uns eigentlich darüber im klaren, daß wir mit der Diskriminierung ausländischer Erzeugnisse eine neue Form des Protektionismus schaffen? Nachdem die Devisenbewirtschaftung, diese besondere Form des Protektionismus, allmählich zu Ende geht, schaffen wir eine neue Form in der Verbrauchsbesteuerung. Was würden wir dazu sagen, wenn Holland z. B. in ähnlicher Weise unsere Waren durch eine besondere Besteuerung diskriminierte? Die Herren von der Grünen Front, denen ich mich durch mein Herkommen durchaus verbunden fühle, aber in deren Besoldung ich nicht stehe, sollten sich einmal auch über diese Dinge Rechenschaft geben.
Ich betone aber nochmals: es ist dringendes Erfordernis, daß wir etwas mehr darauf Rücksicht nehmen, wie die Verwaltungsbehörden einschließlich der polizeilichen Kontrollbehörden mit diesen Formen der Gesetzgebung noch fertig werden sollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bevor ich das Wort weiter gebe, rufe ich noch auf die Umdrucke 327 — Herr Horlacher hat ja schon dazu gesprochen —, 322, 328 und 332, weil sie sachlich in dieses Gebiet gehören.
Das Wort hat der Abgeordnete Schlick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wortmeldung des Herrn Kollegen Dr. Dresbach hat mich gefreut, nachdem sich in der vorausgegangenen Debatte doch vorwiegend Abgeordnete zu Wort gemeldet haben, die an den Ausschußberatungen dieses schwierigen Gesetzes nicht teilgenommen haben. Wir waren uns im Ausschuß darüber einig, möglichst wenig Ausnahmen zu machen, weil wir eben den von Herrn Dresbach herausgestellten Gesichtspunkt, daß die Ausnahmeregelung eine ungeheure Erschwerung nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für den Steuerschuldner mit sich bringen wird, geteilt haben. Wir bitten dringend — ich möchte das unterstreichen —, doch von diesen Wünschen unbedingt Abstand zu nehmen.
In der Flut der bereits eingegangenen Anträge, die weitere Ausnahmen entgegen den Beschlüssen des Ausschusses wünschen, befindet sich auch der „Ausnahmeantrag" — so möchte ich ihn bezeichnen — Umdruck 330, der nicht eine Erweiterung wünscht, sondern der eine Einschränkung bedeutet, die sowohl im Sinne des Steuerschuldners als auch der Verwaltung liegt. Wir haben mit Umdruck 330 beantragt, daß die Ausnahmesätze für Milch und Milcherzeugnisse, Frischfische, inländisches Obst und Obstsäfte aus inländischem Obst sowie Mineralbrunnen nur dann Gültigkeit haben sollen, wenn diese Waren jeweils nach ihrer Art getrennt befördert werden. Wer den echten Werk-
verkehr anerkennen will, der dürfte keine Hemmungen haben, diesem Umdruck 330 zuzustimmen. Es ist gestern davon gesprochen worden, daß der nichtechte Werkverkehr immerhin etwa bei 20 bis 25 °/o liegt. Ich darf wohl annehmen, daß ein Unternehmen, das im Werkverkehr Frischfische befördert und vertreibt, nicht daran interessiert ist, gleichzeitig etwa auch Milch oder Milcherzeugnisse zu transportieren.
Unter den Ausnahmeanträgen, die heute hier vorgebracht worden sind, befindet sich auch der unserer bayerischen Kollegen betreffend Bier. Wir haben doch im Ausschuß ausdrücklich gewünscht, daß alkoholische Getränke von dieser Ausnahmeregelung nicht betroffen werden sollen. Ich möchte unsere Freunde aus Bayern — ohne daß ich ihr bayerisches Herz, wie Herr Kollege Horlacher meinte, verletzen möchte — bitten, diesen Antrag zurückzuziehen, weil wir sonst in konsequenter Folge bei der dritten Beratung auch Ausnahmeanträge für eine Reihe anderer alkoholischer Getränke, z. B. Wein, auf den Tisch des Hauses bekommen werden. Ich möchte nicht hoffen, daß die Sache dann letztlich bei einem nichtalkoholischen Getränk, etwa Coca-Cola, endet.
Dann darf ich noch eines sagen. Wir beraten hier ein Verkehrsfinanzgesetz, und wir wollen doch in erster Linie Verkehrspolitik und nicht Wirtschaftspolitik machen. Man kann doch die Lage nicht so darstellen, als ob die Werke zu einem erheblichen Teil ihre Rentabilität auf den Werkverkehr aufgebaut hätten. So liegen doch die Dinge schließlich nicht.
Ich muß dringend bitten, daß wir endlich einmal mit diesen Ausnahmen aufhören. Ich habe mich gefreut, daß der Herr Kollege Schneider, der ja einem erheblichen Teil der Ausschußsitzungen beigewohnt hat, hier gegen die Ausnahmeregelungen plädierte. Aber dann hat er selber einen Ausnahmeantrag gestellt, indem er die Tageszeitungen hineinnahm, und so sind z. B. Vieh, Bier, Tageszeitungen und Gemüse noch hineingekommen. Ja, meine verehrten Zuhörer, man fragt sich dann mit Recht: warum beraten wir über Ausnahmen? Beschließen wir dann doch besser das, was wir noch mit dem Verkehrsfinanzgesetz treffen wollen. Sie haben eine derartige Fülle von Ausnahmeanträgen vorgelegt, daß man sich nicht mehr auskennt und daß, wenn dieses Gesetz so realisiert wird, wie die Ausnahmeanträge es wünschen, wir einen Verwaltungsapparat aufziehen müssen, der einen erheblichen Teil dessen, was das Verkehrsfinanzgesetz aufbringen soll und aufbringen wird, wieder absorbiert. Ich warne Sie also dringend vor diesen Ausnahmeregelungen und möchte Sie bitten, es bei dem Ausschußbeschluß hinsichtlich der Warengattungen, der Tarife und der Gebiete zu belassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordneter Donhauser zu Umdruck 322*).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Umdruck 322 wird ein Änderungsantrag gestellt, nach dem im Abs. 2 eine Ziffer 1 a eingefügt werden soll, derzufolge die gebrauchten Packmittel bei der Rückbeförderung zum Unternehmen nur mit einem halben Pfennig pro
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 19. Tonnenkilometer zu besteuern sind. Nun stellt sich heraus, daß in der Durchführungsverordnung zum Beförderungsteuergesetz bereits das halbe wirkliche Gewicht zugrunde gelegt ist. Ich ziehe daher den Änderungsantrag Umdruck 322 zurück. Die Antragsteller schließen sich dem Änderungsantrag Umdruck 328 an, den der Herr Kollege Krammig be gründen wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
— Danke schön!
— Kann verzichtet werden. — Bitte, Herr Abgeordneter Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bewundere meinen Freund Dresbach, daß er sich aus dem Kuchen, den wir hier im Parlament der Bevölkerung und uns selber zu bieten haben, immer die besten Rosinen heraussucht. Die Geschichte ist nämlich praktisch so: das Wort von der Verwaltungsvereinfachung begeistert alle Leute. Nur ist das, wenn es übertrieben wird, auch ein Standpunkt, der dann über die Verhältnisse hinausgeht. Ich bin der Meinung, daß man beides berücksichtigen muß, sowohl die Bedürfnisse der Wirtschaft wie auch die Bedürfnisse der Verwaltung.
Lassen Sie mich zu der Durchführung dieser Ausnahmepunkte folgendes sagen. Eine gewisse Kontrolle wird die Verwaltung auf diesem Gebiet, wenn die Anträge jetzt angenommen werden, immer ausüben müssen, weil ja der Zonennahverkehr da ist. Es muß festgestellt werden, was über den Zonennahverkehr hinausgeht. Wenn ich das schon feststelle, kann ich manches andere noch dazu feststellen lassen. Das muß man hier im Zusammenhang sehen und darf man nicht voneinander trennen.
Zur Abstimmung möchte ich sagen: Der Formulierung des Antrags Umdruck 330 „vorausgesetzt, daß jeweils bei einer Fahrt nur entweder die zu a, b, c oder d genannten Güter befördert werden" stimmen wir grundsätzlich zu. Wir können natürlich ein Durcheinander der Frachten nicht vertragen, weil sonst die Kontrolle auf diesem Gebiet unmöglich ist. Wenn dann von den anderen Anträgen, dem Antrag Ollenhauer oder dem Antrag, den ich im Auftrag meiner Freunde gestellt habe, oder anderen Anträgen, etwas angenommen wird und sobald die Ausnahmeliste insgesamt feststeht, müssen wir das sinngemäß redaktionell bis zur dritten Lesung in Ordnung 'bringen. Wir werden uns heute darüber schlüssig werden müssen, wie weit die Ausnahmeregelung gehen soll. Daß hier in den Transporten immer nur bestimmte Güter zusammengefaßt werden, halte ich für selbstverständlich. Nur müssen wir bei den Gütern manches zusammenfassen. Das kann ja dann bei der redaktionellen Änderung geschehen. Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukte gehören z. B. zusammen. Aber andere Dinge gehören nicht zusammen; ich kann Fische nicht mit anderen Dingen zusammen versenden. Das ergibt sich ganz von selber. Mit dieser Maßgabe werden wir nach meiner Überzeugung nachher in der Abstimmung vorgehen müssen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig zum Antrag Umdruck 328*).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck 328 wird beantragt, in § 12 Abs. 2 eine neue Ziffer 3 einzufügen. Dieser Antrag bedeutet nichts anderes als eine Klarstellung des Ausschußbeschlusses. Wir waren uns im Ausschuß einig darüber, daß gebrauchte Packmittel, die im Werkfernverkehr zum Unternehmer zurücktransportiert werden, einem ermäßigten Steuersatz unterliegen sollten, und zwar in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung des Beförderungsteuergesetzes, in der gesagt wird, daß dort das halbe Gewicht bei der Rückfracht in Ansatz gebracht wird. Wenn also in dem Antrag von „1 Pfennig je Tonnenkilometer" die Rede ist, dann bedeutet das, daß der Steuersatz 1 Pfennig beträgt, daß das halbe Gewicht als Besteuerungsgrundlage in Ansatz gebracht wird und daß somit die Rückfracht mit 1/2 Pfennig pro Tonnenkilometer besteuert wird. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen, weil er lediglich eine Klarstellung bedeutet.
Dann darf ich noch als Berichterstatter zu all den Anträgen, die hier zu Ziffer 2 gestellt worden sind, bemerken, daß alle Fragen 1m Ausschuß vorgetragen worden sind und daß der Ausschuß sich nicht hat entschließen können, einer Erweiterung der Liste zuzustimmen. Es bliebe also lediglich der Antrag auf Umdruck 330**) vom Ausschuß aus zur Annahme zu empfehlen, weil dort eine verwaltungsmäßige, auch schon im Ausschuß erörterte Einschränkung beabsichtigt ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte im Namen der Antragsteller den Antrag auf Umdruck 314 zurückziehen und dafür beantragen, in dem Umdruck 330 in Ziffer 1 Buchstabe c nach den Worten „inländischem Obst" die Worte „und Gemüse" einzufügen.
Ich gebe zu, daß wir vereinfachen müssen. Es ist auch richtig, Herr Kollege Dr. Dresbach,, daß das hier so durchgeführt werden sollte. Aber dann hätte man konsequent sein müssen und überhaupt keine Ausnahmeregelungen aufstellen dürfen.
Wenn man aber einige Warenarten hereinnimmt, kann man zwei zusammenhängende Begriffe wie Frischobst und Gemüse einfach nicht trennen. Ich bitte Sie deshalb, dieser einen Ausnahme zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem sachlichen Ausnahmegebiet jetzt nicht mehr vor. Da der Paragraph aber einheitlich ist, rufe ich jetzt auf Abs. 2 Ziffer 2, die die gebietlichen Ausnahmen berührt, dazu idie Umdrucke 329, 311, 333 und 310. Wer wünscht das Wort? — Zu Umdruck 310***) Abgeordneter Glüsing.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende Änderungsantrag auf Umdruck 310 hat eine Ergänzung
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 22. **) Siehe 73. Sitzung, Anlage 24. ***) Siehe 73. Sitzung, Anlage 15. des § 12 Abs. 2 Ziffer 2 zum Ziel und beinhaltet eine geringfügige Erweiterung des Katalogs der begünstigten Gebiete. Ich darf mir erlauben, dazu folgende Begründung zu geben. Die Auffassung, daß Schleswig-Holstein in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht schon längst den Platz eingenommen hat, den Ostpreußen im früheren Deutschen Reich hatte, ist nicht nur im Land SchleswigHolstein, sondern, ich hoffe, in der Bundesrepublik schon geläufig geworden. Aus dieser Erkenntnis haben auch die gesetzgebenden Körperschaften des Bundes die Folgerung gezogen und dementsprechende Beschlüsse gefaßt. So ist der weitaus größte Teil Schleswig-Holsteins in den Kreis der begünstigten Gebiete einbezogen worden. Bedauerlich und außerordentlich störend ist aber dabei, daß ein ganz schmaler Küstenstreifen an der Westküste Schleswig-Holsteins von diesen Begünstigungen ausgenommen wurde. Dieser schmale Küstenstreifen, der in gewissen Gebieten nur 10 bis 20 km tief ist und geographisch gesehen nur etwa ein Viertel oder ein Fünftel von Schleswig-Holstein ausmacht, ist in seiner Struktur außerordentlich schwach. Die jetzige Regelung hat in diesem schmalen Küstenstreifen zu schwerwiegenden Konkurrenzverschiebungen geführt. Die wenigen gewerblichen Betriebe, die in den Kleinstädten, von denen die größte nicht über 20 000 Einwohner hat, noch vorhanden sind, haben schon wegen der Marktferne, wegen der Verkehrsferne außerordentlich zu leiden und befinden sich in einem schweren Existenzkampf.
Bei der Eingliederung dieses Gebietes in den vorgelegten Katalog wird es meines Erachtens auch nicht den bei solchen Angelegenheiten immer so sehr gefürchteten Berufungsfall geben. Denn einmal können die Betriebe, die in diesem schmalen Küstenstreifen liegen, nicht nach der Nordsee hin ausweichen. Da wird man mit gutem Recht sagen: Ja, solche Möglichkeiten haben wir auch anderswo in der Bundesrepublik, an den natürlichen Grenzen und auch sonst noch an der Nordsee. Aber in diesem Gebiet des Westküste können einmal die Betriebe nicht nach der Nordsee hin ausweichen, und nach der anderen Seite treffen sie auf eine begünstigte Konkurrenz.
Ich möchte also betonen — und das scheint mir sehr entscheidend zu sein —, daß es bei der Einbeziehung dieses schmalen Küstenstreifens absolut nicht den berühmten Berufungsfall geben kann. Es ist wirklich eine einzigartige Lage, und die Startbedingungen in diesem Gebiet sind absolut ungleich. Es sollte uns doch allen miteinander sehr daran liegen, für die gesamte Wirtschaft Schleswig-Holsteins nach Möglichkeit die gleichen Startbedingungen zu erreichen.
Darf ich an Hand einiger Zahlen noch ganz kurz unterstreichen, wie sonst die Lage in diesem schmalen Küstenstreifen ist. Die Grundsteuer A hat hier z. B. die absolut höchsten Hebesätze in der Bundesrepublik, und trotzdem werden Sie in dieser Gegend kaum einen Gemeindehaushalt finden, der ausgeglichen ist. Wenn wir weiter berücksichtigen, daß infolge der ungleichen Startbedingungen manch ein Betriebsinhaber sich überlegt, ob er seinen Betrieb in andere Gebiete verlagern soll, dann ergibt sich daraus die Gefahr, daß das Gewerbesteueraufkommen noch geringer wird und die Verhältnisse für die einzelnen Gemeinden noch schwieriger werden.
Nun noch einige Worte zur Lage der Landwirtschaft, die hier besonders zu Hause ist. Sicher gibt
es in diesem Gebiet einige gute Marschengegenden; aber auch diese Gebiete leiden derzeit noch sehr stark darunter, daß die geplanten wasserwirtschaftlichen Maßnahmen leider noch nicht restlos durchgeführt werden konnten. Wir anerkennen auch hier die Hilfe, die in den letzten Jahren gerade für dieses Gebiet vom Bund gegeben wurde; es bleibt aber noch weiterhin viel zu tun übrig.
Ich darf weiter erwähnen, daß dieses Gebiet in den letzten zehn Jahren zeitweilig die höchsten Arbeitslosenzahlen des Bundesgebietes überhaupt hatte. Von nicht immer ganz wohlwollender Seite wird ab und zu behauptet, dieser schmale Küstenstreifen lebe im wesentlichen doch von einem lebhaften Bäderverkehr. Das trifft, wenn überhaupt, nur zum Teil für die Inseln zu, ist aber für die Wirtschaftskraft dieses Streifens absolut nicht entscheidend. Ich meine, hier müßten andere wirtschaftliche Faktoren zusammenfließen, und Sie haben bei der Abstimmung die Möglichkeit dazu, uns diese Chance zu geben.
Sie können unserem Antrag auch ohne Bedenken und ohne Beschwernis zustimmen, weil nach den mir zugegangenen Informationen der Minderertrag an Beförderungsteuer aus diesem Gebiet durch die Einbeziehung einen Betrag von 100- bis 150 000 DM ausmacht. Es handelt sich also hier mehr um die Bereinigung eines bisher geduldeten Schönheitsfehlers oder einer Ungerechtigkeit; diese Ungerechtigkeit soll in eine Gerechtigkeit verwandelt werden.
Abschließend darf ich sagen: Sie haben durch eine positive Stimmabgabe in unserem Sinn noch zugleich die Möglichkeit, eine symbolische Handlung vorzunehmen, indem Sie sich zu dem alten schleswig-holsteinischen Wahlspruch bekennen, daß Schleswig-Holstein nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich eine Einheit bleibt, es daher immer heißen muß „Schleswig-Holstein op ewig ungedeelt".
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Heye zu den Umdrucken 311*) und 329**).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 19. Ausschuß hat für bestimmte Gebiete eine Ermäßigung der Steuer vorgeschlagen. Wenn man sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt dazu versteht, Ausnahmeregelungen einzuführen, dann bitte ich, für das Nordseeküstengebiet — wie in dem vorliegenden Umdruck 311 beantragt wird —, die gleiche Regelung wie für das Zonenrandgebiet vorzusehen.
Zur Begründung führe ich an: Außer den mehr landwärts gelegenen großen Seehäfen ist das Küstengebiet im allgemeinen mit Verkehrsverbindungen unzureichend bedacht. Die wirtschaftlichen und industriellen Betriebe im Küstengrenzgebiet liegen meist abseits von den Industriezentren und den großen Landverkehrsadern. Sie müssen deshalb hohe Transportkosten aufwenden, um überhaupt mit der günstiger gelegenen Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn dieser Gesichtspunkt bei der Steuergesetzgebung nicht durch die Schaffung gleicher Startverhältnisse berücksichtigt wird,
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 16. **) Siehe 73. Sitzung, Anlage 23. werden Krisen in dem schon von Natur aus industriell benachteiligten Gebiet wie dem Küstengrenzgebiet nicht ausbleiben. Diese Krisen werden wahrscheinlich zunächst die neu angesiedelten Betriebe — oft Flüchtlingsbetriebe — erfassen.
Ich unterstreiche auch die gestern von meinem Parteifreund Müller-Hermann gemachten Ausführungen, daß eine Entballung der Industrie aus verschiedenen Gründen zweckmäßig und auch notwendig ist. Es wird heute immer wieder versucht, die früher industriell schwach besiedelten Grenzgebiete an der Küste durch neue Industrien zu beleben. Ich fürchte, daß eine Vernachlässigung der im Küstengebiet vorliegenden besonderen Bedingungen die Entballung erschwert. Weiterhin bin ich der Auffassung, daß für alle Orte und Betriebe in Küstennähe eine Seegrenze den Sektor des vom Landverkehr erfaßten Gebietes sehr viel schärfer einschränkt als eine Landgrenze.
Natürlich ist zuzugeben, daß auch im Küstengrenzgebiet die wirtschaftliche Situation unterschiedlich ist. Das gleiche trifft aber auch für das Zonenrandgebiet zu, wo wirtschaftlich sehr gesunde Gebiete, wie Wolfsburg und Schweinfurt, neben solchen Gebieten liegen, die auf eine Ausnahmebehandlung angewiesen sind. Dennoch werden alle diese Gebiete aus verschiedenen und anzuerkennenden Gründen unter dem Begriff Zonenrandgebiet zusammengefaßt und genießen alle die gleichen Vorteile.
Unter den gleichen Voraussetzungen wie für das Zonenrandgebiet wird deshalb für das Nordseeküstengebiet eine einheitliche Regelung vorgeschlagen. Auch im Küstengebiet befinden sich sehr unterschiedlich belastete Wirtschaftsgebiete. Ich nenne Wilhelmshaven, ein wirkliches Notstandsgebiet im nördlichen Raum der Bundesrepublik, dessen Wirtschaftsgrundlage durch die Auswirkung ,des Krieges völlig zerstört worden ist. Hier sind ganz erhebliche und heute noch nicht reparierbare Schäden entstanden. Neben Wilhelmshaven liegen aber im Küstengebiet ausgesprochene Sanierungsgebiete und Bezirke, deren Wirtschaftsgrundlage keineswegs besser ist als die mancher Gebiete, für die im Ausschußvorschlag eine Steuererleichterung vorgesehen ist.
Unter der Voraussetzung, daß — vielleicht mit Ausnahme Berlins und wirklicher Notstands- und Sanierungsgebiete — überhaupt Ausnahmen von der grundsätzlichen Regelung gemacht werden, bitte ich, dem Änderungsantrag auf Umdruck 311 zuzustimmen und das Küstengrenzgebiet der Nordsee schon aus Billigkeitsgründen genau so zu behandeln wie das Zonenrandgebiet und das in das Zonenrandgebiet eingegliederte Ostseeküstengebiet.
Herr Präsident, darf ich vielleicht den Antrag auf Umdruck 329 gleich mitbegründen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Umdruck 329 ist mit aufgerufen.
Ich bitte, im Auftrag meiner Kollegen Kortmann und Dr. Conring auch den Antrag Umdruck 329 begründen zu dürfen. Ich halte es durchaus für möglich, daß der Antrag Umdruck 311 aus grundsätzlichen Erwägungen — aber dann nicht allein, sondern zusammen mit allen anderen Ausnahmeregelungen — abgelehnt wird. Für diesen Fall bitte ich, daß wenigstens für die anerkannten Notstands- und Sanierungsgebiete an der Nordseeküste — die Worte „an der Nordseeküste" sind
in Umdruck 329 weggelassen; ich bitte, sie ergänzen zu dürfen — die Steuererleichterung gewährt wird. Ich bitte deshalb im Interesse dieser wenigen Gebiete, den Antrag Umdruck 329 für den Fall, daß der weitergehende Vorschlag auf Umdruck 311 zusammen mit anderen abgelehnt wird, anzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte den Abgeordneten, uns schriftlich heraufzugeben, was er noch abgeändert wissen will. Die Zahl der Änderungsanträge ist so groß, daß wir kaum so durchkommen, geschweige denn, wenn auch noch fortgesetzt mündlich abgeändert wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Brück zur Begründung des Antrags Umdruck 333*).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe allmählich etwas Furcht, hier überhaupt noch einen Wunsch vorzutragen, nachdem so viele Wünsche geäußert worden sind und allmählich fast nicht mehr zu übersehen ist, was nicht da drin wäre. Gestatten Sie mir trotzdem, daß ich Ihnen einen ganz bescheidenen Wunsch für ein Gebiet vortrage. Dieser Wunsch ist so bescheiden wie die Bevölkerung, die in diesem Gebiete wohnt.
Wenn im Ausschuß einige Ausnahmeregelungen für das Zonenrandgebiet, das Frachthilfegebiet und das Saarrandgebiet erarbeitet worden sind, so sind diese Ausnahmen wohl deshalb geschaffen worden, weil in diesen Gebieten Grenzveränderungen eingetreten sind, und zum zweiten, weil hier wirtschaftlich sehr arme Gebiete sind. Aber Grenzveränderungen sind nicht nur im Osten eingetreten, sondern Grenzveränderungen sind gegen den Willen der Bevölkerung leider auch im Westen eingetreten. Diese Gebiete im Westen an der luxemburgischen Grenze, beispielsweise der Kreis Bitburg, an der belgischen Grenze leider auch der Kreis Prüm, dann der Kreis Schleiden, der Kreis Monschau, auch der Kreis Aachen-Land, Geilenkirchen-Heinsberg, Kempen und Geldern, sind sowieso wirtschaftlich nicht gut dran und haben zum Teil auch sehr schlechte Eisenbahnverbindungen. Ich darf nur darauf hinweisen, daß beispielsweise im Kreise Bitburg mehrere Orte bis zu 30 km von der nächsten Bahnstation entfernt liegen, im Kreise Prüm über 20 km, im Kreise Schleiden ebenfalls und im Kreise Monschau sogar bis über 40 km, und zwar deshalb, weil die Vennbahn heute leider nicht mehr betrieben wind und dadurch werkehrlich immerhin erhebliche Schwierigkeiten eingetreten sind.
Bei der Festlegung der vom Ausschuß vorgesehenen Ausnahmen hat sicher der wirtschaftliche Gesichtspunkt eine Rolle gespielt. Nun also muß man das auch im Westen ganz deutlich sehen: diese Gebiete sind wirtschaftlich wirklich arm. Es gilt gerade da unten an der luxemburgisch-belgischen Grenze das Wort: „Viel Steine gab's und wenig Brot." Mit großer Liebe und Mühe sind dort kleine Industrien angesiedelt worden, um auch diese Gegend wirtschaftlich etwas zu heben. Da möchten wir doch darauf hinwirken, daß die Industrien da unten unter keinen Umständen wieder abwandern. Wir möchten dadurch insbesondere auch erreichen, daß die überschüssige Bevölkerung, daß diese wertvollen Arbeitskräfte in unserem Lande bleiben, daß sie nicht in die Nachbarländer gehen.
*) Siehe Anlage 4.
Deshalb darf ich Sie bitten, dem Antrag zuzustimmen, wonach in einer Entfernung von 15 km entlang der luxemburgisch-belgisch-holländischen Grenze, und zwar links des Rheins, die gleiche Ausnahme gelten soll, wie sie der Ausschuß für die übrigen Gebiete beschlossen hat.
Ich habe den Mut gehabt, Ihnen diese Bitte noch vorzutragen, weil es wirklich der bescheidenste Antrag ist, der hier hinsichtlich der Randgebiete eingebracht worden ist.
Ich darf noch einmal zusammenfassen. Unser Antrag bezweckt nur, die Abwanderung und die Stillegung der kleinen Industrien zu verhindern, zweitens den Überschuß an guten Arbeitskräften unbedingt dem Inland zu erhalten, und schließlich den Lebensstandard in diesen wirtschaftlich schwachen Gebieten auch weiterhin zu heben.
Deshalb bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie diesem bescheidensten Antrag zu.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, das Herr Kollege Glüsing aus Schleswig-Holstein vorgebracht hat, ist an sich sachlich berechtigt. Schleswig-Holstein ist als Ganzes ein Sanierungs- und Notstandsgebiet, und da ist nicht einzusehen, warum der schmale Küstenstreifen ausgenommen sein soll. Ob allerdings die Antragsteller ihr an sich richtiges Ziel jetzt mit den richtigen Mitteln verfolgt haben, das ist eine andere Frage. Die Probleme sind ja im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen erörtert worden, und es war ganz klar, daß eine Fülle von weiteren Anträgen hinzukommen würde, wie eben der letzte als „allerbescheidenst" bezeichnete Antrag eingebracht wurde. Zwischen diesem bescheidensten und den anderen etwas weniger bescheidenen Anträgen liegen aber sachlich sehr erhebliche Unterschiede. Diese Unterschiede hier zu prüfen und dem Plenum in der zweiten Lesung deutlich zu machen, ist ein außerordentlich schwieriges Unterfangen.
Auch meine Freunde hatten erwogen, in dieser Richtung vorstellig zu werden, allerdings unter der Voraussetzung, das interfraktionell zu tun, weil wir glauben, daß solche landsmannschaftliche Anliegen, wenn sie schon im Bundestag vorgebracht werden, nicht ohne Fühlungnahme mit den Kollegen aus den anderen Fraktionen vorgebracht werden sollten.
Wir sind aber zu dem Ergebnis gekommen, in der zweiten Beratung einen solchen Antrag nicht einzubringen, der ja nach den vorausgegangenen Ausschußberatungen und den nun zusätzlich gestellten Anträgen ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hat, obwohl ich persönlich, weil ich von der Richtigkeit der Sache überzeugt bin, ihm zustimmen werde.
Aber wie fragwürdig die Geschichte geworden ist, geht aus dem Antrag Umdruck 311 hervor, der die Grenze 60 km landeinwärts nehmen will. Das mag für einzelne Gebiete richtig sein, aber, Herr Kollege Conring, doch nicht generell. Sie können doch nicht sagen, daß Sie von der holländischen Grenze an ein Gebiet von 60 km landeinwärts ganz schematisch in diese Ausnahmeregelung hineinbringen wollen.
Zu Schleswig-Holstein sei noch gesagt, daß es weitgehend auch an der schleswig-holsteinischen Regierung liegt, wie weit die Westküste in Sanierungs-, Notstands- und Frachthilfegebiete einbezogen wird. Erinnern Sie sich an die Bemühungen des Bundesverkehrsministers Seebohm. Er hat sich wirklich bemüht, aber man konnte schließlich nicht von ihm verlangen, daß er schleswig-holsteinischer als Lübke sei. Infolgedessen sind diese Dinge so nicht zurechtgekommen.
Weil es sich um sehr komplizierte Dinge handelt, die man im Plenum ohne eingehende Vorbereitung nicht behandeln kann, bin ich der Meinung, daß man diese Anträge, nachdem sie vorher nicht genügend durchberaten sind, insbesondere den Antrag Umdruck 310 — der Antrag Umdruck 311 ist zu schwierig —, aber auch noch den Antrag Umdruck 329 der Regierung als Material überweisen sollte. Die Regierung ist dann durchaus in der Lage, den Gebieten zu helfen, bei denen es notwendig ist.
Ich beantrage also ersatzweise, bei Ablehnung der Anträge Umdrucke 310 und 329, diese Anträge der Bundesregierung als Material zu überweisen, damit der Bundesfinanzminister im Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsminister prüfen kann, welche Erleichterungen diesen Gebieten gewährt werden sollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Finanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von den Herren Vorrednern, die ich gehört habe, hat mich am meisten überzeugt der Herr Kollege Dresbach.
Er hat nach meiner Überzeugung das ausgesprochen, was ausgesprochen werden mußte, nämlich: Wenn ich ein Beispiel haben will, wie Gesetze nicht gemacht werden dürfen, dann sind diese Ausnahmeanträge in ihrer Summe ein klassisches Beispiel dafür.
— Meine Herren, entschuldigen Sie! Ich hätte fast einen boshaften Wunsch. Wenn ich an Seelenwanderung glauben würde, dann würde ich wünschen, daß alle diejenigen, die diese Ausnahmeanträge stellen, im nächsten Leben in einem Finanzamt Sachbearbeiter für Beförderungssteuer werden und die Anträge zu vollziehen haben.
Aber nun, meine Herren, etwas zur Sache. Ich habe gerade jetzt immer gehört: Man muß „Gebieten" helfen, indem man dem Werkfernverkehr eine steuerliche Entlastung gibt. Lassen Sie mich einmal offen etwas aussprechen: Es gibt einen großen Teil des Werkfernverkehrs, der überhaupt nicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen, sondern rein aus steuerwirtschaftlichen Gründen entstanden ist.
Rechnen Sie doch die Dinge nur nach! Ein großer Betrieb schafft sich aus den Gewinnen, die er hat, einen Lastkraftwagenpark an. Er weiß genau, daß dieser Lastkraftwagenpark Verluste bringt, daß man mit der Eisenbahn das Geschäft vielleicht besser machen würde. Aber er will Verluste haben, weil er mit den Verlusten die Gewinne aus seinem übrigen Betrieb, die ihm zu groß werden, ermäßigen und damit seine Steuer ermäßigen kann.
Meine Herren, solche Fälle gibt es! Gerade deshalb habe ich früher einmal daran gedacht, ob
es nicht möglich wäre, steuerrechtlich zu erreichen, daß alle diese Werkfernverkehrsunternehmen, die doch eigentlich Unternehmen sind,
als eigene juristische Person aufgezogen und damit steuerlich eigens, getrennt von den übrigen
Betrieben, zur Veranlagung herangezogen werden.
Ich glaube, das wäre ein Weg, wenn er rechtlich durchführbar wäre
— ich habe den rechtlichen Weg nicht gefunden —, um den Mißwuchs, der auf diesem Gebiet entstanden ist, abzudämmen. Und, meine Damen und Herren, um den Mißwuchs geht es.
Wenn ich jetzt das erste Beispiel nehme und über die Anträge auf Ausnahmen für bestimmte Gebiete rede, — meine Damen und Herren, wenn ich mir jetzt eine deutsche Landkarte vorstelle und wenn ich auf diese deutsche Landkarte alle die Gebiete einzeichne, für die Ausnahmen beantragt sind, dann frage ich zunächst: Was bleibt dann von Westdeutschland eigentlich übrig?
— Nun, ich habe noch auf solche gewartet. Da von Notstandsgebieten die Rede ist: ich habe als Schulkind z. B. gelernt, daß der Jura ein ausgesprochenes Notstandsgebiet ist, daß die Rhön ein ausgesprochenes Notstandsgebiet ist, daß Spessart und Eifel ausgesprochene Notstandsgebiete sind.
Wir wissen alle, daß der liebe Gott diesen Gebieten härtere Böden gegeben hat als anderen, besseren Gebieten. Und jetzt möchte ich fragen: Können mir die Antragsteller überhaupt sagen, ob es in unserer Gesetzgebung den Begriff „anerkannte Notstandsgebiete" gibt? Es gibt ja diesen Begriff gar nicht. Es gibt den Begriff „Zonenrandgebiet", und es gibt den Begriff „Frachthilfegebiet", aber die übrigen Begriffe gibt es gar nicht. Gesetze, Anträge, die mit Begriffen arbeiten, die in der Gesetzgebung noch gar nicht existieren, sind an sich unvollziehbar.
Und nun darf ich doch einmal offen sagen: Was hat das an sich mit dem Gebiet zu tun? Die Besteuerung des Werkfernverkehrs ist ein Vorteil oder ein Nachteil — je nachdem — eines einzelnen Betriebs. Ich kann mir ein Notstandsgebiet vorstellen, in dem ein sehr gewinnbringendes Unternehmen mit einem recht großen Werkfernverkehr vorhanden ist. Ich möchte es fast als Regel aufstellen: Je größer der Werkfernverkehr eines Betriebes ist, um so gewinnbringender wird vermutlich das Unternehmen sein.
— Helfe ich also dem „Gebiet", helfe ich etwa
dem „Mittelstand"? Meine Überzeugung ist eine
gegenteilige: Ich will Mittelstandspolitik in dem
Sinne treiben, daß diese Transporte auf den gewerblichen Fernverkehr übergehen. Ich würde es als Mittelstandspolitik werten, daß, sagen wir, z. B. die große Brauerei nicht steuerliche Begünstigung für Betriebsarten erhält, die sich die kleine Brauerei einfach nicht leisten kann.
Die Mittelstandspolitik besteht doch nicht darin, daß ich diejenigen bevorzuge, die ein großes Unternehmen haben und sich mit dem Großunternehmen besondere Betriebsarten leisten können. Das hat doch mit Mittelstandspolitik gar nichts zu tun.
Deshalb habe ich schon im Ausschuß überhaupt Bedenken gegen gebietliche Ausnahmen geäußert. Wenn aber jetzt noch jeder meint, er würde in seiner Heimat einen Vorwurf erhalten, wenn er nicht auf die spezielle Notlage seines Heimatbezirks hingewiesen und infolgedessen hier einen Antrag gestellt hätte, dann muß ich sagen: dann wird das ganze Gesetz unvollziehbar, und es bleibt wirklich nur ein Restdeutschland von dem Westdeutschland für die normale Gesetzgebung übrig. Ich bitte also, alle die Anträge, auch soweit sie sich auf Schleswig-Holstein beziehen — ich habe ein Herz für Schleswig-Holstein —, abzulehnen. Es läßt sich ja gar nicht abgrenzen. Das östliche Schleswig-Holstein ist ohnehin begünstigt, weil es Zonenrandgebiet bzw. Frachthilferaum ist. Das westliche mag vielleicht deswegen mit etwas Neid auf das östliche sehen. Aber das ist kein Grund für den Gesetzgeber, zumal das westliche Schleswig-Holstein meiner Unterrichtung nach ausgezeichnete Bahnverbindungen hat. Außerdem würde sich dadurch der Zustand ergeben, daß ich praktisch damit ein ganzes Land von einer besonderen Steuer ausnehme. Warum die „Küste" deswegen, weil sie Küste ist, einen Anspruch darauf haben soll, hier Ausnahmen zu erhalten, ist mir überhaupt nicht recht verständlich und scheint mir der inneren Logik zu entbehren. Infolgedessen würde ich bitten, unter keinen Umständen über das, was der Ausschuß hinsichtlich der gebietlichen Bevorzugung beschlossen hat, hinauszugehen und alle diese Anträge abzulehnen.
Was nun die sachlich en Ausnahmen betrifft, so muten Sie der Verwaltung etwas völlig Unmögliches zu, wenn Sie verlangen, daß sie nachprüft und überwacht, ob die Transporte sich auf die und die Artikel bezogen haben. Dann müßten Sie mindestens anordnen, wie es im Antrag Umdruck 330 vorgesehen ist, daß nur in den Fällen eine Steuerbegünstigung in Frage kommt, in denen der Transport sich ausschließlich auf eine begünstigte Ware erstreckt. Sonst ist jede Überwachung praktisch unmöglich.
Es wäre überhaupt von Anfang an richtig gewesen, wenn man eine Begünstigung will, sie auf die Fälle zu beschränken, in denen irgendeine Ware in Spezialfahrzeugen befördert wird und befördert werden muß,
wie es z. B. bei Milch usw. der Fall ist. Das hätte einen inneren Sinn. Aber all das andere geht über das Vernünftige, Zweckmäßige weit hinaus und erschwert der Verwaltung die Arbeit so, daß sie praktisch undurchführbar ist. Meine Damen und Herren, wenn wir Gesetze machen, die wegen ihrer Ausnahmen zum Mißbrauch und zum Betrug
förmlich aufreizen, haben wir, auch was die
Steuermoral betrifft, keine gute Arbeit geleistet.
.
Ich würde deshalb dringend bitten, diese Ausnahmen möglichst einzuschränken und sich etwa im Rahmen dessen zu halten, was der Ausschußbeschluß vorschlägt; vielleicht mit dem Antrag Umdruck 330, der in gewissem Sinne eine Verbesserung des Ausschußbeschlusses darstellt. Aber ich darf einen Vorbehalt für die dritte Lesung machen. Wir haben auch in diesen Anträgen immer den Begriff „inländisches" Obst und „inländische" Erzeugnisse. Sie wissen, daß die ganzen Verhandlungen, die heute auf handelspolitischem Gebiet sowohl in den europäischen Ländern wie weit darüber hinaus im Weltrahmen stattfinden, grundsätzlich immer davon ausgehen, daß alle Diskriminierungen zwischen inländischer und ausländischer Ware auf steuerlichem und auf sonstigem Gebiet vermieden werden sollen.
Es wäre hier kein Verstoß gegen die Gesetzgebung, weil eine ausdrückliche Vorschrift nicht besteht; aber dem Geist des internationalen Verkehrs entspricht es nicht, in der Steuer zwischen inländischer und ausländischer Ware zu unterscheiden. Ich bin mir ganz genau bewußt, daß, wenn ich das betone, das Interesse an der Steuerbegünstigung, sagen wir einmal, nicht mehr so stark sein wird, weil man ja auf diesen Gebieten die Einfuhr und Durchfuhr ausländischer Waren nicht gefördert sehen will. Aber ich muß auf die Schwierigkeit hinweisen und würde deshalb bitten, wenn man sich heute für die Fassung des Ausschusses und des Antrags Umdruck 330 entschließt, sich zwischen zweiter und dritter Lesung noch einmal zu überlegen, ob das Wort „inländisch" bleiben kann oder ob wir einen anderen Begriff dafür finden müssen.
Also, meine Damen und Herren, ich wäre sehr erfreut, wenn die Ausnahmen wirklich eine Ausnahme, d. h. zahlenmäßig klein, bleiben und nicht über den Rahmen der Ausschußfassung hinausgehen würden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach diesem Appell des Herrn Bundesfinanzministers an die Vernunft des Hauses möchte ich den Antrag stellen, über die vorliegenden Änderungsanträge — außer Umdruck 330 — hinwegzugehen und die Ausschußvorlage wiederherzustellen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Prinzip kann ich den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers zustimmen. Aber, Herr Bundesfinanzminister, meine Anfrage ist nicht beantwortet. Die Frage lautete: Wo liegt die „Klingelgrenze" der Belastung, und ab wann beginnt der große Druck dieser Ausnahmegenehmi-
gongen? Das war das, was wir ja im Ausschuß als den springenden Punkt bezeichneten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich wollte Ihrer Anfrage nicht ausweichen.
Verzeihen Sie, wenn ich sie nicht ausdrücklich beantwortet habe. Inhaltlich habe ich sie eigentlich beantwortet. Zunächst einmal darf ich feststellen, daß über die Höhe der Besteuerung des Werkverkehrs ja in zweiter Lesung schon abgestimmt ist und infolgedessen eine Änderung an sich nur in der dritten Lesung möglich wäre. Ich hatte mich hier nur über die Ausnahmeanträge zu äußern. Aber, Herr Kollege, wenn ich die Überzeugung gehabt hätte, daß bei einem Satz von drei, vier Pfennigen überhaupt kein Ausnahmeantrag gestellt würde und daß das der Preis ist, um den man einen niederen Satz sozusagen konzediert, dann wäre darüber vielleicht einmal zu reden gewesen. Aber obwohl über drei Pfennig praktisch debattiert worden ist, sind die Ausnahmeanträge doch gekommen. Und wenn ein Ausnahmeantrag kommt, ist es psychologisch ganz notwendig, daß Dutzende von Ausnahmeanträgen nachkommen.
Deshalb habe ich Ihnen ,erwidert — ich erinnere daran —, daß ein Teil des Werkfernverkehrs, insbesondere der Mißwuchs des Fernverkehrs nicht aus betriebswirtschaftlichen, sondern aus rein steuerlichen Überlegungen geboren worden ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe die Beratung zu dem aufgerufenen § 12 in seiner Gesamtheit.
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der weitestgehende Antrag ist der des Herrn Schneider. Ich halte es geschäftsordnungsmäßig für durchaus zulässig, über ihn, und zwar zuerst über ihn, abzustimmen, d. h. über den Antrag, alle Anträge bis ,auf Umdruck 330 abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte das eben vorgeschlagene Verfahren, d. h. den Antrag des Kollegen Schneider, für geschäftsordnungsmäßig unmöglich. Es liegt eine Reihe von Anträgen vor. Über diese Anträge muß abgestimmt werden. Wenn jemand den Antrag stellt, die Anträge abzulehnen, so kann er dies selbstverständlich; aber das heißt doch nicht, daß jetzt alle Anträge en bloc abgestimmt werden können. Ich halte, wenn ich mir diese Bemerkung gestatten darf, nur ein Verfahren für möglich, Herr Präsident, nämlich daß Sie über die vorgeschlagenen Einfügungen in die Liste zu Abs. 2 Ziffer 1 einzeln abstimmen lassen, wobei wir natürlich über die Dinge, über die Einigkeit besteht und die schon vom Ausschuß beschlossen worden sind, nicht mehr abzustimmen brauchen. Die streitige Liste beginnt also praktisch mit dem inländischen Gemüse in dem Änderungsantrag Umdruck 312.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Abgeordneten Schneider , damit wir uns nicht mißverstehen, noch einmal: Mit Ihrem Antrag, alle anderen Änderungsanträge — so haben Sie formuliert — zu diesem engen Sachgebiet, was die gebietlichen und die sachlichen Ausnahmen anbelangt, abzulehnen, wollten Sie doch sagen, daß über keine anderen Änderungsanträge, die noch vorliegen, abgestimmt werden soll?
— Mit Ausnahme des Umdrucks 330.
— Und 328. Also bleibt 328?
— Das heißt zu deutsch: der Abgeordnete Schneider stellt im Sinne des § 29 der Geschäftsordnung bezüglich aller anderen Umdrucke den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung.
Diesen Antrag zu stellen ist jederzeit möglich. § 29 lautet:
Der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung kann jederzeit bis zur Abstimmung gestellt werden und bedarf keiner Unterstützung. Wird ihm widersprochen, so ist vor der Abstimmung ein Redner für und ein Redner gegen den Antrag zu hören
Ich denke, es ist schon dafür und dagegen gesprochen worden. — Andernfalls erteile ich noch einmal das Wort für einen Redner dafür und für einen dagegen. — Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Seuffert als Gegenredner.
Nachdem der Herr Präsident soeben auf § 29 der Geschäftsordnung Bezug genommen hat, möchte ich sagen, daß ich es nicht nur für neu, sondern auch für falsch und unzulässig halte, etwas Derartiges in einer zweiten Lesung einzuführen. Über Anträge in der zweiten Beratung muß abgestimmt werden, und man kann nicht en bloc über solche Anträge zur Tagesordnung übergehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erlaube mir, anderer Meinung zu sein, Herr Abgeordneter. Ich erinnere an den Fall des Kindergeldgesetzes, wo meine Fraktion nicht nur einen Änderungsantrag gestellt, sondern einen kompletten Initiativgesetzentwurf vorgelegt hatte, und selbst über diesen kompletten Initiativgesetzentwurf ist das Haus auf Antrag damals zur Tagesordnung übergegangen.
— Auch in der zweiten Lesung! Ich bitte das im Protokoll nachzuprüfen. Ich will mich darüber nicht verbreitern, aber das ist das Faktum. Der
Herr Präsident hat damals so entschieden. Deshalb bin ich der Meinung, daß der Antrag Schneider nicht gegen Geist und Sinn des § 29 der Geschäftsordnung verstößt, und da er der weitestgehende ist, im übrigen auch über Anträge auf Übergang zur Tagesordnung vor allen Änderungsanträgen abzustimmen ist, halte ich mich an die Geschäftsordnung, wenn ich diesen Antrag Schneider (Bremerhaven) über alle Änderungsanträge, sowohl sachlicher wie gebietlicher Art, zur Tagesordnung überzugehen, jetzt abstimmen lasse, mit Ausnahme der Umdrucke 328 und 330. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Wir sind uns nicht einig; wir müssen auszählen.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: mit Ja haben gestimmt 176, mit Nein 209, enthalten haben sich 4. Damit ist der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Sachabstimmung über die einzelnen Umdrucke. Sie werden ja mit mir verstehen, daß es nicht ganz einfach ist, da durchzukommen. Ich bitte das Haus, mir dann vielleicht etwas behilflich zu sein.
Der weitestgehende Antrag scheint mir Umdruck 312 der Fraktion der SPD zu sein.
- Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin schon zur Abstimmung angeregt und möchte das beantragen, über die einzelnen Punkte des Antrags Umdruck 312, die nicht in der Ausschußfassung bereits enthalten sind, also von „inländischem Gemüse" ab, einzeln abzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf dem Hause bekanntgeben, daß der gleiche Antrag heute morgen schon von dem Abgeordneten Schneider gestellt worden war. Ich wäre also schon gehalten gewesen, so zu verfahren. Es ist selbstverständlich, daß wir über das, was der Ausschuß schon vereinbart hat und mit dem alle einverstanden sind, nicht noch einmal abzustimmen brauchen.
Ich beginne also mit der Abstimmung über Umdruck 312*) mit den zusätzlichen Sachausnahmen, und zwar Gegenstand nach Gegenstand. Ich unterstelle das Einverständnis des Hauses.
Wer dafür ist, daß in die Ausnahmeliste auch .,inländisches Gemüse" aufgenommen wird, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit, dem Antrag ist stattgegeben.
Ich komme zu „Nahrungsfetten". Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 17.
Schlachtvieh! Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Fleisch und Fleischwaren! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt.
Inlandgetreide! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt.
Damit ist der Antrag auf Umdruck 312 insoweit abgelehnt. Aus ihm ist nur „inländisches Gemüse" übernommen, so daß ich vorschlage, daß wir das in die Ausnahmeliste des Antrags auf Umdruck 330, den wir hernach bekommen, noch einfügen. Das deckt sich dann auch mit einem bereits gestellten Antrag des Abgeordneten Mauk. — Der Antrag Umdruck 314*) ist zurückgezogen, 325**) ebenfalls.
Ich lasse jetzt zuerst abstimmen über den Antrag Horlacher auf Umdruck 327***).
— Der Antrag Umdruck 332 kommt dann noch; ich will ihn vor den Antrag Umdruck 330 nehmen, weil er diesen dann umgestalten würde.
— Der Antrag Horlacher ist ergänzt; ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, daß hinter den Worten „Mehl und Mühlennachprodukten" eingeschaltet werden soll „sowie von Bier". — Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, auch bei diesem Antrag über die einzelnen Produkte, die genannt sind, einzeln abstimmen zu wollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich weiß nicht, ob das sehr klug ist, Herr Abgeordneter Seuffert. Denn hier wird ja nicht nur eine Sachregisterausnahme aufgestellt. sondern diese Ausnahme soll in Verbindung mit einer Entfernungsbegrenzung vorgesehen werden. Das ist natürlich etwas vollständig anderes.
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob es mir jetzt gefällt oder nicht, ich halte mich an die Geschäftsordnung. Wenn einer nach der Geschäftsordnung beantragt, daß über einzelne Punkte abgestimmt wird, wird getrennt abgestimmt. Bei den drei Punkten, um die es sich handelt, gehören natürlich inländisches Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukte zusammen. Das ist ein Punkt. Der zweite Punkt ist Bier, und der dritte Punkt ist das Vieh. Bei allen diesen Punkten sind die 100 Kilometer unterstellt. Ich bitte dann, so abzustimmen.
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 18. **) Siehe 73. Sitzung, Anlage 21. ***) Siehe Anlage 2.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir stimmen in der Weise ab, wie es jetzt beantragt ist. Ich rufe also auf Beförderung von inländischem Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukten.
— Der Antragsteller hat ausdrücklich gesagt, daß er darüber das als einen Sachinbegriff abgestimmt wissen will. Ich stelle also zur Abstimmung Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukte. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Ich rufe auf die Worte „sowie von Bier". Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
Mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Nun die Worte „von Vieh in Spezialfahrzeugen". Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Dann brauche ich ja wohl, da ein Sachinhalt von Beförderungsgütern nicht übriggeblieben ist, über die Weite der Beförderungsstrecke nicht mehr abstimmen zu lassen. Damit ist der Umdruck 327 erledigt.
Es bleibt jetzt abzustimmen über Umdruck 328, nach dem in § 12 Abs. 2 folgende Ziffer 3 eingefügt werden soll:
3. bei der Beförderung von gebrauchten Packmitteln, soweit sie zurück zum Unternehmer befördert werden, auf 1 Pfennig je Tonnenkilometer.
Wer diesem Antrag auf Umdruck 328 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei, wie ich sehe, einer oder zwei Enthaltungen angenommen.
Dann komme ich jetzt zur Abstimmung — weil das vorausgehen muß — über den Antrag auf Umdruck 332, wo noch eine Sachausnahme, nämlich für Tageszeitungen gewünscht wird. Wer dem Antrag auf Umdruck 332 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Dann komme ich zu Umdruck 330*) als der abschließenden Abstimmung zu diesem Gebiet und kann unterstellen, daß jetzt hinter „inländischem Obst" durch die vorherige Abstimmung „inländischem Gemüse" mit eingefügt ist. Wer dem Antrag auf Umdruck 330 in dieser veränderten Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Umdruck 330 ist angenommen.
Ich lasse jetzt abstimmen über die gebietlichen Ausnahmeanträge, wie sie hier vorliegen.
Umdruck 310**). — Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; ist abgelehnt.
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 24. *0) Siehe 73. Sitzung, Anlage 15.
Ich rufe auf Umdruck 311***). — Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe jetzt auf Umdruck 329****) weil er gegenüber dem Umdruck 311 ein einschränkender Antrag ist. Der Antragsteller hat ihn noch dadurch verändert, daß er beantragt hat, unter Buchstabe a hinter die Worte „Notstands- und Sanierungsgebieten" „an der Nordseeküste" einzufügen. Wer dem Antrag auf Umdruck 329 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Umdruck 333*) auf. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Nun liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Professor Gülich vor, die beiden Anträge auf den Umdrucken 310 und 329, wenn sie hier im Verfahren abgelehnt werden sollten, vorsorglich der Bundesregierung als Material zu überweisen, um
die Sachanliegen dort nachprüfen zu können. Wer
diesem Antrag des Abgeordneten Gülich zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Meine Damen und Herren, dann kommen wir zur Abstimmung über § 12 mit den Änderungen, die eben beschlossen worden sind. Wer dem § 12 in dieser Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung verabschiedet.
Ich rufe Ziffer 7 des Gesetzes auf, § 24, dann die Art. 2, 3. — Hier mache ich darauf aufmerksam, daß in Art. 3 Abs. 1 Ziffer 2 vom Ausschuß eine redaktionelle Verdeutlichung vorgeschlagen wird, indem nämlich hinter dem Wort „Härtefällen" die Worte „insbesondere in verkehrsfernen Gebieten" eingefügt werden sollen, so daß es jetzt heißt:
. . . der Besteuerung und zur Beseitigung von
Unbilligkeiten in Härtefällen, insbesondere in
verkehrsfernen Gebieten, erforderlich ist, . . .
Ich rufe Art. 4 in der Fassung des Ausschusses auf. Wer diesen soeben aufgerufenen Paragraphen und Artikeln zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit verabschiedet.
Wir kommen nunmehr zu einem anderen Teil des Gesetzes, und zwar zu Abschnitt III, Änderung des Mineralölsteuergesetzes. Ich rufe Art. 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 315**) vor. Soll er begründet werden? — Bitte, Herr Abgeordneter Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Umdruck 315 enthält eine ganze Menge Zahlen, aus denen nicht ohne weiteres der Zweck des Antrages zu ersehen ist. Mit dem Antrag soll erreicht werden, den Dieselkraftstoff nicht in der vollen Höhe von 10 Pf, sondern nur mit 8 Pf. zu besteuern ***) Siehe 73. Sitzung, Anlage 16.
****) Siehe 73. Sitzung, Anlage 23.
*) Siehe Anlage 4.
**) Siehe Anlage 6.
und dafür die Benzinsteuer um weitere 2 Pf zu erhöhen. Anstatt also beim Dieselkraftstoff 10 Pf nach ,dem Ausschußantrag nunmehr nur 8 Pf, und beim Vergaserkraftstoff anstatt 2 Pf nunmehr 4 Pf.
Für viele, die diesen Gesetzentwurf, wie er vom Ausschuß zurückgekommen ist, gesehen haben, ist es unverständlich, daß man die ganze Belastung dem Dieselkraftstoff zuschiebt.
Sie wissen, daß insbesondere die Wirtschaft im Lastkraftwagenverkehr heute nur mit Dieselkraftwagen fahren kann. Die im Gesetz vorgesehenen Änderungen der Kraftfahrzeugsteuer für die Lkws erhöhen bei den schweren Lastwagen die Steuer auf das Zwei- bis Dreifache. Darüber hinaus muß nach Erhöhung des Beförderungsteuersatzes für den Tonnenkilometer auf 3 Pf für den Werkfernverkehr nunmehr das Dreifache bezahlt werden. Ich glaube, es wäre nicht mehr als recht und billig, wenn man beim Dieselkraftstoff wenigstens einigermaßen einen Ausgleich durchführte. Auch diese Erhöhung würde gegenüber dem bisherigen Zustand eine Verteuerung um 25 % bedeuten.
Wie steht es dagegen mit dem Vergaserkraftstoff? Wir haben dort vor einiger Zeit eine Preisermäßigung von 2 Pf erlebt; nur diese Preisermäßigung soll nun wieder aufgefangen werden. Ich glaube, die Vergaserkraftstoffindustrie, die vor einiger Zeit eine Preisermäßigung vornehmen konnte, müßte heute durchaus in der Lage sein, auch die 2 Pf, die ich vorschlage, zu tragen. Aus einem Vergleich zu anderen Ländern wird ersichtlich, daß beispielsweise in Belgien der Dieselkraftstoff nur 34 % des Benzinpreises kostet, in Danemark nur 39 %, in Österreich und in Frankreich nur 56%. Bei uns kostete er bisher 64 %, und bei der neuen Preiserhöhung wird er sogar 80 % des Vergaserkraftstoffs kosten. Wir stehen also mit Abstand an der Spitze. Das sind Zahlen, die nicht bestritten werden können. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß wir hier einen Akt der Gerechtigkeit vollziehen müssen. Der Herr Bundesfinanzminister kommt dabei nicht schlechter, sondern im Gegenteil besser weg; denn 2 Pf Preiserhöhung beim Vergaserkraftstoff bringen mehr ein, als die Ermäßigung von 2 Pf beim Dieselkraftstoff wegnimmt.
Ich bin, wie bereits erwähnt, der Meinung, daß der Personenkraftwagenfahrer nicht belastet zu werden braucht. Vielmehr könnten diese 2 Pf von der Mineralölindustrie aufgefangen werden. Ich habe kürzlich gehört, die Zapfstellen, die wir in Deutschland haben. seien heute nur mit 0,398 % ausgenützt. Trotz dieser schwachen Ausnutzung schießen täglich neue Tank- und Zapfstellen wie die Pilze aus dem Boden. Ich glaube, man könnte nun etwas zurückhalten und die Mittel, die hier dauernd neu investiert werden, zur Verbilligung des Vergaser- oder Dieselkraftstoffs verwenden. Eine Tankstelle, die theoretisch 24 Stunden am Tag in Gang sein kann, wird bei dem derzeitigen Stand der deutschen Zapfstellen nur 5,75 oder 5,76 Minuten benutzt. Ich glaube, auf ,diesem Gebiet könnte etwas zugunsten der Verbilligung des Kraftstoffs getan werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn von den vielen Änderungsanträgen, die hier eingebracht und begründet wurden, einer wirklich unbegründet ist und jeder sachlichen Berechtigung entbehrt, so ist es dieser. Ich bitte daher das Hohe Haus, diesen Antrag abzulehnen und es bei den Ausschußbeschlüssen zu belassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider .
— Verzichtet! — Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Umdruck 315 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit gegen die Stimme des Antragstellers und bei einer Enthaltung abgelehnt. Ich komme dann zur Abstimmung über Art. 1 in der Ausschußfassung. Wer dem zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Stimme angenommen.
Ich rufe auf Art. 2. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung. Wer zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe auf Art. 3 und hierzu Umdruck 315 Ziffer 2. Soll er begründet werden? — Scheint nicht der Fall zu sein. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme deshalb zur Abstimmung über Umdruck 315 Ziffer 2. Wer ihm zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe dann auf Art. 3 in der Ausschußfassung
— Ist mir hier nicht angemerkt. — Doch, jetzt sehe ich es. 318 Ziffer 2: Änderung des Art. 3 Abs. 2.
— Das stimmt doch nicht, sagte ich; das betrifft doch etwas ganz anderes.
Ich komme zur Abstimmung über Art. 3 in der Ausschußfassung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Art. 4, dazu Umdrucke 313 und 315 Ziffer 3.
Zu Umdruck 313 hat das Wort zur Begründung Abgeordneter Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war im Ausschuß eine ausgemachte Sache, daß alle diejenigen Mineralölverbraucher, die nicht am Straßenverkehr teilnehmen, von der Anhebung des Steuersatzes für Dieselkraftstoff ausgenommen sein sollen, soweit sie Gasöl verwenden. Wenn Sie sich nun den Katalog in Art. 4 Abs. 1 ansehen, werden Sie feststellen, daß er, wenn man diesen Grundsatz konsequent weiter verfolgen wollte, durch den Antrag auf Umdruck 313 ergänzt werden müßte, wonach „Inhaber
von Betrieben, die Dieselmotoren herstellen, für die Menge des Gasöls, die zur Erprobung auf Prüfständen verbraucht wird", auch von der Steuererhöhung ausgenommen bleiben müssen.
Nun wird vielleicht eingewandt, daß die Menge Gasöl, die da verbraucht wird, verhältnismäßig gering ist. Unterschätzen Sie bitte die Mengen nicht, die für diese Zwecke benötigt werden! In Lieferbedingungen nach den USA ist festgelegt, daß Großdieselmaschinen 5000 bis 10 000 Betriebsstunden auf Prüfständen haben müssen, bevor sie überhaupt zur Ablieferung gelangen dürfen. Und wenn Sie berücksichtigen, welche Mengen Öl für diese Zwecke benötigt werden, und den Unterschied bei der Steuersatzerhöhung mit 11,75 pro 100 kg Eigengewicht hier mit in Betracht ziehen, dann werden Sie feststellen, daß eine solche 'Belastung unzumutbar ist und dem Grundsatz widerspricht, daß nur der Straßenverkehr durch dieses Gesetz zusätzlich belastet werden soll. Ich bitte Sie deshalb, dieser Änderung zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär Hartmann!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag abzulehnen. Ich glaube, man kann die Perfektion auch übertreiben. Es handelt sich hier um ganz wenige Betriebe, und die Kosten der Erprobung gehören doch zu den Herstellungskosten und sind im Verkaufspreise enthalten. Im übrigen können ja auch Herstellungskosten bei der Steuer abgesetzt werden. Weshalb man idas, wenn man es bringen will, auf Dieselmotoren beschränkt, ist mir auch nicht ganz klar. Dann könnten ja die Hersteller von Ottomotoren für die Erhöhung des Benzinpreises dasselbe verlangen.
Ich darf bei der Gelegenheit noch sagen, ida noch der Antrag Umdruck 315 Nr. 3 zur Debatte steht — die Grundlage ist ja abgelehnt worden; Aber ich möchte es der Vollständigkeit halber sagen —: Auf der zweiten Seite oben wäre die Zahl 16,45 nicht richtig; sie müßte 15,70 heißen. Aber ich darf wohl davon ausgehen, daß auch dieser Teil des Antrags konsequenterweise abgelehnt wird.
Was, die Betriebsbeihilfe als Ganzes betrifft, so darf ich namens des Bundesfinanzministeriums noch sagen, daß an einer redaktionellen Änderung der Ausschußfassung gearbeitet wird, die bis zur dritten Lesung noch einmal erörtert werden soll. Es betrifft nicht die Landwirtschaft, sondern die Abgrenzung bei der Bauwirtschaft, die außerordentlich schwierig ist und bei der gewisse Sicherungen eingebaut werden müßten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung zu Art. 4, den ich aufgerufen hatte.
Ich komme zur Abstimmung. Ich lasse zuerst über den Antrag Umdruck 315 Ziffer 3 abstimmen.
— Ziehen Sie ihn zurück? So erübrigt sich die Abstimmung. Ich kann das hier nicht so schnell auch noch alles sachlich nachprüfen.
Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 313, eine Ziffer 5 einzufügen mit dem Inhalt, den Sie aus dem Umdruck ersehen.
Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Dann komme ich zur Abstimmung über Art. 4 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe nunmehr auf Abschnitt IV des Gesetzes: Finanzierung des Baues von Bundesautobahnen. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3 entfällt —, Art. 4, — Art. 5, — Art. 5a, — Art. 6, — alles in der Ausschußfassung.
Wer den aufgerufenen Artikeln zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Abschnitt IVa: Finanzierung der Erneuerung von Anlagen der Deutschen Bundesbahn. Diesen Abschnitt hat der Ausschuß eingefügt. Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Art. 5, — Art. 6, — Art. 7 — und Art. 8, — in der Ausschußfassung. Wer ihnen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit verabschiedet.
Ich rufe auf Abschnitt IVb: Finanzierungshilfe für nichtbundeseigene Eisenbahnen. Art. 1, — Art. 2 — und Art. 3, — in der Ausschußfassung. Wer ihnen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf den Antrag Umdruck 319. Er beinhaltet, daß ein Abschnitt IVc, Finanzierung des allgemeinen Straßenbaus, eingefügt werden soll.
Wer begründet? — Abgeordneter Müller-Hermann!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag auf Umdruck 319*) kommen wir an einen Kernpunkt des gesamten Verkehrsfinanzgesetzes, nämlich zu der Frage: Was soll mit den Mitteln geschehen, die durch dieses Gesetz aufgebracht werden? Mir scheint es wichtig zu sein, daß wir angesichts dieser nicht unerheblichen Belastung der Wirtschaft denjenigen, die diese Mittel aufzubringen haben, eine Gewähr dafür geben, daß sie auch für den Zweck verwandt werden, für den wir eine Begründung zum Gesetz geliefert haben. Ich bin der Meinung, daß die bisherigen Abschnitte IV, IVa und IVb diesen Anforderungen nicht genügen.
Darf ich noch einmal die grundsätzliche Frage stellen: Was wollten wir mit dem Verkehrsfinanzgesetz erreichen? Zweierlei: einmal eine Annährung der Startbedingungen von Schiene und Straße und zum anderen die Möglichkeit, vermehrte Investitionsmittel in der Hand ides Staates zu konzentrieren, um unseren Verkehrsapparat zu modernisieren, der Bundesbahn zu helfen, aber auch für den Ausbau des Straßennetzes die Voraussetzungen zu schaffen.
Was die Annäherung der Startbedingungen betrifft, so möchte ich sagen, daß das Verkehrsfinanzgesetz, wie es jetzt zustande gekommen ist, trotz der von allen Seiten vorgetragenen sicherlich be-
*) Siehe Anlage 7.
stehenden Mängel ein gutes Gesetz ist, ein Anfang, ein Teilstück, das sich einordnen muß in ein Gesamtneuordnungsprogramm für unser Verkehrswesen. Über die weiteren Maßnahmen, die nach dem Verkehrsfinanzgesetz getroffen werden müssen, werden wir uns noch sehr eingehend unterhalten.
Nun die zweite Aufgabe dieses Gesetzes: Mittel bereitzustellen für den Ausbau unseres Verkehrswesens! Wir haben uns gestern hier in diesem Hause mit dem Herrn Bundesfinanzminister etwas darüber unterhalten, wieviel an Mehraufkommen aus diesem Gesetz zu erwarten ist. Auf Grund der effektiv ermittelten Zahlenunterlagen möchte ich davon ausgehen — wie ich annehme, auch in Übereinstimmung mit den Ministerien —, daß wir ein Mehraufkommen von etwa 460 bis 470 Millionen DM erwarten dürfen, wovon 30 bis 35 Millionen durch die Beschlüsse bezüglich einer Sonderübergangsregelung für die Anhänger abzusetzen wären.
Meine Damen und Herren, wir legen in den zuletzt aufgerufenen Abschnitten dieses Gesetzes fest, daß für die Dauer von 10 Jahren der Deutschen Bundesbahn eine jährliche Spritze von 145 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden soll, für den gleichen Zeitraum ein Betrag von 10 Millionen DM für die nichtbundeseigenen Bahnen und für die Dauer von 14 Jahren ein Betrag von 115 Millionen DM für den Ausbau des Bundesbahnnetzes. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht eine Anmerkung gegenüber Vorwürfen aus der Öffentlichkeit machen. Es wird uns vorgeworfen, wir finanzierten mit Hilfe dieses Gesetzes durch die Straße die Konkurrenz, die Bahn. Wenn wir der Bundesbahn auf diesem Gebiet eine Kreditspritze von rund 1,5 Milliarden DM zur Verfügung stellen, so tun wir das schon aus sehr vernünftigenÜberlegungen. Es geschieht einmal, um die Bahn modernisieren und konkurrenzfähig machen zu können. Ich halte es auch für durchaus berechtigt, daß diese Übertragung von Mitteln aus einem Gesetz erfolgt, das eine Belastung des Straßenverkehrs bedeutet, einfach aus der Überlegung, daß die Bundesbahn gewisse gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen hat und behalten soll, die der Straßenverkehr nicht hat und für die, wenn wir eine Angleichung der Startbedingungen erreichen wollen, ein Ausgleich, ein Äquivalent geschaffen werden muß. Ich sehe gerade in dieser Mittelübertragung an die Bahn eine Form, diesen Ausgleich zu vollziehen.
Theoretisch bleibt, auch wenn wir die Beträge an die Bundesbahn und an die nichtbundeseigenen Eisenbahnen absetzen, bereits im ersten Jahr des Inkrafttretens des Gesetzes ein Betrag von rund 300 Millionen DM für den Straßenbau übrig. Das hat, wie gesagt, insofern eine theoretische Bedeutung, als einzelne Abschnitte des Gesetzes erst einen bzw. zwei Monate später in Kraft treten und damit sich das Gesamtaufkommen im ersten Jahr entsprechend verringert.
Es kommt hinzu, daß ein Betrag von 90 Millionen DM über die Kraftfahrzeugsteuer den Ländern zufließt, zumindest solange die Kraftfahrzeugsteuer eine Ländersteuer bleibt. Wir haben leider von dieser Stelle aus keine Möglichkeit, Einfluß darauf zu nehmen, daß die Länder diese Mittel effektiv dem Straßenbau zuführen. Wir haben nur die Möglichkeit, in Form einer Entschließung die Länder aufzufordern, dementsprechend zu verfahren. Wir werden das auch tun, und mein Appell geht insbesondere an die Haushaltsberater in den Landtagen, sich des Mehraufkommens, das ihnen aus diesem Gesetz zufließt, anzunehmen.
Das Thema Unfallbekämpfung steht heute mit vollem Recht häufig im Vordergrund der berlegungen der Öffentlichkeit und auch im Vordergrund unserer eigenen Bemühungen. Die Zahl von 13 000 Toten durch den Verkehr ist eine ernste Mahnung an dieses Haus, etwas Entscheidendes zu tun, um mit wirksamen Mitteln Unfallbekämpfung zu betreiben. Wenn wir gerade aus neuen Statistiken erfahren, daß ein Viertel aller Sterbefälle in der Altersgruppe zwischen 15 und 25 Jahren seine Ursache in Verkehrsunfällen hat, dann beweist das ganz besonders unsere Verpflichtung, die wir hier zu sehen haben. Sie ergibt sich aus der Zahl von 2283 Verkehrstoten in der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren im Jahre 1953. Es ist sehr interessant, die Statistiken weiter zu verfolgen und festzustellen, daß über 80 % der Unfalltoten in dieser Altersgruppe Radfahrer und Motorradfahrer gewesen sind. Angesichts dieser Zahlen scheint es mir wirklich wichtig zu sein, daß wir bei unseren Unfallbekämpfungsmethoden und den Wegen, die wir beschreiten wollen, mit aller nur möglichen Energie gegen die bei uns allzu stark grassierende Disziplinlosigkeit und Rücksichtslosigkeit vorgehen
und eine Erziehung der Verkehrsteilnehmer auf breiter Basis betreiben.
Ich bedauere außerordentlich, daß wir nicht dazu gekommen sind, den Entwurf eines Verkehrsunfallbekämpfungsgesetzes, den wir seit Juni des vergangenen Jahres im Bundestag vorliegen haben — aus Gründen, die ich hier nicht erörtern will —, weiter zu behandeln. Andererseits bin ich sehr froh, daß der Herr Bundesverkehrsminister und die Verkehrssicherheitskonferenzen sich bereits einen großen Teil der Vorschläge, die in diesem Gesetzentwurf enthalten sind, zu eigen gemacht haben; denn es sind nun einmal die vernünftigen Vorschläge, die gemacht werden müssen und über die man sich wahrscheinlich sehr leicht auch in diesem Hause wird verständigen können.
Es gibt aber keinen Zweifel, meine Damen und Herren: die beste Art der Unfallbekämpfung ist eine Verbesserung unseres Straßennetzes.
Die beste Art der Unfallbekämpfung ist die Beseitigung der Hauptunfallgefahrenpunkte in unserem Straßennetz.
Wenn wir wissen, daß sich 80 % aller Unfälle innerhalb geschlossener Ortschaften ereignen, wo sich der Verkehr besonders massiert,
so ergibt sich bereits daraus logischerweise, daß wir den Schwerpunkt des ersten Straßenbauprogramms unbedingt darauf legen müssen, verbesserte Ortsdurchfahrten sowie Ortsumgehungen zur Entlastung der Stadt- und Gemeindekerne zu schaffen, die schienengleichen Bahnübergänge zu beseitigen und dort, wo es der Verkehr erfordert, auch Radfahrwege anzulegen.
Meine Damen und Herren! Wir werden dieses Programm einer systematischen Unfallbekämp-
fung durch den Straßenbau allerdings nur dann wirkungsvoll realisieren können, wenn wir eine langfristige Planung des Straßenbaues vorbereiten und eine langfristige Finanzierung eines solchen Straßenbauprogramms sicherstellen, und zwar in einer ähnlichen Form, wie wir es durch hervorragende Leistungen der Bundesregierung insbesondere auf dem Gebiete des Wohnungsbaues haben erreichen können. Wir werden daher meines Erachtens so schnell wie möglich dazu kommen müssen, ein Verkehrswegegesetz zu schaffen, das mit Hilfe möglichst auch des Kapitalmarktes eine langfristige Finanzierung des Straßenbauprogramms ermöglicht.
Nun ergibt sich in diesem Zusammenhang ein zweites Problem, das bereits im Finanz- und Steuerausschuß sehr eingehend diskutiert worden ist, wo man aber nicht zu einer abschließenden Meinung gekommen ist. Das ist die Tatsache, daß ein großer Teil der Straßenbauaufgaben heute bei den Gemeinden und den Landkreisen liegt, d. h. bei schwachen Baulastträgern, die aus der Kraftverkehrswirtschaft keine spezifischen Einnahmen bekommen, während sich insbesondere im Zuge der Finanzreform die Einnahmen aus der Kraftverkehrswirtschaft mehr und mehr beim Bund konzentrieren. Wir können feststellen, daß z. B. im Jahre 1952 — dem letzten Jahr, für das eine ganz klare Statistik vorliegt — bei Gesamtstraßenbauausgaben von 1,5 Milliarden DM die Gemeinden und Landkreise etwa 760 Millionen DM allein aufgebracht haben. Für das Jahr 1954 schätzen wir die Gesamtstraßenbauausgaben in einer Größenordnung von 1,8 Milliarden DM; von diesem Betrag ist 1 Milliarde DM von den Gemeinden und den Landkreisen aufgebracht worden.
Ich glaube, diese Feststellung allein müßte Anlaß sein, uns zu überlegen, wie wir bei einem systematischen Ausbau des Straßennetzes und der Beseitigung der Unfallgefahrenpunkte insbesondere den schwächeren Baulastträgern eine Hilfestellung geben können, und es bliebe die Frage zu klären, ob man eventuell mit Hilfe eines Zweckverbandes die Möglichkeit schafft, hier Mittel vom Bund auf die anderen Baulastträger zu übertragen. Dieses Problem wird um so mehr akut werden, wenn die Kraftfahrzeugsteuer nicht mehr eine Ländersteuer ist, sondern zu einer Bundessteuer gemacht worden ist.
Ich weiß, daß vor allem von seiten des Bundesfinanzministeriums hier staatsrechtliche grundgesetzliche Einwände erhoben werden. Wir müssen uns mit diesen Dingen auseinandersetzen; aber wir können nicht an dem Gestrüpp von Paragraphen — auch des Grundgesetzes, meine Damen und Herren — die Aufgabe scheitern lassen, durch den Straßenbau etwas Entscheidendes zur Bekämpfung der Unfälle zu tun.
Meine Damen und Herren! Heute, bei diesem Antrag, der Ihnen in Umdruck 319 vorliegt, geht es zunächst einmal nicht um die Frage des Grundgesetzes, wie Mittel übertragen werden können. Das Problem ist ausgeklammert dadurch, daß in der Überschrift und im Text vom allgemeinen Straßenbau geredet ist, wobei der Gesetzgeber je nachdem, wie seine rechtlichen Überlegungen ausfallen, die Möglichkeit einer Übertragung von Mitteln an die schwächeren Baulastträger beurteilt. Aber ich halte es — sowohl aus sachlichen als auch, das sage ich ganz offen, aus gewissen optischen Gründen - für nötig, sicherzustellen, daß die Mittel, die mit diesem Gesetz aufgebracht werden, effektiv den Verkehrswegen, d. h. der Bundesbahn, den nichtbundeseigenen Bahnen und dem Straßenbau wiederum zugute kommen.
Wenn ich das hier so besonders betone, so nicht zuletzt aus folgender Überlegung. Allein aus der Mineralölsteuer — der Mineralölzoll ist hier schon gar nicht berücksichtigt — hat der Bund im Jahre 1952 Einnahmen von 498 Millionen DM gehabt. Der Bund hat aber für den Straßenbau nur 237 Millionen DM, das sind etwa 46,5 % verausgabt. Die entsprechenden Ansätze für das Haushaltsjahr 1955 lauten: Einnahmen aus der Mineralölsteuer ohne die Erhöhungen, die wir hier in dem Verkehrsfinanzgesetz beschließen, 755 Millionen DM und Ausgaben für den Straßenbau 310 Millionen DM, d. h. ein Prozentsatz von 41 v. H. der Einnahmen allein aus der Mineralölsteuer. Wir haben da also offensichtlich eine sinkende Tendenz zu verzeichnen. Um so mehr scheint es mir notwendig zu sein, daß wir die Mittel, die aus diesem Gesetz aufkommen, unbedingt für den Straßenbau und die anderen im Gesetz bereits vorgesehenen Zwecke verankern. Wenn wir schon daran gehen, eine Verankerung der Einnahmen festzulegen, indem wir bestimmte Beträge für die Bundesbahn, für die nichtbundeseigenen Bahnen und die Bundesautobahnen binden, dann scheint es mir nur folgerichtig und berechtigt zu sein, daß wir Entsprechendes auch für den Straßenbau tun.
Meine Damen und Herren, ich weiß, daß der Herr Bundesfinanzminister sich an jeder Art der Zweckbindung stößt und wir wahrscheinlich von seiner Seite auch bei diesem Antrag mit einem entsprechenden Einwand zu rechnen haben. Nun, es liegt nicht sehr lange zurück — es war der 9. Dezember 1954 —, als wir uns in der ersten Lesung über den Bundeshaushaltsplan 1955 unterhielten. Damals hat Herr Staatssekretär Hartmann in der Debatte des Bundestages folgenden sehr richtigen Grundgedanken ausgesprochen — ich verlese mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —:
Sollte es also möglich sein, daß sich eine breite Mehrheit in diesem Hause für einen Ausbau des Verkehrsfinanzgesetzes findet, so wären wir, wie ich jetzt schon erklären kann, entgegen allen geheiligten Etatprinzipien mit einer Zweckbindung für Straße, Autobahn, Bundesbahn einverstanden.
Ich habe dem nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren; ich bitte Sie nur, nachdem wir meines Erachtens mit vollem Recht eine Verankerung der Mittel für drei bestimmte Zwecke in diesem Gesetz beschlossen und damit praktisch eine Zweckbindung vorgeschrieben haben, nun auch konsequenterweise etwas für den allgemeinen Straßenbau hier zu verankern. Wir können dieses Gesetz unter keinen Umständen vor der Öffentlichkeit vertreten, wenn wir denen, die diese Mittel aufbringen, sagen müssen: Wir verankern zwar die Ausgaben für die Bahnen, aber für den Straßenbau belassen wir es bei einer allgemeinen Empfehlung an die Bundesregierung, auch für ihn bei passender Gelegenheit etwas zu tun.
Meine Damen und Herren, wir müssen, wenn wir es mit der Bekämpfung der Unfälle und mit dem Ausbau unseres Straßennetzes ernst meinen,
auch einmal bereit sein, gewisse Prinzipien zu überspringen. Ich bin der Meinung, daß wir quer durch die Reihen dieses Hauses unabhängig von allen Einzelmeinungen in politischer Beziehung gemeinsam Hand anlegen sollten, um dem Unfalltod durch den Straßenbau einen energischen Kampf anzusagen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion ist im Prinzip mit dem Inhalt des Umdrucks 319 einverstanden. Trotzdem haben wir gewisse Bedenken, weil der Antrag nach unserer Auffassung mit der Haushaltsberatung in Zusammenhang steht. In Kap. 1202 Tit. 511 des Haushalts für 1955 ist Vorsorge getroffen, daß ein Mehraufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz, das über 250 Millionen DM hinausgeht, für den Straßenbau verwendet wird. Nun kann man doch, Herr Kollege Müller-Hermann, Ihren Antrag nur so verstehen, daß die Antragsteller ein Mißtrauen gegen den Bundesfinanzminister hegen, er werde die Titel im Haushaltsgesetz nicht bedienen und das Mehraufkommen nicht für die angekündigten Zwecke verwenden.
— Herr Kollege Donhauser, ich bin der Meinung, eine solche Zweckbindung braucht man, wenn sie im Haushaltsgesetz schon vorgesehen ist, nicht noch einmal in das Sondergesetz hineinzuschreiben.
Das Mißtrauen, das Sie gegen Ihren eigenen Finanzminister haben, ist immerhin recht bemerkenswert und auf Grund gewisser Erfahrungen in der Vergangenheit vielleicht auch berechtigt; aber es ist I h r Mißtrauen, das Sie gegen Ihr en Minister zum Ausdruck bringen. Wir können das nur zur Kenntnis nehmen. Wir werden Ihnen aber dabei helfen, Herr Kollege Donhauser, dafür zu sorgen, daß der Herr Bundesfinanzminister das Mehraufkommen wirklich so verwendet, wie es das Verkehrsfinanzgesetz im Prinzip bestimmt.
Zum Antrag noch ein weiteres Wort. Herr Kollege Müller-Hermann, wir haben uns schon verschiedentlich über die Verkehrsunfälle unterhalten. Wir beklagen beide die Verkehrsunfälle, aber mit den 70 Millionen DM, die bei diesem Verkehrsfinanzgesetz zusätzlich herauskommen, kann man die Verkehrsunfälle wirklich eindrucksvoll nicht bekämpfen; dazu sind wesentlich größere Beträge erforderlich. Ich darf Sie daran erinnern, daß in den Haushaltsberatungen des Verkehrsausschusses von unserer Fraktion ein wesentlich größerer Betrag beantragt worden ist. Damals haben Sie den größeren Betrag abgelehnt. Sie glaubten, das sei haushaltsmäßig nicht tragbar. Liegt nun nicht in Ihrer Beweisführung eine gewisse Bruchlinie? Sie behaupten hier die Notwendigkeit einer Bekämpfung der Straßenunfälle. Wenn es aber daran geht, Mittel zu bewilligen, dann glauben Sie unsere Anträge ablehnen zu müssen.
— Darüber werden wir uns unterhalten, wenn wir über den Haushalt sprechen.
Ich möchte Ihnen sogar zugeben, Herr Kollege Müller-Hermann, daß Ihr Umdruck 319 vielleicht darauf schließen läßt, daß Sie Ihre damals ablehnende Haltung inzwischen teilweise revidiert haben. Vielleicht fahren Sie in dieser Linie fort. Wir haben sogar die Hoffnung, daß Sie unsere weitergehenden Anträge später bei der Haushaltsberatung unterstützen werden.
Ein weiteres Wort zum Umdruck 319. Ganz unhaltbar scheint uns der Satz 2 Ihres Antrages zu sein. Hier wird gesagt: „Die Finanzierung eines langfristigen Straßenbauprogramms ist in einem besonderen Verkehrswegegesetz zu regeln." Warum — frage ich Sie — brauchen wir noch ein besonderes Verkehrswegegesetz? Wir wissen aus unseren Ausschußberatungen, daß die Straßenbauprobleme vorliegen, daß sie auch mit einer entsprechenden Prioritätsskala versehen sind. Warum muß man diese Pläne noch einmal kodifizieren? Es liegt nicht an den Plänen, es liegt nicht an einem solchen Spezialgesetz, es liegt nur daran, daß eben die Mittel nicht vorhanden sind.
Wir sind der Meinung, daß der Antrag, so wie er von den Antragstellern eingebracht ist, im Prinzip absolut berechtigt ist. Wir glauben aber, daß er im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte erledigt werden sollte. Wir glauben, daß die Materie als solche in der Entschließung des Finanzausschusses vorläufig geregelt ist. Deshalb werden wir als Fraktion der Entschließung zustimmen. Herr Kollege Müller-Hermann, zum Schluß noch einmal: über die Notwendigkeiten des Straßenbaues und über die bittere Notwendigkeit, die Straßenunfälle zu bekämpfen, werden wir uns bei der Haushaltsberatung sehr ausführlich unterhalten. Hoffentlich haben wir dann auch Ihre Unterstützung.
Das Wort hat der Abgeordnete Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich nach den Ausführungen des Kollegen Bleiß sehr kurz fassen. Ich stimme in der Tendenz seiner Auffassung absolut zu. Ich kann es aber nicht unterlassen, dem Herrn Müller-Hermann, den ich nun langsam etwas näher kennengelernt habe, mein Kompliment dafür auszusprechen, daß er es verstanden hat, in der zweiten Lesung, in der es sich bekanntlich um Einzelheiten, um einzelne Paragraphen handelt, eine Generaldebatte zu provozieren.
— Jawohl, und er hat es außerdem sehr geschickt zu sagen vermieden — Herr Müller-Hermann, Sie haben es nämlich mit keinem Wort erwähnt —, daß eine Entschließung auf Seite 12 der Drucksache 1252, die nun komischerweise — aber das ist nun einmal die Geschäftsordnung — erst in der dritten Lesung behandelt wird, genau dieselbe Tendenz hat, die Sie wollen. Ich weiß, Ihr Wegeplangesetz usw., das ist ein besonderer Punkt; aber Sie haben die Entschließung überhaupt nicht erwähnt. Ich glaube, wir würden Doppelarbeit leisten — wir haben eigentlich mit Ihrer Rede einen Teil der dritten Lesung schon vorweggenommen —, wenn wir uns nicht daran erinnerten, daß
wir diese Entschließung des Bundestags vom Finanzausschuß selber — ich spreche im Augenblick als Vorsitzender des Finanzausschusses — schon vorgelegt bekommen haben. Ich glaube, Herr Krammig hat sie schon gestreift und zum Teil auch begründet. Die Ausführungen, die Herr Bleiß über ,die Behandlung im Haushaltsausschuß .gemacht hat, sind völlig richtig. In der Entschließung, die wir Ihnen am nächsten Mittwoch — oder wann das nun ist — in der dritten Lesung zur Annahme empfehlen, wird zu Beginn gesagt: „Die Bundesregierung wird ersucht, bei ,der künftigen Haushaltsplanung sicherzustellen . . .", nämlich das sicherzustellen, was auch Sie sichergestellt wissen wollen. Sie haben die Ziele des Verkehrsfinanzgesetzes eingangs kurz und absolut richtig umrissen; damit sind wir durchaus einverstanden. Wir verstehen es aber nicht, daß nun mit dem Umdruck 319 ein solcher Änderungsantrag in die zweite Lesung kommt. Die Wege sind ein bißchen verschieden. Meines Erachtens sind die Wege, die der Finanzausschuß sich bemüht hat zu finden und die zu gehen wir Ihnen wie saures Bier angeboten haben — Sie erinnern sich gewiß noch unserer langen Sitzungen —, die besseren. Ich bin infolgedessen dafür, heute in der zweiten Lesung den Änderungsantrag abzulehnen. Damit geben wir keineswegs zu erkennen, daß wir das, was Sie im Ergebnis wollen, auf dem Wege über den Entschließungsantrag nicht auch wollten.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen meiner beiden unmittelbaren Herren Vorredner kann ich mich relativ kurz fassen, um auch nicht von mir aus in die Gefahr zu geraten, dazu beizutragen, daß nun eine Generaldebatte über diese Dinge in der zweiten Lesung stattfindet. Ich glaube, daß die Ziele, die Herr Abgeordneter Müller-Hermann aufgestellt hat, von jedermann gebilligt werden. Die Frage ist nur, ob der Weg, den er mit der Verweisung auf ein besonderes Verkehrswegegesetz gehen will, der richtige Weg ist, um zu diesem Ziele zu kommen.
Er hat eine Erklärung von mir aus der Haushaltsdebatte im Dezember zur Frage der Zweckbindungen zitiert. Ich glaube, ich brauche das hier nicht zu wiederholen, nachdem insbesondere Herr Abgeordneter Dr. Dresbach im Ausschuß wie auch häufig hier im Plenum auf die besondere Gefahr und das Systemwidrige von Zweckbindungen hingewiesen hat. Wenn in diesem Entwurf in einigen Fällen Zweckbindungen vorgesehen werden — wirklich entgegen allen Grundsätzen der Finanzwissenschaft und des Haushaltsrechts —, dann deshalb, um darauf ein Kreditgebäude aufzubauen, um eine langfristige Vorauskreditierung zu ermöglichen. Dazu muß dann allerdings eine Zweckbindung erfolgen. Immerhin sollte man sie nur auf das unbedingt Notwendige erstrecken, und für den Straßenbau hat Herr Abgeordneter Müller-Hermann selbst nicht den Aufbau einer solchen Vorfinanzierung im Kreditwege vorgeschlagen.
Im übrigen ist das Etatbewilligungsrecht in Einnahme und Ausgabe eines der vornehmsten Rechte des Parlaments. Es liegt also in der letzten Linie immer in den Beschlüssen des Parlaments, in welchem Umfang, in welcher Höhe der Notwendigkeit des Straßenbaus Rechnung getragen werden soll. Darüber hinaus ist die Resolution, die Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen eben zitiert hat, in ihrem Abs. 1 mehr als ein Wegweiser; sie ist ein sehr starker Hinweis auch für die Bundesregierung, in ihren Planungen die Notwendigkeit des Straßenbaues zu berücksichtigen.
Wenn nun Herr Abgeordneter Müller-Hermann vorgeschlagen hat, ein besonderes Verkehrswegegesetz zu bringen, in dem die Planung im einzelnen festgelegt werden soll, dann darf ich doch sagen, daß dieser Hinweis faktisch eine Blockierung, eine Hinausschiebung des Straßenbaues bedeuten würde. Denn das Verkehrswegegesetz ist noch gar nicht da. Es ist auch kein Regierungsentwurf da, und wer weiß, wann der „Alternativentwurf", wenn ich so sagen darf, über das Verkehrswegegesetz — der ja kein Alternativgesetzentwurf ist — verabschiedet wird. Wenn dieser Abschnitt so bliebe, würde man vor der Verabschiedung eines Verkehrswegegesetzes die Mittel überhaupt nicht verplanen können.
Es sind auch — das darf ich zugleich im Namen des Herrn Bundesverkehrsministers sagen — Bedenken zu erheben, daß bei einem solchen langfristigen Plan eine Erstarrung der Planung eintreten könnte. Man muß gerade beim Straßenbau eine gewisse Beweglichkeit der Planung erhalten. Es können sich in zwei oder drei Jahren ganz andere Bedürfnisse herausstellen, als sie heute zu übersehen sind.
Es besteht noch eine weitere Schwierigkeit. Wir hätten dann eine doppelte Bewirtschaftung von Straßenbaumitteln: einmal die regulären Mittel, die seit Jahren im Haushalt sind, und dann den Zuwachs aus dem Verkehrsfinanzgesetz, der also auf 14 Jahre durch ein erst in Zukunft zu erlassendes Straßenwegegesetz festgelegt werden sollte. Das sind mehr technische Gründe, aber ich halte sie auch für recht beachtlich.
Auf die Frage der Dotierung der Länder und Gemeinden, die Herr Abgeordneter Müller-Hermann nur am Rande angesprochen hat, will ich nicht ausführlich zurückkommen. Ich verstehe den Wunsch. Ich will aber nur ganz kurz sagen: man kann sehr ernste verfassungsrechtliche Bedenken dagegen erheben, daß der Bund unmittelbare Zuweisungen an die Gemeinden für den Straßenbau macht. Außerdem würde es sich hier um eine Art von Spezialausgleich von vertikalem Finanzausgleich handeln, und nachdem der Vermittlungsausschuß in den schwierigen Fragen der Finanzverfassung, der Finanzreform gerade erst zu einer Lösung gekommen ist, die hoffentlich die Zustimmung sowohl
— ich sage gerade: die hoffentlich die Zustimmung sowohl des Hohen Hauses wie des Bundesrates finden wird, glaube ich, wäre es sehr gefährlich, in diesem Augenblick an diese Dinge zu rühren.
Ich muß auch das sagen — und ich hoffe, daß es mir von den Ländern nicht übelgenommen wird —: in einem Moment, in dem der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Rechnungsjahr 1954, das nun bald zu Ende geht, immer noch nicht festgelegt wird, kann doch wohl kaum vom Bund aus an die Gemeinden eine Zuweisung für Straßenbauten erfolgen, d. h. eine
Entlastung der Länder, deren Aufgabe dies wäre. Ich würde also bitten, an diesen Punkt nicht zu rühren. Im übrigen ist er auch in einer vorsichtigen Form, die den verfassungsmäßigen Verhältnissen entspricht, in Abs. 2 der Resolution angesprochen. Ich darf nur hoffen, daß die Länder die Verwendung des Mehraufkommens aus der Kraftfahrzeugsteuer von 90 Millionen DM für den Straßenbau in ihren Haushalten in diesem Jahr und auch in den kommenden Jahren sicherstellen.
Nun komme ich aber zu dem Hauptpunkt, und ich darf dabei an das anknüpfen, was ich mir schon gestern zu sagen erlaubte. Man kann die schönsten Pläne über die Verplanung von Mitteln für den Straßenbau machen — auch auf 14 Jahre —, man muß aber die Mittel haben. Nach unserer Berechnung, die um etwa 25 Millionen von den Berechnungen des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann abweicht — ich möchte aber das Hohe Haus mit den Einzelheiten nicht aufhalten —, ergibt sich folgendes Bild. 145 Millionen werden für die Bundesbahn abgezogen — die sind festgelegt —, 115 Millionen für die Autobahnen — die sind festgelegt —, 10 Millionen für nichtbundeseigene Eisenbahnen — die sind auch festgelegt —, das macht zusammen 270 Millionen; und wenn dann verfassungsgemäß — jedenfalls in diesem Jahre — weitere 90 Millionen DM Kraftfahrzeugsteuer an die Länder gehen, dann sind das zusammen 360 Millionen. Dann sollen die Anhänger einige Zeit lang nur eine um 25 % geringere Steuer tragen; ich sagte gestern schon, das macht 35 Millionen. Nach unserer Berechnung bleiben dann für die Straße in einem vollen Etatsjahr überhaupt nur 40 bis 50 Millionen und in diesem Anfangsjahr, in dem die Erhöhung der verschiedenen
Steuersätze nicht am 1. April in Kraft treten kann, noch viel weniger.
Es ist eben mehrfach auf den Haushalt hingewiesen worden. Ich muß aber — ich glaube, es wäre illoyal, das zu verschweigen — darauf hinweisen, daß bei dem vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes — ich möchte annehmen, daß der Bundesrat nicht den Vermittlungsausschuß anrufen wird — in diesem Haushaltsjahr eigentlich überhaupt nichts Zusätzliches für den Straßenbau verbleibt.
Im nächsten Jahr verbleiben dann nach dem Gesetz vielleicht 40 bis 55 Millionen. Dazu kommt ein gewisses Mehr aus dem von uns allen erwarteten weiteren Aufschwung der Volkswirtschaft.
Ich glaube also, es müßte nicht nur darauf vertraut werden, daß der Haushaltsausschuß diese Dinge für dieses Jahr verplant, sondern es wäre wirklich für die dritte Lesung noch die Frage zu prüfen, ob hier am Verkehrsfinanzgesetz in seiner Gesamtheit nichts mehr geändert werden soll, ob man sich mit dem Mehraufkommen, wie es das Hohe Haus in der zweiten Lesung beschlossen hat, zufrieden gibt. Gibt man sich damit zufrieden, dann brauchen wir uns über einen Abschnitt IV c weiter gar nicht zu unterhalten. Dann ist nach unserem Gefühl viel zuwenig für die Straße da, und das scheint mit der Kernpunkt zu sein.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie um Aufmerksamkeit für die noch kommenden sechs Redner zu diesem Punkt bitten. — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Buchka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mit Recht vom Herrn Kollegen Müller-Hermann hervorgehoben worden, daß es sich bei dem gegenwärtigen Problem um eines der wichtigsten aus dem ganzen Verkehrsfinanzgesetz handelt. Um so mehr, muß ich offen sagen, bedaure ich es, wie leer die Reihen hier im Hause bereits geworden sind. Ich hätte gehofft und gewünscht, daß gerade bei einem solchen Punkt die Bänke voll besetzt wären.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat uns in sehr eindringlichen und ausführlichen Darlegungen auseinandergesetzt, weshalb er — mit den Mitunterzeichnern — diesen Antrag eingereicht hat. Ich glaube mit einer gewissen Befriedigung feststellen zu können, daß sachlich auf allen Seiten des Hauses durchaus Einverständnis mit dem besteht, was mit dem Antrage bezweckt wird. Das ist zweifellos schon ein gewisser Erfolg; denn nun gehen die Meinungen nur noch über den einzuschlagenden Weg auseinander.
Lassen Sie mich noch einige allgemeinere Ausführungen machen. Ich glaube, wir dürfen nicht aus den Augen lassen, daß der Verkehr eine Einheit ist, daß er nur einheitlich beurteilt werden darf. Selbstverständlich begrüßen wir es sehr, wenn die Bundesbahn saniert wird, wenn die Bundesautobahnen das ihnen Zustehende bekommen, die nicht bundeseigenen Eisenbahnen und die Bundesstraßen. Sie sind dringend notwendig, und ihre Finanzierung muß erfolgen. Aber es gibt doch eine ganz große Anzahl von Straßen — auch das ist absolut unbestritten —, die mindestens genau die gleiche Verkehrsbedeutung haben wie andere Straßen, die vom Bund unterhalten werden.
Stellen Sie sich,. bitte, einmal vor, wie das Bild werden wird! Es ist heute schon von den leistungsschwachen Unterhaltungsträgern, den Gemeindeverbänden und den Gemeinden vor allem, gesprochen worden. Stellen Sie sich vor, wie gerade der Verkehr und die Verkehrssicherheit leiden müssen, wenn nun nicht einheitlich auch die Straßenverbesserung eintritt, die Kollege MüllerHermann mit Recht als die beste Unfallbekämpfungsmaßnahme bezeichnet hat.
Nun haben wir uns heute an sich nicht mit der Entschließung zu beschäftigen, die vom Ausschuß für Steuer- und Finanzfragen vorgeschlagen ist, aber es ist in diesem Zusammenhang nicht ganz zu vermeiden, auch darauf zurückzukommen. Eine Entschließung, meine Damen und Herren, ist eben eine Entschließung, und die Mitunterzeichner des Antrags des Kollegen Müller-Hermann legen Wert darauf, daß diese Angelegenheit schärfere Konturen gewinnt.
Sie legen Wert darauf, daß dieses Anliegen in das Gesetz hineinkommt. Damit soll in keiner Weise, auch das möchte ich noch betonen, ein Mißtrauen gegen irgend jemanden ausgesprochen werden, am wenigsten gegen einen unserer Bundesminister. Aber wir müssen meines Erachtens dafür sorgen — und ich hoffe doch, daß ich mit dieser Ansicht auch im Hohen Hause nicht allein dastehe —, daß wirklich auch für den Straßenbau insgesamt mehr als bisher geschieht.
Sie wissen wohl auch, daß sich der Ausschuß für Kommunalpolitik sehr eingehend gerade auch mit dieser Frage beschäftigt hat. Er ist dabei zu einer einstimmigen Empfehlung an das Hohe Haus gekommen, die leider aus Gründen, die ich hier nicht erörtern will, nicht zum Zuge gekommen ist. In der Grundtendenz bewegt sich diese Empfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik aber durchaus in der Richtung des Antrags des Kollegen Müller-Hermann. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit will ich hier unerörtert lassen; sie spielt, das ist auch schon vom Kollegen Müller-Hermann gesagt worden, zunächst bei dieser Vorlage unmittelbar gar keine Rolle.
Nach reiflicher Überlegung darf ich Sie, meine Damen und Herren, dringend bitten, dem Antrag des Kollegen Müller-Hermann zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, daß jetzt eine Sitzung des Haushaltsausschusses stattfindet.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Meine Damen und Herren, ich hatte mich zum Wort gemeldet, nachdem sich der Kollege Müller-Hermann die Korsettstangen aus der Haushaltsrede des Herrn Staatssekretärs besorgt hatte.
Ich möchte nämlich keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß im Ausschuß für Steuern und Finanzen grundsätzlich schwere Bedenken gegen jede Zweckbindung von Steuern ausgesprochen worden sind. Auch diese Steuern, Herr MüllerHermann, sind nach meinem Dafürhalten allgemeine Deckungsmittel. Es ist durchaus nicht zwingend, daß Steuern, die von Verkehrsträgern erhoben werden, nun für den Verkehr zweckgebunden werden müssen.
Ich darf auf das Beispiel der Realsteuern, insbesondere der Gewerbesteuer verweisen, die seit der Miquelschen Äquivalenztheorie zur Abgeltung der durch gewerbliche Unternehmungen verursachten Lasten auf dem Gebiete der Polizei, der Wohlfahrt und der Schule erhoben wird. Niemand hat daran gedacht, das Erträgnis der Gewerbesteuer für solche Zwecke zu binden. Ich habe ganz große Besorgnis, daß hier eine Präjudiz geschaffen wird. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß demnächst der Herr Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen ebenso bedeutungsvollen volkswirtschaftlichen, staatspolitischen Zweck erdenkt, nämlich bei seiner Flurbereinigung, und verlangt, daß das Aufkommen aus bestimmten Zöllen für diesen Zweck zweckgebunden werde. Ich warne vor diesen Zweckbindungen. Sie führen zur Zerstörung der Haushalts- und der Kasseneinheit. Ich habe mich notgedrungen dazu bereitgefunden, dieser Zweckbindung für den Sockel zuzustimmen. Aber ich warne vor einer Fortsetzung dieser Zerreißung des öffentlichen Haushaltswesens.
Das Wort hat der Abgeordnete Donhauser.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz den Ausführungen ides Herrn Dr. Bleiß einiges hinzufügen. Herr Kollege Dr. Bleiß, Sie haben erklärt, daß die Herren, die den Antrag des Kollegen Müller-Hermann unterstützen, durch diesen Antrag ein erhebliches Mißtrauen gegen ihren eigenen Finanzminister zum Ausdruck bringen. Wir haben kein Mißtrauen gegen den derzeitigen Finanzminister; aber wir haben sehr wohl ein großes und begründetes Mißtrauen, ob unser Parlament — das doch bekanntlich sehr bewilligungsfreudig ist —, wenn die Fülle der Aufgaben auf anderen Gebieten wieder an uns herandrängt, sich dann noch genau so entschieden an das erinnern wird, was wir uns heute anläßlich der Debatte über die Notwendigkeiten des Verkehrs selbst versprochen haben. Diese Bewilligungsfreudigkeit des Parlaments — und da mache ich niemand einen besonderen Vorwurf, auch Ihnen nicht, Herr Dr. Bleiß; wir sind allzumal Sünder auf diesem Gebiet — bringt es immer wieder mit sich, daß das, was im Augenblick im Vordergrund des Interesses steht, die schönsten Vorsätze aus früherer Zeit über den Haufen wirft. Deshalb, glaube ich, ist es durchaus berechtigt, wenn wir uns selbst einen sehr starken Erinnerungsvermerk machen, über den man nicht so ohne weiteres hinwegspringen kann.
Ich glaube, daß noch ein anderes Argument viel zugkräftiger und durchschlagender ist. Dieses Gesetz — und darüber sind wir uns auf allen Bänken dieses Hauses völlig einig — bringt eine ganz besondere Last für die Kraftverkehrswirtschaft. Man darf fast sagen, es ist eine Last von exorbitanter Höhe, ein Ausdruck, der gerade in Ihren Reihen, Herr Dr. Bleiß, geprägt worden und gefallen ist. Wenn das so ist, dann ist eine Ausnahme von der Regel wohl auch moralisch durchaus gerechtfertigt. Ich habe Verständnis dafür, daß die Fiskalisten unter uns und die Mitglieder des Haushaltsausschusses darauf drängen müssen, daß Ausnahmen möglichst wenig oder gar nicht gemacht werden. Aber wenn es sich um ein Gesetz handelt, das eine solch außergewöhnliche Last nur auf bestimmte Gewerbe- und Berufszweige legt, dann, glaube ich, haben gerade die Betroffenen ein Recht darauf, daß wir dafür sorgen, daß diese Mittel auf jeden Fall auch dem ursprünglich gedachten Zweck zugeführt werden.
Im übrigen streiten wir eigentlich jetzt nur noch um ein paar — ich möchte fast sagen, nebensächliche — Millionen, denn die Hauptmasse des Aufkommens ist schon zweckgebunden. Ich erspare mir weitere Ausführungen zu diesem Thema und möchte diese anläßlich der Generaldebatte bei der dritten Lesung nachtragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider . — Ist er nicht im Saal?
Dann hat das Wort der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einige Worte. Ich habe mich in der Debatte gegen die Fülle der Ausnahmen gewandt. Dieser Antrag auf Umdruck 319 geht, da
gebe ich Herrn Kollegen Dr. Dresbach recht, gegen alle Regeln der Kunst. Trotzdem bin ich dafür, hier einmal diese Regeln der Kunst einer elastischen Haushaltsführung zu mißachten. Was hier soeben der Herr Vorredner gesagt hat, trifft den Nagel auf den Kopf. Die Belastung ist doch so exorbitant, daß ein solches Gesetz auch einer psychologischen Untermauerung bedarf und daß wir nicht davon heruntergehen können, zumindest dem ersten Abschnitt dieses Änderungsantrags in irgendeiner Form zuzustimmen. Ich meine, daß 270 Millionen DM sowieso, wie der Herr Staatssekretär soeben ausgeführt hat, schon zweckgebunden sind, und es ist tatsächlich nur noch der Restbestand. Dieser Restbestand, auf den wir ja den größten Wert legen, betrifft den Bau von Straßen. Da kommen wir zu einer, wie man sagt, Entschließung. Das soll kein Mißtrauensvotum von uns oder von mir aus sein; das möchte ich ausdrücklich betonen. Aber der Herr Staatssekretär hat selbst gesagt: Für den Straßenbau bleibt nicht mehr viel übrig. Wie will man dann die Dinge bei dieser Belastung draußen verteidigen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
„Die Finanzierung eines langfristigen Straßenbauprogramms ist in einem besonderen Verkehrswegegesetz zu regeln", zu streichen und damit am Grundsätzlichen, nämlich der Konzentrierung auf den Straßenbau, festzuhalten?
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht den Antragstellern nicht darum, was im Jahre 1955 geschieht — durch die Vorlage des Bundeshaushaltsplans für das kommende Haushaltsjahr sind die Wünsche auch von seiten des Straßenbaus befriedigt —, sondern es geht uns darum, was danach, in den kommenden Haushaltsjahren geschieht und daß sich der gute Wille, der heute eventuell sichtbar ist, auch fortpflanzt. Da haben wir eben tatsächlich keine Garantie. Eine lose Entschließung, in der eine Empfehlung gegeben wird, genügt zweifellos nicht den Anforderungen.
Herr Staatssekretär Hartmann, Sie sprachen davon, daß die Verankerung der Bahn, der Bundesautobahn usw. im Gesetz notwendig gewesen sei, weil man eine langfristige Vorauskreditierung wünsche und für notwendig erachte. Herr Staatssekretär, wir müssen die Dinge doch mal sehr real betrachten. Wir werden bei der enormen Zuwachsrate im Kraftverkehr, die sich ja immer wieder mit einer erstaunlichen Schnelligkeit fortsetzt, noch sehr viel mehr für den Straßenbau tun müssen, als es heute selbst in den schönsten Programmen des Bundesverkehrsministeriums zum Ausdruck kommt. Der Herr Bundesverkehrsminister spricht von einem Straßenbauprogramm mit jährlich 2,3 Milliarden DM. Ich bin bereit, ihn bei seinen Bemühungen, ein solches Programm aus dem Stadium der Planung in das Stadium der Realisierung zu bringen, voll und ganz zu unterstützen. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen uns darüber doch schon heute Klarheit verschaffen, daß selbst ein solches Straßenbauprogramm für die nächsten Jahre nicht genügen wird und daß wir uns ebenso, wie wir es jetzt für die Autobahn und die Bahn für notwendig erachten, darum werden bemühen müssen, auch für den allgemeinen Straßenbau auf dem Wege der Vorauskreditierung und der Inanspruchnahme des Kapitalmarkts Mittel zu beschaffen, die wir einfach nötig haben. Aus diesem Grunde, nicht um eine Einzelplanung festzulegen, halte ich ein Verkehrswegegesetz für notwendig, das diese Fragen der Investitionslenkung und der Investitionsvorausplanung gesetzlich regelt, wie wir es mit gutem Erfolg auf anderen Gebieten ja auch getan haben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist die Meinung des Bundesfinanzministeriums und der Bundesregierung. Daß mein Kollege Dresbach auf die Tribüne kommen würde, damit habe ich fest gerechnet. Sehr verehrter Kollege Dresbach, ich bin bloß der Meinung: warum sollten Sie in diesem Punkt nun päpstlicher sein als der Papst?
— Ja, in Ordnung. — Wir haben ja auch auf anderen Gebieten Zweckbindungen bereits gesetzlich verankert. Denken Sie an das Notopfer Berlin, denken Sie an das Thema Lastenausgleich, an das Thema Wohnungsbau und denken Sie nicht zuletzt an das Gesetz, das wir eben zu verabschieden im Begriffe sind. Wenn wir aber auf Teilgebieten eine Zweckbindung vorsehen, Herr Kollege Dr. Dresbach, dann müssen wir auch konsequent bleiben; denn sonst können Sie das Gesetz gegenüber der Öffentlichkeit kaum vertreten.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soweit das Anliegen, über das nun praktisch schon eine Stunde debattiert wird, sachlich berechtigt ist, ist es in der Entschließung niedergelegt, die der Ausschuß gefaßt hat und die sich auf Seite 12 der Drucksache befindet. Danach soll die Bundesregierung ersucht werden, die Mittel, soweit sie auf Grund dieses Gesetzes aufkommen und nicht bereits nach seinen Bestimmungen einer festen Verwendung zugeführt werden, zur Durchführung eines 10-Jahres-Planes zum Ausbau der Bundesstraßen einzusetzen und mindestens 25 % dieser Mittel für Ortsdurchfahrten und Ortsumgehungen zu verwenden.
In dieser Entschließung ist also das gesamte hier vorgebrachte Begehren enthalten, und es ist nicht erforderlich, daß wir zusätzlich irgend etwas unternehmen.
Ich möchte daher an die hohe Einsicht dieses Hauses appellieren und Sie 'bitten, nunmehr auch diesen letzten Änderungsantrag abzulehnen.
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Umdruck 319*), Änderungsantrag der Ab-
*) Siehe Anlage 7.
geordneten Müller-Hermann und Genossen auf Einfügung eines Abschnitts IV c. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe nunmehr auf Abschnitt V, — Abschnitt VI, Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Art. 4.
— Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift und mache darauf aufmerksam, daß die Überschrift, die bisher die Jahreszahl 1954 trug, nunmehr 1954/55 heißen soll.
— Nur 1955. Das war ein Mißverständnis. Sie soll also nur die Jahreszahl 1955 tragen. Wer Einleitung und Überschrift mit der angegebenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
— Warum braucht es eine Gegenprobe? Aber wenn Sie es eigens wünschen, — —
— Es wird jetzt, Herr Abgeordneter Stücklen, nicht über das gesamte Gesetz, sondern über Einleitung und Überschrift, insonderheit darüber, ob die Jahreszahl 1954 durch die Jahreszahl 1955 ersetzt werden soll, abgestimmt. Unter diesen Umständen glaubte ich auf eine Gegenprobe verzichten zu können. Ich bin aber gerne bereit, sie zu machen. Wer dagegen ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegen die Stimmen der Abgeordneten Stücklen, Dr. Dollinger und Unertl angenommen.
Damit ist die zweite Lesung beendet. Die dritte steht nicht auf der Tagesordnung. Wir fahren nunmehr in der Beratung der Tagesordnung der gestrigen Sitzung fort.
Ich rufe auf Punkt 4:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (28. Ausschuß) (Drucksache 1251). (Erste Beratung: 43. Sitzung.)
Das Wort als Berichterstatterin hat Frau Abgeordnete Finselberger.
Frau Finselberger , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Ausschuß für Sozialpolitik hat sich mit dem Antrag der SPD, den Sie in Drucksache 675 finden, beschäftigt und hat ihn beraten. Ich habe den Auftrag, dem Hohen Hause darüber folgendes zu berichten.
Nach den verschiedenen während des Krieges erlassenen Vorschriften war der Ablauf von Fristen in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung während der Dauer des Krieges gehemmt. Insbesondere wurden Renten an Hinterbliebene von Versicherten, die während des Krieges als Soldat verstorben sind, abweichend von § 1286 der Reichsversicherungsordnung mit dem Ablauf des Sterbemonats bewilligt.
Für den Bereich der britischen Besatzungszone war bereits durch die Sozialversicherungsanordnung Nr. 10 vom 24. Juni 1947 für den Fristablauf in der Sozialversicherung der Tag des Kriegsendes auf den 31. Dezember 1946 festgelegt worden. Das brachte eine Rechtsunterschiedlichkeit in den einzelnen Teilen des Bundesgebietes mit sich. So wurden z. B., wenn der Antrag auf Witwenrente in der Sozialversicherung nach dem 31. Dezember 1947 gestellt wurde, die Renten in der amerikanischen und französischen Zone vom Ablauf des Sterbemonats, also unter Umständen Jahre zurück, dagegen in der britischen Zone erst vom Ablauf des Antragsmonats an bewilligt. Um diese Rechtsverschiedenheit zu beseitigen, wurde in § 1 des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung vom 13. November 1952 bestimmt, daß als Tag des Kriegsendes in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung der 31. Dezember 1950 gilt.
Soweit aber Hinterbliebene der genannten Versicherten in Anbetracht der gegebenen Rechtslage einen Antrag auf rückwirkende Zahlung ihrer Renten nicht gestellt haben, wurde ihnen nach § 2 des Gesetzes zugestanden, diesen Antrag bis zum 30. Juni 1953 zu stellen. Zwischen der Verkündung des Gesetzes und ,dem Ablauf der Frist lag ein Zeitraum von 7 1/2 Monaten, während dessen der Antrag gestellt werden konnte. Diese Frist ist zwar durch die Presse bekanntgemacht worden. Dennoch haben Berechtigte diese Frist nicht eingehalten, weil sie von der ihnen durch das Gesetz gegebenen Möglichkeit keine Kenntnis erlangt haben. Der Umfang des Kreises der Säumigen läßt sich nicht genau übersehen. Nach einer Auskunft der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein in Lübeck sind etwa 12 000 Anträge nach § 2 gestellt worden. Etwa 3 % hiervon, also ungefähr 360 Anträge, hat die Landesversicherungsanstalt wegen Überschreitung der Frist abgelehnt. Hiervon sind aber nicht alle Anträge auch sachlich begründet gewesen. Es kann vielmehr damit gerechnet werden, daß ein Teil dieser Anträge aus sachlichen Gründen ohne Erfolg geblieben wäre. Es kann andererseits angenommen werden, daß in den anderen Ländern der Bundesrepublik ähnliche Verhältnisse vorliegen.
Die Länder Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben angeregt, den Personenkreis des § 2 des Kriegsfristengesetzes zu erweitern. Bei den Personen, die durch die derzeitige Vorschrift des Satz 1 des § 2 nicht berücksichtigt werden, handelt es sich insbesondere um Sanitätspersonen, um Angehörige der Organisation Todt, der Organisation Speer und ähnlicher Einrichtungen der Wehrmacht.
Um die aufgetretenen Härten zu vermeiden, erscheint es angezeigt, den zuletzt genannten Personenkreis mit hineinzunehmen und die Fristen zu verlängern. Der Ausschuß war sich einhellig darüber klar, daß dies die letzte Fristverlängerung sein muß.
Demgemäß hat der Ausschuß für Sozialpolitik in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Arbeit beschlossen, folgende Änderungen des § 2 des Kriegsfristengesetzes dem Plenum zur Beschlußfassung vorzulegen:
In § 2 des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung vom 13. November 1952 werden in Satz 1 die Worte „als Soldat" ersetzt durch die Worte „dem Deutschen Reich Kriegs-, Sanitäts- oder ähnliche Dienste geleistet haben oder . . .".
Der Satz 3 erhält folgende Fassung:
Sind Renten bisher abweichend hiervon festgestellt worden, so sind sie auf Antrag neu festzustellen, wenn dieser bis zum 31. Dezember 1955 gestellt wird.
Um Anschluß an das bestehende Gesetz zu finden, muß das Änderungsgesetz rückwirkend vom 1. Juli 1953 in Kraft treten.
Der Ausschuß für Sozialpolitik empfiehlt einstimmig dem Hohen Hause die Annahme dieser Gesetzesänderung.
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Ich rufe auf in zweiter Beratung die §§ 1, — 2,
— 3, — Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Einzelberatung entfällt, da keine Änderungsanträge vorliegen. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Jacobi, Dr. Willeke, Schwann, Dr. Gille, Dr. Schranz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes .
Das Wort wird nicht gewünscht. — Ich schlage Ihnen vor Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik — federführend — und an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung.
— Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betreffend Genehmigung zur Haft gegen den Abgeordneten SchmidtWittmack gemäß Schreiben des Oberbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom
17. Dezember 1954 .
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Dr. Klötzer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Oberbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat auf dem vorgeschriebenen Wege über das Bundesjustizministerium mit Schreiben vom 17. Dezember um die Genehmigung zur Haft gegen den Abgeordneten Schmidt-Wittmack ersucht. Er führt in seinem Schreiben zur Begründung aus, daß das Hohe Haus bereits in seiner 43. Sitzung die Immunität des Abgeordneten Schmidt-Wittmack aufgehoben hat und daß die seither gepflogenen Ermittlungen gegen den Beschuldigten den dringenden Verdacht begründen, daß der Beschuldigte sich des Landesverrats und der landesverräterischen Fälschung schuldig gemacht habe. SchmidtWittmack sei als Mitglied des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit zur Kenntnis von Staatsgeheimnissen gelangt, er sei also Geheimnisträger. Der Beschuldigte habe bereits auf seiner ersten Pressekonferenz in Ost-Berlin am 26. August unter Bruch seiner Verschwiegenheitspflicht Einzelheiten dieses geheimen Wissens preisgegeben. Insbesondere seine Ausführungen auf der Pressekonferenz über die Anzahl und über die Wirkung der in der Bundesrepublik stationierten Atomgeschütze stellten den Verrat eines Staatsgeheimnisses nach § 100 und § 99 des Strafgesetzbuches dar. Er habe weiterhin auf dieser Pressekonferenz Behauptungen aufgestellt über geheime Nebenabreden zum EVG-Vertrag, die im Falle ihrer Echtheit Staatsgeheimnisse wären. Er habe hierdurch den Tatbestand der landesverräterischen Fälschung nach § 100 a Abs. 2 des Strafgesetzbuches erfüllt. Da der Beschuldigte zur Zeit flüchtig sei, seien die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls gemäß § 112 Abs. 1 Ziffer 1 der Strafprozeßordnung gegeben.
Der Ausschuß hat sich mit diesem Ersuchen des Oberbundesanwalts eingehend beschäftigt und hat mit Mehrheit beschlossen, dem Ersuchen stattzugeben. Ich habe die Ehre, das Hohe Haus zu bitten, sich diesem Votum des Ausschusses anzuschließen.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Ausschußantrag auf Drucksache 1241. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Es ist interfraktionell vereinbart, daß Punkt 7 der gestrigen Tagesordnung abgesetzt werden soll. Ich rufe deshalb auf Punkt 8 der gestrigen Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen betreffend Mühlenwirtschaft (Drucksachen 1216, 55, dazu Umdruck 305).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Fassbender. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 12. November 1953 wurde dem Hohen Hause ein Antrag Dr. Horlacher und Genossen über das Mühlenproblem vorgelegt. In diesem Antrag hieß es:
Die Bundesregierung wird ersucht, alsbald die
in den §§ 3, 4, 10 und 11 des Getreidegesetzes
vom 24. November 1951 vorgesehenen Maßnahmen auf dem Gebiet der Mühlenwirtschaft in Angriff zu nehmen, soweit sie zur Erhaltung einer leistungsfähigen Müllerei notwendig sind.
Wie Sie aus der Nummer der Drucksache ersehen, stammt der Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen aus dem Anfang der 2. Legislaturperiode und trägt, wie gesagt, das Datum vom 12. November 1953. Um auf Grund dieses Antrages die Lage in der Mühlenwirtschaft eindeutig zu klären und um die Vorschläge der verschiedenen Gruppen kennenzulernen, wurden in einer gemeinsamen Sitzung zusammen mit Mitgliedern des Wirtschaftspolitischen Ausschusses Sachverständige folgender Sparten gehört: Arbeitsgemeinschaft der Handelsmühlen, Deutscher Müllerbund, Zentralverband des deutschen Getreide-, Futter- und Düngemittelhandels, Mehlgroßhandel, Genossenschaften, Zentralverband des genossenschaftlichen Großhandels, Brotindustrie, Zentralverband des Bäckerhandwerks.
Bei der Diskussion über das Ergebnis dieser Sachverständigenvernehmungen wurde vom Ausschuß festgestellt, daß unzweifelhaft eine sehr ernste Krise in der deutschen Mühlenwirtschaft vorhanden sei und sie ernstlich von niemand bestritten werden könne. Hinsichtlich der Möglichkeiten einer Behebung dieser Krise wurden im Ausschuß zwei Auffassungen vertreten: die erste, eine Vermahlungsregelung auf gesetzlicher Grundlage sicherzustellen, die zweite, die Bereinigung in der Mühlenwirtschaft mit Hilfe eines freiwilligen Kartells vorzunehmen. Eine Minderheit des Ausschusses schloß sich der ersten Auffassung an, wohingegen die Mehrheit sich mit dem Kartellgedanken befreundete. Nachdem die erste Lösung vom Ausschuß mit Mehrheit abgelehnt war, entschied sich der Ausschuß in seiner Sitzung vom 16. März 1954 einstimmig für die Regelung auf der Basis eines freiwilligen Kartells.
Da dem Ausschuß mitgeteilt worden war, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister den Vorschlag eines freiwilligen Mühlenkartells mit einer eingehenden Begründung im Januar 1954 der Alliierten Hohen Kommission zur Genehmigung vorgelegt hatte, wurden die zuständigen Minister vom Ausschuß am 9. Juli 1954 gebeten, beschleunigt eine Entscheidung durch die Alliierte Hohe Kommission herbeizuführen, da es dem Ausschuß darauf ankam, daß die erforderlichen Maßnahmen so bald wie möglich eingeleitet werden könnten. Als dem Ernährungsausschuß nach den Parlamentsferien am 8. September 1954 eröffnet wurde, daß die Alliierte Hohe Kommission das geplante Mühlenkartell abgelehnt hatte, setzte der Ernährungsausschuß einen Unterausschuß ein, der zusammen mit den beteiligten Ministerien feststellen sollte, welche Möglichkeiten nun nach der Ablehnung durch die Hohe Kommission noch weiterbestehen.
Auf Grund dieser Vorberatungen kam der Ernährungsausschuß dann zu den Vorschlägen, wie sie Ihnen im Mündlichen Bericht — Drucksache 1216 — vorliegen. Danach soll die Regierung aufgefordert werden, dem Parlament beschleunigt ein Gesetz zur Verhinderung einer volkswirtschaftlich unerwünschten Erweiterung der Mühlenkapazität vorzulegen. Der Ausschuß ging davon aus, daß dieses Gesetz die Voraussetzung jeglicher Stillegungsmaßnahmen ist. Um aber diese geplanten freiwilligen Stillegungen durchführen, überhaupt in Gang bringen zu können, dürfte es notwendig sein, für Kredite zur Finanzierung dieser Maßnahme eine Bundesbürgschaft zu übernehmen.
Der mitbeteiligte Wirtschaftspolitische Ausschuß hat Bedenken gegen die Vorlage eines Gesetzes zur Verhinderung einer Erweiterung der Mühlenkapazität vorgebracht. Er hält es sowohl aus verfassungsrechtlichen als auch aus wirtschaftspolitischen Gründen für bedenklich, der Bundesregierung ein derartiges Gesetz vorzuschlagen respektive es zu verlangen. Er befürchtet, daß ein solches Ersuchen zwangsläufig ähnliche Wünsche aus der übrigen Wirtschaft zur Folge haben könnte. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß verweist auf die Möglichkeit eines Krisenkartells nach Inkrafttreten des Kartellgesetzes.
Da dem Ernährungsausschuß aber der Zeitpunkt der Verabschiedung eines Kartellgesetzes ungewiß ist, blieb man bei der Formulierung der Ziffer 1 a des Mündlichen Berichtes. Er hob bei seiner abschließenden Beratung hervor, daß es sich bei den vorgeschlagenen Maßnahmen nur um die Einleitung von Versuchen, die Lage der Mühlenwirtschaft zu bessern, handeln könne und daß der Gesamtkomplex der Mühlenwirtschaft nach Erlaß eines Kartellgesetzes endgültig geregelt werden müsse.
Namens des Ernährungsausschusses darf ich Sie bitten, dem Mündlichen Bericht Drucksache 1216, der Ihnen vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Elsner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heimatvertriebenen Ostmüller haben noch vor dem heimatvertriebenen Landvolk den geringsten Anteil an der Eingliederung in die westdeutsche Wirtschaft aufzuweisen. Es handelt sich dabei um ca. 2000 frühere Unternehmer mit einem Vermahlungskontingent von 2 362 000 t, die noch fast vollzählig auf Eingliederung warten. Der übliche Weg der Übernahme eines Mühlenbetriebes oder einer Neugründung ist ausgeschlossen, weil einem Vertriebenen oder Flüchtling die erforderlichen Mittel zur Übernahme eines Betriebs nicht zur Verfügung stehen und weil Neugründungen an der Übersetzung der Mühlenwirtschaft scheitern. Das gleiche gilt grundsätzlich für die pachtweise Übernahme eines Unternehmens oder für die Teilhaberschaft. Die bisherigen Eingliederungsverfahren wurden nach dem Koordinierungsbeschluß des Länderrates der Bizone vom 2. Juli 1949 durchgeführt. Seit 1953 aber gilt § 75 Abs. 3 des Bundesvertriebenengesetzes, der im Interesse der Ostmüller geschaffen wurde und die Bundesregierung verpflichtet, zum Zwecke der berufsgleichen Eingliederung den Abschluß von Werk- oder ähnlichen Verträgen mit einheimischen Mühlenbesitzern zuzulassen und zu fördern.
Seit Inkrafttreten des Bundesvertriebenengesetzes häufen sich nun die Klagen darüber, daß die daraufhin getroffenen Maßnahmen unzulänglich sind und daß die Eingliederung völlig ins Stocken geraten ist. Deshalb haben am 11. Oktober 1954 meine Fraktion und ich in der Kleinen Anfrage Nr. 117 auf Drucksache 878 im Interesse der um ihre Existenz ringenden Ostmüller die Bundesregierung um Auskunft darüber gebeten, 1. was zur Durchführung des § 75 Abs. 3 des Bundesvertriebenengesetzes veranlaßt worden ist,
2. wieviel Eingliederungsfälle daraufhin zu verzeichnen sind und 3. was die Bundesregierung zur weiteren Förderung der Eingliederung von Ostmüllern zu tun gedenkt.
Obwohl inzwischen mehr als ein halbes Jahr vergangen ist, hat die Bundesregierung diese Kleine Anfrage bisher nicht beantwortet, sondern nur mit einem Zwischenbescheid vom 20. Januar 1955 ihre baldige Beantwortung in Aussicht gestellt. In diesem Zwischenbescheid schreibt der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten u. a. — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten den Text des Schreibens auszugsweise zitieren —:
Die Beantwortung der Kleinen Anfrage erforderte die Zusammenfassung des bei verschiedenen Stellen vorhandenen Zahlenmaterials. Nachdem dieses Zahlenmaterial vorlag und die Antwort erteilt werden konnte, übersandte mir die Arbeitsgemeinschaft der Handelsmühlen, Bonn, ein Rechtsgutachten des Herrn Rechtsanwalts Dr. Modest, Hamburg, in dem ausgeführt wird, daß die für die Eingliederung der Ostmüller mit der Achten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz bereits getroffenen Maßnahmen mit den verfassungsrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar seien.
Für die Beantwortung der Kleinen Anfrage
ist, soweit es sich um die für die Eingliederung der Ostmüller vorgesehenen weiteren
Maßnahmen handelt, nach übereinstimmender
Auffassung der beteiligten Ressorts zunächst
die Klärung der in dem Rechtsgutachten aufgeworfenen Rechtsfragen erforderlich. Ich bedaure die Verzögerungen der Beantwortung der Kleinen Anfrage. Ich bin jedoch bemüht,
die notwendige Klarstellung der Rechtsfragen
beschleunigt zum Abschluß zu bringen.
Meine Damen und Herren, inzwischen sind erneut zwei Monate vergangen, ohne daß die Kleine Anfrage ihre Beantwortung gefunden hat. Zu der Stellungnahme des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist folgendes zu sagen. Zu einer eingehenden Beantwortung der Kleinen Anfrage ist neues Zahlenmaterial kaum erforderlich. Das notwendige Zahlenmaterial ist nach Auskunft des Verbandes der früheren Ostmühlen seit langem dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgelegt worden. Schließlich handelt es sich nicht um die Achte Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz, sondern allein um die Durchführung der Bestimmung des § 75 Abs. 3 des Bundesvertriebenengesetzes, nach welcher die Bundesregierung verpflichtet ist, den Abschluß von Werk- und ähnlichen Verträgen zu fördern. Dieser Verpflichtung ist die Bundesregierung nach unserer Auffassung nicht im .ausreichendem Maße nachgekommen; denn die Achte Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz wird als unzulänglich angesehen, weil die Möglichkeiten, die der § 75 Abs. 3 bietet, nicht voll ausgeschöpft sind. Auch die von Herrn Dr. Modest, Hamburg, angefochtene Rechtsgültigkeit der Achten Durchführungsverordnung hat mit der Durchführung des § 75 des Bundesvertriebenengesetzes wenig zu tun. Vielmehr gestattet die Achte Durchführungsverordnung den einheimischen Mühlen allein schon die 40%ige Vermahlung in Qualitätsweizen. Damit ist auch der Bedarf der einheimischen Mühlen an Qualitätsweizen völlig gedeckt, so daß die einheimischen
Mühlen an einer Erweiterung ihrer Vermahlung von Qualitätsweizen keinerlei Interesse mehr haben. Es ist daher auch völlig unmaßgeblich, daß die Achte Durchführungsverordnung den Ostmüllern die restlichen 60 % der Gesamtweizenvermahlung für den Abschluß von Werk- oder ähnlichen Verträgen übrigläßt, da keine einheimische Mühle bei der gestatteten 40%igen Qualitätsweizenvermahlung ein Interesse an der weiteren Vermahlung von Qualitätsweizen durch Abschluß von Werk- oder ähnlichen Verträgen mit den Ostmüllern hat.
Infolgedessen ist auch der Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Achten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz für die Ostmüller insoweit uninteressant. Es kommt vielmehr allein auf die in § 75 Abs. 3 des Bundesvertriebenengesetzes gesetzlich festgelegte Förderung des Abschlusses von Werk- und ähnlichen Verträgen an. Im übrigen läßt das Rechtsgutachten der Handelsmühlen klar die ablehnende Haltung in der Eingliederungsfrage der Ostmüller erkennen und hat zur Folge, daß die wenigen auf Grund der Richtlinien vom 24. März 1954 gestellten Eingliederungsanträge vorerst nicht bearbeitet werden. Schließlich ist auch im Hinblick auf das Gutachten die Kleine Anfrage 117 bisher nicht beantwortet worden. Der Zwischenbescheid des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Januar 1955 auf die Kleine Anfrage vom Oktober 1954 ist daher nicht befriedigend und läßt wie alle bisherigen Maßnahmen und Eingliederungsergebnisse erkennen, daß dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten offenbar keine erfolgversprechenden Möglichkeiten zur Eingliederung der Ostmüller zur Verfügung stehen. Herr Bundesminister, in dem von uns vorgelegten Änderungsantrag bietet sich eine sehr reale Möglichkeit zur Durchführung des § 75 Abs. 3. Auch uns ist die schwierige Lage der Mühlenwirtschaft bekannt. Die Ursachen sind eingehend dargelegt, so daß ich hierüber weitere Ausführungen nicht zu machen habe.
In der Drucksache 1216 legt der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dem Hohen Hause einen Antrag vor, der die Bundesregierung ersucht, zur Einleitung der Gesundung der Mühlenwirtschaft einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine volkswirtschaftlich unerwünschte Erweiterung der Mühlenkapazität verhindert und zweitens die Bundesregierung ersucht, für Kredite zur Finanzierung der freiwilligen Stillegung von Mühlen eine Bundesbürgschaft zu übernehmen. Mit der geforderten Investitionskontrolle in der Mühlenwirtschaft mit dem Ziele, unerwünschte Neu- und Erweiterungsbauten zu unterbinden und gleichzeitig über einen Schrottfonds die Überkapazität auf freiwilliger Grundlage abzubauen, sehen wir die Möglichkeit, die Mühlenwirtschaft aus ihrer unheilvollen Lage herauszuführen, aber auch das Ende jeder Möglichkeit einer Eingliederung der Ostmüller.
Aus diesem Grunde haben wir zu der Drucksache 1216 einen Änderungsantrag vorgelegt, der durch eine Ausnahme in der Beschränkung — Ziffer 1 a — den Ostmüllern über eine angemessene Kapazitätserweiterung bei Werk- und ähnlichen Verträgen eine Eingliederung ermöglicht. Dem möglichen Einwand, durch diesen Änderungsantrag werde das im Grundgesetz verankerte Gleichheitsprinzip verletzt, ist mit dem Hinweis
zu begegnen, daß eine Gleichheit noch gar nicht erreicht ist, sondern erst und eben auf diesem Wege hergestellt werden soll. Es erscheint mir daher undenkbar, das Grundgesetz heranziehen zu wollen, um eine berufsgleiche Eingliederung und damit auch die Lösung dieser seit Jahren brennenden sozialen Frage zu verhindern.
Mit den 10 Millionen Heimatvertriebenen kamen auch die Ostmüller mit ihren Abnehmern und Konsumenten. Was hätte näher gelegen, als im Zuge des Aufbaus der zerbombten Mühlen und der Erweiterungsbauten der mittleren und kleineren Mühlen, die mit hohen Krediten und Arbeitsplatzbeschaffungsdarlehen durchgeführt worden sind, die Ostmüller mit ihren Kontingenten einzugliedern, anstatt jahrelang Millionenbeträge für Unterhaltshilfe zu zahlen. Dabei muß darauf hingewiesen werden, daß die einheimische Mühlenwirtschaft in dieser Zeit 1 bis 1,2 Millionen Tonnen Brotgetreide pro Jahr zusätzlich für 10 Millionen heimatvertriebene Verbraucher vermahlen konnte, und zwar mit einem jährlichen zusätzlichen Gewinn von 80 Millionen DM. Auch die Tatsache, daß die Mühlenverbände durch eine Abgabe von 10 Pfennig pro vermahlener Tonne einen Sozialfonds bei der Mühlenstelle bildeten und daraus an alte heimatvertriebene Ostmüller seit 1953 monatlich Beträge von 37,50 DM an zusätzlicher Unterstützung zahlen, brachte keine Behebung dieses schweren Notstandes und wohl auch keine Entlastung des sozialen Gewissens für diejenigen, die Anteil an dem guten zusätzlichen Geschäft hatten, das ausschließlich zu Lasten der vertriebenen Ostmüller ging. Im Gegenteil, die rasante Entwicklung und Maßlosigkeit in der Ausweitung der Mühlenwirtschaft führte über hohe Fehlinvestitionen zu einer fast 100%igen Überkapazität, die in der Hauptsache neben manchen anderen Ursachen die Mühlenkrise herbeiführte. Nunmehr soll diese Überkapazität abgebaut und eine unerwünschte Ausweitung der Mühlenkapazität verhindert werden.
Meine Damen und Herren, wir sind bereit, diesem Antrag zuzustimmen, wenn dabei den heimatvertriebenen Ostmüllern die im vorgelegten Änderungsantrag vorgeschlagene Chance gegeben wird. Wir sind der Meinung, daß die Eingliederung der Ostmüller, die nun schon 10 Jahre auf eine echte Hilfe warten, keine volkswirtschaftlich unerwünschte Ausweitung der Mühlenkapazität bringen dürfte, schon deshalb nicht, weil sie im Rahmen der Eingliederung eine angemessene Begrenzung finden kann. Ich darf Sie deshalb bitten, dem vorgelegten Änderungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder redliche Mensch wird es außerordentlich bedauern, daß wir in der berufsgleichen Wiedereingliederung der heimatvertriebenen Müller nennenswerte Fortschritte noch nicht gemacht haben. Der Umstand, daß diese Gruppe der Vertriebenen das Schicksal der sehr viel größeren Zahl z. B. der heimatvertriebenen und berufsvertriebenen Bauern teilt, hat uns nicht von der Verpflichtung entbunden, uns sehr ernsthaft mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Ich darf
Ihnen aus der unmittelbaren Beteiligung an den Arbeiten, die in diesem Bereich von dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und vom Unterausschuß „Mühlen" in diesem Haus geleistet worden sind, sagen, daß wir uns diesen Problemen mit allem Ernst und im Bewußtsein der Verantwortung, die wir für diese Menschen tragen, gewidmet haben. Ich muß Ihnen allerdings auch sagen — ich stelle hier nur eine Tatsache fest —, daß der Antrag, der soeben begründet worden ist, einstimmig gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt wurde, weil wir aus allen Fraktionen eben der festen Überzeugung waren, daß man das Problem der Wiedereingliederung auf diesem Wege nicht lösen kann. Ganz abgesehen davon, daß es sowieso fragwürdig erscheint, ob es zweckmäßig ist, aus dem großen Kreis der Heimat- und Berufsvertriebenen eine Gruppe herauszunehmen und für sie eine Sonderregelung zu finden, hat sich tatsächlich herausgestellt, daß es in diesem Fall so wie vorgeschlagen nicht geht.
Wir haben — das ist nicht zu bestreiten — eine Überkapazität an Mühlen um die 100%. Praktisch gesprochen heißt das: wir haben doppelt soviel Mühlen, wie wir jetzt nützlich und wirtschaftlich vertretbar beschäftigen können. Es hat sich auf Grund eingehender Beratungen auch mit den unmittelbar Beteiligten in sehr freier und offener Aussprache im Ausschuß herausgestellt, daß man den Wunsch, eine Ordnung zu finden, die alles so läßt, wie es jetzt ist, d. h. jedem, der eine Mühle hat, in einer Mühle auch eine Existenzgrundlage zu geben, einfach nicht verwirklichen kann. Es ist sehr naheliegend, daß das Problem nur noch unlösbarer geworden wäre, wenn man den Versuch unternommen hätte, in den Kreis der Müller, die sich heute in der Bundesrepublik zu Worte melden, auch noch diejenigen einzubeziehen, die aus dem Gebiet, über idas wir jetzt nichts zu sagen haben und aus dem die Deutschen gegen Recht und Gesetz vertrieben worden sind, kommen.
Deswegen haben wir diesen Antrag abgelehnt. Er läuft doch darauf hinaus, die ostvertriebenen Müller zum Spekulationsobjekt zu machen und dem einen oderanderen der „hiesigen" — wenn ich das so vereinfacht sagen darf — Müller die Möglichkeit zu geben, durch eine mehr oder weniger scheinbare Beteiligung eines Heimatvertriebenen in eine bessere Konkurrenzlage gegenüber anderen Wettbewerbern, die keineswegs Heimatvertriebene sind, zu kommen.
Wir haben Ihnen hier einen Vorschlag unterbreitet, und ich möchte Sie mit dem Berichterstatter um die Annahme dieses Antrags bitten. Das heißt, wir müssen den Antrag, ,der soeben begründet worden ist, ablehnen, wenn wenigstens Idas zum Zuge kommen soll, was im Augenblick auf freiwilliger Basis mit Hilfe ides Bundes möglich erscheint. Daß damit das Problem der Ostmüller nicht gelöst ist, ist selbstverständlich. Daß es als eine Aufgabe immer vor uns steht, als eine Aufgabe aus dem ganzen Bereich der berufsgerechten Eingliederung aller Vertriebenen, brauche ich nicht noch einmal ausdrücklich zu sagen. Aber die Eingliederung der Vertriebenen steht hier heute nicht zur Debatte, und ich will Ihnen nur noch einmal sagen: auch mit einem Teilproblem aus diesem Komplex können wir auf diese Weise nicht fertig werden. Wir würden höchstens die heimatvertriebenen Müller, ich möchte einmal sagen, zu einem Spekulationsobjekt machen; und dazu sollten sie uns allen zu gut sein. Das ist keine Angelegenheit, an der man zeigen
kann, ob man ein Herz für die Vertriebenen hat oder nicht. Deswegen bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung, und zwar zuerst über den Änderungsantrag auf Umdruck 305*) der Fraktion des GB/BHE. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses Drucksache 1216. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung: Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse **).
Der Herr Abgeordnete Bausch schlägt Ihnen vor, daß bei dem einzigen Antrag, um den es sich hier handelt, federführend wie vorgesehen der Haushaltsausschuß, aber mitberatend nicht der Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films, sondern der Ausschuß für Kulturpolitik sein soll. — Widerspruch erfolgt nicht. Ich darf annehmen, daß der Antrag damit angenommen ist. Es ist so beschlossen.
Wir sind am Ende der gestrigen Tagesordnung.
Ich komme nunmehr zur heutigen Tagesordnung. Der erste Punkt — Antrag betreffend Statut der Saar — ist abgesetzt. Zwischen den Fraktionen ist auch eine Vereinbarung dahin getroffen worden, daß Punkt 2 — Kartellgesetz — und Punkt 3 — Bundesministerium für Fragen des Mittelstandes — für heute abgesetzt sind.
Wir kommen damit zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs einer Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Drucksache 1260).
Es ist Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgesehen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Krammig, Dr. Dollinger, Maier , Schüttler und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Drucksache 1053); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) (Drucksache 1263).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Richarts.
— Der Berichterstatter schlägt Ihnen Verzicht auf den mündlichen Bericht vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
*) Siehe Anlage 8. **) Siehe Anlage 9.
Ich rufe damit in zweiter Beratung auf Art. I, — II, — III, — Einleitung und Überschrift. — Herr Abgeordneter Kalbitzer!
Meine Damen und Herren! In dem Bericht ist nach Meinung eines Teils der Ausschußmitglieder insofern ein Irrtum unterlaufen, als die Mehrheit des Ausschusses in dem letzten Satz des Art. I die grünen Bohnen bis 31. Mai nicht mit 5, sondern mit 0 % verzollen wollte, was auch absolut logisch ist. Der ganze Antrag, von den Kollegen der CDU eingebracht, hatte den Zweck, in der Zeit der Bohnenknappheit in diesem Winter die Einfuhr von Bohnen zu einem tragbaren Preis zu ermöglichen. Um das zu erreichen, mußte man logischerweise den Zoll befristet aussetzen und durfte nicht den Zollsatz ändern. Denn der Zollsatz von 5 % wird hier nicht als Schutz benötigt.
Ich erlaube mir deshalb, um dem Antrag einen vollen Sinn zu verleihen und damit der Meinung der Mehrheit ides Ausschusses Ausdruck zu geben, hier einen kurzen Änderungsantrag einzubringen — mit der Hoffnung, daß vor allem auch die Antragsteller selber einverstanden sind —, in dem es heißt:
Art. I, Schlußsatz, soll heißen:
Grüne Bohnen in der Zeit vom 1. April 1955 bis 31. Mai 1955 0 %.
Ich bitte das Hohe Haus, entsprechend abzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen. Zur Begründung möchte ich folgendes ausführen: Das, was sowohl im Außenhandelsausschuß teilweise vorgetragen worden ist, als auch das, was in der Begründung des Entwurfs steht, ist in keiner Weise gerechtfertigt. Eine Unterversorgung mit grünen Bohnen ist in dem ganzen laufenden Winter nicht eingetreten, und auch heute besteht sie nicht. Ich kann Ihnen mit wenigen Zahlen beweisen, daß die Versorgung des Marktes dieses Jahr sogar besser ist als im Durchschnitt der letzten Jahre. An Bohnenkonserven wurden produziert im Jahre 1951 19,2 Millionen, 1952 22,6 Millionen, 1953 30,7 Millionen und 1954 23,7 Millionen Dosen. Im letzten Jahre war eine etwas schlechtere Bohnenernte. Mit den überlagerten Beständen aus dem Jahre 1953, in dem eine Rekordernte zu verzeichnen war, stehen in dem laufenden Wirtschaftsjahr tatsächlich mehr Bohnenkonserven zur Verfügung, als in den Jahren vorher im Durchschnitt verbraucht worden sind.
Die Preisentwicklung stellt sich in folgender Weise dar — ich habe amtliche Zahlen vom Bundesernährungsministerium —: Im Durchschnitt des Jahres 1952 kostete die Dose 1,30 DM bis 1,38 DM, im Durchschnitt des Jahres 1953 1,08 bis 1,15 DM und in diesem, dem laufenden Wirtschaftsjahr mit seiner äußerst knappen Ernte, 1,25 bis 1,35 DM. Der Preis liegt in diesem Jahre also noch unter dem Durchschnitt der Preise, die vor zwei Jahren bestanden.
Ich darf Ihnen verraten: Der ganze Antrag ist darauf zurückzuführen, daß eine Firma Bohnen eingeführt hat in der Erwartung, bei uns würde die Ware durch die knappe Ernte etwas verteuert. Heute hat die Firma überteuerte Ware aus Amerika zur Verfügung und im Freihafen liegen;
diese Ware soll abgesetzt werden. Das dürfte der wahre Hintergrund für diesen Antrag sein.
Es handelt sich des weiteren allerdings darum, daß aus dem sogenannten Kieselhorst-Geschäft — ich nenne es hier bewußt — ebenfalls solche Ware daliegt. Die Firma Kieselhorst verkauft die Bohnen für die Innere Mission. Der Ertrag daraus fließt also der Inneren Mission zu. Auch diese Bohnen sind verteuert worden. Wenn man aber in diesem Falle etwas Besonderes tun will, muß man den Zoll aus Billigkeitsgründen erlassen, kann aber deswegen nicht ein ganzes Zollgefüge in Unordnung bringen.
Ich bitte Sie also, den Antrag des Ausschusses abzulehnen. Es hätte 1955 die größten Folgen für den Anbau von Konservenbohnen, wenn der Antrag angenommen würde. In den Vertragsanbau würde eine Unsicherheit getragen, die nicht abzusehen wäre.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegen meinen Willen muß ich heute noch einmal das Wort ergreifen. Die Geschichte ist praktisch ja so. Erstens: Der Antrag ist an sich überholt, und zweitens: Er ist auch auf eine falsche Linie geschoben. Man hätte die Bundesregierung ersuchen müssen, von der Ermächtigung, die sie nach § 4 des Zollgesetzes hat, vorübergehend Gebrauch zu machen.
Dann wäre die Sache in Ordnung gewesen.
Jetzt sollen wir uns heute mit dem Gesetz beschäftigen, das jetzt nachträglich mit Wirkung vom 15. Dezember in Kraft treten — was nicht der Fall war — und am 30. April auslaufen soll. Das ist die reinste Faschingszeitung. Außerdem hat sich noch herausgestellt, daß die Bevölkerung von dem Engpaß bei den Bohnen wenig gespürt hat. Das ist so eine Sache, die, wie es manchmal so geht, momentan aus dem Rohr herausgeschossen worden ist, ohne daß man andere Leute, die etwas mehr davon verstehen, verständigt hat. Wir sind dabei, uns mit einem Gesetzentwurf zu beschäftigen, der schon überholt ist. Jetzt haben wir 15. Januar, 15. Februar, 15 März, schon drei Monate — —
— Dafür bin ich nicht verantwortlich. Aber das Gesetz ist innerlich ausgehöhlt; es ist überholt. Daß Sie immer so schlecht von mir denken, das ärgert mich.
Dabei ist der genau so schlecht wie ich.
Wenn wir schon davon sprechen wollen: der hat auch schon manches verschleppt, wenn es ihm gerade gepaßt hat. Wir wollen uns da gegenseitig nicht hinaufsteigern. Ich bitte das Hohe Haus, den Gesetzentwurf abzulehnen; denn er hat praktisch gar keinen Sinn mehr.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wäre nicht hier heraufgekommen, wenn Herr Kollege Mauk nicht die
Geschmacklosigkeit besessen hätte, den Antragstellern zu unterstellen, für eine Firma zu arbeiten. So weit sind wir noch nicht wie vielleicht Teile in diesem Hause. Das möchte ich einmal mit aller Entschiedenheit klarstellen.
Ich habe die Preisentwicklung in den letzten Monaten gerade auf diesem Gebiet genau beobachtet und habe mir gesagt, ein Zollsatz von 35 % für solche Konserven hat nur dann einen Sinn, wenn in unserer Volkswirtschaft ein echtes Schutzbedürfnis vorliegt. Er verliert jeden Sinn, wenn die Preise davonlaufen, die Ware knapp geworden ist und man mit einer Herabsetzung der Zollsätze zu einer vernünftigen Preisgestaltung auf dem Inlandsmarkt kommen könnte. Das ist der Sinn des Antrages, nichts anderes. Jede Unterstellung muß ich entschieden ablehnen. Wer mich kennt, der weiß, daß ich mich nicht für Firmeninteressen hergebe.
Herr Dr. Horlacher stellt die Sache so dar, als ob das ein Faschingsscherz sei. Meine Damen und Herren, wenn Sie einmal die Preisentwicklung auf dem Bohnenkonservenmarkt ansehen, dann stellen Sie fest, daß wir eine Verteuerung urn annähernd 100 % haben. Ob das für unsere Hausfrauen ein Faschingsscherz sein soll, das festzustellen, muß ich Herrn Dr. Horlacher überlassen.
Herr Kollege Dr. Horlacher redet von einem Antrag auf eine Regelung vom 15. Dezember bis 30. April und hat sich noch nicht einmal den Ausschußbeschluß angesehen, der eine Abänderung für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai vorsieht.
So kann man die Sache wirklich nicht vertreten. Es lag schließlich nicht an den Antragstellern, daß dieser Antrag, der am 7. Dezember eingereicht worden ist, erst in den letzten Wochen im Außenhandelsausschuß behandelt worden ist. Hätte man den Antrag rechtzeitig behandelt, dann hätte die Regelung spätestens zu Ende des vergangenen Jahres in Kraft treten können, und dann wäre der Sinn dieses Antrages in vollem Umfange erfüllt worden, die Preise auf dem damaligen Niveau einspielen zu lassen.
Wenn Zollpolitik in einer Marktwirtschaft überhaupt einen Sinn haben soll, dann muß sie, wenn die Preise davonlaufen, durch das Hereinholen ausländischer Güter einen Preisausgleich herbeiführen helfen, und das ist der Sinn des Antrages.
Es wurde hier auch noch gesagt, man hätte die Bundesregierung angehen sollen. Ich darf darauf verweisen, daß das Bundesernährungsministerium im Bulletin der Bundesregierung bekanntgegeben hat, wie die Entwicklung auf dem Bohnenmarkt gewesen ist. Die Bundesregierung hat aber keine Konsequenzen daraus gezogen, und das hat die Antragsteller veranlaßt, diesen Antrag zu stellen.
Nach alledem — ich will es kurz machen — sehe ich überhaupt keinen Grund, jetzt darauf zu verzichten, diesen Antrag anzunehmen. Wir sollten ihn annehmen, damit wenigstens in den letzten zwei Monaten die Bohnenpreise auf einem vernünftigen
Stand gehalten werden. Ich bitte Sie, dem Ausschußbeschluß beizutreten.
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Ich habe meinen Ausführungen von vorhin nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich kann beweisen, Herr Kollege, daß die Bohnenpreise dieses Jahr niedriger sind als vor zwei Jahren, obwohl wir eine wesentlich schwächere Versorgung in Deutschland hatten. Ich muß zurückweisen und mich dagegen verwahren, ich hätte den Antragstellern unterstellt, für eine Firma tätig zu sein. Das habe ich nicht gesagt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders wohltuend wirkt es immer für mich, wenn ich einem Kollegen der eigenen Fraktion etwas sagen muß.
Der Herr Kollege Krammig war so freundlich, den ganzen Kram herumzudrehen. Ich habe nicht von der Sache der Bohnen, sondern ich habe von der zeitlichen Angelegenheit gesprochen.
— Ja, das kann mißverstanden sein. Sie verstehen alles gern miß.
Aber wollen wir es denn weiter ausdehnen? Jedenfalls, jetzt sage ich nicht mehr „Faschingsscherz", sondern Pfuschwerk; ist vielleicht besser. Nachdem man schon gesehen hat, daß die Kuh aus dem Stall ist „vom 15. Dezember bis 30. April 1955", hat man die Kuh durch die Hintertür auf den 1. April wieder eingeführt mit kürzerer Befristung von bloß zwei Monaten bis 31. Mai. Also, schön ist diese Gesetzesmacherei nicht. Ich bitte also mit Rücksicht darauf, daß wirklich jetzt die Bohnenversorgung
— der Kollege Mauk versteht ja was davon — sichergestellt ist: Lehnen Sie doch einen solchen Antrag ab. Drei Lesungen brauchen wir dazu, um das zu verabschieden. Den Bundesrat braucht man auch noch dazu. Der Weg ist falsch gegangen. Man hätte den Bundesrat einschalten müssen mit der Bundesregierung. Dann wären wir vielleicht rasch zum Ziele gekommen und hätten die Sache erledigt. So muß ich die Damen und Herren ernstlich bitten, so einen Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Diese Schwierigkeit in der Verzögerung der Durchführung der guten Absichten des Herrn Kollegen Krammig liegt ja doch darin, daß man erst dieses Gesetz systematisch verzögert, um, wenn man es dann lange genug verzögert hat, dann zu sagen: Ja, nun hat das keinen Zweck mehr. Daraus kann man, wenn man hier in seiner Arbeit überhaupt vorankommen will, nur den Schluß ziehen, daß der einigermaßen umständliche Weg des § 4 des Zolltarifgesetzes, der seinerzeit vom Parlament beschlossen worden ist, künftig vereinfacht wird. Es ist ja ein berechtigtes Anliegen, daß Zölle zeitweise, wenn es aus wirtschaftspolitischen Gründen notwendig ist, herabgesetzt werden können. Daß
man den Antrag von Herrn Krammig nun auf ein Gummiband gespannt hat, ihn bis jetzt hat warten lassen, bis es zu einer endgültigen Entscheidung kommt, um jetzt zu sagen: Jetzt haben wir euch so lange hingehalten, jetzt hat es keinen Sinn mehr, so, Herr Kollege, kann man also nicht argumentieren. Ich meine wenigstens: wenn man schon diese Methode angefangen hat, es zu verzögern, soll man nicht kommen und sagen: Jetzt hat es keinen Zweck mehr. Es hat durchaus einen Sinn, für zwei Monate Bohnenkonserven zu verbilligen. Deshalb kann ich auch die Argumente des Herrn Kollegen Mauk in keiner Weise verstehen. Was hat das mit dem Bohnenanbau zu tun? Bis zum 31. Mai — und bis dahin ist das Ganze ja befristet — wird in Deutschland keine Bohne auf den Markt kommen. Es wird also kein deutscher Bauer dadurch benachteiligt.
Und ich meine: wenn man bei jedem venünftigen Versuch, nun mal Lebensmittel in etwa zu verbilligen, von vornherein mauert, dann nimmt man sich doch die innere Glaubwürdigkeit. Schon aus diesem Grunde sollten Sie hier eine Zustimmung geben, die Sie nicht einmal etwas kostet.
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, wir kommen dann zuerst zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abgeordneten Kalbitzer, nach dem Art. I letzter Satz, der sich mit den grünen Bohnen befaßt, in der angegebenen Zeit statt der Ziffer 5 die Ziffer 0 erhält. Wer diesem Antrag des Abgeordneten Kalbitzer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Meine Damen und Herren, wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich noch einmal um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich nunmehr zur Abstimmung über den Art. I in der geänderten Form. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über Art. II, — III, — Einleitung und Überschrift. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
— Herr Abgeordneter Dr. Horlacher hat Widerspruch gegen die dritte Lesung erhoben.
Wer schließt sich dem Widerspruch an? Es müssen zehn Abgeordnete sein. — Das sind zehn Abgeordnete. Demnach findet eine dritte Beratung heute nicht statt.
Meine Damen und Herren, wir stehen damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 75. Sitzung auf Mittwoch, den 23. März, um 14 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.