Rede von
Herbert
Kriedemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um notwendige und höchst erwünschte Rationalisierungen im Verkehr auch im Bereich der Versorgung mit Lebensmitteln nicht zu erschweren, und vor allen Dingen, um Kostensteigerung in den Bereichen der Lebenshaltung, die am empfindlichsten sind, bei Nahrungsmitteln nämlich, zu vermeiden, haben meine Freunde bereits im Ausschuß vorgeschlagen, eine Reihe besonders wichtiger Lebensmittel von der beabsichtigten Erhöhung der Beförderungsteuer auszu-
*) Siehe 73. Sitzung, Anlagen 17, 18, 21, 24. **) Siehe Anlage 3.
nehmen. Dabei ist ihnen die Mehrheit des Ausschusses leider nur in einigen Fällen gefolgt. Wir halten es deshalb für notwendig, Sie zu bitten, diese Ausnahmeliste um einige Punkte zu erweitern. Ich darf Ihnen versichern, daß wir uns bei der Auswahl der Vorschläge, die wir Ihnen hier machen, auf das Äußerste beschränkt haben, um nicht Einnahmeausfälle heraufzubeschwören, die vermieden werden könnten.
Wir bitten Sie mit Umdruck 312*), die Liste zu erweitern um inländische Gemüse, Nahrungsfette, Schlachtvieh, Fleisch und Fleischwaren sowie um Inlandsgetreide. Lassen Sie mich bitte zu den einzelnen Positionen hier einige Begründungen vortragen.
Wenn unsere gemüseerzeugende Landwirtschaft mit ihren ausländischen Konkurrenten wirklich in Wettbewerb treten können soll, müssen wir ihr dabei helfen. Im wesentlichen muß das geschehen im Bereich des Angebots, bei der Vermarktung, und es ist nicht richtig, wenn wir die großen Anstrengungen, die die beteiligten Menschen persönlich mit ihrer Arbeitskraft und ihrer Intelligenz machen, durch steuerliche Belastungen aufhalten. Mehr und mehr konzentriert sich das Angebot auf große Märkte, und das ist für die Anbieter wichtig, da sie nur auf diese Weise einen ordentlichen Preis erzielen können, und es ist wichtig für den Verbrauch. Um aber ein zügiges Angebot auf den großen Märkten zu ermöglichen — übrigens an den gleichen Stellen, an denen sich auch die Auseinandersetzung über die Preise im Vergleich zum Auslandsgemüse abspielt — , müssen es die Absatzgenossenschaften z. B. bewerkstelligen können, das Gemüse aus den Gebieten, die ja nicht immer gerade an den Zentren des Verzehrs, sondern eher am Rande liegen, dort hinzufahren, und da ist der Lastwagen natürlich allen anderen Einrichtungen überlegen. Wir möchten Sie deshalb bitten, hierfür dieselben Ausnahmen zuzugestehen, die für Frischfische, für inländisches Obst usw. im Ausschuß schon akzeptiert worden sind.
Was die Nahrungsfette angeht, so ist die Butter aus der Sonderbelastung herausgenommen. Es erscheint mir daher unverständlich, die Margarine, die ja in der Volksernährung, insbesondere bei den kaufkraftschwächeren Schichten, eine wesentlich größere Rolle als die Butter spielt, der höheren Besteuerung zu unterwerfen. Dazu kommt noch eins. Gerade die Versorgung mit Margarine muß zügig erfolgen. Margarine verträgt keine lange Lagerung, und jeder weiß, daß der Werkfernverkehr hier eine Rolle spielt, die ihm niemand anders abnehmen kann. Wir bitten Sie deshalb, hier ebenfalls den niedrigeren Tarifsatz zuzugestehen.
Zum Schlachtvieh eine Bemerkung. Wer mit den Dingen vertraut ist, weiß, daß das, was wir als Marktnotierung lesen, keineswegs der Betrag ist, der dem Erzeuger auch tatsächlich ausgezahlt wird. Von diesem Marktpreis gehen eine ganze Reihe von Unkosten zu Lasten des Erzeugers ab. Zu diesen Unkosten gehören auch die Frachten, aber auch die Gewichtsverluste, die auf dem Wege vom Hof des Erzeugers bis zum Markt auftreten. Auch hier ist es Ziel aller vernünftigen Bemühungen, die der Landwirtschaft von der anderen Seite, von der Seite der Vermarktung her helfen wollen, die Wege so kurz wie möglich zu machen, die Verkehrsmittel so modern wie nur möglich zu gestal-
*) Siehe 73. Sitzung, Anlage 17.
ten. Es wäre uns allen sicher sehr erwünscht, wenn die Fahrzeuge der landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaften z. B. — die Viehverwertungsgenossenschaften spielen ja hier eine besonders große Rolle — in der Lage wären, das Vieh jeweils in der denkbar kürzesten Zeit auf den Markt zu transportieren, auf dem es wahrscheinlich den besten Preis erzielt, und das ist dann Werkfernverkehr. Ob es sich nun um den Viehhandel oder um die Genossenschaften handelt, es ist unserer Meinung nach nicht einzusehen, warum diese mögliche Rationalisierung durch den höheren Gebührensatz aufgehalten werden soll.
Was Fleisch und Fleischwaren angeht, so sind wir im Augenblick gerade wieder einmal in einer Debatte um die Spannen und die Kosten, hervorgerufen durch die Schweinepreise, die, wie Sie wissen, in der letzten Zeit sehr erheblich abgesunken sind. Wir halten es für absolut falsch, daß in diesem Augenblick sozusagen der Kostenrechnung ein neues Moment hinzugefügt wird. Wir möchten hier auch keinen Vorwand schaffen, der die Auseinandersetzung um die Relation zwischen Viehpreisen und Fleischpreisen beeinträchtigen könnte. Wir möchten deshalb auch für Fleisch und Fleischwaren den niedrigeren Satz haben.
Zum Schluß ein Wort zum Inlandsgetreide. Wir haben uns in unserer Getreidepolitik von jenem sehr unsympathischen System, in dem das Auslandsgetreide frachtfrei an die Mühlen geliefert wurde, zu dem viel besseren System durchgerungen, daß, abgesehen von einer verhältnismäßig kleinen Getreidemenge, die große Masse des Auslandsgetreides auf Kosten desjenigen, der es verarbeiten will, und nicht mehr zu Lasten des Steuerzahlers herangeführt werden muß. Das haben wir getan, um den Absatz des inländischen Getreides zu erleichtern, um die sogenannten toten Winkel auszuräumen und die Kosten zu vermeiden, die mit der Ausräumung dieser toten Winkel über die Einfuhr- und Vorratsstellen usw. früher verbunden waren. Die Mühlen, vor allen Dingen die mittleren Mühlen, die nicht an den Wasserstraßen liegen, sind darauf angewiesen, Inlandsgetreide zu verarbeiten, und sie führen dieses Inlandsgetreide nach jahrzehntelanger Übung vom Erzeuger oder von dem Lager der dörflichen Genossenschaften mit ihren Lkws in ihre Mühlen. Wir möchten deshalb auch hier weder einen neuen Vorwand für Kostensteigerung noch ein neues Handikap für die Mühlen haben, nachdem wir ihnen nun das von ihnen gewünschte Verfahren nicht gewähren konnten. Aus diesem Grunde bitten wir Sie auch für das Inlandsgetreide um den Satz von 1 Pfennig je Tonnenkilometer.
Es liegen hier noch eine Reihe von anderen Anträgen vor, die sich mit der gleichen Angelegenheit befassen, so z. B. der Antrag auf Umdruck 330, der eine Ausnahmegenehmigung für einen viel kleineren Kreis von Waren, eigentlich überhaupt nur für das, was im Ausschuß schon beschlossen worden ist, also unter Ausschluß dessen, um das wir Sie diese Liste zu erweitern bitten, nur dann gewähren will, wenn jeweils bei einer Fahrt nur die hier aufgeführten Güter befördert werden. Wir glauben, daß das Verfahren dadurch außerordentlich erschwert wird und daß es außerdem auch die Möglichkeiten einengt, die hier dem Werkfernverkehr belassen werden müssen, wenn er seine Aufgabe erfüllen soll. Das gleiche gilt für die Anträge. die sich mit einem bescheideneren Katalog begnügen wollen.
Wir sind der Meinung, daß wir Ihnen nichts für eine Ausnahmeregelung vorschlagen, was nicht durch die Natur der Sache absolut gerechtfertigt ist, und bitten Sie deshalb, unseren Antrag auf Umdruck 312 anzunehmen.