Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-
nungspunkt 1 – fort.
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2004
– Drucksache 15/1500 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Finanzplan des Bundes 2003 bis 2007
– Drucksache 15/1501 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss
Ich erinnere daran, dass wir am Dienstag für die heu-
tige Aussprache eine Dauer von eineinhalb Stunden be-
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Redet
schlossen haben.
Wir kommen zur Schlussrunde. Als erstem Redner er-
teile ich dem Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel,
das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Wir sind in der Tat in einer äußerst schwierigenLage. Ich habe das bei der Einbringung des Haushaltsdeutlich gemacht. Wir werden heute in derbatte der ersten Lesung Revue passieren lassBeiträge in dieser Debatte zur Lösung unseregeleistet worden sind.
Ich will zunächst darauf hinweisen – das ist spannendür die Art der Debatte –,
ass der Bundeskanzler an einer bestimmten Stelle ge-agt hat, dass wir einen Fehler gemacht haben.
ch frage Sie, wie eigentlich Ihre Reaktion darauf war.ie haben so getan, als hätten Sie mit dem Umstand,ass wir in einer schwierigen Lage sind, überhauptichts zu tun.
s wurde sogar so getan, als ob 1998 ein Glücksjahr ge-esen wäre. Das erinnert an Falschmünzerei. 1998 warer Bundeshaushalt in seiner Gesamtheit schlechter als002.
– Genauso ist es. Ich rede vom Bundeshaushalt, sehrverehrter Herr Kollege Austermann. – Dafür hatten Siedie Verantwortung. Herr Solms hat es wirklich fertig ge-bracht zu sagen, wir hätten die Steuern stärker erhöht alsgesenkt. Es macht keinen Sinn, auf einer solchen Basiseine Debatte zu führen.
Ich will auf Folgendes hinweisen: So schwierig un-sere Situation auch ist, die höchste Arbeitslosigkeitrvereinigung gab es in Ihrer Regierungs- Sie völlig ausgeblendet. von der CDU/CSU: Wie denn?)Schlussde-en, welcher Problemenach der Wiedezeit. Das haben
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5222 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. September 2003
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Von den Schulden in Höhe von 1 500 Milliarden DModer 750 Milliarden Euro, die wir von Ihnen übernom-men haben, stammen 600 Milliarden Euro aus Ihrer Re-gierungszeit. Für diese 600 Milliarden Euro müssen wirjedes Jahr 28 Milliarden Euro Zinsen zahlen. Das ist eineBelastung für den Haushalt, die Sie zu verantworten ha-ben.
Ich sage das nicht, weil ich großen Spaß daran habe,über die Vergangenheit zu reden.Dasselbe betrifft übrigens auch das ThemaReformstau. Man kann uns ja vorwerfen, wir hätten inder vorigen Wahlperiode mehr machen müssen. In Ord-nung.
Aber wir haben ordentlich angefangen.
Deswegen seien Sie, Herr Koppelin, ein bisschen vor-sichtig! Was ist denn in den 16 Jahren passiert?
Warum hat denn Deutschland weltweit unter dem Makelgelitten, es sei ein Land mit einem riesigen Reformstau,in dem sich nichts bewegt? Das war doch während IhrerRegierungszeit. Jetzt bewegt sich das Land.
Damit will ich die Vergangenheit abschließen, weil ichgar keine Lust habe – die Menschen auch nicht –, dau-ernd darüber zu reden. Sie können aber nicht so tun, alsob Sie mit den Problemen dieses Landes nichts zu schaf-fen hätten und als ob es die 16 Jahre Ihrer Regierungs-zeit nicht gegeben hätte.
Es wäre schon gut gewesen, wenn Sie auf die Ausfüh-rungen des Bundeskanzlers etwas anders reagiert hät-ten –
das ist eine Frage der politischen Kultur – und sich zuIhrer eigenen Verantwortung für die derzeit in diesemLand vorhandenen Probleme bekannt hätten, zumal Sieim Bundesrat nun einmal die Mehrheit haben. Wir sindauch bereit – möglicherweise mit anderen Konzepten –darauf zu reagieren.Ich bin übrigens nicht unzufrieden mit dem Verlaufder Beratungen im Finanzausschuss des Bundesrates.Zehn Tage vor der Landtagswahl in Bayern ist immerhineDknImmwuSSMfzfAPddlstmgIinddsdgddiDs1
Streit über verschiedene Positionen ist zulässig. Lassenir einmal die Vergangenheit beiseite. Es ist schließlichnsere gemeinsame Vergangenheit. Infolgedessen habenie Verantwortung, so wie auch wir Verantwortung haben.
ie haben die Mehrheit im Bundesrat; wir haben dieehrheit im Bundestag. Insofern sind wir nach der Ver-assung zum Zusammenwirken verpflichtet.
Ich komme zu einem zweiten Punkt. Den Medien waru entnehmen, der Haushalt sei auf Sand gebaut. Ichange mit der Wachstumsprognose an.
ls wir den Haushalt aufgestellt haben, lagen wir mit derrognose eines Wirtschaftswachstums von 2 Prozent iner Mitte des Prognosespektrums,
as zu dieser Zeit von 1,7 bis 2,3 Prozent reichte. Zurzeitiegen wir in der Tat gemeinsam mit einem anderen In-titut am oberen Rand. Aber das gesamte Prognosespek-rum bewegt sich zwischen 1,5 bis 2 Prozent. Das Ge-älde, das Sie an die Wand malen, wird dadurch nichterechtfertigt, zumal zurzeit erstmals seit drei Jahren dienstitute in Deutschland insgesamt ankündigen, dass sien diesem Herbst ihre Prognosen – wenn auch vielleichtur mit minimalen Margen – nach oben korrigieren wer-en. Das haben wir seit drei Jahren nicht mehr erlebt. Inen vergangenen drei Jahren sind nämlich alle Progno-en nach unten korrigiert worden.
Das Institut für Wirtschaftsforschung in München,as für das nächste Jahr eine Prognose von 1,5 Prozentestellt hat, korrigiert nun auch aufgrund unserer Politikes Dreiklangs von Strukturreformen, Haushaltskonsoli-ierung und Vorziehen der Steuerreform als Wachstums-mpuls seine Prognose auf 1,7 Prozent, also nach oben.as Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat geradeeine Prognose – wenn auch minimal – von 1,7 auf,8 Prozent nach oben korrigiert.
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Bundesminister Hans Eichel
Das sind keine Abweichungen, die es rechtfertigen, indieser Weise über den Haushalt zu reden.
Ein weiterer Punkt: Im Haushalt sind viele Positionenveranschlagt, die noch nicht den Bundesrat passiert ha-ben. Das ist richtig; aber das ist nicht neu. Auch Sie ha-ben Haushalte mit Begleitgesetzen eingebracht. DerHaushalt ist schließlich ein Arbeits- und Gestaltungsauf-trag an uns alle. Mir wäre es lieber – ich habe meine Er-fahrungen gemacht –, ich könnte wie 1999 ein Haus-haltskonzept vorlegen, das ausschließlich auf den Bundsetzt und sonst niemanden braucht. Das entspricht abernicht der Wirklichkeit in Deutschland. Die Wirklichkeitist, dass die Kommunen, die Länder, der Bund und diesozialen Sicherungssysteme nach dreijähriger Stagnationin größten Schwierigkeiten sind. Wenn einer darangeht,die Probleme zu lösen – das ist die Aufgabe im Bundes-staat –, so ist das nur gemeinsam für Bund, Länder, Ge-meinden und die sozialen Sicherungssysteme möglich.Daran fehlt es Ihrem Ansatz überwiegend, während wirgenau an dieser Stelle ansetzen.Wir haben in der Tat seit 1999 beträchtliche Einspa-rungen vorgenommen. Das ist aus allen Positionen desHaushalts ersichtlich. Übrigens habe ich von Ihnennichts über Sparbeiträge gehört. Wenn ich Ihren Ausfüh-rungen folge, Herr Kollege Meister, komme ich zu demErgebnis, für Sie gilt immer noch das Motto „Allen wohlund niemand weh“. Das wird nicht möglich sein. Siewerden endlich selber Antworten geben müssen. In ein-zelnen Ländern geben Sie bereits – auch sehr schmerz-hafte – Antworten. Sie kommen aber auch hier um dieseAntworten nicht mehr herum.
Wir geben Antworten für den Gesamtstaat. Das istunsere Aufgabe, allerdings auch die Aufgabe des Bun-desrates.Wir sind in unserer Situation keineswegs das Schluss-licht in Europa. Es gibt eine Reihe von Ländern, die sogroße Aufgaben wie wir nicht zu schultern haben. Dassage ich im Hinblick auf die Debatte über die Belastun-gen, die durch die Wiedervereinigung entstanden sind.Es ist ja richtig, dass in Mittelosteuropa Wachstums-regionen liegen. Aber es ist ein großer ökonomischerUnterschied, Herr Kollege Merz – ich möchte an diesemPunkt gar keinen Streit provozieren –, ob man eineSchockanpassung vornimmt, wie wir das nach der Wie-dervereinigung gemacht haben – früher hat man dem In-ternationalen Währungsfonds vorgeworfen, dass einesolche Strategie falsch sei –, oder ob man den LändernMittelosteuropas 15 Jahre Zeit gibt, um mit unserer Un-terstützung eine funktionsfähige Marktwirtschaft undwettbewerbsfähige Betriebe aufzubauen.bgdrtvtSuDtzdet2sEudsgslawwgFdggBiseGüwdwuwnn
Unsere Antwort auf die Herausforderungen lautet:trukturreformen in den sozialen Sicherungssystemennd auf dem Arbeitsmarkt sowie auf den Güter- undienstleistungsmärkten, mehr Liberalisierung – ich be-one das ausdrücklich; es ist spannend, was die Liberalenu diesem Thema sagen –, beinharte Haushaltskonsoli-ierung sowie das Vorziehen der letzten Stufe der Steu-rreform. Letzteres ist notwendig, weil man in einer Si-uation, die durch Stagnation geprägt ist, nicht einfach3 Milliarden Euro bzw. – wenn ich die Kosten der Ge-undheitsreform noch einrechne – rund 35 Milliardenuro herausnehmen kann und erwarten darf, dass diesnsere Stagnationsphase nicht verlängern wird. Genauas darf nicht geschehen. Das will auch niemand.Übrigens, wenn Sie den Monatsbericht der Europäi-chen Zentralbank lesen, dann stellen Sie fest, dass sieegenüber unserem Reformkonzept außerordentlich po-itiv eingestellt ist. Das sollten Sie bei Gelegenheit viel-eicht einmal zur Kenntnis nehmen. Das Gleiche giltuch für die Europäische Kommission.
Wir haben Ihnen gleichzeitig mit unserem Konzept,issend, dass Sie die Entscheidungen mitzutragen haben,eil Sie die Mehrheit im Bundesrat stellen, Gesprächsan-ebote gemacht. Es ist aber verwunderlich, dass Sie iminanzplanungsrat, also in einem offiziellen Gremiumieser Republik, nicht in der Lage waren, auf unser An-ebot zu reagieren, das wie folgt lautete: Lasst uns eineemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern untereteiligung der kommunalen Spitzenverbände bilden,
um dort nicht etwa über die Fragen zu diskutieren, dien der Arbeitsgruppe Koch/Steinbrück behandelt werden,ondern darüber, welche Belastungen Bundesgesetze undine Reihe von Rahmenregelungen für Bund, Länder undemeinden bringen und wie sie entlastet werden können,brigens eine Forderung, die Sie an anderer Stelle immerieder stellen. Sie haben auf dieses Angebot betreffenden Gesamtstaat, wie gesagt, überhaupt nicht reagiert,eil Sie zuerst Ihre Parteivorsitzenden fragen musstennd weil Sie vor der anstehenden bayerischen Landtags-ahl zu jeder Art von sachlicher Arbeit offenkundigicht in der Lage sind. Das muss man wohl zur Kenntnisehmen. Aber das kann nicht so weitergehen.
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Bundesminister Hans EichelWir haben jedenfalls unser Konzept auf den Tisch ge-legt. Das müssen Sie nicht mögen. Aber Sie müssen an-gesichts der Verantwortung, die Sie haben, wenigstensAntworten geben.Ich komme nun zu dem, was diese Debatte gebrachthat. Frau Merkel hat drei konkrete Konzepte vorgeschla-gen. Das finde ich in Ordnung. Aber, Frau Merkel, das,was Sie zur Reform der Gemeindefinanzen vorge-schlagen haben, ist etwas anderes, als die Finanzministerund die Innenminister der B-Länder in der Gemeindefi-nanzreformkommission beschlossen haben. Sie habennämlich kein Sofortprogramm, sondern eine durchgrei-fende Reform mit Wirkung vom 1. Januar 2004 be-schlossen. Alle, auch Herr Faltlhauser, Herr Stratthaus,Herr Dr. Metz, Herr Peiner, haben sich dafür ausgespro-chen, dass die Gemeindefinanzreform auf einer moder-nisierten Gewerbesteuer aufbauen soll. Man konnteschon damals erkennen, dass einige in Ihren Reihen Pro-bleme mit der Einbeziehung ertragsunabhängiger Ele-mente in die Gewerbesteuer haben. Aber wir haben dasnicht vorgeschlagen. Das ist vielmehr ein Streitpunkt inIhren Reihen. Darum braucht man gar nicht herumzure-den.Niemand von Ihnen hat in der Kommission jedochgesagt, dass er die Freiberufler nicht in die Gewerbe-steuer einbeziehen möchte. Wenn Sie das vorgeschlagenhätten, dann hätten Sie etwas von den kommunalen Spit-zenverbänden zu hören bekommen. Hinterher – dasfinde ich außerordentlich spannend – klang das im baye-rischen Wahlkampf ganz anders. Aber wie gesagt, in derKommission hat man darüber kein einziges Wort verlo-ren.Mit unserem Vorschlag – unabhängig davon, ob er inallen Einzelheiten geteilt wird – haben wir den Versuchunternommen, auf der einen Seite alle unlauteren Gestal-tungsmöglichkeiten auszuschließen und auf der anderenSeite das Entstehen ökonomischer Probleme, die sichvielleicht aus der Einbeziehung ertragsunabhängigerElemente ergeben könnten, möglichst zu vermeiden. Vo-raussetzung dafür sollte aber eine reformierte Gewerbe-steuer sein. Diese Plattform haben alle Mitglieder derKommission – abseits der drei großen Wirtschaftsver-bände – gemeinsam entwickelt.Die Forderung, ein Sofortprogramm aufzulegen undalles andere erst einmal zu vergessen, ist entweder einZeichen der Hilflosigkeit – es zeigt, dass Sie kein eige-nes Konzept haben – oder, anders formuliert, sie bringtzum Ausdruck, dass Sie nicht in der Lage sind, sich aufein einheitliches Konzept zu einigen. Zwischen HerrnMerz‘ Forderung, die Gewerbesteuer abzuschaffen, undHerrn Kochs Position, die Gewerbesteuer solle mit ei-nem Unmaß an ertragsunabhängigen Elementen verse-hen werden, klafft eine Riesenlücke. Es gibt keine ge-meinsame Position der CDU und CSU. Deswegen sindSie in diesem Bereich zurzeit nicht verhandlungsfähig.Das ist bedenklich. Das muss man sagen.
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Sehr geehrte Frau Dr. Merkel – dieser Punkt ist kom-lizierter –, Sie fordern, was die Reformen am Arbeits-arkt angeht, die Lockerung des Kündigungsschutzesnd die Abschaffung des Flächentarifs. Dazu werdenir Ihnen nicht die Hand reichen. Es gilt, was der Bun-eskanzler und was der Kollege Clement hier gesagt ha-en: Bei allem, was in diesem Lande an Flexibilisierungotwendig ist, wollen wir, dass sich Arbeitnehmer undrbeitgeber auch in Zukunft auf gleicher Augenhöhe ge-enüberstehen.
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Bundesminister Hans EichelDas war eine Grundlage der guten EntwicklungDeutschlands in den vergangene 50 Jahren und das musses auch bleiben.Wir haben unendlich viel mehr Probleme zu lösen.Folgende Sätze waren verräterisch:Wenn Sie Kirschkuchen brauchen, backen Sie ihnselbst! Wir essen dann gerne mit, Herr Bundeskanz-ler.Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, wenn ich mir ein wenigSpott erlauben darf: Das war für mich der schönste Satzdieser Debatte.
So ginge es, wenn Sie nur die Oppositionsrolle hätten;da Sie aber die Mehrheit in der Länderkammer haben,geht es genau so eben nicht. Lassen Sie die Landes-regierungen ihre verfassungsmäßige Aufgabe erfüllen!Wenn Sie nicht wollen, dass Ihr Laden in Bundes- und inLandespolitiker auseinander fällt – das kann ich verste-hen –, dann übernehmen Sie die Verantwortung unddann haben Sie den Mut, auch hier, an diesem Pult, mehrals das, was Sie am Mittwoch geboten haben, zu sagen!
Ich möchte nun auf den Haushalt zu sprechen kommen.Man muss wissen, was wirklich Ihre Konsolidierungskon-zepte sind. Auf der einen Seite sagen Sie: Man darf dieSteuerreform nicht vorziehen, wenn keine komplette Ge-genfinanzierung vorhanden ist. Auf der anderen Seiteschnüffeln Sie an unserem Riesenpaket mit Vorschlägen,das wir zuvor im Rahmen der Haushaltskonsolidierunggeschnürt haben, herum und sagen, das alles passe Ihnennicht. Das ist ein klarer Widerspruch. So geht das nicht.Was ist denn nun Ihr Konzept für die Konsolidierung desHaushaltes? Unser Konzept liegt auf dem Tisch
Es war übrigens auch spannend bei der Opposition.Der große Spruch war ja: Privatisierung und Subventi-onsabbau.Erster Punkt: Privatisierung. Dazu habe ich einmalein Telefongespräch mit Herrn Westerwelle – er ist jetztnicht hier – geführt – ich habe nicht geahnt, dass meinAnruf nachher in der Zeitung seinen Niederschlag findenwürde –, weil ich ihn auf eines hinweisen wollte: Es gibtüberhaupt kein Problem, was die Zielrichtung betrifft.Wir wollen aus den Unternehmen raus; wir sehen garnicht ein, dass der Bund darin sein muss.
– Nix „aber“! — Das meiste sind wir auch los. Zu be-achten ist einzig und allein, dass wir das nicht unter ei-nem Druck tun, der uns nachher zwingt, zu Preisen zuverkaufen, dass man von Verschleuderung sprechenmuss. Das kommt nicht in Betracht.
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o werden wir nicht weiterkommen.Wir verzeichnen ein Anwachsen der Subventionennsgesamt. Umso mehr muss die Eigenheimzulage abge-chafft werden. Sie ist es nämlich, die uns zurzeit dieubventionen hoch treibt. Das ist eine direkte Unterstüt-ung des Kurses, den ich gefahren habe. Sie kommen umonkrete Antworten nicht herum, meine Damen underren.Bei jedem Subventionsabbau – auf dem Feld der Ei-enheimzulage –, den Sie verweigern, müssen Sie sichlar machen: 42,5 Prozent davon verweigern Sie denändern und 15 Prozent verweigern Sie den Kommunen.
as haben Sie im Frühjahr gemacht. Solch einen Ein-ruck erwecken Sie gegenwärtig wieder. Das wird soicht gehen.Nach dieser Debatte ist klar: Sie sind bei diesemhema nicht aufgestellt. Es wird aber Zeit, dass Sie sichazu aufstellen;
enn in diesem Herbst muss das entschieden werden.
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Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Thiele?
Bitte.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie sprachen die Eigen-
heimzulage an.
Ja.
Die Eigenheimzulage ist 1995 mit den Stimmen auch
der SPD im Bundestag verabschiedet worden.
Richtig.
Wir beklagen, dass Deutschland eine der niedrigsten
Wohneigentumsquoten in Europa hat. Die Eigentums-
quote ist von 1993 bis 2003 um 3,8 Prozent gestiegen.
Das sind 10 Prozent gesamtstaatlich. In den neuen Bun-
desländern ist sie um 30 Prozent gestiegen – 30 Prozent
mehr Eigentum als damals!
Die Frage geht dahin, warum Sie für die Abschaffung
der Eigenheimzulage sind. Wir haben es in diesem Zeit-
raum doch geschafft, dass zusätzlich etwa 1,4 Millionen
Haushalte in Eigentumsobjekten und nicht zur Miete
wohnen. Das sind mehr als 3 Millionen Menschen. Auf
der einen Seite wird Kapitalbildung und Altersvorsorge
gefordert – das Riester-Programm soll mit 20 Milliarden
DM gefördert werden – und auf der anderen Seite soll
hier etwas gestrichen werden, was zudem Beschäftigung
fördert. Es gibt die unsägliche Aussage des Bundeskanz-
lers vom Dezember letzten Jahres: Es ist unsere Auf-
gabe, die Arbeitsplätze in der überbesetzten Bauwirt-
schaft abzubauen.
Wenn ich mir dann vor Augen führe, wie mit der Ei-
genheimzulage Arbeitsplätze geschaffen werden,
wie Eigentum gebildet wird, wie gegen den demographi-
schen Wandel gewirkt wird, dann frage ich mich,
wie Sie erklären können, dass die Eigenheimzulage von
Ihnen abgeschafft werden soll.
Sehr verehrter Herr Kollege Thiele, die Frage, die Siesich stellen, kann ich Ihnen nicht beantworten.Ig–ktezgdasmkIkhuLEntudweaicwWnvköfrmktZdw
ch kann Ihnen nur die Frage beantworten, die Sie mirestellt haben. Die Antwort habe ich gegeben.Übrigens: Ich frage mich doch
ja, ich mich! –, wie es bei Ihnen immer noch passierenann, dass Sie als Liberale, die mit der Überschrift antre-n: „Wir sanieren den Staat durch Subventionsabbau“,war vom Subventionsabbau reden, aber es fertig brin-en, eine Subvention, die an der Spitze der Liste steht,ie die höchste überhaupt ist, von der die Bundesbank,lle Ökonomen, alle wirtschaftswissenschaftlichen For-chungsinstitute, der Sachverständigenrat sagen: „Dieuss weg“, nicht anzupacken.
Was sind denn in der Regel das Wesen und die Wir-ung von Subventionen, Herr Kollege Thiele? Ich willhnen darauf das Gleiche sagen, was auch liberale Politi-er schon gesagt haben – ich könnte unzählige Zitateeraussuchen –: Sie treten zwischen den Produzentennd den Konsumenten und verteuern in aller Regel dieeistung.
s gibt eine Reihe von Ländern – ich habe mir das ja ge-au angesehen –, die in der Tat weitaus höhere Eigen-msquoten haben als wir. Wenn Sie aber glauben, dassort annähernd so hohe Subventionen für diesen Bereichie bei uns gezahlt werden, täuschen Sie sich. Zunächstinmal gibt es dort niedrigere Baupreise. Wir erhöhenlso mit Subventionen zuallererst das Preisniveau. Mussh Ihnen als Liberalem das wirklich erzählen? Das istirklich erstaunlich. So werden wir nicht vorankommen.
Wenn Sie wie eine Monstranz Steinkohle- undindkraftsubventionen – letztere finden übrigens kei-en Niederschlag im Haushalt –
or sich her tragen und sagen, mit deren Abschaffungönne man einen spürbaren Beitrag zur Sanierung derffentlichen Haushalte, in denen 70 bis 80 Milliardenehlen, leisten, kann ich Ihnen darauf nur antworten: Daseicht bei weitem nicht aus; das ist ungenügend. Sieüssen schon an ganz andere Dinge heran, um die Zu-unftsfähigkeit dieses Landes zu sichern.Die entscheidende Frage, um die es zuletzt geht, lau-et doch, ob wir denn für die Felder, auf denen sich dieukunft unseres Landes entscheidet – das beginnt beier Kinderbetreuung, damit die Frauen, die Kinder-unsch und Erwerbstätigkeit vereinbaren wollen, das
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Bundesminister Hans Eichelauch können, und reicht bis hin zu den Hochschulen, zuForschung, Entwicklung und Innovation –, mehr Geldbereitstellen und dafür sorgen können, dass mehr Initia-tiven entwickelt werden. Darauf kommt es an; aber dashaben Sie in Ihrer Regierungszeit sträflich vernachläs-sigt. Wir haben es dann schon etwas anders gemacht;aber auch das reichte noch nicht aus. Weil wir die Haus-haltspolitik nun darauf ganz besonders ausrichten, müs-sen wir vieles andere lassen. Ansonsten gewinnt mannämlich die Zukunft nicht.
Wenn Sie sich vernünftig verhalten, dann können wirhoffen, dass wir wenigstens nach der Bayernwahl inzehn Tagen von Ihnen Antworten bekommen. Vorherwollen Sie den Wählern ja nicht sagen, wo Sie stehen.Natürlich brauchen wir die parlamentarischen Verfahren;das ist überhaupt nicht strittig. Aber glauben Sie wirk-lich, dass es vernünftig ist, bis Mitte Dezember zu war-ten? Sollen erst dann die Menschen wissen, ob die Struk-turreformen und die dritte Stufe der Steuerreform mitihren Entlastungen kommen und die Konsolidierung ein-geleitet wird? Wir sind uns übrigens, wenn ich IhreSprüche richtig interpretiere, darin einig, dass die Steu-erreform nicht vorgezogen werden kann, ohne dass eszugleich einen ganz intensiven Subventionsabbau gibt.Ansonsten könnte man das nämlich gar nicht verantwor-ten. Aber äußern Sie sich doch endlich bitte zu dem, wasauf dem Tisch liegt!
Ein vernünftiges Vorgehen setzt natürlich voraus, sehrgeehrte Frau Dr. Merkel, dass Sie selber wissen, was Siewollen, und sich darüber einigen. Nach der Bayernwahlwünsche ich mir eine Erklärung, in der steht, was wir ge-meinsam wollen. Die Streitpunkte, die es dann nochgibt, kann man im Gesetzgebungsverfahren lösen. Wennwir so verfahren, wissen die Menschen und die Unter-nehmen in unserem Lande, wo es lang geht. Das zartePflänzchen Aufschwung, das ganz vorsichtig heraus-kommt, braucht ordentliche Düngung. Ohne richtigesWachstum schaffen wir nämlich keine Konsolidierung.Sie tragen zwar nicht als Opposition, aber aufgrund IhrerMehrheit im Bundesrat die gleiche Verantwortung wiewir. Nehmen Sie sie endlich wahr, damit unser Land vo-rankommt!
Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention Kolle-
gin Angela Merkel.
Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, wie kon-struktiv Mehrheiten im Bundesrat genutzt wurden, istuSddhgnbDdfwHkssawhcSmdnuessbwSszddsAvwdnwgunim
ass die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück in derächsten oder übernächsten Woche Vorschläge machenerden, und zwar im Zusammenhang mit dem Steuerver-ünstigungsabbaugesetz. Es ist infam, dass Sie immernd immer wieder behaupten, die Union beteilige sichicht am Subventionsabbau. Die beiden Herren machen Auftrag aller Ministerpräsidenten nichts anderes, als
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Dr. Angela Merkelsich mit dem Subventionsabbau zu beschäftigen. Genauda werden wir unserer Verantwortung gerecht werden.
Herr Eichel, Sie glauben, die Streichung der Eigen-heimzulage, die die Eigentumsbildung befördert, sei einWeg, der Deutschland in die Zukunft führt.
Die Eigenheimzulage wurde zur steuerlichen Gleichstel-lung eingeführt; denn dadurch wird derjenige, der fürsich selbst Eigentum erwirbt, mit demjenigen, der Woh-nungen vermietet und der abschreiben darf, gleichge-stellt. Wenn Sie einen Vorschlag zur intelligenten Wei-terentwicklung dieses Instruments gemacht hätten,
dann könnte man sich dem vielleicht noch öffnen. WennSie die Eigenheimzulage aber einfach streichen wollen,dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass wir Ihren Vor-schlag ablehnen.
Letzter Punkt – nur dieser hat etwas mit dem von Ih-nen angesprochenen Kirschkuchen zu tun, Herr Eichel –:Ihr Bundeskanzler hat vorgeschlagen, die letzte Stufe derSteuerreform vorzuziehen. Sie haben einen Haushaltvorgelegt, der schon ohne diese Maßnahme kaum ver-fassungsgemäß war. Wir hören heute, dass außer Bayernund Baden-Württemberg wahrscheinlich kein einzigesBundesland in diesem Jahr einen verfassungsgemäßenHaushalt wird haben können. Wie erklären Sie dann,dass auf Pump – nichts weiter ist das, was Sie vorge-schlagen haben –
ein Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform zuverantworten ist? Ich weiß nicht, wie Sie das in Brüsselerklären. Sie haben es uns hier nicht erklärt. Wir sagen:Wer eine solche Idee hat, muss auch sagen, wie dasfinanziert werden soll. Davon haben wir nichts gehört.So, wie Sie es machen wollen, ist es nicht verantwort-lich.
Frau Kollegin Merkel, ich bin dankbar für Ihre Inter-vention, weil sie mir Gelegenheit gibt, den Dialog nochein bisschen weiter zu führen.Erstens. Ich habe nicht gesagt, dass Ihre Vorschlägezur Reform des Arbeitsmarktes für uns nicht inBetracht kommen, sondern habe einen Wertmaßstab ge-nannt. Der Wertmaßstab ist, dass Arbeitnehmer und Ar-beitgeber auf gleicher Augenhöhe, gleichberechtigt ei-nander gegenüberstehen und nicht der eine ein größeresGewicht hat als der andere.
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em scheint das, was Sie dazu auf den Tisch gelegt ha-en, nicht zu entsprechen. Das ist so und darüber mussan dann auch reden.Zweiter Punkt. Ihre Darstellung, sehr geehrte Frauollegin Merkel, bezüglich der Umsatzsteuer war nichtanz richtig. Wenn wir als Bund von den Kommunenine sehr kostenträchtige Aufgabe übernehmen und nichtinmal verlangen – das ist unsere ausdrückliche Posi-on –, dass das gesamte Geld, das von den Kommunenisher dafür aufgewandt wurde, auf den Bund übergeht,ondern 2,5 Milliarden Euro ab 2005 den Kommunenssen, dann ist das doch weiß Gott kein Angebot, überas man nicht vernünftig miteinander reden könnte.chließlich entlastet der Bund die Kommunalhaushaltem 2,5 Milliarden Euro, obwohl das nicht seine Sache,ondern Sache der Länder ist.Das Problem mit der Umsatzsteuer ist ein ganz an-eres. Das Problem ist, dass unsere Verfassung – dieommunen gehören finanzverfassungsrechtlich zu denändern – eigentlich nur den Weg über die Umsatzsteu-rverteilung kennt. Ich verstehe – schließlich war ichange genug Ministerpräsident –, dass die Länder Angstaben, dass sie, wenn sie das Geld an den Bund abtreten,s ihrerseits nicht schaffen, sich in diesem Umfang überen kommunalen Finanzausgleich zu refinanzieren. Da-über muss man in diesem Herbst sorgfältig reden, weilieses Problem gelöst werden muss; daran kann keinweifel bestehen.Ich halte fest, dass die Zusage des Bundes an dieommunen, sie ab 2005 nachhaltig um 2,5 Milliardenuro bzw. 2004 um 1,9 Milliarden Euro zu entlasten, einernünftiges Angebot ist, besonders in der aktuellchwierigen Situation der Haushalte, unter denen derundeshaushalt es am schwersten hat.Bei der Eigenheimzulage haben wir doch nicht diersatzlose Streichung vorgeschlagen. Im Gegenteil, wiraben vorgeschlagen, 25 Prozent des Subventionsvolu-ens der Eigenheimzulage zu erhalten – die Länder undommunen sollten das Gleiche tun – und damit ein ganzodernes Instrument der Städtebauförderung zu schaf-en. Die Ausgestaltung wird zurzeit besprochen. Darinegt zum ersten Mal die Chance, sehr verehrte Fraur. Merkel, auf die äußerst unterschiedliche Situationer Wohnungsmärkte in Ostdeutschland und beispiels-eise in den westlichen Großräumen München, Stuttgartnd Frankfurt einzugehen. Ihre Ministerpräsidenten sinds doch, die sich über die Neubauförderung in Ost-eutschland ärgern, weil sie die Innenstädte zerstöre.as will doch auch auf Ihrer Seite niemand. Lesen Sie,as Herr Milbradt und andere dazu sagen.
Angesichts dieser Chance, zum ersten Mal ein diffe-enziertes Instrument zu haben, lassen Sie uns darüber
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Bundesminister Hans Eichelreden, wenn das Ihre Bedingung ist. Wir haben es ange-boten.Der nächste Punkt. Wir haben mit dem Gesetz zumAbbau von Steuervergünstigungen auch Einschränkun-gen bei der Abschreibung im Mietwohnungsbau an-geboten. Das haben Sie jedoch nicht mitgemacht. Nach-dem Sie das damals selbst abgelehnt haben, können Siedoch jetzt nicht sagen, Sie wollten die Kürzungen bei derEigenheimzulage nicht mittragen, weil beim Mietwoh-nungsbau nichts geschehe.
Letzter Punkt: Steuerreform. Inzwischen liegt – un-ter Einbeziehung des Gesundheitsreformgesetzes – einGesamtpaket von 35 Milliarden Euro auf dem Tisch. Wirkönnen natürlich noch weiter konsolidieren; ich weiß al-lerdings nicht, ob das in der momentanen Stagnations-phase der richtige Weg ist. Deswegen haben wir, nach-dem das Gesamtpaket auf dem Tisch lag, gesagt:Erstens. Die Zinsbelastung durch das Vorziehen derSteuerreform finanzieren wir langfristig durch Subven-tionsabbau. Zweitens. Wir privatisieren. Drittens. Wirwerden unsere Finanzhilfen weiterhin Jahr für Jahr ummindestens 5 Prozent abbauen. Viertens. Wir bieten demBundesrat eine verbindliche Vereinbarung über den wei-teren steuerlichen Subventionsabbau an. Was sollen wirdenn noch tun, sehr verehrte Frau Kollegin Merkel, umhier zum Ziel zu kommen?
Nunmehr erteile ich dem Kollegen Peter Götz, CDU/
CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Herr Finanzminister, Sie haben einen großen TeilIhrer Rede den Kommunen gewidmet. Es ist etwas ganzNeues, dass das vonseiten der Regierungsbank ge-schieht. Die Kommunen stehen am Rand des finanziel-len Ruins. Das ist nicht die Schuld der Bürgermeisterund Oberbürgermeister, nicht die Schuld der vielen eh-renamtlichen Stadt- und Gemeinderäte, sondern das istdas Ergebnis Ihrer falschen Politik.
Vor zwei Jahren lag das kommunale Haushaltsdefizitbei 3,95 Milliarden Euro. Ende dieses Jahres werden inden Kassen deutscher Städte, Gemeinden und Land-kreise 10 Milliarden Euro fehlen. Ein Ende dieser Ent-wicklung ist nicht erkennbar.Die Gewerbesteuer ist nach den Einbrüchen in denVorjahren im vergangenen Jahr erneut um 9,1 ProzenteuAmtKSahgsLCwSbzvndFwmgiinbkdSPddeGebsPJdzd
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5230 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. September 2003
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Sie treiben allein mit solchen Ankündigungen nochmehr Kapital aus dem Land und wundern sich anschlie-ßend, dass niemand in Deutschland investiert. Ich mussschon sagen, Herr Bundesfinanzminister, Sie tun einemrichtig Leid.Meine Damen und Herren, es muss Schluss sein mitdem Verschiebebahnhof zulasten kommunaler Haus-halte. Wir wollen mit der Übertragung der Zusam-menlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf diekommunale Ebene gleichzeitig eine verfassungsrechtli-che Verankerung im Grundgesetz, damit der Aufgabeauch das Geld folgt. Anders ausgedrückt: Es mussSchluss damit sein, dass der Bundeskanzler im LandWohltaten verkündet und anschließend andere, wie dieKommunen, diese Wohltaten bezahlen lässt. In Deutsch-land muss endlich wieder der Grundsatz gelten: Wer be-stellt, bezahlt.
Wenn Sie es wirklich ehrlich mit den Kommunen mei-nen, dann stimmen Sie der entsprechenden Grund-gesetzänderung zu. Es wäre ein wichtiger Beitrag auchfür die Kultur in diesem Lande, wenn die Hin- und Her-schieberei endlich aufhörte.
Es gibt aber auch erfreuliche Signale von der Regie-rungskoalition. Die Grünen schwenken zunehmend aufunseren Vorschlag ein, die von ihnen seinerzeit auf denWeg gebrachte falsche Entscheidung der Erhöhung derGewerbesteuerumlage wieder zurückzunehmen – icherinnere an Diskussionsbeiträge der Kolleginnen Scheelund Andreae – und den Anteil der Kommunen an denUmsatzsteuereinnahmen auf 3 Prozent zu erhöhen.Wenn ich die öffentlichen Verlautbarungen meines Kol-legen Scheelen aus der SPD-Fraktion richtig verstandenhabe, gibt es auch dort vergleichbare positive Signale.Die Kommunen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ste-hen mit dem Rücken an der Wand. Stimmen Sie deshalbuedkmddnGzKkzeDGdkwslwdDKcleDSngtbtemdBjr
Ich erteile das Wort dem Kollegen Alex Bonde,
ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alsunger Abgeordneter habe ich mir nun die Haushaltsbe-atungen mehrere Tage lang angehört. Wenn man sich
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Alexander Bondenicht seit Jahrzehnten in wechselnden Rollen an diesenRitualen beteiligt, dann stellt sich einem die eine oderandere Frage. Es stellt sich beispielsweise die Frage, wiedie großen Haushaltsreden der Opposition mit dem Be-nennen der Verschuldung denn eigentlich mit den Beiträ-gen ihrer Fachpolitiker in den Einzelplandebatten untereinen Hut zu bringen sind.
In der aktuellen Situation hätten wir viele Kernpunktezu diskutieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen aus derOpposition, ich hätte erwartet, dass wir hier über unsere,aber auch über Ihre Konzepte zur Lösung der Problemeunseres Landes debattieren. Aber auch nach dieser Wo-che bleibt völlig offen, was Ihr Konzept zur Steuerre-form und Ihre Position zu den Kommunalfinanzen ist.Was bringt es, wenn Sie immer nur Nein sagen? IhreBlockade schafft keinen einzigen Arbeitsplatz, reduziertdie Staatsverschuldung um keinen einzigen Euro undlöst damit kein einziges der Probleme, über deren Lö-sung wir eigentlich diskutieren müssten. Nach dieserPerformance müssen wir uns ernsthaft fragen: Wie gutmuss es diesem Land eigentlich gehen, dass wir uns die-ses Oppositionstheater noch leisten können?Im Ernst: Wir haben eine sehr schwierige Haushalts-lage. Trotz großer Konsolidierungsanstrengungen in denletzten Jahren gibt es erhebliche Risiken in diesemHaushalt. Niedrige Wachstumsraten, steigende Erwerbs-losenzahlen, die Struktur unserer Sozialversicherungs-systeme und Steuermindereinnahmen haben massiveAuswirkungen auf unsere finanzielle Handlungsfähig-keit. Der Bundeshaushalt ist nur noch mit Strukturre-formen und Subventionsabbau konsolidierbar. Dieklassischen Einsparmöglichkeiten sind praktisch ausge-reizt, vollkommen unabhängig von der Farbe des Partei-buchs des Finanzministers.Die Koalition hat die Konzepte auf den Tisch gelegt.Sie sind oft schmerzhaft, aber mit Blick nach vorne drin-gend notwendig. Sie wissen, es war und ist nicht immereinfach. Gefragt sind politischer Mut, Ehrlichkeit, wennes darum geht, den Menschen die unbequeme Wahrheitzu sagen, und viel Verantwortungsbewusstsein. Diegroße Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass prak-tisch für jedes Vorhaben eine Mehrheit im Bundesratnotwendig ist.Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine grundsätzlicheAnmerkung. Wir müssen einmal ganz ernsthaft darüberreden, ob nicht inzwischen die Verfassungsrealität unddie Blockadementalität im Bundesrat massiv das Kö-nigsrecht des Parlaments, nämlich das Haushaltsrecht,unterminiert.
Man lässt uns als demokratisch gewählte Abgeordneteund als demokratisch gewählte Mehrheit in diesemHause de facto nicht mehr über dieses Recht verfügen,wohlgemerkt: über das erste und wichtigste Recht in derGeschichte der parlamentarischen Demokratie.hdrtiufimsWsIofptihwsleEtenmZgbKRmzgGddHrBE
Besonders besorgniserregend ist: In den letzten Tagenören wir dauernd Aufrufe aus diesem Parlament, genauieses Parlamentsrecht durch eine Blockade im Bundes-at zu verweigern. Nun ist es Ihr gutes Recht als Opposi-on, Ihre Position für inhaltliche Auseinandersetzungennd für den Versuch, sachliche Veränderungen herbeizu-ühren, zu nutzen. Aber genau das tun Sie nicht. Sie sindmer dagegen: kein Konzept, keine alternativen Kon-olidierungsvorschläge.
as wollen Sie eigentlich?Jawohl, dieser Haushalt hat Risiken. Das haben Siechon ausführlich zu Protokoll gegeben. Wo aber ist jetzthr Part, dabei mitzuhelfen, diese Risiken zu vermindernder ihnen abzuhelfen? Wenn Ihnen unsere Strukturre-ormen und Vorschläge zum Subventionsabbau nichtassen: Das ist in Ordnung. Aber wo ist Ihre Alterna-ve? Bringen Sie Vorschläge im gleichen Volumen undören Sie auf, Ihr Eigeninteresse über das Allgemein-ohl zu stellen!
Bei Ihrer Parteitaktiererei erinnern Sie mich langsamehr an Florida-Rolf bei Maischberger: Ich darf das al-s. Das steht mir zu. Das ist doch nicht mein Problem.s ist nicht verboten, also darf ich das. – Alles auf Kos-n der Gesellschaft. Obwohl Frau Merkel im Momenticht anwesend ist,
öchte ich ihr sagen: Hören Sie auf, sich auf Kosten derukunft in der bequemen Blockiererrolle zu sonnen! Le-en Sie praktikable Konzepte auf den Tisch! Nach Ihrenisherigen Auftritten in der Elefantenrunde und Ihrerurzintervention wissen wir nur eines: Nach Florida-olf kommt Kirschkuchen-Angela: keine Rezepte, aberitessen wollen.
Die Aufgabe von uns Parlamentariern ist es, Politiku gestalten, konjunkturelle und strukturelle Änderun-en zu bewirken. Wir haben an einem Reformpaket zuresundheit gearbeitet. Daran haben Sie mitgewirkt; da-urch ist es allerdings – wenn ich das einmal so sagenarf – nicht unbedingt besser geworden.
artz III und IV befindet sich auf dem Weg. Die Steuer-eform wird auf 2004 vorgezogen und damit werden dieürger steuerlich entlastet.Mit der Gemeindefinanzreform schaffen wir einentlastung der Kommunen, auch wenn wir dabei – das
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Alexander Bondemuss ich zugeben – den Entwurf der Regierung nochdeutlich werden nachbessern müssen. Aber, Herr Götz,angesichts dessen, dass Sie hier das Hohelied der Kom-munalfinanzen singen, muss ich Ihnen sagen, dass Siebeim Subventionsabbau bereits die Chance gehabt ha-ben, die Kommunen und Länder ganz substanziell zuentlasten. Wo war da Ihr großes Engagement für dieKommunen?
Ich bin gerne bereit, einzugestehen, dass auch unsereKonzepte keine Allheilmittel sind. Aber wir als Koali-tion haben uns wenigstens für einen Weg entschieden.Auf Ihren Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen von derOpposition, warten wir noch, und es sieht so aus, alsmüssten wir noch sehr lange warten. Unser Weg, wie wirmit den Erfordernissen des Haushalts umgehen, ist klar:Wir setzen auf Strukturreformen, Konsolidierung undWachstumsimpulse zusammen. Die Strukturreformenwerden in die Wege geleitet. Durch die vorgezogeneSteuerreform wollen wir die Kaufkraft stärken, Wachs-tumsimpulse setzen und so der stagnierenden Wirt-schaft auf die Beine helfen. Mit einem sehr ambitionier-ten Konsolidierungspaket in Höhe von 14 MilliardenEuro, unter anderem im Subventionsabbau, werden wirdie Lasten, die zu erbringen sind, gerecht auf vieleSchultern verteilen.
– Herr Kollege Fromme, da ich Sie die ganze Zeit höre,fühle ich mich langsam in die Position von Rudi Völlerversetzt. Sie sind schon fast der Gerhard Delling desBundestages: Noch nie eine verwertbare Flanke geschla-gen, aber an der rechten Seitenlinie herumstehen undkritisieren!
Darüber hinaus haben wir die Investitionen in dieZukunft nicht vernachlässigt. Einen deutlichen Schwer-punkt setzen wir bei den Ausgaben für Betreuung, Bil-dung und Forschung. Das Investitionsprogramm fürGanztagsschulen wurde für 2004 auf 1 Milliarde Euroerhöht. Mit diesem Beitrag steigen die Ausgaben für Bil-dung und Forschung gegenüber 2003 überproportionalum 6,3 Prozent an. Den Verweis auf die Zahlen Ihrer Re-gierungszeit erspare ich Ihnen an dieser Stelle.Bundesminister Eichel hat in seiner Einbringungsredezu Recht die Belastung aus der demographischen Ent-wicklung mit in den Vordergrund gestellt; denn dieseEntwicklung wird in der vor uns liegenden Zeit eines derschwierigsten Probleme darstellen. Wir steuern bei denvergangenheitsbezogenen Ausgaben auf eine Höhe vonfast 60 Prozent des gesamten Bundeshaushaltes zu. Zudieser Entwicklung haben in diesem Haus viele, Regie-rung wie Opposition, maßgeblich beigetragen. Ihr ehe-maliger Arbeitsminister Blüm hatte die Rente als sicherbezeichnet und glaubt das – das kann ich sagen, da ichvhvmucDztc1fmrKwdabwvzVdpErzJ–uKbuF
er wurde nie Kanzler, die CDU hat dazu beigetragen –nd zum anderen Oskar Lafontaine. Auch er wurde nieanzler, auch dazu hat die eigene Partei entscheidendeigetragen. Tun Sie, Frau Merkel, also das Richtige fürnser Land und beenden Sie Ihre Dauerblockade!Vielen Dank.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Jürgen Koppelin,
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
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Jürgen KoppelinWir müssen verhindern, dass künftige Generationenfür die Schulden arbeiten und Steuern zahlen müs-sen, die die jetzige Generation aufhäuft.
Sparen ist ... kein Selbstzweck, Sparen ist Mittelzum Zweck,
nämlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen, fürnachhaltiges Wachstum ..., für die Förderung vonBildung und Innovation; vor allem aber sorgt Spa-ren für einen aktiven Staat ...
Wir müssen den Marsch in die Staatsüberschuldungstoppen.Mit dem Zurückfahren der Neuverschuldung ge-winnt die öffentliche Hand nach und nach ihreHandlungsfähigkeit zurück und kann endlich wie-der Impulse geben.
Wer heute nicht bereit ist zu sparen, steht morgenvor gänzlich unlösbaren Problemen. Ein handlungs-unfähiger Staat ist ... das Schlimmste, was diesemLande passieren kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin ganz er-staunt, dass es vonseiten der Koalitionsfraktionen, abervor allem von der SPD zu diesen Ausführungen keinenlang anhaltenden Beifall gibt. Denn das ist Originaltoneiner Rede von Hans Eichel 1999.
Damals gab es lang anhaltenden Beifall aus den Reihender Koalition, natürlich vor allem von der SPD.Heute sieht die Haushaltspolitik von Hans Eichelganz anders aus. Genau das Gegenteil macht er. Er hat esdiese Woche verkündet. Nun raten Sie einmal: lang an-haltender Beifall bei den Koalitionsfraktionen.Wir haben damals dem Bundesfinanzminister Unter-stützung beim Sparkurs zugesagt. Das können Sienachlesen. Wir sind auch weiter der Auffassung, dassdieser Sparkurs eingehalten werden muss. Nur: Sie ha-ben sich von diesem Sparkurs verabschiedet.
Diese Woche haben wir lang anhaltenden Beifall fürden Bundesfinanzminister erlebt. Wissen Sie eigentlich,was Sie da beklatscht haben? Sie beklatschen hohe Neu-verschuldung. Sie beklatschen Luftbuchungen. Sie be-klatschen Tricksereien. Sie beklatschen unrealistischeAnnahmen von Einnahmen.
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iebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,enn Hans Eichel in dieser Woche bei der Haushalts-ebatte seitenweise Karl Marx vorgelesen hätte, hätte eruch lang anhaltenden Beifall bekommen.
Mit diesem Bundeshaushalt 2004 setzen Sie fort, wasie schon in den letzten beiden Haushalten gemacht ha-en: Sie verlassen den Konsolidierungskurs und gehenusammen mit Hans Eichel den Weg in den Schulden-taat. In der mittelfristigen Finanzplanung waren für denundeshaushalt 2004 nur 10,2 Milliarden Euro Neuver-chuldung vorgesehen. Jetzt sind es bereits 30,8 Milliar-en Euro. Hans Eichel hat in seiner Amtszeit 123 Mil-arden Euro neuer Schulden aufgehäuft. Wenn derachtragshaushalt 2003 und der Bundeshaushalt 2004 da-ugerechnet werden, so beträgt die Neuverschuldung un-r Hans Eichel 170 Milliarden Euro. Das ist Tatbestand.
Der Bundesfinanzminister legt zum dritten Mal einenerfassungswidrigen Haushalt vor. Auch das ist Tatsa-he.
och nicht mitgerechnet sind die Risiken in Milliarden-öhe, die der Bundeshaushalt 2004 aufweist. Die veran-chlagten Mittel für den Arbeitsmarkt sind viel zu nied-ig. Die dritte Stufe der Steuerreform muss noch solideinanziert werden; ich habe die Befürchtung, dass dasicht geschehen wird. Sie arbeiten mit globalen Minder-usgaben. Für eine Steueramnestie haben Sie Einnahmenon 2,1 Milliarden Euro vorgesehen, wobei Sie genauissen, dass auch das eine Luftbuchung ist. Auch dieerletzung der Maastricht-Kriterien nehmen Sie inzwi-chen wie selbstverständlich in Kauf.Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorgelegte Ent-urf eines Bundeshaushaltes 2004 ist unzulänglich undakzeptabel.
enn es Ihnen um Ehrlichkeit in der Haushaltspolitikegangen wäre,
ann hätte der Bundesfinanzminister mit dem Entwurfes Haushaltsplanes 2004 auch einen Nachtragshaus-alt für das Jahr 2003 vorlegen müssen.
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Jürgen KoppelinVielleicht wäre dann allen Kolleginnen und Kollegenaus den Koalitionsfraktionen deutlich geworden, welcheRisiken der Bundeshaushalt 2004 in sich birgt. Ich lesejetzt mit großem Interesse Agenturmeldungen, wonachauch die Landesfinanzminister, die der SPD angehören,sich bereits jetzt gegen den Haushalt von Hans Eicheläußern.Dieser Bundeshaushalt 2004 schafft keine positiveStimmung für unsere Wirtschaft. Konsum- und Investiti-onsneigung werden eher zurückgehen und zurückhaltendsein.
Konjunkturelle Effekte gibt es durch diesen Bundes-haushalt nicht.
Rot-Grün hatte sich in der Haushaltspolitik viel vorge-nommen. Die von mir zitierte Rede von Hans Eichelzeigt das. Angesichts des Haushaltsentwurfs 2004 desBundesfinanzministers bleibt mir nur die Feststellung:Rot-Grün kann es nicht.
Das Allerschlimmste ist jedoch, dass Sie in den ver-gangenen Jahren die Menschen in unserem Lande überdie wahre Lage getäuscht und damit die Glaubwürdig-keit der Politik beeinträchtigt haben.Herr Bundesfinanzminister, Sie stellen sich hier hinund sagen, von dieser Koalition sei so vieles toll in An-griff genommen worden und Sie hätten tolle Reformeneingeleitet. Ich greife nur einen Punkt heraus: NehmenSie nur einmal das, was Sie im Bereich der Schein-selbstständigkeit getan haben. Sie haben Gesetze einge-führt, durch die sie abgeschafft werden sollte. Dieswurde von der Koalition bejubelt. Dann musste der HerrHartz kommen. Was tun Sie jetzt? Jetzt nennen Sie dasGanze „Ich-AG“ und bejubeln es auch wieder. So habenSie in der Politik jeden Tag in den fünf Jahren, in denenSie regieren, Hü und Hott gemacht. Sie haben in IhrerPolitik keine konkrete Linie. Das ist Ihr Problem.
Man könnte noch andere Beispiele dafür nennen, wie Siein Deutschland Arbeitsplätze vernichtet und unsere Bür-gerinnen und Bürger mit neuen Steuern drangsaliert ha-ben und dass – das ist das Schlimmste – Deutschlanddurch Ihre Politik seine Wettbewerbsfähigkeit verlorenhat.
Die Koalition muss Antworten darauf geben, warumsie den Sparkurs, den wir, die FDP, wollen, nicht mehrunterstützt. Kollege Poß, ich muss Ihnen einmal sagen:Das, was Sie in diesen Tagen vorschlagen, kann mannicht als Sparkurs bezeichnen. Ihnen fällt nämlich nichtsanderes als eine Erhöhung von Steuern ein; diesmal istwieder die Erbschaftsteuer an der Reihe. Wenn Ihnenzu diesem Haushalt und zu den Finanzen des BundesnuSanhnzcSRd4ocBSe2DsdBiFsHgensdkmjbtDwBu
Man konnte einer Agenturmeldung entnehmen, dassie SPD-Bundestagsfraktion den Haushaltsentwurf vonundesfinanzminister Eichel in einer Fraktionssitzungm August einstimmig gebilligt hat. Deutlicher kann eineraktion nicht dokumentieren, dass jeder Mut sie verlas-en hat. Wie können Sie in Ihrer Fraktionssitzung diesemaushalt bloß einstimmig zustimmen, obwohl Sie dochenau wissen, welche Risiken er beinhaltet und dass dasin Märchenbuch ist? Die Fraktion der SPD hat anschei-end jeder Mut verlassen. Das ist auch nicht überra-chend; denn der Haushaltsentwurf steht allein unterem Motto der drei Probleme von Rot-Grün. Sie lauten:ein Geld, keine Ahnung, kein Konzept.
Die Haushaltsdebatte und auch die Rede von Finanz-inister Eichel haben deutlich gemacht, dass Sie sichetzt mit einem kräftigen Schluck aus der Schuldenpulleetäuben. Diese rot-grüne Koalition ist inzwischen rich-ig schuldensüchtig geworden.
as Erwachen und der Kater werden nur schlimmer,enn Sie weiterhin den finanzpolitischen Märchen desundesfinanzministers glauben.Die Fraktion der FDP hat noch den Mut zu Reformennd macht auch Vorschläge. Ich habe Ihnen hier einige
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Jürgen Koppelingenannt. Wir wollen weiterhin einen Sparkurs einhalten.Dieser Kurs muss aber die Bezeichnung „Sparkurs“ auchwirklich verdienen. Sie werden bei den Haushaltsbera-tungen erleben: Wir werden den Mut haben, Möglichkei-ten für Streichungen auch öffentlich zu benennen. Ichfreue mich auf die Diskussionen in den Ausschüssen.Vielen Dank für Ihre Geduld.
Ich erteile das Wort Kollegen Walter Schöler, SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Kollege Koppelin macht den gleichen Fehler, den auchFrau Merkel vor einigen Tagen gemacht hat.
Sie hat zwar klugerweise gesagt: Geld kann man sichpumpen, Vertrauen nicht. Ich weiß aber nicht, warum Siediese Erkenntnis erst jetzt und nicht schon während Ihrer16-jährigen Regierungszeit gehabt haben.
Sie waren die Weltmeister im Schuldenmachen. DieSchuldensucht würde ich deshalb auf einer ganz anderenSeite dieses Hauses und nicht bei der Koalition suchen.Wenn ich mir die Haushaltsdebatte der letzten Tage inErinnerung rufe, dann werden für mich zwei Dinge ganzbesonders deutlich:Der erste Punkt ist: Die Regierung handelt entschlos-sen. Die schwierige Haushaltssituation erfordert auchein entschlossenes Handeln. Deshalb ergreifen wir alleinauf der Seite des Bundes Konsolidierungsmaßnahmenim Umfang von 14 Milliarden Euro. Die öffentlichenHaushalte von Bund, Ländern und Gemeinden sowie dieHaushalte der Sozialversicherungen können nur durchtief greifende Strukturreformen saniert und in Ordnunggebracht werden.
Dazu ist von Ihnen so gut wie gar nichts in der Debattegekommen.
Wir setzen nicht nur auf Konsolidierung; denn wirkönnen uns nach drei Jahren Stagnation aus dieser Situa-tion nicht allein heraussparen. Aus der wirtschaftlichschwierigen Situation müssen wir vor allem heraus-wachsen. Das stützen wir durch das Vorziehen der drit-ten Stufe der Steuerreform. Damit geben wir die not-wendigen konjunkturellen Impulse zum schnellenAnspringen des Wachstums.DhSAsSSzskWveGwWusedHwsids
azu gehört auch ein nachhaltiges Stützen der Finanz-aushalte der Kommunen. Ein Strohfeuer durch einofortprogramm bringt niemanden weiter.
ußer Ihnen will das auch keiner.
Die zweite Erkenntnis aus dieser Debatte: Die Oppo-ition verweigert sich.
ie haben sich heute Morgen in Ihren Beiträgen nur aufchwarzmalerei und das Werfen von Nebelkerzen kon-entriert. Das war alles, Kollege Koppelin. Hinter die-em Nebel versteckt die CDU/CSU ihre internen Macht-ämpfe, ihre Streitereien und ihre Konzeptlosigkeit.
eder ich noch meine Kolleginnen und Kollegen habenon Ihnen ernsthafte Konsolidierungsvorschläge gehört.Noch schlimmer ist, dass ich bei Ihnen auch keinernsthafte Bereitschaft zur Mitarbeit feststellen kann.
erade bei den anstehenden Strukturreformen brauchenir aufgrund Ihrer Bundesratsmehrheit Ihre Mitarbeit.
enn Sie hier schon keine eigenen Rezepte vorlegennd nicht den Mut haben, eigene Konsolidierungsvor-chläge einzubringen, dann müssen Sie wenigstens inrnsthafte Verhandlungen über die Reformvorschlägeer Koalition einsteigen.
Ich habe in dieser Debatte mehrfach gehört, dieseraushalt sei Makulatur. Das können Sie noch 20-maliederholen, aber Sie werden bei den Berichterstatterge-prächen und bei den Beratungen im Haushaltsausschussn den nächsten zehn Wochen und bei der zweiten undritten Lesung das Gegenteil erleben.
Für die Öffentlichkeit will ich einmal feststellen: Die-er Haushalt besteht aus rund 10 000 Haushaltstiteln.
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Walter SchölerWir werden einmal abwarten, wie viele Änderungsan-träge Sie dazu stellen und wie vielen Titeln Sie insge-samt zustimmen werden.
Wir wissen auch, dass es eine Reihe von qualitativen undauch quantitativen Stellschrauben gibt, an denen wir unszu orientieren haben. Dazu gehören die Themen Arbeits-markt, Renten, Steuern und schließlich auch die Netto-neuverschuldung. Hier muss das Ziel der Stabilisierungin der mittelfristigen Finanzplanung gelten. Dies zeigt:Wir haben das Ziel nicht aufgegeben, diese Stabilisie-rung weiterhin zu verfolgen und noch in diesem Jahr-zehnt zu erzielen.Ich will gar nicht leugnen, dass das eine schwierigeAufgabe wird. Aber trotz aller Konsolidierungsanstren-gungen enthält der Haushalt Risiken, die der Finanzmi-nister heute Morgen noch einmal eingehend dargestellthat.
Er verschweigt also überhaupt nicht, dass der Haushaltmit Risiken behaftet ist. Aber er hat ebenso deutlich ge-macht, dass wir auch die Hoffnung haben können,
dass die Konjunktur in den nächsten Monaten anziehtund dass sich die Situation in Deutschland verbessert.
Die Schwarzmalerei, die Sie auch heute Morgen wie-der betrieben haben, ist völlig überzogen. Sie schadetunserem Land.
Die Debatte heute Morgen wie in den letzten drei Tagenhat wieder gezeigt: Die Opposition ist nach wie vor dasgrößte Risiko für den Haushalt 2004.
– Herr Fromme, Sie können gleich noch reden. Ich habegesehen, dass auf einen Schöler drei CDU-Abgeordnetekommen. Einer Ihrer Redner, Herr Ramsauer, ist auf derListe irrtümlicherweise der CDU zugeordnet worden.Vielleicht sollte sich der Ältestenrat damit befassen, dassSie noch der CSU angehören, Herr Raumsauer.Die Wachstumsschwäche, die wir zweifelsohne erle-ben, hat durch Steuerausfälle und hohe Mehrausgabenfür den Arbeitsmarkt zu immensen Belastungen desBundeshaushalts geführt. Ohne die neuen gesetzlichenMaßnahmen würden sich konjunkturbedingte Steuer-mzesmsdugSwNDtrhAnm–ddcndSkfDutindEHgleGsKisOv
nd damit unter die Summe der Investitionsausgaben ab-esenkt werden. Erst durch das Vorziehen der drittenteuerreformstufe – das werden wir machen und Sieerden zustimmen; Sie werden schon sehen – wird dieeuverschuldung die Investitionsausgaben übersteigen.as ist keineswegs verfassungswidrig, wie einige Ver-eter der Opposition wider besseres Wissen behauptetaben.Sie haben zwar in dieser Debatte oft und breit überrt. 115 des Grundgesetzes gesprochen; aber anschei-end haben einige der Redner diesen Artikel nicht ein-al gelesen. Ich will deshalb noch einmal klarstellendamit Sie das endlich begreifen; Kollege Spiller hatas in dieser Debatte bereits sehr eindrucksvoll getan –,ass zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftli-hen Gleichgewichts die Überschreitung der Kreditauf-ahme über die Investitionenausgaben, die in Art. 115es Grundgesetzes geregelt ist, zulässig ist.
ie ist damit verfassungsgemäß. Das trifft geradezu inlassischer Weise für die Maßnahmen zu, die wir ergrei-en, um die dritte Stufe der Steuerreform vorzuziehen.abei geht es um Nachfrageimpulse
nd um die dadurch erzeugte Stimulierung der Investi-onsbereitschaft der Wirtschaft. Damit dient diese Maß-ahme der Abwehr der ansonsten auch für 2004 drohen-en Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.
s gibt also in jedem Fall einen verfassungsgemäßenaushalt.Nach den Auslegungen des Bundesverfassungs-erichts – Herr Kollege Kampeter, die sollten Sie einmalsen – kann die Ausnahmeregelung in Art. 115 desrundgesetzes auch für präventive Maßnahmen in An-pruch genommen werden und nicht erst dann, wenn dasind schon in den Brunnen gefallen ist. Unser Vorhabent also kein Verfassungsverstoß. Die Darstellung derpposition in dieser Frage ist genauso falsch wie ihreöllig überzogenen Risikoprognosen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, während die Bun-desregierung ein umfassendes Konsolidierungskonzeptvorgelegt hat,
bleibt die Opposition Einsparvorschläge schuldig. HerrKollege Austermann, Sie wollten doch aus der Deckungkommen. Wo ist denn das Paket mit „knallharten Spar-vorschlägen“, mit dem Sie die Bundesregierung vorfüh-ren wollten? Was ist davon geblieben? – Nichts außerheißer Luft!
Herr Kollege Austermann, die von Ihnen hier vorgetra-genen Maßnahmen enthüllen nur Ihre Ratlosigkeit. Ei-nen praktischen Nutzen haben Ihre Vorschläge nicht.Deshalb möchte ich nur zwei Beispiele der Vorschläge,die Sie gemacht haben, herausgreifen.Sie fordern die Bekämpfung des Steuerbetrugs. Diesist bereits Gegenstand des Konsolidierungskonzepts derBundesregierung. In Kürze wird BundesfinanzministerEichel den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung derSteuerhinterziehung und der Schwarzarbeit vorlegen.Dann wird sich zeigen, wie weit die Bereitschaft der Op-position reicht, den Steuerhinterziehern das Handwerkzu legen. Bisher haben Sie sich eher als Schutzpatron derSteuerhinterzieher erwiesen. In den weiteren Beratungenkönnen Sie Ihre Haltung dazu ändern.Ein weiteres Beispiel ist die von Ihnen vorgeschla-gene Reduzierung der Ausgaben für die aktive Arbeits-marktpolitik. Ihr Vorschlag greift schlichtweg zu kurz.Es kommt auf eine Effektivierung der Arbeitsmarktver-mittlung und auf einen zielgerichteten Einsatz der För-dermittel an. Wir tun das. Ihre Vorschläge enthaltendiese Ziele nicht.Im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld II– das will ich hinzufügen – wollen Sie die von uns vor-gesehenen Zuschläge zur Grundversorgung streichen.Das ist typisch für die soziale Kälte und die Politik aufder rechten Seite dieses Hauses.
Wir federn den für die Betroffenen notwendigen – si-cherlich bitteren – Übergang in erträglichen Schritten ab.
Was wollen Sie? Sie dagegen wollen die Arbeitslosen-hilfebezieher sofort in freiem Fall auf den harten Bodender Sozialhilfe durchsacken lassen. Das werden wirnicht mitmachen.Das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform umein Jahr ist das wirksamste Mittel zur Bekämpfung derProbleme, die wir jetzt haben, und zur Beschleunigungdwmh–WrJEIDnEvnDssRwWnvABgSbSvsSKtiKS
etzt wird er auf 42 Prozent gesenkt. Wir werden deningangssteuersatz von 25,9 Prozent in 1998 – das warhre Zahl – auf demnächst 15 Prozent senken.
amit liegt der Eingangssteuersatz auf einem historischiedrigen Niveau. Davon profitieren Bezieher kleinererinkommen. Davon profitieren breite Schichten der Be-ölkerung. Davon profitieren Mittelständler und Unter-ehmen in Deutschland.
ie Entlastung sorgt für den dringend notwendigen zu-ätzlichen Wachstumsimpuls. Die Bürger bekommenehr schnell mehr Geld für Konsum, der Mittelstandaum für mehr Investitionen. Herr Kollege Koppelin,ir sind die Steuersenkungspartei.
ir haben die Steuern in einer Weise gesenkt, wie Sie esie getan haben. Das missfällt Ihnen jetzt. Das kann icherstehen.
us rein parteitaktischen Erwägungen wollen Sie denürgerinnen und Bürgern jetzt die von uns in Aussichtestellte schnellere Entlastung durch das Vorziehen derteuerreform um ein Jahr vorenthalten. Sagen Sie dasitte den Bürgerinnen und Bürgern vor der Bayernwahl.agen Sie, dass Sie die geplanten Steuerentlastungenerhindern wollen, dass Sie nicht mehr Geld in den Ta-chen der Menschen sehen wollen und dass Sie mit Ihreronthofen-Strategie das Abwürgen der Konjunktur inauf nehmen wollen. Das ist verantwortungslose Poli-k.
Kollege Schöler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Koppelin?
Nur zu.
Kollege Schöler, Sie haben eben gesagt, Sie seien dieteuersenkungspartei. Können Sie uns sagen, wie viele
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5238 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. September 2003
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Jürgen KoppelinSteuern Sie in der Regierungszeit von Rot-Grün angeho-ben haben?
Sie wollen schon wieder Milch von gestern verschüt-
ten.
Ich kann Ihnen sagen, wie oft Sie Steuern in den
16 Jahren, in denen Sie regiert haben, erhöht haben.
Wir haben diesen Trend umgekehrt. Wir haben die Steu-
ern gesenkt. Ich habe das gerade deutlich dargestellt. Ich
sage noch einmal: Das missfällt Ihnen. Unsere Steuer-
politik, die von Hans Eichel und der Bundesregierung,
ist die Politik, die die Bürger wirklich und wahrhaft ent-
lastet. Dabei bleibt es.
Ich will im Rahmen der Redezeit, die ich noch habe,
noch auf einen anderen Punkt eingehen.
Kollege Schöler, der Kollege Koppelin will noch
keine Ruhe geben. Gestatten Sie ihm noch eine Frage?
Ja, er verlängert damit meine Redezeit.
Kollege Schöler, können Sie mir und den Bürgern er-
klären, warum die Bürger weniger Geld in der Tasche
haben, wenn Sie angeblich so viele Steuern gesenkt ha-
ben? Sie haben doch Steuern erhöht.
Das ist schon wieder eine Behauptung von Ihnen, dieüberhaupt nicht zutreffend ist. Die Bürgerinnen und Bür-ger haben mehr in der Tasche. Ich rate den Bürgern imGespräch, einmal die Gehaltsabrechnung desJahres 1998 mit der des Jahres 2003 und demnächst desJahres 2004 zu vergleichen.
Dann werden sie nämlich feststellen, auch unter Berück-sichtigung der tariflichen Erhöhungen,
dhhIbDeh–RotSsigvsdMfDttDErdsuü
m Übrigen haben wir auch die Sozialversicherungs-eiträge gesenkt.
as haben Sie offensichtlich auch vergessen. Das gehörtbenso zur Einkommenssituation der Bürger.
In der Debatte am Mittwoch
at der Kollege Michael Gloss von der CSU
Herr Glos – Folgendes geäußert:Herr Bundeskanzler, weil wir gerade beim ThemaFußball sind, möchte ich feststellen: Sie habenmanches mit Rudi Völler gemeinsam. Sie sind Chefeiner erfolglosen Mannschaft.Was die Gemeinsamkeit des Bundeskanzlers mitudi Völler betrifft, mögen Sie vielleicht in dem einender anderen Punkt Recht haben. Ich will das nicht wei-er beleuchten. Anders verhält es sich mit dem zweitenatz, er sei der Chef einer erfolglosen Mannschaft. Mitolchen Prognosen hat sich Ihr großer Parteivorsitzendern München vor gut einem Jahr befassen müssen, als erelernt hat, dass man den Tag nicht vor dem Abend undor allen Dingen den Abend nicht vor Mitternacht lobenoll. Damals ging es um den Ausgang der letzten Bun-estagswahl.Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. Die deutscheannschaft mit Rudi Völler ist seit Mittwoch Tabellen-ührer. Ihre Prognose war falsch.
ie Debatte hier zeigt: Tabellenführer in der Bundes-agsdebatte in dieser Woche sind die Koalitionsfrak-ionen. Die Opposition hat absolut versagt.
as Ergebnis habe ich schon am Dienstag vorgetragen.s lautet schlicht und ergreifend: 14 zu 4. Konsolidie-ungsmaßnahmen in Höhe von 14 Milliarden Euro durchie Koalition stehen 4 Milliarden Euro durch die Oppo-ition gegenüber, und die sind noch unsolide finanziertnd unsozial ausgerichtet.Die Beratungen haben uns also gezeigt: Sie wollenberhaupt keine brauchbaren Vorschläge einbringen,
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Walter Schölerweil Sie keine haben. Sie sind und bleiben die Blockie-rer. Die Beratungen haben auch gezeigt, wer die Interes-sen der Menschen vertritt: SPD und Bündnis 90/DieGrünen sind diejenigen, die handeln.
Ich erteile dem Kollegen Peter Ramsauer, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Meine Damen und Herren! Am Ende dieser einwö-chigen Haushaltsdebatte muss leider festgestellt werden,dass diese Debatte in verheerender Weise das Dilemmaunseres Landes offenbart hat. Dieses Dilemma heißtRot-Grün.
Die in dieser Debatte vom Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe, Michael Glos, angesprochene Plakat-aktion der Bundesregierung, die unter dem Titel„Deutschland bewegt sich“ in den vergangenen14 Tagen gelaufen ist, sehen wir mit einem lachendenund einem weinenden Auge. Wir sehen sie mit einemweinenden Auge, weil damit unter Verschleuderung vonSteuergeldern in Höhe von 2,3 Millionen Euro versuchtworden ist, noch in den bayerischen Landtagswahlkampfeinzugreifen. Das nützt aber nicht viel, weil ein so mise-rables Produkt auch mit der besten Werbekampagnenicht erfolgreich angepriesen werden kann.
Was das lachende Auge angeht, könnten wir in Bay-ern eigentlich froh darüber sein, wenn die Wählerinnenund Wähler möglichst viel über rot-grüne Politik erfah-ren. Denn das verschreckt die Wähler. Diese Plakat-aktion ist insofern nichts anderes als ein Erfolg verspre-chendes Programm, damit die SPD in Bayern endlich ihr„Projekt 18“ verwirklichen kann.
Meine Damen und Herren, in dieser Woche ist vielessehr abstrakt diskutiert worden. Man sollte aber am Endedieser Debatte auch mit einigen konkreten Beispielendarlegen, wohin die rot-grüne Politik in der Praxis führt.Ich möchte dazu ein Beispiel für die Wirkung der Öko-steuer nennen.Die Ökosteuer hat in grenznahen Bereichen zu einemTanktourismus geführt. Ein Tankstellensterben im brei-ten Grenzgürtel im Westen unseres Landes und entlangÖsterreich sowie an der tschechischen und der polni-schen Grenze ist die Folge. Preisunterschiede zwischen20 und 25 Cent beim Liter Sprit haben zu der groteskenEntwicklung geführt, dass Tankstellen auf deutscherSsdPskbsMtehDimrAguladtruindDnW–saADbF
Wir haben in den vergangenen ein bis zwei Jahren alleittel, die sich einer parlamentarischen Opposition bie-n, ausgeschöpft, um dem Tankstellensterben und der da-inter stehenden verheerenden Politik entgegenzuwirken.as Groteske daran ist – das habe ich in meinen 13 Jahren Parlament noch nicht erlebt –, dass die Bundesregie-ung sogar alles zugegeben hat. Auf sämtliche unserernfragen und Initiativen hat die Bundesregierung zuge-eben, dass ihr sehr wohl bewusst ist, dass sie Existenzennd Arbeitsplätze vernichtet, dass Investitionen ins Aus-nd abwandern, dass Steuerausfälle die Folge sind undass das Nebengeschäft der Tankstellen – die Tankshopsagen inzwischen mehr als 50 Prozent zum Tankstellen-msatz bei – darunter leidet, dass sie aber all das billigend Kauf nimmt. Denn sie will mit der Ökosteuer eine fun-amentalistische Ideologie umsetzen.
as ist eine verantwortungslose Politik.Ich möchte aus einem Brief zitieren, den mir ein klei-er mittelständischer Tankstellenbetreiber aus meinemahlkreis geschickt hat:Es ist Ihnen ja bekannt, dass die Grenztankstel-len … schwer zu kämpfen haben. Wir haben nureine kleine Tankstelle, haben aber seit der letztenÖkosteuerstufe 80 Prozent an Kunden verloren. VorJahren hatten wir noch einen Umsatz von 8 000 bis10 000 Liter pro Tag. Heute dürfen wir froh sein,wenn wir 1 000 Liter am Tag verkaufen. DasFinanzministerium Herr Bundesfinanzminister, hier sind Sie direkt ange-prochen; denn Sie tragen neben Trittin die Hauptschuldn dieser Politik; hören Sie also gut zu –hat scheinbar keine Ahnung, was an Steuergeldernins Ausland wandert. Die Österreicher lachen sichkaputt.uch über Sie, Herr Bundesfinanzminister!Gibt es überhaupt eine Lösung aus dieser Lage? Ichhoffe, dass Sie den Grenztankstellen helfen können;denn es ist längst schon fünf nach zwölf! Bitte hel-fen Sie uns!as ist ein Notruf, ein Hilfeschrei aus der Wirtschaftzw. aus dem Mittelstand, den Sie mit Ihrer Politik mitüßen treten.
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Dr. Peter RamsauerIch klage Sie an, dass Sie sich der Vernichtung von Exis-tenzen und Arbeitsplätzen sowie der Verhinderung vonInvestitionen und der Abwanderung von Investivkapitalmit verheerenden Folgen schuldig machen. Ich appel-liere an Sie: Machen Sie Schluss mit Ihrer unsinnigenÖkosteuerpolitik, damit auch solche Existenzen nichtlänger mit Füßen getreten werden.
Übrigens, die roten und grünen Funktionsträger inmeinem Wahlkreis – wenn es nicht so traurig wäre, wärees zum Lachen; darum sollten Sie sich einmal kümmern,meine Damen und Herren von Rot-Grün – fahren selberscharenweise nach Österreich zum Tanken. Offenbarwollen auch sie sich nicht dem Preisdiktat Ihres Umwelt-ministers und Ihres Finanzministers im eigenen Landbeugen.
Ich möchte noch – das gehört zur Schlussrunde einerHaushaltsdebatte dazu – auf das fast bejubelte Einge-ständnis des Bundeskanzlers zu sprechen kommen, seineRegierung habe mit der Rücknahme unserer Rentenre-form einen Fehler gemacht. Wo sind wir eigentlich?Wenn es sich um einen reuigen Sünder handeln würde,der aus gutem Glauben gehandelt hat, dann könnte mandaran denken, ob man Entschuldigung gewährt. Aberhier liegt der Fall ganz anders. Die rot-grüne Regierung– das gilt auch für den Bundeskanzler und den damali-gen Sozialminister – hat vorsätzlich die Unwahrheit inder Rentenpolitik gesagt. Sie haben vor der Wahl 1998fast in politisch-krimineller Manier Versprechen und An-kündigungen in der Rentenpolitik gemacht, um IhreWahlchancen zu verbessern. Sie haben den Fehler alsovorsätzlich gemacht. Wir können es dem Bundeskanzlerdeshalb nicht durchgehen lassen, sich auf elegante Weisedieser politischen Schuld zu entledigen.
Die Union hat schon 1998 darauf hingewiesen, dass esein verheerender Fehler ist, unsere Rentenreform rück-gängig zu machen. Der Bundeskanzler täuscht sich,wenn er jetzt glaubt, dass wir den Steigbügel halten, umdas, was rückgängig gemacht worden ist und was wirimmer für richtig gehalten haben, sozusagen in den vor-herigen Stand zu versetzen. So einfach, meine Damenund Herren in der Regierung, werden wir es Ihnen nichtmachen.
Ich fasse die Ergebnisse der Haushaltsdebatte wiefolgt zusammen: völlig aus der Luft gegriffene Wachs-tumserwartungen; eine Überschuldung, die die Stabilitätunserer Währung infrage stellt – ausgerechnet Deutsch-land, das mit Theo Waigel der geistige Vater des Stabili-täts- und Wachstumspaktes ist, gibt damit ein miserablesBeispiel für die kleineren Länder in der EuropäischenUnion –, und ein aussichtsloser Haushalt, in dem gro-teskerweise schon die finanzwirtschaftlichen Auswir-kungen von Gesetzen berücksichtigt sind, die es nochgar nicht gibt. Das ist eine vollkommen unglaubwürdigePolitik. Sie ziehen mit diesem Haushalt einen ungedeck-tWSSDtsCHaBhldnthFAetBtmdzDnSldv–HsdtBe
Ich erteile dem Kollegen Bartholomäus Kalb, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Ich habe diese Debatte über lange Strecken sehrufmerksam verfolgt. Ich hatte doch die Hoffnung, dieundesregierung könne sich der Wirklichkeit mehr nä-ern, die Realitäten zur Kenntnis nehmen und hier viel-eicht sogar Änderungsvorschläge vortragen. Leider istas nicht in Erfüllung gegangen. Ich hatte diese Hoff-ung zumindest zu dem Zeitpunkt, als der Finanzminis-er selbst von den größten Risiken, die in diesem Haus-alt stecken, gesprochen hat. Leider hatte das keineolgen; dabei ist es dann geblieben.Herr Finanzminister, Sie hätten hier sagen müssen:ngesichts dieser Situation müssen wir den Haushalts-ntwurf gründlich überarbeiten und an den neuen Eckda-en ausrichten; erst wenn das geschehen ist, sollte derundestag erneut zu Beratungen darüber zusammentre-en. Sie hätten die Mitglieder dieses Hauses um Zustim-ung zu einem geänderten Zeitplan bitten müssen. Icharf Ihnen sagen: Wir hätten dem geänderten Zeitplanugestimmt.
as hätten Sie auch heute noch tun können. Sie haben esicht getan. Stattdessen halten Sie am alten Entwurf fest.ie haben – ich zitiere die „Financial Times Deutsch-and“ – „an der Wahrheit gespart“.Wenn Sie selbst von größten Risiken sprechen, wennie Koalitionssprecher von Risiken in einem Umfangon mindestens 10 Milliarden Euro sprechen, wenn wir Kollege Austermann hat es begründet – von Risiken inöhe von 20 Milliarden Euro und mehr sprechen müs-en, dann kann keine seriöse Haushaltsberatung stattfin-en. Etwas anderes können Sie nicht im Ernst behaup-en. Das ist keine seriöse und keine geeigneteeratungsgrundlage.
Alle Annahmen und Eckdaten für diesen Haushalts-ntwurf sind von der Wirklichkeit meilenweit entfernt.
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Bartholomäus KalbSo muss man sich nicht wundern, wenn Ernst Fuchs,Kommentator in der „Passauer Neuen Presse“, schreibt:Wenn es stimmt, dass der Bundeshaushalt dasSchicksalsbuch der Nation ist, dann gute Nacht,Deutschland.Sie arbeiten doch mit Annahmen, deren Eintreten mit anSicherheit grenzender Unwahrscheinlichkeit erwartetwerden kann.Ich gehöre dem Haushaltsausschuss des DeutschenBundestages seit 1988 an. Mir ist kein einziges Jahr be-kannt, in dem der Haushaltsentwurf mit der Wirklichkeitso wenig wie dieser zu tun gehabt hat.
Selbst im Umbruchjahr 1990 haben wir, hat Theo Waigelzeitnah Nachtragshaushalte vorgelegt, um das Budget-recht des Parlaments zu achten.
Herr Finanzminister, Sie sind nicht einmal bereit,schon jetzt einen Nachtragshaushalt für das laufendeJahr vorzulegen, obwohl Sie seit Monaten wissen, dassSie nicht mit einer Neuverschuldung in Höhe von18,9 Milliarden Euro auskommen, sondern mit rund40 Milliarden Euro rechnen müssen.Heute früh musste Ihr Staatssekretär in der Sondersit-zung des Haushaltsausschusses bestätigen, dass Sie be-reits eine Nettoneuverschuldung von 25,6 MilliardenEuro erreicht haben. Er konnte oder wollte über die In-anspruchnahme der Kassenkredite keine Auskunft ge-ben, und das, obwohl der Haushalt nicht in grauer Vor-zeit beschlossen worden ist; wir haben den Haushalt2003 erst im März dieses Jahres verabschiedet.
Sie mussten diese Entwicklung bereits damals ken-nen. Sie haben sie ignoriert. Sie regieren nicht, Sie igno-rieren! Sie haben damals an der Annahme eines hohenWachstums festgehalten. Sie haben keine Zuschüsse andie Bundesanstalt für Arbeit vorgesehen, obwohl Siewussten, dass wir gleichzeitig einen Höchststand bei derArbeitslosigkeit zu verzeichnen haben. Wer soll Ihnen danoch Glauben schenken? Wer soll sich da noch verlassenkönnen?Wer sich auf Sie verlässt, der ist verlassen.
Regierungshandeln muss berechenbar sein. Sie aberzerstören jedes Vertrauen und es ist nichts, aber auch garnichts berechenbar. Auch durch den Bundeskanzler per-sönlich wird Vertrauen zerstört. Vor etwa drei Jahren hater beispielsweise in Weiden erklärt, er wolle ein Sonder-programm für die Grenzregionen schaffen, damit sichdiese auf den EU-Beitritt der Nachbarländer einstellenkönnten. Jetzt wird mit einem einzigen Satz in denErläuterungen genau das Gegenteil getan. Bei der Ge-meinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-spVcsnnsLsDhAkAsncG–snbmrdztuntiuicDdsudädS
Wir wollen nicht mehr Staat, sondern weniger Staat,icht mehr Reglementierung, sondern weniger Bürokra-e. Wir wollen mehr Freiheit für Eigenverantwortung.
Das größte Problem für die Bürger, für die Wirtschaftnd für die Investoren ist, dass niemand weiß, woran erst. Niemand weiß, wohin die Reise geht. Diese Unbere-henbarkeit ist wirklich das allergrößte Problem.
as hindert selbst die Menschen, die Geld haben, es füren Konsum oder Investitionen auszugeben.Ich habe mir von meiner Referentin gestern eine Auf-tellung geben lassen über die Zahl der Steuergesetzend der das Steuerrecht ändernden Gesetze, die uns seitem Dezember 1998 erreicht haben. 72 das Steuerrechtndernde Gesetze sind in dieses Haus eingebracht wor-en. Im Schnitt alle drei Wochen irgendein Gesetz zurteuerrechtsänderung! Wer soll sich da noch auskennen?
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Bartholomäus KalbWer soll sich da noch auf etwas verlassen können? Wersoll da noch mit festen Vorgaben rechnen können?
Das führt zu einer totalen Verkomplizierung. Damit wirdaus dem Steuerrecht Steuerunrecht. Deswegen treten wirfür eine sehr viel weiter gehende und grundlegende Steu-erreform ein. Unsere Fraktion hat ja bereits angekündigt,grundlegende Reformvorschläge einzubringen.
Wir, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages,hätten uns in den letzten fünf Jahren mindestens dieHälfte, wenn nicht mehr Beratungszeit sparen können,wenn Sie nicht – darauf ist vorhin hingewiesen worden –zu Beginn so viele Fehler gemacht hätten, wenn SieReformen, die bereits beschlossen waren, nicht zurück-genommen hätten und wenn Sie das, was Sie gemachthaben, nicht auch noch falsch gemacht hätten.
Wir hatten eine Steuerreform, die zukunftsweisendwar.
Die haben Sie im Bundesrat verhindert. Wir hatten eineRentenreform, die den modernen Herausforderungen ge-recht geworden wäre. Sie haben sie zurückgenommen.Der Kanzler hat das jetzt als Fehler bezeichnet; diese Er-kenntnis kommt fünf Jahre zu spät. Wir hatten eine Ge-sundheitsreform. Jetzt müssen wir uns erst wieder lang-sam und mühsam auf eine neue verständigen. Wir hatteneine Reform des Arbeitsmarkts. Sie haben viele Ele-mente zurückgenommen. Sie mussten dann erst wiederVorschläge von uns aufgreifen, um zum Beispiel für dieGeringverdiener eine vernünftige Regelung zu finden.Wir waren doch vor fünf Jahren sehr viel weiter alsjetzt.
Die letzten fünf Jahre waren verlorene Jahre fürDeutschland. Wir mühen und quälen uns jetzt, um lang-sam endlich wieder dahin zu kommen, wo wir 1998standen. Damals hatten wir einen Aufschwung, den derHerr Schröder schon vor der Wahl für sich reklamierte.Die Steuereinnahmen stiegen. Die Arbeitslosigkeit sank.Die Zahl der Arbeitsplätze stieg. Schließlich hatten wirseinerzeit weniger Ausgaben für den Arbeitsmarkt. Siekonnten diese Erfolge nur mit Mühe verkraften, weil Siemeinten, hierdurch könne kurzfristig doch noch IhrWahlerfolg gefährdet werden.Es ist leider Gottes so, dass unser Land schwer an die-sen Fehlern, die Sie gemacht haben, zu tragen hat. Dasist bitter. Wir müssen nämlich jetzt mühsam versuchen,wlFPHzmadtfwEslbautcssAnMMesMgsfwbSzkt
Ich erteile das Wort dem Kollegen Jochen-Konrad
romme, CDU/CSU-Fraktion.
Ja, schwarz ist gut. Deswegen dreimal schwarz. Herrräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dasaushaltsgebäude, Herr Finanzminister, wird über Ihnenusammenkrachen, und zwar deshalb, weil das Funda-ent völlig falsch gelegt ist. Das fängt damit an, dassuf dem Haushalt 2003 aufgebaut wird, der völlig ausen Fugen geraten ist. Das geht weiter mit den Wachs-umsprognosen, die völlig falsch sind. Wir würden uns jareuen, wenn es aufwärts ginge. Aber Sie müssten dochissen, dass das Zwischenhoch, das uns in Form vonxportaufträgen aus Amerika winken wird, auf einemtaatlichen Defizit in Amerika von 600 Milliarden Dol-ar beruht. Deshalb wird es bei einem Zwischenhochleiben. Spätestens nach den dortigen Wahlen sind wiruf eigene Kräfte angewiesen. Mit Ihrer Politik wird esns aber nicht gelingen, aus eigener Kraft einen selbstragenden Aufschwung zustande zu bringen. Sie schwä-hen nämlich die Konsumkraft mehr, als dass Sie sietärken.
Sie haben Gesetze eingebracht, die, wie Sie heutechon wissen, nicht in Kraft treten werden. Ich nenne diebschaffung der Entfernungspauschale, die Gemeindefi-anzreform, Hartz IV, die Änderung der Verteilung derehrwertsteuer.
eine Damen und Herren, Sie haben Luftbuchungeningeplant. Zum wiederholten Male sollen durch ein Ge-etz zur Herstellung von Steuerehrlichkeit Einnahmen inilliardenhöhe erzielt werden. Spätestens die Ankündi-ung von Herrn Poß von heute Morgen, dass die Erb-chaftsteuer erhöht werden soll, war der Genickschlagür dieses Vorhaben. Schon vor einem Jahr ist ebensoenig das eingetreten, was Sie mit einem solchen Gesetzezwecken wollten.Ihr Haushalt besteht aus Luftbuchungen und istchönfärberei. Von daher wird er Ihnen über Ihrem Kopfusammenbrechen.
Sie verhalten sich so widersprüchlich, wie man es nurann. Sie nehmen auf der einen Seite 2 Prozent Wachs-um an, auf der anderen Seite sagen Sie aber, dass es ein
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Jochen-Konrad Frommederartiges konjunkturelles Ungleichgewicht gebe, dassdie Kreditaufnahme über den vorgegebenen Rahmen hi-naus erhöht werden müsse. Was ist denn nun richtig?Nur eines kann richtig sein. Auf jeden Fall steht fest: DerHaushalt baut auf beiden Annahmen auf und ist von da-her falsch.Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Haushaltsbe-ratungen war von Rudi Völler mehr die Rede als vondem Haushalt an sich.
Ich kann das ja verstehen, weil Ihnen dieser Haushaltpeinlich ist. Er ist so schlecht, dass man nicht gerne da-rüber redet.Herr Minister, Sie haben aus den Fehlern des Haus-halts 2003 nichts gelernt. Dieser Haushalt ist spätestensseit April, seitdem wir wissen, wie es bei der Bundesan-stalt aussieht, ein Trümmerhaufen. Trotzdem haben Siewieder Gesetze dem Haushalt zugrunde gelegt, die, wieSie wissen, nicht in Kraft treten werden. Somit haben Sieauf Sand gebaut. Sie leiden an Realitätsverlust und agie-ren am Parlament vorbei. Das ist die größte Sauerei,wenn ich das einmal so bezeichnen darf.Sie legen einen geschönten Haushalt vor und verwei-gern dann einen Nachtragshaushalt, obwohl er notwen-dig ist.
Das bedeutet, dass durch solche Fakten und nicht durchdas Parlament die politischen Schwerpunkte in diesemLand gesetzt werden. Ich frage die Koalitionsfraktionen,wie lange sie sich dies eigentlich noch gefallen lassenwollen. Sie könnten doch nach Hause gehen. Sie machenhier doch nichts.
Sie wissen doch, Herr Schöler,
dass Sie wieder einen Nachtragshaushalt brauchen.Wenn schon Anfang September elf Kreditraten ver-braucht sind und der ausgabenstärkste Monat noch be-vorsteht, dann ist für jeden erkennbar, dass man einenNachtragshaushalt braucht. Ich frage mich, warum Sieihn nicht vorlegen.Sie werden die Kreditermächtigung wieder irgendwannim Dezember vorlegen, weil Sie sie brauchen, und diesmit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-wichts begründen. Das ist natürlich falsch. Sie dürfen dieKreditaufnahme nämlich nur dann erhöhen, wenn Siediese Mittel zweckgerichtet für die Bekämpfung des ge-samtwirtschaftlichen Ungleichgewichts einsetzen.
Was Sie machen, Herr Eichel, ist nichts weiter als einbuchhalterisches Nachvollziehen, und das ist natürlichverfassungswidrig.KhaEsgbnKSfmusMmesgRdhslegnIdSbeMRwsshsGWds
Der Finanzminister ist als der große Sanierer gekom-en. Heute ist er ein willenloses Werkzeug von Fraktionnd Bundeskanzler. Man kann sagen: Er ist als Tiger ge-tartet und als Bettvorleger gelandet.
an kann aber auch sagen: Er ist als Sanierer gekom-en und als Buchhalter gescheitert. Das ist wahr undntspricht vielleicht etwas eher seinem Temperament.
Ich kann ja verstehen, dass Sie sich mit den Reformenchwer tun; denn Sie müssen da anfangen, wo Kohl auf-ehört hat. Fünf Jahre lang haben Sie alles in die falscheichtung gelenkt. Das sagen Ihnen auch die Mitgliederes Sachverständigenrats, die dieser Minister bestelltat; das sind nicht etwa unsere Sachverständigen.Sie fragen nach den Alternativen. Wir haben Vor-chläge zu Hartz IV und zur Arbeitsmarktreform vorge-gt und im Bundesrat ungefähr 50 konkrete Vorschlägeemacht. Meine Damen und Herren, Sie können dochicht sagen, wir verweigerten uns. Sie haben wohl nochhre Strategie der Jahre 1994 bis 1998 im Kopf. Wir je-enfalls verhalten uns anders.ie sagen, Sie seien diejenigen, die Subventionen ab-auen. Was machen Sie denn? Sie führen die Ökosteuerin, die völlig falsch ist, und als Ausgleich erhalten dieenschen eine Entfernungspauschale. In der nächstenunde aber nehmen Sie ihnen die Entfernungspauschaleieder weg. Das ist nur ein Beispiel für Ihre Politik derozialen Ausgewogenheit. Zudem haben Sie die Körper-chaftsteuersätze gesenkt. Wenn wir das gemacht hätten,ätten Sie uns beschimpft, wir wollten die Reichen be-chenken.
leichzeitig greifen Sie dem kleinen Mann mit demegfall der Entfernungspauschale in die Tasche. Das istoch Ihre Politik.
Sie haben die Konsumkraft der Menschen derart ge-chwächt, dass die Binnenkonjunktur lahmt und nicht
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Jochen-Konrad Frommeder Export; der Kollege Solms hat dies deutlich ge-macht. Deswegen kommt unsere Wirtschaft nicht auf dieBeine. Mit Subventionsabbau und Einsparungen kommtman gar nicht gegen das an, was Sie mit Ihrer Wirt-schaftspolitik kaputtmachen. Reden Sie doch nicht da-von, dass Sie die Menschen entlasten! Sie haben ständigdie Steuern erhöht. Unter Ihrer Regierung sind die Kran-kenkassenbeiträge gestiegen;
die Menschen haben weniger Geld in der Tasche. Sieversprechen ihnen, dass Sie die Einnahmen der Öko-steuer einsetzen, um die Rentenversicherungsbeiträge zusenken. In Wahrheit machen Sie das Gegenteil: Sie ha-ben zusätzlich kassiert. Genauso ist es bei der Maut. Siereduzieren die Ansätze im Verkehrshaushalt, sodass derEtat in der Summe niedriger ausfällt, und behauptennoch, Sie würden die Menschen besser stellen. Das isteine völlig falsche Politik.
Nun werfen Sie uns vor, wir hätten kein Konzept zurGemeindefinanzreform.
Der Bundeskanzler hat am 14. März das Kommunalmo-dell favorisiert
und den Finanzminister damit in die Verhandlungen ge-schickt; im Prinzip ist in der Kommission gar nichts an-deres zugelassen worden. Dann aber haben Sie einenGesetzentwurf eingebracht, der mit den Beratungen inder Kommission überhaupt nichts zu tun hat, und sagenuns, wir hätten die Frage der Freiberufler nicht ange-sprochen. Sie haben einen Entwurf vorgelegt, zu dem eskeine Berechnungen gibt. Das ist politischer Blindflug,aber keine saubere handwerkliche Arbeit. Selbst Ihre ei-gene Fraktion sagt, dass sie ihn nicht mittragen wird.Auch die Länder tragen ihn nicht mit; Frau Simonis hateinen eigenen Entwurf vorgelegt. Was wollen Sie eigent-lich? Werfen Sie uns doch nicht vor, wir würden nichtauf Ihre Vorschläge reagieren! Wir müssen sie doch ersteinmal sehen. Es ist doch wie bei der Rente. Alle vierWochen ist etwas anderes in der Diskussion. Aber vonuns verlangen Sie, dass wir sagen, wie es weitergeht.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Haushaltvorliegen, der nicht die Realität widerspiegelt. Wenn esnur halbwegs solide zugehen soll, dann müssen Sie dieHaushaltsberatungen aussetzen, bis Sie einen Nachtrags-haushalt als richtige Basis vorlegen können und die Ver-handlungen im Vermittlungsausschuss abgeschlossensind, damit wir wissen, was aus den Haushaltsbegleitge-setzen wird. Dann können wir beginnen, den Trümmer-haufen zu ordnen. Alles andere ist unsolide und Makula-tur. In der Presse wird Ihr Haushalt schon gar nicht mehrelnmnmÜlPvimdwwrlKkfnDsdaküDdpdFadwl
Ihre Position ist die Gewährung einer Soforthilfe, be-ristet auf ein Jahr, weil Sie über Ihre Strategie gespalte-er Meinung sind.
as sind die Möglichkeiten, zwischen denen die Men-chen wählen können, auch in Bayern.Zweitens. Wir stehen vor der gemeinsamen Aufgabe,en gesellschaftlichen Wandel sozialverträglich, in sozi-ler Balance zu gestalten. In diesem Zusammenhang dis-utieren wir in der SPD und in der ganzen Gesellschaftber die Frage, ob das sozial gerecht genug geschieht.arüber werden wir demnächst auch auf unserem Bun-esparteitag sprechen. In der Vorlage für diesen Bundes-arteitag wird ganz undramatisch beschrieben, dass sichas Bundesverfassungsgericht demnächst erneut mit derrage der ungleichen Bewertung von Kapitalvermögenuf der einen Seite und Immobilienvermögen auf der an-eren Seite wird auseinander setzen müssen und wir,enn das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vor-iegt, das Bewertungsgesetz, das sowieso zeitlich befris-
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Joachim Poßtet ist bis Ende 2005, werden neu regeln müssen. Umdiesen Punkt geht es.Dabei haben wir bestimmte Grundsätze. Wir wollenkeine stärkere Belastung normaler Erbschaften; das istganz deutlich festzuhalten. Wir wollen keine stärkereBelastung des Mittelstandes bei Betriebsübergaben imRahmen des Generationenüberganges. Auch das ist einerunserer Grundsätze. Das heißt, wir werden diese Neure-gelung sozial ausgewogen gestalten. Aber wir könnenuns vorstellen, dass große Vermögen stärker herangezo-gen werden. Auch das gehört zur sozialen Gerechtigkeitin dieser Gesellschaft.
Die Menschen konnten in dieser Woche, auch heuteMorgen, wieder eklatante Unterschiede zwischen denFormationen hier feststellen.
Die Opposition hat die Lippen gespitzt, aber nicht kon-kret gesagt, was sie sich vorstellt, abgesehen von Kür-zungen bei der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregie-rung. Der Bundesfinanzminister hat heute Morgen nocheinmal die Grundzüge unseres Konzeptes deutlich ge-macht. Wir können dieses Konzept aber nur durchsetzen,wenn Sie sich konstruktiv verhalten, wenn Sie Ihre Obs-truktionsrolle aufgeben. Sie dürfen sich nicht länger ver-Ländern und zu vielen Kommunen; das muss man hinzu-fügen.
Herr Kollege Poß, Sie müssen zum Ende kommen.
Sie müssen Ihrer Verantwortung endlich gerecht wer-
den.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/1500 und 15/1501 an den Haus-
haltsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie damit einver-
standen? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
gen so beschlossen.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 24. September 2003, 13 Uhr,
weigern, meine Damen und Herren.
Sie stehen in einer staatspolitischen Verantwortung, und
zwar in Ländern wie in Kommunen – leider in zu vielen
e
(D
in.
Ich wünsche Ihnen ein freundliches Wochenende.
Die Sitzung ist geschlossen.