Gesamtes Protokol
Die 159. Sitzung des Deutschen Bundestages ist eröffnet. Ich bitte um Verlesung der Namen der beurlaubten und entschuldigten Abgeordneten.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für vier Tage der Frau Abgeordneten Dr. Brökelschen. Entschuldigt sind die Abgeordneten Hoogen, Loritz, Paul , Agatz, Vesper.
Meine Damen und Herren! Entsprechend dem Beschluß des Hauses in der gestrigen Sitzung ist die heutige Tagesordnung erweitert um die erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Horlacher, Dr. Koch, Dr. Kneipp, Tobaben, Lampl, Dr. Glasmeyer und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes .
Wir treten nun in die Tagesordnung ein. Punkt 1:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 410 der Reichsabgabenordnung .
Das Wort zur Begründung hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anwendung des § 410 der Reichsabgabenordnung, der die sogenannte tätige Reue behandelt, hat in der derzeit geltenden Fassung zu zahlreichen Schwierigkeiten geführt. Man wollte damals die Voraussetzungen für die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige erleichtern, hat zugleich die Strafandrohungen der Abgabenordnung sehr erheblich verschärft und hatte sich davon eine günstige Wirkung auf die Steuermoral erhofft. Die Entwicklung hat aber gelehrt, daß nunmehr manche Steuerpflichtigen abwarten, bis sie damit rechnen müssen, daß ihnen die Einleitung einer Untersuchung eröffnet wird. Die erhoffte Stärkung der Steuermoral ist also nicht eingetreten, sondern vielleicht eher das Gegenteil.
Das Bundesfinanzministerium hat sich daher verpflichtet gesehen, diesen Gesetzentwurf einzubringen, aus dem sich ergibt, daß die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht eintritt, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Berichtigung weiß oder bei verständiger Würdigung der Sachlage befürchten muß, daß die Tat entdeckt ist oder ihre Entdeckung unmittelbar bevorsteht. Das ist der wesentliche Inhalt dieses Gesetzes.
Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, bei diesem Gegenstand auf eine Aussprache zu verzichten und die Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu beschließen. — Da sich kein Widerspruch erhebt, ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Nr. 2387 der Drucksachen).
Dieser Gesetzentwurf sollte durch die Regierung begründet werden. Da aber noch niemand anwesend ist, rufe ich Punkt 3 der Tagesordnung auf.
— Wenn das Haus auf die Begründung verzichten will,
können wir unter gleichzeitigem Verzicht auf eine Aussprache die Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen sogleich vornehmen. — Da sich kein Widerspruch erhebt, ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes .
Wer begründet?
— Meine Damen und Herren, zu diesem Gegen. stand war allerdings eine Aussprache von 60 Minuten Gesamtdauer vorgesehen. Wenn das Haus darauf und auf die Begründung verzichten will, dann schlage ich die Überweisung an den Ausschuß für Arbeit vor. — Da sich kein Widerspruch erhebt, ist so beschlossen.
Ich rufe dann auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und des von den Abge-
ordneten Dr. Dr. Müller , Fassbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nrn. 2328, 2340 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2426 der Drucksachen).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat zunächst — am 21. Juni — eine allgemeine Aussprache über das Gesetz durchgeführt, in der folgende Gesichtspunkte auftauchten. Ich muß diese kurz erwähnen, damit Sie sich ein Bild von dem Inhalt dieses Gesetzentwurfs machen können. Es hat sich insbesondere um die Frage gehandelt: Sollen hier Festpreise, Höchstpreise, Von-bis-Preise für Getreide festgesetzt werden, oder soll eine Freigabe der Preise erfolgen? — Allgemein war man sich einig in der Ablehnung jeder Zwangsablieferung. Von dem Herrn Berichterstatter wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, den Konsumbrotpreis zu halten; eben aus diesem Grunde sei die Einführung der Frühdruschprämie ein geeignetes Mittel, die Brotversorgung sicherzustellen.
Der Abgeordnete Kriedemann war der Ansicht, daß man die drei Gesetze, um die es sich 'handelt — dieses Gesetz mit besonderen Maßnahmen, das Gesetz über die Frühdruschprämien und das Getreidepreisgesetz — im Zusammenhang sehen müsse. Ob Höchst- oder Festpreise, das sei ihm gleichgültig; denn die Preissituation werde sich praktisch dadurch nicht ändérn, es werde so wie im vergangenen Jahre sein; die Frühdruschprämie halte er für eine verkappte Preiserhöhung. Herr Kriedemann fragte dann an, welche Pläne zur Stabilisierung des Brotpreises die Regierung habe; wenn man den Preis halten wolle, brauche man größere Reserven, und jeder wisse, daß diese Reserven zur Zeit nicht vorhanden seien.
Abgeordneter Fassbender betonte, daß die Preiserhöhung im vergangenen Wirtschaftsjahre ein großer Fehler gewesen sei. Allerdings habe die gesamtpolitische Lage diese Erhöhung notwendig gemacht, die Preise seien damals einfach davongelaufen; besonders wichtig sei gewesen, daß die Relation des Brotgetreidepreises zum Futtergetreidepreis erheblich gestört wurde und dadurch Unordnung in den Getreidemarkt hineingekommen sei. Er bejahte die Notwendigkeit der Frühdruschprämie und vertrat die Ansicht, daß die gewerbliche Schweinemast unmöglich gemacht werden müsse, da diese auf Getreidebasis mäste und nicht wie der Bauer auf Hackfruchtbasis.
Abgeordneter Struve führte aus, daß nach Einführung der vorgesehenen Preise und der Frühdruschprämie das Getreide zur Ablieferung kommen werde. Für jeden Betrag freigewordener Devisen solle man Getreide im Ausland kaufen. Das Getreide dürfe aber keinesfalls in die gewerblichen Mästereien gelangen.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Prof. Dr. Niklas wies darauf hin, daß sich die Früdruschprämie schon einmal
bewährt habe und daß das Ministerium bemüht sei, die notwendigen Reserven auf dem Getreidemarkt heranzuschaffen.
Nach dieser allgemeinen Aussprache wurde eine besondere Kommission eingesetzt, bestehend aus wenigen Abgeordneten. Diese Kommission hat die drei Gesetzesvorlagen, das Getreidepreisgesetz, das Früdruschprämiengesetz und das Gesetz über besondere Maßnahmen auf dem Gebiete des Getreidemarktes zu einem einheitlichen Gesetz verarbeitet. Es wurde dann ein Kabinettsbeschluß über die Frühdruschprämie herbeigeführt. Dadurch trat wieder eine Verzögerung in den Arbeiten des Ausschusses ein. Erst vor kurzem wurde dann ein überarbeiteter Entwurf vorgelegt, den die Regierung noch einmal durchberaten hatte. Auf Grund dieses Entwurfs ist die Ihnen vorliegende Fassung des Gesetzes zustande gekommen.
Ich darf nun kurz die wesentlichen Gesichtspunkte dieses Gesetzes erörtern. Beim § 2, bei dem es sich um die Festsetzung der Brotgetreidepreise handelt, entspann sich eine lebhafte Debatte über die Einführung der Von-und-bis-Preise. Die Freie Demokratische Partei verlangte, daß die Spanne des Von-und-bis-Preises 20 DM pro Tonne betragen solle. Das wurde aber vom Ausschuß abgelehnt. Man einigte sich auf die Preise, die Ihnen in der Drucksache vorliegen.
Eine längere Debatte entwickelte' sich dann über den Futtergetreidepreis. Allgemein kam zum Ausdruck, daß doch eine Notwendigkeit bestehe, die Futtergetreidepreise festzulegen, allerdings mit der Maßgabe, daß diese Futtergetreidepreise die Grundlage abgeben müssen für die Preisbildung überhaupt und daß mit den in den Händen der Regierung oder der Einfuhr- und Vorratsstelle befindlichen Mengen ausländischen Futtergetreides entsprechend manipuliert werden müsse. Deswegen ist auch in den Ausschußberatungen der Zusatz hinzugekommen, wonach diese Preisfestsetzung auch die Grundlage für die von der Einfuhr- und Vorratsstelle festzusetzenden Abgabepreise bildet. Es heißt in dem Abs. 2, den der Ausschuß angenommen hat, ausdrücklich, die Grundlage für die Preisgestaltung geben grundsätzlich die vorher genannten Abgabepreise. Warum heißt es hier: geben „grundsätzlich" die Grundlage dafür ab? — Weil man die Regierung darauf hingewiesen hat: die Preise für Milokorn beispielsweise müssen um 20 DM unter den hier festgelegten Preisen liegen; es müsse jedoch Vorsorge getroffen werden, daß diese verbilligten Futtermittel wirklich in die Hände von Bauern kommen und nicht in die Hände von Zwischeninstanzen, wodurch die Subventionspolitik der Regierung illusorisch gemacht werde. Das war der wesentliche Gesichtspunkt bei § 3.
Bei § 5 wurde anerkannt, daß die Preisfestsetzung für Malzgerste durchaus den Verhältnissen entspreche. Bei § 6 — Saatgetreide — entspann sich eine kleine Debatte darüber, ob die Zuschläge im vollen Umfang berechtigt seien. Es wurde aber darauf hingewiesen, daß sie mit den zuständigen fachlichen Verbänden eingehend erörtert worden seien und daß es sich ja nur um Höchstpreise handelt, die unterschritten werden können.
Besonders erörtert wurde noch die Anbietungspflicht, die sogenannte Andienungspflicht, und der Schlußschein. Die Vorschriften darüber sind im § 8 niedergelegt. Man muß grundsätzlich unterscheiden zwischen der Ablieferungspflicht des Bauern und der Pflicht zur Andienung an die Stellen, die das Getreide weitergeben. Die Mehrheit des Aus-
schusses hat sich für diese Andienungspflicht und auch für die in § 9 festgelegten Lenkungsmaßnahmen, aber gegen eine Ablieferungspflicht des Bauern ausgesprochen.
Es kam noch zu einer Aussprache über den § 13, über die Frühdruschprämie. Der Ausschuß hat davon abgesehen, die früheren erhöhten Sätze der Frühdruschprämie wieder aufzunehmen, weil er der Auffassung war, daß das Getreidegesetz so rasch wie möglich in Kraft gesetzt werden müsse. Er hat die Sätze angenommen, die im Kabinettsbeschluß enthalten waren. Allerdings ist auf meinen Antrag hin beschlossen worden, die Frühdruschprämie bis 15. November zu gewähren, um die Erzeuger auch in den Gebieten in den Genuß der Prämie zu bringen, in denen man infolge der klimatischen Verhältnisse erst später zum Dreschen kommt.
Das Gesetz soll am 22. Juli in Kraft treten; denn nach einem besonderen Gesetz gelten die jetzigen Getreidepreise bis 21. Juli. — Das sind die wesentlichen Gesichtspunkte.
Meine Damen und Herren, Sie dürfen mit mir zufrieden sein; ich habe die Ausschußverhandlungen objektiv dargestellt. Ich bitte Sie im Namen des Ausschusses, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Der Ausschuß war sich zwar nicht ganz einig, Herr Kollege Kriedemann; aber die Mehrheit hat beschlossen, dem Hohen Hause das Gesetz in der Fassung der Drucksache Nr. 2426 vorzulegen. Ich bitte um die Annahme.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Scharnberg.
Er ist nicht anwesend; er hatte sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Aber da ich seine Absicht kenne, kann ich sie vielleicht aussprechen. Er wollte nämlich beantragen — mit Rücksicht auf Verhandlungen, an denen eine Reihe von Mitgliedern dieses Hauses teilnehmen —, die Abstimmung über die folgenden Punkte der Tagesordnung bis einschließlich Punkt 10 zurückzustellen und nach Behandlung des Punktes 10 die Abstimmungen nachzuholen. — Da ich keinen Widerspruch höre, nehme ich die Zustimmung des Hauses an.
Wir fahren also jetzt fort in der Behandlung des Punktes 4 der Tagesordnung. Dazu hat der Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 120 Minuten vorgesehen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an. — Wird das Wort zu einer Generalaussprache gewünscht?
— Das ist nicht der Fall.
Wir kommen also zur Einzelaussprache. Ich rufe auf die §§ 1 und 2. Zu § 2 liegt ein Änderungsantrag der FDP vor, der allerdings noch nicht verteilt ist. Wird der Antrag begründet? Wer wünscht das Wort dazu zu nehmen ?
— Das Wort hat Herr Abgeordneter Fassbender.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen und im Auftrag meiner Fraktion bitte ich Sie um die Annahme des folgenden Änderungsantrags. In § 2 des Gesetzentwurfs sind die Preise im gewogenen Durchschnitt mit einer Spanne von 10 DM eingesetzt. Wir haben nach reiflicher Überlegung die Überzeugung gewonnen, daß diese Spanne nicht ausreicht, um einen geordneten Ablauf der Dinge auf dem Getreidesektor zu gewährleisten, und bitten Sie deshalb, unserm Antrag, die Spanne auf 20 DM zu erhöhen, zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Freunde und ich werden keinem der Paragraphen dieses Gesetzentwurfs zustimmen, der sich mit Preisen befaßt. Wir tun das aus der Überzeugung, daß diese Preise so wie die bisher gesetzlich festgelegten Getreidepreise auf dem Papier stehen. Jedermann in diesem Hause, der sich einigermaßen mit den Dingen befaßt hat, weiß, daß es zu den von uns hier beschlossenen — oder von Ihnen hier gegen unsere Stimmen beschlossenen — Preisen Getreide außer aus der Bundesreserve mit den dazu erforderlichen Subventionen niemals gegeben hat. Jeder kennt das Durcheinander, das in der gesamten Wirtschaft dadurch entstanden ist. Jeder kennt die Schwierigkeiten, mit denen sich die verarbeitenden Zweige der Wirtschaft — Bäcker und Müller — auseinandersetzen müssen, und jeder kennt die Folgen davon für den Brotpreis. Wir haben nicht das Bedürfnis, dieses Spiel mit Zahlen fortzusetzen und werden deshalb diesen Preisen nicht zustimmen in der Überzeugung, daß sie eben nur auf dem Papier stehen.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß jetzt mit dem Antrag der FDP versucht werden soll, die Preise praktisch etwas heraufzusetzen; denn jedermann ist sich ebenso darüber klar, daß das, was hier als Höchstpreis — als Von-bis-Preis gilt, im günstigsten Fall von allen Beteiligten als der Festpreis angesehen wird. Ich brauche das im Augenblick nicht zu vertiefen; ich mache Ihnen nur diese Mitteilung, damit Sie sich über unsere Haltung in der Abstimmung der zweiten Lesung im klaren sind.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn in der Frage, die wir hier behandeln, alles so klappen würde, dann bräuchten wir uns nicht über die Frage der Von-bis-Preise zu unterhalten. Das erste, was erreicht werden muß, ist, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle wieder zu Vorräten kommt, die ausreichen, um den Markt manipulieren zu können. Ist die Einfuhr- und Vorratsstelle im Besitz genügender Getreidereserven — sowohl auf dem Brotgetreidesektor als auch auf dem Futtergetreidesektor —, dann kann sie den Markt beherrschen, und dann brauchen wir eigentlich keinerlei Preisfestsetzung. Da würde ein Richtpreis der Einfuhr- und Vorratsstelle vollständig genügen, um den Markt zu manipulieren. Ich bin ein grundsätzlicher Gegner der Von-bis-Preise. Ich begreife nicht, warum man hier für vorübergehende Spekulationen der zweiten und dritten Hand eine Marge entstehen läßt. Wir Agrarpolitiker sind immer der Meinung gewesen, daß wir uns nicht an Spekulationsentwicklungen anhängen sollten, sondern daß wir stabile und ausreichende Preise während des ganzen Wirtschaftsjahrs für unsere Landwirtschaft brauchen. Für uns in den landwirtschaftlichen Organisationen ist das selbstverständlich.
Wir werden das Handwerk der Spekulation zum Erliegen bringen, indem wir naturgemäß an die
obere Grenze des Von-bis-Preises herangehen — ganz selbstverständlich! —, weil jetzt die Marktlage überhaupt dazu angetan ist, das zu machen. Dann ist ja auch das erreicht, was die Herren wünschen.
Für mich ist dieses Hin- und Herfeilschen um 10 DM die Tonne keine wesentliche Frage. Herum oder hinum — mir persönlich ist es gleichgültig! Ich bin auch dafür, wenn die Herren glauben, daß sie mit dem Von-bis-Preis der mittleren Linie, die hier aufgezeigt wird, selig werden. Ich will nicht dagegen sein; sie sollen in Gottes Namen damit selig werden. Aber an der Getreidepreisentwicklung ändert das verflucht wenig.
Das Wort hat Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ursprünglich war in der Regierungsvorlage ein einheitlicher Inlandspreis vorgesehen. Das war alle die Jahre so. Seit im ersten Weltkrieg die Getreidebewirtschaftung notwendig wurde, war immer die Festsetzung eines für das Land geltenden Höchstpreises vorgesehen. Nun ist der Von-bis-Preis vorgeschlagen worden. Ich gebe zu, daß er manchen Vorteil hat, aber uns wird natürlich das Arbeiten etwas erschwert. Ich bitte die Damen und Herren, doch daran zu denken, daß wir ungefähr die Hälfte des Brotbedarfs der deutschen Bevölkerung aus Importen decken müssen. Bisher war der Ausgangspunkt für uns variabel. Mit dem Weltmarktpreis, der schwankte, mußten wir rechnen. Aber die untere Basis war gleich. Wir hatten also lediglich die Aufgabe, von einem unbekannten Faktor auf einen bekannten Faktor herunterzusubventionieren. Durch den Von-bis-Preis wird natürlich jetzt die Basis labil.
Wenn das Hohe Haus es beschließt, werden wir versuchen, die Sache zu managen. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß es eine erhebliche Erschwerung der Arbeit mit sich bringt. Als ich gestern diese Bedenken vorbrachte, hat einer der Herren Abgeordneten gesagt: Warum sollen die Minister nicht auch arbeiten müssen? Aber es ist unter Umständen auch notwendig, dafür zu sorgen, daß Subventionen nicht unnütz vertan werden. Das ist nicht ganz einfach. 16 000 Mühlen sind da, und wir müßten — ganz konkret gesprochen — eigentlich jedes einzelne Geschäft der 16 000 Mühlen nachprüfen, um die Basis für die Berechnung der Subventionen zu haben. Es geht nicht anders — das ist auch vom Vorsitzenden des Ernährungsausschusses schon betont worden —, als eine einheitliche Basis zu nehmen, wobei sich, Herr Dr. Müller, in der Praxis wahrscheinlich herausstellen wird, daß wir nur bis zum Bis-Preis herunter subventionieren. Darauf möchte ich aufmerksam machen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dr. Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Herrn Kriedemann möchte ich nur eine kurze Bemerkung machen. Herr Kriedemann lehnt das Gesetz mit den Preisen, die vorgesehen sind, ab, aber er hat uns keinen Weg gezeigt, wie man es anders machen sollte.
— Nein, darüber haben wir nicht gesprochen. Ich nehme aber nicht an, daß Sie bereit sind, die Getreidepreise absolut freizugeben. Denn das ist der Weg, der dann gegangen werden muß. Ich glaube jedoch, wir sind uns in unserer sozialen Verpflichtung darüber einig, daß der Weg nicht gegangen werden kann.
Meine Damen und Herren! Der Antrag, der von der FDP gestellt worden ist, die Spanne zwischen den Von-bis-Preisen um 10 DM auf 20 DM zu erhöhen, braucht meines Erachtens nicht die großen Bedenken auszulösen, die der Herr Minister geglaubt hat vortragen zu müssen. Ich bin es gewesen, der dem Herrn Minister gestern gesagt hat: Warum sollen nicht auch die Minister einmal arbeiten, warum sollen sie nicht auch einmal Schwierigkeiten haben? Wir hätten selber im Parlament Schwierigkeiten genug. Es gehöre zur Manipulation mit diesem gespannten Preis jetzt ein ganz klarer Wille und die Schaffung von Vorräten, um den Markt beherrschen zu können. Da liegt es eben bei Ihnen, Herr Minister, und Ihren Mitarbeitern, daß Sie diese Voraussetzungen schaffen und daß Sie, so hoffe ich, den ernsten Willen an den Tag legen, die Dinge zu meistern.
Trotz mancher Bedenken sind meine Freunde und ich bereit, für den Antrag der FDP zu stimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Niebergall.
Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion kann diesem Gesetz nicht zustimmen. Dieses Gesetz berücksichtigt nicht die Interessen der breiten Masse der Landwirte, sondern es ist für die großen Spekulanten geschaffen. Es wird also im wesentlichen den kleinen Mann in der Landwirtschaft und den Verbraucher treffen.
— Sie haben die Weisheit mit 'nem Schaumlöffel gefressen! Sie sind ja bekannt dafür!
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich bei der Behandlung der Marktordnungsgesetze sehr nachdrücklich zu dem Grundsatz bekannt, daß die Spekulationen mit den landwirtschaftlichen Preisen zugunsten und zu Lasten der Landwirtschaft ganz eindeutig abzulehnen sind. Herr Kollege Müller, es ist verhältnismäßig einfach, zu sagen: „Sie haben uns auch keinen Weg gezeigt." Ich kann mich darauf berufen, daß wir uns im Ausschuß gerade über die Dinge sehr gründlich unterhalten haben. Wenn ich mit meinen Freunden zusammen diese Preise ablehne, dann wahrlich nicht, um freie Preise oder gar eine Preiswillkür zu haben, sondern nur aus der Überzeugung, daß die Preise, die in diesem Gesetz festgelegt sind, gegen die Spekulation — meinetwegen sagen Sie auch: gegen die Zeitumstände — eben nicht durchgesetzt werden können. Es hilft uns gar nichts, an den Minister zu appellieren, daß er nun auch einmal etwas tun, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle sich einmal die Manipulationsreserve besorgen soll, mit deren Hilfe sie diese Preise durchsetzen will. Denn mindestens einige von uns sind über die Aussichten und Möglichkeiten, eine solche Manipulationsreserve anzulegen, im Bilde. Ich glaube, daß ich
auch Ihrem Herzenswunsch nachkomme, wenn ich hier nun nicht alles das „auseinanderpule", was wir uns in sehr ernsthaften Besprechungen im Ausschuß pflichtgemäß über die Aussichten auf dem Getreidemarkt klargemacht haben.
Herr Kollege Horlacher, ich akzeptiere das als Ihre Zustimmung zu meinem Vermuten; aber unterstellen Sie mir dann bitte nicht, daß ich bloß nichts anderes wüßte. Gerade weil in diesem Gesetz am Schluß eine ganze Reihe von Strafbestimmungen sind, scheint es uns unerträglich zu sein, Dinge zu beschließen, von denen man nur hoffen kann, daß sie so ungefähr hingehen, aber dies nicht nur nicht mit Sicherheit weiß, sondern von denen man nicht einmal annehmen kann, daß sie so ablaufen, wie wir alle wünscher daß sie ablaufen sollten.
Das Wort hat der Abgeordnete Fassbender.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, niemand in diesem Hohen Hause ist sich darüber im unklaren, daß die Regelung des Preises und des Ablaufs der Dinge auf dem Getreidesektor schwer ist. Ich muß allerdings Herrn Kollegen Müller recht geben, wenn er an Herrn Kriedemann — in diesem Falle war vielleicht die Adresse nicht ganz richtig — die Frage stellt, welche Vorschläge er nun zu machen bereit sei, um den Ablauf der Dinge zu sichern. Denn irgendwie muß ja nun etwas geschaffen werden.
— Mit Ihnen unterhalte ich mich nachher noch. Herr Kriedemann erklärt, es werde nicht möglich sein, die Dinge so durchzusetzen. Daß das schwierig ist, darüber sind wir uns völlig im klaren. Bei der Behandlung der gesamten Ernährungsfragen haben wir uns immer von dem einen Grundsatz leiten lassen, dafür zu sorgen, der Landwirtschaft für ihre Erzeugung die Preise zu gewährleisten, deren sie bedarf, um produktionskräftig zu bleiben, nicht nur in ihrem eigenen, sondern im Interesse des gesamten Volkes, auf der andern Seite Überhöhungen tunlichst zu vermeiden, um den Massen der Bevölkerung Brot zu erträglichen Preisen zur Verfügung zu stellen. Wenn Herr Kollege Horlacher nun glaubt sagen zu müssen, er werde dem Antrag der FPD zustimmen, weil er glaubt, wenn wir damit selig werden sollten, habe er nicht das Recht, das Seligwerden zu verhindern, dann muß ich doch erwidern: Ich glaube, Herr Kollege Horlacher, auf dem Gebiet des Seligwerdens — ich meine das jetzt nur im guten Sinne — haben Sie mehr Erfahrungen als wir.
Kollege Müller hat darauf hingewiesen, daß die Minister mehr arbeiten müßten. Herr Kollege Müller, unsere Minister arbeiten wirklich! Sie reden. Denken Sie beispielsweise an die Rede in Hamburg, wonach das Regierungsprogramm zu 90 °/o ein Agrarprogramm sein soll. Leider habe ich von diesen 90 % recht wenig gemerkt. Ich habe das Gefühl, daß der Herr Minister nicht „Prozent", sondern „Promille" hat sagen wollen. Nicht wahr, Herr Minister?
Dann zu den Ausführungen des KPD-Redners. Herr Kollege von der KPD, es berührt mehr als merkwürdig, wenn Sie von „Massen der Landwirtschaft" sprechen. Sie dürfen davon überzeugt sein, daß die Massen des Bauern- und Landarbeitertums in jenen Gebieten, in denen Ihre Freunde das Zepter in der Hand haben, sich glücklich preisen würden, wenn sie das geboten kriegten, was wir ihnen hier zu bieten bereit sind. Da drüben gibt es keine Bauern; da gibt es höchstens Staatssklaven zweiter Klasse!
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir uns in der sachlichen Behandlung unserer schwierigen Beratungen durch niemanden stören lassen.
Herr Kollege Fassbender, wenn ich Sie nicht schon durch so viele Jahre der gemeinsamen Arbeit an agrarpolitischen Problemen kennen und Sie hier zum erstenmal hören würde, würde ich fast geneigt sein, zu glauben, daß es nicht ganz fair ist, wenn Sie hier auch noch einmal sagen: Was wir nun machen sollen, hat er nicht gesagt. Meine Damen und Herren, wir können uns darauf berufen, daß wir Sie bei den verschiedensten Gelegenheiten immer wieder darauf aufmerksam gemacht haben, daß das Wirtschaftsprinzip, mit dem Sie angetreten sind, nicht ausreicht, um die Schwierigkeiten zu meistern. Trotz unserer Warnungen und trotz der, wie mir scheint, unverkennbaren Zeichen der Zeit haben Sie eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen, die heute so etwas wie das wirksame Durchsetzen der hier beschlossenen Preise ganz und gar unmöglich machen. Inzwischen sind die Dinge soviel gefährlicher, soviel bedrohlicher geworden, daß auch auf Ihrer Seite, mindedestens aber auf der Seite der Regierung, eine größere Neigung besteht, Maßnahmen zu treffen, Einrichtungen zu schaffen, mit denen einige Aussicht gegeben wäre, auch mit der Getreidesituation fertig zu werden, d. h. mit denen einige Aussicht gegeben wäre, unsere Lebensführung — ganz allgemein, in jeder Beziehung des Wortes gesprochen — auf die Umstände abzustimmen, unter denen wir dieses Leben möglichst für alle einigermaßen erträglich gestalten sollten. Das ist in großem Umfange ein Bruch mit den Prinzipien, die hier von Ihnen verkündet worden sind, und ich kann mir durchaus vorstellen, daß Ihnen diese Wandlung außerordentlich erleichtert werden würde, wenn wir Sozialdemokraten die Maßnahmen fordern würden, die heute notwendig sind. Dann würde uns vielleicht zum letztenmal der Vorwurf gemacht werden, daß wir vom Gedanken der Zwangswirtschaft immer nicht loskommen.
Ihre Art der Diskussion mit uns über wirtschaftspolitische Grundsatzfragen gibt uns in vollem Umfange das Recht, nun einmal zuzusehen, welche Maßnahmen die Regierung treffen wird.
Welche Maßnahmen getroffen werden müssen, Herr Kollege Fassbender, das wissen wir alle miteinander; das wissen Sie so gut wie ich. Sie haben die Verantwortung, an Ihnen ist es, diese Dinge auszusprechen, gerade weil Sie gegen die bisher von Ihnen verkündeten Prinzipien gehen. Unser Geschäft ist im Augenblick nichts anderes, als in jedem Fall nachzuweisen, daß diese halben Maßnahmen, die halbseidenen, in Seidenpapier einge-
wickelten Maßnahmen eben nicht funktionieren
werden. Dazu gehören auch diese Preise, Preise,
die sinnlos sind, weil alles andere in dem System
fehlt. Darum, meine Damen und Herren — und
das weiß niemand besser als Sie selber, Herr Kol-
lege Fassbender —, kann ich auf meinem Platz mit
Ruhe so lange warten, bis auch von Ihrer Seite
klar und konsequent all das getan wird, um ein
solches Gesetz und solche Preise, über die wir als
Preise hier gar nicht diskutieren, weil sie meiner
Ansicht nach gar nicht streitig sind, durchzusetzen.
Meine Damen und Herren! Ich glaube doch im Hinblick auf die Gepflogenheiten einer zweiten Beratung bitten zu dürfen, daß wir Ausschußberatungen hier nicht erneuern.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Fassbender.
Nur ein paar Worte, meine Damen und Herren! Sicherlich hat Herr Kriedemann recht, wenn er sagt: Die Regierung und die hinter ihr stehenden Parteien haben die Verantwortung, die Dinge so zu gestalten, wie sie sie gestalten zu müssen glauben. Man kann über die Stellung der Opposition zu jedem Gesetz zweierlei Meinung sein. Ich hätte mich jedenfalls sehr gefreut, Herr Kriedemann, wenn Sie und Ihre Fraktion nun Ihrerseits Vorschläge gemacht hätten, die besser sind.
Sie dürfen davon überzeugt sein, daß wir gar nicht so doktrinär sind.
Wenn Sie uns bessere, wirklich bessere Vorschläge hätten machen können, hätten Sie unserer Zustimmung sicher sein dürfen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
— Nein, die Abstimmungen zu dem augenblicklich behandelten Punkt nicht, sondern die Abstimmungen zu den Punkten 5 bis 10 der Tagesordnung werden bis nach der Debatte zu Punkt 10 zurückgestellt. Im Anschluß an die Behandlung des gegenwärtigen Verhandlungsgegenstandes treten der Ausschuß für Geld und Kredit und der Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu Beratungen zusammen; während dieser Zeit sollen dann mit Rücksicht auf die Herren, die an diesen Sitzungen teilnehmen müssen, keine Abstimmungen stattfinden.
Wir kommen also zur Abstimmung. § 2! Dazu liegt der Änderungsantrag der FDP vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Das erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem nunmehr geänderten § 2 zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 2 ist angenommen.
Ich rufe auf § 3. Dazu liegt ebenfalls ein Änderungsantrag vor. Wird er begründet? — Herr Abgeordneter Fassbender, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es dreht sich hier lediglich darum, formal dasselbe zu tun, was eben in § 2 beschlossen ist.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Abänderungsantrag. Ich bitte diejenigen, die ihm zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem abgeänderten § 3 zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 3 ist angenommen.
Ich rufe auf § 4. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die § 4 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 4 ist angenommen.
Ich rufe auf § 5. — Dazu liegt auch ein Änderungsantrag der FDP vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht?
— Sonst keine Wortmeldungen? — Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag. Ich bitte diejenigen, die ihm zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte diejenigen, die § 5 in der abgeänderten Form zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 5 ist angenommen.
Ich rufe auf § 6. — Dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. § 7. — Auch dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den §§ 6 und 7 zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; §§ 6 und 7 sind angenommen.
Ich rufe auf § 8. — Hierzu liegt wieder ein Abänderungsantrag vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Fassbender!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP hat sich erlaubt, zu § 8 einen Änderungsantrag einzubringen, der praktisch eine Neufassung dieses Paragraphen bedeutet. Der Paragraph in seiner alten Fassung hat bei uns das nicht gerade angenehme Gefühl hervorgerufen, daß hier der Versuch unternommen worden ist, in alte Bestimmungen der Zwangswirtschaft zurückzufallen. Wir sind nicht bereit, auf dem Gebiet der Befreiung der Wirtschaft auch nur einen Schritt rückwärts zu tun. Wir bitten Sie deshalb, die neue Fassung des Paragraphen statt der alten anzunehmen. Die neue Fassung des § 8 lautet:
Schlußschein
Zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung kann die Bundesregierung oder der Bundesminister durch Rechtsverordnung vorschreiben, daß für jeden Verkauf von Roggen, Weizen oder Gemenge von diesen ein Schlußschein auszustellen ist. Der Bundesminister kann durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Ausstellung, Form und Inhalt des Schlußscheines sowie über die Anzahl der Ausfertigungen und deren Verbleib erlassen. Weiterhin kann der Bundesminister diese Anordnung auf Gerste, Hafer und Futtermenggetreide ausdehnen.
Wir glauben, daß es vollauf genügt, den Schlußscheinzwang zu schaffen, um hinsichtlich des Ablaufs der Dinge auf dem Getreidesektor jederzeit klar zu sehen.
Wir bitten Sie deshalb, diesem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Kriedemann!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht haben die aufmerksamen Zuhörer den Ausführungen des Herrn Kollegen Fassbender in etwa entnommen, daß die Sorgen der Sozialdemokraten um das Versagen des Gesetzes nicht ganz unbegründet sind. Vielleicht haben sie auch bemerkt, was im Grunde dahintersteckt, wenn immer gesagt wird: Machen Sie doch einmal Vorschläge!
Es ist gar kein Geheimnis, daß die Sozialdemokratische Partei meint, gerade da, wo es sich um eine lebenswichtige Versorgung handelt, könne man die Entwicklung nicht sich selbst überlassen. Man muß vielmehr etwas tun, damit sie so abläuft, wie wir alle es wünschen. Das entspricht dann allerdings nicht immer dem Prinzip der sogenannten freien Wirtschaft, aber da sind die Tatsachen härter als die Dogmen.
Ich bedaure sehr, daß der Kollege Fassbender eben gesagt hat, an Dogmen halte er nicht so sehr fest; es liege vielmehr der Mangel an Vorschlägen auf unserer Seite. Das Ministerium hat Vorschläge gemacht, wie ich meine, sehr bescheidene, außerordentlich zurückhaltende Vorschläge, Vorschläge, die mit einer Zwangswirtschaft wahrlich nichts zu tun haben. Ich habe starke Bedenken, ob diese Vorschläge funktionieren werden. Ich weiß zum Beispiel nicht, was denn mit den Schlußscheinen werden soll, nachdem man die zuständigen Behörden auf der Landesebene absolut abgeschafft hat und, so wie wir die Haushaltspläne der Länder kennen, die Länder auch gar nicht in der Lage sind, sie wieder aufzubauen. Das sind eben die halben Maßnahmen, das sind eben die witzigen Dinge, von denen ich mir vorhin zu sagen erlaubte, sie seien halbseiden und außerdem auch noch in Seidenpapier eingewickelt. Das ist es eben, was bei uns den Eindruck macht und uns sozusagen die Sicherheit gibt, daß nichts geschehen wird, offenbar auch gar nichts Wirksames getan werden soll, um die Preise nun auch durchzusetzen, die hier mit soviel Feierlichkeit beschlossen werden sollen. Aus diesem Grunde stimmen wir den Preisen nicht zu, nicht etwa, weil sie uns zu hoch oder zu niedrig liegen, sondern weil sie mangels wirksamer Maßnahmen auf dem Papier stehen bleiben.
Herr Kollege Fassbender findet nun, daß selbst das, was jetzt noch von den Wünschen, von den sehr begreiflichen Wünschen der Regierung übriggeblieben ist, zu weitgehend ist, und er stellt dazu einen Abänderungsantrag. Da das Gesetz mit den Preisen und allen anderen Maßnahmen, mit denen diese Preise abgesichert werden sollen, eine unteilbare Einheit darstellt, werden wir gegen diesen Paragraphen stimmen.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist außerordentlich schwer, zu dem Problem Stellung zu nehmen, da dieser komplizierte Antrag uns überhaupt noch nicht vorliegt. Ich habe mich erst unterrichten müssen, was überhaupt drinsteht. Nicht alles, was von der FDP kommt, ist gut.
Das müssen wir uns schon näher anschauen; denn da mag ein ganz anderer Hase im Pfeffer liegen, als wir ursprünglich angenommen hatten; so ein Handelshase, so ein großer kann dabei sein mit recht langen Ohren. Die Geschichte ist praktisch ja so: ich möchte nicht ohne weiteres meine Hand dazu bieten, daß die Andienungspflicht hier durch diesen Schlußschein-Antrag aufgehoben wird. Denn der wesentliche Gesichtspunkt des § 8 ist der, daß der Bauer auf seinem Hof frei ist und nicht der Zwangswirtschaft unterliegt; daß er also frei disponieren kann. Wenn er sein Getreide in den Verkehr bringt, dann muß er es an verschiedenen Stellen andienen, und die Vorratsstelle bestimmt die Kreise, die zum Handel zugelassen sind. Das ist etwas sehr Wesentliches.
Ich weiß nicht, ob die Regierung die Dinge, die die FDP hier will, grundsätzlich in die Rechtsverordnung hineinarbeiten kann. Ich wäre daher dankbar, wenn der Herr Minister dazu Stellung nehmen und uns erklären würde, daß diese Fassung ausreicht, ob er seine Rechtsverordnung so gestalten kann, daß die Andienungspflicht gesichert bleibt und der Kreis der Personen beschränkt werden kann, die im Getreideverkehr tätig sind. Ist dies der Fall, dann bin ich für den FDP-Antrag. Im anderen Fall müßten wir uns das mindestens vor der dritten Lesung noch einmal überlegen; denn es ist außerordentlich schwer, so einen Gesetzestext zu beurteilen, ohne den Wortlaut vor sich zu haben. Ich bitte also den Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sich zu der Frage zu äußern.
Das Wort hat der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Meine Damen und Herren! Man hat davon gesprochen, daß der in Rede stehende Artikel ein Rückfall in die Zwangswirtschaft sei. Mit nichten! Wie liegen denn die Dinge, meine Herren? Wenn man jetzt am Schluß dieses wirklich schwierigen Getreidewirtschaftsjahres die Vergangenheit überblickt, dann muß man sich über folgendes klar sein: Wir wissen nicht, was kommt, und die Regierung muß doch, wenn sie die Brotversorgung der Bevölkerung sichern soll, die Möglichkeit haben, auch auf Vorräte, die draußen im Lande liegen, zurückzugreifen und von denen, die
im Besitze dieser Vorräte sind, zu verlangen, daß diese Vorräte mit der notwendigen Beschleunigung den Weg alles Getreides gehen. Bei Wegfall des Abs. 1 von § 8 wäre der Fall folgendermaßen: Wenn ein Händler — und damit möchte ich auf die Frage von Dr. Horlacher antworten — heute auf unser Ersuchen, 5000 Zentner, die er liegen hat, abzugeben mit Nein antwortet, dann sind wir nicht in der Lage, auch nur das geringste zu unternehmen. Die Regierung hat sich infolgedessen -verpflichtet gefühlt, dafür zu sorgen, daß eine Möglichkeit besteht, das Getreide in Fluß zu erhalten. -Ich begrüße es, daß der Schlußscheinzwang bleibt. Das ist die Basis für alle Operationen auch auf dem Gebiete des Umtausches von Futtergetreide; aber bei Wegfall des Abs. 1 von § 8 hat die Regierung keine Möglichkeit mehr, auftretende Stauungen zu beseitigen. Darauf hinzuweisen ist meine Pflicht.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Fassbender.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die Ausführungen des Herrn Ministers möchte ich kurz folgendermaßen antworten. Wir glauben nach wie vor, daß durch den Schlußscheinzwang die Möglichkeit gegeben ist, sich jederzeit über den Verbleib des Getreides Klarheit zu verschaffen. Herr Minister, wir glauben nun nicht, daß alle Stellen außerhalb der Landwirtschaft, die mit Getreide und deren Nachprodukten zu tun haben, nun eine Herde sind, die darauf aus ist, Gesetze zu übertreten oder nur aus Spekulationswut zu handeln. Bisher ist jedenfalls der Beweis, daß es so ist, niemals schlüssig zu erbringen. Ich darf Ihnen aber zu Ihrer Beruhigung sagen, wenn Sie uns den Beweis führen, daß Kreise dasein sollten, die auf Grund des Wirtschaftsstrafgesetzes nicht zu fassen sind und ihre Pflicht gegenüber dem Volke verabsäumen, dann werden wir jederzeit bereit sein, auch mit schärfsten Maßnahmen gegen diese Leute vorzugehen. Sie können uns dann ein Gesetz vorlegen, das uns in die Lage versetzt, allerschärfstens gegen Menschengruppen vorzugehen, die das Brotgetreide zum Spekulationsobjekt herabwürdigen.
Der Herr Kollege Horlacher meinte so nett, nicht alles sei gut, was die FDP mache. Da muß ich, sagen: Herr Kollege Horlacher, ich glaube, das Unfehlbarkeitsprinzip liegt Ihnen viel näher als uns.
Meine Damen und Herren, jetzt liegen wirklich keine Wortmeldungen mehr vor.
— Herr Abgeordneter Dr. Horlacher hat das Wort.
Herr Präsident, es tut mir leid, daß ich Ihnen Kummer bereiten muß.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich hier um eine wesentliche Sache, die nicht so ohne weiteres über die Bühne gehen kann. Ich möchte Ihnen folgenden Vorschlag unterbreiten: Von der Andienungspflicht als solcher möchte ich nicht abgehen. Herr Kollege Kriedemann, treiben Sie die Opposition nicht zu weit,
sondern bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen
und machen Sie doch mit uns etwas, was gut zu machen ist. Und schon wenn Sie sich der Stimme enthalten, spreche ich Ihnen ein Lob aus,
zumindest bei der Abstimmung über diesen Punkt. An sich müssen Sie mit uns doch darin übereinstimmen, daß wir keine unreellen Elemente im Getreidegeschäft haben wollen. Das sichert die Andienungspflicht. Lassen Sie sie doch bestehen!
Ich schlage deswegen dem Hohen Hause vor, den Abs. 1 des § 8 zu belassen und den FDP-Antrag, also den Schlußscheinzwang, als Abs. 2 aufzunehmen. Dann ist die Andienungspflicht gesichert, dann ist auch der Schlußschein gesichert. Das wäre ein Arrangement, das meines Erachtens den Bedürfnissen Rechnung trägt.
Ich beantrage also, den § 8 Abs. 1 zu belassen — über diesen Antrag wäre zuerst abzustimmen — und die Absätze 2 und 3 zu streichen und den FDP-Antrag als Abs. 2 zu § 8 aufzunehmen. Ich bitte, demgemäß zu verfahren.
Ich verstehe Ihren Antrag so, daß Sie absatzweise Abstimmung über § 8 wünschen.
Es sind keine Wortmeldungen mehr vorhanden. Infolgedessen ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist absatzweise Abstimmung beantragt. Ich werde so verfahren.
Es liegt aber zunächst der Abänderungsantrag vor. Bezieht sich dieser auf Abs. 1 oder auf Abs. 2?
— Mir scheint nicht ganz klar zu sein, was die Antragsteller wollen.
Meine Damen und Herren, es ist doch wohl eindeutig, daß unser Abänderungsantrag alle drei Absätze, also den gesamten § 8 betrifft. Wenn Sie jetzt absatzweise abstimmen, dann ist der Antrag, den wir gestellt haben, als solcher abgelehnt. Sie müssen uns dann allerdings gestatten, daß wir bei der Endabstimmung die Konsequenzen daraus ziehen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier wirklich um eine sehr wesentliche Angelegenheit und einen sehr wichtigen Bestandteil des Gesetzes. Die Abänderungsanträge des Herrn Kollegen Fassbender sind nicht überraschend, dafür ist es aber um so mehr der Vorschlag des Herrn Kollegen Horlacher, den § 9 zu streichen. Ich glaube, es wäre außerordentlich interessant, dazu auch noch die Meinung der Bundesregierung zu hören.
Zur Abstimmung?
— Zur Geschäftsordnung können Sie nicht sprechen. Wir sind jetzt in der Abstimmung. Sie können nur zur Abstimmung sprechen.
Die Aussprache ist geschlossen. Es war lediglich unklar, was die Antragsteller wollten.
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Struve, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abänderungsanträge der FDP liegen meines Wissens keinem Abgeordneten schriftlich vor.
Es scheint mir schlechterdings unmöglich zu sein, in diesem Augenblick die Abstimmung vorzunehmen.
Ich stelle deshalb den Antrag, die Abstimmung so lange auszusetzen, bis uns die von der FDP eingebrachten Anträge schriftlich vorliegen, damit wir auch wissen, vorüber wir abstimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag gehört, die Abstimmung zurückzustellen, bis der Umdruck vorliegt. Ich möchte dazu feststellen, daß die Unklarheit an den Antragstellern liegt; die Anträge sind nicht früh genug eingereicht worden, um sie noch rechtzeitig bis zum Beginn der Beratung als Umdruck zu vervielfältigen.
Zur Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Da-men und Herren! Wenn Sie dem Antrag des Abgeordneten Struve stattgeben, muß ich Sie bitten, die Beratung des Tagesordnungspunktes im ganzen zu unterbrechen, bis Klarheit geschaffen ist. Es handelt sich ja nicht um irgendein Detail, sondern um ein sehr wesentliches Stück des Ganzen. Wenn die Abstimmung über diesen Punkt nicht vorgenommen werden soll und insbesondere auch keine Klarstellung seitens der Regierung erfolgt, müssen wir Sie dringendst bitten, die gesamte Beratung dieses Tagesordnungspunktes so lange auszusetzen, bis Klarheit geschaffen ist, damit dann weiter verhandelt werden kann.
Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen einen Vorschlag machen. Ich glaube, die hier vorgebrachten Bedenken sind begründet. Es handelt sich, wie aus der Aussprache hervorgeht, um erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Es ist deshalb unzweckmäßig, über Texte abzustimmen, die noch nicht jedem Mitglied des Hauses schriftlich vorliegen. Ich möchte Ihnen unter diesen Umständen vorschlagen, die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes vorläufig zu unterbrechen und zum nächsten Punkt der Tagesordnung überzugehen. Wir würden dann die unterbrochene Beratung fortsetzen, sobald die Abänderungsanträge vorliegen. — Diesem Vorschlag wird nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes (Nrn. 2090, 2384 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 261, 262, 275).
Wird das Wort dazu gewünscht? — Herr Abgeordneter Ludwig hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist manchmal sehr zweckmäßig, wenn die dritte Lesung ausgesetzt wird. Wir hoffen, daß die Aussetzung der dritten Lesung dazu geführt hat, noch einmal über die Unhaltbarkeit der Beschlüsse der zweiten Lesung nachzudenken. Wir geben der Erwartung Ausdruck, die heutige dritte Beratung möge damit enden, daß die Vorlage des Ausschusses wiederhergestellt wird.
Ich möchte nochmals eindringlichst betonen: Hier liegt ein Gesetz vor, das von Arbeitgebern und Arbeitnehmern für notwendig erachtet wurde, ein Gesetz, das als Ergebnis sehr gründlicher Beratungen zu betrachten ist, wobei beide Partner Wünsche zurückgestellt haben. Es ist eine große Gefahr damit verbunden, wenn die Partner Abmachungen treffen, die nachher nicht eingehalten werden. Wenn hier abweichende Beschlüsse gefaßt werden, so bedeutet das eine schwere Erschütterung des Vertrauens in solche Vereinbarungen. Es ist lange und gründlich beraten worden, und alle Kreise der Arbeitgeberschaft waren an diesen Verhandlungen beteiligt. Auch auf Arbeitnehmerseite sind weitgehende Opfer gebracht worden. Landesgesetze sind hinfällig geworden, die weit über das hinausgehen, was wir heute zu beschließen haben. Die Absicht war doch die Förderung der sozialen Sicherheit auf bundeseinheitlicher Ebene. Man wollte die Verschiedenheit der Ländergesetze überwinden, weil man den Vorteil einer einheitlichen Regelung erkannt hat.
Wenn man also ehrlich und aufrichtig einen Kündigungsschutz wünscht, kann man nicht alle jene ausschließen, die nicht ein Jahr im Betrieb beschäftigt sind. Bei diesen Beschäftigten gibt es Leute, die 20 und 30 Jahre einem Betrieb angehört haben und die völlig unverschuldet ein neues Arbeitsverhältnis eingehen mußten, Leute, die absolut zuverlässig und tüchtig sind. Ein guter und tüchtiger Handwerker — das wissen Sie alle — erkennt bei einer Neueinstellung in wenigen Minuten, mit wem er es zu tun hat. Er braucht nur die ersten Verrichtungen anzusehen, dann weiß er, ob der Mann etwas kann oder nicht. Die meisten verfügen auch über die nötige Menschenkenntnis. In den meisten Fällen sind die neu eingestellten Leute auch vorher bekannt, und man hat sich genau nach ihnen erkundigt.
In den Ländern ist jedenfalls der Beweis geliefert worden, daß durch einen guten Kündigungsschutz kein Unternehmen, auch kein kleines, ruiniert worden ist. Und wenn die Ausschußbeschlüsse eine Frist von 3 Monaten vorsehen, so ist das zweifellos eine weitgehende Rücksichtnahme.
Wenn in Kreisen des Handwerks, des Gewerbes, des Handels gewisse Widerstände bestehen, so ist das für mich insoweit begreiflich, als solche Einwendungen bei Neuerungen üblich sind. Das war so bei der Sozialversicherung, bei den Tarifverträgen; das ist jetzt so beim Mitbestimmungsrecht. Das ist immer so, und das war natürlich auch bei den Beratungen der Partner der Fall. Aber durch die Abwägung des Für und Wider ist eben dieses Werk bei den gemeinsamen Beratungen zustande gekommen.
Es ist durchaus möglich, daß das Gesetz für einen Betrieb mit 50 Leuten härter sein kann als für einen Betrieb mit drei Beschäftigten. Die Betriebe
sind ja sehr verschieden; im einen handelt es sich um teure, komplizierte Einrichtungen, wo nur wenig Leute beschäftigt sind, während es andere Betriebe mit geringwertigen Einrichtungen gibt, die viele Arbeitskräfte beschäftigen. Die Verhältnisse liegen also sehr verschieden, und das Gesetz nimmt ja schon auf alles mögliche Rücksicht. Über Einstellungen bei Stoßgeschäften, bei Saisonbetrieben, bei Kampagnebetrieben wird eine Verordnung des Arbeitsministers das Nähere regeln. Auch Entlassungen nach der Gewerbeordnung — § 123 - sind durchweg möglich. Dazu kommt das Entscheidende, daß auch bei durch den Betrieb bedingten Verhältnissen Entlassungen möglich sind. Also auch hier ist doch so weitgehend Rücksicht genommen, daß man die Widerstände, die sich hier erhoben haben, einfach nicht verstehen kann.
Die Hinaufsetzung auf 10 Beschäftigte ist nicht nur ungerecht, sie ist auch unhaltbar. Bei einer Enquete des Vereinigten Wirtschaftsgebiets wurde festgestellt, daß in den Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten 3 955 000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt sind; das sind also 36%. In Betrieben mit weniger als 5 Beschäftigten sind 2 307 000 Menschen tätig. Sie sehen hieraus, welch großer Teil der Beschäftigten bei Annahme der Beschlüsse der zweiten Lesung von dem Gesetz ausgeschlossen würde. Wir können es daher nicht verantworten, eine so große Anzahl von Arbeitern und Angestellten aus dem Gesetz auszuschließen.
Dann kommt der Beschluß über die Altersgrenze von 25 Jahren. Meine Damen und Herren! Dieser Beschluß ist unter Beschwörung der Handwerksburschenromantik begründet worden. Diese Handwerksburschenromantik ist im gegenwärtigen Zeitpunkt gar nicht mehr möglich. Ich erinnere an die Nachwirkungen der Demoralisierung durch den Krieg, durch das Naziregime, ich erinnere an die Masse von Heimatlosen und Flüchtlingen, die heute die Landstraßen bevölkern. Unter solchen Umständen können wir die jungen Leute nicht auf die Landstraße jagen. Die Sorge um die jungen Menschen erfordert es, nicht ein so hohes Alter festzusetzen. Sie müßten ja dann auch beim Jugendschutz die Altersgrenze für die schutzbedürftige Jugend auf 25 Jahre hinaufsetzen. Gerade die Jugend verdient einen besonderen Schutz. Die Lehrlinge sind ja schon ausgenommen. Ich bitte Sie also, auch diesen Beschluß zu ändern.
Zum Schluß möchte ich nochmals darauf hinweisen: Der beste Schutz gegen politisches Abenteurertum sind gute soziale und wirtschaftliche Verhältnisse. Auf die Erfordernisse der Betriebe ist genügend Rücksicht genommen. Man sollte die guten Absichten der Sozialpartner nicht so aushöhlen, daß der Zweck vereitelt wird. Wir bitten deshalb, durch Annahme unserer Anträge das Gesetz wieder auf die Ebene der Wünsche der Sozialpartner zu bringen und es für sie akzeptabel zu machen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, wir befinden uns in der dritten Beratung. Da ich aus den Wortmeldungen eine Verkennung dieser Tatsache ersehe, darf ich darauf aufmerksam machen, daß der Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 40 Minuten vorgesehen hat. Wenn sich also aus einer Fraktion drei oder vier Redner melden, dann bitte ich, um mir Schwierigkeiten zu ersparen, doch untereinander die entsprechende Rationierung vorzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Umdruck Nr. 261 ist Ihnen der Änderungsantrag einer großen Zahl von Kollegen und Kolleginnen unterbreitet worden. In diesem Änderungsantrag wird der Versuch einer Vermittlung zwischen der Regierungsvorlage, den Ausschußbeschlüssen und den Beschlüssen der zweiten Lesung gemacht. Sie alle wissen, daß am Kündigungsschutzgesetz von beiden Seiten sehr starke Kritik geübt wurde. Den einen war es zu weitgehend, den anderen war es zu eng. Es liegt nahe, den Versuch zu machen, sich hier auf einer mittleren Linie zu finden. Die Gewerkschaften haben bei ihrer Meinungsäußerung auf die Stellungnahme der Sozialpartner und auf die Regierungsvorlage hingewiesen, die die Stellungnahme der Sozialpartner weitgehend berücksichtigt. Die andere Seite hat auf Beschlüsse des Wirtschaftsrates und die Beschlüsse der zweiten Lesung hingewiesen. Ich möchte zu den Details nichts sagen, sondern nur das Wesentliche herausstellen. Es sollte die Möglichkeit bestehen, hier einen Mittelweg zu finden. Dem will der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 261 dienen.
In dem Änderungsantrag wird zunächst gewünscht, daß die Betriebszugehörigkeit als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Kündigungsschutzes auf 6 Monate festgelegt wird. In dem Regierungsentwurf waren es 3 Monate, in den Beschlüssen der zweiten Lesung 12 Monate. Wir sind der Meinung, daß die 6 Monate reichen, um festzustellen, ob der betreffende Arbeitnehmer für den bestimmten Betrieb geeignet ist. Zweifellos wird diese Feststellung in einem Kleinbetrieb schneller als in einem größeren Betrieb getroffen werden können. Ich habe schon in der zweiten Lesung gesagt, es geht hier nicht darum, durch eine längere Betriebszugehörigikeit ein gewisses Treueverhältnis zu dokumentieren, sondern nur darum, eine gewisse Probezeit zu haben. Diese Probezeiten sind im allgemeinen in den Betrieben wesentlich kürzer.
Dann ist der Antrag übernommen worden, daß der Kündigungsschutz von der Vollendung des 25. Lebensjahres abhängig sein soll. Dagegen sind seitens des zuständigen Ressortministers — meines Erachtens berechtigte — Bedenken geltend gemacht worden. Meine Freunde sind der Auffassung, man sollte den Kindigungsschutz von der Vollendung des 20. Lebensjahres abhängig machen, insbesondere deshalb, weil sonst eine gewisse Gefahr besteht, daß ältere Angestellte zugunsten jüngerer Angestellter zu kurz kommen.
Zu den §§ 21 ff. haben wir vorgeschlagen, daß der Kündigungsschutz für Betriebe ab 5 Beschäftigte, ohne die Lehrlinge, gelten soll. Dabei bleiben immer noch rund 2,3 Millionen Arbeitnehmer ohne den Kündigungsschutz. Ich möchte herausstellen, daß die Großzahl der Kleinbetriebe hier praktisch ausfällt. Den Wünschen des Handwerks ist also weitestgehend Rechnung getragen worden. Das ganze Kündigungsschutzgesetz ist für die Landwirtschaft ohne wesentliche Bedeutung. Hier ist die Situation anders, hier ist der Kampf um den Arbeitnehmer praktisch entscheidend. Jeder Landwirt muß ja aus Mangel an geeigneten Arbeitskräften versuchen, seinen Arbeitnehmer so lange wie irgend möglich zu halten. Hier sehe ich also keine Komplikationen.
Zu den Einzelheiten kann ich leider nicht ausführlich Stellung nehmen, weil die Redezeit begrenzt ist. Ich möchte Sie ernstlich bitten, diesen
Vermittlungsvorschlag entsprechend zu werten. Meines Erachtens ist ein Ausgleich möglich. Der Ausgleich sollte auf dieser Linie gefunden werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Günther. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß für Ihre Fraktion jetzt noch drei Minuten übrigbleiben.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Hohen Hause schon sehr viele gute, aber auch manche schlechte Gesetze gemacht, und wir haben bei manchen Gesetzen kalte Füße bekommen; ich brauche nur das Gesetz betreffend die 131er zu erwähnen. Ich glaube, wenn wir dem vorliegenden Gesetz in der Form, die die Regierungsvorlage vorgesehen hat und die die Abänderungsanträge wünschen, unsere Zustimmung geben, werden wir wiederum kalte Füße bekommen. Wir werden feststellen, daß wir hier ein Gesetz gemacht haben, das sich absolut gegen diejenigen richtet, für die es gedacht ist. Der erste Redner, der Vertreter der SPD, sagte: Jeder Handwerker kennt jemanden auf den ersten Blick. Ja, wir haben ja schon mal so was gehört wie Liebe auf den ersten Blick. Aber es ist nicht so; das kann man im Handwerksbetrieb wirklich nicht feststellen. Bei dem Vertrauensverhältnis, das hier vorliegt, muß man den Betreffenden regelrecht kennen.
Wenn der Redner hier von der „Handwerksburschenromantik der. Landstraße" gesprochen hat, dann möchte ich ihm sagen: Es ist außerordentlich notwendig, daß gerade die jungen Menschen ihre Füße einmal unter anderer Leute Tisch setzen und daß sie mal Haus und Heim verlassen. Damit ist nicht gemeint, daß sie auf der Landstraße herumstrolchen sollen; sie können auch die Eisenbahn benutzen. Aber sie sollen einmal Land und Leute kennenlernen, und sie sollen nicht in ihrem Betrieb bleiben. Deshalb ist der Antrag, den wir betreffs der 25jährigen gestellt haben, absolut berechtigt.
Ich möchte bitten, sowohl den Antrag der SPD auf Wiederherstellung der Ausschußvorlage wie auch diesen Kompromißvorschlag, der aus den Kreisen einiger CDU-Mitglieder kommt, abzulehnen, weil sie den Interessen des Handwerks wirklich nicht entsprechen.
Von der CDU-Fraktion haben sich noch Herr Abgeordneter Mensing und Herr Abgeordneter Schuler gemeldet. Die Redezeit der Fraktion für die Generaldebatte ist aber erschöpft. Ich rufe nachher die einzelnen Paragraphen auf. Vielleicht nehmen Sie dann die Gelegenheit wahr, zu sprechen.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Schuler, bitte!
Ich bitte um eine Vorschußleistung von 10 Minuten für die CDU zu Lasten des nächsten Punktes der Tagesordnung.
Meine Damen und Herren, das ist ja nun eine unmögliche Handhabung. Wir haben ja bei den Redezeiten hier kein Bezugscheinsystem, bei dem man Punkte gegeneinander vertauscht.
Das geht also nicht. Der Ältestenrat hat die Redezeit festgesetzt, das Haus hat demgemäß beschlossen. Das muß ich für die Generaldebatte einhalten. Ich glaube also nicht, anders verfahren zu können.
— Ja, bitte, Herr Abgeordneter Mensing, zur Geschäftsordnung!
Meine Damen und Herren! Ich bedaure feststellen zu müssen, daß wir es, wenn es sich um Vorlagen handelt, bei denen es um die Belange des gewerblichen Mittelstandes geht, immer wieder erleben, daß der Ältestenrat eine verkürzte Redezeit festsetzt,
die es uns praktisch unmöglich macht, unsere Belange zu vertreten, — —
Herr Abgeordneter, ich muß Sie unterbrechen. Ich muß feststellen, daß Ihre Behauptung, der Ältestenrat lege Redezeiten mit Rücksicht auf irgendwelche berufsständischen Überlegungen fest, absolut wahrheitswidrig ist.
Meine Damen und Herren, wir bleiben also bei unserem vorhin gefaßten Beschluß, daß für die allgemeine Aussprache 40 Minuten Redezeit vorgesehen sind.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl. 3 Minuten!
Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der zweiten Lesung dieses Gesetzes unsere Bedenken angemeldet und verlangt, daß eine Zurückstellung der Beratung dieser Gesetzesvorlage erfolgt. Dies erschien uns am zweckmäßigsten. Wer die Diskussion bei der dritten Beratung verfolgt, wird dieser Auffassung, die wir damals vertreten haben, glaube ich, zustimmen müssen. Für uns war doch die Tatsache entscheidend, daß der § 2 dieses Gesetzes, der auch in der dritten Lesung unverändert ist, einfach untragbar erscheint, weil man dort den Betriebsräten eine Rolle zumutet, die mit der praktischen Wirklichkeit unmöglich in Einklang gebracht werden kann.
Auf der anderen Seite sind wir der Auffassung, daß das Betriebsverfassungsgesetz bereits in der Frage der Tätigkeit der Betriebsräte und ihrer Befugnisse überholt erscheint, weil Sie hier in § 2 endgültig festlegen, welche Aufgabe die Betriebsräte in der Frage der Entlassungen zu erfüllen haben. Wir sind aber ferner der Meinung, daß die in der zweiten Lesung angenommenen Abänderungsanträge Millionen arbeitender Menschen aus diesem Gesetz ausschalten. Vor allen Dingen wird durch die Annahme Ihrer Anträge der Schutz der jugendlichen Arbeiter durch dieses Gesetz illusorisch gemacht. Sie haben hier zwar in großen rhetorischen Erklärungen über den Bundesjugendplan und seine Durchführung gesprochen. Aber dort, wo es auf die Praxis ankommt, schalten Sie einfach die Jugend aus, indem Sie das Gesetz erst auf Menschen über 25 Jahren Anwendung finden lassen. Sie werden von uns nicht erwarten können, daß wir eine derart rückschrittliche und jugendfeindliche Gesetzgebung mitmachen. Wir lehnen deshalb die Gesetzesvorlage ab.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die heutige Debatte hört und auch schon die der zweiten Lesung erlebt hat, dann könnte man den Eindruck gewinnen, als hinge der ganze soziale Fortschritt dieses Gesetzes gegenüber der bisherigen Rechtslage, also gegenüber den Gesetzen aus der Weimarer Republik davon ab, ob die drei Ziffern, um die wir uns streiten, so oder so festgesetzt werden. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Fassung des § 1 bezüglich der sozial ungerechtfertigten Kündigungen in jedem Fall ein Fortschritt ist, über den man schon einmal sprechen sollte, wenn man sich in der Diskussion immerhin so an der Peripherie bewegt.
Was nun die drei Ziffern anbetrifft, über die wir jetzt sprechen — bis zu einem gewissen Grade nehmen wir ja die Spezialdebatte vorweg; das ist durch Herrn Ludwig so angefangen worden — das soll kein Vorwurf sein —, und man muß dem folgen —, so bin ich in der sehr angenehmen Lage, eine einheitliche Linie meiner Fraktion vortragen zu können. Sie werden wahrscheinlich sagen: das ist kein Wunder. Aber bitte, überlegen Sie: ich stütze mich auf die Erkenntnisse der Mehrheit des Wirtschaftsrates. Ich bin nicht der Meinung, Herr Ludwig, daß wir im Begriffe sind, die Beschlüsse der Sozialpartner auszuhöhlen. Wir haben sie vielleicht ein wenig zu sehr zur Richtschnur unseres Handelns gemacht. Wenn ich auch nicht so weit gehe wie unsere verehrte Freundin Frau Kalinke, wenigstens nicht in meihen Ausdrücken,
so meine ich doch, daß wir uns einer gewissen Übertreibung schuldig gemacht haben, sowohl bei diesem Gesetz als auch bei dem Gesetz, das wir gleich beraten, und zwar hinsichtlich der Bewertung der Haltung und des Einflusses der Sozialpartner.
Der Wirtschaftsrat — das ist ja noch nicht so furchtbar lange her, und wir berufen uns auch sonst gelegentlich auf ihn — hat vor eineinhalb Jahren mit großer Mehrheit beschlossen, die Ziffern in das Gesetz hineinzunehmen, für die wir heute eintreten und mit denen wir in der zweiten Lesung Erfolg gehabt haben. Ich bin der Auffassung, daß es durchaus nicht an die Grundfesten des sozialen Lebens und auch nicht an ihre Hauptziele und Auffassungen rührt, wenn wir uns in diesen Punkten den Beschlüssen der zweiten Lesung anschließen. Ich bitte Sie darum.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der namentlich -aus den Reihen der CDU gestellte Abänderungsantrag, Umdruck Nr. 261, zeigt, daß es den Antragstellern bei allem guten Willen, den sie haben, nicht gelungen ist
— wieso; schämen Sie sich dessen, daß Ihre Leute
den Antrag gestellt haben? —, den Sinn des Abänderungsantrages, der in der zweiten Lesung
beschlossen worden ist, zu erfassen. Es handelt
sich doch nicht darum, eine mehr oder weniger
große Zahl von Monaten oder von Beteilig-
ten hier festzusetzen, sondern es handelt sich um
einen prinzipiellen Unterschied. Dieser prinzipielle
Unterschied besteht nämlich darin, daß das Gesetz
in seiner Ausprägung geeignet und bestimmt ist für kapitalistisch aufgezogene Betriebe,
für kapitalintensive Betriebe, in denen nebenbei auch Leute beschäftigt werden, bei denen das Schwergewicht des ganzen Apparates aber in den sachlichen Vorrichtungen und nicht in den Menschen liegt. Das ist der wesentliche Unterschied gegenüber den Betrieben, die wir hier geschützt haben möchten.
— Nehmen Sie irgendeinen Betrieb, der mit großem Kapital arbeitet! Das Kapital verlangt zwingend, daß in ihm Menschen beschäftigt werden, Angestellte oder Arbeiter. Diese sind meistens auswechselbar. Nicht auswechselbar dagegen sind die in Kleinbetrieben Arbeitenden. Da handelt es sich nicht nur um die Möglichkeit, Herrn A oder Herrn B bzw, Frau A oder Frau B zu beschäftigen, sondern es muß darüber hinaus ein persönliches Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vorhanden sein, Dieses persönliche Vertrauensverhältnis kann nicht erzwungen werden, und man erwirbt es auch nicht im Laufe eines Vierteljahres oder eines halben Jahres.
Wenn man nun eine so kurze Frist erzwingt, dann hat das zur Folge, daß man jemand, der sich noch nicht die volle Zufriedenheit erworben hat, entläßt. Aber auch rein äußere Verhältnisse zwingen dazu, später nicht an solche Personen gebunden zu sein. Ich verweise z. B. auf die Verhältnisse in der Landwirtschaft. Auch beim Architekten laufen Aufträge zum Teil lange, auch länger als ein halbes Jahr. Es können auch mehrere solcher Aufträge einander folgen, die eine höhere Beschäftigtenzahl verlangen. Im allgemeinen muß aber der Architekt nach Ablauf eines halben Jahres seine Belegschaft verkleinern, damit nicht zugunsten der später Hinzugekommenen, sozial Schlechtergestellten der alte Stamm verdienter Mitarbeiter, die sich vielleicht einen kleinen Besitz erspart haben oder die unter Umständen eine weniger große Familie haben, benachteiligt wird. Will der Arbeitgeber diese Leute also nicht in Gefahr bringen, muß er sie schützen und die später Gekommenen vorsichtigerweise entlassen. Das sind die Folgen davon.
Dazu kommt die persönliche Haftung. In einem größeren Betrieb von zehn Mann an ist die Aufsicht so organisiert bzw. kann so organisiert werden, daß niemand Gefahr läuft, für Personen, die er nur ein halbes Jahr erproben konnte, eine besondere Haftung zu übernehmen. Bei kleineren Betrieben dagegen, z. B. bei einem Handwerksbetrieb — und das hört keineswegs bei fünf auf —, bei denen eine einzige Aufsichtsperson, nämlich der Meister oder der Inhaber des Geschäfts, der Ladenbesitzer, ausreicht und diese eine Person den Betrieb noch übersehen kann, ist es unmöglich, diesen Inhaber des Betriebes für das haften zu lassen, was seine Angestellten, die er nicht los werden kann, anrichten. Er kann sie nicht abstoßen, denn er kann ihre Fehler nicht beweisen. Das ist doch die Kehrseite! In einem großen Betrieb ist die Aufsicht so durchorganisiert, daß da keine Gefahr besteht. Ich habe neulich schon darauf hingewiesen: in größeren Betrieben wird jeder einzelne Mann durch eine Kartei und das Aufsichtspersonal so überwacht, daß es eine Kleinigkeit ist, nachzuwei-
sen, daß der Betreffende ungeeignet ist. Es sind sachliche Gründe, die zu seiner Entlassung zwingen. Aber beim Kleinbetrieb liegt die Geschichte anders. Bei kleineren Unternehmen — und ich glaube, da liegt die Grenze nicht bei fünf, sondern bed zehn Personen, noch bescheiden gefaßt — ist die Situation so, daß es dem Unternehmer fast unmöglich ist, die sachliche Nichteignung eines Angestellten oder Arbeiters nachzuweisen, weil der einzige Zeuge er selbst ist. Die Grenze bei fünf Personen zu belassen, ist also auch aus diesem Grunde nicht möglich.
Im wesentlichen muß ich aber zu bedenken geben, daß es eine Verkennung des Grundes für die Abänderung, die in der zweiten Lesung beschlossen wurde, bedeuten würde, wenn man es auf die Zahl allein abstellte. Es handelt sich nicht bloß um die Quantität, sondern gerade um die Qualität. Das Beschäftigungsverhältnis in Kleinbetrieben setzt eben eine ganz andersgeartete persönliche Beziehung voraus als in größeren Betrieben, in maschinellen, mechanisierten Betrieben. Die Grenze liegt auch nicht bei fünf, sondern allenfalls bei zehn.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Etzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gehört an sich — darüber besteht nirgends eine Meinungsverschiedenheit —, je mehr die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gefährdung und Unsicherheit der menschlichen Existenz zunimmt, zu den unabweisbaren Aufgaben der öffentlichen Gewalt, methodisch und nachhaltig die soziale Besitzbefestigung zu betreiben und dadurch den sich ankündigenden Spannungen oder sogar revolutionären Entwicklungen, dem Entstehen und Vordringen geradezu eines sozialen Existenzialismus entgegenzuwirken, der die Menschen dazu treibt, im Kollektiv Heil und Sicherheit zu suchen. Auch die Menschlichkeit verlangt eine solche Einstellung. Selbstverständlich ist eine wirksame und erfolgreiche Wirtschaftspolitik, welche die Voraussetzungen und Bedingungen für das Wohlergehen des Einzelnen und die Wohlfahrt des Ganzen liefert, zugleich die beste Sozialpolitik, und ein wirtschaftliches und politisches System, das solche Resultate bietet, hat auch eine soziale Besitzbefestigung zur Folge.
Aber leider hat die technische und organisatorische Entwicklung auch die soziale Problematik außerordentlich verschärft, und es hat sich als notwendig erwiesen, die in einem Arbeitnehmerverhältnis stehenden Menschen als Mitarbeiter gegen unsoziale und willkürliche Kündigungen zu schützen. Das ist zuzugeben. Aber nirgends sind Schematisierungen, Überspannungen und Übertreibungen eines an sich richtigen Gedankens bedenklicher als auf dem vorliegenden Gebiet; denn sie würden die bedauerliche Folge haben, daß der Zweckgedanke eines Gesetzes selbst diskreditiert würde, weil sich seine Undurchführbarkeit in der Praxis erweist oder weil der Versuch, es zu vollziehen, zu außerordentlichen Schwierigkeiten, hier vor allem zu einer Zunahme und Häufung arbeitsgerichtlicher Prozesse führt, und daß das verstärkte Bestreben wachgerufen würde, dem Gesetz mit an sich legalen Mitteln auszuweichen. Man kann Sozialpolitik nicht im luftleeren Raum machen.
Das bedeutet, daß man beim Kündigungsschutz die besonderen Verhältnisse der einzelnen Wirtschaftszweige berücksichtigen und davon Abstand nehmen muß, unausführbare und wirtschaftlich nicht tragbare Zumutungen zu stellen. Solche sind aber in der Regierungsvorlage gestellt gewesen. Man konnte mit großer Befriedigung die Beschlüsse begrüßen, die in der zweiten Lesung gefaßt worden sind. Ich bedaure, daß dieses Ergebnis, das sozial und wirtschaftlich in gleicher Weise vernünftig war, durch die Änderungsanträge auf dem Umdruck Nr. 275 und vor allem auf Nr. 261 gefährdet und in Frage gestellt wird. In den mittelständisch-gewerblichen Kreisen, aber auch in den kleinbäuerlichen Kreisen, liegen die Verhältnisse doch so ganz anders als in den großbetrieblichen Unternehmungen. In den handwerklichen Wirtschaftszweigen ist die Kapitalkraft viel geringer, die Verschuldung größer, und zwar nicht nur infolge der Währungsumstellung. Vor allem ist die Auftrags- und Beschäftigungslage oft kurzfristig bedingt und schwankend. Das Deutsche Institut für Handwerksforschung hat festgestellt, daß in etwa zwei Dritteln aller Betriebe des Handwerks die Auftragsmenge kaum über 14 Tage hinausreicht. Diese Wirtschaftsbetriebe arbeiten in der Regel nur für den örtlichen, nicht für den überörtlichen Markt und nicht auf Lager. Die Inanspruchnahme dieser Kreise der Wirtschaft durch unmittelbaren Kundenkredit ist besonders groß und drängend, und die Einziehung der aus der Inanspruchnahme solchen Kundenkredits entstandenen Forderungen kann erfahrungsgemäß nicht nach den strengen kaufmännischen Normen stattfinden, da es sich hier sehr häufig um persönliche Beziehungen handelt. Von hier aus gewinnt die Austauschbarkeit ungeeigneter Kräfte eine besondere Bedeutung, wenn anders nicht die Wettbewerbsfähigkeit wesentlich gemindert werden soll.
Ich darf auf das Ende der Redezeit aufmerksam machen.
Mit Rücksicht darauf, daß die Verhältnisse in den einzelnen Wirtschaftszweigen verschiedene Bedingungen und Voraussetzungen für die von uns übereinstimmend als notwendig anerkannte soziale Besitzbefestigung bieten, und darauf, daß das Hohe Haus in der zweiten Beratung eine angemessene, gerechte, besonnene und nach beiden Seiten — sowohl nach der Seite der Träger der Wirtschaft als Unternehmer als auch nach der der Arbeitnehmer, also im sozialen Sektor — durchaus vernünftige Regelung gefunden hat, möchten wir das Hohe Haus dringend bitten, vor allem den Vermittlungsantrag auf Umdruck Nr. 261, den ich für besonders gefährlich halte, abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt einer bedenklichen Anmaßung gleich, wenn man gegen alle wissenschaftlichen und Erfahrungserkenntnisse gesetzlich festlegen will, daß ein Mensch in seiner Arbeitsintensität, in seiner Fach- und Charakterqualität nach dreimonatiger Anstellung beurteilt werden soll. Auch eine sechsmonatige Karenzzeit ändert an diesem meines Erachtens unverantwortlichen Dilettantismus nichts. Dem Arbeitnehmer gegenüber bedeu-
tet diese kurze Karenzzeit eine Minderbewertung seiner Arbeit und seiner Person.
Wir möchten hier in der Bewertung der Person und der Arbeit keinen Unterschied sehen.
Wenn ich nun vom sozialen Schutz spreche, so ist doch wohl für diejenigen, für die ein Schutz gefunden werden soll, das Entscheidende, daß ihnen in erster Linie ein Arbeitsplatz garantiert wird und daß in zweiter Linie auf diesem Arbeitsplatz der Schutz einsetzt. Wenn ich aber die Dinge umkehre und mit dem zweiten beginne, so sorge ich dafür, daß ich ihm das erste, die soziale Voraussetzung, d. h. den Arbeitsplatz, nehme. Wir haben die Befürchtung, daß bei dieser einseitigen sozialen Sicht dem Arbeitnehmer, dem Betroffenen, der Arbeitsplatz nicht mehr in vollem Maße garantiert ist. Die Arbeitnehmer werden ihres eigenen Schutzes wegen dagegen Stellung nehmen, weil ihnen ihr Arbeitsplatz nicht mehr garantiert ist. Darum steht die Mehrheit meiner Fraktion auf dem Standpunkt, daß die Ausschußfassung für sie unannehmbar ist, der Kompromißvorschlag abgelehnt werden muß und daß nur das Abstimmungsergebnis der zweiten Lesung von ihr anerkannt werden kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Schuster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Beginn der Debatte über dieses Gesetz konnten wir uns des Eindrucks nicht ganz erwehren, als würden von beiden Seiten die Forderungen etwas zu hoch gestellt, vielleicht nach dem Grundsatz: Man muß Unmögliches verlangen, um das Möglichste zu erreichen.
— Das hören Sie gleich, Frau Kollegin. — Der Zweck dieses Gesetzes ist die Schaffung einer sozialen Sicherheit für die Arbeitnehmerschaft. Diesem Umstand muß Rechnung getragen werden. Dies kann aber auch wiederum nur so weit geschehen, wie es für die andere Seite, vor allem für die Schwächeren der anderen Seite der Arbeitgeberschaft, für Mittelstand und Handwerk tragbar ist.
Meine politischen Freunde und ich begrüßen deshalb die Einbringung des Kompromißantrags der Herren Kollegen Sabel und Genossen. Wir werden diesem Antrag zustimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus den hier gemachten Ausführungen habe ich den Eindruck gewonnen, daß gewisse Teile dieses Hauses der Meinung sind, das Kündigungsschutzgesetz ist dazu angetan, dem gewerblichen Mittelstand und dem Handwerk besondere Verpflichtungen aufzuerlegen, die sie nicht tragen können. Wer das Gesetz in seinem Wortlaut gelesen hat, weiß doch, daß dem Recht zur Kündigung keinerlei Handschellen angelegt werden, wenn die Gründe für die Kündigung in der Person des zu Kündigenden oder in den Verhältnissen des Betriebs gegeben sind.
Ich persönlich habe früher als Tischlergeselle ausschließlich im Handwerk gearbeitet. Ich will Ihnen in aller Offenheit sagen, daß die früheren Führer des deutschen Handwerks, ich erinnere nur an Herrn Kückehaus vom Tischlerinnungsverband von Nordrhein-Westfalen, immer gesagt haben: Das Handwerk kann nur existieren, wenn es die besten Facharbeiter hat. Und die besten Facharbeiter kann es sich nur erhalten, wenn es den Handwerksgesellen die größtmögliche soziale Sicherheit gibt.
Darum handelt es sich. Ich bin der Meinung, daß man die Debatte über dieses Gesetz von dieser Basis aus führen muß. Es handelt sich um die soziale und arbeitsrechtliche Sicherstellung, es handelt sich darum, dem Arbeitnehmer ein Heimatrecht im Betrieb zu geben, wenn er seine Pflicht erfüllt.
Das ist das Wesentliche, das Sie sehen müssen. Ich bitte Sie deshalb, die Dinge unter dem Gesichtspunkt des sozialen Wohls des deutschen Volkes zu sehen. Ich bin der Überzeugung, daß es die wirklich guten Kräfte in unserem Mittelstand und in unserem Handwerk begrüßen, wenn auf der ge samten Ebene dem arbeitenden Menschen eine größere Sicherheit gegeben wird, weil nur dadurch eine Befriedung in dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eintreten kann.
Weitere Wortmeldungen zur Generalaussprache liegen nicht mehr vor. Sie ist damit geschlossen.
Ich rufe nun die einzelnen Paragraphen auf. Ich mache nochmals darauf aufmerksam: Die Abstimmung
wird infolge der heute getroffenen Vereinbarung erst nach Punkt 10 der Tagesordnung erledigt werden können. Ich rufe aber die einzelnen Paragraphen auf, damit gegebenenfalls noch Begründungen zu Abänderungsanträgen gegeben werden können.
Ich rufe also § 1 auf. Dazu hat sich Herr Abgeordneter Mensing gemeldet.
Meine Damen und Herren! Ich werde in aller Ruhe zu diesem Paragraphen Stellung nehmen. Ich lehne es ab, irgendwie Öl ins Feuer zu gießen. Ich möchte dem Herrn Arbeitsminister Storch zum Ausdruck bringen, daß die Auffassung der heutigen Führerschaft des deutschen Handwerks über die Facharbeiter genau dieselbe ist, wie sie einmal früher war. Ich möchte bei diesem § 1 klipp und klar aussprechen, daß im Handwerk der Arbeitgeber sehr viel soziales Verständnis für den Arbeitnehmer hat. Sie selbst wissen am besten—und besonders auch unser Herr Arbeitsminister —, daß man der Struktur des deutschen Handwerks und des deutschen gewerblichen Mittelstandes besonders Rechnung tragen muß. Wir vermissen bei der sozialen Gesetzgebung, daß man der Struktur dieser Berufe Rechnung trägt. Die ganze Gesetzgebung ist einseitig auf die Großwirtschaft zugeschnitten.
Wir müssen den Kündigungsschutz doch von zwei Seiten beleuchten. Dieses Gesetz benachteiligt einseitig den Arbeitgeber. Den Beweis dafür kann ich antreten. Wenn Sie in einem Kleinbetrieb oder in einem mittleren Betrieb des Handwerks einen Gesellen entlassen, dann hat der Mann jederzeit
die Möglichkeit, seine Widereinstellung vor dem Arbeitsgericht zu betreiben. Bei der Einstellung der Arbeitsgerichte unterliegt es keinem Zweifel, daß der Arbeitnehmer in den meisten Fällen als der im allgemeinen wirtschaftlich Schwächere die Zustimmung des Gerichts findet.
Nun wollen wir uns nüchtern die Kehrseite der Angelegenheit anschauen. Wenn ein Arbeitnehmer dem Meister die Arbeit vor die Füße wirft, hat der Meister kaum eine Möglichkeit, den Arbeitnehmer — wenn er seinen Arbeitsplatz verläßt — wieder zurückzuholen. Gewiß, die Möglichkeit besteht, vor dem Arbeitsgericht seine Rückkehr zu erreichen; der Meister wird aber aus der Kenntnis der wirklichen Verhältnisse von dieser Möglichkeit selten Gebrauch machen. Würde er einen solchen Mann zurückholen, dürfte er ein ewiger Unruheherd im Betriebe sein.
Oder denken Sie weiter daran, daß der Handwerksmeister Wert auf die individuelle Behandlung seiner Kundschaft legen muß. Wenn Sie meinetwegen im Malergewerbe oder im Tischlergewerbe einen Gesellen zu den Kunden schicken, der sich schon in seinem Innern nicht mehr mit dem Betriebe verbunden fühlt, besteht die große Gefahr, daß der Mann pomadig arbeitet — um den Ausdruck zu gebrauchen —, und der Leidtragende wird der Meister sein.
Ich selbst gehöre dem Ernährungshandwerk an. Sie glauben im Ernst nicht, daß ich einen Gesellen, der mir die Arbeit vor die Füße wirft, unter dem Druck der Gesetzgebung wieder hereinhole? Ich setze mich der Gefahr aus, daß mich dieser Mann in einer Art schädigt, wie sie unvorstellbar ist.
— Bitte, vielleicht werden Sie darüber lachen, wenn ich einen solchen Beweis hier erbringe. Es ist eine nüchterne Tatsache, wenn ich Ihnen sage — und es ist zu Ihrer Belehrung gut, Herr Kollege, wenn Sie das einmal wissen —, daß in meinem Beruf zwei Gramm Soda genügen würden, und ein ganzer Satz Leberwurst von sechs Zentnern wäre am andern Tage dem Verderben ausgesetzt. Genau so ist es bei der Dauerware. Diese Hinweise und Erfahrungen machen es erklärlich, daß wir uns herzlich bedanken, einen solchen Mann zurückzuholen.
Damit glaube ich Ihnen die Einseitigkeit dieses Gesetzes bewiesen zu haben. Tragen Sie bitte auch der Tatsache Rechnung, daß im Handwerk das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein anderes als in der Industrie ist, wo der persönliche Konnex nicht vorhanden ist. Weiter kommt noch die entscheidende Tatsache hinzu, daß ein Großteil unserer Arbeitnehmer einmal selbständig, d. h. unsere Nachfolger werden.
Aus all diesen Dingen ergibt sich, daß man ,der besonderen Struktur des Handwerks Rechnung, tragen muß. Selbstverständlich ist das Handwerk gegen sittenwidrige und ungerechte Kündigungen. Ich möchte Sie daher bitten, sich an die Beschlüsse der zweiten Lesung zu halten. Ich bitte Sie weiter deshalb darum, damit wir endlich einmal nach eindreiviertel Jahren dem deutschen Handwerk und dem deutschen gewerblichen Mittelstand beweisen, daß auch für die Belange dieser großen Menschenmassen in diesem Hause Verständnis besteht.
Weitere Wortmeldungen zu § 1 liegen nicht vor. Die Aussprache zu § 1 ist damit geschlossen.
Ich rufe weiter auf die §§ 2, — 3, — 4, — 5, —6,-7,-8,-9,-10,-11,-12,-13,-14,15,-16,-17,-18,-19,-20.—Zu den eben aufgerufenen Paragraphen liegen keine Änderungsanträge oder Wortmeldungen vor.
Ich rufe jetzt auf § 21. Dazu hat das Wort Herr Abgeordneter Schuler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Aufbau des Kündigungsschutzgesetzes beweist uns, daß dieses Gesetz ursprünglich für die Industrie zugeschnitten war. Jetzt soll es anschließend dem Handwerk, dem Handel, dem Gaststättengewerbe, den freien Berufen und der Landwirtschaft zwangsweise verpaßt werden. Auch die Begründung, daß durch das Kündigungsschutzgesetz der Arbeitnehmer aus seiner proletarischen Enge herauskommt, daß er seine wirtschaftliche Abhängigkeit besser ertragen kann, zeugt von einem industriellen Denken. Im Handwerk sowohl wie in der Landwirtschaft ist das Streben der meisten Arbeitnehmer auf die künftige Selbständigkeit ausgerichtet. Weil unserem deutschen Volk nur der Weg nach vorn, die Steigerung der Leistung und die Hebung der Produktion offen bleibt, ist die wirtschaftliche Auswirkung dieses Gesetzes auf dieser Linie wohl nicht zu finden. Die erstklassigen und fleißigen Arbeitnehmer, also die Könner und Schaffer, brauchen in dieser Beziehung sowieso keinen Schutz, sie sind durch ihre Leistung von jeher geschützt. Der größte Teil von ihnen gehört zu den 4 Millionen Arbeitnehmern, die bei Annahme der Abänderungsanträge des Handwerks vom Kündigungsschutzgesetz nicht erfaßt werden, ohne daß sie aber dadurch geschädigt sind. Diese Tatsache dürfte es dem Hohen Hause leicht machen, dem Abänderungsantrag des Handwerks wie in der zweiten Lesung auch heute wieder beizustimmen. Dem Handwerk, dem Handel, dem Gaststättengewerbe, den freien Berufen und der Landwirtschaft sollte die Grenze von 10 Arbeitnehmern und die Grenze einer Beschäftigungsdauer von 12 Monaten zugestanden werden, damit diese Betriebe auch fernerhin lebensfähig bleiben und dem ungeheuren Steuerdruck standhalten können.
Das Wort hat der Abgeordnete Pelster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Sinn des Gesetzes ist in weiten Kreisen des Hauses nicht richtig erfaßt worden. Ich habe so das Gefühl, als ob man meint, daß, wenn dieses Gesetz durchginge, überhaupt keine Kündigung mehr möglich sei. Tatsache ist doch, daß durch dieses Gesetz nur eine willkürlich ausgesprochene Kündigung bekämpft werden soll. Es ist schon gesagt worden, daß alle Kündigungen, die auf § 123 der Gewerbeordnung basieren, von diesem Gesetz nicht berührt werden.
— Nein, Sie werden nicht berührt. Denn eine Kündigung, die ausgesprochen worden ist, weil ein Grund zur fristlosen Entlassung vorliegt, wird von diesem Gesetz nicht berührt.
— Außerdem, Herr Atzenroth, habe ich die Möglichkeit, gegen jede Rechtsausübung — und die Kündigung ist eine Rechtsausübung — das Gericht anzurufen.
Das Gericht hat dann zu prüfen, ob diese Kündigung durchgeht oder nicht. In jedem Fall hat das Gericht zu prüfen, ob ein Grund nach § 123 oder, wenn die Klage von Arbeitgeberseite kommt, nach § 124 vorliegt. Das berührt dieses Gesetz nicht. Ebenso werden alle Kündigungen nicht berührt, die in den Verhältnissen des Betriebes bedingt sind. Sind sie in den Verhältnissen des Betriebes bedingt, dann kann auch dieses Kündigungsschutzgesetz keine Rettung und Hilfe für den bieten, der gekündigt ist. Ebenso kann das Gesetz keinen Schutz bieten, wenn die Gründe zur Kündigung tatsächlich in der Person des gekündigten Arbeitnehmers liegen. Das festzustellen, ist Sache des Gerichts. Auch wenn das Gesetz nicht kommen sollte, ist bei allen Kündigungen, die gegen die guten Sitten verstoßen und bei denen eine Klage damit begründet wird, sowohl eine Klage als auch eine Entscheidung möglich. Alle Kündigungen, die gegen Treu und Glauben verstoßen, sind sowieso anfechtbar. Alles das hat mit dem Komplex, den wir hier behandeln, überhaupt nichts zu tun. Das Gesetz soll diejenigen Fälle treffen, bei denen Kündigungen aus reiner Willkür ausgesprochen worden sind.
Wenn nun gesagt wird, daß die Zeit von einem halben Jahr nicht ausreiche, die Leistungen des Mannes irgendwie feststellen oder richtig beurteilen zu können, so darf ich Ihnen sagen: wenn vor einem oder nach einem halben Jahr diese Leistungen eine Rolle spielen, dann liegen ja die Gründe in der Person desjenigen, der gekündigt ist, so daß auch da noch die Möglichkeit der Abwehr gegeben ist. Bei dem Vermittlungsvorschlag — fünf Arbeitnehmer — fällt das Gros der Betriebe sowieso heraus und wird nicht mehr von dem Gesetz betroffen.
Besonders wende ich mich aber dagegen, daß hier einseitig den deutschen Arbeitsgerichten vorgeworfen wird, sie hätten nicht objektiv, also auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen, Recht gesprochen. Wenn das hier so allgemein ausgesprochen wird, dann muß ich mich als ehemaliger Arbeitsgerichtsrat schärfstens dagegen wehren.
In Einzelfällen habe ich die Möglichkeit, Berufung beim nächsthöheren Gericht, dem Landesarbeitsgericht, einzulegen. Wenn Sie beweisen können, daß Rechtsbeugung vorliegt — und das wollen Sie doch den Arbeitsgerichtsvorsitzenden und den Arbeitsgerichten vorwerfen: daß sie nicht nach Recht und Gesetz gehandelt haben —, dann kann der Staatsanwalt angerufen werden. Jeder Vorsitzende wird sich hüten, wegen Rechtsbeugung Zuchthaus zu riskieren. Mit solchen Darlegungen sollten wir das Gesetz nicht bekämpfen.
Ich möchte dann weiter ausführen: Wenn schon gesagt wird, das Handwerk wolle keine sittenwidrigen Kündigungen —, gut, dann können Sie doch zu dem Gesetz ja sagen, dann brauchen wir uns doch nicht dagegen zu wehren, denn diese allein sollen getroffen werden.
Das Gesetz berührt auch nicht — das sage ich ganz offen — die Lebensfähigkeit, die Steuerkraft usw., sondern es berührt nur den sozialen Sektor, soweit versucht wird — ganz egal von welcher Stelle —, Kündigungen auszusprechen, die reine Willkürakte sind. Nur diese sollen getroffen werden.
Wenn wir schon Wert darauf legen, die soziale Linie einzuhalten — ich weiß nicht, ob das überall der Fall ist —, dann sollten wir diesem Vermittlungsvorschlag zustimmen, der wirklich eine Brücke für das ganze Hohe Haus ist, hier zu einem Gesetz zu kommen, das allen Verhältnissen Rechnung trägt.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Meine Damen und Herren! Der Herr Arbeitsminister Storch sowie der Herr Vorredner Pelster erklärten mit verschiedenen Worten, das Recht zur Kündigung solle natürlich bestehen bleiben, und dem Unternehmer sollen in angemessenem Rahmen keine Handschellen angelegt werden. Na schön, es wird nicht geradezu abgeschafft. Aber die Frage ist, wie sich das in der Praxis auswirkt. Und da verkennen die beiden Herren die Situation vollkommen, weil sie offenbar niemals in der Lage gewesen sind, aus den Nöten gerade der Kleinbetriebe heraus diese Dinge zu beurteilen.
Was wird denn hier entschieden? Es wird nicht ein grober, extremer Fall von bewußter und gewollter Unbilligkeit entschieden, -sondern es werden Ermessensentscheidungen, die der Betrieb getroffen hat, von Außenstehenden überprüft, und zwar Ermessensentscheidungen in wichtigen, sogar lebenswichtigen Fragen, z. B. Fragen, in denen es um die Haftung für minder geeignete Angestellte oder Arbeiter geht. Je größer der Betrieb ist, desto besser hat man die Möglichkeit, einen Mann beiseite zu stellen und auf einen ungefährlichen Posten zu bringen. In einem kleineren Betrieb, auch in einem solchen mit fünf bis zehn Mann, besteht diese Möglichkeit nicht. Da haftet der Arbeitgeber für jedes Verschulden. Da sagt man, das kann das Gericht überprüfen. Wieviel Schaden muß der Mann erst angerichtet haben, bevor man ihn überprüfen und ausmerzen kann? Bis dahin wird man also eben aus der sozialen Grundidee des Gesetzes heraus immer versucht sein, zu sagen: Ja, den Mann muß das Unternehmen noch weiter tragen.
Dann hat man von der Landwirtschaft und vom Handwerk gesprochen. Sie sind gewiß sehr wichtige Wirtschaftszweige; aber es geht doch nicht bloß um diese •Stände allein, vielmehr spielt auch die große Zahl anderer Arbeitgeber und anderer Beschäftigten eine Rolle, so auch die freien Berufe, und gerade bei denen ist die Gefahr der Haftung für Verschulden der Angestellten beträchtlich groß. Nun frage ich Sie: Wieviel Schaden müssen denn die zu entlassenden Angestellten erst angerichtet haben? Bis dahin wird man immer wieder sagen: das ist noch zumutbar. Und wo hört das persönliche Verhältnis auf? Kann man sagen, daß die Grenze bei 10 Beschäftigten liegt? Kann man sagen, daß sie bei 12 liegt? Kann man sagen, daß es 8 sind? Sicher ist, daß bei der Zahl 5 noch nicht die Grenze erreicht ist, wo die persönliche Beziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufhört und mehr dem sachlichen Verhältnis weicht. Zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit ist es notwendig, daß beide miteinander auskommen.
— Nein, jeder Arbeitgeber ist froh, wenn er einen treuen und ordentlichen Arbeitnehmer hat, den er halten kann; aber wenn beide aus irgendwelchen Gründen charakterlich nicht zusammenpassen,
wenn die beiden Leute nicht miteinander auskommen können, dann ist das Verhältnis von so wenigen Beschäftigten zueinander gestört, dann muß eben einer von beiden weichen, dann muß das Verhältnis gelöst werden. Dabei kann man eine gewisse Rücksichtnahme verlangen — das ist gut —: aber man kann in diesem Fall nicht einfach verlangen, daß der Mann, der nun mit dem Arbeitgeber nicht auskommt, auf jeden Fall gehalten werden muß. Das würde auf die Dauer eine Lösung sein, die zu Explosionen führt.
Nun sagt man: Dann soll er bezahlen. Aber gerade bei den Kleinbetrieben ist das nicht möglich. Da schlägt die beabsichtigte Wirkung in das Gegenteil um; denn die Existenz des Betriebs und des Arbeitgebers ist nach unserem Dafürhalten genau so wichtig wie die Existenz des Arbeitnehmers. Wenn sie aber genau so wichtig ist,' darf man sie nicht gefährden, indem man bis zu einem Jahr, jedenfalls noch für mehrere Monate die Bezahlung einer Arbeitskraft verlangt, die jedoch ihre Arbeit nicht zur Verfügung zu stellen braucht. Wenn es dann wenigstens noch hieße: dann wird . die Kündigung annulliert, und der Mann muß weiter arbeiten, dann könnte man das noch eine Lösung nennen. Aber hier ist es nicht so, sondern hiernach soll eine Art Buße, eine Summe bis zum Gesamtlohnbetrag eines Jahres gezahlt werden, ohne daß die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt zu werden braucht. Das geht nicht, weil es nicht tragbar ist. Es überschreitet die Grenze des wirtschaftlich Vernünftigen und Zumutbaren.
Überlegen wir uns einmal die Folgen! Wenn dieses Gesetz so ergehen wird, wird es zur Folge haben, daß man sich hütet, die Zahl von 5 Beschäftigten zu überschreiten. Können Sie das dem einzelnen Arbeitgeber übelnehmen? Der hätte sonst vielleicht einen oder zwei Mann mehr eingestellt. Nun sagt er: Nein, da hüte ich mich; denn ich setze doch nicht mich und meine Arbeitnehmer der Gefahr aus, dadurch noch Schaden zu haben. Also stellt er einen weniger an. Es fehlt also der Arbeitsplatz, den man erhalten könnte.
Es war soeben von dem Auftragsvorrat die Rede und davon, die Auftragsvorräte würden die Betriebe zwingen, Leute einzustellen. Das trifft nicht zu.- Nein, die Betriebe können sich schon mit der Annahme von Arbeiten nach ihrer Arbeiterzahl richten; dann haben sie es bequemer und risikoloser. Man darf es doch den Menschen der Wirtschaft auch nicht allzu schwer machen, Arbeit zu schaffen und zu vergeben, und es ist eine Überlegung, die man ihnen nicht einmal allzu übelnehmen kann, wenn sie dieses Risiko nicht laufen wollen.
Die bloße Überlegung: die Gerichte sind ja bemüht, Recht zu tun und Recht zu entscheiden — daß sie das wollen, will ich gar nicht bestreiten —; diese bloße Überlegung gibt keine Gewähr dafür, daß der Betroffene auch damit zufriedengestellt wird. Denn es handelt sich darum, daß hier wirtschaftliche 'Vernunft, wirtschaftliche Überlegungen und persönliche Empfindungen wie das Vertrauen, das Gefühl der Verläßlichkeit, das Gefühl, daß jemand meine Interessen wahrnimmt wie seine, nicht erzwungen werden kann, das für solche Verhältnisse notwendig ist, und daß man Gefahr läuft, diese Dinge, die gerade bei Kleinbetrieben notwendig sind, zu ertöten, wenn man mit diesem Gesetz einen äußeren Zwang schaffen wollte. Wenn aber nach Erlaß dieses Gesetzes nach der Abänderungsvorlage Sabel mehr Personen beschäftigt werden als 5, dann müssen
Sie sich aber auch darauf verlassen, daß dann nach dem Sinn dés Gesetzes bei der ersten sich bietenden Gelegenheit von der Kündigungsmöglichkeit auch Gebrauch gemacht werden muß, weil dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, eine solche Persönlichkeit noch mit durchzuschleppen, mit der er nun unzufrieden ist. Also das Gefühl: ich kann Nachsicht walten lassen, ich kann es mal eine Zeitlang, ein paar Monate mit dem Mann versuchen, dieses Gefühl ertötet man durch eine solche Gesetzgebung. Das ist also alles auf die Überlegung zurückzuführen: Man kann solche Dinge mit Zwang durchsetzen. Diese Bestimmungen sind für den Arbeitgeber wie für den Arbeitnehmer tragbar immer dann, wenn es sich um Betriebe mit größeren Beschäftigtenzahlen, mit auswechselbarer Arbeit und auswechselbaren Personen handelt. Man kann es auch immer dann machen — so wie es das Gesetz vorschlägt —, wenn es sich um kapitalintensive Betriebe handelt, um Betriebe, bei denen die Personen verhältnismäßig auswechselbar und nebensächlich, aber der Kapitalaufwand, der Maschinenpark usw. das Vorwiegende sind.
Aber man kann es gerade dann nicht machen, wenn es auf die Persönlichkeit des einzelnen Arbeiters, des Angestellten oder auf seine Beziehungen zum Arbeitgeber und auf das Zusammenspiel der beiden oder der drei, vier oder fünf ankommt. Deswegen glauben wir nicht, daß es eine Sache des Maßes und der Zahl, sondern der grundsätzlichen Einstellung und der Einstellung zum Mittelstand an sich ist, wenn man ihn hier von der schematischen Regelung ausnimmt, die das Gesetz im Interesse der Arbeitnehmer vorsieht. Der Grundgedanke ist zu billigen. Aber wir dürfen hier nicht nur die Interessen der Arbeitnehmer sehen, sondern wir müssen auch an die Interessen des Mittelstandes denken, der dadurch gefährdet ist und in seiner Leistungsfähigkeit sowohl wie in seiner Arbeitsfreudigkeit herabgedrückt wird. Gerade der Mittelstand — es ist eben übertrieben schroff gesagt worden, aber der Kern dessen, was einer der Herren Vorredner gesagt hat, ist richtig — gerät bei den Überlegungen unserer Gesetze vielfach zwischen die Mühlsteine, weil man, was man als die Sozialpartner bezeichnet, im allgemeinen besser als die Interessenvertreter der Großbeteiligten anspräche. Auf der einen Seite sind es die Interessenvertreter der Gewerkschaften, die zumeist nur auf die Industriebeschäftigten und die Beschäftigten der Großbetriebe abgestellt sind, und auf der anderen Seite die Vertreter der Großwirtschaft. Man mag es bedauern oder nicht, aber es ist so. In den mittelständlerischen Betrieben ist ein großer Teil der Arbeitnehmer gar nicht gewerkschaftlich organisiert. Die Folge ist, daß die mittelständlerischen Betriebe bei diesen Sozialpartnern einfach übersehen werden. Auf der anderen Seite sind — jedenfalls bei den Hattenheimer Beschlüssen — die Standesvertretungen des Mittelstandes auch sehr schlecht weggekommen; zum Teil sind sie nicht einmal angehört worden.
Diese Interessen verdienen eine bessere Berücksichtigung, eine intensivere Berücksichtigung, als sie ihnen bisher zuteil geworden ist. Es gibt jetzt einmal eine Gelegenheit, ihnen gerecht zu werden, deren Ausnutzung den mittelständlerischen Betrieben aller Art, ob freie Berufe, Handwerkeroder Bauernbetrieb ist gleich, nicht nur am Herzen liegt, sondern deren Nichtausnutzung sie auch in einem gewissen Grade in ihrer Existenz bedroht.
Ich bitte deshalb, meine Damen und Herren, lehnen Sie auch den wohlgemeinten Vermittlungsvorschlag ab, der von der falschen Idee ausgeht, es handle sich hier bloß um eine Frage von Maß und Zahl. Es handelt sich hier um die Sache selbst.
Weitere Wortmeldungen zu § 21 liegen nicht vor. Die Abstimmung wird bis zur Erledigung von Punkt 10 der Tagesordnung zurückgestellt, da eine Anzahl von Mitgliedern des Hauses bei Ausschüssen außerhalb des Saales beschäftigt sind.
§ 22. — Keine Wortmeldungen. §§ 23, — 24, —25, — 26, — Einleitung und Überschrift. — Ich wiederhole, daß die Abstimmung über die aufgerufenen Bestimmungen und die Schlußabstimmung nach Erledigung des Punktes 10 der Tagesordnung erfolgt.
Ich rufe nunmehr auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung .
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Professor Preller.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen alle, welche Bedeutung dieses Gesetz hat. Seine Bedeutung liegt doch in I erster Linie darin, daß wir alle die Selbstverwaltung wiederherstellen wollen, die wir 1927 auf diesem Gebiet erreicht hatten. Ich erinnere daran, daß dieses Gesetz 1927 um der Selbstverwaltung willen eine Art kleiner Sensation im damaligen Reichstag war. In diesem Gesetz nun geht es um die Fortentwicklung des Selbstverwaltungsgedankens. Dieser Selbstverwaltungsgedanke ist in den Ausschußberatungen doch reichlich verwässert worden. Wir müssen leider feststellen, daß auf einer ganzen Reihe von Gebieten die Selbstverwaltung nicht den Grad angenommen hat, den wir ihr seinerzeit zubilligen wollten.
Ich darf daran erinnern, daß von seiten der Arbeitgeber wie auch der Gewerkschaften in diesen Tagen immer wieder der Wunsch geäußert worden ist, sich zu den Ausschußergebnissen noch einmal zu äußern; insbesondere erinnere ich auch an die Auslassungen von Herrn Dr. Erdmann.
Herr Abgeordneter Preller, Sie hatten das Wort zur Geschäftsordnung erbeten!
Ich möchte aus diesem Grunde beantragen, daß die Abschnitte, die sich mit der Selbstverwaltung befassen, an den Ausschuß für Arbeit zurückverwiesen werden, damit die Sozialpartner dort Gelegenheit haben, ihre Auffassungen zu diesen Bestimmungen darzulegen. Die Bestimmungen, die sich mit der Wiederverwendung der Beamten beschäftigen, sollten auch von dem Beamtenrechtsausschuß geprüft werden.
Der Antrag geht dahin:
Der Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wird an den Ausschuß für Arbeit zurückverwiesen. Die Ziffer II des zweiten Abschnittes des Gesetzes wird an den Beamtenrechtsausschuß überwiesen.
Ich bitte um Annahme dieses Antrags.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte diesem Antrag widersprechen. Im Ausschuß für Arbeit ist der Gesetzentwurf eingehend beraten worden. Die Meinungen der Sozialpartner sind ausreichend zur Geltung gekommen. Es ist im Ausschuß für Arbeit festgestellt worden, daß ein Bedürfnis besteht, die Bundesanstalt bald ins Leben zu rufen und bald funktionsfähig zu machen. Würden wir diesem Antrag zustimmen, dann würde das bedeuten, daß die Bundesanstalt frühestens zu einem Zeitpunkt lebensfähig wird, der drei Monate später liegt Ich glaube, das könnten wir nicht verantworten. Ich bitte daher, den Antrag abzulehnen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Ich bin derselben Ansicht wie der Kollege Sabel. Der Kollege Preller hat seinen Antrag in zwei Teile geteilt. Es mag sein, daß die Selbstverwaltung sich im Laufe der Zeit_ in der Bundesanstalt noch mehr durchsetzen kann, als es dem Gesetz, das wir jetzt beschließen sollen, entspricht; aber wir sind genötigt, Kollege Preller, eine gewisse Rangordnung einzuführen. Da steht an erster Stelle die dringende, auch von Ihren Freunden und den Gewerkschaften seit Jahren betonte Notwendigkeit, die Bundesanstalt in Arbeit zu setzen. Das ist für meine Freunde entscheidend.
Der zweite Punkt, den Sie angeführt haben, ist ein politischer: Wiederverwendung der Beamten. Darüber ist so ausführlich gesprochen worden, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß eine erneute Beratung im Ausschuß etwas daran ändert. Darf ich formal noch hinzufügen, daß wir beschlossen haben, alle Abstimmungen bis zwölf Uhr zurückzustellen; wir könnten dann auch über einen Vertagungsantrag vorher hier nicht abstimmen.
Zur Geschäftsordnung liegen weitere Wortmeldungen nicht vor. Was die Abstimmung über diesen Antrag anbetrifft,
so halte ich mich an die Vereinbarung der Fraktionen gebunden, daß vor Erledigung des Punktes 10 der Tagesordnung keine Abstimmung stattfinden soll, weil eine Reihe von Ausschüssen tagen. Ich nehme an, daß das Hohe Haus mich nicht in die Verlegenheit bringen wird, hierüber noch abstimmen zu lassen. Ich glaube aber, daß man auf der andern Seite der antragstellenden Fraktion die Möglichkeit geben muß, die Frage der Zurückverweisung der Entscheidung dieses Hauses zu unterbreiten.
Ich stelle also den Punkt 6 zurück und rufe auf den Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Nr. 2459 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Bucerius als Berichterstatter.
Der Bericht liegt dem Hause schriftlich im Umdruck Nr. 279 vor. Ich nehme auf ihn Bezug.
Ich könnte hier, wie man in Versammlungen vorzugehen pflegt, vorgehen und sagen: der Beifall des Hauses für den Herrn Abgeordneten Dr. Bucerius als Berichterstatter macht es überflüssig, ihm den Dank de Präsidenten auszusprechen.
Ich rufe auf den § 1. Wortmeldungen hegen nicht vor. — §§ 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. Ich nehme an, da doch ganz offensichtlich Übereinstimmung über dieses Gesetz besteht, daß wir hier abstimmen können und nicht bis zur Erledigung des Punktes 10 der Tagesordnung mit der Abstimmung zu warten brauchen. Wer mit den aufgerufenen Bestimmungen einverstanden ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen. Die zweite Beratung ist damit erledigt.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Ich rufe in der Einzelaussprache auf die §§ 1 bis 5, — Einleitung und Überschrift — und bitte diejenigen unter Ihnen, die zustimmen wollen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist gegen einige Stimmen angenommen. Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes über die Verteilung des im Geschäftsjahr 1950 erzielten Reingewinns der Bank deutscher Länder ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Nr. 2381 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem Abgeordneten Birkelbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich in mehreren Sitzungen mit dem diesem Entwurf zugrunde liegenden Problem beschäftigt. Der Entwurf war notwendig geworden, weil ein Bundesnotenbankgesetz noch nicht vorliegt. Das jetzt noch geltende Militärregierungsgesetz besagt, daß der Jahresgewinn der Bank deutscher Länder an die Landeszentralbanken abzuführen ist. Da die Haupteinnahmen der Bank deutscher Länder jedoch aus Zinsleistungen des Bundes für die im Zuge der Währungsreform ausgegebenen Ausgleichsforderungen und aus der Auswertung des dem Bund zustehenden Notenprivilegs bestehen, erscheint eine Beteiligung der Bundesrepublik an dem Gewinn der Bank deutscher Länder gerechtfertigt. Bei der Aufstellung des Haushaltsplanes für die allgemeine Finanzverwaltung für das Rechnungsjahr 1950 wurde ein entsprechender Betrag bereits als Einnahmeposten eingesetzt.
Der Bundesrat hat zu dieser Vorlage nicht Stellung genommen; er hat sie eingehend diskutiert und dabei Bedenken geäußert, weil die Voraussetzung für die Abführung eines Teiles des Jahresgewinnes ein Notenbankgesetz sei. Diese nicht erfolgte Stellungnahme des Bundesrates wurde mit der Erwartung begründet, daß die Bundesregierung beschleunigt ein Notenbankgesetz vorlege.
Der Ausschuß für Geld und Kredit schlägt Ihnen die Annahme der Vorlage mit einigen Abänderungen vor. Die Abänderungen beziehen sich auf die Erweiterung der Geltungsdauer auf das Jahr 1951. Diese Erweiterung wurde u. a. auch deswegen für notwendig befunden, weil damit gleichzeitig das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofes für diesen Bereich verbunden ist.
Mit der Annahme der Ihnen jetzt vorliegenden Drucksache Nr. 2381 erledigt sich gleichzeitig die Drucksache Nr. 2101, in der die Bundesregierung ersucht wurde, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Bank deutscher Länder verpflichtet, den Reingewinn des Jahres 1950 nach Abzug der notwendigen Rück- und Reservestellungen sowie einer höchstens 6 %igen Gewinnbeteiligung der Anteilseigner an den Bund auszuschütten. Diese Drucksache geht auf einen Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Genossen — Drucksache Nr. 1040 — zurück, der hiermit seine Erledigung findet.
Der Ausschuß empfiehlt Ihnen einstimmig die Annahme der Vorlage.
Ich danke dem Herrn Berichterstater. Wir treten in die Aussprache der zweiten Beratung ein. Ich rufe auf: § 1 — keine Wortmeldung, — § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme der aufgerufenen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Ich rufe in der Einzelberatung die §§ 1 bis 3, — Einleitung und Überschrift auf. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
— Mit einigen Stimmenthaltungen angenommen!
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf: .
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines zweiten Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Geld und Kredit (Nr. 2382 der Drucksachen.)
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Raestrup als Berichterstatter. — Ist er nicht da?
— Dann können wir gleich Punkt 10 der Tagesordnung vornehmen:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Übergangsgesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 2383 der Drucksachen).
Das Wort hat der Abgeordnete Scharnberg zur Berichterstattung.
Herr Präsiden! Meine Damen und Herren! Das Gesetz über die Errichtung der Bank deutscher Länder, welches von den Militärregierungen im amerikanischen Kontrollgebiet als Gesetz Nr. 60, im britischen Kontrollgebiet als Verordnung Nr. 129 und im französischen Kontrollgebiet als Verordnung Nr. 203 erlassen wurde, sah für die Alliierte Bankkommission eine Reihe von Befugnissen vor. Die Alliierte Bankkommission hat mitgeteilt, daß sie mit der Änderung bzw. Aufhebung der Befugnisse einverstanden ist.
Dies ist der Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt. Die Befugnisse, die die Alliierte Bankkommission hat, bestehen aus einem Weisungsrecht, einem Auskunftsrecht, einem Prüfungsrecht und einem Recht zur Genehmigung von Satzungsänderungen und von Anweisungen, die der Zentralbankrat an die Landeszentralbanken erteilt.
In der Regierungsvorlage ist, um dies vorwegzunehmen, vorgesehen, daß eine Satzungsänderung nur mit Zustimmung der Bundesregierung erfolgen darf. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich dem angeschlossen.
Ein Genehmigungsrecht für die Anweisungen an die Landeszentralbanken und der für die Geschäftsführung der Bank erforderlichen Verwaltungsvorschriften hält die Bundesregierung für entbehrlich, weil sich die Übung herausgebildet hat, daß die Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft Gelegenheit haben, an allen Sitzungen des Zentralbankrates teilzunehmen, so daß sie sich über die Absichten des Zentralbankrates im Verhältnis zu den Landeszentralbanken und über Verwaltungsvorschriften von grundlegender Bedeutung hinreichend unterrichten können. Ebenso beabsichtigt die Regierung, auf das Prüfungsrecht zu verzichten, wobei darauf hingewiesen wird, daß ein Prüfungsrecht dem Bundesrechnungshof zusteht.
In all diesen Punkten stimmte der Ausschuß für Geld und Kredit der Regierungsvorlage zu. Das zuletzt erwähnte Prüfungsrecht des Rechnungshofs beruht auf der Pflicht zur Übergewinnabführung, die wir in dem soeben verabschiedeten Gesetz beschlossen haben. Nachdem die Übergewinnabführung auch für das Jahr 1951 beschlossen ist, hat der Bundesrechnungshof ein Prüfungsrecht für die Jahre 1950 und 1951. Dies genügt, da wir hoffen, daß das neue Bundesnotenbankgesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann.
Das der Alliierten Bankkommission zustehende Auskunftsrecht ist in das Übergangsgesetz übernommen.
Damit bleibt die wesentlichste Frage, die Frage des Weisungsrechts übrig. Die Regierungsvorlage hatte vorgeschlagen, daß man es bei einer Verpflichtung der Bank deutscher Länder, die allgemeine Politik der Bundesregierung zu beachten und sie im Rahmen ihrer Aufgaben zu unterstützen, belassen sollte. Sie wollte damit einer künftigen Regelung dieses ebenso zentralen wie verwickelten Problems — Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Notenbank von der Regierung — nicht vorgreifen.
Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich mit dieser Frage sehr eingehend befaßt. Dabei ist er schließlich zu dem Ergebnis gekommen, Ihnen vorzuschlagen, daß das Verhältnis zur Bundesregierung über die eben von mir erwähnte Bestimmung hinaus noch in zwei Punkten, die Sie in der Drucksache Nr. 2383 fett gedruckt finden, festgelegt wird. Diese zwei Punkte sind folgende. Erstens soll den beiden beteiligten Ministern der Finanzen und für Wirtschaft oder deren ständigen Vertretern das Recht eingeräumt werden, an den Sitzungen des Zentralbankrates teilzunehmen; sie sollen die Anberaumung einer Sitzung verlangen können; sie haben kein Stimmrecht, können aber Anträge stellen. Zweitens soll den eben erwähnten Vertretern der Bundesregierung, und zwar jedem für sich, das Recht gegeben werden, eine Aussetzung der Beschlußfassung des Zentralbankrates bis zu, acht Tagen zu verlangen, wenn der betreffende Vertreter im Hinblick auf die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gegen eine Beschlußfassung Bedenken hat.
Die ersterwähnte Bestimmung ist nichts anderes als eine Verankerung dessen, was sich schon in den letzten Jahren als Übung herausgebildet hat. Die zweite Bestimmung soll ermöglichen, daß dem Zentralbankrat die Stellungnahme der Bundesregierung vor der zweiten Beschlußfassung vorgetragen wird, was ja in Verbindung mit der Bestimmung, daß die allgemeine Wirtschaftspolitik der Regierung zu beachten ist, besondere Bedeutung hat.
Der Ausschuß für Geld und Kredit legt Wert auf die Feststellung, daß diese Regelung eine Zwischenregelung darstellt und daß damit der endgültigen Regelung im Bundesnotenbankgesetz in keiner Weise vorgegriffen werden soll.
Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, das Gesetz, wie es sich aus dem von der Regierung vorgeschlagenen Entwurf Drucksache Nr. 2276 unter Berücksichtigung der vom Ausschuß in Aussicht genommenen Ergänzungen des Art. II Ziffer 6, die in der Drucksache Nr. 2383 enthalten sind, ergibt, anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. — Wir treten in die Aussprache der zweiten Beratung ein. Ich rufe auf § 1. — Wortmeldungen liegen nicht vor. § 2, — keine Wortmeldungen, Einleitung und Überschrift. Wer für die aufgerufenen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Die zweite Beratung ist damit abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Ich rufe in der Einzelberatung auf: § 1, — § 2, — Einleitung und Überschrift. Wer einverstanden ist, möge ein Handzeichen geben. — Gegenprobe! —
Gegen einige Stimmenthaltungen angenommen.
Schlußabstimmung! 'Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmenthaltungen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Kann nunmehr Punkt 9 aufgerufen werden?
Das Wort zur Berichterstattung zu Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Nr. 2382 der Drucksachen).
hat der Abgeordnete Raestrup.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat als Aufgabe die Förderung des Wiederaufbaues der deutschen Wirtschaft in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese Kreditanstalt, die am 5. 11. 1948 für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet gegründet wurde, hat heute ihr Arbeitsfeld auf das gesamte Bundesgebiet erweitert. Aus diesem Grunde ist es notwendig, einige gesetzliche Änderungen vorzunehmen. In der Drucksache Nr. 2233 hat die Bundesregierung entsprechende Vorschläge für die Änderung des Gesetzes über die Kreditanstalt gemacht, und in der 144. Sitzung des Bundestages ist der Ausschuß für Geld und Kredit beauftragt worden, zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen. In eingehenden Beratungen hat er diese Aufgabe erfüllt. Sie können aus Drucksache Nr. 2382 ersehen, welche Änderungen er vorschlägt.
Die Vorschläge des Ausschusses weichen also von den Vorschlägen der Regierung ab. Der Regierungsentwurf wünscht, daß dem § 1 Abs.. 1 noch ein Satz 2 hinzugefügt wird, durch den die Bundesregierung nach Anhörung des Verwaltungsrats den Beschluß fassen kann, den Sitz der Anstalt zu verlegen. Der Ausschuß schlägt vor, diesen Satz zu streichen, da er mit dem Bundesrat der Ansicht ist, daß eine Verlegung des Sitzes der Anstalt nur durch einen Beschluß des Bundestages erfolgen kann.
In § 4, der sich mit der Mittelbeschaffung der Anstalt befaßt, soll der Abs. 1 Nr. 4 nicht gestrichen werden; vielmehr soll durch eine neue Fassung der Anstalt das Recht gegeben werden, in Ausnahmefällen auch noch weitere Mittel aufzunehmen; der Satz soll dann heißen:
4. in besonderen Fällen mit Zustimmung des
Verwaltungsrates und Genehmigung der
Aufsichtsbehörde Darlehen bei anderen als
den in Nr. 2 genannten Stellen aufnehmen.
In § 4, wo es sich um die Festsetzung der Höhe
des Obligos handelt, das die Bank durch Übernahme von Bürgschaften usw. eingehen darf, ist es
notwendig, das Obligo, das bisher drei Milliarden
DM betrug, wesentlich zu erhöhen. Nach einer Aufstellung, die die Kreditanstalt gemacht hat, betrugen schon am 16. Juni d. J. die Verbindlichkeiten 3,4 Milliarden DM, bei dem Vorliegen eines Programms in Höhe von 4,3 Milliarden. Außerdem sind für die nächste Zukunft noch weitere Maßnahmen vorgesehen, die Verbindlichkeiten in Höhe von ungefähr 1,9 Milliarden erwarten lassen. Darunter befinden sich auch die Ansätze von 750 Millionen DM Investitionshilfe der Grundindustrie und für die Förderung des Exports; den dafür erforderlichen Betrag hat man auf 250 Millionen DM geschätzt. Wenn alle diese Pläne berücksichtigt werden, würde schon ein Obligo von 6,3 Milliarden entstanden sein. Da es aber nicht angängig ist, nun jedesmal ein neues Gesetz zu machen, schlägt der Ausschuß vor, das Obligo bis zu einem Betrag von 8 Milliarden festzusetzen. Jn § 4 Abs. 2 Satz 1 wird das Wort „drei" durch das Wort „acht" ersetzt.
Bezüglich des Verwaltungsrats hat der Ausschuß kleine Änderungen vorzuschlagen. Die Nummern 2, 3, 5, 6 und 7 von § 7 Abs. 1 sollen eine neue Fassung erhalten. Folgende Minister sollen im Verwaltungsrat Sitz und Stimme haben: der Bundesminister der Finanzen, der Bundesminister für Wirtschaft, der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Bundesminister für den Marshallplan und der Bundesminister für Verkehr. Im Gegensatz zum Vorschlag der Regierung hält es der Ausschuß nicht für erforderlich, daß auch der Minister für Wohnungsbau hier noch Sitz und Stimme hat.
Nach dem Regierungsvorschlag sollen vier Vertreter der Länder, die auf dem Gebiet des Kreditwesens besonders erfahren sind, durch den Bundesrat bestellt werden. Wir wünschen einen anderen Wortlaut, der einfach lautet: „vier Mitgliedern, die vom Bundesrat bestellt werden." Wir nehmen an, daß der Bundesrat schon in der Lage ist, Mitglieder zu finden, die vom Kreditwesen etwas verstehen.
Weiterhin handelt es sich um Mitglieder des Verwaltungsrates aus den verschiedenen Interessentenverbänden. Da schlägt der Ausschuß vor: je einen Vertreter der Realkreditinstitute, der Sparkassen, der genossenschaftlichen Kreditinstitute, der Kreditbanken und eines auf dem Gebiet des Industriekredits maßgebenden Kreditinstituts, die vom Zentralbankrat der Bank deutscher Länder nach Anhörung der beteiligten Kreise bestellt werden.
Die Ziffer 6 ist dahin geändert worden, daß die Industrie statt wie bisher einen Vertreter zwei Vertreter, daß die Gemeinden, die Landwirtschaft, das Handwerk und die Wohnungswirtschaft je einen Vertreter benennen, die nach Anhörung der beteiligten Kreise von der Bundesregierung bestellt werden. Da die Zahl der Vertreter der Industrie erhöht worden ist, sollen nach Ziffer 7 nunmehr vier, Vertreter der Gewerschaften nach Anhörung der beteiligten Kreise von der Bundesregierung bestellt werden. Dementsprechend muß in § 7 Abs. 4 Satz 3 das Wort „elf" durch das Wort „vierzehn" ersetzt werden.
Der § 8 Abs. 1 ist unverändert.
Der Abs. 2 lautet:
Änderungen der Satzung können vom Verwaltungsrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens jedoch der Hälfte aller Mitglieder beschlossen werden. Sie bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
Der § 12 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: Die Anstalt untersteht der Aufsicht der Bundesregierung; die Ausübung der Aufsicht kann dem Bundesminister für Wirtschaft übertragen werden.
Im Gegensatz zu dem Vorschlag der Regierung, die das Recht haben wollte, einen Bundesminister vorzuschlagen, wünscht der Ausschuß, daß nur der Bundesminister für Wirtschaft diese Funktion übertragen erhalten soll.
Als Ergänzung ist noch ein Art. IV a angehängt worden, der lautet:
Dieses Gesetz gilt für Berlin, wenn das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes gemäß Artikel 87 seiner Verfassung beschließt.
Das sind die Änderungen, die wir Ihnen vorzuschlagen haben. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich mit den Vorschlägen sehr eingehend befaßt. Er hat seine Beschlüsse einstimmig gefaßt. Deshalb glaube ich berechtigt zu sein, das Hohe Haus zu bitten, den Vorschlägen nach der Drucksache Nr. 2382 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die Aussprache der zweiten Beratung ein. Ich rufe auf Art. I, — Ziffer 1 entfällt, — Ziffer 2, — Ziffer 3. Wer für die Annahme dieser Bestimmung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Zu Ziffer 4 hat die Bayernpartei einen Abänderungsantrag angemeldet. Das Wort zur Begründung hat Herr Dr. Etzel. — Herr Dr. Etzel, vielleicht begründen Sie auch gleich Ihren Antrag zu § 11. Ich rufe also auch die Ziffer 8 auf, zu der dieser zweite Antrag gestellt ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei große Bankenorganisationen der Bundesrepublik sind in den letzten Jahren zu einer besonderen Stellung und Rolle im Finanz- und Kreditwesen emporgestiegen, die öffentlich-rechtliche Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt am Main und die privatrechtliche Industriekreditbank in Düsseldorf, für die bereits ein Gesetzentwurf verabschiedet worden ist.
Die Gesetze über die Wiederaufbaubank vom 5. November 1948 und 18. August 1949 sollen durch den vorliegenden Gesetzentwurf geändert werden. Die Änderungen haben zunächst die Anpassung der Vorschriften an das Grundgesetz zum Ziel, so in den Bestimmungen über die Kapitalbeteiligung von Bund und Ländern, die Zusammensetzung des Verwaltungsrates, die Zuständigkeit für die Erteilung der Genehmigung der auszugebenden Schuldverschreibungen und die Aufsicht. Wenn der Entwurf in Berücksichtigung des beträchtlich erweiterten Umfangs der Wirtschaft weiterhin die Erhöhung der Kreditlinie der Kreditanstalt von ursprünglich 1 Milliarde DM und dann 3 Milliarden DM statt auf 5 Milliarden DM nach den Vorschlägen des Ausschusses nunmehr auf 8 Milliarden DM und eine verschärfte Kreditüberwachung vorsieht, welche verhüten soll, daß kurzfristige Kredite im Übermaß oder mißbräuchlich zu Investitionen, nicht nur zu ihrer Vorfinanzierung gewährt werden, so ist dem zuzustimmen.
Nicht zu billigen war der in dem Gesetzentwurf enthaltene, inzwischen von der Bundesregierung selbst auf Einspruch des Bundesrates aufgegebene Versuch, die aus der gleich großen Kapitalbeteiligung notwendig folgende Parität von Bund und Ländern in der Besetzung des Verwaltungsrates der Kreditanstalt zu beseitigen. Mit einigem Schmunzeln haben wir den ursprünglichen Versuch der Bundesregierung registriert, auch im vorliegenden Falle ein wenig von dem Föderalismus und einer vernünftigen örtlichen Streuung unmittelbarer und mittelbarer Bundeseinrichtungen abzubauen. Diesem Versuch der Bundesregierung ist der Ausschuß entgegengetreten, indem er dem Hohen Hause vorschlägt, die einschlägige Bestimmung zu streichen.
Dagegen erscheint die Ermächtigung des Bundesfinanzministers zur Verbürgung der Zinsen der von der Kreditanstalt aufzunehmenden Anleihen an Stelle des früheren bizonalen Verwaltungsrates, des bizonalen Kabinetts nicht folgerichtig, ,da aus Art. 129 Abs. 4 des Grundgesetzes wie auch aus den §§ 11 und 12 des Gesetzentwurfs deutlich hervorgeht, daß die Bundesregierung an die Stelle dieses Verwaltungsrates oder bizonalen Kabinetts getreten ist. In § 4 des Entwurfs ist vorgesehen, daß der Bundesfinanzminister ermächtigt sein soll, die Verzinsung der auszugebenden Anleihen zu verbürgen. Wir sehen hierin nicht nur einen formalrechtlichen Verstoß gegen bestehende Vorschriften, sondern vor allem auch eine Überschreitung des Art. 115 des Grundgesetzes, der ausdrücklich vorschreibt, daß Haftungen des Bundes auf Grund eines Bundesgesetzes übernommen werden können, daß aber der Umfang dieser Haftung im Ermächtigungsgesetz bestimmt sein muß. Ich lasse es dahingestellt, ob diesem Erfordernis des Art. 115 genügt ist, ob also tatsächlich der Umfang der Haftung, die hier den Bund trifft, ziffernmäßig, zahlenmäßig begrenzt ist. Wir halten es nicht für angängig, daß eine finanzielle Belastung und eine mögliche Inanspruchnahme des Bundes durch einen Ressortminister allein hervorgerufen und begründet wird. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß hierzu nur die Bundesregierung zuständig ist, die ja auch sonst an die Stelle des Verwaltungsrats, des bizonalen Kabinetts, getreten ist. Wir möchten also bitten, in § 4 des Gesetzentwurfes die Worte „Der Bundesminister der Finanzen" zu ersetzen durch die Worte „Die Bundesregierung".
Ein weiterer Änderungsantrag bezieht sich auf den § 11 des Entwurfs. Dort ist vorgesehen, daß die Ermächtigung für die Ausgabe der Schuldverschreibungen durch die Bundesregierung erteilt werden soll. In dem Gesetz von 1948 bzw. 1949 ist ausdrücklich gesagt:
Die für die Ausgabe von Inhaber-Schuldverschreibungen der Anstalt erforderlichen Genehmigungen erteilt der Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes mit Zustimmung des Länderrates.
Wir wollten mit unserem Antrag nichts anderes, als daß das föderalistische Organ des Länderrates nunmehr durch das föderalistische Organ des Grundgesetzes, den Bundesrat, ersetzt wird, daß also eine formalrechtliche Angleichung erfolgt.
Die Bundesregierung glaubt sich einer solchen Einschaltung des Bundesrats entgegenstellen zu müssen. Sie verweist unter anderem auf Bestimmungen des Gesetzes über den Kapitalverkehr. Ich muß aber sagen, daß die Argumentation der Bundesregierung höchst verschlungen und in keiner Weise durchschlagend ist. Gerade ein genaues Studium der Institution und der organschaftlichen Stellung des von der Bundesregierung angezoge-
nen Ausschusses für Kapitalverkehr, der weder mit dem Länderrat noch mit dem Bundesrat gleichzusetzen ist — ich glaube, es sind die §§ 6 und 4 Abs. 2 des Gesetzes vom 2. September 1949 —, zeigt ganz deutlich, daß hier die Bestimmungen des Kapitalverkehrsgesetzes gar nicht in Frage kommen. Denn nach einer Bestimmung dieses Gesetzes unterliegen die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau auszugebenden Schuldverschreibungen den Genehmigungsbestimmungen des Kapitalverkehrsgesetzes nicht.
Wir sind also der Auffassung, daß es durchaus auch dem föderalistischen kapitalmäßigen Aufbau der Kreditanstalt für Wiederaufbau entspricht — es sind nämlich Bund und Länder, global gesehen, zu gleichen Anteilen beteiligt —, wenn die Genehmigungen für die Ausgabe von Schuldverschreibungen von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erteilt werden.
Die Berufung der Bundesregierung auf die Artikel 86 und 87 des Grundgesetzes geht meines Erachtens fehl. Denn hier handelt es sich nicht um eine verwaltungsmäßige Aufgabe und eine verwaltungsmäßige Äußerung des Bundes, sondern es handelt sich hier um eine kreditpolitische Lizenzierung. Wir wären sehr dankbar und würden es für eine Verbesserung des Gesetzes halten, wenn °Sie den beiden von uns gemachten Vorschlägen Ihre Zustimmung erteilen wollten.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Hartmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Anträgen des Herrn Abgeordneten Dr. Etzel nicht zuzustimmen. Die Angelegenheit ist sehr ausführlich in der Begründung und in der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesrates erörtert worden. Ich darf hier auf die Seiten 8 und 14 der Drucksache Nr. 2233 verweisen. Es ist richtig, daß früher der Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zuzustimmen hatte. Diese Zustimmung,. die Verzinsung zu verbürgen, hätte aber an sich nicht auf den Verwaltungsrat ausgestellt zu werden brauchen. Es gilt hier § 45 der Reichshaushaltsordnung, nach dem damals der Reichsfinanzminister, jetzt der Bundesfinanzminister diese Befugnis hat. Ich glaube, es ist nicht erforderlich, Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung, die sich seit über 30 Jahren bewährt haben, hier aus diesem Anlaß und für diesen Einzelfall zu ändern. Den Bestimmungen des Art. 115 des Grundgesetzes wird gerade durch die Aufnahme in dieses Gesetz Genüge getan.
Was die Zustimmung des Bundesrates betrifft, so ist gar nicht zu ersehen, weshalb hier der Bundesrat zustimmen soll. Es handelt sich um einen 'der Bundesregierung obliegenden Akt der Exekutive, und es handelt sich nur um Fragen des Bundeshaushalts. Fragen, die die Länder angehen, werden hierdurch überhaupt nicht berührt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über die beiden Abänderungsanträge abstimmen. Der eine ist zu Ziffer 4 der Vorlage, der andere zu Ziffer 8 gestellt. Zunächst stimmen wir also über den ersten Abänderungsantrag unter I des schriftlich übergebenen Antrages ab. Wer dafür ist, den bitte ich, die
Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den zweiten Antrag, der den § 11 Abs. 3 ergänzt wissen will. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; gegen die Antragsteller abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über die Ausschußvorlage abstimmen. Ziffer 4 ist aufgerufen. — Ziffer 5, — Ziffer 6, — 7, — 8, — 9, — 10, — 11; — Art. II; — Art. III; — Art. 1V.
— Herr Abgeordneter Preusker, bitte!
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat zu Art. IV einen formalen Abänderungsantrag gestellt, der sich aus der Logik der vorgenommenen Änderungen gewissermaßen zwangsläufig ergibt. Der Ausschuß hat zu § 12 Abs. 1 einstimmig beschlossen, daß die Ausübung der Aufsicht dem Bundesminister für Wirtschaft übertragen werden kann. Dementsprechend schien es uns angebracht, daß der Bundesminister für Wirtschaft innerhalb der Bundesregierung ermächtigt wird, den Wortlaut des Gesetzes in der neuen Fassung bekanntzugeben. Das Hohe Haus wird wohl mit mir der Meinung sein, daß das sozusagen die erste Amtshandlung des von dem Ausschuß für zuständig erachteten Bundesministers sein dürfte.
Keine Wortmeldungen dazu. Ich lasse abstimmen. Wer für die Abänderung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.. — Gegenprobe! — Angenommen.
Art. IV a, — Art. V, — Einleitung und Überschrift! Wer für die Annahme der aufgerufenen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe in der Einzelaussprache auf Art. I bis V,
— Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Die Bestimmungen sind angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren! Von der Vereinbarung zu Beginn der heutigen Sitzung ausgehend, kommen wir nunmehr zu den Abstimmungen, und zwar zunächst zu den Abstimmungen zu Punkt 4 der Tagesordnung. Ich habe die Ausschüsse benachrichtigen lassen, daß die Abstimmungen jetzt beginnen. - Es erhebt sich kein Widerspruch dagegen.
— Ich habe Boten in die Ausschüsse geschickt und die Damen und Herren gebeten, sich in den Plenarsaal zu begeben, da nunmehr die Abstimmung beginnt.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und des von den Abgeordneten Dr. Dr. Müller , Fassbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nrn. 2328, 2340 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2426 der Drucksachen). (Erste Beratung: 153. Sitzung.)
Hierzu ist abgestimmt worden bis einschließlich § 7.
Ich rufe auf § 8.
— Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Euler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Punkt 4 der Tagesordnung dürfte noch nicht abstimmungsreif sein, weil der Ausschuß bis eben getagt hat, um noch eine Kompromißlösung zustande zu bringen. Die Vorschlage, die der Ausschuß erarbeitet hat, werden gerade geschrieben und müßten dann erst noch dem Plenum unterbreitet werden. Daher bitte ich, von der Abstimmung zu Punkt 4 einstweilen noch Abstand zu nehmen.
Ist das Haus damit einverstanden?
— Ich stelle das fest.
Dann rufe ich auf Punkt 5 der Tagesordnung: Dritte Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes (Nrn. 2090, 2384 der Drucksachen, Umdrucke Nrn. 261, 262, 275)
,
und zwar schreite ich auch hier zur Abstimmung. Wir stimmen nunmehr in dritter Beratung zunächst über die Abänderungsanträge ab.
Ich rufe auf § 1, Abänderungsantrag Umdruck Nr. 275 Ziffern 1 und 2, sodann als nächsten Antrag den Antrag Umdruck Nr. 261 Ziffer 1 und schließlich als dritten Antrag den Antrag des Abgeordneten Ludwig.
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Euler!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Freien Demokraten beantrage ich zu den Ziffern 1 und 2 des Umdrucks Nr. 261, Änderungsantrag der Abgeordneten Sabel, Determann, Walter und Genossen, namentliche Abstimmung.
Wird dieser Antrag von 50 Mitgliedern des Hauses unterstützt? — Das ist offenbar der Fall. Damit habe ich über den Antrag auf namentliche Abstimmung abstimmen zu lassen. Wer für namentliche Abstimmung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres war unzweifelhaft die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nun über den Antrag Umdruck Nr. 275 Ziffern 1 und 2 abstimmen. Wer für Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Bitte, Herr Abgeordneter Sabel! — Herr Abgeordneter Sabel spricht zur Abstimmung.
Es war heute morgen von mir beantragt worden, die Zahl 25 durch die Zahl 20 zu ersetzen.
Wir stimmen nunmehr über diesen Antrag Umdruck Nr. 261 Ziffer 1 ab.
— Mit dieser Änderung!
— Ich bitte um Entschuldigung. Ich habe nicht präsidiert, als dieser Paragraph aufgerufen wurde. Es gibt den Antrag Ludwig, einen Abänderungsantrag zum Abänderungsantrag Sabel. -Ober den hätten wir zuerst abzustimmen. Aber das ist überflüssig geworden, weil Herr Kollege Sabel ja seinen Antrag bereits von 25 auf 20 Jahre modifiziert hat.
— Über den Antrag Sabel wird abgestimmt in der Fassung „ . . . und das 20. Lebensjahr vollendet hat".
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.— Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
— Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Nach übereinstimmender Auffassung des geschäftsführenden Präsidiums war das erstere die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.Nunmehr lasse ich abstimmen über § 1 in der jetzigen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. —Das erste war die Mehrheit, der Paragraph ist angenommen.§ 2, — § 3, — § 4, — § 5, — § 6, — § 7, — § 8, §9,—§ 10,—§ 11,—§ 12,—§13,—§ 14,§ 15, — § 16, — § 17, — § 18, — § 19, — § 20. Wer für die Annahme der aufgerufenen Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Angenommen.§ 21. Hier ist über die Abänderungsanträge auf Umdruck Nr. 275 Ziffer 3 und Umdruck Nr. 261 Ziffer 2 abzustimmen, zunächst über den weitergehenden Antrag auf Umdruck Nr. 275 Ziffer 3. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Nunmehr stimmen wir über den Antrag auf Umdruck Nr. 261 Ziffer 2 ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.Ich lasse nunmehr über den § 21 in der neuen Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 159. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juli 1951
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! -Das erste war die Mehrheit; der Paragraph ist angenommen.§ 22, — § 23, — § 24, — § 25, — § 26, -- Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme der. aufgerufenen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist eine Mehrheit für die Annahme festzustellen.Wir kommen zur Schlußabstimmung. — Z Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei sieht sich wegen der Annahme des Abänderungsantrages Sabel zu ihrem Bedauern genötigt, das gesamte Gesetz abzulehnen.
Zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Euler das Wort.
Namens der Fraktion der Freien Demokraten habe ich zu erklären, daß die Fraktion in ihrer Mehrheit das Gesetz aus dem eben angeführten Grunde ebenfalls ablehnen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Mensing.
Namens der handwerklichen Abgeordneten schließe ich mich der Auffassung der Vorredner an.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Seelos.
Angesichts der erheblichen Verschlechterung des Gesetzes erklärt auch die Bayernpartei, daß sie es ablehnen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Struve.
Im Namen der bäuerlichen Freunde meiner Fraktion
erkläre ich, daß wir das Gesetz in dieser Form ablehnen.
Wollen Sie das Wort zur Abstimmung haben, Herr Abgeordneter Sabel?
Ich habe Sie nicht verstanden; haben Sie sich zum Wort gemeldet?
— Ich bitte um Ruhe! Ich lasse die Schlußabstimmung erst dann vornehmen, wenn sich die Wogen der seelischen Erregung geglättet haben, die in
diesem Hause herrscht. Es scheint mir zur Zeit noch nicht der Fall zu sein. -
Wir kommen jetzt zur Schluß abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe.
— Das erste war nach übereinstimmender Auffassung des Präsidiums die Mehrheit. Das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe nunmehr auf Punkt 6 der Tagesordnung: Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung .
Auch hier sind die Abstimmungen durchzuführen. Wir haben zunächst über den Geschäftsordnungsantrag des Abgeordneten Dr. Preller auf Zurückverweisung abzustimmen. Ich verlese den Antrag noch einmal, da er noch nicht als Umdruck verteilt ist, glaube ich. Er lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Der Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wird an den Ausschuß für Arbeit zurückverwiesen;
2. der Zweite Abschnitt II dieses Gesetzes wird an den Beamtenrechtsausschuß überwiesen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung in der dritten Beratung. § 1. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Zu § 2 liegen Abänderungsanträge vor, und zwar zunächst auf Umdruck Nr. 277 der Antrag der Fraktion der CDU/CSU und dann auf Umdruck Nr. 278 der Antrag der Abgeordneten Rahn und Genossen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zum Umdruck Nr. 277, der sich in seinem Text wörtlich mit einem Antrage deckt, der zur zweiten Lesung vorlag, jedoch nicht hinsichtlich der Unterzeichner, was 'Sie bitte selbst nachprüfen wollen.Meine Damen und Herren! Es ist der Bundesregierung nicht gelungen, einen Vorschlag über eine gleichmäßige Verteilung der Bundesbehörden vorzulegen. Es ist sinnlos, nunmehr, wie das von einer Stelle geschehen ist, noch auf einen solchen Vorschlag zu drängen; denn er ist durch die Verhältnisse und durch die Einzelabstimmungen überholt. Es kann bei dieser Sachlage nicht vermieden werden, hier einen Wettkampf der einzelnen Städte oder Länder auszutragen. Es kann aber auch nicht ausschließlich auf zwei Gesichtspunkte, nämlich auf Zeit und Geld, ankommen. Sie werden wahrscheinlich sagen: Beides haben wir nicht. Ich möchte dazu sagen: Es reicht vollständig aus, wenn zu Beginn des Frühjahrs ein fertiges Verwaltungsgebäude für die Bundesanstalt da steht. Denn sie wird nicht alsbald mit 250 Angestellten oder Beamten in Erscheinung treten, sondern etwa mit 50. Es besteht kein Streit darüber, daß auch Nürnberg jederzeit 50 Angestellte oder Beamte unterbringen kann. Es kann auch nicht allein auf den Betrag ankommen, der aufzuwenden ist. Denn es besteht kein Zweifel, daß in Deutschland — leider — immer noch ein außerordentlicher Bedarf
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 159. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. Juli 1951
an Behördenraum besteht, so daß keineswegs zu besorgen ist, daß das Regierungsgebäude in Koblenz oder das ehemalige Generalkommando in Kassel unverwertet bleibt.Als in Nürnberg vor einem Jahr die 700-Jahr-feier begangen wurde, hat ein amtierender Bundesminister den Bund vertreten und beim Festakt im Opernhaus in Nürnberg etwas verschämt erklärt, ein Disziplinarhof des Bundes werde einmal in Nürnberg seinen Sitz bekommen. Das war dem amtierenden Bundesminister peinlich, das war erst recht peinlich der feiernden Stadt Nürnberg. Es wurde infolgedessen darüber nur gemurmelt, da sich eine solche Festversammlung noch besserer Sitten zu befleißigen bemüht als dieses Haus.
Ich bin der Auffassung, daß es durchaus im Rahmen einer verständigen Verteilung der Sitze liegt, wenn die Stadt Nürnberg, die mit der mit ihr zusammenhängenden Stadt Fürth 500 000 Einwohner zählt, mit einer Bundesbehörde belegt wird. Ich bin weiter der Auffassung, daß sich die große Industriestadt und die Handelsstadt Nürnberg für keine der noch offenen Bundesbehörden als Sitz besser eignet als für die Bundesanstalt, über die wir heute zu beschließen haben. Da ich nördlich der Donau wohne, wenigstens meistens, bin ich auch der Meinung, daß es nicht ausreicht, wenn Sie das Land Bayern dadurch berücksichtigen, daß Sie alles auf die Stadt München konzentrieren. Das tun schon das Schicksal und verschiedene andere hier nicht wiederzugebende Umstände in hinreichender Weise. Ich bin vielmehr der Auffassung, daß es unsere Pflicht ist, dieser Stadt Nürnberg in einem anderen und in einem etwas 0 gewichtigeren und durchschlagenderen Sinn zu gedenken, als das bei der 700-Jahrfeier in Form einer schüchternen Absicht des Bundes geschehen ist.Ich bitte Sie deswegen, meine Damen und Herren, dem Antrag der Mitglieder verschiedener Fraktionen auf Umdruck Nr. 278 Ihre Zustimmung zu erteilen.
Meine Damen und Herren! Ich habe Sie zuerst um Indemnität zu bitten. Ich habe den Fehler begangen, nicht zur allgemeinen Aussprache aufgerufen zu haben. Ich schlage Ihnen vor, zunächst die Einzelberatung des § 2, also den Städtekrieg zu erledigen. Wir fügen die allgemeine Aussprache über das Gesetz unmittelbar an. Ist das Haus mit dieser Erledigung einverstanden, und erteilt es Indemnität?
Dann erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher zum § 2.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß Ihnen nun etwas Einblick in meine Herkunft geben.
Meine zweite Heimatstadt, in der ich meine Grundkenntnisse erworben habe, ist nämlich Nürnberg.
Ich bin dort in das Melanchthon-Gymnasium gewandert
und habe da an Weisheit so viel in mich aufgenommen, daß es auch noch für den Bundestag gelangt hat. So bin ich heute gezwungen, für meine 1 Heimatstadt Nürnberg ein gutes Wort einzulegen.
Ich bin gezwungen, etwas in die Reihen der SPD hineinzureden,0
ihre Herzen etwas weich zu machen, damit Sie nicht vergessen, was Nürnberg auch für die Kreise der SPD bedeutet. Bei der Bedeutung, die Nürnberg gerade auch für Ihre. Kreise nach dem Niedergang des Dritten Reiches hat, müßte es Ihr Stolz sein,.
die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslösenversicherung in Nürnberg erstehen zu lassen. Ich rechne damit, daß Sie das tun. Nürnberg ist eine der ältesten Städte, war eine ehemalige freie Reichsstadt,
ist eine große Industriestadt und hat eine günstige Verkehrslage,
— Das gehört doch zur Sache! Ich bitte, mich reden zu lassen, Herr Kunze. So viele Rechte, wie Sie haben, nehme ich mir auch noch heraus.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, der Präsident wird Ihre Rechte schon wahren.
Bitte sehr, ich danke Ihnen, Herr Präsident. — Nürnberg liegt auch verkehrspolitisch günstig. Wenn die Autobahn Nürnberg—Frankfurt gebaut ist, ist Nürnberg überhaupt allein dazu prädestiniert, Sitz der Bundesanstalt zu sein.
Also, meine Damen und Herren, folgen Sie meinem Ratschlag! Es ist ein gutgemeinter Ratschlag.
Das Wort hat der Abgeordnete Kemper.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche für eine Stadt, in der ich nicht geboren bin.
Ich werde von sachlichen Gesichtspunkten geleitet, wenn ich für die Stadt Koblenz spreche. Eine Reihe von Städten haben sich um den Sitz beworben. Drei Städte blieben übrig: Koblenz, Kassel und Nürnberg. Nürnberg hat ein Gebäude angeboten, dessen Wiederaufbau — es gibt Leute, die behaupten, es sei eine Ruine — mindestens etwa sechs bis acht Monate dauern wird.
Die Stadt Kassel hat das ehemalige Generalkommando angeboten, und die Stadt Koblenz ein Gebäude, in dem früher das Regierungspräsidium war. Dieses Gebäude ist ohne große Ausgaben sofort beziehbar.
Nun hat die Regierung als Sitz des Amtes Koblenz vorgeschlagen. Der Ausschuß hat sich ebenfalls für Koblenz eingesetzt.
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— Mit Mehrheit, meinetwegen. — Für Koblenz spricht folgendes. Ich möchte Ihnen einige Verbände und Organisationen nennen, die in der Nähe von Koblenz sind: Der Deutsche Städtetag mit dem Sitz in Köln, der Deutsche Städtebund in Düsseldorf, der Deutsche Gemeindetag in Bad Godesberg, der Deutsche Landkreistag in Siegburg, der Deutsche Gewerkschaftsbund in Düsseldorf. Die vereinigten Arbeitgeberverbände, die jetzt in Wiesbaden sind, werden von dort nach Köln ziehen.
— Ich weiß nicht, was Sie mir zurufen, das sind aber doch immerhin bedeutungsvolle Dinge.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist der: Das gesamte Land Rheinland-Pfalz hat keine einzige Bundesbehörde. Wenn ich recht unterrichtet bin, hat sogar die ganze ehemalige französische Zone keine Bundesbehörde. Aber der Raum Frankfurt, oder, besser gesagt, das Land Hessen, in dem ja Kassel liegt, hat eine Fülle von Bundesbehörden.
Ich meine, man sollte hier streuen und sollte nicht ohne weiteres an solchen sachlichen Voraussetzungen, wie sie die Stadt Koblenz mitbringt, vorbeigehen.
Ich muß Ihre Geduld etwas in Anspruch nehmen. Im Land Hessen, im Raume Frankfurt also, sind folgende Bundesbehörden: Bundesrechnungshof, Bundesdisziplinarhof, Sozialamt der Deutschen Bundesbahn, Bank deutscher Länder, Kreditanstalt für Wiederaufbau, Amt für Wertpapierbereinigung, Hauptamt für Soforthilfe, Spruchsenat für Soforthilfesachen.
— Es kommt noch mehr, Herr Kollege: Zentrallastverteiler für Elektrizität, Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide- und Futtermittel, Einfuhr-und Vorratsstelle für Vieh und Fleisch,
Einfuhr- und Vorratsstelle für Fett und Eier, Einfuhrstelle für Zucker, Außenhandelsstelle des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bundesmonopolamt.
— „Na! Na!"? Das wird sich ja zeigen, ob es dort verbleibt.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir vom Lande Rheinland-Pfalz gehören zum Bund, und ich meine, wenn solche sachlichen Voraussetzungen vorliegen wie in diesem Fall bei Koblenz, müßte doch eigentlich nicht nur im Hinblick auf die finanziellen Vorteile -- keine größeren Unkosten —, sondern auch aus dem Gedanken der Gerechtigkeit der gesamte Bundestag für Koblenz sein. Muß denn das Land Hessen alles haben? Wir wissen ja aus einer privaten Verlautbarung des Herrn Euler, daß er sogar mit dem Gedanken spielt, das Land Rheinland-Pfalz nach Hessen einzugemeinden. Wenn ihm das gelänge, dann wäre dieses Amt ja auch in Hessen.
Aber das wird ihm nicht gelingen!
Betrachten wir doch diese Dinge vom rein sachlichen Standpunkt und denken wir an den gesamten Bund. Sorgen Sie dafür, daß man auch im Lande Rheinland-Pfalz, das weiß Gott genug gelitten hat, und in der übrigen ehemaligen französischen Zone spürt, daß man hier Verständnis für die Belange des Landes Rheinland-Pfalz und damit von Koblenz hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Seelos.
Meine Damen und Herren! Ich habe meine sachliche Stellungnahme bereits bei der zweiten Lesung gegeben und brauche sie nicht zu wiederholen. Ich kann mich durchaus den Ausführungen von Herrn Wellhausen anschließen. Auch Herr Horlacher hat — geleitet von dem Nürnberger Trichter — treffliche Worte gefunden.
Ich möchte aber etwas ergänzen, worüber die Ausführungen von Herrn Wellhausen nur eine zarte Andeutung enthielten, nämlich über den Unterschied der Anträge in der zweiten und dritten Lesung. Wenn man nämlich diesen Umdruck genauer ansieht, dann merkt man, es fehlen die Unterschriften einiger Herren von der SPD, wie die des Herrn Sassnick usw., die sich durchaus für Nürnberg ausgesprochen haben, aber offensichtlich jetzt der „Parteidruckmaschine" zum Opfer gefallen sind.
Um deutlich zu machen, was wichtiger ist: die Interessen der Wähler — vor allem Nürnbergs oder die Parteidiktatur, wollen wir einmal namentliche Abstimmung beantragen.
Im übrigen möchte ich sagen, daß nicht etwa nur die zwei Herren von der Bayernpartei diesen Antrag unterstützen, sondern die gesamte Fraktion der Bayernpartei.
Das Wort hat der Abgeordnete Euler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf daran erinnern, daß bereits in der 156. Sitzung zu dem Gebäude, das in Nürnberg dermaleinst zur Verfügung stehen soll, gesagt wurde, daß einstweilen nur die Dependance des „Deutschen Hofes" zur Verfügung steht, daß man aber hofft, in vier bis fünf Monaten das gesamte Hotel so ausgebaut zu haben, daß es dann von der Bundesanstalt bezogen werden kann. Es wurde von dem Kollegen Kuntscher darauf hingewiesen, daß allein aus diesen Erwägungen der Ausschuß zur Ablehnung von Nürnberg gekommen ist.
Das Gesetz
— so sagte Kollege Kuntscher -
sieht bereits fixierte, sehr nahe liegende Termine vor. Es ist also unmöglich, auf Angebote anderer Städte einzugehen, in denen nur Baugelände zur Verfügung steht oder in denen Trümmergrundstücke angeboten werden, die natürlich zum Aufbau bzw. Ausbau Monate in Anspruch nehmen würden.
Diese Ausbauarbeiten sind jedenfalls in Kassel nicht erforderlich. Wenn eben der Kollege Kemper
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sagte, daß auch das ehemalige Regierungsgebäude in Koblenz ohne große Ausgaben hergerichtet werden kann, so kann ich hinsichtlich des Generalkommandos in Kassel sagen, daß es dort überhaupt keiner Kosten bedarf, daß dieses Gebäude überhaupt nicht hergerichtet zu werden braucht. Es ist außerdem nicht ein Landesgebäude, wie das Gebäude in Koblenz, das in Landeseigentum steht und das vom Bund oder von der Bundesanstalt er-mietet werden müßte. In Kassel handelt es sich um ein im Eigentum des Bundes stehendes Gebäude, das frühere Generalkommando, das jetzt seit drei Jahren leer steht.
Das Plenum hat sich in zweiter Lesung mit Mehrheit für Kassel entschieden, und es war gut dabei beraten. Denn diese Entscheidung fiel für eine der am stärksten zerbombten Städte, für eine Stadt, die Mittelpunkt eines ausgeprägten Notstandsgebietes ist, eines Gebietes mit der strukturell höchsten Arbeitslosigkeit.
Wenn deshalb Kassel zum Sitz der Bundesanstalt; ausersehen wird, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedeutet das eine Tat praktischer Hilfe. Ich darf darauf hinweisen, daß die Entscheidung des Bundestags in der zweiten Lesung in der Bevölkerung nicht nur der Stadt Kassel, sondern in der gesamten Bevölkerung Kurhessens so etwas wie eine starke Hoffnung ausgelöst hat, daß man für die schwere Notlage dieses Landes Verständnis hat, daß man sich dort nicht abgeschrieben zu finden braucht, daß jetzt ein erster Schritt zur praktischen Hilfe getan wird. Es wäre eine bittere und unverdiente Enttäuschung, wenn das Haus von seiner guten Entscheidung in der
zweiten Lesung heute abrücken würde.
Das Wort hat der Abgeordnete Nowack.
Dr. Nowack (FDP):. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier nicht nach der Methode eines Grundstück- oder Gütermaklers die Dinge auseinandersetzen: Die Situation für Koblenz ist an sich klar.
Ich möchte nur noch auf ein paar. Einwände eingehen, die hier gemacht worden sind. Ich weiß nicht, ob es zweckmäßig ist, in den Tagen, in denen man über die Frage der Remilitarisierung spricht, ein ehemaliges Generalkommando einem fremden Zweck zuzuführen.
Ich möchte auch einem anderen Einwurf begegnen, der eben gemacht worden ist. Es wurde erklärt, das Gebäude in Koblenz sei Landeseigentum und die Anstalt müsse dann dort zur Miete wohnen. Nun, ich weiß nicht, ob der Bund so großzügig sein will, der Bundesanstalt keine Miete abzunehmen. Wahrscheinlich wird der Finanzminister sich diesen Mietertrag schon in seinem Etat vorgemerkt haben. Aber dieses Landeseigentum läßt sich mit Leichtigkeit auch in Bundeseigentum überführen. Es braucht hier nur ein Austausch von Grundstücken und Besitzungen zwischen Bund und Land in Koblenz selbst gemacht zu werden.
Alle Stellen, die die Frage untersucht haben und sie haben sie sehr eingehend untersucht haben sich eindeutig für Koblenz ausgesprochen,
weil sie festgestellt haben, daß in Koblenz ein Haus schlüsselfertig zur sofortigen Benutzung dasteht. Wenn wir jetzt beschließen, daß Koblenz Sitz dieser Anstalt werden soll, dann kann diese Anstalt heute nachmittag bereits einziehen.
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich will mich bemühen, der Debatte noch ein paar sachliche Worte hinzuzufügen.
Es ist natürlich das gute Recht eines jeden Abgeordneten, für seine Heimatstadt zu sprechen das nehme ich nebenbei auch für mich in Anspruch —, aber wir müssen doch die Entscheidung nicht danach, sondern nach wirklich sachlichen Argumenten treffen. Wir sind uns im Bundestag einig, daß wir einer Reihe von deutschen Städten Bundesbehörden zuweisen wollen. Der richtigste und vernünftigste Weg ist der gewesen, daß die Bundesregierung einen Gesamtplan aufgestellt hat, in dem alle Momente berücksichtigt wurden, die zu berücksichtigen notwendig war. In diesem Gesamtplan steht die Bundesanstalt für Arbeit für Koblenz eingereiht. Für Kassel ist eine andere große Behörde oder große Organisation vorgesehen. Dabei hat sich nach meiner Kenntnis die Bundesregierung allein von sachlichen Argumenten leiten lassen. Das Gebäude, das, wie mein Kollege Nowack soeben gesagt hat, in Koblenz sofort beziehbar ist, ist nach seiner Größenordnung genau auf den Umfang der Bundesanstalt für Arbeit abgepaßt, die nach meiner Kenntnis etwa 250 Personen beschäftigen wird. Das Gebäude in Kassel, das auch zur Verfügung steht, ist dafür viel zu groß, es würde damit noch nicht zur Hälfte ausgenutzt werden. Dagegen hat die Behörde, die für Kassel vorgesehen ist, einen viel größeren Umfang und wird also dieses Gebäude voll ausfüllen. In Nürnberg — das ist uns selbst gesagt worden steht noch gar kein Gebäude zur Verfügung. Wir müßten also erst warten.
Meine Damen und Herren, das sind doch so nüchterne, klare Tatsachen, daß an ihnen kein Mensch vorbeigehen kann, dem es damit 'Ernst ist und der sich bei dieser Frage nur von sachlichen Erwägungen leiten läßt. Ich bitte Sie deswegen, dem Regierungsvorschlag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Preller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir sehr leid, daß ich den Reigen der Redner noch weiter verlängern muß; aber einige Behauptungen, die hier aufgestellt worden sind, verdienen eine Widerlegung. Der Abgeordnete Kemper hat mit Recht davon gesprochen, daß wir hier rein sachliche Entscheidungen treffen sollten. Leider ist er selber von dieser Sachlichkeit abgewichen, als er die verschiedenen Behörden anführte, die in Hessen — sprich: im südhessischen, nämlich Frankfurter Raum — festgelegt sind. Kassel — darf ich das Ihren geographischen Kenntnissen hinzufügen — liegt immerhin 200 km nördlich von Frankfurt.
Wieviel mehr könnten Sie darauf hinweisen, daß im Raum Bonn weiß Gott eine ganze Reihe von Ministerien und Behörden sitzt, und das Argument,
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das Sie gegen Hessen und Frankfurt angemeldet haben, würde natürlich sehr viel stärker gegen Koblenz im Raume Bonn sprechen.
Dann ist diese Diskussion—und ich bedauere das— auf das Gefühlsmoment abgestellt worden. Wenn davon gesprochen worden ist, daß ein Gebäude des ehemaligen Generalkommandos heute nicht mehr für andere Zwecke verwendet werden dürfe, dann müssen wir uns gegen eine solche Argumentationwehren.
Wir können diese Frage nicht mit der Remilitarisierung in Verbindung bringen. Es stimmt auch nicht, daß sich alle Stellen für Koblenz eingesetzt hätten, sondern hier sind von dem betreffenden Unterausschuß durchaus sachliche Entscheidungen getroffen worden. Es standen Kassel und Koblenz zur Wahl. Der Ausschuß hat sich in seiner Mehrheit für Koblenz entschieden. Wenn zum Schluß der Abgeordnete Atzenroth darauf hingewiesen hat, daß das Kasseler Gebäude nicht ausreiche, um auch nur die Hälfte der Bundesanstalt aufzunehmen,
— daß es zu groß sei, so daß die Bundesanstalt nur die Hälfte in Anspruch nehmen würde, so darf ich ferner darauf hinweisen, daß mit 250 Personen die Zahl der dortigen Bediensteten vermutlich nicht ausreichend genannt ist. Wenn Sie im übrigen darauf hinweisen, daß der Plan der Bundesregierung, der für Kassel das oberste Arbeits- und Sozialgericht vorsah, sinngemäß sei, dann, Herr Atzenroth, darf ich Sie mit Ihren eigenen Worten schlagen; denn das oberste Arbeits- und Sozialgericht wird bestimmt nicht auch nur 250 Bedienstete haben. Damit wäre das Gebäude in Kassel erst recht nicht ausgefüllt. Meine Damen und Herren, vom rein sachlichen Standpunkt aus, wenn nicht politische Momente mit hereinspielen dürfen; kann es kein anderes Gebäude geben als das in Kassel, das für die Bundesanstalt geeignet ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Kemper.
Meine Damen und Herren! Ich möchte nur den Vorwurf der Unsachlichkeit zurückweisen, den Herr Kollege Preller mir gemacht hat. Ich habe betont: im Lande Hessen und dabei gesagt: im Raum Frankfurt sind die folgenden Behörden.
Dann habe ich Ihnen erklärt, daß im ganzen Land Rheinland-Pfalz und in der ganzen früheren französischen Zone nicht eine einzige Bundesbehörde ist. Wo da eine Unsachlichkeit ist, Herr Kollege Dr. Preller, das überlasse ich dem Urteil des Hauses.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man sollte diese Frage doch endlich aus der Sphäre der einzelnen Orte herausnehmen und sich damit beschäftigen, w o die Bundesanstalt ihre Aufgaben am besten erfüllen kann.
Wir haben es hier mit einer Anstalt zu tun, die von der Selbstverwaltung der Sozialpartner und der Behörden getragen werden soll. Diese Sozialpartner sitzen zur Zeit auf der Arbeitgeberseite in Wiesbaden — sie werden in kürzester Zeit in Köln sitzen —, und die Gewerkschaften, die den Großteil der Arbeitnehmer repräsentieren, sitzen nun einmal in Düsseldorf, während die Behördenvertreter, soweit sie vom Bund gestellt werden, hier in Bonn sind.
Wenn nun diese Bundesanstalt ihre Aufgaben erfüllen soll, dann muß schnellstens eine enge Zusammenarbeit derjenigen Menschen, die in der Selbstverwaltung zusammengefaßt sind, herbeigeführt werden. Wenn Sie beispielsweise von den Leuten reden, die nicht mit einem Auto fahren, so möchte ich darauf hinweisen, daß diese Leute bei jeder Sitzung dieser Selbstverwaltungskörperschaft für die Fahrt nach Kassel einen Anreisetag, einen Verhandlungstag und einen Abreisetag brauchen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Parlament muß sich darüber klar sein, daß die Mittel für die Selbstverwaltung aus den Beiträgen der versicherungspflichtigen Menschen genommen werden. Da haben Sie eine Verantwortung für Millionen und nicht einzelnen Städten gegenüber.
Das sollten Sie bei der Beurteilung der Dinge an die Spitze stellen.
Dazu kommt nun ein Weiteres. Wir alle wissen, daß das Recht der Arbeitslosenversicherung dadurch, daß die Zuständigkeit auf die Länder übergegangen ist, ungeheuer auseinandergelaufen ist. Jeder Kenner der Verhältnisse weiß das. Insbesondere Sie, Herr Professor Preller, wissen als der langjährige zuständige Minister in Schleswig-Holstein ganz genau, daß wir das ganze AVAVG gründlich überarbeiten müssen, wenn diese Institution wieder von allen Schlacken der nationalsozialistischen Zeit befreit werden soll.
Praktisch liegen die Dinge so, daß diese Verwaltung früher, als sie eine Reichsanstalt war, 250 bis 300 Leute beschäftigt hat. Erst in der Zeit, als man die Arbeitsverwaltung und die Reichsanstalt und ihre Unterorganisationen zu Bezirkskommandos der Arbeit, also zu einem Kriegszweck umgestaltet hatte, hat man 600 Leute beschäftigt.
Sie dürfen mir glauben: Wir werden alles tun, damit diese Anstalt solchen Zwecken nie, wieder zur Verfügung gestellt wird.
Wenn man es in Kassel mit einem Gebäude zu tun hat, das 400 sehr große Büroräume enthält, dann kann man doch da keine Verwaltung unterbringen, die im allergünstigsten Falle 250 Personen beschäftigt!
Tun Sie mir den einen Gefallen und bedenken Sie: Wollen Sie denn nicht anerkennen, daß es für die Sozialpartner eine Unmöglichkeit ist, wenn man nur deshalb, weil man glaubt, mit 250 Beamten einer Stadt helfen zu können, eine sachlich verkehrte Entscheidung trifft?!
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.
Meine Damen und Herren! Mein Vorredner, der Herr Arbeitsminister, hat durchaus recht, wenn er der Meinung Ausdruck gegeben hat, daß man die Dinge nicht so sehr von regionalen als von allgemeinen Gesichtspunkten, vom Bund her betrachten müsse. Ich,kann nun sagen, vom Bund her gesehen war wohl das Argument, daß, wenn die Gewerkschaften in Düsseldorf und die Arbeitgeberverbände dereinst in Köln sein werden, von da nach Koblenz leichter zu kommen sein würde als etwa nach Nürnberg oder nach Kassel, nicht stichhaltig. Denn wie oft werden denn nun die Vertreter der Verbände gerade an den Sitz dieser Behörde fahren? Ich bin außerdem überzeugt, daß sie Autos haben, so daß es nicht so sehr ins Gewicht fällt, wenn sie nach Nürnberg oder Kassel zu fahren haben.
Mir scheinen vom Bunde aus gesehen unter Beiseitelassung aller regionalen Schmerzen folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend zu sein. Der erste Gesichtspunkt ist der, daß jeder Staat in die Gegend, die er für bedroht hält, also in die Grenzgegenden zur Stützung besondere Behörden und Anstalten hineinsetzt, damit gerade dort der Bundesgedanke besser verankert ist und damit dort die Bevölkerung, die sich in einem Notstand befindet, eine gewisse Auffrischung und Aufpulverung bekommt.
Das ist der eine Gesichtspunkt, der für Kassel spricht.
Der andere Gesichtspunkt, der in Frage kommt, ist der, daß sich in Kassel ein im Bundeseigentum stehendes Gebäude befindet.
Man empfindet es in der dortigen Gegend als ich will die Ausdrücke nicht gebrauchen, die dort verwendet werden; das mildeste ist: — Skandal, daß ein im Bundeseigentum stehendes Gebäude bisher noch nicht richtig benutzt worden ist.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst zur Frage der Reihenfolge, in der die Änderungsanträge zur Abstimmung gestellt werden sollen. Wir haben bislang gelegentlich das Verfahren gewählt, die Reihenfolge der Abstimmung einmal nach dem Alphabet, das andere Mal nach der Reihenfolge des Eingangs der Anträge vorzunehmen. Glücklicherweise stimmt in diesem Falle beides überein: Der zuerst numerierte Antrag betrifft Koblenz, der zweite Nürnberg, also K und N. Koblenz wird nach Umdruck Nr. 277, Nürnberg nach Umdruck Nr. 278 empfohlen. Numerierung und Alphabet stimmen also überein.
— Kassel ist doch bereits in 2. Lesung beschlossen worden.
— Ich weiß es; ich habe es nicht vergessen, Herr Kollege!Ich werde also zunächst über den Antrag Umdruck Nr. 277 und dann über den auf Umdruck Nr. 278 abstimmen lassen. Zunächst aber werden wir über den Modus der Abstimmung abstimmen. Es ist der Antrag gestellt, namentliche Abstimmung vorzunehmen. Wird dieser Antrag von 50Mitgliedern des Hauses unterstützt? — Das sind ganz offensichtlich nicht 50 Mitglieder des Hauses; der Antrag wird nicht zur Abstimmung gestellt.
— Die Feststellung ist getroffen, meine Herren. Man kann nach erfolgter Abstimmung nicht nachschieben!
Ich lasse nunmehr über den Antrag Umdruck Nr. 277 abstimmen, der als Sitz der Bundesanstalt die Stadt Koblenz an Stelle der in zweiter Lesung beschlossenen Stadt Kassel setzen will. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Präsidium sieht keine Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen. Wir müssen den Hammelsprung vornehmen. Ich bitte, den Saal rasch zu räumen; wir haben noch mehr Abstimmungen vorzunehmen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. -Die Auszählung beginnt. Ich bitte, die Türen zu öffnen. — Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen.
Ich bitte, die Sirene zu betätigen.
Meine Damen und Herren! Ich lasse in 30 Sekunden die Türen schließen. — Die Türen werden in 10 Sekunden geschlossen. — Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Ich bitte, auch die Tür auf der rechten Seite zu schließen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 278, der verlangt, daß die Stadt Nürnberg zum Sitz der Bundesanstalt bestimmt wird. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres war überwiegende Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.Ich lasse nunmehr abstimmen über § 2 in der bisherigen Fasung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! -
Ich bitte, die Abstimmung durch Erheben von den Sitzen zu wiederholen; dann ist das Ergebnis besser zu übersehen. Wer für die Annahme des § 2 ist, den bitte ich, sich von seinem Platz erheben zu wollen. — Gegenprobe! — Es ist keine sichere Entscheidung zu treffen. Ich bitte, wieder den Hammelsprung vorzunehmen. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, den Saal zu räumen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Die Auszählung beginnt. Ich bitte, die Türen zu öffnen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
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Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung: mit Ja haben gestimmt 155, mit Nein 171. Enthalten haben sich 14 Mitglieder des Hauses.
Damit ist § 2 des Gesetzes abgelehnt.
Dieser Paragraph besteht aus zwei Sätzen; der erste lautet: „Die Bundesanstalt ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.". Soll das auch abgelehnt werden?
Offenbar nicht. Der zweite Satz lautet:
„Sie hat ihren Sitz in Kassel." Für diesen zweiten Satz — aber nicht für den ersten — gäbe es eine Möglichkeit.
Es gibt die Möglichkeit, die Bestimmung des § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung, der von der Wahl von Personen handelt, bei der Wahl von Städten analog anzuwenden. Danach wäre, wenn sich keine Mehrheit ergibt, zwischen den beiden Kandidaten — in diesem Falle wären auch Städte als Kandidaten anzusehen — zu entscheiden, die die höchste Stimmenzahl davongetragen haben. Das wären Kassel und Koblenz. Nun halte ich mich als Präsident nicht für befugt, diese schwierige Auslegungsfrage selbst zu entscheiden, also den § 118 der Geschäftsordnung — „Zweifel über die Auslegung der Geschäftsordnung entscheidet der Präsident" — hier anzuwenden. Ich glaube, es handelt sich um eine grundsätzliche Auslegung der Geschäftsordnung. Dabei ist nach § 119 der Geschäftsordnung wie folgt zu verfahren: Zunächst hat der Geschäftsordnungsausschuß die Sache zu prüfen und einen Antrag an das Haus zu stellen. Dann entscheidet das Plenum darüber, wie ausgelegt werden soll, in diesem Falle also, wie § 16 ausgelegt werden soll. Ich sehe mich zu meinem Bedauern zu einem andern Vorschlage an das Haus nicht imstande.
— Ich habe weiter keinen Vorschlag zu machen. Es ist Sache des Geschäftsordnungsausschusses, sich zu versammeln, wenn er glaubt, daß es notwendig ist. Ich selber habe als Präsident in der Abstimmung fortzufahren.Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Scharnberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat sich als notwendig erwiesen, daß die Fraktionen der Regierungskoalition noch einmal Fraktionsberatungen über das Verfahren machen, das bei dem Investitionshilfegesetz einzuschlagen ist. Infolgedessen beantrage ich, die Sitzung um drei Stunden zu unterbrechen.
Ich bitte, den Herrn Abgeordneten ausreden zu lassen.
Es würde dann gleichzeitig für den Geschäftsordnungsausschuß Gelegenheit gegeben sein, sich mit der eben vom Herrn Präsidenten angeschnittenen Frage zu beschäftigen. Ich bitte also das Haus, sich. auf drei Stunden, bis um 16 Uhr, zu vertagen, und bitte gleichzeitig, anzusagen, daß die Fraktionen der CDU, FPD und der DP um .14 Uhr 15 Minuten zu Fraktionssitzungen zusammentreten.
Ich glaube, daß, wenn drei Fraktionen eine Vertagung erbitten, sich das Haus ohne weitere Abstimmung damit einverstanden erklären wird.
— Die SPD-Fraktion tritt um 14 Uhr zusammen, die anderen Fraktionen zu den vom Herrn Antragsteller genannten Zeiten.
-- Um 14 Uhr auch die anderen Fraktionen! Dann wird die Sitzung auf 16 Uhr vertagt.
Die Sitzung wird um 16 Uhr 26 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers wieder aufgenommen.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die unterbrochene 159. Sitzung des Deutschen Bundestages wieder.
Bevor wir in die Weiterberatung des Punktes 6 der Tagesordnung eintreten; wünscht der Herr Bundeskanzler das Wort zu einer
Erklärung der Bundesregierung
-- Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir, Ihnen Kenntnis zu geben von den Mitteilungen, die wir bisher betreffend Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland bekommen haben. Es sind darüber in der Presse Nachrichten, die den Dingen zum Teil vorauseilen. Es erscheint mir notwendig, öffentlich, und zwar vor diesem Hohen Hause, davon Mitteilung zu machen.Die brasilianische Mission gab am 5. Dezember 1950 bekannt, daß der Präsident der Republik Brasilien bereits durch Dekret vom 16. November 1945 den Kriegszustand aufgehoben habe. Die indische Regierung veröffentlichte am 1. Januar 1951 eine Bekanntmachung über die Beendigung des Kriegszustandes. Diese Bekanntmachung wurde der Bundesregierung durch die Alliierte Hohe Kommission am 16.. Januar 1951 übermittelt. Die ägyptische Regierung teilte am 13. Mai 1951 dem Leiter der deutschen Wirtschaftsdelegation in Kairo mit, daß sie beschlossen habe, den Kriegszustand zu beenden. Eine dahingehende Proklamation wurde in der ägyptischen Presse veröffentlicht. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Mexiko hat am 6. Juli 1951 den Kriegszustand mit Deutschland für beendet erklärt. Diese Erklärung wurde dem Auswärtigen Amt durch den mexikanischen Generalkonsul in Frankfurt am Main am 9. Juli notifiziert.Der britische Hohe Kommissar übermittelte dem Bundeskanzler ebenfalls am 9. Juli 1951 den Wortlaut des Beschlusses der Regierung seiner Majestät im Vereinigten Königreich, daß der formelle Kriegszustand mit Deutschland mit Wirkung vom 9. Juli 1951 16 Uhr beendet sei.Am gleichen Tage ging mir ein Schreiben ddr australischen Mission in Bonn zu, wonach der formelle Kriegszustand zwischen Australien und Deutschland ebenfalls am 9. Juli 1951 beendigt worden sei.Auch die südafrikanische Regierung hat den Kriegszustand am 9. Juli beendet und hiervon der Bundesregierung offiziell Kenntnis gegeben.
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Deutscher Bundestag — 159. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. Juli 1951
Der Hohe Kommissar der Vereinigten Staaten von Amerika hat mir schriftlich bestätigt, daß Präsident Truman am 9. Juli 1951 den Amerikanischen Kongreß aufgefordert hat, den Kriegszustand mit Deutschland zu beenden, und daß er zu diesem Zweck einen Gesetzentwurf vorgelegt hat.Der Hohe Kommissar der Französischen Republik hat mir ebenfalls am 9. Juli mitgeteilt, daß eine Verordnung vom französischen Ministerrat genehmigt worden sei, um die Folgen des Kriegszustands mit Deutschland im innerstaatlichen Recht Frankreichs zu beenden. Er werde mir den Wortlaut zukommen lassen, sobald dieser mit den erforderlichen Unterschriften versehen sei. Es würde das in Kürze der Fall sein. Die italienische Regierung hat am 9. Juli ein Dekret über die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland veröffentlicht. Die niederländische Regierung hat ihrem Parlament vor einigen Monaten einen Gesetzentwurf über die Beendigung des Kriegszustands mit Deutschland unterbreitet. Nach Zeitungsmeldungen hat Pakistan bereits vor einiger Zeit den Kriegszustand mit Deutschland beendet.
Wir haben ferner die vorläufige Mitteilung bekommen, daß Neuseeland und Ceylon gemeinsam mit Großbritannien den Kriegszustand mit Deutschland für beendet erklärt hätten. Kanada habe das gleiche bekanntgegeben und gesagt, daß die offizielle Mitteilung noch in dieser Woche erfolgen werde. Ferner — nach vorläufigen Nachrichten haben wir die Mitteilung bekommen, daß Norwegen, Belgien und Luxemburg den gleichen Schritt vorbereiten.Meine Damen und Herren! Wenn die Erklärung der Beendigung des Kriegszustandes auch einen wichtigen Schritt in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands bedeutet und wenn diese Erklärung auch einen Schritt auf dem Wege zur Gleichberechtigung Deutschlands mit den andern Ländern in sich schließt und die Voraussetzungen für die Entwicklung neuer friedlicher und freundschaftlicher Beziehungen zwischen uns und diesen Ländern schafft, so müssen wir uns doch darüber klar sein, , daß mit diesen Erklärungen noch kein Friedensvertrag oder ein dem gleicher Vertrag geschlossen worden ist. Trotzdem dürfen aber wir Deutsche, glaube ich, begrüßen, daß der Kriegszustand mit allen diesen Ländern sein Ende gefunden hat, weil wir dadurch in eine neue Periode unserer politischen und wirtschaftlichen Entwicklung eintreten.
Meine Damen und Herren, bevor ich zur weiteren Behandlung des Punktes 6 der Tagesordnung zurückkehre, habe ich den Antrag der Herren Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und des Ausschusses für Sozialpolitik bekanntzugeben, die bitten, den unter Punkt 2 der heutigen Tagesordnung beratenen Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer auch dem Ausschuß für Arbeit sowie dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. Der Ausschuß für Arbeit solle sich mit den Nrn. 6 bis 9 und der Ausschuß für Sozialpolitik mit der Nr. 10 befassen. Darf ich unterstellen, daß das Haus mit diesem Antrag einverstanden ist? ---
— Ja, dieser Ausschuß bleibt federführend,
— Bitte, Herr Abgeordneter Pohle!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, wir sollten doch in der Überweisung von Anträgen an mehrere Ausschüsse etwas vorsichtiger und zurückhaltender sein.
Ich stelle für den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen fest, daß es unter den Mitgliedern dieses Ausschusses eine ganze Reihe gibt, die etwas von Sozialpolitik und die etwas von Arbeitsrecht verstehen. Wir glaubten, schneller zum Ziel zu kommen, wenn diese Dinge in einem Ausschuß behandelt würden.
Meine Damen und Herren, nachdem Widerspruch erhoben ist, bitte ich, darüber abstimmen lassen zu. dürfen. Die Überweisung wird ja dann wohl nur -an beide genannten Ausschüsse in Frage kommen. Wer dafür ist, daß dieser Gesetzentwurf an die beiden Ausschüsse für Arbeit und Sozialpolitik weiterhin überwiesen wird, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Vorstand ist sich darüber einig, daß das letztere die Mehrheit ist.
Damit ist der Antrag auf zusätzliche Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und Sozialpolitik abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir fahren nunmehr fort in der Behandlung bzw. Abstimmung des Punktes 6 der Tagesordnung:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung .
Vorhin war die Sitzung wegen der Fragen, die sich durch das Abstimmungsergebnis zu § 2 des Gesetzentwurfs ergeben hatten, unterbrochen worden. Die Frage ist gemäß § 119 der vorläufigen Geschäftsordnung dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität überwiesen worden. Ich bitte den Herrn Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Geschäftsordnung hat sich mit der ihm zugewiesenen Frage gemäß § 119 der vorläufigen Geschäftsordnung befaßt. Er hatte zu prüfen, ob der § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung sinngemäß auf den vorliegenden Fall angewandt werden könne, d. h. ob eine Wahl in analoger Anwendung der Bestimmungen des § 16 der Geschäftsordnung auch dann stattfinden könne, wenn es sich nicht um eine Personenwahl, sondern bei der Bestimmung des Sitzes einer Bundesanstalt um eine Ortswahl handle.Der Ausschuß hat Ihnen folgende Mitteilung zu machen. In Anwendung des § 119 der Geschäftsordnung vertritt der Ausschuß den Standpunkt, daß der § 16 der Geschäftsordnung bei der Abstimmung über den Sitz einer Bundesbehörde sinngemäß angewandt werden kann, daß aber die Abstimmung durch Namensstimmzettel erfolgen soll, auf die der jeweils gewünschte Ort zu schreiben ist. Werden mehr als zwei Vorschläge gemacht und
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findet kein Vorschlag eine Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen — worunter nicht zu verstehen ist die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl --, dann werden in einem zweiten Wahlgang die beiden höchstbestimmten Orte zur Wahl gestellt und dann der Ort gewählt, auf den durch Abgabe von Namensstimmzetteln die größte Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen sich vereinigt. Werden nur zwei Ortsnamen benannt, dann ist ein zweiter Wahlgang nicht erforderlich. Im Prinzip bejaht also der Ausschuß die Möglichkeit der Anwendung von § 16 der Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag und die Stellungnahme des Geschäftsordnungsausschusses gehört. Der Bundestag muß darüber beschließen. Ich muß diese Frage zur Aussprache stellen.
Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An dem Beschluß des Geschäftsordnungsausschusses beabsichtige ich keine Kritik zu üben. Das Ergebnis, das der Ausschuß gefunden hat, dürfte der Rechtslage entsprechen. Hier handelt es sich aber um einen anderen Fall. Bei der Streichung des § 2 ist nicht bedacht worden, daß damit der erste Satz des § 2, der aufrechterhalten werden sollte, mit vernichtet worden ist. Tatsächlich sollte nur der zweite Satz gestrichen werden. Damit ist eine materiell andere Entscheidung gefallen als die, zwischen den beiden hier genannten Städten eine Stichwahl stattfinden zu lassen.
Mit der Streichung des zweiten Satzes fällt die Entscheidung, den Sitz der betreffenden Anstalt zu bestimmen, zurück an die Regierung, die normalerweise kraft ihrer Organisationsgewalt diese Entscheidung zu treffen hat. Es ist also mit der Abstimmung, die in diesem Hause erfolgt ist, eine materielle Entscheidung gefallen, und man kann sie daher nicht durch eine andere Entscheidung ersetzen, indem man in eine Stichwahl über zwei Orte eintritt.
Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz, ich darf folgendes dazu sagen. Der Herr Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses hat sich in vorbildlicher Weise bemüht, das, was im Geschäftsordnungsausschuß zu der diesem Ausschuß vorgelegten Fragestellung erörtert wurde, hier darzustellen. Es ist nicht vom Geschäftsordnungsausschuß erklärt worden, daß nun in Wiederholung der Abstimmung zu § 2 ein anderes Abstimmungsverfahren angewandt werden solle. Ich nehme an, daß das niemand so verstanden hat. Nachdem hier nun ein bestimmtes Verfahren theoretisch festgelegt worden ist, wären wir zu einer Erörterung des von mir aufgerufenen § 3 gekommen, und dabei wären bestimmte Anträge gestellt worden, die Ihre Bedenken wahrscheinlich aufgehoben hätten. Ich darf also freundlichst bitten, einen Augenblick abzuwarten und zunächst die theoretische Frage klären zu lassen, die hier gestellt worden ist. Die Klärung dieser Frage ist von der praktischen Anwendung im Einzelfall zunächst unabhängig.
Ich glaube nicht, daß nach dieser Aufklärung dazu das Wort weiter gewünscht wird, Herr Abgeordneter Ritzel.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier also um eine grundsätzliche Auslegung der Geschäftsordnung nach § 119, und ich darf annehmen, daß Sie mit der Auslegung, die Ihnen der Geschäftsordnungsausschuß soeben vorgeschlagen hat, einverstanden sind. Ich bitte die Damen und Herren, die einverstanden sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist, soweit ich sehe, gegen eine Stimme gebilligt. Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen.
Nachdem über den § 2 abgestimmt ist, bin ich jetzt in der Lage, den § 3 aufzurufen.
Zum § 3 wünscht der Abgeordnete Gengler, einen Abänderungsantrag zu stellen.
— Also Herr Abgeordneter Sabel wünscht den Antrag zu stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle den Antrag, dem § 3 Abs.1. folgende Fassung zu geben:
Die Bundesanstalt ist eine Körperschaft des
• öffentlichen Rechts. Sie gliedert sich in die Hauptstelle, die Landesarbeitsämter und die Arbeitsämter. Der Sitz der Bundesanstalt wird
durch Gesetz bestimmt.
Herr Abgeordneter Euler, bitte.
Ich stelle den Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, dem § 3 Abs. 1 die Fassung zu geben:
Die Bundesanstalt ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat ihren Sitz in Kassel.
Meine Damen und Herren! Der Geschäftsordnungsausschuß war sich darüber einig, daß ein in der Debatte gestellter Antrag zur gleichen Sache in der gleichen Sitzung nicht wiederholt werden kann. Es handelt sich hier um eine Wiederholung. Ich kann diesen Antrag nicht zulassen.
Wird weiterhin das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Euler, bitte.
Nach dieser Aufklärung ziehe ich den Antrag zurück.
Der Antrag ist von Herrn Abgeordneten Euler zurückgezogen worden.Meine Damen und Herren! Der Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Sabel wird von zehn weiteren Abgeordneten unterstützt. Geschäftsordnungsmäßig ist also alles richtig. Ich lese den Antrag noch einmal vor:§ 3 Abs. 1 erhält folgenden Wortlaut:Die Bundesanstalt ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie gliedert sich in die Hauptstelle, die Landesarbeitsämter und die Arbeitsämter. Der Sitz der Bundesanstalt wird durch Gesetz bestimmt.Ich darf den Antrag dann dahin ergänzen, daß die bisherigen Absätze 1 und 2 des § 3 Absätze 2 und 3 werden.
— Ich bitte um Entschuldigung, Abs. 2 bleibt.
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Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.Ich komme zur Abstimung über § 3 in der abgeänderten Form. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.Ich rufe auf Abschnitt II, §§ 4, — 5, — 6, — 7, -8, — 9, — 10, — 11, — 12, — 13, — 14, — 15, 16,-17,-18,-19. Keine Wortmeldungen? — Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheitangenommen.Zum § 21, den ich aufrufe, liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD vor: Bitte, Frau Abgeordnete Kipp-Kaule!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem § 21 der Regierungsvorlage kann der Direktor des Arbeitsamtes Einspruch erheben, wenn der Verwaltungsausschuß gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Diejenigen Damen und Herren, die an der Ausschußberatung teilgenommen haben, wissen, daß wir gegen den Beschluß des Ausschusses Einspruch erhoben haben. Wir stehen auf dem Standpunkt: Wenn die echte Selbstverwaltung erhalten bleiben soll und bei der Bundesanstalt sollten wir darauf besonderen Wert legen —, dann sollten wir mit
diesem Paragraphen nicht, wie, der Ausschuß beschlossen hat, der oberen Instanz, dem Präsidenten des Landesarbeitsamtes, das Recht einräumen, eine Beanstandung auszusprechen, falls ein Verwaltungsausschuß gegen Gesetz oder Satzung verstoßen hat. An dieser Stelle hat schon bei der zweiten Lesung die Frau Kollegin Döhring auf die großen Gefahren hingewiesen, die dadurch entstehen können. Vor allem wird die echte Selbstverwaltung nicht gewahrt. Da nun in der zweiten Beratung, die Ausschußvorlage hergestellt und unser Antrag abgelehnt worden ist, habe ich den Auftrag, namens meiner Fraktion den Antrag zu stellen — Sie finden das in Umdruck Nr. 276 unter Ziffer 1 —, in § 21 Abs. 1 die Worte „Präsident des Landesarbeitsatmes" zu ersetzen durch „Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes". Ich habe weiter zu beantragen, daß in Abs. 2 die Worte „Präsident der Bundesanstalt" durch das Wort „Vorstand" ersetzt werden. Die Absätze 3 und 4 bitten wir zu streichen. Abs. 3 sieht nach dem Beschluß des Ausschusses vor, daß, wenn ein Beschluß des Vorstandes gegen Gesetz oder Satzung verstößt, der Präsident der Bundesanstalt ihn zu beanstanden hat; ändert der Vorstand den beanstandeten Beschluß nicht ab, so entscheidet der Verwaltungsrat. Das, was in Abs. 4 gesagt worden ist, daß der Präsident ermächtigt werden soll, eine sofortige Vollziehung anzuordnen, wenn er sie im Interesse der ordnungsmäßigen Durchführung der Dienstgeschäfte für geboten hät, erscheint uns bei Durchführung dieses Gesetzes unter Wahrung einer echten Selbstverwaltung unmöglich.
Der Ziffer 5 des Entwurfs, wonach eine Beanstandung Aufschub bewirkt, stimmen wir zu. Ich habe
namens meiner Fraktion daher den Antrag zu stellen, daß Abs. 5 Abs. 3 wird. Ich bitte, unsere Anträge anzunehmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Änderungsantrages gehört. Wird das Wort weiter dazu gewünscht? Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 276 Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 21 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das erste war die Mehrheit; § 21 ist angenommen.
Ich rufe auf §§ 22, — 23, — 24, — 25, — 25 a, 26. Wünscht jemand das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Zu § 27 liegt wieder ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Ich schlage vor, gleichzeitig §§ 28 und 29 aufzurufen.
Wer wünscht das Wort? — Herr. Abgeordneter Preller, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden nicht müde werden, darauf hinzuweisen, daß es sich hier um ein Gesetz handelt, das in erster Linie die Selbstverwaltung wieder herstellen soll. Bei den Paragraphen, die eben aufgerufen worden sind, handelt es sich darum, wie die führenden Repräsentanten der Arbeitsämter, der Landesarbeitsämter und der Hauptstelle ernannt werden sollen. Die Regierungsvorlage und mit einer gewissen Abweichung auch der Beschluß des 20. Ausschusses sehen vor, daß der Präsident der Bundesanstalt — um zunächst bei diesem zu bleiben — auf Vorschlag des Bundesministers für Arbeit nach Zustimmung der Bundesregierung vom Bundespräsidenten ernannt wird. Es heißt weiter, daß der Bundesminister für Arbeit vorher den Verwaltungsrat hört, und der Ausschuß hat nun hinzugefügt: „von dessen Stellungnahme er nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abweichen kann". Ich gebe ohne weiteres zu, daß diese Anfügung einen Fortschritt bedeutet. Trotzdem glauben wir nicht, daß damit dem Grundsatz der Selbstverwaltung genügend Rechnung getragen worden ist.Ich habe heute morgen bereits kurz auf die Stellungnahme des Hauptgeschäftsführers der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, des Herrn Dr. Erdmann, im „Recht der Arbeit" hingewiesen, und ich darf hinzufügen, die Ausführungen, die Herr Dr. Erdmann hier gemacht hat, waren so, daß seitens der Gewerkschaften auf eine weitere schriftliche Stellungnahme in diesem Organ verzichtet wurde, weil die. Stellungnahmen von Arbeitgebern und Gewerkschaften auf diesem Gebiet völlig gleich sind. Ich darf mit freundlicher Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen entscheidenden Satz vorlesen. Dr. Erdmann sagt zu eben diesem § 27 der Vorlage:Die Beschränkung der Selbstverwaltungsorgane lediglich auf ein Anhörüngsrecht überträgt das überragende Schwergewicht der Ver-
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waltung der künftigen Anstalt letztlich dann doch wieder auf einen Behördenaufbau, der mit dem Grundgedanken der verantwortlichen Selbstverwaltung der Beteiligten nicht vereinbar ist.Meine Damen und Herren, ich könnte nicht besser darstellen, worum es sich hier handelt. Es handelt sich tatsächlich darum, daß die Fassung des Ausschusses die Selbstverwaltung nicht genügend wahrt. Die sozialdemokratische Fraktion hat deshalb den Vorschlag gemacht, eine andere Fassung zu wählen, die — das darf ich kurz erläutern — das Schwergewicht auf den V o r - schlag und nicht auf die Anhörung des Verwaltungsrats, also des Selbstverwaltungsorgans, legt und vorsieht, daß dieser Vorschlag über die Bundesregierung an den Bundespräsidenten weitergeleitet wird, wobei so ähnlich wie in der Ausschußvorlage hinzugefügt wird, daß die Bundesregierung von der Stellungnahme des Verwaltungsrats nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abweichen kann. Der entscheidende Unterschied ist also der,, daß wir es auf den Vorschlag und nicht nur auf die Anhörung des Selbstverwaltungsorgans abstellen möchten.
Die gleiche Regelung wollen wir bei den Präsidenten der Landesarbeitsämter, wo — entsprechend — der Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes diesen Vorschlag an den Verwaltungsrat der Bundesanstalt zu geben hat. Dabei können der Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes und die Landesregierung Stellung nehmen. Wir glauben auch, daß eine Stellungnahme dieser beiden Organe den Dingen besser entspricht als eine reine Anhörung z. B. der Landesregierung.Und endlich zu den Direktoren der Arbeitsämter: Sie sollen auf Vorschlag wiederum der Verwaltungsausschüsse der Arbeitsämter und des Landesarbeitsamtes vom Vorstand, also vom Selbstverwaltungsorgan ernannt werden.Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, diesen Antrag — ich möchte fast sagen: über das Parteipolitische hinaus — vom Standpunkt der Selbstverwaltung aus ernstlich zu prüfen. Es geht uns hier um Grundsätze, über die — ich habe das heute bereits einmal gesagt — 1927 der Reichstag in tagelangen Sitzungen beraten hat. Damals hat er der Selbstverwaltung in diesem wichtigen Zweige der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung den Vorzug gegeben. Es geht hier um echte demokratische Grundlagen der Selbstverwaltung. Ich bitte Sie aus diesem Grunde, unserem Antrag Rechnung zu tragen.
Wollen Sie den Antrag auf Streichung des § 29 auch gleich begründen, Herr Abgeordneter?
Ich darf bitten, dementsprechend § 29 zu streichen, weil er sich durch Abs. 3 unseres § 27 bereits erledigt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung zunächst über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD, den Herr Abgeordneter Preller soeben begründet hat, Ziffer 2 auf Umdruck Nr. 276. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen bitte? — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 27 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte' um die Gegenprobe. — Enthaltungen? -- Das erste war die Mehrheit; § 27 ist angenommen.
§ 28. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Zu § 29 lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Ziffer 3 auf Umdruck Nr. 276 abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Änderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
§ 29 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich rufe § 30 auf. — Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.
Zu § 31 Herr Abgeordneter Bergmann, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 31 dieses Gesetzes wird festgelegt, welche Rechte Vorstand und Verwaltungsrat bezüglich der Gestaltung des Gesamthaushalts der Bundesanstalt erhalten sollen. Die sozialdemokratische Fraktion geht davon aus — wie der Herr Arbeitsminister heute morgen schon zum Ausdruck brachte —, daß wir es hier mit einem Gesetz der Selbstverwaltung der beiden Sozialpartner zu tun haben. In § 31 Abs. 3 wird aber das Recht der Selbstverwaltung eingeschränkt und die endgültige Genehmigung des Gesamthaushalts der Bundesregierung gegeben. Im Interesse einer echten Selbstverwaltung ist es aber Aufgabe des Verwaltungsrats, endgültig zu beschließen.
Wir beantragen daher, dem Abs. 3 des § 31 folgende Fassung zu geben:
Der Gesamthaushalt der Bundesanstalt wird vom Vorstand aufgestellt. Die Feststellung erfolgt durch den Verwaltungsrat. Der Gesamthaushalt ist dem Bundesminister für Arbeit zuzuleiten. Beanstandungen des Bundesministers für Arbeit können vom Verwaltungsrat mit 2/3 Mehrheit abgelehnt werden.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir streben dem Grundsatz zu, eine wirkliche, echte Selbstverwaltung in der Bundesanstalt durchzuführen. Wenn wir uns den Verwaltungsrat einmal näher betrachten, so, glaube ich, kommen wir zu der Auffassung, daß alle Spitzenorganisationen — darin sind ja die besten Kräfte und auch die Bundesregierung vertreten — das Wort haben. Wir stellen deshalb unseren Antrag und bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Ziffer 4 auf Umdruck 'Nr. 276, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
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Ich komme zur Abstimmung über § 31 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; angenommen.Ich rufe auf §§ 32, — 33. — Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen beiden Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.Zu § 34 Herr Abgeordneter Bergmann, bitte!
Auch zu § 34 stellen wir den Antrag, die Fassung zu ändern. Er soll folgendermaßen lauten:
Die Rechnung der Bundesanstalt prüft der Bundesrechnungshof.
Wir sind der Auffassung, daß es sich hierbei um eine Aufgabe des Verwaltungsrates, eine reine Ermessensfrage der Selbstverwaltung, handelt. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, ein Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 34 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Der § 34 ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 35, — 36 — und 37: --- Keine Wortmeldungen! Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Angenommen.
§ 38! Bitte, Herr Abgeordneter Preller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe über den § 38 bereits in der zweiten Lesung gesprochen; ich möchte mich nicht wiederholen. Wir beantragen, nachdem unser damaliger genereller Antrag abgelehnt worden ist, nun wenigstens in Abs. 2 des § 38 Ziffer 2 und Ziffer 4 Änderungen vorzunehmen. Ich habe bereits damals darauf hingewiesen, daß das Datum, das in Ziffer 2 genannt worden ist — der 31. März 1949 —, bedeutet, daß alle Ernennungen, Beförderungen usw. von Beamten, die nach Übergang der Arbeitsämter und Landesarbeitsämter in der britischen Zone auf die dortigen Landesregierungen erfolgt sind, damit einer Nachprüfung — einer Diskriminierung darf ich wohl sagen — unterworfen werden sollen. Wir bitten Sie, dieses Datum vom 31. März 1949 auf das kurz zurückliegende Datum des 31. März 1951 zu verschieben, um diesen Beamten zu ersparen, daß sie in dieser Weise behandelt werden.
Ziffer 4 ist, wie ich bereits damals ausführte, in sich nicht logisch in dem Augenblick, wo wir gerade in § 25 a beschlossen haben, daß die Ernennungen, Beförderungen usw. der Angestellten und Beamten der Bundesanstalt nach freien Gesichtspunkten erfolgen sollen, um die gerade hier erforderliche Vorbildung auch tatsächlich zum Zuge kommen lassen zu können. Die Ziffer 4 widerspricht diesem Verlangen; denn dort wird gesagt, daß die Bundesanstalt von der Übernahme Beamte ausnehmen kann, deren Ernennung und Beförderung den für die unmittelbaren Bundesbeamten geltenden Regelvorschriften nicht entspricht. Wir haben auch in § 42, wo es sich um die Angehörigen handelt, das Wort „Regel" in den entsprechenden Vorschriften gestrichen.
Ich möchte Sie bitten, die Ziffer 4 ganz zu streichen, weil sie der inneren Logik dieses Gesetzes nicht entspricht und gerade das erreichen würde, was wir übereinstimmend im Ausgchuß nicht haben wollten: daß die Regelvorschriften der Beamtenlaufbahn hier zur Grundlage der Prüfung gemacht werden. Sollten Sie aber der Streichung der Ziffer 4 nicht zustimmen — ich weiß nicht, ob ich das noch beantragen darf —, würde ich dann alternativ beantragen, zumindest das Wort „Regel" in Ziffer 4 zu streichen.
Ich darf annehmen, daß dieser Eventualantrag von 10 Abgeordneten unterstützt wird. — Das ist der Fall. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen zunächst ab über den Antrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 276 Ziffer 6. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen! — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Für den Fall dieser Ablehnung hat der Abgeordnete Preller beantragt, in Ziffer 4 des Abs. 2 bei dem Wort „Regelvorschriften" den Teil „Regel" zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Streichung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen! — Meine Damen und Herren, das ist die gleiche Mehrheit mit Ausnahme der Stimme des Herrn Abgeordneten Dresbach, wenn ich recht gesehen habe. Also auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 38 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. = Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen! — Angenommen!
Ich rufe auf die §§ 39, — 40, — 41, — 42, 43, — 44, — 45, — 46, — 47, — 48, — 49, — 50, — 51, — 52, — 53, — 54, — 55, — 55 a, --- 56.
Zu § 56 hat das Wort der Abgeordnete Sabel.
Im Interesse der Vereinfachung lasse ich zunächst über die aufgerufenen Paragraphen bis § 55 a abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen! — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich bitte nun Herrn Abgeordneten Sabel, zu § 56 zu sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 56 Abs. 2 Ziffer 5 ist vorgesehen, daß auch die Direktive Nr. 29 des Kontrollrats vom 17. Mai 1946 betreffend Errichtung von Beratungsausschüssen bei den Arbeitsämtern außer Kraft gesetzt werden soll. Von der alliierten Hohen Kommission ist eine Mitteilung dahingehend erfolgt, daß die Absicht besteht, dieses Kontrollratsrecht selbst aufzuheben. Wir sind allerdings der Meinung, daß an sich das Recht des Parlaments auf Aufhebung umstritten ist. Ich bitte daher, die Ziffer 5 des § 56 zu streichen.
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Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Sabel auf Streichung der Ziffer 5 gehört. Wird das Wort dazu gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die der Streichung der Ziffer 5 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag des Abgeordneten Sabel angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den § 56 unter Berücksichtigung dieser Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Keine Wortmeldungen! — Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich- zur Schlußabstimmung.
— Zu einer Erklärung hat das Wort der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Abstimmungen, die über die nach unserer Auffassung entscheidendsten Paragraphen dieses Gesetzes soeben in dritter Lesung erfolgt sind, können wir auch nicht einmal nur von dem Schein einer Selbstverwaltung sprechen.
Ich muß mich darüber, daß der Herr Bundesarbeitsminister heute mittag anläßlich der Behandlung der Frage des Sitzes der Bundesanstalt den Mut hatte, im Hinblick auf die Fassung, die der Entwurf heute mittag hatte, von einer Selbstverwaltung der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften zu sprechen, mehr als wundern. Es handelt sich hier lediglich und ganz einfach um ein Beratungsorgan, so wie es bereits seither nach der Kontrollratsdirektive Nr. 29 bestanden hat. Die Bundesregierung regiert die Bundesanstalt, die von den Beiträgen der Arbeitnehmer lebt und davon ihre Aufgaben durchführt.
— Nur der Arbeitnehmer! Denn der Teil — das sollten Sie eigentlich wissen —, den die Arbeitgeber abführen, wird den Arbeitnehmern — das wird von keinem Arbeitgeber mehr bestritten von ihrem Lohn vorenthalten, oder wie Sie es sonst bezeichnen wollen.
Was die Arbeitgeber zahlen, geht über allgemeine Geschäftsunkosten; sie zahlen es nicht aus ihrer Tasche, nicht von ihrem Gewinn, nicht von ihrem Einkommen.
Die Bundesregierung ist im Verwaltungsrat vertreten; sie ist auch im Vorstand vertreten. Die Bundesregierung hat sich das Recht vorbehalten, die Satzungen, die der Verwaltungsrat beschließt, also das Grundgesetz dieser Anstalt zu genehmigen. Wenn sie die Genehmigung nicht erteilt, gelten sie nicht. Die Bundesregierung will den Haushalt genehmigen, will den Stellenplan genehmigen und sie benennt die Präsidenten und die Vizepräsidenten. Dieselbe Bundesregierung, die in diesen Organen
vertreten ist und sich diese Rechte vorbehalten hat, übt auch noch die Aufsicht über die Bundesanstalt aus. Also bitte, damit ist die Selbstverwaltung begraben. Geändert hat sich lediglich die Bestimmung über die Vorsitzenden. Bei dem Verwaltungsrat und Vorstand der Bundesanstalt ist der Vorsitzende nicht mehr der Präsident der Bundesanstalt. Bei dem Verwaltungsausschuß der Landesarbeitsämter ist nicht mehr der Präsident des Landesarbeitsamts der Vorsitzende. Bei dem Verwaltungsausschuß -des Arbeitsamts ist nicht mehr der Herr Direktor des Arbeitsamtes der Vorsitzende, sondern Vorsitzender ist abwechselnd für ein Jahr jeweils ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer, und zwar mit den Rechten, die ich gekennzeichnet habe. Einer derartigen, autoritären Verwaltung, wie Sie sie geschaffen haben, können wir nicht zustimmen. Es ist lediglich an Stelle des Reichsarbeitsministers von ehedem der Bundesarbeitsminister getreten.
Wir lehnen deshalb dieses Gesetz ab.
Das Wort wird weiterhin nicht gewünscht.Meine Damen und Herren, ich komme zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.Enthaltungen? — Das Gesetz ist beschlossen.Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 2385 Ziffer 2, die Anträge Nrn. 917, 2210 und 2247. durch die Beschlußfassung zu Ziffer 1 für erledigt zu erklären. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen angenommen.Weiterhin stelle ich die zwei Entschließungen der Ziffer 3 der Drucksache Nr. 2385 zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Entschließungen zuzustimmen wünschen, eine Hand zuerheben. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Die Entschließungen sind angenommen.Meine Damen und Herren, damit ist der Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.Ich bin von dem Herrn Vorsitzenden des Rechtsauschusses um die Bekanntgabe gebeten worden, daß die Sitzung des Rechtsausschusses jetzt fort-gesetzt wird.Meine Damen und Herren, ich rufe nun den Punkt 11 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ;Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 2423 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wacker. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen.
Der Ältestenrat hat Ihnen einen bestimmten Vorschlag für die Aussprache nicht zu machen.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Art. 87 und 108 des Grundgesetzes sollen. die Finanzmonopole und die Steuern, die dem Bund zufließen, durch Bundesfinanzbehörden verwaltet werden. Nach der diesbezüglichen gesetzlichen Regelung vom 12. Mai 1950 soll gemäß § 38 dieses Gesetzes als Sonderverwaltung der Bundesfinanzverwaltung
durch besonderes Gesetz eine Bundesmonopolverwaltung für Branntwein errichtet werden. Der Gesetzentwurf liegt uns heute zur Beratung vor.
Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfes ist die Aufgabe gestellt, die Verwaltung des Branntweinmonopols in bundeseigene Verwaltung zu überführen und damit die Frage der bisherigen treuhänderischen Verwaltung des Branntweinmonopols im Bundesgebiet abschließend zu bereinigen.
Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen stimmte dem Regierungsentwurf im wesentlichen zu und schlug nur einige Abänderungen vor. Neu eingefügt sind die §§ 1 a und 3 a. § 3 a sieht vor, daß dieses Gesetz auch im Land Berlin Anwendung findet,
sobald das Land Berlin gemäß Art. 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung des Gesetzes beschließt. § 1 a betrifft die Regelung des Sitzes der Bundesmonopolverwaltung. Ursprünglich war es so, daß sich die Bundesregierung vorbehalten hatte, den Sitz der Bundesmonopolverwaltung selbst zu bestimmen. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen konnte sich diesem Vorschlag der Regierung nicht anschließen. Übereinstimmend war man der. Auffassung, daß die Wahl des Sitzes der Monopolverwaltung durch den Bundestag selbst getroffen werden müsse. Um den Sitz der Monopolverwaltung haben sich folgende Stadtverwaltungen beworben: Bückeburg, Nürnberg, Koblenz, Münster, Berlin, Frankfurt, Offenbach und Köln. Nach anhaltender Diskussion über die Vorzüge der zur Debatte stehenden Orte wurden zwei Gesichtspunkte zur Begründung des Sitzes der Monopolverwaltung herausgearbeitet: 1. der finanzielle Aufwand, 2. die verkehrsmäßig günstige Lage, 3. der bisherige Sitz der Verwaltung in Bad Homburg.
Unter Berücksichtigung der drei vorgenannten Punkte hat sich der Ausschuß entschlossen, dem Bundestag vorzuschlagen, der Festlegung des Sitzes der Monopolverwaltung im Raum Frankfurt gemäß dem Wortlaut des § 1 a des Gesetzes zuzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt die Annahme der Gesetzesvorlage und bittet das Hohe Haus, die übrigen den Sitz der Monopolverwaltung betreffenden Anträge als erledigt zu erklären.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, wir wären also wieder einmal vor einer ähnlichen Frage.
Zu dem Antrag des Ausschusses liegt ein Antrag der Abgeordneten Dr. Greve und Genossen, Umdruck Nr. 283, auf Streichung des § 1 a vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Greve!
Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, hier den Streit fortzusetzen, wie er
— nein, ich werde es nicht, Herr Kollege Mayer um den Sitz der Bundesanstalt Tür Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung entbrannt ist.
Die Bundesregierung hat einen Plan vorgelegt, nach dem die oberen Bundesbehörden über das gesamte Bundesgebiet verteilt werden sollten. Das Land Niedersachsen ist mit einer einzigen Bundesanstalt oder oberen Bundesbehörde bedacht worden,
und das ‚war die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein. Ich glaube, man kann nicht sagen, daß die Bedeutung des Landes Niedersachsen damit entsprechend gewürdigt worden ist. Es handelt sich hier nicht allein darum, daß die Bundesmonopolverwaltung nach Bückeburg kommt. Es handelt sich bei der Erörterung dieses Problems im Grunde genommen darum, einmal festzustellen, daß die Bundesregierung das Land Niedersachsen bei der Verteilung der Sitze oberer Bundesbehörden in keineswegs genügender Weise berücksichtigt hat.
Ich darf in diesem Zusammenhang an die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und letztlich auch Württemberg-Baden erinnern, die in ganz anderer Weise die Zuneigung der Bundesregierung gefunden haben als das Land Niedersachsen. Ich glaube, ich weiß mich hier — unabhängig von jeder parteipolitischen-Einstellung — eins mit allen Abgeordneten, die im Lande Niedersachsen gewählt worden sind.
Meine Damen und Herren! Die Gründe, die von allen möglichen Seiten gegen die Stadt Bückeburg vorgebracht worden sind, mögen Sie so oder so sehen. Die Regierung des Landes Niedersachsen und die Bundesregierung haben es für richtig gehalten, Bückeburg als Sitz der Bundesmonopolverwaltung vorzusehen. Unter Berücksichtigung dessen, daß auch das Land Niedersachsen als das drittgrößte Land der Bundesrepublik einen Anspruch darauf hat, bei der Verteilung der Sitze der oberen Bundesbehörden angemessen berücksichtigt zu werden, bitte ich, dem von meinen Kollegen und mir gestellten Antrag auf Streichung des § 1 a zuzustimmen und damit der Bundesregierung die Möglichkeit zu geben, entsprechend ihrem Willen und dem Willen der niedersächsischen Landesregierung den Sitz der Bundesmonopolverwaltung nach Bückeburg zu legen.
Meine Damen und Herren, ich hatte übersehen, ausdrücklich den § 1 auch aufzurufen. Ich bitte also, die Erörterung zunächst auf § 1 zu beschränken. Dazu wünscht das Wort Herr Abgeordneter Gülich. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fürchten Sie nicht, daß ich Mölln, die Eulenspiegelstadt,
als Sitz der Bundesmonopolverwaltung vorschlage.
— Nein, die Eulenspiegelstadt. Nein, ich tue es nicht, sondern ich will zum § 1 einige Bemerkungen machen. Die sozialdemokratische Fraktion stimmt diesem § 1 gern zu, weil sie jede Stärkung der Bundesgewalt fördert und begrüßt.
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Aber in Satz 2 heißt es:Auf sie finden die für die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein erlassenen Vorschriften Anwendung.Dazu will ich zwei Anmerkungen machen und eine Entschließung einbringen. § 6 des Branntweinmonopolgesetzes lautet: „Die Reichsmonopolverwaltung legt jährlich dem Reichstag einen Geschäftsbericht vor." Im § 9 heißt es — Die Monopolverwaltung gliedert sich in das Monopolamt und die Verwertungsstelle --)Die Verwertungsstelle hat eine Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Beide sind alljährlich binnen sechs Monaten nach Schluß des Geschäftsjahres dem Reichstag vorzulegen. Die Bilanz und der Geschäftsbetrieb sind vom Rechnungshof des 'Deutschen Reiches zu prüfen. Die Verwertungsstelle hat alle gewünschten Unterlagen zum Zwecke der Prüfung der Bilanz und des Geschäftsberichts vorzulegen. Der Bericht über die Prüfung ist dem Reichstag mitzuteilen. Der Reichstag kann beschließen, daß der Geschäftsbetrieb der Verwertungsstelle durch eine von ihm zu bezeichnende Stelle geprüft wird.Nun ist folgendes festzustellen: Zunächst haben die Länder die Monopolverwaltungen treuhänderisch übernommen, bis am 1.. April 1950 die Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol mit dem Sitz in Frankfurt bzw. Homburg v. d. Höhe begründet worden ist. Die Länder haben mit Ausnahme von Hessen der gesetzlichen Pflicht, einen Bericht vorzulegen, nicht genügt. Nach dem 1. April 1950 hatten die Länder diese Pflicht nicht mehr. Hingegen hatte die Überleitungsstelle die gesetzliche Pflicht, nach Abschluß des Geschäftsjahrs, d. h. des Rumpfgeschäftsjahrs vom 1. April bis 30. September 1950, spätestens am 31. März 1951, diese Berichte vorzulegen. Sie hat das nicht getan, wie überhaupt die mangelnde Publizität sehr zu beklagen ist. Sie hat auch beim Bundestag nicht um eine Nachfrist gebeten. 'Der Bundestag und die gesamte Öffentlichkeit sind bisher nicht in der Lage gewesen, die Eröffnungsbilanz der Überleitungsstelle mit den Beständen und den Werten, die die Überleitungsstelle übernommen hat, kennenzulernen. Das ist eine sehr bedauerliche Tatsache.Ich stelle deshalb namens meiner Fraktion denAntrag:Der Bundestag wolle beschließen:Der Herr Bundesfinanzminister wird beauftragt, die Vorlage des für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. April 1950 bis zum 30. September 1950 bis zum 31. März 1951 fällig gewesenen Geschäftsberichtes nebst Bilanz und Verlustrechnung bis' spätestens 15. September 1951 durch die Bundesmonopolverwaltung zu veranlassen.
Ich darf diesen Antrag als Antrag auf eine Entschließung ansehen.
Das war die erste Anmerkung zu dem Satz 2 des § 1. Die zweite: In dem neuen Gesetzentwurf wird gesagt: „Auf sie finden die für die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein erlassenen Vorschriften Anwendung." Gemeint sind damit offensichtlich die Vorschriften, so wie sie in der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vorliegen. Das geht aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf und auch aus der Rede des Herrn Staatssekretärs der Finanzen vom 6. Oktober vorigen Jahres im Bundestag hervor, in der er über die Mitwirkung des Gewerbeausschusses sprach.
Nun sind aber diejenigen Paragraphen, die im Dritten Reich unter dem Gesichtspunkt des „Führerprinzips" geändert oder gestrichen worden sind, vor der gesamten Neuordnung der Branntweingesetzgebung beschleunigt zu überprüfen. Für diese Überprüfung mache ich auf zwei Dinge aufmerksam:
1. Das Gesetz kennt in § 16 einen Gewerbeausschuß, der auch jetzt wieder aufleben soll. Dieser Gewerbeausschuß ist aber unzulänglich zusammengesetzt und hat nur beratende Funktion. Die Monopolbrennereien z. B., die etwa 25 bis 30 % des Branntweins herstellen, sind in ihm überhaupt nicht vertreten. Hingegen soll der Beirat, der in den §§ 11 bis 15 des Gesetzes vorgesehen war und der durch eine Verordnung aus dem Jahre 1934 gestrichen worden ist, nicht wieder aufleben. Um der materiellen Behandlung des neuen Branntweingesetzes nicht vorzugreifen, stelle ich in diesem Zusammenhang keinen Antrag. Ich rege aber an, so schnell wie möglich ein Gremium zu schaffen, das etwas anders aussehen muß als der alte Beirat, ein Gremium, welches die Monopolverwaltung berät und bei wichtigen Entscheidungen mitwirkt, damit die Monopolverwaltung nicht nur nach fiskalischen Gesichtspunkten arbeitet, sondern auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte gelten läßt.
2. Der § 181 ist im Jahre 1944 durch eine Verordnung gestrichen worden. Dieser Paragraph sah vor, daß den Obstbrennereien, die durch die Gebietsabtretungen im Versailler Vertrag benachteiligt waren und wieder im deutschen Reichsgebiet ansässig waren, bereits für das Betriebsjahr 1921/22 gemäß den §§ 32 und 33 ein Brennrecht zu gewähren ist, jedoch nicht in einem höheren Maße, als sie es in dem abgetretenen Gebiet besessen haben. Jetzt haben wir sehr wichtige Obstbrennereien aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie, die in dem Gebiet der Bundesrepublik wieder ihren Betrieb eröffnet haben. Ich nenne Rückforth, Scharlachberg, Raetsch und Winkelhausen. Diese Unternehmungen, die zum Teil bereits jetzt stark gefährdet sind, haben eine so kleine vorläufige Brennerlaubnis, daß sie sich, um überhaupt arbeiten zu können, 36 bzw. 72 Pf. überbrandabzug pro Liter gefallen lassen müssen. Ich hatte überlegt, ob ich schon jetzt zur Lösung dieser Frage einen Antrag einbringen sollte. Ich sehe aber davon ab, weil ich nicht den Umfang der Sache übersehe und weil hierzu auch Fragen gehören, die im Lastenausgleich zu behandeln sind. Ich möchte folgendes vorschlagen: „Die Obstbrennereien, die in den nach 1945 abgetretenen Gebieten oder den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie belegen gewesen sind, werden in analoger Anwendung des durch Verordnung vom 7. Dezember 1944 gestrichenen § 181 des Branntweinmonopolgesetzes mit einem Brennrecht für das Geschäftsjahr 1950/51 neu veranlagt, mindestens in der Höhe, die in etwa ihrem früheren Absatz im jetzigen Bundesgebiet entspricht." Wenn danach verfahren wird, dann können einige Flüchtlingsunternehmen vor dem Zusammenbruch bewahrt bleiben.
Wird zu § 1 weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über § 1. Ich bitte die Damen
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und Herren, die dem § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Er ist angenommen.Jetzt kehren wir zurück zu § 1 a, zur Begründung eines Abänderungsantrags der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 281. Wünscht jemand dazu das Wort zu nehmen? — Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beschluß des Finanzausschusses, für den Sitz der Bundesmonopolverwaltung eine Stelle im Raum 'Frankfurt vorzusehen, ist schon dem Wortlaut nach ungewöhnlich. Er ist aber meiner Ansicht nach auch formell nicht richtig. Denn die übrigen Bewerber um den Sitz der Bundesmonopolverwaltung waren einzelne Städte, und man kann nicht Unvergleichbares miteinander vergleichen. Man kann nicht auf der einen Seite eine einzelne Stadt und auf der anderen Seite einen Raum zur Wahl stellen. Denn man ist gar nicht in der Lage, zwischen diesem Unvergleichbaren eine Wahl zu treffen. Wenn wir heute zu wählen haben, dann zwischen einzelnen Orten und nicht zwischen Räumen.
— Ja, wir könnten natürlich beispielsweise für den Raum nördlich der Mainlinie oder für den Raum südlich der Mainlinie eintreten. Aber eine solche Abstimmung wäre ebenso unsinnig, wie meiner Ansicht nach eine Abstimmung über den Raum Frankfurt unsinnig wäre. Sie bedeutet nämlich auch inhaltlich nichts anderes als einen Widerspruch gegen den zuvor gefaßten Beschluß des Finanzausschusses, daß der Sitz der Bundesmonopolverwaltung durch den Finanzausschuß bzw. durch Gesetz bestimmt werden soll, das durch den Bundestag verabschiedet werden soll, und nicht durch die Bundesregierung.
Die Formulierung, wie sie jetzt von dem Ausschuß gefunden worden ist, bedeutet aber das Gegenteil. Sie bedeutet nämlich, daß der Sitz nicht durch den Bundesgesetzgeber, sondern durch die Bundesregierung bestimmt wird. Die Bundesregierung kann sich beliebig ausmalen, wie groß sie den Raum Frankfurt nehmen will, und kann im Raum Frankfurt beliebige Orte nehmen.
Wenn ich den Ausführungen des Herrn Kollegen Euler von heute morgen folgen wollte, dann würde beispielsweise Kassel zum Raum Frankfurt gehören, und die Bundesregierung wäre auch in der Lage, innerhalb dieses völlig vagen Begriffs irgendeine Entscheidung zu fällen. Das kann sicherlich nicht die Absicht des Bundestages sein, der heute durch Gesetz den Sitz der Bundesmonopolverwaltung bestimmen will. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, Münster als eine bestimmte Stadt zu nennen. Von anderer Seite, von Herrn Kollegen Greve, ist vorgeschlagen worden, anstatt diese bestimmte Stadt zu nennen, die Bestimmung der Bundesregierung zu überlassen. Man könnte darüber streiten, wenn nicht schon in zahlreichen anderen Fällen das Parlament selbst die Sitze oberster Bundesbehörden bestimmt hätte. Wenn die Bundesregierung von vornherein, nach einem einheitlichen Plan verfahrend, diese Sache als in ihrer Organisationsgewalt liegend geordnet hätte, so könnte man darüber vielleicht zweierlei Meinung sein. Nachdem aber das Parlament einmal die Sitze der obersten Bundesbehörden aus eigenem Recht geordnet hat, bleibt uns nichts anderes übrig, als bei diesem einmal begonnenen Verfahren auch zu bleiben.
Die Bundesregierung selbst. — und nun komme ich zu der Begründung der Wahl der Stadt Münster im besonderen — hat am 17. Mai 1950 dem Stadtdirektor in Münster mitgeteilt: Auch du, Münster, bekommst eine oberste Bundesbehörde. Damals war an den Bundesrechnungshof gedacht. Aber der Bundesrechnungshof hat ebenso wie eine große Anzahl anderer Behörden an dem Raum Frankfurt im weitesten Sinne Gefallen gefunden. Dort sitzen die Beamten, dort haben sie sich eingelebt, und kein Beamter wird gern umziehen. Aus diesem und vielleicht , auch aus sachlichen Gründen, die mir beim Bundesrechnungshof im einzelnen nicht bekannt sind, ist ein erheblicher interner Widerstand entstanden, und der Beschluß der Bundesregierung ist auf dem Papier stehengeblieben. Münster ist jedenfalls nicht Sitz einer obersten Bundesbehörde geworden. Die normative Kraft des Faktischen hat sich für den Raum Frankfurt, in dem früher der Wirtschaftsrat getagt hat, außerordentlich stark ausgewirkt. In Frankfurt sitzen der Bundesrechnungshof, der Bundesdisziplinarhof, das Sozialamt der Bundesbahn, die Bank deutscher Länder, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, das Amt — -
— Entschuldigen Sie bitte, ich darf das aber doch noch einmal wiederholen, weil die Liste so lang ist, daß jeder, der sie sieht, sich sagen wird: man kann es bei dem Zustand höchstens belassen, ihn aber auf keinen Fall ausdehnen.
Es sind noch weitere sechs oder sieben leitende Bundesbehörden in Frankfurt.
Nun sagt man: Ja, im Raum Frankfurt, d. h. in Bad Homburg, befindet sich ja bereits die heute von uns zu bestimmende Behörde. Das ist einfach nicht richtig. Wir haben in Bad Homburg nur eine Überleitungsstelle der Länder. Wir haben dort gar keine Bundesbehörde. Diese Überleitungsstelle der Länder ist in Bad Homburg höchst notdürftig untergebracht. Der Regierungsvertreter hat ausdrücklich erklärt: Wenn wir in Bad Homburg bleiben wollen, dann müssen wir bauen. Wir müssen in Bad Homburg ein Verwaltungsgebäude bauen, wenn das Bundesmonopolamt in Bad Homburg bleiben soll. Es muß auch ein Verwaltungsgebäude gebaut werden, wenn das Bundesmonopolamt nach Offenbach kommt. Dort müßte eine Schule, die niedergebrannt ist, aufgebaut werden. Es müßte auch ein Verwaltungsgebäude gebaut werden, wenn das Bundesmonopolamt in Frankfurt untergebracht werden soll. Das bedeutet, daß man also öffentliche Gelder, statt sie für den Wohnungsbau zu verwenden, in den Neubau von Verwaltungsbauten hineinsteckt. Meine Damen und
Herren, ich frage Sie Öffentlichkeit aller Bescheidenheit:
Glauben Sie, daß die Öffentlichkeit Verständnis dafür hat, wenn man jetzt öffentliche Gelder in Verwaltungsbauten hineinsteckt, wo es nicht nötig wäre?
Wenn in diesem Zusammenhang schon die Frage der Kosten erörtert wird, so kommt ,es ja auch darauf an, was mit den Geldern geschieht. Werden die Gelder aufgewendet, um Wohnungen zu bauen? Wohnungen sind in. ganz Deutschland knapp. Die Anlage von Bundesgeldern in Wohnungen ist in jedem Fall nützlich und hilft eine allgemeine Volksnot zu beseitigen, ganz egal, ob in die Wohnungen nun Beamte hineinkommen oder ob andere Bevölkerungskreise unmittelbar davon profitieren. Aber der Neubau von Verwaltungsgebäuden scheint mir
im gegenwärtigen Zeitpunkt, wenn er nicht ganz dringend notwendig ist, unverantwortlich zu sein. Für alle diese Reflektanten im Raume Frankfurt ist aber ein solcher Neubau von Verwaltungsbauten erforderlich.
Bei Münster ist das anders. Bei Münster steht ein fertiger Verwaltungsbau zur Verfügung und kann sofort bezogen werden. Er steht schlüsselfertig da, und die bisherigen Benutzer sind seit einiger Zeit ausgezogen. Meine Damen und Herren, ich selber bin kein Münsteraner und habe also keinen Anlaß, für Münster eine Lanze zu brechen,
weil mich mit Münster etwa besonders freundschaftliche Bande verbinden. Ich muß allerdings zugeben, daß ich in Münster studiert habe. Aber ich habe auch in München und in Gießen studiert. Trotzdem würde mich diese lockere Bindung allein nicht veranlassen, mich für eine Stadt einzusetzen, sondern es sind tatsächlich die überwiegenden sachlichen Gründe.
Hierbei möchte ich vor allem nochmals auf folgendes hinweisen: Nachdem die Bundesregierung selber anerkannt hat, daß der Raum Westfalen durch die Einsetzung einer obersten Bundesbehörde mit dem Bund stärker verbunden werden soll, muß dieser Beschluß meiner Ansicht nach auch durchgeführt werden. Der Raum Westfalen hat bisher keine oberste Bundesbehörde bekommen.
Gestatten Sie, die Rheinländer sind mir genau so lieb wie die Bayern. Aber ich kann nicht, historisch gesehen, von einem Raum Nordrhein-Westfalen sprechen, einem Raum, der doch erst seit ganz kurzer Zeit staatsrechtlich besonders verbunden worden ist. Historisch gesehen kann ich nur einen Raum Westfalen und einen Raum Rheinland anerkennen, nichts weiter.
Aber ich darf vielleicht in meinen Ausführungen fortfahren. Münster hatte früher ein Oberpräsidium. Dieses Oberpräsidium ist von dort weggekommen. Auch die Regierung, die nach 1946 dort war, ist weggekommen. Münster ist die Hauptstadt eines Raumes mit 6 Millionen Einwohnern. Man wird daher wohl mit Recht sagen können, daß dieser Teil des Bundesgebietes eher eine Berücksichtigung verdient als der Raum Frankfurt mit den 14 oder 15 obersten Bundesbehörden, die dort noch hängen geblieben sind.
Vor allem fällt für die Stadt Münster erheblich ins Gewicht, daß sie durch den Bombenkrieg zu über 80 0/o zerstört wurde. In Münster könnten wir, wenn öffentliche Mittel, Bundesmittel für den Wiederaufbau eingesetzt würden — die Höhe der aufzuwendenden Mittel ist von den Sachbearbeitern bei allen Projekten auf 11/2 bis 2 Millionen DM geschätzt worden —, relativ billig Wohnungen bauen. Wir können dort auf den Ruinen wieder aufbauen, können die vorhandenen Anlagen relativ billig ausnutzen, und wir würden einer so weitgehend zerstörten Stadt, die dadurch, daß alle möglichen anderen Spitzenorganisationen abgezogen sind, schon sehr stark gelitten hat, tatsächlich eine wesentliche Hilfe angedeihen lassen. Das ist meiner Ansicht nach der entscheidende Gesichtspunkt.
Die Frage der Verteilung der Sitze der obersten Bundesbehörden ist letzten Endes eine politische Frage. Wenn man unter diesem politischen Gesichtspunkt zu wählen hat, dann ist meines Erachtens die Wahl des bisher am meisten vernachlässigten Raumes Westfalen und damit die Wahl von Münster, notwendig.
— Die Frage der Vernachlässigung Niedersachsens kann ich hier nicht überprüfen. Ich weiß nur, wie die Verhältnisse insbesondere des Raums Westfalen und des sogenannten Raums Frankfurt zu werten sind. Ich bitte Sie jedenfalls, dem Beschluß der Bundesregierung, die die Berücksichtigung des Raums Westfalen selber zugesagt hat, zu entsprechen und demgemäß Ihre Stimme abzugeben.
Die übrigen Gesichtspunkte, die hier noch geltend gemacht worden sind, nämlich besonders enge Beziehungen zu Lieferern oder Abnehmern, sind nach meiner Meinung sekundär, obwohl auch dieser Gesichtspunkt gerade für Münster spricht; sind doch zwei Drittel der Gesamtumsätze der Bundesmonopolverwaltung im Raum von Westfalen getätigt worden. Wenn Sie vor allem an die Spirituserzeugung der Chemischen Werke in Hüls denken, wird Ihnen das klar werden.
Aber diese Gesichtspunkte sind nicht von so entscheidender Bedeutung, ebenso wenig wie der Gesichtspunkt, daß Frankfurt und Münster beispielsweise nur 200 km von Bonn entfernt liegen; alles Gesichtspunkte, die meines Erachtens hinter den entscheidenden Gesichtspunkt, die Notwendigkeit der Bindung des westfälischen Raums an den Bund, zurückzutreten haben.
Zur Geschäftsordnung wünscht das Wort Herr Abgeordneter Ewers.
Meine verehrten Damen und Herren! Der verehrte Herr Dr. Bertram mag es mir nicht verübeln, wenn ich erkläre: ich halte seine Ausführungen zu diesem Zweck vor dem Plenum einfach für unerträglich.
Ich würde es verstehen, wenn jeder, der aus heimatlichen Gründen für eine Stadt eintritt, hier drei Worte sagte. Wir haben nun die Gepflogenheit, daß in zweiter Lesung bei Behandlung der einzelnen Paragraphen die Redezeit unbegrenzt ist. Es ist aber ein völliger Mißbrauch einer solchen Möglichkeit, aus diesem Anlaß seine Stadt in solcher Weise anzuspreisen.
Deswegen muß ich beantragen: Schluß der Beratung oder aber Festsetzung einer Redezeit auf 3 Minuten für jeden Redner.
Meine Damen und Herren, ich darf aus Ihrem Beifall entnehmen, daß Sie diesem Antrag auf Begrenzung der Redezeit, der zulässig ist, zustimmen. — Das ist der Fall.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Reif.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In 3 Minuten läßt sich folgendes feststellen: Wo auch immer Sie durch Ihren Beschluß, der Ihnen zusteht und nicht der Regierung, das Bundesmonopolamt errichten, in jedem Falle
D müssen Sie eine Demontage vornehmen. Es steht in der Nürnberger Straße in Berlin das alte Reichsmonopolamt. Dieses Gebäude gehört dem Bund. Die Menschen, die dort gearbeitet haben, sind in Berlin und liegen zum großen Teil auf der Straße. Die zwei Laboratorien, die dieses Haus birgt, müssen von Berlin weggenommen werden. Mindestens das eine kann, wie die Dinge heute liegen und wie Sachverständige berichten, an einem anderen Ort in Deutschland aus eigenen Mitteln nicht wieder aufgebaut werden.
Wenn ich noch einmal bitte, für Berlin plädieren zu dürfen, möchte ich Sie also darauf aufmerksam machen, daß Sie hier nun wirklich mit jedem anderen Beschluß Berlin etwas nähmen, was da ist. Das würde Kosten verursachen, die in Berlin nicht entständen. Ich glaube, das darf in drei Minuten vorgetragen werden.
Das waren sogar nur zwei Minuten. Herr Abgeordneter Dr. Kneipp hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Kollege Bertram den Frankfurter Baum — ich möchte sagen — perhorresziert hat, darf ich vielleicht einige Worte zur Ehrenrettung dieses Frankfurter Raumes sagen. Nicht preisend mit viel schönen Reden; das liegt mir völlig fern. Ich möchte nur kurz auf die Ausschußverhandlung hinweisen, in der der „Frankfurter Raum" klar und eindeutig umrissen worden ist: das ist die Stadt Frankfurt mit ihren beiden Nachbarstädten Offenbach und Bad Homburg. In diesem Raum ist bereits heute eine aktionsfähige Verwaltung vorhanden. Sie sitzt natürlich nicht eng zusammengedrängt in einer der drei Städte, sondern verteilt sich. Aber diese drei Städte liegen ja außerordentlich nahe zusammen; 15 km — das ist die größte Entfernung — lassen sich leicht überbrücken. Denken Sie doch daran: als der Bundeswirtschaftsminister seinerzeit die Außenhandelsstelle nach Köln legen wollte, sah man die Entfernung nach Köln als leicht überbrückbar an. Das sind 25 km. Hier handelt es sich nur um 15 km, und dort arbeitet der Apparat. Wir müssen ja doch mit den Steuergeldern sehr sparsam umgehen,
und gerade deshalb sind wir verpflichtet, uns für den Raum Frankfurt zu erklären. Wie sich dann die Bundesregierung eine entsprechende Ordnung innerhalb dieses Raumes denkt, das wollen wir ihr überlassen.
Auch noch etwas anderes spricht dafür. Die drei Reinigungsanstalten, die der Bundesmonopolverwaltung noch geblieben sind, sind im süddeutschen Raum. Eine dieser Anstalten liegt in Neu-Isenburg; das ist 4 km von Frankfurt entfernt.
Und wo sitzt schließlich das große Heer der Brenner, die immer und immer wieder auf diese Bundesmonopolverwaltung angewiesen sind? — Bitte, entscheiden Sie sich für den Raum Frankfurt!
Das Wort hat der Herr Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen beim Bundesrat, Staatssekretär Dr. Danckwerts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der Landesregierung Niedersachsen eine
Erklärung abzugeben und brauche deshalb wohl nicht anzukündigen, mit welcher Zielsetzung ich sprechen will. Trotzdem bitte ich, keine Besorgnisse zu hegen. Ich will und kann mich kurz fassen; denn die Gründe, meine Damen und Herren, die, von der Bundesebene her gesehen, für Bückeburg sprechen, sind in den Vorverhandlungen so eingehend untersucht und abgewogen worden, daß es sich völlig erübrigt, hier noch einmal darauf einzugehen. Ich kann nur insgesamt sagen: Die Gründe für Bückeburg sind keineswegs entkräftet worden, und zwar insbesondere dort nicht, wo sie finanzieller Natur sind. Ich darf mich dann im übrigen auf die Hervorhebung dreier Gesichtspunkte beschränken.
Meine Damen und Herren! Die niedersächsische Landesregierung ist seit geraumer Zeit mit der Forderung hervorgetreten, für die Verteilung der oberen Bundesbehörden eine Gesamtplanung herzustellen und durchzuführen. Sie ist mit dieser Forderung nicht durchgedrungen und bedauert dies lebhaft; denn wir stehen jetzt vor einer Situation, die klar erkennen läßt, daß die Einzelbestimmung, wie sie heute hier vorgenommen worden ist, nicht nur Zeit und vermeidbare Arbeit kostet, sondern daß sie im Endergebnis auch zu schiefen Ergebnissen führt. Es geht auf diesem Gebiet so wie auch anderswo: Wir haben jetzt die Situation, daß es Reiche und Habenichtse gibt; und zu dieser letzten Kategorie gehört leider das Land Niedersachsen. Wie sehr wir das bedauern, ist klar. Aber dieses Gesetz gibt wahrscheinlich zum letzten Male die Möglichkeit, den für Niedersachsen entstandenen Nachteil wenigstens in etwa auszugleichen. Um diesen Ausgleich bitten wir; denn es ist nicht gut — so ist- der Standpunkt der niedersächsischen Landesregierung —, wenn in der Bevölkerung auch nur eines Landes etwa ein Stiefkind-Komplex aufkommen oder Nahrung finden würde.
Meine Damen und Herren! Zum zweiten darf ich darauf aufmerksam machen, daß die Stadt Bückeburg seit geraumer Zeit in der berechtigten Erwartung lebt, Sitz der Monopolverwaltung zu werden. Die Erwartung war berechtigt, weil mehrere offizielle Erklärungen der Bundesregierung vorgelegen haben, nach denen man Bückeburg als Sitz in Aussicht genommen hatte. Sie können sich denken, daß in Bückeburg in der Erwartung der Erfüllung dieser Zusagen verschiedene Arbeiten angelaufen und Aufwendungen gemacht worden sind. Ich bitte dringend, meine Damen und Herren: Enttäuschen Sie diese Erwartung nicht, denn eine solche Enttäuschung, die außerordentlich bitter sein würde
— ich bin gleich fertig, meine Damen und Herren —, würde zu jener Unzufriedenheit führen, die unter Umständen einen Nährboden für Verdrossenheit und Abkehr bildet.
Es ist gesagt worden, daß die Beamten der Monopolverwaltung eine Abneigung gegen Bückeburg hätten. Ich bin davon überzeugt, daß gerade die Beamten der Monopolverwaltung in dem anmutigen Städtchen mit seiner tüchtigen und freundlichen Bevölkerung und in günstigster Verkehrslage eine ausgezeichnete Arbeitsstätte finden würden. Ich würde es für durchaus begrüßenswert halten, wenn einer etwaigen Landflucht oder einer übersteigerten Großstadtneigung der Beamten ein wenig entgegengearbeitet werden könnte.
Abschließend darf ich nur sagen: Sie haben es jetzt in der Hand, meine Damen und Herren, Zweckmäßigkeitserwägungen Raum zu geben und sich gleichzeitig die Zuneigung und den Dank der Bevölkerung des ehemaligen Landes Schaumburg-Lippe und seiner schwer ringenden ehemaligen Landeshauptstadt Bückeburg zu erwerben. Treffen Sie die Entscheidung im Sinne von Bückeburg! Man wird es Ihnen danken.
Für die Form, in der die Entscheidung zu treffen wäre, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir halten die von den Herren Abgeordneten Dr. Greve und Genossen vorgeschlagene Form für die zweckmäßigste. Wir empfehlen deshalb dem Hohen Hause, diesen Antrag der Abgeordneten Dr. Greve und Genossen anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Morgenthaler.
Meine Damen und Herren! Als Steller des Antrags, das Bundesmonopolamt in den Raum von Frankfurt zu verlegen, muß ich doch dem Herrn Kollegen Bertram entgegentreten. Er hat vorhin diesen Antrag eigentlich als Unsinn bezeichnet. Ich habe mich gefreut, daß der Herr Kollege Kneipp vorhin schon umrissen hat, was mit der Bezeichnung „Raum von Frankfurt" nur gemeint sein konnte. Es konnten ja nur gemeint sein die Orte, in denen heute schon Teile dieses Amts vorhanden sind. Wenn wir den Raum von Frankfurt vorgeschlagen haben, dann haben wir dies aus finanziellen Gründen getan. Soweit wir unterrichtet sind, sind in Frankfurt heute schon all diejenigen Räumlichkeiten vorhanden, die für die nächste Zeit notwendig sind, um das Bundesmonopolamt dort unterzubringen. Aus diesen finanziellen Gründen bitte ich das Hohe Haus, sich für den Raum von Frankfurt zu entscheiden.
Ein zweiter Grund ist der, daß die Brennereien in der Hauptsache im Süden liegen. Es handelt sich nicht um die Quanten, die gebrannt werden, sondern es handelt sich um die Anzahl der Menschen, die bei der Bundesmonopolverwaltung etwas zu tun haben. Wenn diese Brenner auch durch Syndici vertreten sind, so ist es letzten Endes doch die Anzahl der Brenner, die die Mehrlast und die Mehrarbeit verursacht.
Aus diesen beiden Gründen und angesichts der Tatsache, daß wir uns in den letzten Wochen und Monaten bei den Ausgaben für den Bund dauernd um einige Mark herumgestritten haben, dürfte es nach meinem Dafürhalten überhaupt keine weitere Überlegung geben, wohin der Sitz der Bundesmonopolverwaltung gelegt werden soll.
Das Wort hat der Abgeordnete Raestrup.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon in der Drucksache Nr. 1412 habe ich vor einigen Monaten mit meinen politischen Freunden den Antrag gestellt, Münster zur Monopolstadt zu machen. Ich habe das nicht aus persönlichen Gründen getan. Ich bin nicht in Münster geboren. Ich habe wohl in Münster einige Jahre das Gymnasium besucht, das ist aber kein persönlicher Grund.
Es sind rein sachliche Gründe,
die mich veranlassen, mich jetzt auch zu dem Antrag von Kollegen Bertram zu stellen. In Münster sind die Verhältnisse außerordentlich günstig. Es liegt im Mittelpunkt der münsterländischen Kornbrennerei. Es ist dort die größte Fabrikation an Kornbranntwein in Deutschland.
Die Abstimmung über den Raum von Frankfurt im Finanzausschuß hat mir auch nicht gefallen. Man hat über jede norddeutsche Stadt einzeln abgestimmt; Münster hat damals bei der Einzelabstimmung im Finanzausschuß 9 Stimmen bekommen. Über den Frankfurter Raum hat man aber zusammen abgestimmt. Das war meines Erachtens nicht ganz glücklich.
Die Lage in Münster ist wirklich günstig. Das Gebäude ist fertig. Es zu beziehen kostet so gut wie gar nichts. Die Miete beträgt jährlich 14000 DM. Münster ist eine alte Stadt — Provinzialhauptstadt —, die früher sehr viele Behörden gehabt hat. Sie hat einen Anspruch darauf, auch jetzt wieder mit einer Bundesbehörde ausgezeichnet zu werden. Also, meine Damen und Herren, wählen Sie Münster!
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mühlenfeld.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht nur wegen der ausgezeichneten und zutreffenden Ausführungen des Herrn Vertreters Niedersachsens verzichte ich darauf, für Bückeburg zu sprechen, sondern auch deshalb, weil mir die Situation, die wir jedesmal erleben, wenn es sich um den Sitz einer Bundesstelle handelt, äußerst peinlich ist.
Ich möchte Ihnen daher folgendes vorschlagen: Ich bitte Sie namens meiner Fraktion, dem Antrag auf Umdruck Nr. 283 auf Streichung von § 1 a zuzustimmen und dafür andererseits, damit wir ein für allemal derartigen peinlichen Lagen enthoben sind, folgendem Antrag zuzustimmen, den ich mir erlaube namens meiner Fraktion einzureichen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Bundestag baldmöglichst einen Vorschlag zur Entscheidung vorzulegen, wie die Verteilung der Sitze für die noch zu errichtenden Bundesanstalten,
Bundesverwaltungen und Bundesbehörden usw. unter Berücksichtigung aller wesentlichen wirtschaftlichen, administrativen und politischen Gesichtspunkte vorgenommen werden soll.
— Jawohl, die Liste liegt bereits vor. Die Bundesregierung hat es nach Auffassung meiner Freunde leider versäumt, diese Liste dem Hohen Haus rechtzeitig zur- Beschlußfassung vorzulegen. Dann wären wir alle dieser peinlichen Situationen enthoben gewesen. Ich glaube, zur Abkürzung des ganzen Verfahrens wäre es richtig, wenn Sie diesem Antrag zustimmen würden, den ich hiermit dem Herrn Präsidenten überreiche.
Bei diesem letzten Antrag handelt es sich offenbar nicht um einen Abänderungsantrag zu diesem Gesetz, sondern um einen
selbständigen Antrag, für den die üblichen Fristen gewahrt werden müssen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren! Ich gedenke geschäftsordnungsmäßig folgendermaßen zu verfahren. Zuerst lasse ich abstimmen über den weitestgehenden Antrag, den § 1 a zu streichen. Für den Fall, daß dieser Streichungsantrag nicht, angenommen wird, werde ich entsprechend der vom Hohen Hause vorhin beschlossenen Ordnung, die der Geschäftsordnungsausschuß vorgeschlagen hat, in der Form abstimmen lassen, daß ich durch namentliche Stimmzettel die Wahl zwischen den drei Möglichkeiten, Raum Frankfurt, Münster, Berlin vornehmen lasse.
— Ein Antrag, Bückeburg zu bestimmen, liegt nicht vor. Wer es inzwischen noch nicht gemerkt hat: Der Antrag auf Streichung des § 1 a beinhaltet Bückeburg, ohne den Namen zu nennen. Ich kann doch nicht über etwas Negatives abstimmen lassen.
— Ich bitte, meine geschäftsordnungsmäßige Mitteilung zu Ende bringen zu dürfen. — Wenn der Raum Frankfurt die Mehrheit der Stimmen erreicht, bedeutet das; daß der § 1 a in der Fassung der Ausschußvorlage genehmigt wird. Für den Fall, daß der Ort Münster die Mehrheit erringen würde, wilde das bedeuten, daß der Antrag der Fraktion des Zentrums angenommen wäre. Für den Fall, daß der Ort Berlin die Mehrheit erringen würde, würde das bedeuten, daß der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr: Reif, den er vertreten hat, angenommen wäre. Ich hoffe, daß die Technik der Abstimmung klar ist.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Meine Damen und Herren, ich beziehe mich auf den zweiten Teil der geschäftsordnungsmäßigen Ausführungen des Herrn Präsidenten. Wenn wir wählen, so wählen wir zwischen Orten. Orte sind Berlin und Münster, aber der Raum Frankfurt ist kein Ort. Der Raum Frankfurt ist eine Gegend.
Es ist deshalb meiner Ansicht nach geschäftsordnungsmäßig nicht möglich, eine solche Wahl hier zuzulassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers. — Ich darf zwischendurch, ehe der Herr Abgeordnete Ewers das Rednerpult erreicht hat, bemerken: nach meiner Auffassung wählen wir faktisch zwischen drei Anträgen.
Herr Präsident: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Modalität der Abstimmung bin ich im übrigen mit dem Herrn Präsidenten einverstanden. Es ist aber keineswegs so, daß für den Fall, daß aus sechs verschiedenen Gründen der Antrag Dr. Greve abgelehnt wird, damit Bükkeburg erledigt ist. Keine Rede davon! Damit ist nur erledigt, daß man durch eine Nichtstreichung die Bundesregierung bevollmächtigen will. Deshalb stelle ich den Eventualantrag, für den Fall, daß der Antrag Greve abgelehnt werden sollte, Bückeburg hineinzusetzen.
— Das konnte man doch nicht wissen, daß nach der Meinung des Präsidenten Bückeburg stillschweigend erledigt ist! Ich wiederhole: Für den Fall der Ablehnung des Antrags Dr. Greve beantrage ich, Bückeburg zur Wahl zu stellen.
Darf ich um der Klarheit willen die Frage stellen — ob wir über drei oder vier Orte abstimmen, macht zunächst nicht viel aus —, ob die Damen und Herren, die den Antrag auf Umdruck Nr. 283 gestellt haben, für den Fall der Ablehnung ihres Antrags den Antrag stellen: „Sitz der Bundesmonopolverwaltung ist Bückeburg." Ist das richtig?
— Meine Damen und Herren, mir scheint geschäftsordnungsmäßig der Fall jetzt klar zu sein.
— Herr Abgeordneter Dr. Kneipp möchte auch noch etwas zur Geschäftsordnung bemerken. Bitte!
Es ist doch wohl klar, daß die Darlegung vom Kollegeń Bertram nicht zutreffend ist, sondern daß der Raum Frankfurt eine klare und eindeutige Ortsbestimmung darstellt.
Meine Damen und Herren! ich habe angekündigt, wie ich verfahren werde. Ich hoffe, das Haus hat es verstanden.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Greve und Genossen auf Umdruck Nr. 283. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag auf Streichung des § 1 a zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist ohne Frage die Mehrheit. Darf ich fragen, wer sich zu enthalten wünscht? — Einige Enthaltungen. Der Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Greve und Genossen ist also abgelehnt.
Damit, meine Damen und Herren, stehen wir vor der Tatsache, daß erstens der Raum Frankfurt zur Abstimmung steht — entsprechend § 1 a des Ausschußantrags —, zweitens der Eventualantrag der Abgeordneten Dr. Greve und Genossen: „Sitz der Bundesmonopolverwaltung ist Bückeburg", drittens der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 281: „Sitz der Bundesmonopolverwaltung ist Münster/Westfalen", und viertens der Antrag des Herrn Dr. Reif — bisher ohne Umdrucknummer —: „Sitz der Bundesmonopolverwaltung ist Berlin". Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, folgendermaßen zu verfahren: Ich bitte die Damen und Herren, die an der Abstimmung über die vier Möglichkeiten teilzunehmen wünschen, den blauen Zettel mit der Aufschrift „Ja" für die Abstimmung zu benutzen und einfach „Frankfurt", „Münster", „Bückeburg" oder „Berlin" draufzuschreiben.
— Es sind in meinem Umschlag keine Namenszettel ohne Aufdruck.
— Meine Damen und Herren, ich bitte um Entschuldigung: Es muß nach dem Beschluß, der vorhin gefaßt worden ist, auf einem Namensstimmzettel abgestimmt werden, d. h. auf einem Stimmzettel, auf dem der Name des Abgeordneten steht. Ich schlage Ihnen also vor — ich bitte, das nicht weiter zu verzögern —, sofern Sie zwischen -den vier Orten wählen wollen, den blauen Stimmzettel zu benutzen und darauf Frankfurt, Bückeburg, Münster oder Berlin zu schreiben, für den Fall, daß Sie sich enthalten wollen — es gibt immer einige Damen und Herren, die das vorziehen —, den weißen Zettel „Enthalte mich" abzugeben. Ist das klar?
Die Namen der Abgeordneten werden nicht aufgerufen. Die Zettel. werden in den Bankreihen von den Herren Schriftführern eingesammelt werden. Ich bitte die- Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
Meine Damen und Herren, ich möchte ausdrücklich feststellen, daß es sich zwar um eine Abgabe von Namensstimmzetteln handelt, aber nicht im technischen Sinne um eine namentliche Abstimmung. Ich gebe das ausdrücklich bekannt. —
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. — Meine Damen und Herren, befinden sich noch Abgeordnete im Saal, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben? — Das ist offenbar nicht der Fall. Damit schließe ich die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß die Herren Schriftführer die Auszählung vornehmen und wir in der Beratung des Gesetzes fortfahren.
Ich rufe auf den § 2. Wird dazu das Wort gewünscht? — §§ 3, - 3 a, - 4, Einleitung und Überschrift. Keine Wortmeldungen. — Ich bitte die Damen und Herren, die den §§ 2, - 3, - 3 a, - 4 sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Bestimmungen sind bei wenigen Gegenstimmen angenommen.
Ich unterbreche damit zunächst die Beratung dieses Punktes, bis das Ergebnis zu § 1 a bekannt wird, und rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Nr. 2326 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2453 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Gülich. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz gehört materiell in den großen Komplex der finanzverwaltungsrechtlichen Gesetze, also der Gesetze, die sich mit der Regelung der finanziellen Verhältnisse zwischen Bund und Ländern befassen.
Das Erste Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund vom 28. November 1950 hat den ersten Schritt getan. Es war schon damals klar, daß die Steuerverteilung nach Art. 106 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes nicht den wachsenden Bedarf des Bundes befriedigen konnte, dessen Deckung ihm nach Art. 120 des Grundgesetzes auferlegt worden ist. Es ist also festzustellen, daß die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nicht der grundgesetzlichen Steuerverteilung zwischen
Bund und Ländern entspricht. Bereits 1950 wurde eine Korrektur der Steuerverteilung mit Hilfe der Interessenquote vorgenommen. Es steht hier und heute nicht zur Diskussion, ob die Interessenquote verfassungsrechtlich zulässig war. Sie wissen, daß es gewichtige Stimmen gegeben hat, die der Meinung Ausdruck gaben, sie sei nach dem Grundgesetz nicht zulässig. Es steht aber fest, daß sie durch das Erste Überleitungsgesetz gesetzlich festgelegt worden ist. Sie war für ein Jahr festgelegt und hat dem Bund eine Finanzmasse von rund 1100 Millionen erbracht. Die Interessenquote hatte zweifellos den Nachteil, daß sie diejenigen Länder am stärksten belastete, die unter den Kriegsfolgelasten am schwersten litten und die gleichzeitig, wie ja bekannt ist, das geringste Steueraufkommen hatten. Das geht beispielsweise bei Schleswig-Holstein so weit, daß für dieses Land ein Sonderbonus in das Finanzausgleichsgesetz von 1950 eingebaut werden mußte. Die Interessenquote soll im neuen Gesetz, also im Zweiten Überleitungsgesetz, nicht mehr angewendet werden.
Man kann bei dem Gesetz zwei große Teile unterscheiden: Der erste Teil, die Art. I bis III, also die §§ 1 bis 10 umfassend, ist mehr kasuistischer Natur, eine lose Aufeinanderfolge einzelner Bestimmungen, deren Notwendigkeit sich aus der Praxis ergeben hat.
§ 1 zieht die Konsequenz aus dem Finanzverwaltungsgesetz vom 6. September 1950, das die organisatorische Seite der Überleitung regelt. § 1 des 2. Gesetzes regelt die Überleitung der Kosten.
§ 2 regelt die Entschädigung, die den Ländern für die Hilfeleistung bei der Verwaltung der Umsatzsteuer und Beförderungsteuer zusteht. Er bemißt den Entschädigungssatz auf 2 % des Aufkommens. Der Ausschuß hat die Höhe des Entschädigungssatzes eingehend diskutiert und insbesondere auch die Änderungsvorschläge des Bundesrates geprüft. Der Bundesrat wünscht nämlich 4 % des Steueraufkommens für die Verwaltung. Zwei Prozent des Steueraufkommens der Umsatzsteuer und der Beförderungsteuer sind 138 Millionen. 4 % wären 276 Millionen, die sich dann nach Maßgabe des Aufkommens verteilen würden.
Der Ausschuß hat sich nach sehr ausführlicher Beratung nicht dazu entschließen können, den Vorschlägen des Bundesrates zuzustimmen. Nach der Erhöhung der Umsatzsteuer von 3 auf 4 % wird mit einem Mehraufkommen von 1030 Millionen gerechnet und wegen des konjunkturellen Steigens der Umsatzsteuer mit einem Mehraufkommen von 675 Millionen im Jahre 1951. Das ist ein Gesamtmehraufkommen von 1705 Millionen DM, während die Verwaltungskosten doch nahezu konstant bleiben, jedenfalls nur ganz unwesentlich ansteigen.
Noch eine weitere Betrachtung dazu. Die Kosten der Steuerverwaltung der Länder werden mit 350 bis 400 Millionen DM angenommen. Wenn der Entschädigungssatz auf 4% bemessen werden sollte, dann wären das, wie ich schon sagte. 276 Millionen; d. h. es wären dann etwa zwei Drittel der Gesamten Kosten der Steuerverwaltung der Länder durch diese 4 % gedeckt.
Auch diese Betrachtung zeigt, daß der Satz von 4 %
nicht richtig sein kann, zumal ia die Verwaltung
der Umsatzsteuer wesentlich einfacher ist als die
Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Popitz hat einmal in bezug auf die Verwaltungskosten bei der Umsatzsteuer gesagt, die Um-
satzsteuer sei in der Verwaltung so billig, daß sie erfunden werden müßte, wenn sie nicht da wäre. Der Ausschuß hat ferner erörtert, daß die Verwaltungskosten in der Relation zum Umsatzsteueraufkommen nicht bei jedem Land gleich sind. In steuerschwachen Ländern z. B. mit wenig Großindustrie und vielen kleineren und mittleren Betrieben ist das Steueraufkommen im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand geringer als in steuerstarken Ländern mit vielen Großbetrieben. Das liegt auf der Hand.
Der Ausschuß ist infolgedessen zu dem Beschluß
gekommen, in § 2 die Regierungsvorlage wieder
herzustellen und folgenden Satz hinzuzufügen: Die Länder haben die ihnen gewährten Entschädigungsleistungen, soweit sie den im Rechnungsjahr 1950 gewährten Betrag übersteigen,
zum Ausbau der Finanzverwaltung zu verwenden.
Der Ausschuß ließ sich dabei von der Erwägung leiten, daß es sich bei dieser Entschädigungsleistung nicht um allgemeine Deckungsmittel handelt, sondern daß die Leistung zweckgebunden und daher entsprechend zum Ausbau der Finanzverwaltung zu verwenden ist.
Abs. 2 dieses § 2 legt dann analog auch fest, daß für die Biersteuerverwaltung, die der Bund für die Länder übernimmt, ebenfalls mit einem Satz von 2 °/o des Aufkommens entschädigt wird, obgleich nach dem Finanzverwaltungsgesetz 4 °/o beansprucht werden können. Es wäre aber selbstverständlich unbillig gewesen, hier einen anderen Satz zu nehmen.
Der Art. II, die §§ 3 bis 5, zieht gewissermaßen die finanzielle Konsequenz daraus, daß bestimmte Einrichtungen nach Art. 130 des Grundgesetzes organisatorisch in die Bundesverwaltung übergeführt und daß eine Reihe von ehemaligen Reichs- und Zonenbehörden, deren Aufgaben jetzt vom Bund wahrgenommen werden, auch in bezug auf ihre .Versorgungslasten in die Verwaltung des Bundes übergeführt werden. Der Katalog dieser ehemaligen Reichs- und Zonenbehörden ist dem Zweiten Überleitungsgesetz als Anlage beigegeben. Der Ausschuß hat sich die Vorschläge des Bundesrats zur Erweiterung des Katalogs im wesentlichen zu eigen gemacht, jedoch mit einer Ausnahme in Punkt 38 b, auf den ich in anderem Zusammenhang zurückkomme.
Art. III regelt eine Reihe von verwaltungstechnischen Bestimmungen, die hier zu erörtern natürlich zu weit führen würde. Nur zwei Punkte von allgemeiner Bedeutung müssen hier hervorgehoben werden:
Wir haben einen neuen § 7 a eingefügt, der eine Lücke ausfüllt, die eigentlich schon durch das Bundesversorgungsgesetz hätte geschlossen werden müssen. Er billigt nämlich den Personen, die durch die Wehrmacht oder durch wehrmachtähnliche Organisationen einen Schaden erlitten haben, einen unmittelbaren Versorgungsanspruch gegenüber dem Bund zu.
Der zweite Punkt von allgemeiner Bedeutung betrifft die Veränderung des § 10 Abs. 2, die der Ausschuß vorgeschlagen hat. Diese Bestimmung regelt die Frage, welche Steuerstrafen, die im Verwaltungsstrafverfahren verhängt werden, dem Bund und welche den Ländern zustehen. Die Regierungsvorlage stellt auf den Tatbestand des Steuergläubigers ab und spricht die Steuerstrafen demjenigen zu, der Gläubiger der Steuer selbst ist.
Der Änderungsvorschlag des Bundesrats, dem sich der Ausschuß angeschlossen hat, stellt nicht auf diesen Tatbestand ab, sondern auf den der Steuerverwaltungshoheit. Der Träger der Verwaltungshoheit ist Träger der Strafhoheit. Das ist der Grundsatz, von dem wir ausgegangen sind. Daraus folgt, daß die Steuerstrafen aus der Umsatz- und der Beförderungsteuer dem Bund zufließen, denn der Bund ist der Träger dieser Steuern.
Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, daß für die Überleitung der Finanzvorgänge, die in den eben erläuterten Art. I bis III behandelt sind, die Bestimmungen der § 18 , § 20 (Überprüfung durch den Rechnungshof) und § 22 (Behandlung von Ausgleichsverbindlichkeiten) des Ersten Überleitungsgesetzes hierfür entsprechend anwendbar erklärt werden.
Ich komme nun zum zweiten Hauptteil, Art. IV, . Zum Teil handelt es sich hier um Änderungen, deren Notwendigkeit sich erst aus der Praxis ergeben hat und die wahrscheinlich schon im Ersten Überleitungsgesetz beschlossen worden wären, wenn man damals ihre Notwendigkeit erkannt oder zumindest in vollem Umfang erkannt hätte. Da es sich um Verfahren handelt, die zum großen Teil in der Praxis schon angewendet werden, hat sich der Ausschuß davon überzeugt, daß diese Bestimmungen mit Wirkung vom 1. April 1950 in Kraft treten müssen, weil — wie ich schon sagte — die Verwaltung praktisch schon danach verfährt.
Zum anderen enthält dieser Abschnitt einige Bestimmungen, die deshalb notwendig geworden sind, weil sich die finanzwirtschaftlichen Tatbestände, die im Rechnungsjahr 1950 gültig waren, für 1951 geändert haben. Insbesondere trifft dies für die Interessenquotenregelung zu, die auch dieser Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf noch in beschränktem Umfang vorsieht. Ich erinnere daran, daß das Erste Überleitungsgesetz in § 2 die Interessenquotenregelung zeitlich auf das Rechnungsjahr 1950 beschränkt hat. Nunmehr haben sich die Mehrheit der Länder und die Bundesregierung für einen eingeschränkten Bereich für eine reduzierte Regelung, d. h. eine 15 %ige Interessenquote ab 1951, entschlossen, und zwar für 4 Kategorien: für den Bereich der Kriegsfolgenhilfe, für die Umsiedlung Heimatvertriebener und die Auswanderung von Kriegsfolgenhilfeempfängern, für die Rückführung von Deutschen, für Aufwendungen für Grenzdurchgangslager.
Während die Interessenquotenbelastung der Länder im vorigen Jahr rund 1100 Millionen DM betrug, beträgt sie im Rechnungsjahr 1951 nur noch rund 90 Millionen DM. Die den Flüchtlingsländern noch verbleibende Belastung wird dadurch gemildert, daß _ja durch das Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes — das wir in der vorigen Woche verabschiedet haben und in dem ein Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer für den Bund in Anspruch genommen wird — gewissermaßen ein horizontaler Finanzausgleich zugunsten der Flüchtlingsländer herbeigeführt wird, denn diese Flüchtlingsländer haben ja das geringste Steueraufkommen und haben nach der neuen Regelung des Gesetzes nach Art. 106 Abs. 3 auch den geringsten Beitrag dazu zu leisten.
Wir haben lange überlegt, ob wir nicht die Interessenquotenregelung überhaupt fallen lassen könnten. Wir sind jedoch nach eingehenden Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, daß wir die Regelung mit einer Interessenquote von 15 % für die vier
genannten Kategorien einführen wollen, und zwar aus folgendem Grund: Im Verhältnis zwischen Ländern und Gemeinden, also im kommunalen Finanzausgleich, werden jetzt schon die Gemeinden durchweg mit 15 % an den Kosten der Kriegsfolgenhilfe beteiligt. Diese Regelung hat sich durchaus bewährt. Wir haben zum Beispiel in Schleswig-Holstein schon 1946 damit begonnen — und wir sind, soweit ich sehe, das erste Land gewesen, das so verfahren ist —, die Gemeinden und Kreise zusammen mit 15 % zu beteiligen, denn bei den Ermessensentscheidungen, die in der Gemeindeebene gefällt werden, kann sehr leicht zu großzügig, zu weitherzig verfahren werden, wenn ein finanzielles Interesse der Gemeinde oder des Kreises nicht vorliegt.
Wir haben weiter überlegt, ob wir nicht die Interessenquote deshalb fallen lassen sollten, weil einige Mitglieder des Ausschusses sie nicht für verfassungsrechtlich halten, aber wir haben keinen Weg gefunden. Nun wäre es nicht zu rechtfertigen, die Gemeinden mit 15% weiter zu belasten, die Länder aber bundesseitig von diesen 15 % zu entlasten.
Bei diesen Interessenquoten handelt es sich um Finanzvorgänge, die einen sehr weiten Ermessensspielraum ermöglichen. Weil das so ist und weil die unmittelbar verwaltenden Stellen mit einem angemessenen Teilbetrag an den finanziellen Auswirkungen ihrer eigenen Handlungen beteiligt werden sollten und weil wir keine unangemessene Wohltätigkeit auf fremde Kosten — also Wohltätigkeit der Gemeinden auf Kosten des Bundes — zulassen wollten, haben wir uns zu dieser Regelung entschlossen.
Zum Art. IV Ziffer 3 ist noch zu sagen: Der Bundesrat hat beantragt, daß der Bund auch die Versorgungslasten und die Kosten des gerichtlichen Spruchverfahrens der Kriegsopferversorgungsverwaltung der Länder trägt. Hiermit hat es folgende Bewandtnis: Die Kriegsopferversorgungsverwaltung ist eine Länderverwaltung. Nach den Grundsätzen des Ersten Überleitungsgesetzes trägt der Bund an sich nicht die Verwaltungskosten der Länder, und zwar auch nicht insoweit, als es sich um Lasten handelt, die nach § 120 des Grundgesetzes der Bund trägt.
In bezug auf die Bundesversorgungsverwaltung sieht das Erste Überleitungsgesetz aber eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor, und zwar dergestalt, daß der Bund die persönlichen und sachlichen Verwaltungskosten der Bundesversorgungsverwaltung auf seinen Haushalt übernimmt. Entscheidend hierfür war die Erwägung, daß der Bund am Ausbau der aktiv en Versorgungsverwaltung, insbesondere am Ausbau des ärztlichen Überwachungs- und Rentenprüfungsdienstes finanziell unmittelbar interessiert ist, weil nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, daß die Rentenlasten des Bundes in finanziell erträglichen Grenzen gehalten werden und verhindert wird, daß Personen in den Genuß von Renten kommen, -die nach dem Gesetz keinen Rentenanspruch haben. Diese Erwägung gilt aber ausschließlich für die aktive Verwaltung, nicht für die Versorgungslasten; hier gilt vielmehr der allgemeine Grundsatz, daß die Länder, die sich aus ihrer Verwaltungskompetenz ergebenden Lasten selbst zu tragen haben. Dies gilt ebenso für die Kosten des gerichtlichen Spruchverfahrens, die j a überhaupt keine Verwaltungskosten, sondern Gerichtskosten darstellen. Es ist allgemeiner Grundsatz, daß die
Gerichtskosten vom Träger der Justizhoheit, also von den Ländern getragen werden.
Zu Art. IV Ziffer 6: Die Erweiterung des Kataloges der sogenannten Besatzungsfolgekosten, also der von der Besatzungsmacht nicht anerkannten Besatzungskosten, ergab sich aus den erheblichen zusätzlichen Aufwendungen des Bundes, die mit der Verlegung von alliierten Truppen in das Bundesgebiet in Zusammenhang stehen. Zwischen der Bundesregierung und dem Bundesrat besteht eine Meinungsverschiedenheit in bezug auf § 6 Ziffern 9 bis 12. Es handelt sich hier um mittelbare Besatzungsfolgekosten von finanziell untergeordneter Bedeutung — Herr Kollege Morgenthaler sieht mich erschreckt an, ich will dazu etwas sagen —, die man aus dem Gesamtkomplex der Verwaltungskosten nur mit einem außerordentlich großen Arbeits- und Kostenaufwand herauslösen könnte. Diese Kosten betragen insgesamt nur 15 Millionen DM, im Gegensatz zu dem großen Lastenblock der echten Besatzungsfolgekosten von 800 Millionen DM.
Im Interesse der Verwaltungsrationalisierung und im Hinblick darauf, daß die 10 %ige Interessenquote für die Besatzungskosten weggefallen ist, die ja nach dem Ersten Überleitungsgesetz die Länder zu tragen hatten, erschien es dem Ausschuß gerechtfertigt, daß die Länder diese verhältnismäßig geringfügigen Kosten aus ihrem eigenen Haushalt tragen. Dabei gingen wir von der Voraussetzung aus, daß sich diese Kosten im wesentlichen gleichmäßig auf die Länder verteilen. Herr Kollege Morgenthaler hat mir vorhin gesagt, daß Südbaden sich da in einer besonders schwierigen Lage befindet; er wird das selbst darlegen.
Art. IV Ziffer 7 stellt eine Erweiterung im Rahmen der Kriegsfolgenhilfe dar, und zwar einmal zur Beschaffung von Wohnungen für Flüchtlinge, um das Lagerelend allmählich zu mildern, und zum andern zur Leistung von Zuschüssen des Bundesjugendplanes. Der Bundesrat hat empfohlen, die von der Bundesregierung vorgesehene Frist auf den 31. Dezember 1952 zu verlängern. Auch im Hinblick darauf, daß bis zu diesem Zeitpunkt das nach Art. 107 des Grundgesetzes zu erlassende Gesetz ja ohnehin eine neue und — wie wir hoffen — gerechte Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern bringt, hat sich der Ausschuß dem Vorschlag in bezug auf diesen Termin angeschlossen.
Zu Art. IV Ziffer 14: In dem Katalog des § 17 fehlt eine Bestimmung, wonach der Bund den Sozialversicherungsträgern die Renten für Sozialrentner aus der Ostzone und den abgetretenen Gebieten abnimmt. In den Ländern der amerikanischen Zone und in Baden trägt der Bund diese Lasten der sogenannten Fremdrenten bereits jetzt, weil in diesen Ländern vor dem 1. April 1950 entsprechende Fremdrentengesetze auf Veranlassung der Besatzungsmacht beschlossen waren. In den übrigen Ländern fehlen solche Gesetze, weil die Besatzungsmächte in diesen Ländern eine Regelung durch Ländergesetze nicht wünschten. Daraus erklärt sich nun, daß diesen Ländern der britischen Zone und den Ländern Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern Lasten im Rechtssinne nicht erwachsen sind. Nur auf Grund dieser Tatsache hat sich der Ausschuß entschlossen, auf die Regelung dieses schwierigen Komplexes in diesem Gesetz zu verzichten.
Ich hatte im Ausschuß den Antrag eingebracht, daß in Ziffer 14 des Entwurfs — § 17 — ein Buchstabe n) angefügt wird: „Aufwendungen der Rentenversicherungsträger für Leistungen an Flücht-
linge und Heimatvertriebene nach den für sie maßgebenden Bestimmungen in den Ländern Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und WürttembergHohenzollern." Ich habe diesen Antrag dann im Ausschuß zurückgezogen, weil ich mich davon überzeugt habe, daß aus den eben dargelegten Gründen — weil nämlich diesen Ländern Lasten im Rechtssinne nicht erwachsen sind — die Frage im vorliegenden Gesetz nicht geregelt werden kann. Der Ausschuß ist aber zu der Überzeugung gekommen, daß eine Entschädigung der Sozialversicherungsträger dieser Länder einmal erfolgen muß. Ich habe diese Frage hier vorgebracht, obwohl sie nicht unmittelbar zum Ausschußbericht gehört. Die Erörterung dieser Frage bildete einen wesentlichen Teil unserer Ausschußverhandlungen. Ich habe es vorgetragen, um dokumentarisch niederzulegen, daß die Angelegenheit nunmehr dem Bundestag bekanntgeworden ist. Wir konnten uns im Ausschuß mit der Fortlassung dieser Regelung um so leichter abfinden, als uns der Regierungsvertreter erklärte, daß ein Gesetz in Vorbereitung sei, das diese Materie regeln solle.
Zu Ziffer 15: Der Ausschuß hat eine Ergänzung des § 20 des Ersten Überleitungsgesetzes beschlossen. Dieser Paragraph sieht vor, daß der Bundesrechnungshof die Überleitung von Einnahmen und Ausgaben in den Ländern daraufhin zu überprüfen hat, ob die Überleitungsvorgänge rechtmäßig vollzogen worden sind. In § 20 heißt es, daß die Prüfungen gemeinsam mit dem zuständigen Landesrechnungshof vorzunehmen und die hierbei getroffenen Feststellungen für die Beteiligten verbindlich sind. Aus redaktionellen Gründen empfiehlt es sich, _das Wort „Landesrechnungshof" zu ersetzen durch „oberste Rechnungsprüfungsbehörde des Landes", und das Wort „Feststellungen" um der Klarheit willen durch das Wort „Entscheidungen" zu ersetzen.
Der § 20 des Ersten Überleitungsgesetzes enthält keine Regelung für den Fall, daß sich Bundesrechnungshof und Landesrechnungshöfe nicht einigen können. Um diese Lücke zu schließen, ist im neuen Absatz 2 vorgesehen, daß bei Meinungsverschiedenheiten der große Senat angerufen werden soll, in dem sowohl Beamte des Bundesrechnungshofes als auch Beamte der obersten Rechnungsbehörde des Landes vertreten sind.
Ich bin damit am Ende meines Berichts. Es bleib mir aber noch die Aufgabe, darauf hinzuweisen, daß wir eine Reihe weiterer Dinge, die der Regelung bedürfen, besprochen haben, so auch Anträge der kommunalen Spitzenverbände, den Katalog der Kriegsfolgelasten zu erweitern, daß wir aber übereingekommen sind, diese Dinge nicht jetzt in diesem Gesetz zu regeln, dessen Verabschiedung nicht aufgehalten werden darf, sondern ihre Regelung dem Dritten Überleitungsgesetz vorzubehalten.
Ich habe mich bemüht, Ihnen nur die wesentlichen Punkte des Gesetzes darzulegen. Es enthält eine solche Fülle von Einzelbestimmungen, daß ich sie nicht alle vortragen konnte. Alle diese Bestimmungen sind notwendig, wenn sie auch nicht Anspruch darauf erheben können, das allgemeine Interesse des Hauses zu finden. Die Dinge sind im Verhältnis von Bund und Ländern und im Hinblick auf die gesamte finanzielle Ordnung der Bundesrepublik von solcher Wichtigkeit, daß wir sie sehr genau nehmen müssen,
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und rege an, daß ein so interessanter Bericht das nächste Mal nach Möglichkeit schriftlich erstattet wird, damit er schon vorher von den Mitgliedern des Hauses zur Kenntnis genommen werden kann.
Meine Damen und Herren, ich darf eben zur Zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein
zurückkehren. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. An der Abstimmung haben sich insgesamt 306 Abgeordnete beteiligt. Die einfache Mehrheit ist also 154 Abgeordnete. Für Frankfurt sind 172 Stimmen, für Münster 46 Stimmen, für Bückeburg 54 Stimmen und für Berlin 19 Stimmen abgegeben worden. Die Zahl der Enthaltungen beträgt 15. Zusammen sind das 306. Damit ist der beschlossenen Geschäftsordnungsbestimmung entsprochen. § 1 a des Ausschußberichtes ist hiermit genehmigt und die zweite Beratung des Gesetzes beendet.
Ich komme zur
dritten Beratung.
-- Zur allgemeinen Aussprache liegen Wortmeldungen nicht vor. Ich rufe die §§ 1 bis 4, — Einleitung und Überschrift auf und bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand erheben. — -Bitte, die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Gegenstimmen angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über die Errichtung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß hat weiterhin in Ziffer 2 der Drucksache Nr. 2423 beantragt, eine größere Zahl von Anträgen für erledigt zu erklären. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Dieser Antrag ist angenommen.
Außerdem hat die Fraktion der SPD einen Entschließungsantrag vorgelegt, den der Herr Abgeordnete Gülich vorhin begründet hat:
Der Herr Bundesfinanzminister wird beauftragt, die Vorlage des für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. April 1950 bis zum 30. September 1950 bis zum 31. März 1951 fällig gewesenen Geschäftsberichts nebst Bilanz und Verlustrechnung bis spätestens 15. September 1951 durch die Bundesmonopolverwaltung zu veranlassen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist angenommen. Damit ist der Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich beginne mit der Einzelbesprechung zu Punkt 12 der Tagesordnung, der
zweiten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Nrn. 2326, 2453 der Drucksachen).
Ich rufe zunächst auf Art. I § 1, — § 2; — Art. II § 3, — § 4, — § 5; — Art. III § 6, — ich bitte, falls jemand das Wort zu nehmen wünscht, mir das er-
kenntlich zu machen — § 7, — § 7 a, — § 8, — § 9, — § 10, — § 10 a; Art. IV § 11 Ziffer 1, — 2, — 3, — 4, -- 5. Die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen.
Zu Ziffer 6 stellt Herr Abgeordneter Morgenthaler einen Abänderungsantrag. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat freundlicherweise schon darauf hingewiesen — und ich danke ihm dafür —, daß im § 6 Bestimmungen enthalten sind, mit denen wir uns gerade in Baden nicht einverstanden erklären können. Es ist hier im § 6 aufgezählt, was vom Bund im Jahre 1950 übernommen wird und was nach dem Jahre 1950 von den Ländern getragen werden soll. Hier sind auf Seite 5 insbesondere die Ziffern 10 und 11 für uns von allergrößter Bedeutung.
Bei der Ziffer 10 handelt es sich darum, Aufwendungen im Zusammenhang mit der alliierten Gerichtsbarkeit auf den Bund bzw. auf die Länder zu übernehmen. Wir hatten hierfür im Lande Baden im Jahre 1950 allein 540 000 DM aufzuwenden. Das ist mehr als die Hälfte dessen, was im Bund für diesen Passus aufzuwenden war. In Ziffer 11 hatten wir „Aufwendungen für Bewachung, Feuerwehr, polizeiliche Hilfseinrichtungen", eine Ausgabe, die sich auf 1,13 Millionen DM beläuft, während die Ausgaben für den Bund im ganzen 2,6 Millionen DM betrugen. Das sind also allein 43% dieses Passus, die das Land Baden, gemessen an den Bundesausgaben, zu tragen hatte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, daß auch andere Länder gerade in diesen beiden Ziffern sehr stark belastet sind, und es dürfte wohl keines Beweises bedürfen, daß es sich hier um Lasten handelt, die nach dem Grundgesetz vom Bund zu übernehmen sind. Ich möchte deswegen bitten, diesen Abänderungsantrag anzunehmen und die Regierung zur ersuchen, daß diese beiden Lasten, die nicht allein für Baden, sondern auch für viele andere Linder von größter Bedeutung sind, nicht nur für das Jahr 1950, sondern auch künftighin als echte Kriegsfolgelasten vom Bund zu tragen sind.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte bitten, es bei der Regierungsvorlage zu belassen, wie sie — —
— Ich bin gerade hierhergekommen, um das zu begründen, wenn Sie es mir erlauben.
Ich möchte bitten, es bei der Regierungsvorlage zu belassen, wie sie ja auch der Ausschuß mit Mehrheit angenommen hat. Die Gründe dafür sind schon in der schriftlichen Begründung der Regierungsvorlage geschildert, und zwar auf Seite 15 auf der linken Seite, und der Herr Berichterstatter des Ausschusses hat sie auch schon ausführlich wiedergegeben.
Es handelt sich hier um Ausgaben, die begrifflich und verwaltungsmäßig nicht scharf umrissen werden können und die mit der allgemeinen Verwaltung der Länder in ganz engem Zusammenhang stehen, so daß es erhebliche Kosten macht, diese eben von Herrn Abgeordneten Morgenthaler genannten Positionen von den allgemeinen Landes-ausgaben zur trennen. Zum Beispiel: was entfällt bei der allgemeinen Gerichtsbarkeit auf Aufwendungen im Zusammenhang mit alliierter Gerichtsbarkeit oder bei Bewachung, Feuerwehr und polizeilichen Hilfseinrichtungen auf Land oder Bund? Auch der Abrechnungsverkehr mit dem Bund und die Bundesrechnungsprüfung haben sich hier außerordentlich schwer getan. Es sind ganz dicke Bände von Unterlagen entstanden, die nun wegen sehr vieler kleiner Positionen hier durchgeprüft werden müssen.
Ich darf auch noch die Zahlen wiederholen, die
der Herr Berichterstatter eben nannte. Es handelt
sich hier insgesamt um einen Betrag von 11 Millionen DM, während die Gesamtheit der Länder um
800 Millionen DM entlastet ist. Baden hatte bisher
eine Interessenquote von über 48 Millionen DM. Es
wird hier vielleicht Ausgaben von 1,5 oder 1,6 Millionen DM haben. Seine Entlastung insgesamt, auch
unter Berücksichtigung des Anteils an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer, beträgt ein
Mehrfaches dessen, worum es sich hier handelt. Es
wird so oft der Begriff der Verwaltungsvereinfachung ins Feld geführt. Hier wäre wirklich einmal ein Anlaß, mit einer Verwaltungsvereinfachung,
einer vereinfachten Abrechnung, ernst zu machen.
Das Wort hat der Abgeordnete Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So sympathisch mir der Antrag des Kollegen Morgenthaler ist, so möchte ich doch erklären, daß wir bei den Ausschußberatungen die besondere Lage Badens hierbei, deren richtige Darstellung ich unterstelle, nicht kannten. Nachdem wir den gesamten Verwaltungsaufwand betrachtet hatten, haben wir uns um der Rationalisierung der Verwaltung willen, wie Herr Staatssekretär Hartmann es eben dargelegt hat, entschlossen, die in der Regierungsvorlage vorgesehene Regelung zu billigen. Auch andere Länder sind einmal ein bißchen unbillig behandelt worden. Die Grenzdurchgangslager z. B., bei denen 15% Interessenquote von den Ländern getragen werden müssen, betreffen nur die Länder Hessen und Niedersachsen. Wir haben uns auch da überlegt, ob wir es in Kauf nehmen könnten, und sind zu dem Entschluß gekommen, daß es nicht anders zu machen ist.
So leid es mir tut, Herr Kollege Morgenthaler, ich kann dem Hause nicht empfehlen, Ihrem Antrag zuzustimmen. Ich kann Ihnen vielmehr empfehlen, Ihren badischen Herrn Finanzminister dahin zu bringen, daß diese besondere Belastung Badens vielleicht zu einem Element bei der Beratung des horizontalen Finanzausgleichs für 1951 gemacht wird. Aber vielleicht, Herr Kollege Morgenthaler, sind Sie bis dahin dieser Sorge schon durch das Ergebnis der Abstimmung vom 15. September enthoben. Südbaden hat dann die Belastung, unter der Sie jetzt klagen, gar nicht mehr. Ich meinerseits hoffe es jedenfalls.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über diesen Abänderungsantrag abstimmen. Wer dafür ist, den bitte
ich, die Hand zu erheben. — Das scheinen die „sieben Aufrechten" zu sein. —
Gegenprobe! — Das ist der Sieg der Massen über die wenigen. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über die Ziffer 6. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Ziffern 7, — 8, — 9, — 10, — 11, — 12, — Ziffer 13 entfällt, — Ziffern 14, — 15, — 16, — § 12; — Art. V § 13, — § 14, — Einleitung und Überschrift. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen sowie der Anlage ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor.
— Entschuldigen Sie, ich habe es nicht gemerkt. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold. —
Hier werden lediglich einige Abänderungsanträge angekündigt. Ich habe dem Kollegen Besold geraten, er möge diese Anträge bei der Einzelberatung in dritter Lesung stellen.
Wird zur allgemeinen -Aussprache das Wort gewünscht, d. h. werden allgemeine Prinzipien des Gesetzes diskutiert? — Das ist nicht der Fall. Dann ist die allgemeine Aussprache geschlossen.
Ich rufe zur Einzelberatung auf. Hier kann ich vielleicht den Herrn Kollegen Besold bitten, seine Abänderungsanträge insgesamt zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Bayernpartei stellt zu § 1 Abs. 1 den Antrag, für die Ziffer 3 folgende Fassung zu wählen:
3. a) 85 v. H. der Aufwendungen für die Kriegsfolgenhilfen, soweit es sich um Pflichtleistungen der öffentlichen Fürsorge handelt,
b) die Aufwendungen für die sonstigen Kriegsfolgenhilfen.
Die Ziffern 4, 5 und 6 sollen gestrichen werden. Außerdem beantragen wir folgende Ziffer 6 a — ich verlese sie, weil der Antrag im Umdruck nicht vorhanden ist —:
die Zuschüsse zur Kriegsgräberfürsorge, zum Suchdienst für Kriegsgefangene, Heimatvertriebene und heimatlose Ausländer und die Aufwendungen für den Rechtsschutz von Deutschen, die von ausländischen Behörden oder Gerichten im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen verfolgt werden oder verurteilt worden sind.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß bei den Aufwendungen der Kriegsfolgenhilfen eine Interessenquote von 15 % nur insoweit gerechtfertigt ist, als schon bisher in den Ländern die Kommunen mit Rücksicht auf das Verwaltungsermessen zu einer Interessenquote herangezogen wurden, also nur wenn es sich bei den Aufwendungen um Pflichtleistungen der öffentlichen Fürsorge handelt.
Die übrigen Aufwendungen der Kriegsfolgenhilfen, wie Aufwendungen für die Umsiedlung, für Auswanderung, Rückführung und Grenzdurchgangslager usw., sollten dagegen voll vom Bund getragen werden, da für diese Aufwendungen die Länder die Kommunen nicht beteiligen können. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß diese Fassung allein der Sach- und Rechtslage gerecht wird. In einem Zeitpunkt, in dem man den Ländern ihre ureigensten Einkommensquellen aus der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer derart beschneidet, kann eine solche Belastung, wie vorgesehen, nicht ertragen werden.
Außerdem stellen wir den Antrag, in Art. IV § 11 Ziffer 6 der Vorlage den Abs. 3 von § 6 des Überleitungsgesetzes zu streichen, welcher vorsieht, daß der Bund eine Reihe von Aufwendungen, die in Abs. 1 Ziffern 9 bis 12 des gleichen Paragraphen aufgeführt sind, nur für das Rechnungsjahr 1950 übernimmt. Die Streichung soll auch die Übernahme für 1951 bezwecken.
Das Wort hat der Abgeordnete Gülich.
Diese Anträge, Herr Kollege, sollen abgelehnt werden. Deswegen wollte ich ein paar Worte sagen.
Es geht nicht an, daß bei einem so schwierigen, so differenzierten Gesetz, welches voller juristischer Schwierigkeiten ist, in der dritten Lesung so in das Gesetz eingreifende Änderungsanträge gestellt werden, ohne daß sie vorher schriftlich eingereicht sind. Im übrigen haben wir alle diese Fragen, die Sie hier berühren, im Ausschuß eingehend erörtert.
Wir sind nach eingehenden Prüfungen und Überlegungen in dem Ausschuß, dem j a auch Sie angehören, zu dem Entschluß gekommen, die Vorschläge zu machen, die Ihnen im gedruckten Bericht vorliegen und die ich vorhin als Berichterstatter begründet habe. Es geht meines Erachtens gar nicht an, daß das Haus in eine Diskussion über diese Anträge eintritt, die nicht jeder Kollege auf dem Tisch liegen hat. Ich empfehle Ihnen deshalb die Ablehnung der Anträge des Kollegen Besold.
Herr Staatssekretär, haben Sie nach diesen Ausführungen noch das Bedürfnis, das Wort dazu zu nehmen? — Sie haben offenbar nicht das Bedürfnis.
— Wir wollen hier im Hause keine Dialoge führen.
Ich sage also dem Hause, daß Herr Kollege Besold dann vorhin nicht ganz genau zugehört hat. Denn ich habe j a diese Fragen behandelt. Ich habe ja die Probleme der Interessenquote dargelegt und habe gesagt, warum sich der Ausschuß entschlossen hat, der Regierungsvorlage in diesen Dingen zuzustimmen. Infolgedessen ist es, glaube ich, ein unbilliges Verlangen von Herrn
Kollegen Besold, wenn er jetzt von mir erwartet, daß ich mich wiederhole.
Meine Damen und Herren! Ich lasse über diese Abänderungsanträge abstimmen, und zwar, ehe ich die einzelnen Artikel hier in dritter Lesung aufrufe, über diese drei Gruppen von Anträgen, die der mir überreichte Antrag enthält; also zunächst a), § 1 Abs. 1 in der Ihnen bekanntgegebenen Weise zu verändern, dann b) der Antrag, den § 11 zu verändern, und c), den Abs. 3 von § 6 zu streichen.
Zunächst litera a dieses Antrags. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das ist die überwiegende Mehrheit; ist abgelehnt.
Dann die litera b des Antrags. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; ist abgelehnt.
Nun die litera c. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die überwiegende Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt Damit sind die drei Anträge abgelehnt, die Herr Dr. Besold begründet hat.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die einzelnen Artikel in der
dritten Lesung.
Ich rufe auf Art. I bis V, — Einleitung und Überschrift sowie Anlage. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Schlußabstimmung: Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen einige wenige
Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt
der Tagesordnung erledigt.
Ich bitte Sie nun, in Ihren Akten zu Punkt 4 der Tagesordnung zurückzublättern:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeucung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und des von den Abgeordneten Dr. Dr. Müller , Fassbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nrn. 2328, 2340 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2426 der Drucksachen).
Die von dem Ausschuß gemachten Kompromißvorschläge sind inzwischen eingegangen. Wir stehen bei § 8.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Dr. Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion gestatte ich mir, Ihnen einen Abänderungsantrag zum § 8 und zum § 9 gemäß Umdruck Nr. 286 vorzulegen. An die Spitze dieses § 8 stellen wir nunmehr die Bestimmung über Schlußscheine, weil uns das das Kernstück dieses Paragraphen zu sein scheint. In Ziffer 2 des Abs. i wird festgestellt, daß die Bundesregierung, sobald der Landwirt sein Getreide verkauft hat, Lenkungsmöglichkeiten hat und bestimmen kann, daß Getreide, das irgendwo lagert, im Bedarfsfalle sofort an bestimmte Stel-
len geleitet werden muß, um den Bedarf in irgendeinem Teile des Bundesgebietes zu decken. Nach Ziffer 3 des Abs. 1 soll die Bundesregierung ermächtigt werden, Verordnungen zu erlassen, um die Weiterleitung und Verteilung des Getreides sicherzustellen.
Der bisherige § 9 ist als Abs. 2 in den § 8 herübergenommen worden, so daß der § 9 entfällt. In dem Abs. 2 wird demnach bestimmt, daß die obersten Landesbehörden die in Abs. 1 und 2 genannten Maßnahmen treffen können, wenn eine übergebietliche Regelung nicht erforderlich ist. Das ist notwendig, weil die Bundesregierung keine Exekutive in den Ländern hat. Als Beispiel wurde heute morgen vom Minister Südbayern gewählt. In Südbayern, sagte er, einem großen Bedarfsgebiet, sei kein Getreide vorhanden, und es müsse aus dem Norden Getreide dorthin geschafft werden. Dies ist Aufgabe der zuständigen Landesregierung, die auf Grund Gesetzes die Möglichkeit haben muß, die notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Meine Damen und Herren, ich habe mich befleißigt, die Begründung so kurz wie möglich zu geben, um angesichts der noch vor uns liegenden Arbeiten und der Temperatur Sie und auch mich zu schonen.
Ich bitte Sie diesen Anträgen zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen scheinen nicht vorzuliegen? — Herr Kriedemann hat das Wort.
— Herr Kriedemann wird sich ganz bestimmt kurz fassen.
Soviel ist an der Sache nicht dran, daß man viel darüber reden könnte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben nach der heutigen Auseinandersetzung mit einiger Spannung erwartet, was bei den Beratungen herauskommen würde. Es ist tatsächlich nicht sehr viel dabei herausgekommen, wie mir scheint. Ein Paragraph ist sogar eingespart worden.
In der Kürze liegt im allgemeinen die Würze. Aber in dieser Art der Verkürzung liegt nun gar nichts mehr. nicht einmal ein Sinn.
Wir haben heute schon darauf hingewiesen, daß die Festsetzung der Preise allein keineswegs ausreicht, um mit den uns allen bekannten Schwierigkeiten fertig zu werden. Dazu müssen wohl zusätzlich einige Anstrengungen gemacht werden, müssen Maßnahmen ergriffen werden, muß mindestens das Instrument geschaffen werden, um trotz der Schwierigkeiten die Dinge in der Richtung zu steuern, die zweifellos auch von der Bundesregierung gewünscht wird. Wir haben die Bedenken des Herrn Fassbender gehört, der in den doch sehr bescheidenen Vorschlägen der Bundesregierung, die der Ausschuß dann im wesentlichen übernommen hat, schon Andeutungen einer zukünftigen Zwangswirtschaft glaubte erkennen zu müssen. Tatsächlich hat sich diese Auffassung in den Beratungen dann auch weitgehend durchgesetzt. Damit — ich stehe nicht an, das zu sagen — fehlt der Regierung nicht nur für den äußersten Notfall, sondern schon für die sehr ernste Situation, vor der wir jetzt stehen, alles, was sie haben müßte, um das tun zu können, was sie offenbar tun will, wenn sie dieses Gesetz über die Festsetzung der Preise vorlegt.
D Deshalb werden meine Freunde dem § 8 in der neuen Fassung, die jetzt vorliegt, nicht zustimmen. Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß wir in diesen Kann-Vorschriften, in diesen sehr zaghaften Andeutungen alles andere als ein geeignetes Mittel sehen, dem Gesetz das Gewicht zu geben, das es haben müßte.
Weitere Wortmeldungen? — Das Wort hat der Abgeordnete Margulies.
Ich bitte, nur den Antrag stellen zu dürfen, daß über den Abänderungsantrag abschnittsweise abgestimmt wird. Der Abschnitt I enthält einen Kompromiß, dagegen bestehen über den Abschnitt II noch ernste Meinungsverschiedenheiten.
Sie meinen doch diesen Antrag? Hierüber soll ziffernweise abgestimmt werden?
Wird der Antrag der FDP, Umdruck Nr. 280 Ziffer 4, zurückgezogen?
— Eben deshalb frage ich, ob die Fraktion ihn zurückzieht.
— Sie ziehen ihn zurück. Danke schön! Dann lasse ich über den Umdruck Nr. 286 abstimmen, und zwar ziffernweise.
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Dr. Dr. Höpker-Aschoff. Aber nur zur Abstimmung! Wir sind schon in der Abstimmung.
Vielleicht gehört das zur Abstimmung. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, daß es in diesem Antrag von redaktionellen Fehlern nur so wimmelt.
Darüber können Sie unmöglich abstimmen, meine Damen und Herren! Nehmen Sie nur einmal die Ziffer 1! Da wird durch Rechtsverordnung etwas vorgeschrieben. Da ist die Rede von einem Bundesminister. Man weiß nicht, welcher Bundesminister. Der Antrag spricht weiter von einer „Anordnung". Da weiß man nicht, ob damit die Rechtsverordnung gemeint ist oder die Anordnung über die Form des Schlußscheins. In Ziffer 3 heißt es: „. . . im Bedarfsfalle durch Rechtsverordnung oder — sofern eine übergebietliche Regelung erforderlich ist — durch Verfügung". Versteht auch kein Mensch, was das nun wieder bedeuten soll! Dann kommt der Abs. 2: „Den obersten Landesbehörden . . . steht das Recht zu Verfügungen der in Absatz 1 Nr. 2 und 3 genannten Art . . . zu". Gemeint sind anscheinend Rechtsverordnungen, von denen vorn die Rede ist.
Also, meine Damen und Herren, ein solcher Antrag ist eine Unmöglichkeit. Er muß noch sorgfältig überarbeitet werden.
Ich glaube, daß diese Ausführungen völlig schlüssig sind, und ich erlaube mir, dem Hohen Hause vorzuschlagen, daß wir den Antragstellern Gelegenheit geben, diesen Antrag noch einmal zu überarbeiten. Es ist durchaus verständlich, daß in der drangvollen Pein dieses Tages redaktioneller Scharfsinn nicht ganz zu seinem Recht gekommen sein mag. Ist das Haus einverstanden, daß wir diesen Punkt der Tagesordnung zurückstellen und ihn morgen wieder auf die Tagesordnung setzen?
— Kein Widerspruch; das Haus ist damit einverstanden.
Dann rufe ich auf Punkt 13 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Nr. 2454 der Drucksachen)
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger als Berichterstatter. — Ist Kollege Neuburger nicht im Saal?
— Herr Kollege Neuburger scheint nicht erreichbar zu sein. Vielleicht kann Kollege Seuffert die Berichterstattung übernehmen?
— Verzichtet das Haus auf die mündliche Berichterstattung?
— Kein Widerspruch. Dann stelle ich fest, daß das Haus verzichtet hat.
Ich rufe dann in zweiter Beratung auf Art. 1 — Wortmeldungen liegen nicht vor. Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. — Keine Wortmeldungen. Wer für Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Die Bestimmungen sind angenommen. Die zweite Beratung ist damit abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf in der Einzelberatung Art. 1 bis 4, — Einleitung und Überschrift. Wer für Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wer nunmehr für das Gesetz im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist gegen einige wenige Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Kredite zur Beseitigung des Notstandes bei der Deutschen Bundesbahn (Nrn. 2323, 2064 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Grafen von Spreti als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Drucksache Nr, 2064 hat die Deutsche Partei seinerzeit,
veranlaßt durch die technische Notlage der Deutschen Bundesbahn, einen Antrag eingereicht, durch den sie die Bitte ausspricht,
. . . durch sofortige Verhandlungen mit der
ECA-Sonderkommission für Deutschland in
Verbindung mit dem Transport-Comittee der
Alliierten Hohen Kommission zu erreichen, daß
die restlichen 325 Millionen Deutsche Mark,
die als Reserve zur Beseitigung ernstlicher
Engpässe noch zurückgestellt wurden, ganz
oder zum größten Teil der Deutschen Bundes-
bahn als Kredit zur Verfügung gestellt werden.
Dieser Antrag wurde seinerzeit in der 134. Sitzung dem Verkehrsausschuß, dem Haushaltsausschuß und dem ERP-Ausschuß, dem letzteren federführend, zugewiesen. Die Gründe, welche die Deutsche Partei zu diesem Antrage veranlaßt haben, habe ich kurz genannt. Der Haushaltsausschuß hat diese Gründe insofern anerkannt und ihnen auch zugestimmt, als diese Gelder in Höhe von 325 Millionen DM der Bundesbahn zur Verfügung gestellt werden sollen.
Der Verkehrsausschuß hat diesen Antrag nochmals beraten und hat eine Änderung vorgenommen. In einem Schreiben vom 27. April hat diese Änderung folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht,
dem Notstand des deutschen Verkehrs, der die Aufrechterhaltung des für die Verteidigung und für die Versorgung des deutschen Volkes notwendigen Verkehrsvolumens gefährdet, dadurch zu steuern, daß
a) aus deutschen Mitteln, vor allem aus der von der Industrie aufzubringenden Anleihe, auch dem Verkehr ein angemessener Be- trag zur Verfügung gestellt wird und
b) sofort Verhandlungen mit der ECA-Mission geführt werden mit dem Ziele, daß aus den restlichen, in die Reserve gestellten 325 Millionen DM — 250 Millionen für die Deutsche Bundesbahn, 25 Millionen für die Binnenschiffahrt und 50 Millionen für die Umschlags- und Lagereinrichtungen — dem Verkehr als Kredit zur Verfügung gestellt werden.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat diese Neufassung der Drucksache Nr. 2064 einstimmig beschlossen und bittet den federführenden Ausschuß für ERP-Fragen und auch den daran beteiligten Haushaltsausschuß, ihren Verhandlungen den abgeänderten Antrag zugrunde zu legen und sich ihm anzuschließen. Das sind die Unterlagen, die den ERP-Ausschuß dazu veranlaßt haben, diese Frage mehr zu berücksichtigen.
Die amerikanischen Stellen haben hierzu eine etwas zurückhaltende Stellung eingenommen, weil sie die Auffassung vertreten, daß die ERP-Gelder nicht dafür da seien, ein Defizit der Bundesbahn zu decken. Zweitens haben die amerikanischen Stellen mitgeteilt, daß eine amerikanische Studiengruppe unterwegs sei, um in einem Studium die Lage der Bundesbahn näher zu betrachten. Drittens erfolgte nun eine Rückfrage der amerikanischen Stellen bei den deutschen Stellen, ob die deutschen Stellen bereit wären, sich in gleicher Höhe zum Zwecke der Modernisierung bzw. der Überholung der Bundesbahn zu beteiligen. Die deutschen Stellen haben sich daraufhin neuerdings bereit erklärt, mit 64 Millionen DM einzuspringen.
Wenn man die ganze Situation einmal überschaut, so ist vielleicht der erste Einwand der
amerikanischen Stellen, ERP-Gelder seien nicht dazu da, für ein Defizit aufzukommen, berechtigt. Wer aber die Deutsche Bundesbahn in den Jahren 1945 bis 1946 gekannt und auch die Entwicklung in diesen Jahren miterlebt hat, der muß doch feststellen, daß nach all den Kriegseinwirkungen, der Abgabe von Waggons, der Zerstörung eines großen Teils des ganzen Wagenparks, der Zerstörung der Gleisanlagen und der Bahnhöfe, beinahe Unmögliches geleistet worden ist, wenn man bedenkt, daß die heutige Bundesbahn fast wieder auf einer friedensmäßigen Basis verkehrt. Seit 1946 hat die Bundesbahn 100 000 Wagen durch Aufarbeitung wieder in den Dienst gestellt. Es sind bis jetzt 63 000 Güterwagen in Betrieb. Es würden aber jährlich 200 Millionen DM benötigt, um weiterhin 18 000 Güterwagen pro Jahr bauen zu können. Diese Möglichkeiten sind aber leider erschöpft. Darum hat in Verhandlungen zwischen dem Marshallplan-Ministerium und der ECA eine Aufteilung der 325 Millionen DM in folgender Weise stattgefunden: 75 Millionen DM für den Kohlenbergbau, 75 Millionen DM für den Bergarbeiterwohnungsbau, 50 Millionen DM für die Elektrizität, 25 Millionen DM für Gas- und Wasserwirtschaft und 50 Millionen DM für den Güterwagenneubau. Das macht im ganzen 275 Millionen DM aus. Es verbleibt somit ein Rest von 50 Millionen DM. Nun besteht noch ein weiterer Rest von 150 Millionen DM, über die erst später verfügt werden soll.
In der Diskussion im ERP-Ausschuß haben sich nun zwei Fronten herausgebildet: die eine sind die deutschen Stellen, die andere ist die amerikanische Stelle. Die deutschen Stellen sind für die Verwendung der 50 Millionen für Eisen und Stahl, d. h. für die Investitionen, die amerikanischen Stellen für den Bergarbeiterwohnungsbau und den Kohlenbergbau.
Man kann es nicht vermeiden, hier zu sagen, daß im Ausschuß das Gefühl einer gewissen Diskriminierung aufgekommen ist. Es ist Tatsache, daß die Marshallplan-Gelder amerikanische Steuergelder sind. Man kann es den amerikanischen Stellen natürlich nicht verwehren, bei der Aufteilung mitzuarbeiten und mitzuwirken. Aber die Tatsache, daß Italien eine Milliarde, Frankreich 700 Millionen und Österreich 300 Millionen für ihre Eisenbahnen bekommen haben, während Deutschland bisher noch nichts bekommen hat, ist doch geeignet, da und dort ein gewisses Ressentiment hervorzurufen. Die ungleiche Behandlung entspricht jedenfalls nicht ganz dem Gedanken einer Zusammenarbeit zu einem gemeinsamen Ziel hin. Da heute keine Gelder mehr für die Neubeschaffung von Güterwagen vorhanden sind und eine Wiederherstellung des Friedenszustandes durch Neukonstruktionen und sonstige Weiterentwicklung dringend notwendig ist, hat sich der ERP-Ausschuß entschlossen, mit der Drucksache Nr. 2323 einen Antrag vorzulegen, der folgenden Text hat:
Die Bundesregierung wird ersucht,
den Notstand des deutschen Verkehrs, der die Aufrechterhaltung des für die Versorgung des deutschen Volkes notwendigen Verkehrsvolumens gefährdet, dadurch zu steuern, daß neben den aus deutschen Mitteln aufgebrachten Beträgen weitere ECA-Mittel dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden.
Der Bundestag nimmt mit Bedauern davon
Kenntnis, daß aus der zur Verfügung stehenden ECA-Reserve von 325 Millionen DM dem
Verkehr nur 50 Millionen DM für das Güterwagen-Neubau-Programm zugeteilt werden können.
Er gibt der Hoffnung Ausdruck, daß
1. aus der vom Fiskaljahr 1950/51 verbleibenden Restsumme von 150 Millionen DM dem Verkehr ein weiterer angemessener Betrag zur Verfügung gestellt wird und daß
2. auch bei künftigen Verteilungen dem dringenden Bedürfnis des Verkehrs Rechnung getragen werde.
Die Bundesregierung wird gebeten, dies bei ihren Verhandlungen mit der ECA nachdrücklichst zu fördern.
Ich möchte abschließend sagen: Der ERP-Ausschuß hofft, daß das Ministerium bei den Verhandlungen mit der ECA auf amerikanischer Seite ein gewisses Gehör finden möge und daß auch die Opfer, die die Deutschen für den Wiederaufbau der Bundesbahn gebracht haben, verständnisvoll gewürdigt werden. In diesem Sinne bitten wir die ECA, den Sorgen der Deutschen Bundesbahn ein gewisses Interesse entgegenzubringen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wortmeldungen? — Der Abgeordnete Müller!
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Redezeit auf 40 Minuten zu begrenzen. Ist das Haus damit einverstanden?
— Das ändert nichts an der Redezeit der KPD.
Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat in seinen Ausführungen bereits den Punkt erwähnt, der für die Haltung der Kommunistischen Partei zu diesem Ausschußbericht maßgebend ist. Er hat nämlich darauf hingewiesen, daß der Antrag auf die Verwendung von 325 Millionen DM aus ECA-Mitteln nicht allein und nicht in erster Linie davon ausgeht, die Versorgung des deutschen Volkes durch die Bundesbahn aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, sondern hauptsächlich von der Bedeutung ausgeht, die die Bundesbahn im Rahmen der sogenannten Verteidigung haben soll.
Das ist der wirkliche Hintergrund für die Vorschläge, die der Ausschuß gemacht hat, und auch für das Bittgesuch, das nach diesen Vorschlägen an den Petersberg gerichtet werden soll, nämlich der Bundesbahn weitere Hunderte von Millionen zur Verfügung zu stellen. Wir haben in den letzten Tagen bei der Debatte über das Bundesbahngesetz bereits darauf hingewiesen, daß wir uns nicht nur dagegen wenden, daß ausländische Mittel verwendet werden, um im Interesse der Amerikaner die Bundesbahn und damit das deutsche Volk auszubeuten, sondern auch dagegen, daß sie aus strategischen Gründen mit Milliarden einsteigen. Wir taten das vor allen Dingen auch um deswillen, weil wir verhindern wollen, daß die Pläne für den weiteren Ausbau der Bundesbahn vor allem nach strategischen Gesichtspunkten durchgeführt werden, Pläne, die in der Richtung der Vorbereitung und Durchführung der Absichten der amerikanischen Milliardäre hinsichtlich ihres Krieges liegen.
Aber ich erwähne noch einen anderen Punkt: die Ausbeutung des deutschen Volks. Ich möchte eine Auskunft der Regierung haben. Bekannt ist, daß in den Vereinigten Staaten der Zinsfuß für Leihkapital in der Regel bei ungefähr 21/2% liegt. Wenn ich recht informiert bin, sollen diese ECA-Mittel zu etwa 71/2% gegeben werden. Das würde eine 300%ige Erhöhung des Zinsfußes bedeuten gegenüber den Erträgnissen, die die Amerikaner in ihrem eigenen Land haben. Das liegt absolut in der Linie der gesamten Politik, die die Amerikaner Deutschland gegenüber zur Durchführung bringen.
Vielleicht kann uns die Regierung darüber etwas nähere Auskunft erteilen.
Wir wenden uns dagegen, daß auf diese Weise.— —
— Nun, Sie wissen es heute! Es wird die Zeit kommen, wo Sie daran erinnert werden, was wir Ihnen heute sagen. Es wäre dann vielleicht gut gewesen, wenn Sie auf das gehört hätten, was wir Ihnen zu sagen haben.
Wir wenden uns dagegen, daß auf diesem Wege die Bundesbahn noch mehr in die Hände der Amerikaner kommt, um als Werkzeug zur Durchführung ihrer strategischen wie wirtschaftlichen Pläne zu dienen. Deswegen lehnen wir diesen Ausschußvorschlag ab.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Ausschußantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Antrag ist gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen.
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der KPD
betreffend Zollfreie Einfuhr von Tabak, Kaffee und Tee im kleinen Grenzverkehr .
Das Wort hat zur Berichterstattung der Abgeordnete Junglas.
Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen lagen zwei Anträge vor, die denselben Inhalt haben: die zollfreie Einfuhr von Tabak, Kaffee und Tee im kleinen Grenzverkehr. Es ist erstens der Antrag der Kommunistischen Partei auf Drucksache Nr. 1777, und zweitens der Antrag der Abgeordneten Hilbert und Genossen auf Drucksache Nr. 2081. In beiden Anträgen wird gefordert, daß die vor dem 15. November 1950 freie Menge von Tabakwaren, Kaffee und Tee auch in Zukunft zollfrei eingeführt werden kann. Es handelt sich nicht allgemein um sämtliche Grenzen, sondern nur um die schweizerisch-deutsche Grenze, etwa in der Gegend zwischen Lörrach und Konstanz. Eine alte Übung dort ist, im kleinen Grenzverkehr täglich 20 Zigaretten oder 10 Stumpen oder 5 Zigarren oder 40 Gramm Tabak zollfrei mitnehmen zu dürfen.
Nun ist festgestellt worden, daß Familien mit ihren Kindern mehrfach diese Tour machten, so daß ein gewisser Mißbrauch eingetreten ist. Daraufhin hat die Zollverwaltung am 15. November die täglichen Rationen auf wöchentliche und später, am 8. März dieses Jahres, auf vierzehnt ä g i g e Rationen gesetzt. Es ist zweifellos auch die Meinung des Ausschusses, daß diese Rationen nach der Übung, wie sie dort nun -seit etwa hundert Jahren herrscht, zu gering sind.
Der Bundesfinanzminister hat zugesichert, er werde diese seine Verordnung vom 8. März 1951 so mildern, daß die Grenzbevölkerung mit seinem Vorschlag einverstanden wäre. Der Ausschuß hat daher dem Hohen Hause vorzuschlagen:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Der Bundestag nimmt von der Erklärung der Bundesregierung Kenntnis, daß die Verordnung über die Änderung der §§ 122 und 201 der Durchführungsbestimmungen zum Zollgesetz vom 8. März 1951 für die badisch-schweizerische Grenze gemildert werden soll.
2. Der Bundestag erklärt mit Rücksicht auf die genannte Verordnung und die Erklärung der Bundesregierung den Antrag der Fraktion der KPD ...
und den Antrag der Abgeordneten Hilbert und Genossen ... für erledigt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Ausschußvorschlags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Gegen einige Stimmen angenommen.
Wir haben gestern beschlossen, die
Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes ,
auf die heutige Tagesordnung zu setzen.
Ich rufe auf zur
ersten Lesung.
Wer begründet? — Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Horlacher. Ich erinnere ihn an sein Versprechen, sich bei der Begründung äußerst kurz zu fassen.
— Herr Präsident, Sie werden mit mir sehr zufrieden sein.
— Ja, das Haus ist damit natürlich auch zufrieden.
Meine verehrten Damen und Herren! Ich will den Gesetzentwurf nur ganz kurz begründen. Ich möchte auf seinen sachlichen Inhalt nicht eingehen, sondern darauf hinweisen, daß es sich hier um wichtige steuerliche Bestimmungen auf genossenschaftlichem Gebiet handelt: den bekannten § 23, der die Regierung ermächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen. Ich bin nun überhaupt ein Gegner allzu weitgehender Ermächtigungen an die Regierung,
besonders auf einem solchen Gebiet,
wo es ungefähr 10 Millionen Genossenschaftler in der Landwirtschaft und rund 18 Millionen Genossenschaftler mit ihren Familienmitgliedern in dem ganzen genossenschaftlichen Sektor in den Westzonen gibt. So ist die Lage. Deswegen fordert der Gesetzentwurf, daß hier auch der Bundestag eingeschaltet werden soll, daß also solche Rechtsverordnung auch dem Bundestag zur Genehmigung vorzulegen ist.
Ich bitte, dem Gesetzentwurf in drei Lesungen zuzustimmen.
Wortmeldungen? — Keine. Die erste Lesung ist damit geschlossen. — Ich rufe auf zur
zweiten Lesung.
§§ 1, — 2, Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand .zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen eine Stimme angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Lesung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen? — Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. — Ich rufe auf §§ 1, — 2, Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen eine Stimme angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Gegen eine Stimme und bei einigen Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren, ich bin gebeten worden, Ihnen vorzuschlagen, auf die morgige Tagesordnung zu setzen: Entwurf eines Gesetzes über den Sitz de Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Er lautet:
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen.
§ 1. Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat ihren Sitz in Koblenz.
§ 2. Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Der Antrag ist von einer Reihe von Abgeordneten aus mehreren Fraktionen unterzeichnet.
Soeben wird mir ein weiterer Antrag gegeben.
Er enthält genau denselben Text, nur mit dem einen Unterschied, daß hier statt Koblenz Kassel steht.
— Ich erfahre soeben, ein dritter Antrag sei im Anmarsch. Darf ich fragen, was auf diesem Antrag steht?
— Aha! Ist das Haus damit einverstanden,
daß diese drei Gesetzentwürfe in erster, zweiter und dritter Lesung auf die morgige Tagesordnung gesetzt werden?
—Ja. — Das Wort hat der Abgeordnete Renner. Renner : Wir widersprechen.
Sie widersprechen? — Dann muß ich abstimmen lassen. Ich lasse darüber abstimmen, ob diese drei Entwürfe in erster, zweiter und dritter Lesung auf die morgige Tagesordnung gesetzt werden sollen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion ist es so beschlossen.
Ich bin gebeten worden, noch den Fall der Immunität des Abgeordneten Dr. Richter auf die morgige Tagesordnung zu setzen. Ist das Haus damit einverstanden? —
Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste Sitzung — das ist die 160. Sitzung des Deutschen Bundestages — ein auf morgen, den 11. Juli, vormittags 9 Uhr, und schließe die 159. Sitzung des Deutschen Bundestags.